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Full text of "Geschichte des Seidengewerbes in Köln vom 13. bis zum 18. Jahrhundert"

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Staats-  efld  sozialwisseDsctiaftlidie  ForscIiuDgeii.  j 

Herausgegebeil  von 

Gustav  Schmoller  und  Max  Sering. 
Heft  128. 


Geschichte 

des 

Seidengewerbes  in  Köln 

vom  13.  bis  zum  18.  Jahrhundert. 

Von 

Hans  Koch. 


Leipzig, 

Verlag    von    D  u  n  c  k  e  r    &    H  u  ni  b  1  o  t. 
1907. 


Verlag  von  DUNCKER  &  HUMBLOT  in  LEIPZIG. 

Staats-  und  socialwissenschaftliche 
Forschungen. 

Herausgegeben  von  Gustav  Schmoller  und  Max  Sering. 

Band  I  bis  XXVI  und  Heft  122  bis  130.    gr.  S». 


Erster  Band.    1878.    Preis  18  M. 

1.  3.  Die  Ausbildung  der  grossen  Grnndherrschaften 
in  Deutschland  während  der  Karolingerzeit.  Von 
Karl  Theodor  von  Inama-Sternegg.  (VI, 
118  S.)    3  M.  20  Pf. 

I.  2.  Die  deutschen  Städtesteuem,  inshesondere  die 
städtischen  Reichssteuem  im  12.  und  13.  Jahr- 
hundert. Von  Karl  Zeumer.  (VIII,  162  S.)  4M. 

I.  3.  Beiträge  zur  Geschichte  des  französischen 
Wirthschaftslebens  im  elften  Jahrhundert.  Von 
Karl  Lamprecht.    (Vni,  152  S.)    4  M. 

I.  4.  Die  innere  französische  Gewerbepolitik  von 
Colbert  bis  Turgot.  Von  Henry  W.  Farnam. 
(VIII,  85  S.)    2  M.  40  Pf. 

I.  5.  Die  Gliederung  der  Gesellschaft  nach  dem 
Wohlstande,  auf  Grund  der  neueren  amtlichen 
deutschen  Einkommens-  und  Wohnungsstatistik. 
Von  R.  Michaelis.    (IX,  134  S.)    4  M.  40  Pf. 


Zweiter  Band.    1879.    Preis  27  M. 

II.  1.  Der  Kampf  um  Gewerbereform  und  Gewerbe- 
freiheit in  Bayern  von  1799—1868.  Nebst  einem 
einleitenden  Ueberblick  über  die  Entwickelung 
des  Zunftwesens  etc.  Von  Josef  K alz  1.  (Vllf, 
174  S.)    4  M.  40  Pf. 

II.  2.  Die  Industrie  am  Niederrhein.  I.  Theil.  Die 
linksrheinische  Textilindustrie  und  die  Lage  ihrer 
Arbeiter.  Von  Alphons  Thun.  (X,  218S.)  6  M. 

II.  8.  Die  Industrie  am  Niederrhein.  2.  Thoil.  Die 
Industrie  im  bergischen  Lande.  Von  Alphons 
Thun.     (VIII,  262  S.)    6  M. 

II.  4  Die  schweizerische  Allmend  in  ihrer  geschicht- 
lichen Entwickelung  vom  XIII.  Jahrhundert  bis 
zur  Gegenwart.  Von  A.  v.  Mi  as k  o  ws  ki.  (XVIII, 
245  S.)    6  M. 

II.  5.  üeber  das  ältere  deutsche  Mfinzwesen  und  die 
Hausgenossenschaften  besonders  in  volkswirth- 
schaftlicher  Beziehung.  Von  K.  Th.  Eheberg, 
(VIII,  208  S.)    4  M.  60  Pf. 


Dritter  Band.    1880—82.    Preis  26  M. 

HI.  1.  Landwirthschaft  und  Gewerbe  in  Mittelruss- 
land seit  Aufhebung  der  Leibeigenschaft.  Von 
Alphons  Thun.    1880.     (IX,  246  S.)    6  M. 

III.  2.  Die  Strassburger  Goldschmiedezunft  von  ihrem 
Entstehen  bis  1681.  Urkunden  und  Darstellung. 
Von  Hans  Meyer.     1881.    (XIII,  224  S.)    6  M. 

III.  3.  Die  Effektenbörse.  Eine  Vergleichung  deut- 
scher und  englischer  Zustände.    VonE.  Struck. 

1881.  (X,  244  S.)    6  M. 

III.  4.  Geschichte  der  preussisch-dentschen  Eisenzölle 
von  1818  bis  zur  Gegenwart.    Von  Max  Sering. 

1882.  (XXIV,  313  S.)    8  M. 

Vierter  Band.    1882-83.    Preis  23  M. 

fV.  1.  Städtefinanzen  in  Preussen.  Statistik  und  Re- 
form vorschlage  von  Philipp  Gerstfeldt.  Mit 
2 lithogr. Darstellungen.  1882.  (VIII,  146  S.)  4M. 
2.  Fünf  Dorfgemeinden  auf  dem  hohen  Taunus. 
Eine  socialstatistische  Untersuchung  über  Klein- 
bauernthum,  Hausindustrie  und  Volksleben  von 
G.Schnapper-Arndt.  1883.  (XIV,  322  S.)  8  M. 


IV.  3.  Die  französische  Getreidehandelspolitik  bis  zum 
Jahre  1789  in  ihrem  Zusammenhange  mit  der 
Land-,  Volks-  und  Finanzwirthschaft  Frankreichs. 
Von  A.  Araskhaniantz.  1882.  (X,  166  S.)  4  M. 

IV.  4.  Der  christlich -sociale  Staat  der  Jesuiten  in 
Paraguay.  Von  E.  Gothein.  1883.  (VHI,  68  S.) 
1  M.  80  Pf. 

IV.  5.  Geschichte  der  direkten  Steuern  in  Baiem 
vom  Ende  des  XIII.  bis  zum  B^nne  des  XIX.  Jahr- 
hunderts. Ein  finanzgeschichtlicher  Versuch  von 
L.  Hoffmann.  1883.   (XIV, 220  S.)    5  M.  20 Pf. 


Fünfter  Band.  1883-«6.  Pr.29M.60Pf. 

V.  1.  Das  englische  Arbeiterversicherungswesen.  Ge- 
schichte seiner  Entwickelung  und  Gesetzgebung. 
VonWilh.  Hasbach.  1883.  (XVI, 447  S.)  10  M. 

V.  2.  Die  Unfall -Gesetzgebung  der  europäischen 
Staaten,  VonT.Bödiker.  1834.  (VI,  172 S.)  4M. 

V.  3.  Die  Entwickelung  der  ständigen  Diplomatie 
vom  XV.  Jahrhundert  bis  zu  den  Beschlüssen  von 
1815  und  1818,  Von  0.  Krauske,  1885.  (VI, 
245  S,)  5  M,  60  Pf. 

V.  4.  Das  euglische  Armenwesen  in  seiner  histo- 
rischen Entwickelung  u.  in  seiner  heutigen  Gestalt. 
Von  P.  F.  A  sehr  Ott.    1886,  (XXI,  450  S.)  10  M. 


Sechster  Band.    1886.    Preis  21  M. 

VI,  1.  Das  Manufakturhaus  auf  dem  Tabor  in  Wien. 
Ein  Beitrag  zur  österreichischen  Wirthschafts- 
geschichte  des  XVTI.  Jahrhunderts.  Von  Hans 
J.  Hatschek.   1886.    (VIII,  89  S.)  2  M.  80  Pf, 

2.  Die  Gewinnbetheiligung,  ihre  praktische  An- 
wendung und  theoretische  Berechtigung  auf  Grund 
der  bisher  gemachten  Erfahrungen  untersucht  v. 
H,  Frommer.    1886.     (X,  149  S.)    3  M.  60  Pf, 

3.  Die  gesetzliche  Regelung  des  Feingebalts  der 
Gold'  und  Silberwaaren,  Von  T.  Bödiker. 
1886.      (VIII,  98  S.  m.  Hlustr.).    2  M.  60  Pf. 

4.  Die  deutsche  Armengesetzgebung  und  das 
Material  zu  ihrer  Reform.  Von  E.  Muenster- 
berg.    1886.    (XXVI.  570  S.)    12  M. 


VI 


VI 


VI 


Sieben terBand.  1887—88.  Pr.  19  M.  20Pf. 

VII.  1.  Vol ks vermögen ,  Volkseinkommen  und  ihre 
Verteilung.  Von  Hermann  Losch.  1887. 
(VII,  110  S.)    2  M.  60  Pf. 

VII.  2.  Die  wiebtigeren  preussischen  Reformen  der 
direkten  ländlichen  Steuern  im  18.  Jahrh.  Von 
C.  A.Zakrzew8ki.  1887.  (VIII.  99S.)  2  M.  40  Pf. 

VII.  3.  Geschichte  der  Preussischen  Regieverwaltung 
von  1766  bis  1786.  Von  W.  Schnitze.  l.Thl, 
1887.    (X,  432  S.)    9  M.  60  Pf.  . 

VII.  4.  Organisation  und  Verpflegung  der  preussischen 
Landmilizen  im  siebery ihr.  Kriege,     Von  Franz 


Schwartz. 


196  8.)    4  M,  60  Pf, 


Acliter  Band.    1888-89.    Preis  22  M. 

VIII.  1,  Geschichte  des  magdeburpischen  Steuer« 
Wesens  von  der  Reformationszeit  bis  ins  acht- 
zehnte Jahrhundert.  Von  Harald  Bielfeld. 
1888.    (X,  196  S.)    4  M.  60  Pf. 


Verlag  von  DUNCKER  &  HUMBLOT  in  LEIPZIG. 


VIII.  2.  Das  KoDfloUt  dos  Meerei  in  Pisa.  Ein 
Iteitragzor  (Jeschicbte  des  Seewesens,  der  Handels- 
gilden und  des  IlandelsrecLts  im  Mittelalter.  Von 
Adolf  Schanbe.    1888.    (Xlll,  809  S.)    7  M. 

VIll.  B.  Die  rfiinische  Canipagna.  Eine  socialökono- 
mische  Studie  Ton  W.  Sombart.  1888.  (VIII, 
182  S.J    4M.  20  Pf. 

VIII.  4.  Der  Process  gegen  Eberhard  Danckelman. 
Ein  Beitrag  z.  brandenoarg.Vt'rwaUangd^rescbichte 
Ton  K.  Hrevsig.  1889.  (VIII.  116  S.)  2  M.  60  Pf. 

VIII.  .5.  Deutscbe  städtische  Getreidehandelspolitik 
vom  15.  bis  17.  Jahrhundert.  Mit  besonderer 
BeröcksichtJgung  Stettins  nnd  Hamburgs.  Von 
W.  Naudö.    1889.    {VIII,  154  8.)    3  M.  60  Pf. 


Neunter  Band.  1889-1 


Preis  17  M. 


IX.  1.  Der  öffentliche  Kredit  im  Mittelalter.  Nach 
Urkunden  der  Herzogtümer  Braunschweig  und 
Lüneburg.  Von  A.  von  Kostuneck i.  1889. 
(VIII,  154  S.)    8  M. 

IX.  2.  Die  Glasindustrie  im  Hirschberger  Thale.  Von 
G.    Lange.     1889.     (VIII.  145  8.)    3  M.  20  Pf. 

IX.  8.  Pforzheims  V«rgangeHheit.  Ein  Beitrag  zur 
deutschen  Städte-  nnd  Gewerbegeschichte  von 
E.  Gothein.     1889.    (VIII,  86  S.)   2  M.  20  Pf. 

IX.  4.  Ueber  die  gutsherrlich-bäuerlichen  Rechtsrer- 
hältnisse  in  der  Mark  Brandenburg  vom  16.  bis 
18.  Jahrh.  Von  F.  Grofsmann.  1890.  (X,138S.) 

3  M.  60  Pf. 

IX.  5.  Ulms  Baumwollweberei  im  Mittelalter.  Ein 
Beitrag  zur  deutschen  Städte-  und  Wirtschafts- 
geschichte. VonE.  Nübling.  1890.  (X,  208  S.) 
5  M. 

Zehnter  Band.  1890.  Preis  28  M.  80  Pf. 

X.  1.    Ueber  sociale  Differenzierung.    Sociologische 

und     psychologische     Untersuchungen     von    G. 

Simmel.    2,  anastatischer  Neudruck  vom  Jahre 

1905.     (VIII,  148  S.)    3  M.  60  Pf. 
X.  2.    Die  allgemeinen  philosophischen  Grundlagen 

der  von  P.  Quesnay  und  A.  Smith  begründeten  polit. 

Oekonomie.  Von  W.  Hasbach.  189U.  (X,  178S.) 

4  M.  40  Pf. 

X.  3.    Beiträge  zur  wirtschaftlichen  Entwickelungs- 

geschichte  der  voreinigten  Niederlande  im  17.  u. 

18.  Jahrh.   Von  0.  Pringsheim.    1890.    (VIU, 

128  S.)    2  M.  80  Pf. 
X.  4.     Japans  Volkswirtschaft  und  Staatshaushalt. 

Von  K.  Rathgen.    1891.    (XX,  786  S.)    18  M. 


Elfter  Band.    1891—92.   Preis  20  M. 

XI.  I.  Die  sociale  und  wirtschaftliche  Lage  der 
galizischen  Schuhmacher.  Von  C.  v.  Paygert. 
1891.    (XIV,  194  S.)     4  M.  60  Pf. 

XI.  2.  Geschichte  der  preussischen  Fabrikgesetzgebung 
bis  zu  ihrer  Aufnahme  durch  die  Eeichsgewerbe- 
ordnung.  Auf  Grund  amtlicher  Quellen  bearbeitet 
vonG.K.  Anton.  1891.  (XVI, 202 S.)  4M.  60  Pf. 

XI.  3.  Der  Friedricb-Wilhelms-Kanal  und  die  Berlin- 
Hamburger  Flussschiffahrt.  Beiträge  zur  preussi- 
schen Strompolitik  des  17.  und  18.  Jahrhunderts. 
Von  K.  Toeche-Mittler.  1891.  (XII,  158  S.) 
3  M.  60  Pf. 

XI.  4.  Franz  von  Meinders.  Ein  brandenburgisch- 
preussischer  Staatsmann  im  17.  Jahrhundert.  Von 
A.Strecker.  Mit  einem  Porträt.  1892.  (VÜI, 
152  S.)  3  M.  60  Pf. 

XI.  5.  Die  brandenburgisch  -  preussische  Heeresver- 
fassung unter  dem  Grossen  Kurfürsten.  Von  Dr. 
Friedrich  Freiherrn  von  Schroetter.  1892. 
(VI,  !57  S.)  3  M.  60  Pf. 


Zwölfter  Band.  1898.  Preis  19  M.  80  Pf. 

XII.  1.  Die  Entwicklung  des  Bayerischen  Brau- 
gewerbes im  neunzehnten  Jahrhundert.  Von  Emil 
StruTe.    1893.    (VIII,  291  S.)    6  M. 


III.  2.  Untersnchangen  zur  Oeacbichte  der  Kauf- 
matmsgilden  des  Mittelalters.  Ein  Beitrag  zur 
Wirtschafts-,  Social*  und  Verfassnngsgeschichte 
der  miUelalterlichen  Städte.  Von  Alfred 
Deren.    1893.    (XII,  220  S.)    4  M.  80  Pf. 

XII.  8.  Das  Wohnungsmietrecht  und  seine  sociale 
Eefonn.  Von  K.  Schneider.  1893.  (VI, 
170  8.)    3    M.  60  Pf. 

XII.  4.  Gesindeordnung^n  nnd  Gesindezwangsdienat 
in  Sachsen  bis  zam  Jahre  1835.  Eine  wirtschafU- 
geschichtliche  Studie  von  Robert  Wuttke. 
1898.  (XI,  281  8.)    5  M.  40  Pf. 


Dreizehnter  Band.  1894-95. 28M.40Pf. 

XIII.  1.  Die  t>rgani8ation  der  Geeamt'iaatsverwal- 
tung  Schlesiens  vor  dem  dreissigjährigen  Kriege. 
Von  F.  Bachfahl.    1894.   (XUl.  482  3.)  10  M. 

XIII.  2.  Ueber  die  Verwaltung  des  Maas»-  und  Q«- 
wichtswesens  in  Deutschland  während  des  Mittel- 
alters. Von  Georg  Köntzel.  1894.  (VII, 
102  S.)    2  M.  60  Pf. 

XIII.  3.  Die  Niederlausitzer  Schafwollindustrie  in 
ihrer  Entwicklung  zum  Grofsbetrieb  und  zur 
modernen  Technik.  Von  GeorgQuandt.  1895. 
(X,  298  S.)    6  M.  60  Pf. 

XIII.  4.  Vauban,  seine  Stellung  in  der  Geschichte 
der  Nationalökonomie  und  sein  Beformplan.  Yen 
F.  Lohmann.    1895.    (VIII,  172  8.)    4  M. 

XIII.  5.  Geschichte  der  Germanisierung  des  Herzog- 
tums Pommern  oder  Slavien  bis  zum  Ablauf  des 
13.  Jahrhunderts.  Von  W.  von  Sommerfeld. 
1896.    (VIU,  234  8.)    5  M.  20  Pf. 


Vierzehnter  Band.  1896-97. 14M.40Pf. 

XIV.  1.  Verfassungs-  und  Wirtschaftsgeschichte 
des  Herzogtums  Pommern  von  1478  bis  1625. 
Von  Martin  Spahn.  1896.  (XIX,  202  S.) 
4  M.  60  Pf. 

XIV.  2.  Hausgewerbe  und  Fabrikbetrieb  in  der  Ber- 
liner Wäsche-Industrie.  Von  Johannes  Feig. 
1896.     (XI,  149  S.)    3  M.  20  Pf 

XIV.  3.  Der  politische  Charakter  von  Matheus 
Parisiensis.  Ein  Beitrag  zur  Ge^^chichte  der 
englischen  Verfassung  und  des  Ständetums  im 
13.  Jahrhundert.  Von  Hans  Plehn-  1896. 
(XIV,  136  8.)    3  M.  60  Pf. 

XIV.  4.  Die  Organisation  der  Centralverwaltung  in 
Kleve -Mark  vor  der  brandenburgischen  Besitz- 
ergreifung im  Jahre  1609.  Von  Kurt  Schott- 
müller.   1897.    (X,  121  S.)    3  M. 


Fünfzehnter  Band.  1897—98.  20M. -. 

XV.  1.  Baum woUproduktion  und  Pflanznngswirtschafl 
in  den  Noraamerikanischen  SüdstsAten.  Von 
Ernst  von  Halle.  I.  Die  Sklavenzeit. 
(XVI,  369  S.)    1897.     9  M. 

XV.' 2.  Magi.sterium  und  Fraternitas.  Eine  verwal 
tungsgeschichtl.  Darstellung  d.  Entstehung  dei 
Zunftwesens.  Von  R.  Eberstadt.  (VI,  241  S. 
1897.    5  M.  40  Pf. 

XV.  3.  Entwickelung  und  Organisation  der  Florentinei 
Zünfte  im  13.  nnd  14.  Jahrh.  Von  A.  Doren 
1897.    (IX,  114  8.)    2  M.  80  Pf. 

XV.  4.  Die   hau8industri(>llen   Arbeiterinnen   in    do 

,  Berliner  Binsen-,  Unterrock-  etc.  Konfektion.  Voi 

G.  Dyhrenfurth.  1898.  (IX.  121  8.)  2  M.  80 PI 


Sechzehnter  Band.   1898.  20  M.  80  Pf 

XVI.  1.  Zwei  Dörfer  der  badischen  Rheinebene  m 
bes.  Berücksicht.  ihrer  Allmendverhältnisse.  Voi 
E.  Braunagel.   1898.   (IX,  86  S.)   2  M.  20  Pf 

XVI.  2.  Statistische  Studien  z.Entwicklungi^eschichi 
der  Berliner  Industrie  von  1720—1890.  Von  0 
Wiedfeldt.    1898.    (IX,  411  8.)     9  M.  60  Pf 

XVT.  3.  Das  Mainzer  Schiffergewerbe  in  d.  letztei 
3  Jahrhunderten  des  Kurstaates.  Von  Chr 
Eckert    1898.    (IX,  155  S.)    3  M.  80  Pf. 


Verlag  von  DUNCKER  HUMBLOT  in  Leipzig. 


SYI.  4.   Die  Eeichs-Versicherüngsgesetzgebnug.    Von 
■^     T.  IJÖdiker.    1898.    (58  S.)    1  M.  CO  Pf. 
XVI.  5.    Die  mittlere  Lebensdaner  in  Stadt  u.  Land. 
Von  C.  Ball  od.    1899.    (VI,  141  S.)  3M.  60  Pf. 


Siebzehnter  Bd.  1899  - 1900. 22 M.  60 Pf. 

XVII.  1.  Die  finanziellen  Beziehungen  der  florenti- 
ni^chen  Bankiers  zur  Kirche  von  1285—1304.  Von 
Georg  Schneider.     1899.    (X,  78  S.)    2  M. 

XVII.  2.  Das  französische  Gewerberecht  und  die 
Schaffung  staatlicher  Gesetzgebung  und  Verwal- 
tung in  Frankreich  vom  13.  Jahrhundert  bis  1581. 
VonR.  Eber  Stadt.  1899.  (VIT,  4598.)  UM.  80  Pf. 

XVII.  3,  Der  deutsch-russische  Handels-  und  Schiff- 
fahrtsvertrag vom  20.  März  1894,  Von  A.  Hu- 
man.   19  0.    (VIII,  94  S.)    2  M.  20  Pf. 

XVII.  4.  Beiträge  zur  Preussischen  Haidwerker- 
politik  vom  Allgemeinen  Landrecht  bis  zur  All- 
gemeinen Gewerbeordnung  von  1845.  Von  Hugo 
Roehl.     1900.    (VIII,  276  S.)    6  M.  60  Pf. 


Achzehnter  Band.  1800.  Pr.21M.60Pf. 

XVIII.  1.     Die  staatliche  Regelung  der  englischen 


Wollindu.<»trie  vom  XV.  bis  zum  XVIII.  Jahr- 
hundert. Von  Friedrich  Lohmann.  1900.  (X, 
100  S.)    2  M.  60  Pf. 

XVIII,  2.  Französische  Handelspolitik  vom  Frank- 
furter Frieden  bis  zur  Tarifreform  von  1882,  dar- 
gestellt auf  Grund  der  parlamentarischen  An- 
naion von  Ernst  Rausch.  1900.  (XIV,  206  S.) 
4  M,  80  Pf. 

XVIII.  3.  Die  gewerblichen  Genossenschaften  Bel- 
giens. Von  Joseph  Boujansky.  1900.  (VIII, 
93  S.)    2  M.  20  Pf. 

XVIII.  4.  Zur  Vorgeschichte  des  Bauernkrieges. 
Studien  zur  Verfassungs-,  Veiwaltungs-  nnd 
Wirtschaftsgeschichte  vornehmlich  Südwest- 
deutschlands im  ausgehenden  Mittelalter.  Von 
Wilhelm  Stolze.  1900.  (IX,  57  S.)  1  M.  40  Pf. 

XVIII.  5.  Rheinsthiffahrt  im  XIX.  Jahrhundert. 
Von  Christian  Eckert.  1900.  (XIX,  450  u. 
III  S.)    10  M.  60  Pf. 

Neunzehnter  Band.  1901.  Pr.  18  M.SO  Pf. 

XIX.  1.  Geschichte  der  ostpreussischen  Stände  und 
Steuern  von  1688-1704.  Von  Robert  Berg- 
mann.   1901.    (X,  216  S.)    5  M. 

XIX.  2.  Die  Entwickelung  der  Arbeitsteilung  im 
Leipziger  Gewerbe  von  1751 — 1890.  Vou  Otto 
Petrenz.    1901.    (V.  92  S.)    2  M    20  Pf. 

XIX.  3.  Technik  und  Geist  des  ständisch-monar- 
chischen Staatsrechts.  Von  FriedrichTezner. 
1901.    (IX,  102  S.)    2  M.  60  Pf. 

XIX.  4.  Die  Entwicklung  der  menschlichen  Be- 
dürfnisse und  die  soziale  Gliederung  der  Gesell- 
schaft. VonB.  Gurewitsch.  1901.  (IV,  129S.) 
3  M. 

XIX.  5.  Über  die  Entwicklung  und  heutige  Organi- 
sation des  Berliner  Fiscbmarktes.  Von  Erich 
Grossner,     1901.    (VII,  93  S.)    2  M.  40  Pf. 

XIX.  6.  Das  österreichische  Arbeiter-Krankenver- 
sicherungs-Gesetz und  diePraxis.  Beobachtungen 
eines  Verwaltungsbeamten.  Von  Karl  Lamp. 
1901.     (IV,  161  u.  III  S.)    3  M.  60  Pf. 


Zwanzigster  Band.  1902.  Pr.l6M.80Pf. 

XX.  1.  Der  Berliner  Effektenhaudel  unter  dem  Ein- 
flüsse des  Reichs-Börsengesetzes  vom  22.  Juni 
1896.  Von  Chr.  Knipper.  1902.  (VI,  102  S.) 
2  M.  40  Pf. 

XX.  2.  Ueber  Wandlungen  in  der  Volksernährung. 
Von  Alfred  Grotjahu.  1902.  (VII,  72  S.) 
1  M.  60  Pf. 

XX,  3,  Gutsherrlich-bäuerliche  Verhältnisse  in 
Ostpreussen  während  der  Reformzeit  von  1770 
bis  1830.  Gefertigt  nach  den  Akten  der  Guts- 
archive zu  Angerapp  und  Gr.-Steinort.  Von 
Karl  Böhme.    1902.   (VII,  107  S.)  2M.  60 Pf. 


XX.  4.    Untersuchungen  zur  Verfassnngsgeschichte 

derböhmischen  Sagenzeit.  Von  Hans  Schreaer. 
1902.    (XXI,  108  S.)    3  M. 

XX.  5.  Die  soziale  Bedeutung  der  Maschinen  in  der 
Landwirtschaft.  Von  Gustav  Fischer.  1902. 
(V,  66  S.)    1  M.  60  Pf. 

XX.  6.  Die  Mannheimer  Banken  1870-1900.  Bei- 
träge zur  praktischen  Bankpolitik.  Von  Felix 
Hecht.    1902.    (V,  153  S.)    8  M.  80  Pf. 

XX.  7.  Die  Entstehung  und  Entwicklung  der  Ge- 
dingeordnungen im  deutschen  Bergrecht.  Von 
LudwigBernhard.  1902.  (V,  74  S.)l  M.  80  Pf. 


Einundzwanzigster  Band.  1902—1903. 
1906.    Preis  17  M.  40  Pf. 

XXI,  l.  Das  Problem  der  Zentralisation  des 
schweizerischen  Banknotenwesens.  Von  Marcel 
Godet.     1902.    (V,  86  u.  III  S.)    2  M.  20  Pf. 

XXI.  2.  Die  kaufmännische  Krediterkundigung, 
Von  Eugen  Sutro.  1902.  (X,  8'J  S.)  2  M.  40  Pf. 

XXI.  3.  Die  deutschen  Eisenzölle  1879  bis  1900. 
VonFritzKestner.  1902.  (IX.  132 S.) 3 M. 40 Pf. 

XXI.  4.  Die  Berliner  Filzschuhmacherei.  Von 
Charlotte  Engel  Reimers.  1906.  (XII, 84S.) 
2  M.  20  Pf 

XXI.  5.  Die  deutsch-spanischen  Handelsbeziehungen. 
Von  Max  Westphal.    1903.    (V.  88  8.)   2  M. 

XXI,  6,  Der  Lübecker  Schoss  bis  zur  Reformations- 
zeit. Vun  J.  Hartwig,  Mit  einer  Vorrede  von 
G,  Schmoller  zum  hundertsten  Heft  der  „Staats- 
und sozialwissenschaftlichen  Forschungen.'  1903. 
(XIX,  237  S,)    5  M.  20  Pf, 


Zweiundzwanzigster  Bd.    1903—1905. 

Preis  21  M.  20  Pf. 

XXII.  1,  Dfr  Ausbau  des  heutigen  Schutzzollsystems 
in  Frankreich  und  seine  Wirkungen  im  Lichte 
der  Handelsstatistik.  Von  Bernhard  Franke. 
1903.    (XII,  148  S,)    4  M, 

XXII.  2.  Studien  über  die  Wuppertaler  Textil- 
industrie und  ihre  Arbeiter  in  den  letzten 
20  Jahren.  Von  Elisabeth  Gottheiner. 
1903,    (VII,  96  S  )    2  M.  20. 

XXII.  3.  Die  Entwicklung  der  deutschen  elektro- 
technischen Industrie  und  ihre  Aussichten  auf 
dem  Weltmarkt.  Von  Emil  Kreller.  1903. 
(VIII ,  63  S.  m.  e.  graph.  Tafel  in  Buntdruck.) 
1  M.  80  Pf. 

XXII.  4.  Beiträge  zur  Lage  der  Hausindustrie  in 
Tula.  Von  George  Cleinow.  1904.  (X, 
132  S.)    3  M.  20  Pf. 

XXII.  5.  Studien  über  Agrarzustände  und  Agrar- 
probleme  in  Frankreich  von  1700  bis  1790.  Von 
Fritz  Wolters.    1905.    (X,  438  S.)    10  M. 


Dreiundzwanzigster  Bd.  1901—05. 22  M. 

XXIII.  1.  Die  soziale  Berufsgliederung  des  deutschen 
Volkes  nach  Nahrungsquellen  und  Familien. 
Kritische  Bearbeitung  der  deutschen  Berufs- 
zählungon  von  1882—1895.  Von  Walter 
Ciaassen.    1904.     (XVI,  164  S.)    4  M.  40  Pf. 

XXIII.  2.  Die  zentrale  Finanzverwaltung  im  Dentscü- 
ordensstiate  Preufsen  am  Anfang  des  XV.  Jahr- 
hunderts. Nach  dem  Marienburger  Trefslerbuch. 
Von  Albert  Klein.  1904.  (VIII,  216  S.) 
5  M.  40  Pf. 

XXIII.  3.  Die  innere  Kolonisation  Japans.  Von 
Kumao  Takaoka.  1904.  (X,1068.)  2M.60Pf, 

XXIII.  4.  Das  englische  Bankwesen,  Von  Edgar 
Jaffa,     1905.    (X,  246  S,)    5  M.  60  Pf. 

XXIII,  5,  Gewerbegericht,  Kauftaannsgericht. 
Einigungsamt.  Ein  Beitrag  zur  Rechts-  und 
Sozialgeschichte  Deutschlands  im  XIX,  Jahr) 
hundert.  Von  Richard  Bahr.  (XII,  180  S.- 
4  M, 


Verlag  von  DUNCKER  HÜMBLOT  in  Leipzig. 


Tiernndzwanzigster  Band.    1905. 

(Heft  1—8  u.  5.    Heft  4  i»t  noch  nicht  erschienen.) 
XXIV.    1.   Der  OroBsa  Korffirst  and  die  ostpreusni- 

Bcben  SUnde  1640—1688     Von  Hugo  Rachel. 

1905.    (XIV.  346  S.)    8  M.  40  Pf. 
XXIV.  2    Das  Verh.'iltois  der  deotvchen  Grorabanken 

xor  Industrie  mit  besondt^rer  Beracksichtigong 

der  Eisenindastrie.    Von  Otto  Jeidels.    1905. 

(XII,  272  S.)    6  M. 
XXIV.  8.  Die  Organisatioosbestrebangen  der  Arbeiter 

in  der  deutschen  Tabakindustrie.    Von  Walt  her 

Frisch.    (VllI,  252  8.)    5  M.  60  Pf. 
XXIV.  4.  Wirtschaftskriaen.    Der  Kn-islanf  von  Anf- 

aehwong,   Krise   and  Stockung.      Von  Arthur 

Spiethoff.    I.  Band:  Darstellung.—  Erscheint 

im  FrQhjahr  1906. 
XXIV.    5.    Die   argentinisch«  Währungsreform   von 

1899.    Von  Julius  Wolff.    1905.  (XVI,  182  8.) 

3  M.  40  Pf. 


Fttnfondzwanzigster 

Preis  21  M 


Band.  1906—06. 

40  Pf. 


XXV.  1.  Die  wirtschaftlichen  und  politischen  Motive 
für  die  Abschaffung  des  britischen  Sklaven- 
handels im  Jahr«  ISuti/ISO?.  Von  Franz  Hoch- 
stetter.    Iy05.    (X,  120  S.)    3  M. 

XXV.  2.  Ein  schlesisches  Dorf  und  Bittergut.  Ge- 
schichte und  soziale  Verfassung.  Von  Gertrud 
Dyhrenfurth.     1906.    (X,  178  S.)   4  M.  20  Pf. 

XXV.  8.  Die  ostpreussische  Domänenverwaltung 
unter  Friedrich  Wilhelm  I.  und  das  Retablisse- 
raent  Litauens.  Von  August  Skalweit.  1906. 
(X,  358  8.)    8  M.  20  Pf. 

XXV.  4  Der  Übergang  von  der  Handweberei  zum 
Fabrikbetrieb  in  der  niederrbeinischen  Samt- 
und  Seiden-Industrie  und  die  Lage  der  Arbeiter 
in  dieser  Periode.  Von  Heinrich  Brauns. 
1906.    (XII,  256  S.)    6  M. 


Sechsundzwanzigrster  Bd.   1906.  30  M. 

XXVI.  1.  Baum  weil  Produktion  und  Pflanzungswirt- 
achaft  in  den  nordamerikanischen  SüdsUaten. 
Von  Ernst  von  Halle.  1906.  (XXVI,  670  S.) 
15  M. 


XXVI.  2.  Die  Entwicklung  der  direkten 

in  der  Reichsstadt  Frankfurt  bis  lur  Berolatioi 
1612—1614.  Von  Friedrich  Bothe.  1906. 
(XLIV,  620  8.)    15  M. 


Mit  Band   XXVI    ist   die   Einteilung  in 

Bände   aufgehoben,   an   deren  Stelle  die 

fortlaufende   Zählung    nach   Heften   tritt, 

beginnend  mit  Heft  122. 

Heft  122.  Die  Ursachen  der  ungleichen  Entlohnung 
von  Minner-  und  Frauenarbeit.  Von  Alice 
Salomon.    1906.    (VllI,  132  S.)    3  M.  20  Pf. 

Heft  123.  Die  russische  Handelspolitik  aeit  1877. 
Unter  besonderer  Berücksichtigung  des  Handels 
Ober  die  europäische  Grenze.  Von  Emil 
Zweig.    1906.    (XII,  184  8.)    4  M.  80  Pf. 

Heft  124.  Die  Bozener  Märkte  bis  zum  Dreissif- 
jährigen  KriM^e.  Von  Gerhard  Bückling. 
1907.    (VIII,  124  8.)    3  M. 

Heft  126.  Soziale  und  individualistische  Auffassung 
im  1«.  Jahrhundert,  vornehmlich  bei  Adam 
Smith  und  Adam  Ferguson.  Ein  Beitrag  zur 
Geschichte  der  Soziologie.  Von  Hermann 
Huth.    1907.    (XVI,  160  S.)    4  M.  40  Pf. 

Heft  126.  Verfassung  und  Verwaltung  Hinter- 
pommems  im  siebzehnten  Jahrhundert  bis  zur 
Einverleibung  in  den  brandenburgischen  Staat. 
Von  Reinhold  Petsch.  1907.  (XIV,  272  S.) 
6  M.  80  Pf. 

Heft  127.  Das  deutsche  Wechseldiskontgedch&ft. 
Von  W.  Prion.  1907    (XIV,  2988.)  7  M. 

Heft  128.  Geschichte  des  Seidengewebeo  in  Köln 
vom  dreitehnten  bis  achtzehnten  Jahrhundert. 
Von  Hans  Koch.   1907.  (XII,  124  S.)  3M.20Pf. 

Heft  129.  Grundbesitxrerteilnng  und  Bauemfrage 
in  Rumänien.  Von  G.  D.  Creanga.  I.  Teil. 
1907.    (VIII,  208  8.   u.  Tabellen).    5  M.  40  Pf. 

Heft  130.  Arbeitsnachweis,  Einigungsamt  und  Tarif- 
gemeinschaft im  Berliner  Braugewerbe,  ihre 
Entwicklungsgeschichte  und  Wirksamkeit  Von 
Martin  Weigert.  1907.  (XII, 254 8.)  6 M. 80 Pf. 


Staats-  und  sozialwissenschaftliche 
Forschungen 


herausgegeben 


von 


Gustav  SchmoUer  und  Max  Sering, 


Heft  128. 


Pans  Koch,  Geschichte  des  Seidengewerbes  in  Köln 
vom  13.  bis  zum  18.  Jahrhundert. 


Leipzig, 

Verlag  von  Duncker  &  Humblot. 
1907. 


Geschichte 


des 


Seidengewerbes  in  Köln 


vom  13-  bis  zum  18.  Jahrhundert 


Von 


Hans  Koch, 


Leipzig, 

Verlag  von  Duncker  &  Humblot. 
1907. 


SEP  1    1966 

9925 
1118384  ? 


Alle   Rechte   vorbehalten. 


Dem  Andenken  meiner  Frau  Margarethe. 


Vorwort. 


Das  erste  Kapitel  dieser  Arbeit  hat  unter  dem  Titel  „Die 
Anfänge  des  Seidengewerbes  in  Köln"  der  philosophischen 
Fakultät  der  Universität  Bonn  als  Dissertation  vorgelegen. 

Wenn  ich,  dem  Rate  des  Herrn  Professors  Schmoller 
folgend,  für  das  Ganze  den  Titel  „Geschichte  des  Seiden- 
gewerbes in  Köln  vom  13.  bis  18.  Jahrhundert"  gewählt  habe, 
so  bin  ich  mir  dessen  doch  wohl  bewußt,  daß  ich  eine  zu- 
sammenhängende Geschichte  dieses  Gewerbes  nicht  geben 
konnte;  dazu  war  das  vorhandene  Material  zu  lückenhaft, 
versagte  für  geraume  Zeiträume  gänzlich.  Doch  genügte  es, 
um  mir  eine  Darstellung  des  Seidengewerbes  in  der  Weise  zu 
ermöglichen,  wie  ich  es  beabsichtigte :  Ich  wollte  ein  charakte- 
ristisches Bild  dieses  Kölner  Gewerbes  geben,  dagegen  nicht 
auf  Dinge  näher  eingehen,  welche  für  seine  Eigenart  belanglos 
oder  aus  der  Geschichte  zahlreicher  anderer  Gewerbe  hin- 
länglich bekannt  sind.  Diese  Absicht  glaubte  ich  mit  einer 
kurzen,  gedrängten  Darstellung  und  der  Wiedergabe  nur  der 
wichtigeren  Urkunden  besser  erreichen  zu  können,  als  wenn 
ich  das  Material  zu  einer  breiten,  ausführlichen  Schilderung 
verwertete.  Wir  sind  ja  heute,  dank  zahlreicher  Spezial- 
forschungen,  über  die  Gewerbeverhältnisse  des  Mittelalters  und 
des  16.  bis  18.  Jahrhunderts  im  allgemeinen  genügend  unter- 
richtet ,  weniger  aber  über  solche  Gewerbe ,  welche  für  die 
Stadt,  in  der  sie  betrieben  wurden,  charakteristisch  waren.  Das 
waren  die  Gewerbe,  welche,  über  den  Rahmen  der  engen 
Stadtwirtschaft  hinausstrebend,  Fernhandel  trieben  und  mit 
dem  Fernhandel  in  engstem  Zusammenhange  standen.  Diese 
Gewerbe  waren  es,  welche  oft  Abweichungen  von  den  sonst 
üblichen  Verhältnissen  und  eigene,  selbständige  Züge  aufwiesen, 
indem  sie  die  Tendenz  hatten,  sich  von  der  städtischen  Klein- 
wirtschaft zu  emanzipieren,  und  so  der  modernen  gewerblichen 
Tätigkeit  in  manchen  wesentlichen  Punkten  bereits  sich 
näherten.  In  den  Fernhandelsgewerben  zeigte  sich  schon  früh 
ein  gewisser  Zug  zum  Großbetriebe  und  zu  neuen  Betriebs- 
formen, lange,  bevor  im  Gewerbe  allgemein  solche  Tendenzen 


vm 

bemerkbar  waren.  Die  Zahl  dieser  Gewerbe  konnte  bei  den 
damab'gen  Wirtschafts-  und  Verkehrsverhältnissen  nur  gering 
sein ;  zu  ihnen  gehörten  in  erster  Linie  die  Textilge  werbe, 
unter  denen  das  Seidengewerbe  eine  besondere  Stellung  ein- 
nahm, da  es  zugleich  ausschließlich  ein  Luxusgewerbe  ist.i 

Eine  Untersuchung  der  Verhältnisse  des  Seidengewerbes 
schien  mir  daher  nicht  überflüssig  zu  sein,  zumal  über  die  seiden- 
gewerbliche Tätigkeit  in  deutschen  Städten  des  Mittelalters 
und  der   beginnenden  Neuzeit   noch   sehr   wenig   bekannt   ist. 

Ich  folgte  daher  gern  der  Anregung  AI.  Schultes,  das 
Seidengewerbe  in  Köln  zu  untersuchen,  und  versuchte  nach- 
zuweisen, daß  wenigstens  in  dieser  Stadt  die  seidengewerbliche 
Tätigkeit  wesentlich  früher  zur  Entfaltung  gekommen  ist  und 
eine  bedeutendere  Stellung  eingenommen  hat,  als  man  bisher 
von  deutschen  Städten  anzunehmen  berechtigt  war. 

Über  das  von  mir  benutzte  Material  gibt  das  Verzeichnis 
Aufschluß;  nur  wenige  Worte  möchte  ich  noch  hinzufügen: 
Zum  überwiegenden  Teile  liegt  der  vorliegenden  Studie  Ur- 
kundenmaterial  des  historischen  Archivs  zu  Köln  zugrunde, 
welches  für  die  Zeit  vor  1500  bereits  publiziert  oder,  wie  die 
großen  Arbeiten  von  Keußen  und  v.  Loesch,  im  Erscheinen 
begriffen  ist,  für  die  Zeit  nach  1500  aber  in  Handschrift, 
u.  a.  in  den  losen  Akten  „Seidamt"  vorliegt.  Von  diesen 
habe  ich,  anschließend  an  v.  Loesch,  in  den  Beilagen  einige 
zum  Abdruck  gebracht,  mich  aber  auf  die  Aktenstücke  be- 
schränkt, welche  mir  für  die  Verfassung  des  Kölner  Seiden- 
gewerbes von  Wichtigkeit  zu  sein  schienen.  Zum  Schluß  habe 
ich  den  Versuch  gemacht,  eine  Namenliste  des  Seidengewerbes 
zusammenzustellen,  die  aber  auf  Vollständigkeit  keinen  An- 
spruch machen  kann,  da  mir  nur  die  gelegentlich  in  den 
Akten  erwähnten  Namen  zu  Gebote  standen,  während  Listen 
aus  jener  Zeit  fehlen. 

Es  ist  mir  eine  angenehme  Pflicht,  auch  an  dieser  Stelle 
allen  denen,  welche  mir  bei  meiner  Arbeit  Rat  und  Förderung 
zuteil  werden  ließen,  meinen  Dank  zu  sagen :  vor  allem  meinen 
Lehrern,  den  Herren  Geh.  Regierungsrat  Prof.  Dr.  Aloys 
Schulte  und  Prof.  Dr.  Heinrich  Dietzel,  Herrn  Prof.  Dr.  Gustav 
Schmoller,  welcher  die  Aufnahme  der  Arbeit  in  den  „Staats- 
und sozialwissenschaftlichen  Forschungen"  veranlaßt  hat,  den 
Herren  des  Archivs  Köln,  Direktor  Prof.  Dr.  Hanßen,  Archivar 
Dr.  Keußen  und  Dr.  Kuske,  Herrn  Domkapitular  Prof. 
Dr.  Schnütgen  und  Herrn  Direktor  Dr.  Dahmen,  welcher  mir 
seine  früher  gesammelten  Notizen  zur  Verfügung  gestellt  hat, 
die  ich  zum  Teil  benutzen  konnte. 

Köln,  13.  Oktober  1907. 

Hans  Koch. 


Inhalt. 


'  Seite 

Verzeichnis  der  benutzten  Quellen  und  Darstellungen XII 

Erstes  Kapitel.    Das  Kölner  Seidengewerbe  vor  seiner  Organi- 
sation als  Znnft  (bis  1437) -  1 

Einleitung 4 

Die  ersten  Anfänge  seidengewerblicher  Tätigkeit 4 

Die  gewerbsmäßige  Kunststickerei 9 

Die  Seidenweberei 12 

Vorwiegen  weiblicher  Arbeit 14 

Die  Seidenfärberei 16 

Zusammenfassung ;  die  Entstehungszeit  des  Kölner  Seidengewerbes  16 

Der  Seidenhandel  mit  Kölner  Erzeugnissen  außerhalb  Kölns    .  16 

Die  mutmaßliche  Herkunft  des  Seidengewerbes 20 

Äußere  Organisation  vor  1396 22 

Organisation  zur  Zeit  des  Verbundbriefs 24 

Die  inneren  Verhältnisse  des  Seidengewerbes  vor  1437  ....  29 

Die  Betriebsform 29 

Arbeitsverhältnisse 30 

Technik 31 


Zweites  Kapitel.    Zänftische  Organisation  im  Seidengewerbe; 

Blütezeit  des  Gewerbes  im  15.  Jahrhundert.  (1437—1506)   .  -34 

Ursachen  der  Organisation 34 

Die  Organisation  des  Seidengewerbes  im  allgemeinen    ....  35 

Die  Weberei  und  Spinnerei 36 

Die  Amtsbriefe 36 

Zunftverfassung  der  Seidenweberinnen 37 

Das  Seidamt 38 

Die  personellen  Verhältnisse:  Vorstand 39 

Mitglieder  der  Zunft 40 

Lehrmädchen 41 

Die  materiellen  Verhältnisse:  Anordnungen  über  Fabrikations- 
weise    44 

Technisches * 44 


Arbeitsteilung  im  Seidengewerbe 

Mißstände 

Arbeitsteilung  in  andern  Seidengewerben 

Die  einzelnen  Zweige  des  Seidengewerbes  in  Köln:  die  Wappen- 
sticker    

Seidenstickerei  an  anderen  Orten 

Die  Goldspinnerinnen 

Die  Seidenfärber 

Die  Betriebsform  im  Seidengewerbe  in  Köln  und  an  anderen  Orten 

Die  Frauenarbeit 

Die  Beghinen  und  Nonnen 

Die  wirtschaftliche  Entwicklung  des  Seidengewerbes.    Seiden- 
verbrauch in  Köln 

Der  Absatz  außerhalb  Kölns 

Der  Seidenhandel  im  Einzelnen 

Bedeutung  des  Kölner  Seidenhandels  am  Ende  des  15.  Jahr- 
hunderts      

Abschluß  der  Organisation  durch  den  Transfixbrief  von  1506 

Drittes  Kapitel.    Das  Seidengewerbe  von  1506  bis  zu  seiaem 

Erlöschen 

Überblick  über  den  Stand  des  Seidengewerbes  bei  Beginn  der 

Neuzeit 

Umfang  des  Gewerbes  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts 

Der  Rückgang  des  Gewerbes *   .   .   . 

Ursachen 

Neue  Bestrebungen 

Beginn  der  Ausländer-Einwanderung 

Bedeutung  der  Ausländer  für  das  deutsche  Seidengewerbe  .   . 

Ihre  Bedeutung  für  Köln 

Die  neue  Betriebsweise 

Beginn  der  Maschinenarbeit 

Differenzen    zwischen    den    alten,    zünftischen    Seidenmachern 

und  den  „Neuen" 75 

Umfang  des  Seidenhandels  gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts  .        77 

Umfang  des  zünftischen  Gewerbes 79 

Zünftischer  Widerstand  gegen  die  Neuerungen 79 

Das  Seidenerschweren 81 

Stellungnahme  des  Rats  gegenüber  den  alten  Handwerkern  und 

den  Fremden 83 

Beginn  des  Verfalls  des  Seidengewerbes  in  Köln 83 

Maschinenarbeit  in  der  Bandfabrikation 83 

Ordnung  der  Posamentierer  von  1659 85 

Die  Bandmühle 

Veränderte  Stellung  des  Kölner  Seidengewerbes  zu  dem  anderer        85 
Städte 88 


XI 

Seite 

Gründe 89 

Krefeld .  90 

Erlöschen  des  Kölner  Seidengewerbes .  91 

Schluß 92 


Beilagren. 

