Staats- efld sozialwisseDsctiaftlidie ForscIiuDgeii. j
Herausgegebeil von
Gustav Schmoller und Max Sering.
Heft 128.
Geschichte
des
Seidengewerbes in Köln
vom 13. bis zum 18. Jahrhundert.
Von
Hans Koch.
Leipzig,
Verlag von D u n c k e r & H u ni b 1 o t.
1907.
Verlag von DUNCKER & HUMBLOT in LEIPZIG.
Staats- und socialwissenschaftliche
Forschungen.
Herausgegeben von Gustav Schmoller und Max Sering.
Band I bis XXVI und Heft 122 bis 130. gr. S».
Erster Band. 1878. Preis 18 M.
1. 3. Die Ausbildung der grossen Grnndherrschaften
in Deutschland während der Karolingerzeit. Von
Karl Theodor von Inama-Sternegg. (VI,
118 S.) 3 M. 20 Pf.
I. 2. Die deutschen Städtesteuem, inshesondere die
städtischen Reichssteuem im 12. und 13. Jahr-
hundert. Von Karl Zeumer. (VIII, 162 S.) 4M.
I. 3. Beiträge zur Geschichte des französischen
Wirthschaftslebens im elften Jahrhundert. Von
Karl Lamprecht. (Vni, 152 S.) 4 M.
I. 4. Die innere französische Gewerbepolitik von
Colbert bis Turgot. Von Henry W. Farnam.
(VIII, 85 S.) 2 M. 40 Pf.
I. 5. Die Gliederung der Gesellschaft nach dem
Wohlstande, auf Grund der neueren amtlichen
deutschen Einkommens- und Wohnungsstatistik.
Von R. Michaelis. (IX, 134 S.) 4 M. 40 Pf.
Zweiter Band. 1879. Preis 27 M.
II. 1. Der Kampf um Gewerbereform und Gewerbe-
freiheit in Bayern von 1799—1868. Nebst einem
einleitenden Ueberblick über die Entwickelung
des Zunftwesens etc. Von Josef K alz 1. (Vllf,
174 S.) 4 M. 40 Pf.
II. 2. Die Industrie am Niederrhein. I. Theil. Die
linksrheinische Textilindustrie und die Lage ihrer
Arbeiter. Von Alphons Thun. (X, 218S.) 6 M.
II. 8. Die Industrie am Niederrhein. 2. Thoil. Die
Industrie im bergischen Lande. Von Alphons
Thun. (VIII, 262 S.) 6 M.
II. 4 Die schweizerische Allmend in ihrer geschicht-
lichen Entwickelung vom XIII. Jahrhundert bis
zur Gegenwart. Von A. v. Mi as k o ws ki. (XVIII,
245 S.) 6 M.
II. 5. üeber das ältere deutsche Mfinzwesen und die
Hausgenossenschaften besonders in volkswirth-
schaftlicher Beziehung. Von K. Th. Eheberg,
(VIII, 208 S.) 4 M. 60 Pf.
Dritter Band. 1880—82. Preis 26 M.
HI. 1. Landwirthschaft und Gewerbe in Mittelruss-
land seit Aufhebung der Leibeigenschaft. Von
Alphons Thun. 1880. (IX, 246 S.) 6 M.
III. 2. Die Strassburger Goldschmiedezunft von ihrem
Entstehen bis 1681. Urkunden und Darstellung.
Von Hans Meyer. 1881. (XIII, 224 S.) 6 M.
III. 3. Die Effektenbörse. Eine Vergleichung deut-
scher und englischer Zustände. VonE. Struck.
1881. (X, 244 S.) 6 M.
III. 4. Geschichte der preussisch-dentschen Eisenzölle
von 1818 bis zur Gegenwart. Von Max Sering.
1882. (XXIV, 313 S.) 8 M.
Vierter Band. 1882-83. Preis 23 M.
fV. 1. Städtefinanzen in Preussen. Statistik und Re-
form vorschlage von Philipp Gerstfeldt. Mit
2 lithogr. Darstellungen. 1882. (VIII, 146 S.) 4M.
2. Fünf Dorfgemeinden auf dem hohen Taunus.
Eine socialstatistische Untersuchung über Klein-
bauernthum, Hausindustrie und Volksleben von
G.Schnapper-Arndt. 1883. (XIV, 322 S.) 8 M.
IV. 3. Die französische Getreidehandelspolitik bis zum
Jahre 1789 in ihrem Zusammenhange mit der
Land-, Volks- und Finanzwirthschaft Frankreichs.
Von A. Araskhaniantz. 1882. (X, 166 S.) 4 M.
IV. 4. Der christlich -sociale Staat der Jesuiten in
Paraguay. Von E. Gothein. 1883. (VHI, 68 S.)
1 M. 80 Pf.
IV. 5. Geschichte der direkten Steuern in Baiem
vom Ende des XIII. bis zum B^nne des XIX. Jahr-
hunderts. Ein finanzgeschichtlicher Versuch von
L. Hoffmann. 1883. (XIV, 220 S.) 5 M. 20 Pf.
Fünfter Band. 1883-«6. Pr.29M.60Pf.
V. 1. Das englische Arbeiterversicherungswesen. Ge-
schichte seiner Entwickelung und Gesetzgebung.
VonWilh. Hasbach. 1883. (XVI, 447 S.) 10 M.
V. 2. Die Unfall -Gesetzgebung der europäischen
Staaten, VonT.Bödiker. 1834. (VI, 172 S.) 4M.
V. 3. Die Entwickelung der ständigen Diplomatie
vom XV. Jahrhundert bis zu den Beschlüssen von
1815 und 1818, Von 0. Krauske, 1885. (VI,
245 S,) 5 M, 60 Pf.
V. 4. Das euglische Armenwesen in seiner histo-
rischen Entwickelung u. in seiner heutigen Gestalt.
Von P. F. A sehr Ott. 1886, (XXI, 450 S.) 10 M.
Sechster Band. 1886. Preis 21 M.
VI, 1. Das Manufakturhaus auf dem Tabor in Wien.
Ein Beitrag zur österreichischen Wirthschafts-
geschichte des XVTI. Jahrhunderts. Von Hans
J. Hatschek. 1886. (VIII, 89 S.) 2 M. 80 Pf,
2. Die Gewinnbetheiligung, ihre praktische An-
wendung und theoretische Berechtigung auf Grund
der bisher gemachten Erfahrungen untersucht v.
H, Frommer. 1886. (X, 149 S.) 3 M. 60 Pf,
3. Die gesetzliche Regelung des Feingebalts der
Gold' und Silberwaaren, Von T. Bödiker.
1886. (VIII, 98 S. m. Hlustr.). 2 M. 60 Pf.
4. Die deutsche Armengesetzgebung und das
Material zu ihrer Reform. Von E. Muenster-
berg. 1886. (XXVI. 570 S.) 12 M.
VI
VI
VI
Sieben terBand. 1887—88. Pr. 19 M. 20Pf.
VII. 1. Vol ks vermögen , Volkseinkommen und ihre
Verteilung. Von Hermann Losch. 1887.
(VII, 110 S.) 2 M. 60 Pf.
VII. 2. Die wiebtigeren preussischen Reformen der
direkten ländlichen Steuern im 18. Jahrh. Von
C. A.Zakrzew8ki. 1887. (VIII. 99S.) 2 M. 40 Pf.
VII. 3. Geschichte der Preussischen Regieverwaltung
von 1766 bis 1786. Von W. Schnitze. l.Thl,
1887. (X, 432 S.) 9 M. 60 Pf. .
VII. 4. Organisation und Verpflegung der preussischen
Landmilizen im siebery ihr. Kriege, Von Franz
Schwartz.
196 8.) 4 M, 60 Pf,
Acliter Band. 1888-89. Preis 22 M.
VIII. 1, Geschichte des magdeburpischen Steuer«
Wesens von der Reformationszeit bis ins acht-
zehnte Jahrhundert. Von Harald Bielfeld.
1888. (X, 196 S.) 4 M. 60 Pf.
Verlag von DUNCKER & HUMBLOT in LEIPZIG.
VIII. 2. Das KoDfloUt dos Meerei in Pisa. Ein
Iteitragzor (Jeschicbte des Seewesens, der Handels-
gilden und des IlandelsrecLts im Mittelalter. Von
Adolf Schanbe. 1888. (Xlll, 809 S.) 7 M.
VIll. B. Die rfiinische Canipagna. Eine socialökono-
mische Studie Ton W. Sombart. 1888. (VIII,
182 S.J 4M. 20 Pf.
VIII. 4. Der Process gegen Eberhard Danckelman.
Ein Beitrag z. brandenoarg.Vt'rwaUangd^rescbichte
Ton K. Hrevsig. 1889. (VIII. 116 S.) 2 M. 60 Pf.
VIII. .5. Deutscbe städtische Getreidehandelspolitik
vom 15. bis 17. Jahrhundert. Mit besonderer
BeröcksichtJgung Stettins nnd Hamburgs. Von
W. Naudö. 1889. {VIII, 154 8.) 3 M. 60 Pf.
Neunter Band. 1889-1
Preis 17 M.
IX. 1. Der öffentliche Kredit im Mittelalter. Nach
Urkunden der Herzogtümer Braunschweig und
Lüneburg. Von A. von Kostuneck i. 1889.
(VIII, 154 S.) 8 M.
IX. 2. Die Glasindustrie im Hirschberger Thale. Von
G. Lange. 1889. (VIII. 145 8.) 3 M. 20 Pf.
IX. 8. Pforzheims V«rgangeHheit. Ein Beitrag zur
deutschen Städte- nnd Gewerbegeschichte von
E. Gothein. 1889. (VIII, 86 S.) 2 M. 20 Pf.
IX. 4. Ueber die gutsherrlich-bäuerlichen Rechtsrer-
hältnisse in der Mark Brandenburg vom 16. bis
18. Jahrh. Von F. Grofsmann. 1890. (X,138S.)
3 M. 60 Pf.
IX. 5. Ulms Baumwollweberei im Mittelalter. Ein
Beitrag zur deutschen Städte- und Wirtschafts-
geschichte. VonE. Nübling. 1890. (X, 208 S.)
5 M.
Zehnter Band. 1890. Preis 28 M. 80 Pf.
X. 1. Ueber sociale Differenzierung. Sociologische
und psychologische Untersuchungen von G.
Simmel. 2, anastatischer Neudruck vom Jahre
1905. (VIII, 148 S.) 3 M. 60 Pf.
X. 2. Die allgemeinen philosophischen Grundlagen
der von P. Quesnay und A. Smith begründeten polit.
Oekonomie. Von W. Hasbach. 189U. (X, 178S.)
4 M. 40 Pf.
X. 3. Beiträge zur wirtschaftlichen Entwickelungs-
geschichte der voreinigten Niederlande im 17. u.
18. Jahrh. Von 0. Pringsheim. 1890. (VIU,
128 S.) 2 M. 80 Pf.
X. 4. Japans Volkswirtschaft und Staatshaushalt.
Von K. Rathgen. 1891. (XX, 786 S.) 18 M.
Elfter Band. 1891—92. Preis 20 M.
XI. I. Die sociale und wirtschaftliche Lage der
galizischen Schuhmacher. Von C. v. Paygert.
1891. (XIV, 194 S.) 4 M. 60 Pf.
XI. 2. Geschichte der preussischen Fabrikgesetzgebung
bis zu ihrer Aufnahme durch die Eeichsgewerbe-
ordnung. Auf Grund amtlicher Quellen bearbeitet
vonG.K. Anton. 1891. (XVI, 202 S.) 4M. 60 Pf.
XI. 3. Der Friedricb-Wilhelms-Kanal und die Berlin-
Hamburger Flussschiffahrt. Beiträge zur preussi-
schen Strompolitik des 17. und 18. Jahrhunderts.
Von K. Toeche-Mittler. 1891. (XII, 158 S.)
3 M. 60 Pf.
XI. 4. Franz von Meinders. Ein brandenburgisch-
preussischer Staatsmann im 17. Jahrhundert. Von
A.Strecker. Mit einem Porträt. 1892. (VÜI,
152 S.) 3 M. 60 Pf.
XI. 5. Die brandenburgisch - preussische Heeresver-
fassung unter dem Grossen Kurfürsten. Von Dr.
Friedrich Freiherrn von Schroetter. 1892.
(VI, !57 S.) 3 M. 60 Pf.
Zwölfter Band. 1898. Preis 19 M. 80 Pf.
XII. 1. Die Entwicklung des Bayerischen Brau-
gewerbes im neunzehnten Jahrhundert. Von Emil
StruTe. 1893. (VIII, 291 S.) 6 M.
III. 2. Untersnchangen zur Oeacbichte der Kauf-
matmsgilden des Mittelalters. Ein Beitrag zur
Wirtschafts-, Social* und Verfassnngsgeschichte
der miUelalterlichen Städte. Von Alfred
Deren. 1893. (XII, 220 S.) 4 M. 80 Pf.
XII. 8. Das Wohnungsmietrecht und seine sociale
Eefonn. Von K. Schneider. 1893. (VI,
170 8.) 3 M. 60 Pf.
XII. 4. Gesindeordnung^n nnd Gesindezwangsdienat
in Sachsen bis zam Jahre 1835. Eine wirtschafU-
geschichtliche Studie von Robert Wuttke.
1898. (XI, 281 8.) 5 M. 40 Pf.
Dreizehnter Band. 1894-95. 28M.40Pf.
XIII. 1. Die t>rgani8ation der Geeamt'iaatsverwal-
tung Schlesiens vor dem dreissigjährigen Kriege.
Von F. Bachfahl. 1894. (XUl. 482 3.) 10 M.
XIII. 2. Ueber die Verwaltung des Maas»- und Q«-
wichtswesens in Deutschland während des Mittel-
alters. Von Georg Köntzel. 1894. (VII,
102 S.) 2 M. 60 Pf.
XIII. 3. Die Niederlausitzer Schafwollindustrie in
ihrer Entwicklung zum Grofsbetrieb und zur
modernen Technik. Von GeorgQuandt. 1895.
(X, 298 S.) 6 M. 60 Pf.
XIII. 4. Vauban, seine Stellung in der Geschichte
der Nationalökonomie und sein Beformplan. Yen
F. Lohmann. 1895. (VIII, 172 8.) 4 M.
XIII. 5. Geschichte der Germanisierung des Herzog-
tums Pommern oder Slavien bis zum Ablauf des
13. Jahrhunderts. Von W. von Sommerfeld.
1896. (VIU, 234 8.) 5 M. 20 Pf.
Vierzehnter Band. 1896-97. 14M.40Pf.
XIV. 1. Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte
des Herzogtums Pommern von 1478 bis 1625.
Von Martin Spahn. 1896. (XIX, 202 S.)
4 M. 60 Pf.
XIV. 2. Hausgewerbe und Fabrikbetrieb in der Ber-
liner Wäsche-Industrie. Von Johannes Feig.
1896. (XI, 149 S.) 3 M. 20 Pf
XIV. 3. Der politische Charakter von Matheus
Parisiensis. Ein Beitrag zur Ge^^chichte der
englischen Verfassung und des Ständetums im
13. Jahrhundert. Von Hans Plehn- 1896.
(XIV, 136 8.) 3 M. 60 Pf.
XIV. 4. Die Organisation der Centralverwaltung in
Kleve -Mark vor der brandenburgischen Besitz-
ergreifung im Jahre 1609. Von Kurt Schott-
müller. 1897. (X, 121 S.) 3 M.
Fünfzehnter Band. 1897—98. 20M. -.
XV. 1. Baum woUproduktion und Pflanznngswirtschafl
in den Noraamerikanischen SüdstsAten. Von
Ernst von Halle. I. Die Sklavenzeit.
(XVI, 369 S.) 1897. 9 M.
XV.' 2. Magi.sterium und Fraternitas. Eine verwal
tungsgeschichtl. Darstellung d. Entstehung dei
Zunftwesens. Von R. Eberstadt. (VI, 241 S.
1897. 5 M. 40 Pf.
XV. 3. Entwickelung und Organisation der Florentinei
Zünfte im 13. nnd 14. Jahrh. Von A. Doren
1897. (IX, 114 8.) 2 M. 80 Pf.
XV. 4. Die hau8industri(>llen Arbeiterinnen in do
, Berliner Binsen-, Unterrock- etc. Konfektion. Voi
G. Dyhrenfurth. 1898. (IX. 121 8.) 2 M. 80 PI
Sechzehnter Band. 1898. 20 M. 80 Pf
XVI. 1. Zwei Dörfer der badischen Rheinebene m
bes. Berücksicht. ihrer Allmendverhältnisse. Voi
E. Braunagel. 1898. (IX, 86 S.) 2 M. 20 Pf
XVI. 2. Statistische Studien z.Entwicklungi^eschichi
der Berliner Industrie von 1720—1890. Von 0
Wiedfeldt. 1898. (IX, 411 8.) 9 M. 60 Pf
XVT. 3. Das Mainzer Schiffergewerbe in d. letztei
3 Jahrhunderten des Kurstaates. Von Chr
Eckert 1898. (IX, 155 S.) 3 M. 80 Pf.
Verlag von DUNCKER HUMBLOT in Leipzig.
SYI. 4. Die Eeichs-Versicherüngsgesetzgebnug. Von
■^ T. IJÖdiker. 1898. (58 S.) 1 M. CO Pf.
XVI. 5. Die mittlere Lebensdaner in Stadt u. Land.
Von C. Ball od. 1899. (VI, 141 S.) 3M. 60 Pf.
Siebzehnter Bd. 1899 - 1900. 22 M. 60 Pf.
XVII. 1. Die finanziellen Beziehungen der florenti-
ni^chen Bankiers zur Kirche von 1285—1304. Von
Georg Schneider. 1899. (X, 78 S.) 2 M.
XVII. 2. Das französische Gewerberecht und die
Schaffung staatlicher Gesetzgebung und Verwal-
tung in Frankreich vom 13. Jahrhundert bis 1581.
VonR. Eber Stadt. 1899. (VIT, 4598.) UM. 80 Pf.
XVII. 3, Der deutsch-russische Handels- und Schiff-
fahrtsvertrag vom 20. März 1894, Von A. Hu-
man. 19 0. (VIII, 94 S.) 2 M. 20 Pf.
XVII. 4. Beiträge zur Preussischen Haidwerker-
politik vom Allgemeinen Landrecht bis zur All-
gemeinen Gewerbeordnung von 1845. Von Hugo
Roehl. 1900. (VIII, 276 S.) 6 M. 60 Pf.
Achzehnter Band. 1800. Pr.21M.60Pf.
XVIII. 1. Die staatliche Regelung der englischen
Wollindu.<»trie vom XV. bis zum XVIII. Jahr-
hundert. Von Friedrich Lohmann. 1900. (X,
100 S.) 2 M. 60 Pf.
XVIII, 2. Französische Handelspolitik vom Frank-
furter Frieden bis zur Tarifreform von 1882, dar-
gestellt auf Grund der parlamentarischen An-
naion von Ernst Rausch. 1900. (XIV, 206 S.)
4 M, 80 Pf.
XVIII. 3. Die gewerblichen Genossenschaften Bel-
giens. Von Joseph Boujansky. 1900. (VIII,
93 S.) 2 M. 20 Pf.
XVIII. 4. Zur Vorgeschichte des Bauernkrieges.
Studien zur Verfassungs-, Veiwaltungs- nnd
Wirtschaftsgeschichte vornehmlich Südwest-
deutschlands im ausgehenden Mittelalter. Von
Wilhelm Stolze. 1900. (IX, 57 S.) 1 M. 40 Pf.
XVIII. 5. Rheinsthiffahrt im XIX. Jahrhundert.
Von Christian Eckert. 1900. (XIX, 450 u.
III S.) 10 M. 60 Pf.
Neunzehnter Band. 1901. Pr. 18 M.SO Pf.
XIX. 1. Geschichte der ostpreussischen Stände und
Steuern von 1688-1704. Von Robert Berg-
mann. 1901. (X, 216 S.) 5 M.
XIX. 2. Die Entwickelung der Arbeitsteilung im
Leipziger Gewerbe von 1751 — 1890. Vou Otto
Petrenz. 1901. (V. 92 S.) 2 M 20 Pf.
XIX. 3. Technik und Geist des ständisch-monar-
chischen Staatsrechts. Von FriedrichTezner.
1901. (IX, 102 S.) 2 M. 60 Pf.
XIX. 4. Die Entwicklung der menschlichen Be-
dürfnisse und die soziale Gliederung der Gesell-
schaft. VonB. Gurewitsch. 1901. (IV, 129S.)
3 M.
XIX. 5. Über die Entwicklung und heutige Organi-
sation des Berliner Fiscbmarktes. Von Erich
Grossner, 1901. (VII, 93 S.) 2 M. 40 Pf.
XIX. 6. Das österreichische Arbeiter-Krankenver-
sicherungs-Gesetz und diePraxis. Beobachtungen
eines Verwaltungsbeamten. Von Karl Lamp.
1901. (IV, 161 u. III S.) 3 M. 60 Pf.
Zwanzigster Band. 1902. Pr.l6M.80Pf.
XX. 1. Der Berliner Effektenhaudel unter dem Ein-
flüsse des Reichs-Börsengesetzes vom 22. Juni
1896. Von Chr. Knipper. 1902. (VI, 102 S.)
2 M. 40 Pf.
XX. 2. Ueber Wandlungen in der Volksernährung.
Von Alfred Grotjahu. 1902. (VII, 72 S.)
1 M. 60 Pf.
XX, 3, Gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse in
Ostpreussen während der Reformzeit von 1770
bis 1830. Gefertigt nach den Akten der Guts-
archive zu Angerapp und Gr.-Steinort. Von
Karl Böhme. 1902. (VII, 107 S.) 2M. 60 Pf.
XX. 4. Untersuchungen zur Verfassnngsgeschichte
derböhmischen Sagenzeit. Von Hans Schreaer.
1902. (XXI, 108 S.) 3 M.
XX. 5. Die soziale Bedeutung der Maschinen in der
Landwirtschaft. Von Gustav Fischer. 1902.
(V, 66 S.) 1 M. 60 Pf.
XX. 6. Die Mannheimer Banken 1870-1900. Bei-
träge zur praktischen Bankpolitik. Von Felix
Hecht. 1902. (V, 153 S.) 8 M. 80 Pf.
XX. 7. Die Entstehung und Entwicklung der Ge-
dingeordnungen im deutschen Bergrecht. Von
LudwigBernhard. 1902. (V, 74 S.)l M. 80 Pf.
Einundzwanzigster Band. 1902—1903.
1906. Preis 17 M. 40 Pf.
XXI, l. Das Problem der Zentralisation des
schweizerischen Banknotenwesens. Von Marcel
Godet. 1902. (V, 86 u. III S.) 2 M. 20 Pf.
XXI. 2. Die kaufmännische Krediterkundigung,
Von Eugen Sutro. 1902. (X, 8'J S.) 2 M. 40 Pf.
XXI. 3. Die deutschen Eisenzölle 1879 bis 1900.
VonFritzKestner. 1902. (IX. 132 S.) 3 M. 40 Pf.
XXI. 4. Die Berliner Filzschuhmacherei. Von
Charlotte Engel Reimers. 1906. (XII, 84S.)
2 M. 20 Pf
XXI. 5. Die deutsch-spanischen Handelsbeziehungen.
Von Max Westphal. 1903. (V. 88 8.) 2 M.
XXI, 6, Der Lübecker Schoss bis zur Reformations-
zeit. Vun J. Hartwig, Mit einer Vorrede von
G, Schmoller zum hundertsten Heft der „Staats-
und sozialwissenschaftlichen Forschungen.' 1903.
(XIX, 237 S,) 5 M. 20 Pf,
Zweiundzwanzigster Bd. 1903—1905.
Preis 21 M. 20 Pf.
XXII. 1, Dfr Ausbau des heutigen Schutzzollsystems
in Frankreich und seine Wirkungen im Lichte
der Handelsstatistik. Von Bernhard Franke.
1903. (XII, 148 S,) 4 M,
XXII. 2. Studien über die Wuppertaler Textil-
industrie und ihre Arbeiter in den letzten
20 Jahren. Von Elisabeth Gottheiner.
1903, (VII, 96 S ) 2 M. 20.
XXII. 3. Die Entwicklung der deutschen elektro-
technischen Industrie und ihre Aussichten auf
dem Weltmarkt. Von Emil Kreller. 1903.
(VIII , 63 S. m. e. graph. Tafel in Buntdruck.)
1 M. 80 Pf.
XXII. 4. Beiträge zur Lage der Hausindustrie in
Tula. Von George Cleinow. 1904. (X,
132 S.) 3 M. 20 Pf.
XXII. 5. Studien über Agrarzustände und Agrar-
probleme in Frankreich von 1700 bis 1790. Von
Fritz Wolters. 1905. (X, 438 S.) 10 M.
Dreiundzwanzigster Bd. 1901—05. 22 M.
XXIII. 1. Die soziale Berufsgliederung des deutschen
Volkes nach Nahrungsquellen und Familien.
Kritische Bearbeitung der deutschen Berufs-
zählungon von 1882—1895. Von Walter
Ciaassen. 1904. (XVI, 164 S.) 4 M. 40 Pf.
XXIII. 2. Die zentrale Finanzverwaltung im Dentscü-
ordensstiate Preufsen am Anfang des XV. Jahr-
hunderts. Nach dem Marienburger Trefslerbuch.
Von Albert Klein. 1904. (VIII, 216 S.)
5 M. 40 Pf.
XXIII. 3. Die innere Kolonisation Japans. Von
Kumao Takaoka. 1904. (X,1068.) 2M.60Pf,
XXIII. 4. Das englische Bankwesen, Von Edgar
Jaffa, 1905. (X, 246 S,) 5 M. 60 Pf.
XXIII, 5, Gewerbegericht, Kauftaannsgericht.
Einigungsamt. Ein Beitrag zur Rechts- und
Sozialgeschichte Deutschlands im XIX, Jahr)
hundert. Von Richard Bahr. (XII, 180 S.-
4 M,
Verlag von DUNCKER HÜMBLOT in Leipzig.
Tiernndzwanzigster Band. 1905.
(Heft 1—8 u. 5. Heft 4 i»t noch nicht erschienen.)
XXIV. 1. Der OroBsa Korffirst and die ostpreusni-
Bcben SUnde 1640—1688 Von Hugo Rachel.
1905. (XIV. 346 S.) 8 M. 40 Pf.
XXIV. 2 Das Verh.'iltois der deotvchen Grorabanken
xor Industrie mit besondt^rer Beracksichtigong
der Eisenindastrie. Von Otto Jeidels. 1905.
(XII, 272 S.) 6 M.
XXIV. 8. Die Organisatioosbestrebangen der Arbeiter
in der deutschen Tabakindustrie. Von Walt her
Frisch. (VllI, 252 8.) 5 M. 60 Pf.
XXIV. 4. Wirtschaftskriaen. Der Kn-islanf von Anf-
aehwong, Krise and Stockung. Von Arthur
Spiethoff. I. Band: Darstellung.— Erscheint
im FrQhjahr 1906.
XXIV. 5. Die argentinisch« Währungsreform von
1899. Von Julius Wolff. 1905. (XVI, 182 8.)
3 M. 40 Pf.
Fttnfondzwanzigster
Preis 21 M
Band. 1906—06.
40 Pf.
XXV. 1. Die wirtschaftlichen und politischen Motive
für die Abschaffung des britischen Sklaven-
handels im Jahr« ISuti/ISO?. Von Franz Hoch-
stetter. Iy05. (X, 120 S.) 3 M.
XXV. 2. Ein schlesisches Dorf und Bittergut. Ge-
schichte und soziale Verfassung. Von Gertrud
Dyhrenfurth. 1906. (X, 178 S.) 4 M. 20 Pf.
XXV. 8. Die ostpreussische Domänenverwaltung
unter Friedrich Wilhelm I. und das Retablisse-
raent Litauens. Von August Skalweit. 1906.
(X, 358 8.) 8 M. 20 Pf.
XXV. 4 Der Übergang von der Handweberei zum
Fabrikbetrieb in der niederrbeinischen Samt-
und Seiden-Industrie und die Lage der Arbeiter
in dieser Periode. Von Heinrich Brauns.
1906. (XII, 256 S.) 6 M.
Sechsundzwanzigrster Bd. 1906. 30 M.
XXVI. 1. Baum weil Produktion und Pflanzungswirt-
achaft in den nordamerikanischen SüdsUaten.
Von Ernst von Halle. 1906. (XXVI, 670 S.)
15 M.
XXVI. 2. Die Entwicklung der direkten
in der Reichsstadt Frankfurt bis lur Berolatioi
1612—1614. Von Friedrich Bothe. 1906.
(XLIV, 620 8.) 15 M.
Mit Band XXVI ist die Einteilung in
Bände aufgehoben, an deren Stelle die
fortlaufende Zählung nach Heften tritt,
beginnend mit Heft 122.
Heft 122. Die Ursachen der ungleichen Entlohnung
von Minner- und Frauenarbeit. Von Alice
Salomon. 1906. (VllI, 132 S.) 3 M. 20 Pf.
Heft 123. Die russische Handelspolitik aeit 1877.
Unter besonderer Berücksichtigung des Handels
Ober die europäische Grenze. Von Emil
Zweig. 1906. (XII, 184 8.) 4 M. 80 Pf.
Heft 124. Die Bozener Märkte bis zum Dreissif-
jährigen KriM^e. Von Gerhard Bückling.
1907. (VIII, 124 8.) 3 M.
Heft 126. Soziale und individualistische Auffassung
im 1«. Jahrhundert, vornehmlich bei Adam
Smith und Adam Ferguson. Ein Beitrag zur
Geschichte der Soziologie. Von Hermann
Huth. 1907. (XVI, 160 S.) 4 M. 40 Pf.
Heft 126. Verfassung und Verwaltung Hinter-
pommems im siebzehnten Jahrhundert bis zur
Einverleibung in den brandenburgischen Staat.
Von Reinhold Petsch. 1907. (XIV, 272 S.)
6 M. 80 Pf.
Heft 127. Das deutsche Wechseldiskontgedch&ft.
Von W. Prion. 1907 (XIV, 2988.) 7 M.
Heft 128. Geschichte des Seidengewebeo in Köln
vom dreitehnten bis achtzehnten Jahrhundert.
Von Hans Koch. 1907. (XII, 124 S.) 3M.20Pf.
Heft 129. Grundbesitxrerteilnng und Bauemfrage
in Rumänien. Von G. D. Creanga. I. Teil.
1907. (VIII, 208 8. u. Tabellen). 5 M. 40 Pf.
Heft 130. Arbeitsnachweis, Einigungsamt und Tarif-
gemeinschaft im Berliner Braugewerbe, ihre
Entwicklungsgeschichte und Wirksamkeit Von
Martin Weigert. 1907. (XII, 254 8.) 6 M. 80 Pf.
Staats- und sozialwissenschaftliche
Forschungen
herausgegeben
von
Gustav SchmoUer und Max Sering,
Heft 128.
Pans Koch, Geschichte des Seidengewerbes in Köln
vom 13. bis zum 18. Jahrhundert.
Leipzig,
Verlag von Duncker & Humblot.
1907.
Geschichte
des
Seidengewerbes in Köln
vom 13- bis zum 18. Jahrhundert
Von
Hans Koch,
Leipzig,
Verlag von Duncker & Humblot.
1907.
SEP 1 1966
9925
1118384 ?
Alle Rechte vorbehalten.
Dem Andenken meiner Frau Margarethe.
Vorwort.
Das erste Kapitel dieser Arbeit hat unter dem Titel „Die
Anfänge des Seidengewerbes in Köln" der philosophischen
Fakultät der Universität Bonn als Dissertation vorgelegen.
Wenn ich, dem Rate des Herrn Professors Schmoller
folgend, für das Ganze den Titel „Geschichte des Seiden-
gewerbes in Köln vom 13. bis 18. Jahrhundert" gewählt habe,
so bin ich mir dessen doch wohl bewußt, daß ich eine zu-
sammenhängende Geschichte dieses Gewerbes nicht geben
konnte; dazu war das vorhandene Material zu lückenhaft,
versagte für geraume Zeiträume gänzlich. Doch genügte es,
um mir eine Darstellung des Seidengewerbes in der Weise zu
ermöglichen, wie ich es beabsichtigte : Ich wollte ein charakte-
ristisches Bild dieses Kölner Gewerbes geben, dagegen nicht
auf Dinge näher eingehen, welche für seine Eigenart belanglos
oder aus der Geschichte zahlreicher anderer Gewerbe hin-
länglich bekannt sind. Diese Absicht glaubte ich mit einer
kurzen, gedrängten Darstellung und der Wiedergabe nur der
wichtigeren Urkunden besser erreichen zu können, als wenn
ich das Material zu einer breiten, ausführlichen Schilderung
verwertete. Wir sind ja heute, dank zahlreicher Spezial-
forschungen, über die Gewerbeverhältnisse des Mittelalters und
des 16. bis 18. Jahrhunderts im allgemeinen genügend unter-
richtet , weniger aber über solche Gewerbe , welche für die
Stadt, in der sie betrieben wurden, charakteristisch waren. Das
waren die Gewerbe, welche, über den Rahmen der engen
Stadtwirtschaft hinausstrebend, Fernhandel trieben und mit
dem Fernhandel in engstem Zusammenhange standen. Diese
Gewerbe waren es, welche oft Abweichungen von den sonst
üblichen Verhältnissen und eigene, selbständige Züge aufwiesen,
indem sie die Tendenz hatten, sich von der städtischen Klein-
wirtschaft zu emanzipieren, und so der modernen gewerblichen
Tätigkeit in manchen wesentlichen Punkten bereits sich
näherten. In den Fernhandelsgewerben zeigte sich schon früh
ein gewisser Zug zum Großbetriebe und zu neuen Betriebs-
formen, lange, bevor im Gewerbe allgemein solche Tendenzen
vm
bemerkbar waren. Die Zahl dieser Gewerbe konnte bei den
damab'gen Wirtschafts- und Verkehrsverhältnissen nur gering
sein ; zu ihnen gehörten in erster Linie die Textilge werbe,
unter denen das Seidengewerbe eine besondere Stellung ein-
nahm, da es zugleich ausschließlich ein Luxusgewerbe ist.i
Eine Untersuchung der Verhältnisse des Seidengewerbes
schien mir daher nicht überflüssig zu sein, zumal über die seiden-
gewerbliche Tätigkeit in deutschen Städten des Mittelalters
und der beginnenden Neuzeit noch sehr wenig bekannt ist.
Ich folgte daher gern der Anregung AI. Schultes, das
Seidengewerbe in Köln zu untersuchen, und versuchte nach-
zuweisen, daß wenigstens in dieser Stadt die seidengewerbliche
Tätigkeit wesentlich früher zur Entfaltung gekommen ist und
eine bedeutendere Stellung eingenommen hat, als man bisher
von deutschen Städten anzunehmen berechtigt war.
Über das von mir benutzte Material gibt das Verzeichnis
Aufschluß; nur wenige Worte möchte ich noch hinzufügen:
Zum überwiegenden Teile liegt der vorliegenden Studie Ur-
kundenmaterial des historischen Archivs zu Köln zugrunde,
welches für die Zeit vor 1500 bereits publiziert oder, wie die
großen Arbeiten von Keußen und v. Loesch, im Erscheinen
begriffen ist, für die Zeit nach 1500 aber in Handschrift,
u. a. in den losen Akten „Seidamt" vorliegt. Von diesen
habe ich, anschließend an v. Loesch, in den Beilagen einige
zum Abdruck gebracht, mich aber auf die Aktenstücke be-
schränkt, welche mir für die Verfassung des Kölner Seiden-
gewerbes von Wichtigkeit zu sein schienen. Zum Schluß habe
ich den Versuch gemacht, eine Namenliste des Seidengewerbes
zusammenzustellen, die aber auf Vollständigkeit keinen An-
spruch machen kann, da mir nur die gelegentlich in den
Akten erwähnten Namen zu Gebote standen, während Listen
aus jener Zeit fehlen.
Es ist mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser Stelle
allen denen, welche mir bei meiner Arbeit Rat und Förderung
zuteil werden ließen, meinen Dank zu sagen : vor allem meinen
Lehrern, den Herren Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Aloys
Schulte und Prof. Dr. Heinrich Dietzel, Herrn Prof. Dr. Gustav
Schmoller, welcher die Aufnahme der Arbeit in den „Staats-
und sozialwissenschaftlichen Forschungen" veranlaßt hat, den
Herren des Archivs Köln, Direktor Prof. Dr. Hanßen, Archivar
Dr. Keußen und Dr. Kuske, Herrn Domkapitular Prof.
Dr. Schnütgen und Herrn Direktor Dr. Dahmen, welcher mir
seine früher gesammelten Notizen zur Verfügung gestellt hat,
die ich zum Teil benutzen konnte.
Köln, 13. Oktober 1907.
Hans Koch.
Inhalt.
' Seite
Verzeichnis der benutzten Quellen und Darstellungen XII
Erstes Kapitel. Das Kölner Seidengewerbe vor seiner Organi-
sation als Znnft (bis 1437) - 1
Einleitung 4
Die ersten Anfänge seidengewerblicher Tätigkeit 4
Die gewerbsmäßige Kunststickerei 9
Die Seidenweberei 12
Vorwiegen weiblicher Arbeit 14
Die Seidenfärberei 16
Zusammenfassung ; die Entstehungszeit des Kölner Seidengewerbes 16
Der Seidenhandel mit Kölner Erzeugnissen außerhalb Kölns . 16
Die mutmaßliche Herkunft des Seidengewerbes 20
Äußere Organisation vor 1396 22
Organisation zur Zeit des Verbundbriefs 24
Die inneren Verhältnisse des Seidengewerbes vor 1437 .... 29
Die Betriebsform 29
Arbeitsverhältnisse 30
Technik 31
Zweites Kapitel. Zänftische Organisation im Seidengewerbe;
Blütezeit des Gewerbes im 15. Jahrhundert. (1437—1506) . -34
Ursachen der Organisation 34
Die Organisation des Seidengewerbes im allgemeinen .... 35
Die Weberei und Spinnerei 36
Die Amtsbriefe 36
Zunftverfassung der Seidenweberinnen 37
Das Seidamt 38
Die personellen Verhältnisse: Vorstand 39
Mitglieder der Zunft 40
Lehrmädchen 41
Die materiellen Verhältnisse: Anordnungen über Fabrikations-
weise 44
Technisches * 44
Arbeitsteilung im Seidengewerbe
Mißstände
Arbeitsteilung in andern Seidengewerben
Die einzelnen Zweige des Seidengewerbes in Köln: die Wappen-
sticker
Seidenstickerei an anderen Orten
Die Goldspinnerinnen
Die Seidenfärber
Die Betriebsform im Seidengewerbe in Köln und an anderen Orten
Die Frauenarbeit
Die Beghinen und Nonnen
Die wirtschaftliche Entwicklung des Seidengewerbes. Seiden-
verbrauch in Köln
Der Absatz außerhalb Kölns
Der Seidenhandel im Einzelnen
Bedeutung des Kölner Seidenhandels am Ende des 15. Jahr-
hunderts
Abschluß der Organisation durch den Transfixbrief von 1506
Drittes Kapitel. Das Seidengewerbe von 1506 bis zu seiaem
Erlöschen
Überblick über den Stand des Seidengewerbes bei Beginn der
Neuzeit
Umfang des Gewerbes in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
Der Rückgang des Gewerbes * . . .
Ursachen
Neue Bestrebungen
Beginn der Ausländer-Einwanderung
Bedeutung der Ausländer für das deutsche Seidengewerbe . .
Ihre Bedeutung für Köln
Die neue Betriebsweise
Beginn der Maschinenarbeit
Differenzen zwischen den alten, zünftischen Seidenmachern
und den „Neuen" 75
Umfang des Seidenhandels gegen Ende des 16. Jahrhunderts . 77
Umfang des zünftischen Gewerbes 79
Zünftischer Widerstand gegen die Neuerungen 79
Das Seidenerschweren 81
Stellungnahme des Rats gegenüber den alten Handwerkern und
den Fremden 83
Beginn des Verfalls des Seidengewerbes in Köln 83
Maschinenarbeit in der Bandfabrikation 83
Ordnung der Posamentierer von 1659 85
Die Bandmühle
Veränderte Stellung des Kölner Seidengewerbes zu dem anderer 85
Städte 88
XI
Seite
Gründe 89
Krefeld . 90
Erlöschen des Kölner Seidengewerbes . 91
Schluß 92
Beilagren.
I. Urkunden zur Organisation des Kölner Seidengewerbes . . 93
IL Namensliste von Angehörigen des Kölner Seidengewerbes . 115
Verzeichnis
der benutzten Quellen und Darstellunge^.
A. Quellen.
a) Nicht yeröffentllchte Quellen.
1. Aus dem Archiv der Stadt Köln.
Ratsedikte.
Ratsprotokolle. (Rpr.)
Zunftakten. (Z.)
Handelsakten.
Lose Akten „Seidamt".
Peter Fuchs Topographie von Köln.
Merlo, Kollektaneen.
Schreinsbücher. (Schrb.)
Bemerkung: Über das Material im Archiv vgl. Ennen-Eckertz,
Quellen zur Geschichte der Stadt Köln Bd. I, S. XX ff., ferner Walter
Stein, Akten zur Geschichte der Verfassung und Verwaltung der Stadt Köln,
Bd. I. S. VI ff. „Die Handschriften"; Friedrich Lau, Entwicklung der
kommunalen Verfassung und Verwaltung der Stadt Köln bis zum Jahre 1396,
S. Xlff. ; endlich neuerdings v. Loesch, Kölner Zunfturkunden, Bd. I, 1 ff.,
„Quellen und Literatur."
2. Aus dem Archiv der Pfarrkirche St. Maria Lyskirchen
zu Köln.
Evangelienkodex: Schatzverzeichnis des ehem. St. Georgsstifts.
3. Staatsarchiv zu Düsseldorf.
Akten: Jülich-Berg, Handel und Gewerbe.
b) Yeröffentllchte Quellen.
1. Über Köln.
Die Chroniken deutscher Städte vom 14. bis 16. Jahrhundert, Bd. 13. Köln,
Leipzig 1876.
L. Ennen-Eckertz, Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, 6 Bde.
(Bd. I. und n.) Köln 1860 ff.
R. Hoeniger, Kölner Schreinsurkunden des 12. Jahrhunderts. Bonn 1884.
Keussen, Historische Topographie der Stadt Köln im Mittelalter (im
Druck).
R. Knipping, Die Stadtrechnungen des Mittelalters Bd. I. Bonn 1897.
XIII
V. Loesch, Kölner Zunfturkunden (im Druck).
W. Stein, Akten zur Geschichte der Verfassung und Verwaltung der Stadt
Köln im U. und 15. Jahrhundert. 2 Bde. Bonn 1893 flf.
2. Andere Quellen.
J. F. Boehmer, Fontes rerum Germanicarum.
G. Fagniez, Documents r^latifs k l'histoire de l'industrie et du commerce
en France, 2 Bde. Paris 1898.
K. Höhlbaum, Hansisches ürkundenbuch, 9 Bde. Halle 1876 ff.
Lacomblet, ürkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins. 4 Bde.
Düsseldorf 1840 ff.
Monumenta Germaniae Historica, Scriptores (M. G. S. S.). ,
Monumenta Germaniae Historica, Deutsche Chroniken des Mittolalters.
ürkundenbuch der Stadt Straßburg. 4 Bde. 1886.
B. Darstellungren.
a) Kdln.
F. A. Bl um eling. Die früheren Handels Verhältnisse Kölns. 2 Teile. (Progr.)
Köln 1840, 45.
F. Bock, Das heilige Köln. Leipzig 1858.
J. D ahmen, Beiträge zur Geschichte des Kölner Seidamts. 2 Teile.
(Progr.) Köln 1893 f.
L. Ennen, Geschichte der Stadt Köln. 2 Bde. Köln, Neuß 1863 ff.
J. B. Haas, Die Konvente in Köln und die Beghinen. Köln 1860.
K. Höhlbaum, Das Buch Weinsberg. 4 Bde. Leipzig 1886 f.
F. Lau, Entwicklung der kommunalen Verfassung und Verwaltung der
Stadt Köln bis zum Jahre 1396. Bonn 1898.
Mitteilungen aus dem Stadtarchiv Köln. Köln 1882 ff.
b) Seide und Seidengewerbe.
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H. Grothe, Geschichte der Seidenzucht und Seidenmanufaktur, Deutsche
Vierteljahrsschrift 27. Jg. 1864. Stuttgart 1864.
0. Hintze, Die preußische Seidenindustrie. Acta Borussica, Seidenindustrie,
Bd. in. Berlin 1892.
J. G. Kr Unit z. Ökonomisch-technische Enzyklopädie: Bd. 3 (Art „Band"
usw.). Berlin 1774. Bd. 84 (Art. „Manufakturen") 1808. Bd. 152 (Art
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T. Yoshida, Entwicklung des Seidenhandels und der Seidenindustrie.
Heidelberg 1895 (Diss.).
Technik: J. S. Hallen, Werkstätte der heutigen Künste. 6 Bde.
Brandenburg-Leipzig, 1761 ff. Bd. 1, Goldschläger, Webstühle; Bd. 2, Seiden-
manufaktur: Bd. 4, Seidenfärber.
XIV
c) Allgemeine Geschichte, Wirtschaftsgeschichte, Kulturgeschichte.
Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein. Köln 1857 ff.
K. Bartsch, Deutsche Dichtungen des Mittelalters; Bd. I: König Rother.
Leipzig 1872.
G. V. Below, Großhändler und Kleinhändler im deutschen Mittelalter.
Jahrb. f. N. u. St. (Conrads Jb.) Bd. 75, 1900.
H. Boos, Geschichte der rheinischen Städtekultur. 3 Bde. Berlin 1897.
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Maria Laach" 18. Erg.-Bd.). Freiburg i. Br. 1898.
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d) Verschiedenes.
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E. Steinmeyer, Die althochdeutschen Glossen. 4 Bde. Berlin 1879 ff.
Erstes Kapitel.
Das Kölner Seidengewerbe vor seiner Organisation
als Zunft.
Das Seidengewerbe ist in deutschen Landen lange ein
Fremdling geblieben. Jahrhunderte lang waren in ihnen
seidene Stoffe bekannt und geschätzt, ehe die ersten Versuche
gemacht wurden, solche selbst herzustellen. Der Orient und
Byzanz deckten den Bedarf noch lange, nachdem die Seiden-
weberei schon in Italien festen Fuß gefaßt hatte. ^ Erst im
13. Jahrhundert erreichte sie im mittleren Europa größeren
Umfang und weitere Verbreitung. Das Seidengewerbe begann
sich von dem orientalischen Vorbilde frei zu machen und
wurde in der westlichen Kulturwelt heimisch. Die ersten
Seidenmanufakturen von größerer Bedeutung für die Zukunft
finden wir im 13. Jahrhundert in Venedig, Genua, Florenz
und vor allem — seit längerer Zeit — in Lucca; auch
blühte schon in Paris ein Seidengewerbe von beträchtlicher
Ausdehnung.
Jetzt war die Möglichkeit gegeben, daß auch in deutschen
Städten die Kunst des Seidebereitens eine Stätte fand; für
Zürich ist sie zu Anfang des 14. Jahrhunderts nachzuweisen,
für Konstanz wahrscheinlich. ^ Während das Seidengewerbe
aber in Zürich um 1400 eingingt, in Konstanz nie zu Be-
deutung gelangte, faßte es früh in Köln festen Boden und
kam hier — wie Schulte nachgewiesen hat — zur Blüte*.
Endlich sind von niederländischen Städten für diese frühste
^ Vgl. Schulte, I, 137—139; Hintze, 7; Schaube.
« Schulte, I, 139; über Zürich vgl. Bürkli-Meyer, 7, 33: Richtebrief a.
d. J. 1304, ferner Stadtbücher I, 39 : Seidenweberordnung 1322.
^ Bürkli-Meyer 5. Erst in der 2. H. des 16. Jh. wurde es von Locar-
nern von neuem — in veränderter Betriebsform — ins Leben gerufen.
* Schulte, I, 699.
Forschungen 128. — Koch. l
2 128.
Periode seidengewerblicher Tätigkeit noch Gent, wahrschein-
lich auch Brügge und Antwerpen zu nennen.
Zürich und Köln sind — nach unserer heutigen Kenntnis
der Geschichte des Seidengewerbes — die beiden einzigen
deutschen Städte, in denen dieses Gewerbe schon im 14. Jahr-
hundert eine Rolle im Wirtschaftsleben gespielt hat. Köln
allein behielt während des • ganzen Mittelalters eine vor-
herrschende Stellung, auch nachdem im 15. Jahrhundert das
Gewerbe weitere Verbreitung in Deutschland gefunden hatte;
und als um die Mitte des 16. Jahrhunderts ein neuer Geist
die deutsche Seidenindustrie umzuformen begann, da machte
es den Wandel mit und erhielt sich das alte Gewerbe —
wenn auch längst nicht mehr in der alten Bedeutung — noch
das ganze 17. und 18. Jahrhundert hindurch, sogar bis ins
19. hinein.
Ich glaube somit nicht zu viel zu behaupten, wenn ich
meine, daß das Kölner Seidengew:erbe im Rahmen der deut-
schen Wirtschaftsgeschichte einen eigenartigen Platz einnimmt.
Eigenartig ist ja schon das Seidengewerbe an sich.
Aus dem Orient stammend und viel später als andere Gewerbe
in Mitteleuropa erscheinend, mußte es sich erst seinen Platz
unter ihnen schaffen; nicht immer gelang es. Im Bezüge des
Rohstoffs — ähnlich wie die Barchentweberei — durchaus
vom Fernhandel abhängig, mußte es den Charakter des
Seltenen bewahren, so lange die Verkehrsverhältnisse nur
weniger bevorzugten Wirtschaftszentren einen namhaften Fern-
handel gestatteten. Der Charakter des Gewerbes als Export-
gewerbe brachte es dann mit sich, daß es auch für den Ab-
satz seiner Erzeugnisse dauernd vom Fernhandel abhängig
blieb. Und da es auch den lokalen Markt nicht entbehren
konnte — eine Frage, die insbesondere für die Niederlassung
des Gewerbes in Betracht kam — so konnten bei der Kost-
barkeit der Erzeugnisse im Mittelalter immer nur verhältnis-
mäßig wenige Städte Sitze dieser Industrie werden.
Die geographische Lage und wirtschaftliche Stellung Kölns
begünstigte nun freilich die Entwicklung eines Exportgewerbes
in besonderem Maße. Die Stadt gehörte während des ganzen
Mittelalters zu den hervorragendsten Handelsstädten Deutsch-
lands; sie vermittelte vor allem den Verkehr zwischen dem
oberrheinischen Gebiet, der Schweiz, Italien einerseits und
dem Niederrhein, den Niederlanden, England andrerseits.
Seeschiffe gingen bis Köln; so konnte es am Seeverkehr un-
mittelbar teilnehmen, besonders seit es der Hansa angehörte.
Auch der sich in west-östlicher Richtung bewegende Handel
führte vorzugsweise über Köln, und so verband es auch den
Handel der Niederlande und Frankreichs mit dem des Ostens.
Damals gab es wenige dem Handelsmann bekannte Länder,
in denen sich nicht auch der Kölner Kaufmann zeigte und
128. a
häufig dauernde Beziehungen zu seiner Heimat knüpftet
Am wichtigsten aber war für den Kölner Handel der nähere
Umkreis, das nord-westliche Deutschland ; hier herrschte Köln
durchaus, war zugleich die Eingangspforte für den nieder-
ländischen Handel nach Deutschland; der engere Wirtschafts-
bezirk der Stadt war in mancher Beziehung das Hinterland
für die niederländischen Hafenplätze 2.
Früh schon äußerte sich der Handelssinn der Kölner in
einer deutlich hervortretenden Handelspolitik ; durch zahlreiche
Schutzbriefe, Handelsverträge und Zollprivilegien errangen sie
im Inlande wie im Auslande möglichst vorteilhafte Bedingungen;
eine der vorteilhaftesten Errungenschaften aber war das Stapel-
recht ^.