I.  Urkunden  zur  Organisation  des  Kölner  Seidengewerbes    .  .        93 
IL  Namensliste  von  Angehörigen  des  Kölner  Seidengewerbes  .      115 


Verzeichnis 
der  benutzten  Quellen  und  Darstellunge^. 


A.  Quellen. 

a)  Nicht  yeröffentllchte  Quellen. 

1.    Aus  dem  Archiv  der  Stadt  Köln. 

Ratsedikte. 

Ratsprotokolle.    (Rpr.) 

Zunftakten.    (Z.) 

Handelsakten. 

Lose  Akten  „Seidamt". 

Peter  Fuchs    Topographie  von  Köln. 

Merlo,  Kollektaneen. 

Schreinsbücher.    (Schrb.) 

Bemerkung:  Über  das  Material  im  Archiv  vgl.  Ennen-Eckertz, 
Quellen  zur  Geschichte  der  Stadt  Köln  Bd.  I,  S.  XX ff.,  ferner  Walter 
Stein,  Akten  zur  Geschichte  der  Verfassung  und  Verwaltung  der  Stadt  Köln, 
Bd.  I.  S.  VI  ff.  „Die  Handschriften";  Friedrich  Lau,  Entwicklung  der 
kommunalen  Verfassung  und  Verwaltung  der  Stadt  Köln  bis  zum  Jahre  1396, 
S.  Xlff. ;  endlich  neuerdings  v.  Loesch,  Kölner  Zunfturkunden,  Bd.  I,  1  ff., 
„Quellen  und  Literatur." 

2.   Aus  dem  Archiv  der  Pfarrkirche  St.  Maria  Lyskirchen 
zu  Köln. 
Evangelienkodex:  Schatzverzeichnis  des  ehem.  St.  Georgsstifts. 

3.   Staatsarchiv  zu  Düsseldorf. 
Akten:  Jülich-Berg,  Handel  und  Gewerbe. 

b)  Yeröffentllchte  Quellen. 

1.   Über  Köln. 

Die  Chroniken  deutscher  Städte  vom  14.  bis  16.  Jahrhundert,  Bd.  13.  Köln, 

Leipzig  1876. 
L.  Ennen-Eckertz,   Quellen   zur   Geschichte    der  Stadt   Köln,   6   Bde. 

(Bd.  I.  und  n.)    Köln  1860  ff. 
R.  Hoeniger,  Kölner  Schreinsurkunden  des  12.  Jahrhunderts.    Bonn  1884. 
Keussen,   Historische  Topographie    der   Stadt   Köln   im  Mittelalter  (im 

Druck). 
R.  Knipping,  Die  Stadtrechnungen  des  Mittelalters  Bd.  I.    Bonn  1897. 


XIII 

V.  Loesch,  Kölner  Zunfturkunden  (im  Druck). 

W.  Stein,  Akten  zur  Geschichte  der  Verfassung  und  Verwaltung  der  Stadt 
Köln  im  U.  und  15.  Jahrhundert.    2  Bde.    Bonn  1893  flf. 

2.  Andere  Quellen. 

J.  F.  Boehmer,  Fontes  rerum  Germanicarum. 

G.  Fagniez,  Documents  r^latifs  k  l'histoire  de  l'industrie  et  du  commerce 

en  France,  2  Bde.    Paris  1898. 
K.  Höhlbaum,  Hansisches  ürkundenbuch,  9  Bde.    Halle  1876 ff. 
Lacomblet,  ürkundenbuch  für  die  Geschichte  des  Niederrheins.    4  Bde. 

Düsseldorf  1840  ff. 
Monumenta  Germaniae  Historica,  Scriptores  (M.  G.  S.  S.).   , 
Monumenta  Germaniae  Historica,  Deutsche  Chroniken  des  Mittolalters. 
ürkundenbuch  der  Stadt  Straßburg.    4  Bde.    1886. 


B.   Darstellungren. 

a)  Kdln. 

F.  A.  Bl  um  eling.  Die  früheren  Handels  Verhältnisse  Kölns.  2  Teile.  (Progr.) 

Köln  1840,  45. 
F.  Bock,  Das  heilige  Köln.    Leipzig  1858. 
J.  D ahmen,    Beiträge    zur    Geschichte    des   Kölner    Seidamts.    2  Teile. 

(Progr.)    Köln  1893  f. 
L.  Ennen,  Geschichte  der  Stadt  Köln.    2  Bde.    Köln,  Neuß  1863 ff. 
J.  B.  Haas,  Die  Konvente  in  Köln  und  die  Beghinen.    Köln  1860. 
K.  Höhlbaum,  Das  Buch  Weinsberg.    4  Bde.    Leipzig  1886  f. 
F.  Lau,   Entwicklung    der  kommunalen   Verfassung   und   Verwaltung   der 

Stadt  Köln  bis  zum  Jahre  1396.    Bonn  1898. 
Mitteilungen  aus  dem  Stadtarchiv  Köln.    Köln  1882  ff. 

b)  Seide  und  Seidengewerbe. 

R.  Gr.  Broglio  d'Ajano,  Die  venetianische  Seidenindustrie;  (Münchener 

Volkswirtsch.  Studien  2.)   Stuttgart  1893  (Diss.). 
A.  Bürkli-Meyer,  Geschichte  der  zürcherischen  Seidenindustrie.     Zürich 

1884. 
(J.  Dahmen,  Kölner  Seidamt,  s.  unter  a.) 
Francisque-Michel,   Recherches    sur    le    commerce,   la   fabrication   et 

l'usage  des  Stoffes  de  soie,  d'or  et  d'argent  ...    2  Bde.    Paris  1872. 
H.  Grothe,   Geschichte  der  Seidenzucht  und   Seidenmanufaktur,  Deutsche 

Vierteljahrsschrift  27.  Jg.  1864.     Stuttgart  1864. 
0.  Hintze,  Die  preußische  Seidenindustrie.   Acta  Borussica,  Seidenindustrie, 

Bd.  in.    Berlin  1892. 
J.  G.  Kr  Unit  z.  Ökonomisch-technische  Enzyklopädie:   Bd.  3  (Art  „Band" 

usw.).    Berlin  1774.  Bd.  84  (Art.  „Manufakturen")  1808.    Bd.  152  (Art 

„Seide"  u.  ff.)  1830. 
H.  Sieveking,  Die  Genueser  Seidenindustrie  im  15.  und  16.  Jahrhundert, 

in  Schmollers  Jahrb.    Bd.  21.     1897. 
H.  Silbermann,  Die  Seide,  2  Bde.    Dresden  1897. 
T.  Yoshida,   Entwicklung    des    Seidenhandels    und    der    Seidenindustrie. 

Heidelberg  1895  (Diss.). 

Technik:  J.  S.  Hallen,  Werkstätte  der  heutigen  Künste.  6  Bde. 
Brandenburg-Leipzig,  1761  ff.  Bd.  1,  Goldschläger,  Webstühle;  Bd.  2,  Seiden- 
manufaktur: Bd.  4,  Seidenfärber. 


XIV 

c)  Allgemeine  Geschichte,  Wirtschaftsgeschichte,  Kulturgeschichte. 

Annalen  des  Historischen  Vereins  für  den  Niederrhein.    Köln  1857  ff. 

K.  Bartsch,  Deutsche  Dichtungen  des  Mittelalters;  Bd.  I:  König  Rother. 

Leipzig  1872. 
G.  V.  Below,   Großhändler    und    Kleinhändler    im    deutschen    Mittelalter. 

Jahrb.  f.  N.  u.  St.  (Conrads  Jb.)    Bd.  75,  1900. 
H.  Boos,  Geschichte  der  rheinischen  Städtekultur.    3  Bde.    Berlin  1897. 
F.  Bock,  Geschichte  der  liturgischen  Gewänder  des  Mittelalters.    3  Bde. 

Bonn  1859  ff. 
J.  Braun,  Die  priesterlichen  Gewänder  des  Abendlandes  (in  „Stimmen  aus 

Maria  Laach"  18.  Erg.-Bd.).    Freiburg  i.  Br.  1898. 
Derselbe.     Die    pontifikalen    Gewänder    des    Abendlandes    („Stimmen    aus 

Maria  Laach"  19.  Erg.-Bd.).    Freibuig  i.  Br.  1898. 
K.  Bücher,  Die  Entstehung  der  Volkswirtschaft.    Tübingen  1893. 
Derselbe.    Art.  „Gewerbe"   im  Handwörterbuch  der  Staatswissenschaften. 

2.  A.     1900. 
Derselbe.    Die  Bevölkerung  von  Frankfurt  a.  M.  im  14.  und  15.  Jahr- 
hundert.   Tübingen  1886. 
Derselbe.    Die  Frauenfrage  im  Mittelalter.     Tübingen  1882. 

F.  Curschmann,  Hungersnöte  im  Mittelalter  (Leipziger  Studien).    Leipzig 

1900. 
A.  Doren.    Entwicklung  und  Organisation  der  Florentiner  Zünfte  im  13.  und 

14,  Jahrhundert.    Schmollers   Staats-  und  sozialwiss.  Forschungen  15, 

H.  3.    Leipzig  1897. 
K.  Th.  Eheberg,   Verfassungs-,   Verwaltungs-    und   Wirtschaftsgeschichte 

der  Stadt  S,traßburg.    Bd.  1.     Straßburg  1899. 

G.  Fagniez,  Etudes  sur  l'industrie  et  la  classe  industrielle  ä  Paris  au  13 

et  au  14  si^cle.    Paris  1877. 

E.  Fromm,  Frankfurts  Textilgewerbe  im  Mittelalter.  (Archiv  fui"  Frank- 
furts Geschichte  und  Kunst.    3.  F.    6.  Bd.) 

J.  Gaillard,  De  ambachten  en  neringen  van  Brügge,    Bragge  1854. 

T.  Geering,  Handel  und  Industrie  der  Stadt  Basel.    Basel  1886. 

Derselbe.  Kölns  Kolonialwarenhandel,  s.  Mitteilungen  aus  dem  Stadt- 
archiv Köln,  11.    (S,  unter  a.) 

E,  Gothein,  Wirtschaftsgeschichte  des  Schwarzwalds  und  der  angrenzen- 

den Landschaften,    Bd.  1.    Straßburg  1892. 

A.  Hagelstange,  Süddeutsches  Bauemieben  im  Mittelalter.  Leipzig  1898. 

0.  Härtung,  Die  deutschen  Altertümer  des  Nibelungenliedes  und  der 
Kudrun.    Köthen,  1894. 

K.  Hegel,  Städte  und  Gilden.    2  Bde.    Leipzig  1891. 

W.  Heyd,  Geschichte  des  Lcvantehandels  im  Mittelalter.  2  Bde.  Stutt- 
gart 1879. 

M.  Heyne,  Fünf  Bücher  deutscher  Hausaltertümer.  Bd.  lü;  Körperpflege 
und  Kleidung  bei  den  Deutschen.    Leipzig  1903. 

Th.  Hirsch,  Danzigs  Handels-  und  Gewerbegeschichte.    Leipzig  1858. 

A.  Holtzmann,  Das  Nibelungenlied.    1857. 

K.  D.  Hüllmann,  Städtewesen  im  Mittelalter.    Bd.  1.    1826. 

J.  Huyttens,  Recherches  sur  les  corporations  Gantoises,  notamment  snr 
Celles  des  tisserands  et  des  foulons  .  .    Gand  1861. 

Jahresberichte  der  Geschichtswissenschaft. 

K.  T.  V.  Inama-Sternegg,  Deutsche  Wirtschaftsgeschichte.  4  Bde. 
(I— ni,  2).    Leipzig  1879—1901. 

F.  Jostes,  Roland  in  Schimpf  und  Ernst.    Dortmund  1906. 

F.  Keutgen,  Der  Großhandel  im  Mittelalter  (Hansische  Gesch,-Bl.)  Leipzig 

1902. 
H.  Keussen,  Geschichte  der  Stadt  und  Herrlichkeit  Krefeld.  Krefeld  1865. 
K.  La mp recht,  Deutsche  Geschichte.    Bd.  1—5.    Berlin  1891  ff. 
Derselbe,  Deutsches  Wirtschaftsleben  im  Mittelalter.  Bd.  IL  Leipzig  1885. 
Derselbe,    Skizzen  zur  rheinischen  Geschichte.    Leipzig  1887. 


XV 

Lappenberg,  Geschichte  des  Hansischen  Stahlhofes  zu  London.  Hamburg  1851 . 

G.  des  Marez,  L'organisation  du  travail  ä  Bruxelles  au  14  siäcle.  Bruxelles 
1904. 

L.  Mo 8 heim,  De  Beghardis  et  Beghinabus  commentarius.   Lipsiae  1790. 

N.  Neuburg,  Zunftgerichtsbarkeit  und  Zunftverfassung.    Jena  1880. 

W.  V.  Ochenkowski,  Englands  wirtschaftliche  Entwicklung  im  Ausgange 
des  Mittelalters.    Jena  1879. 

H.  Pirenne,  Histoire  de  Belgique.    Bruxelles  1903. 

W.  Röscher,  System  der  Volkswirtschaft     Bd.  111.    Stuttgart  1881. 

G.  Schanz,  Die  Handelsbeziehungen  zwischen  England  und  den  Nieder- 
landen, 1485—1547.    Würzburg  1879. 

Derselbe,  Zur  Geschichte  der  deutschen  Gesellenverbände.    Leipzig  1877. 

A.  Schaube,  Handelsgeschichte  der  romanischen  Völker  des  Mittelmeer- 
gebietes bis  zum  Ende  der  Kreuzzüge.    München-Berlin  1906. 

K.  V.  Scherzer,  Das  wirtschaftliche  Leben  der  Völker.    Leipzig  1885. 

[S  c  h  i  n  z] ,  Versuch  einer  Geschichte  der  Handelschaft  der  Stadt  und  Land- 
schaft Zürich.     Zürich  1763. 

G.  Schmoller,  Die  Straßburger  Tucher-  und  Weberzunft.    Straßburg  1879. 

Derselbe,  Die  geschichtliche  Entwicklung  der  Unternehmung.  Schmoliers 
Jahrb.  14,  1890;  15,  1891. 

Derselbe,  Grundriß  der  allgemeinen  Volkswirtschaftslehre.    2  Bde.    1900. 

G.  Schönberg,  Zur  wirtschaftlichen  Bedeutung  des  deutschen  Zunftwesens 
im  Mittelalter.    Berlin  1868. 

A.  Schulte,  Geschichte  des  mittelalterlichen  Handels  und  Verkehrs  zwischen 
Westdeutschland  und  Italien  mit  Ausschluß  von  Venedig.  2  Bde. 
Leipzig  1900. 

Derselbe,  Zur  Handels-  und  Verkehrsgeschichte  Südwestdeutschlands  im 
Mittelalter.    Schmollers  Jahrb.  27,  1903. 

A.  Schultz,  Das  höfische  Leben  zur  Zeit  der  Minnesänger.  2  Bde.  2.  A, 
Leipzig  1889. 

Die  Züricher  Stadtbücher  des  14.  und  15.  Jahrhunderts.  Hsgg.  v.  H.  Zeller- 
Werdmüller.    2  Bde.    Leipzig  1899. 

W.  Stieda,  Revaler  Zollbücher  und  Quittungen  des  14.  Jahrhunderts. 
Halle  1887.    (Hansische  Geschichtsquellen  5.) 

Derselbe,  Art.  Zunftwesen  im  Handwörterbuch  der  Staatswissenschaften. 
2.  A.     1900. 

Derselbe,  Hansisch-venetianische  Handelsbeziehungen  im  15.  Jahrhundert 

Rostock  1894. 
A.  Thun,  Die  Industrie  am  Nieden-hein.    Leipzig  1879. 
Th.   Toeche,  Kaiser  Heinrich  VI.    Leipzig  1867.    (S.  a.:  Jahrbücher  der 
deutschen  Geschichte.) 

Viollet-le-Duc,   Dictionnaire  raisonne  du  mobilier  frangais.    Bd.  HI,  IV. 

Paris  1873. 
K.  Wein  hold,   Die  deutschen  Frauen  im  Mittelalter.    2.  A.    Wien  1882. 
K.  Weiß,  Geschichte  der  Stadt  Wien.    2  Bde.    2.  A.    Wien  1882. 
J.  Weizsäcker,  Deutsche  Reichstagsakten  unter  König  Wenzel  1876 — 1387. 
Bd.  I.    München  1867. 

E.  Zimmermann,  Hanau,  Stadt  und  Land;  Kulturgeschichte  und  Chronik. 

Hanau  1903. 

F.  G.  Zimmermann,  Neue  Chronik  von  Hamburg.    Hamburg  1820. 
H.  Zimmermann,  Geschichte  der  Stadt  Wien.    Wien  1897. 

d)   Verschiedenes. 

Du  Gange,  Gloss.  mediae  et  infimae  Latinitatis. 

L.  Diefenbach,  Glossarium  latino-germanicum  mediae  et  infimae  actatis. 

Frankfurt  a./M.  1857. 
Frederic  Godefroy,  Dictionnaire  de  l'ancienne  langue  Frangaise  du  9 

au  15  siecle.     10  Bde.    Paris  1883  ff. 
M.  Lex  er.    Mittelhochdeutsches  Handwörterbuch.    3  Bde.    Leipzig  1869  ff. 
E.  Steinmeyer,  Die  althochdeutschen  Glossen.    4  Bde.    Berlin  1879 ff. 


Erstes  Kapitel. 

Das  Kölner  Seidengewerbe  vor  seiner  Organisation 

als  Zunft. 


Das  Seidengewerbe  ist  in  deutschen  Landen  lange  ein 
Fremdling  geblieben.  Jahrhunderte  lang  waren  in  ihnen 
seidene  Stoffe  bekannt  und  geschätzt,  ehe  die  ersten  Versuche 
gemacht  wurden,  solche  selbst  herzustellen.  Der  Orient  und 
Byzanz  deckten  den  Bedarf  noch  lange,  nachdem  die  Seiden- 
weberei schon  in  Italien  festen  Fuß  gefaßt  hatte.  ^  Erst  im 
13.  Jahrhundert  erreichte  sie  im  mittleren  Europa  größeren 
Umfang  und  weitere  Verbreitung.  Das  Seidengewerbe  begann 
sich  von  dem  orientalischen  Vorbilde  frei  zu  machen  und 
wurde  in  der  westlichen  Kulturwelt  heimisch.  Die  ersten 
Seidenmanufakturen  von  größerer  Bedeutung  für  die  Zukunft 
finden  wir  im  13.  Jahrhundert  in  Venedig,  Genua,  Florenz 
und  vor  allem  —  seit  längerer  Zeit  —  in  Lucca;  auch 
blühte  schon  in  Paris  ein  Seidengewerbe  von  beträchtlicher 
Ausdehnung. 

Jetzt  war  die  Möglichkeit  gegeben,  daß  auch  in  deutschen 
Städten  die  Kunst  des  Seidebereitens  eine  Stätte  fand;  für 
Zürich  ist  sie  zu  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  nachzuweisen, 
für  Konstanz  wahrscheinlich.  ^  Während  das  Seidengewerbe 
aber  in  Zürich  um  1400  eingingt,  in  Konstanz  nie  zu  Be- 
deutung gelangte,  faßte  es  früh  in  Köln  festen  Boden  und 
kam  hier  —  wie  Schulte  nachgewiesen  hat  —  zur  Blüte*. 
Endlich  sind   von   niederländischen  Städten   für   diese   frühste 


^  Vgl.  Schulte,  I,  137—139;  Hintze,  7;  Schaube. 

«  Schulte,  I,  139;  über  Zürich  vgl.  Bürkli-Meyer,  7,  33:  Richtebrief  a. 
d.  J.  1304,  ferner  Stadtbücher  I,  39 :  Seidenweberordnung  1322. 

^  Bürkli-Meyer  5.  Erst  in  der  2.  H.  des  16.  Jh.  wurde  es  von  Locar- 
nern  von  neuem  —  in  veränderter  Betriebsform  —  ins  Leben  gerufen. 

*  Schulte,  I,  699. 

Forschungen  128.  —  Koch.  l 


2  128. 

Periode  seidengewerblicher  Tätigkeit  noch  Gent,  wahrschein- 
lich auch  Brügge  und  Antwerpen  zu  nennen. 

Zürich  und  Köln  sind  —  nach  unserer  heutigen  Kenntnis 
der  Geschichte  des  Seidengewerbes  —  die  beiden  einzigen 
deutschen  Städte,  in  denen  dieses  Gewerbe  schon  im  14.  Jahr- 
hundert eine  Rolle  im  Wirtschaftsleben  gespielt  hat.  Köln 
allein  behielt  während  des  •  ganzen  Mittelalters  eine  vor- 
herrschende Stellung,  auch  nachdem  im  15.  Jahrhundert  das 
Gewerbe  weitere  Verbreitung  in  Deutschland  gefunden  hatte; 
und  als  um  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  ein  neuer  Geist 
die  deutsche  Seidenindustrie  umzuformen  begann,  da  machte 
es  den  Wandel  mit  und  erhielt  sich  das  alte  Gewerbe  — 
wenn  auch  längst  nicht  mehr  in  der  alten  Bedeutung  —  noch 
das  ganze  17.  und  18.  Jahrhundert  hindurch,  sogar  bis  ins 
19.  hinein. 

Ich  glaube  somit  nicht  zu  viel  zu  behaupten,  wenn  ich 
meine,  daß  das  Kölner  Seidengew:erbe  im  Rahmen  der  deut- 
schen Wirtschaftsgeschichte  einen  eigenartigen  Platz  einnimmt. 

Eigenartig  ist  ja  schon  das  Seidengewerbe  an  sich. 
Aus  dem  Orient  stammend  und  viel  später  als  andere  Gewerbe 
in  Mitteleuropa  erscheinend,  mußte  es  sich  erst  seinen  Platz 
unter  ihnen  schaffen;  nicht  immer  gelang  es.  Im  Bezüge  des 
Rohstoffs  —  ähnlich  wie  die  Barchentweberei  —  durchaus 
vom  Fernhandel  abhängig,  mußte  es  den  Charakter  des 
Seltenen  bewahren,  so  lange  die  Verkehrsverhältnisse  nur 
weniger  bevorzugten  Wirtschaftszentren  einen  namhaften  Fern- 
handel gestatteten.  Der  Charakter  des  Gewerbes  als  Export- 
gewerbe brachte  es  dann  mit  sich,  daß  es  auch  für  den  Ab- 
satz seiner  Erzeugnisse  dauernd  vom  Fernhandel  abhängig 
blieb.  Und  da  es  auch  den  lokalen  Markt  nicht  entbehren 
konnte  —  eine  Frage,  die  insbesondere  für  die  Niederlassung 
des  Gewerbes  in  Betracht  kam  —  so  konnten  bei  der  Kost- 
barkeit der  Erzeugnisse  im  Mittelalter  immer  nur  verhältnis- 
mäßig wenige  Städte  Sitze  dieser  Industrie  werden. 

Die  geographische  Lage  und  wirtschaftliche  Stellung  Kölns 
begünstigte  nun  freilich  die  Entwicklung  eines  Exportgewerbes 
in  besonderem  Maße.  Die  Stadt  gehörte  während  des  ganzen 
Mittelalters  zu  den  hervorragendsten  Handelsstädten  Deutsch- 
lands; sie  vermittelte  vor  allem  den  Verkehr  zwischen  dem 
oberrheinischen  Gebiet,  der  Schweiz,  Italien  einerseits  und 
dem  Niederrhein,  den  Niederlanden,  England  andrerseits. 
Seeschiffe  gingen  bis  Köln;  so  konnte  es  am  Seeverkehr  un- 
mittelbar teilnehmen,  besonders  seit  es  der  Hansa  angehörte. 
Auch  der  sich  in  west-östlicher  Richtung  bewegende  Handel 
führte  vorzugsweise  über  Köln,  und  so  verband  es  auch  den 
Handel  der  Niederlande  und  Frankreichs  mit  dem  des  Ostens. 
Damals  gab  es  wenige  dem  Handelsmann  bekannte  Länder, 
in  denen  sich   nicht   auch   der  Kölner  Kaufmann   zeigte   und 


128.  a 

häufig  dauernde  Beziehungen  zu  seiner  Heimat  knüpftet 
Am  wichtigsten  aber  war  für  den  Kölner  Handel  der  nähere 
Umkreis,  das  nord-westliche  Deutschland ;  hier  herrschte  Köln 
durchaus,  war  zugleich  die  Eingangspforte  für  den  nieder- 
ländischen Handel  nach  Deutschland;  der  engere  Wirtschafts- 
bezirk der  Stadt  war  in  mancher  Beziehung  das  Hinterland 
für  die  niederländischen  Hafenplätze  2. 

Früh  schon  äußerte  sich  der  Handelssinn  der  Kölner  in 
einer  deutlich  hervortretenden  Handelspolitik ;  durch  zahlreiche 
Schutzbriefe,  Handelsverträge  und  Zollprivilegien  errangen  sie 
im  Inlande  wie  im  Auslande  möglichst  vorteilhafte  Bedingungen; 
eine  der  vorteilhaftesten  Errungenschaften  aber  war  das  Stapel- 
recht ^. 

Die  bevorzugte  Stellung  Kölns  im  Wirtschaftsleben  mußte 
natürlich  für  die  Entwicklung  seiner  Gewerbe,  vorzüglich  aber 
der  Exportgewerbe,  von  der  größten  Bedeutung  sein.  Schon 
früh  legten  Kölner  Stoflfe  weithin  Zeugnis  ab  für  die  hohe 
Stufe,  auf  welcher  sich  das  Textilgewerbe  befand,  das  bereits 
im  12.  Jahrhundert  zahlreichen  Personen  Nahrung  gab  *.  Hier 
mußte  auch  der  jüngste  Zweig  des  Textilgewerbes,  das  Seiden- 
gewerbe, geeignete  Hände  vorfinden,  und  hier  durfte  es  für 
seine  Produkte  unter  Ausnützung  der  alten  Fernhandels- 
beziehungen eher  lohnenden  Absatz  erwarten  als  in  einer 
Stadt  mit  weniger  ausgebreitetem  Handel,  um  so  mehr,  als  es 
in  der  reichen  Stadt  auch  an  lokalem  Bedarf  für  Luxuswaren 


^  Vgl.  Hüllmann,  I,  888  ff:  Augsburger  und  Nürnberger  Güter  gingen 
schon  im  12.  Jh.  über  Frankfurt  und  Köln  nach  den  Niederlanden,  u.  a. 
auch  morgenländische  und  südeuropäische  Waren.  Über  die  Bedeutung  des 
Frankfurter  Marktes  und  des  Rheins  als. Straße  a.  a.  0.  394 f.  —  Ferner 
vgl.  Korth,  Annalen  50,  1  ff.  bes.  15.  —  Über  den  westdeutsch-italienischen 
Handel  bis  Ende  13.  Jhs.  s.  Schulte,  I,  Teü  2,  p.  105-168.  —  Die  Dar- 
stellung Blümelings  ist  venltet.  —  Neuerdings  auch  Schaube,  bes.  Kap.  30.  — 
Ferner  Ennen,  Geschichte,  I,  478  ff. :  Lamprecht,  Skizzen,  176 ff;  dess. 
deutsche  Geschichte  HI,  22 ff.;  Kölner  Kaufleute  in  Reval  in  der  2.  H. 
14.  Jhs.  8.  Stieda,  Zollbücher  pp:  16,  24,  27,  42,  45,  52,  72,  74,  75. 

2  Pirenne:  Histoire,  H,  52 :  „Il-JTAnversJ-a  pour  marchö  ä  l'est  Cologne, 
ä  la  quelle  le  rattachent  ses  voies  fluviales  et  la  route  de  Maestricht  .  .  ." 

3  S.  die  betr.  Urkunden  bei  Ennen,  Quellen;  Lacomblet;  Hoeniger, 
Hans.  U.  B.,  I.  Von  ausländischen  Märkten  kam  besonders  früh  England 
in  Frage;  zahlreiche  Urkunden  aus  dem  12.  und  13.  Jh.  über  den  Schutz 
des  Kölner  Kaufmanns  s.  Lappenberg  p.  3—12;  vgl.  auch  Ennen,  Gesch.,  I, 

;  484  ff.  —  Über  das  Stapelrecht  s.  Lacomblet  H,  Nr.  469,  Ennen,  Qu.,  II, 
Nr.  396. 

*  Schulte,  I,  123.  —  Die  erste  Textilzunft  war  die  der  Decklaken- 
und  Scharzenweber  1149  s.  v.  Loesch,  I,  25  Berufsmäßige  Wollenweberei 
vor  1230  s.  V.  Loesch,  II,  478,  Urkunde  von  1230  »»/s;  vgl.  auch  Fromm  53. 
Die  Schreinsurkunden  des  12.  Jhs.  enthalten  zahlreiche  venditores  pannorum 

I  und  venditores  peplorum  et  tegumentorum  pulvinarium  (id  est  sciza),  vendi- 
tores lineorum;  es  gab  schon  eine  Straße:  „inter  venditores  pannorum." 
Hoeniger,  Schreinsurk. 


4  128. 

nicht  fehlen    konnte.      So   war   der  Boden    in   Köln   für  die 
Etablierung  seidengewerblicher  Tätigkeit  günstig. 

Heute  hat  die  Seidenindustrie  in  Köln  keine  Stätte  mehr;, 
sie  hat  sich  rheinabwärts  gezogen  und  in  Krefeld  ihren 
Mittelpunkt.  Aber  diese  Wendung  ist  ein  Ergebnis  neuerer 
Zeit;  bis  weit  in  das  17.  Jahrhundert  hinein  ist  Köln  die 
rheinische  Seidenstadt  gewesen.  Jahrhunderte  lang  war  in 
seinen  Mauern  das  Seidengewerbe  heimisch  und  lieferte  einen 
namhaften  Beitrag  zu  dem  wirtschaftlichen  Ruhme  der  alten 
Reichsstadt;  jahrhundertelang  gab  es  zahlreichen  Personen 
Beschäftigung  und  Unterhalt. 

Es  ist  ja  nicht  leicht,  sich  über  die  Bedeutung,  die  das 
Seidengewerbe  in  den  Augen  der  Zeitgenossen  und  im  Ver- 
hältnis zu  den  anderen  Gewerben  der  Stadt  gehabt  hat,  ein 
klares  Bild  für  jede  Periode  zu  machen.  Wirtschaftliche j^ zeit- 
genössische Urteile  aus  dem  Mittelalter  sind  ja  überaus  spär- 
lich und  wir  sind  zumeist  auf  Schlüsse  und  Vermutungen 
angewiesen.  Aber  dennoch  tritt  das  Gesamtbild  eines  für  die 
Kölner  und  die  deutsche  Wirtschaftsgeschichte  bedeutenden, 
Gewerbes  deutlich  hervor.  j 

Die  Anfänge  des  Kölner  Seidengewerbes  liegen  im  Dunkeln ; ' 
sicher  nur  ist,  daß  wir  sie  zu  suchen  haben  in  der  Form  der 
Weiterverarbeitung  des  fertig  bezogenen  Gewebes  zu  besondern 
Zwecken,  der  Form,  in  welcher  überhaupt  in  Deutschland 
zuerst  mit  Seide  gearbeitet  worden  ist.  Seidene  Stoffe  wurden 
ja  schon  im  Frühmittelalter  aus  dem  Orient  über  Byzanz  nach 
Westeuropa  gebracht;  sie  gehörten  zu  den  Handelsobjekten, 
welche  Gegenstände  des  Fernhandels  schon  in  seiner  frühsten 
Periode  waren  ^.  Syrische  Kaufleute  vermittelten  den  Handel 
mit  ihnen  nach  dem  Frankenlande  ^,  auch  waren  seidene  und 
samtne  Stoffe  beliebt  als  Geschenke  an  weltliche  und  geist- 
liche Große  und  an  Kirchen.  Im  nordwestlichen  Deutschland 
erscheinen  mercatores  mit  seidenen  Stoffen  schon  zur  Zeit 
Karls  d.  Gr. ^.  Vor  allem  aber  war  Seide  und  Seidenstickerei! 
in  Gebrauch  bei  den  liturgischen  Gewändern;  namentlich  die 


1  Schulte,  I,  72;  —  Schaube,  418:  „Der  Zolltarif  von  Bapaume,  a.  o. 
1202,  erwähnt  Seide,  Goldfäden,  Alaun,  Brasilholz,  Kermesbeeren  fiir  die 
Bedürfnisse  der  flandrischen  Textilindustrie,  die  die  Zollstätte  von  Südei 
her  passierten";  cit.  nach  M.  Taillier,  receuil  d'actes  des  12 e  et  13 e  siecieai 
en  langue  romane  wallone  du  Nord  de  la  France.  Douai  1849,  Nr.  ö^j 
pp.  13  ff.  Ob  unter  „Seide"  seidener  Stoff  oder  schon  Rohseide  zu  vei 
stehen  ist,  ist  schwer  zu  entscheiden ;  ich  halte  ersteres  für  wahrscheinlicher,; 
weil  auch  in  den  flandrischen  Städten  die  berufsmäßige  Seidenstickerei  der 
Seidenweberei  vorausgegangen  zu  sein  scheint.  In  Gent  gab  es  1314 
„wapinmaker",  aber  erst  um  1400  wurden  „zydine  laken"  gefertigt.  Huyttens^ 
36,  64. 

2  Heyd,  I,  25. 
8   M.  G.    S.  S.  2,  737  f  (Mon.  Sangall  .  .  .)  ebda.    744«8.    „infinitimi 

pondus  .  .  .  sericorum  .  .  palliorum." 


128.  5 

Kasel  (casula,  planeta)  bestand  schon  im  6.,  7.,  8.  Jahrhundert 
bisweilen,  vom  9.  ab  häufig  aus  Seide;  für  die  Stola  wurde 
sie  anfangs  des  10.  Jahrhunderts  verarbeitet.  Goldbrokat 
finden  wir  bei  Manipeln  im  IL,  kostbare  Zierstücke  (auri- 
frisia)  bei  den  Alben  im  12.  Jahrhundert^;  auch  die  Mitra 
wurde  oft  reich  gestickt  (aurifrisata)  ^.  Zahlreiche  Kasein  aus 
der  Zeit  des  10. — 13.  Jahrhunderts  sind  noch  in  Deutschland 
erhalten,  darunter  mehrere  in  Aachen,  Brauweiler,  Xanten, 
Deutz  und  Köln  ^.  Seidene  Gewänder  zu  kirchlichen  Zwecken 
waren  in  Köln  schon  im  10.  und  11.  Jahrhundert  in  größerem 
Umfange  in  Gebrauch ;  so  werden  in  dem  Testament  des  Erz- 
bischofs'Bruno  von  Köln  (f  965)  u.  a.  10  pallia  optima  er- 
wähnt*; einige  Gewänder  aus  jener  Zeit  sind  noch  erhalten: 
eine  Kasel  Brunos^,  je  eine  des  hl.  Heribert  in  Deutz,  des 
h\.  Anno  und  des  sei.  Albertus  Magnus,  beide  in  Köln  ^.  Ge- 
naueren Aufschluß  über  die  Verwendung  seidener  Stoffe  in 
derZeit  des  11.  und  12.  Jahrhunderts  gibt  ein  Schatzverzeich- 
nis des  St.  Georgstiftes  in  Köln  (jetzt  Pfarrkirche  St.  Jakob), 
das  einzige,  welches  aus  dieser  Zeit  bekannt  und  erhalten  ist. 
In  der  Pfarrkirche  St.  Maria  Lyskirchen  in  Köln  befindet 
sich  ein  wertvoller  Evangelienkodex  —  etwa  aus  dem  10.  Jahr- 
hundert —  in  welchen  man  später,  etwa  gegen  Ende  des 
11.  oder  zu  Anfang  des  12.  Jahrhunderts  auf  eins  der  ehe- 
mals leeren  Blätter  des  Buches  das  erwähnte  Schatzverzeichnis 
hineingeschrieben  hat;  man  nutzte  auf  diese  Weise  damals 
häufig  die  leeren  Blätter  aus,  um  Pergament  zu  sparen.  Der 
Wortlaut  des  Schatzverzeichnisses  ist  folgender '':  Haec  sunt 
ornamenta  ecclesie  sancti  Georgii.  Undecim  capp^,  tria  dor- 
salia,  4  dalmatic^,  5  suptilia  cum  4  fanonibus,  12  pallia,  4  vexilla, 
10  casul^,  3  calice  cum  totidem  patenis,  ex  quibus  unus   est 


1  Braun,  priesterl.  Gew.  32,  70  f,  104  ff,  151  ff,  161. 

2  Ders.  pontif.  Gew.  37. 

8  Ders.  priesterl.  Gew.  154.  Es  werden  18  Kasein  näher  bezeichnet, 
■€  davon  gehören  nach  Köln  und  dem  Niederrhein. 

*  M.  G.  S.  S.  4  (Ruotgeri  Vita  Brunonis).  Pallia  optima  sind  nach 
Bock,  I,  105  gewöhnlich  golddurchwirkte  Seidenstoffe. 

^   Francisque-Michel,  317. 

6  Braun,  priesterl.  Gew.  154.  Vgl.  Bock,  das  heilige  Köln.  Die  Kasel 
des  h.  Heribert  befindet  sich  in  der  Pfarrkirche,  ehem.  Abteikirche  zu  Deutz, 
die  des  h.  Anno  in  der  Sammlung  des  Herrn  Domkapitulars  Prof.  Dr.  Schnütgen 
in  Köln,  die  des  sei.  Albertus  M.  in  der  St.  Andreaskirche  in  Köln.  Die 
Borten  der  beiden  letztgenannten  Kasein  stammen  aus  späterer  Zeit. 

^  Der  Evangelienkodex  ist  beschrieben  und  abgebildet  bei  Bock,  Das 
heilige  Köln,  Nr.  103,  bez.  Taf.  XXXV.  Unter  Nr.  97  gibt  Bock  eine  Ab- 
schrift des  Schatzverzeichnisses ;  ich  habe  die  Handschrift  selbst  benutzt  und 
gebe  das  Verzeichnis  als  Abschrift  des  Originals  wieder,  in  einigen  Punkten 
von  Bock  abweichend;  insbesondere  lese  ich  nicht  „2",  sondern  „4  vela", 
halte  ferner  die  Lesart  „ex  quibus  unus  est  aureus"  für  richtig,  während 
Bock  „aureus"  für  fraglich  hält.  Die  von  mir  eingeklammerten  Worte  sind 
im  Originaltext  überschrieben. 


6  128» 

aureus,  alter  deauratus,  et  2  fistul^  argente^.  Urna  argentea 
et  2  ^rc^.  Candelabrum  argenteum  et  fistula  alterius  cande- 
labri.  2  thuribula  argentea.  20  alb^  cum  totidem  amictis  et 
una  absque  amicto.  12  stol^  cum  totidem  fanonibus  et  una 
absque  fanone.  3  manutergia.  Una  mappula,  2  cingula,  2  tunic^ 
seric^..  Duo  ordines,  3  missales,  5  missales  libri,  3  gradualia^ 
4  vela,  4  tapetia  et  4  scamnalia,  tria  vascula  argentea.  Unum 
plenarium  auro  contextum  [et  1  argento  contextum]  et  tertium 
absque  auro  et  argento;  et  2  cussini.  Unum  lectionarium  et 
pars  alterius  lectionarii ,  7  corporalia.  4  cruces  du^  aure^  et 
du^  ^re^.  Duo  cingula  1  de  pallio,  aliud  de  serico.  Una 
acerra  deaurata  cum  cocleari  argenteo,  unum  baccirium  [cum 
columba  deargentata].     Linteamen  unum  super  feretrum. 

Ein  zweites  Inventarverzeichnis  derselben  Kirche  befindet 
sich  in  einem  alten  Pergamentkodex  im  Museum  zu  Darm- 
stadt; es  ist  etwa  im  14.  Jahrhundert  niedergeschrieben  und 
enthält  folgende  Gewänder,  Stoffe  und  Stickereien  ^  : 

.  .  •  Item  casula  sancti  Annonis  cum  stolis  et  manipulis 
suis^.  .  .  .  Item  duo  panni  contexti  et  sunt  diverse  facture. 
Item  unus  pannus  viridis  coloris  de  serico.  .  .  .  Item  fibula 
argentea  deaurata  cum  armis  quondam  Henrici  de  Langehoue 
signata  spectans  ad  cappam  ipsius  sericam  blauei  coloris  de 
damasto  una  cum  casula  et  duabus  vestibus  tunicalibus  sericis 
rubri  coloris  aureis  filis  intextis  cum  armis  suis  et  aliis  suis 
pertinenciis.  —  Haec  sunt  ornamenta  sive  indumenta  ecclesiae 
beati  Georgii:  Casula  de  sameto  blauii  coloris.  Item  casula 
de  balkino.  Item  casula  de  purpura  quam  decanus  Gerardus 
dedit.  Item  casula  alba  de  serico.  Item  casula  crocea  cum 
dalmatica  et  subtili  croceo.  Item  casula  de  sameto  rufo  cum 
dalmatica  et  subtili  rufo.  Item  duae  dalmaticae  albae  de  serico. 
Item  unum  subtile  de  purpurea,  foederata  cum  albo  panno. 
Item  tres  cappae  corsales  de  rubro  sameto.  Item  duae  casulae 
purpureae.  Item  cappa  corsalis  de  sameto  blanco.  Item  cappa 
cum  tyntinabulis.     Item  cappa  antiqua  de  balkino^. 


1  Bock,  Das  heilige  Köln,  Nr.  97,  St.  Jacob  p.  11.  Ich  gebe  das  Ver- 
zeichnis nach  Bock  wieder  unter  Fortlassung  der  Gegenstände  aus  Metall^ 
Holz  u.  dgl. 

*  Es  ist  die  bereits  erwähnte  Kasel  aus  byzantinischem  Seidenpurpur, 
welche  sich  jetzt  im  Besitz  des  Herrn  Domkapitulars  Prof.  Dr.  Schnütgen 
in  Köln  befindet  und  demnächst  in  den  Besitz  der  Stadt  Köln  übergehen 
wird,  nachdem  Herr  Domkapitular  Schnütgen  seine  Sammlung  der  Stadt 
geschenkt  hat.  Die  einst  vorhanden  gewesenen  Goldstickereien  sind  nichl 
mehr  vorhanden ,  sondern  durch  spätere  Borten  ersetzt.  Der  StoflF  ahnt 
seiner  technischen  Beschaffenheit  dem  des  Meßgewandes  des  hl.  Heribert 
Deutz  und  des  hl.  Bernard  zu  Brauweiler.  Das  Manipel  ist  im  kgl.  Museum 
zu  Berlin.     Vgl.  Bock,  Das  heil.  Köln,  St.  Jacob  p.  12. 

*  Wegen  der  Erläuterungen  zu  den  Inventarverzeichnissen  verweise  ich 
auf  Bock  a.  a'  0. 


128.  7 

Das  ältere  Verzeichnis  also  enthält  noch  wenige,  das 
spätere  aber  schon  recht  zahlreiche  Gegenstände  aus  Seide 
oder  mit  Seidenstickerei.  Ob  und  bei  welchen  Stücken  aller- 
dings Kölner  Erzeugnisse  in  Frage  kommen,  ist  nicht  fest- 
zustellen. Hier  kam  es  zunächst  darauf  an,  zu  zeigen,  daß 
die  Verwendung  von  Seide  zu  kirchlichen  Zwecken  in  Köln 
schon  früh  —  im  11.  und  12.  Jahrhundert  —  eine  gewisse 
Verbreitung  gefunden  hatte  und  sich  nicht  mehr  nur  auf 
einige  wenige,  aus  besonderer  Veranlassung  geschenkte  Prunk- 
stücke zu  beschränken  scheint. 

Schon  zur  Karolingerzeit  herrschte  in  Köln  ein  gewisser 
Wohlstand^,  dem  nach  der  schweren  Zeit  der  normannischen 
Verheerungszüge  ein  allmählich  anwachsender  Luxus  folgte; 
er  äußerte  sich  namentlich  in  dem  Glanz  des  Bischofshofes, 
dem  Reichtum  der  Kirchen,  aber  auch  in  einem  gesteigerten 
Prunkbedürfnis  mancher  Bürger,  in  erster  Linie  der  Handel- 
treibenden^. Das  Bedürfnis  nach  Luxus  wurde  dann  noch 
gesteigert,  als  seit  den  Kreuzzügen,  besonders  seit  dem  1189 
unternommenen  Zuge  von  1500  Kölner  Bürgern  in  das 
gelobte  Land^,  der  Verkehr  mit  dem  Orient  einen  größeren 
Umfang  angenommen  hatte.  Jetzt  wurden  orientalische  Seiden- 
stoffe weiteren  Kreisen  zugänglich,  in  erster  Linie  den  reichen 
Bürgern  der  großen  Handelsstädte,  in  deren  Zahl  im  11.  und 
12.  Jahrhundert  Köln  in  erster  Linie  zu  nennen  war*.  Die 
Benutzung  seidener  und  sammetner  Stoffe  zu  bürgerlichen 
Bekleidungszwecken  beginnt  freilich  erst  im  13.  Jahrhundert 
eine  allgemeinere  zu  werden,  wenngleich  sie  sich  auch  dann 
noch  wegen  der  hohen  Preise  den  mittelmäßig  Begüterten 
verbot^.  Im  13.,  mehr  noch  im  14.  Jahrhundert  wird  von 
Zeitgenossen  oft  geklagt  über  den  weit  verbreiteten  Kleider- 
luxus, namentlich  in  den  Städten.  Früh  versuchte  die  Obrig- 
keit mit  Luxusgesetzen  entgegenzuwirken,  in  Köln  zum  ersten 
Male  c.  1321^.  Köln  galt  immer  als  ganz  besonders  reiche 
Stadt,  und  das  selbstbewußte  Auftreten  seiner  Bürger  beruhte 


*  Korth,  in:  Annalen  50,  p.  14. 

2  Vgl.  Ennen,  Gesch.  I,  291;  M.  G.  S.  S.  XI  p.  494.  Vita  Annonis 
archiep.  Andererseits  fehlt  es  nicht  an  Hungersnöten,  die  ein  Gegengewicht 
gegen  eine  allzu  weite  Verbreitung  des  Luxus  geben  mußten:  namentlich 
schwer  waren  die  von  822,  868  und  1005.  S.  Annal.  Colon,  in  M.  G.  S. 
S.  L  p.  98  f. 

8  Ennen,  Gesch.  I,  481  nach  Boehmer,  fontes  III,  458.  Godefridi  ehr. 
Über  den  Einfluß  der  Kreuzzüge  auf  den  Handel:  Schulte,  I,  106 ff.  und 
neuerdings  Schaube,  p.  122  ff.  ,.    »r  ,        i 

*  Lamprecht,  deutsche  Gesch.  8,  22.  —  1106  boten  die  Kölner  dem 
Könige  Heinrich,  wenn  er  den  geplanten  Rachezug  gegen  sie  unterließe, 
„sex  milia  thalentorum  argenti".    M.  G.  S.  S.  IH,  111,  Annal.  HiWMheim. 

^   Vgl.  Bock ,  I,  99,  ferner  Schultz  I,  278  S.  und  Heyne  p.  251  ff  (^  2X 

«   Lau  p.  281,  im  ersten  Eidbuch.    Lau  nimmt  an,  daß  schon  früher 

Luxusgesetze  erlassen  seien.  —  Man  darf  freilich  aus  den  zeitgenössischen 


8  128. 

nicht  zum  geringsten  Teile  auf  materieller  Grundlage.  „Auch 
für  eine  Königstochter  —  meinte  der  Kölner  —  wäre  es  nicht 
das  schlimmste  Los,  ein  reiches  Kaufweib  zu  KöUen  zu  werden"  ^. 
In  der  Befriedigung  des  Luxusbedürfnisses  nahm  die  Seide 
und  die  Verzierung  der  Gewänder  und  Stoffe  mit  seidenen 
Stickereien  einen  hervorragenden  Rang  ein.  Zu  Kleidungs- 
stücken aller  Art,  zu  Dekorationszwecken  auf  weltlichem  und 
kirchlichem  Gebiet  fanden  schwere  und  leichte  Seiden-  und 
Sammetstoffe,  unbestickt  und  bestickt,  umfangreiche  Ver- 
wendung^. Je  mehr  der  Gebrauch  der  Seide  zunahm,  desto 
mehr  suchte  man  sich  in  ihrer  Verarbeitung  vom  Orient  frei 
zu  machen,  und  allmählich  wurde  die  Stickerei  mit  und  auf 
Seide  in  deutschen  Landen  heimisch;  zunächst  ausschließlich 
als  Frauenarbeit  und  als  häusliche  Beschäftigung.  Das  Auf- 
nähen von  Verzierungen  und  Bildern,  ja  ganzer  bildlicher 
Darstellungen  auf  Gewänder,  Teppiche,  ritterliche  Bekleidungs- 
und Ausrüstungsstücke  und  auf  Stoffe  zu  kirchlichen  Zwecken 
in  seidenen   und   goldenen  (und  silbernen)  Fäden,  dann  aber 


Klagen  und  aus  den  allenthalben  erlassenen  Luxusedikten  nicht  ohne  weiteres 
auf  eine  allzu  große  Ausbreitung  des  Kleiderluxus  schließen;  insbesondere 
hat  man  sich  wohl  durch  die  breiten  dichterischen  Schilderungen  jener  Zeit 
häufig  zu  einer  Überschätzung  des  damals  getriebenen  Kleidungsaufwandes 
verleiten  lassen.  Wenn  es  auch  zutriflft,  daß  in  einzelnen  Gegenden,  so  in 
Südwestdeutschland,  selbst  die  Bauern  nicht  frei  von  Putzsucht  waren  (vgl. 
Hagelstange  a.  a.  0.),  so  verhinderte  doch  schon  der  hohe  Preis  seidenw 
Stofi'e  eine  allgemeine  Verbreitung  dieser.  Zahlreiche  zeitgenössische  Dar- 
stellungen müssen  um  so  mehr  übertrieben  erscheinen,  wenn  man  ihnen  ein 
notarielles  Verzeichnis  entgegenhält,  welches  über  die  Hinterlassenschaft 
eines  plötzlich  verstorbenen  Kölner  Bürgers,  der  einer  sehr  wohlhabenden 
Familie  angehörte,  im  16.  Jahrhundert  angefertigt  wurde.  Man  ersieht  aus 
ihm,  wie  auffallend  wenige  Kleidungs-  und  Prunkstücke  aus  Seide  in  dem 
bis  ins  kleinste  aufgeführten  Hausrat  enthalten  sind.  (H.  Cardauns,  Ein 
Kölner  Bürgerhaus  im  16.  Jahrh.  in  Annalen,  41,  p.  109  ff).  Und  dann  darf 
man  nicht  übersehen,  daß  das  Wirtschaftsleben  im  Mittelalter  durch  so  un- 
aufhörliche Mißernten,  Hungersnöte  und  Seuchen  erschüttert  wurde,  daß 
eine  Rückwirkung  auf  den  Wohlstand  nicht  ausbleiben  konnte.  Jede  Ver- 
minderung des  Wohlstandes  aber  wirkte  zunächst  den  Aufwendungen  für 
den  Luxus  entgegen.  Nur  die  Vermögensverhältnisse  der  reichen  Handels- 
herren und  weniger  Großer  werden  so  gefestigt  gewesen  sein,  daß  sie  auch 
in  Krisenjahren  ihren  bisherigen  Aufwand  nach  außen  weiter  aufrecht  er- 
halten konnten.  Über  die  ungeheuere  Zahl  solcher  kritischer  Jahre,  von 
denen  die  meisten  sich  auch  auf  den  mittleren  und  unteren  Rhein  beziehen, 
s.  Curschmann,  femer  die  Zusammenstellung  für  die  Jahre  1100 — 1315  bei 
A.  Schultz,  I,  127  ff.  Mag  auch  manches  chronistische  Übertreibung  sein, 
so  bleibt  doch  noch  so  viel,  daß  man  sich  wundem  muß,  wie  unter  solchen 
Verhältnissen  überhaupt  ein  namhafter  Aufschwung  des  Wirtschaftslebens 
möglich  war. 

1  Schmoller,  Straßburg  zur  Zeit  der  Zunftkämpfe  p.  19  (ohne  Quellen- 
angabe). 

^  Über  die  Kleidung  bei  Männern  und  Frauen  im  M.  A.  vgl.  Heyne, 
Bd.  3.,  Schultz,  I,  Weinhold,  VioUet-le-Duc;  über  kirchliche  Gewänder  Bock 
und  Braun. 


128.  9 

auch  das  Besticken  des  seidenen  Stoffes  direkt  wurde  eine 
Lieblingsbeschäftigung  vornehmer  Damen  ^.  Die  Frauen 
Deutschlands  und  Britanniens  brachten  es  zu  besonderer 
Kunstfertigkeit.  Auch  in  Klöstern  des  7.  bis  10.  Jahrhunderts 
ist  hier  und  da  die  Seidenstickerei  betrieben  worden  *. 

Wirtschaftliche  Bedeutung  erlangte  sie  aber  erst  dann, 
als  sie  sich  zu  einem  Gewerbe  entfaltet  hatte. 

In  Köln  scheint  schon  sehr  früh  das  Sticken  von  Borten 
gewerblich  betrieben  und  damit  zugleich  in  die  Hände  der 
Männer  gekommen  zu  sein,  die  nunmehr  neben  den  Frauen 
tätig  waren.  Die  Kölner  Schreinsurkunden  des  12.  Jahr- 
hunderts^ erwähnen  unter  zahlreichen  anderen  Gewerbe- 
treibenden auch  venditores  limborum,  welche  wohl  ohne  Zweifel 
als  Vorläufer  der  später  so  berühmten  Wappensticker  an- 
zusehen sind*.  Gegen  Ende  des  12.  Jahrhunderts  scheint 
sich  das  Kölner  Stickerei-Gewerbe  schon  eines  bedeutenden 
Ansehens  erfreut  zu  haben,  denn  bei  Gelegenheit  der  Ein- 
weihung der  Kirche  in  Ceccano  (etwa  halbwegs  Rom  und 
Neapel)  a.  1196  wird  eine  Kasel  erwähnt  mit  einer  Borte, 
welche  der  Kardinal  Jordanus^  in  Köln  für  9  Mark  Silbers 
^gekauft  hatte:  „finita  consecratione  ecclesiarum  et  altarium  .  .  . 
domnus  Cardinalis  .  .  .  manibus  suis  posuit  super  majus  .  .  . 
altare  suum  paratum  pretiosum,  videlicet  bonum  amictum 
frisatum,  .  .  .  bonum  cingulum  frisatum  ...  et  planetam 
frisatam  cum  tali  friso,  quod  domnus  cardinalis  emerat  in 
dolonia  pro  novem  marchis  de  argento"^. 

Man  kann  wohl  annehmen,  daß  unter  den  vielen  heute 
noch    erhaltenen   Borten   aus    dem    12.    und   13.  Jahrhundert, 


1  Vgl.  besonders  Weinhold,  I,  181  £f  und  Schultz,  I,  195  flf. 

2  Schmoller,  Tucherzunft  p.  361.  Im  10.  Jahrh.  werden  die  Leistungen 
weiblicher  Höriger  für  die  Mainzer  Kirche  als  Arbeiten  „in  lineis,  laneis  et 
;8ericis  ornamentis''  erwähnt;  ebda.  360. 

^   ed.  Hoeniger,  I,  186. 

*  Auch  V.  Loesch  (II,  464  Anm.  1)  hält  das  Wort  „venditor  limborum" 
für  synonym  mit  „brodator,  bordurwirker"  (15.  Jahrh.)  und  „Wappensticker". 
über  die  Bedeutung  von  limbus  =  Borte,  Saum  vgl.  Diefenbach  gloss.  p.  330. 
Karl  der  Große  trug  eine  tunica,  „quae  limbo  serico  ambiebatur" ;  Einhardi 
Tita  23.  Gleichbedeutend  wird  „trisum"  gebraucht,  davon  „aurifrisum", 
„aurifrigium" :  Erklärung  für  aurifrigium  M.  G.  S.  S.  X.  p.  256:  Gallis  orfroy, 
broderie,  limbus  acu  pictus,  coloribus,  auro  argentove  distinctus.  (Roduffi 
gesta  abb.  Trudon.  1.  VI.  ed  Koepke). 

"5  Kard.  Jordanus,  Gr.  v.  Ceccano,  Abt  von  Fossa  nuova.  Er  wurde 
1188  Kardinal  und  war  in  demselben  Jahre  in  Deutschland:  „mense  Junii 
missus  est  in  legatione  Alemanniae".  1189  kehrte  er  nach  Ceccano  wirück. 
M.  G.  S.  S.  19,  p.  288  Annal.  Ceccan.  vgl.  dazu  Jahrbücher,  Th.  Tooche, 
Heinrich  VI,  p.  97.  .         ^  ^. 

«   M.   G.   S.  S.  XIX.  p.  294.    Ich   verdanke   den   Hinweis   auf  diese 

Stelle  Herrn  Dr.  Paul  Lejeune  in  Bonn.    Eine  Mark   Silbers  betrug  nach 

dem  Silbergehalte  ao.  1241  ca.  45  Mark  heutiger  {Reichs-)Münze;  die  Borte 

würde   also   nach   heutigem   Gelde   annähernd   400  Mark  gekostet  haben. 

Vgl.  V.  Inama-Sternegg,  Wirtsch.  Gesch.  III.  p.  430  Beil.  IV). 


10  128. 

namentlich  unter  den  in  Köln  und  weiterer  Umgebung  auf- 
bewahrten, manches  Stück  kölnischer  Arbeit  enthalten  ist;  ein 
Beweis  ist  freilich  nicht  mehr  zu  erbringen.  Am  ehesten 
könnte  man  vielleicht  die  Borten  der  Kasel  des  sei.  Albertus 
Magnus  (in  der  Andreaskirche  in  Köln)  und  die  sehr 
ähnlichen  der  Kasel  in  Aachen-Burtscheid  (in  der  Kirche  St. 
Johann-Baptist)  für  heimische,  vielleicht  Kölner  Arbeit  gelten 
lassen,  obwohl  man  auch  hier  nicht  über  eine  Vermutung 
hinausgehen  darf^. 

Darin  freilich  wird  man  nicht  fehl  gehen,  wenn  man 
dem  Kölner  Kunststicker- Gewerbe  einen  erheblichen  Anteil  an 
der  Entwicklung  der  Seidenstickerei  am  unteren  Rhein  zuerteilt. 

Ob  das  Gewerbe  der  Sticker  und  Stickerinnen  schon  vor 
dem  Verbundbrief  (1396)  zünftig  gewesen  ist,  ist  ungewiß; 
der  erste  erhaltene  Zunftbrief  datiert  aus  dem  Jahre  1397  *. 
Die  Angehörigen  der  Zunft  nannten  sich  damals  bereits 
Wappensticker  nach  einer  besonderen  Spezialität  ihres  Hand- 
werks, dem  Sticken  von  Wappen  und  Wappenröcken  bzw. 
Wappendecken ;  sie  fertigten  aber  jede  Art  von  Kunststickerei 
an.  Nach  ihnen  war  die  Straße  „Unter  Wappenstickem" 
benannt,    in   der   das  Gewerbe   vielleicht   lokalisiert  war  oder 


1  Bock  I,  229  f,  gibt  eine  Beschreibung  beider  Gewänder.  Er  geht 
darin,  daß  er  diese  Kasein  und  ihre  Borten  mit  Sicherheit  für  Kölner  Arbeit 
hält,  sicherlich  zu  weit.  Ich  verdanke  eine  Fülle  von  Belehrung  und  An- 
regung in  der  Frage  der  mittelalterlichen  Kunststickerei  und  -Wirkerei  Herrn 
Domkapitular  Prof.  Dr.  Schnütgen.  Seine  große  Sammlung  enthält  meisterhaft 
ausgeführte  gewirkte  Borten  aus  dem  14.  Jahrb.,  welche  ihrer  ganzen  An- 
fertigung nach  als  deutsche,  wahrscheinlich  als  Kölner  Erzeugnisse  gelten 
dürfen,  wiewohl  keine  direkte  Überlieferung  einen  Beweis  dafür  gibt 

Eine  Vorstellung  von  den  Kölner  Borten  des  12.  Jahrhunderts  —  also 
aus  der  Zeit  der  venditores  limborum  —  können  vielleicht  die  Wandmalereien 
in  der  Doppelkirche  zu  Schwarz-Rheindorf  bei  Beuel  geben.  Sie  sind  Mitte- 
des  12.  Jahrhunderts  von  Kölner  Malern  entstanden  und  enthalten  u.  a^ 
einige  Darstellungen  von  Geistlichen  im  Meßornat.  Die  hier  abgebildeten 
liturgischen  Gewänder  enthalten  einfache  Borten  nichtorientalischen  Musters. 
Die  Annahme  liegt  nahe,  daß  der  Maler  die  Borten  so  dargestellt  hat,  wie 
sie  ihm  am  geläufigsten  waren  und  wie  er  sie  bei  den  Kunsthandwerkern 
seiner  Heimatstadt  gesehen  hatte.  —  Charakteristisch  sind  auch :  die  Kriegs- 
fahne des  comes  Ragenardus  im  Domschatz  und  die  Miniaturen  des  codex 
Evergeri  (Ende  10.),  cod.  Friderici  (12.)  und  cod.  Hillenus  (11.  Jh.)  in  der 
Dombibliothek  zu  Köln.  Auf  den  nahen  Zusammenhang  zwischen  den  beiden 
damals  schon  bedeutenden  Kölner  Künsten,  der  Malerei  und  der  Kunst-  und 
Bildstickerei,  hat  schon  Bock,  I,  234  hingewiesen. 

2  V.  Loesch ,  I,  200.  Amtsbrief  vom  14.  April  1397.  —  Die  Annahme 
Bocks,  daß  bereits  im  13.  Jahrb.  eine  „Zunft"  der  Bild-  und  Wappensticker 
bestanden  habe,  ist  durch  nichts  zu  beweisen.  Ich  halte  es  auch  nicht  für 
wahrscheinlich,  da  die  Seidenstickerei  einmal  von  Männern  und  Frauen  aus- 
geübt wurde  und  dann  bei  verschiedenen  Gewerben  heimisch  war,  nament- 
lich bei  den  Schneidern  und  Nähern.  Auch  ist  es  nicht  ausgeschlossen, 
daß  in  den  Beghinenhäusem  ein  Teil  der  Arbeit  ausgeführt  worden  ist ; 
noch  bis  ins  17.  Jahrhundert  hinein  machen  die  Beghinen  sich  ja  noch 
als  Konkurrenten  mißliebig  (1609,  s.  Z.  186,  Archiv).  Vgl.  J.  Greving, 
Annalen  H.  73,  p.  28. 


128.  11 

seine  Verkaufsstände  hatte  ^.  Die  erste  Stufe  seiner  Bedeutung 
scheint  das  Gewerbe  auf  dem  Gebiete  der  kirchlichen  Kunst 
erlangt  zu  haben,  welche  schon  im  12.  und  13.  Jahrhundert 
am  Niederrhein  zu  einem  hohen  Grade  der  Technik  gebracht 
worden  war;  das  Sticken  liturgischer  Gewänder  blieb  aber 
ein  wesentlicher  Teil  der  Tätigkeit  seiner  Angehörigen,  auch 
als  sie  den  Namen  Wappensticker  angenommen  hatten. 

Nun  ist  ja  freilich  die  Seidenstickerei  von  dem  Seiden- 
gewerbe im  engeren  Sinne,  d.  h.  von  der  Verarbeitung  der 
Rohseide,  wohl  zu  unterscheiden.  Aber  sie  pflegt  dennoch  bei 
der  Betrachtung  des  Seidengewerbes  nicht  übergangen  zu 
werden;  mit  Recht,  da  sie  tiberall  in  Deutschland  die  erste 
Form  ist  —  und  an  vielen  Orten  die  einzige  bleibt  — ,  in 
welcher  das  Seidengewerbe  sich  eingebürgert  hat.  Für  Köln 
glaube  ich  sie  um  so  weniger  unberücksichtigt  lassen  zu  dürfen, 
als  sie  hier  besondere  Bedeutung  erlangte  und  ohne  Zweifel 
die  Niederlassung  der  Seidenspinnerei  und  Seidenweberei  sehr 
stark  beeinflußt,  wenn  nicht  sie  überhaupt  nach  Köln  hin- 
gezogen hat.  Jedenfalls  war  es  der  schon  früh  verhältnismäßig 
große  Bedarf  an  kunstgewerblicher  Seidenarbeit,  welcher  der 
Verarbeitung  des  Rohstoffs  die  Existenz  erst  ermöglicht  hat. 
Denn  das  Seidengewerbe  ist  an  einen  gewissen  Grad  des 
lokalen  Luxus  gebunden  und  hat  sich  im  mittleren  Europa 
nur  da  schon  im  Mittelalter  halten  können,  wo  zugleich  die 
Seidenstickerei  zur  Blüte  gelangt  ist.  So  war  es  in  den  nieder- 
ländischen Seidenstädten  und  vor  allem  in  Paris.  In  Brügge 
werden  1296  unter  den  Zünften  die  cultensteckers,  aber  noch 
nicht  Seidenweber  genannt^;  (mit  ihnen  auch  noch  Gold-  und 
Silberschmiede);  in  Gent  finden  wir  ebenfalls  zuerst  wapinmaker, 
1314,  und  erst  um  1400  ist  von  seidenen  Geweben  dortiger 
Weber  die  Rede^.  In  Paris  gelangt  die  Seiden-  und  Gold- 
stickerei früh  zur  Bedeutung;  es  scheint,  daß  sie  zunächst  die 
Weberei  überwogen  hat,  denn  1192  sind  die  Gewerbe  der 
brodeurs  und  broderesses  mit  14,  das  der  fileresses  de  soie 
mit  8  Meistern  und  Meisterinnen  vertreten;  1300  erst  ist  das 
Verhältnis  23  :  36 ;  (zu  diesen  36  treten  dann  noch  andere  mit 


^  Die  Straße  existiert  heute  nicht  mehr  unter  diesem  Namen;  es  war  der 
Teil  der  heutigen  Hohenstraße,  der  zwischen  Schildergasse  und  etwa  der 
Brückenstraße  gelegen  war. 

2  Gaillard,  p.  32.  Zur  Erklärung  des  Wortes  cultenstecker :  „de  leden 
van  dit  ambacht  vervaerdigten  alle  soorten  van  wambuizen,  borstrokken, 
slingermouwen  en  andere  voorwerpen,  waervan  vele  met  goud  en  zilverdraed 
doorwerkt  wierden;  zy  voerden  de  kleederen  en  mackten  prachtige  bedde- 
deksels,  die  men  in  de  middeleeuwen  culten  noemde"  ebda.  p.  67. 

^  Huyttens,  p.  86:  in  einer  Urkunde  von  1314  wird  Janne  den  wapin- 
maker genannt,  p.  64.  unter  den  Stoffen,  welche  Brüggische  Weber  an- 
fertigen, sind  vor  1400:  getraelleden  laken  met  siden,  doppel  sindaels  und 
guldin  lakene;  zwischen  1400  und  1500:  blau  guldine  laken,  zydine  laken, 
roots,  zwarts  und  zeiden  laken  van  damast. 


12  128. 

der  Bereitung  der  Rohseide  beschäftigte  Handwerker)^.  Das 
Stärkeverhältnis  mag  hier  ja  nur  zufällig  sein;  sicher  ist  so 
viel,  daß  dort  ähnlich  wie  in  Köln  die  Seidenstickerei  als 
bedeutende  gewerbliche  Tätigkeit  bestanden  hat. 

Die  Stickerei  mit  Seide  war  vielfach  verbunden  mit  dem 
Sticken  mit  Gold-  und  Silberftlden;  diese  Kunst  war  am  Rhein 
schon  um  die  Mitte  des  12.  Jahrhunderts  in  Gebrauch:  im 
„König  Rother"  wird  von  der  Tochter  Konstantins  gesagt: 
siu  lüchtit  vor  anderen  wiben,  so  daz  golt  von  der  siden. 
Das  Gedicht  ist  um  die  Mitte  des  12.  Jahrhunderts  von  einem 
rheinischen  Dichter  verfaßt^.  Auch  im  Nibelungenliede 
werden  „porten  licht  gewürhte"  in  Verbindung  mit  Seide  ge- 
nannt^. 

In  Köln  wurde  die  Goldspinnerei  ähnlich  wie  in  Paris* 
ein  besonderes  Gewerbe;  1397  gibt  es  eine  Zunft  der  Gold- 
spinnerinnen ^  in  Köln,  ob  und  wie  lange  sie  schon  vorher  als 
Gewerbetätige  bestanden  haben,  ist  nicht  festzustellen. 

Die  Seidenweberei  scheint  nicht  wesentlich  später  als  die 
Seidenstickerei  in  Köln  Eingang  gefunden  zu  haben.  Um  die 
Wende  des  12.  und  13.  Jahrhunderts  hat  vielleicht  schon  ein 
Tagesverkauf  der  Seidenmacher  stattgefunden,  mag  wohl  auch 
kölnische  Seide  von  Kölner  Kaufleuten  nach  Steiermark  ver- 
handelt worden  sein^.  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß  das 
Zubereiten  der  Rohseide  in  der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahr- 
hunderts in  Köln  heimisch  gewesen  ist;  denn  es  werden  in 
den  Kölner  Schreinsbüchern,  vornehmlich  der  Bezirke  St.  Peter 
und  St.  Kolumba,  in  dieser  Zeit  häufig  Kölner  Bürger  als. 
„cindatores""^  erwähnt,  die  auch  später  noch  oft  wiederkehrenr 
Das  Wort  „cindator"  ist  wahrscheinlich  von  cindatum  öden 
cendatum,  einer  Seidenart  und  zugleich  der  damals  am  weitesten 


1  Fagniez  Etudes,  p.  7  ff.  Recensement  des  artisans  inscrits  dans  les 
roles  de  1292  et  de  1300. 

2  Bartsch,  König  Rother,  p.  11.  p.  55  werden  genannt  „borten  also 
kleine" ;  über  den  Ursprung  des  Gedichts  p.  LIX  ff. 

8   Ad.  Holtzmann,  p.  57;  0.  Härtung,  p.  353;  Schultz,  I,  266. 

*  In  Paris  bestehen  1292  die  Gewerbe  der  fileurs  d'or  und  fileresses 
d'or.    Fagniez,  Etudes,  p.  7  ff. 

^   V.  Loesch,  I,  91.    Amtsbrief  v.  14.  April  1397. 

6  Ennen,  Gesch.  I,  p.  480 f  und  499  erwähnt  beide  Tatsachen,  leider 
ohne  die  Quellen  anzugeben;  sie  sind  daher  als  Belegstellen  für  das  Vor- 
handensein des  Seidengewerbes  in  Köln  nicht  zu  verwerten.  Anderseits 
konnten  die  mit  Bestimmtheit  ausgesprochenen  Annahmen  Ennens  nicht  un- 
berücksichtigt bleiben. 

■^  Herrn  Archivar  Dr.  Keussen  in  Köln  verdanke  ich  den  Hinweis  auf 
die  cindatores  und  die  Bedeutung  der  „Rodelen",  sowie  auf  das  häufige  ge- 
meinsame Vorkommen  beider  Worte;  seiner  im  Druck  befindlichen  Arbeit: 
„Historische  Topographie  der  Stadt  Köln  im  Mittelalter"  entnehme  ich  die 
folgenden  Belegstellen. 


128.  13 

verbreiteten  Bezeichnung  für  Seide  überhaupt  \  abzuleiten  und 
kann  dann  kaum  etwas  anderes  bedeuten  als  „Seidmacher'' 
oder  „ Seiden weber",  zumal  es  häufig  in  unmittelbarer  Ver- 
bindung mit  „Rodele",  „rodella"  gebraucht  wird»  eines  Appa- 
rates zum  Appretieren  der  Gewebe  2.  Die  Rodelen  machten 
anscheinend  ganz  bestimmte  bauliche  Vorkehrungen  an  den 
betreffenden  Häusern  notwendig  und  gaben  diesen  ihre  Eigen- 
art; denn  die  Häuser  mit  den  Rodeln  werden  stets  als  solche 
bezeichnet.  Daß  bei  der  Rodel  an  eine  Arbeitsmaschine  zu 
denken  ist,  geht  deutlich  hervor  aus  einer  Stelle,  an  welcher 
ein  solches  Haus  „Werkhaus"  genannt  wird:  1301  und  1323 
gehört  ein  Haus  der  heutigen  Richmodstraße  dem  Henricus 
Cindator,  der  1345  Henricus  de  Rodela  genannt  wird;  sein 
Haus  wird  bezeichnet  als  domus  operatoria  dicta  werchhuys; 
1368  ist  dasselbe  Haus  de  aide  Roedele,  und  noch  1519  wird 
es  genannt  die  Roedele  weil.  Heinrichs  von  der  Roedelen*. 
In  der  heutigen  Antoniterstraße  wohnte  1269  Heribert  Cindator, 
1322  Peter  Cindator;  sein  Haus  heißt  1337  domus  zu  der 
Rodelin,  1410  die  Rodele*;  ferner  1315,  1317  Petrus  Cindator, 
1306  ansedil  Petri  Cindatoris,  1366  domus  que  est  Rodela; 
schon  1271  wird  domus  Petri  Zindatoris  erwähnt^.  Auf  dem 
Berlich  steht  1252  domus  Christiani  Cindatoris^,  in  der  Streit- 
zeuggasse 1290  domus  Philippi  Cindatoris,  1260  durch  Philippus 
um  15  sol.  4  den.  in  Erbleihe  genommen;  1282  heißt  es  von 
dem  Hause:  domus  que  quondam  fuit  Philippi  Zindatoris, 
1299:  que  nunc  est  Rodella^.  1284  kommt  ein  Haus  Petri 
Cindatoris,  fratris  Philippi  an  das  h.  Geisthaus®.  1302  wird 
ein  Haus  sogar  genannt:  domus  cindatoria,  und  1331  findet 
es  sitjh  mit  der  Erklärung:  in  qua  instrumentum  voc.  Rudele 
constructum;  1355  heißt  es  dom.  voc.  Rodele,  1356  Haus  mit 

*  Du  Gange  II  p.  352  und  270  f.  cendatum  =  pannus  sericus.  — 
Vgl.  Heyne,  229:  cendatum,  mhd.  seit  dem  12.  Jahrh.  zendal,  zindal  und 
ähnl.,  bedeutete  später  eine  besondere  Art  leichten  Seidenstoffes,  der  nament- 
lich für  Kleider  gebraucht  wurde;  s.  a.  ViolIet-le-Duc  3, 356,  Artikel :  „Etoffes". 

2  Nach  Angabe  des  Herrn  Dr.  Keussen,  dem  ich  vollständig  beitrete. 
Ich  habe  auch  selbst  versucht,  eine  Erklärung  des  Wortes  Rodel  zu  finden : 
Du  Gange  erwähnt  rodella  und  leitet  es  ab  von  rota  (Bd.  5,  p.  787);  alt- 
französ.  bedeutet  rodelle  eine  runde  Scheibe  (z.  B.  rodeile  d'un  cIou),  Gode- 
froy  7,  p.  216.  Mhd.  findet  sich  rodel,  abzuleiten  von  rotulus,  rotula  =  rolle, 
Lexer.  Das  Wort  Rodel  scheint  jedenfalls  auf  die  Tätigkeit  des  Drehens, 
Rollens  hinzudeuten  (beim  Kalandern  der  Gewebe!);  die  an  der  Rodel  Tätigen 
werden  als  ruddeler,  rudileir,  rodelere  bezeichnet,  die  auch  Lau  p.  215  er- 
wähnt, ohne  eine  Erklärung  zu  geben.  Zu  vergl.  auch  Jostes,  p.  26  ff  über 
rota,  rotta,  rotulare  und  seine  Ableitung  des  Wortes  „Roland*S  eine  sich 
horizontal  drehende  Spielfigur;  rotulare  bedeutet  sowohl  ein  vertikales  als 
auch  ein  horizontales  Drehen. 

3  Keussen,  Topographie,  p.  859  f. 

*  Ebendas.  p.  230. 

»  Ebendas.  p.  231.    Es  handelt  sich  um  denselben  Petrus  Cindator. 

«  Ebendas.  p.  278. 

''  Ebendas.  p.  384. 

8  Ebendas.  p.  385. 


14  128. 

der  Rodelen,  1279  als  dem  Philippus  Cindator  gehörend  be- 
zeichnet ^  Ein  Petrus  Cindator  wird  um  diese  Zeit  als  einer 
der  Amtleute  von  St.  Petrus  genannt^.  Es  ist  auffallend,  daß 
in  dieser  frühen  Periode  die  Seidebereitung  schon  gewerbliche 
Tätigkeit  von  Männern  ist;  allgemein  war  sie  zunächst  aus- 
schließlich, dann  vorwiegend  weibliche  Arbeit.  Wie  die  Stickerei, 
so  wird  wahrscheinlich  auch  die  Spinnerei  und  Weberei  in 
Köln  ursprünglich  von  weiblichen  Privatpersonen,  namentlich 
aber  von  den  Beghinen  ausgeübt  worden  sein,  und  zwar  als 
hausindustrielle  Beschäftigung  im  Auftrage  des  den  Rohstoff 
liefernden  Verlegers.  Diese  Betriebsform  war  ja  beim  Seiden- 
gewerbe so  lange  die  ausschließliche,  als  die  Rohseide  wegen 
ihres  hohen  Preises  nur  den  wohlhabenden  Handelsherren, 
später  dann  auch  den  besser  gestellten  Meistern  und  Meisterinnen 
zugänglich  war.  Mit  hausindustrieller  Arbeit  aber  haben  sich 
die  Insassen  der  Beghinenhäuser  und  Konvente  sehr  viel  be- 
schäftigt und  ernährt.  1452  hatte  Köln  94  von  Beghinen 
bewohnte  Konvente  (nach  J.  Greving,  Protokoll  über  die 
Revision  der  Konvente,  Annal.  73,  p.  61).  Wie  groß  die  Zahl 
der  Beghinen  in  Köln  gewesen  ist,  läßt  sich  nicht  berechnen ; 
aber  sie  muß  auffallend  groß  gewesen  sein^,  denn  es  wird 
von  einer  infinita  paene  multitudo  gesprochen*.  Die  Beghinen 
waren  in  ihrer  wirtschaftlichen  Betätigung  durch  die  nicht 
sehr  strengen  Hausregeln  fast  gar  nicht  beschränkt,  sie  be- 
hielten vor  allem  ihr  Privateigentum  und  konnten  solches  für 
sich  erwerben.  Daraus  erklärt  es  sich,  daß  sie  sich  am  ge- 
werblichen Leben  stark  beteiligten,  später  zum  großen  Ver- 
druß der  zünftigen  Handwerker  und  Handwerkerinnen. 

Über  die  Tätigkeit  der  Beghinen  und  überhaupt  der  weib- 
lichen Personen  im  Bereich  des  Seidengewerbes  wissen  wir 
leider  äußerst  wenig.  Die  hausindustrielle  Beschäftigung  der" 
Frauen  entzog  sich  ja ,  namentlich  solange  das  Gewerbe 
nicht  zünftig  war,  fast  völlig  der  Öffentlichkeit,  und  nur 
selten  tauchen  bei  irgendeiner  Gelegenheit  die  Namen  von 
Seidenarbeiterinnen  auf.   Nur  einmal  wird  eine  Seidenspinnerin, 


*  Keussen,  Topogr.  p.  885.  Es  ist  der  schon  erwähnte  Philippus.  Ich 
habe  nur  einige  Beispiele  anführen  wollen,  die  mir  besonders  bezeichnend  er- 
schienen und  zwar  habe  ich  meine  Untersuchung  auf  die  Bezirke  St.  Peter 
und  St.  Kolumba  beschränkt.  Sobald  das  Sachregister  zur  „Togographie" 
fertiggestellt  sein  wird,  wird  eine  vollständige  Übersicht  über  die  Rodeln 
und  die  Cindatores  (soweit  sie  in  den  Schreinsbüchern  erwähnt  sind)  ge- 
wonnen werden  können. 

2   Ennen,  Quellen,  I,  294. 

^  Haas  p.  5  ff.  und  34  ff.  führt  die  einzelnen  Anstalten  an ;  einige  be- 
zeichnet er  als  Konvente.  Vgl.  Korth  in  Mitteilungen  H.  50,  p.  17:  ein 
englischer  Berichterstatter  gibt  die  Zahl  der  Beghinen  in  Köln  um  die  Mitte 
des  13.  Jahrh.  auf  mehr  als  2000  an;  die  Zahl  ist  zweifellos  übertrieben, 
denn  1452  waren  es  nur  637  (Greving,  61). 

*  Mosheim,  p.  129  f:  Ad  Rhenum,  maxime  Coloniae,  medio  saeculo 
trecentesimo  in  finita  pena  multitudo  [Beghinarum]  commorabatur. 


128.  15 

Golda,  genannt;  (1340)^;  die  übrigen  Namen  gehören  aus- 
schließlich Stickerinnen  an :  Wappen  Stickerin  Luthe,  die  Frau 
des  Wappenstickers  Johannes  de  Santen  (1340);  Bela,  factrix 
Stolarum  (1343);  Guytginis,  factrix  casularum  (1346);  Guda, 
mitrifex  (1350);  Drude  de  Wuppervurde,  operatrix  casularum 
(1356);  Stina  de  Wupervurde,  Stolenstickerin  (1384);  Styngin 
van  Nüsse,  perlenstickersse^.  Unter  den  vor  1396  bestehenden 
Kölner  Gewerben  werden  erwähnt^;  factrix  mitrarum  (1300), 
factrix  casularum  (1332),  factrix  stolarum  (1343),  factrix 
zonarum.  In  der  Straße,  die  später  den  Namen  „Unter  Seid- 
macher" erhielt,  wird  1303  genannt:  cubiculum  in  arto  vica 
Mitrarum  in  quo  mitre  consuuntur,  1351  heißt  die  Stelle:  inter 
Netrices  mitrarum  iuxta  Macella*. 

Diese  wenigen  Namen  beweisen  bereits  eine  sehr  weit 
gehende  Arbeitsteilung  innerhalb  der  Seidenstickerei,  wie  sie 
nur  bei  einer  gewissen  Ausdehnung  dieses  Gewerbezweiges 
entstanden  sein  konnte;  sie  zeigen  ferner,  welch  hohe  Be- 
deutung das  Sticken  geistlicher  Gewänder  hatte,  da  gerade 
auf  diesem  Gebiete  jene  Arbeitsteilung  eingetreten  ist.  Das 
Arbeiten  von  Mitren  ist  allerdings  nicht  ausschließlich  für 
Bischofsmützen  in  Anspruch  zu  nehmen;  denn  unter  mitra 
wird  damals  auch  eine  Frauenhaube  verstanden,  welche  eben- 
falls kunstvoll  gestickt  wurde  ^;  man  kann  wohl  annehmen, 
daß  es  sich  um  beide  Arten  von  Kopfbedeckungen  gehandelt  hat. 

Auch  die  ersten  männlichen  Seidensticker  werden  in  dieser 
Zeit  namentlich  erwähnt:  1344  Johann  von  Santin*,  1368 
Emerich'^,   beide  Wappensticker,  1378  Tilman  wambesticker  ^. 

Daß  es  hauptsächlich  Sticker  und  Stickerinnen  sind,  die 
-erwähnt  werden,  hat  wohl  seinen  Grund  darin,  daß  die  Seiden- 
stickerei sich  zu  einem  Kunsthandwerk  erhoben  hatte,  und 
daß  dieses  in  höherem  Maße  geeignet  war,  dem,  der  es  aus- 
übte, zu  einer  angesehenen  Stellung  und  zur  Selbständigkeit 
zu  verhelfen.  Der  Bedarf  der  Kirchen  an  liturgischen  Ge- 
wändern ist  für  die  erste  Periode  der  Seidenstickerei  der 
Hauptfaktor  der  Förderung  dieses  Gewerbes  gewesen.  Dieser 
Umstand  aber  hat  ohne  Zweifel  auch  die  Seidenspinnerei  und 


1  Schrb.  158,  p.  27  b:  5.  Oktober  1340:  Notura  sit  quod  Golda  syde- 
spenrisse  domavit  et  remisit  puellis  Christine  de  Bunna  et  Richmodi  de  Turre 
residuam  medietatem  ...  S.  a.  Lau  I  212,  daselbst  cit.  Schrb.  111,  27  b; 
die  Verschiedenheit  beruht  darauf,  daß  seitdem  eine  andere  Nummerierung 

•der  Schreinsbücher  stattgefunden  hat. 

2  Bock  I,  274,  nach  Merios  Auszügen  aus  den  Schreinsbüchem. 

3  Lau  a.  a.  0.  p.  213  aus  den  Schreinsbüchem. 
*   Keussen,  Top.  p.  76. 

^  Vgl.  auch  du  Gange  IV,  448:  erat  autem  mitra  taeniae  species,  qua 
mulieres  caput  eingebaut. 

«   V.  Loesch,  I,  228.  .      ^       „,  . 

■^  Ennen,  Quellen,  I,  66:  Emerich  von  frankevort,  in  der  Wein- 
ibruderschaft. 

8   V.  Loesch,  I,  235. 


16  128. 

Seidenweberei  beeinflußt.  Besonders  die  Weberei  scheint  eine- 
Anzahl  selbständiger  Handwerker  ernährt  zu  haben;  manche- 
cindatores  waren  Hausbesitzer. 

Sobald  die  Verarbeitung  der  Rohseide  begonnen  hatte^ 
konnte  sich  auch  die  Seidenfärberei  entwickeln;  sie  wurdo' 
ein  Spezialzweig  der  alten  und  in  hohem  Ansehen  stehenden J 
Kölner  Färberei.  Gegen  Ende  des  14.  Jahrhunderts  färbten* 
die  Leinenfärber  auch  Seide  * ;  aber  daneben  bildete  sich  das 
Färben  der  Seide  allein  schon  als  Gewerbe  für  sich  aus.  Der 
erste  Seidenfärber,  dessen  Name  uns  begegnet,  ist  Johannes- 
Juncker  (Domicellus)  de  Parisiis  colorator  serici,  der  1359  in 
die  Weinbruderschaft  aufgenommen  wurde  2,  also  ein  an- 
gesehener Mann  sein  mußte.  Da  er,  um  aufgenommen  za 
werden,  das  Bürgerrecht  haben  und  daher  drei  Jahre  in  Köln 
ansässig  gewesen  sein  mußte,  so  ist  er  mindestens  seit  1356- 
in  Köln  und  schon  für  dieses  Jahr  Seidenfärberei  erwiesen. 

Die  Frage,  wann  ein  Gewerbe  in  einer  Stadt  begonnen 
hat,  ist  ja  in  den  seltensten  Fällen  zu  beantworten;  man  muß- 
sich  gewöhnlich  darauf  beschränken,  die  Zeit  seiner  ersten 
urkundlichen  Erwähnung  festzulegen,  die  ja  aber  keineswegs 
den  Anfang  des  Gewerbes  bedeutet,  sondern  in  den  meisten 
Fällen  bereits  von  einem  gewissen  Umfange  des  Gewerbes 
Zeugnis  gibt. 

Das  Kölner  Seidengewerbe  in  seinem  ersten  Entwicklungs- 
stadium, der  Stickerei  und  Näherei,  ist  sicherlich  schon  ink 
12.  Jahrhundert  in  der  Stadt  heimisch  gewesen ;  die  erste  Er^' 
wähnung  einer  Wappenstickerin  geschieht  1340.  Das  zweite- 
Stadium,  die  Verarbeitung  des  Rohstoffs,  also  das  Seiden- 
gewerbe im  eigentlichen  Sinne,  kann  als  sehr  wahrscheinlich 
gelten  für  die  zweite  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts;  die  erste 
Erwähnung  einer  Seidenspinnerin  unter  dieser  Bezeichnung^ 
geschieht  ebenfalls  1340.  Der  erste  Seidenfärber  endlich  wird 
1359  genannt.  Das  Kölner  Seidengewerbe  ist  also  in  seinen 
drei  Hauptzweigen  in  der  ersten  Hälfte,  besser  um  die  Mitte 
des  14.  Jahrhunderts,  mit  Sicherheit  erweisen;  für  die  zweite 
Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  kann  die  Stickerei  und  Weberei 
mit  größter  Wahrscheinlichkeit  angenommen  werden. 

Einen  nicht  minder  sicheren  Beweis  für  die  Existenz  des 
Seidengewerbes  in  Köln  im  14.  Jahrhundert  gibt  der  Seiden- 
handel; er  ist  um  so  wichtiger,  als  er  einen  Einblick  gestattet 
in  die  Bedeutung  des  Gewerbes  für  die  Stadt;  denn  das- 
Seidengewerbe  ist  ein  Exportgewerbe,  sein  Bestand  jederzeit, 
vom  Fernhandel  abhängig.  Insbesondere  ist  die  Einfuhr  von 
roher  Seide  und  von  Seidengarn  ein  sicherer  Beweis  für  das- 
Vorhandensein    einer   Seidenverarbeitung.     Denn   wenn    auchi 


*   V.  Loesch,  I  Nr.  19,  Amtsbrief  von  1397. 

2   Ennen,  Quellen,  I,  157 ff.    Vgl.  auch  Dahmen,  T,  1  und  v.  Loesch^ 
Einleitung,  p.  19. 


128.  17 

bei  der  Größe  des  Transitverkehrs  in  Köln  [niemals  festzu- 
stellen ist,  wieviel  von  dem  eingeführten  Rohmaterial  in  der 
Stadt  selbst  verarbeitet  worden  ist,  so  diente  doch  gerade  von 
der  Rohseide  wenigstens  ein  sehr  erheblicher  Teil  der  eigenen 
Verarbeitung-,  denn  außer  in  ganz  wenigen  niederländischen 
Städten,  welche  vielleicht  schon  in  Betracht  kommen  könnten, 
bestand  ja  in  weitem  Umkreise  noch  nirgendwo  eine  Seiden- 
weberei, jedenfalls  nicht  in  nennenswertem  Umfange  und 
gewerblich  betrieben. 

Die  erste  Erwähnung  einer  Einfuhr  von  Rohseide  geschieht 
in  der  zweiten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts.  In  der  Ordnung 
der  Domwage  ^,  einer  Ratsverordnung  aus  der  Zeit  der  Eid- 
bücher (14.  Jahrhundert,  Ende)  heißt  es:  Zo  dem  yersten  gilt 
dat  punt  syden  2  aide  haller  20  wygen,  eynen  de  id  gilt,  ind 
de  id  verkeuft  eynen  alden  haller.  Item  sal  man  alle  roe  syde 
gelych  wygen  in  dem  cloyüen  ind  sal  umbe  20  dem  hunderde 
6  punt  zogeüen.  1372  wird  der  Handel  fremder  Kaufleute 
in  Köln  dahin  geregelt,  daß  sie  nicht  unter  12  Pfund  Roh- 
seide verkaufen  sollen  ^ :  Item  en  soilen  sy  geyne  roe  syde 
under  eynre  waigen  verkoüfen,  wilge  waige  halden  sal  12  punt 
ind  nyst  min.  1395  wird  die  Menge  erhöht  auf  24  und  kurz 
darauf  auf  50  Pfund:  vorten  solen  sy  geyne  ro  syde  under 
zwen  wagen  verkoiffen,  wilche  zwa  wagen  halden  solen  24  punt 
und  geyn  ro  syde  wercopen  under  50  punt^.  Der  Unter- 
käufer erhält  nach  1400  von  je  50  Pfund  eine  Maklergebühr 
von  4  S. :  Dis  is  der  underkouff,  den  man  den  underkoufferen 
gheven  sal :  .  .  .  Item  van  50  punden  roer  syden  4  S.,  ind  so 
wat  boeven  50  punden  is  van  eicklichem  zinder  8  S.*.  In 
dem  neuen  Zoll,  den  der  Markgraf  von  Jülich  (Guyige)  in 
seinem  Lande  eingesetzt  hat,  wird  ebenfalls  Seide  erwähnt; 
es  handelt  sich  aber  anscheinend  nur  um  Fabrikate:  van  syden 
inde  hüllen  9  grossin^.  In  der  Ordnung  vom  Handel  mit 
Spezereien  vom  13.  Dezember  1409  wird  noch  einmal  der  Ver- 
kauf roher  Seide  durch  Gäste  auf  50  Pfund  und  ferner  die 
Abgabe  von  jedem  Ballen  auf  6  Schill,  festgesetzt®:  vort  so 
sali  eyn  yecklich  wirt  synen  gast  warnen,  dat  hey  alle  Kouff- 
manschaff,  dye  hye  bynnen  Coelne  brengt,  gantz  ind  unver- 
scheiden  verkouffen  sali,  so  we  sich  dat  in  yeckliger  KoutF- 
manschafF  heischt  ind  geburt,  datz  20  verstain,  dat  sy  ver- 
kouffen  mögen   ...  50   punt   roer   syden.     Das  Wiegen  der 


1  Stein  11,  110:  ordinancie  von  der  Domwaage.   S.  a.  Ennen,  Quellen, 
I,  93  f. 

2  Stein  II,  39. 

3  Stein  II,  82  f  und  129;  auch  Ennen,  Qu.,  I,  135  f.  Stein  datiert  die 
letzte  Verordnung  (Erhöhung  auf  50  Pfund)  auf  „nach  1400". 

*  Stein  11,  130. 

^  Ennen,  Qu.,  I,  137  aus  dem  Eidbuch,  von  Ennen  datiert  auf  1821 

«  Stein  11,  201. 

Forschungen  128.  —  Koch.  2 


18  128. 

Seide  geschah  auf  der  Domwage  im  Kaufhause  am  Malzbüchel 
(u.  zw.  seit  1388),  später,  von  1507  ab  im  Kauf  hause  Gürzenich 
nach  einer  Taxe  von  4  Pfennigen  pro  Pfund;  die  Gebühren 
blieben  dieselben  das  ganze  15.  Jahrhundert  hindurch  ^,  so  noch 
in  der  Wiegeordnung  von  1486^. 

Seidenwaren,  welche  von  außerhalb  nach  Köln  eingebracht 
wurden,  mußten  mit  ein  Prozent  des  Wertes  verzollt  werden; 
die  Acciseordnung  vom  1.  Februar  l399  nennt  Seidentuch 
für  Frauen,  Gold-  und  Silbertuch,  verschiedene  Arten  von 
Seidenzeug,  Zendal  (leichte  Tafftseide)  und  Sammet:  .... 
sydendoich,  as  vrauwen  zogehoirt,  soilen  gelden  van  100  marck 
1  marck  .  .  .  vort  gülden  doich,  silveren  doich,  Kampkot, 
fluwel,  schamlot,  bucksyn,  schyndail,  samyt  .  .  .  von  100  marck 
1  marck  .  .  .^.  Die  Ordnung  von  1487  (G.August)  hält  den 
Satz  von  l^/o  aufrecht  und  legt  außerdem  dem  Käufer  der 
importierten  Ware  eine  weitere  Abgabe  von  1  d.  auf  100  d. 
auf;  Kölner  Bürger,  welche  seidene  Waren  außerhalb  Kölns 
einkauften,  um  sie  im  Kleinverkauf  in  der  Stadt  abzusetzen, 
sollten  2  d.  zahlen,  d.  h.  2^/o*. 

Aber  auch  außerhalb  Kölns  finden  wir  kölnische  Seide 
in  dieser  Periode  mehrfach  erwähnt,  und  zwar  unter  Um- 
ständen, die  auf  einen  regelmäßigen  oder  doch  häufigen  Fern- 
handel nach  den  betreffenden  Orten  schließen  lassen.  Aller- 
dings ist  oft  nicht  zu  ersehen,  wo  die  als  „Kölnische"  be- 
zeichnete Seide  hergestellt  worden  ist.  Schon  1330,  in  der 
Krämerrolle  von  Anklam,  wird  bei  der  Regelung  des  Gast- 
verkaufsrechts bestimmt,  daß  kein  Kaufmann  kölnische  Ware 
oder  Gut  von  Seide  oder  flämisch  Garn  gemacht,  anders  als 
in  ganzen  Stücken  feilhalten  soll;  Samt,  Damast,  Zindel, 
Tafft,  Seide  und  Seidenband  darf  nur  in  ganzen  Pfunden  ver-i 
kauft  werden^.  Ähnlich  wird  in  der  Willkür  der  Krämer- 
zunft zu  Lübeck  von  1353  über  den  Handel  fremder  Kauf- 
leute ^  der  Verkauf  von  kölnischer  Ware  geregelt ,  und  man 
setzt  als  Mindestmaße  fest:  ver  pund  gharnes,  eyn  hunderd 
bendels,  eyn  half  pund  syden,  eyn  half  pund  sydener  bindeken, 
eyn  half  dosyn  Parisescher  borden,  eyn  grot  dosyn  goltvel 
und   sulvervel.     1376   befindet  sich  unter  den  Gütern,  welche 


1  Knipping,  p.  LVIII.  4  Pfennige  würden  nach  dem  heutigen  Münz- 
werte c.  7,5  Pfennige  sein ;  vgl.  die  Berechnung  Knippings  a.  a.  0.  p.  XXVII  ff. 