Die bevorzugte Stellung Kölns im Wirtschaftsleben mußte
natürlich für die Entwicklung seiner Gewerbe, vorzüglich aber
der Exportgewerbe, von der größten Bedeutung sein. Schon
früh legten Kölner Stoflfe weithin Zeugnis ab für die hohe
Stufe, auf welcher sich das Textilgewerbe befand, das bereits
im 12. Jahrhundert zahlreichen Personen Nahrung gab *. Hier
mußte auch der jüngste Zweig des Textilgewerbes, das Seiden-
gewerbe, geeignete Hände vorfinden, und hier durfte es für
seine Produkte unter Ausnützung der alten Fernhandels-
beziehungen eher lohnenden Absatz erwarten als in einer
Stadt mit weniger ausgebreitetem Handel, um so mehr, als es
in der reichen Stadt auch an lokalem Bedarf für Luxuswaren
^ Vgl. Hüllmann, I, 888 ff: Augsburger und Nürnberger Güter gingen
schon im 12. Jh. über Frankfurt und Köln nach den Niederlanden, u. a.
auch morgenländische und südeuropäische Waren. Über die Bedeutung des
Frankfurter Marktes und des Rheins als. Straße a. a. 0. 394 f. — Ferner
vgl. Korth, Annalen 50, 1 ff. bes. 15. — Über den westdeutsch-italienischen
Handel bis Ende 13. Jhs. s. Schulte, I, Teü 2, p. 105-168. — Die Dar-
stellung Blümelings ist venltet. — Neuerdings auch Schaube, bes. Kap. 30. —
Ferner Ennen, Geschichte, I, 478 ff. : Lamprecht, Skizzen, 176 ff; dess.
deutsche Geschichte HI, 22 ff.; Kölner Kaufleute in Reval in der 2. H.
14. Jhs. 8. Stieda, Zollbücher pp: 16, 24, 27, 42, 45, 52, 72, 74, 75.
2 Pirenne: Histoire, H, 52 : „Il-JTAnversJ-a pour marchö ä l'est Cologne,
ä la quelle le rattachent ses voies fluviales et la route de Maestricht . . ."
3 S. die betr. Urkunden bei Ennen, Quellen; Lacomblet; Hoeniger,
Hans. U. B., I. Von ausländischen Märkten kam besonders früh England
in Frage; zahlreiche Urkunden aus dem 12. und 13. Jh. über den Schutz
des Kölner Kaufmanns s. Lappenberg p. 3—12; vgl. auch Ennen, Gesch., I,
; 484 ff. — Über das Stapelrecht s. Lacomblet H, Nr. 469, Ennen, Qu., II,
Nr. 396.
* Schulte, I, 123. — Die erste Textilzunft war die der Decklaken-
und Scharzenweber 1149 s. v. Loesch, I, 25 Berufsmäßige Wollenweberei
vor 1230 s. V. Loesch, II, 478, Urkunde von 1230 »»/s; vgl. auch Fromm 53.
Die Schreinsurkunden des 12. Jhs. enthalten zahlreiche venditores pannorum
I und venditores peplorum et tegumentorum pulvinarium (id est sciza), vendi-
tores lineorum; es gab schon eine Straße: „inter venditores pannorum."
Hoeniger, Schreinsurk.
4 128.
nicht fehlen konnte. So war der Boden in Köln für die
Etablierung seidengewerblicher Tätigkeit günstig.
Heute hat die Seidenindustrie in Köln keine Stätte mehr;,
sie hat sich rheinabwärts gezogen und in Krefeld ihren
Mittelpunkt. Aber diese Wendung ist ein Ergebnis neuerer
Zeit; bis weit in das 17. Jahrhundert hinein ist Köln die
rheinische Seidenstadt gewesen. Jahrhunderte lang war in
seinen Mauern das Seidengewerbe heimisch und lieferte einen
namhaften Beitrag zu dem wirtschaftlichen Ruhme der alten
Reichsstadt; jahrhundertelang gab es zahlreichen Personen
Beschäftigung und Unterhalt.
Es ist ja nicht leicht, sich über die Bedeutung, die das
Seidengewerbe in den Augen der Zeitgenossen und im Ver-
hältnis zu den anderen Gewerben der Stadt gehabt hat, ein
klares Bild für jede Periode zu machen. Wirtschaftliche j^ zeit-
genössische Urteile aus dem Mittelalter sind ja überaus spär-
lich und wir sind zumeist auf Schlüsse und Vermutungen
angewiesen. Aber dennoch tritt das Gesamtbild eines für die
Kölner und die deutsche Wirtschaftsgeschichte bedeutenden,
Gewerbes deutlich hervor. j
Die Anfänge des Kölner Seidengewerbes liegen im Dunkeln ; '
sicher nur ist, daß wir sie zu suchen haben in der Form der
Weiterverarbeitung des fertig bezogenen Gewebes zu besondern
Zwecken, der Form, in welcher überhaupt in Deutschland
zuerst mit Seide gearbeitet worden ist. Seidene Stoffe wurden
ja schon im Frühmittelalter aus dem Orient über Byzanz nach
Westeuropa gebracht; sie gehörten zu den Handelsobjekten,
welche Gegenstände des Fernhandels schon in seiner frühsten
Periode waren ^. Syrische Kaufleute vermittelten den Handel
mit ihnen nach dem Frankenlande ^, auch waren seidene und
samtne Stoffe beliebt als Geschenke an weltliche und geist-
liche Große und an Kirchen. Im nordwestlichen Deutschland
erscheinen mercatores mit seidenen Stoffen schon zur Zeit
Karls d. Gr. ^. Vor allem aber war Seide und Seidenstickerei!
in Gebrauch bei den liturgischen Gewändern; namentlich die
1 Schulte, I, 72; — Schaube, 418: „Der Zolltarif von Bapaume, a. o.
1202, erwähnt Seide, Goldfäden, Alaun, Brasilholz, Kermesbeeren fiir die
Bedürfnisse der flandrischen Textilindustrie, die die Zollstätte von Südei
her passierten"; cit. nach M. Taillier, receuil d'actes des 12 e et 13 e siecieai
en langue romane wallone du Nord de la France. Douai 1849, Nr. ö^j
pp. 13 ff. Ob unter „Seide" seidener Stoff oder schon Rohseide zu vei
stehen ist, ist schwer zu entscheiden ; ich halte ersteres für wahrscheinlicher,;
weil auch in den flandrischen Städten die berufsmäßige Seidenstickerei der
Seidenweberei vorausgegangen zu sein scheint. In Gent gab es 1314
„wapinmaker", aber erst um 1400 wurden „zydine laken" gefertigt. Huyttens^
36, 64.
2 Heyd, I, 25.
8 M. G. S. S. 2, 737 f (Mon. Sangall . . .) ebda. 744«8. „infinitimi
pondus . . . sericorum . . palliorum."
128. 5
Kasel (casula, planeta) bestand schon im 6., 7., 8. Jahrhundert
bisweilen, vom 9. ab häufig aus Seide; für die Stola wurde
sie anfangs des 10. Jahrhunderts verarbeitet. Goldbrokat
finden wir bei Manipeln im IL, kostbare Zierstücke (auri-
frisia) bei den Alben im 12. Jahrhundert^; auch die Mitra
wurde oft reich gestickt (aurifrisata) ^. Zahlreiche Kasein aus
der Zeit des 10. — 13. Jahrhunderts sind noch in Deutschland
erhalten, darunter mehrere in Aachen, Brauweiler, Xanten,
Deutz und Köln ^. Seidene Gewänder zu kirchlichen Zwecken
waren in Köln schon im 10. und 11. Jahrhundert in größerem
Umfange in Gebrauch ; so werden in dem Testament des Erz-
bischofs'Bruno von Köln (f 965) u. a. 10 pallia optima er-
wähnt*; einige Gewänder aus jener Zeit sind noch erhalten:
eine Kasel Brunos^, je eine des hl. Heribert in Deutz, des
h\. Anno und des sei. Albertus Magnus, beide in Köln ^. Ge-
naueren Aufschluß über die Verwendung seidener Stoffe in
derZeit des 11. und 12. Jahrhunderts gibt ein Schatzverzeich-
nis des St. Georgstiftes in Köln (jetzt Pfarrkirche St. Jakob),
das einzige, welches aus dieser Zeit bekannt und erhalten ist.
In der Pfarrkirche St. Maria Lyskirchen in Köln befindet
sich ein wertvoller Evangelienkodex — etwa aus dem 10. Jahr-
hundert — in welchen man später, etwa gegen Ende des
11. oder zu Anfang des 12. Jahrhunderts auf eins der ehe-
mals leeren Blätter des Buches das erwähnte Schatzverzeichnis
hineingeschrieben hat; man nutzte auf diese Weise damals
häufig die leeren Blätter aus, um Pergament zu sparen. Der
Wortlaut des Schatzverzeichnisses ist folgender '': Haec sunt
ornamenta ecclesie sancti Georgii. Undecim capp^, tria dor-
salia, 4 dalmatic^, 5 suptilia cum 4 fanonibus, 12 pallia, 4 vexilla,
10 casul^, 3 calice cum totidem patenis, ex quibus unus est
1 Braun, priesterl. Gew. 32, 70 f, 104 ff, 151 ff, 161.
2 Ders. pontif. Gew. 37.
8 Ders. priesterl. Gew. 154. Es werden 18 Kasein näher bezeichnet,
■€ davon gehören nach Köln und dem Niederrhein.
* M. G. S. S. 4 (Ruotgeri Vita Brunonis). Pallia optima sind nach
Bock, I, 105 gewöhnlich golddurchwirkte Seidenstoffe.
^ Francisque-Michel, 317.
6 Braun, priesterl. Gew. 154. Vgl. Bock, das heilige Köln. Die Kasel
des h. Heribert befindet sich in der Pfarrkirche, ehem. Abteikirche zu Deutz,
die des h. Anno in der Sammlung des Herrn Domkapitulars Prof. Dr. Schnütgen
in Köln, die des sei. Albertus M. in der St. Andreaskirche in Köln. Die
Borten der beiden letztgenannten Kasein stammen aus späterer Zeit.
^ Der Evangelienkodex ist beschrieben und abgebildet bei Bock, Das
heilige Köln, Nr. 103, bez. Taf. XXXV. Unter Nr. 97 gibt Bock eine Ab-
schrift des Schatzverzeichnisses ; ich habe die Handschrift selbst benutzt und
gebe das Verzeichnis als Abschrift des Originals wieder, in einigen Punkten
von Bock abweichend; insbesondere lese ich nicht „2", sondern „4 vela",
halte ferner die Lesart „ex quibus unus est aureus" für richtig, während
Bock „aureus" für fraglich hält. Die von mir eingeklammerten Worte sind
im Originaltext überschrieben.
6 128»
aureus, alter deauratus, et 2 fistul^ argente^. Urna argentea
et 2 ^rc^. Candelabrum argenteum et fistula alterius cande-
labri. 2 thuribula argentea. 20 alb^ cum totidem amictis et
una absque amicto. 12 stol^ cum totidem fanonibus et una
absque fanone. 3 manutergia. Una mappula, 2 cingula, 2 tunic^
seric^.. Duo ordines, 3 missales, 5 missales libri, 3 gradualia^
4 vela, 4 tapetia et 4 scamnalia, tria vascula argentea. Unum
plenarium auro contextum [et 1 argento contextum] et tertium
absque auro et argento; et 2 cussini. Unum lectionarium et
pars alterius lectionarii , 7 corporalia. 4 cruces du^ aure^ et
du^ ^re^. Duo cingula 1 de pallio, aliud de serico. Una
acerra deaurata cum cocleari argenteo, unum baccirium [cum
columba deargentata]. Linteamen unum super feretrum.
Ein zweites Inventarverzeichnis derselben Kirche befindet
sich in einem alten Pergamentkodex im Museum zu Darm-
stadt; es ist etwa im 14. Jahrhundert niedergeschrieben und
enthält folgende Gewänder, Stoffe und Stickereien ^ :
. . • Item casula sancti Annonis cum stolis et manipulis
suis^. . . . Item duo panni contexti et sunt diverse facture.
Item unus pannus viridis coloris de serico. . . . Item fibula
argentea deaurata cum armis quondam Henrici de Langehoue
signata spectans ad cappam ipsius sericam blauei coloris de
damasto una cum casula et duabus vestibus tunicalibus sericis
rubri coloris aureis filis intextis cum armis suis et aliis suis
pertinenciis. — Haec sunt ornamenta sive indumenta ecclesiae
beati Georgii: Casula de sameto blauii coloris. Item casula
de balkino. Item casula de purpura quam decanus Gerardus
dedit. Item casula alba de serico. Item casula crocea cum
dalmatica et subtili croceo. Item casula de sameto rufo cum
dalmatica et subtili rufo. Item duae dalmaticae albae de serico.
Item unum subtile de purpurea, foederata cum albo panno.
Item tres cappae corsales de rubro sameto. Item duae casulae
purpureae. Item cappa corsalis de sameto blanco. Item cappa
cum tyntinabulis. Item cappa antiqua de balkino^.
1 Bock, Das heilige Köln, Nr. 97, St. Jacob p. 11. Ich gebe das Ver-
zeichnis nach Bock wieder unter Fortlassung der Gegenstände aus Metall^
Holz u. dgl.
* Es ist die bereits erwähnte Kasel aus byzantinischem Seidenpurpur,
welche sich jetzt im Besitz des Herrn Domkapitulars Prof. Dr. Schnütgen
in Köln befindet und demnächst in den Besitz der Stadt Köln übergehen
wird, nachdem Herr Domkapitular Schnütgen seine Sammlung der Stadt
geschenkt hat. Die einst vorhanden gewesenen Goldstickereien sind nichl
mehr vorhanden , sondern durch spätere Borten ersetzt. Der StoflF ahnt
seiner technischen Beschaffenheit dem des Meßgewandes des hl. Heribert
Deutz und des hl. Bernard zu Brauweiler. Das Manipel ist im kgl. Museum
zu Berlin. Vgl. Bock, Das heil. Köln, St. Jacob p. 12.
* Wegen der Erläuterungen zu den Inventarverzeichnissen verweise ich
auf Bock a. a' 0.
128. 7
Das ältere Verzeichnis also enthält noch wenige, das
spätere aber schon recht zahlreiche Gegenstände aus Seide
oder mit Seidenstickerei. Ob und bei welchen Stücken aller-
dings Kölner Erzeugnisse in Frage kommen, ist nicht fest-
zustellen. Hier kam es zunächst darauf an, zu zeigen, daß
die Verwendung von Seide zu kirchlichen Zwecken in Köln
schon früh — im 11. und 12. Jahrhundert — eine gewisse
Verbreitung gefunden hatte und sich nicht mehr nur auf
einige wenige, aus besonderer Veranlassung geschenkte Prunk-
stücke zu beschränken scheint.
Schon zur Karolingerzeit herrschte in Köln ein gewisser
Wohlstand^, dem nach der schweren Zeit der normannischen
Verheerungszüge ein allmählich anwachsender Luxus folgte;
er äußerte sich namentlich in dem Glanz des Bischofshofes,
dem Reichtum der Kirchen, aber auch in einem gesteigerten
Prunkbedürfnis mancher Bürger, in erster Linie der Handel-
treibenden^. Das Bedürfnis nach Luxus wurde dann noch
gesteigert, als seit den Kreuzzügen, besonders seit dem 1189
unternommenen Zuge von 1500 Kölner Bürgern in das
gelobte Land^, der Verkehr mit dem Orient einen größeren
Umfang angenommen hatte. Jetzt wurden orientalische Seiden-
stoffe weiteren Kreisen zugänglich, in erster Linie den reichen
Bürgern der großen Handelsstädte, in deren Zahl im 11. und
12. Jahrhundert Köln in erster Linie zu nennen war*. Die
Benutzung seidener und sammetner Stoffe zu bürgerlichen
Bekleidungszwecken beginnt freilich erst im 13. Jahrhundert
eine allgemeinere zu werden, wenngleich sie sich auch dann
noch wegen der hohen Preise den mittelmäßig Begüterten
verbot^. Im 13., mehr noch im 14. Jahrhundert wird von
Zeitgenossen oft geklagt über den weit verbreiteten Kleider-
luxus, namentlich in den Städten. Früh versuchte die Obrig-
keit mit Luxusgesetzen entgegenzuwirken, in Köln zum ersten
Male c. 1321^. Köln galt immer als ganz besonders reiche
Stadt, und das selbstbewußte Auftreten seiner Bürger beruhte
* Korth, in: Annalen 50, p. 14.
2 Vgl. Ennen, Gesch. I, 291; M. G. S. S. XI p. 494. Vita Annonis
archiep. Andererseits fehlt es nicht an Hungersnöten, die ein Gegengewicht
gegen eine allzu weite Verbreitung des Luxus geben mußten: namentlich
schwer waren die von 822, 868 und 1005. S. Annal. Colon, in M. G. S.
S. L p. 98 f.
8 Ennen, Gesch. I, 481 nach Boehmer, fontes III, 458. Godefridi ehr.
Über den Einfluß der Kreuzzüge auf den Handel: Schulte, I, 106 ff. und
neuerdings Schaube, p. 122 ff. ,. »r , i
* Lamprecht, deutsche Gesch. 8, 22. — 1106 boten die Kölner dem
Könige Heinrich, wenn er den geplanten Rachezug gegen sie unterließe,
„sex milia thalentorum argenti". M. G. S. S. IH, 111, Annal. HiWMheim.
^ Vgl. Bock , I, 99, ferner Schultz I, 278 S. und Heyne p. 251 ff (^ 2X
« Lau p. 281, im ersten Eidbuch. Lau nimmt an, daß schon früher
Luxusgesetze erlassen seien. — Man darf freilich aus den zeitgenössischen
8 128.
nicht zum geringsten Teile auf materieller Grundlage. „Auch
für eine Königstochter — meinte der Kölner — wäre es nicht
das schlimmste Los, ein reiches Kaufweib zu KöUen zu werden" ^.
In der Befriedigung des Luxusbedürfnisses nahm die Seide
und die Verzierung der Gewänder und Stoffe mit seidenen
Stickereien einen hervorragenden Rang ein. Zu Kleidungs-
stücken aller Art, zu Dekorationszwecken auf weltlichem und
kirchlichem Gebiet fanden schwere und leichte Seiden- und
Sammetstoffe, unbestickt und bestickt, umfangreiche Ver-
wendung^. Je mehr der Gebrauch der Seide zunahm, desto
mehr suchte man sich in ihrer Verarbeitung vom Orient frei
zu machen, und allmählich wurde die Stickerei mit und auf
Seide in deutschen Landen heimisch; zunächst ausschließlich
als Frauenarbeit und als häusliche Beschäftigung. Das Auf-
nähen von Verzierungen und Bildern, ja ganzer bildlicher
Darstellungen auf Gewänder, Teppiche, ritterliche Bekleidungs-
und Ausrüstungsstücke und auf Stoffe zu kirchlichen Zwecken
in seidenen und goldenen (und silbernen) Fäden, dann aber
Klagen und aus den allenthalben erlassenen Luxusedikten nicht ohne weiteres
auf eine allzu große Ausbreitung des Kleiderluxus schließen; insbesondere
hat man sich wohl durch die breiten dichterischen Schilderungen jener Zeit
häufig zu einer Überschätzung des damals getriebenen Kleidungsaufwandes
verleiten lassen. Wenn es auch zutriflft, daß in einzelnen Gegenden, so in
Südwestdeutschland, selbst die Bauern nicht frei von Putzsucht waren (vgl.
Hagelstange a. a. 0.), so verhinderte doch schon der hohe Preis seidenw
Stofi'e eine allgemeine Verbreitung dieser. Zahlreiche zeitgenössische Dar-
stellungen müssen um so mehr übertrieben erscheinen, wenn man ihnen ein
notarielles Verzeichnis entgegenhält, welches über die Hinterlassenschaft
eines plötzlich verstorbenen Kölner Bürgers, der einer sehr wohlhabenden
Familie angehörte, im 16. Jahrhundert angefertigt wurde. Man ersieht aus
ihm, wie auffallend wenige Kleidungs- und Prunkstücke aus Seide in dem
bis ins kleinste aufgeführten Hausrat enthalten sind. (H. Cardauns, Ein
Kölner Bürgerhaus im 16. Jahrh. in Annalen, 41, p. 109 ff). Und dann darf
man nicht übersehen, daß das Wirtschaftsleben im Mittelalter durch so un-
aufhörliche Mißernten, Hungersnöte und Seuchen erschüttert wurde, daß
eine Rückwirkung auf den Wohlstand nicht ausbleiben konnte. Jede Ver-
minderung des Wohlstandes aber wirkte zunächst den Aufwendungen für
den Luxus entgegen. Nur die Vermögensverhältnisse der reichen Handels-
herren und weniger Großer werden so gefestigt gewesen sein, daß sie auch
in Krisenjahren ihren bisherigen Aufwand nach außen weiter aufrecht er-
halten konnten. Über die ungeheuere Zahl solcher kritischer Jahre, von
denen die meisten sich auch auf den mittleren und unteren Rhein beziehen,
s. Curschmann, femer die Zusammenstellung für die Jahre 1100 — 1315 bei
A. Schultz, I, 127 ff. Mag auch manches chronistische Übertreibung sein,
so bleibt doch noch so viel, daß man sich wundem muß, wie unter solchen
Verhältnissen überhaupt ein namhafter Aufschwung des Wirtschaftslebens
möglich war.
1 Schmoller, Straßburg zur Zeit der Zunftkämpfe p. 19 (ohne Quellen-
angabe).
^ Über die Kleidung bei Männern und Frauen im M. A. vgl. Heyne,
Bd. 3., Schultz, I, Weinhold, VioUet-le-Duc; über kirchliche Gewänder Bock
und Braun.
128. 9
auch das Besticken des seidenen Stoffes direkt wurde eine
Lieblingsbeschäftigung vornehmer Damen ^. Die Frauen
Deutschlands und Britanniens brachten es zu besonderer
Kunstfertigkeit. Auch in Klöstern des 7. bis 10. Jahrhunderts
ist hier und da die Seidenstickerei betrieben worden *.
Wirtschaftliche Bedeutung erlangte sie aber erst dann,
als sie sich zu einem Gewerbe entfaltet hatte.
In Köln scheint schon sehr früh das Sticken von Borten
gewerblich betrieben und damit zugleich in die Hände der
Männer gekommen zu sein, die nunmehr neben den Frauen
tätig waren. Die Kölner Schreinsurkunden des 12. Jahr-
hunderts^ erwähnen unter zahlreichen anderen Gewerbe-
treibenden auch venditores limborum, welche wohl ohne Zweifel
als Vorläufer der später so berühmten Wappensticker an-
zusehen sind*. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts scheint
sich das Kölner Stickerei-Gewerbe schon eines bedeutenden
Ansehens erfreut zu haben, denn bei Gelegenheit der Ein-
weihung der Kirche in Ceccano (etwa halbwegs Rom und
Neapel) a. 1196 wird eine Kasel erwähnt mit einer Borte,
welche der Kardinal Jordanus^ in Köln für 9 Mark Silbers
^gekauft hatte: „finita consecratione ecclesiarum et altarium . . .
domnus Cardinalis . . . manibus suis posuit super majus . . .
altare suum paratum pretiosum, videlicet bonum amictum
frisatum, . . . bonum cingulum frisatum ... et planetam
frisatam cum tali friso, quod domnus cardinalis emerat in
dolonia pro novem marchis de argento"^.
Man kann wohl annehmen, daß unter den vielen heute
noch erhaltenen Borten aus dem 12. und 13. Jahrhundert,
1 Vgl. besonders Weinhold, I, 181 £f und Schultz, I, 195 flf.
2 Schmoller, Tucherzunft p. 361. Im 10. Jahrh. werden die Leistungen
weiblicher Höriger für die Mainzer Kirche als Arbeiten „in lineis, laneis et
;8ericis ornamentis'' erwähnt; ebda. 360.
^ ed. Hoeniger, I, 186.
* Auch V. Loesch (II, 464 Anm. 1) hält das Wort „venditor limborum"
für synonym mit „brodator, bordurwirker" (15. Jahrh.) und „Wappensticker".
über die Bedeutung von limbus = Borte, Saum vgl. Diefenbach gloss. p. 330.
Karl der Große trug eine tunica, „quae limbo serico ambiebatur" ; Einhardi
Tita 23. Gleichbedeutend wird „trisum" gebraucht, davon „aurifrisum",
„aurifrigium" : Erklärung für aurifrigium M. G. S. S. X. p. 256: Gallis orfroy,
broderie, limbus acu pictus, coloribus, auro argentove distinctus. (Roduffi
gesta abb. Trudon. 1. VI. ed Koepke).
"5 Kard. Jordanus, Gr. v. Ceccano, Abt von Fossa nuova. Er wurde
1188 Kardinal und war in demselben Jahre in Deutschland: „mense Junii
missus est in legatione Alemanniae". 1189 kehrte er nach Ceccano wirück.
M. G. S. S. 19, p. 288 Annal. Ceccan. vgl. dazu Jahrbücher, Th. Tooche,
Heinrich VI, p. 97. . ^ ^.
« M. G. S. S. XIX. p. 294. Ich verdanke den Hinweis auf diese
Stelle Herrn Dr. Paul Lejeune in Bonn. Eine Mark Silbers betrug nach
dem Silbergehalte ao. 1241 ca. 45 Mark heutiger {Reichs-)Münze; die Borte
würde also nach heutigem Gelde annähernd 400 Mark gekostet haben.
Vgl. V. Inama-Sternegg, Wirtsch. Gesch. III. p. 430 Beil. IV).
10 128.
namentlich unter den in Köln und weiterer Umgebung auf-
bewahrten, manches Stück kölnischer Arbeit enthalten ist; ein
Beweis ist freilich nicht mehr zu erbringen. Am ehesten
könnte man vielleicht die Borten der Kasel des sei. Albertus
Magnus (in der Andreaskirche in Köln) und die sehr
ähnlichen der Kasel in Aachen-Burtscheid (in der Kirche St.
Johann-Baptist) für heimische, vielleicht Kölner Arbeit gelten
lassen, obwohl man auch hier nicht über eine Vermutung
hinausgehen darf^.
Darin freilich wird man nicht fehl gehen, wenn man
dem Kölner Kunststicker- Gewerbe einen erheblichen Anteil an
der Entwicklung der Seidenstickerei am unteren Rhein zuerteilt.
Ob das Gewerbe der Sticker und Stickerinnen schon vor
dem Verbundbrief (1396) zünftig gewesen ist, ist ungewiß;
der erste erhaltene Zunftbrief datiert aus dem Jahre 1397 *.
Die Angehörigen der Zunft nannten sich damals bereits
Wappensticker nach einer besonderen Spezialität ihres Hand-
werks, dem Sticken von Wappen und Wappenröcken bzw.
Wappendecken ; sie fertigten aber jede Art von Kunststickerei
an. Nach ihnen war die Straße „Unter Wappenstickem"
benannt, in der das Gewerbe vielleicht lokalisiert war oder
1 Bock I, 229 f, gibt eine Beschreibung beider Gewänder. Er geht
darin, daß er diese Kasein und ihre Borten mit Sicherheit für Kölner Arbeit
hält, sicherlich zu weit. Ich verdanke eine Fülle von Belehrung und An-
regung in der Frage der mittelalterlichen Kunststickerei und -Wirkerei Herrn
Domkapitular Prof. Dr. Schnütgen. Seine große Sammlung enthält meisterhaft
ausgeführte gewirkte Borten aus dem 14. Jahrb., welche ihrer ganzen An-
fertigung nach als deutsche, wahrscheinlich als Kölner Erzeugnisse gelten
dürfen, wiewohl keine direkte Überlieferung einen Beweis dafür gibt
Eine Vorstellung von den Kölner Borten des 12. Jahrhunderts — also
aus der Zeit der venditores limborum — können vielleicht die Wandmalereien
in der Doppelkirche zu Schwarz-Rheindorf bei Beuel geben. Sie sind Mitte-
des 12. Jahrhunderts von Kölner Malern entstanden und enthalten u. a^
einige Darstellungen von Geistlichen im Meßornat. Die hier abgebildeten
liturgischen Gewänder enthalten einfache Borten nichtorientalischen Musters.
Die Annahme liegt nahe, daß der Maler die Borten so dargestellt hat, wie
sie ihm am geläufigsten waren und wie er sie bei den Kunsthandwerkern
seiner Heimatstadt gesehen hatte. — Charakteristisch sind auch : die Kriegs-
fahne des comes Ragenardus im Domschatz und die Miniaturen des codex
Evergeri (Ende 10.), cod. Friderici (12.) und cod. Hillenus (11. Jh.) in der
Dombibliothek zu Köln. Auf den nahen Zusammenhang zwischen den beiden
damals schon bedeutenden Kölner Künsten, der Malerei und der Kunst- und
Bildstickerei, hat schon Bock, I, 234 hingewiesen.
2 V. Loesch , I, 200. Amtsbrief vom 14. April 1397. — Die Annahme
Bocks, daß bereits im 13. Jahrb. eine „Zunft" der Bild- und Wappensticker
bestanden habe, ist durch nichts zu beweisen. Ich halte es auch nicht für
wahrscheinlich, da die Seidenstickerei einmal von Männern und Frauen aus-
geübt wurde und dann bei verschiedenen Gewerben heimisch war, nament-
lich bei den Schneidern und Nähern. Auch ist es nicht ausgeschlossen,
daß in den Beghinenhäusem ein Teil der Arbeit ausgeführt worden ist ;
noch bis ins 17. Jahrhundert hinein machen die Beghinen sich ja noch
als Konkurrenten mißliebig (1609, s. Z. 186, Archiv). Vgl. J. Greving,
Annalen H. 73, p. 28.
128. 11
seine Verkaufsstände hatte ^. Die erste Stufe seiner Bedeutung
scheint das Gewerbe auf dem Gebiete der kirchlichen Kunst
erlangt zu haben, welche schon im 12. und 13. Jahrhundert
am Niederrhein zu einem hohen Grade der Technik gebracht
worden war; das Sticken liturgischer Gewänder blieb aber
ein wesentlicher Teil der Tätigkeit seiner Angehörigen, auch
als sie den Namen Wappensticker angenommen hatten.
Nun ist ja freilich die Seidenstickerei von dem Seiden-
gewerbe im engeren Sinne, d. h. von der Verarbeitung der
Rohseide, wohl zu unterscheiden. Aber sie pflegt dennoch bei
der Betrachtung des Seidengewerbes nicht übergangen zu
werden; mit Recht, da sie tiberall in Deutschland die erste
Form ist — und an vielen Orten die einzige bleibt — , in
welcher das Seidengewerbe sich eingebürgert hat. Für Köln
glaube ich sie um so weniger unberücksichtigt lassen zu dürfen,
als sie hier besondere Bedeutung erlangte und ohne Zweifel
die Niederlassung der Seidenspinnerei und Seidenweberei sehr
stark beeinflußt, wenn nicht sie überhaupt nach Köln hin-
gezogen hat. Jedenfalls war es der schon früh verhältnismäßig
große Bedarf an kunstgewerblicher Seidenarbeit, welcher der
Verarbeitung des Rohstoffs die Existenz erst ermöglicht hat.
Denn das Seidengewerbe ist an einen gewissen Grad des
lokalen Luxus gebunden und hat sich im mittleren Europa
nur da schon im Mittelalter halten können, wo zugleich die
Seidenstickerei zur Blüte gelangt ist. So war es in den nieder-
ländischen Seidenstädten und vor allem in Paris. In Brügge
werden 1296 unter den Zünften die cultensteckers, aber noch
nicht Seidenweber genannt^; (mit ihnen auch noch Gold- und
Silberschmiede); in Gent finden wir ebenfalls zuerst wapinmaker,
1314, und erst um 1400 ist von seidenen Geweben dortiger
Weber die Rede^. In Paris gelangt die Seiden- und Gold-
stickerei früh zur Bedeutung; es scheint, daß sie zunächst die
Weberei überwogen hat, denn 1192 sind die Gewerbe der
brodeurs und broderesses mit 14, das der fileresses de soie
mit 8 Meistern und Meisterinnen vertreten; 1300 erst ist das
Verhältnis 23 : 36 ; (zu diesen 36 treten dann noch andere mit
^ Die Straße existiert heute nicht mehr unter diesem Namen; es war der
Teil der heutigen Hohenstraße, der zwischen Schildergasse und etwa der
Brückenstraße gelegen war.
2 Gaillard, p. 32. Zur Erklärung des Wortes cultenstecker : „de leden
van dit ambacht vervaerdigten alle soorten van wambuizen, borstrokken,
slingermouwen en andere voorwerpen, waervan vele met goud en zilverdraed
doorwerkt wierden; zy voerden de kleederen en mackten prachtige bedde-
deksels, die men in de middeleeuwen culten noemde" ebda. p. 67.
^ Huyttens, p. 86: in einer Urkunde von 1314 wird Janne den wapin-
maker genannt, p. 64. unter den Stoffen, welche Brüggische Weber an-
fertigen, sind vor 1400: getraelleden laken met siden, doppel sindaels und
guldin lakene; zwischen 1400 und 1500: blau guldine laken, zydine laken,
roots, zwarts und zeiden laken van damast.
12 128.
der Bereitung der Rohseide beschäftigte Handwerker)^. Das
Stärkeverhältnis mag hier ja nur zufällig sein; sicher ist so
viel, daß dort ähnlich wie in Köln die Seidenstickerei als
bedeutende gewerbliche Tätigkeit bestanden hat.
Die Stickerei mit Seide war vielfach verbunden mit dem
Sticken mit Gold- und Silberftlden; diese Kunst war am Rhein
schon um die Mitte des 12. Jahrhunderts in Gebrauch: im
„König Rother" wird von der Tochter Konstantins gesagt:
siu lüchtit vor anderen wiben, so daz golt von der siden.
Das Gedicht ist um die Mitte des 12. Jahrhunderts von einem
rheinischen Dichter verfaßt^. Auch im Nibelungenliede
werden „porten licht gewürhte" in Verbindung mit Seide ge-
nannt^.
In Köln wurde die Goldspinnerei ähnlich wie in Paris*
ein besonderes Gewerbe; 1397 gibt es eine Zunft der Gold-
spinnerinnen ^ in Köln, ob und wie lange sie schon vorher als
Gewerbetätige bestanden haben, ist nicht festzustellen.
Die Seidenweberei scheint nicht wesentlich später als die
Seidenstickerei in Köln Eingang gefunden zu haben. Um die
Wende des 12. und 13. Jahrhunderts hat vielleicht schon ein
Tagesverkauf der Seidenmacher stattgefunden, mag wohl auch
kölnische Seide von Kölner Kaufleuten nach Steiermark ver-
handelt worden sein^. Es ist sehr wahrscheinlich, daß das
Zubereiten der Rohseide in der zweiten Hälfte des 13. Jahr-
hunderts in Köln heimisch gewesen ist; denn es werden in
den Kölner Schreinsbüchern, vornehmlich der Bezirke St. Peter
und St. Kolumba, in dieser Zeit häufig Kölner Bürger als.
„cindatores""^ erwähnt, die auch später noch oft wiederkehrenr
Das Wort „cindator" ist wahrscheinlich von cindatum öden
cendatum, einer Seidenart und zugleich der damals am weitesten
1 Fagniez Etudes, p. 7 ff. Recensement des artisans inscrits dans les
roles de 1292 et de 1300.
2 Bartsch, König Rother, p. 11. p. 55 werden genannt „borten also
kleine" ; über den Ursprung des Gedichts p. LIX ff.
8 Ad. Holtzmann, p. 57; 0. Härtung, p. 353; Schultz, I, 266.
* In Paris bestehen 1292 die Gewerbe der fileurs d'or und fileresses
d'or. Fagniez, Etudes, p. 7 ff.
^ V. Loesch, I, 91. Amtsbrief v. 14. April 1397.
6 Ennen, Gesch. I, p. 480 f und 499 erwähnt beide Tatsachen, leider
ohne die Quellen anzugeben; sie sind daher als Belegstellen für das Vor-
handensein des Seidengewerbes in Köln nicht zu verwerten. Anderseits
konnten die mit Bestimmtheit ausgesprochenen Annahmen Ennens nicht un-
berücksichtigt bleiben.
■^ Herrn Archivar Dr. Keussen in Köln verdanke ich den Hinweis auf
die cindatores und die Bedeutung der „Rodelen", sowie auf das häufige ge-
meinsame Vorkommen beider Worte; seiner im Druck befindlichen Arbeit:
„Historische Topographie der Stadt Köln im Mittelalter" entnehme ich die
folgenden Belegstellen.
128. 13
verbreiteten Bezeichnung für Seide überhaupt \ abzuleiten und
kann dann kaum etwas anderes bedeuten als „Seidmacher''
oder „ Seiden weber", zumal es häufig in unmittelbarer Ver-
bindung mit „Rodele", „rodella" gebraucht wird» eines Appa-
rates zum Appretieren der Gewebe 2. Die Rodelen machten
anscheinend ganz bestimmte bauliche Vorkehrungen an den
betreffenden Häusern notwendig und gaben diesen ihre Eigen-
art; denn die Häuser mit den Rodeln werden stets als solche
bezeichnet. Daß bei der Rodel an eine Arbeitsmaschine zu
denken ist, geht deutlich hervor aus einer Stelle, an welcher
ein solches Haus „Werkhaus" genannt wird: 1301 und 1323
gehört ein Haus der heutigen Richmodstraße dem Henricus
Cindator, der 1345 Henricus de Rodela genannt wird; sein
Haus wird bezeichnet als domus operatoria dicta werchhuys;
1368 ist dasselbe Haus de aide Roedele, und noch 1519 wird
es genannt die Roedele weil. Heinrichs von der Roedelen*.
In der heutigen Antoniterstraße wohnte 1269 Heribert Cindator,
1322 Peter Cindator; sein Haus heißt 1337 domus zu der
Rodelin, 1410 die Rodele*; ferner 1315, 1317 Petrus Cindator,
1306 ansedil Petri Cindatoris, 1366 domus que est Rodela;
schon 1271 wird domus Petri Zindatoris erwähnt^. Auf dem
Berlich steht 1252 domus Christiani Cindatoris^, in der Streit-
zeuggasse 1290 domus Philippi Cindatoris, 1260 durch Philippus
um 15 sol. 4 den. in Erbleihe genommen; 1282 heißt es von
dem Hause: domus que quondam fuit Philippi Zindatoris,
1299: que nunc est Rodella^. 1284 kommt ein Haus Petri
Cindatoris, fratris Philippi an das h. Geisthaus®. 1302 wird
ein Haus sogar genannt: domus cindatoria, und 1331 findet
es sitjh mit der Erklärung: in qua instrumentum voc. Rudele
constructum; 1355 heißt es dom. voc. Rodele, 1356 Haus mit
* Du Gange II p. 352 und 270 f. cendatum = pannus sericus. —
Vgl. Heyne, 229: cendatum, mhd. seit dem 12. Jahrh. zendal, zindal und
ähnl., bedeutete später eine besondere Art leichten Seidenstoffes, der nament-
lich für Kleider gebraucht wurde; s. a. ViolIet-le-Duc 3, 356, Artikel : „Etoffes".
2 Nach Angabe des Herrn Dr. Keussen, dem ich vollständig beitrete.
Ich habe auch selbst versucht, eine Erklärung des Wortes Rodel zu finden :
Du Gange erwähnt rodella und leitet es ab von rota (Bd. 5, p. 787); alt-
französ. bedeutet rodelle eine runde Scheibe (z. B. rodeile d'un cIou), Gode-
froy 7, p. 216. Mhd. findet sich rodel, abzuleiten von rotulus, rotula = rolle,
Lexer. Das Wort Rodel scheint jedenfalls auf die Tätigkeit des Drehens,
Rollens hinzudeuten (beim Kalandern der Gewebe!); die an der Rodel Tätigen
werden als ruddeler, rudileir, rodelere bezeichnet, die auch Lau p. 215 er-
wähnt, ohne eine Erklärung zu geben. Zu vergl. auch Jostes, p. 26 ff über
rota, rotta, rotulare und seine Ableitung des Wortes „Roland*S eine sich
horizontal drehende Spielfigur; rotulare bedeutet sowohl ein vertikales als
auch ein horizontales Drehen.
3 Keussen, Topographie, p. 859 f.
* Ebendas. p. 230.
» Ebendas. p. 231. Es handelt sich um denselben Petrus Cindator.
« Ebendas. p. 278.
'' Ebendas. p. 384.
8 Ebendas. p. 385.
14 128.
der Rodelen, 1279 als dem Philippus Cindator gehörend be-
zeichnet ^ Ein Petrus Cindator wird um diese Zeit als einer
der Amtleute von St. Petrus genannt^. Es ist auffallend, daß
in dieser frühen Periode die Seidebereitung schon gewerbliche
Tätigkeit von Männern ist; allgemein war sie zunächst aus-
schließlich, dann vorwiegend weibliche Arbeit. Wie die Stickerei,
so wird wahrscheinlich auch die Spinnerei und Weberei in
Köln ursprünglich von weiblichen Privatpersonen, namentlich
aber von den Beghinen ausgeübt worden sein, und zwar als
hausindustrielle Beschäftigung im Auftrage des den Rohstoff
liefernden Verlegers. Diese Betriebsform war ja beim Seiden-
gewerbe so lange die ausschließliche, als die Rohseide wegen
ihres hohen Preises nur den wohlhabenden Handelsherren,
später dann auch den besser gestellten Meistern und Meisterinnen
zugänglich war. Mit hausindustrieller Arbeit aber haben sich
die Insassen der Beghinenhäuser und Konvente sehr viel be-
schäftigt und ernährt. 1452 hatte Köln 94 von Beghinen
bewohnte Konvente (nach J. Greving, Protokoll über die
Revision der Konvente, Annal. 73, p. 61). Wie groß die Zahl
der Beghinen in Köln gewesen ist, läßt sich nicht berechnen ;
aber sie muß auffallend groß gewesen sein^, denn es wird
von einer infinita paene multitudo gesprochen*. Die Beghinen
waren in ihrer wirtschaftlichen Betätigung durch die nicht
sehr strengen Hausregeln fast gar nicht beschränkt, sie be-
hielten vor allem ihr Privateigentum und konnten solches für
sich erwerben. Daraus erklärt es sich, daß sie sich am ge-
werblichen Leben stark beteiligten, später zum großen Ver-
druß der zünftigen Handwerker und Handwerkerinnen.
Über die Tätigkeit der Beghinen und überhaupt der weib-
lichen Personen im Bereich des Seidengewerbes wissen wir
leider äußerst wenig. Die hausindustrielle Beschäftigung der"
Frauen entzog sich ja , namentlich solange das Gewerbe
nicht zünftig war, fast völlig der Öffentlichkeit, und nur
selten tauchen bei irgendeiner Gelegenheit die Namen von
Seidenarbeiterinnen auf. Nur einmal wird eine Seidenspinnerin,
* Keussen, Topogr. p. 885. Es ist der schon erwähnte Philippus. Ich
habe nur einige Beispiele anführen wollen, die mir besonders bezeichnend er-
schienen und zwar habe ich meine Untersuchung auf die Bezirke St. Peter
und St. Kolumba beschränkt. Sobald das Sachregister zur „Togographie"
fertiggestellt sein wird, wird eine vollständige Übersicht über die Rodeln
und die Cindatores (soweit sie in den Schreinsbüchern erwähnt sind) ge-
wonnen werden können.
2 Ennen, Quellen, I, 294.
^ Haas p. 5 ff. und 34 ff. führt die einzelnen Anstalten an ; einige be-
zeichnet er als Konvente. Vgl. Korth in Mitteilungen H. 50, p. 17: ein
englischer Berichterstatter gibt die Zahl der Beghinen in Köln um die Mitte
des 13. Jahrh. auf mehr als 2000 an; die Zahl ist zweifellos übertrieben,
denn 1452 waren es nur 637 (Greving, 61).
* Mosheim, p. 129 f: Ad Rhenum, maxime Coloniae, medio saeculo
trecentesimo in finita pena multitudo [Beghinarum] commorabatur.
128. 15
Golda, genannt; (1340)^; die übrigen Namen gehören aus-
schließlich Stickerinnen an : Wappen Stickerin Luthe, die Frau
des Wappenstickers Johannes de Santen (1340); Bela, factrix
Stolarum (1343); Guytginis, factrix casularum (1346); Guda,
mitrifex (1350); Drude de Wuppervurde, operatrix casularum
(1356); Stina de Wupervurde, Stolenstickerin (1384); Styngin
van Nüsse, perlenstickersse^. Unter den vor 1396 bestehenden
Kölner Gewerben werden erwähnt^; factrix mitrarum (1300),
factrix casularum (1332), factrix stolarum (1343), factrix
zonarum. In der Straße, die später den Namen „Unter Seid-
macher" erhielt, wird 1303 genannt: cubiculum in arto vica
Mitrarum in quo mitre consuuntur, 1351 heißt die Stelle: inter
Netrices mitrarum iuxta Macella*.
Diese wenigen Namen beweisen bereits eine sehr weit
gehende Arbeitsteilung innerhalb der Seidenstickerei, wie sie
nur bei einer gewissen Ausdehnung dieses Gewerbezweiges
entstanden sein konnte; sie zeigen ferner, welch hohe Be-
deutung das Sticken geistlicher Gewänder hatte, da gerade
auf diesem Gebiete jene Arbeitsteilung eingetreten ist. Das
Arbeiten von Mitren ist allerdings nicht ausschließlich für
Bischofsmützen in Anspruch zu nehmen; denn unter mitra
wird damals auch eine Frauenhaube verstanden, welche eben-
falls kunstvoll gestickt wurde ^; man kann wohl annehmen,
daß es sich um beide Arten von Kopfbedeckungen gehandelt hat.
Auch die ersten männlichen Seidensticker werden in dieser
Zeit namentlich erwähnt: 1344 Johann von Santin*, 1368
Emerich'^, beide Wappensticker, 1378 Tilman wambesticker ^.
Daß es hauptsächlich Sticker und Stickerinnen sind, die
-erwähnt werden, hat wohl seinen Grund darin, daß die Seiden-
stickerei sich zu einem Kunsthandwerk erhoben hatte, und
daß dieses in höherem Maße geeignet war, dem, der es aus-
übte, zu einer angesehenen Stellung und zur Selbständigkeit
zu verhelfen. Der Bedarf der Kirchen an liturgischen Ge-
wändern ist für die erste Periode der Seidenstickerei der
Hauptfaktor der Förderung dieses Gewerbes gewesen. Dieser
Umstand aber hat ohne Zweifel auch die Seidenspinnerei und
1 Schrb. 158, p. 27 b: 5. Oktober 1340: Notura sit quod Golda syde-
spenrisse domavit et remisit puellis Christine de Bunna et Richmodi de Turre
residuam medietatem ... S. a. Lau I 212, daselbst cit. Schrb. 111, 27 b;
die Verschiedenheit beruht darauf, daß seitdem eine andere Nummerierung
•der Schreinsbücher stattgefunden hat.
2 Bock I, 274, nach Merios Auszügen aus den Schreinsbüchem.
3 Lau a. a. 0. p. 213 aus den Schreinsbüchem.
* Keussen, Top. p. 76.
^ Vgl. auch du Gange IV, 448: erat autem mitra taeniae species, qua
mulieres caput eingebaut.
« V. Loesch, I, 228. . ^ „, .
■^ Ennen, Quellen, I, 66: Emerich von frankevort, in der Wein-
ibruderschaft.
8 V. Loesch, I, 235.
16 128.
Seidenweberei beeinflußt. Besonders die Weberei scheint eine-
Anzahl selbständiger Handwerker ernährt zu haben; manche-
cindatores waren Hausbesitzer.
Sobald die Verarbeitung der Rohseide begonnen hatte^
konnte sich auch die Seidenfärberei entwickeln; sie wurdo'
ein Spezialzweig der alten und in hohem Ansehen stehenden J
Kölner Färberei. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts färbten*
die Leinenfärber auch Seide * ; aber daneben bildete sich das
Färben der Seide allein schon als Gewerbe für sich aus. Der
erste Seidenfärber, dessen Name uns begegnet, ist Johannes-
Juncker (Domicellus) de Parisiis colorator serici, der 1359 in
die Weinbruderschaft aufgenommen wurde 2, also ein an-
gesehener Mann sein mußte. Da er, um aufgenommen za
werden, das Bürgerrecht haben und daher drei Jahre in Köln
ansässig gewesen sein mußte, so ist er mindestens seit 1356-
in Köln und schon für dieses Jahr Seidenfärberei erwiesen.
Die Frage, wann ein Gewerbe in einer Stadt begonnen
hat, ist ja in den seltensten Fällen zu beantworten; man muß-
sich gewöhnlich darauf beschränken, die Zeit seiner ersten
urkundlichen Erwähnung festzulegen, die ja aber keineswegs
den Anfang des Gewerbes bedeutet, sondern in den meisten
Fällen bereits von einem gewissen Umfange des Gewerbes
Zeugnis gibt.
Das Kölner Seidengewerbe in seinem ersten Entwicklungs-
stadium, der Stickerei und Näherei, ist sicherlich schon ink
12. Jahrhundert in der Stadt heimisch gewesen ; die erste Er^'
wähnung einer Wappenstickerin geschieht 1340. Das zweite-
Stadium, die Verarbeitung des Rohstoffs, also das Seiden-
gewerbe im eigentlichen Sinne, kann als sehr wahrscheinlich
gelten für die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts; die erste
Erwähnung einer Seidenspinnerin unter dieser Bezeichnung^
geschieht ebenfalls 1340. Der erste Seidenfärber endlich wird
1359 genannt. Das Kölner Seidengewerbe ist also in seinen
drei Hauptzweigen in der ersten Hälfte, besser um die Mitte
des 14. Jahrhunderts, mit Sicherheit erweisen; für die zweite
Hälfte des 13. Jahrhunderts kann die Stickerei und Weberei
mit größter Wahrscheinlichkeit angenommen werden.
Einen nicht minder sicheren Beweis für die Existenz des
Seidengewerbes in Köln im 14. Jahrhundert gibt der Seiden-
handel; er ist um so wichtiger, als er einen Einblick gestattet
in die Bedeutung des Gewerbes für die Stadt; denn das-
Seidengewerbe ist ein Exportgewerbe, sein Bestand jederzeit,
vom Fernhandel abhängig. Insbesondere ist die Einfuhr von
roher Seide und von Seidengarn ein sicherer Beweis für das-
Vorhandensein einer Seidenverarbeitung. Denn wenn auchi
* V. Loesch, I Nr. 19, Amtsbrief von 1397.
2 Ennen, Quellen, I, 157 ff. Vgl. auch Dahmen, T, 1 und v. Loesch^
Einleitung, p. 19.
128. 17
bei der Größe des Transitverkehrs in Köln [niemals festzu-
stellen ist, wieviel von dem eingeführten Rohmaterial in der
Stadt selbst verarbeitet worden ist, so diente doch gerade von
der Rohseide wenigstens ein sehr erheblicher Teil der eigenen
Verarbeitung-, denn außer in ganz wenigen niederländischen
Städten, welche vielleicht schon in Betracht kommen könnten,
bestand ja in weitem Umkreise noch nirgendwo eine Seiden-
weberei, jedenfalls nicht in nennenswertem Umfange und
gewerblich betrieben.
Die erste Erwähnung einer Einfuhr von Rohseide geschieht
in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. In der Ordnung
der Domwage ^, einer Ratsverordnung aus der Zeit der Eid-
bücher (14. Jahrhundert, Ende) heißt es: Zo dem yersten gilt
dat punt syden 2 aide haller 20 wygen, eynen de id gilt, ind
de id verkeuft eynen alden haller. Item sal man alle roe syde
gelych wygen in dem cloyüen ind sal umbe 20 dem hunderde
6 punt zogeüen. 1372 wird der Handel fremder Kaufleute
in Köln dahin geregelt, daß sie nicht unter 12 Pfund Roh-
seide verkaufen sollen ^ : Item en soilen sy geyne roe syde
under eynre waigen verkoüfen, wilge waige halden sal 12 punt
ind nyst min. 1395 wird die Menge erhöht auf 24 und kurz
darauf auf 50 Pfund: vorten solen sy geyne ro syde under
zwen wagen verkoiffen, wilche zwa wagen halden solen 24 punt
und geyn ro syde wercopen under 50 punt^. Der Unter-
käufer erhält nach 1400 von je 50 Pfund eine Maklergebühr
von 4 S. : Dis is der underkouff, den man den underkoufferen
gheven sal : . . . Item van 50 punden roer syden 4 S., ind so
wat boeven 50 punden is van eicklichem zinder 8 S.*. In
dem neuen Zoll, den der Markgraf von Jülich (Guyige) in
seinem Lande eingesetzt hat, wird ebenfalls Seide erwähnt;
es handelt sich aber anscheinend nur um Fabrikate: van syden
inde hüllen 9 grossin^. In der Ordnung vom Handel mit
Spezereien vom 13. Dezember 1409 wird noch einmal der Ver-
kauf roher Seide durch Gäste auf 50 Pfund und ferner die
Abgabe von jedem Ballen auf 6 Schill, festgesetzt®: vort so
sali eyn yecklich wirt synen gast warnen, dat hey alle Kouff-
manschaff, dye hye bynnen Coelne brengt, gantz ind unver-
scheiden verkouffen sali, so we sich dat in yeckliger KoutF-
manschafF heischt ind geburt, datz 20 verstain, dat sy ver-
kouffen mögen ... 50 punt roer syden. Das Wiegen der
1 Stein 11, 110: ordinancie von der Domwaage. S. a. Ennen, Quellen,
I, 93 f.