2  Stein  II,  606  f.  Die  betreffende  Stelle  der  Ordinancie  von  dem  Wäge- 
gelde  und  der  Wage  im  Kauf  hause  auf  dem  Malzbüchel  lautet:  In  den 
y ersten  sal  man  van  eyme  yecklichen  punte  syden  .  .  giewen  so  wygen  vyer 

ennynge,  dat  sal  half  geven  de  id  gilt,  ind  half  die  id  verkouft.  Stein  II,  56, 
'r.  51,  vgl.  Stein  II,  110  und  Ennen,  Qu.,  I,  93. 

3  Stein  II,  93  Nr.  78. 

*   Stein  II,  629,  Nr.  465.     „van  der  drugen  war."     Zur  „druger  war" 
gehörte:  „gewand,  syden,  kuffer  ind  allerleye  andere  druger  war"  .  .  . 
^   Silbermann  I,  67. 

Höhllaum  H.Ü.B.  III,  483,  Nr.  682. 


&• 


128.  19 

die  Stadt  Hasselt  wegen  ihrer  Ansprüche  an  Bonn  mit  Be- 
schlag belegt  hat,  einen  Sack  Seide  ^,  ebenso  ist  Seide  enthalten 
unter  den  Waren,  welche  Johann  von  Wachtendonck  einigen 
Kölner  Bürger  abgenommen  hat  (1397)  2. 

In  diesen  Fällen  braucht  es  sich  nicht  notwendig  um 
Kölner  Fabrikate  zu  handeln,  wenn  die  Annahme  auch  nahe 
liegt,  daß  es  so  sei.  Zweifellos  ist  aber  in  Köln  gefertigte 
Seide  gemeint  in  den  Kaufhausordnungen  von  Straßburg  aus 
den  Jahren  1401  und  1477^;  denn  hier  werden  als  besondere 
Seidensorten  aufgeführt:  Pariser,  Kölnische,  Bastseide,  Schleier- 
seide. Daß  die  außerordentlich  ins  einzelne  gehende  Ordnung 
nur  Pariser  und  Kölner  und  dann  noch  Seide  aus  anderen 
Landen  anführt,  ist  sehr  bezeichnend  für  den  damaligen  Stand 
der  Seidenindustrie,  denn  Straßburg  war  der  wichtigste  Markt 
Südwest-Deutschlands;  wohl  wird  Tuch  erwähnt  aus  Brügge, 
Brüssel,  Ypern,  Mecheln  und  aus  der  Lombardei,  Seide  aber 
nur  aus  Paris  und  Köln.  Diese  beiden  Städte  scheinen  dem- 
nach mit  ihrer  Seide  weithin  nördlich  der  Alpen  den  Markt 
l^eherrscht  zu  haben,  obwohl  doch  damals  auch  in  Gent, 
Brügge  und  Antwerpen  Seidenweberei  schon  bestand,  die 
freilich  vor  dem  16.  Jahrhundert  hinter  der  viel  bedeutenderen 
Seidenstickerei  sehr  zurücktrat. 

Für  Paris  und  Köln  aber  war  es  charakteristisch,  daß 
beide  Zweige  des  Gewerbes  zur  Blüte  gelangt  sind;  sie  waren 
die  beiden  einzigen  Orte  nördlich  der  Alpen,  in  denen  im 
Mittelalter  das  Seidengewerbe  in  allen  seinen  Zweigen  gleich- 
zeitig und  gleichmäßig  emporgekommen  ist  und  sich  gehalten 
hat.  Und  was  Deutschland  anbetrifft,  so  hat  nicht  erst  seit 
der  Plünderung  Luccas  (1314)  das  Seidengewerbe  und  speziell 
die  Seidenweberei  hier  festen  Fuß  gefaßt*,  und  sie  ist  auch 
nicht  vor  dem  15.  Jahrhundert  bedeutungslos  gewesen^.  Denn 
die  Kölner  Seidenweberei  hat  zweifellos  schon  im  14.  Jahr- 
hundert eine  hohe  Entwicklungsstufe  erreicht  und  in  Ver- 
bindung mit  der  Borten-  und  Wappenstickerei  einen  namhaften 
Anteil  an  dem  regen  Exporthandel  der  Stadt  genommen.  Das 
beweist  am  deutlichsten  das  Vorhandensein  eines  eigenen  Kauf- 
hauses für  die  Seide,  der  Seidenhalle  und  einer  auf  den  Fern- 
handel zugeschnittenen  Organisation  schon  vor  der  ersten  Aus- 


1  Ennen,  Qu.,  V,  148:  1  Pack  „daynne  is  eyn  sack  syden. 

2  Ennen,  Qu.  V.,  486:  eyn  balle  syden,  item  18  punt  blysyden,  item 
eyn  prickeel  mit  syden. 

3  Schmoller,  Tucherzunft,  20,  Eheberg  pp.  4,  82,  261  flf.  Vgl.  Schulte  I, 
619. 

*   Wie  Grothe  annimmt  a.  a.O  .  82. 

»  V.  Inama-Sternegg  III,  2  p.  128:  „Die  Seidenweberei  .  .,  vor  dem 
15.  Jh.  in  Deutschland  wenig  versucht,  bildet  sich  zwar  gegen  Ende  des 
Mittelalters  auch  in  einigen  hervorragenden  Kaufmannsstädten  aus,  ohne 
es  jedoch  schon  zu  einer  irgend  namhaften  Bedeutung  zu  bringen." 

2* 


20  128. 

gestaltung   der   zünftischen   Organisation   des  Seidengewerbes. 
Von  ihr  wird  später  die  Rede  sein. 

Noch  schwieriger  als  die  Frage  nach  der  Entstehungszeit 
des  Seidengewerbes  in  Köln  ist  die  Frage  nach  seiner  Her- 
kunft zu  beantworten.  Sichere  Angaben  liegen  nicht  vor;, 
man  ist  lediglich  auf  Vermutungen  angewiesen.  Sehr  nahe 
liegt  der  Gedanke  an  Paris;  schon  die  äußere  Gestaltung  des 
Gewerbes,  die  große  Spezialisierung  in  einzelne  selbständig 
sich  entwickelnde  Zweige,  die  ihm  in  beiden  Städten  eine  so 
große  Ähnlichkeit  geben,  würde  der  Vermutung  eine  gewiss» 
Berechtigung  verleihen.  Ende  des  13.  Jahrhunderts  war  ja 
das  Pariser  Seidengewerbe  schon  hoch  entwickelt,  muß  alsa 
mit  seinen  Anfängen  noch  weiter  zurückgehen.  Es  hat  auch, 
nicht  an  Beziehungen  zwischen  beiden  Städten  gefehlt;  mehrere- 
Pariser  Gewerbetreibende  haben  sich  in  Köln  niedergelassen^ 
so  der  schon  erwähnte  Johannes,  colorator  serici  (c.  1356); 
aber  schon  vor  ihm  wird  1343  noch  ein  anderer,  Gise  van 
parys  aufgenommen ,  und  zwar  in  die  Bruderschaft  unter 
Gaddemen;  er  ist  ein  Schröder,  der  auch  vielleicht  mit  Seide 
gearbeitet  haben  mag^  1373  wird  ein  Wilhelm  von  ParijV 
als  einer  der  acht  Pächter  von  Garnzwirnrädern  in  einer  Liste 
aufgeführt;  von  zwölf  Rädern,  die  im  ganzen  vorhanden  sind^ 
hat  er  zwei  in  Pacht  ^.  Die  Niederlassung  dieser  drei  Textil- 
handwerker  in  Köln  ist  jedenfalls  auffallend. 

Weit  älter  aber  scheinen  die  Beziehungen  Kölns  zu  Zürich 
zu  sein.  Neben  zahlreichen  Bürgern  aus  oberrheinischen 
Städten,  vor  allem  vielen  Baselern,  erscheinen  auch  Züricher 
in  den  Schreinsurkunden  des  12.  Jahrhunderts;  so  verkauft 
z.  B.  ein  Werner  de  Zürich  ein  Haus ;  sein  Gewerbe  ist  leider 
nicht  angegeben^.  Zürich  lag  ja  an  der  großen  Handelsstraße^ 
die  von  Italien  über  Chur — Bodensee  bzw.  Zürich — Basel  den 
Rhein  abwärts  nach  Köln  weiter  führte*;  am  Rheinverkehr 
konnte  Zürich  durch  seine  gute  und  nahe  Verbindung  längs 
des  Limmat-  und  Aare-Tales  über  Waldshut  bequem  teilnehmen. 
Beziehungen  zwischen  Zürich  und  Köln  waren  daher  nicht 
auffallend;  und  da  dort  ebenso  wie  in  Paris  sich  schon  zu 
Ende  des  13.  Jahrhunderts  ein  Seidengewerbe  vorfand^,  so 
wäre  es  nicht  unmöglich,  daß  sich  Züricher  Einfluß  auch  auf 


^  Ennen,  Qu.,  I,  341.  Die  Seidenstickerei  wurde  im  14.  Jahrh.  viel- 
fach von  Schneidern  ausgeübt;  vgl.  Bücher,  Entstehung  der  V.  p.  233  f.  — 
Vgl.  V.  Loesch  I,  228,  hier  ao.  1344. 

2  V.  Loesch  II,  152,  Nr.  376 :  „Dit  sind  diegiene,  die  die  rader  haent^ 
dae  man  dat  garn  up  zwirnet:  ...  5.  Item  meister  Wilhelm  van  Parns 
hait  2.« 

^  Hoeniger,  Schreinsurk.  I,  5.  Für  das  14.  Jh.  vgl.  das  Bürgerverzeichnis 
bei  Ennen,  Qu.,  I,  148  ff. 

*   Vgl.  Schulte  I,  26  f. 

^   Bürkli-Meyer,  5. 


i\ 


128.  21 

•die  Entwicklung  des  Kölner  Seidengewerbes  geltend  gemacht 
hätte.  Auch  für  den  Kölner  Seidenhandel  war  ja,  namentlich 
in  der  Folgezeit,  der  Verkehr  rheinaufwärts  die  Hauptsache. 
Frankfurt  und  Straßburg  waren  die  Haupt-Marktplätze  für 
-den  Absatz  Kölner  Seidenwaren;  erst  gegen  Ende  des  16.  Jahr- 
hunderts trat  dann  Leipzig  und  Naumburg  hinzu. 

Die  Frage  nach  der  Herkunft  des  Seidengewerbes  in 
Köln  ist  ja  aber  an  sich  weniger  bedeutsam;  viel  wichtiger 
ist  die,  welche  Einflüsse  dauernd  auf  seinen  Charakter  ein- 
gewirkt haben.  Das  Züricher  Seidengewerbe  war  gegen  Ende 
des  14.  Jahrhunderts  trotz  seiner  früheren  Bedeutung  dem 
Verfall  nahe  und  konnte  schon  deshalb  nicht  nachhaltig  auf 
das  Kölner  einwirken.  Anders  das  Seidengewerbe  in  Paris. 
Hier  war  schon  um  1300  die  Seidenfabrikation  wie  auch  der 
Äeidenhandel  vor  allem  organisatorisch  sehr  entwickelt,  wie 
aus  den  Untersuchungen  Fagniez'  hervorgeht.  Eigenartig  war 
in  erster  Linie  die  enge  Verbindung  der  Rohseide  Verarbeitung 
mit  dem  Kunstgewerbe,  wie  sie  ja  auch  für  Köln  charakte- 
ristisch ist.  Nun  war  es  ja  nicht  anders  möglich,  als  daß  die 
Kölner  bei  ihren  ausgebreiteten  Handelsbeziehungen  An- 
regungen und  Erfahrungen  sich  zu  eigen  machen  mußten,  wo 
«olche  nur  immer  erworben  werden  konnten.  Das  Pariser 
Gewerbe,  namentlich  die  Goldwirkerei,  war  stark  beeinflußt 
von  Lucca^;  Lucca,  Venedig,  aber  auch  Nimes  und  Brügge 
lieferten  die  Rohseide^.  So  berührten  sich  schon  beim  Bezüge 
des  Rohstofi'es  die  Interessen  beider  Städte,  denn  auch  Köln 
bezog  vor  allem  aus  Venedig,  dann  aber  auch  aus  Brügge. 

Doch  auch  direkte  italienische  Einflüsse  mögen  auf  das 
Kölner  Seidengewerbe  eingewirkt  haben;  die  Beziehungen  zu 
den  italienischen  Handelsvororten  waren  ja  während  des  ganzen 
Mittelalters  außerordentlich  rege;  auch  in  dem  Bürgerver- 
zeichnis aus  dem  14.  Jahrhundert  werden  mehrere  Italiener 
erwähnt  ^.  Beständige  Berührungspunkte  zwischen  dem  Kölner 
und  dem  Pariser  Seidenhandel,  damit  also  auch  zwischen 
beiden  Gewerben,  ergaben  sich  in  dem  Zwischenhandel  der 
Champagner  Messen  und  ferner  der  flandrischen  Handels- 
zentren, die  ja  später  selbst  zur  Verarbeitung  der  Seide  über- 
gingen. ^ 

Fremde  Anregungen  waren  für  das  Seidengewerbe  ja 
immer  besonders  vonnöten,  da  es  als  Export-,  vor  allem  aber 
als  Luxusgewerbe  vom  Fernhandel  abhängig  war  und  daher 
die  jeweilige  Mode   und  Geschmacksrichtung   berücksichtigen 


1  S.  die  Urkunden  Nr.  278  (I,  d.  332)  und  Nr.  27  (II,  p.  62)  bei 
Fagniez,    Docum.  ,und  p.  217,  228  Etudes. 

«   Fagniez,  Etudes,  217.  ^    ,. 

8  Ennen,  Qu.,  I,  148  ff.  Über  die  westdeutschen  Beziehungen  zu  Italien 
allgemein  zu  vergl.  Schulte  und  neuerdings  Schaube. 


22  128. 

mußte.  Aber  auch  in  Technik  und  Betriebsform  war  da» 
Seidengewerbo  häufigeren  Wandlungen  unterworfen  als  andere 
Gewerbe,  und  wir  werden  sehen,  wie  später  gerade  die  mar- 
kantesten Änderungen  von  außerhalb,  von  Ausländern,  herbei- 
geführt wurden. 

Die  Anfangsperiode  jedoch  läßt  direkt  Einflüsse  auf  das 
Kölner  Seidengewerbe  nicht  mit  Sicherheit  erkennen,  nur  ver- 
muten. Aber  auch  wenn  sie  stattgefunden  haben,  so  haben 
sie  das  Gewerbe  nicht  an  einer  selbständigen  Entwicklung 
gehindert.  Das  zeigt  sich  an  seiner  inneren  und  äußeren  Aus- 
gestaltung. 

Eine  feste  Organisation  ist  allerdings  vor  dem  15.  Jahr- 
hundert noch  nicht  zu  erkennen.  Insbesondere  scheint  eine 
zünftische  Ordnung  zunächst  nicht  bestanden  zu  haben,  das 
Seidengewerbe  ist  vielmehr  lange  Zeit  hindurch  frei  betrieben 
worden,  wenigstens  freier  als  die  meisten  anderen  Gewerbe. 
Es  hängt  das  mit  dem  Charakter  des  Seidengewerbes  als 
Exportgewerbe  zusammen.  Die  vorzugsweise  Arbeit  für  den 
Fernhandel  verlangte  eine  größere  Freiheit  des  Gewerbes. 
Günstige  Konjunkturen  mußten  benutzt  werden  zur  Aus- 
dehnung, ungünstige  zwangen  zur  Einschränkung  des  Betriebes. 
Das  Gewerbe  war  stets  mit  einem  gewissen  Risiko  verbunden,, 
zumal  die  Übersicht  über  den  Markt  weit  schwieriger  war 
als  in  einem  Gewerbe,  das  nur  für  den  lokalen  Bedarf  arbeitete,, 
ein  Umstand,  der  bei  den  damaligen  Verkehrsverhältnissen 
und  den  häufigen  Störungen  des  Wirtschaftslebens  ganz  be- 
sonders ins  Gewicht  fiel.  Die  Arbeit  für  den  Handel  und  die 
Notwendigkeit,  eine  gewisse  Summe  Geldes  in  dem  teuren 
Rohstofi*  sowie  in  kostspieligeren  Werkzeugen  festzulegen ^ 
erforderte  ein  gewisses  Kapital.  Solches  anzusammeln  suchten 
im  allgemeinen  die  Zunftprinzipien  zu  verhindern  (wenngleich 
oft  ohne  Erfolg);  jedenfalls  begünstigten  sie  es  nicht.  Es  gab 
also  zwei  Möglichkeiten:  entweder  wurde  das  Emporkommen 
einzelner  Meister  innerhalb  des  Gewerbes  verhindert,  dann, 
mußte  das  ganze  Gewerbe  in  völlige  Abhängigkeit  von  kauf- 
männischen Verlegern  geraten.  In  deren  Hand  lag  dann  der 
Fernhandel,  und  in  ihrem  Auftrage  arbeiteten  Kleinmeister 
und  deren  Gehilfen.  Oder  aber  man  ließ  es  zu,  daß  aua 
der  Mitte  des  Handwerks  Leute  hervorgingen,  die  den  Fern- 
handel in  der  Hand  hatten  und  teils  in  ihrem  eigenen  Betriebe 
für  den  Export  arbeiteten,  teils  auch  daneben  als  Verleger 
für  ärmere  Kollegen  fungierten.  Dann  aber  waren  enge  Zunft- 
schranken, die  das  gesamte  Gewerbe  einengten,  nicht  denkbar. 
Freilich,  auch  im  letzten  Falle  war  ein  Teil  der  Gewerbe- 
treibenden in  Abhängigkeit  vom  Verleger;  ihre  Lage  blieb 
dieselbe,  ob  dieser  nun  reiner  Kaufmann  oder  ein  handel- 
treibender Seiden  weher  oder  Seidenfarber  war.  Die  Mehrzahl 
der  im  Seidengewerbe  Tätigen,  namentlich  die  meisten  Frauea 


128.  23 

kamen  nie  zu  Kapital.  Daher  blieb  die  Hausindustrie  im 
Auftrage  des  Verlegers,  die,  wie  überall  so  auch  in  Köln,  die 
älteste  und  zunächst  ausschließliche  Betriebsform  gewesen  war, 
im  Seidengewerbe  noch  lange  vorherrschend.  Aber  sehr  früh 
schon  gab  es  in  Köln  daneben  selbständige,  freie  Meister,  die 
allmählich  an  Zahl  und  Bedeutung  zunahmen  und  später  die 
führende  Rolle  innehatten.  Enge  Zunftschranken  haben  das 
Kölner  Seidengewerbe  in  seiner  ersten  Periode  und  in  seiner 
Blütezeit  niemals  völlig  eingeengt;  nur  die  wirtschaftlich 
schwächeren  Glieder  waren  zünftisch  organisiert;  erst  später 
wurde  das  anders.  So  nahm  das  Kölner  Seidengewerbe  eine 
Gestalt  an,  die  von  anderen  Orten  merklich  abwich.  Davon 
wird  später  die  Rede  sein. 

Aber  eine  gewisse  Organisation  läßt  sich  doch  schon  in 
der  zweiten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  wahrnehmen;  sie 
bezog  sich  auf  den  Handel  mit  den  in  Köln  hergestellten 
Seidenwaren.  Zur  Kontrolle  solcher  gab  es  bereits  1383  einen 
Ratsbeamten,  der  das  Siegel  zum  Seidentuche  führte :  Heynrich 
hardvoüst,  dat  Segel  vanme  Sydendoiche,  decklacken  ind 
lynenweyuermeister ;  1384  ist  Gerart  van  Gryne  Seidentuch- 
meister, Decklacken-  und  Leinenmeister'.  Das  Amt  scheint 
aber  noch  nicht  ständig  zu  sein,  denn  es  fehlt  in  den  Listen 
der  nächsten  Jahre,  und  erst  in  der  Ratsämterliste  von  1392 
bis  1396  erscheint  wieder  ein  Seidentuchmeister  2.  Der  Handel 
mit  Kölner  Seidenstoffen  muß  um  diese  Zeit  schon  ziemlich 
beträchtlich  gewesen  sein,  da  eine  besondere  Seidenhalle 
existierte;  sie  wird  1395  zum  ersten  Male  erwähnt^.  -Später, 
1437,  wird  auch  ein  Seidmarkt  genannt,  welcher  in  der 
Gegend  der  Marspforte  lag,  unweit  der  Straße  auf  der  Sode, 
die  im  15.  Jahrhundert  Unter  Seidmacher  heißt*.  Nooh  heute 
heißt  sie  so  und  ein  kleines  Parallelgäßchen  das  Seidmacher- 
gäßchen:  heute  die  einzige  Erinnerung  an  das  alte  Kölner 
Seidengewerbe. 

Auch  die  Seidenstickerei  hatte  eine  ähnliche  Organisation ; 
1385  wird  genannt  ludolf  vanme  hörne  als  Wappensticker- 
meister^;  um  eine  ständige  Einrichtung  scheint  es  sich  auch 
bei  ihm  nicht  zu  handeln,  denn  1389  fehlt  er,  wird  aber 
1392—96  wieder  aufgeführt. 


1  Enneu,  Qu.,  I,  82.  Auch  v.  Inama  -  Sternegg  a.  a.  0.  128  Anm.  2 
erwähnt  den  Seidentuchmeister  von  1883  (nach  Lau).^  Hardefust  und  Gryn 
gehören  zu  den  ältesten  und  vornehmsten  Familien  Kölns. 

2  V.  Loesch,  I,  255. 

8  Lau  292:  31.  Oktober  1395,  aus  den  Schreinsbüchern,  v.  Inama- 
Sternegg  III,  2  p.  128  Anm.  2  gibt  das  Jahr  1343  an  (nach  Lau). 

*  Keussen,  Top.,  76.  „gaddem  auf  dem  Ort  an  dem  Seidmarkt,  beneden 
der  Marspforten."  ^     .  _, 

»  V.  Loesch  I,  254  und  Anm.  7;  I,  255.  Liste  der  Ratsbeamten.  Ennen, 

Qu.,  I,  83. 


24  128. 

In  den  Kölner  Stadtrechnungen  jener  Periode  sind,  leider 
nur  für  eine  ganz  kurze  Zeit,  nämlich  für  die  Jahre  1370 — 1380, 
die  Beträge  für  die  Siegelung  des  seidenen  und  halbseidenen 
Tuches  unter  den  Einnahmen  besonders  aufgeführt  ^ ;  die  Ein- 
nahme aus  der  Siegelung  seidenen  Tuches  erscheint  sogar  nur 
für  ein  Jahr:  von  1375  (März  21)  bis  1376  (März  5)  mit 
4  M.  6  S.  Öfter  ist  das  halbseidene  Tuch  genannt,  das  auch 
höhere  Einnahmen  bringt,  also,  gleiche  Siegelgebühren  voraus- 
gesetzt, in  größeren  Mengen  als  das  reinseidene  angefertigt 
2u  sein  scheint:  es  bringt  in  den  Rechnungsjahren  1370  bis 
1371  =  5  M.  3  S.;  1371-1372  =  17  M.  7  S.  6  d.;  1372  bis 
1373  =  14M.6S.;1373—1374  =  4M.  IS.;  1374— 1375  =  8  M.; 
1375-1376  =  3  M.  10  S.;  1376—1377  =  0;  1377—1378  = 
2  M.  8  S.;  1379-1380  =  1  M.  1  S.  Die  Einnahmen  aus  der 
Seidenhalle  betragen  1373  (März  16)  bis  1374  (Februar  22) 
=  27  M.  2  S.,  die  von  den  Goldschmieden  und  Wappenstickern 
1375 — 1376  =  50  M.,  wobei  aber  nicht  zu  ersehen  ist,  wieviel 
davon  auf  die  Wappensticker  fällt.  Die  Zahlen  lassen  absolut 
keine  Schlüsse  auf  den  Umfang  des  damaligen  Seidengewerbes 
zu;  denn  einmal  sind  sie,  wie  die  Einnahmen  aus  der  Seiden- 
halle, auffallend  niedrig,  und  dann  sind  sie  auch  so  unregel- 
mäßig und  in  ihrer  Höhe  so  schwankend,  daß  aus  ihnen 
keineswegs  schon  ein  Schwanken  des  Seidengewerbes  gefolgert 
werden  darf;  man  wird  wohl  als  Hauptursache  für  die  unregel- 
mäßigen Angaben  die  mangelhafte  Buchführung  jener  Zeit 
annehmen  müssen.  Nach  1380  fehlen  spezialisierte  Angaben 
gänzlich ;  die  Einnahmen  aus  dem  Siegeln  seidener  Tücher  usw. 
müssen  also  unter  einer  anderen  Rubrik  verrechnet  worden 
sein,  denn  das  Seidengewerbe  blühte  ja  doch  nach  wie  vor. 
Nur  zu  einer  Folgerung  berechtigen  die  wenigen  Notizen  in 
den  Stadtrechnungen:  sie  beweisen  ebenso  wie  die  Existenz 
des  Seidentuchmeisters,  der  Seidenhalle  und  des  Seidenmarktes 
das  Vorhandensein  einer  gewissen  Organisation  des  Seiden- 
gewerbes und  damit  ferner,  daß  dieses  schon  damals  eine  Rolle 
im  Wirtschaftsleben  der  Stadt  gespielt  hat. 

Daß  aus  der  Zeit  vor  1396  so  überaus  wenig  Material 
über  das  Seidengewerbe,  seine  Entwicklung  und  Organisation 
vorliegt,  hat  seinen  Grund  darin,  daß  die  Nachrichten  über 
die  Gewerbe  überhaupt  sehr  dürftig  sind;  vor  allem  fehlt  es 
an  einer  Aufzeichnung  der  Zünfte  und  ihrer  Mitglieder^.  Erst 
mit  dem  Jahre  1396  wird  das  Bild  über  Kölns  Gewerbetätigkeit 
klarer.     Am  14.  September  dieses  Jahres  wurde  der  Verbund- 


1  Knipping,  Tabellen,  A  I,  11  Die  Gesamteinnahmen  von  1370—1392. 
Die  Münzen  gelten:  1  M.  =  12  S.  =  144  d  (=  2,70  Mark  heutigen  Geldes); 
nach  Knipping  p.  XXVII  ff. 

*   Vgl.  Lau,  196;  auch  v.  Loesch,  Einleitungskapitel 
Quellen". 


128.  25 

brief  erlassen,  nach  welchem  sämtliche  Gewerbetreibende  (und 
auch  die  übrigen  Bürger)  in  22  Gaffeln  eingeteilt  wurden, 
innerhalb  deren  die  einzelnen  Gewerbe  mit  ihrer  alten  Or- 
ganisation —  soweit  sie  schon  eine  solche  gehabt  hatten  — 
bestehen  blieben^.  Die  im  Verbundbrief  genannten  Zünfte 
sind  aber  nicht  vollständig ;  manche  sind  zu  mehreren  in  einer 
Gaffel  vereinigt,  andere  irgendeiner  größeren,  in  der  Regel 
irgendwie  verwandten  Zunft  zugeteilt,  ohne  daß  indessen  eine 
solche  Kombination  oder  Zuteilung  auf  die  gewerbliche 
Tätigkeit  des  Einzelgewerbes  irgend  welchen  Einfluß  gehabt 
hätte. 

1397  erhielten  34  Zünfte  oder  Ämter  Bruderschaftsbriefe, 
die  entweder  neu  waren  oder  bereits  vorhandene  in  neuer 
Form  bestätigten.  Das  Seidengewerbe  fehlte  noch ;  das  könnte 
bei  der  Bedeutung,  die  es  damals  schon  hatte,  auffallend 
erscheinen.  Einerseits  aber  mag  auf  Seiten  der  selbständigeren 
männlichen  Seidenweber  das  Bedürfnis  nach  einer  zünftischen 
Zusammenschließung  gefehlt  haben,  andererseits  bestanden  die 
abhängigeren  Arbeiter  noch  zum  größten  Teile  aus  Frauen. 
Vielleicht  erschwerte  dieser  Umstand  letzteren  vorläufig  noch 
die  Zunftbildung,  da  man  im  allgemeinen  weiblichen  Zünften 
weniger  wohlwollend  gegenüberstand.  Freilich  kann  dieser 
Grund  nicht  maßgebend  gewesen  sein,  denn  grundsätzlich 
waren  weibliche  Zünfte  keineswegs  ausgeschlossen,  wie  die 
1397  gebildete  Zunft  der  Garnmacherinnen  beweist;  auch 
waren  in  anderen  Zünften  Männer  und  Frauen  vereinigt. 
Auch  die  hausindustrielle  Beschäftigung  kann  kein  Hindernis 
gewesen  sein,  denn  auch  die  Garnmacherinnen  übten  ihr 
Handwerk  hausindustriell.  Wer  einer  Zunft  beitreten  wollte, 
hatte  die  Möglichkeit  dazu  bei  einer  anderen,  verwandten 
Zunft.  Hiervon  ist  anscheinend  oft  Gebrauch  gemacht  worden, 
denn  die  Zugehörigkeit  von  Angehörigen  des  Seidengewerbes 
zu  anderen  Zünften  ist  vielfach  deutlich  zu  erkennen. 

So  gab  zunächst  das  Schneiderhandwerk  Gelegenheit,  in 
Seide  zu  arbeiten  und  sich  darin  zum  Spezialisten  zu  ent- 
wickeln 2;  die  Seidenstickerei  als  Berufszweig  hat  sich  zum 
Teil  aus  der  Schneiderei  entwickelt.  In  der  namentlichen 
Liste  der  Gewandschneider  Unter  Gaddemen  von  1344  findet 
sich  bei  der  Bruderschaft  der  Schröder  ein  Wappensticker, 
der  bereits  erwähnte  Johan  van  Santin  (wohl  Xanten),  wapen- 


1  Es  würde  hier  zu  weit  führen,  auf  die  Verhältnisse  vor  Erlaß  des 
Terbundsbriefs  und  auf  diesen  selbst,  seine  Bedeutung  und  Wirkung  ein- 
zugehen. Ich  verweise  auf  Lau  a.  a.  0.  §  2  „Die  Zünfte",  p.  196  flf.  Auch 
sonst  bietet  Lau  „Entwicklung  .  .  .  ."  die  beste  Orientierung  über  die 
gewerblichen  Verhältnisse  in  Köln  vor  1396.  —  Neuerdings:  v.  Loesch,  Ein- 
leitung. 

2  Vgl.  Bücher,  Entstehung  der  Volkswirtschaft,  233  f. 


26  128. 

sticker  ^.  Auch  die  Zunft  der  Gewandschneider  nahm  Seiden- 
sticker  auf:  in  dem  registrum  omnium  pannicidarum  Colonien- 
sium  infra  et  extra  cubicula  existentium  von  1378  erscheint 
Tilman  wambesticker  ^,  Die  Wappensticker  beschäftigten  sich, 
keineswegs  ausschließlich  mit  der  Wappenstickerei,  d.  h.  dem 
Sticken  der  ritterlichen  Wappenröcke  und  Pferdedecken,  auch 
nicht  nur  mit  der  Kunststickerei,  insbesondere  Paramenten- 
Stickerei,  sondern  sie  verzierten  wohl  überhaupt  alle  besseren 
Kleidungsstücke  mit  Stickerei.  In  dem  Ausgabebuche  eines 
Burggrafen  von  Drachenfels  aus  dem  Jahre  1396  steht  ein 
Posten  von  16  Hellern  und  einem  halben  Viertel  Weines  für 
eine  Reparatur  bei  einer  Wappenstickerin  ^.  Die  Wappen- 
sticker erhielten  1397  einen  Amtsbrief*;  gleichwohl  finden  wir 
in  der  nach  Gaffeln  gegliederten  Liste  der  vermögenden  Bürger 
von  1418  zwei  Wappensticker  unter  den  Schildern  aufgeführt, 
Johann  von  Rommerskirchen  wapensticker  und  Herman  wapen- 
sticker  ®. 

Die  Seidenfärber  waren  seit  1396/97  mit  den  übrigens 
Färbern,  speziell  den  Leinenfärbern,  zu  einer  Bruderschaft.^ 
verbunden;  die  Satzungen  beziehen  sich  auf  die  „Färber  von^ 
Leinengarn,  Seide,  Sindel  und  Kogeler"  ^.  Ein  Seidenfärbei^ 
aber  ist  auch  in  der  erwähnten  Bürgerliste  von  1418  bei  denr! 
Schildern  aufgeführt,  Johannes  sideverwer '^. 

Mit  Seide  wurde  ferner  gearbeitet  bei  einigen  anderen 
Gewerben,  so  den  Gürtelmachern  (Zunft  seit  1327),  den  Beutel- 
machern und  den  Taschenmachern  (Zünfte  seit  1397). 

Eine  eigene  Zunft  bildeten  seit  1397  die  Goldspinnerinnen  % 
welche  zur  Kunststickerei  in  einem  gewissen  Verwandtschafts- 
verhältnis standen ;  so  waren  bereits  1375  ^  Goldschmiede  und 
Wappensticker  verbunden  ;  die  Goldschmiede  und  Goldschläger 
aber  standen  in  engen  Beziehungen  zu  den  Goldspinnerinnen^ 
indem  sie  Anteil  an  der  Verwaltung  des  Goldspinnerinnen- 
amts  hatten. 

Ob  auch  Seidenspinner  und  Seidenweber  und  Spinnerinnen 
und  Weberinnen  anderen  Zünften  angegliedert  gewesen  sind,, 
ist  nicht  aufzuklären.  Sicher  scheint  es  zu  sein,  daß  beide 
Gewerbe  um  1400,  wenigstens  zum  Teil,  frei  betrieben  worden 
sind,   vielfach   in   den  Beghinenhäusern.     Für   das  Jahr  1434 


1  V.  Loesch  I,  228. 

2  Ebendas.  235. 

^  Annalen,  54,  p.  30:  „16  meirgin  (Mörchen  =  Heller) .  .  in  der  wappen- 
stickersseD  huys."    (Etwa  60  Pfg.  nach  heutigem  Gelde.) 

*  V.  Loesch  I,  200  ff.,  Nr.  77. 

»  Ebendas.  I,  211. 

«  Ebendas.  I,  143. 

■^  Ebendas.  I,  211. 

'^  Amtsbrief  bei  v.  Loesch,  I,  Nr.  29. 

^  Knipping  I,  25.    Über  die  Goldspinnerei  Hallen,  1  p.  156  ff 


128.  27 

liegt  ein  Beweis  hierfür  vor.  In  einer  Streitigkeit  zwischen 
dem  Leinenamte  und  den  Beghinen  des  Schelenkonvents  auf 
der  St.  Gereonsstraße  bestimmt  der  Rat,  daß  die  Schwestern 
auf  den  sechs  ihnen  vom  Leinenamte  zugestandenen  Web- 
stühlen (gezauwen)  nur  Leinentuch  und  „was  ins  Leinenamt 
gehöre",  auf  den  fünf  ihnen  von  früherer  Zeit  her  zustehenden 
Stühlen  aber  nur  andere  Sachen  wirken  sollten,  und  zwar: 
Stolen,  gernenroeckelen ,  wylen  ind  wat  man  van  syden  ind 
ungesoidenen  garne  machet,  gelych  sy  dat  bisher  daup  ge- 
wirkt haint  .  ."^  Die  älteste  Anordnung  des  Rats,  welche 
die  Seidenspinnerinnen  betrifft,  stammt  aus  dem  Jahre  1412/18*; 
der  Rat  verbietet  dem  Walter  Kesinger  die  Herstellung  eines 
Spinn-  und  Zwirnrades,  da  er  befürchtet,  daß  dann  viele 
Spinnerinnen  brotlos  werden  würden :  dat  dan  vel  lüde  binnen 
irre  stat,  die  sich  an  dem  ampte  geneirent,  bister  ind  verder- 
flich  werden  moesten.  Das  Gewerbe  ist  hier  zwar  „Amt" 
genannt,  aber  jedenfalls  nur  nach  Analogie  der  anderen  Ge- 
werbe, denn  ein  Seidspinner-  und  Seidweberamt  bestand 
noch  nicht. 

Unter  Zusammenfassung  der  uns  bekannten  Nachrichten 
können  wir  uns  die  äußere  Gestaltung  des  Kölner  Seiden- 
gewerbes  im  weiteren  Sinne  etwa  folgendennaßen  vorstellen: 

1.  Die  Seiden  Verarbeitung,  insbesondere  in  der  Form  der 
Stickerei,  die  älteste  Form  des  Seidengewerbes,  überwog  an 
Bedeutung  noch  die  Verarbeitung  des  Rohstoffes.  Das  Hand- 
werk war  zu  einem  Kunsthandwerk  geworden  und  bestand 
seit  1397  als  Zunft  der  Wappensticker.  Seidenverarbeitung 
in  kleinem  Umfange  fand  außerdem  statt  bei  den  Schrödem, 
Beutelmachern,  Taschenmachern  und  Gürtelmachern,  die  1397 
ebenfalls  sämtlich  Zünfte  waren.  Freilich  sind  diese  Sticker, 
auch  die  Wappensticker,  nicht  in  vollem  Umfange  für  da« 
Seidengewerbe  in  Anspruch  zu  nehmen,  da  nicht  nur  mit  und 
auf  Seide  gearbeitet  wurde;  aber  für  die  Kunststickerei  kamen 
doch  vor  allem  Seide,  Gold-  und  SilberMen  in  Betracht. 

Man  kann  die  Seidenstickerei  für  Köln  —  und  fUr 
Deutschland  überhaupt  —  als  Grundlage  des  Seiden- 
gewerbes ansehen  und  in  dem  ersten  Stadium  der  Entwick- 
lung des  Gewerbes  haben  Stickerei  und  Weberei  in  Köln  so 
viele  Berührungspunkte,  daß  es  mir  notwendig  erschien,  sie 
in  der  Anfangsperiode  beide  gleichmäßig  zu  besprechen.  AU 
Nebengewerbe  für  die  Wappenstickerei  kommt  das  Handwerk 
der  Goldspinnerei  in  Betracht,  seit  1397  zünftisch  organisiert 

2.  Als  Nebengewerbe  für  die  Seidenweberei  ist  die  Seiden- 
färberei anzusehen.  Die  Seidenfärber  waren  zunächst  —  »eit 
1396  —  mit  den  Leinenfärbern   in   einer  gemeinsamen  Zunft 


1  V.  Loesch  II,  324,  Nr.  555.    wylen  sind  Nonnenschleier. 

2  V.  Loesch  II,  419,  Nr.  650.    Auch  von  Dahmen  erwähnt,  I,  1. 


28  128. 

vereinigt,  später  sonderten  sie  sich  von  ihnen  ab.  Die  Färberei 
in  Köln  war  ein  altes  und  blühendes  Gewerbe;  nach  dem  Er- 
scheinen der  Seidenweberei  bildete  sich  das  Seidefärben  immer 
mehr  als  Spezialgewerbe  aus. 

3.  Die  Verarbeitung  der  Rohseide,  also  das  Seidengewerbe 
im  engeren  Sinne,  war  noch  nicht  zünftisch  organisiert.  Eine 
gewisse  Organisation  war  zwar  mindestens  1370  schon  vor- 
handen, aber  sie  bezog  sich  nur  auf  den  Handel.  Die  Seiden- 
spinnerei und  Seidenweberei  wurde  in  hausindustrieller  Weise 
von  Beghinen  und  von  anderen  Gewerbetreibenden,  vorzugs- 
weise noch  Frauen,  betrieben;  männliche  Weber  waren  im 
Gewerbe  vertreten;  ob  und  wie  weit  sie  schon  auf  eigene 
Rechnung  arbeiteten,  ist  nicht  zu  erkennen. 

Ein  kurzer  Vergleich  mit  anderen  deutschen  Städten  zeigt, 
daß  das  Seidengewerbe  in  Köln  in  dieser  Periode  den  Vor- 
rang zu  behaupten  scheint. 

Das  Seidengewerbe  ist  im  Mittelalter  in  den  meisten 
deutschen  Städten,  die  in  Betracht  kommen,  nicht  über  die 
erste  Stufe,  die  Stickerei,  hinausgekommen.  Sie  wurde  teils 
selbständig,  teils  in  Verbindung  mit  anderen  Gewerben  aus- 
geübt. In  Freiberg  i.  S.  bestand  sie  als  selbständiges  Ge- 
werbe, das  seit  Ende  des  14.  Jahrhunderts  im  Nonnenkloster, 
bald  aber  auch  von  Männern,  jedenfalls  zunftlos  betrieben 
wurde.  Gegen  Ende  des  IG.  Jahrhunderts  bemühten  sich  die 
Seidensticker  um  die  Angliederung  an  eine  andere  Zunft;  seit 
der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  existierte  das  Gewerbe  nicht 
mehr,  nachdem  es  schon  lange  vorher  im  Niedergang  begriffen 
gewesen  war.  Seidenweberei  hat  sich  in  Freiberg  nicht  ent- 
wickelt ^. 

Auch  in  Frankfurt  a.  M.  gab  es  im  14.  Jahrhundert 
Seidensticker,  1377  zünftisch  verbunden  mit  den  Schneidern 
und  Gewandscherern  (snydere,  sydensticker  und  gewantscherer); 
1387  bestand  nur  eine  Schneiderzunft,  zwischen  1400  und  1511 
aber  trat  die  alte  Verbindung  von  1377  wieder  ein;  1525 
finden  wir  wiederum  nur  die  Schneider,  von  1612  ab  Posa- 
mentierer. In  der  Tabelle  der  gewerblichen  Bevölkerung  von 
1387  sind  aufgeführt  2  sidennewer  in  eigener  Zunft,  1440 
2  sidensticker  als  selbständige  Gewerbetreibende,  1351 — 1400 
2  sidennewer ,  1401 — 1450  1  sticker  und  5  sidensticker, 
1451 — 1500  8  sidensticker  ^.  Seidenweberei  scheint  noch  nicht 
betrieben   worden   zu  sein.     Die   Seidenstickerei   hat  sich   in 


1  Jahresberichte  XXVI,  437 :  Besprechung  von  K.  Knebel,  Die  Seiden- 
stickerei in  Freiberg. 

2  Bücher,  Bevölkerung  von  Frankfurt  p.  82  f.,  141,  215.  Die  Angaben 
für  1387  stimmen  nicht  überein;  in  der  Tabelle  p.  82  f.  sind  keine  Seiden- 
sticker angegeben,  in  der  Tabelle  XII,  p.  141  2  sidennewer,  die  doch  auch 
zu  den  Seidenstickern  gerechnet  werden  müssen. 


128.  29 

Frankfurt  zum  Teil  auch  zum  Kunstgewerbe  entfaltet;  1379 
erscheint  unter  den  Kosten,  die  der  Stadt  durch  den  Reichs- 
tag in  Frankfurt  entstanden  waren,  eine  Ausgabe  an  Meister 
Hansen  Sydennewer  für  Fähnchen  zum  Empfang  König 
Wenzels  und  eine  für  Borten^. 

Gewerbsmäßige  Seidenstickerei  und  -näherei  finden  wir 
ferner  in  Mainz  1395,  wo  ein  sydenner  in  der  Schneiderzunft 
ist,  auch  1404  und  1418,  dann  in  Nürnberg  um  1464,  in 
Hildesheim  1424  2.  Im  späteren  Mittelalter  gab  es  Wappen- 
sticker  in  Nürnberg,  Augsburg  und  Ulm,  ferner  in  Harlem, 
Brügge,  Mecheln,  Arras  und  Rheims^. 

Seidenweberei  wurde  zu  Anfang  des  15.  Jahrhunderts 
auch  in  Augsburg  begonnen*,  wo  sie  neben  der  Seidennäherei 
ausgeübt  wurde;  in  einem  Steuerregister  kommt  1453  ein 
Seidennäher,  1490  Seidenspinnerinnen  vor^.  Zur  Bedeutung 
gelangte  die  Augsburger  Seidenindustrie  im  Mittelalter  aber 
noch  nicht.  Einzelne  Seidenweber  kamen  wohl  auch  noch  an 
anderen  Orten  vor,  so  in  Mühlhausen  i.  Thür.  1311  und  1351  ®. 

Wie  in  Augsburg,  so  ist  auch  in  Wien  das  Seidengewerbe 
erst  in  der  Neuzeit  zur  Entfaltung  gekommen.  Anfänge  der 
Stickerei  und  Weberei  finden  wir  aber  schon  im  15.  Jahr- 
hundert. Nach  einem  Zunftverzeichnis  von  1405  gab  es 
Seidennäher,  1454  14  Seidenmacher  und  4  Bortenwirker  ^ 
(Zunft  seit  1428);^  1512  war  das  Gutachten  eingefordert  von 
den  am  Handel  beteiligten  Zünften,  u.  a.  auch  von  den  Seiden- 
webern ^;  eingeführt  werden  1435  nach  Wien  außer  seidenen 
Stoß'en  auch  Goldfäden,  spulenweise;  es  scheint  also  auch  die 
Goldstickerei  betrieben  worden  zu  sein  ^^. 

Über  die  inneren  Verhältnisse  des  Kölner  Seidengewerbes 
vorzünftischer  Periode  läßt  sich  nicht  viel  sagen ;  es  wird  auf 
sie  deshalb  erst  später  näher  eingegangen  werden.  Die  Be- 
triebsform war  —  wie  erwähnt  —  vorwiegend  das  haus- 
industrielle Verlagssystem;  Frauenarbeit  überwog  noch  bei 
weitem  die  Männerarbeit,    namentlich   bei   der  Seidenweberei. 


1   Julius  Weizßäcker,  Deutsche  Reichstagsakten  unter  König  Wenzel 
1376—87.    Bd.  I,  256  (München  1867). 
2   Heyne,  250. 
8   Bock  I,  289,  291. 

*   Schulte  I,  699;  Bürkli-Meyer  20.  ,     „  ,.      „   •     .    toorv 

ß   Karl  V.  Scherzer,  Das  wirtschaftliche  Leben  der  Völker  (Leipzig  Iö8ö> 

^'       e    Heyne  233  Anm.  134  (aus  Lambert,  Ratsgesetzgebung  1870). 
■^   V.  Inama-Sternegg  III,  2  p.  510,  512,  513.    Beil.  I  und  IL 
8  Weiß  I,  436. 

10  Ebendas.  426.  —  Ende  des  13.  Jahrhunderts  sollen  nach  Weiß  (I.  433) 
bereits  Seidenspinner  als  Gewerbe  in  Wien  gewesen  sein  (aus  der  Reim- 
Chronik  Ottokars).    Vgl.  Zimmermann  I,  438  u.  562,  und  M.  G.  Chroniken 

V,  p.  870. 


30  128. 

Im  Wappenstickergewerbe  drang  schon  im  14.  Jahrhundert  die 
Männerarbeit  durch,  vor  allem  auf  dem  Gebiete  der  Kunst- 
stickerei, Borten-,  Wappen-  und  Bildstickerei.  Die  Seiden- 
färberei entwickelte  sich  von  Anfang  an  ganz  selbständig, 
ohne  Zusammenhang  mit  der  Seidenweberei.  Die  Trennung 
wurde  auch  noch  lange  künstlich  aufrechterhalten,  so  un- 
vorteilhaft vom  technischen  Standpunkte  das  später  auch  war. 
Die  Seidenfärber  Kölns  brachten  es  bald  zu  bedeutendem  An- 
sehen und  zu  einer  gewissen  Wohlhabenheit.  Ihr  Ruf  war 
weit  verbreitet  und  verschaffte  ihnen  Aufträge  von  Nah  und 
Fern  \ 

Sie  brachten  es  meist  früher  zu  Kapital  als  die  Seiden- 
weber und  vereinigten  in  ihrem  Betriebe  späterhin,  trotz  aller 
Versuche,  es  zu  verhindern,  immer  häufiger  die  Färberei  mit 
der  Spinnerei  und  Weberei,  indem  sie  zwar  nicht  selbst  webten, 
aber  Verleger  des  von  ihnen  erstandenen  Rohstoffes  wurden. 
Diese  vorherrschende  Stellung  der  Seidenfärberei  und  die  in 
ihrem  Bereich  emporstrebende  Betriebsvereinigung  spielte  im 
16.  und  17.  Jahrhundert  eine  Hauptrolle  in  dem  wirtschaft- 
lichen Kampfe  innerhalb  des  Kölner  Seidengewerbes  ^. 

Es  läßt  sich  annehmen,  daß  schon  um  diese  Zeit  selb- 
ständige Seidenwebermeister  bestanden  haben,  Meister  mit 
Kapital,  die  auf  eigene  Rechnung  für  den  Fernhandel  arbeiteten. 
Die  Meister  des  Seidamts  hatten  ja  um  1500  den  Seidenhandel 
ausschließlich  in  den  Händen.  Schon  im  13.  und  14.  Jahr- 
hundert gab  es  in  Köln  Fernhandel  treibende  Handwerks- 
meister^; vielleicht  sind  unter  diesen  auch  schon  Seidenweber 
gewesen;  denn  die  mehr  selbständige  Stellung,  die  dieselben 
später  einnahmen  (im  Gegensatz  zu  anderen  Städten),  mußte 
sich  doch  schon  früher  vorbereitet  haben.  Immerhin  werden 
sie  um  1400  erst  vereinzelt  vorgekommen  sein,  denn  der  selb- 
ständige Betrieb  der  Seidenweberei  war  nur  einigermaßen 
kapitalkräftigen  Leuten  möglich,  einmal  wegen  des  Preises  des 
Rohstoffes,  sodann  wegen  der  Anlage  der  Arbeitsmaschinen, 
der  Webstühle,  vor  allem  aber,  weil  das  Gewerbe  in  erster 
Linie  für  den  Export  arbeitete  und  daher  nicht  immer  gleich 
auf  Absatz  zu  rechnen  war,  der  Arbeit  also  nicht  der  Nutzen 
sogleich  folgte.  Außerdem  war  auch  der  Vertrieb  der  Er- 
zeugnisse mit  großen  Kosten  und  bedeutendem  Risiko  verbunden. 
Alle  diese  Umstände  machten  es  eher  dem  Kaufmann  möglich, 
den  Seidenhandel  zu  führen.  Bisweilen  lag  der  Vertrieb  in 
den    Händen    von    Handelsgesellschaften.     So    existierte    eine 


^  Noch  im  18.  Jahrhundert  war  die  Kölner  Seidenfärberei  berühmt. 
In  der  ersten  Zeit  ihres  Aufschwungs  ließ  die  Krefelder  Seidenindustrie  ihre 
Seide  in  Köln  färben,  bis  1724  eine  eigene  Färberei  errichtet  wurde.  Hintze  101. 

2    S.  Kapitel  III. 

^    Schmoller,  Untemehmiuig,  Jahrbuch  14,  p.  1055. 


128.  31 

solche  von  8  Kaufleuten,  und  zwar  6  Lübeckern  und  2  Kölnern, 
im  Jahre  1409.  (Die  beiden  Kölner  Bürger  waren  von  Lübeck 
nach  Köln  ausgewandert;  es  waren  Sievert  Veckinchusen, 
1411  Bürgermeister  in  Köln,  und  Heinrich  Slyper.)  In  einer 
Abrechnung  der  Gesellschaft  wird  u.  a.  von  Venedig  nach 
Köln  eingeführte  Seide,  wahrscheinlich  rohe,  genannt,  von 
welcher  Slyper  502  Pfund  (von  im  ganzen  521)  erhält.  Die 
Gesellschaft  verkehrte  zwischen  Venedig  und  Brügge  ^ 

Was  die  Technik  anbetrifft,  so  bezog  sich  die  Seiden- 
weberei auf  die  damals  überhaupt  gebräuchlichen  Stoffe ;  man 
fertigte  an  reinseidene  und  halbseidene  Gewebe,  ferner  Zendal, 
eine  Art  Tafftseide,  leichte  Seide,  die  vorzugsweise  zu  Kleidern 
verwandt  wurde  ^.  Auf  die  Technik  im  einzelnen  einzugehen, 
würde  zu  weit  führen;  sie  wird  sich  wohl  kaum  von  der 
damals  allgemein  üblichen  wesentlich  unterschieden  haben. 
Nur  sei  erwähnt,  daß  das  Sticken  entweder  auf  dem  Stoff 
selbst  vorgenommen  wurde  oder  —  und  das  war  gewöhnlich 
der  Fall  —  auf  Streifen,  meist  von  Leinen,  die  dann  als 
Borten  auf  den  zu  zierenden  Stoff  aufgenäht  wurden.  Das 
Färben  geschah  entweder  im  Stück  oder  am  Faden;  letzteres 
war  geboten  bei  buntfarbigen  Stoffen.  Seidenproben  aus 
späterer  Zeit  (17.  Jahrhundert)  sind  noch  erhalten,  aus  dieser 
Zeit  aber  leider  nicht.  Verhältnismäßig  früh  hat  sich  in  Köln 
auch  das  Sticken  mit  Goldfäden  entwickelt,  deren  Herstellung 
eine  besondere  Zunft,  die  der  Goldspinnerinnen,  beschäftigte. 
Zu  den  Goldfäden  wurde  seit  dem  15.  Jahrhundert  Seide  als 
Einlage  gebraucht^. 

Der  Rohstoff  wurde  vorzugsweise  aus  Italien,  namentlich 
aus  Venedig  bezogen ;  man  war  ja  hier  völlig  von  der  Fremde 
abhängig;  eigene  Seidenzucht  hat  man  in  oder  bei  Köln  nie- 
mals versucht. 

Die  Seidenindustrien,  welche  vor  1400  bestanden,  weisen 
manche  gemeinsamen  Züge  auf;  alle  zeigen  das  hausindustrielle 
Verlagssystem  als  vorwiegende  Betriebsform,  zum  Teil  als 
einzige.  Das  hat  im  Süden  frühzeitig  zu  schroffen  Klassen- 
gegensätzen geführt,  so  besonders  in  Florenz;  davon  hören 
wir  in  Paris,  Zürich  und  Köln  nichts.  Überall  wuchs  das 
Gewerbe    heran   in    mehr    oder   minder    großer   Abhängigkeit 


1  Stieda,  Handelsbeziehungen,  p.  106  u.  p.  163,  Qrk.  Nr.  44. 

2  Diese  3  Seidenarten  werden  vor  1400  ausdrücklich  erwähnt,  s.  Kmpping 
a.  a.  0.  und  in  der  Amtsordnung  der  Färber.  Sammet  wurde  noch  nicht 
angefertigt  (erst  um  1500  in  Ulm,  s.  Schulte  I);  was  damals  als  samlt  be- 
zeichnet wurde,  war  eine  Art  Seide;    das  Wort  fUr  den  heutigen  hwnmet 

3  Bock  I,  49;  hier  Näheres  über  die  Technik  der  Goldspinnerei.  — 
Über  die  zahlreichen  damals  gebräucjilichen  Arten  von  Seide  tbI.  Wem- 
hold  II,  247  ff.;  Viollet-le-Duc  III,  Art.  Etoffes,  356 ff.;  Heyne,  229 ff.;  Silber- 

mann  I,  68  ff. 


32  128* 

vom  Händler,  vom  Fernhandel.  Selbständige  Handwerker^ 
welche  in  Köln  sich  auszubilden  begannen,  waren  auch  ia 
Genua  vertreten,  wenngleich  in  der  Minderzahl.  Auch  in  demi 
Verhältnis  der  weiblichen  zu  den  männlichen  Arbeitskräften 
ist  eine  große  Übereinstimmung  wahrzunehmen.  Die  weib- 
liche Arbeiterin  herrscht  zunächst  durchaus  vor  in  Paris  und 
Zürich;  weniger  deutlich  tritt  dasselbe  hervor  in  den  italie- 
nischen Städten;  hier  wurde  die  Weberei  schon  früh  von 
Männern  ausgeübt,  dagegen  die  Haspelei  den  Frauen  tiber- 
lassen. In  Paris  und  in  Florenz  nimmt  die  Stickerei  —  ähn- 
lich wie  in  Köln  —  eine  hervorragende  Stellung  ein;  neben, 
ihr  blüht  die  Weberei  der  Hauptseidensorten  und  des  Sammets- 
(letzterer  fehlt  in  Köln  noch);  auch  in  Genua  werden  beide^ 
Zweige,  Stickerei  und  Weberei  betrieben.  Dagegen  tritt  di& 
Seidenstickerei  in  Venedig  und  Zürich,  wenn  sie  überhaupt 
schon  vor  dem  15.  Jahrhundert  geübt  worden  ist,  ganz  in 
den  Hintergrund.  Färberei  bestand  sowohl  in  Paris  wie  auch 
in  den  italienischen  Städten;  sie  ist  aber  nicht  erwiesen  für 
Zürich;  jedenfalls  kann  sie  hier  nur  eine  untergeordnete- 
RoUe  gespielt  haben  ^.  Es  war  also  in  der  Zahl  der  genannten 
hauptsächlichsten  Seidenindustriestädte  anscheinend  Zürich 
am  wenigsten  entwickelt,  was  die  Vielseitigkeit  des  Gewerbes- 
anbetrifft.  Die  Fabrikation  beschränkte  sich  hier  in  der 
Hauptsache  auf  leichte,  rohseidene  Gewebe,  Flor,  Gaze  oder 
Seidenmousselin.  Ein  Spezialzweig  der  Seidenweberei  stand, 
also  ziemlich  isoliert  da,  ohne  Verbindung  mit  einer  ent- 
sprechend entfalteten  Färberei  und  ohne  den  Antrieb,  den  einer 
zum  Kunstgewerbe  entwickelte  Seidenstickerei  hätte  geben, 
können.  Vielleicht  hat  dieser  Umstand  mit  dazu  beigetragen^ 
daß  das  Züricher  Seidengewerbe,  dessen  Produkte  einst  weithin 
nach  dem  Osten  gegangen  waren,  so  früh  abgestorben  ist^ 
Die  Seidengewerbe  von  Paris  und  Köln  weisen  in  ihrer  äußeren 
Gestaltung  wohl  die  größte  Ähnlichkeit  auf.  In  Paris  ^  nimmt 
die  Stickerei  einen  breiten  Raum  ein ;  sie  beschäftigt  die  Zünfte- 
der  brodeurs  und  broderesses,  ferner  der  fileurs  d'or  und 
fileresses  d'or  und  f.  d'argent.  Die  Färberei  ist  vertreten  in 
den  teinturiers  de  soie,  die  Seidenspinnerei  in  den  fileresses. 
de  soie,  die  Weberei  in  den  tisserands  de  soie.  Vor  1300  ist 
dann  auch  die  Bandfabrikation,  überhaupt  die  Posamen  tiererei 
vertreten,  ein  Zweig,  der  später  auch  in  Köln  eine  bedeutende- 
RoUe  spielte.  Endlich  weist  das  Verzeichnis  von  12Q2  und. 
1300  noch  verschiedene  Spezialzweige  auf,  wie  sie  Köln  auchs. 

1  Gefärbte  Seide  wird  in  den  Tarifen  für  das  kleine  ümgeld  1378  und 
1379  erwähnt;  s.  Stadtbücher  Nr.  48  und  61,  pp.  250  und  262.  Ein  Beweis 
für  Seidenfärberei  in  Zürich  ist  damit  nicht  erbracht,  wohl  aber  ist  es  sehr- 
wahrscheinlich,  daß  auch  gefärbte  Seide  in  Zürich  verarbeitet  wurde  unA. 
nicht  nur  rohe,  wie  Bürkli-Meyer  meint. 

2  Fagniez,  Etudes,  7flF. 


128.  33 

hatte  in  den  Gürtel-,  Taschen-  und  Beutelmachern.  Die 
Brokatweberei,  die  in  Paris  von  den  fabricants  de  drap  d'or 
ausgeübt  wurde,  ist  für  Köln  noch  nicht  festzustellen;  die 
Sammetfabrikation  ist  für  Paris  noch  zweifelhaft,  später  war 
sie  an  beiden  Orten  vertreten. 

Man  wird  daher  vielleicht  doch  berechtigt  sein,  die  Nieder- 
lassung der  Pariser  im  14.  Jahrhundert,  insbesondere  jenes 
Johannes  Juncker,  nicht  als  eine  zufällige  anzusehen,  sondern 
man  wird  auf  rege  Beziehungen  zwischen  den  beiden  Seiden- 
gewerben, dem  Pariser  und  dem  Kölner,  schließen  dürfen,  die 
sich  als  häufige  Beeinflussung  des  jüngeren  Kölner  durch  das 
ältere  Pariser  Gewerbe  dargestellt  hat.  Auch  später  hörte 
französischer  Einfluß  nicht  auf,  und  in  dem  Jahrhundert  der 
Umbildung  des  Kölner  Gewerbes  in  neue  Betriebsformen 
spielten  Franzosen,  wiederum  Seidenfärber,  eine  namhafte  Holle. 
Auch  die  früh  sich  zeigende  Hinneigung  des  Kölner  Seiden- 
gewerbes zur  Fabrikation  von  Bändern,  Fransen,  Schnüren, 
kurz  zur  Posamentiererei,  scheint  französischen  Geschmack  zu 
verraten. 


t 


Forschungen  128.  —  Koch. 


Zweites  Kapitel. 

Zfinflische  Organisation  im  Seidengewerbe;  Blütezeit 
des  Gewerbes  im  15.  Jahrhundert.    (1437—1506). 


Bedeutend  später  als  die  meisten  andern  Kölner  Gewerbe 
wurde  das  Seidengewerbe  ztinftisch  organisiert  ^.  Die  mit  ihm 
in  Berührung  stehenden  Gewerbe  der  Stickerei,  Färberei  und 
Goldspinnerei  waren  zwar,  wie  wir  sahen,  schon  1397  Zünfte, 
nicht  aber  die  den  Rohstoff  verarbeitenden  gewerblichen  Tätig- 
keiten, die  Spinnerei  und  Weberei,  oder  die  Seidmacherei 
oder  Seidbereiterei ,  unter  welchem  gemeinsamen  Namen  man 
beide  damals  zusammenfaßte.  Die  Gründe  für  die  erst  so 
spät  erfolgte  genossenschaftliche  Einigung  sind  nicht  mit  Sicher- 
heit zu  erkennen;  wahrscheinlich  lag  früher  kein  Bedürfnis 
vor  auf  Seiten  der  Gewerbetreibenden  selbst;  die  Einleitung 
zum  ersten  Amtsbrief  weist  darauf  hin:  vierzig  Jahre  später 
nämlich,  d.  h.  als  der  Amtsbrief  erlassen  wurde,  wird  gerade 
das  Bedürfnis  als  Beweggrund  angegeben;  es  stand  im  Zu- 
sammenhang mit  technischen  Neuerungen,  welche  in  das  innere 
Leben  des  Seidengewerbes  einzugreifen  begannen.  Jetzt  wurden 
die  beiden  in  mancher  Beziehung  so  ähnlichen  Textilgewerbe 
Zünfte:  die  Barchentweber  (1420)  und  die  Seidenweberinnen 
(1437). 

Am  16.  Dezember  1437  wurde  den  Seidenweberinnen  der 
erste  Amtsbrief  verliehen,  und  zwar  auf  ihren  Antrag  hin; 
sie  selbst  haben  die  Initiative  zur  Zunftbildung  ergriffen ;  das 
wird  —  abweichend  von  fast  allen  anderen  Zunftbriefen 
Kölns  —  in  dem  Briefe  ausdrücklich  hervorgehoben,  scheint 
also  bei  der  Gründung  der  Zunft  besonders  mitgesprochen  zu 

*  Aus  der  Zeit  nach  1397  stammen  die  Amtsbriefe  der  Seidweberinnen 
(1437),  der  Seiler  (1414),  Sartuch-(Barchent-)weber  (1420),  Kupferscbläger  (1421), 
Altschuhmacber  (1483)  und  Brauer  (1497).  Die  Zeit  nach  1500  ist  hierbei  un- 
berücksichtigt geblieben.    S.  d.  betr.  Amtsbriefe  bei  v.  Loesch,  I. 


128. 


35 


haben.  Die  Handwerkerinnen  geben  für  ihr  Gesuch  die 
Gründe  an:  zunächst  wollen  sie  Gleichstellung  mit  anderen 
Handwerken ;  da  sie  doch  ihr  Handwerk  -manches  Jahr  ehrbar 
und  löblich  betrieben  und  der  Stadt  großen  Nutzen  gebracht 
hätten,  so  erbäten  sie  auch  gleich  den  anderen  geschriebene 
Satzungen.  Ein  weiterer  Grund  war  die  Sorge  für  den  Seiden- 
handel, der  Schutz  des  einheimischen  und  fremden  Kaufmannes 
vor  minderwertiger  Ware;  diese  Sorge  mußte  ja  bei  einem 
Fernhandels-Gewerbe  voranstehen,  denn  mit  dem  Handel  stand 
und  fiel  es.  Der  dritte  Grund  aber  scheint  die  unmittelbare 
Veranlassung  zum  Zusammenschluß  gewesen  zu  sein:  eine 
neue  Erfindung  bedrohte  nach  der  Meinung  der  Seidmacherinnen 
das  Gewerbe;  gegen  sie  suchen  sie  Schutz  in  genossenschaft- 
licher Organisation.  Es  heißt  in  dem  Amtsbrief:  .  .  „umdat 
ire  hantwerk  .  .  durch  nuwer  invelle  wille,  die  darinne  vur- 
genoimen  ind  gezoigen  wurden  .  .  ser  bestonde  afzoneimen 
ind  zo  swachen"  .  .  Also  das  Seidengewerbe  befand  sich  in 
einer  Krisis,  wie  sie  es  später  noch  mehrfach  durchzumachen 
hatte ;  sie  war  hervorgerufen  durch  eine  technische  Neuerung, 
welche  der  bisherigen  Betriebsart  einen  Stoß  versetzte.  Es 
handelt  sich  jedenfalls  um  das  bereits  erwähnte  Spinn-  und 
Zwirnrad,  gegen  welches  der  Rat  schon  um  1412  eingeschritten 
war,  also  um  eine  Maschinentechnik,  wenn  auch  in  primitiver 
Form.  Das  Kad  wurde  wahrscheinlich  trotz  jenes  Verbotes 
dennoch  weiter  benutzt,  und  die  Furcht  vor  übermächtiger 
Konkurrenz  trieb  die  Weberinnen  und  Spinnerinnen  zusammen. 
Nur  diese;  die  männlichen  Weber  wurden  nur  in  soweit  von 
dem  Amtsbriefe  berührt,  als  sie  Seidmacherinnen  geheiratet 
und  auf  diese  Weise  in  die  Organisation  dieser  „hinein- 
geheiratet" hatten.  Diejenigen  aber,  welche  nicht  auf  solche 
Weise  in  den  Verband  hineinkamen,  blieben  außerhalb  des- 
selben, so  daß  es  also  auch  freie  Seidenweber  gab. 

Die  zünftische  Organisation  des  Seidengewerbes  weicht 
merklich  ab  von  der  der  übrigen  Kölner  Gewerbe.  Das  ergab 
sich  zunächst  schon  aus  der  frühen  Arbeitsteilung  innerhalb 
des  Gewerbes,  welche  eine  Verzweigung  in  verschiedene 
Zünfte  zur  Folge  hatte.  Wichtiger  aber  noch  ist  der  Umstand, 
daß  während  des  Mittelalters  ein  Teil  der  Gewerbetreibenden 
überhaupt  nicht  organisiert  gewesen  ist,  wenn  auch  eine  all- 
gemeine Oberaufsicht  durch  den  Rat  natürlich  bestanden  hat. 
Gerade  die  nichtorganisierten  Handwerker  waren  die  kräftigsten 
Glieder,  und  auf  ihnen  beruhte  die  Bedeutung  des  Gewerbes; 
sie  ging  sogleich  verloren,  als  im  Laufe  des  U).  und  mehr 
noch  des  17.  Jahrhunderts  zünftische  Prinzipien  die  Oberhand 
gewannen,  was  um  so  verderblicher  war,  als  nunmehr  die 
schädlichen  Wirkungen  der  Zünfte  im  allgemeinen  die  nütz- 
lichen zu  überwuchern  begonnen  hatten.  Im  Mittelalter  freilich 
brauchte    sogar    ein    Exportgewerbe    nicht    notwendigerweise 

3* 


36  128. 

unter  einer  zünftischen  Organisation  zu  leiden,  wofern  sie  nur 
anpassungdfähig  war;  und  das  war  beim  Kölner  Seidengewerbe 
der  Blütezeit  der  Fall. 

Bei  der  Seidenspinnerei  und  Weberei  also  waren  zunächst 
nur  die  weiblichen  Gewerbetreibenden  geeint;  als  dann  im 
Laufe  des  15.  Jahrhunderts  allmählich  die  Weiberarbeit  mehr 
und  mehr  durch  Männerarbeit  ersetzt,  wenn  auch  niemals 
ganz  verdrängt  wurde,  da  scheint  man  zunächst  stillschweigend 
die  Bestimmungen  der  Seidenweberinnen-Zunft,  soweit  sie  den 
Gewerbebetrieb  betrafen,  übernommen  zu  haben,  zumal  sie 
ohnehin  zweifellos  mit  den  allgemeinen  Gepflogenheiten  des 
Gewerbes  ( —  auch  des  außerhalb  stehenden  — )  in  Überein-' 
Stimmung  gebracht  waren. 

Die  Organisation  des  Seidengewerbes  stand  größeren 
Schwierigkeiten  gegenüber  als  die  der  meisten  anderen  Ge- 
werbe, die  für  den  lokalen  Markt  arbeiteten;  das  Gewerbe 
mußte  als  Export-  und  Luxusgewerbe  viel  mehr  den  jeweiligen 
Konjunkturen,  häufigen  und  oft  plötzlichen  Änderungen  der 
Mode,  der  Technik  und  der  Arbeitsverhältnisse  Rechnung 
tragen.  Das  konnte  ein  Gewerbe  mit  starrer  und  nicht  bildungs- 
fähiger Zunftverfassung  nicht;  eine  solche  mußte  vielmehr, 
wenn  das  Gewerbe  nicht  lahmgelegt  werden  sollte,  häutig 
revidiert  oder  sogar  erneuert  werden.  Das  geschah  auch  in 
der  Tat  in  Köln  in  der  Blütezeit  des  (Gewerbes.  Sechsmal 
von  1437  bis  1506  wurden  die  Amtsbriefe  geändert  mit  dem 
deutlich  erkennbaren  Bestreben,  sie  den  mittlerweile  veränderten 
Verhältnissen  wieder  anzupassen.  5  Amtsbriefe  (1437,  1461, 
1469,  1470  und  1480)  und  2  Transfixbriefe  (1470  und  1506) 
regelten  den  Betrieb  und  die  inneren  Verhältnisse  des  Gewerbes 
der  Seidmacherinnen;  sie  brachten  aber  auch  die  Situation 
des  Seidengewerbes  überhaupt  zum  Ausdruck  und  müssen 
daher  auch  für  die  Zeit,  in  welcher  noch  nicht  alle  Gewerbe- 
treibenden der  Zunft  angehörten,  als  die  Grundlage  für  die 
gesamte  gewerbliche  Tätigkeit  des  Kölnef  Seidengewerbes 
dieser  Periode,  der  Blüteperiode,  angesehen  werden. 

Die  ersten  beiden  Amtsbriefe,  die  am  16.  Dezember  1437 
und  am  27.  Februar  1461  erlassen  worden  waren,  sind  nicht 
mehr  vorhanden,  aber  aus  der  Einleitung  zum  dritten  Amts- 
brief vom  20.  Juni  1469  bekannt  ^.  Leider  ist  ihr  Inhalt  nicht 
überliefert,  so  daß  der  dritte  Amtsbrief  die  Grundlage  für  die 
Betrachtung  der  Seidenweberinnen-Zunft  bilden  muß.  Die  Er- 
neuerung des  Briefes  von  1461  (d.  i.  der  zweite  Brief)  war 
ebenso  wie  der  erste  Amtsbrief  aus  der  Initiative  des  Gewerbes 
selbst  hervorgegangen,  der  dritte  Amtsbrief  aber,  die  Erneue- 


1  Die  fünf  Amtsbriefe  sind  abgedruckt  bei  v.  Loesch,  I,  Nr.  62 — 64, 
p.  163  if.  Vgl.  auch  die  Darstellung  Dahmens,  I,  1  ff.  Über  die  Abweichungen 
der  Amtsbriefe  von  einander   s.  v.  Loesch  a.  a.  0.  p.  165  ff..  Anmerkungen. 


128.  37 


rung  von  1469,  verdankt  seine  Existenz  dem  Eingreifen  des 
Rats  selbst,  welcher  „etliche  Gebrechen"  gefunden  hat,  die  er 
nun  abstellen  will.  Die  letzten  drei  Briefe  (der  3.,  4.,  5.) 
stimmen  im  allgemeinen ,  d.  h.  für  den  größten  Teil  des  In- 
halts, überein,  mit  einigen  Abweichungen.  Außer  diesen  Ab- 
weichungen enthält  dann  der  vierte,  und  in  noch  größerem 
Umfange  auch  der  fünfte  Amtsbrief  Zusätze.  Der  Transfix- 
brief von  1506  endlich  ist  eine  Neugestaltung  der  gewerblichen 
Verfassung  in  vielen  Punkten  und  bildet  den  .Schlußstein  des 
zünftischen  Ausbaues.  Er  bleibt  für  das  ganze  16.  Jahrhundert 
und  in  seinen  Grundzügen  noch  bis  ins  18  te  hinein  die  Grund- 
lage der  Seidmacherei  ^. 

Ich  wende  mich  der  Organisation  selbst  zu,  soweit  sie 
durch  die  Briefe  von  1437  bis  1480  festgelegt  ist.  Sie  bezieht 
sich  —  wie  erwähnt  —  nur  auf  die  weiblichen  Gewerbetätigen, 
allerdings  mit  Einschluß  ihrer  Ehemänner;  sie  umfaßt  vor 
allem  nur  die  weiblichen  Lehrkräfte.  Gleichwohl  ist  in  den 
Erlassen  des  Rats  häufig  von  einem  Seidarat  die  Rede  im 
Sinne  einer  Zusammenfassung  des  ganzen  Seidengewerbes. 
Ein  Seidamt  im  Sinne  einer  Seidenzunft  ist  nicht  gebildet 
worden^;    es   ist   in    dieser  Bedeutung   eine  Fiktion  und  wird 


*  Archiv,  Z.  174.  1657  beabsichtigte  man  die  Verfassung  einer  neuen 
Ordnung,  die  aber  niemals  zur  Ausführung  gekommen  ist.  S.  Archiv, 
Epr.  104  f,  288;  vgl.  Dahmen  I,  3.  Der  auch  von  Dahmen  I,  4,  erwähnte 
Brief  von  1588  ist  nichts  weiter  als  eine  Bestätigung  des  Transfixbriefs 
von  1506. 

2  Anders  Dahmen,  I,  3,  welcher  von  einer  Konstituierung  des  Seiden- 
amts  im  Jahre  1437  spricht,  also  eine  allgemeine  Seidenzunft  meint.  Dahmen 
selbst  aber  hebt  hervor,  —  S.  5  —  daß  der  Amtsbrief  „durchweg  von  Seid- 
macherinnen" spricht  und  fragt  weiter,  wer  die  eigentlichen  Seidenmacher 
gewesen  seien?  Er  fragt  weiter,  woher  denn  die  beiden  männlichen  Vor- 
standsmitglieder gekommen  seien?  Auch  er  hält  es  für  ausgeschlossen,  daB 
nur  Ehemänner  von  Seidenmacherinnen  für  die  Amtsmeisterstellen  in  Frage 
gekommen  seien ;  ich  bin  derselben  Meinung,  denn  für  Fremde  bestand  zwar 
das  Gesetz,  daß  sie  nur  durch  Heirat  mit  einer  emheimischen  Seidenmacherio 
die  Amtsgerechtigkeit  erlangen  könnten,  niemals  aber  für  Einheimische. 
Dahmen  meint  nun  „solange  das  Seidenspinner-  und  Färberamt  noch  mit 
dem  Hauptamt  vereinigt  waren,  werden  diese  Zweige  des  Handwerks  die  er^ 
forderlichen  Meister  für  den  Vorstand  geliefert  haben.'*  Aber  die  Färberei 
war  keineswegs  mit  dem  „Hauptamt"  vereinigt,  sondern  mit  der  Leinen- 
färberei und  wurde  von  dieser  1594  losgetrennt;  die  Spinnerei  aber  ist  vor 
dem  Erscheinen  der  Mühlenwerke  kaum  jemals  in  ausgedehnterem  Matte  von 
Männern  betrieben  worden.  Schon  aus  dieser  Erwägung  heraus  ist  die  .An- 
nahme freier  Webermeister  berechtigt.  Nun  sind  uns  ja  schon  aus  dem 
13.  Jahrhundert  die  cindatores  bekannt;  femer  verschiebt  sich  das  Ver- 
hältnis der  weiblichen  zu  den  männlichen  Seidenmachern  im  Laufe  de« 
15.  Jahrhunderts  immer  mehr  zu  Gunsten  der  letzteren.  Die  männlichen 
Seidenweber  können  also  gar  nicht  alle  Ehemänner  der  Seidenmacherinnen 
gewesen  sein.  Sehr  häufig  freilich  haben  Mann  und  Frau  das  Gewerbe  xu- 
sammen  betrieben,  wobei  dann  in  der  Regel  der  Mann  der  kaufim&nnische 
Leiter  war.  Das  Hauptargument  für  freie  Seidenweber  scheint  mir  aber  die 
Frage  der  Erziehung  des  Nachwuchses  zu  sein;  wo  sollten  die  Lehijun^ 
herangebildet  werden,  wenn  nicht  bei  freien  Meistern?  denn  die  Amtsbnefe 


38  128. 

überall  gleichbedeutend  mit  „Gewerbe"  gebraucht.  Das  Seid- 
amt ist  also  tiberhaupt  das  Seidengewerbe,  zünftisch  und  nicht 
zünftisch,  das  unter  gemeinsamer  Oberaufsicht  des  Rats  stand. 
Von  1470  ab  gibt  es  allerdings  ein  Seidamt,  aber  mit  einer 
ganz  anderen  Bedeutung:  es  ist  die  Ratskommission,  welcher 
die  Angelegenheiten  des  Seidengewerbes  unterstehen.  In  dem 
Transfixbrief  zum  vierten  Amtsbrief  nämlich  wurde  beschlossen, 
zwei  Ratsdeputierte,  die  Herren  zum  Seidamt,  zu  ernennen, 
welche  die  Aufgabe  hatten ,  mit  den  Amtsmeistern  und 
Meisterinnen  gemeinsam  die  Besichtigung  der  Seidenwaren 
und  ihrer  Herstellung  vorzunehmen.  Einerseits  erhielten  so 
die  Besichtigungen  mehr  Nachdruck,  anderseits  aber  wurde 
etwaigen  Übergriffen  der  Meister  und  Meisterinnen  ein  Zügel 
angelegt.  Solche  Übergriffe  kamen  nicht  selten  vor,  ganz 
besonders,  wenn  es  sich  um  Besichtigungen  bei  außerhalb  der 
Zunft  stehenden  Handwerkern  handelte;  die  Protokolle  über 
die  Besichtigungen  aus  dem  15.,  16.  und  17.  Jahrhundert  be- 
richten von  zahlreichen  Beispielen  ^  Diese  Herren  vom  Seidamt 
waren  also  eine  Art  von  Aufsichtsbehörde,  deren  Wirksamkeit 
sich  freilich  nur  auf  die  Betriebs-  und  Waren-Kontrolle  er- 
streckte, also  auf  dem  Gebiete  der  Gewerbepolizei  lag.  Sie 
führten  den  Titel  „Herren  zu  den  Seidmacherinnen  und  Seid- 
spinnerinnen"; vorübergehend,  von  1482  bis  1497,  übernahmen 
sie  auch  die  Kontrolle  über  die  Wappensticker  und  hießen 
für  diese  Zeit  „Herren  zu  den  Seidmacherinnen  und  Wappen- 
stickern"  ^.  Die  Veranlassung  zu  dieser  Kombination  gab  ein 
Streit  der  Wappensticker  mit  dem  Schelenkonvent  in  der  St. 
Gereonsstraße,  1482^:  die  Wappensticker  hatten  eigenmächtig 
bei  den  Schwestern  des  Konvents  Haussuchung  abgehalten, 
weil  sie  ihnen  Konkurrenz  machten;  letzteres  wurde  ihnen 
1470  vom  Rat  verboten,  anderseits  untersagte  der  Rat  aber 
den  Wappenstickern ,  Haussuchungen  ohne  die  Herren  vom 
Seidamt  vorzunehmen.  Die  Unterstellung  der  Wappenstickerei 
unter  das  Seidamt  scheint  sich  aber  nicht  bewährt  zu  haben, 
denn  sie  wurde  nur  fünfzehn  Jahre  aufrecht  erhalten. 

Im  folgenden  sollen  nunmehr  die  Zunftbriefe  nach  ihrem 
wesentlichen  Inhalt  kurz  besprochen  werden*. 


erwähnen  nur  Lehrtöchter.  In  einem  Entwurf  zu  einer  neuen  Ordnung  vom 
2.  Oktober  1656  (Archiv,  Seidamt  17.  Jahrh,  II,  fol.  32)  werden  zum  ersten 
Male  offiziell  Lehrjungen  und  Lehrmädchen  unterschieden. 

^  Der  älteste  Fall  ist  mir  aus  dem  Jahre  1490  bekannt,  s.  v.  Loesch  II, 
428,  Nr.  662 :  Zeugenverhör  vor  Ratsdeputierten  über  parteiisches  Verfahren 
bei  der  Seidenbesichtigung  bei  dem  Seidenfärber  Heinrich  Glöcknergasse. 

2   V.  Loesch  I,  256  und  II,  469. 

8   Ebendas.  II,  465  ff. 

*  Hierbei  übergehe  ich  solche  Bestimmungen,  die  sich  bei  allen  Zünften 
wiederfinden,  und  die  allgemein  bekannt  sind;  ich  beschränke  mich  auf  die 
für  das  Kölner  Seidengewerbe  charakteristischen  und  für  den  Betrieb  des- 
selben wesentlichen  Einrichtungen. 


128.  39 

Der  Vorstand   der  Seidweberinnenzunft  bestand  aus  zwei 
Männern   und  zwei  Frauen,    die  von  den  Hauptfrauen,   d.  h. 
den    Meisterinnen,    alljährlich    zu    Amtsmeistern    und    Amts- 
meisterinnen gewählt  wurden.     Es  ist  nicht  gesagt,  woher  sich 
die  Männer  ergänzen  sollten ;  es  lag  ja  nahe,  daß  man  zunächst 
zu     den    Ehemännern     der    innerhalb    der    Zunft    stehenden 
Weberinnen   griff,    soweit  nämlich  die  Zahl  dieser  ausreichte, 
und  sie  geeignet  waren.     Diese  Praxis  scheint  sich  allmählich 
^Is  Regel    herausgebildet   zu   haben,   denn  der  Amtsbrief  von 
1480  erhielt  statt  „zwene  man"  die  Fassung  „zwene  von  iren 
mannen,    die   sich  mit  koufmanschaft  erneren".     Fanden  sich 
nicht  geeignete  Leute  unter  den  Ehemännern,   so  mußten  die 
Amtsmeister   eben  außerhalb  der  Zunft  gesucht  werden.     Die 
Hauptsache    war  jedenfalls,    daß   man   in  den  Vorstand   zwei 
kaufmännische  Vertreter  hineinbrachte.     Eine  Weberin,  deren 
Mann  Kaufmann  war,  hatte  natürlich  einen  gewaltigen  Vorteil 
gegenüber  anderen;  denn  sie  leitete  nun  lediglich  den  Betrieb 
der  Weberei   und  Spinnerei,  während  der  Mann  sich  auf  den 
Vertrieb  der  Ware  legte  und  vor  allem  zu  den  Messen,  haupt- 
sächlich nach  Frankfurt,  reiste.    So  waren  in  der  ersten  zünf- 
tischen   Organisation    Gewerbe    und    Handel    fest   aneinander 
gefügt.    Neben  einem  zum  Teil  freien  Betriebe  des  Handwerks 
darf  dieser  Umstand  wohl   als  Hauptursache  dafür  angesehen 
werden,    daß  es  das  Seidengewerbe  in  Köln  im  Mittelalter  zu 
so  hoher  Bedeutung  gebracht  hat.     Hier  unterscheidet  es  sich 
wesentlich  von  den  anderen  bis  jetzt  bekannten  Seidengewerben; 
zum   mindesten   ein  Teil   der  Seidmacherinnen   stand  in  Köln 
nicht  in  Abhängigkeit  vom  kaufmännischen  Verleger,  sondern 
bei   ihnen   waren   die   beiden  Faktoren   Gewerbe  und  Handel 
in  einem  Betriebe  vereinigt,  und  es  entwickelte  sich  hier  eine 
ganz    selbständige    Stellung    des   Gewerbes.     Noch   mehr   wiir 
das  allerdings  der  Fall  bei  den  freien  Handwerksmeistern ;  sie 
vereinigten   die   beiden  Faktoren   nicht  nur  in  einem  Betrieb, 
sondern   auch   in    einer  Person,    indem  sie  selbst  den  gewerb- 
lichen Betrieb   leiteten  und  auch  ihre  Erzeugnisse  vertrieben. 
Diese   Meister   bilden   immer  mehr   den  Kern   des  Gewerbes, 
so  daß  1591  von  allen  Seidmachern  gesagt  wurde,  daß  sie  den 
gesamten  Seidenhandel    „in  der  Hand"  hätten  ^     Damit  nicht 
^ine  Firma  allzusehr  in  den  Vordergrund  treten  konnte,  wurde 
bestimmt,    daß    nicht   Mann    und   Frau   zu  gleicher  Zeit   die 
Amtsmeisterwürde   bekleiden    dürften.     Die   Amtsraeister   und 
die   Amtsmeisterinnen,    welche   einmal   im   Vorstand  gewesen 
waren,  sollten  erst  nach  einem  Zwischenraum  von  zwei  Jahren 
wieder  wählbar   sein.     Die  Wahl   mußte  angenommen  werden 
ibei  einer  Geldstrafe,   (bis   zu  einer  Mark  kölnisch),  eventuell 


Archiv,  Seidamt,  16.  Jahrh.  f.  37  b. 


40  128. 

sogar  bei  Strafe  der  Ausschließung  aus  der  Zunft.     Die  Amts- 
periode dauerte  ein  Jahr. 

Alle  vierzehn  Tage  versammelten  sich  die  Amtsmeister 
und  Meisterinnen,  um  alle  Zunftangelegenheiten  zu  besprechen; 
hierfür  erhielten  sie  4  Seh.  Diäten  pro  Kopf  für  jede  Sitzung  ^ 
Ihre  weitaus  folgenschwerste  Funktion  war  die  Aufsicht  über 
die  Gewerbetätigkeit;  sie  hatten  zu  diesem  Zweck  das  Recht, 
bei  den  Zunftmitgliedern  umherzugehen  und  deren  Betrieb  zu 
besichtigen;  Opposition  gegen  die  Besichtigung  wurde  bestraft. 
Wurde  Seide  oder  Seidenware  gefunden,  die  den  Anforderungen 
nicht  entsprach,  so  wurde  sie  vor  das  gemeine  Amt  gebracht 
(die  allgemeine  Meisterversammlung)  und  mußte  hier  von  dem 
Übeltäter  eigenhändig  in  Stücke  geschnitten  werden.  Außerdem 
wurde  auf  eine  bestimmte  Geldstrafe  erkannt.  Die  Amtsmeister 
hatten  aber  auch  das  Recht,  die  Seide  und  die  Seidenwaren 
der  außerhalb  der  Zunft  stehenden  Seidenhändler  zu  besich- 
tigen und  sie  für  unvorschriftsmäßige  Beschaffenheit  derselben 
in  Strafe  zu  nehmen.  So  hatten  sie  die  Kontrolle  über  den 
gesamten  Seidenhandel  der  Stadt,  und  ihr  Wirkungskreis  er- 
streckte sich  hier  über  den  Rahmen  der  Zunft  hinaus.  In 
dieser  ihrer  Tätigkeit  als  Organe  der  städtischen  Gewerbe- 
polizei waren  sie  allerdings  nur  eine  zentrale  Aufsichtsstelle 
für  den  Handel  mit  Kölner  Seidenwaren  und  damit  indirekt 
für  den  Gewerbebetrieb  selbst. 

Die  Zunftgenossen  ergänzten  sich  ohne  Ausnahme  nur 
aus  dem  weiblichen  Geschlecht;  Männer,  die  durch  Verheiratung 
mit  einer  Meisterin  in  das  Gewerbe  hineingekommen  waren,, 
oder  die,  selbst  Seidenmacher  oder  Seidenhändler,  durch  diese 
Heirat  in  den  Betrieb  der  Seidenmacherinnen  „hineingeheiratet" 
hatten,  gehörten  nicht  eigentlich  zur  Zunft  der  Seiden  Weberinnen;, 
man  könnte  sie  vielleicht  als  Hospitanten  bezeichnen.  Sie 
bildeten  aber  ein  wichtiges  Element  des  Vorstandes,  welcher 
männlicher  Leitung  nicht  ganz  entbehren  konnte,  und  sie 
mußten,  namentlich  wenn  sie  Kaufleute  waren,  entscheiden- 
den Einfluß  auf  die  ganze  Spinnerei  und  Weberei  ausüben. 
Für  einen  von  außerhalb  nach  Köln  zugewanderten  Gewerbe- 
genossen gab  es  rechtmäßig  keine  andere  Möglichkeit,  sein 
Handwerk  auszuüben,  als  wenn  er  eine  Hauptseidenmacherin 
heiratete;  das  Prinzip  wurde  freilich,  namentlich  im  16.  Jahr- 
hundert, oft  durchbrochen,  freilich  sehr  gegen  den  Willen 
der  Zunft. 

Die  Hauptseidenmacherinnen  ergänzten  sich  aus  der  Zahl 
der  Seidenmacherinnen,  nachdem  sie  eine  Lehrzeit  von  drei  bi& 
vier  Jahren  durchgemacht  hatten;  (1469  =  3,  1470  =  4,. 
1480  =  3  Jahre) ;  eheliche  Geburt  war  nicht  Bedingung,  viel- 
mehr   Personen     unehelicher    Abstammung    ausdrücklich    zu- 

1   Archiv,  H.  U.  A.  Nr.  13070;  s.  auch  v.  Loesch  I,  163. 


128.  41 

gelassen;  der  Transfixbrief  von  1506  war  in  dieser  Hinsicht 
weniger  liberal.  Die  Meisterinnen  übten  ihr  Gewerbe  im 
eigenen  Hause  aus;  hier  nur  durften  sie  Lehrtöchter  heran- 
bilden, die  bei  ihnen  auch  in  Kost  standen.  Bis  1470  war  es 
der  Meisterin  gestattet,  Töchter  von  Bürgern  auch  in  deren 
Häusern  zu  unterrichten ;  der  Amtsbrief  von  1470  hob  diese 
Ausnahmebestimmung  auf.  Die  Größe  des  Betriebes  war  be- 
schränkt auf  ein  Lehrmädchen,  wobei  eigene  Kinder  aber 
nicht  mitgezählt  wurden. 

Die  Lehrmädchen ,  für  deren  Aufnahme  erst  1506  ein 
Mindestalter  von  elf  Jahren  vorgeschrieben  wurde,  traten  in 
das  Hauswesen  der  Meisterin  ein ;  sie  hatten  eine  Mark  Ein- 
schreibegebühr zu  bezahlen,  von  welcher  auch  Meisterinnen- 
kinder nicht  befreit  waren.  Die  Lehrzeit  wechselte  mehrfach 
zwischen  drei  und  vier  Jahren ,  wobei  die  Nachfrage  wohl 
eine  Rolle  spielte;  1506  wurde  sie  auf  vier  Jahre  festgesetzt. 
Sie  brauchte  nicht  bei  derselben  Meisterin  begonnen  und  voll- 
endet zu  werden;  ein  Wechsel  war  aus  persönlichen  Gründen 
mit  Erlaubnis  des  Vorstandes  gestattet,  doch  durfte  durch  ihn 
die  Lehrzeit  keine  längere  Unterbrechung  erleiden,  es  sei 
denn  durch  Krankheit.  Nach  Ablauf  der  Lehrzeit  hatte  die 
Lehrtochter  das  Recht,  sich  selbständig  zu  machen  gegen  eine 
Einschreibgebühr  von  zwei  rheinischen  Gulden  (zu  3  M.  5 
S.  Köln^),  welche  1470  auf  drei  erhöht  wurde,  ohne  Zweifel, 
um  das  Selbständigwerden  zu  erschweren.  Die  Kinder  der 
Meisterinnen  waren  bevorzugt,  denn  sie  hatten  nur  einen,  von 
1470  ab  zwei  Gulden  zu  entrichten.  Die  Lehrzeit  von  drei 
bis  vier  Jahren  war  durchaus  angemessen  und  entsprach  der 
Lehrzeit  verwandter  Kölner  Gewerbe;  im  Vergleich  zu  einigen 
fremden  Seidengewerben  kann  sie  sogar  als  niedrig  gelten^. 
Die  Aussichten  auf  das  Fortkommen  der  Seideweberinnen  ver- 
schlechterten sich  gegen  Ende  des  15.  Jahrhunderts.  Zwar 
werden  Lohnweberinnen  und  Lohnspinnerinnen  schon  in  dem 
Amtsbrief  von  1469  genannt,  aber  sie  bildeten  damals  noch 
keinen  besonderen  Stand,  sondern  durften  um  Lohn  arbeiten, 
bis  sie  Meisterinnen  wurden;  1480  aber  hatte  sich  schon  ein 
merklicher  Wandel   vollzogen,   indem  viele  Weberinnen  nicht 


1  Für  die  Zeit  um  1400  kann  man  den  Gulden  nach  heutiger  Reichs- 
währung auf  9,26  Mk.,  für  1470  etwas  weniger  bemessen.  S.  die  laö.  in 
Mitteilungen  10,  p.  79  f.  nach  Angaben  von  Kruse.  ^    ^  ,  .  ^  ,,  ,^. 

2  In  Genia  betrug  die  Lehrzeit  für  Weber  6-9  Jahre,  wo.u  noch 
eine  zweijährige  Gesellenzeit  kam  (Sieveking  1  0);  in  Venedig  lernten  de 
Sammtweber  4  Jahre,  dazu  kamen  zwei  Jahre  Gesellenzeit;  1493  wurdej^ 
Lehrzeit  auf  5,  die  Gesellenzeit  auf  3  Jahre  erhöht,  151\y"^«  ^,  f»f 
Zustand  wiederhergestellt.  (Broglio  d'Ajano,  43,  53).  -  In  ^^ölo  bet™»' »• 
die  Lehrzeit  bei  den  Garnmacherinnen  (1397)  4,  den  Goldspinnennnen  (I3»p4^ 
den  Barchentwebern  (1420)  3  Jahre,  bei  den  Leinewebern  (1397)  allertlingt 
nur  2  Jahre. 