2 Stein II, 39.
3 Stein II, 82 f und 129; auch Ennen, Qu., I, 135 f. Stein datiert die
letzte Verordnung (Erhöhung auf 50 Pfund) auf „nach 1400".
* Stein 11, 130.
^ Ennen, Qu., I, 137 aus dem Eidbuch, von Ennen datiert auf 1821
« Stein 11, 201.
Forschungen 128. — Koch. 2
18 128.
Seide geschah auf der Domwage im Kaufhause am Malzbüchel
(u. zw. seit 1388), später, von 1507 ab im Kauf hause Gürzenich
nach einer Taxe von 4 Pfennigen pro Pfund; die Gebühren
blieben dieselben das ganze 15. Jahrhundert hindurch ^, so noch
in der Wiegeordnung von 1486^.
Seidenwaren, welche von außerhalb nach Köln eingebracht
wurden, mußten mit ein Prozent des Wertes verzollt werden;
die Acciseordnung vom 1. Februar l399 nennt Seidentuch
für Frauen, Gold- und Silbertuch, verschiedene Arten von
Seidenzeug, Zendal (leichte Tafftseide) und Sammet: ....
sydendoich, as vrauwen zogehoirt, soilen gelden van 100 marck
1 marck . . . vort gülden doich, silveren doich, Kampkot,
fluwel, schamlot, bucksyn, schyndail, samyt . . . von 100 marck
1 marck . . .^. Die Ordnung von 1487 (G.August) hält den
Satz von l^/o aufrecht und legt außerdem dem Käufer der
importierten Ware eine weitere Abgabe von 1 d. auf 100 d.
auf; Kölner Bürger, welche seidene Waren außerhalb Kölns
einkauften, um sie im Kleinverkauf in der Stadt abzusetzen,
sollten 2 d. zahlen, d. h. 2^/o*.
Aber auch außerhalb Kölns finden wir kölnische Seide
in dieser Periode mehrfach erwähnt, und zwar unter Um-
ständen, die auf einen regelmäßigen oder doch häufigen Fern-
handel nach den betreffenden Orten schließen lassen. Aller-
dings ist oft nicht zu ersehen, wo die als „Kölnische" be-
zeichnete Seide hergestellt worden ist. Schon 1330, in der
Krämerrolle von Anklam, wird bei der Regelung des Gast-
verkaufsrechts bestimmt, daß kein Kaufmann kölnische Ware
oder Gut von Seide oder flämisch Garn gemacht, anders als
in ganzen Stücken feilhalten soll; Samt, Damast, Zindel,
Tafft, Seide und Seidenband darf nur in ganzen Pfunden ver-i
kauft werden^. Ähnlich wird in der Willkür der Krämer-
zunft zu Lübeck von 1353 über den Handel fremder Kauf-
leute ^ der Verkauf von kölnischer Ware geregelt , und man
setzt als Mindestmaße fest: ver pund gharnes, eyn hunderd
bendels, eyn half pund syden, eyn half pund sydener bindeken,
eyn half dosyn Parisescher borden, eyn grot dosyn goltvel
und sulvervel. 1376 befindet sich unter den Gütern, welche
1 Knipping, p. LVIII. 4 Pfennige würden nach dem heutigen Münz-
werte c. 7,5 Pfennige sein ; vgl. die Berechnung Knippings a. a. 0. p. XXVII ff.
2 Stein II, 606 f. Die betreffende Stelle der Ordinancie von dem Wäge-
gelde und der Wage im Kauf hause auf dem Malzbüchel lautet: In den
y ersten sal man van eyme yecklichen punte syden . . giewen so wygen vyer
ennynge, dat sal half geven de id gilt, ind half die id verkouft. Stein II, 56,
'r. 51, vgl. Stein II, 110 und Ennen, Qu., I, 93.
3 Stein II, 93 Nr. 78.
* Stein II, 629, Nr. 465. „van der drugen war." Zur „druger war"
gehörte: „gewand, syden, kuffer ind allerleye andere druger war" . . .
^ Silbermann I, 67.
Höhllaum H.Ü.B. III, 483, Nr. 682.
&•
128. 19
die Stadt Hasselt wegen ihrer Ansprüche an Bonn mit Be-
schlag belegt hat, einen Sack Seide ^, ebenso ist Seide enthalten
unter den Waren, welche Johann von Wachtendonck einigen
Kölner Bürger abgenommen hat (1397) 2.
In diesen Fällen braucht es sich nicht notwendig um
Kölner Fabrikate zu handeln, wenn die Annahme auch nahe
liegt, daß es so sei. Zweifellos ist aber in Köln gefertigte
Seide gemeint in den Kaufhausordnungen von Straßburg aus
den Jahren 1401 und 1477^; denn hier werden als besondere
Seidensorten aufgeführt: Pariser, Kölnische, Bastseide, Schleier-
seide. Daß die außerordentlich ins einzelne gehende Ordnung
nur Pariser und Kölner und dann noch Seide aus anderen
Landen anführt, ist sehr bezeichnend für den damaligen Stand
der Seidenindustrie, denn Straßburg war der wichtigste Markt
Südwest-Deutschlands; wohl wird Tuch erwähnt aus Brügge,
Brüssel, Ypern, Mecheln und aus der Lombardei, Seide aber
nur aus Paris und Köln. Diese beiden Städte scheinen dem-
nach mit ihrer Seide weithin nördlich der Alpen den Markt
l^eherrscht zu haben, obwohl doch damals auch in Gent,
Brügge und Antwerpen Seidenweberei schon bestand, die
freilich vor dem 16. Jahrhundert hinter der viel bedeutenderen
Seidenstickerei sehr zurücktrat.
Für Paris und Köln aber war es charakteristisch, daß
beide Zweige des Gewerbes zur Blüte gelangt sind; sie waren
die beiden einzigen Orte nördlich der Alpen, in denen im
Mittelalter das Seidengewerbe in allen seinen Zweigen gleich-
zeitig und gleichmäßig emporgekommen ist und sich gehalten
hat. Und was Deutschland anbetrifft, so hat nicht erst seit
der Plünderung Luccas (1314) das Seidengewerbe und speziell
die Seidenweberei hier festen Fuß gefaßt*, und sie ist auch
nicht vor dem 15. Jahrhundert bedeutungslos gewesen^. Denn
die Kölner Seidenweberei hat zweifellos schon im 14. Jahr-
hundert eine hohe Entwicklungsstufe erreicht und in Ver-
bindung mit der Borten- und Wappenstickerei einen namhaften
Anteil an dem regen Exporthandel der Stadt genommen. Das
beweist am deutlichsten das Vorhandensein eines eigenen Kauf-
hauses für die Seide, der Seidenhalle und einer auf den Fern-
handel zugeschnittenen Organisation schon vor der ersten Aus-
1 Ennen, Qu., V, 148: 1 Pack „daynne is eyn sack syden.
2 Ennen, Qu. V., 486: eyn balle syden, item 18 punt blysyden, item
eyn prickeel mit syden.
3 Schmoller, Tucherzunft, 20, Eheberg pp. 4, 82, 261 flf. Vgl. Schulte I,
619.
* Wie Grothe annimmt a. a.O . 82.
» V. Inama-Sternegg III, 2 p. 128: „Die Seidenweberei . ., vor dem
15. Jh. in Deutschland wenig versucht, bildet sich zwar gegen Ende des
Mittelalters auch in einigen hervorragenden Kaufmannsstädten aus, ohne
es jedoch schon zu einer irgend namhaften Bedeutung zu bringen."
2*
20 128.
gestaltung der zünftischen Organisation des Seidengewerbes.
Von ihr wird später die Rede sein.
Noch schwieriger als die Frage nach der Entstehungszeit
des Seidengewerbes in Köln ist die Frage nach seiner Her-
kunft zu beantworten. Sichere Angaben liegen nicht vor;,
man ist lediglich auf Vermutungen angewiesen. Sehr nahe
liegt der Gedanke an Paris; schon die äußere Gestaltung des
Gewerbes, die große Spezialisierung in einzelne selbständig
sich entwickelnde Zweige, die ihm in beiden Städten eine so
große Ähnlichkeit geben, würde der Vermutung eine gewiss»
Berechtigung verleihen. Ende des 13. Jahrhunderts war ja
das Pariser Seidengewerbe schon hoch entwickelt, muß alsa
mit seinen Anfängen noch weiter zurückgehen. Es hat auch,
nicht an Beziehungen zwischen beiden Städten gefehlt; mehrere-
Pariser Gewerbetreibende haben sich in Köln niedergelassen^
so der schon erwähnte Johannes, colorator serici (c. 1356);
aber schon vor ihm wird 1343 noch ein anderer, Gise van
parys aufgenommen , und zwar in die Bruderschaft unter
Gaddemen; er ist ein Schröder, der auch vielleicht mit Seide
gearbeitet haben mag^ 1373 wird ein Wilhelm von ParijV
als einer der acht Pächter von Garnzwirnrädern in einer Liste
aufgeführt; von zwölf Rädern, die im ganzen vorhanden sind^
hat er zwei in Pacht ^. Die Niederlassung dieser drei Textil-
handwerker in Köln ist jedenfalls auffallend.
Weit älter aber scheinen die Beziehungen Kölns zu Zürich
zu sein. Neben zahlreichen Bürgern aus oberrheinischen
Städten, vor allem vielen Baselern, erscheinen auch Züricher
in den Schreinsurkunden des 12. Jahrhunderts; so verkauft
z. B. ein Werner de Zürich ein Haus ; sein Gewerbe ist leider
nicht angegeben^. Zürich lag ja an der großen Handelsstraße^
die von Italien über Chur — Bodensee bzw. Zürich — Basel den
Rhein abwärts nach Köln weiter führte*; am Rheinverkehr
konnte Zürich durch seine gute und nahe Verbindung längs
des Limmat- und Aare-Tales über Waldshut bequem teilnehmen.
Beziehungen zwischen Zürich und Köln waren daher nicht
auffallend; und da dort ebenso wie in Paris sich schon zu
Ende des 13. Jahrhunderts ein Seidengewerbe vorfand^, so
wäre es nicht unmöglich, daß sich Züricher Einfluß auch auf
^ Ennen, Qu., I, 341. Die Seidenstickerei wurde im 14. Jahrh. viel-
fach von Schneidern ausgeübt; vgl. Bücher, Entstehung der V. p. 233 f. —
Vgl. V. Loesch I, 228, hier ao. 1344.
2 V. Loesch II, 152, Nr. 376 : „Dit sind diegiene, die die rader haent^
dae man dat garn up zwirnet: ... 5. Item meister Wilhelm van Parns
hait 2.«
^ Hoeniger, Schreinsurk. I, 5. Für das 14. Jh. vgl. das Bürgerverzeichnis
bei Ennen, Qu., I, 148 ff.
* Vgl. Schulte I, 26 f.
^ Bürkli-Meyer, 5.
i\
128. 21
•die Entwicklung des Kölner Seidengewerbes geltend gemacht
hätte. Auch für den Kölner Seidenhandel war ja, namentlich
in der Folgezeit, der Verkehr rheinaufwärts die Hauptsache.
Frankfurt und Straßburg waren die Haupt-Marktplätze für
-den Absatz Kölner Seidenwaren; erst gegen Ende des 16. Jahr-
hunderts trat dann Leipzig und Naumburg hinzu.
Die Frage nach der Herkunft des Seidengewerbes in
Köln ist ja aber an sich weniger bedeutsam; viel wichtiger
ist die, welche Einflüsse dauernd auf seinen Charakter ein-
gewirkt haben. Das Züricher Seidengewerbe war gegen Ende
des 14. Jahrhunderts trotz seiner früheren Bedeutung dem
Verfall nahe und konnte schon deshalb nicht nachhaltig auf
das Kölner einwirken. Anders das Seidengewerbe in Paris.
Hier war schon um 1300 die Seidenfabrikation wie auch der
Äeidenhandel vor allem organisatorisch sehr entwickelt, wie
aus den Untersuchungen Fagniez' hervorgeht. Eigenartig war
in erster Linie die enge Verbindung der Rohseide Verarbeitung
mit dem Kunstgewerbe, wie sie ja auch für Köln charakte-
ristisch ist. Nun war es ja nicht anders möglich, als daß die
Kölner bei ihren ausgebreiteten Handelsbeziehungen An-
regungen und Erfahrungen sich zu eigen machen mußten, wo
«olche nur immer erworben werden konnten. Das Pariser
Gewerbe, namentlich die Goldwirkerei, war stark beeinflußt
von Lucca^; Lucca, Venedig, aber auch Nimes und Brügge
lieferten die Rohseide^. So berührten sich schon beim Bezüge
des Rohstofi'es die Interessen beider Städte, denn auch Köln
bezog vor allem aus Venedig, dann aber auch aus Brügge.
Doch auch direkte italienische Einflüsse mögen auf das
Kölner Seidengewerbe eingewirkt haben; die Beziehungen zu
den italienischen Handelsvororten waren ja während des ganzen
Mittelalters außerordentlich rege; auch in dem Bürgerver-
zeichnis aus dem 14. Jahrhundert werden mehrere Italiener
erwähnt ^. Beständige Berührungspunkte zwischen dem Kölner
und dem Pariser Seidenhandel, damit also auch zwischen
beiden Gewerben, ergaben sich in dem Zwischenhandel der
Champagner Messen und ferner der flandrischen Handels-
zentren, die ja später selbst zur Verarbeitung der Seide über-
gingen. ^
Fremde Anregungen waren für das Seidengewerbe ja
immer besonders vonnöten, da es als Export-, vor allem aber
als Luxusgewerbe vom Fernhandel abhängig war und daher
die jeweilige Mode und Geschmacksrichtung berücksichtigen
1 S. die Urkunden Nr. 278 (I, d. 332) und Nr. 27 (II, p. 62) bei
Fagniez, Docum. ,und p. 217, 228 Etudes.
« Fagniez, Etudes, 217. ^ ,.
8 Ennen, Qu., I, 148 ff. Über die westdeutschen Beziehungen zu Italien
allgemein zu vergl. Schulte und neuerdings Schaube.
22 128.
mußte. Aber auch in Technik und Betriebsform war da»
Seidengewerbo häufigeren Wandlungen unterworfen als andere
Gewerbe, und wir werden sehen, wie später gerade die mar-
kantesten Änderungen von außerhalb, von Ausländern, herbei-
geführt wurden.
Die Anfangsperiode jedoch läßt direkt Einflüsse auf das
Kölner Seidengewerbe nicht mit Sicherheit erkennen, nur ver-
muten. Aber auch wenn sie stattgefunden haben, so haben
sie das Gewerbe nicht an einer selbständigen Entwicklung
gehindert. Das zeigt sich an seiner inneren und äußeren Aus-
gestaltung.
Eine feste Organisation ist allerdings vor dem 15. Jahr-
hundert noch nicht zu erkennen. Insbesondere scheint eine
zünftische Ordnung zunächst nicht bestanden zu haben, das
Seidengewerbe ist vielmehr lange Zeit hindurch frei betrieben
worden, wenigstens freier als die meisten anderen Gewerbe.
Es hängt das mit dem Charakter des Seidengewerbes als
Exportgewerbe zusammen. Die vorzugsweise Arbeit für den
Fernhandel verlangte eine größere Freiheit des Gewerbes.
Günstige Konjunkturen mußten benutzt werden zur Aus-
dehnung, ungünstige zwangen zur Einschränkung des Betriebes.
Das Gewerbe war stets mit einem gewissen Risiko verbunden,,
zumal die Übersicht über den Markt weit schwieriger war
als in einem Gewerbe, das nur für den lokalen Bedarf arbeitete,,
ein Umstand, der bei den damaligen Verkehrsverhältnissen
und den häufigen Störungen des Wirtschaftslebens ganz be-
sonders ins Gewicht fiel. Die Arbeit für den Handel und die
Notwendigkeit, eine gewisse Summe Geldes in dem teuren
Rohstofi* sowie in kostspieligeren Werkzeugen festzulegen ^
erforderte ein gewisses Kapital. Solches anzusammeln suchten
im allgemeinen die Zunftprinzipien zu verhindern (wenngleich
oft ohne Erfolg); jedenfalls begünstigten sie es nicht. Es gab
also zwei Möglichkeiten: entweder wurde das Emporkommen
einzelner Meister innerhalb des Gewerbes verhindert, dann,
mußte das ganze Gewerbe in völlige Abhängigkeit von kauf-
männischen Verlegern geraten. In deren Hand lag dann der
Fernhandel, und in ihrem Auftrage arbeiteten Kleinmeister
und deren Gehilfen. Oder aber man ließ es zu, daß aua
der Mitte des Handwerks Leute hervorgingen, die den Fern-
handel in der Hand hatten und teils in ihrem eigenen Betriebe
für den Export arbeiteten, teils auch daneben als Verleger
für ärmere Kollegen fungierten. Dann aber waren enge Zunft-
schranken, die das gesamte Gewerbe einengten, nicht denkbar.
Freilich, auch im letzten Falle war ein Teil der Gewerbe-
treibenden in Abhängigkeit vom Verleger; ihre Lage blieb
dieselbe, ob dieser nun reiner Kaufmann oder ein handel-
treibender Seiden weher oder Seidenfarber war. Die Mehrzahl
der im Seidengewerbe Tätigen, namentlich die meisten Frauea
128. 23
kamen nie zu Kapital. Daher blieb die Hausindustrie im
Auftrage des Verlegers, die, wie überall so auch in Köln, die
älteste und zunächst ausschließliche Betriebsform gewesen war,
im Seidengewerbe noch lange vorherrschend. Aber sehr früh
schon gab es in Köln daneben selbständige, freie Meister, die
allmählich an Zahl und Bedeutung zunahmen und später die
führende Rolle innehatten. Enge Zunftschranken haben das
Kölner Seidengewerbe in seiner ersten Periode und in seiner
Blütezeit niemals völlig eingeengt; nur die wirtschaftlich
schwächeren Glieder waren zünftisch organisiert; erst später
wurde das anders. So nahm das Kölner Seidengewerbe eine
Gestalt an, die von anderen Orten merklich abwich. Davon
wird später die Rede sein.
Aber eine gewisse Organisation läßt sich doch schon in
der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wahrnehmen; sie
bezog sich auf den Handel mit den in Köln hergestellten
Seidenwaren. Zur Kontrolle solcher gab es bereits 1383 einen
Ratsbeamten, der das Siegel zum Seidentuche führte : Heynrich
hardvoüst, dat Segel vanme Sydendoiche, decklacken ind
lynenweyuermeister ; 1384 ist Gerart van Gryne Seidentuch-
meister, Decklacken- und Leinenmeister'. Das Amt scheint
aber noch nicht ständig zu sein, denn es fehlt in den Listen
der nächsten Jahre, und erst in der Ratsämterliste von 1392
bis 1396 erscheint wieder ein Seidentuchmeister 2. Der Handel
mit Kölner Seidenstoffen muß um diese Zeit schon ziemlich
beträchtlich gewesen sein, da eine besondere Seidenhalle
existierte; sie wird 1395 zum ersten Male erwähnt^. -Später,
1437, wird auch ein Seidmarkt genannt, welcher in der
Gegend der Marspforte lag, unweit der Straße auf der Sode,
die im 15. Jahrhundert Unter Seidmacher heißt*. Nooh heute
heißt sie so und ein kleines Parallelgäßchen das Seidmacher-
gäßchen: heute die einzige Erinnerung an das alte Kölner
Seidengewerbe.
Auch die Seidenstickerei hatte eine ähnliche Organisation ;
1385 wird genannt ludolf vanme hörne als Wappensticker-
meister^; um eine ständige Einrichtung scheint es sich auch
bei ihm nicht zu handeln, denn 1389 fehlt er, wird aber
1392—96 wieder aufgeführt.
1 Enneu, Qu., I, 82. Auch v. Inama - Sternegg a. a. 0. 128 Anm. 2
erwähnt den Seidentuchmeister von 1883 (nach Lau).^ Hardefust und Gryn
gehören zu den ältesten und vornehmsten Familien Kölns.
2 V. Loesch, I, 255.
8 Lau 292: 31. Oktober 1395, aus den Schreinsbüchern, v. Inama-
Sternegg III, 2 p. 128 Anm. 2 gibt das Jahr 1343 an (nach Lau).
* Keussen, Top., 76. „gaddem auf dem Ort an dem Seidmarkt, beneden
der Marspforten." ^ . _,
» V. Loesch I, 254 und Anm. 7; I, 255. Liste der Ratsbeamten. Ennen,
Qu., I, 83.
24 128.
In den Kölner Stadtrechnungen jener Periode sind, leider
nur für eine ganz kurze Zeit, nämlich für die Jahre 1370 — 1380,
die Beträge für die Siegelung des seidenen und halbseidenen
Tuches unter den Einnahmen besonders aufgeführt ^ ; die Ein-
nahme aus der Siegelung seidenen Tuches erscheint sogar nur
für ein Jahr: von 1375 (März 21) bis 1376 (März 5) mit
4 M. 6 S. Öfter ist das halbseidene Tuch genannt, das auch
höhere Einnahmen bringt, also, gleiche Siegelgebühren voraus-
gesetzt, in größeren Mengen als das reinseidene angefertigt
2u sein scheint: es bringt in den Rechnungsjahren 1370 bis
1371 = 5 M. 3 S.; 1371-1372 = 17 M. 7 S. 6 d.; 1372 bis
1373 = 14M.6S.;1373—1374 = 4M. IS.; 1374— 1375 = 8 M.;
1375-1376 = 3 M. 10 S.; 1376—1377 = 0; 1377—1378 =
2 M. 8 S.; 1379-1380 = 1 M. 1 S. Die Einnahmen aus der
Seidenhalle betragen 1373 (März 16) bis 1374 (Februar 22)
= 27 M. 2 S., die von den Goldschmieden und Wappenstickern
1375 — 1376 = 50 M., wobei aber nicht zu ersehen ist, wieviel
davon auf die Wappensticker fällt. Die Zahlen lassen absolut
keine Schlüsse auf den Umfang des damaligen Seidengewerbes
zu; denn einmal sind sie, wie die Einnahmen aus der Seiden-
halle, auffallend niedrig, und dann sind sie auch so unregel-
mäßig und in ihrer Höhe so schwankend, daß aus ihnen
keineswegs schon ein Schwanken des Seidengewerbes gefolgert
werden darf; man wird wohl als Hauptursache für die unregel-
mäßigen Angaben die mangelhafte Buchführung jener Zeit
annehmen müssen. Nach 1380 fehlen spezialisierte Angaben
gänzlich ; die Einnahmen aus dem Siegeln seidener Tücher usw.
müssen also unter einer anderen Rubrik verrechnet worden
sein, denn das Seidengewerbe blühte ja doch nach wie vor.
Nur zu einer Folgerung berechtigen die wenigen Notizen in
den Stadtrechnungen: sie beweisen ebenso wie die Existenz
des Seidentuchmeisters, der Seidenhalle und des Seidenmarktes
das Vorhandensein einer gewissen Organisation des Seiden-
gewerbes und damit ferner, daß dieses schon damals eine Rolle
im Wirtschaftsleben der Stadt gespielt hat.
Daß aus der Zeit vor 1396 so überaus wenig Material
über das Seidengewerbe, seine Entwicklung und Organisation
vorliegt, hat seinen Grund darin, daß die Nachrichten über
die Gewerbe überhaupt sehr dürftig sind; vor allem fehlt es
an einer Aufzeichnung der Zünfte und ihrer Mitglieder^. Erst
mit dem Jahre 1396 wird das Bild über Kölns Gewerbetätigkeit
klarer. Am 14. September dieses Jahres wurde der Verbund-
1 Knipping, Tabellen, A I, 11 Die Gesamteinnahmen von 1370—1392.
Die Münzen gelten: 1 M. = 12 S. = 144 d (= 2,70 Mark heutigen Geldes);
nach Knipping p. XXVII ff.
* Vgl. Lau, 196; auch v. Loesch, Einleitungskapitel
Quellen".
128. 25
brief erlassen, nach welchem sämtliche Gewerbetreibende (und
auch die übrigen Bürger) in 22 Gaffeln eingeteilt wurden,
innerhalb deren die einzelnen Gewerbe mit ihrer alten Or-
ganisation — soweit sie schon eine solche gehabt hatten —
bestehen blieben^. Die im Verbundbrief genannten Zünfte
sind aber nicht vollständig ; manche sind zu mehreren in einer
Gaffel vereinigt, andere irgendeiner größeren, in der Regel
irgendwie verwandten Zunft zugeteilt, ohne daß indessen eine
solche Kombination oder Zuteilung auf die gewerbliche
Tätigkeit des Einzelgewerbes irgend welchen Einfluß gehabt
hätte.
1397 erhielten 34 Zünfte oder Ämter Bruderschaftsbriefe,
die entweder neu waren oder bereits vorhandene in neuer
Form bestätigten. Das Seidengewerbe fehlte noch ; das könnte
bei der Bedeutung, die es damals schon hatte, auffallend
erscheinen. Einerseits aber mag auf Seiten der selbständigeren
männlichen Seidenweber das Bedürfnis nach einer zünftischen
Zusammenschließung gefehlt haben, andererseits bestanden die
abhängigeren Arbeiter noch zum größten Teile aus Frauen.
Vielleicht erschwerte dieser Umstand letzteren vorläufig noch
die Zunftbildung, da man im allgemeinen weiblichen Zünften
weniger wohlwollend gegenüberstand. Freilich kann dieser
Grund nicht maßgebend gewesen sein, denn grundsätzlich
waren weibliche Zünfte keineswegs ausgeschlossen, wie die
1397 gebildete Zunft der Garnmacherinnen beweist; auch
waren in anderen Zünften Männer und Frauen vereinigt.
Auch die hausindustrielle Beschäftigung kann kein Hindernis
gewesen sein, denn auch die Garnmacherinnen übten ihr
Handwerk hausindustriell. Wer einer Zunft beitreten wollte,
hatte die Möglichkeit dazu bei einer anderen, verwandten
Zunft. Hiervon ist anscheinend oft Gebrauch gemacht worden,
denn die Zugehörigkeit von Angehörigen des Seidengewerbes
zu anderen Zünften ist vielfach deutlich zu erkennen.
So gab zunächst das Schneiderhandwerk Gelegenheit, in
Seide zu arbeiten und sich darin zum Spezialisten zu ent-
wickeln 2; die Seidenstickerei als Berufszweig hat sich zum
Teil aus der Schneiderei entwickelt. In der namentlichen
Liste der Gewandschneider Unter Gaddemen von 1344 findet
sich bei der Bruderschaft der Schröder ein Wappensticker,
der bereits erwähnte Johan van Santin (wohl Xanten), wapen-
1 Es würde hier zu weit führen, auf die Verhältnisse vor Erlaß des
Terbundsbriefs und auf diesen selbst, seine Bedeutung und Wirkung ein-
zugehen. Ich verweise auf Lau a. a. 0. § 2 „Die Zünfte", p. 196 flf. Auch
sonst bietet Lau „Entwicklung . . . ." die beste Orientierung über die
gewerblichen Verhältnisse in Köln vor 1396. — Neuerdings: v. Loesch, Ein-
leitung.
2 Vgl. Bücher, Entstehung der Volkswirtschaft, 233 f.
26 128.
sticker ^. Auch die Zunft der Gewandschneider nahm Seiden-
sticker auf: in dem registrum omnium pannicidarum Colonien-
sium infra et extra cubicula existentium von 1378 erscheint
Tilman wambesticker ^, Die Wappensticker beschäftigten sich,
keineswegs ausschließlich mit der Wappenstickerei, d. h. dem
Sticken der ritterlichen Wappenröcke und Pferdedecken, auch
nicht nur mit der Kunststickerei, insbesondere Paramenten-
Stickerei, sondern sie verzierten wohl überhaupt alle besseren
Kleidungsstücke mit Stickerei. In dem Ausgabebuche eines
Burggrafen von Drachenfels aus dem Jahre 1396 steht ein
Posten von 16 Hellern und einem halben Viertel Weines für
eine Reparatur bei einer Wappenstickerin ^. Die Wappen-
sticker erhielten 1397 einen Amtsbrief*; gleichwohl finden wir
in der nach Gaffeln gegliederten Liste der vermögenden Bürger
von 1418 zwei Wappensticker unter den Schildern aufgeführt,
Johann von Rommerskirchen wapensticker und Herman wapen-
sticker ®.
Die Seidenfärber waren seit 1396/97 mit den übrigens
Färbern, speziell den Leinenfärbern, zu einer Bruderschaft.^
verbunden; die Satzungen beziehen sich auf die „Färber von^
Leinengarn, Seide, Sindel und Kogeler" ^. Ein Seidenfärbei^
aber ist auch in der erwähnten Bürgerliste von 1418 bei denr!
Schildern aufgeführt, Johannes sideverwer '^.
Mit Seide wurde ferner gearbeitet bei einigen anderen
Gewerben, so den Gürtelmachern (Zunft seit 1327), den Beutel-
machern und den Taschenmachern (Zünfte seit 1397).
Eine eigene Zunft bildeten seit 1397 die Goldspinnerinnen %
welche zur Kunststickerei in einem gewissen Verwandtschafts-
verhältnis standen ; so waren bereits 1375 ^ Goldschmiede und
Wappensticker verbunden ; die Goldschmiede und Goldschläger
aber standen in engen Beziehungen zu den Goldspinnerinnen^
indem sie Anteil an der Verwaltung des Goldspinnerinnen-
amts hatten.
Ob auch Seidenspinner und Seidenweber und Spinnerinnen
und Weberinnen anderen Zünften angegliedert gewesen sind,,
ist nicht aufzuklären. Sicher scheint es zu sein, daß beide
Gewerbe um 1400, wenigstens zum Teil, frei betrieben worden
sind, vielfach in den Beghinenhäusern. Für das Jahr 1434
1 V. Loesch I, 228.
2 Ebendas. 235.
^ Annalen, 54, p. 30: „16 meirgin (Mörchen = Heller) . . in der wappen-
stickersseD huys." (Etwa 60 Pfg. nach heutigem Gelde.)
* V. Loesch I, 200 ff., Nr. 77.
» Ebendas. I, 211.
« Ebendas. I, 143.
■^ Ebendas. I, 211.
'^ Amtsbrief bei v. Loesch, I, Nr. 29.
^ Knipping I, 25. Über die Goldspinnerei Hallen, 1 p. 156 ff
128. 27
liegt ein Beweis hierfür vor. In einer Streitigkeit zwischen
dem Leinenamte und den Beghinen des Schelenkonvents auf
der St. Gereonsstraße bestimmt der Rat, daß die Schwestern
auf den sechs ihnen vom Leinenamte zugestandenen Web-
stühlen (gezauwen) nur Leinentuch und „was ins Leinenamt
gehöre", auf den fünf ihnen von früherer Zeit her zustehenden
Stühlen aber nur andere Sachen wirken sollten, und zwar:
Stolen, gernenroeckelen , wylen ind wat man van syden ind
ungesoidenen garne machet, gelych sy dat bisher daup ge-
wirkt haint . ."^ Die älteste Anordnung des Rats, welche
die Seidenspinnerinnen betrifft, stammt aus dem Jahre 1412/18*;
der Rat verbietet dem Walter Kesinger die Herstellung eines
Spinn- und Zwirnrades, da er befürchtet, daß dann viele
Spinnerinnen brotlos werden würden : dat dan vel lüde binnen
irre stat, die sich an dem ampte geneirent, bister ind verder-
flich werden moesten. Das Gewerbe ist hier zwar „Amt"
genannt, aber jedenfalls nur nach Analogie der anderen Ge-
werbe, denn ein Seidspinner- und Seidweberamt bestand
noch nicht.
Unter Zusammenfassung der uns bekannten Nachrichten
können wir uns die äußere Gestaltung des Kölner Seiden-
gewerbes im weiteren Sinne etwa folgendennaßen vorstellen:
1. Die Seiden Verarbeitung, insbesondere in der Form der
Stickerei, die älteste Form des Seidengewerbes, überwog an
Bedeutung noch die Verarbeitung des Rohstoffes. Das Hand-
werk war zu einem Kunsthandwerk geworden und bestand
seit 1397 als Zunft der Wappensticker. Seidenverarbeitung
in kleinem Umfange fand außerdem statt bei den Schrödem,
Beutelmachern, Taschenmachern und Gürtelmachern, die 1397
ebenfalls sämtlich Zünfte waren. Freilich sind diese Sticker,
auch die Wappensticker, nicht in vollem Umfange für da«
Seidengewerbe in Anspruch zu nehmen, da nicht nur mit und
auf Seide gearbeitet wurde; aber für die Kunststickerei kamen
doch vor allem Seide, Gold- und SilberMen in Betracht.
Man kann die Seidenstickerei für Köln — und fUr
Deutschland überhaupt — als Grundlage des Seiden-
gewerbes ansehen und in dem ersten Stadium der Entwick-
lung des Gewerbes haben Stickerei und Weberei in Köln so
viele Berührungspunkte, daß es mir notwendig erschien, sie
in der Anfangsperiode beide gleichmäßig zu besprechen. AU
Nebengewerbe für die Wappenstickerei kommt das Handwerk
der Goldspinnerei in Betracht, seit 1397 zünftisch organisiert
2. Als Nebengewerbe für die Seidenweberei ist die Seiden-
färberei anzusehen. Die Seidenfärber waren zunächst — »eit
1396 — mit den Leinenfärbern in einer gemeinsamen Zunft
1 V. Loesch II, 324, Nr. 555. wylen sind Nonnenschleier.
2 V. Loesch II, 419, Nr. 650. Auch von Dahmen erwähnt, I, 1.
28 128.
vereinigt, später sonderten sie sich von ihnen ab. Die Färberei
in Köln war ein altes und blühendes Gewerbe; nach dem Er-
scheinen der Seidenweberei bildete sich das Seidefärben immer
mehr als Spezialgewerbe aus.
3. Die Verarbeitung der Rohseide, also das Seidengewerbe
im engeren Sinne, war noch nicht zünftisch organisiert. Eine
gewisse Organisation war zwar mindestens 1370 schon vor-
handen, aber sie bezog sich nur auf den Handel. Die Seiden-
spinnerei und Seidenweberei wurde in hausindustrieller Weise
von Beghinen und von anderen Gewerbetreibenden, vorzugs-
weise noch Frauen, betrieben; männliche Weber waren im
Gewerbe vertreten; ob und wie weit sie schon auf eigene
Rechnung arbeiteten, ist nicht zu erkennen.
Ein kurzer Vergleich mit anderen deutschen Städten zeigt,
daß das Seidengewerbe in Köln in dieser Periode den Vor-
rang zu behaupten scheint.
Das Seidengewerbe ist im Mittelalter in den meisten
deutschen Städten, die in Betracht kommen, nicht über die
erste Stufe, die Stickerei, hinausgekommen. Sie wurde teils
selbständig, teils in Verbindung mit anderen Gewerben aus-
geübt. In Freiberg i. S. bestand sie als selbständiges Ge-
werbe, das seit Ende des 14. Jahrhunderts im Nonnenkloster,
bald aber auch von Männern, jedenfalls zunftlos betrieben
wurde. Gegen Ende des IG. Jahrhunderts bemühten sich die
Seidensticker um die Angliederung an eine andere Zunft; seit
der Mitte des 17. Jahrhunderts existierte das Gewerbe nicht
mehr, nachdem es schon lange vorher im Niedergang begriffen
gewesen war. Seidenweberei hat sich in Freiberg nicht ent-
wickelt ^.
Auch in Frankfurt a. M. gab es im 14. Jahrhundert
Seidensticker, 1377 zünftisch verbunden mit den Schneidern
und Gewandscherern (snydere, sydensticker und gewantscherer);
1387 bestand nur eine Schneiderzunft, zwischen 1400 und 1511
aber trat die alte Verbindung von 1377 wieder ein; 1525
finden wir wiederum nur die Schneider, von 1612 ab Posa-
mentierer. In der Tabelle der gewerblichen Bevölkerung von
1387 sind aufgeführt 2 sidennewer in eigener Zunft, 1440
2 sidensticker als selbständige Gewerbetreibende, 1351 — 1400
2 sidennewer , 1401 — 1450 1 sticker und 5 sidensticker,
1451 — 1500 8 sidensticker ^. Seidenweberei scheint noch nicht
betrieben worden zu sein. Die Seidenstickerei hat sich in
1 Jahresberichte XXVI, 437 : Besprechung von K. Knebel, Die Seiden-
stickerei in Freiberg.
2 Bücher, Bevölkerung von Frankfurt p. 82 f., 141, 215. Die Angaben
für 1387 stimmen nicht überein; in der Tabelle p. 82 f. sind keine Seiden-
sticker angegeben, in der Tabelle XII, p. 141 2 sidennewer, die doch auch
zu den Seidenstickern gerechnet werden müssen.
128. 29
Frankfurt zum Teil auch zum Kunstgewerbe entfaltet; 1379
erscheint unter den Kosten, die der Stadt durch den Reichs-
tag in Frankfurt entstanden waren, eine Ausgabe an Meister
Hansen Sydennewer für Fähnchen zum Empfang König
Wenzels und eine für Borten^.
Gewerbsmäßige Seidenstickerei und -näherei finden wir
ferner in Mainz 1395, wo ein sydenner in der Schneiderzunft
ist, auch 1404 und 1418, dann in Nürnberg um 1464, in
Hildesheim 1424 2. Im späteren Mittelalter gab es Wappen-
sticker in Nürnberg, Augsburg und Ulm, ferner in Harlem,
Brügge, Mecheln, Arras und Rheims^.
Seidenweberei wurde zu Anfang des 15. Jahrhunderts
auch in Augsburg begonnen*, wo sie neben der Seidennäherei
ausgeübt wurde; in einem Steuerregister kommt 1453 ein
Seidennäher, 1490 Seidenspinnerinnen vor^. Zur Bedeutung
gelangte die Augsburger Seidenindustrie im Mittelalter aber
noch nicht. Einzelne Seidenweber kamen wohl auch noch an
anderen Orten vor, so in Mühlhausen i. Thür. 1311 und 1351 ®.
Wie in Augsburg, so ist auch in Wien das Seidengewerbe
erst in der Neuzeit zur Entfaltung gekommen. Anfänge der
Stickerei und Weberei finden wir aber schon im 15. Jahr-
hundert. Nach einem Zunftverzeichnis von 1405 gab es
Seidennäher, 1454 14 Seidenmacher und 4 Bortenwirker ^
(Zunft seit 1428);^ 1512 war das Gutachten eingefordert von
den am Handel beteiligten Zünften, u. a. auch von den Seiden-
webern ^; eingeführt werden 1435 nach Wien außer seidenen
Stoß'en auch Goldfäden, spulenweise; es scheint also auch die
Goldstickerei betrieben worden zu sein ^^.
Über die inneren Verhältnisse des Kölner Seidengewerbes
vorzünftischer Periode läßt sich nicht viel sagen ; es wird auf
sie deshalb erst später näher eingegangen werden. Die Be-
triebsform war — wie erwähnt — vorwiegend das haus-
industrielle Verlagssystem; Frauenarbeit überwog noch bei
weitem die Männerarbeit, namentlich bei der Seidenweberei.
1 Julius Weizßäcker, Deutsche Reichstagsakten unter König Wenzel
1376—87. Bd. I, 256 (München 1867).
2 Heyne, 250.
8 Bock I, 289, 291.
* Schulte I, 699; Bürkli-Meyer 20. , „ ,. „ • . toorv
ß Karl V. Scherzer, Das wirtschaftliche Leben der Völker (Leipzig Iö8ö>
^' e Heyne 233 Anm. 134 (aus Lambert, Ratsgesetzgebung 1870).
■^ V. Inama-Sternegg III, 2 p. 510, 512, 513. Beil. I und IL
8 Weiß I, 436.
10 Ebendas. 426. — Ende des 13. Jahrhunderts sollen nach Weiß (I. 433)
bereits Seidenspinner als Gewerbe in Wien gewesen sein (aus der Reim-
Chronik Ottokars). Vgl. Zimmermann I, 438 u. 562, und M. G. Chroniken
V, p. 870.
30 128.
Im Wappenstickergewerbe drang schon im 14. Jahrhundert die
Männerarbeit durch, vor allem auf dem Gebiete der Kunst-
stickerei, Borten-, Wappen- und Bildstickerei. Die Seiden-
färberei entwickelte sich von Anfang an ganz selbständig,
ohne Zusammenhang mit der Seidenweberei. Die Trennung
wurde auch noch lange künstlich aufrechterhalten, so un-
vorteilhaft vom technischen Standpunkte das später auch war.
Die Seidenfärber Kölns brachten es bald zu bedeutendem An-
sehen und zu einer gewissen Wohlhabenheit. Ihr Ruf war
weit verbreitet und verschaffte ihnen Aufträge von Nah und
Fern \
Sie brachten es meist früher zu Kapital als die Seiden-
weber und vereinigten in ihrem Betriebe späterhin, trotz aller
Versuche, es zu verhindern, immer häufiger die Färberei mit
der Spinnerei und Weberei, indem sie zwar nicht selbst webten,
aber Verleger des von ihnen erstandenen Rohstoffes wurden.
Diese vorherrschende Stellung der Seidenfärberei und die in
ihrem Bereich emporstrebende Betriebsvereinigung spielte im
16. und 17. Jahrhundert eine Hauptrolle in dem wirtschaft-
lichen Kampfe innerhalb des Kölner Seidengewerbes ^.
Es läßt sich annehmen, daß schon um diese Zeit selb-
ständige Seidenwebermeister bestanden haben, Meister mit
Kapital, die auf eigene Rechnung für den Fernhandel arbeiteten.
Die Meister des Seidamts hatten ja um 1500 den Seidenhandel
ausschließlich in den Händen. Schon im 13. und 14. Jahr-
hundert gab es in Köln Fernhandel treibende Handwerks-
meister^; vielleicht sind unter diesen auch schon Seidenweber
gewesen; denn die mehr selbständige Stellung, die dieselben
später einnahmen (im Gegensatz zu anderen Städten), mußte
sich doch schon früher vorbereitet haben. Immerhin werden
sie um 1400 erst vereinzelt vorgekommen sein, denn der selb-
ständige Betrieb der Seidenweberei war nur einigermaßen
kapitalkräftigen Leuten möglich, einmal wegen des Preises des
Rohstoffes, sodann wegen der Anlage der Arbeitsmaschinen,
der Webstühle, vor allem aber, weil das Gewerbe in erster
Linie für den Export arbeitete und daher nicht immer gleich
auf Absatz zu rechnen war, der Arbeit also nicht der Nutzen
sogleich folgte. Außerdem war auch der Vertrieb der Er-
zeugnisse mit großen Kosten und bedeutendem Risiko verbunden.
Alle diese Umstände machten es eher dem Kaufmann möglich,
den Seidenhandel zu führen. Bisweilen lag der Vertrieb in
den Händen von Handelsgesellschaften. So existierte eine
^ Noch im 18. Jahrhundert war die Kölner Seidenfärberei berühmt.
In der ersten Zeit ihres Aufschwungs ließ die Krefelder Seidenindustrie ihre
Seide in Köln färben, bis 1724 eine eigene Färberei errichtet wurde. Hintze 101.
2 S. Kapitel III.
^ Schmoller, Untemehmiuig, Jahrbuch 14, p. 1055.
128. 31
solche von 8 Kaufleuten, und zwar 6 Lübeckern und 2 Kölnern,
im Jahre 1409. (Die beiden Kölner Bürger waren von Lübeck
nach Köln ausgewandert; es waren Sievert Veckinchusen,
1411 Bürgermeister in Köln, und Heinrich Slyper.) In einer
Abrechnung der Gesellschaft wird u. a. von Venedig nach
Köln eingeführte Seide, wahrscheinlich rohe, genannt, von
welcher Slyper 502 Pfund (von im ganzen 521) erhält. Die
Gesellschaft verkehrte zwischen Venedig und Brügge ^
Was die Technik anbetrifft, so bezog sich die Seiden-
weberei auf die damals überhaupt gebräuchlichen Stoffe ; man
fertigte an reinseidene und halbseidene Gewebe, ferner Zendal,
eine Art Tafftseide, leichte Seide, die vorzugsweise zu Kleidern
verwandt wurde ^. Auf die Technik im einzelnen einzugehen,
würde zu weit führen; sie wird sich wohl kaum von der
damals allgemein üblichen wesentlich unterschieden haben.
Nur sei erwähnt, daß das Sticken entweder auf dem Stoff
selbst vorgenommen wurde oder — und das war gewöhnlich
der Fall — auf Streifen, meist von Leinen, die dann als
Borten auf den zu zierenden Stoff aufgenäht wurden. Das
Färben geschah entweder im Stück oder am Faden; letzteres
war geboten bei buntfarbigen Stoffen. Seidenproben aus
späterer Zeit (17. Jahrhundert) sind noch erhalten, aus dieser
Zeit aber leider nicht. Verhältnismäßig früh hat sich in Köln
auch das Sticken mit Goldfäden entwickelt, deren Herstellung
eine besondere Zunft, die der Goldspinnerinnen, beschäftigte.
Zu den Goldfäden wurde seit dem 15. Jahrhundert Seide als
Einlage gebraucht^.
Der Rohstoff wurde vorzugsweise aus Italien, namentlich
aus Venedig bezogen ; man war ja hier völlig von der Fremde
abhängig; eigene Seidenzucht hat man in oder bei Köln nie-
mals versucht.
Die Seidenindustrien, welche vor 1400 bestanden, weisen
manche gemeinsamen Züge auf; alle zeigen das hausindustrielle
Verlagssystem als vorwiegende Betriebsform, zum Teil als
einzige. Das hat im Süden frühzeitig zu schroffen Klassen-
gegensätzen geführt, so besonders in Florenz; davon hören
wir in Paris, Zürich und Köln nichts. Überall wuchs das
Gewerbe heran in mehr oder minder großer Abhängigkeit
1 Stieda, Handelsbeziehungen, p. 106 u. p. 163, Qrk. Nr. 44.
2 Diese 3 Seidenarten werden vor 1400 ausdrücklich erwähnt, s. Kmpping
a. a. 0. und in der Amtsordnung der Färber. Sammet wurde noch nicht
angefertigt (erst um 1500 in Ulm, s. Schulte I); was damals als samlt be-
zeichnet wurde, war eine Art Seide; das Wort fUr den heutigen hwnmet
3 Bock I, 49; hier Näheres über die Technik der Goldspinnerei. —
Über die zahlreichen damals gebräucjilichen Arten von Seide tbI. Wem-
hold II, 247 ff.; Viollet-le-Duc III, Art. Etoffes, 356 ff.; Heyne, 229 ff.; Silber-
mann I, 68 ff.
32 128*
vom Händler, vom Fernhandel. Selbständige Handwerker^
welche in Köln sich auszubilden begannen, waren auch ia
Genua vertreten, wenngleich in der Minderzahl. Auch in demi
Verhältnis der weiblichen zu den männlichen Arbeitskräften
ist eine große Übereinstimmung wahrzunehmen. Die weib-
liche Arbeiterin herrscht zunächst durchaus vor in Paris und
Zürich; weniger deutlich tritt dasselbe hervor in den italie-
nischen Städten; hier wurde die Weberei schon früh von
Männern ausgeübt, dagegen die Haspelei den Frauen tiber-
lassen. In Paris und in Florenz nimmt die Stickerei — ähn-
lich wie in Köln — eine hervorragende Stellung ein; neben,
ihr blüht die Weberei der Hauptseidensorten und des Sammets-
(letzterer fehlt in Köln noch); auch in Genua werden beide^
Zweige, Stickerei und Weberei betrieben. Dagegen tritt di&
Seidenstickerei in Venedig und Zürich, wenn sie überhaupt
schon vor dem 15. Jahrhundert geübt worden ist, ganz in
den Hintergrund. Färberei bestand sowohl in Paris wie auch
in den italienischen Städten; sie ist aber nicht erwiesen für
Zürich; jedenfalls kann sie hier nur eine untergeordnete-
RoUe gespielt haben ^. Es war also in der Zahl der genannten
hauptsächlichsten Seidenindustriestädte anscheinend Zürich
am wenigsten entwickelt, was die Vielseitigkeit des Gewerbes-
anbetrifft. Die Fabrikation beschränkte sich hier in der
Hauptsache auf leichte, rohseidene Gewebe, Flor, Gaze oder
Seidenmousselin. Ein Spezialzweig der Seidenweberei stand,
also ziemlich isoliert da, ohne Verbindung mit einer ent-
sprechend entfalteten Färberei und ohne den Antrieb, den einer
zum Kunstgewerbe entwickelte Seidenstickerei hätte geben,
können. Vielleicht hat dieser Umstand mit dazu beigetragen^
daß das Züricher Seidengewerbe, dessen Produkte einst weithin
nach dem Osten gegangen waren, so früh abgestorben ist^
Die Seidengewerbe von Paris und Köln weisen in ihrer äußeren
Gestaltung wohl die größte Ähnlichkeit auf. In Paris ^ nimmt
die Stickerei einen breiten Raum ein ; sie beschäftigt die Zünfte-
der brodeurs und broderesses, ferner der fileurs d'or und
fileresses d'or und f. d'argent. Die Färberei ist vertreten in
den teinturiers de soie, die Seidenspinnerei in den fileresses.
de soie, die Weberei in den tisserands de soie. Vor 1300 ist
dann auch die Bandfabrikation, überhaupt die Posamen tiererei
vertreten, ein Zweig, der später auch in Köln eine bedeutende-
RoUe spielte. Endlich weist das Verzeichnis von 12Q2 und.
1300 noch verschiedene Spezialzweige auf, wie sie Köln auchs.
1 Gefärbte Seide wird in den Tarifen für das kleine ümgeld 1378 und
1379 erwähnt; s. Stadtbücher Nr. 48 und 61, pp. 250 und 262. Ein Beweis
für Seidenfärberei in Zürich ist damit nicht erbracht, wohl aber ist es sehr-
wahrscheinlich, daß auch gefärbte Seide in Zürich verarbeitet wurde unA.
nicht nur rohe, wie Bürkli-Meyer meint.
2 Fagniez, Etudes, 7flF.
128. 33
hatte in den Gürtel-, Taschen- und Beutelmachern. Die
Brokatweberei, die in Paris von den fabricants de drap d'or
ausgeübt wurde, ist für Köln noch nicht festzustellen; die
Sammetfabrikation ist für Paris noch zweifelhaft, später war
sie an beiden Orten vertreten.
Man wird daher vielleicht doch berechtigt sein, die Nieder-
lassung der Pariser im 14. Jahrhundert, insbesondere jenes
Johannes Juncker, nicht als eine zufällige anzusehen, sondern
man wird auf rege Beziehungen zwischen den beiden Seiden-
gewerben, dem Pariser und dem Kölner, schließen dürfen, die
sich als häufige Beeinflussung des jüngeren Kölner durch das
ältere Pariser Gewerbe dargestellt hat. Auch später hörte
französischer Einfluß nicht auf, und in dem Jahrhundert der
Umbildung des Kölner Gewerbes in neue Betriebsformen
spielten Franzosen, wiederum Seidenfärber, eine namhafte Holle.
Auch die früh sich zeigende Hinneigung des Kölner Seiden-
gewerbes zur Fabrikation von Bändern, Fransen, Schnüren,
kurz zur Posamentiererei, scheint französischen Geschmack zu
verraten.
t
Forschungen 128. — Koch.
Zweites Kapitel.
Zfinflische Organisation im Seidengewerbe; Blütezeit
des Gewerbes im 15. Jahrhundert. (1437—1506).