42  128. 

mehr  darauf  rechnen  konnten,  zur  Meisterschaft  zu  gelangen; 
sie  bildeten  nun  einen  besonderen  Stand  von  Lohnarbeiterinnen ; 
in  dem  Brief  von  1480  heißt  es:  wer  seine  drei  Jahre  Lehr- 
zeit durchgemacht  hat  und  sich  nicht  selbständig  machen  will 
(-  es  müßte  wohl  eigentlich  heißen  „kann"  — )  darf  Lohn- 
arbeiterin werden.  Die  Lohnverhältnisse  werden  zugleich 
genau  geregelt,  und  es  wird  eine  Lohntaxe  aufgestellt.  Das 
Trucksystem  wurde  verboten;  der  Lohn  war  Stücklohn  und 
betrug  für  das  Pfund  Seide  bei  den  Spinnerinnen  5—14,  bei 
den  Weberinnen  8 — 12  alb.  Köln.,  berechnet  nach  der  Seidenart 
beim  Spinnen,  nach  der  Breite  des  Gewebes  beim  Weben ^. 
Die  Zahl  der  in  einem  Betriebe  zu  beschäftigenden  Lohn- 
arbeiterinnen war  nicht  beschränkt,  und  so  bot  sich  jetzt  erst 
die  Möglichkeit,  den  Betrieb  beliebig  zu  erweitern.  Jetzt 
werden  größere  Betriebe  möglich,  wie  sie  angesichts  der  Ende 
des  Jahrhunderts  verarbeiteten  gewaltigen  Rohseidemengen 
vorausgesetzt  werden  müssen  ^.  Die  Lage  der  Lohnarbeiterinnen 
war  keine  schlechte,  10  alb.  im  Durchschnitt,  zumal  man  be- 
rücksichtigen muß,  daß  der  niedrigste  Satz  von  5  alb.  sich 
nur  auf  die  Schnurseide  bezog,  die  am  wenigsten  Mühe  ver- 
ursachte, weil  sie  aus  Abfallseide  hergestellt  wurde.  Für  eine 
Zeit,  in  welcher  im  allgemeinen  Frauenarbeit  überaus  niedrig 
bewertet  wurde  ^,  können  die  erwähnten  Löhne  sogar  als  recht 
hoch  gelten;  sie  mögen  vielleicht  darin  ihre  Erklärung  finden, 
daß  die  Arbeit  mit  Seide  doch  immerhin  eine  etwas  größere 
Kunstfertigkeit  erforderte  als  die  übrigen  Textilgewerbe,  welche 
ja  vor  allem  Frauen  beschäftigten;  so  mag  der  Zudrang  der 
Arbeiterinnen  zum  Seidengewerbe  auch  in  der  Zeit  der  größten 
Frequenz  des  Gewerbes  immer  bis  zu  einem  gewissen  Grade 
beschränkt  geblieben  sein.  Wie  gerade  die  Geschicklichkeit 
bewertet  wurde,  zeigen  die  Abstufungen  von  5,  8,  12,  14  alb. 
für  Spinnerinnen  und  von  8,  10,  12  alb.  für  Weberinnen  je 
nach  der  Empfindlichkeit  der  Seidensorten.  Die  Meisterinnen 
suchten  vielfach  die  hohen  Löhne  zu  umgehen,  indem  sie  in 
Waren  lohnten.  Diese  Gepflogenheit  scheint  damals  sehr  ver- 
breitet gewesen  zu  sein,  denn  der  Rat  erließ  wiederholt  Ver- 
bote dagegen :  in  den  Amtsbriefen  von  1469  und  1480  und  in 


1  Wert  des  albus  nach  heutiger  Münze  um  1400  =  0,45  Mk.,  1480 
jedenfalls  etwas  weniger;  vgl.  Mitteilungen  10,  p.  79 f.  —  Vom  Züricher 
Seidengewerbe  wissen  wir,  daß  die  Lage  der  Arbeiterinnen  nicht  schlecht 
gewesen  ist,  denn  sie  werden  ausdrücklich  von  der  öffentlichen  Wohltätigkeit 
ausgenommen.    (Bürkli-Meyer  16.) 

2  Vgl.  Geering,  Kölns  Kolonialwarenhandel,  Mitteilungen  11,  41  ff. 
Ich  vermeide  absichtlich  das  Wort  „Großbetrieb"  für  das  Mittelalter,  weil 
Großbetrieb  eine  ganz  spezifische  Betriebsart  dei-  neuesten  Zeit  ist,  mit 
welchem  selbst  ein  noch  so  großer  Betrieb  damaliger  Zeit  nicht  zu  ver- 
gleichen ist. 

^   Vgl.  Bücher,  Frauenfrage,  17. 


128.  43 

einem  besonderen  Erlaß  vom  15.  Januar  1479  ^  Eine  be- 
sonders scharfe  Verurteilung  erfährt  dieses  Trucksystem  in 
dem  Bericht,  den  Gerhard  von  Wesel  im  Jahre  1490/91  dem 
Rat  über  die  Schäden  des  Seidamts  erstattet 2;  hier  heißt  es: 
Is  ouch  degelix  vur  ougen,  dat  arme  wichter  zo  spinnen  ind 
zo  wirchen  krijgen,  sich  hungers  ind  dorstes  zo  erweren,  sij 
moessen  van  sijdmecherschen  bereiten  sijden  zo  19.  m.  coelscn 
paimentz  nemen,  die  sij  boven  I4V2  ader  15  zom  hogesten  niet 
weder  verkoufen  können;  of  sij  moessen  doich  nemen  umb 
6  m,  dat  men  weder  fro  is,  den  derden  penninck  min  zo  geven. 
Diese  Methode  der  Entlohnung  bedeutete  also  eine  ganz  er- 
hebliche Lohnkürzung,  welche  um  so  schwerer  ins  Gewicht 
fallen  mußte,  als  die  Arbeiterin  häufig  erst  nach  geraumer 
Zeit  ihre  Ware  los  werden  konnte.  Später  wird  übrigens  über 
die  Bezahlung  mit  Waren  nicht  mehr  geklagt. 

Eine  besondere  Rolle  spielten  beim  Seidengewerbe  immer 
die  Maßregeln  gegen  Veruntreuungen  der  Arbeiterinnen  und 
Lehrmädchen,  zu  welchen  der  hohe  Wert  des  Rohstoffes  in 
besonderem  Maße  verführte.  Schon  1275  wurde  in  Paris, 
1304  in  Zürich  hiergegen  vorgegangen^.  Der  Kölner  Amts- 
brief von  1469  bestraft  Seidenmacherinnen  und  Lehrtöchter  bei 
Unterschlagungen  im  Werte  von  mehr  als  2  Mark  mit  Aus- 
schluß aus  der  Zunft.  Auch  der  Amtsbrief  der  Goldspinnerinnen 
von  1397  geht  scharf  gegen  den  Diebstahl  von  Rohmaterialien 
vor.  Das  Veruntreuen  des  wertvollen  Rohstoffes  war  also  weit 
verbreitete  Unsitte. 

Jetzt  wie  später  war  der  Rat  bestrebt,  das  Seidenhand- 
werk der  Stadt  zu  erhalten  und  das  Abwandern  zu  verhindern ; 
letzteres  schon  aus  dem  Grunde,  damit  nicht  die  Ausgewan- 
derten außerhalb  der  Stadt  arbeiteten  und  dem  einheimischen 
Gewerbe  Konkurrenz  machten.  Das  übliche  Mittel  war,  dem 
Handwerker,  welcher  ausgewandert  war,  entweder  die  Rück- 
kehr ganz  zu  verbieten,  oder  ihm,  wenn  er  zurückgekehrt 
war,  doch  das  Handwerk  zu  untersagen.  In  Köln  wurde  im 
Amtsbrief  von  1469  bestimmt,  daß  eine  Hauptseidenmacherin, 
welche  durchgegangen  war,  in  der  Stadt  das  Gewerbe  als 
Meisterin  nicht  mehr  betreiben  dürfe.  Man  war  also  hier 
nicht  so  rigoros  wie  etwa  in  Zürich,  wo  1400  die  Rückkehr» 
wenn  sie  nicht  innerhalb  eines  Monats  erfolgte,  überhaupt 
verboten  wurde.  Freilich  mußte  Zürich  damals  alles  daran 
wenden,  um  sich  das  wichtige  Gewerbe  zu  erhalten,  da  «1 
schon  stark  zurückging.  Wurden  doch  in  der  Tat  durch 
Züricher  Auswanderer  die  Seidengewerbe  in  Basel  und  Augs- 


1  V.   Loesch  II,  423,  Nr.  659. 

2  Ebendas.  II,  425,  Nr.  661,  besonders  §  6.  u^,  ni^w^hri.f . 

3  FagDiez,  Doc.  I,  277,  Nr.  238;  Bürkli-Meyer,  7,  Züncher  Richtebnef ; 
vgl.  Schulte  I,  139. 


44  128. 

bürg  entweder  begründet  oder  wenigstens  doch  bedeutend 
gehoben  *. 

Wichtiger  als  die  personellen  Zunftverhältnisse  sind  für 
die  Charakteristik  des  Kölner  Seidengewerbes  die  materiellen 
Anordnungen,  die  vor  allem  den  Schutz  des  Handwerks  und 
der  Kunden  zum  Ziele  hatten. 

Zunächst  durfte  nur  in  Köln  gesponnene  Seide  verarbeitet 
werden  (1469)  bei  Verlust  der  Seide  und  der  Amtsgerechtig- 
keit; die  Verarbeitung  bezog  sich  sowohl  auf  das  Weben  und 
Zwirnen  als  auch  auf  das  Färben.  Gezwirnte  Seide  —  also 
das  Halbfabrikat —  suchte  man  von  der  Stadt  fern  zu  halten: 
eine  Bestimmung  des  Amtsbriefes  von  1469  verbot,  solchen 
Händlern,  welche  neben  roher  auch  gezwirnte  Seide  einführten, 
Rohseide  abzukaufen.  Sehr  wichtig  waren  ferner  die  Anord- 
nungen über  gute  Beschaffenheit  der  Ware,  denn  von  ihr  hing^ 
der  Ruf  des  Gewerbes  ab.  Wir  sahen  schon,  daß  sich  jeder 
Gewerbetreibende  und  jeder  Händler  Visitationen  gefallen 
lassen  mußte,  und  daß  rücksichtslos  gegen  schlechte  Arbeit 
vorgegangen  wurde.  Es  wurden  aber  auch  im  einzelnen  noch 
Bestimmungen  gegeben:  so  durfte  kein  Garn  in  die  [gezwirnte] 
Seide  und  in  die  Seidenschnüre  hineingewirkt,  keine  Knoten- 
seide versponnen,  rohe  Knoten  nicht  verkauft  werden^. 

Aus  einigen  Bestimmungen  des  dritten  Amtsbriefes  sind 
gewisse  Spezialitäten  der  Kölner  Seidmacherinnen  ersichtlich: 
die  Anfertigung  von  Garn  aus  Seide  mit  Gold-  oder  Silber- 
fkden  gemischt  und  von  Seidenschnüren;  also  auch  die 
Zwirnerei  war  im  15.  Jahrhundert  schon  sehr  entwickelt,  was 
ja  übrigens  auch  aus  den  vorhin  erwähnten  Maßregeln  gegen 
die  Einfuhr  gezwirnter  Seide  hervorging.  Ferner  werden  im 
fünften  Amtsbrief  (1480)  gelegentlich  der  Lohnfestsetzung  für 
die  Lohnarbeiterinnen  als  Arbeiten  angeführt:  Wirken,  Spinnen, 
Winden ,  Schnurmachen ,  „schraiden"  und  anderes.  Auch 
mehrere  Rohseidensorten  werden  genannt,  die  wohl  als  die 
damals  in  Köln  gebräuchlichsten  zu  gelten  haben :  die  beste 
Stickseide  wurde  hergestellt  aus  Talanyer  Seide,  eine  minder 
gute  Sorte  war  camerijfrauwen  sijde,  dann  Myssynsche  sijden, 
recalica  u.  dergl.  Die  Durchschnittsseide  bestand  aus  ver- 
schiedenen Sorten:  „allerleie  sijden,  van  wat  sorten  die  were"; 


^  Bürkli-Meyer ,  20,  ferner  die  Urkunden  p.  60  f.  von  1400  und  1404. 
1404  wurde  in  Zürich  die  Seidenmacherin  Elli  Chuntz,  die  gegen  das  Verbot 
von  1400  gehandelt  hatte  und  nach  Basel  ausgewandert  war,  um  dort  das 
Handwerk  auszuüben,  sobald  man  ihrer  habhaft  wurde,  in  den  Turm  ge- 
steckt und  erst  nach  Intervention  von  Freunden  und  Verwandten  entlassen; 
sie  mußte  aber  schwören,  der  Stadt  auf  zwei  MeUen  Entfernung  fem  zu 
bleiben. 

2  Knoten  sind  die  zum  Zweck  des  Webens  auf  dem  Webstuhl  ge- 
knoteten Enden  der  Seidenfäden,  welche  abgeschnitten  und  dann  als  Abfall 
verkauft  und  unerlaubter  Weise  wieder  verarbeitet  wurden. 


128.  45 

die  minderwertigste  war  die  Schnurseide,  die  aus  den  beim 
Spinnen,  Winden,  Zwirnen  und  Weben  entstandenen  Abfällen 
gewonnen  wurde,  später  als  Floretseide  in  Köln  sehr  verbreitet 
war  und  einen  ganzen  Industriezweig  beschäftigte.  Etwas 
später,  1490,  wird  auch  noch  in  Venedig  gesponnene  Seide 
•erwähnt,  die  trotz  des  Verbotes  in  Köln  verarbeitet  wurde, 
wie  denn  überhaupt  die  Angehörigen  des  Seidengewerbes  sehr 
zu  Eigenmächtigkeiten  neigten;  ein  Exportgewerbe  ließ  sich 
•eben  nicht  so  leicht  in  starre  Formen  kleiden.  Um  15CHJ 
wird  endlich  noch  eine  Seidensorte  „Parger"  erwähnt,  die 
eine  Spezialität  der  Kölner  zünftischen  Seidmacher  des  16  und 
17.  Jahrhunderts  geblieben  ist,  freilich  nicht  zu  ihrem  Ruhme; 
1537  wird  dann  noch  eine  ebenfalls  minderwertige  Seidenart, 
breitplat  oder  cocken  verboten,  eine  Sorte,  die  sich  gleichwohl 
erhielt  und  noch  1642  als  Kucken  berüchtigt  war  ^  Die  er- 
wähnten, oft  recht  seltsamen  Fachausdrücke  lassen  einen  klaren 
Einblick  in  die  Fabrikationsverhältnisse  nicht  zu ;  nur  so  viel 
ist  aus  ihnen  deutlich  zu  ersehen,  daß  die  gewerbliche  Tätig- 
keit sehr  vielseitig  war ;  es  wurden  nicht  nur  die  gangbarsten 
Seidensorten  hergestellt,  sondern  man  hatte  bereits  begonnen, 
sich  auf  gewisse  Spezialarten  zu  legen. 

Je  mehr  die  einzelnen  Produktionsstaffeln  und  Produktions- 
zweige sich  entfalteteten ,  desto  mehr  erweiterte  sich  die  Be- 
triebsspezialisierung, die  Arbeitsteilung  innerhalb  des  Gewerbes. 
Schon  vor  1397  hatten  ja  die  damals  hauptsächlich  entwickelten 
Zweige,  die  Wappenstickerei,  Goldspinnerei,  Färberei  und 
Weberei  selbständige  Bahnen  eingeschlagen.  Jetzt  setzt  der 
Prozeß  der  Arbeitsteilung  sich  fort,  und  zwar  innerhalb  der 
Seidmacherei.  1456  wurde  aus  den  Seidspinnerinnen  eine 
selbständige  Zunft;  sie  erhielten  einen  eigenen  Aratsbrief«, 
und  zugleich  ernannte  der  Rat  zwei  Ratsherrn  zur  Aufsicht 
über  ihre  Arbeit.  Sie  blieben  aber  stets  in  Abhängigkeit  von 
den  Seidmacherinnen,  wie  es  ja  in  der  Natur  der  Sache  lag. 
Die  Weberinnen  waren  die  Arbeitgeber,  die  Spmnennnen  die 
Lohnarbeiterinnen;  diese  untergeordnete  Stellung  ist  aus  dem 
Amtsbrief  von  1480  (§§  21,  23)  deutlich  zu  erkennen.  Ana- 
loge Verhältnisse  bestanden  ja  auch  in  Zürich  zwischen  den 
Weberinnen  einerseits  und  den  Winderinnen,  Zwickerinnen 
und  Zettlerinnen  anderseits«.  In  Paris  ist  ein  solches  Unter- 
ordnungsverhältnis  nicht  zu   erkennen,   hier  scheint  vielmehr 


1  V.  Loesch  II,  435,  Nr.  667.  Ich  verma«  das  Wort  nicht  »u  erUir«, 
es  findet  sich  noch  ^or  in  einer  Verordnung  ?««  Ilates jron  1642  MI«  W> 
und  wird  hier  aufgeführt  als  Nähseide,  die  nichta  taugt  ArchiT,  Seidamt, 
17.  Jh.  vgl.  auch  Fuchs,  Topogr.  p.  246  f. 

«  V.  Loesch  II,  420,  Nr.  652  und  Anm.  1;  vgl.  Dahmen  I,  8. 

«   Bürkli-Meyer,  16. 


46  128. 

eine  gleichmäßige  direkte  Abhängigkeit  vom  kaufmännischen 
Verleger  vorzuherrschen  ^. 

Die  Seidenfärber  hatten  eine  ganz  andere  Stellung;  sie 
erhielten  sich  ganz  unabhängig  von  den  Weberinnen.  Ihnen 
war  durch  den  Amtsbrief  der  Seidmacherinnen  von  1469  ver- 
boten, für  andere  als  für  die  Seidmacherinnen,  und  zwar  nur 
für  die  Meisterinnen,  zu  färben ;  aber  sonst  erhielten  die  Amts- 
briefe keine  Beschränkungen,  ebenso  wenig  wie  der  Färber- 
amtsbrief von  1396/97.  Was  die  Technik  des  Färbens  an- 
betrifft, so  wurde  durch  den  Brief  von  1469  angeordnet,  daß 
nur  mit  Seidenfarben  gefärbt  werden  dürfe,  nicht  aber  mit 
Waid.  (Waid  diente  zum  Blaufärben;  der  Waidhandel,  der 
in  Erfurt  und  Köln  seine  beiden  Hauptmittelpunkte  in  Deutsch- 
land hatte,  war  für  Köln  von  großer  Bedeutung;  der  „Waid- 
markt" erinnert  noch  heute  daran  ^).  Es  müssen  auch  Frauen 
das  Gewerbe  betrieben  haben,  denn  der  Amtsbrief  von  1480 
enthält  (§  8)  zu  verwer  den  Zusatz  oder  verwersen. 

Eine  von  großer  Umsicht  des  Rats  und  der  beteiligten 
Gewerbe  zeugende  Anordnung  enthält  der  Amtsbrief  von  1480: 
fortan  sollten  regelmäßige  Meisterkonferenzen  stattfinden ,  auf 
welchen  die  Meister  und  Meisterinnen  der  Seidmacherinnen, 
Seidspinnerinnen  und  Seidenfärber  in  Gegenwart  der  Rats- 
deputierten zu  den  Seidmacherinnen  zusammentreffen  sollten, 
um  über  Gebrechen  und  über  Differenzen  zwischen  Weberinnen 
und  Spinnerinnen,  insbesondere  wegen  Lohnfragen  zu  ver- 
handeln. Die  Verhandlungen  hatten  mindestens  alle  Viertel- 
jahre stattzufinden.  Aufrichtigen  Frieden  schaffte  auch  diese 
Maßregel  nicht;  bald  entstanden  große  Differenzen,  die  der 
Rat  1482  in  der  Weise  zu  schlichten  suchte,  daß  er  von  beiden 
Parteien  —  Weberinnen  und  Spinnerinnen  —  sechs  Deputierte 
zur  Vernehmung  bestellte^.  Das  Seidengewerbe  machte  den 
Herren  vom  Rate  viel  zu  schaffen.  Sowohl  der  dritte  als  auch 
der  fünfte  Amtsbrief  war  erlassen  worden,  um  entstandene 
Mißstände  zu  beseitigen.  Immer  aufs  neue  mußten  Verord- 
nungen wiederholt  werden,  weil  sie  anscheinend  gar  nicht  oder 


1  Fagniez,  Et.  221  ff.:  „La  filature".  Die  Angaben  beziehen  sich  aller- 
dings nur  auf  das  13.  und  14.  Jahrhundert,  sind  also  nicht  ohne  weiteres 
zum  Vergleich  geeignet. 

2  Vgl.  V.  Loesch,  Einleitung,  Kap.  1  „Quellen  und  Literatur"  p.  19. 
Loeschs  Ansicht,  daß  die  „ohne  Waid  färbenden  Seidfärber  erst  im  15.  Jahr- 
hundert" Wichtigkeit  erlangt  hätten,  vermag  ich  nicht  zu  teilen-,  die  nam- 
hafte Stellung,  die  das  Seidengewerbe  in  Köln  bereits  im  14.  Jahrhundert 
gehabt  hat,  wäre  garnicht  möglich  gewesen  ohne  bereits  entwickelte  Färberei 
(d.  h.  Seidenfärberei);  übrigens,  auch  wenn  —  wie  Loesch  meint  —  der 
Johannes  de  Parisiis  (1359)  nur  das  Vorhandensein  vereinzelt  auftretender 
Seidenfärber  bewiese,  so  würden  auch  diese  schon  für  das  Seidengewerbe 
von  Wichtigkeit  gewesen  sein. 

8  V.  Loesch  II,  421,  Nr.  654.  Ob  die  Maßregel  Erfolg  gehabt  hat, 
wissen  wir  nicht. 


128. 


47 


nur  lau  befolgt  wurden,  oder  es  mußten  neue  Bestimmungen 
erlassen  werden.  Die  selbständigen  Regungen  im  Seiden- 
gewerbe, auch  in  dem  zünftischen  Teil  desselben,  waren  nicht 
zu  unterdrücken ;  das  zeigt  deutlich  der  Bericht  Gerharts  von 
Wesel  an  den  Rat  (1490/01).  Nach  ihm  hatten  vier  bis  sechs 
Hauptseidmacherinnen,  die  so  reich  waren,  daß  sie  jährlich 
2  bis  3000  GL  für  Rohseide  ausgeben  konnten  ^  schließlieh 
fast  eine  Monopolstellung  in  der  Lehrmädchenhaltung  erlangt, 
gegen  welche  die  armen  Meisterinnen,  die  ihr  Gewerbe,  wie 
der  Berichterstatter  sagt,  vielleicht  besser,  jedenfalls  ebenso 
gut  verständen,  nicht  aufkommen  konnten.  Diese  Ärmeren 
konnten  sich  nicht  selbst  Seide  kaufen,  sondern  mußten  fUr 
einen  Verleger  weben  2.  Die  kapitalistische  Tendenz  im  Kölner 
Seidengewerbe  ist  hieraus  klar  ersichtlich,  gleichzeitig  aber 
auch  die  selbständige  Stellung  der  Gewerbetreibenden,  die 
sich  also  auch  auf  die  weiblichen  Meister  erstreckte^.  Diese 
Tendenz  erhielt  später  eine  Förderung  durch  den  Transtix- 
brief  von  1506,  in  welchem  festgesetzt  wurde,  daß  die  Seid- 
macherinnen überhaupt  nur  noch  eigene  Seide  verarbeiten 
dürften. 

Auch  gegen  das  Verbot,  auswärts  gesponnene  Seide  zu 
verarbeiten,  wurde  andauernd  verstoßen,  natürlich  zum  Schaden 
der  einheimischen  Spinnerinnen,  die  schon  ohnehin  einen 
schweren  Stand  gegenüber  den  Weberinnen  hatten.  Nament- 
lich bezog  man  gesponnene  Seide  aus  Venedig,  die  dann  in 
Köln  gefärbt  und  verarbeitet  wurde'*.  Mit  der  sogenannten 
Knotenseide,  deren  Verarbeitung  ausdrücklich  verboten  war, 
trieben  die  Weberinnen  einen  schwunghaften  Handel;  die 
armen  Handwerker  und  Handwerkerinnen  machten  aus  ihnen 
Schnüre,  welche  später  allgemein  Schlangenschnüre  hießen 
(slengern  =  winden).  Wie  sehr  die  Hauptseidmacherinnea 
bestrebt  waren ,  billige  Arbeitskräfte  zu  erhalten ,  *zeigt  der 
Umstand,  daß  sie  andauernd  die  in  ärmlichen  Verhältnissen 
lebenden    Beghinen    beschäftigten,    wodurch    wiederum    den 


1  Das  wären  ca.  18  bis  27000  Mk.  nach  heutigem  Gelde! 

2  Wie  wertvoll  Rohseide  war,  geht  schon  daraus  hervor,  daß  es  sich 
verlohnte,  veruntreute  Seide  (also  kleinere  Quantitäten,  denn  nur  solche 
konnten  gelegentlich  der  Arbeit  beiseite  gebracht  werden)  bei  „Kristen" 
oder  ,,,]ueden"  zu  versetzen  (Amtsbrief  1469,  18). 

^  Auch  Geering,  a.  a.  0.,  nennt  eine  Anzahl  solcher  weiblichen  Unter- 
nehmer; davon  später. 

*  Vielleicht  stellte  sich  die  Seide  aus  Venedig  billiger,  u.  z.  dadurch, 
daß  dort  die  Arbeitslöhne  niedriger  waren.  Zwar  sind  sie  nicht  bekannt, 
aber  es  ließen  dort  die  Kaufleute  häufig  direkt  Hasplerinnen  und  Zwirner 
für  sich  arbeiten,  also  unter  Umgehung  der  Meister,  was  allem  schon  eine 
Verbilligung  bedeutete.  Bei  dem  ohnehin  lebhaften  Mandel  zwischen  Köln 
und  Venedig  war  es  leicht,  Seide  beizupacken,  so  daß  also  eine  i'rej«- 
erhöhung  durch  die  Fracht  kaum  in  Frage  kam.   Vgl.  Broglio  d'Ajtno  p.  a2f. 


48  128. 

Spinnerinnen  (d.  h.  den  zünftischen)  mancher  Verdienst  ver- 
loren ging.  Wenn  die  Meisterinnen  aber  gewerbsmäßige 
Arbeiterinnen  beschäftigten,  so  suchten  sie  durch  die  Art  der 
Lohnzahlung  den  Lohn  herabzudrücken.  Wie  schon  erwähnt, 
hatten  sich  in  den  Entlohnungsverhältnissen  recht  erhebliche 
Mißstände  herausgebildet;  es  hatte  sich  ein  regelrechtes  System 
der  Ausbeutung  entwickelt,  welches  der  Berichterstatter  Ger- 
hart von  Wesel  Wucher  nennt,  „linancie  ind  me  dan  financie". 
Die  mit  Waren  entlohnten  Arbeiterinnen  mußten  notgedrungen 
beim  Kleinverkauf  ihrer  Waren  den  zum  Gewandschnitt  Be- 
rechtigten Konkurrenz  machen,  indem  sie  oder  Unterkäufer 
die  Seidenwaren  von  Haus  zu  Haus  feilboten.  1486/87  findet 
sich  in  dem  Verzeichnis  der  Gewandschneider  auch  eine 
Seidenweberin,  Trinchen  Schlößgin,  die  1494  in  die  Zunft  der 
Seidmacherinnen  aufgenommen  wird^.  Der  Hausierhandel 
erhielt  sich  trotz  aller  Verbote  noch  lange;  1529  wird  das 
Feilhalten  von  Gewand,  Seide  und  Seidentuch  auf  den  Straßen, 
1648  der  Verkauf  von  Seide  in  Privathäusern  verboten*. 

Mißstände  wie  die  erwähnten,  insbesondere  soziale  Gegen- 
sätze zwischen  Unternehmern  und  Arbeitern,  waren  aber  im 
Textilgewerbe,  namentlich  im  Seiden-  und  Baumwollengewerbe, 
allgemein  verbreitet;  sie  sind  daher  für  das  Kölner  Seiden- 
gewerbe keineswegs  typisch  zu  nennen.  Die  Klassengegen- 
sätze scheinen  in  Köln  als  Mißstand  sogar  nur  vorübergehend 
empfunden  worden  zu  sein,  denn  wir  hören  später  nichts  menr 
von  ihnen,  obwohl  weit  mehr  Material  vorliegt.  Ganz  anders 
war  es  in  Florenz;  hier  werden  die  Seidenweber  sogar  zu 
einer  niederen  Klasse,  den  membri  minori,  herabgedrückt;  sie 
konnten  zwar  der  Zunft  beitreten,  machten  aber  tatsächlich 
ihrer  Armut  wegen  von  ihrem  Rechte  keinen  Gebrauch.  In 
Venedig  lagen  die  Verhältnisse  weit  besser,  obschon  auch  hier 
ein  Gegensatz  zwischen  den  weit  selbständigeren  samitarii  und 
den  Färbern  einerseits  und  den  übrigen  Gewerbetreibenden 
anderseits  bestand.  In  Köln  bildeten  die  Spinnerinnen  die 
am  meisten  bedrängte  Klasse;  aber  sie  waren  doch  zünftisch 
organisiert,  und  ihre  Lage  war  trotz  der  Konkurrenz-  und 
Abhängigkeitsverhältnisse  keine  schlechte.  Der  Rat  trat  recht- 
zeitig den  hervortretenden  Ausbeutungstendenzen  entgegen  und 
zwar  mit  Erfolg,  wie  er  denn,  in  dieser  Zeit  wenigstens,  eine 
den  Verhältnissen  angepaßte  humane  Sozialpolitik  trieb. 
Jedenfalls  zeigt  das  trotz  vorkommender  Zwistigkeiten  im 
ganzen  friedliche  Verhältnis  zwischen  Unternehmern  und  Ar- 
beitern und  der  gleichmäßige  Aufschwung  des  Kölner  Seiden- 
gewerbes  im  Mittelalter,   daß   die  inneren  Schäden  nicht  von 


1   v.Loesch  I,  233;  II,  431  flf.  in  Nr.  664;  auch  Nr.  661  §  6. 
*   Archiv,  Rpr.  T»»'  und  95^»». 


128. 


49 


bedenklichen  Folgen  begleitet  und  mehr  vorübergehender 
Natur  waren. 

Von  besonderem  Interesse  ist  beim  Seidengewerbe  die 
Arbeitsteilung  innerhalb  des  Gewerbes.  Daß  sie  in  Köln  weit 
vorgeschritten  war,  haben  wir  gesehen;  aber  auch  an  anderen 
Orten  war  sie  mehr  oder  weniger  scharf  durchgeführt.  Nicht 
überall  aber  waren  die  einzelnen  Zweige,  besser  Staffeln  des 
Gewerbes  selbständig  arbeitende  Gewerbe  geworden  oder 
wenigstens  auf  dem  Wege,  es  zu  werden.  In  Genua  gab  es 
selbständige  Weber  bis  1432,  bis  zur  Gründung  der  Seiden- 
zunft; sie  verarbeiteten  ihre  eigene  Seide  oder  Seide  von 
Kunden  im  Lohnwerk  ^  Mit  der  Begründung  der  Seiden- 
zunft aber  begann  ihre  vollständige  Abhängigkeit  vom  kauf- 
männischen Verleger.  Die  Spinner,  filatores,  aus  Hasplerinnen 
und  Zwirnern  bestehend,  erhielten  erst  1598  besondere  Sta- 
tuten ^ ;  Selbständigkeit  besaßen  sie  naturgemäß  in  noch  ge- 
ringerem Maße  als  die  Weber.  Deutlicher  erkennbar  ist  die 
Scheidung  in  Spezialzweige  in  Florenz:  allein  die  Weber 
spalten  sich  in  Sammet-,  Damast-,  Atlas-,  Tafft-,  Band-  und 
Posamenten weber;  letztere  waren  schon  1444  eine  selbständige 
Zunft  ^.  In  Venedig  finden  wir  erst  später  (etwa  um  1500)  die 
Scheidung  der  Sammetweber  und  Zwirner  in  zwei  getrennte 
Zünfte;  die  Zwirner  waren  auch  hier  in  bedeutend  größerer 
wirtschaftlicher  Abhängigkeit ;  als  Spezialität  wurde  die  Weberei 
der  panni  d'oro  betrieben. 

Weitaus  die  zahlreichsten  Souderberufe  waren  in  Paris 
entstanden^;  die  Weberei  schon  beschäftigte  sechs  Zünfte 
(corporations) :  1.  Les  laceurs  de  fil  de  soie  oder  dor^iotiers 
(faisaient  de  la  passementerie  et  de  la  rubannerie  en  soie,  fil, 
laine  et  coton),  2.  Les  cr^piniers,  (faisaient  des  coiffes  pour 
dames  etc.  et  des  baldaquins  pour  mettre  audessus  des  auteU); 
3.  Les  tisseurs  de  soie  (tissaient  avec  la  soie  et  l'or  des  cein- 
tures,  des  ^toles,  de  riches  coifi*ures  [textrices  quae  texunt 
serica  texta  projiciunt  fila  aurata  officio  cavillarum  et  percu- 
tiunt  subtegimenta  cum  lignea  spata]);  4.  Les  fabricants  de 
soieries  et  de  velours;  5.  Les  tisserands  de  couvre-chefs  de 
soie  (faissaient  des  voiles  pour  les  femmes) ;  6.  Les  fabricants 
des  aumonieres.  Als  Sondergewerbe  hatte  sich  die  Arbeit  mit 
Gold-  und  Silberfäden  entwickelt,  von  der  im  Zusammenhange 
mit  den  Kölner  Goldspinnerinnen  die  Rede  sein  wird.  Die 
Pariser  Seidenindustrie  blieb  in  hoher  Blüte,  auch  nachdem 
Louis  XL  in  Lyon  (14G6)  und  in  Tours  (1480)  Konkurrenten 


>  Sieveking  110. 

2  Ebendas.  107. 

8  Sieveking  117. 

*  Broglio  d'Ajano,  32,  35. 

ß  Fagniez,  Et.,  273  ff.  vgl.  Tab.  p.  7  ff. 

Forschungen  128.  —  Koch. 


50  128. 

groß  gezogen  hatte  ^.  Paris  behielt  das  Übergewicht  für  eine 
Anzahl  von  Spezialartikeln,  welche  es  der  engen  Verbindung 
der  Spinnerei,  Weberei  und  Färberei  einerseits  und  der  Stickerei 
anderseits  verdankte.  Die  Spinnerei,  schon  um  1300  selb- 
ständig entwickelt,  war  in  vier  Zünfte  geteilt,  die  Weberei  in 
sechs,  so  daß  also  das  eigentliche  Seidbereiten  in  Paris  allein 
zehn  Zünfte  beschäftigte;  eine  ganz  erstaunliche  Arbeitsteilung, 
wie  sie  im  Seidengewerbe  in  keiner  Stadt  damals  auch  nur 
annähernd  wieder  zu  finden  ist.  Am  nächsten  kommt  dann 
Köln;  Spezialisation  hat  ja  auch  in  den  italienischen  Städten 
stattgefunden,  aber  nicht  in  so  großem  Umfange  und  nicht  in 
selbständige  Gewerbe.  Das  aber  ist  gerade  für  Paris  und  für 
Köln  bezeichnend. 

In  Kürze  mögen  hier  auch  noch  die  für  das  Kölner 
Seidengewerbe  so  charakteristischen  Sonderzweige  der  Wappen- 
stickerei und  Goldspinnerei,  für  welche  wir  analoge  Bildungen 
auch  in  Paris  finden,  skizziert  werden. 

Die  Wappensticker  erhielten  ihren  Zunftbrief  1397;  die 
Einzelheiten  dieses  Briefes  bieten  nichts  Bemerkenswertes. 
Die  Eintrittsgebühr  betrug  1  rhein.  Gulden  (und  ein  Viertel 
Weines),  die  Lehrzeit  6  Jahre;  die  lange  Lehrzeit  war  für 
ein  Kunstgewerbe  durchaus  angemessen.  Der  Brief  der 
Wappensticker  wurde  bis  1500  nicht  abgeändert.  Hier  herrschte 
im  Gegensatz  zu  den  Seidenwebern  Zunftzwang  und  daher 
eine  große  Intoleranz  gegen  Unzünftige.  So  wollte  sich  z.  B. 
1531  ein  Sticker  Konrad  von  Bolhausen  mit  seiner  Frau,  die 
„des  Nähens  und  Stickens"  mit  Seide  erfahren  war,  in  Köln 
niederlassen ;  die  anderen  Seidensticker  der  Stadt  wollten  nun 
die  Frau  Bolhausen  nicht  dulden,  da  sie  nicht  in  Köln  gelernt 
habe  2.  Feiertagsarbeit  war  untersagt.  Besondere  Maßregeln 
waren  notwendig,  um  das  Gewerbe  in  seiner  Eigenschaft  als 
Kunstgewerbe  zu  schützen;  so  durfte  niemand  dem  andern 
seine  Lehrlinge  abjagen;  das  Bestreben,  kunstfertige  Kräfte 
für  sich  zu  gewinnen,  war  ja  sehr  erklärlich. 

Besonders  wichtig  waren  die  Maßregeln,  welche  der  Er- 
haltung einer  guten  Beschaffenheit  des  hergestellten  Werkes 
dienten;  da  heißt  es:  man  solle  „van  goiden  Stoffen  wirken 
ind  man  sal  goit  golt  bi  goit  golt  legen  ind  goit  silver  by 
goit  silver,  ind  dat  mit  sijden  upzosticken",  bei  Strafe  des 
Verlustes  der  Bruderschaft.  Täuschung  durch  neu  h er- 
gerichtetes Altwerk  scheint  recht  üblich  gewesen  zu  sein, 
denn  es  wurde  besonders  verböten.  Eigenartig  war  die  Be- 
stimmung,    daß    Modelle    für    Massenlieferungen    von    einem 


1  Fagniez,  Et.,  228. 

2  Archiv,  Seidamt.  16.  Jh.  1531,  Januar  2;  fol.  1.  Es  ist  leider  nicht 
festzustellen,  ob  Bolhausen  trotz  des  Widerstandes  der  Zunft  seine  Nieder- 
lassung durchgesetzt  hat. 


128.  51 

Wappensticker  zum  anderen  unentgeltlich  verliehen  werden 
sollten  •  es  handelt  sich  hier  um  Lieferung  einer  Anzahl  gleicher 
Stücke  für  einzelne  Personen  oder  auch  Gesellschaften,  wie 
etwa  „van  herrenleverien  of  van  geselschaf".  Natürlich  war 
das  Amt  eifrig  bemüht,  das  Wappenstickerhandwerk  nicht 
durch  Konkurrenten  schädigen  zu  lassen :  fortgezogene  Zunft- 
genossen werden  ausgeschlossen.  Das  Arbeiten  in  fremden 
Häusern  war  streng  verboten ;  das  Gesinde  durfte  nur  für  den 
Prinzipal  arbeiten. 

Die  Kölner  Wappensticker  arbeiteten  sehr  vieV  für  aus- 
wärtige Kunden;  daher  war  der  Rat  emsig  bemüht,  gegen 
jede  schlechte  Arbeit  vorzugehen.  1447  unterstützte  er  die 
Wappensticker  gegen  unzünftige  Pfuscherarbeit  und  gab  den 
Amtsmeistern  das  Recht,  in  den  Wohnungen  der  Handwerker 
die  Arbeit  auf  ihre  vorgeschriebene  Beschaffenheit  hin  zu 
untersuchend  Wie  weit  die  Beziehungen  der  Kölner  Sticker 
gingen,  ist  uns  durch  eine  ganze  Reihe  von  Beispielen  über- 
liefert; ich  möchte  nur  einige  besonders  bemerkenswerte  an- 
führen; 1468  nimmt  der  Wappensticker  Heinrich  zur  An- 
fertigung eines  mit  Gold  gestickten  Rockes  für  die  Frau 
des  Herzog  Wilhelm  von  Braunschweig  8  Gesellen  zu  sich, 
denen  er  sechs  Wochen  lang  Kost  und  wöchentlich  einen 
Gulden  Lohn  gibt;  der  Preis  des  Rockes  beläuft  sich  dann 
auf  220  Gld.  (v.  Loesch  II,  584). 

1437  arbeitet  ein  Reynart  wapensticker  im  Auftrage  für 
den  beduirwirker  Johan  van  Syngelsbeke  in  Maestricht^;  die 
Wappensticker  arbeiteten  demnach  auch  für  auswärtige  Hand- 
werksmeister;  es  handelt  sich  eben  um  ein  Kunstgewerbe, 
in  welchem  sich  einzelne  besonders  geschickte  Genossen  ein 
weitverbreitetes  persönliches  Ansehen  verschafft  hatten,  und 
deren  Arbeit  in  besonderen  Fällen  aufgesucht  wurde. 

Bei  dem  Ruf,  dessen  sich  das  gesamte  Kölner  Wappen- 
stickerhandwerk erfreute,  war  es  nur  natürlich,  daß  gar 
manche  Mitglieder  es  zu  Ruhm  und  Vermögen  brachten.  Ein 
besonders  wohlhabender  Mann  muß  der  Kunststicker  Wilhelm 
von  Bomele  gewesen  sein  3,  der  1399  für  sämtliche  Altäre  der 
neuen"  Kirche  des  Karthäuser  Klosters  gelegentlich  ihrer  Ein- 
weihung Antependien  und  100  Gl.  stiftet  (ao.  1389  Wilhelmu» 
de  Bomele,  civis  Colon,  plumarius,  dedit  in  consecratione 
novae  ecclesiae  pulchra  antependia  pro  singulis  altaribus  et 
100  flor.  Rhen ).  Der  Wappensticker  Johann  von  Bornheim 
wird  dreimal,  1439,  1442  und  1445  als  Senator  angoftlhrt; 
er  besaß  bis  1451    die   eine  Hälfte   des  Hauses  Roggendorp*. 


1  V.  Loesch  II,  464,  Nr.  713,  ao.  1447  November  24  und  Dezember  13, 

2  V.  Loesch  II,  465,  Nr.  714.    1457  Febr.  4.  .  ^       u     j      u 

3  Mitteilungen  45,  p.  23  ff.    J.  J.  Merlo:  Kunst  und  Kunsthandwerk 
im  Karthäuser  Kloster  zu  Köln;  Schatzverzeichnis  des  vestiarium. 

*   Bock,  lit.  Gew.  a.  a.  0.  I,  274,  aus  den  Schreinsbücbem. 


52  128. 

Kunstwerke  Kölner  Wappensticker  aus  dem  15.  Jahr- 
hundert und  späterer  Zeit  sind  heute  noch  in  großer  Fülle 
erhalten,  namentlich  in  Kölner  Kirchen,  dann  in  Museen  und 
Privatsammlungen.  Ihr  Ursprung  ist  häufig  daran  mit  Sicher- 
heit zu  erkennen,  daß  sie  die  Namen  oder  Wappen  der 
Schenkenden  eingestickt  tragen;  unter  diesen  nun  sind  zahl- 
reiche Kölner  Familien.  So  erwähnt  z.  B.  das  Schatzverzeichnis 
des  Karthäuser  Klosters  folgende  Stiftungen  von  Pracht- 
gewändern: ao.  1337  Gotschalcus  Overstolz  scabinus  dedit 
casulam;  -ao.  1362  Henricus  Rumilin  miles  dedit  casulam; 
ferner  mögen  noch  hervorgehoben  sein:  1400  ein  Antependium 
und  eine  Kasel  aus  Goldgewebe;  1432  eine  Kasel,  weiß  mit 
Perlen;  1436  ein  blaues  Priestergewand  mit  Perlen  und 
Heiligenbildern.  Allerdings  ist  der  Ursprung  dieser  Gewänder 
ungewiß  ^.  Die  große  Rolle,  die  die  Wappenstickerei  auf  den 
ritterlichen  Ausrüstungsstücken  und  auch  anderen  größeren 
Stücken  spielte,  hat  zu  dem  Namen  des  ganzen  Handwerks 
Veranlassung  gegeben. 

Das  Handwerk  wurde  von  Männern  und  Frauen  betrieben; 
in  dem  Amtsbrief  ist  stets  von  Lehrkindern,  Meistern  und 
Meisterinnen  die  Rede. 

Die  Sticker  wehrten  sich  energisch  gegen  Eingriffe  und 
Benachteiligungen  jeder  Art.  147^  beschwert  sich  Katrinchen, 
die  Gattin  des  Wappenstickers  Wolfgang  Reym  sogar  beim 
Könige  Friedrich  [III.],  daß  sie  durch  den  Kölner  Bürger 
Gerhard  Burggrave  in  einem  Handel  mit  dem  Wappensticker- 
amte  große  Kosten  und  großen  Schaden  erlitten  habe;  der 
König  ersucht  den  Rat,  ihr  zu  ihrem  Recht  zu  verhelfen^. 
Alles   was   wir   über   dieses  Handwerk  wissen,    beweist  seine 


1  Icü  kann  hier  nicht  weiter  auf  die  Kölner  Kunststickerei  eingehen 
um  nicht  allzu  weit  auf  das  Gehiet  der  Kunstgeschichte  abzuschweifen. 
Sehr  ausführlich  wird  die  kirchliche  Kunststickerei  behandelt  in  den  an- 
geführten Werken  von  Bock;  manche  seiner  Angaben  sind  allerdings  ver- 
altet. —  Die  bemerkenswertesten  noch  heute  in  Kölner  Kirchen  vorhandenen 
Stücke  dieser  Zeit  sind  folgende:  Alte  Stickerei,  figurale  in  Gold  gestickte 
Stäbe,  15.  Jh.  (auf  neuen  weißen  Damast  aufgesetzt),  Geschenk  des  Kölners 
Heynrich  pennynck  in  St.  Jacob  (ehem.  Stiftskirche  St.  Georg);  gestickte 
Stäbe  eines  Meßgewandes  Mitte  15.  Jb.,  Geschenk  von  Johann  Penynck,  in 
St.  Cäcilien;  mit  Wappen  des  Stifters;  (Meßgewand  des  hl.  Heribert  in  Deutz, 
Cendelstoff  von  goldfarbiger  Seide ;  schon  früher  erwähnt)  (Casula  des  sei. 
Albertus  M.  in  der  Andreaskirche,  ebenfalls  früher  erwälint);  in  Seide  ge- 
stickte Tasche,  14.  Jh.  in  St.  Gereon  (Erzeugnis  der  Taschenmacher?); 
weniger  bemerkenswert  sind  Stickereien  in  St.  Alban,  15.  Jh.,  St  Columba 
15.  Jh.,  St.  Maria  im  Capitol  15.  Jh.,  St.  Johann,  15.  Jh.  Ge- 
schenk von  Johan  Steinkop,  1483  Kirchmeister  von  St.  Johann,  St  Maria 
in  der  Schnurgasse  15.  Jh.  —  Viele  Kirchen  der  Rheinlande  besitzen  eben- 
falls kunstvolle  Stickereien  dieser  Zeit,  die  vielleicht  auch  —  wenigstens 
zum  Teil  —  Kölner  Erzeugnisse  sind  (so:  Aachen,  Erkelenz,  Euskirchen, 
Cornelimünster,  Münstereifel,  Kettwich). 

2  Mitteilungen  25,  342;  1472  Juli  24. 


128.  53 

völlig  selbständige  Stellung  und  eine  hohe,  sogar  ungewöhn- 
lich hohe  Stufe. 

Ganz  anders  war  dagegen  die  Stellung  der  Seidensticker 
in  Florenz:  hier  gehörten  sie  zu  den  untergeordneten  Hand- 
werkern, den  membri  minori ,  die  in  vollständiger  Abhängig- 
keit standen  ^  ^  Vereinzelt  wurde  die  Gold-  und  Seiden- 
stickerei auch  in  Zürich  im  15.  Jahrhundert  ausgeübt;  1467 
bestand  in  einem  Hause  am  Rindermarkt  ein  Atelier  für 
Stickerei  von  Kirchen-  und  Prachtgewändern  ^ ;  es  ist  aber  zu 
beachten,  daß  die  Seidenweberei  damals  bereits  völlig  ein- 
gegangen war;  gewerbliche  Stickerei  neben  der  Weberei  hat 
es  im  Mittelalter  hier  nicht  gegeben. 

Eine  ähnliche  Rolle  wie  in  Köln  spielten  aber  die  Sticker 
in  Paris,  wo  sie  als  brodeurs  und  brodeuses  zünftisch  organi- 
siert waren  8;  1292  gab  es  14,  1300  28,  1303  25,  1316  bereite 
179  brodeurs  und  broderesses ;  sie  arbeiteten  in  Seide,  Zendel, 
Gold  und  Silber;  sie  und  auch  die  Weber  benutzten  Gold- 
und  Silberfäden  aus  Lucca,  Cypern  und  Paris  selbst*.  Auch 
Pariser  Kunststicker  hatten  weithin  verbreiteten  Ruf:  1401 
arbeitet  der  Königliche  „Hofsticker"  Jean  de  Clarey  fUr 
Isabella  von  Baiern  auf  Bestellung  „la  tenture  d'une  chapelle 
et  les  vetements  du  chapelain"  aus  „veloux  asur",  blauem 
Sammt^. 