Bedeutend später als die meisten andern Kölner Gewerbe
wurde das Seidengewerbe ztinftisch organisiert ^. Die mit ihm
in Berührung stehenden Gewerbe der Stickerei, Färberei und
Goldspinnerei waren zwar, wie wir sahen, schon 1397 Zünfte,
nicht aber die den Rohstoff verarbeitenden gewerblichen Tätig-
keiten, die Spinnerei und Weberei, oder die Seidmacherei
oder Seidbereiterei , unter welchem gemeinsamen Namen man
beide damals zusammenfaßte. Die Gründe für die erst so
spät erfolgte genossenschaftliche Einigung sind nicht mit Sicher-
heit zu erkennen; wahrscheinlich lag früher kein Bedürfnis
vor auf Seiten der Gewerbetreibenden selbst; die Einleitung
zum ersten Amtsbrief weist darauf hin: vierzig Jahre später
nämlich, d. h. als der Amtsbrief erlassen wurde, wird gerade
das Bedürfnis als Beweggrund angegeben; es stand im Zu-
sammenhang mit technischen Neuerungen, welche in das innere
Leben des Seidengewerbes einzugreifen begannen. Jetzt wurden
die beiden in mancher Beziehung so ähnlichen Textilgewerbe
Zünfte: die Barchentweber (1420) und die Seidenweberinnen
(1437).
Am 16. Dezember 1437 wurde den Seidenweberinnen der
erste Amtsbrief verliehen, und zwar auf ihren Antrag hin;
sie selbst haben die Initiative zur Zunftbildung ergriffen ; das
wird — abweichend von fast allen anderen Zunftbriefen
Kölns — in dem Briefe ausdrücklich hervorgehoben, scheint
also bei der Gründung der Zunft besonders mitgesprochen zu
* Aus der Zeit nach 1397 stammen die Amtsbriefe der Seidweberinnen
(1437), der Seiler (1414), Sartuch-(Barchent-)weber (1420), Kupferscbläger (1421),
Altschuhmacber (1483) und Brauer (1497). Die Zeit nach 1500 ist hierbei un-
berücksichtigt geblieben. S. d. betr. Amtsbriefe bei v. Loesch, I.
128.
35
haben. Die Handwerkerinnen geben für ihr Gesuch die
Gründe an: zunächst wollen sie Gleichstellung mit anderen
Handwerken ; da sie doch ihr Handwerk -manches Jahr ehrbar
und löblich betrieben und der Stadt großen Nutzen gebracht
hätten, so erbäten sie auch gleich den anderen geschriebene
Satzungen. Ein weiterer Grund war die Sorge für den Seiden-
handel, der Schutz des einheimischen und fremden Kaufmannes
vor minderwertiger Ware; diese Sorge mußte ja bei einem
Fernhandels-Gewerbe voranstehen, denn mit dem Handel stand
und fiel es. Der dritte Grund aber scheint die unmittelbare
Veranlassung zum Zusammenschluß gewesen zu sein: eine
neue Erfindung bedrohte nach der Meinung der Seidmacherinnen
das Gewerbe; gegen sie suchen sie Schutz in genossenschaft-
licher Organisation. Es heißt in dem Amtsbrief: . . „umdat
ire hantwerk . . durch nuwer invelle wille, die darinne vur-
genoimen ind gezoigen wurden . . ser bestonde afzoneimen
ind zo swachen" . . Also das Seidengewerbe befand sich in
einer Krisis, wie sie es später noch mehrfach durchzumachen
hatte ; sie war hervorgerufen durch eine technische Neuerung,
welche der bisherigen Betriebsart einen Stoß versetzte. Es
handelt sich jedenfalls um das bereits erwähnte Spinn- und
Zwirnrad, gegen welches der Rat schon um 1412 eingeschritten
war, also um eine Maschinentechnik, wenn auch in primitiver
Form. Das Kad wurde wahrscheinlich trotz jenes Verbotes
dennoch weiter benutzt, und die Furcht vor übermächtiger
Konkurrenz trieb die Weberinnen und Spinnerinnen zusammen.
Nur diese; die männlichen Weber wurden nur in soweit von
dem Amtsbriefe berührt, als sie Seidmacherinnen geheiratet
und auf diese Weise in die Organisation dieser „hinein-
geheiratet" hatten. Diejenigen aber, welche nicht auf solche
Weise in den Verband hineinkamen, blieben außerhalb des-
selben, so daß es also auch freie Seidenweber gab.
Die zünftische Organisation des Seidengewerbes weicht
merklich ab von der der übrigen Kölner Gewerbe. Das ergab
sich zunächst schon aus der frühen Arbeitsteilung innerhalb
des Gewerbes, welche eine Verzweigung in verschiedene
Zünfte zur Folge hatte. Wichtiger aber noch ist der Umstand,
daß während des Mittelalters ein Teil der Gewerbetreibenden
überhaupt nicht organisiert gewesen ist, wenn auch eine all-
gemeine Oberaufsicht durch den Rat natürlich bestanden hat.
Gerade die nichtorganisierten Handwerker waren die kräftigsten
Glieder, und auf ihnen beruhte die Bedeutung des Gewerbes;
sie ging sogleich verloren, als im Laufe des U). und mehr
noch des 17. Jahrhunderts zünftische Prinzipien die Oberhand
gewannen, was um so verderblicher war, als nunmehr die
schädlichen Wirkungen der Zünfte im allgemeinen die nütz-
lichen zu überwuchern begonnen hatten. Im Mittelalter freilich
brauchte sogar ein Exportgewerbe nicht notwendigerweise
3*
36 128.
unter einer zünftischen Organisation zu leiden, wofern sie nur
anpassungdfähig war; und das war beim Kölner Seidengewerbe
der Blütezeit der Fall.
Bei der Seidenspinnerei und Weberei also waren zunächst
nur die weiblichen Gewerbetreibenden geeint; als dann im
Laufe des 15. Jahrhunderts allmählich die Weiberarbeit mehr
und mehr durch Männerarbeit ersetzt, wenn auch niemals
ganz verdrängt wurde, da scheint man zunächst stillschweigend
die Bestimmungen der Seidenweberinnen-Zunft, soweit sie den
Gewerbebetrieb betrafen, übernommen zu haben, zumal sie
ohnehin zweifellos mit den allgemeinen Gepflogenheiten des
Gewerbes ( — auch des außerhalb stehenden — ) in Überein-'
Stimmung gebracht waren.
Die Organisation des Seidengewerbes stand größeren
Schwierigkeiten gegenüber als die der meisten anderen Ge-
werbe, die für den lokalen Markt arbeiteten; das Gewerbe
mußte als Export- und Luxusgewerbe viel mehr den jeweiligen
Konjunkturen, häufigen und oft plötzlichen Änderungen der
Mode, der Technik und der Arbeitsverhältnisse Rechnung
tragen. Das konnte ein Gewerbe mit starrer und nicht bildungs-
fähiger Zunftverfassung nicht; eine solche mußte vielmehr,
wenn das Gewerbe nicht lahmgelegt werden sollte, häutig
revidiert oder sogar erneuert werden. Das geschah auch in
der Tat in Köln in der Blütezeit des (Gewerbes. Sechsmal
von 1437 bis 1506 wurden die Amtsbriefe geändert mit dem
deutlich erkennbaren Bestreben, sie den mittlerweile veränderten
Verhältnissen wieder anzupassen. 5 Amtsbriefe (1437, 1461,
1469, 1470 und 1480) und 2 Transfixbriefe (1470 und 1506)
regelten den Betrieb und die inneren Verhältnisse des Gewerbes
der Seidmacherinnen; sie brachten aber auch die Situation
des Seidengewerbes überhaupt zum Ausdruck und müssen
daher auch für die Zeit, in welcher noch nicht alle Gewerbe-
treibenden der Zunft angehörten, als die Grundlage für die
gesamte gewerbliche Tätigkeit des Kölnef Seidengewerbes
dieser Periode, der Blüteperiode, angesehen werden.
Die ersten beiden Amtsbriefe, die am 16. Dezember 1437
und am 27. Februar 1461 erlassen worden waren, sind nicht
mehr vorhanden, aber aus der Einleitung zum dritten Amts-
brief vom 20. Juni 1469 bekannt ^. Leider ist ihr Inhalt nicht
überliefert, so daß der dritte Amtsbrief die Grundlage für die
Betrachtung der Seidenweberinnen-Zunft bilden muß. Die Er-
neuerung des Briefes von 1461 (d. i. der zweite Brief) war
ebenso wie der erste Amtsbrief aus der Initiative des Gewerbes
selbst hervorgegangen, der dritte Amtsbrief aber, die Erneue-
1 Die fünf Amtsbriefe sind abgedruckt bei v. Loesch, I, Nr. 62 — 64,
p. 163 if. Vgl. auch die Darstellung Dahmens, I, 1 ff. Über die Abweichungen
der Amtsbriefe von einander s. v. Loesch a. a. 0. p. 165 ff.. Anmerkungen.
128. 37
rung von 1469, verdankt seine Existenz dem Eingreifen des
Rats selbst, welcher „etliche Gebrechen" gefunden hat, die er
nun abstellen will. Die letzten drei Briefe (der 3., 4., 5.)
stimmen im allgemeinen , d. h. für den größten Teil des In-
halts, überein, mit einigen Abweichungen. Außer diesen Ab-
weichungen enthält dann der vierte, und in noch größerem
Umfange auch der fünfte Amtsbrief Zusätze. Der Transfix-
brief von 1506 endlich ist eine Neugestaltung der gewerblichen
Verfassung in vielen Punkten und bildet den .Schlußstein des
zünftischen Ausbaues. Er bleibt für das ganze 16. Jahrhundert
und in seinen Grundzügen noch bis ins 18 te hinein die Grund-
lage der Seidmacherei ^.
Ich wende mich der Organisation selbst zu, soweit sie
durch die Briefe von 1437 bis 1480 festgelegt ist. Sie bezieht
sich — wie erwähnt — nur auf die weiblichen Gewerbetätigen,
allerdings mit Einschluß ihrer Ehemänner; sie umfaßt vor
allem nur die weiblichen Lehrkräfte. Gleichwohl ist in den
Erlassen des Rats häufig von einem Seidarat die Rede im
Sinne einer Zusammenfassung des ganzen Seidengewerbes.
Ein Seidamt im Sinne einer Seidenzunft ist nicht gebildet
worden^; es ist in dieser Bedeutung eine Fiktion und wird
* Archiv, Z. 174. 1657 beabsichtigte man die Verfassung einer neuen
Ordnung, die aber niemals zur Ausführung gekommen ist. S. Archiv,
Epr. 104 f, 288; vgl. Dahmen I, 3. Der auch von Dahmen I, 4, erwähnte
Brief von 1588 ist nichts weiter als eine Bestätigung des Transfixbriefs
von 1506.
2 Anders Dahmen, I, 3, welcher von einer Konstituierung des Seiden-
amts im Jahre 1437 spricht, also eine allgemeine Seidenzunft meint. Dahmen
selbst aber hebt hervor, — S. 5 — daß der Amtsbrief „durchweg von Seid-
macherinnen" spricht und fragt weiter, wer die eigentlichen Seidenmacher
gewesen seien? Er fragt weiter, woher denn die beiden männlichen Vor-
standsmitglieder gekommen seien? Auch er hält es für ausgeschlossen, daB
nur Ehemänner von Seidenmacherinnen für die Amtsmeisterstellen in Frage
gekommen seien ; ich bin derselben Meinung, denn für Fremde bestand zwar
das Gesetz, daß sie nur durch Heirat mit einer emheimischen Seidenmacherio
die Amtsgerechtigkeit erlangen könnten, niemals aber für Einheimische.
Dahmen meint nun „solange das Seidenspinner- und Färberamt noch mit
dem Hauptamt vereinigt waren, werden diese Zweige des Handwerks die er^
forderlichen Meister für den Vorstand geliefert haben.'* Aber die Färberei
war keineswegs mit dem „Hauptamt" vereinigt, sondern mit der Leinen-
färberei und wurde von dieser 1594 losgetrennt; die Spinnerei aber ist vor
dem Erscheinen der Mühlenwerke kaum jemals in ausgedehnterem Matte von
Männern betrieben worden. Schon aus dieser Erwägung heraus ist die .An-
nahme freier Webermeister berechtigt. Nun sind uns ja schon aus dem
13. Jahrhundert die cindatores bekannt; femer verschiebt sich das Ver-
hältnis der weiblichen zu den männlichen Seidenmachern im Laufe de«
15. Jahrhunderts immer mehr zu Gunsten der letzteren. Die männlichen
Seidenweber können also gar nicht alle Ehemänner der Seidenmacherinnen
gewesen sein. Sehr häufig freilich haben Mann und Frau das Gewerbe xu-
sammen betrieben, wobei dann in der Regel der Mann der kaufim&nnische
Leiter war. Das Hauptargument für freie Seidenweber scheint mir aber die
Frage der Erziehung des Nachwuchses zu sein; wo sollten die Lehijun^
herangebildet werden, wenn nicht bei freien Meistern? denn die Amtsbnefe
38 128.
überall gleichbedeutend mit „Gewerbe" gebraucht. Das Seid-
amt ist also tiberhaupt das Seidengewerbe, zünftisch und nicht
zünftisch, das unter gemeinsamer Oberaufsicht des Rats stand.
Von 1470 ab gibt es allerdings ein Seidamt, aber mit einer
ganz anderen Bedeutung: es ist die Ratskommission, welcher
die Angelegenheiten des Seidengewerbes unterstehen. In dem
Transfixbrief zum vierten Amtsbrief nämlich wurde beschlossen,
zwei Ratsdeputierte, die Herren zum Seidamt, zu ernennen,
welche die Aufgabe hatten , mit den Amtsmeistern und
Meisterinnen gemeinsam die Besichtigung der Seidenwaren
und ihrer Herstellung vorzunehmen. Einerseits erhielten so
die Besichtigungen mehr Nachdruck, anderseits aber wurde
etwaigen Übergriffen der Meister und Meisterinnen ein Zügel
angelegt. Solche Übergriffe kamen nicht selten vor, ganz
besonders, wenn es sich um Besichtigungen bei außerhalb der
Zunft stehenden Handwerkern handelte; die Protokolle über
die Besichtigungen aus dem 15., 16. und 17. Jahrhundert be-
richten von zahlreichen Beispielen ^ Diese Herren vom Seidamt
waren also eine Art von Aufsichtsbehörde, deren Wirksamkeit
sich freilich nur auf die Betriebs- und Waren-Kontrolle er-
streckte, also auf dem Gebiete der Gewerbepolizei lag. Sie
führten den Titel „Herren zu den Seidmacherinnen und Seid-
spinnerinnen"; vorübergehend, von 1482 bis 1497, übernahmen
sie auch die Kontrolle über die Wappensticker und hießen
für diese Zeit „Herren zu den Seidmacherinnen und Wappen-
stickern" ^. Die Veranlassung zu dieser Kombination gab ein
Streit der Wappensticker mit dem Schelenkonvent in der St.
Gereonsstraße, 1482^: die Wappensticker hatten eigenmächtig
bei den Schwestern des Konvents Haussuchung abgehalten,
weil sie ihnen Konkurrenz machten; letzteres wurde ihnen
1470 vom Rat verboten, anderseits untersagte der Rat aber
den Wappenstickern , Haussuchungen ohne die Herren vom
Seidamt vorzunehmen. Die Unterstellung der Wappenstickerei
unter das Seidamt scheint sich aber nicht bewährt zu haben,
denn sie wurde nur fünfzehn Jahre aufrecht erhalten.
Im folgenden sollen nunmehr die Zunftbriefe nach ihrem
wesentlichen Inhalt kurz besprochen werden*.
erwähnen nur Lehrtöchter. In einem Entwurf zu einer neuen Ordnung vom
2. Oktober 1656 (Archiv, Seidamt 17. Jahrh, II, fol. 32) werden zum ersten
Male offiziell Lehrjungen und Lehrmädchen unterschieden.
^ Der älteste Fall ist mir aus dem Jahre 1490 bekannt, s. v. Loesch II,
428, Nr. 662 : Zeugenverhör vor Ratsdeputierten über parteiisches Verfahren
bei der Seidenbesichtigung bei dem Seidenfärber Heinrich Glöcknergasse.
2 V. Loesch I, 256 und II, 469.
8 Ebendas. II, 465 ff.
* Hierbei übergehe ich solche Bestimmungen, die sich bei allen Zünften
wiederfinden, und die allgemein bekannt sind; ich beschränke mich auf die
für das Kölner Seidengewerbe charakteristischen und für den Betrieb des-
selben wesentlichen Einrichtungen.
128. 39
Der Vorstand der Seidweberinnenzunft bestand aus zwei
Männern und zwei Frauen, die von den Hauptfrauen, d. h.
den Meisterinnen, alljährlich zu Amtsmeistern und Amts-
meisterinnen gewählt wurden. Es ist nicht gesagt, woher sich
die Männer ergänzen sollten ; es lag ja nahe, daß man zunächst
zu den Ehemännern der innerhalb der Zunft stehenden
Weberinnen griff, soweit nämlich die Zahl dieser ausreichte,
und sie geeignet waren. Diese Praxis scheint sich allmählich
^Is Regel herausgebildet zu haben, denn der Amtsbrief von
1480 erhielt statt „zwene man" die Fassung „zwene von iren
mannen, die sich mit koufmanschaft erneren". Fanden sich
nicht geeignete Leute unter den Ehemännern, so mußten die
Amtsmeister eben außerhalb der Zunft gesucht werden. Die
Hauptsache war jedenfalls, daß man in den Vorstand zwei
kaufmännische Vertreter hineinbrachte. Eine Weberin, deren
Mann Kaufmann war, hatte natürlich einen gewaltigen Vorteil
gegenüber anderen; denn sie leitete nun lediglich den Betrieb
der Weberei und Spinnerei, während der Mann sich auf den
Vertrieb der Ware legte und vor allem zu den Messen, haupt-
sächlich nach Frankfurt, reiste. So waren in der ersten zünf-
tischen Organisation Gewerbe und Handel fest aneinander
gefügt. Neben einem zum Teil freien Betriebe des Handwerks
darf dieser Umstand wohl als Hauptursache dafür angesehen
werden, daß es das Seidengewerbe in Köln im Mittelalter zu
so hoher Bedeutung gebracht hat. Hier unterscheidet es sich
wesentlich von den anderen bis jetzt bekannten Seidengewerben;
zum mindesten ein Teil der Seidmacherinnen stand in Köln
nicht in Abhängigkeit vom kaufmännischen Verleger, sondern
bei ihnen waren die beiden Faktoren Gewerbe und Handel
in einem Betriebe vereinigt, und es entwickelte sich hier eine
ganz selbständige Stellung des Gewerbes. Noch mehr wiir
das allerdings der Fall bei den freien Handwerksmeistern ; sie
vereinigten die beiden Faktoren nicht nur in einem Betrieb,
sondern auch in einer Person, indem sie selbst den gewerb-
lichen Betrieb leiteten und auch ihre Erzeugnisse vertrieben.
Diese Meister bilden immer mehr den Kern des Gewerbes,
so daß 1591 von allen Seidmachern gesagt wurde, daß sie den
gesamten Seidenhandel „in der Hand" hätten ^ Damit nicht
^ine Firma allzusehr in den Vordergrund treten konnte, wurde
bestimmt, daß nicht Mann und Frau zu gleicher Zeit die
Amtsmeisterwürde bekleiden dürften. Die Amtsraeister und
die Amtsmeisterinnen, welche einmal im Vorstand gewesen
waren, sollten erst nach einem Zwischenraum von zwei Jahren
wieder wählbar sein. Die Wahl mußte angenommen werden
ibei einer Geldstrafe, (bis zu einer Mark kölnisch), eventuell
Archiv, Seidamt, 16. Jahrh. f. 37 b.
40 128.
sogar bei Strafe der Ausschließung aus der Zunft. Die Amts-
periode dauerte ein Jahr.
Alle vierzehn Tage versammelten sich die Amtsmeister
und Meisterinnen, um alle Zunftangelegenheiten zu besprechen;
hierfür erhielten sie 4 Seh. Diäten pro Kopf für jede Sitzung ^
Ihre weitaus folgenschwerste Funktion war die Aufsicht über
die Gewerbetätigkeit; sie hatten zu diesem Zweck das Recht,
bei den Zunftmitgliedern umherzugehen und deren Betrieb zu
besichtigen; Opposition gegen die Besichtigung wurde bestraft.
Wurde Seide oder Seidenware gefunden, die den Anforderungen
nicht entsprach, so wurde sie vor das gemeine Amt gebracht
(die allgemeine Meisterversammlung) und mußte hier von dem
Übeltäter eigenhändig in Stücke geschnitten werden. Außerdem
wurde auf eine bestimmte Geldstrafe erkannt. Die Amtsmeister
hatten aber auch das Recht, die Seide und die Seidenwaren
der außerhalb der Zunft stehenden Seidenhändler zu besich-
tigen und sie für unvorschriftsmäßige Beschaffenheit derselben
in Strafe zu nehmen. So hatten sie die Kontrolle über den
gesamten Seidenhandel der Stadt, und ihr Wirkungskreis er-
streckte sich hier über den Rahmen der Zunft hinaus. In
dieser ihrer Tätigkeit als Organe der städtischen Gewerbe-
polizei waren sie allerdings nur eine zentrale Aufsichtsstelle
für den Handel mit Kölner Seidenwaren und damit indirekt
für den Gewerbebetrieb selbst.
Die Zunftgenossen ergänzten sich ohne Ausnahme nur
aus dem weiblichen Geschlecht; Männer, die durch Verheiratung
mit einer Meisterin in das Gewerbe hineingekommen waren,,
oder die, selbst Seidenmacher oder Seidenhändler, durch diese
Heirat in den Betrieb der Seidenmacherinnen „hineingeheiratet"
hatten, gehörten nicht eigentlich zur Zunft der Seiden Weberinnen;,
man könnte sie vielleicht als Hospitanten bezeichnen. Sie
bildeten aber ein wichtiges Element des Vorstandes, welcher
männlicher Leitung nicht ganz entbehren konnte, und sie
mußten, namentlich wenn sie Kaufleute waren, entscheiden-
den Einfluß auf die ganze Spinnerei und Weberei ausüben.
Für einen von außerhalb nach Köln zugewanderten Gewerbe-
genossen gab es rechtmäßig keine andere Möglichkeit, sein
Handwerk auszuüben, als wenn er eine Hauptseidenmacherin
heiratete; das Prinzip wurde freilich, namentlich im 16. Jahr-
hundert, oft durchbrochen, freilich sehr gegen den Willen
der Zunft.
Die Hauptseidenmacherinnen ergänzten sich aus der Zahl
der Seidenmacherinnen, nachdem sie eine Lehrzeit von drei bi&
vier Jahren durchgemacht hatten; (1469 = 3, 1470 = 4,.
1480 = 3 Jahre) ; eheliche Geburt war nicht Bedingung, viel-
mehr Personen unehelicher Abstammung ausdrücklich zu-
1 Archiv, H. U. A. Nr. 13070; s. auch v. Loesch I, 163.
128. 41
gelassen; der Transfixbrief von 1506 war in dieser Hinsicht
weniger liberal. Die Meisterinnen übten ihr Gewerbe im
eigenen Hause aus; hier nur durften sie Lehrtöchter heran-
bilden, die bei ihnen auch in Kost standen. Bis 1470 war es
der Meisterin gestattet, Töchter von Bürgern auch in deren
Häusern zu unterrichten ; der Amtsbrief von 1470 hob diese
Ausnahmebestimmung auf. Die Größe des Betriebes war be-
schränkt auf ein Lehrmädchen, wobei eigene Kinder aber
nicht mitgezählt wurden.
Die Lehrmädchen , für deren Aufnahme erst 1506 ein
Mindestalter von elf Jahren vorgeschrieben wurde, traten in
das Hauswesen der Meisterin ein ; sie hatten eine Mark Ein-
schreibegebühr zu bezahlen, von welcher auch Meisterinnen-
kinder nicht befreit waren. Die Lehrzeit wechselte mehrfach
zwischen drei und vier Jahren , wobei die Nachfrage wohl
eine Rolle spielte; 1506 wurde sie auf vier Jahre festgesetzt.
Sie brauchte nicht bei derselben Meisterin begonnen und voll-
endet zu werden; ein Wechsel war aus persönlichen Gründen
mit Erlaubnis des Vorstandes gestattet, doch durfte durch ihn
die Lehrzeit keine längere Unterbrechung erleiden, es sei
denn durch Krankheit. Nach Ablauf der Lehrzeit hatte die
Lehrtochter das Recht, sich selbständig zu machen gegen eine
Einschreibgebühr von zwei rheinischen Gulden (zu 3 M. 5
S. Köln^), welche 1470 auf drei erhöht wurde, ohne Zweifel,
um das Selbständigwerden zu erschweren. Die Kinder der
Meisterinnen waren bevorzugt, denn sie hatten nur einen, von
1470 ab zwei Gulden zu entrichten. Die Lehrzeit von drei
bis vier Jahren war durchaus angemessen und entsprach der
Lehrzeit verwandter Kölner Gewerbe; im Vergleich zu einigen
fremden Seidengewerben kann sie sogar als niedrig gelten^.
Die Aussichten auf das Fortkommen der Seideweberinnen ver-
schlechterten sich gegen Ende des 15. Jahrhunderts. Zwar
werden Lohnweberinnen und Lohnspinnerinnen schon in dem
Amtsbrief von 1469 genannt, aber sie bildeten damals noch
keinen besonderen Stand, sondern durften um Lohn arbeiten,
bis sie Meisterinnen wurden; 1480 aber hatte sich schon ein
merklicher Wandel vollzogen, indem viele Weberinnen nicht
1 Für die Zeit um 1400 kann man den Gulden nach heutiger Reichs-
währung auf 9,26 Mk., für 1470 etwas weniger bemessen. S. die laö. in
Mitteilungen 10, p. 79 f. nach Angaben von Kruse. ^ ^ , . ^ ,, ,^.
2 In Genia betrug die Lehrzeit für Weber 6-9 Jahre, wo.u noch
eine zweijährige Gesellenzeit kam (Sieveking 1 0); in Venedig lernten de
Sammtweber 4 Jahre, dazu kamen zwei Jahre Gesellenzeit; 1493 wurdej^
Lehrzeit auf 5, die Gesellenzeit auf 3 Jahre erhöht, 151\y"^« ^, f»f
Zustand wiederhergestellt. (Broglio d'Ajano, 43, 53). - In ^^ölo bet™»' »•
die Lehrzeit bei den Garnmacherinnen (1397) 4, den Goldspinnennnen (I3»p4^
den Barchentwebern (1420) 3 Jahre, bei den Leinewebern (1397) allertlingt
nur 2 Jahre.
42 128.
mehr darauf rechnen konnten, zur Meisterschaft zu gelangen;
sie bildeten nun einen besonderen Stand von Lohnarbeiterinnen ;
in dem Brief von 1480 heißt es: wer seine drei Jahre Lehr-
zeit durchgemacht hat und sich nicht selbständig machen will
(- es müßte wohl eigentlich heißen „kann" — ) darf Lohn-
arbeiterin werden. Die Lohnverhältnisse werden zugleich
genau geregelt, und es wird eine Lohntaxe aufgestellt. Das
Trucksystem wurde verboten; der Lohn war Stücklohn und
betrug für das Pfund Seide bei den Spinnerinnen 5—14, bei
den Weberinnen 8 — 12 alb. Köln., berechnet nach der Seidenart
beim Spinnen, nach der Breite des Gewebes beim Weben ^.
Die Zahl der in einem Betriebe zu beschäftigenden Lohn-
arbeiterinnen war nicht beschränkt, und so bot sich jetzt erst
die Möglichkeit, den Betrieb beliebig zu erweitern. Jetzt
werden größere Betriebe möglich, wie sie angesichts der Ende
des Jahrhunderts verarbeiteten gewaltigen Rohseidemengen
vorausgesetzt werden müssen ^. Die Lage der Lohnarbeiterinnen
war keine schlechte, 10 alb. im Durchschnitt, zumal man be-
rücksichtigen muß, daß der niedrigste Satz von 5 alb. sich
nur auf die Schnurseide bezog, die am wenigsten Mühe ver-
ursachte, weil sie aus Abfallseide hergestellt wurde. Für eine
Zeit, in welcher im allgemeinen Frauenarbeit überaus niedrig
bewertet wurde ^, können die erwähnten Löhne sogar als recht
hoch gelten; sie mögen vielleicht darin ihre Erklärung finden,
daß die Arbeit mit Seide doch immerhin eine etwas größere
Kunstfertigkeit erforderte als die übrigen Textilgewerbe, welche
ja vor allem Frauen beschäftigten; so mag der Zudrang der
Arbeiterinnen zum Seidengewerbe auch in der Zeit der größten
Frequenz des Gewerbes immer bis zu einem gewissen Grade
beschränkt geblieben sein. Wie gerade die Geschicklichkeit
bewertet wurde, zeigen die Abstufungen von 5, 8, 12, 14 alb.
für Spinnerinnen und von 8, 10, 12 alb. für Weberinnen je
nach der Empfindlichkeit der Seidensorten. Die Meisterinnen
suchten vielfach die hohen Löhne zu umgehen, indem sie in
Waren lohnten. Diese Gepflogenheit scheint damals sehr ver-
breitet gewesen zu sein, denn der Rat erließ wiederholt Ver-
bote dagegen : in den Amtsbriefen von 1469 und 1480 und in
1 Wert des albus nach heutiger Münze um 1400 = 0,45 Mk., 1480
jedenfalls etwas weniger; vgl. Mitteilungen 10, p. 79 f. — Vom Züricher
Seidengewerbe wissen wir, daß die Lage der Arbeiterinnen nicht schlecht
gewesen ist, denn sie werden ausdrücklich von der öffentlichen Wohltätigkeit
ausgenommen. (Bürkli-Meyer 16.)
2 Vgl. Geering, Kölns Kolonialwarenhandel, Mitteilungen 11, 41 ff.
Ich vermeide absichtlich das Wort „Großbetrieb" für das Mittelalter, weil
Großbetrieb eine ganz spezifische Betriebsart dei- neuesten Zeit ist, mit
welchem selbst ein noch so großer Betrieb damaliger Zeit nicht zu ver-
gleichen ist.
^ Vgl. Bücher, Frauenfrage, 17.
128. 43
einem besonderen Erlaß vom 15. Januar 1479 ^ Eine be-
sonders scharfe Verurteilung erfährt dieses Trucksystem in
dem Bericht, den Gerhard von Wesel im Jahre 1490/91 dem
Rat über die Schäden des Seidamts erstattet 2; hier heißt es:
Is ouch degelix vur ougen, dat arme wichter zo spinnen ind
zo wirchen krijgen, sich hungers ind dorstes zo erweren, sij
moessen van sijdmecherschen bereiten sijden zo 19. m. coelscn
paimentz nemen, die sij boven I4V2 ader 15 zom hogesten niet
weder verkoufen können; of sij moessen doich nemen umb
6 m, dat men weder fro is, den derden penninck min zo geven.
Diese Methode der Entlohnung bedeutete also eine ganz er-
hebliche Lohnkürzung, welche um so schwerer ins Gewicht
fallen mußte, als die Arbeiterin häufig erst nach geraumer
Zeit ihre Ware los werden konnte. Später wird übrigens über
die Bezahlung mit Waren nicht mehr geklagt.
Eine besondere Rolle spielten beim Seidengewerbe immer
die Maßregeln gegen Veruntreuungen der Arbeiterinnen und
Lehrmädchen, zu welchen der hohe Wert des Rohstoffes in
besonderem Maße verführte. Schon 1275 wurde in Paris,
1304 in Zürich hiergegen vorgegangen^. Der Kölner Amts-
brief von 1469 bestraft Seidenmacherinnen und Lehrtöchter bei
Unterschlagungen im Werte von mehr als 2 Mark mit Aus-
schluß aus der Zunft. Auch der Amtsbrief der Goldspinnerinnen
von 1397 geht scharf gegen den Diebstahl von Rohmaterialien
vor. Das Veruntreuen des wertvollen Rohstoffes war also weit
verbreitete Unsitte.
Jetzt wie später war der Rat bestrebt, das Seidenhand-
werk der Stadt zu erhalten und das Abwandern zu verhindern ;
letzteres schon aus dem Grunde, damit nicht die Ausgewan-
derten außerhalb der Stadt arbeiteten und dem einheimischen
Gewerbe Konkurrenz machten. Das übliche Mittel war, dem
Handwerker, welcher ausgewandert war, entweder die Rück-
kehr ganz zu verbieten, oder ihm, wenn er zurückgekehrt
war, doch das Handwerk zu untersagen. In Köln wurde im
Amtsbrief von 1469 bestimmt, daß eine Hauptseidenmacherin,
welche durchgegangen war, in der Stadt das Gewerbe als
Meisterin nicht mehr betreiben dürfe. Man war also hier
nicht so rigoros wie etwa in Zürich, wo 1400 die Rückkehr»
wenn sie nicht innerhalb eines Monats erfolgte, überhaupt
verboten wurde. Freilich mußte Zürich damals alles daran
wenden, um sich das wichtige Gewerbe zu erhalten, da «1
schon stark zurückging. Wurden doch in der Tat durch
Züricher Auswanderer die Seidengewerbe in Basel und Augs-
1 V. Loesch II, 423, Nr. 659.
2 Ebendas. II, 425, Nr. 661, besonders § 6. u^, ni^w^hri.f .
3 FagDiez, Doc. I, 277, Nr. 238; Bürkli-Meyer, 7, Züncher Richtebnef ;
vgl. Schulte I, 139.
44 128.
bürg entweder begründet oder wenigstens doch bedeutend
gehoben *.
Wichtiger als die personellen Zunftverhältnisse sind für
die Charakteristik des Kölner Seidengewerbes die materiellen
Anordnungen, die vor allem den Schutz des Handwerks und
der Kunden zum Ziele hatten.
Zunächst durfte nur in Köln gesponnene Seide verarbeitet
werden (1469) bei Verlust der Seide und der Amtsgerechtig-
keit; die Verarbeitung bezog sich sowohl auf das Weben und
Zwirnen als auch auf das Färben. Gezwirnte Seide — also
das Halbfabrikat — suchte man von der Stadt fern zu halten:
eine Bestimmung des Amtsbriefes von 1469 verbot, solchen
Händlern, welche neben roher auch gezwirnte Seide einführten,
Rohseide abzukaufen. Sehr wichtig waren ferner die Anord-
nungen über gute Beschaffenheit der Ware, denn von ihr hing^
der Ruf des Gewerbes ab. Wir sahen schon, daß sich jeder
Gewerbetreibende und jeder Händler Visitationen gefallen
lassen mußte, und daß rücksichtslos gegen schlechte Arbeit
vorgegangen wurde. Es wurden aber auch im einzelnen noch
Bestimmungen gegeben: so durfte kein Garn in die [gezwirnte]
Seide und in die Seidenschnüre hineingewirkt, keine Knoten-
seide versponnen, rohe Knoten nicht verkauft werden^.
Aus einigen Bestimmungen des dritten Amtsbriefes sind
gewisse Spezialitäten der Kölner Seidmacherinnen ersichtlich:
die Anfertigung von Garn aus Seide mit Gold- oder Silber-
fkden gemischt und von Seidenschnüren; also auch die
Zwirnerei war im 15. Jahrhundert schon sehr entwickelt, was
ja übrigens auch aus den vorhin erwähnten Maßregeln gegen
die Einfuhr gezwirnter Seide hervorging. Ferner werden im
fünften Amtsbrief (1480) gelegentlich der Lohnfestsetzung für
die Lohnarbeiterinnen als Arbeiten angeführt: Wirken, Spinnen,
Winden , Schnurmachen , „schraiden" und anderes. Auch
mehrere Rohseidensorten werden genannt, die wohl als die
damals in Köln gebräuchlichsten zu gelten haben : die beste
Stickseide wurde hergestellt aus Talanyer Seide, eine minder
gute Sorte war camerijfrauwen sijde, dann Myssynsche sijden,
recalica u. dergl. Die Durchschnittsseide bestand aus ver-
schiedenen Sorten: „allerleie sijden, van wat sorten die were";
^ Bürkli-Meyer , 20, ferner die Urkunden p. 60 f. von 1400 und 1404.
1404 wurde in Zürich die Seidenmacherin Elli Chuntz, die gegen das Verbot
von 1400 gehandelt hatte und nach Basel ausgewandert war, um dort das
Handwerk auszuüben, sobald man ihrer habhaft wurde, in den Turm ge-
steckt und erst nach Intervention von Freunden und Verwandten entlassen;
sie mußte aber schwören, der Stadt auf zwei MeUen Entfernung fem zu
bleiben.
2 Knoten sind die zum Zweck des Webens auf dem Webstuhl ge-
knoteten Enden der Seidenfäden, welche abgeschnitten und dann als Abfall
verkauft und unerlaubter Weise wieder verarbeitet wurden.
128. 45
die minderwertigste war die Schnurseide, die aus den beim
Spinnen, Winden, Zwirnen und Weben entstandenen Abfällen
gewonnen wurde, später als Floretseide in Köln sehr verbreitet
war und einen ganzen Industriezweig beschäftigte. Etwas
später, 1490, wird auch noch in Venedig gesponnene Seide
•erwähnt, die trotz des Verbotes in Köln verarbeitet wurde,
wie denn überhaupt die Angehörigen des Seidengewerbes sehr
zu Eigenmächtigkeiten neigten; ein Exportgewerbe ließ sich
•eben nicht so leicht in starre Formen kleiden. Um 15CHJ
wird endlich noch eine Seidensorte „Parger" erwähnt, die
eine Spezialität der Kölner zünftischen Seidmacher des 16 und
17. Jahrhunderts geblieben ist, freilich nicht zu ihrem Ruhme;
1537 wird dann noch eine ebenfalls minderwertige Seidenart,
breitplat oder cocken verboten, eine Sorte, die sich gleichwohl
erhielt und noch 1642 als Kucken berüchtigt war ^ Die er-
wähnten, oft recht seltsamen Fachausdrücke lassen einen klaren
Einblick in die Fabrikationsverhältnisse nicht zu ; nur so viel
ist aus ihnen deutlich zu ersehen, daß die gewerbliche Tätig-
keit sehr vielseitig war ; es wurden nicht nur die gangbarsten
Seidensorten hergestellt, sondern man hatte bereits begonnen,
sich auf gewisse Spezialarten zu legen.
Je mehr die einzelnen Produktionsstaffeln und Produktions-
zweige sich entfalteteten , desto mehr erweiterte sich die Be-
triebsspezialisierung, die Arbeitsteilung innerhalb des Gewerbes.
Schon vor 1397 hatten ja die damals hauptsächlich entwickelten
Zweige, die Wappenstickerei, Goldspinnerei, Färberei und
Weberei selbständige Bahnen eingeschlagen. Jetzt setzt der
Prozeß der Arbeitsteilung sich fort, und zwar innerhalb der
Seidmacherei. 1456 wurde aus den Seidspinnerinnen eine
selbständige Zunft; sie erhielten einen eigenen Aratsbrief«,
und zugleich ernannte der Rat zwei Ratsherrn zur Aufsicht
über ihre Arbeit. Sie blieben aber stets in Abhängigkeit von
den Seidmacherinnen, wie es ja in der Natur der Sache lag.
Die Weberinnen waren die Arbeitgeber, die Spmnennnen die
Lohnarbeiterinnen; diese untergeordnete Stellung ist aus dem
Amtsbrief von 1480 (§§ 21, 23) deutlich zu erkennen. Ana-
loge Verhältnisse bestanden ja auch in Zürich zwischen den
Weberinnen einerseits und den Winderinnen, Zwickerinnen
und Zettlerinnen anderseits«. In Paris ist ein solches Unter-
ordnungsverhältnis nicht zu erkennen, hier scheint vielmehr
1 V. Loesch II, 435, Nr. 667. Ich verma« das Wort nicht »u erUir«,
es findet sich noch ^or in einer Verordnung ?«« Ilates jron 1642 MI« W>
und wird hier aufgeführt als Nähseide, die nichta taugt ArchiT, Seidamt,
17. Jh. vgl. auch Fuchs, Topogr. p. 246 f.
« V. Loesch II, 420, Nr. 652 und Anm. 1; vgl. Dahmen I, 8.
« Bürkli-Meyer, 16.
46 128.
eine gleichmäßige direkte Abhängigkeit vom kaufmännischen
Verleger vorzuherrschen ^.
Die Seidenfärber hatten eine ganz andere Stellung; sie
erhielten sich ganz unabhängig von den Weberinnen. Ihnen
war durch den Amtsbrief der Seidmacherinnen von 1469 ver-
boten, für andere als für die Seidmacherinnen, und zwar nur
für die Meisterinnen, zu färben ; aber sonst erhielten die Amts-
briefe keine Beschränkungen, ebenso wenig wie der Färber-
amtsbrief von 1396/97. Was die Technik des Färbens an-
betrifft, so wurde durch den Brief von 1469 angeordnet, daß
nur mit Seidenfarben gefärbt werden dürfe, nicht aber mit
Waid. (Waid diente zum Blaufärben; der Waidhandel, der
in Erfurt und Köln seine beiden Hauptmittelpunkte in Deutsch-
land hatte, war für Köln von großer Bedeutung; der „Waid-
markt" erinnert noch heute daran ^). Es müssen auch Frauen
das Gewerbe betrieben haben, denn der Amtsbrief von 1480
enthält (§ 8) zu verwer den Zusatz oder verwersen.
Eine von großer Umsicht des Rats und der beteiligten
Gewerbe zeugende Anordnung enthält der Amtsbrief von 1480:
fortan sollten regelmäßige Meisterkonferenzen stattfinden , auf
welchen die Meister und Meisterinnen der Seidmacherinnen,
Seidspinnerinnen und Seidenfärber in Gegenwart der Rats-
deputierten zu den Seidmacherinnen zusammentreffen sollten,
um über Gebrechen und über Differenzen zwischen Weberinnen
und Spinnerinnen, insbesondere wegen Lohnfragen zu ver-
handeln. Die Verhandlungen hatten mindestens alle Viertel-
jahre stattzufinden. Aufrichtigen Frieden schaffte auch diese
Maßregel nicht; bald entstanden große Differenzen, die der
Rat 1482 in der Weise zu schlichten suchte, daß er von beiden
Parteien — Weberinnen und Spinnerinnen — sechs Deputierte
zur Vernehmung bestellte^. Das Seidengewerbe machte den
Herren vom Rate viel zu schaffen. Sowohl der dritte als auch
der fünfte Amtsbrief war erlassen worden, um entstandene
Mißstände zu beseitigen. Immer aufs neue mußten Verord-
nungen wiederholt werden, weil sie anscheinend gar nicht oder
1 Fagniez, Et. 221 ff.: „La filature". Die Angaben beziehen sich aller-
dings nur auf das 13. und 14. Jahrhundert, sind also nicht ohne weiteres
zum Vergleich geeignet.
2 Vgl. V. Loesch, Einleitung, Kap. 1 „Quellen und Literatur" p. 19.
Loeschs Ansicht, daß die „ohne Waid färbenden Seidfärber erst im 15. Jahr-
hundert" Wichtigkeit erlangt hätten, vermag ich nicht zu teilen-, die nam-
hafte Stellung, die das Seidengewerbe in Köln bereits im 14. Jahrhundert
gehabt hat, wäre garnicht möglich gewesen ohne bereits entwickelte Färberei
(d. h. Seidenfärberei); übrigens, auch wenn — wie Loesch meint — der
Johannes de Parisiis (1359) nur das Vorhandensein vereinzelt auftretender
Seidenfärber bewiese, so würden auch diese schon für das Seidengewerbe
von Wichtigkeit gewesen sein.
8 V. Loesch II, 421, Nr. 654. Ob die Maßregel Erfolg gehabt hat,
wissen wir nicht.
128.
47
nur lau befolgt wurden, oder es mußten neue Bestimmungen
erlassen werden. Die selbständigen Regungen im Seiden-
gewerbe, auch in dem zünftischen Teil desselben, waren nicht
zu unterdrücken ; das zeigt deutlich der Bericht Gerharts von
Wesel an den Rat (1490/01). Nach ihm hatten vier bis sechs
Hauptseidmacherinnen, die so reich waren, daß sie jährlich
2 bis 3000 GL für Rohseide ausgeben konnten ^ schließlieh
fast eine Monopolstellung in der Lehrmädchenhaltung erlangt,
gegen welche die armen Meisterinnen, die ihr Gewerbe, wie
der Berichterstatter sagt, vielleicht besser, jedenfalls ebenso
gut verständen, nicht aufkommen konnten. Diese Ärmeren
konnten sich nicht selbst Seide kaufen, sondern mußten fUr
einen Verleger weben 2. Die kapitalistische Tendenz im Kölner
Seidengewerbe ist hieraus klar ersichtlich, gleichzeitig aber
auch die selbständige Stellung der Gewerbetreibenden, die
sich also auch auf die weiblichen Meister erstreckte^. Diese
Tendenz erhielt später eine Förderung durch den Transtix-
brief von 1506, in welchem festgesetzt wurde, daß die Seid-
macherinnen überhaupt nur noch eigene Seide verarbeiten
dürften.
Auch gegen das Verbot, auswärts gesponnene Seide zu
verarbeiten, wurde andauernd verstoßen, natürlich zum Schaden
der einheimischen Spinnerinnen, die schon ohnehin einen
schweren Stand gegenüber den Weberinnen hatten. Nament-
lich bezog man gesponnene Seide aus Venedig, die dann in
Köln gefärbt und verarbeitet wurde'*. Mit der sogenannten
Knotenseide, deren Verarbeitung ausdrücklich verboten war,
trieben die Weberinnen einen schwunghaften Handel; die
armen Handwerker und Handwerkerinnen machten aus ihnen
Schnüre, welche später allgemein Schlangenschnüre hießen
(slengern = winden). Wie sehr die Hauptseidmacherinnea
bestrebt waren , billige Arbeitskräfte zu erhalten , *zeigt der
Umstand, daß sie andauernd die in ärmlichen Verhältnissen
lebenden Beghinen beschäftigten, wodurch wiederum den
1 Das wären ca. 18 bis 27000 Mk. nach heutigem Gelde!
2 Wie wertvoll Rohseide war, geht schon daraus hervor, daß es sich
verlohnte, veruntreute Seide (also kleinere Quantitäten, denn nur solche
konnten gelegentlich der Arbeit beiseite gebracht werden) bei „Kristen"
oder ,,,]ueden" zu versetzen (Amtsbrief 1469, 18).
^ Auch Geering, a. a. 0., nennt eine Anzahl solcher weiblichen Unter-
nehmer; davon später.
* Vielleicht stellte sich die Seide aus Venedig billiger, u. z. dadurch,
daß dort die Arbeitslöhne niedriger waren. Zwar sind sie nicht bekannt,
aber es ließen dort die Kaufleute häufig direkt Hasplerinnen und Zwirner
für sich arbeiten, also unter Umgehung der Meister, was allem schon eine
Verbilligung bedeutete. Bei dem ohnehin lebhaften Mandel zwischen Köln
und Venedig war es leicht, Seide beizupacken, so daß also eine i'rej«-
erhöhung durch die Fracht kaum in Frage kam. Vgl. Broglio d'Ajtno p. a2f.
48 128.
Spinnerinnen (d. h. den zünftischen) mancher Verdienst ver-
loren ging. Wenn die Meisterinnen aber gewerbsmäßige
Arbeiterinnen beschäftigten, so suchten sie durch die Art der
Lohnzahlung den Lohn herabzudrücken. Wie schon erwähnt,
hatten sich in den Entlohnungsverhältnissen recht erhebliche
Mißstände herausgebildet; es hatte sich ein regelrechtes System
der Ausbeutung entwickelt, welches der Berichterstatter Ger-
hart von Wesel Wucher nennt, „linancie ind me dan financie".
Die mit Waren entlohnten Arbeiterinnen mußten notgedrungen
beim Kleinverkauf ihrer Waren den zum Gewandschnitt Be-
rechtigten Konkurrenz machen, indem sie oder Unterkäufer
die Seidenwaren von Haus zu Haus feilboten. 1486/87 findet
sich in dem Verzeichnis der Gewandschneider auch eine
Seidenweberin, Trinchen Schlößgin, die 1494 in die Zunft der
Seidmacherinnen aufgenommen wird^. Der Hausierhandel
erhielt sich trotz aller Verbote noch lange; 1529 wird das
Feilhalten von Gewand, Seide und Seidentuch auf den Straßen,
1648 der Verkauf von Seide in Privathäusern verboten*.
Mißstände wie die erwähnten, insbesondere soziale Gegen-
sätze zwischen Unternehmern und Arbeitern, waren aber im
Textilgewerbe, namentlich im Seiden- und Baumwollengewerbe,
allgemein verbreitet; sie sind daher für das Kölner Seiden-
gewerbe keineswegs typisch zu nennen. Die Klassengegen-
sätze scheinen in Köln als Mißstand sogar nur vorübergehend
empfunden worden zu sein, denn wir hören später nichts menr
von ihnen, obwohl weit mehr Material vorliegt. Ganz anders
war es in Florenz; hier werden die Seidenweber sogar zu
einer niederen Klasse, den membri minori, herabgedrückt; sie
konnten zwar der Zunft beitreten, machten aber tatsächlich
ihrer Armut wegen von ihrem Rechte keinen Gebrauch. In
Venedig lagen die Verhältnisse weit besser, obschon auch hier
ein Gegensatz zwischen den weit selbständigeren samitarii und
den Färbern einerseits und den übrigen Gewerbetreibenden
anderseits bestand. In Köln bildeten die Spinnerinnen die
am meisten bedrängte Klasse; aber sie waren doch zünftisch
organisiert, und ihre Lage war trotz der Konkurrenz- und
Abhängigkeitsverhältnisse keine schlechte. Der Rat trat recht-
zeitig den hervortretenden Ausbeutungstendenzen entgegen und
zwar mit Erfolg, wie er denn, in dieser Zeit wenigstens, eine
den Verhältnissen angepaßte humane Sozialpolitik trieb.
Jedenfalls zeigt das trotz vorkommender Zwistigkeiten im
ganzen friedliche Verhältnis zwischen Unternehmern und Ar-
beitern und der gleichmäßige Aufschwung des Kölner Seiden-
gewerbes im Mittelalter, daß die inneren Schäden nicht von
1 v.Loesch I, 233; II, 431 flf. in Nr. 664; auch Nr. 661 § 6.
* Archiv, Rpr. T»»' und 95^»».
128.
49
bedenklichen Folgen begleitet und mehr vorübergehender
Natur waren.
Von besonderem Interesse ist beim Seidengewerbe die
Arbeitsteilung innerhalb des Gewerbes. Daß sie in Köln weit
vorgeschritten war, haben wir gesehen; aber auch an anderen
Orten war sie mehr oder weniger scharf durchgeführt. Nicht
überall aber waren die einzelnen Zweige, besser Staffeln des
Gewerbes selbständig arbeitende Gewerbe geworden oder
wenigstens auf dem Wege, es zu werden. In Genua gab es
selbständige Weber bis 1432, bis zur Gründung der Seiden-
zunft; sie verarbeiteten ihre eigene Seide oder Seide von
Kunden im Lohnwerk ^ Mit der Begründung der Seiden-
zunft aber begann ihre vollständige Abhängigkeit vom kauf-
männischen Verleger. Die Spinner, filatores, aus Hasplerinnen
und Zwirnern bestehend, erhielten erst 1598 besondere Sta-
tuten ^ ; Selbständigkeit besaßen sie naturgemäß in noch ge-
ringerem Maße als die Weber. Deutlicher erkennbar ist die
Scheidung in Spezialzweige in Florenz: allein die Weber
spalten sich in Sammet-, Damast-, Atlas-, Tafft-, Band- und
Posamenten weber; letztere waren schon 1444 eine selbständige
Zunft ^. In Venedig finden wir erst später (etwa um 1500) die
Scheidung der Sammetweber und Zwirner in zwei getrennte
Zünfte; die Zwirner waren auch hier in bedeutend größerer
wirtschaftlicher Abhängigkeit ; als Spezialität wurde die Weberei
der panni d'oro betrieben.
Weitaus die zahlreichsten Souderberufe waren in Paris
entstanden^; die Weberei schon beschäftigte sechs Zünfte
(corporations) : 1. Les laceurs de fil de soie oder dor^iotiers
(faisaient de la passementerie et de la rubannerie en soie, fil,
laine et coton), 2. Les cr^piniers, (faisaient des coiffes pour
dames etc. et des baldaquins pour mettre audessus des auteU);
3. Les tisseurs de soie (tissaient avec la soie et l'or des cein-
tures, des ^toles, de riches coifi*ures [textrices quae texunt
serica texta projiciunt fila aurata officio cavillarum et percu-
tiunt subtegimenta cum lignea spata]); 4. Les fabricants de
soieries et de velours; 5. Les tisserands de couvre-chefs de
soie (faissaient des voiles pour les femmes) ; 6. Les fabricants
des aumonieres. Als Sondergewerbe hatte sich die Arbeit mit
Gold- und Silberfäden entwickelt, von der im Zusammenhange
mit den Kölner Goldspinnerinnen die Rede sein wird. Die
Pariser Seidenindustrie blieb in hoher Blüte, auch nachdem
Louis XL in Lyon (14G6) und in Tours (1480) Konkurrenten
> Sieveking 110.
2 Ebendas. 107.
8 Sieveking 117.
* Broglio d'Ajano, 32, 35.
ß Fagniez, Et., 273 ff. vgl. Tab. p. 7 ff.
Forschungen 128. — Koch.
50 128.
groß gezogen hatte ^. Paris behielt das Übergewicht für eine
Anzahl von Spezialartikeln, welche es der engen Verbindung
der Spinnerei, Weberei und Färberei einerseits und der Stickerei
anderseits verdankte. Die Spinnerei, schon um 1300 selb-
ständig entwickelt, war in vier Zünfte geteilt, die Weberei in
sechs, so daß also das eigentliche Seidbereiten in Paris allein
zehn Zünfte beschäftigte; eine ganz erstaunliche Arbeitsteilung,
wie sie im Seidengewerbe in keiner Stadt damals auch nur
annähernd wieder zu finden ist. Am nächsten kommt dann
Köln; Spezialisation hat ja auch in den italienischen Städten
stattgefunden, aber nicht in so großem Umfange und nicht in
selbständige Gewerbe. Das aber ist gerade für Paris und für
Köln bezeichnend.
In Kürze mögen hier auch noch die für das Kölner
Seidengewerbe so charakteristischen Sonderzweige der Wappen-
stickerei und Goldspinnerei, für welche wir analoge Bildungen
auch in Paris finden, skizziert werden.
Die Wappensticker erhielten ihren Zunftbrief 1397; die
Einzelheiten dieses Briefes bieten nichts Bemerkenswertes.
Die Eintrittsgebühr betrug 1 rhein. Gulden (und ein Viertel
Weines), die Lehrzeit 6 Jahre; die lange Lehrzeit war für
ein Kunstgewerbe durchaus angemessen. Der Brief der
Wappensticker wurde bis 1500 nicht abgeändert. Hier herrschte
im Gegensatz zu den Seidenwebern Zunftzwang und daher
eine große Intoleranz gegen Unzünftige. So wollte sich z. B.
1531 ein Sticker Konrad von Bolhausen mit seiner Frau, die
„des Nähens und Stickens" mit Seide erfahren war, in Köln
niederlassen ; die anderen Seidensticker der Stadt wollten nun
die Frau Bolhausen nicht dulden, da sie nicht in Köln gelernt
habe 2. Feiertagsarbeit war untersagt. Besondere Maßregeln
waren notwendig, um das Gewerbe in seiner Eigenschaft als
Kunstgewerbe zu schützen; so durfte niemand dem andern
seine Lehrlinge abjagen; das Bestreben, kunstfertige Kräfte
für sich zu gewinnen, war ja sehr erklärlich.
Besonders wichtig waren die Maßregeln, welche der Er-
haltung einer guten Beschaffenheit des hergestellten Werkes
dienten; da heißt es: man solle „van goiden Stoffen wirken
ind man sal goit golt bi goit golt legen ind goit silver by
goit silver, ind dat mit sijden upzosticken", bei Strafe des
Verlustes der Bruderschaft. Täuschung durch neu h er-
gerichtetes Altwerk scheint recht üblich gewesen zu sein,
denn es wurde besonders verböten. Eigenartig war die Be-
stimmung, daß Modelle für Massenlieferungen von einem
1 Fagniez, Et., 228.
2 Archiv, Seidamt. 16. Jh. 1531, Januar 2; fol. 1. Es ist leider nicht
festzustellen, ob Bolhausen trotz des Widerstandes der Zunft seine Nieder-
lassung durchgesetzt hat.
128. 51
Wappensticker zum anderen unentgeltlich verliehen werden
sollten • es handelt sich hier um Lieferung einer Anzahl gleicher
Stücke für einzelne Personen oder auch Gesellschaften, wie
etwa „van herrenleverien of van geselschaf". Natürlich war
das Amt eifrig bemüht, das Wappenstickerhandwerk nicht
durch Konkurrenten schädigen zu lassen : fortgezogene Zunft-
genossen werden ausgeschlossen. Das Arbeiten in fremden
Häusern war streng verboten ; das Gesinde durfte nur für den
Prinzipal arbeiten.
Die Kölner Wappensticker arbeiteten sehr vieV für aus-
wärtige Kunden; daher war der Rat emsig bemüht, gegen
jede schlechte Arbeit vorzugehen. 1447 unterstützte er die
Wappensticker gegen unzünftige Pfuscherarbeit und gab den
Amtsmeistern das Recht, in den Wohnungen der Handwerker
die Arbeit auf ihre vorgeschriebene Beschaffenheit hin zu
untersuchend Wie weit die Beziehungen der Kölner Sticker
gingen, ist uns durch eine ganze Reihe von Beispielen über-
liefert; ich möchte nur einige besonders bemerkenswerte an-
führen; 1468 nimmt der Wappensticker Heinrich zur An-
fertigung eines mit Gold gestickten Rockes für die Frau
des Herzog Wilhelm von Braunschweig 8 Gesellen zu sich,
denen er sechs Wochen lang Kost und wöchentlich einen
Gulden Lohn gibt; der Preis des Rockes beläuft sich dann
auf 220 Gld. (v. Loesch II, 584).
1437 arbeitet ein Reynart wapensticker im Auftrage für
den beduirwirker Johan van Syngelsbeke in Maestricht^; die
Wappensticker arbeiteten demnach auch für auswärtige Hand-
werksmeister; es handelt sich eben um ein Kunstgewerbe,
in welchem sich einzelne besonders geschickte Genossen ein
weitverbreitetes persönliches Ansehen verschafft hatten, und
deren Arbeit in besonderen Fällen aufgesucht wurde.
Bei dem Ruf, dessen sich das gesamte Kölner Wappen-
stickerhandwerk erfreute, war es nur natürlich, daß gar
manche Mitglieder es zu Ruhm und Vermögen brachten. Ein
besonders wohlhabender Mann muß der Kunststicker Wilhelm
von Bomele gewesen sein 3, der 1399 für sämtliche Altäre der
neuen" Kirche des Karthäuser Klosters gelegentlich ihrer Ein-
weihung Antependien und 100 Gl. stiftet (ao. 1389 Wilhelmu»
de Bomele, civis Colon, plumarius, dedit in consecratione
novae ecclesiae pulchra antependia pro singulis altaribus et
100 flor. Rhen ). Der Wappensticker Johann von Bornheim
wird dreimal, 1439, 1442 und 1445 als Senator angoftlhrt;
er besaß bis 1451 die eine Hälfte des Hauses Roggendorp*.
1 V. Loesch II, 464, Nr. 713, ao. 1447 November 24 und Dezember 13,
2 V. Loesch II, 465, Nr. 714. 1457 Febr. 4. . ^ u j u
3 Mitteilungen 45, p. 23 ff. J. J. Merlo: Kunst und Kunsthandwerk
im Karthäuser Kloster zu Köln; Schatzverzeichnis des vestiarium.
* Bock, lit. Gew. a. a. 0. I, 274, aus den Schreinsbücbem.
52 128.
Kunstwerke Kölner Wappensticker aus dem 15. Jahr-
hundert und späterer Zeit sind heute noch in großer Fülle
erhalten, namentlich in Kölner Kirchen, dann in Museen und
Privatsammlungen. Ihr Ursprung ist häufig daran mit Sicher-
heit zu erkennen, daß sie die Namen oder Wappen der
Schenkenden eingestickt tragen; unter diesen nun sind zahl-
reiche Kölner Familien. So erwähnt z. B. das Schatzverzeichnis
des Karthäuser Klosters folgende Stiftungen von Pracht-
gewändern: ao. 1337 Gotschalcus Overstolz scabinus dedit
casulam; -ao. 1362 Henricus Rumilin miles dedit casulam;
ferner mögen noch hervorgehoben sein: 1400 ein Antependium
und eine Kasel aus Goldgewebe; 1432 eine Kasel, weiß mit
Perlen; 1436 ein blaues Priestergewand mit Perlen und
Heiligenbildern. Allerdings ist der Ursprung dieser Gewänder
ungewiß ^. Die große Rolle, die die Wappenstickerei auf den
ritterlichen Ausrüstungsstücken und auch anderen größeren
Stücken spielte, hat zu dem Namen des ganzen Handwerks
Veranlassung gegeben.
Das Handwerk wurde von Männern und Frauen betrieben;
in dem Amtsbrief ist stets von Lehrkindern, Meistern und
Meisterinnen die Rede.
Die Sticker wehrten sich energisch gegen Eingriffe und
Benachteiligungen jeder Art. 147^ beschwert sich Katrinchen,
die Gattin des Wappenstickers Wolfgang Reym sogar beim
Könige Friedrich [III.], daß sie durch den Kölner Bürger
Gerhard Burggrave in einem Handel mit dem Wappensticker-
amte große Kosten und großen Schaden erlitten habe; der
König ersucht den Rat, ihr zu ihrem Recht zu verhelfen^.
Alles was wir über dieses Handwerk wissen, beweist seine
1 Icü kann hier nicht weiter auf die Kölner Kunststickerei eingehen
um nicht allzu weit auf das Gehiet der Kunstgeschichte abzuschweifen.
Sehr ausführlich wird die kirchliche Kunststickerei behandelt in den an-
geführten Werken von Bock; manche seiner Angaben sind allerdings ver-
altet. — Die bemerkenswertesten noch heute in Kölner Kirchen vorhandenen
Stücke dieser Zeit sind folgende: Alte Stickerei, figurale in Gold gestickte
Stäbe, 15. Jh. (auf neuen weißen Damast aufgesetzt), Geschenk des Kölners
Heynrich pennynck in St. Jacob (ehem. Stiftskirche St. Georg); gestickte
Stäbe eines Meßgewandes Mitte 15. Jb., Geschenk von Johann Penynck, in
St. Cäcilien; mit Wappen des Stifters; (Meßgewand des hl. Heribert in Deutz,
Cendelstoff von goldfarbiger Seide ; schon früher erwähnt) (Casula des sei.
Albertus M. in der Andreaskirche, ebenfalls früher erwälint); in Seide ge-
stickte Tasche, 14. Jh. in St. Gereon (Erzeugnis der Taschenmacher?);
weniger bemerkenswert sind Stickereien in St. Alban, 15. Jh., St Columba
15. Jh., St. Maria im Capitol 15. Jh., St. Johann, 15. Jh. Ge-
schenk von Johan Steinkop, 1483 Kirchmeister von St. Johann, St Maria
in der Schnurgasse 15. Jh. — Viele Kirchen der Rheinlande besitzen eben-
falls kunstvolle Stickereien dieser Zeit, die vielleicht auch — wenigstens
zum Teil — Kölner Erzeugnisse sind (so: Aachen, Erkelenz, Euskirchen,
Cornelimünster, Münstereifel, Kettwich).
2 Mitteilungen 25, 342; 1472 Juli 24.
128. 53
völlig selbständige Stellung und eine hohe, sogar ungewöhn-
lich hohe Stufe.
Ganz anders war dagegen die Stellung der Seidensticker
in Florenz: hier gehörten sie zu den untergeordneten Hand-
werkern, den membri minori , die in vollständiger Abhängig-
keit standen ^ ^ Vereinzelt wurde die Gold- und Seiden-
stickerei auch in Zürich im 15. Jahrhundert ausgeübt; 1467
bestand in einem Hause am Rindermarkt ein Atelier für
Stickerei von Kirchen- und Prachtgewändern ^ ; es ist aber zu
beachten, daß die Seidenweberei damals bereits völlig ein-
gegangen war; gewerbliche Stickerei neben der Weberei hat
es im Mittelalter hier nicht gegeben.
Eine ähnliche Rolle wie in Köln spielten aber die Sticker
in Paris, wo sie als brodeurs und brodeuses zünftisch organi-
siert waren 8; 1292 gab es 14, 1300 28, 1303 25, 1316 bereite
179 brodeurs und broderesses ; sie arbeiteten in Seide, Zendel,
Gold und Silber; sie und auch die Weber benutzten Gold-
und Silberfäden aus Lucca, Cypern und Paris selbst*. Auch
Pariser Kunststicker hatten weithin verbreiteten Ruf: 1401
arbeitet der Königliche „Hofsticker" Jean de Clarey fUr
Isabella von Baiern auf Bestellung „la tenture d'une chapelle
et les vetements du chapelain" aus „veloux asur", blauem
Sammt^.
Wie in Paris, so wurde auch in Köln der zur Stickerei
und Weberei gebrauchte Gold- und Silberfaden am Ort her-
gestellt und neben auswärtigem Material verwendet. Seit 1397
bestand eine Zunft der Goldspinnerinnen, welche mit einem
Teile der Goldschläger vereinigt waren ; die Goldschläger aber
kamen nur in Betracht entweder als Ehemänner von Gold-
spinnerinnen (es entstand so eine ähnliche Betriebsgemeinschaft
wie zwischen den Seidenweberinnen und ihren Handel treiben-
den Ehemännern) oder durch ihren Anteil an der Verwaltung
der Zunft ^. Der Vorstand wurde zusammengesetzt aus zwei
Goldschlägern und zwei Goldspinnerinnen, in ähnlicher Weise
also wie bei den Seidenmacherinnen. Von 1437 ab setzte der
Rat den Goldspinnerinnen alljährlich — und zwar auf ihre
Bitte — einen Goldschmied zum Oberhaupt; er wird später
1 Doren, 73.
2 Bürkli-Meyer, 12.
3 Fagniez, Et. 7 ff.
* Fagniez, tt 228 und Doc. II, 151, Nr. 66, 1396 mars 6. Sentence
du prevöt de Paris. ., ,
ß Fagniez, Et, 376, Nr. XLVII, 1410 fevr. 11: „Devis d'un travail de
broderie commande ä Jean de Clarey, brodeur du roi, par Isabelle de
Bavi^re ... j n ij
« Über die Technik der Golddrahtspinner s. Hallen 1. Art „der Oold-
arbeiter," insbes. p. 156 „der Drahtspinner«. Über die Verwendung der
Seide bei der Golddrahtspinnerei s. 157.
54 128.
bezeichnet als Herr zu den Goldschlägern ; seit 1454 werden jähr-
lich zwei ernannt ^. Auch der Amtsbrief der Goldspinnerinnen
wurde bis 1500 nicht verändert. Die Einzelheiten des Amts-
briefs interessieren hier nicht ; manche Bestimmungen erinnern
an den Brief der Seidenmacherinnen ; auch sie sind eine weib-
liche Zunft; die Lehrmädchen haben einen rhein. Gl. (und
ein Viertel Weins) als Eintrittsgeld zu zahlen und eine vier-
jährige Lehrzeit durchzumachen; dann konnten sie nach Ent-
richtung einer Gebühr von 2 rhein. Gl. (und eines Viertel
Weins) selbständig werden. Wie bei den Seidenweberinnen
so besteht auch hier eine Betriebsbeschränkung, indem die
Höchstzahl der Arbeiterinnen bei selbständigen (ledigen) Gold-
spinnerinen auf vier, bei solchen, die mit einem Goldschläger"
verheiratet waren, auf drei Lehrtöchter festgesetzt war. Es
herrschte Zunftzwang, wie bei den Wappenstickern ; wie bei
ihnen gibt es ferner Bestimmungen über heimliches Abjagen
der Arbeiterinnen und gegen unzünftige Pfuscharbeit. Das in
Köln verarbeitete Edelmetall wurde durch ein Zeichen geschützt
und damit zu „Kölnisch Gold" gemacht.
In engster Beziehung zur Seidenweberei stand die Seiden-
färberei. Die Hauptseidmacherinnen färbten zunächst selbst,
durften aber nur für ihren eigenen Bedarf färben (Amtsbrief
der Seidmacherinnen von 1469) und auch nicht mit Waid.
Seit dem Amtsbrief von 1480 aber war ihnen das Färben
gänzlich untersagt und sie auf die Färber ausschließlich an-
gewiesen. Aus der Zahl der berühmten Kölner Färber hatten
sich manche der Spezialität des Seidfärbens zugewendet;
1396/97 hatte sich das gemeinsame Amt der Färber von Leinen-
garn, Seide, Sindel und Kogeler gebildet 2. Die Färber ins-
gemein waren wohlhabende Leute, denn ihnen war der Besitz
einer Vollrüstung zur Pflicht gemacht ; ein Wilhelm von Roode,
Seidenfärber, wird 1486 als Hausbesitzer in der Sternengasse
angeführt^. Seitdem den Seidmacherinnen das Färben unter-
sagt war, färbten die Seidenfärber allein die in Köln ge-
fertigte Seide.
Daß die Färberei an demselben Orte gehandhabt wurde,
wie die Weberei, war für den Bestand des Seidengewerbes
von größter Bedeutung. Es ist bezeichnend für Zürich, daß
sie hier entweder ganz fehlte oder doch eine völlig unter-
geordnete Rolle spielte; man mußte sich fast ganz auf die
Anfertigung naturfarbener Schleier und Kopftücher beschränken.
In Florenz gehörten die Seidenfärber zu den membri minori
und gelangten niemals zur Bedeutung; sie färbten nur für
* V. Loesch II, 261, Nr. 485 und Anm. 2. Der Aratsbrief ist ab-
gedruckt: I, 91, Nr. 29.
^ V. Loesch I 43 Nr. 19.
8 Archiv; Schrb. 'll8*f., 17 b, Nr. 2. 1486 Novemb. 28.
'^^' 55
ihre Verleger 1. In Genua und in Venedig dagegen bildeten
die Seidenfärber eine selbständige Zunft; in Genua waren sie
1432, bei Entstehung der Seidenzunft, längst selbständig« •
1465 erhielten sie eigene Statuten. Die Verleger durften sich
zwar auch eigene Färber halten, aber nur für den eigenen
Bedarf; die Rotfärberei überdies war allein den Seidenfärbern
vorbehalten.
Auf die Betriebsform im Kölner Seidengewerbe habe ich
schon hingewiesen. Das hausindustrielle Verlagssystem war
die erste Form gewesen, sie erhielt sich in gewissen Grenzen
dauernd weiter. Die Heimarbeit sollte aber auf die Stadt
beschränkt bleiben. Freilich hat es nicht an Versuchen ge-
fehlt, die Seide auch außerhalb Kölns verarbeiten zu lassen,
wo die Löhne niedriger standen ; der Transfixbrief von 1506
verbietet den Seidmachern ausdrücklich, ihre Seide zur
billigeren Fertigstellung nach Deutz oder Wesseling zu geben.
Innerhalb der Stadt aber gab man die Seide regelmäßig auch
an unzünftige Personen, sogar an solche, die das Gewerbe
überhaupt nicht berufsmäßig ausübten, vor allem an Beghinen.
Selbst verwandte Gewerbe zog man heran: so gibt 1537 eine
Seidmacherin Seide zum Wirken an eine Leinweberin für
einen Arbeitslohn von 12 alb. pro Pfund ^. Die Verleger
waren zur Zeit der Blüte des Gewerbes in Köln nicht außer-
halb des Gewerbes stehende Händler, sondern entweder zünf-
tisch organisierte Seidmacherinnen oder Färber oder frei
arbeitende Seiden weber, die zugleich selbst Handel trieben.
Sie beschäftigten ärmere Handwerker gegen Lohn, hatten aber
auch selbst einen mit dem Seidengewerbe in Zusammenhang
stehenden Betrieb. Seit 1506 durften die zünftischen Hand-
werksgenossen überhaupt nur noch ihr eigenes Rohmaterial
verarbeiten. Die Kölner Seidenhandwerksmeister hatten also
eine sehr selbständige Stellung, die sie auch für die Zukunft
beibehielten*. Nie befand sich das Kölner Seidengewerbe in
Abhängigkeit von dem rein kaufmännischen Verleger; hierin
unterscheidet es sich ganz wesentlich von allen bisher unter-
suchten Seidengewerben, auch von dem Pariser, mit dem ea
doch sonst die größte Ähnlichkeit hat. In Paris haben wir
zwar zahlreiche selbständig eingerichtete Einzelgewerbe, sie
arbeiten aber doch, wenn auch vielleicht nicht ausschließlich,
für den mercier, wie aus den Statuts des merciers (1324, Mttrz 7)
klar hervorgeht^; jedenfalls spielt die Arbeit im Auftrage des
Krämers eine erhebliche Rolle. Ob nach 1400 das Pariser
1 Doren, 73. ^^ ,^
2 Sieveking, 106, 109; Broglio d'Ajano 22, 32.
8 Archiv, Seidamt, 16. Jh. fol. 2—4. 1537, Febr. 15(19X
* Dahmen {II, 4), hat schon mit Recht darauf hingewiesen.
^ Fagniez, Doc. II, 58 ft.
56 128,
Seidengewerbe an Selbständigkeit zugenommen hat, ist nicht
bekannt. In den italienischen Städten, Genua, Florenz,
Venedig und Lucca *, war durchaus der Kaufmann der Leiter
und eigentliche Herr des Seidengewerbes. Allerdings zeigt
sich im 45. und 16. Jahrhundert tiberall die Tendenz zur
Durchbrechung des Verlagssystems, aber in der Richtung der
Zentralisation des Betriebes und der Loslösung von zünftischen
Beschränkungen, nicht aber im Sinne einer selbständigen
Gestaltung des Handwerks. Von dieser Tendenz wurde auch
Köln berührt, als sich 1564 der erste italienische Seidenfärber
und Zwirner hier niederließ. In Italien ebenso wie später in
Köln gelang es den Zünften, die Entwicklung geschlossener
Fabrikanstalten in den meisten Fällen zu verhindern*. In
Genua aber finden sich doch auch noch selbständige Hand-
merksmeister vor, die mit den hausindustriellen Webern in
einer Zunft vereinigt sind^. Die Zwirner und Posamenter
aber bleiben in vollständiger Abhängigkeit vom Verleger*.
Auch in Köln waren die Spinnerinnen am abhängigsten;
der Zunftbrief von 1480 verbietet ihnen, für jemand anders
als für die Seidmacherinnen Seide zu spinnen. Die Abhängig-
keit vom Verleger erstreckt sich bisweilen, so in Genua, sogar
auf die Seidenfärber; erst 1465 gelangen sie hier zu größerer
Selbständigkeit; in Florenz kommen sie überhaupt nicht hoch;
in Venedig sind sie verhältnismäßig selbständig, wenn auch
nicht in demselben Grade wie die Sammetweber ^.
In Genua, wie in Köln, durfte nur im Umkreise der
Stadtmauern gearbeitet werden®.
Betriebsbeschränkungen finden wir in Venedig, aber erst
gegen Ende des 15. Jahrhunderts, als schon eine Stagnation
im Seidengewerbe begonnen hatte, und zwar bei der Weber-
zunft: 1491 wird die Zahl der Lehrlinge für einen Meister
auf 4 beschränkt; gleichwohl ist die Tendenz zum „Groß-
betriebe" vorhanden: 500 Pfund Seide wurden bisweilen in
einem einzigen Hause verarbeitet^. In Venedig und in Lucca
durften die im übrigen abhängigen Weber auf einem Web-
stuhle auch auf eigene Rechnung arbeiten (in Venedig seit
1432, in Lucca seit 1531®). Über die Verhältnisse im Wiener
i Sieveking, 127.
2 Sieveking, 133; Hintze, 63flF.
3 Sieveking, 115 ff.
* Sieveking (118) bemerkt, daß dieses diejenigen Betriebe waren, in
denen später die Maschine die größten Umwälzungen hervorgebracht hat;
das war ja auch in Köln der Fall, vgl. Kap. III.
ß Broglio d'Ajano, 32.
* Sieveking, 124.
■^ Broglio d'Ajano 22, 52.
« Sieveking, 129.
128. ^ 57
Seidengewerbe ist noch sehr wenig bekannt. Wenn der
Hauptaufschwung auch erst in die neuere Zeit fällt*, so sind
doch sicherlich gegen Ende des Mittelalters wesentliche Zweige
des Gewerbes schon betrieben worden, in welchem Umfange
ist allerdings fraglich. 1512 gab es zwei Zünfte, die Seiden-
weber und Färber, schon 1428 trieben Bortenwirker ihr Hand-
werk, so daß die Vorbedingungen für eine kräftige Entfaltung
des Gewerbes vorhanden waren.
Vereinzelt kam wohl auch ein ganz unzünftischer Betrieb
des Seidengewerbes vor, namentlich an Orten, in denen in
unbedeutender Ausdehnung einer oder der andere Zweig des
Gewerbes ausgeübt wurde, ohne daß es zu einer nennens-
werten Ausbreitung des Gewerbes gekommen wäre; also es
handelt sich wohl nur um einzelne Handwerker, nicht um ein
geschlossenes Gewerbe. Solche einzelne Handwerker gab es
wohl häufiger, namentlich Sticker, weniger Weber. Seiden-
sticker und Seidennäher arbeiteten — wie erwähnt — in
Frankfurt, Seidenweber finden wir in Straßburg: hier ent-
scheidet der Rat 1330, daß diejenigen, welche seidene Tücher
wirkten, frei sein sollen von der Verpflichtung, der Weber-
zunft beizutreten 2. Freie Ausübung des Gewerbes neben
zünftischer ist dagegen mehr verbreitet gewesen, so in Florenz
und vor der Mitte des 15. Jahrhunderts überhaupt in den
italienischen Städten; dann waren aber die Unzünttigen voll-
kommen zu der Stellung von Arbeitern herabgedrückt und
der Zunft der Seidenhändler unterstellt; so war es in Floren*
schon in der Mitte des 14. Jahrhunderts, in Genua seit 1432.
Die Weber ragten in der sozialen Stufenleiter stets hervor;
für sie bestand in Genua und Venedig Zunftzwang. (In
Venedig erstes Statut 1482). Ganz eigenartig war die Ent-
wicklung in Florenz. Hier traten die Klassengegensätze inner-
halb derselben Zunft so scharf zu Tage, daß eine vollständige
Scheidung nach den Vermögensverhältnissen sich ausbildete:
zu den membri maggiori gehörten die en gros- Händler, Ge-
wandschneider, Inhaber von Warenlagern, Gold- und Silber-
schmiede, zu den membri minori die Zwirnhändler, en döUil-
Seidenhändler (Nichtfabrikanten), Seidensticker, Seidenftrber,
Bandhändler und Seidenweber ^.
1 Die erste Bandfabrik entstand 1763, Seidenstoffweberei 1< 68, Florett-
Spinnerei 1788. Weiß II, 455. - Vor 1405 fehlen Z"»ft^,^"^'f,!!'^»ffo.^^/"
in: Zimmermann, a. a. 0. II, erwähnt Seidennäher 1385, 1^^^^?' \^,25, eme
Perlenhefterin 1393-99, Seidensticker, eine Seidenspinnenn l"*^ j^P- l;^^
und p. 201). Die ältesten Nachrichten aus dem 13. Jh. 8. Keimcüronut
Ottokars M. G. Chron. V v. 65681 „di da kunnen slden 8^°»«° j/j»"
sich hier schon um eine gewerbliche Tätigkeit handelt. Bcheint mir doch
^^^ '2 Schmoller, Tucherzunft 412. ürkundenbuch der Stadt StrtÄburg II.
473 f., Nr. 519.
3 Doren, 72 f.
58 128.
In Köln bestand Zunftzwang nur bei den Goldspinnerinnen
und den Wappenstickern, nicht aber bei den Färbern, Webern
und Spinnern.
Von besonderer Bedeutung war das Kölner Seidengewerbe
ftir die Unterbringung der Frauen. Man ist leicht geneigt,
die Frauenfrage für eine moderne Frage anzusehen; aber die
berufliche Frauenarbeit — in welchem Ziele ja die Frage im
großen und ganzen gipfelt — trat erst um 1500 zurück;
bis dahin wurde sie in großem Umfange ausgeübt, natürlich
nur in solchen Gewerben, die ihrer Natur nach für Frauen
geeignet waren ^ In Köln finden wir in einer ganzen Anzahl
von Gewerben Frauen beschäftigt, in einigen sogar ausschließ-
lich. Das Seidengewerbe bot zahlreichen Frauen Unterhalt
und sogar die Aussicht auf selbständige Stellung. Die Zünfte
der Seidmacherinnen und der Goldspinnerinnen enthielten nur
weibliche Mitglieder, die der Wappensticker und Seidenfärber
Frauen neben Männern. Immer mehr aber zeigt sich auch in
Köln das Bestreben, die Frauenarbeit zu verdrängen und im
16. Jahrhundert bereits herrscht die Männerarbeit im ganzen
Seidengewerbe durchaus vor. Ähnlich lagen die Verhältnisse
in Paris und Zürich; in den italienischen Seidenindustrien
dagegen trat die Frauenarbeit schon früh hinter der Männer-
arbeit zurück; sie erhielt sich aber in der Hasplerei und
Spinnerei.
Am längsten und am hartnäckigsten hielt sich in Köln
die Frauenarbeit in den Beghinenhäusern und Frauenklöstern.
Die Seidmacher und Seidmacherinnen beschäftigten zunächst
deren Insassen sehr gern, da sie so die Möglichkeit hatten,
ihren Betrieb auszudehnen und da sie außerdem billige Ar-
beitskräfte in ihnen hatten. Bald aber wurde die Beghinen-
arbeit ein offener Mißstand ; namentlich die Seidenspinnerinnen
und die Wappensticker sehen in den Beghinen nur unan-
genehme Konkurrenten, und die Differenzen nehmen beständig
zu. 1456 beschränkte der Rat schließlich auf Bitten der
Seidenspinner das Seidspinnen der geistlichen Genossenschaften^;
er hatte es ihnen zunächst ganz verboten ; darauf wandten sie
aber ein, sie verstünden kein anderes Handwerk, der Rat
möge ihnen doch ihren Unterhalt nicht nehmen. Nunmehr
wurde ihnen eine Frist von 10 Jahren gesetzt, innerhalb deren
sie noch Seide spinnen durften; aber nur in genau vor-
geschriebenen Grenzen. Es durften nämlich fortan nur ge-
sponnen werden wöchentlich Pfund Seide in:
dem Kloster Weißefrauen 5,
der Klause St. Reinold 3,
1 Vgl. Bücher, Frauenfrage. Über die Frauenfrage in Paris: des
Marez, 107 ff. „La femme dans le metier".
2 V. Loesch II, 491; Nr. 651, ao. 1456. Dezemb. 1.
128. 59
der Klause St. Niklas im Burghof 3,
dem Konvente in der Reimersgasse 6,
dem Konvente zu Poilheim auf der Breitenstraße 3,
dem Konvente in der Streitgasse 2,
dem Konvente in der Stolkgasse 2.
Die Schwestern des Konvents in der St Gereonsstraße
(das Schelenkonvent) sollten nur so viel Seide um Lohn ver-
spinnen, als sie bedurften, um Borten, Garn, Fransen und
Knöpfe zu machen; überschüssige Seide durften sie nach Be-
lieben verwenden. Auf die genannten acht Häuser sollte das
Seidespinnen beschränkt sein. Energischer gingen die Wappen -
sticker vor, die namentlich in dem Schelenkonvent emen
lästigen Konkurrenten hatten. Ein von 1469 — 1482 andauernder
Streit zwischen beiden^ endet schließlich damit, daß den
Frauen des Konvents das Wappensticken ganz verboten wird.
Schon 1407 hatten die Wappensticker Streitigkeiten mit dem
Ursulastift gehabt^, 1592 beschwerten sie sich über den Kon-
vent St. Vincenti^ und noch 1609 wandten sie sich an den
Rat mit der Bitte, den Klöstern den Betrieb ihres Handwerks
zu verbieten*.
Auch den Hutmachern verbot der Rat, 1495, den Beghinen
Hüte zum Sticken zu geben ^, 1434 hatte das Leinen- und
Sartuchamt mit dem Schelenkonvent Differenzen^. 1504 wurde
schließlich verfügt^, daß überhaupt kein Seidengut mehr den
Klöstern zur Verarbeitung gegeben werden solle, und im
Transfixbrief von 1506 wurde das Verbot erneuert, ein Ver-
bot, welches schon 1469 (im dritten Amtsbrief) ausgesprochen
war! Später beteiligten sich die Beghinenhäuser und Konvente
auch noch an dem Verarbeiten gefälschter Seide: der Konvent
in der Reimersgasse mußte 1564 wegen „Bereitung falscher
Seide" mit Strafe bedroht werden«; kurz die Beghinen er-
freuten sich im Kölner Seidengewerbe keiner Beliebtheit».
Das 15. Jahrhundert war für das Kölner Seidengewerbe
eine Periode beständiger Weiterentwicklung; gegen 1500
erreichte es seine höchste Blüte. Der zunehmende Luxus in
der Stadt wirkte zunächst unmittelbar fördernd ein; die
i V. Loesch II, 465 ff.
2 Archiv, Merlo Kollekt. p. 100, Nr. 193.
3 Ebendas. p. 122, Nr. 223, aus Rpr. 4S.
* Archiv, Z. 186. 1609 Juli 4: gravamina der Wappensticker.
5 V. Loesch II, 292.
6 V. Loesch II, 324 f., Nr. 555.
7 Archiv, Seidamt, 16. Jh. 1504, Juni 6.
8 Archiv, Rpr. 21, 230. 1564, Mai 24.
^ Man dachte wohl auch mit Brant:
. . . Ach werent sy zu Portugal!,
Ach werents an derselben Stadt,
Do der pfeffer gewachsen hat . . .
(nach Bücher, Frauenfrage 32).
60 128.
Kleidung war viel reicher geworden, die Ansprüche waren im
allgemeinen gestiegen, Seide war nicht mehr den untern
Schichten der Bevölkerung versagt. Der Reichsabschied von
1530 zeigt, daß der Luxus, u. a. mit Seidenstoffen, weit ver-
breitet war. Mancherlei kostbare Stoffe zu Kleidern wurden
auf dem alten Markt, jedenfalls unweit der Straße Unter-
Seidmachern, feil geboten, wie Johann Haselberg in seinem
Lobgedicht auf die Stadt Köln im Jahre 1531 berichtet ^
Haselberg, ein fahrender Buchhändler aus der Reichenaa
kommt nach Köln und schildert seine Eindrücke:
Durch die lintgassen dath ich gon,
Den alten marckt sach ich da ston.
Da vand man laken von mancher wath,
Athlass, schamloth, seyden und samath.
Was um 1500 an seidenen Kleidern und Gegenständen
in einem Kölner Haushalt einer wohlsituierten Bürgerfamilie
zu finden war, zeigt das amtliche Inventarverzeichnis eines-
Hausrats aus dem Jahre 1519^. Im Vergleich mit dem
sonstigen außerordentlich reichhaltigen Hausrat befremdet ea
allerdings, daß nicht mehr seidene Gegenstände vorhanden
sind, insbesondere solche von größerem Umfange, Kleider
u. dergl. ; dagegen werden zahlreiche kleine Gegenstände auf-
geführt, seidene Stickereien, Besätze, seidene Tücher; auch.
Sammet ist vertreten. Einen ungleich größeren Reichtum an
seidenen und sammetnen Kleidungsstücken weist das Kleider-
verzeichnis des Hermann Weinsberg aus dem Jahre 1578 auf^.
Namentlich in den zahlreichen Kirchen Kölns sammelten
sich kostbare Seidengewänder und Geräte an. So enthält
das Verzeichnis der Meßgewänder der Sakristei von Groß-
St. Martin eine sehr große Zahl seidener und sammetner Ge-
wänder aller Farben, welche aus der Zeit von 1508 bis 1541
stammen*; ein anderes Schatzverzeichnis, das des Karthäuser
Klosters, erwähnte ich bereits.
Weit wichtiger aber als der innere Absatz war der Fern-
handel mit Kölner Erzeugnissen. Weit in die Ferne erstreckte
sich der Kölner Seidenhandel: 1446 stehen die Kölner Kauf-
leute Johan V. d. Bumgarde und Jacob Daesze mit dem Rat-
mann Dirk Oldefeld in Danzig in Geschäftsverbindung; sie
liefern u. a. seidene und golddurchwirkte Stoffe^. 1491 werden
* Annalen 44, 139 flf., Merlo: Johann Haselberg . . .
2 Annalen 41: H. Cardauns, Ein Kölner Bürgerhaus, p. 109 ff.
3 Höhlbaum, Buch Weinsberg II, 374 ff.
* Annalen 45, 118 ff. und 23ff. : Merlo: Kunst und Kunsthandwerk im
Karthäuser Kloster zu Köln. Bock, Lit. Gew., III, 13 gibt die Abbildung
einer praetexta aus dem Anf. 16. Jhs. aus dem Kölner Dom; weitere Ab-
bildungen in Bock, d. heil. Köln.
^ Hirsch, 192 — die in den hansischen Urkundenbüchem erwähnte
Verbindung mit Lübeck erwähnte ich schon an anderer Stelle.
128.
61
8eidenwaren genannt, die nach England eingeführt werden;
sie werden ausdrücklich als in Köln gefertigt bezeichnet:
„sericum Colonie preparatum" ^.
Der Hauptabsatzmarkt für die Kölner Seiden waren war
die Frankfurter Messe, die regelmäßig von Kölnern frequen-
tiert wurde; hier war der Brennpunkt des gesamten west-
deutschen Handels, hier berührten sich vor allem Nordwest- und
Süddeutschland. Auch die Straßburger Messe war ein Markt
für Kölner Seide, später trat die Leipziger und Naumburger
Messe hinzu ^. Außerdem aber wurden Seiden waren auf dem
Seewege nach England 2, dem Norden und Osten verschickt;
hierfür war Antwerpen der Hauptstapelplatz.
Die Rohseide wurde hauptsächlich aus Venedig bezogen,
entweder auf dem Landwege bezw. auf dem Rhein über
Frankfurt oder durch venetianische Schiffe über Brügge*
oder Antwerpen. Das Wiegen der eingebrachten Seide ge-
schah auf der Krautwage im Kauf hause Malzbüchel, vom Ende
des 15. Jahrhunderts ab im Kaufhause Gürzenich. Die Kraut-
wage wurde vom 17. Jahrhundert ab nur noch Seiden wage
genannt, weil unter den auf ihr gewogenen Dingen die Seide
weitaus überwog. Das heimliche Einführen von Rohseide
wurde verboten ; so 1499 ^ ; man scheint es häufig versucht zu
haben, denn später wird noch wiederholt darüber geklagt.
Die in Köln gefertigte gezwirnte Seide oder Seiden wäre mußte
vor dem Verkauf gestempelt werden. Ich wies schon darauf
hin, daß die Seidenmacher ihre Seide selbst verkauften; zur
Zeit der Frankfurter Messe scheint sich gewöhnlich das ganze
Amt dort befunden zu haben, denn ein Erlaß des Rats aus
dem Jahre 1499 über den Verkauf von Seide und Einfuhr
von Rohseide wurde gerichtet „an das Seidenmacheramt, zur
Zeit auf der Frankfurter Messe".
Durch Maßregeln handelspolitischer Art suchte der Rat
das Seidenhandwerk zu fördern. Vor allem wurden Halb-
fabrikate, gezwirnte Seide, Seidenlein, Seidenschnüre von Köln
ferngehalten; die Krämer und Krämerinnen durften diese
Gegenstände nur feilhalten, wenn sie von Kölner Hauptseiden-
macherinnen angefertigt worden waren (Transfix-Brief von
1470) ; auch Flockseide durfte nicht eingeführt werden, (Trans-
fixbrief 1506). Gezwirnte Seide scheint dennoch aus Paris
1 V. Ochenkowski, 251. Aus den Verbandlungen der hansischen Rats-
Sendboten mit den Engländern zu Brügge.
2 Diese vier Messen werden in den losen Akten „Seidaml oft er-
wähnt. ,. , „ . I j
3 Nach V. Loesch, Einl. 18 war Seidentuch im englischen Handel der
2. H. 15. Jh. die wichtigste Ausfuhrware Kölns, nach SchÄfer Hansereoeis«
3. Abt. III, Nr. 691 ao. 1496.
* Geering, Kölns Kolonialwarenhandel, 42.
ß V. Loesch II, 434 f., Nr. 666, 1499, März 19.
62 128.
hineineingebracht worden zu sein, denn eine Ratsverordnung
von 1491 ^ , welche den Seidenmacherinnen die Verarbeitung
fremder gezwirnter Seide verbietet, erwähnt ausdrücklich
gezwirnder syden, as von Parys of uis anderen Landen her-
kommen is; sollte solche Seide doch eingeführt worden sein^
dann soll sie bis zu einem bestimmten Termin ungefärbt
wieder aus Köln herausgebracht werden; die Seidenßlrber
und Seidenfärberinnen sollen bei den Heiligen schwören, daß
sie solche Seide nicht mehr färben würden , bei Strafe des
Verlustes ihres Berufs. Der Rat suchte den Seidenhandel auf
jede Weise zu fördern, wollte aber nicht, daß mit der Kölner
Seide Spekulation getrieben würde; im Amtsbrief von 1470
verbot er daher den Hauptseidenmacherinnen und allen , die
das Gewerbe ausübten (sidemecherschen , ind die dit ampt
oevent), an Spekulanten Seide zu verkaufen, (geine syde
verkoufen einchen personen, das sy wissen of mirken moegen^
dat die syde up financien of schadekouf genoim wurde).
Das Feilhalten von Seide, und zwar gewant, syde und
sydendoich auf den Straßen war bei Strafe der Konfiskation
verboten, 1529^; die Seidmacher hatten ihren bestimmten
Verkaufsstand am alten Markt und Unter Seidmachern ; Hausier-
handel durfte nicht getrieben werden.
Fertige Seidenerze. ignisse wurden natürlich eingeführt^
namentlich auswärtige Spezialitäten; so wird z. B. im Trans-
fixbrief von 1506 erwähnt die Einfuhr von ganzen Seiden-
tüchern (Laken) aus Antwerpen.
Auf die Bedeutung des Kölner Seidenhandels gegen Ende
des 15. Jahrhunderts hat schon Geering hingewiesen^. Er
weist nach, welche Quantitäten Rohseide nach Köln eingeführt
und von 1491 — 1495 auf der Krautwage abgewogen worden
sind. Geering nimmt an, daß die ganze Rohseidenmenge dem
lokalen Bedarf gedient hat. Ich halte das bei der Bedeutung
des Kölner Transithandels nicht für sicher, wenn auch zuzu-
geben ist, daß weitaus das Meiste der eigenen Verarbeitung
gedient haben mag, denn als Rohseide- Abnehmer kommen nur
die wenigen niederländischen Städte in Betracht, die aber ihre
Seide gewöhnlich zur See erhielten; sonst aber gab es im
nordwestlichen Deutschland keine Stadt mit einem Seiden-
gewerbe. Es handelt sich um eine Rohseideneinfuhr von
ganz außerordentlichem Umfange: In 4V2 Jahren wurden auf
der Wage gewogen 94591 köln. Pfund (zu 467,7 g heutigen
Gewichtes), also pro Jahr im Durchschnitt rund 21000 köln.
Pfund oder 9800 kg heutigen Gewichtes. Die Rohseideeinfuhr
1 V. Loesch II, 421, Nr. 655, 1429, Sept. 28.
2 Archiv, Epr. 7, 197.
^ Geering, Kölns Kolonialwarenhandel vor 400 Jahren; Mitteilungen 11,
41 ff. vgl. auch Schulte I, 699, v. Inama-Sternegg III, 2, 523.
128. 03
überwog die Einfuhr der anderen Textilrohstoffe bei weitem,
denn in derselben Zeit, in welcher an Rohseide rund 94000
köln. Pfund eingeführt wurden, stellten sich die Zahlen für
Wolle auf rund 64000 und für Baumwolle auf rund 27000
köln. Pfund, 9:6:3. Geering mag durchaus Recht haben,
wenn er die Bedeutung Kölns als Seidenplatz des Mittelalters
gleichstellt der Bedeutung Krefelds für die heutige Zeit. Der
Import der Rohseide war — nach Geering — auf einige
wenige Großimporteure, wie Johann von Lyblar und Heinrich
Struys beschränkt; Posten bis zu 2500 Pfund (köln.) werden
mitunter in einem Geschäftsvorgange verkauft. Andere Im-
porteure von minderer Bedeutung waren die Kaufleute Ger-
lyckx, Unvertzagt, Grosbacher, Joh. von Düsseldorf, Teylm.
Brugen, Geryt van HarjBfe. Von Seidensorten wird namhaft
gemacht: Talanii sijden (aus der Landschaft Talisch an der
Westküste des kaspischen Meeres), metzenese sijden (messe-
nische oder Morea- Seide) und Bolana sijden (Bologna?) Aus
der Hand der Importeure ging die Seide in die des kauf-
männischen Verlegers, der also in Köln zugleich einen Zweig
der Seidenverarbeitung betrieb: es war entweder ein Kaufmann,
welcher Ehemann einer Hauptseidmacherin war, ein selb-
ständiger Seidenhandwerker oder Seidenfärber oder auch eine
Hauptseidmacherin. Manche gab es unter den Seidenweberinnen,
die es zu großer Selbständigkeit und zu Kapital gebracht
hatten; Geering führt acht Frauen an, welche Handwerks-
betrieb und Handel in ihrem Unternehmen vereinigten : Tryn-
gyn tzo der Rodendoyr, Methel an dem Hoynemart, Hermans
vrouwe van der Sayr, Eyffgyn Meydmans, Fychen van Berchem,
Beylchen van Wychtericht, Greytgin van Hartten, Tryngin
van Lobach.
Die Organisation des Seidengewerbes im Mittelalter —
soweit es überhaupt organisiert war — erreichte ihren Ab-
schluß durch den Transfixbrief von 1506 ^ Wenn er auch
nur als Transfixbrief bezeichnet wird, so enthält er doch so
wesentliche Neuerungen, daß er den Wert eines neuen Arats-
briefes hat. Er ist für die ganze fernere Zukunft des Gewerbes
von grundlegender Bedeutung, denn bis weit in das 17. Jahr-
hundert hinein berufen sich die Seidmacher stets auf ihn,
daneben waren die letzten Amtsbriefe in Kraft, soweit sie
nicht durch den Transfixbrief abgeändert waren«. Die nur
1 Archiv, Z. 174. , .«« ^ •, u ji i>-:..#v
2 Im wesentlichen galt der Amtsbrief von 1469, der durch die Bnefc
von 1470 und 1480 nur in wenigen Punkten abgeändert war; diese ab-
geänderten oder hinzugefügten Bestimmungen hatten natürlicü aucü
Gültigkeit; ich habe keine Bestätigung für die Ansicht v. Loeschs gefunden,
daß der Brief von 1480 nicht Gesetzeskraft eriangt habe (I, 17 J, Anm. 4),
64 128.
abändernden Bestimmungen habe ich schon bei früherer Ge-
legenheit erwähnt; von größerem Interesse sind die grund-
legenden Neuerungen. Auch jetzt, 1506, ist wohl von Meistern
und Meisterinnen, aber nur von Lehrmädchen die Rede, so
daß auch fortan von der unselbständig arbeitenden Klasse nur
die weiblichen Kräfte in die Zunft einbegriffen sind. Erst
im 17. Jahrhundert, in dem Entwurf einer Ordnung vom
2. Oktober 1656, werden auch Lehrjungen erwähnt, und zwar
hier zum ersten Male^. Offenbar sucht man jetzt den An-
drang von Lehrmädchen abzuwehren : man verlangt eheliche
Geburt, ein Mindestalter von elf Jahren für den Eintritt und
erhöht die Lehrzeit von 3 auf 4 Jahre. Auch auswärtiger
Konkurrenz will man wirksamer entgegentreten; die auf-
genommene Lehrtochter muß schwören , daß sie die Be-
stimmungen des Amts- und Transfixbriefes genau befolgen
wolle, und daß sie weder durch Rat noch durch Tat dazu
beitragen werde, daß das Seidenhandwerk aus Köln heraus-
getragen und außerhalb der Stadt gelehrt werde. Vor allem
aber muß jetzt jedes Mitglied schwören, nur im eigenen Hause,
nicht einmal im Hause der Eltern, und nur in Köln das
Handwerk auszuüben, und Seide nur aus eigenem Rohmaterial
anzufertigen, nicht aus dem von andern, seien es selbst die
Eltern oder Verwandte.
Andere Bestimmungen betreffen die Einfuhr des Roh-
materials. Der Rat legt jetzt großen Wert auf die ihm beim
Wiegen zufallenden Gebühren, die „Accise", denn er hat in-
zwischen die Erfahrung gemacht, daß ihm durch den Seiden-
händel eine namhafte Einnahme erwachse. Der Transfixbrief
schreibt genau vor, wie das Wiegen gehandhabt werden soll,
damit der Rentkammer nur ja nichts von den Gebühren ver-
loren ginge.
Auch auf die Technik geht man jetzt mehr ein; feucht
gewordene Seide soll vor dem Verkauf besichtigt werden
(diese Bestimmung war bei dem hygroskopischen Charakter
der Seide wichtig, damit bei übergroßer Feuchtigkeitsaufnahme
und dadurch bewirkter Gewichtsverraehrung der Käufer nicht
benachteiligt wurde) ; auswärtige Seide soll nicht mit Kölnischer
die allermeisten Punkte sind ja dieselben geblieben wie 1469 und 1470, und
die wenigen Neuerungen sind in der Tat befolgt worden; wenn Gerhard
von Wesel sich in seinem Bericht von 1490 nicht mit ihnen beschäftigt, so
liegt das doch wohl daran, daß sie zu Beschwerden keinen Anlaß gaben.
1 Die irrige Auffassung Dahmens, I, 5, daß im Transfixbrief von 1506
bereits von Lehrjungen die Rede sei, beruht offenbar auf einem Lesefehler :
Punkt 1 des Transfixbriefs 1506 ist zu lesen Jonge dochtere oder Leer-
maitger" und nicht jonge [,] dochtere etc. . . Schon der Sinn des ganzen
Briefes läßt nirgends die Berechtigung der Vermutung von Lehrjungen zu.
"Wohl aber werden Lehrjungen erwähnt 1656, Archiv, Seidamt, 17. Jahrh.
2. H. fol. 32.
128. 05
vermengt werden ; ganz untersagt wurde die Einfuhr fremder
gezwirnter Seide. Die Auswahl der in Köln verarbeiteten
Seidenarten hat sich erweitert; jetzt werden als gangbarst©
Sorten namhaft gemacht: venedische, mailändische Seide
„Kuyrlinck" [?], „Korkey" [?], Krakauer, „Luitger" [Lütticher?]
und andere ^
Die Bestimmungen für die Seidenfärber sind jetzt hier
aufgenommen, und damit wurde das Färben in engere Be-
ziehung zum Seidenbereiten gebracht. Das Recht des Seiden-
färbens in Köln muß mit 50 Goldgulden erworben werden;
die Seidenfärber werden in die Zunft der Seidenmacherinnen
aufgenommen und dürfen nur für sie, nicht für Zunftfremde
färben. Auch sie schwören, ihr Gewerbe nur innerhalb der
Stadt auszuüben und nur Lehrlinge zu halten, welche sich
zuvor verpflichtet haben, das Gewerbe nicht aus Köln heraus
zu tragen. Sie haben genau Buch zu führen, für wen und
wieviel Seide sie färben, damit danach die Abgabe für die
städtische Rentkammer berechnet werden kann. Für das
Färben wird eine Preistaxe aufgestellt, und zwar sollte be-
zahlt werden für das Pfund Seide je nach der Farbe:
sanguinen und roisen = 8 alb.
rot, grün, blau, gelb =6 „ "
schwarz =5 „
weiß oder grau = 4 „
Kompagniegeschäfte zu treiben wird den Färbern untersagt.
Mit größerer Strenge wird fortan über die Befolgung der
Verordnungen gewacht; die Kontrolle der Amtsmeister in den
Häusern der Gewerbetreibenden geschieht jetzt regelmäßig
allmonatlich. Böswillige Übertretung der Amtsverordnungen
wird geahndet mit Verlust der Amtszugehörigkeit und sogar
der Bürgerfreiheit, sowie mit 50 rhein. Gulden Geldstrafe*.
Nach dem Tode eines der Ehegatten darf der überlebende
Teil das Gewerbe fortführen.