Wie  in  Paris,  so  wurde  auch  in  Köln  der  zur  Stickerei 
und  Weberei  gebrauchte  Gold-  und  Silberfaden  am  Ort  her- 
gestellt und  neben  auswärtigem  Material  verwendet.  Seit  1397 
bestand  eine  Zunft  der  Goldspinnerinnen,  welche  mit  einem 
Teile  der  Goldschläger  vereinigt  waren ;  die  Goldschläger  aber 
kamen  nur  in  Betracht  entweder  als  Ehemänner  von  Gold- 
spinnerinnen (es  entstand  so  eine  ähnliche  Betriebsgemeinschaft 
wie  zwischen  den  Seidenweberinnen  und  ihren  Handel  treiben- 
den Ehemännern)  oder  durch  ihren  Anteil  an  der  Verwaltung 
der  Zunft  ^.  Der  Vorstand  wurde  zusammengesetzt  aus  zwei 
Goldschlägern  und  zwei  Goldspinnerinnen,  in  ähnlicher  Weise 
also  wie  bei  den  Seidenmacherinnen.  Von  1437  ab  setzte  der 
Rat  den  Goldspinnerinnen  alljährlich  —  und  zwar  auf  ihre 
Bitte  —  einen  Goldschmied   zum  Oberhaupt;    er  wird   später 


1  Doren,  73. 

2  Bürkli-Meyer,  12. 

3  Fagniez,   Et.  7  ff. 

*  Fagniez,  tt  228  und  Doc.  II,  151,  Nr.  66,  1396  mars  6.  Sentence 
du  prevöt  de  Paris.  .,   , 

ß  Fagniez,  Et,  376,  Nr.  XLVII,  1410  fevr.  11:  „Devis  d'un  travail  de 
broderie  commande  ä  Jean  de  Clarey,  brodeur  du  roi,  par  Isabelle  de 
Bavi^re  ...  j     n  ij 

«  Über  die  Technik  der  Golddrahtspinner  s.  Hallen  1.  Art  „der  Oold- 
arbeiter,"  insbes.  p.  156  „der  Drahtspinner«.  Über  die  Verwendung  der 
Seide  bei  der  Golddrahtspinnerei  s.  157. 


54  128. 

bezeichnet  als  Herr  zu  den  Goldschlägern ;  seit  1454  werden  jähr- 
lich zwei  ernannt  ^.  Auch  der  Amtsbrief  der  Goldspinnerinnen 
wurde  bis  1500  nicht  verändert.  Die  Einzelheiten  des  Amts- 
briefs interessieren  hier  nicht ;  manche  Bestimmungen  erinnern 
an  den  Brief  der  Seidenmacherinnen ;  auch  sie  sind  eine  weib- 
liche Zunft;  die  Lehrmädchen  haben  einen  rhein.  Gl.  (und 
ein  Viertel  Weins)  als  Eintrittsgeld  zu  zahlen  und  eine  vier- 
jährige Lehrzeit  durchzumachen;  dann  konnten  sie  nach  Ent- 
richtung einer  Gebühr  von  2  rhein.  Gl.  (und  eines  Viertel 
Weins)  selbständig  werden.  Wie  bei  den  Seidenweberinnen 
so  besteht  auch  hier  eine  Betriebsbeschränkung,  indem  die 
Höchstzahl  der  Arbeiterinnen  bei  selbständigen  (ledigen)  Gold- 
spinnerinen  auf  vier,  bei  solchen,  die  mit  einem  Goldschläger" 
verheiratet  waren,  auf  drei  Lehrtöchter  festgesetzt  war.  Es 
herrschte  Zunftzwang,  wie  bei  den  Wappenstickern ;  wie  bei 
ihnen  gibt  es  ferner  Bestimmungen  über  heimliches  Abjagen 
der  Arbeiterinnen  und  gegen  unzünftige  Pfuscharbeit.  Das  in 
Köln  verarbeitete  Edelmetall  wurde  durch  ein  Zeichen  geschützt 
und  damit  zu  „Kölnisch  Gold"  gemacht. 

In  engster  Beziehung  zur  Seidenweberei  stand  die  Seiden- 
färberei. Die  Hauptseidmacherinnen  färbten  zunächst  selbst, 
durften  aber  nur  für  ihren  eigenen  Bedarf  färben  (Amtsbrief 
der  Seidmacherinnen  von  1469)  und  auch  nicht  mit  Waid. 
Seit  dem  Amtsbrief  von  1480  aber  war  ihnen  das  Färben 
gänzlich  untersagt  und  sie  auf  die  Färber  ausschließlich  an- 
gewiesen. Aus  der  Zahl  der  berühmten  Kölner  Färber  hatten 
sich  manche  der  Spezialität  des  Seidfärbens  zugewendet; 
1396/97  hatte  sich  das  gemeinsame  Amt  der  Färber  von  Leinen- 
garn, Seide,  Sindel  und  Kogeler  gebildet 2.  Die  Färber  ins- 
gemein waren  wohlhabende  Leute,  denn  ihnen  war  der  Besitz 
einer  Vollrüstung  zur  Pflicht  gemacht ;  ein  Wilhelm  von  Roode, 
Seidenfärber,  wird  1486  als  Hausbesitzer  in  der  Sternengasse 
angeführt^.  Seitdem  den  Seidmacherinnen  das  Färben  unter- 
sagt war,  färbten  die  Seidenfärber  allein  die  in  Köln  ge- 
fertigte Seide. 

Daß  die  Färberei  an  demselben  Orte  gehandhabt  wurde, 
wie  die  Weberei,  war  für  den  Bestand  des  Seidengewerbes 
von  größter  Bedeutung.  Es  ist  bezeichnend  für  Zürich,  daß 
sie  hier  entweder  ganz  fehlte  oder  doch  eine  völlig  unter- 
geordnete Rolle  spielte;  man  mußte  sich  fast  ganz  auf  die 
Anfertigung  naturfarbener  Schleier  und  Kopftücher  beschränken. 
In  Florenz  gehörten  die  Seidenfärber  zu  den  membri  minori 
und  gelangten   niemals   zur   Bedeutung;    sie   färbten   nur  für 


*   V.  Loesch  II,   261,   Nr.  485  und  Anm.  2.     Der  Aratsbrief  ist  ab- 
gedruckt: I,  91,  Nr.  29. 

^   V.  Loesch  I  43   Nr.  19. 

8   Archiv;  Schrb. 'll8*f.,  17  b,  Nr.  2.    1486  Novemb.  28. 


'^^'  55 

ihre  Verleger  1.  In  Genua  und  in  Venedig  dagegen  bildeten 
die  Seidenfärber  eine  selbständige  Zunft;  in  Genua  waren  sie 
1432,  bei  Entstehung  der  Seidenzunft,  längst  selbständig« • 
1465  erhielten  sie  eigene  Statuten.  Die  Verleger  durften  sich 
zwar  auch  eigene  Färber  halten,  aber  nur  für  den  eigenen 
Bedarf;  die  Rotfärberei  überdies  war  allein  den  Seidenfärbern 
vorbehalten. 

Auf  die  Betriebsform  im  Kölner  Seidengewerbe  habe  ich 
schon  hingewiesen.  Das  hausindustrielle  Verlagssystem  war 
die  erste  Form  gewesen,  sie  erhielt  sich  in  gewissen  Grenzen 
dauernd  weiter.  Die  Heimarbeit  sollte  aber  auf  die  Stadt 
beschränkt  bleiben.  Freilich  hat  es  nicht  an  Versuchen  ge- 
fehlt, die  Seide  auch  außerhalb  Kölns  verarbeiten  zu  lassen, 
wo  die  Löhne  niedriger  standen ;  der  Transfixbrief  von  1506 
verbietet  den  Seidmachern  ausdrücklich,  ihre  Seide  zur 
billigeren  Fertigstellung  nach  Deutz  oder  Wesseling  zu  geben. 
Innerhalb  der  Stadt  aber  gab  man  die  Seide  regelmäßig  auch 
an  unzünftige  Personen,  sogar  an  solche,  die  das  Gewerbe 
überhaupt  nicht  berufsmäßig  ausübten,  vor  allem  an  Beghinen. 
Selbst  verwandte  Gewerbe  zog  man  heran:  so  gibt  1537  eine 
Seidmacherin  Seide  zum  Wirken  an  eine  Leinweberin  für 
einen  Arbeitslohn  von  12  alb.  pro  Pfund  ^.  Die  Verleger 
waren  zur  Zeit  der  Blüte  des  Gewerbes  in  Köln  nicht  außer- 
halb des  Gewerbes  stehende  Händler,  sondern  entweder  zünf- 
tisch organisierte  Seidmacherinnen  oder  Färber  oder  frei 
arbeitende  Seiden weber,  die  zugleich  selbst  Handel  trieben. 
Sie  beschäftigten  ärmere  Handwerker  gegen  Lohn,  hatten  aber 
auch  selbst  einen  mit  dem  Seidengewerbe  in  Zusammenhang 
stehenden  Betrieb.  Seit  1506  durften  die  zünftischen  Hand- 
werksgenossen überhaupt  nur  noch  ihr  eigenes  Rohmaterial 
verarbeiten.  Die  Kölner  Seidenhandwerksmeister  hatten  also 
eine  sehr  selbständige  Stellung,  die  sie  auch  für  die  Zukunft 
beibehielten*.  Nie  befand  sich  das  Kölner  Seidengewerbe  in 
Abhängigkeit  von  dem  rein  kaufmännischen  Verleger;  hierin 
unterscheidet  es  sich  ganz  wesentlich  von  allen  bisher  unter- 
suchten Seidengewerben,  auch  von  dem  Pariser,  mit  dem  ea 
doch  sonst  die  größte  Ähnlichkeit  hat.  In  Paris  haben  wir 
zwar  zahlreiche  selbständig  eingerichtete  Einzelgewerbe,  sie 
arbeiten  aber  doch,  wenn  auch  vielleicht  nicht  ausschließlich, 
für  den  mercier,  wie  aus  den  Statuts  des  merciers  (1324,  Mttrz  7) 
klar  hervorgeht^;  jedenfalls  spielt  die  Arbeit  im  Auftrage  des 
Krämers    eine  erhebliche   Rolle.     Ob   nach    1400   das   Pariser 


1  Doren,  73.  ^^    ,^ 

2  Sieveking,  106,  109;  Broglio  d'Ajano  22,  32. 

8  Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.  fol.  2—4.     1537,  Febr.  15(19X 

*  Dahmen  {II,  4),  hat  schon  mit  Recht  darauf  hingewiesen. 

^  Fagniez,  Doc.  II,  58  ft. 


56  128, 

Seidengewerbe  an  Selbständigkeit  zugenommen  hat,  ist  nicht 
bekannt.  In  den  italienischen  Städten,  Genua,  Florenz, 
Venedig  und  Lucca  *,  war  durchaus  der  Kaufmann  der  Leiter 
und  eigentliche  Herr  des  Seidengewerbes.  Allerdings  zeigt 
sich  im  45.  und  16.  Jahrhundert  tiberall  die  Tendenz  zur 
Durchbrechung  des  Verlagssystems,  aber  in  der  Richtung  der 
Zentralisation  des  Betriebes  und  der  Loslösung  von  zünftischen 
Beschränkungen,  nicht  aber  im  Sinne  einer  selbständigen 
Gestaltung  des  Handwerks.  Von  dieser  Tendenz  wurde  auch 
Köln  berührt,  als  sich  1564  der  erste  italienische  Seidenfärber 
und  Zwirner  hier  niederließ.  In  Italien  ebenso  wie  später  in 
Köln  gelang  es  den  Zünften,  die  Entwicklung  geschlossener 
Fabrikanstalten  in  den  meisten  Fällen  zu  verhindern*.  In 
Genua  aber  finden  sich  doch  auch  noch  selbständige  Hand- 
merksmeister vor,  die  mit  den  hausindustriellen  Webern  in 
einer  Zunft  vereinigt  sind^.  Die  Zwirner  und  Posamenter 
aber  bleiben  in  vollständiger  Abhängigkeit  vom  Verleger*. 

Auch  in  Köln  waren  die  Spinnerinnen  am  abhängigsten; 
der  Zunftbrief  von  1480  verbietet  ihnen,  für  jemand  anders 
als  für  die  Seidmacherinnen  Seide  zu  spinnen.  Die  Abhängig- 
keit vom  Verleger  erstreckt  sich  bisweilen,  so  in  Genua,  sogar 
auf  die  Seidenfärber;  erst  1465  gelangen  sie  hier  zu  größerer 
Selbständigkeit;  in  Florenz  kommen  sie  überhaupt  nicht  hoch; 
in  Venedig  sind  sie  verhältnismäßig  selbständig,  wenn  auch 
nicht  in  demselben  Grade  wie  die  Sammetweber  ^. 

In  Genua,  wie  in  Köln,  durfte  nur  im  Umkreise  der 
Stadtmauern  gearbeitet  werden®. 

Betriebsbeschränkungen  finden  wir  in  Venedig,  aber  erst 
gegen  Ende  des  15.  Jahrhunderts,  als  schon  eine  Stagnation 
im  Seidengewerbe  begonnen  hatte,  und  zwar  bei  der  Weber- 
zunft: 1491  wird  die  Zahl  der  Lehrlinge  für  einen  Meister 
auf  4  beschränkt;  gleichwohl  ist  die  Tendenz  zum  „Groß- 
betriebe" vorhanden:  500  Pfund  Seide  wurden  bisweilen  in 
einem  einzigen  Hause  verarbeitet^.  In  Venedig  und  in  Lucca 
durften  die  im  übrigen  abhängigen  Weber  auf  einem  Web- 
stuhle auch  auf  eigene  Rechnung  arbeiten  (in  Venedig  seit 
1432,  in  Lucca  seit  1531®).     Über  die  Verhältnisse  im  Wiener 


i   Sieveking,  127. 

2  Sieveking,  133;  Hintze,  63flF. 

3  Sieveking,  115  ff. 

*  Sieveking  (118)  bemerkt,  daß  dieses  diejenigen  Betriebe  waren,  in 
denen  später  die  Maschine  die  größten  Umwälzungen  hervorgebracht  hat; 
das  war  ja  auch  in  Köln  der  Fall,  vgl.  Kap.  III. 

ß   Broglio  d'Ajano,  32. 

*  Sieveking,  124. 

■^   Broglio  d'Ajano  22,  52. 
«   Sieveking,  129. 


128.  ^  57 

Seidengewerbe  ist  noch  sehr  wenig  bekannt.  Wenn  der 
Hauptaufschwung  auch  erst  in  die  neuere  Zeit  fällt*,  so  sind 
doch  sicherlich  gegen  Ende  des  Mittelalters  wesentliche  Zweige 
des  Gewerbes  schon  betrieben  worden,  in  welchem  Umfange 
ist  allerdings  fraglich.  1512  gab  es  zwei  Zünfte,  die  Seiden- 
weber und  Färber,  schon  1428  trieben  Bortenwirker  ihr  Hand- 
werk, so  daß  die  Vorbedingungen  für  eine  kräftige  Entfaltung 
des  Gewerbes  vorhanden  waren. 

Vereinzelt  kam  wohl  auch  ein  ganz  unzünftischer  Betrieb 
des  Seidengewerbes  vor,  namentlich  an  Orten,  in  denen  in 
unbedeutender  Ausdehnung  einer  oder  der  andere  Zweig  des 
Gewerbes  ausgeübt  wurde,  ohne  daß  es  zu  einer  nennens- 
werten Ausbreitung  des  Gewerbes  gekommen  wäre;  also  es 
handelt  sich  wohl  nur  um  einzelne  Handwerker,  nicht  um  ein 
geschlossenes  Gewerbe.  Solche  einzelne  Handwerker  gab  es 
wohl  häufiger,  namentlich  Sticker,  weniger  Weber.  Seiden- 
sticker  und  Seidennäher  arbeiteten  —  wie  erwähnt  —  in 
Frankfurt,  Seidenweber  finden  wir  in  Straßburg:  hier  ent- 
scheidet der  Rat  1330,  daß  diejenigen,  welche  seidene  Tücher 
wirkten,  frei  sein  sollen  von  der  Verpflichtung,  der  Weber- 
zunft beizutreten  2.  Freie  Ausübung  des  Gewerbes  neben 
zünftischer  ist  dagegen  mehr  verbreitet  gewesen,  so  in  Florenz 
und  vor  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  überhaupt  in  den 
italienischen  Städten;  dann  waren  aber  die  Unzünttigen  voll- 
kommen zu  der  Stellung  von  Arbeitern  herabgedrückt  und 
der  Zunft  der  Seidenhändler  unterstellt;  so  war  es  in  Floren* 
schon  in  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts,  in  Genua  seit  1432. 
Die  Weber  ragten  in  der  sozialen  Stufenleiter  stets  hervor; 
für  sie  bestand  in  Genua  und  Venedig  Zunftzwang.  (In 
Venedig  erstes  Statut  1482).  Ganz  eigenartig  war  die  Ent- 
wicklung in  Florenz.  Hier  traten  die  Klassengegensätze  inner- 
halb derselben  Zunft  so  scharf  zu  Tage,  daß  eine  vollständige 
Scheidung  nach  den  Vermögensverhältnissen  sich  ausbildete: 
zu  den  membri  maggiori  gehörten  die  en  gros- Händler,  Ge- 
wandschneider, Inhaber  von  Warenlagern,  Gold-  und  Silber- 
schmiede, zu  den  membri  minori  die  Zwirnhändler,  en  döUil- 
Seidenhändler  (Nichtfabrikanten),  Seidensticker,  Seidenftrber, 
Bandhändler  und  Seidenweber  ^. 


1  Die  erste  Bandfabrik  entstand  1763,  Seidenstoffweberei  1<  68,  Florett- 
Spinnerei  1788.  Weiß  II,  455.  -  Vor  1405  fehlen  Z"»ft^,^"^'f,!!'^»ffo.^^/" 
in:  Zimmermann,  a.  a.  0.  II,  erwähnt  Seidennäher  1385,  1^^^^?'  \^,25,  eme 
Perlenhefterin  1393-99,  Seidensticker,  eine  Seidenspinnenn  l"*^ j^P-  l;^^ 
und  p.  201).  Die  ältesten  Nachrichten  aus  dem  13.  Jh.  8.  Keimcüronut 
Ottokars  M.  G.  Chron.  V  v.  65681  „di  da  kunnen  slden  8^°»«°  j/j»" 
sich  hier   schon  um  eine  gewerbliche  Tätigkeit  handelt.  Bcheint  mir  doch 

^^^  '2   Schmoller,  Tucherzunft  412.  ürkundenbuch  der  Stadt  StrtÄburg  II. 

473  f.,  Nr.  519. 

3   Doren,  72  f. 


58  128. 

In  Köln  bestand  Zunftzwang  nur  bei  den  Goldspinnerinnen 
und  den  Wappenstickern,  nicht  aber  bei  den  Färbern,  Webern 
und  Spinnern. 

Von  besonderer  Bedeutung  war  das  Kölner  Seidengewerbe 
ftir  die  Unterbringung  der  Frauen.  Man  ist  leicht  geneigt, 
die  Frauenfrage  für  eine  moderne  Frage  anzusehen;  aber  die 
berufliche  Frauenarbeit  —  in  welchem  Ziele  ja  die  Frage  im 
großen  und  ganzen  gipfelt  —  trat  erst  um  1500  zurück; 
bis  dahin  wurde  sie  in  großem  Umfange  ausgeübt,  natürlich 
nur  in  solchen  Gewerben,  die  ihrer  Natur  nach  für  Frauen 
geeignet  waren  ^  In  Köln  finden  wir  in  einer  ganzen  Anzahl 
von  Gewerben  Frauen  beschäftigt,  in  einigen  sogar  ausschließ- 
lich. Das  Seidengewerbe  bot  zahlreichen  Frauen  Unterhalt 
und  sogar  die  Aussicht  auf  selbständige  Stellung.  Die  Zünfte 
der  Seidmacherinnen  und  der  Goldspinnerinnen  enthielten  nur 
weibliche  Mitglieder,  die  der  Wappensticker  und  Seidenfärber 
Frauen  neben  Männern.  Immer  mehr  aber  zeigt  sich  auch  in 
Köln  das  Bestreben,  die  Frauenarbeit  zu  verdrängen  und  im 
16.  Jahrhundert  bereits  herrscht  die  Männerarbeit  im  ganzen 
Seidengewerbe  durchaus  vor.  Ähnlich  lagen  die  Verhältnisse 
in  Paris  und  Zürich;  in  den  italienischen  Seidenindustrien 
dagegen  trat  die  Frauenarbeit  schon  früh  hinter  der  Männer- 
arbeit zurück;  sie  erhielt  sich  aber  in  der  Hasplerei  und 
Spinnerei. 

Am  längsten  und  am  hartnäckigsten  hielt  sich  in  Köln 
die  Frauenarbeit  in  den  Beghinenhäusern  und  Frauenklöstern. 
Die  Seidmacher  und  Seidmacherinnen  beschäftigten  zunächst 
deren  Insassen  sehr  gern,  da  sie  so  die  Möglichkeit  hatten, 
ihren  Betrieb  auszudehnen  und  da  sie  außerdem  billige  Ar- 
beitskräfte in  ihnen  hatten.  Bald  aber  wurde  die  Beghinen- 
arbeit  ein  offener  Mißstand ;  namentlich  die  Seidenspinnerinnen 
und  die  Wappensticker  sehen  in  den  Beghinen  nur  unan- 
genehme Konkurrenten,  und  die  Differenzen  nehmen  beständig 
zu.  1456  beschränkte  der  Rat  schließlich  auf  Bitten  der 
Seidenspinner  das  Seidspinnen  der  geistlichen  Genossenschaften^; 
er  hatte  es  ihnen  zunächst  ganz  verboten ;  darauf  wandten  sie 
aber  ein,  sie  verstünden  kein  anderes  Handwerk,  der  Rat 
möge  ihnen  doch  ihren  Unterhalt  nicht  nehmen.  Nunmehr 
wurde  ihnen  eine  Frist  von  10  Jahren  gesetzt,  innerhalb  deren 
sie  noch  Seide  spinnen  durften;  aber  nur  in  genau  vor- 
geschriebenen Grenzen.  Es  durften  nämlich  fortan  nur  ge- 
sponnen werden  wöchentlich  Pfund  Seide  in: 

dem  Kloster  Weißefrauen  5, 

der  Klause  St.  Reinold  3, 


1  Vgl.  Bücher,  Frauenfrage.    Über    die    Frauenfrage   in    Paris:    des 
Marez,  107  ff.  „La  femme  dans  le  metier". 

2  V.  Loesch  II,  491;  Nr.  651,  ao.  1456.  Dezemb.  1. 


128.  59 

der  Klause  St.  Niklas  im  Burghof  3, 

dem  Konvente  in  der  Reimersgasse  6, 

dem  Konvente  zu  Poilheim  auf  der  Breitenstraße  3, 

dem  Konvente  in  der  Streitgasse  2, 

dem  Konvente  in  der  Stolkgasse  2. 

Die  Schwestern  des  Konvents  in  der  St  Gereonsstraße 
(das  Schelenkonvent)  sollten  nur  so  viel  Seide  um  Lohn  ver- 
spinnen, als  sie  bedurften,  um  Borten,  Garn,  Fransen  und 
Knöpfe  zu  machen;  überschüssige  Seide  durften  sie  nach  Be- 
lieben verwenden.  Auf  die  genannten  acht  Häuser  sollte  das 
Seidespinnen  beschränkt  sein.  Energischer  gingen  die  Wappen - 
sticker  vor,  die  namentlich  in  dem  Schelenkonvent  emen 
lästigen  Konkurrenten  hatten.  Ein  von  1469 — 1482  andauernder 
Streit  zwischen  beiden^  endet  schließlich  damit,  daß  den 
Frauen  des  Konvents  das  Wappensticken  ganz  verboten  wird. 
Schon  1407  hatten  die  Wappensticker  Streitigkeiten  mit  dem 
Ursulastift  gehabt^,  1592  beschwerten  sie  sich  über  den  Kon- 
vent St.  Vincenti^  und  noch  1609  wandten  sie  sich  an  den 
Rat  mit  der  Bitte,  den  Klöstern  den  Betrieb  ihres  Handwerks 
zu  verbieten*. 

Auch  den  Hutmachern  verbot  der  Rat,  1495,  den  Beghinen 
Hüte  zum  Sticken  zu  geben  ^,  1434  hatte  das  Leinen-  und 
Sartuchamt  mit  dem  Schelenkonvent  Differenzen^.  1504  wurde 
schließlich  verfügt^,  daß  überhaupt  kein  Seidengut  mehr  den 
Klöstern  zur  Verarbeitung  gegeben  werden  solle,  und  im 
Transfixbrief  von  1506  wurde  das  Verbot  erneuert,  ein  Ver- 
bot, welches  schon  1469  (im  dritten  Amtsbrief)  ausgesprochen 
war!  Später  beteiligten  sich  die  Beghinenhäuser  und  Konvente 
auch  noch  an  dem  Verarbeiten  gefälschter  Seide:  der  Konvent 
in  der  Reimersgasse  mußte  1564  wegen  „Bereitung  falscher 
Seide"  mit  Strafe  bedroht  werden«;  kurz  die  Beghinen  er- 
freuten sich  im  Kölner  Seidengewerbe  keiner  Beliebtheit». 

Das  15.  Jahrhundert  war  für  das  Kölner  Seidengewerbe 
eine  Periode  beständiger  Weiterentwicklung;  gegen  1500 
erreichte  es  seine  höchste  Blüte.  Der  zunehmende  Luxus  in 
der    Stadt    wirkte    zunächst    unmittelbar    fördernd    ein;    die 


i   V.  Loesch  II,  465  ff. 

2  Archiv,  Merlo  Kollekt.  p.  100,  Nr.  193. 

3  Ebendas.  p.  122,  Nr.  223,  aus  Rpr.  4S. 

*   Archiv,  Z.  186.    1609  Juli  4:  gravamina  der  Wappensticker. 

5  V.  Loesch  II,  292. 

6  V.  Loesch  II,  324  f.,  Nr.  555. 

7  Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.  1504,  Juni  6. 

8  Archiv,  Rpr.  21,  230.    1564,  Mai  24. 
^   Man  dachte  wohl  auch  mit  Brant: 

.   .    .  Ach  werent  sy  zu  Portugal!, 
Ach  werents  an  derselben  Stadt, 
Do  der  pfeffer  gewachsen  hat  .   .   . 
(nach  Bücher,  Frauenfrage  32). 


60  128. 

Kleidung  war  viel  reicher  geworden,  die  Ansprüche  waren  im 
allgemeinen  gestiegen,  Seide  war  nicht  mehr  den  untern 
Schichten  der  Bevölkerung  versagt.  Der  Reichsabschied  von 
1530  zeigt,  daß  der  Luxus,  u.  a.  mit  Seidenstoffen,  weit  ver- 
breitet war.  Mancherlei  kostbare  Stoffe  zu  Kleidern  wurden 
auf  dem  alten  Markt,  jedenfalls  unweit  der  Straße  Unter- 
Seidmachern,  feil  geboten,  wie  Johann  Haselberg  in  seinem 
Lobgedicht  auf  die  Stadt  Köln  im  Jahre  1531  berichtet  ^ 
Haselberg,  ein  fahrender  Buchhändler  aus  der  Reichenaa 
kommt  nach  Köln  und  schildert  seine  Eindrücke: 
Durch  die  lintgassen  dath  ich  gon, 
Den  alten  marckt  sach  ich  da  ston. 
Da  vand  man  laken  von  mancher  wath, 
Athlass,  schamloth,  seyden  und  samath. 
Was  um  1500  an  seidenen  Kleidern  und  Gegenständen 
in  einem  Kölner  Haushalt  einer  wohlsituierten  Bürgerfamilie 
zu  finden  war,  zeigt  das  amtliche  Inventarverzeichnis  eines- 
Hausrats  aus  dem  Jahre  1519^.  Im  Vergleich  mit  dem 
sonstigen  außerordentlich  reichhaltigen  Hausrat  befremdet  ea 
allerdings,  daß  nicht  mehr  seidene  Gegenstände  vorhanden 
sind,  insbesondere  solche  von  größerem  Umfange,  Kleider 
u.  dergl. ;  dagegen  werden  zahlreiche  kleine  Gegenstände  auf- 
geführt, seidene  Stickereien,  Besätze,  seidene  Tücher;  auch. 
Sammet  ist  vertreten.  Einen  ungleich  größeren  Reichtum  an 
seidenen  und  sammetnen  Kleidungsstücken  weist  das  Kleider- 
verzeichnis des  Hermann  Weinsberg  aus  dem  Jahre  1578  auf^. 
Namentlich  in  den  zahlreichen  Kirchen  Kölns  sammelten 
sich  kostbare  Seidengewänder  und  Geräte  an.  So  enthält 
das  Verzeichnis  der  Meßgewänder  der  Sakristei  von  Groß- 
St.  Martin  eine  sehr  große  Zahl  seidener  und  sammetner  Ge- 
wänder aller  Farben,  welche  aus  der  Zeit  von  1508  bis  1541 
stammen*;  ein  anderes  Schatzverzeichnis,  das  des  Karthäuser 
Klosters,  erwähnte  ich  bereits. 

Weit  wichtiger  aber  als  der  innere  Absatz  war  der  Fern- 
handel mit  Kölner  Erzeugnissen.  Weit  in  die  Ferne  erstreckte 
sich  der  Kölner  Seidenhandel:  1446  stehen  die  Kölner  Kauf- 
leute Johan  V.  d.  Bumgarde  und  Jacob  Daesze  mit  dem  Rat- 
mann Dirk  Oldefeld  in  Danzig  in  Geschäftsverbindung;  sie 
liefern  u.  a.  seidene  und  golddurchwirkte  Stoffe^.    1491  werden 


*  Annalen  44,  139  flf.,  Merlo:  Johann  Haselberg  .  .  . 

2  Annalen  41:  H.  Cardauns,  Ein  Kölner  Bürgerhaus,  p.  109  ff. 

3  Höhlbaum,  Buch  Weinsberg  II,  374  ff. 

*  Annalen  45,  118  ff.  und  23ff. :  Merlo:  Kunst  und  Kunsthandwerk  im 
Karthäuser  Kloster  zu  Köln.  Bock,  Lit.  Gew.,  III,  13  gibt  die  Abbildung 
einer  praetexta  aus  dem  Anf.  16.  Jhs.  aus  dem  Kölner  Dom;  weitere  Ab- 
bildungen in  Bock,  d.  heil.  Köln. 

^  Hirsch,  192  —  die  in  den  hansischen  Urkundenbüchem  erwähnte 
Verbindung  mit  Lübeck  erwähnte  ich  schon  an  anderer  Stelle. 


128. 


61 


8eidenwaren  genannt,  die  nach  England  eingeführt  werden; 
sie  werden  ausdrücklich  als  in  Köln  gefertigt  bezeichnet: 
„sericum  Colonie  preparatum"  ^. 

Der  Hauptabsatzmarkt  für  die  Kölner  Seiden  waren  war 
die  Frankfurter  Messe,  die  regelmäßig  von  Kölnern  frequen- 
tiert wurde;  hier  war  der  Brennpunkt  des  gesamten  west- 
deutschen Handels,  hier  berührten  sich  vor  allem  Nordwest-  und 
Süddeutschland.  Auch  die  Straßburger  Messe  war  ein  Markt 
für  Kölner  Seide,  später  trat  die  Leipziger  und  Naumburger 
Messe  hinzu  ^.  Außerdem  aber  wurden  Seiden  waren  auf  dem 
Seewege  nach  England 2,  dem  Norden  und  Osten  verschickt; 
hierfür  war  Antwerpen  der  Hauptstapelplatz. 

Die  Rohseide  wurde  hauptsächlich  aus  Venedig  bezogen, 
entweder  auf  dem  Landwege  bezw.  auf  dem  Rhein  über 
Frankfurt  oder  durch  venetianische  Schiffe  über  Brügge* 
oder  Antwerpen.  Das  Wiegen  der  eingebrachten  Seide  ge- 
schah auf  der  Krautwage  im  Kauf  hause  Malzbüchel,  vom  Ende 
des  15.  Jahrhunderts  ab  im  Kaufhause  Gürzenich.  Die  Kraut- 
wage wurde  vom  17.  Jahrhundert  ab  nur  noch  Seiden  wage 
genannt,  weil  unter  den  auf  ihr  gewogenen  Dingen  die  Seide 
weitaus  überwog.  Das  heimliche  Einführen  von  Rohseide 
wurde  verboten ;  so  1499  ^ ;  man  scheint  es  häufig  versucht  zu 
haben,  denn  später  wird  noch  wiederholt  darüber  geklagt. 
Die  in  Köln  gefertigte  gezwirnte  Seide  oder  Seiden  wäre  mußte 
vor  dem  Verkauf  gestempelt  werden.  Ich  wies  schon  darauf 
hin,  daß  die  Seidenmacher  ihre  Seide  selbst  verkauften;  zur 
Zeit  der  Frankfurter  Messe  scheint  sich  gewöhnlich  das  ganze 
Amt  dort  befunden  zu  haben,  denn  ein  Erlaß  des  Rats  aus 
dem  Jahre  1499  über  den  Verkauf  von  Seide  und  Einfuhr 
von  Rohseide  wurde  gerichtet  „an  das  Seidenmacheramt,  zur 
Zeit  auf  der  Frankfurter  Messe". 

Durch  Maßregeln  handelspolitischer  Art  suchte  der  Rat 
das  Seidenhandwerk  zu  fördern.  Vor  allem  wurden  Halb- 
fabrikate, gezwirnte  Seide,  Seidenlein,  Seidenschnüre  von  Köln 
ferngehalten;  die  Krämer  und  Krämerinnen  durften  diese 
Gegenstände  nur  feilhalten,  wenn  sie  von  Kölner  Hauptseiden- 
macherinnen angefertigt  worden  waren  (Transfix-Brief  von 
1470) ;  auch  Flockseide  durfte  nicht  eingeführt  werden,  (Trans- 
fixbrief 1506).     Gezwirnte   Seide   scheint   dennoch   aus   Paris 


1  V.  Ochenkowski,  251.  Aus  den  Verbandlungen  der  hansischen  Rats- 
Sendboten  mit  den  Engländern  zu  Brügge. 

2  Diese  vier  Messen  werden  in   den  losen  Akten   „Seidaml     oft  er- 
wähnt. ,.    ,       „     .  I  j 

3  Nach  V.  Loesch,  Einl.  18  war  Seidentuch  im  englischen  Handel  der 

2.  H.  15.  Jh.  die  wichtigste  Ausfuhrware  Kölns,  nach  SchÄfer  Hansereoeis« 

3.  Abt.  III,  Nr.  691  ao.  1496. 

*   Geering,  Kölns  Kolonialwarenhandel,  42. 
ß    V.  Loesch  II,  434  f.,  Nr.  666,  1499,  März  19. 


62  128. 

hineineingebracht  worden  zu  sein,  denn  eine  Ratsverordnung 
von  1491  ^ ,  welche  den  Seidenmacherinnen  die  Verarbeitung 
fremder  gezwirnter  Seide  verbietet,  erwähnt  ausdrücklich 
gezwirnder  syden,  as  von  Parys  of  uis  anderen  Landen  her- 
kommen is;  sollte  solche  Seide  doch  eingeführt  worden  sein^ 
dann  soll  sie  bis  zu  einem  bestimmten  Termin  ungefärbt 
wieder  aus  Köln  herausgebracht  werden;  die  Seidenßlrber 
und  Seidenfärberinnen  sollen  bei  den  Heiligen  schwören,  daß 
sie  solche  Seide  nicht  mehr  färben  würden ,  bei  Strafe  des 
Verlustes  ihres  Berufs.  Der  Rat  suchte  den  Seidenhandel  auf 
jede  Weise  zu  fördern,  wollte  aber  nicht,  daß  mit  der  Kölner 
Seide  Spekulation  getrieben  würde;  im  Amtsbrief  von  1470 
verbot  er  daher  den  Hauptseidenmacherinnen  und  allen ,  die 
das  Gewerbe  ausübten  (sidemecherschen ,  ind  die  dit  ampt 
oevent),  an  Spekulanten  Seide  zu  verkaufen,  (geine  syde 
verkoufen  einchen  personen,  das  sy  wissen  of  mirken  moegen^ 
dat  die  syde  up  financien  of  schadekouf  genoim  wurde). 

Das  Feilhalten  von  Seide,  und  zwar  gewant,  syde  und 
sydendoich  auf  den  Straßen  war  bei  Strafe  der  Konfiskation 
verboten,  1529^;  die  Seidmacher  hatten  ihren  bestimmten 
Verkaufsstand  am  alten  Markt  und  Unter  Seidmachern ;  Hausier- 
handel durfte  nicht  getrieben  werden. 

Fertige  Seidenerze. ignisse  wurden  natürlich  eingeführt^ 
namentlich  auswärtige  Spezialitäten;  so  wird  z.  B.  im  Trans- 
fixbrief von  1506  erwähnt  die  Einfuhr  von  ganzen  Seiden- 
tüchern (Laken)  aus  Antwerpen. 

Auf  die  Bedeutung  des  Kölner  Seidenhandels  gegen  Ende 
des  15.  Jahrhunderts  hat  schon  Geering  hingewiesen^.  Er 
weist  nach,  welche  Quantitäten  Rohseide  nach  Köln  eingeführt 
und  von  1491 — 1495  auf  der  Krautwage  abgewogen  worden 
sind.  Geering  nimmt  an,  daß  die  ganze  Rohseidenmenge  dem 
lokalen  Bedarf  gedient  hat.  Ich  halte  das  bei  der  Bedeutung 
des  Kölner  Transithandels  nicht  für  sicher,  wenn  auch  zuzu- 
geben ist,  daß  weitaus  das  Meiste  der  eigenen  Verarbeitung 
gedient  haben  mag,  denn  als  Rohseide- Abnehmer  kommen  nur 
die  wenigen  niederländischen  Städte  in  Betracht,  die  aber  ihre 
Seide  gewöhnlich  zur  See  erhielten;  sonst  aber  gab  es  im 
nordwestlichen  Deutschland  keine  Stadt  mit  einem  Seiden- 
gewerbe. Es  handelt  sich  um  eine  Rohseideneinfuhr  von 
ganz  außerordentlichem  Umfange:  In  4V2  Jahren  wurden  auf 
der  Wage  gewogen  94591  köln.  Pfund  (zu  467,7  g  heutigen 
Gewichtes),  also  pro  Jahr  im  Durchschnitt  rund  21000  köln. 
Pfund  oder  9800  kg  heutigen  Gewichtes.    Die  Rohseideeinfuhr 


1  V.  Loesch  II,  421,  Nr.  655,  1429,  Sept.  28. 

2  Archiv,  Epr.  7,  197. 


^   Geering,  Kölns  Kolonialwarenhandel  vor  400  Jahren;  Mitteilungen  11, 
41  ff.  vgl.  auch  Schulte  I,  699,  v.  Inama-Sternegg  III,  2,  523. 


128.  03 

überwog  die  Einfuhr  der  anderen  Textilrohstoffe  bei  weitem, 
denn  in  derselben  Zeit,  in  welcher  an  Rohseide  rund  94000 
köln.  Pfund  eingeführt  wurden,  stellten  sich  die  Zahlen  für 
Wolle  auf  rund  64000  und  für  Baumwolle  auf  rund  27000 
köln.  Pfund,  9:6:3.  Geering  mag  durchaus  Recht  haben, 
wenn  er  die  Bedeutung  Kölns  als  Seidenplatz  des  Mittelalters 
gleichstellt  der  Bedeutung  Krefelds  für  die  heutige  Zeit.  Der 
Import  der  Rohseide  war  —  nach  Geering  —  auf  einige 
wenige  Großimporteure,  wie  Johann  von  Lyblar  und  Heinrich 
Struys  beschränkt;  Posten  bis  zu  2500  Pfund  (köln.)  werden 
mitunter  in  einem  Geschäftsvorgange  verkauft.  Andere  Im- 
porteure von  minderer  Bedeutung  waren  die  Kaufleute  Ger- 
lyckx,  Unvertzagt,  Grosbacher,  Joh.  von  Düsseldorf,  Teylm. 
Brugen,  Geryt  van  HarjBfe.  Von  Seidensorten  wird  namhaft 
gemacht:  Talanii  sijden  (aus  der  Landschaft  Talisch  an  der 
Westküste  des  kaspischen  Meeres),  metzenese  sijden  (messe- 
nische oder  Morea- Seide)  und  Bolana  sijden  (Bologna?)  Aus 
der  Hand  der  Importeure  ging  die  Seide  in  die  des  kauf- 
männischen Verlegers,  der  also  in  Köln  zugleich  einen  Zweig 
der  Seidenverarbeitung  betrieb:  es  war  entweder  ein  Kaufmann, 
welcher  Ehemann  einer  Hauptseidmacherin  war,  ein  selb- 
ständiger Seidenhandwerker  oder  Seidenfärber  oder  auch  eine 
Hauptseidmacherin.  Manche  gab  es  unter  den  Seidenweberinnen, 
die  es  zu  großer  Selbständigkeit  und  zu  Kapital  gebracht 
hatten;  Geering  führt  acht  Frauen  an,  welche  Handwerks- 
betrieb und  Handel  in  ihrem  Unternehmen  vereinigten :  Tryn- 
gyn  tzo  der  Rodendoyr,  Methel  an  dem  Hoynemart,  Hermans 
vrouwe  van  der  Sayr,  Eyffgyn  Meydmans,  Fychen  van  Berchem, 
Beylchen  van  Wychtericht,  Greytgin  van  Hartten,  Tryngin 
van  Lobach. 

Die  Organisation  des  Seidengewerbes  im  Mittelalter  — 
soweit  es  überhaupt  organisiert  war  —  erreichte  ihren  Ab- 
schluß durch  den  Transfixbrief  von  1506  ^  Wenn  er  auch 
nur  als  Transfixbrief  bezeichnet  wird,  so  enthält  er  doch  so 
wesentliche  Neuerungen,  daß  er  den  Wert  eines  neuen  Arats- 
briefes  hat.  Er  ist  für  die  ganze  fernere  Zukunft  des  Gewerbes 
von  grundlegender  Bedeutung,  denn  bis  weit  in  das  17.  Jahr- 
hundert hinein  berufen  sich  die  Seidmacher  stets  auf  ihn, 
daneben  waren  die  letzten  Amtsbriefe  in  Kraft,  soweit  sie 
nicht   durch   den  Transfixbrief  abgeändert   waren«.     Die  nur 


1  Archiv,  Z.  174.  , .««     ^      •,      u  ji    i>-:..#v 

2  Im  wesentlichen  galt  der  Amtsbrief  von  1469,  der  durch  die  Bnefc 
von  1470  und  1480  nur  in  wenigen  Punkten  abgeändert  war;  diese  ab- 
geänderten oder  hinzugefügten  Bestimmungen  hatten  natürlicü  aucü 
Gültigkeit;  ich  habe  keine  Bestätigung  für  die  Ansicht  v.  Loeschs  gefunden, 
daß  der  Brief  von  1480  nicht  Gesetzeskraft  eriangt  habe  (I,  17 J,  Anm.  4), 


64  128. 

abändernden  Bestimmungen  habe  ich  schon  bei  früherer  Ge- 
legenheit erwähnt;  von  größerem  Interesse  sind  die  grund- 
legenden Neuerungen.  Auch  jetzt,  1506,  ist  wohl  von  Meistern 
und  Meisterinnen,  aber  nur  von  Lehrmädchen  die  Rede,  so 
daß  auch  fortan  von  der  unselbständig  arbeitenden  Klasse  nur 
die  weiblichen  Kräfte  in  die  Zunft  einbegriffen  sind.  Erst 
im  17.  Jahrhundert,  in  dem  Entwurf  einer  Ordnung  vom 
2.  Oktober  1656,  werden  auch  Lehrjungen  erwähnt,  und  zwar 
hier  zum  ersten  Male^.  Offenbar  sucht  man  jetzt  den  An- 
drang von  Lehrmädchen  abzuwehren  :  man  verlangt  eheliche 
Geburt,  ein  Mindestalter  von  elf  Jahren  für  den  Eintritt  und 
erhöht  die  Lehrzeit  von  3  auf  4  Jahre.  Auch  auswärtiger 
Konkurrenz  will  man  wirksamer  entgegentreten;  die  auf- 
genommene Lehrtochter  muß  schwören ,  daß  sie  die  Be- 
stimmungen des  Amts-  und  Transfixbriefes  genau  befolgen 
wolle,  und  daß  sie  weder  durch  Rat  noch  durch  Tat  dazu 
beitragen  werde,  daß  das  Seidenhandwerk  aus  Köln  heraus- 
getragen und  außerhalb  der  Stadt  gelehrt  werde.  Vor  allem 
aber  muß  jetzt  jedes  Mitglied  schwören,  nur  im  eigenen  Hause, 
nicht  einmal  im  Hause  der  Eltern,  und  nur  in  Köln  das 
Handwerk  auszuüben,  und  Seide  nur  aus  eigenem  Rohmaterial 
anzufertigen,  nicht  aus  dem  von  andern,  seien  es  selbst  die 
Eltern  oder  Verwandte. 

Andere  Bestimmungen  betreffen  die  Einfuhr  des  Roh- 
materials. Der  Rat  legt  jetzt  großen  Wert  auf  die  ihm  beim 
Wiegen  zufallenden  Gebühren,  die  „Accise",  denn  er  hat  in- 
zwischen die  Erfahrung  gemacht,  daß  ihm  durch  den  Seiden- 
händel eine  namhafte  Einnahme  erwachse.  Der  Transfixbrief 
schreibt  genau  vor,  wie  das  Wiegen  gehandhabt  werden  soll, 
damit  der  Rentkammer  nur  ja  nichts  von  den  Gebühren  ver- 
loren ginge. 

Auch  auf  die  Technik  geht  man  jetzt  mehr  ein;  feucht 
gewordene  Seide  soll  vor  dem  Verkauf  besichtigt  werden 
(diese  Bestimmung  war  bei  dem  hygroskopischen  Charakter 
der  Seide  wichtig,  damit  bei  übergroßer  Feuchtigkeitsaufnahme 
und  dadurch  bewirkter  Gewichtsverraehrung  der  Käufer  nicht 
benachteiligt  wurde) ;  auswärtige  Seide  soll  nicht  mit  Kölnischer 


die  allermeisten  Punkte  sind  ja  dieselben  geblieben  wie  1469  und  1470,  und 
die  wenigen  Neuerungen  sind  in  der  Tat  befolgt  worden;  wenn  Gerhard 
von  Wesel  sich  in  seinem  Bericht  von  1490  nicht  mit  ihnen  beschäftigt,  so 
liegt  das  doch  wohl  daran,  daß  sie  zu  Beschwerden  keinen  Anlaß  gaben. 

1  Die  irrige  Auffassung  Dahmens,  I,  5,  daß  im  Transfixbrief  von  1506 
bereits  von  Lehrjungen  die  Rede  sei,  beruht  offenbar  auf  einem  Lesefehler : 
Punkt  1  des  Transfixbriefs  1506  ist  zu  lesen  Jonge  dochtere  oder  Leer- 
maitger"  und  nicht  jonge  [,]  dochtere  etc.  .  .  Schon  der  Sinn  des  ganzen 
Briefes  läßt  nirgends  die  Berechtigung  der  Vermutung  von  Lehrjungen  zu. 
"Wohl  aber  werden  Lehrjungen  erwähnt  1656,  Archiv,  Seidamt,  17.  Jahrh. 
2.  H.  fol.  32. 


128.  05 

vermengt  werden ;  ganz  untersagt  wurde  die  Einfuhr  fremder 
gezwirnter  Seide.  Die  Auswahl  der  in  Köln  verarbeiteten 
Seidenarten  hat  sich  erweitert;  jetzt  werden  als  gangbarst© 
Sorten  namhaft  gemacht:  venedische,  mailändische  Seide 
„Kuyrlinck"  [?],  „Korkey"  [?],  Krakauer,  „Luitger"  [Lütticher?] 
und  andere ^ 

Die  Bestimmungen  für  die  Seidenfärber  sind  jetzt  hier 
aufgenommen,  und  damit  wurde  das  Färben  in  engere  Be- 
ziehung zum  Seidenbereiten  gebracht.  Das  Recht  des  Seiden- 
färbens  in  Köln  muß  mit  50  Goldgulden  erworben  werden; 
die  Seidenfärber  werden  in  die  Zunft  der  Seidenmacherinnen 
aufgenommen  und  dürfen  nur  für  sie,  nicht  für  Zunftfremde 
färben.  Auch  sie  schwören,  ihr  Gewerbe  nur  innerhalb  der 
Stadt  auszuüben  und  nur  Lehrlinge  zu  halten,  welche  sich 
zuvor  verpflichtet  haben,  das  Gewerbe  nicht  aus  Köln  heraus 
zu  tragen.  Sie  haben  genau  Buch  zu  führen,  für  wen  und 
wieviel  Seide  sie  färben,  damit  danach  die  Abgabe  für  die 
städtische  Rentkammer  berechnet  werden  kann.  Für  das 
Färben  wird  eine  Preistaxe  aufgestellt,  und  zwar  sollte  be- 
zahlt werden  für  das  Pfund  Seide  je  nach  der  Farbe: 

sanguinen  und  roisen  =  8  alb. 

rot,  grün,  blau,  gelb    =6     „  " 

schwarz  =5     „ 

weiß  oder  grau  =  4     „ 

Kompagniegeschäfte  zu  treiben  wird  den  Färbern  untersagt. 
Mit  größerer  Strenge  wird  fortan  über  die  Befolgung  der 
Verordnungen  gewacht;  die  Kontrolle  der  Amtsmeister  in  den 
Häusern  der  Gewerbetreibenden  geschieht  jetzt  regelmäßig 
allmonatlich.  Böswillige  Übertretung  der  Amtsverordnungen 
wird  geahndet  mit  Verlust  der  Amtszugehörigkeit  und  sogar 
der  Bürgerfreiheit,  sowie  mit  50  rhein.  Gulden  Geldstrafe*. 
Nach  dem  Tode  eines  der  Ehegatten  darf  der  überlebende 
Teil  das  Gewerbe  fortführen. 