Die Bestimmungen des Transfixbriefs von 1506 bedeuten
eine strengere Durchführung zünftischer Geschlossenheit. Zur
Zunft gehören nunmehr die männlichen und weiblichen Meister:
„man oder frawe, die sich an diesem ampte ernehren" ; ob
allerdings für alle Seidenmacher der Eintritt in die Zunft
1 Über die Technik im 17. Jh. geben einige Seidenproben Auskunft,
welche in Z. 173 aufbewahrt werden. Dahmen II, 2 hat tias Nähere schon
mitgeteilt. Ich bemerke noch, daß der daselbst angetührte silberfarbene
„Bologneser Satin", 1629, dem Ostermeßbuch des Großhändlers Lohn ent-
stammt (Frankfurter Messe).
2 Die Annahme von Geering (Mitteilungen 11, 58), daß gegen Lnde
des 15. Jahrhunderts in Köln nicht mehr rot gefärbt wurde, trifft also nicht lu.
3 Daß man jetzt dem Seidengewerbe so hohe Strafen auferlegen konnte,
deutet auch auf erhöhte Wohlhabenheit im Gewerbe ; vgl. auch das Eintritts-
geld der Färber.
Forschungen 128 — Koch. 5
66 128.
obligatorisch sein sollte, ist aus dem Briefe nicht zu ersehen.
Es gehörten zur Zunft ferner die Seidenfärber und die Lehr-
töchter ; von Lehrjungen, die es ja auch gegeben haben muß,
sagt der Brief nichts.
Die wichtigste organisatorische Neuerung war das Zu-
sammenziehen des Seidenwebens, Spinnens und Zwirnens und
des Seidefärbens in eine Zunft. Damit war aber keineswegs
eine Betriebskombination verbunden ; im Gegenteil : den Seiden-
machern war das Färben, den Färbern das Seidenmachen
streng verboten; es trat also eher eine Verschärfung der
Trennung beider Gewerbe ein. Gleichwohl wurden später
beide häufig in einem Betriebe vereinigt. Diese Neuerung
und Verbesserung in betriebstechnischer Hinsicht wurde durch
Fremde nach Köln gebracht; sie gab in Verbindung mit
maschinellen Fortschritten Veranlassung zu einem langen und
erbitterten Kampf zwischen veralteter und neuer Arbeitsweise.
Jene wurde hartnäckig vertreten durch die ziinftischen Hand-
werker, diese durch freie, meist von außerhalb kommende
Gewerbetreibende.
Noch im 17. Jahrhundert, unter ganz veränderten Ver-
hältnissen, klammern die Zunfthandwerker sich an ihre alten
Amtsbriefe, vor allem an diesen Transfixbrief und stellen sich
allen Neuerungen entgegen, schließlich mit Erfolg, zum Schaden
des Seidengewerbes.
Drittes Kapitel.
Das Seidengewerbe von 1506 bis zu seinem Erlöschen.
Das sechzehnte Jahrhundert war für Deutschland eine
Zeit erneuten wirtschaftlichen Fortschrittes, der schon gegen
Ende des fünfzehnten seinen Anfang genommen hatte. Er
äußerte sich auch in einer größeren Ausbreitung des Seiden-
gewerbes. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts entstand
Sammetweberei in Ulm, Brokat weberei und Goldzieherei in
Augsburg, Atlas- und Seidenweberei in Nürnberg *. Vor diesen
deutschen Städten hatte Köln mit seinem Seidengewerbe wegen
des Alters desselben einen bedeutenden Vorsprung. Schwer
aber drohte die Konkurrenz des Auslandes In Italien standen
die Seidenmanufakturen von Venedig, Genua, Florenz in
höchster Blüte, neue waren entstanden in Neapel, Mailand,
Turin. Spaniens Seidenwaren genossen einen weit verbreiteten
Ruf, vorzüglich die in Toledo und Sevilla bereiteten. In
Frankreich hatte Paris seinen alten Ruhm erhalten, neue
blühende Manufakturen waren in Tours (1470) und in Lyon
(1466) geschaffen worden. In England war, abgesehen von
der Seidenstickerei, das Seidengewerbe noch nicht aufgekommen;
England war ja überwiegend Agrarstaat. Am drückendsten
aber war für Köln die Konkurrenz der Niederlande. Hier
hatte das Seidengewerbe in Gent, vor allem aber in Brügge
und Antwerpen eine große Ausbreitung erlangt; in erster
Linie wurden die kostbareren Erzeugnisse, Sammet, Atlas,
Brokat, daneben aber auch leichte Seidenstoffe aller Art ge-
fertigt, namentlich in Antwerpen. Diese Stadt war, wenn
ihre Seidenindustrie auch erst im 17. Jahrhundert ihren Höhe-
punkt erreichte, doch um die Wende des 15. und IG. Jahr-
hunderts bereits bei seiner Nähe der geftlhrlichste Konkurrent
Kölns.
Vgl. Hintze, 26.
68 128.
Noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts scheint Köln di<
einzige deutsche Stadt gewesen zu sein, in deren Mauern daa
Seidengewerbe in einigermaßen beträchtlichem Umfange be-
trieben wurde.
Das Kölner Seidengewerbe hat sich, nachdem seim
zünftische Organisation zum Abschluß gekommen war, wäh-
rend der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf seiner Höh<
gehalten. Zwar finden sich nur wenige direkte Nachrichtei
über diese Periode ; aber ein wenigstens annäherndes Bild vor
dem Umfange der zünftigen Weberei, soweit sie von Frauen
betrieben wurde, gibt das Einschreibebuch der Meisterinnen
und Lehrtöchter aus den Jahren 1513 bis 1580. 1531 wurden
31 Meisterinnen eingeschrieben, welche 124 Lehrtöchter an-
nahmen; im Ganzen wurden in dieser Periode von 68 Jahren
222 Meisterinnen und über 700 Mädchen in das Amt auf-
genommen, oder besser eingeschrieben; denn, daß die An-
gaben vollständig seien, darf man bei der mangelhaften Buch-
und Listenführung jener Zeit wohl bezweifeln, zumal es in
einer Eingangsnotiz des Einschreibebuchs heißt, daß man
lange Zeit niemanden eingeschrieben habe; man holte also nur
1513 zunächst einmal die Eintragungen, welche man versäumt
hatte, nach^. Es darf also angenommen werden, daß tatsäch-
lich mehr Lehrtöchter aufgenommen sind. Immerhin sind
auch die vorhandenen Zahlen nicht unbeträchtlich in einer
Zeit, in welcher bereits die weibliche Arbeitskraft durch die
männliche stark in den Hintergrund gedrängt wurde. Zahl-
reiche Meisterinnen, 77, haben keine Lehrmädchen einschreiben
lassen ; auf die übrigen 145 Meisterinnen verteilen sich die
Mädchen in ganz ungleichem Maße; in einigen Jahren wurden
bei einzelnen Hauptseidenmacherinnen sogar bis zu 20 (in
4 Fällen) und 21 (in einem Falle) eingeschrieben. Die Aus-
bildung in der Kunst des Seidespinnens und -webens scheint
damals in Köln in hohem Ansehen gestanden zu haben; denn
auch Angehörige des besseren Bürgerstandes gingen zu Seiden-
macherinnen in die Lehre: 1515 wird die Frau eines Apothekers
und die eines Ratsrichters, 1553 die Tochter eines Ratsrichters
und die eines Doktors Meisterin, 1547 die Tochter des Hoch-
geborenen Herrn Johann von Fryssen Lehrmädchen^, und
* Archiv, Z. 175, s. a. Dahmen II, V. Es heißt: „want man lange jaire ny-
mand ingeschreven hait." Daraus schließen zu wollen, daß „also organisatorisch
von 1513 das Amt lange Jahre in Verfall gewesen sei, stillgestanden hätte"
wie Dahmen es tut (II 3) halte ich für bedenklich. Für einen Verfall des
Amtes liegen gar keine Anzeichen vor; er ist auch nicht gerade wahrschein-
lich, nachdem kurz vorher noch so gewaltige Quantitäten Kohseide ver-
arbeitet worden waren. Man hatte eben eine Zeitlang das vorgeschriebene
Einschreiben der Lehrmädchen unterlassen, was für die damalige Zeit keines-
wegs auffallend ist. Deshalb braucht das Amt auch , organisatorisch" noch
nicht gerade in Verfall geraten zu sein.
« Dahmen, II, 3.
128. e^
aus der Lebensgeschichte des Hermann Weinsberg, des magister
artium et lic. jur., der einer angesehenen Familie entstammte,
welche wiederholt Ratsämter bekleidete, erfahren wir daß
um 1548 zwei seiner weiblichen Verwandten bei Kölner Seiden-
macherinnen gelernt haben ^.
Die Frequenz des Gewerbes war, wenigstens was die
weiblichen Mitglieder anbetrifft, Schwankungen unterworfen;
sie kommen auch in den Einschreibungen der Lehrtöchter
^um Ausdruck, die von 1513 bis ca. 1580 wieder ziemlich
regelmäßig vorgenommen wurden ^ (soweit man bei der da-
maligen Listenführung überhaupt von Regelmäßigkeit sprechen
kann). Von 1513 bis etwa 1540 haben recht rege Ein-
schreibungen stattgefunden, bald in größerer, bald in geringerer
Anzahl; von 1540 — 1558 nahmen die Aufnahmen ab, blieben
aber stetig trotz des großen Sterbens, welches 1541 die Stadt
stark entvölkerte;^ es werden immer noch 82 Meisterinnen
und 226 Mädchen eingeschrieben. Dann aber, von 1559 — 1580
werden nur noch 18 Meisterinnen und 44 Lehrmädchen ein-
geschrieben. Man könnte auch hier an mangelhafte Buch-
führung als einzige Ursache der Verschiedenheiten denken;
aber es scheint sich doch um einen merklichen Rückgang
nicht nur der weiblichen Gewerbetätigkeit, sondern des ganzen
Seidengewerbes zu handeln, denn ein solcher wird durch
einen Bericht aus demselben Jahrhundert bestätigt; von ihm
wird später die Rede sein. Aber allein schon die 1564 in
Köln wütende Pest,* der 1577 noch einmal ein großes Sterben
folgte, hatte zweifellos eine schwere Erschütterung des wirt-
schaftlichen Lebens zur Folge und mußte somit auch einen
Rückgang im Seidengewerbe bewirken; denn da der Absatz
von Luxuswaren allein auf einem gewissen Maße wirtschaft-
lichen Wohlstandes begründet ist, so muß er in schlechten
Zeiten zuerst leiden. Wenn das Seidengewerbe auch ein
Exportgewerbe ist, so spielt doch auch der Lokalverbrauch
an Seidenwaren in einer Stadt wie Köln eine zu große Rolle,
als daß seine Minderung nicht sogleich lähmend auf das Ge-
werbe hätte einwirken müssen. Eine Regulierung des Ab-
satzes durch Mehrexport war aber damals nicht so bald zu
•ermöglichen.
Der Rückgang des Seidengewerbes wird bestätigt durch
1 Höhlbaum, Buch Weinsberg, I, 179, 192.
2 Z. 175 (Archiv). Nur für die ersten Jahre ist das Resultat unsicher,
•da in diesen unterlassene Einschreibungen früherer Jahre nachgeholt wurden.
3 Höhlbaum, Buch Weinsberg, I, 156: die SUdt „stund wol halb
ledich." Das Sterben dauerte den ganzen Winter hindurch; zu Zeiten
starben 200 Menschen an einem Tage. . .. , . u
* Ebenda, H, 131. Weinsberg übertreibt freilich stark, wenn er be-
richtet, es seien in Köln um diese Zeit 10—12000 Menschen gestorben, die
Pest sei aber noch nicht zu Ende. — Femer II, 354. •
70 12a
einen Bericht des Seidamts über ein Gesuch fremder Kauf-
leute vom Jahre 1591 ^. Nach diesem hat es vor 1560 in
Köln noch 60 — 70 Seidenhändler gegeben, welche alljährlich
700 Ballen Seide verarbeiteten; seitdem aber sei eine
„Schwächung und Stockung" des Seidenhandels eingetreten,
Von jenen 60 — 70 Seidenhändlern habe — heißt es — damals
jeder einzelne der Stadt mehr Nutzen gebracht, als jetzt (1591)
alle Seidenhändler zusammengenommen. Dieser Bericht vom
1. Juli 1591 gibt den einzigen urkundlichen Aufschluß über
die Gesamtlage des Kölner Seidengewerbes in der kritischen
Periode um 1560 und über die Ursachen des starken Verfall»
des Gewerbes. Die zünftischen Seidenmacher geben in ihrem
Gutachten an, daß seit 30 — 40 Jahren (seit 1550—1560 also)
anderenorts viel Seide gewirkt und verkauft werde, die zuvor
in Köln allein bereitet worden sei. Nunmehr würde Deutsch-
land und England auch von anderen Orten aus mit Seiden-
waren aller Art überfüllt, und die Kölner Seide ginge daher
um so weniger auf den Märkten ab; dazu käme, daß jedes
Pfund der außerhalb Kölns gefertigten Seide um einen oder
mehrere Gulden billiger abgegeben werden könne als die -
Kölner Seide, weil andernorts beim Färben jedes Pfund auf
zwei gebracht wurde (durch das Schweren der Seide), wäh-
rend in Köln nach guter, althergebrachter Amtsordnung ge-
färbt würde ; jene gefälschte Seide habe außerdem ein schönere»
Aussehen als die Kölner Seide. Lediglich durch „diesen Be-
trug" habe der Seidenhandel außerhalb Kölns zu-, in Köln
aber abgenommen.
Die fremden Kaufleute freilich geben in ihrem Gegen-
bericht einen anderen Grund für den Rückgang des Gewerbes
an: das Seidamt sei rückständig und unverständig.
Der Bericht von 1591 versetzt uns bereits in die Zeit der
ersten Kämpfe zwischen althergebrachter und neu eindringen-
der Betriebsweise im Seidengewerbe, Kämpfe, die für die ganze
folgende Entwicklungsperiode des Gewerbes in hohem Grade
bedeutungsvoll sind. Sie mußten zeigen, ob das Kölner Seiden-
gewerbe seinen alten Ruhm auch unter den ganz anders ge-
arteten Verhältnissen der Neuzeit würde behaupten können»
Den ersten Anzeichen beginnender Umwandlung in neue
Formen begegnen wir in Köln in den sechziger Jahren des
16. Jahrhunderts. Es handelt sich um eine Betriebsweise^
die man im Gegensatz zu dem alten, rein handwerksmäßigen,
Betriebe mit starker Einschränkung des Ausdrucks wohl als
modern bezeichnen könnte. Sie ist in keinem Gewerbe so
früh anzutreffen wie im Textilgewerbe und ist namentlich
beim Seidengewerbe deutlich erkennbar. Nur allmählich ging
freilich der Übergang vor sich und unter heftigen Kämpfen.
1 1591, Juli 1. Archiv, Seidamt, 16. Jh., f. 35 ff.
128. 71
Diese Kämpfe mußten naturgemäß besonders da mit besonderer
Schärfe auftreten, wo ein alt eingelebtes und kräftig blühen-
des Gewerbe seine alten Gewohnheiten und die alte Technik
mit besonderem Nachdruck vertrat, in dem Gefühle, daß ihre
Existenz bedroht war. Das war in Köln der Fall, und des-
halb ist gerade hier die Kampfperiode für die ganze Folge-
zeit so charakteristisch.
Der Anstoß zu neuem Aufschwung kam von außen. Zahl-
reiche Flüchtlinge, darunter viele Angehörige des Seiden-
gewerbes, wanderten infolge der Gegenreformation um die
Mitte des 16. Jahrhunderts und in der folgenden Zeit aus
Italien, Frankreich und den spanischen Niederlanden aus und
ließen sich namentlich in England, in der Schweiz und im
westlichen Deutschland nieder^. Neue Seidenindustrieen ent-
standen, alte erhielten neue Anregung in der Richtung tech-
nischer und organisatorischer Betriebsweise und des Geschmacks.
Von Italienern wurde so das alte, seit fast 200 Jahren er-
loschene Seidengewerbe Zürichs neubegründet ^, um dieselbe
Zeit wurde Sammet- und Bandfabrikation durch Locarner,
sowie französische und niederländische Flüchtlinge nach Basel
verpflanzt^; gegen Ende des 16. Jahrhunderts entstand das
Seidengewerbe in Amsterdam, Utrecht und Harlem, von Ant-
werpen aus gegründet; Antwerpen er führten die Sammet- und
Caffaweberei auch in Hamburg ein*. Von Frankreich aus
wurde zu Anfang des 17. Jahrhunderts auch in England der
Anstoß zu seidenindustrieller Tätigkeit gegeben^. In West-
deutschland erstand Passementen- und Bandfabrikation gegen
Ende des 16. Jahrhunderts in Frankfurt, Hanau und Franken-
thal ^. Frankfurt wandte sich zweimal, 1593 und 1594 an
Köln, um sich die Kölner Organisation des Seidengewerbes,
insbesondere die der Färberei und des Passementengewerbes,
zum Muster zu nehmen. In Hanau hatte kurz vor 1600 eine
rege Einwanderung aus Antwerpen, Brügge, Lüttich, Sedan,
Tournay und Valenciennes stattgefunden. Unter den Namen
der dortigen französischen und „holländischen" Gemeinden
sind 1600 solche vertreten, die wir auch in Köln unter den Ein-
gewanderten wiederfinden, und zwar im Seidengewerbe, so
die niederländischen Namen Lohn, Mohr (Moir), Uttenhoven,
1 Vgl. Hintze 16flF., Geering, Basel, 440 ff.
2 Bürkli-Meyer, 74 ff.
^ Geering, a. a. 0. 440 ff. , .»^^ ^ ^ j- »» ui
* Hintze, 18 (vgl. F. G. Zimmermann, Hamburg: 1605 betrug die Zahl
aller niederländ. Flüchtlinge in Hamburg 130 Personen.)
6 AJ?Wv,^Seidamt 16. Jh. f. 114 1592-94; 17. Jh. f. 66, 1605. In
Frankfurt erwähnt Bücher (Frankfurt p. 82-83) das Posamenüerhandwerk
ebenfalls, 1612. Über Hanau und Frankenthal 8. E. J. Zimmermann, Hanan :
pp. 637, 648 f., 759, 663.
72 128
die französischen Neufville, Held vier (Helduwier), Benoit. Zu
Anfang des 17. Jahrhunderts war die seidengewerbliche Tätig-
keit in Hanau schon eine recht rege und vielseitige ^. Franken-
thal war 1562 als Kolonie von 60 niederländischen Familien
gegründet worden und blühte sehr rasch empor, namentlich
wegen seiner Seidenindustrie. Ob am Niederrhein schon im
16. Jahrhundert das Seidengewerbe heimisch wurde, ist zweifel-
haft; später werden einige Orte, wie Wesel, Duisburg, Rade
vorm Walde erwähnt, zur Bedeutung aber ist die Seiden-
industrie am Niederrhein, bevor Krefeld emporblühte, nicht
gekommen.
Auch in Köln ließen sich in der folgenden Periode zahl-
reiche Flüchtlinge, vor allem niederländische, nieder. Der
«rste Einwanderer, der für das Seidengewerbe in Betracht
kommt, ist ein Italiener Spiritallo, aus Venedig stammend;
er wird zum ersten Male 1564 erwähnt^; italienische, mehr
noch französische Namen erscheinen fortan in großer Anzahl.
Hauptsächlich aber scheinen die fremden Einwanderer aus den
Niederlanden gekommen zu sein, denn der Rat von Köln er-
wähnt sie ausdrücklich in seinem Antwortschreiben an den
Rat von Frankfurt ^ : Von Alters her, heißt es, hätten in Köln
die Seidenspinner, Seidenmacher und Färber besondere Amts-
briefe gehabt, nach denen sie ihre Ämter regieret, Seide ge-
sponnen und gefärbt hätten; der Rat habe auch keine be-
sondere Klage vernommen; nun aber, seit einigen Jahren
wollten sich Fremde aus den Niederlanden anmaßen , auf
andere Art und W^eise Seide zu spinnen, bereiten und zu
färben.
Die „andere Art und Weise", von welcher der Rat spricht,
war eine veränderte Betriebsweise, wie sie auch in Zürich
1 Zimmermann, Hanau, p. 647, gibt eine Liste der Gewerbetätigen in
den Jahren 1608 und 1613. Es waren vorhanden
1608 1613
Passementierer
157
126
Seidenknechte
9
28
Seiden arbeiter
7
4
Seidenbereiter
1
4
Seidenkämmer
1
1
Seidenwickler
3
1
Seidenfärber
4
5
Seidenhändler
6
6
Bourettenweber
2
2
Bombesiniers
3
2
Kaflfaweber
8
5
201 179
2 Archiv, Seidamt, 16. Jh. foL 17 ff. und Rpr. 21, f. 214, 219, 222.
^ Ebenda. 14. Mai 1593. Es ist die Antwort auf das vorhin erwähnte
Schreiben Frankfurts, in welchem angefragt wird, wie in Köln das Seiden-
jjewerbe eingerichtet sei.
128. 73
und in BaseP von den fremden Einwanderern eingeführt
worden war. Während bis dahin hausindustrielle Spinnerei
und Weberei im allgemeinen vorherrschend gewesen war,
neben welcher die Färberei (und in Köln auch die Stickerei)
als abgesondertes Gewerbe betrieben worden war, handhabten
Italiener — wenigstens diese hauptsächlich — das Spinnen,
Zwirnen und Färben der rohen Seide, unter Anwendung
mechanischer Neuerungen und häufig fabrikmäßig lokalisiert,
die drei Fabrikationsprozesse, wenigstens aber zwei, nämlich
das Zwirnen und Färben, in einem Betriebe vereinigt. Mit
-einer neuen Arbeitsmethode und der Konzentration der Arbeits-
prozesse vereinigten sie dann noch häufig eine geschäfts-
kundigere Leitung des Handels und überhaupt größere In-
telligenz. Allerdings treten die angeführten Momente nicht
in jedem Falle und nicht immer gleich scharf hervor; aber
im ganzen ist die Tendenz nach der neuen Betriebsform hier
deutlich zu erkennen. Der zünftischen Auffassung war die
neue Richtung natürlich durchaus zuwider, daher die heftige
Opposition der alten Handwerksmeister verständlich ; sie wandte
sich mit der größten Erbitterung gegen die maschinelle Ver-
besserung, weil in ihr die neue Betriebsform am augenfälligsten
zu Tage trat. Denn , wenn es sich zunächst auch nur um
ein noch ziemlich primitiv zu nennendes Werkzeug handelte,
so brachte doch auch dieses schon ein sehr wesentliches Mo-
ment der Maschine, die Ersparnis an Arbeitskräften, zum
Ausdruck.
Die erste technische Verbesserung wird in Köln schon
1412 — 13 erwähnt; es ist das schon genannte Zwirnrad des
Walter Kesinger, dessen Gebrauch der Rat verbietet. Das
Spinnen und Zwirnen auf Rädern wurde nunmehr anscheinend
nicht mehr versucht vor 1562, auch wird das Rad in keinem
der Amtsbriefe erwähnt. Erst 1562 taucht wieder ein Zwim-
rad auf: der Rat hatte den Seidenmachern seinen Gebrauch
gestattet; daraufhin beschwerten sich die Seidenspinnerinnen,
daß sie dadurch brotlos, würden. Es kam zu einem Vergleiche,
demzufolge die Spinnerinnen für die Seidenmacher zwirnen
sollten ; letzteren aber wurde durch Entscheidung vom 26. August
1562 verboten, sich der Räder zu bedienen, damit die Spinne-
rinnen „ihre Nahrung behielten" ^.
Aber erst mit dem Erscheinen der Ausländer trifft in
Köln eine maschinelle Neuheit von größerem Umfange und
komplizierterer Bauart ein. Die Maschine wird leider nicht
näher beschrieben, aber sie heißt allgemein nicht mehr „Rad",
sondern «Räder- und Mühlen werk". Der Besitzer,Spiritallo, gibt m
1 Bürkli-Meyer, 75 ff.; Geering, Basel, 462 ff.
« Archiv, Rpr. 21, 17.
74 128.
einer Beschwerde an den Kurfürsten vom 30. Dezember 1568 *
an, er habe zwei Mühlen mit großen Unkosten von Venedig
durch sachverständige Meister nach Köln bringen lassen nebst
einem Kessel und anderem Werkzeug zum Seidespinnen, Seid-
bereiten und Färben. Es ist vermutlich eine Zwirnmaschine-
etwa in der Art der piemonteser Zwimmühle oder der in Zürich
gebrauchten Seidenmühle ^ (filatojo) gemeint, die entweder
durch Wasserkraft oder mit der Hand durch eine Person
ohne jede besondere Qualifikation angetrieben wurde und das
Zwirnen mechanisch verrichtete. Der Handbetrieb war der
gewöhnlichere und scheint auch in Köln üblich gewesen zu
sein. An einen „Großbetrieb" wird man freilich dabei nicht
denken dürfen, wie überhaupt eine allzu moderne Vorstellung
eines Maschinenbetriebes vermieden werden muß^
Der Venetianer Ambrosio Spiritallo siedelte 1564 nach-
Köln über und bot, mit Empfehlungen der Fabrikanten Wynandt
und Johann Mohr, bei denen er in Brügge zwei Jahre gelernt
hatte, versehen, dem Rat seine Dienste an. Er sagt, er ver-
stünde Florett- und andere Seide auf Rädern zuzubereiten
und in allen Farben, vorzüglich schwarz, zu färben und sucht
dem Rat die Sache plausibel zu machen , indem er meint^
daß „diese Handlung durch alle Lande sehr zunimbt und
zum großen nuz dieser Stat als den seidt spinnerschen und
sonst der ganzen gemein gerathen würde*."
Spiritallo stellt die Bedingung, daß ihm von den Seiden-
machern genügende Beschäftigung gegeben werde, erbittet
sich freie Wohnung und Räumlichkeit zur Unterbringung
seiner „Instrumente" und zur Einrichtung eines Färbehauses^
und beansprucht die Freiheit der Herstellung von Stick-^
Näh-, Florett- und „Tapisserey" -Seide; ferner wünscht er,
es solle während eines Zeitraums von zehn Jahren keinen^
Fremden gestattet sein, die genannten Seidensorten zu bereiten
und zu färben und bittet endlich noch um eine „Schenkung"^
da er sich „mit großen Kosten" habe nach Köln begeben
müssen. Dafür erbietet er sich, den Seidenmachern Anleitung^
zu geben in der Fabrikation der genannten Seidensorten, wie
sie in Italien gebräuchlich sei, sowie in allen Farben unter
Wahrung des richtigen Gewichts zu färben.
Die Meister des Seidamts haben nichts gegen die Nieder-
lassung des Spiritallus einzuwenden; sie meinen gelegentlich
1 Archiv, Seidamt, 16. Jh. 1568, Dezember 30. Kurf. August, Herz^
zu Sachsen.
2 Hintze 37; Bürkli-Meyer 82 f.
^ Noch weniger darf man bei den Zwirnereien an „Riesenbetriebe*
denken, wie sie Geering, Basel, 462 erwähnt; vgl. auch Hintze 36. Sieve-
king, a. a. 0. 131 hält, ich glaube mit Recht, die Bezeichnung der Zwirne-
reien in Genua als Riesenbetriebe für ein Mißverständnis, hervorgerufea
durch die Reiseschilderung des Andreas Ryff.
* Archiv, Seidamt, 16. Jh. f. 18 f.
128. 75
einer Umfrage, die der Rat veranstaltete: man könne es ja
mit dem Italiener versuchen \ Einige Seidspinner allerdings
opponieren schon jetzt in heftiger Weise, so daß der Rat
unter Androhung schwerer Strafen verbieten muß, den
Fremden wörtlich oder tätlich zu beleidigen. So wird
ihm denn durch Verfügung vom 10. Mai 15(34 eine Wohnung
gemietet und ihm gestattet, durch sein Gesinde innerhalb
Kölns Seide auf Rädern spinnen und zwirnen zu lassen. Am
15. Mai 1564 schließt er mit dem Seidamt einen Vertrag » ab,
welcher im allgemeinen seinen Wünschen entspricht: 1. Spiri-
tallus verpflichtet sich, für jeden Seidenmacher und jede
Seidenmacherin auf Bestellung zu arbeiten, 2. er liefert jedem
seine Seide zubereitet und gefärbt wieder zurück mit einem
Gewichtsverlust von höchstens V2 Lot pro Pfund ; 3. er erhält
für das Zwirnen je nach der Stärke pro Pfund 10, 12, 15
und 20, für das Färben in schwarz 12, in farbig 9 Weiß-
pfennige; 4. er darf nur für das Seidamt arbeiten; 5. dafür
soll das Amt 10 Jahre lang keinen Fremden annehmen.
Sehr bald aber kam es zu Differenzen. Spiritallus be-
klagte sich über die Seidenmacher, da sie ihm nicht ge-
nügende Beschäftigung gaben und stellte den Antrag, in Zu-
kunft dann wenigstens sein eigenes Rohmaterial für Privat-
kundschaft verarbeiten zu dürfen, was der Rat auch am
13. Juni 1567 genehmigte^. Die Zunftmeister hingegen be-
haupteten, Spiritallus käme dem Vertrage auch nicht nach.
Der Rat stellte sich schließlich auf die Seite der Seidenmacher
und beschloß am 8. Dezember 1567, daß das Seidamt bei
seinen Privilegien zu erhalten sei-, er könne dem Spiritallus
den Hauszins nicht länger zahlen, ihm auch „aus vielen be-
denklichen Gründen" nicht mehr das Amt gestatten*. Spiritallus
beschwerte sich am 30. Dezember 1568 beim Kurfürsten * und
bat um Schadenersatz, weil er durch den kostspieligen Umzug
und das Verhalten der Seidenmacher um sein Vermögen ge-
kommen sei. Die Entscheidung auf seine Beschwerde ist leider
nicht erhalten ; er scheint nichts erreicht zu haben, denn 1569
wurde einem anderen Fremden, Daniel Palant®, nach den Be-
stimmungen des mit Spiritallus abgeschlossenen Vertrages ge-
stattet, sich in Köln niederzulassen und mit dem Mühlenwerk
zu arbeiten; von Spiritallus aber hören wir nichts mehr. In
demselben Jahre wird aber auch allen zur Zeit vorhandenen
zünftischen Seidenmachern die Ausübung ihres Gewerbe«
I
1 Archiv, Rpr. 21, 214, 219, 222.
2 Archiv, Seidamt, 16. Jh. f. 17 f.
3 Archiv, Rpr. 23, 109, 129.
' Äs'^eäÄ. 30. Dezember 1568. Kurf. August t. S.ch«.
6 Archiv, Rpr. 25, 68. 1569, Juli 18.
76 128.
unter Anwendung der Zwirnmühle gestattet*, so daß der zu-
gelassene Fremde nicht mehr eine Monopolstellung hatte; die
Seidenmacher hatten wohl inzwischen selbst gelernt, mit der
Zwirnmühle umzugehen.
In den neunziger Jahren mehrt sich der Zuzug fremder
Konkurrenten, namentlich auf dem Gebiete des Seidenhandels.
Ein Gesuch fremder Seidenhändler vom 22. August 1590 ^ an
den Rat trägt die Unterschriften von 8 Händlern : Vondanella,
Jacques du Bucquoy, Hans Sonnemans, Pierre Dublaing,
Hans Flayoldt, Peter van Ygelt, Johan van den Huenell und
Cornille Le brun. Sie bitten um die Anstellung eines
„Messers", wie er in allen größeren Handelsplätzen vorhanden
sei, eines Mannes, welcher die richtige Beschaffenheit der
sammetnen und seidenen Stoffe u. dgl. zu kontrolieren hat,
zur Vermeidung von Differenzen zwischen einheimischen und
fremden Kaufleuten, worauf hin Paulus von Acht, von den
Händlern empfohlen, angestellt wird. Die Konkurrenz
dieser fremden Seidenhändler mußte den Seidenmachern sehr
fühlbar werden, da sie bis dahin in erster Linie den Seiden-
handel in der Hand gehabt hatten, wie aus dem Gutachten
der Zunftmeister vom 1. Juli 1591, hervorgeht^.
Am 31. Mai 1591 * beschloß der Rat, wieder einen neuen
Seidbereiter und Färber auf italienische Manier aufzunehmen,
Johann Dusart, nachdem der Licentiat Lennep am 22. Mai
berichtet hatte, es sei eine Notwendigkeit, sich der Räder zu
bedienen. Besonderen Wert hatte der Rat darauf gelegt, daß
Dusart sich erboten hatte, die Bürgerkinder in seiner Kunst
zu unterweisen.
Die Seidenmacher sind jetzt schon sehr unzufrieden über
die Zulassung der Fremden. Der Rat aber sieht sie, wie es
scheint, nicht ungern, schon der vermehrten Abgaben wegen ;
die zuziehenden Seidenhändler und Seidenbereiter versäumen
auch nicht, bei jeder Gelegenheit darauf hinzuweisen, welchen
Vorteil ein durch sie verursachter Aufschwung der städtischen
Rentkammer bringen würde. In dem schon erwähnten Be-
richt vom 1. Juli 1591 bringen die Seidenmacher ihre ganze
Erbitterung gegen die Fremden zum Ausdruck. Wenn der
Rat den fremden Supplikanten nachgäbe, so entziehe er damit
den Töchtern des Seidamts ihr Brot und gebe es andern,
„denen es nicht gebührt". Auch sie getrauten sich wohl,
ebenso gut wie die Fremden, mit dem Räderwerk umzugehn;
wenn sie bisher damit im Rückstand geblieben wären, so habe
1 Archiv, Rpr. 25, 72 v 1569 Juli 22.
2 Archiv, Seidamt, 16. Jh., f. 25.
^ Archiv, Seidamt, 16. Jh. f. 37: es heißt hier: „die wir jetziger Zeit
den Seidhandel führen."
* Ebenda, Rpr. 41, 204, 215; Seidamt, 16. Jh. 31. Mai 1591 und f. 33 f.
128. 77
das daran gelegen, daß „besondere Gebäude zu solchem neuen
Werk gehörten". Nun hätten Einige von ihnen aber bereits
solche Gebäude errichtet, ein Meister habe sogar schon ein
Werk im Betrieb, und so würden sie „hinfüro auch nicht
länger säumen, damit das Gemeinwohl nicht zu kurz käme.**
Freilich — wenden sie ein — seien die Spinnerinnen dem
Mühlen- und Räderwerk abgeneigt ; es sei also nötig, daß der
Rat sie zur „befohlenen Arbeit anweise und anhalte". Sie
seien auch keineswegs so kleine Meister, als welche die Fremden
sie darstellten, sondern sie beschäftigten etliche hundert
Arbeiter. Bisher hätten sie ja „Gott sei Dank mit ihrem Tun
noch ziemliches Gedeihen gehabt und seien auch ferneren
Segens gewärtig" , wofern sie nicht in ihrem Vorhaben ge-
hindert würden. Wenn eine Zeit lang das Gewerbe brach
gelegen habe, so würde das jetzt wieder anders werden; denn
jetzt würde die Kölner Seide wieder begehrt, nachdem der
andernorts getriebene Betrug mit der geschwerten Seide ge-
nügend erkannt worden sei. Gerade jetzt dürften sie daher
nicht durch Fremde gehindert werden. Der Rat dürfe sie
schon deshalb nicht zulassen, weil man ja nicht wissen könne,
ob jene nicht ebenfalls früher an anderen Orten, „mit bösen
Seidenfarben hantiert" hätten. Auch würde es den fremden
Kaufleuten mehr Ehre machen, wenn sie ihre Töchter beim
Seidamt lernen ließen und wenn ihre Söhne durch Heirat mit
Töchtern, welche die Amtsgerechtigkeit besäßen, in das Ge-
werbe gelangten, als wenn sie durch „verbotene und unziem-
liche Mittel" nach dem Gewerbe trachteten, wobei sie die
Bürgerschaft der Stadt, welche sie aufgenommen habe, ver-
drängten, was keine gute Nachbarschaft geben könne. Der
Rat möge sie, die Seidenmacher, doch bei ihrer Amtsgerechtig-
keit erhalten. Dagegen wären sie erbötig, unter Benutzung
des Mühlenwerks so viel Seide zu bereiten, als nur irgend zu
vertreiben sein würde, sodaß niemand „mit einiger Berechtigung
sagen könne", daß die Rentkammer durch sie Schaden
erlitte.
Der Bericht der Seidenmacher gab indessen die Sachlage
nicht richtig wieder. Sie waren nicht imstande, dasselbe zu
leisten wie die Fremden. Das Bild des Kölner Seiden-
handels und Seidengewerbes war mittlerweile ein anderes ge-
worden. 1 . • t
Wir sind über das Stärkeverhältnis der einheimischen
und der fremden Seidenhändler und über die Menge der von
ihnen in Köln zur Verarbeitung eingeführten Rohseide in
dieser Zeit genau unterrichtet durch einen Auszug aus den
Zinsbüchern, welcher für die Jahre 1589-1594 im Jahre 1594
auf Befehl des Rats angefertigt worden ist; der Rat wollte
ein sicheres Urteil gewinnen, welche von beiden Far-
78
128.
teien Einheimische oder Fremde, der Stadt mit dem Seiden-
handel mehr Nutzen bringet
In den genannten Jahren wurde an Rohseide eingeführt
und in Köln bereitet und gefärbt:
von 8 einheimischen Seidenhändlern 82^/4 Ballen,
von 28 fremden Seidenhändlern 65(5 Ballen;
das ergibt für jeden einzelnen Händler im Durchschnitt bei
den einheimischen 10, bei den fremden 23 Ballen^. Außer-
dem wurden von den einheimischen Händlern noch „einige
1 Archiv, Seidamt, 16. Jh. 1594, März 4. Vgl. Fuchs, Topogr. (Hdschr.)
und Dahmen II ; die von Dahmen bei Fuchs vermißte Quelle ist der in den
Seidamtsakten enthaltene Auszug vom 4. März 1594. Fuchs gibt 658 Ballen
bei den fremden Händlern an und Dahmen hat die Zahl übernommen; die
richtige Summe ist aber 656; der Auszug enthält einen Additionsfehler.
2 Die Namen der Händler sind folgende :
A. Einheimische.
Wilhelm Steffens.
Tönnes Becker.
Johann Süchtellen.
Wwe. Margaretha Feisten sei.
Hans Duetz (Deutz).
Hermann Steffens.
Hilbrant Sudermann.
Bernhard Stuningh.
B. Fremde.
Jacomo de St. Cruce.
Johan Morave.
Johann Moriconi & Co.
Domenico Ferro & Co.
Johan von den Hovell.
Hans und Gwilram von den Pütt.
Walter de Novile.
Hermann Ach.
Johann Dusart und sein Sohn Davit
Dusart.
Johann Maconi.
Loys More & Co.
Mercurius Drix.
Eduard Polß.
Jeronimo Cassina.
Marco Anton Gravi.
Arnoldus Frealden Hollen.
Carlo Navazola.
Petro Christiane.
Steffen von Hattingen.
Thomas Moriconi Sei.
Hans Fritz Sei.
Antonio Dorsi.
Peter Dabiein (Dablaing).
Johann Helduwier & Co.
Jeronimo Volvi.
FranQois Grammont.
Caspar Dobeano.
Godfrid Haudappel.
Die Größe eines Ballens konnte ich nicht ermitteln; am Ende des
17. Jahrh. wurde er zu 300 Pfund gerechnet (s. Archiv Handels-Abt. 78,
Ordnungen des Kaufhauses Gürzenich 1567 — 1764 fol. 105 f. vom 19. Aug.
1697. Ein Kölnisches Pfund betrug Ende des 15. Jahrh. 0,467 kg (Geermg
Mitteilungen 11, p. 43, v. Inama-Sternegg III 2, 523). Falls die Maße 1495, 1594.
1697 gleichgeblieben sind, würde sich die Rohseideneinfuhr nach Köln Ende
des 16. Jahrh. nach dem Durchschnitt der Jahre 1589—93 auf jährlich rd.
132000 Kölnische Pfund gestellt haben (Ende des 15. Jahrh.: 21000 Köln.
Pfd.) oder rd. 65000 kg (gegen rd. 10000 kg). Somit würde der Verbrauch
sich in 100 Jahren versechsfacht haben. Die Maße sind indessen zu un-
sicher, als daß man einen exakten Vergleich wagen könnte. Eine Zunahme
der schon von Geering für das Ende des 15. Jahrhunderts als sehr be-
deutend festgestellten Kohseideeinfuhr glaube ich aber für das 16. Jahr-
hundert (Ende) doch annehmen zu dürfen.
128. 79
hundert Kartons" Frankfurter, Frankenthaler und andere Ge-
färbte und gesch werte Seide eingeführt und von den fremden
Händlern „über 1500" Ballen gefärbte und meist geschwerte
Seide aus Venedig, Verona, Vicenza, Frankfurt, Frankenthal
und Wesel. In wieweit diese gefärbte Seide auch in Köln
verarbeitet wurde, und wie weit sie nur dem Durchgangs-
verkehr gedient hat, ist nicht festzustellen. Die Höchstzahi
der von einem einzelnen Händler in einem Jahre verbrauchten
ungefärbten Seide betrug bei den Einheimischen 9, bei den
Fremden aber 35 Ballen.
Aus den Zahlen geht klar hervor, daß gegen Ende des
16. Jahrhunderts die Bedeutung des Kölner Seidenhandels und
Seidengewerbes durchaus auf der Tätigkeit der fremden
Fabrikanten beruht, denen gegenüber die zünftischen Hand-
werksmeister schon ganz zurücktreten. Von 1589, dem Jahre,
in welchem sich die ersten auswärtigen Händler in größerer
Anzahl in Köln niedergelassen haben*, wächst die Einfuhr
der Rohseide bis 1592 beständig an, um 1593 etwas zu sinken
(die Angabe für 1594 kann nicht mehr berücksichtigt werden,
weil die Aufstellung vom 4. März 1594 datiert, mithin nur
zwei Monate des Jahres in Frage kommen) ; sie beträgt bei
beiden Händlerkategorien zusammen: 1589: 80, 1590: 105
1591: 117, 1592: 203, 1593: 176 Ballen (rd.); dieses rasche
Anwachsen ist lediglich durch die fremde Einwanderung ver-
ursacht worden.
Gleichwohl ist auch das zünftische Gewerbe noch recht
beträchtlich. Ein von den Seidenwirkern an den Rat am
24. April 1600 eingereichtes Gesuch um eine für den Seiden-
handel und die Seidenfärberei des ganzen Reichs geltende
allgemeine Ordnung trägt die Unterschrift von 93 Meistern,
und zwar ausschließlich männlichen (nur zwei Witwen sind
dabei, welche die Geschäfte ihrer Männer weiterführen); ein
Gesuch „sämtlicher" Winkelhalter des Seidenhandels in der-
selben Sache weist 27 Namen auf und ein solches der zUnfti-
schen Seidenspinner mit dem Mühlenwerk deren 6*.
Die eigentliche Bedeutung des Kölner Seidengewerbes
aber beruhte nicht mehr auf der zünftischen Arbeit sondern
auf freier Konkurrenz. Die Versuche der Zunftmeister, die
lästigen Konkurrenten los zu werden, nahmen um so heftigere
1 Der Rat wählt das Jahr 1589 als Ausgangspunkt für die Feit-
Stellungen über die Seideneinfuhr; auch werden in den Akten des Seidamts
1590 zum ersten Male acht Händler erwähnt, die sich soeben niedergeUssen
haben (Akten Seidamt, 16. Jh. 1590, fol. 25).
2 Archiv; Seidamt 17. Jh. I. Hälfte, f. 33 f. vom 24. April 1600, f. 37t
vom 1. Mai 1600 und f. 41 vom 12. Mai 1600; vd. auch Dahmen. II, 2. —
Die Seidenwirker werden in dem Aktenstück auch als „Posamentierer" be-
zeichnet.
80 128.
Formen an, je erfolgloser sie waren. Man wird beim Einblick
in die zahlreichen Petitionen, Berichte und protokollarischen
Aussagen der Seidenmacher und der Fremden von dem Auf-
treten der letzteren den günstigeren Eindruck gewinnen
müssen, wie denn ja auch bei ihnen die größere Intelligenz
vertreten war ^. Die Abneigung der zünftischen Meister gegen
die Neuerungen war ja durchaus verständlich; aber sie artete
doch aus in eine außerordentliche Gehäßigkeit, die sich m
dem Bestreben zeigte, den Konkurrenten, wenn man sie schon
nicht beseitigen konnte, wenigstens das Leben schwer zu
machen und sie an der Ausübung des Gewerbes nach Möglich-
keit zu hindern. Hierzu hatten sie eine vortreffliche Gelegen-
heit in den Visitationen, welche bei deu Seidenfärbern ab-
gehalten wurden, damit das weitverbreitete Schweren der Seide
beim Färbungsprozeß verhindert wurde. Ihr Gesuch zwar,
vermöge ihrer Amtsgerechtigkeit alle Seidenfärber besuchen
zu dürfen , schlug der Rat 1594 ab ; indessen wurden doch
zwei Ratsherren bestellt, welche gemeinsam mit den Seiden-
macher-Amtsmeistern die gewünschten Visitationen vorzu-
nehmen hatten^. Die Amtsmeister müssen aber doch großen Ein-
fluß auf die Ausführung gehabt haben, denn die Haussuchungen
wurden in den nächsten Jahren oft mit außerordentlicher und
unnötiger Härte und schikanös gehandhabt. Regelmäßig
folgten dann die Beschwerden der Geschädigten, und so nahmen,
die Reibereien kein Ende^. Die Visitationen richteten sich,
gegen alle Färber, sowohl die alten Kölnischen, welche die
Färberei allein — auf Bestellung — betrieben, als auch gegen,
die neuen, die Ausländer, welche neben der Färberei noch
das Zubereiten der Seide auf Mühlenwerken ausübten. Gegen
letztere ging man besonders schonungslos vor. So waren dem
Johann Dusart, welcher, wie erwähnt, 1591 die Erlaubnis zur
Niederlassung in Köln erhalten hatte, bei einer Durchsuchung^
seiner Werkstatt am 8. Februar 1594 48 Pfund Seide und
seine Farbkessel konfisziert, sein Betrieb gesperrt worden^
Hierdurch war er in umso größere Verlegenheit geraten, al»^
er eine Anzahl von Bestellungen auswärtiger Kaufleute aus-
Frankfurt, Straßburg, Leipzig und anderen Orten auszuführen
hatte. Speziell die 48 Pfund Seide — sagte er — seien schon
auf der Frankfurter Herbstmesse bestellt worden und zwar
von einem Kaufmann aus Wetzlar, der jetzt in Köln sei und
auf Lieferung dränge. Trotzdem Dusart nun seine I^age in
mehreren Beschwerden ausführlich schilderte, erhielt er weder
^ Ähnlich das Urteil Geerings fiir die analogen Verhältnisse in Basel,,
a. a. 0. S. 440.
2 Archiv, Rpr. 44, 116. 24. Januar 1594.
8 Archiv, Seidamt, 16. Jh. ff.: 75 ff., 77 ff., 79, 80, 82, 92 ff, 97 ff., 105,.
108, 110, femer Rpr. 44, 148, 154.
128.
81
seine Kessel zurück, noch eine Entscheidung in der Angelegen-
heit. Schließlich schreibt er am 5. September 1594 an den
Rat^ er habe nun schon so oft um „Restitution" seiner Farb-
kessel und um die Erlaubnis, seine Arbeit wieder aufnehmen
zu dürfen, gebeten ; es sei aber noch nichts erfolgt. Nun habe
er schon acht Monate abgewartet und „nahrungsTos gesessen" •
er könne Weib und Kind nicht ernähren, wenn er müßig sei!
Und in einem ferneren Gesuche sagte er: ihm sei seinerzeit
von dem regierenden Herrn Bürgermeister versprochen worden,
er solle in Köln guten Gewinn haben; andernfalls wäre er
gar nicht hergekommen; daraufhin habe er mit schweren
Kosten seine guten Kessel und Gerätschaften, die etliche
tausend Gulden wert seien, hierher geschafft, und nun seien
ihm die Kessel, einige hundert Taler wert, zerbrochen. Eine
Entscheidung ist leider nicht erhalten.
Die Visitationen wurden auch in den nächsten Jahren
häufig vorgenommen, wenn auch nicht immer mit derselben
Rücksichtslosigkeit, welche man bei Dusart gebraucht hatte.
Allerdings scheint eine Kontrolle vom Standpunkte der Er-
haltung einer guten Ware damals auch durchaus angebracht
gewesen zu sein, denn das Färben bot Gelegenheit zu Be-
trügereien ; sie wurde auch reichlich ausgenützt. Das Schweren
der Seide war damals soweit verbreitet, daß die Städte sich
untereinander wegen wirksamer Gegenmaßregeln verständigten,
und daß selbst von Reiches wegen Verbote nötig wurden, die
man freilich fast nirgends beachtete. Das Schweren war, wie
es einmal in den Seidamtsakten heißt, „ein gräulicher um
sich fressender Landbetrug" ^.
Den zünftischen Seidenmachern und Seidenmacherinnen
war das Färben durch die Amtsbriefe, zuletzt noch durch den
Transfixbrief von 1506 streng verboten und ursprünglich nur
den zünftischen Färbern überlassen, sodaß beide Gewerbe.
scharf gesondert waren. Hierin trat nun eine wesentliche
Änderung ein. Die Ausländer nämlich betrieben das Seide-
färben und das Zwirnen nebeneinander und betonten nach-
drücklich die Notwendigkeit, die beiden Prozesse zu ver-
einigen. In einem Bericht an den Rat^ äußern sie sich: alle
Seidenmacher [d. h. die zünftischen] machten einerlei Arbeit;
daher habe die Bestimmung, daß niemand sein eigenes Gut
1 Archiv, Seidamt, 16. Jh. if.: 75, 80, 110, 112. ,,.,,,,
2 Verständigungen zwischen Köln und dem Herzogtum Jülich-KleTe-
Berg 1600 (Seidamt, 17. Jh. I. f. 48); zwischen Köln und Düsseldorf 1«)1
(Archiv, Rpr. 51); zwischen Köln und Frankfurt (Seidamt, 17. Jh. I., ^X —
Regensburger Reichstagsabschiede 1594 und 1603 s. eine Eingabe »Ämüicher
Meister und Meisterinnen des Seidamts vom 31. Deiember 160H (Archir,
Seidamt, 17. Jh. I. 69 ff.,; am 24. Februar schreibt das Seidamt an den jtat:
in Wetzlar, Hanau und Frankenthal habe man nichts angeordnet (Seidamt
a. a. 0. f. 58 f.). ,,^
« Archiv, Seidamt, 17. Jh. I. f. 28 f. ohne Datum, Tor 1599.
Forschungen 128. — Koch. 6
82 128.
färben solle, früher wohl Vernunft gehabt, und, soweit es sich
nur um „Kölnisches Band" handle, könne es ja auch ferner
dabei bleiben; das Räderwerk aber sei eine neue Kunst, und,
jetzt bediene man sich außerdem einiger neuer Farben, die
man früher nicht gekannt habe; es sei daher nicht ratsam,^
das Färben von dem Bereiten zu trennen, [also, weil es sich
in beiden Fällen um neue Erfindungen handelte, denen diei
Seidenmacher nicht gewachsen seien]. Der Betrieb würde
jetzt auch überall in der neuen Weise gehandhabt, in Deutsch-
land, den Niederlanden und in Italien, „dem Vaterlande derj
Seide, und des Seidenhandels". Insbesondere berufen sich diei
Fremden auf Nürnberg, wo die neue Kunst jetzt eingeführt
sei. Ähnlich sagen sie in einem anderen Bericht^, daß der-i
jenige, welcher mit Stepp-, Näh- und Werkseide handle, auchi
sein eigenes Rohmaterial färben müsse; man brauche dann
„nicht auf andere zu warten, sondern könne sich selbst helfen";
wer sein eigen gefärbtes Gut verkaufe, der sorge schon selbst
dafür, daß er „redliche Handlung übe." Überdies sei an dem
Zubereiten ungesch werter Seide wegen der Konkurrenz der
billigen gesch werten Seide nur ein so geringer Gewinn zu
erzielen, daß man überhaupt nicht mehr bestehen könne, es
sei denn, man könne auch noch den Gewinn aus dem Färben
mitnehmen.
Die Arbeitsweise der Fremden bedeutete natürlich einen
wirtschaftlichen Fortschritt. Andererseits freilich ließ sich bei
ihr weit schwerer verhindern, daß in verbotener Weise ge-
färbt wurde ; dennoch waren die Verdächtigungen der Zunft-
meister häufig unbegründet, und in zahlreichen Fällen mußte
die konfiszierte Seide wieder zurückgegeben werden ; bisweilen
freilich wurde auch geschwerte Seide gefunden. Aber die
biederen Zunftmeister waren nicht besser; ein Zunftmeister
gibt vor dem Rat zu, daß das ganze Seidamt mit falscher
Ware handle; alle Kaufleute — so entschuldigt er sich —
innerhalb und außerhalb Kölns täten dasselbe. Und in einem
Bericht über das Seidamt ^ wird gesagt, die vom Seidamt
hätten in großen Massen geschwerte Seide in Frankfurt auf-
1 Archiv, Seidamt, 16. Jh. f. 203 ohne Datum.
2 Archiv, Rpr. 47, 300, 1598, Januar 5 und Seidamt 17. Jh. L, f. 8. —
Auch heute noch ist die Frage der Seidenschwerung auf der Tagesordnung
und war Gegenstand der Besprechung auf dem „internationalen Kongreß zur
Prüfung der Seidenerschwerungsfrage" in Turin, im September 1905. Es
kam zu keinem Ergebnis. Der Gedanke, so führte man aus, der immer
mehr überhand nehmenden Beschwerung entgegen zu arbeiten, sei zwar löb-
lich, aber einmal sei die Kontrolle unmöglich und dann eine Präzisierung
der erlaubten Beschwerung schwierig. Daß eine Beschwerung in gewissen
Grenzen statthaft sein müsse, war allgemeine Meinung; daher waren nam-
hafte Sachverständige gegen jedes Verbot, denn — sagten sie — billigere
Qualitäten von Seidenwaren müßten auch hergestellt werden, gerade in
128. 83
gekauft und dort, sowie in Leipzig, Naumburg und in ihren
Häusern in Köln verkauft. Die Gewohnheit des Seide-
«rschwerens war eben allgemein verbreitet.
Die Differenzen zwischen den beiden Parteien der Ge-
werbetreibenden waren geeignet, einer gedeihlichen Weiter-
entwicklung des Seidengewerbes entgegenzuwirken. Allgemein
wurde es empfunden, daß es unmöglich sei, die neue Arbeits-
weise mit den geltenden Bestimmungen in Einklang zu bringen.
Man hatte daher den dringenden Wunsch nach einheitlicher
Regelung des Gewerbebetriebes unter Berücksichtigung der
neuen Veränderungen.
Der Rat der Stadt wußte nicht recht, wie er sich zu der
schwebenden Frage stellen sollte und schob seine Entscheidung
zunächst hinaus. Schließlich mußte er aber doch eine Ent-
scheidung fällen, zumal er von beiden Seiten, namentlich aber
von den Meistern des Seidamts, gedrängt wurde. Verschloß
er sich einerseits auch nicht der Einsicht, daß die neue Be-
triebsmethode Vorteile bringe, so konnte er sich doch anderer-
seits nicht von den überkommenen Anschauungen frei machen
und glaubte, in erster Linie die zünftischen Handwerker und
„Mitbürger" in ihren Privilegien erhalten zu müssen. Immer-
hin zeigt er eine für seine Zeit frei zu nennende Auffassung,
indem er die neuen, unzünftischen Gewerbetreibenden grund-
sätzlich zuläßt, gegen den Wunsch der Seidenmacher. Die
entscheidende Verordnung war die auf Grund mehrerer Gut-
achten erlassene „ Räder- und Mühlenordnung" vom 20. Dezember
1599 \
Um den Seidenhandel, der eine Reihe von Jahren sehr
darniedergelegen habe, wieder hoch zu bringen, gestattet der
Rat fortan sowohl den alten Seidenmachern als auch den
„Neuankommenden" die Aufstellung und Benutzung von Räder-
und Mühlen werken. Den zünftischen Seidenmachern solle
dadurch nichts von den ihnen in den Amtsbriefen verliehenen
Gerechtsamen genommen werden, denn das neue ^Ve^k sei
eine „abgesonderte und neue Kunst", welche durch die Amte-
briefe nicht berührt sei. Doch wurde die Herstellung gewisser
Posamentierwaren, von Schlangenschnüren , Seiden band und
Fransen, den Seidenmachern vorbehalten, da sie hierauf be-
sonderen Wert gelegt hatten. Im übrigen waren die un-
zünftigen Meister in ihrem Gewerbebetrieb nicht beschrnnkt,
nur wurde ihnen eine jährliche Abgabe von 5 Goldgulden für
jedes Mühlenwerk auferlegt, von der die Zunftraitglieder frei
r
diesen habe eine außerordentliche Konsumvergrößerung «^«»^«efunden , das
sei nur mit Hilfe der Seidenerschwerung möglich gewesen. Bencht der
Frankfurter Zeitung Nr. 253 vom 17. September 1J05).
1 Archiv Z, 171 und Seidamt 16. Jh.
84 128.
waren. Außerhalb Kölns durften von Kölnern keine Mühlen
oder Färbereien betrieben werden. Wer mit dem Mühlen-
werk zu arbeiten beabsichtigte, mußte zuvor seine Befähigung
dazu nachweisen. Das Färben der Seide wurde in die Hände
von zwei oder drei vereideten Seidenfärbern gelegt, für deren
Vermehrung, wenn sie notwendig werden würde, der Rat
Sorge tragen wollte. Alle andere Gewerbetreibenden aber
sollten sich des Färbens „gänzlich enthalten". Zwei Schau-
meister, welche mit den Amtsmeistern zusammen die Werk-
stätten zu besichtigen hatten, sorgten dafür, daß nicht minder-
wertige Seide eingeführt würde.
Das sind die wesentlichen Bestimmungen der Ordnung
von 1599. Sie enthält die offizielle Anerkennung und die
allgemeine Einführung der Zwirnmühle, ferner die Anerkennung,
aber auch eine starke Beschränkung der ünzünftigen.
Der vom Rat erhoffte Aufschwung des Seidengewerbes
blieb aus. Die politischen Zustände, vor allem der dreißig-
jährige Krieg mit seiner wirtschaftlichen Depression waren
dem Seidengewerbe nicht günstig, da der auswärtige Absatz,
der in erster Linie auf deutsche Märkte gerichtet war, leiden
mußte. Jetzt kam den Städten Basel, Zürich und Hamburg
ihre mit Bezug auf die Kriegswirren günstigere geographische
Lage zu statten. Während hier die unlängst begründeten
(oder für Zürich: neubegründeten) Seidenmanufakturen sich
rege weiter entwickelten, während ebenso die niederländischen
Seidenstädte zu blühen begannen, ging das Kölner Seiden-
gewerbe allmählich zurück, nachdem es im Laufe der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts bereits seine hervorragende
Stellung verlassen hatte.
Auch im Kölner Seidengewerbe selbst war eine bemerkens-
werte Wandlung vor sich gegangen. Die Seidenmacher waren
von der StofFweberei immer mehr zu einem Spezialzweige,
der Bandweberei übergegangen; daneben verarbeiteten sie
Florettseide zu Fransen, Schnüren und Posamenten aller Art.
Sie fertigten auch noch Seidenstoffe, aber vorwiegend leichte
Satins, „Caffa" genannt. Auch Sammetwirkerei war vertreten;
1590 werden die Boratten- und Flawelenmacher erwähnt ^ ; sie
spielten aber keine große Rolle. Die Färberei blühte nach
wie vor; auch die Seidenfärberei erfreute sich noch lange
eines bedeutenden Rufes. (Ich erwähnte schon, daß bis 1724
die Krefelder Firma von der Leyen in Köln färben ließ).
Die Wappensticker scheinen mehr in den Hintergrund ge-
treten zu seift; aber ihre alte Zunft bestand noch; so werden
sie 1609 erwähnt in einer Beschwerde über die Ausübung
ihres Gewerbes in den Klöstern^. Seit dem ersten Drittel
* Archiv, Seidamt, 16. Jh., 1590 ult. August.
8 1?.Kan/1oo "7 lÖß
Ebendas. Z. 186.
128. 35
des 17. Jahrhunderts bestand auch ein besonderes Posaraenter-
amt, welches 1659 eine neue Ordnung erhielt ^ 1658 werden
Meister des Seidzwirneramts erwähnt 2, 1701 Seidenk ratzer»
Die Seidenkratzergesellen gründeten 1701 eine Bruderschaft*
die Artikel, welche sie am 23. Fepruar 1701 aufgestellt hatten!
wurden 1736, am 6. Juni förmlich bestätigt. In demselben
Jahre, am 23. Juli bestätigte der Rat auch die Bruderschafts-
satzungen der Großgezäuwergesellen (Weber mit „großen
Stühlen")*.
So wurden auch jetzt noch viele Zweige des Seiden-
gewerbes in Köln betrieben, aber in den Vordergrund trat
die Bandfabrikation. Das Passementergewerbe wurde jetzt der
wichtigste Teil des Seidengewerbes.
Auf dem Gebiete der Bandfabrikation erscheint, nachdem
die durch die Zwirnmühle gestörte Ordnung mit vielen
Schwierigkeiten wenigstens äußerlich wieder hergestellt war,
im Laufe des 17. Jahrhunderts eine neue maschinelle Er-
findung, welche in noch höherem Grade geeignet war, das
zünftige Handwerk in Aufregung zu versetzen. EJs war die
Band- oder Schnurmühle, auch Band- und Mühlenstuhl ge-
nannt.
Zunächst zeigte sich die Bandmühle in Köln in der Form
eines richtig zum Weben mit Tritten und Schäften ein-
gerichteten Stuhles, auf welchem gleichzeitig mehrere Gewebe
verfertigt werden konnten^. Man nannte sie „große" oder
„kompendiöse" Stühle im Gegensatz zu den bisher in Ge-
brauch gewesenen „kleinen". Dieser Bandstuhl fand ohne
Schwierigkeit Eingang in Köln. Durch Ratsregistratur vom
19. Dezember 1656 wurde der Zunft der Posamentierer „auß
verschiedenen dazu bewegenden Ursachen der compendiöser
Lintenstühl Gebrauch gnädig bewilligt". In der unter dem
2. Juli 1659 erlassenen Ordnung für die Posamentierer® werden
Einzelheiten für den Gebrauch der Stühle angeordnet. 1. Zu-
nächst wird genau unterschieden zwischen den kleinen , zur
Herstellung von Gold-, Silber- und Seidenpasseraenten, Galonen
1 Ebendas. Z. 155. Passementerordnung vom 2. Jnli 1659; es sind
Artikel aus den Jahren 1627, 1628 und 1652 erwähnt und berücksichtigt.
2 Ebendas. Seidamt 17. Jh. IL f. 82. v. 1658, Dezember 6
8 Ebendas. 18. Jh. 1701, Januar 23 Reglement betreffend die Seiden-
** Archiv, Seidamt, 18. Jh. 1701, Januar 23.; 1736, Mai U. (fol. 27 f.)
Z. 173 und Z. 156.
5 Vgl. Hintze 42. — Auch in Zürich hat es sich wohl tun^kchsl um
diese Form der Bandmühle gehandelt und nicht (Bürkli-Meyer 111 f.) um
die „Bändelmühle". In dem Bericht der über ihre Einführung beratenden
Kommission wird angegeben (1669): man suche die tabnkaüon von Horett-
band auch an anderen Orten zu etablieren; in Basel, Cbur und hchaffhauten
sei es bereits geschehen, in Köln sei die Bandmühle schon von altersher.
« Archiv, Z. 155.
86 128.
und Korden dienenden Stühlen und den großen oder kompen-
diösen Stühlen, auf welchen die Fabrikation schmaler Ge-
webe gestattet, breiterer aber verboten war; 2. Beide Arten
von Stühlen sollten nicht von einem und demselben Meister
in Gebrauch genommen werden, doch war der Übergang von
großen zu kleinen Stühlen erlaubt; 3. Damit „Einer neben
dem andern bei dieser Gesellschaft (sie.)" bestehen — oder
wie es wörtlich heißt „Lebensmittel erreichen" — könne, wird
die Höchstzahl der bei einem Meister arbeitenden Stühle vor-
geschrieben, aber nur die der kompendiösen : man durfte auf-
stellen: entweder vier zu zwei Tritten von 12 — 14 Gängen
oder acht von 6 — 7 Gängen ; 4. Der Gebrauch der Bandmühle
ist nur dem gestattet, der die Meisterqualifikation bei einem
Passementwirkerhandwerk erlangt, oder bei einem „kompen-
diösen Meister" drei Jahre als Lehrjunge und drei als Knecht
in oder außerhalb der Stadt gelernt hat; 5. Die Anzahl der
Stühle ist auf der Rentkammer anzumelden und für jeden
Stuhl eine Abgabe (jährlich 1 Taler für die großen, V2 Taler
für die kleinen Stühle) zu entrichten ; 6. Den Meistern der
kompendiösen Bandstühle ist in keiner Weise gestattet, mit
ihren Bändern Handel zu treiben , sie dürfen nur die Kauf-
leute mit „guter, aufrichtiger" Arbeit versehen.
In der letzten Bestimmung lag eine starke Einschränkung
der mit dem neuen Bandstuhl arbeitenden Handwerker; im
ganzen sah man aber diesen Apparat noch nicht als ein ge-
fährliches Werkzeug an und ließ ihn deshalb zu. Das lag
wohl daran, daß dieser Bandstuhl noch mit Tritten und
Schäften zum richtigen Weben versehen war, und daß somit
auf ihm noch die Tätigkeit des Webens, also die persönliche
Handarbeit deutlich zum Ausdruck kam. Das war nicht der
Fall bei der sehr bald, vielleicht gleichzeitig in Köln auf-
tretenden vervollkommneten Bandmühle.
Diese Bandmühle fertigte gleichzeitig 16 und mehr Bänder
an; das wesentlichste aber war, daß sie selbsttätig arbeitete
und von einem einzigen, noch nicht einmal qualifizierten
Arbeiter in Bewegung gesetzt werden konnte ^. Gegenüber
den bisherigen einfachen Stühlen bedeutete die Bandmühle
einen gewaltigen technischen Fortschritt, denn hier konnte
ein Arbeiter die Arbeit von sechzehn verrichten, machte also
fünfzehn Arbeiter überflüssig. Die Benutzung des Bandstuhles
mußte natürlich eine vollständige Revolution in der Band-
fabrikation hervorrufen.
Wo er sich eingeschlichen hatte, wurde er sofort ver-
boten, und fortan seine Benutzung mit den strengsten Maß-
1 Vgl. Hintze 42. Über die Erfindung und das Aufkommen der Band-
mühlen vgl. Röscher, III, 578, Anm. 2 und Krünitz, Bd. 3, 500.
128. 87
nahmen verhindert. Obrigkeit und Zunft waren einig in der
Abwehr der neuen Maschine, erstere aus sozialpolitischen
Gründen, weil man fürchtete, daß viele Menschen brotlos
werden würden, letztere vor allem deswegen, weil sie mit
ihrer alten Methode gegen die neue nicht aufkommen konnten.
Fast allgemein verbot man die Bandmühle, in Deutschland,
in den Niederlanden, in England, zum Teil auch in der
Schweiz. Die Verbote wurden stellenweise bis über die Mitte
des 18. Jahrhunderts hinaus aufrecht erhalten.
Wann die Bandmühle in Köln aufgekommen ist, ist nicht
festzustellen. Allgemein, und wohl auch hier, hat man sie
zunächst ruhig zugelassen, weil man glaubte, man könne auf
ihr nichts anderes als leinene Schnüre verfertigen. Da aber
fing man an, auch Florettband auf ihnen zu weben, und
„alsobald haben viel tausend Menschen den schädlichen Effekt
dieses Anfangs gespühret" , wie das gräflich hanauische
Memorial vom 4. (14.) Januar 1687 sich ausdrückt. In Köln
„allwo ein ehrsamer Rath den gantzen schädlichen Effect
dieser Fabric in der That selbst erfahren", wurden etwa
1675 die ersten Maßregeln ergriffen; worin sie bestanden
haben, wissen wir nicht ^. Es ist bezeichnend, daß man überall
nur die schädlichen Wirkungen der Maschinenarbeit sah,
nicht aber ihre augenfälligen technischen Vorzüge. Schließ-
lich ging man auch von Reichs wegen vor; durch ein kaiser-
liches Edikt d. d. Wien, 19. Febr. 1685 2, erneuert 1719, in
Köln publiziert 1720, wurden die Band- oder Schnurmühlen
für das ganze Reich verboten, ebenso der Handel mit un-
zünftig auf jenen verfertigten Waren. Der Wortlaut der Be-
gründung des Edikts ist ein klassisches Denkmal für die da-
maligen Anschauungen. Die Schnurmühlen — heißt es —
hätten derart überhand genommen, daß nicht allein dadurch
gedachtes Posamentierer- und Schnurmacherhandwerk von
Tag zu Tag abnehme und „so gar zu Boden geworffen werden
wolle", sondern auch so viel tausend Personen und ganze
Familien an den Bettelstab und dahin gebracht würden, daß
sie bey ermangelnder anderwärtiger Nahrung denen Herr-
schafften und Obrigkeiten zur Last fielen. Gegen „Ernehrung
einer Person" würden „wol 16 andere zu Grunde gerichtet
und dem gemeinen Besten untauglich gemacht". Auch stehe,
meinte man, die Qualität der auf den Bandmühlen verfertigten
Waren an Güte weit hinter der Posamentiererarbeit, sogar
hinter der ganz ordinären zurück.
1 Über das hanauische Memorial Faber, Europäische StaaU-CanUlejr,
1697, Fasciculus II: Von allerhand Handwerks- Sachen, p. ^ff. Auch Archiv
Ratsedikte 4, f. 149, Schreiben Kölns an die hanauische Regierung.
2 Faber, a. a. 0. 106 ff. — Ratsedikte Bd. 4.
88 128.
Die Verbote der Bandmühlen und der auf ihr gefertigten
Waren scheinen aber keinen dauernden Erfolg gehabt zu
haben, denn sie mußten — wenigstens war es in Köln so —
beständig wiederholt werden, zum letzten Male 1756*.
Wann die Bandmühle in Köln ohne Einschränkung er-
laubt wurde, ist nicht bekannt, ebenso nicht, ob dieses durch
einen besonderen Erlaß geschehen ist, oder ob man sie schließ-
lich nur stillschweigend duldete.
Nur an wenigen Orten hatte man schon im 17. Jahr-
hundert eine etwas reifere Anschauung und sah auch die
volkswirtschaftlichen Vorteile der Neuheit. In den Nieder-
landen, die ja damals überhaupt wirtschaftlich an der Spitze
standen, wurde die Bandmühle wenigstens mit der Beschrän-
kung auf gewisse Waren zugelassen, und im 18. Jahrhundert
war sie allgemein in Gebrauch. Ohne jede Einschränkung
wurde sie 1670 in Basel eingeführt. Die Obrigkeit dieser
Stadt bewies damit ein bemerkenswertes Maß wirtschaftlicher
Aufgeklärtheit, was um so mehr zu beachten ist, als hierin
Basel unter den Stadtwirtschaften eine Sonderstellung ein-
nahm, und als dort die Zünfte herrschten. Diese Sonder-
stellung sicherte der Baseler Bandfabrikation einen Vorsprung,
der wesentlich dazu beigetragen hat, daß sie immer an erster
Stelle blieb. Allerdings lagen die Verhältnisse in Basel
weniger schwierig, denn hier war kein Widerstand einer alt-
angesessenen seidengewerblichen Tätigkeit zu überwinden.
Das Seidengewerbe ist hier erst in der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts zur Bedeutung gekommen, eingeführt durch
Locarner. Sie brachten, ähnlich wie die Einwanderer in Köln,
mit ihrer Kunstfertigkeit zugleich auch die neue Betriebsweise
mit, die wir auch in Köln kennen lernten: Verbindung der
Seidengarnfärberei mit der Weberei und lokalisierte Fabrikations-
weise, daneben bestand auch noch Hausmanufaktur ^. Auch
in Zürich hatten eben diese Locarner das Seidengewerbe,
welches fast zweihundert Jahre lang geruht hatte, neu ein-
geführt; hier aber machte ihnen die Feindschaft der an-
gesessenen Bürger das Leben schwer, und lange dauerte es,
bis sie durchdrangen; namentlich die kleinen Sammetweber-
meister waren es, die über die Konkurrenz der südländischen
Fabrikanten heftig Klage führten und den Rat von Zürich
zu einer ausführlichen Sammetweberordnung, 1568, veranlaßten.
Archiv, Katsedikte:
Bd. 20, S. 62 vom 1726, März 6.;
Bd. 20, S. 63 vom 1740, April 8.
Bd. 20, S. 63 vom 1743, August 30.
Bd. 20, S. 64 vom 1749, Mai 2.
Bd. 4, S. 154 vom 1756, Oktober 16.
Geering, Basel, 462 flf.
128. 80
Durch diese Ordnung wurden die fremden, freien Gewerbe-
treibenden in zünftische Schranken hineingezwängt und in
ihrem Streben nach Vergrößerung und Verbesserung ihrer
Betriebe stark behindert. Der Ausgang der Kämpfe zwischen
Alten und Neuen war hier also ein ähnlicher wie in Köln,
obgleich die Räder- und Mühlenordnung von 1599 den Fremden
doch eine größere Freiheit beließ; in Köln konnten sie mit
gewissen Beschränkungen ihr Gewerbe ausüben, ohne durch
Zunftzwang gehemmt zu sein. In Basel aber kam der Rat
den Italienern weit mehr entgegen, sodaß hier die Betriebe
sich nach Wunsch entwickeln konnten. Immerhin war auch
hier ein Widerstand der kleinen Meister vorhanden, aber er
war lange nicht so groß wie in Köln , wo die Handwerks-
meister auf eine Jahrhunderte lange Vergangenheit zurück-
blickten und sich immer auf die alte Blüte des Gewerbes be-
rufen konnten. So siegte in Basel ohne weiteres der neue
Betrieb, während er in Köln zwar geduldet wurde, sich aber
gegenüber dem noch immer sehr kräftigen und vom Rat mit
Wohlwollen behandelten handwerksmäßigen Betrieb nicht in ge-
wünschtem Maße durchzusetzen vermochte. Dieser handwerks-
mäßige Betrieb aber war ein anderer geworden; es waren
nicht mehr dieselben Meister, wie zur Zeit der Blüte des
Kölner Seidengewerbes, um 1500. Gerade die frei arbeitenden
Meister waren es gewesen, welche das Gewerbe dadurch zu
«0 hoher Blüte gebracht hatten, daß sie Gewerbe und Fern-
handel in ihrem Betriebe vereinigten. Das wurde anders, als
die Zanftschranken, namentlich seit 1506, in höherem Grade
ein Hemmnis für eine zeitgemäße und gesunde Weiterentwick-
lung zu werden begannen. Jetzt folgte der Gewerbebetrieb
nicht mehr in demselben Maße den an ein Exportgewerbe zu
stellenden Anforderungen, wie er es früher getan hatte. Als
die fremden Einwanderer nach Köln kamen, konnten sie die
einheimischen Meister mit Recht rückständig und unverständig
nennen.
So war es denn in Köln den zünftischen Posamentierern,
den an Zahl und an Bedeutung wichtigsten Repräsentanten
des Seidengewerbes, gelungen, die Weiterentwicklung des
Seidengewerbes in der Richtung der „Großindustrie'* zu ver-
hindern. Ihnen zur Seite stand ein Rat, der weniger auf-
geklärt war, wie zur Zeit des ersten Auftretens der Italiener.
Der Umstand, daß sich die gefährlichsten Konkurrenten Kölns.
die niederländischen Städte, dann aber auch Basel und sogar
Zürich, weit früher zur Duldung der Bandmühle entschlossen,
mußte das ohnehin schon um seine Existenz ringende Kölner
Seidengewerbe schwer schädigen. Die Stellung dieser StÄdte
der Bandmühle gegenüber war ja nicht nur eine momentane,
durch irgend welche lokalen Verhältnisse hervorgerufene hnt-
Schließung, sondern sie bewies eine reifere wirUchaftliche
90 128.
Auffassung. Eine andere Konkurrenz erwuchs Köln in Hanau^
Frankenthal und am spätesten in Krefeld; in diese Städte
war, wie nach Basel , das Seidengewerbe erst durch fremde
Einwanderer hineingebracht worden. Hier kam von Anfang
an die neue Betriebsweise zur Geltung, denn hier waren gar
keine alten Vorurteile zu überwinden. Hier waren es die
Territorialherren, welche das Gewerbe kräftig förderten; sie
bedienten sich der neuen Betriebsformen, die sie als in wirt-
schaftlichem und fiskalischem Interesse liegend erkannt hatten.
Köln, die alte Reichstadt mit ihrem eng begrenzten Wirtschafts-
gebiet vertrat die reine Zunftpolitik, außerhalb der Reichs-
städte kommen moderne Formen auf. Hanau und Franken-
thal brachten es indessen nicht zu dauernder Blüte, ebenso
wenig Hamburg. Anders Krefeld.
Der Niedergang des Kölner Seidengewerbes hat sicher-
lich dem Emporkommen des Krefelder Vorschub geleistet.
In Krefeld war die Seidenindustrie allerjüngsten Datums;
erst gegen 1670 war sie durch Heinrich v. d. Leyen, welcher
von Radevormwalde nach Krefeld übergesiedelt war, begründet
worden, um von da ab bis heute ununterbrochen zu blühen^.
Zunächst bestanden die Seidenindustrien in Krefeld und in
Köln nebeneinander. Ja, Krefeld war sogar in gewissem
Grade abhängig von Köln; denn bis 1724 ließ man alle Seide
in Köln färben, und erst in diesem Jahre machte die Firma
V. d. Leyen sich von Köln unabhängig und errichtete eine
eigene Färberei. Zugleich begann Krefeld, Köln die lebhafteste
Konkurrenz zu machen; schon 1720 hatte Peter v. d. Leyen.
in Köln ein Kommissionslager in Nähseide angelegt 2, den
Konkurrenten so im eigenen Lager bekämpfend. In Krefeld
wurde die Seidenindustrie sogleich in großindustrieller Weise
betrieben ; ein unternehmender Kopf mit Kapital stand an der
Spitze, die Regierung nicht hemmend, sondern fördernd zur
Seite. Bald war der Betrieb der Firma Leyen so ausgedehnt,
daß er sich nicht auf die Stadt beschränkte, sondern gewerb-
tätige Hände in weitem Umkreise, auch im Kölnischen, in.
hausindustrieller Weise beschäftigte.
Der Konkurrenz der Krefelder Industrie war die Kölner
nicht gewachsen; das alte Kölner Seidengewerbe ging immer
mehr zurück. Gerade in der Periode der Schwächung des^
Gewerbes aber hielten die Zunftmeister am eigensinnigsten
am Althergebrachten fest, während doch Hilfe nur von einem
freien und den Anforderungen gerecht werdenden Betriebe zu
erwarten gewesen wäre. Die ewigen Chikanen gegenüber den
1 Über die Seidenindustrie in Krefeld s. H. Keusseo, Krefeld p. 455 ff.
und Hintze p. 99 ff.
2 H. Keussen, Krefeld.
128. 91
nicht zünftischen Fabrikanten ließen diese auf die Dauer
nicht aufkommen. An Versuchen, sich in Köln festzusetzen,
fehlte es nicht; 1669 errichtete ein Isaac Louis de Bezgondey
de Ste. Colombe eine Fabrik von Manufakturwaren, Gold-,
Silber- und Seidenstoffen ^ andere Firmen, vor allem Muhling,
kommen zu bedeutendem Ansehen. Aber den größeren Unter-
nehmern gerade wurde durch die Zünfte arg zugesetzt, sodaß
manche von ihnen mit Auswanderung drohten und schließlich,
der Belästigungen müde, wirklich auswanderten. Den Anfang
machten 1714 zwei namhafte Seidenfabrikanten, Andrelli und
Mühling; sie zogen nach Mühlheim a. Rh., welches bergisch
war^. Mancher andere mag gefolgt sein.
Erloschen war freilich das Gewerbe noch nicht; es
schleppte sich fort bis ins 19. Jahrhundert hinein. Aber es
war für Kölns Wirtschaftsgeschichte nicht mehr von Be-
deutung. Vereinzelt nur standen größere Fabrikbetriebe;
so verlegte 1791 Heinrich Dahmen seine Seiden- und Sammet-
fabrik von Deutz nach Köln^; an Ausdehnung war freilich
das Gewerbe noch um 1800 nicht unbedeutend, wohl aber an
wirtschaftlichem Erfolge. Der Absatz Kölner Seidenwaren
mußte immer mehr an Boden verlieren, je zahlreicher in der
Zeit merkantilistischer Förderung der Seidenmanufakturen,
mit oder ohne Seidenzucht, in Deutschland allenthalben
Fabriken entstanden und unter dem „fürsorglichen Schutze"
der Territorialherren zu einer — allerdings meist vorüber-
gehenden -^ gewissen Blüte gebracht wurden. In Preußen,
Sachsen , Baden und der Pfalz , überall suchte man mit allen
Mitteln eigene Seidenmanufakturen zu kultivieren. Nach 1794
waren in Köln viele Leute* im Seidengewerbe beschäftigt, vor
allem mit der Herstellung von Zopf- und Sammetband, welches
in großen Mengen ins Ausland, besonders nach Rußland, ver-
schickt wurde. Seit die Zöpfe beim Militär und auch sonst
— meint Peter Fuchs naiv — abgeschafft wurden, habe dieser
Erwerbszweig an seiner früheren Stärke sehr eingebüßt. Da-
mals habe es auch noch einige Fabrikanten von Seidenstoffen
gegeben; sowohl zur französischen Zeit wie auch unter
preußischer Herrschaft sei die Seidenfabrikation mit ab-
wechselndem Erfolge je nach dem Absatz ins Ausland in der
Stadt Köln betrieben worden.
In unbedeutendem Umfange bestand Seidenindustrie noch
im 19. Jahrhundert.
1 Archiv, Seidamt, 17. Jh. II, f. 103 v. 1669, Febr. 13.
« Archiv Düsseldorf, Jülich-Berg, Handel und Gewerbe Nr. 1. vol. II».
8 Archiv, Seidamt, 18. Jh. f. 39, 1791, Juni 6.
* Fuchs, Topogr. 247.
92 128.
Längst aber war das Kölner Seidengewerbe nur noch
ein schwacher Abglanz vergangenen Ruhmes. Durch sechs
Jahrhunderte fast, länger und vor allem in größerer Bedeutung
als in irgend einer andern deutschen Stadt hat es sich in
Köln zu halten vermocht, bis es neu aufstrebenden Konkur-
renten weichen mußte. Lange Zeit hindurch war Köln die
„Seidenstadt" Deutschlands gewesen, bis c. 1700 war es die
„rheinische Seiden Stadt".
Beilagen.
I. Urkunden zur Organisation des Kölner Seidengewerbes.
1. 1397 Apr. 14, Amtshrief der Wappensticker,
V. Loesch, Zunfturkunden Nr. 77.
^. 1397 Apr. 14. Amtshrief der (Goldschläger und) Gold-
Spinnerinnen.
V. Loesch, Zunfturk. 19.
5. (1396 Juni 18. — 1397 Apr. 14.) Satzungen für die
Meister und das gemeine Amt der Färber von Leinengarn,
Seide, Sindel und Kogeler.
V. Loesch, Zunfturk. 29.
4. (1437 Bez. 16. Erster Amtshrief) ; (1461 Febr. J27. Zweiter
Amtshrief) ; 1469 Juni 20. Dritter Amtshrief der Seider^
macherinnen.
V. Loesch, Zunfturk. 652.
Die beiden ersten Briefe sind nicht mehr vorhanden.
5. (1469 Amtshrief der Seidenspinnerinnen).
vgl. V. Loesch, Zunfturk. (32.
Der Brief ist nicht mehr vorhanden.
6. 1470 Aug. 22. Vierter Amtshrief der Seidenmacherinnen.
V. Loesch, Zunfturk. 63.
7. 1470 OM. 24. Transfixhrief zu 6.
V, Loesch, Zunfturk. 658.
8. 1480, Fünfter Amtshrief der Seidenmacherinnen.
V. Loesch, Zunfturk. 64.
9. 1506 Januar 14. Transfixhrief.
94 128.
Wir Burgermeistere und Rath der Stade Coln, thun kunt
alremallich, datt wir uff huide datum diss unseres Transfix-
brieffs dese hernach geschreven Puncten mit raide unser und
der geschickder frunde uss allen Reden und Vierundvierzigen
eindrechtlich geschlossen und vertragen haint und willen auch
dieselven von nun vortan vast, stede und unverbrüchlich ge-
halden haven, bei den boissen und poenen hernach geschreven :
Annahme der Lehrmädchen.
1. Zum Irsten so haint wir gesatzt und ordinirt, dat
man gheine jonge dochtere oder Leermaitger an dat ampt
empfangen, annehmen oder die gerechtigkeit des amptz ver-
lehenen soll, dan alleine den jhenen, die van vader und moder
in eligem stayde und gheine Bastarde geboren seint, und dat
sy zuvore den meistern und meisterschen davon genügsame
kuntschafft, schein und beweiss gedan haven.
Eintritt.
2. Vort so sollen die meistere und meisterschen niemantz
an dit ampt entfangen, der under seinen eilff jairen allt sey,
und wer dit amt leren will und darzu entfangen und zu-
gelassen wirt, der soll vuran zu goede und den heiligen
schweren, dat hey alle und jeckliche puncten des amptsbrieffs
mit allen seinen Clausulen und auch Inhalt dis unseres Trans-
fixbrieffs vast, stede und unverbrüchlich halten und darweder
nummer doen noch werven, radt noch dat darzugeven sali
noch will, dat dit ampt usswendig Colne an einiche ander
ende bracht ader gelert werde mit einicher list oder behendig-
keit. Und offt jemantz an dit ampt gesatzt wurde, der ge-
brechs halven, syns allders oder anderes von stundt an den
Eidt nicht doen mochte, der sali den meistern und meister-
schen genügsame bürgen stellen, den eidt zu gelegenen Zeiden
zu doin, inmassen hie vur erclert ist, und wer das nit an dede,
der sali das ampt und darzu aller Burger freiheit verboirt
und verloven hain zen ewigen dagen, des nimmer zu ge-
brauchen. Darby sali auch ein jeder, der dis amptz ge-
brauchen wolde, geloven und schweren, dat selve ampt allein
binnen Colne in syns selffs huiss, darinne hey wie eine Burger
öder Burgerschen sitzen, eigen costen, fuyr und flammen
haven soll und nit in syns vaders oder moders huis sein
ampt doen noch handtieren in gheiner weis, und dat he auch
des Sydeferwens nit gebruchen, auch gheine Syde vvat kunne ^
die auch sei, varwen, dat hie auch weder vur sich selffs
noch niemantz anders van seinentwegen , sunder ein jeder
soll Syde alleine dem geschworen ferver, der unsen herren
Abschr. 2: wat kunne farwen datt die auck were.
128.
95
vom Rade als ein Burger vereidt und verbunden ist zu verven
^even, und niemantz anders want mehr Syde machen will,
deren soll nit verwen, und wer ferwet, der en soll gheine
Syde machen, noch auch einichs stucks des Sydemachens ge-
bruchen, und ein jeder soll sein ampt vur sich underschiedent-
lich doen und ufFrecht handeln ohn alle geferde und arglist.
Verarbeiten eigener Seide. Wiegen der Seide.
3. Vort so soll ein jeder bei demselben seinem eide ge-
loben und behallten, dat hey gheine Syde machen sali noch
will, dan allein von syme eigen proper gude, niemantz anders,
idt sey Vader off Moder, frunt off maige, daran part, deil,
wynnonge noch wasdome en have, ouch dat selve guitt, ehe
hy dat mache off bereide, zuvorentz in der Iserwagen durch
den Stade Zynsmeister gewiegen und gezeichnet sy, up dat
unsen herren vom Raide jre Axcyse in der Stede Renth-
kammern darvon werden muge, und hie entgegen sali niemantz
einiche Behendigkeit suechen up verluss sins ampts und der
boissen wie die gemeintlich up alle punkten dis brieffs ge-
satt is.
Verbot des Verkaufs feuchter Seide.
4. Vort offt idt sich begeve, dat einich Sydtmechere oder
Sydtraechersche von einichen iren Mitbürgern oder auch us-
wendigen Luiden einiche Syde guilde, die nass ader ver-
<lrucken gewest were, oder sunst fuichte gelegen hatte, als
dat dieselve Syde vur ghein uffrecht Kauffmannsguet gelievert
sunder der Kauffmann damit bedrogen mochte werden, so
sali man allsollichen guett bringen vur die meistere des amptz
zer Zeit, die allsdan dairover nar den Rechten und billieh-
keit erkennen sullen, off der Kaufman die Syde widderumb
punt vur punt nemmen oder den gebrechen nar der redelich-
keit belegen und genoich dorvur doin sullte, und was alls er-
kannt wirt, dat idt darby blyve und van beiden deilen voUe-
zogen werde.
Verbot auswärtiger Seide [gezwirnter].
5. Vort mehr so haint wir gesatzt und ordinirt, dat alle
diejhene, die Syde machen oder des amptz nu off zu einichen
zyden gebruchen, sullen gheine uswendige Syde [idt say
Venesche off Meylonische Syde] ^ Kuyrlinck , Korkey, Kra-
kawer, Luitger oder einiche ander Syde gelden noch vei^
kouffen oder in einicher maniere gebruchen ader auch ander
einiche Colsche Syde vermengen uff verluss irs ampte und
-der boissen hernach geschreven.
^ Zusatz in der Abschrift 2.
96 128.
Betrifft die Accisc.
6. Vort so sali auch ghein Man oder frawe, die sich an
diesem ampte ernehren, noch auch einich andere Burger off
Kouffman einich guitt von Syden uppacken oder updoen in
affwesen des Zynsmeisters, up dat dair von nit verruckt noch
gehandtiert an werde, dardurch man unsen herren vom Radte
ire axisse, die man davon in geven schuldich were, enthalden
mochte.
7. Auch so sullen die Sydtmacher und Sydtmecherssen
vort mehr gheine indzacht verkouffen binnen off bussen Colne,.
oder die auch zu gheinigen dingen gebruchen dan alleine in
und [zu] ^ irem Lynt ^, in gheine Weis.
Verbot, außerhalb Kölns, vor allem in Deutz
oder Wesseling, weben zu lassen.
8. Vort so en soll ghein Man oder Fraw over zu Duitz,
zu Wessiinge oder anders wair werken, oder auch jemandta
anders schicken und einiche syde dairselffs zu gelden , dan
wair jemmandts syns selffs guet under den Juden oder andern
versatzt wurde, dat im affhendich oder sunst verhalden were,
dat mach hey wiederumb an sich gelden oder losen, so hey
best khan und mach, sonder einiche arglist darjene zu suchen
oder zu gebruchen.
Verbot, mit Waren zu lohnen.
9. Vort so sali gheine Man noch Frawe dis amptz des^
Spennerssen oder werkerssen einiche wair, idt sey wullen
doich, gemachte Kleyder oder einiche ander wairr an Iren ver-
dienten Loen geven , sonder sy sullen in mit barem gelde
lohnen by den poenen in unsern alden verdregen begriffen.
Pflichten der Seidfärber.
10. Weiter, so haint Wir gesatzt und ordinirt, dat alle
Sydtferwer, die des Sydtferwens binnen unser Statt gebruchen
und sich daran erneheren willen, dat selve ampt mit 50 be-
scheiden gülden Churfürster Muntzen by Ryne gelden, die sy
darvur up der Stede Gudestags Renthkammer levern, und
vuran lifflichen zu Goede und den heiligen schweren sullen,.
sich uprecht zu irem Sydtferwen zu halden und dem eynen
nit äff noch dem andern zu zu sieden, noch darinnen einiche^
listigkeit zu gebruchen, noch auch jemandtz anders, dan
alleine den hauff Sydenmachern ufrechtige bestendig guet und
kein ander guet zu ferwen als mit nhamen Korkey, Krakawer
und Luitger Syde, oder sonst auch einiche andere Syde^
^ Zusatz in der zweiten Abschrift.
2 Band.
128.
97
darmit man den Eauffman nit verwairen noch lewern mochte,
und hierinnen sullen die ferwere Vader noch Moder, Suster
noch Broder, freunden noch maigen ghein behulp doen, sunder
alleine des amptes ehre und gemeine beste furkieren, nar jren
besten sinnen und sunder einich behulp und arglist.
Vorschrift über die Qualität der Farben.
11. Auch sollen sy schweren, dat sy jres selffs eigenen
nutz nit suchen oder auch einiche behendigkeitt zu jrene
ferwen gebruchen, und der stucker, die zu einer jecklicher
farwen gehoeren und gebraucht werden, des einen nicht mehr
und des andern nit mynen nhemen sullen, als zuerst ain off
die eine Materie, die zu dem ferwen gehoirt, duyre, und die
ander gueden Kouff were, dat sy allsdan derselver stucker,
die duyr weren, min nhemen wulden, dat sy solches bei jren
eiden nit doen, sonder einer jecklicher farwen jren rechten
Zusatz geven sullen, up dat der Kauffman verwart und dat
ampt damit in ehren gehalden und gebessert möge werden.
Die Seiden färber sollen nur ihr eigenes Gut
in ihrem eigenen Hause färben.
12. Vorder so sali ghein Seidtferwer von einigen anderen
guede, dan allein von syne eigen proper guede ferwen und
dat sali hey doen jn seins selffs costen huise und woenongen,
darinne hey unseren herren vom Radte zu lieve und leide
gleichs anderen Burgeren vereidt und verbunden in ehrlichem
staide sitzen, mit niemandtz einiche gesellschaft zu haben,
noch zu behalden, jn gheine weise.
Verbot, außerhalb Kölns zu färben.
13. Vort so sali ein jeder Sydtferwer zu Goede und den
heiligen schweren, dat hey des ferwens und noch hernachen
alls nummermehr bussen der Statt Colne an einichen andern
enden gebruchen oder dryven soll, noch doen dryven, oder
auch jemandtz anders Leren, deren have dan zuvore auch
geloist und geschworen, dat ferwen syn Levenlang bussen Colne
nit zu pringen, radt noch tadt dan zu geven, oder auch
selffs desselven bussen Colne zu gebruchen, jn keine weise.
Kontrolle des Färbens wegen der Accise.
14. Vort so sollen auch die geschworen Sidtferwern und
ein jedere von jn jnsonderheit upschryven und upzeichnen
lassen mit nhamen und zunahmen wenn sy ferwen, und wie
vill sy einem jedere geferwet haint, up dat sy so ducke ««
sy darumb ersucht wurden, den Meistern und Meisterschen
bei jren eiden sulchs kundt doen und zukenntn mugen,
Forschungen 128. — Koch. 7
98 128.
up dat jn der Stede Renthkammer auch bracht werde datt
jhene, dat dem gemeinen guede darvon geburt.
Lohntaxe für das Färben.
15. Vort 80 sullen die ferwere von eyme jdere punde und
farven zu farwen nhemen, wie sy das mit den Sidtmechern
overdragen und eins worden sindt, als nemblich von eym
punde sanguinen Rosen roit 8 alb., van jederem punde als
roidt, groen, blaw und geell 6 alb., jtem von jdeme punde
schwartz zu ferwen 5 wisspenningk mit abzuschlain oder
6 alb. und dat firdell abzuschlain, jtem von jderme punde
weiss oder grawe 4 alb. und dat firdell abzuschlain.
Visitationen.
16. Vort so sali sich ein jder jn den andern puncten,
die wir hierbei verdragen und in das amptzboich setzen haven
lassen halden nar luide derselve sunder arglist.
Und up dat alle puncten dis principall hauffbrieffs, des-
glichen dis gegenwerdigen transfixbriefs fest und stede ge-
halten und unverbrüchlich vollentzogen möge werden, van
beiden, dem Syde und auch dem ferwer [ampt], so haint wir
burgermeister und Rath gesatzt und ordinirt, das die Mesteren
und Meisterschen zu allen mainden zum myndesten eins
umbgain und ein vleissich upsehen haven sullen, und oft sie
jemandtz befunden, der in einleben puncten bussfellich worden
were und sich anders dan wie vurs. gehalden hatte, der oder
die sullen vur an ire ampt und alle Burgerfreiheitt verburt
und verloren hain, und darzu in eine boisse alls nemblich 50
bescheiden gülden Rynsch in golde verfallen sein, von stundt
an zu geven und zu bezalen, von welcher Boissen die Meistern
und Meisterschen zur Zeit vuran 10 derselven gülden vur
sich und 5 für die zween herren, die in Raidtz statt zu allen
halven jaren zu den amptern gemeinlich gekoren werden,
die auch alle Zeit mit den Meistern des amptz umb gain
sollen; und dan noch 5 dergelichen gülden in dat Schryn
zu behoiff des gemeinen amptz zu werffen nhehmen sullen,
und wat an der vurgemelten summe der 50 gülden overblift,
soll in der herren Burgermeisters sack gelievert und vort up
der Stede Gudestags Renthkammer zu behoiff des gemeinen
guets bracht und gekiert werden, allet ohn gefehrde und arglist
Lehrzeit. Weiterführung des Geschäfts nach
Ableben eines Ehegatten.
17. Auch willen wir, dat alls fortan gehalden haven dat
ein jder, der an dat ampt gesatzt, und wer dieser Ordnungen
empfange wirdt, 4 jaire, und, wer in gleichen maissen an dat
ferwe ampt zu leren angenhommen wirdt 3 jarhe gantz uss-
128. ^
leren und daran treulich dienen, ehe man einen jederm syn
ampts selffs zu doen und zu dryven vergunnen solL und off
hernache alls jemandts, idt were Man off Frawe, dem alU
wie vurs. syn ampt up des ampts gerechtigkeit verlient, und
des zu ubunge und gebruch gewest were, syn ehelich gemall
offhvich wurde, der dat ampts genommen und gebrucht hatte,
wie vurs. desselven syns amptz bis zu Veränderungen syns
bestettenisse gebruchen, und nar dem bestattnisse sal man idt
dan mit demselven balden , as dat by anderen ampteren ge-
wonlich ist.
Alle disse dingen zu verkunt der wahrheitt, so hain wir
Burgermeister und Radt der Statt Colne abgemelt unser Stede
ingesiegell ad causas an diesen transfixbrieff doen hangen, der
gegeven ist up den viertzehenden dach des monatz January
im jähr unseres herren 1506.
Archiv, Z. 174 in zwei Abschriften.
10. 1699 Bez. 20, Bäder- und Mühlenordnung.
Wir Bürgermeistere und Rath des heiligen Reichs freier
Statt Colin, Thun kundt, zeugen und bekennen hiemit öffent-
lich wieder menniglich, Demnach uns weniger nit, als unseren
löblichen Vohrfahren obgelegen, und gleichsamb in krafft ge-
thanen Eidts pflichtigh zustehet, das gemeine guth, nutz und
besten vermöglicher weg zu befordern, Und dan unss gelegen-
heit an handt geben, dardurch der ein Zeit von jaren fast
niedergelegener Seidthandel, vermittels auff und anrichtung
eines newen Rader, und Müllen Spinnwercks in vorigem unnd
vermutlich verbesserten stand dermassen herpracht werden
solle, das die accysen unnd das gemein guth nicht allein,
sondern auch die gemeine Bürgerschafft darab scheinbarn
nutzen zu empfinden. Daß wir derwegen mit gutem vorgehabtem
zeitigen rath und bedencken, alsolch Rader und Müllen Spinn-
werck alhier an zu stellen, auff folgende mass unnd Conaition
verwilligt und zugelassen.
1. Vor erst dieweil wir nicht gemeint, den amptern und
ihren vor jaren, von unsern löblichen Vorfahren erhaltenen
amptz Brieffen und gerechtigkeiten , ohn erhebliche grosae
ursach einigen abbruch zu thun, sonder vielmehr Vätterlich
gesinnet, Dieselb dabey zu lassen, und handt zu haben, Daas
wir also auch in specie dem Seidtmacher und Spinnerampt an
jrem habenden Amptz Brieff und gerechtigkeit nichtz ent-
zogen, und allein diss Rader und Müllen werk aU ein ab-
gesonderte unnd newe kunst, die under jrem Ampts Brieff nit
begriffen, dem gemeinen guth und Bürgerlicher nahrung sum
besten zugelassen, und verstattet haben wollen.
?•
100 128.
Gewiße Artikel werden den zünftischen Seiden-
machern vorbehalten.
2. Und sollen darumb zum Zweydten, die bemelte new
ankommende, so das Seidt Ampt alhier binnen unser Statt
nit geworben, noch an sich bracht, und doch die Seidt mit
den Radern und Müllen bereiden lassen wollen, kein Seiden-
lindt, schlengerschnur, pärcher feine noch flocken, oder
Capitaun francen machen, sonder solches alles sich enthalten,
unn[d] bey dem Seidtampt, jhrer herbrachter amptz gerechtig-
keit nach, pleiben lassen, under pfoen von 50 Goldtgtilden
so ein jeder der hierinnen ungehorsamb und im ubertrit be-
funden wird, vort jedesmals, unss und unserer Renthkamern
zu entrichten unnachlessig angehalten werden solle, Jedoch
dem Seidtampt herausser als viel den Amptz BriefF in solchem
pfähl jhnen gibt, vorbeheltlichen.
Aufnahme in das Seidamt.
3. Zum dritten so ist unsere meinung gleichfals, das be-
rürt Seidtampt, unnd dessen gerechtigkeit, als viel jhr Amptz
brieff nachbringt, bey den Cölnischen Döchtern pleiben, und
solchs keiner in andere wegh, dann allein durch heiradt und
ehelige Vermahlung mit einer Cölnischen Dochter, so vom
Seidampt wehre, soll an sich pringen können.
Der Gebrauch des Räder- und Mühlenwerks
wird auch dem Seidamt gewährt.
4. Danebens aber thun wir zum vierden berürten Seidt-
ampt noch die gnadt und verwilligung, das sie und ein jheder
von jnnen gleichs den newen ankommenden Rader und MüUen-
werck auffrichten, und derselben sich in jrem Seidthandel ge-
prauchen mögen.
Abgabe für Gebrauch des Räder- und
Mühlenwerks.
5. Und solchs zwaren zum fünfften mit dem gertirten
Seidthandel zum besten mehrem auffnemmen und gedeyen
wolgemeindten underscheidt, das die frembden, und alle andere,
welche vom Seidtampt nit sein, von jederm Müllen oder Rade
so sie aufi'richten wurden 5 Goldgülden jahrlichs der Freytags
Renth Cameren steuren erlegen unnd einpringen, die vom
Seidtampt aber dessen auch erlassen und gefreyet sein sollen.
Verbot, außerhalb der Stadt ein Räder- und
Mühlenwerk zu halten.
6. Damit demnegst so wol diese handlung mehr ge-
fordert, als allerhandt böser betrogh und verfelschung darbey
128. ,,j
vermeidet werden mögen, soll zum sechsten ein jeder der
Rader oder Müllen fepinnwercks sich alhier zu ernähren ^e-
meint, nicht allein außerhalb unser Stede kein dergleichen
Eader oder Müllen anstellen, auffrichten, oder underhalten
sonder hiergegen auch dieselbe, so er jetzo oder der zeit!
wan er alhier angenomen und zugelassen wirdt, anders wohe
haben möchte, zum lengsten inwendig halben jahrs frist, nach
hiegiger annehmung zu rechnen abzuschaffen verpaicht und
^gehalten sein.
Verbot, außerhalb Kölns Färbereien zu halten.
7. Desgleichen sol zum siebenden keiner ausserthalb unser
Stede einige Seidtfarberey anstellen, noch dem sich geprauchen
sonder ein jeder seine Seiden hieselbst, und ninders anders
färben lassen.
Verbot minderwertiger Ware.
8. Zudem wollen wir vors achte, und gepieten allen
Farberen, Seidtkauff, und handelsleuten, bey verleuss des guts,
und ferner arbitrarier straff, das sie keine andere, dan gute
auffrichtige unverfälschte Seidtfarben und Kauffmans guth
machen, noch machen lassen, kein falsche schwerung noch
betrogh üben, geprauchen, noch under die Färb unnd Seidten
vermischen sollen.
Verbot geschwer ter Seide. Besichtigung
durch die Schaumeister.
9. In massen wir zum neundten under gleicher negst-
gemelter straff wie obstehet, alle geschwirte falsche oder be-
triegliche Seidt, ohn underscheidt, an welchem ort dieselbe
gemacht were, hiemit aussdrucklich verpieten, und wollen,
das niemandt derselben hineinfüren, machen oder verkauffen,
sonder ein jeder als lieb jhme ist obgesetzte straaffzu meiden,
dern sich gentzlich eusseren, und enthalten solle.
Sinthemal wir darauff fleissige auffsicht zu haben, die
ubertrettere ernstlichen zu straffen, unn[d) zu dem endt zwehn
des seidthandels, und der farber verstendig und erfarne Schau-
meistere anzuordtnen, entschlossen, Welche mit Zuziehung der
am ptz Meister, umbgehen, die Seiden besichtigen, und wa«
ungerecht, falsch, oder geschwirdt befunden, als contiscirt
guth, in unseren nahmen hinnehmen , auf die Kenth Cainraer
lieberen, und danebens die persohnen, bei welchen solch guth
befunden, bey jhren Eiden anzeigen, und vermelden, die auch
alssdan ferners'nach gelegenheit der ubertrettung unnachlessig
gestrafft werden sollen. Warbey aber solche Schawmeistere
desto unverhindert jr ampt verrichten, unnfd) etwa durch der
102 128.
KaufF: und handelsleuth oder Farber wiedersetzlichkeit davoa
nit abgehalten werden möchten.
Verhalten bei der Visitation.
10. So bevehlen und gebieten wir zum zehndten allen
und jeden, welche mit der Seidt in kauffen, verkauffen oder
Farben jetzo umbgehen, oder sich künfftiglich daran nehren
werden, das sie den verordenten Schaumeistern in anbefoUener
Visitation nichtz versperren, noch viel weniger sie daran ver-
hindern, sonder alle Seiden bei jhren Bürgerlichen Eiden
selbst vorlegen, und zeigen, oder den Schaumeistern dieselb
zu suchen, unnd zu inquireren frey gestatten, auch ver-
schlossene gemacher zu dem endt unweigerlich eröflPnen sollen.
Qualifikation zum Räder- und Mühlenwerk.
11. Furthers darmit gleich wol diese Zulassung der Müllen
und Rader Spinnwercks nit indiscrete von einem jeden, so
wol der Sachen und handeis unverstendigen, als verstendigen,
understanden, und danhero mehrer Unrichtigkeit, unn[d] ab-
gangk des handeis geursagt, sonder gute bescheidenheit ge-
praucht, und allein die jenigen so des handeis bericht, und
erfahren sein, und dern so vil und mehr nit, dan alss unss
unn[d] angehöriger BürgerschafFt , nützlich, erbarlich unn[d]
dienlich zu gelassen, zu dem in allen aufFrichtigh gehandelt
werden möge, so setzen ordtnen und wollen wir hiemit zum
eilfften, Das alle diejenigen welche des Seidtbereidens auff
Müllen oder Radern sich understehen, annehmen und ge-
prauchen wollen, sie sein gleich in- oder auswendige, von
Seidtampt oder nit, ohne einigen underscheidt sich zuvoran
bey unss angeben, qualificiren, unnd wan sie von unss zu-
gelassen und angenomen , demnegst auff der Frey tags Renth-
kamer einen leiblichen Eidt thun, und dabey globen, sicheren^
und versprechen sollen, dieser unserer ordtnung sich in allen
unnd jedem püncten gemess und gehorsamb zu verhalten^
dargegen nichtz thun noch fürzunehmen durch sich selbst
noch jemandt anders, iii jren namen, in keinerley weiss noch
manieren, so war jhnen Gott helff, unnd sein heilig Evange-
lium, Unnd solchem allem vorgangen, in ein sonderbar Buch
mit nahmen und zunahmen eingeschrieben, und bevor nit dann
diss alles wie obstehet mit qualification jhrer personen be-
eidung unnd inscription zum Müllen oder Rader Spinnwerck
verstattet werden, noch viel weniger sich dessen selbst an-
nehmen sollen.
Seidfärber vom Rat angestellt
12. Zum zwölften sein wir danebens zu vermöglicher
vorkommung alles betrieglichen falschen schweren und farbens
128. 103
zwehen oder drey Seidtfarber sonderlichen an zu ordtnen und
zu beeiden bedacht, Der gestaldt das bey denselben alle Seiden
in dieser Statt gefärbt, und sonsten alle andere sich des farbens
gentzlich enthalten, und bey Vermeidung arbitrarier ernster
straff bemüssigen, Und sollen hierunder die Caffa und ßoratten
mächer mit begriffen sein, Unnd damitten jhnen weniger nit
als dem Seidtampt mit dem färben gedienet werde besondere
farber, und als vil nötig durch unss angesetzt und beeidet
werden.
Trennung des Färbens vom Seidenmachen.
13. Verordnen und wollen auch zu berürtem endt vor
das dreizehendt, das kein Farber mit Seidt handelen, noch
einiger der mit Seiden handelt, seine einige, noch anderer leut
Seidt heimlich oder öffentlich bey gleichmessiger arbitrarier
straff färben, sonder der Handel und farberey underscheiden
sein, unnd wer des einen sich undernehmen wolte, des anderen
gentzlich und zumahlen enthalten solle.
Abgabe an das S eiden spinn eramt.
14. Letzlich ist unser will und verordtnung hiemit, das
alle die jenigen, so des Müllen unnd Rader Spinn wercks sich
annehmen und geprauchen wollen, bei dem Seidt Spinnerampt
die gerechtigkeit mit 6 thalern eins zu gepen an sich werben,
und umb so viel gemelten ampt gewilfarth werden solle.
Welches alles obbeschriebener gestaldt unser ernster
bevelch, will, und meinung ist, darnach sich ein jeder zu
halten, und für schaden wird wissen zu hüten, Vorbehalten
unss und unseren Nachkommen diese Ordnung zu bessern,
zu mindern, und zu vermehren nach fürfallender gel^euheit
der zeit.
Zu urkundt der warheit haben wir Bürgermeistere und
Rhat obengemeldt, unser Secret Siegel hierunden auffs S})atium
gedruckt am Montag den zwäntzigsten tagh Decembris, Anno
tausendt fünfhundert Neuntzig neun.
Gedrucktes Plakat in 2 Ex. in den Zunftakten „Seidamt", 16. Jh. ;
ebend. 4 Abschriften und in je 1 Abschrift in Z. 171 und Z. 174.
11. 1642 März 29. Ordnung für die Seidenhändler, Schnur-
macher und Seidenfärher.
Ordnung, darnach die Seydhändler, Schnurenmacher und
Seydfärber sich zu richten haben.
1. Erstlich soll kein seydenhändler noch schnurmacher
allhie oder anderswo Bruggische, Schoetische und dopuel-
schwartze seyde oder wie sonsten einige verderbliche Farben
104 128.
genannt werden mügen zu ftlrben oder färben zu lassen sich
gelüsten lassen, schnurr oder Fransen davon zu machen.
2. Wie den sie auch von andere orten solche guetz nicht
anhero bringen oder an sich kaufFen, viel weniger verarbeiten
lassen sollen.
3. Da auch einiger seyden und schnür Verhändeler deme
zugegen wissentlich handeln und darüber betreten würde soll
derselbe dadurch seiner Ehre verlustig und danebenst mit
ernster willkührlicher straffe nach befindung der Größe und
Vielheit des Verbrechens beleget, auch die also betretene
Sejde und was davon an schnüren gemacht worden für des
Ubertretters thuen zum absehen und schrecken öffentlich ver-
brandt werden.
4. Alle diejenige, welche die obgemelte verbotene seyde
verarbeiten und bei denen solche oder davon gemachte schnüre
gefunden werden, sollen obenermassen wie vorgemeldet ge-
straffet werden.
5. Damit nuhn dissfalls aller Unterschleiff umb so viel
mehr verhütet und männiglichen aller scheindeckel [und Ge-
legenheit] ^ hierzu benummen werden müge, so soll kein seiden
händler oder wer es sonsten sein mögte im geringsten einige
privats ferberey gebrauchen directe oder indirecte es sey auch
unter was schein und praetext solches geschehen mögte, be-
sondern nuhr allein die färber, welche Ein Ehrbar Raht dazu
ortern und mittelst eydes bestätigen wirt, hinfüro zu ferben
bemächtiget sein, würde aber iemand dem zugegen handeln,
sollen alle in der Ordnung der Händler selbestens oder by
anderen alhie, dem es von wollgemeltem Raht nicht ver-
günstiget und unter die gesetzte Zahl nicht gerechnet gefärbte
seyde, wie guth sie auch sein mögte, confisciret und verboirt
unnd der eine dritte Theil dem Fisco, das ander dem Zucht-
hause, das dritte dem Angeber (dessen nähme verschwiegen
bleiben und ihm an seinen Ehren allerdings ohnschädlich sein
solle) ohn nachlesslich heimgefallen sein, neben anderer wil-
kührlicher straffe.
6. Hingegen sollen auch die, also confirmirte ferber auf
ihren geleissten eyd und bey Verlust ihrer Ehren und freyheit
auch anderer wilkührlicher straffe schuldig und verbunden sejn,
aller ob specificirten verbothener Sorten seyden zu ferben,
so wol auch allerley genre schnür und seiden handlung zu
gebrauchen sich gäntzlich zu enthalten.
7. Im gleichen soll auch kein ferber sich unterstehen,
einige unabgesottene seyde zu ferben, aussgenommen harte
seyde, die zu Caffa nöthig und aller orten gebräwchlich bey
vorberührter gleichmessiger straffe.
^ Zusatz am Rande von derselben Hand.
128. 105
8. Wie sie dann auch ferner verbunden sein sollen, dem
kauffman nach nothdurfft und billigen contentamente in dem
färbende zu bedienen, auch kein Corosiffen darzu gebrauchen
oder durch langwierige maceration und vielfältiges Aetzen und
einweichen zur faule bringen, derwegen ihm dann auch kein
Ellernborgk noch schleiff bey sich in ihrem hause, oder andere
wo zu haben vergönnet sein solle, und sollen ins gemein dem
kauffman mit allen trew- auffrichtigk und redlichkeit begegnen,
also dass mit fug sich niemandt darüber zu beschweren habe
bey ernster wilkührlicher straffe.
Verbot von Gesellschaftsunternehmungen
zwischen Färbern und Händlern.
9. So soll sich auch kein ferber gelüsten lassen, in einige
Mascopie mit denen kauffleuten in der seyden handlung be-
redung oder dergleichen heiml.- oder öffentlich ein zu lassen,
vielweniger in den färbende den geringsten unterschleiff damit
dem einen mehr als dem andern genutzet sein möchte zu ge-
brauchen, besondern so wol mit seinen aufrichtigen berufe
des ferbens, als den Koufman an seiner aufrichtigen seyden
handlung sich allein begnügen lassen.
10. Zu besserer Observantz dieser Ordnung sollen zum
offtern unvermuthliche visitationes den schnür- seyden händlern
und Schnurmachern als auch bey denen Seyden f^rbern
Reciproce angestellet und gehalten werden.
Und behelt sich nun ein Ehrbar raht obgeschriebene Ord-
nung nach befindung und der Sachen beschaffenheit zu mindern
und zu vermehren ieder zeit bevohr, auch soll diese Ordnung
den bereit angefangenen und künfftigen processen , unver-
fencklich sein.
Actum et decretum in Senatu Publicatumque sub signeto
den 29. Marty ao. 1642.
Abschrift in den Akten „Seidamt" 17. Jh. I.
12. 1659 Juli 2, Ordnung für die Posamentierer mit Zu-
satzartiheln für die Grofsgezäuwer.
Kundt undt zu wissen seye hiemit iedermänniglichen, daas
im iahr 1G59 auf mitwoch den 2t. tag july , alss die hoch-
achtpar, wohledl. gestreng, Edel Ehrenvest, hochgelehrte auch
achtbare fürsichtig undt weise herr burgemeistern undt Khatt
dieser des h. Reichs freyer Statt Collen zu gewöhnlicher Zei
und stunden, umb einen jeden darumb anhaltenden recht undt
Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen, zu Rhatt gesessen, nach-
folgende Ordnung undt articuli das passament handtwerk be-
treffendt neben dero subnectirter , vor die l^^^nmächer so
sich der compendiöser stuhl zu bedienen gedencken auff-
106 128
gesetzter Ordnung verlesen, welche darauff mit gewohnlichem
vorbehält, solche nach gutbefinden zu kürtzen oder zu längen^
anfangs ratificirt, undt ausszufertigen befohlen.
Folgt gemelte Ordnung undt art[icu]li.
Als in krafft der am 20. juny dieses 1659t. jahrs von-
einem Ehrsamen hochweissen Rhatt dieser, des h. Reichs freye
Statt Collen ergangener registraturen, zu mehren befurderung
gemeinen bestens undt beständiger handthabung des passa-
mentirer handwercks, den darin ernenten herr[en] eine vor-
längst concipyrte annoch nicht confirmirte Ordnung der passa-
mentirer zu examinir[en] , nach guthbefinden, in standt zu
richten, undt dan zur ratification zurück zubringen gnädig^
aufgeben; als haben dieselbe zu gehorsambster Einfolg auf-
getragener Commission nicht allein vorg[eme]lte von anna
1627 undt 28 herkommende, sondern annebens noch einige^
im jähr 1652 zwischen den meisteren gedachten passamentirer
handtwercks gewilligte articulen vorgenohmen, wohlerwogen,
auch was bis dahin bey denselben gehalten, aus relation der
zeitlicher verordneter meisteren in fleissige Consideration ge-
zogen undt daraus zu vorangedeutem affect nachfolgende arti-^
culen aufgesetzt:
Einschreiben der Lehr jungen.
^ 1. Sollen also erstlich alle meistern, welche lehrjunge»
ahnnehmen dieselbe inner 4 wochen zeit, welche iedem zur
prob des jungens vergünstigt wirdt unter straff eines gold-
guldens dem handwerck einschreib[en] zu lassen, dabey der
jung zu Unterhaltung des handtwercks ein kopfstück, der
meister aber zur bruderschafft 4 alb. zu zahlen gehalten undt
verbunden sein.
Unterhalt des Lehrjungen.
2. Zum anderen solle den meisteren auf gleiche straffe-
ahnbefohlen sein dergestalt die eingeschriebene lehrjungen zu
unterhalten oder zu belohnen, dass sie ahn anderer leuth
häuser des heischens undt bettelens nicht vonnöthen haben.
Lehrzeit.
3. Drittens sollen alle eingeschriebene lehrjungen bey
Verlust ihrer lehrzeit 4 jähr stets, undt fast bey einem meister
zu verharr[en] undt ausszustehen verbunden, undt wan einer
vor der zeit würde fortlauffen, dessen meister es bey den
verordneten meisteren ahnzugeben schuldig sein, vorbehalten
doch dem lehrjungen, wan er sich bey seinem meister wieder
einstellt, duss ihme alssdann die versessene zeit wieder zu guth
kommen, sonsten aber wann der lehrjung redliche ursach über
las. 107
seinen meister klagen hatte, ihme undt seinen freunden oder
verwanthen solches des montags zu gewöhnlichen zeit bey
den verordneten meisteren vorzubringen undt zu erweisen
frey stehen solle, welche dan gedachte meistern vorzunehmen,
dieselbe wan sie sträfFlich erfunden, nach befinden der Sachen
in billige straff zu nehmen , undt alssdann dem lehrjungeo,
wofern derselb solches begehrt, sein übrige zeit bey einem
andern meister fort ausszulehrnen zu beurlauben gehalten sein.
Die Lehr jungen sollen nach Ablauf der Lehrzeit
noch 2 Jahre arbeiten, bevor sie Meister werden
können.
4. Viertens sollen alle lehrjungen , welche ihre zeit ge-
trewlich aussgestanden, sich der meisterschafft im geringsten
nicht unterfangen, sie haben den zum wenigsten noch 2 Jahr
sich in oder ausserhalb dieser statt weiters versucht und geübet.
Einschreiben der Knechte.
5. Fünfftens sollen alle meistern auf straff von 3 gold-
gulden verbunden sein, die ausgelehrte jungen alssbaldt damit
selbe ihre zeit nicht vervortheilt werden, vor Knecht ein-
schreiben zu lassen, dabey dan die Knecht zu Unterhaltung
des handtwercks und zu behuff der bruderschafft 3 der vor-
geschriebener gülden^ zu zahlen haben.
Hausordnung für die Lehrjungen.
6. Sechstens, umb allerhandt auf den besorgende insolentz
zu verhüten, sollen die eingeschriebene, und sonsten auss-
wendig hereinkommen ahngenommene knecht alle sonn- undt
feyrtag des abendts bey Sommerzeit sich vor neun, winters
aber vor acht uhren in ihres meisters behausung eingestellen,
bey straff eines halben H. r. s. schuldig undt verhafft sein.
Kündigung. Meisterwechsel.
7. Siebendes, sollen alle Knecht, so von ihrem meister
abscheiden wollen, bey straff eines ggl. undt erstattung alles
schaden, der vieleicht dem meister hierdurch überkommen
möge, ihrem meister, den sie zu verlassen gememet, 14 tag
zuvorn solches ahnzuzeigen, undt ehe sie von einem anderen
meister ahngenohmen undt ahngesetzt werden dass sie von
vorigen mit guten belieben gescheiden, beweisslich dansuthun
undt zu bezeugen, auch der meister, der solchen wirdt ahn-
nehmen, den vorigen des abscheids halber zu erfragen, gleich-
1 Ursprünglich lautete der Text: „12 alb."
108 128.
fals die meistern, von denen Knecht ohn vorgehende anzeigung
scheiden würden, solches den verordneten meisteren alsobaldt,
damit hierin ein billiges vorgenohmen werden könne, ahnzu-
kündigen alles unter gleichmässiger straff schuld sein.
Verbot des Abjagens von Knechten und Lehr-
jungen.
8. Achtens werden alle meistern bey straff 3 ggl. die sie
auf Verbrechens fall zu erlegen schuldig sein sollen, gewarnet,
dass einer dem anderen sein Knecht oder jungen nit auf-
rührisch vielweniger abhändig mache, oder zuwerck stelle, die
vorigem articul gemäss nicht ein völliges genügen geleistet,
undt von vorigem meister mit dessen guten wissen undt be-
lieben ihren abscheidt nit genehmen betten, und dan sich
zwischen dem einen oder anderen einiger streit erheben würde,
soll solches alssbald durch die handtwercks verordnete meistern
aufs best zu folg dieser Ordnung entscheiden undt hingelegt
werden.
Betriebsbeschränkung. Unlauterer Wettbewerb.
9. Neuntens, damit auch der eine sowohl alss der ander
sich ahn diesem passamentirer handtwerck desto füglicher er-
nehren könne , soll kein meister mehr dan 8 gezawen ^ ge-
brauchen, auch eines dem andern bey den Kaufleuthen seine ehr
nit abschneiden, noch ihn verkleinern, weniger sein werck ver-
achten, auf straff von 3 ggl., so offt solches auf einen beweisslich
gebracht würde, undt sollen die verordnete handtwerksmeistern,
die über hierin vergunte anzahl bey einem meister, auch alle
bey andern zu diesem handtwerck nicht berechtigten erfindende
und aufgesetzte passamentirgezawen auf erhaltenen Urlaub von
zeitlichen Hh. burgermeistern mit Zuziehung der gewaldt
Richters diener niederzulegen undt abzuholen berechtigt undt
schuldig sein.
Meisterstück.
10. Zehntens, damit nicht ein iedweder sich dieses passa-
mentirer handtwercks unterfangen, solle ein jeder welcher
seine zeit recht undt gebührlich bey diesem passamentmachen
aussgestanden, undt wie vorg[eme]lt sich versucht zu haben,
erwiesen, ehe undt zuvoren er zum meister eingeschrieben,
auf- undt ahngenohmen werde, ein meisterstück machen, undt
solches den zur zeit erwählten und verordneten handwercks-
meistern undt zu Unterhaltung des handtwercks undt [behueff
der bruderschafft] ^ hiesiger Meistersöhne z waren mit 2 ggl. ^
* Webstühle.
* Späterer Zusatz.
^ Abänderung aus: „3 ggl."
128. jOg
frembde, die doch wie vorg[eme]lt hier in der statt gelehmet
(wan diese doch zuvoren gute zeugnus bringen, wohn sie ge-
lernet auch sich ersten allhier vor knecht krafFt art. 5ti ein-
schreiben lassen) mit 8 ggl. i zur prob vorstellen undt kommen
lassen, auch zu behufF der brudersnhafft gedachte meisterssöhne
undt die hier gelernet einen halben, die ausswendig gelernet
einen gantzen Rth. erlegen, undt welcher diesem also gemäss
sich verhalten derselb soll, nach vergangener gewöhnlicher
bürgerlicher qualification undt veraydung auf der gewandt-
mächer gafFell ins meisterbuch geschrieben werden, undt dieses
passamentsmachen alhie zu Colin sich zu gebrauchen und sich
zu ernehren vergünstigt sein.
Frauen und Töchter.
11. Eilfftens, soll ess die gelegenheit mit den meisters
frawen undt denen ahn g[eme]lt[en] passament handtwercks
ehelich gezihlten töchteren haben, dass dieselbe die halbe zeit
ahn eine rechtmässig qualificirte persohn so ehelich gebohren
undt ihres wohlverhaltens einen glaubhaflften schein hatte auflf-
zulegen, zu bringen berechtigt undt bemächtigt sein, undt soll
dieselbe so sie alhier gelernet, zu Unterhaltung des handt-
wercks 3 ggld. , wan aber nit hier gelernet 2 ggld., be-
nebens eine jede zu behufF der bruderschafFt einen halben
ßth. zahlen, auch wie hernach art. 13. folgt, die Kost thuen.
Meisterstück.
12. Zwölfftens, dass ein ieder meister wisse, wass vor ein
meisterstück er zur prob hab zu präsentiren, so soll ein flatte-
wirker eine dreissig Eort, darauf ein doppelter adler ge-
schnitten, ein Spiegelwirker acht tafFeten mit einem creutzgen,
ein lintwirker ein spachartz mit acht getretten zum guten
werck machen, undt den zeitlichen handwercks verordneten
meisteren auf der gewandtmächer gafFelen praesentieren undt
zur prob vorbringen, doch würde ein oder ander new an-
kommender meister eine andere dem handtwerck gemäss undt
passirliche arbeit vorbringen, soll solche den zur zeit vor-
stehenden meisteren eingehändigt werden, undt diesen, nach
beschehener besichtigung, solche arbeit vor ein meisterstück
ahnnehmen, oder zumahlen zu verwerfFen (doch luws undt
partheylichkeit beyseit gesetzt) austrücklich vorbehalten sein.
Meisteressen.
13. Dreyzehntens , soll ein jeder meister, wan er ein-
geschrieben wirdt eine Kost thuen, undt verehren, nemblich ein
schinck, einen stump, einen braten, einen halben hollandischen
Käss, IV2 Pfd. butter, weck brodt, sambt 4 viertel guten
* Abänderung aus: „4 ggl."
110 128.
weissen wein, und wan derselb ankommenden meister einen
freundt mitbringt, soll er vor einen ieden geben 2 q des vor-
geschriebenen weins.
14. Vierzehntens , wan ein junger meister wie vor-
geschrieben ahnzunehmen, soll solches auf einen Dienstag
geschehen, alss dan zwischen 3 ad 4 uhren der tisch gedeckt
sein, alle verdiente meistern praecise urab die zeit erscheinen,
undt die aufgesetzte portion undt wein freundt- und lieblich
geniessen, wan aber einige würden sein, die streit oder zanck
anfangen würden, sollen nach dem verbrechen gestraflft werden
umb geld oder wein, wie die Verdienten darüber werden er-
kennen, dahn auch einer bey der Kost sich dergestalt mit
wein übernehmen würde, dass er darüber ein scandal würde
begehen, soll derselb damit in einen ggld. straff verfallen sein.
Massregeln gegen schlechte Arbeit.
15. Fünfzehntens , weilen vielmahlen gespürt wirdt, dass
in den passamenten mit einmischung falscher seiden, floretten,
leinen oder zajetten garn, oder weichhartz seiden in der
kette fast ein zimblich grosser betrug unterlaufft, sollen die
verordnete handtwercks meisteren, damit solcher betrug nit
geschehe, fleissige auffsicht haben, zu dem end der sambtlichen
meistern arbeit visitiren, undt im fall einige Unrichtigkeit be-
funden würde, solche falsche waar nicht verkauffen, sondern
ohne einigen verschlag alsobald abholen, undt zu einer Ehr-
[barejs hochw. Rhatts gnädige Verordnung, in dessen cantzley
lieberen lassen.
Die Meister sollen nicht des Verlegers Seide
verkaufen.
16. Sechszehntens, sollen alle meistern sich hüten die von
den kaufleuthen zur arbeit empfangene seide , oder floretten,
wie gleichfals das daraus verfertigtes werck zu verkauffen,
wan aber solches geschehen, undt der Kauffmann darüber
klagen, ess auch beweisslich darthun würde, dass dem ver-
kauffenden nicht zuständig, gegolden, wie gleichfalss der
meister welcher also des kauffmans gut verkaufft, ein jeder
in straff von 6 ggld. verfallen, undt gleichwohl beide ge-
halten sein, dem kauffmann sein seiden, floretten oder das
werck im kurtzen wieder zu lieffern oder würcklich zu zahlen,
im Fall sie es aber nit thun, ihnen kein handtwercks gerechtig-
keit mehr gestattet auch keine knecht oder lehrjungen ein-
geschrieben werden.
17. Siebenzehntens , sollen des handtwercks oder der
bruderschafft halben keine Körten angewendt werden, ess
seyen dan die verdiente zuvoren zusammen geruffen, undt die
hetten nach fleissiger beratschlagung vor dienstlich gehalten,
128. 111
wan aber hiergegen jemandt frevelte, derselb soll von den
sämbtlichen verdienten gestrafft werden.
Begräbnis eines Genossen.
18. Achtzehntens, wan ein meister oder seine hausfraw
mit todt abgienge, soll der oder diejenige, wan ess gesonnen
wirdt altem Christ catholischem in dieser statt herbrachtem
brauch nach bey der begrabnuss, von dem gantzen handt-
werck begleitet werden, welcher aber seiner gelegenheit nach
nicht mit gehen könte, derselb soll 4 vetmenger urlaubsgeldt
gleich oder den negsten montag darnach zahlen, welcher aber
ohne Urlaub aussbleib, soll 4 alb. den negsten montag geben,
im fall aber jemandt solches geldt zwischen der begrabnuss
undt negsten montag nicht erlegen würde, soll er in straff
von 12 alb. verfallen sein.
Procession.
19. Neunzehntens , soll ein jeder meister bey der bruder-
schafft procession persohnlich erscheinen, oder bey der ein-
ladung mit erlegung 8 alb. Urlaub nehmen, dahn aber jemands
ohne erlaubnuss würde aussbleiben soll er zu straff seinet
aussbleibens Va ^ wachs dem bruder meister zahlen.
Amtsmeister.
20. Zwantzigstens , auf dass alles obige, undt wass in
folgenden articulis weiter verordnet wirdt, richtig undt wohl
gehalten werde, sollen alle halbe jähren zwey meistern auss
der gantzer gemeine erwählt undt verordnet werden, welche
auf alles, wass in dieser Ordnung versehen fleissige auffsicht
haben, vor specificirte geldtposten, wie auch verfallende straff
einnehmen, solche vorm abgang vom dienst verrechnen, die
straffen, welche in behuff der bruderschafft verwiesen, darzn
verwenden, von den anderen straffen aber eine halbscheidt
mit beygelegter rechnung in die freytags rhentkammer, einen
viertentheil in die armenbüchse liefferen, undt restirende V4
zu ergetzung ihrer mühe behalten.
Verbot der Sonntagsarbeit.
21. Einundzwantzigstens , sollen dieselbe verordnete
meistern gute auffsicht haben, damit auff Sonn- auch von der
<5hristlicher catholischer kirchen gebottne feyrtögen kein meister
selbst arbeite, oder sein knecht, jungen, magdt undt fraw zur
arbeit halte, wurden aber die verordnete meistern hierin
säumig befunden, und solches entdeckt werdnn, sollen dieselbe
ein mit dem verbrechen in einem goldgl. straff verfallen sein.
112 128.
Abrechnung.
22. Zum letzten wan alle halbe jähren von den ver-
ordneten meisteren die rechnung gehalten wirdt, sollen alle
bedienten darzu citirt werden, die rechnung anhören, undt
wan sie gehalten, vor jeden meister mehr nicht alss ein quart
wein, übernehmens halber, wie beym 14t. articul verordnet,
gäntzlich enthalten.
Zu urkundt wohlglt. Rhats anhangenden Sigilli ad causas.
Folgt weiters anfangs gemelte Ordnung undt articuli^
welche sich der compendiöser stuhl zu bedienen gedencken.
Als durch gemeinen eines Ehrs. hochw. Rathsschluss undt
darauff am 19. decembris jahrs 1656 ergangene Registratur,
auss verscheidenen darzu bewegenden Ursachen der compen-
diösen linten stuhle gebrauch gnädig bewilligt seint den
meisteren welche sich deren zu gebrauchen gedencken, nach-
folgende articulen vorgeschrieben.
V er ei düng.
1. Erstlich dass diejenige welche die compendiöse linten-
gezawen alhie zu gebrauchen gedencken, sich vor allem zu
dieser des h. reichs freyer statt Collen bürgeren gebührlich
qualificiren, und zu den meisteren vom passament werck auf
der gewandtmacher gaffel verayden sollen, vorbehalten gleich-
wohl denen, welche vor publicirung dieser Ordnung den ge-
brauch der compendiösen stuhlen vor einem Ehrs. hochw»
Rhatt erhalten, und sich auf andere gaffelen veraydet, dass
dieselbe auf gemelte erwöhlten gaffelen verbleiben mögen.
Trennung der Arbeit auf grossen und kleinen
Stühlen.
2. soll keinem meister, welcher diese compendiöse linten-
stühl brauchen will, die enckele oder kleine gezawen, darauf
man gold, silber, seidene passamen ten, galonen oder korden
verfertigen kan, noch auf den compendiösen stuhlen breide,
sondern nur schmale undt aufs höchst galonbreide undt bord-
lint zu verfertigen, gestattet werden, wie dan hingegen der
meisteren, so sich der enckelen gezawen zu Verfertigung oben
ahngezogener linten, passamenten, undt galonen bedienen auch
keiner gestalt der compendiösen stuhl gebrauch zugelassen
werden, undt dass auf straff von 2 ggld. so einem Ehrs. hochw.
Rhatt zu drey vierten theilen, das übrig viertentheil aber zu
befurderung guther auffsicht den verordneten meistern undt
ahnbringeren anheimb fallen solle.
Wechseln der Stühle.
3. Jedoch wirt zum dritten einem jedem würklichen
meister vorbehalten, dass wan einer diese compendiöse stühL
128. 113
verlassen undt deren begeben wolle, dass solchenfala ihme frey
stehen möge, sich der enckelen gezawen zu gebrauchen,
gleichwohl mit dem vorbehält, dass wan er zuvoren nur alss
ein compendiöser stuhlmeister eingeschrieben, auf dass wass
er vermög des 7. articuls zu Unterhaltung des handtwercks
zahlt, so viel darbey erlege alss die passamentierer, krafft ihres
zehndten articuls zu geben schuldig, gleichfalss die von ihnen
gewöhnliche kost thun, wie dan hingegen denjenigen, so sich
der klein gezawen ernehren, nit weniger gestattet wirdt bey
der freidags rhentcammer, sich der compendiösen sttlhl auch
allein zu bedienen, undt solches alles bey voriger straff.
Verbot des Handels.
4. Dabey dan zum vierten den meistern der compendiöser
stuhl keiner gestalt zugelassen sein solle, mit ihren linten
kammerschafft oder handthierung zu treiben, sondern blöss-
lich allein die Kauffleuth mit Verfertigung guter auffrichtiger
arbeit zu versehen, und wer dessen Verbrechens halben über-
zeugt würde, soll in die vor 3 specificirte straff verfallen sein.
Betriebsbeschränkung.
5. Undt damit bey dieser gesellschaft eines neben dem
anderen lebensmittelen erreichen könne, soll kein meister der
compendiöser arbeit über vier der stuhl von zwey tretten von
12 oder 14 gangen, zum höchsten ansetzen, undt gebrauchen,
ess sollen aber hierinnen die compendiöse stuhl von G oder 7
gänge immer zwey vor einen gerechnet werden, undt den
meistern frey stehen, ahn statt eines oder mehr der vorigen,
dieser 2 oder mehr nach advenant zu gebrauchen.
Befähigungsnachweis
6. Sechstens, solle keinem der compendiöser stuhl ee-
brauch zugelassen sein, der nit zuvor das passament oder
compendiöss linten machen bey einem meister gelernet, der-
gestalt, dass er sich oder beym passamentwircker handtwerck
alss ein meister gebührent qualificirt, oder bey einem com-
pendiösen meister drey jähr alss ein lernjung gestanden,
undt 3 jähr in- undt ausser der statt sich als ein Knecht
geübet.
Gebühren.
7. Siebendens, soll ein jeder lehrjung, wan er ein-
geschrieben wirdt mehr nit alss den verordneten meisteren ein
kopfstück, die knecht undt meister aber, so sie eingeschrieben
werden zu Unterhaltung des handtwercks und bruderschafft
Forschungen 128. — Koch. 8
114 128.
halb so viel alss die passamen ti rar , inhalts des 10. undt 11.
articuls zahlen, undt erlegen, aber keine kost zu thun schuldig
sein, gleichwohl sollen die meistern, ehe sie für meister ein-
geschrieben, ahnstatt des meisterstückes , ein compendiöses
werckstück ohne eintzige faute zur prob machen undt praesen-
tiren, denjenigen lehrjungen undt knechten, auch welche sich
bereits bey den meisteren der compendiösen stuhlen vor
publicirung dieser Ordnung gesetzet, solle die gesessene zeit
nach erlegung gedachten einschreibens geldt gestanden werden.
Abgaben an die Rentkammer.
8. Achtens soll ein jeder meister der compendiösen stuhl
arbeit verbunden sein, ehe er die stuhl auffgesetzt, sich bey
der freitags rhentcammer ahnzugeben undt zu erklären, wie-
viel er der grossen oder kleinen compendiöser stuhle will
auffsetzen, undt dan jährlichs in dieselbe rhentcammer von
jedem grosen stuhl einen thaler, undt von einem kleinen
einen halben thaler, so lang er selbe nicht niederlegt, undt
solches wiederumb bey der rhentcammer angibt, zahlen, dafern
aber jemandt mehr stuhl, dan er angeben, zu brauchen er-
funden wirdt, soll derselb zur straff des verschlags, so lang
er sie gebraucht, doppelt geld in die rhentcammer zu lieberen
schuldig sein.
Posamentirer-Ordnung soll maßgebend sein.
9. Neuntens, sollen die meistern der compendiöser stuhle
der passamentirer handtwercks in 22 articulen bestehender
Ordnung in allen denen puncten von welchen in dieser Ord-
nung nichts absonderlich versehen, sich gemäss verhalten.
Visitation durch die Amtsmeister der Posa-
mentierer.
10. Letzlich auff dass diese Ordnung steht, vest undt
unverbrüchlich gehalten werde, sollen die von den passament-
wirker handtwerck verordnete meister die compendiöser ge-
zawen visitiren, die gehende anzeichnen, undt bey denen, so
nicht darzu berechtigt die aufgesetzte compendiöse gezawen,
nach erhaltenem urlaub von zeitlichen Hh. Burgerm[eiste]rn
mit Zuziehung der gewaltrichter diener niederlegen undt ab-
holen, benebens aufrichtige observantz obbeschriebener puncten
fleissige obacht haben die der rhentcammer von den gehenden
gezawen gebührende geltier, wie auch alle verwirckte straff,
fleissig einfordern, selbe nach verlauf des halben jahrs richtig
undt trewHch berechnen, undt seines orths einlieferen; dabey
den meisteren der compendiösen gezawen frey vorbehalten
wirdt, wan unter gedachten passamentwircker verordneten
meisteren keiner von den compendiösen lintenmächeren zur
128. 115
zeit were, diese unter ihnen einen erwählen mögen, welcher
von vorg[eme]lten verordneten meisteren zu dem dieser Ord-
nung halben ihnen obliegenden dienst undt auffsicht mit zu-
gezogen werde.
Zu urkundt wohlglt. Rhatts anhangenden sigilli ad causas
signat. 2. july ao. 1659.
Abschrift im Archiv, Z. 155.
II. Namenliste von Angehörigen des Kölner Seidengewerbes.
A. Bis zur Einwanderung der Fremden.
Cindatores:
1252 Christianus.
1254 Petrus.
1260 Philippus.
„ Fr an CO.
„ Servatius.
1269 Heribert.
1273 Gertrudis.
1301 Henricus.
1312 Godescalcus.
Wilhelmus de Stupa.
Rudolf US ülhorn.
1340 Golda, Spinnerin.
Sticker und Stickerinnen:
1340 Luthe von Santen, Wappen Stickerin.
1343 Bela, factrix stolarum.
1344 Johann von Santen, Wappensticker.
1346 Guytginis, factrix casularum.
1350 Guda, mitrifex.
1356 Drude de Wuppervurde, operatrix casularum.
1359 Johannes Juncker dictus de Parisiis, colorator serici.
Sticker:
1368 Emerich, Wappensticker.
1379 Tilman, wambesticker.
1398 Herman von Bornheym, Wappensticker.
„ Arnoldt Kreengyn, Wappensticker.
„ Reynart, barduirworker.
1412/13 Walter Kesinger, Spinner (?)
Sticker und Stickerinnen:
1417 Styngin van Nüsse, Perlenstickerin.
1439 Johan van Burnheim, Wappensticker.
1457 Reynart, Wappensticker.
„ Melchior u. Arnt Hacke, Grosshändler.
" 8*
116 128.
1461 Johann de Berchem, Grosshändler.
1462 Adolf von der Burch, Grosshändler.
1465 Rychart, siedenverwer.
1471 Catryngin Reym, Wappenstickerin.
1471 Wolffganck Reym, Wappensticker.
1481 Styngin van Liblar, Weberin.
1481 Irmgyn van Rijndorp, Weberin.
1486 Wilhelm von Roede, Färber.
1487 Johann Westfelynck, Händler.
1490 Heinrich Glöcknergasse, Färber.
Weber und Weberinnen
1490 Engelbert Engels.
„ Fr. Kerpgyn.
„ Giertgyn von Liblar.
? Poetgyn.
1491 Johann von Liblar.
1492 Fügin Engels.
1493 Tryngin zo der Rodendoyr.
1494 Tryngin Sloessgin.
1494 Heinrick Struys, Händler.
„ Tonies van Lomessem, Färber.
Weberinnen:
1494 Mettel van dem Hoynemart.
„ Fr. Hermann v. der Seyr.
„ Eyffgyn Meydmans.
„ Fychen von Berchem.
„ Beylchen van Wychtericht.
„ Greytgin van Hartten.
„ Tryngin von Lobach.
1494 Hr. Gerlyckx, Händler.
„ Hm. Grosbecher, Händler.
„ Joh. V. Düsseldorf, Händler.
„ Teylman Bruger, Händler.
„ Geryt v. HarfFe, Händler.
„ Hilgin Byrcken, Weberin.
1497 Johan Froman, Händler.
128. 117
Weberinnen.
1498 Grietgin Quettynck.
„ Catryngin ?
„ Wynmar Hack.
„ Gretgyn Zabak.
„ Cathryngyn Haver.
„ Cathryngyn van Lomessem.
„ Cathringin Nuyssers.
„ Irmgyn up dem Buchell, Spinnerin.
„ Ursseil Kesselsleigers, Spinnerin.
1531 Frau Conrads von Bolhausen, Stickerin.
, 1536 Tryngin von Luynscheit, Spinnerin.
Weber und Weberinnen.
1537 Frau Gerharts von Schyrl.
^ Barbara von Bylek.
„ Heinrich Gerlach, Amtsmeister.
1543 Cathrin Weinsberg.
„ Melchior Koch, wohnt auf Saleck.
1546 Dietrich Becker.
1564 Konrad Heresbach, auch Händler.
B. Ton Beginn der fremden Einwanderung ab.
Färber, Händler und Radspinner:
1564 Ambrosio Spiritallo aus Venedig; lässt sich in Köln nieder,
1569 Daniel Palant.
1589 Wilhelm Steffens, Färber und Händler.
„ Tönnes Becker, Färber und Händler.
„ Johann Süchteln, Färber und Händler.
„ Hans Deutz, Färber und Händler, 1595 Amtsmeister.
„ Jeronimo Cassina.
„ Carlo Navazola.
„ Petro Christiane, wohnt am Griechenmarkt.
„ Steff'en von Hattingen.
„ Thomas Moriconi.
„ Hans Fritz.
„ Antonio Dorsi.
„ Peter Dablaing, Dabiein.
„ Johann Helduvier & Co. Der Name kommt auch in
Hanau vor. 1600 wird unter den Mitgliedern der
französischen Gemeinde Michael Heldvier, Seiden-
händler, genannt.
„ Jeronimo Volvi.
„ Johann von den Hövell.
1590 Ww. Margarete Feisten, Färber, Händler.
118 12&
1590 Hermann Steffens, Färber, Händler.
„ Hilbrant Sudermann, Färber, Händler.
„ Marco Antonio Gravi.
„ Arnoldus Frealden Hollen.
„ Ando Vondanelli.
„ Jaques Fasse & Co.
„ Jaques du Buequoy.
„ Hans Sonnemanns.
„ Hans Flayoldt.
„ Peter von Ygelt.
„ Johann van den Huenell.
„ Cornille le brun.
1591 Caspar Dobeano.
„ Gotfrid Haudappel.
„ Jacomo de St. Cruce.
„ Johann Dusart auf dem Bach.
„ David Dusart, sein Sohn.
„ Loys More & Co., Mohr. Ein Seidenhändler Mohr ist
1600 in Hanau; auch in Antwerpen ist die Familie
vertreten.
1592 Ber[n]hard Stuningh.
„ FrauQois Grammont.
„ Johann Morawe.
„ Hans van den Pütt, Sternengasse.
„ Gwilram van den Pütt.
„ Walter de Novile, vgl. Neufville in Hanau.
„ Hermann Ach.
„ Mercurius Drix. (?)
„ Wilhelm Schildt.
1593 Johann Moriconi & Co.
„ Domenico Ferro & Co.
„ Johann Maconi.
„ Eduard Polss.
1594 Symon Ingelgräffen, Gr. Witzgasse. Gewandmacher-
Gaffel.
„ Niclas Marchant, Am Holtzmarkt in der „grünen Hand"»
„ Peter von der Ger, Lewengasse, in der „güldnen Hand".
Leinwebergaffel. Färbt nur für Borattenmacher und
Caffawerker.
„ Wilhelm Vry Aldenhoven Glockengasse.
„ Hermann Schlotanus, Beckergasse an der oberen Mauer
im guldnen Appel.
„ Caspar Benoit, Heumarkt. Ein Seidenhändler Johan
Benoit gehört 1600 zur französischen Gemeinde in
Hanau.
„ Roland von der Meer.
„ Heinrich vom Rhein, FoUerstrasse.
„ Frau desselben, Weberin.
128.
119
Färber:
1594 Werner Bück, Färber.
„ Berndt Herwegh, Färber, Hohepforte.
„ Johann Schwan, Färber.
1595 Steffen Weissmann.
„ Thomas Braun, Socius von Weissmann.
1598 Wilhelm Engels, Marspforte (vgl. 1490: Engelbert E.
und Frau, Seidenweber!).
„ Joh. Birt.
„ Anton Baudoin.
1599 Peter von Breda.
„ Caspar von Uffellen.
„ Melchior de Noeuille; der Name Neufville kommt auch
in Hanau um 1600 vor.
Radspinner und Färber:
1600 Hans von der Ahr.
„ Niclas Genir, Blindgasse.
„ Niclas Genir, Hamergasse.
„ Wwe. Bedal, Pedal, Gr. Budengasse neben dem „Olephant",
Seidenwirker, auch Passementer:
1600
Laurens Cornielis.
Oornielis Liebock.
Jann Gierradt.
Albert Schadt.
Reinnert Schwerts.
Jann van Loeving.
Jacob van Diss (Deutz?)
Hennrich Mayer.
Torniss Holssboetgen.
Bastian van Alffter.
Jann Liegen.
Gorth Teintgens.
Oth Robenn.
Jann Schopmann.
Gilyan Parime.
Rienier Florenns.
? Valiant.
Jann Roevenig.
Wilm Maertenns.
Jann Äugst.
Bartolmeus Hart.
1600
Jackes Jackes. (Der Name
scheint identisch mit dem
ebenfals vorkommenden Ja-
ques Jaques oder Jacob
Jacobs).
Aberhara.
Gothardt Muiling. Der Name
Gothardt Mühling erscheint
noch 17141 Ein Seiden-
fabrikant dieses Namens
wandert nach Mülheim aus
(s. Kap. III)
Bastian Karst.
Jann Sturm.
Jann von Limburch.
Martenn.
Niclas Varley.
Peter von Bruick (Brügge).
Niclas von Limburch.
Jacop Stup.
Franns De Granntt.
120
128,
1600
Zacaryass pfinngsten.
Lauwiss Fabir.
Orban Vass.
Christian von der Schlotenn
(Schlotanus ?)
Jann Dobbel.
Jacop.
Jann.
Hennrich Bodttorff.
Gordtt vonn Muilen.
Peter in die Wallengass.
Torniss von Nuiss (Neuss).
Peter von Brüssel.
Jann von Nuiss.
Peter von Achenn.
Jann von Ganngelth.
Jann von Capellen.
Niclas Lannsberg.
Jost von Sittert.
Balthesar von Brackel.
Niclas.
Biltgenn Stormanus.
Conradt von Ercklenns.
Mattis Viegtreiber.
Jann von Hoenningen.
1600
Christiannis vonBonenn(Bonn).
Wilm von Wierschel.
Wilm von Moerss.
Wilm Giyenn.
Wilm von Kleinenbroch.
Hanns Herzbroch.
Peter Rip.
Hennriet Wolff.
Class Arnnts.
Matthiss BerttorfF.
Aberhamm Eck.
Adolf Zimmermann.
Peter Zimmermann.
Gierhardt Mass.
Kreinn Bochels.
Franns Geir
Hermann Gillenkirch.
Hennrich Dortmundt.
Jann Schreine.
Jann 01p.
Jann Pannis.
Jann de Wil.
Arndt Passmann.
Henrich Passmann.
SteflFen von Mal.
Händler: (Winkelhalter des Seidamts)
1600
Jann Kuepper.
Connrad von Glattbach.
Johan Langenberch.
Alberth Weinmiersch.
Lodoweigh von Stamme.
Jan fon Morss (Moers).
Johann Albertz.
Albertt Gönnen.
Peter Wolters.
Ollevier von Heck.
Donnert Gull.
Wilhelm Ruatt.
Melchior RondorflP.
Nicolas Puts.
(Hans Sonnemanns vgl. 1590).
1600
Wwe. Wolder.
Hornhart Grass.
Hindrich Geyn.
Jacop Ottenn.
Gotterdt Aldendorff.
Anthonius Omphalius.
Jan Langenberg.
Hendrich Barrenstein von
Collen.
Gillis von Brügghe.
Ulrich Overgoltz.
Friederich Overgoltz.
Heinrich Wordsback.
128.
121
Radspinner:
1600
Janeken Vits.
Sewas ?
Gysbert Grauss, Händler.
Paulus Mondaffer, Händler.
Henrich von Oebenich.Händler.
1600
Henrich von Meschede,
Händler.
Hans Verwelin, Händler.
Arnoldt von Hoengenscheidt,
Händler.
1602 Werner Busch, Färber.
„ Kerb, Weber, Amtsmeister des Seidamts.
„ Bernh. Lohn, Grosshändler.
1605 Jacob Uttenhoven, Grosshändler. Ein Hans von ü. wird
1600 als Seidenhändler in Hanau erwähnt. Er hat
1617 ein Kompagniegeschäft mit Abraham de Wolff
in Köln.
1616 Johann Klerck, Färber.
1667 Philipp Offerschlag, Spinner.
„ Thornis Kettenmacher, Amtsmeister.
Färber, Händler und Spinner auf Rädern.
1617
Assueri Erben in der Woll-
küche.
Wwe. Jobst Uttenhoven.
Abraham de Wolff s. 1605.
Niclas Gener, Krämergasse.
Jeremia Boudoin.
1617
Johan Behayn.
Christoffel Juinget.
Caesar Volps.
Georg von Hattingen.
Winand von Dalen.
Weber:
1618 Johann Blum, Amtsmeister.
„ Bernhard Veitmann, Amtsmeister.
1629 Johann de la Chambre, Großhändler. (Erhält die Er-
laubnis zum Großhandel).
1644 Werner Möseler, Amtsmeister.
„ Theodor Donaty.
„ Robert Baldenhoven.
1646 Peter Lassalle, Amtsmeister.
Conrad Aldenhoven.
Färber.
1646 Antonius Berchem od. Berchheim, Unter Taschenmacher.
1652 Thomas Thonet.
122 128.
1652 Jost Birt.
„ Wwe. Wilhelm Birt.
„ Frantz von den Enden.
Anton Ritzardt.
Kadspinner etc.
1656 Abraham Picave.
„ Gerhardt von Suchten.
„ Johann Stuir.
„ Peter Müller.
1657 Johann Sultz, Weber, Amtsmeister des Seidamtg.
„ ? Hardy, Zwirner.
1662 Adolf von der Sültz, Amtsmeister des Seidamts.
„ Gerhart Horst, Amtsmeister des Seidamts.
„ Johannes Schmalenberg, Amtsmeister des Seidamts.
„ Werner Messen, Amtsmeister des Seidamts.
Färber und Radspinner:
1662 Christian Lange.
„ Wwe. Hermann Lange.
„ Picave, d. jung.
„ Thomas Mühling.
„ Matthias Müller, Amtsmeister.
1665 Gotfried Mühling.
„ Gotthard Mühling.
1669 Isaac Louis de Bezgondey de St. Colombe, Fabrikant,
errichtet eine Fabrik, (s. Kap. III).
„ Johannes Messen, Färber.
1672 Jacobus Saurmous, Seidbereiter.
„ Gothardus Mitz, Händler. Eine Kölner Familie Mitz
läßt sich 1631 in Basel nieder; Importeure für
„niederländische Waren".
1672 Wilhelm Halffmann.
„ Jan Jacob Liefeling.
„ Jan Hermann Frambach.
Bandweber.
1677
V Biert, Bandweber, Gr.-
Witzgasse.
Niclas Tonnet, Lewengasse,
Bandweber.
Hans Jacob Birt, Bandweber.
Hans Jacob Mühling.
1677
Johannes Bier.
Adam Vaffraht.
Johann von Loh.
? Wermernkirch.
? Mumbaur.
Girat Butz.
128.
123.
1677
Schmitz.
Conrad von Berchem.
Langen.
Arnoldt von Aussem.
Melchor Zandt.
Adam Liebartz.
Schmits.
Matthias Sandey.
Henrich Schorn.
1677
Schaffi'ath.
Jacob Hentsch.
Johannes Bechem.
Hinderich Harken.
Wwe. Steffens, Griechenmarkt.
Müller beim Blatz.
Wahnloh.
Eriedrich Karps.
Lambert Hundsdorf.
Seidkrätzer und Florettkrätzer:
1681 Johann Teschenmacher.
„ Thewis von Bonn.
Balthasar von der Heiden.
1692 Müller.
„ Antonius Engels.
„ Job. Bapt. Messen.
Franciscus Messen.
Färber.
1695
1700
1702
1706
Seiden- und Florettkrätzer:
Job. Hans von Dreess, Schaumeister.
Hubert Peter, Schaumeister.
Johann Plancken
Jacobus Gemitten.
Henricus Baronheyd.
Louis Darden.
Matthias Gönnen.
Lorent Mairat.
Jacobus Junior.
Leonrad Mercennier.
Bertramus Baronheyd.
Mathias Warken.
Mathias Hornsen.
Peter Drikant.
Frantz Leonardus.
Hermann Matthonat.
Clemens Forings.
Niclas Deutz.
? Bruninghausen, Seidbereiter.
Wwe. Werner Neuhausen, Seidbereiterin.
Wwe. Gerhart, Seidbereiterin.
124 128.
1714 Christoph Andrelli, Fabrikant von Florettbändern,
„ Gotthard Müling, Fabrikant von Florettbändern,
Wandern von Köln nach Mülheim a. Rhein aus. .
1732 Wwe. Johannis Capitain geb. Hubar. I
1736 Martin Häuser, Seidkrätzer, Vater der Seydkrätzer-Q-e- '
Seilschaft (Gesellenverband).
„ Adolf Wipperfürth, Schaumeister des Siegelhauses.
„ Gernd Waidenroth, Schaumeister des Siegelhauses.
1791 Heinrich Dahmen, Fabrikant, verlegt seine Fabrik von
Deutz nach Köln.
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