Die  Bestimmungen  des  Transfixbriefs  von  1506  bedeuten 
eine  strengere  Durchführung  zünftischer  Geschlossenheit.  Zur 
Zunft  gehören  nunmehr  die  männlichen  und  weiblichen  Meister: 
„man  oder  frawe,  die  sich  an  diesem  ampte  ernehren" ;  ob 
allerdings    für    alle    Seidenmacher    der   Eintritt    in    die  Zunft 


1  Über  die  Technik  im  17.  Jh.  geben  einige  Seidenproben  Auskunft, 
welche  in  Z.  173  aufbewahrt  werden.  Dahmen  II,  2  hat  tias  Nähere  schon 
mitgeteilt.  Ich  bemerke  noch,  daß  der  daselbst  angetührte  silberfarbene 
„Bologneser  Satin",  1629,  dem  Ostermeßbuch  des  Großhändlers  Lohn  ent- 
stammt (Frankfurter  Messe). 

2  Die  Annahme  von  Geering  (Mitteilungen  11,  58),  daß  gegen  Lnde 
des  15.  Jahrhunderts  in  Köln  nicht  mehr  rot  gefärbt  wurde,  trifft  also  nicht  lu. 

3  Daß  man  jetzt  dem  Seidengewerbe  so  hohe  Strafen  auferlegen  konnte, 
deutet  auch  auf  erhöhte  Wohlhabenheit  im  Gewerbe ;  vgl.  auch  das  Eintritts- 
geld der  Färber. 

Forschungen  128  —  Koch.  5 


66  128. 

obligatorisch  sein  sollte,  ist  aus  dem  Briefe  nicht  zu  ersehen. 
Es  gehörten  zur  Zunft  ferner  die  Seidenfärber  und  die  Lehr- 
töchter ;  von  Lehrjungen,  die  es  ja  auch  gegeben  haben  muß, 
sagt  der  Brief  nichts. 

Die  wichtigste  organisatorische  Neuerung  war  das  Zu- 
sammenziehen des  Seidenwebens,  Spinnens  und  Zwirnens  und 
des  Seidefärbens  in  eine  Zunft.  Damit  war  aber  keineswegs 
eine  Betriebskombination  verbunden ;  im  Gegenteil :  den  Seiden- 
machern war  das  Färben,  den  Färbern  das  Seidenmachen 
streng  verboten;  es  trat  also  eher  eine  Verschärfung  der 
Trennung  beider  Gewerbe  ein.  Gleichwohl  wurden  später 
beide  häufig  in  einem  Betriebe  vereinigt.  Diese  Neuerung 
und  Verbesserung  in  betriebstechnischer  Hinsicht  wurde  durch 
Fremde  nach  Köln  gebracht;  sie  gab  in  Verbindung  mit 
maschinellen  Fortschritten  Veranlassung  zu  einem  langen  und 
erbitterten  Kampf  zwischen  veralteter  und  neuer  Arbeitsweise. 
Jene  wurde  hartnäckig  vertreten  durch  die  ziinftischen  Hand- 
werker, diese  durch  freie,  meist  von  außerhalb  kommende 
Gewerbetreibende. 

Noch  im  17.  Jahrhundert,  unter  ganz  veränderten  Ver- 
hältnissen, klammern  die  Zunfthandwerker  sich  an  ihre  alten 
Amtsbriefe,  vor  allem  an  diesen  Transfixbrief  und  stellen  sich 
allen  Neuerungen  entgegen,  schließlich  mit  Erfolg,  zum  Schaden 
des  Seidengewerbes. 


Drittes  Kapitel. 

Das  Seidengewerbe  von  1506  bis  zu  seinem  Erlöschen. 


Das  sechzehnte  Jahrhundert  war  für  Deutschland  eine 
Zeit  erneuten  wirtschaftlichen  Fortschrittes,  der  schon  gegen 
Ende  des  fünfzehnten  seinen  Anfang  genommen  hatte.  Er 
äußerte  sich  auch  in  einer  größeren  Ausbreitung  des  Seiden- 
gewerbes. In  der  ersten  Hälfte  des  Jahrhunderts  entstand 
Sammetweberei  in  Ulm,  Brokat weberei  und  Goldzieherei  in 
Augsburg,  Atlas-  und  Seidenweberei  in  Nürnberg  *.  Vor  diesen 
deutschen  Städten  hatte  Köln  mit  seinem  Seidengewerbe  wegen 
des  Alters  desselben  einen  bedeutenden  Vorsprung.  Schwer 
aber  drohte  die  Konkurrenz  des  Auslandes  In  Italien  standen 
die  Seidenmanufakturen  von  Venedig,  Genua,  Florenz  in 
höchster  Blüte,  neue  waren  entstanden  in  Neapel,  Mailand, 
Turin.  Spaniens  Seidenwaren  genossen  einen  weit  verbreiteten 
Ruf,  vorzüglich  die  in  Toledo  und  Sevilla  bereiteten.  In 
Frankreich  hatte  Paris  seinen  alten  Ruhm  erhalten,  neue 
blühende  Manufakturen  waren  in  Tours  (1470)  und  in  Lyon 
(1466)  geschaffen  worden.  In  England  war,  abgesehen  von 
der  Seidenstickerei,  das  Seidengewerbe  noch  nicht  aufgekommen; 
England  war  ja  überwiegend  Agrarstaat.  Am  drückendsten 
aber  war  für  Köln  die  Konkurrenz  der  Niederlande.  Hier 
hatte  das  Seidengewerbe  in  Gent,  vor  allem  aber  in  Brügge 
und  Antwerpen  eine  große  Ausbreitung  erlangt;  in  erster 
Linie  wurden  die  kostbareren  Erzeugnisse,  Sammet,  Atlas, 
Brokat,  daneben  aber  auch  leichte  Seidenstoffe  aller  Art  ge- 
fertigt, namentlich  in  Antwerpen.  Diese  Stadt  war,  wenn 
ihre  Seidenindustrie  auch  erst  im  17.  Jahrhundert  ihren  Höhe- 
punkt erreichte,  doch  um  die  Wende  des  15.  und  IG.  Jahr- 
hunderts bereits  bei  seiner  Nähe  der  geftlhrlichste  Konkurrent 
Kölns. 


Vgl.  Hintze,  26. 


68  128. 

Noch  zu  Beginn  des  16.  Jahrhunderts  scheint  Köln  di< 
einzige  deutsche  Stadt  gewesen  zu  sein,  in  deren  Mauern  daa 
Seidengewerbe  in  einigermaßen  beträchtlichem  Umfange  be- 
trieben wurde. 

Das  Kölner  Seidengewerbe  hat  sich,  nachdem  seim 
zünftische  Organisation  zum  Abschluß  gekommen  war,  wäh- 
rend der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  auf  seiner  Höh< 
gehalten.  Zwar  finden  sich  nur  wenige  direkte  Nachrichtei 
über  diese  Periode ;  aber  ein  wenigstens  annäherndes  Bild  vor 
dem  Umfange  der  zünftigen  Weberei,  soweit  sie  von  Frauen 
betrieben  wurde,  gibt  das  Einschreibebuch  der  Meisterinnen 
und  Lehrtöchter  aus  den  Jahren  1513  bis  1580.  1531  wurden 
31  Meisterinnen  eingeschrieben,  welche  124  Lehrtöchter  an- 
nahmen; im  Ganzen  wurden  in  dieser  Periode  von  68  Jahren 
222  Meisterinnen  und  über  700  Mädchen  in  das  Amt  auf- 
genommen, oder  besser  eingeschrieben;  denn,  daß  die  An- 
gaben vollständig  seien,  darf  man  bei  der  mangelhaften  Buch- 
und  Listenführung  jener  Zeit  wohl  bezweifeln,  zumal  es  in 
einer  Eingangsnotiz  des  Einschreibebuchs  heißt,  daß  man 
lange  Zeit  niemanden  eingeschrieben  habe;  man  holte  also  nur 
1513  zunächst  einmal  die  Eintragungen,  welche  man  versäumt 
hatte,  nach^.  Es  darf  also  angenommen  werden,  daß  tatsäch- 
lich mehr  Lehrtöchter  aufgenommen  sind.  Immerhin  sind 
auch  die  vorhandenen  Zahlen  nicht  unbeträchtlich  in  einer 
Zeit,  in  welcher  bereits  die  weibliche  Arbeitskraft  durch  die 
männliche  stark  in  den  Hintergrund  gedrängt  wurde.  Zahl- 
reiche Meisterinnen,  77,  haben  keine  Lehrmädchen  einschreiben 
lassen ;  auf  die  übrigen  145  Meisterinnen  verteilen  sich  die 
Mädchen  in  ganz  ungleichem  Maße;  in  einigen  Jahren  wurden 
bei  einzelnen  Hauptseidenmacherinnen  sogar  bis  zu  20  (in 
4  Fällen)  und  21  (in  einem  Falle)  eingeschrieben.  Die  Aus- 
bildung in  der  Kunst  des  Seidespinnens  und  -webens  scheint 
damals  in  Köln  in  hohem  Ansehen  gestanden  zu  haben;  denn 
auch  Angehörige  des  besseren  Bürgerstandes  gingen  zu  Seiden- 
macherinnen in  die  Lehre:  1515  wird  die  Frau  eines  Apothekers 
und  die  eines  Ratsrichters,  1553  die  Tochter  eines  Ratsrichters 
und  die  eines  Doktors  Meisterin,  1547  die  Tochter  des  Hoch- 
geborenen   Herrn    Johann   von   Fryssen    Lehrmädchen^,    und 

*  Archiv,  Z.  175,  s.  a.  Dahmen  II,  V.  Es  heißt:  „want  man  lange  jaire  ny- 
mand  ingeschreven  hait."  Daraus  schließen  zu  wollen,  daß  „also  organisatorisch 
von  1513  das  Amt  lange  Jahre  in  Verfall  gewesen  sei,  stillgestanden  hätte" 
wie  Dahmen  es  tut  (II  3)  halte  ich  für  bedenklich.  Für  einen  Verfall  des 
Amtes  liegen  gar  keine  Anzeichen  vor;  er  ist  auch  nicht  gerade  wahrschein- 
lich, nachdem  kurz  vorher  noch  so  gewaltige  Quantitäten  Kohseide  ver- 
arbeitet worden  waren.  Man  hatte  eben  eine  Zeitlang  das  vorgeschriebene 
Einschreiben  der  Lehrmädchen  unterlassen,  was  für  die  damalige  Zeit  keines- 
wegs auffallend  ist.  Deshalb  braucht  das  Amt  auch  , organisatorisch"  noch 
nicht  gerade  in  Verfall  geraten  zu  sein. 

«   Dahmen,  II,  3. 


128.  e^ 

aus  der  Lebensgeschichte  des  Hermann  Weinsberg,  des  magister 
artium  et  lic.  jur.,  der  einer  angesehenen  Familie  entstammte, 
welche  wiederholt  Ratsämter  bekleidete,  erfahren  wir  daß 
um  1548  zwei  seiner  weiblichen  Verwandten  bei  Kölner  Seiden- 
macherinnen gelernt  haben  ^. 

Die  Frequenz  des  Gewerbes  war,  wenigstens  was  die 
weiblichen  Mitglieder  anbetrifft,  Schwankungen  unterworfen; 
sie  kommen  auch  in  den  Einschreibungen  der  Lehrtöchter 
^um  Ausdruck,  die  von  1513  bis  ca.  1580  wieder  ziemlich 
regelmäßig  vorgenommen  wurden  ^  (soweit  man  bei  der  da- 
maligen Listenführung  überhaupt  von  Regelmäßigkeit  sprechen 
kann).  Von  1513  bis  etwa  1540  haben  recht  rege  Ein- 
schreibungen stattgefunden,  bald  in  größerer,  bald  in  geringerer 
Anzahl;  von  1540 — 1558  nahmen  die  Aufnahmen  ab,  blieben 
aber  stetig  trotz  des  großen  Sterbens,  welches  1541  die  Stadt 
stark  entvölkerte;^  es  werden  immer  noch  82  Meisterinnen 
und  226  Mädchen  eingeschrieben.  Dann  aber,  von  1559 — 1580 
werden  nur  noch  18  Meisterinnen  und  44  Lehrmädchen  ein- 
geschrieben. Man  könnte  auch  hier  an  mangelhafte  Buch- 
führung als  einzige  Ursache  der  Verschiedenheiten  denken; 
aber  es  scheint  sich  doch  um  einen  merklichen  Rückgang 
nicht  nur  der  weiblichen  Gewerbetätigkeit,  sondern  des  ganzen 
Seidengewerbes  zu  handeln,  denn  ein  solcher  wird  durch 
einen  Bericht  aus  demselben  Jahrhundert  bestätigt;  von  ihm 
wird  später  die  Rede  sein.  Aber  allein  schon  die  1564  in 
Köln  wütende  Pest,*  der  1577  noch  einmal  ein  großes  Sterben 
folgte,  hatte  zweifellos  eine  schwere  Erschütterung  des  wirt- 
schaftlichen Lebens  zur  Folge  und  mußte  somit  auch  einen 
Rückgang  im  Seidengewerbe  bewirken;  denn  da  der  Absatz 
von  Luxuswaren  allein  auf  einem  gewissen  Maße  wirtschaft- 
lichen Wohlstandes  begründet  ist,  so  muß  er  in  schlechten 
Zeiten  zuerst  leiden.  Wenn  das  Seidengewerbe  auch  ein 
Exportgewerbe  ist,  so  spielt  doch  auch  der  Lokalverbrauch 
an  Seidenwaren  in  einer  Stadt  wie  Köln  eine  zu  große  Rolle, 
als  daß  seine  Minderung  nicht  sogleich  lähmend  auf  das  Ge- 
werbe hätte  einwirken  müssen.  Eine  Regulierung  des  Ab- 
satzes durch  Mehrexport  war  aber  damals  nicht  so  bald  zu 
•ermöglichen. 

Der  Rückgang  des  Seidengewerbes  wird   bestätigt  durch 


1  Höhlbaum,  Buch  Weinsberg,  I,  179,  192. 

2  Z.  175  (Archiv).  Nur  für  die  ersten  Jahre  ist  das  Resultat  unsicher, 
•da  in  diesen  unterlassene  Einschreibungen  früherer  Jahre  nachgeholt  wurden. 

3  Höhlbaum,  Buch  Weinsberg,  I,  156:  die  SUdt  „stund  wol  halb 
ledich."  Das  Sterben  dauerte  den  ganzen  Winter  hindurch;  zu  Zeiten 
starben  200  Menschen  an  einem  Tage.  .     ..  ,         .  u 

*  Ebenda,  H,  131.  Weinsberg  übertreibt  freilich  stark,  wenn  er  be- 
richtet, es  seien  in  Köln  um  diese  Zeit  10—12000  Menschen  gestorben,  die 
Pest  sei  aber  noch  nicht  zu  Ende.  —  Femer  II,  354.    • 


70  12a 

einen  Bericht  des  Seidamts  über  ein  Gesuch  fremder  Kauf- 
leute vom  Jahre  1591  ^.  Nach  diesem  hat  es  vor  1560  in 
Köln  noch  60 — 70  Seidenhändler  gegeben,  welche  alljährlich 
700  Ballen  Seide  verarbeiteten;  seitdem  aber  sei  eine 
„Schwächung  und  Stockung"  des  Seidenhandels  eingetreten, 
Von  jenen  60 — 70  Seidenhändlern  habe  —  heißt  es  —  damals 
jeder  einzelne  der  Stadt  mehr  Nutzen  gebracht,  als  jetzt  (1591) 
alle  Seidenhändler  zusammengenommen.  Dieser  Bericht  vom 
1.  Juli  1591  gibt  den  einzigen  urkundlichen  Aufschluß  über 
die  Gesamtlage  des  Kölner  Seidengewerbes  in  der  kritischen 
Periode  um  1560  und  über  die  Ursachen  des  starken  Verfall» 
des  Gewerbes.  Die  zünftischen  Seidenmacher  geben  in  ihrem 
Gutachten  an,  daß  seit  30 — 40  Jahren  (seit  1550—1560  also) 
anderenorts  viel  Seide  gewirkt  und  verkauft  werde,  die  zuvor 
in  Köln  allein  bereitet  worden  sei.  Nunmehr  würde  Deutsch- 
land und  England  auch  von  anderen  Orten  aus  mit  Seiden- 
waren aller  Art  überfüllt,  und  die  Kölner  Seide  ginge  daher 
um  so  weniger  auf  den  Märkten  ab;  dazu  käme,  daß  jedes 
Pfund  der  außerhalb  Kölns  gefertigten  Seide  um  einen  oder 
mehrere  Gulden  billiger  abgegeben  werden  könne  als  die - 
Kölner  Seide,  weil  andernorts  beim  Färben  jedes  Pfund  auf 
zwei  gebracht  wurde  (durch  das  Schweren  der  Seide),  wäh- 
rend in  Köln  nach  guter,  althergebrachter  Amtsordnung  ge- 
färbt würde ;  jene  gefälschte  Seide  habe  außerdem  ein  schönere» 
Aussehen  als  die  Kölner  Seide.  Lediglich  durch  „diesen  Be- 
trug" habe  der  Seidenhandel  außerhalb  Kölns  zu-,  in  Köln 
aber  abgenommen. 

Die  fremden  Kaufleute  freilich  geben  in  ihrem  Gegen- 
bericht einen  anderen  Grund  für  den  Rückgang  des  Gewerbes 
an:  das  Seidamt  sei  rückständig  und  unverständig. 

Der  Bericht  von  1591  versetzt  uns  bereits  in  die  Zeit  der 
ersten  Kämpfe  zwischen  althergebrachter  und  neu  eindringen- 
der Betriebsweise  im  Seidengewerbe,  Kämpfe,  die  für  die  ganze 
folgende  Entwicklungsperiode  des  Gewerbes  in  hohem  Grade 
bedeutungsvoll  sind.  Sie  mußten  zeigen,  ob  das  Kölner  Seiden- 
gewerbe seinen  alten  Ruhm  auch  unter  den  ganz  anders  ge- 
arteten Verhältnissen   der   Neuzeit   würde   behaupten   können» 

Den  ersten  Anzeichen  beginnender  Umwandlung  in  neue 
Formen  begegnen  wir  in  Köln  in  den  sechziger  Jahren  des 
16.  Jahrhunderts.  Es  handelt  sich  um  eine  Betriebsweise^ 
die  man  im  Gegensatz  zu  dem  alten,  rein  handwerksmäßigen, 
Betriebe  mit  starker  Einschränkung  des  Ausdrucks  wohl  als 
modern  bezeichnen  könnte.  Sie  ist  in  keinem  Gewerbe  so 
früh  anzutreffen  wie  im  Textilgewerbe  und  ist  namentlich 
beim  Seidengewerbe  deutlich  erkennbar.  Nur  allmählich  ging 
freilich  der  Übergang  vor   sich  und  unter  heftigen  Kämpfen. 


1    1591,  Juli  1.    Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.,  f.  35  ff. 


128.  71 

Diese  Kämpfe  mußten  naturgemäß  besonders  da  mit  besonderer 
Schärfe  auftreten,  wo  ein  alt  eingelebtes  und  kräftig  blühen- 
des Gewerbe  seine  alten  Gewohnheiten  und  die  alte  Technik 
mit  besonderem  Nachdruck  vertrat,  in  dem  Gefühle,  daß  ihre 
Existenz  bedroht  war.  Das  war  in  Köln  der  Fall,  und  des- 
halb ist  gerade  hier  die  Kampfperiode  für  die  ganze  Folge- 
zeit so  charakteristisch. 

Der  Anstoß  zu  neuem  Aufschwung  kam  von  außen.  Zahl- 
reiche Flüchtlinge,  darunter  viele  Angehörige  des  Seiden- 
gewerbes, wanderten  infolge  der  Gegenreformation  um  die 
Mitte  des  16.  Jahrhunderts  und  in  der  folgenden  Zeit  aus 
Italien,  Frankreich  und  den  spanischen  Niederlanden  aus  und 
ließen  sich  namentlich  in  England,  in  der  Schweiz  und  im 
westlichen  Deutschland  nieder^.  Neue  Seidenindustrieen  ent- 
standen, alte  erhielten  neue  Anregung  in  der  Richtung  tech- 
nischer und  organisatorischer  Betriebsweise  und  des  Geschmacks. 
Von  Italienern  wurde  so  das  alte,  seit  fast  200  Jahren  er- 
loschene Seidengewerbe  Zürichs  neubegründet  ^,  um  dieselbe 
Zeit  wurde  Sammet-  und  Bandfabrikation  durch  Locarner, 
sowie  französische  und  niederländische  Flüchtlinge  nach  Basel 
verpflanzt^;  gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts  entstand  das 
Seidengewerbe  in  Amsterdam,  Utrecht  und  Harlem,  von  Ant- 
werpen aus  gegründet;  Antwerpen  er  führten  die  Sammet-  und 
Caffaweberei  auch  in  Hamburg  ein*.  Von  Frankreich  aus 
wurde  zu  Anfang  des  17.  Jahrhunderts  auch  in  England  der 
Anstoß  zu  seidenindustrieller  Tätigkeit  gegeben^.  In  West- 
deutschland erstand  Passementen-  und  Bandfabrikation  gegen 
Ende  des  16.  Jahrhunderts  in  Frankfurt,  Hanau  und  Franken- 
thal ^.  Frankfurt  wandte  sich  zweimal,  1593  und  1594  an 
Köln,  um  sich  die  Kölner  Organisation  des  Seidengewerbes, 
insbesondere  die  der  Färberei  und  des  Passementengewerbes, 
zum  Muster  zu  nehmen.  In  Hanau  hatte  kurz  vor  1600  eine 
rege  Einwanderung  aus  Antwerpen,  Brügge,  Lüttich,  Sedan, 
Tournay  und  Valenciennes  stattgefunden.  Unter  den  Namen 
der  dortigen  französischen  und  „holländischen"  Gemeinden 
sind  1600  solche  vertreten,  die  wir  auch  in  Köln  unter  den  Ein- 
gewanderten wiederfinden,  und  zwar  im  Seidengewerbe,  so 
die  niederländischen  Namen  Lohn,  Mohr  (Moir),  Uttenhoven, 


1  Vgl.  Hintze  16flF.,  Geering,  Basel,  440  ff. 

2  Bürkli-Meyer,  74  ff. 

^   Geering,  a.  a.  0.  440  ff.  ,  .»^^  ^  ^      j-    »»  ui 

*  Hintze,  18  (vgl.  F.  G.  Zimmermann,  Hamburg:  1605  betrug  die  Zahl 
aller  niederländ.  Flüchtlinge  in  Hamburg  130  Personen.) 

6  AJ?Wv,^Seidamt  16.  Jh.  f.  114  1592-94;  17.  Jh.  f.  66,  1605.  In 
Frankfurt  erwähnt  Bücher  (Frankfurt  p.  82-83)  das  Posamenüerhandwerk 
ebenfalls,  1612.  Über  Hanau  und  Frankenthal  8.  E.  J.  Zimmermann,  Hanan  : 
pp.  637,  648  f.,  759,  663. 


72  128 

die  französischen  Neufville,  Held  vier  (Helduwier),  Benoit.  Zu 
Anfang  des  17.  Jahrhunderts  war  die  seidengewerbliche  Tätig- 
keit in  Hanau  schon  eine  recht  rege  und  vielseitige  ^.  Franken- 
thal war  1562  als  Kolonie  von  60  niederländischen  Familien 
gegründet  worden  und  blühte  sehr  rasch  empor,  namentlich 
wegen  seiner  Seidenindustrie.  Ob  am  Niederrhein  schon  im 
16.  Jahrhundert  das  Seidengewerbe  heimisch  wurde,  ist  zweifel- 
haft; später  werden  einige  Orte,  wie  Wesel,  Duisburg,  Rade 
vorm  Walde  erwähnt,  zur  Bedeutung  aber  ist  die  Seiden- 
industrie am  Niederrhein,  bevor  Krefeld  emporblühte,  nicht 
gekommen. 

Auch  in  Köln  ließen  sich  in  der  folgenden  Periode  zahl- 
reiche Flüchtlinge,  vor  allem  niederländische,  nieder.  Der 
«rste  Einwanderer,  der  für  das  Seidengewerbe  in  Betracht 
kommt,  ist  ein  Italiener  Spiritallo,  aus  Venedig  stammend; 
er  wird  zum  ersten  Male  1564  erwähnt^;  italienische,  mehr 
noch  französische  Namen  erscheinen  fortan  in  großer  Anzahl. 
Hauptsächlich  aber  scheinen  die  fremden  Einwanderer  aus  den 
Niederlanden  gekommen  zu  sein,  denn  der  Rat  von  Köln  er- 
wähnt sie  ausdrücklich  in  seinem  Antwortschreiben  an  den 
Rat  von  Frankfurt  ^ :  Von  Alters  her,  heißt  es,  hätten  in  Köln 
die  Seidenspinner,  Seidenmacher  und  Färber  besondere  Amts- 
briefe gehabt,  nach  denen  sie  ihre  Ämter  regieret,  Seide  ge- 
sponnen und  gefärbt  hätten;  der  Rat  habe  auch  keine  be- 
sondere Klage  vernommen;  nun  aber,  seit  einigen  Jahren 
wollten  sich  Fremde  aus  den  Niederlanden  anmaßen ,  auf 
andere  Art  und  W^eise  Seide  zu  spinnen,  bereiten  und  zu 
färben. 

Die  „andere  Art  und  Weise",  von  welcher  der  Rat  spricht, 
war  eine   veränderte  Betriebsweise,  wie    sie    auch   in   Zürich 


1   Zimmermann,  Hanau,  p.  647,  gibt  eine  Liste  der  Gewerbetätigen  in 
den  Jahren  1608  und  1613.    Es  waren  vorhanden 

1608  1613 


Passementierer 

157 

126 

Seidenknechte 

9 

28 

Seiden  arbeiter 

7 

4 

Seidenbereiter 

1 

4 

Seidenkämmer 

1 

1 

Seidenwickler 

3 

1 

Seidenfärber 

4 

5 

Seidenhändler 

6 

6 

Bourettenweber 

2 

2 

Bombesiniers 

3 

2 

Kaflfaweber 

8 

5 

201  179 

2   Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.  foL  17  ff.  und  Rpr.  21,  f.  214,  219,  222. 
^   Ebenda.   14.  Mai  1593.  Es  ist  die  Antwort  auf  das  vorhin  erwähnte 

Schreiben  Frankfurts,  in  welchem  angefragt  wird,  wie   in  Köln  das  Seiden- 

jjewerbe  eingerichtet  sei. 


128.  73 

und  in  BaseP  von  den  fremden  Einwanderern  eingeführt 
worden  war.  Während  bis  dahin  hausindustrielle  Spinnerei 
und  Weberei  im  allgemeinen  vorherrschend  gewesen  war, 
neben  welcher  die  Färberei  (und  in  Köln  auch  die  Stickerei) 
als  abgesondertes  Gewerbe  betrieben  worden  war,  handhabten 
Italiener  —  wenigstens  diese  hauptsächlich  —  das  Spinnen, 
Zwirnen  und  Färben  der  rohen  Seide,  unter  Anwendung 
mechanischer  Neuerungen  und  häufig  fabrikmäßig  lokalisiert, 
die  drei  Fabrikationsprozesse,  wenigstens  aber  zwei,  nämlich 
das  Zwirnen  und  Färben,  in  einem  Betriebe  vereinigt.  Mit 
-einer  neuen  Arbeitsmethode  und  der  Konzentration  der  Arbeits- 
prozesse vereinigten  sie  dann  noch  häufig  eine  geschäfts- 
kundigere Leitung  des  Handels  und  überhaupt  größere  In- 
telligenz. Allerdings  treten  die  angeführten  Momente  nicht 
in  jedem  Falle  und  nicht  immer  gleich  scharf  hervor;  aber 
im  ganzen  ist  die  Tendenz  nach  der  neuen  Betriebsform  hier 
deutlich  zu  erkennen.  Der  zünftischen  Auffassung  war  die 
neue  Richtung  natürlich  durchaus  zuwider,  daher  die  heftige 
Opposition  der  alten  Handwerksmeister  verständlich  ;  sie  wandte 
sich  mit  der  größten  Erbitterung  gegen  die  maschinelle  Ver- 
besserung, weil  in  ihr  die  neue  Betriebsform  am  augenfälligsten 
zu  Tage  trat.  Denn ,  wenn  es  sich  zunächst  auch  nur  um 
ein  noch  ziemlich  primitiv  zu  nennendes  Werkzeug  handelte, 
so  brachte  doch  auch  dieses  schon  ein  sehr  wesentliches  Mo- 
ment der  Maschine,  die  Ersparnis  an  Arbeitskräften,  zum 
Ausdruck. 

Die  erste  technische  Verbesserung  wird  in  Köln  schon 
1412 — 13  erwähnt;  es  ist  das  schon  genannte  Zwirnrad  des 
Walter  Kesinger,  dessen  Gebrauch  der  Rat  verbietet.  Das 
Spinnen  und  Zwirnen  auf  Rädern  wurde  nunmehr  anscheinend 
nicht  mehr  versucht  vor  1562,  auch  wird  das  Rad  in  keinem 
der  Amtsbriefe  erwähnt.  Erst  1562  taucht  wieder  ein  Zwim- 
rad  auf:  der  Rat  hatte  den  Seidenmachern  seinen  Gebrauch 
gestattet;  daraufhin  beschwerten  sich  die  Seidenspinnerinnen, 
daß  sie  dadurch  brotlos,  würden.  Es  kam  zu  einem  Vergleiche, 
demzufolge  die  Spinnerinnen  für  die  Seidenmacher  zwirnen 
sollten ;  letzteren  aber  wurde  durch  Entscheidung  vom  26.  August 
1562  verboten,  sich  der  Räder  zu  bedienen,  damit  die  Spinne- 
rinnen „ihre  Nahrung  behielten"  ^. 

Aber  erst  mit  dem  Erscheinen  der  Ausländer  trifft  in 
Köln  eine  maschinelle  Neuheit  von  größerem  Umfange  und 
komplizierterer  Bauart  ein.  Die  Maschine  wird  leider  nicht 
näher  beschrieben,  aber  sie  heißt  allgemein  nicht  mehr  „Rad", 
sondern  «Räder-  und  Mühlen  werk".  Der  Besitzer,Spiritallo,  gibt  m 


1   Bürkli-Meyer,  75 ff.;  Geering,  Basel,  462 ff. 
«   Archiv,  Rpr.  21,  17. 


74  128. 

einer  Beschwerde  an  den  Kurfürsten  vom  30.  Dezember  1568  * 
an,  er  habe  zwei  Mühlen  mit  großen  Unkosten  von  Venedig 
durch  sachverständige  Meister  nach  Köln  bringen  lassen  nebst 
einem  Kessel  und  anderem  Werkzeug  zum  Seidespinnen,  Seid- 
bereiten und  Färben.  Es  ist  vermutlich  eine  Zwirnmaschine- 
etwa  in  der  Art  der  piemonteser  Zwimmühle  oder  der  in  Zürich 
gebrauchten  Seidenmühle ^  (filatojo)  gemeint,  die  entweder 
durch  Wasserkraft  oder  mit  der  Hand  durch  eine  Person 
ohne  jede  besondere  Qualifikation  angetrieben  wurde  und  das 
Zwirnen  mechanisch  verrichtete.  Der  Handbetrieb  war  der 
gewöhnlichere  und  scheint  auch  in  Köln  üblich  gewesen  zu 
sein.  An  einen  „Großbetrieb"  wird  man  freilich  dabei  nicht 
denken  dürfen,  wie  überhaupt  eine  allzu  moderne  Vorstellung 
eines  Maschinenbetriebes  vermieden  werden  muß^ 

Der  Venetianer  Ambrosio  Spiritallo  siedelte  1564  nach- 
Köln über  und  bot,  mit  Empfehlungen  der  Fabrikanten  Wynandt 
und  Johann  Mohr,  bei  denen  er  in  Brügge  zwei  Jahre  gelernt 
hatte,  versehen,  dem  Rat  seine  Dienste  an.  Er  sagt,  er  ver- 
stünde Florett-  und  andere  Seide  auf  Rädern  zuzubereiten 
und  in  allen  Farben,  vorzüglich  schwarz,  zu  färben  und  sucht 
dem  Rat  die  Sache  plausibel  zu  machen ,  indem  er  meint^ 
daß  „diese  Handlung  durch  alle  Lande  sehr  zunimbt  und 
zum  großen  nuz  dieser  Stat  als  den  seidt  spinnerschen  und 
sonst  der  ganzen  gemein  gerathen  würde*." 

Spiritallo  stellt  die  Bedingung,  daß  ihm  von  den  Seiden- 
machern genügende  Beschäftigung  gegeben  werde,  erbittet 
sich  freie  Wohnung  und  Räumlichkeit  zur  Unterbringung 
seiner  „Instrumente"  und  zur  Einrichtung  eines  Färbehauses^ 
und  beansprucht  die  Freiheit  der  Herstellung  von  Stick-^ 
Näh-,  Florett-  und  „Tapisserey" -Seide;  ferner  wünscht  er, 
es  solle  während  eines  Zeitraums  von  zehn  Jahren  keinen^ 
Fremden  gestattet  sein,  die  genannten  Seidensorten  zu  bereiten 
und  zu  färben  und  bittet  endlich  noch  um  eine  „Schenkung"^ 
da  er  sich  „mit  großen  Kosten"  habe  nach  Köln  begeben 
müssen.  Dafür  erbietet  er  sich,  den  Seidenmachern  Anleitung^ 
zu  geben  in  der  Fabrikation  der  genannten  Seidensorten,  wie 
sie  in  Italien  gebräuchlich  sei,  sowie  in  allen  Farben  unter 
Wahrung  des  richtigen  Gewichts  zu  färben. 

Die  Meister  des  Seidamts  haben  nichts  gegen  die  Nieder- 
lassung des  Spiritallus   einzuwenden;   sie  meinen  gelegentlich 

1  Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.  1568,  Dezember  30.  Kurf.  August,  Herz^ 
zu  Sachsen. 

2  Hintze  37;  Bürkli-Meyer  82  f. 

^  Noch  weniger  darf  man  bei  den  Zwirnereien  an  „Riesenbetriebe* 
denken,  wie  sie  Geering,  Basel,  462  erwähnt;  vgl.  auch  Hintze  36.  Sieve- 
king,  a.  a.  0.  131  hält,  ich  glaube  mit  Recht,  die  Bezeichnung  der  Zwirne- 
reien in  Genua  als  Riesenbetriebe  für  ein  Mißverständnis,  hervorgerufea 
durch  die  Reiseschilderung  des  Andreas  Ryff. 

*   Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.  f.  18  f. 


128.  75 

einer  Umfrage,  die  der  Rat  veranstaltete:  man  könne  es  ja 
mit  dem  Italiener  versuchen  \  Einige  Seidspinner  allerdings 
opponieren  schon  jetzt  in  heftiger  Weise,  so  daß  der  Rat 
unter  Androhung  schwerer  Strafen  verbieten  muß,  den 
Fremden  wörtlich  oder  tätlich  zu  beleidigen.  So  wird 
ihm  denn  durch  Verfügung  vom  10.  Mai  15(34  eine  Wohnung 
gemietet  und  ihm  gestattet,  durch  sein  Gesinde  innerhalb 
Kölns  Seide  auf  Rädern  spinnen  und  zwirnen  zu  lassen.  Am 
15.  Mai  1564  schließt  er  mit  dem  Seidamt  einen  Vertrag »  ab, 
welcher  im  allgemeinen  seinen  Wünschen  entspricht:  1.  Spiri- 
tallus  verpflichtet  sich,  für  jeden  Seidenmacher  und  jede 
Seidenmacherin  auf  Bestellung  zu  arbeiten,  2.  er  liefert  jedem 
seine  Seide  zubereitet  und  gefärbt  wieder  zurück  mit  einem 
Gewichtsverlust  von  höchstens  V2  Lot  pro  Pfund ;  3.  er  erhält 
für  das  Zwirnen  je  nach  der  Stärke  pro  Pfund  10,  12,  15 
und  20,  für  das  Färben  in  schwarz  12,  in  farbig  9  Weiß- 
pfennige; 4.  er  darf  nur  für  das  Seidamt  arbeiten;  5.  dafür 
soll  das  Amt  10  Jahre  lang  keinen  Fremden  annehmen. 

Sehr  bald  aber  kam  es  zu  Differenzen.  Spiritallus  be- 
klagte sich  über  die  Seidenmacher,  da  sie  ihm  nicht  ge- 
nügende Beschäftigung  gaben  und  stellte  den  Antrag,  in  Zu- 
kunft dann  wenigstens  sein  eigenes  Rohmaterial  für  Privat- 
kundschaft verarbeiten  zu  dürfen,  was  der  Rat  auch  am 
13.  Juni  1567  genehmigte^.  Die  Zunftmeister  hingegen  be- 
haupteten, Spiritallus  käme  dem  Vertrage  auch  nicht  nach. 
Der  Rat  stellte  sich  schließlich  auf  die  Seite  der  Seidenmacher 
und  beschloß  am  8.  Dezember  1567,  daß  das  Seidamt  bei 
seinen  Privilegien  zu  erhalten  sei-,  er  könne  dem  Spiritallus 
den  Hauszins  nicht  länger  zahlen,  ihm  auch  „aus  vielen  be- 
denklichen Gründen"  nicht  mehr  das  Amt  gestatten*.  Spiritallus 
beschwerte  sich  am  30.  Dezember  1568  beim  Kurfürsten  *  und 
bat  um  Schadenersatz,  weil  er  durch  den  kostspieligen  Umzug 
und  das  Verhalten  der  Seidenmacher  um  sein  Vermögen  ge- 
kommen sei.  Die  Entscheidung  auf  seine  Beschwerde  ist  leider 
nicht  erhalten ;  er  scheint  nichts  erreicht  zu  haben,  denn  1569 
wurde  einem  anderen  Fremden,  Daniel  Palant®,  nach  den  Be- 
stimmungen des  mit  Spiritallus  abgeschlossenen  Vertrages  ge- 
stattet, sich  in  Köln  niederzulassen  und  mit  dem  Mühlenwerk 
zu  arbeiten;  von  Spiritallus  aber  hören  wir  nichts  mehr.  In 
demselben  Jahre  wird  aber  auch  allen  zur  Zeit  vorhandenen 
zünftischen    Seidenmachern    die    Ausübung     ihres    Gewerbe« 


I 


1  Archiv,  Rpr.  21,  214,  219,  222. 

2  Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.  f.  17  f. 

3  Archiv,  Rpr.  23,  109,  129. 

'  Äs'^eäÄ.    30.  Dezember  1568.   Kurf.  August  t.  S.ch«. 

6  Archiv,  Rpr.  25,  68.    1569,  Juli  18. 


76  128. 

unter  Anwendung  der  Zwirnmühle  gestattet*,  so  daß  der  zu- 
gelassene Fremde  nicht  mehr  eine  Monopolstellung  hatte;  die 
Seidenmacher  hatten  wohl  inzwischen  selbst  gelernt,  mit  der 
Zwirnmühle  umzugehen. 

In  den  neunziger  Jahren  mehrt  sich  der  Zuzug  fremder 
Konkurrenten,  namentlich  auf  dem  Gebiete  des  Seidenhandels. 
Ein  Gesuch  fremder  Seidenhändler  vom  22.  August  1590  ^  an 
den  Rat  trägt  die  Unterschriften  von  8  Händlern :  Vondanella, 
Jacques  du  Bucquoy,  Hans  Sonnemans,  Pierre  Dublaing, 
Hans  Flayoldt,  Peter  van  Ygelt,  Johan  van  den  Huenell  und 
Cornille  Le  brun.  Sie  bitten  um  die  Anstellung  eines 
„Messers",  wie  er  in  allen  größeren  Handelsplätzen  vorhanden 
sei,  eines  Mannes,  welcher  die  richtige  Beschaffenheit  der 
sammetnen  und  seidenen  Stoffe  u.  dgl.  zu  kontrolieren  hat, 
zur  Vermeidung  von  Differenzen  zwischen  einheimischen  und 
fremden  Kaufleuten,  worauf  hin  Paulus  von  Acht,  von  den 
Händlern  empfohlen,  angestellt  wird.  Die  Konkurrenz 
dieser  fremden  Seidenhändler  mußte  den  Seidenmachern  sehr 
fühlbar  werden,  da  sie  bis  dahin  in  erster  Linie  den  Seiden- 
handel in  der  Hand  gehabt  hatten,  wie  aus  dem  Gutachten 
der  Zunftmeister  vom  1.  Juli  1591,  hervorgeht^. 

Am  31.  Mai  1591  *  beschloß  der  Rat,  wieder  einen  neuen 
Seidbereiter  und  Färber  auf  italienische  Manier  aufzunehmen, 
Johann  Dusart,  nachdem  der  Licentiat  Lennep  am  22.  Mai 
berichtet  hatte,  es  sei  eine  Notwendigkeit,  sich  der  Räder  zu 
bedienen.  Besonderen  Wert  hatte  der  Rat  darauf  gelegt,  daß 
Dusart  sich  erboten  hatte,  die  Bürgerkinder  in  seiner  Kunst 
zu  unterweisen. 

Die  Seidenmacher  sind  jetzt  schon  sehr  unzufrieden  über 
die  Zulassung  der  Fremden.  Der  Rat  aber  sieht  sie,  wie  es 
scheint,  nicht  ungern,  schon  der  vermehrten  Abgaben  wegen ; 
die  zuziehenden  Seidenhändler  und  Seidenbereiter  versäumen 
auch  nicht,  bei  jeder  Gelegenheit  darauf  hinzuweisen,  welchen 
Vorteil  ein  durch  sie  verursachter  Aufschwung  der  städtischen 
Rentkammer  bringen  würde.  In  dem  schon  erwähnten  Be- 
richt vom  1.  Juli  1591  bringen  die  Seidenmacher  ihre  ganze 
Erbitterung  gegen  die  Fremden  zum  Ausdruck.  Wenn  der 
Rat  den  fremden  Supplikanten  nachgäbe,  so  entziehe  er  damit 
den  Töchtern  des  Seidamts  ihr  Brot  und  gebe  es  andern, 
„denen  es  nicht  gebührt".  Auch  sie  getrauten  sich  wohl, 
ebenso  gut  wie  die  Fremden,  mit  dem  Räderwerk  umzugehn; 
wenn  sie  bisher  damit  im  Rückstand  geblieben  wären,  so  habe 


1  Archiv,  Rpr.  25,  72  v   1569  Juli  22. 

2  Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.,  f.  25. 

^   Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.  f.  37:  es  heißt  hier:  „die  wir  jetziger  Zeit 
den  Seidhandel  führen." 

*   Ebenda,  Rpr.  41,  204,  215;  Seidamt,  16.  Jh.  31.  Mai  1591  und  f.  33  f. 


128.  77 

das  daran  gelegen,  daß  „besondere  Gebäude  zu  solchem  neuen 
Werk  gehörten".  Nun  hätten  Einige  von  ihnen  aber  bereits 
solche  Gebäude  errichtet,  ein  Meister  habe  sogar  schon  ein 
Werk  im  Betrieb,  und  so  würden  sie  „hinfüro  auch  nicht 
länger  säumen,  damit  das  Gemeinwohl  nicht  zu  kurz  käme.** 
Freilich  —  wenden  sie  ein  —  seien  die  Spinnerinnen  dem 
Mühlen-  und  Räderwerk  abgeneigt ;  es  sei  also  nötig,  daß  der 
Rat  sie  zur  „befohlenen  Arbeit  anweise  und  anhalte".  Sie 
seien  auch  keineswegs  so  kleine  Meister,  als  welche  die  Fremden 
sie  darstellten,  sondern  sie  beschäftigten  etliche  hundert 
Arbeiter.  Bisher  hätten  sie  ja  „Gott  sei  Dank  mit  ihrem  Tun 
noch  ziemliches  Gedeihen  gehabt  und  seien  auch  ferneren 
Segens  gewärtig" ,  wofern  sie  nicht  in  ihrem  Vorhaben  ge- 
hindert würden.  Wenn  eine  Zeit  lang  das  Gewerbe  brach 
gelegen  habe,  so  würde  das  jetzt  wieder  anders  werden;  denn 
jetzt  würde  die  Kölner  Seide  wieder  begehrt,  nachdem  der 
andernorts  getriebene  Betrug  mit  der  geschwerten  Seide  ge- 
nügend erkannt  worden  sei.  Gerade  jetzt  dürften  sie  daher 
nicht  durch  Fremde  gehindert  werden.  Der  Rat  dürfe  sie 
schon  deshalb  nicht  zulassen,  weil  man  ja  nicht  wissen  könne, 
ob  jene  nicht  ebenfalls  früher  an  anderen  Orten,  „mit  bösen 
Seidenfarben  hantiert"  hätten.  Auch  würde  es  den  fremden 
Kaufleuten  mehr  Ehre  machen,  wenn  sie  ihre  Töchter  beim 
Seidamt  lernen  ließen  und  wenn  ihre  Söhne  durch  Heirat  mit 
Töchtern,  welche  die  Amtsgerechtigkeit  besäßen,  in  das  Ge- 
werbe gelangten,  als  wenn  sie  durch  „verbotene  und  unziem- 
liche Mittel"  nach  dem  Gewerbe  trachteten,  wobei  sie  die 
Bürgerschaft  der  Stadt,  welche  sie  aufgenommen  habe,  ver- 
drängten, was  keine  gute  Nachbarschaft  geben  könne.  Der 
Rat  möge  sie,  die  Seidenmacher,  doch  bei  ihrer  Amtsgerechtig- 
keit erhalten.  Dagegen  wären  sie  erbötig,  unter  Benutzung 
des  Mühlenwerks  so  viel  Seide  zu  bereiten,  als  nur  irgend  zu 
vertreiben  sein  würde,  sodaß  niemand  „mit  einiger  Berechtigung 
sagen  könne",  daß  die  Rentkammer  durch  sie  Schaden 
erlitte. 

Der  Bericht  der  Seidenmacher  gab  indessen  die  Sachlage 
nicht  richtig  wieder.  Sie  waren  nicht  imstande,  dasselbe  zu 
leisten  wie  die  Fremden.  Das  Bild  des  Kölner  Seiden- 
handels und  Seidengewerbes  war  mittlerweile  ein  anderes  ge- 
worden. 1    .    •    t 

Wir  sind  über  das  Stärkeverhältnis  der  einheimischen 
und  der  fremden  Seidenhändler  und  über  die  Menge  der  von 
ihnen  in  Köln  zur  Verarbeitung  eingeführten  Rohseide  in 
dieser  Zeit  genau  unterrichtet  durch  einen  Auszug  aus  den 
Zinsbüchern,  welcher  für  die  Jahre  1589-1594  im  Jahre  1594 
auf  Befehl  des  Rats  angefertigt  worden  ist;  der  Rat  wollte 
ein     sicheres    Urteil    gewinnen,     welche     von     beiden     Far- 


78 


128. 


teien  Einheimische   oder  Fremde,  der  Stadt  mit  dem  Seiden- 
handel mehr  Nutzen  bringet 

In  den   genannten  Jahren  wurde   an  Rohseide  eingeführt 
und  in  Köln  bereitet  und  gefärbt: 

von  8  einheimischen  Seidenhändlern  82^/4  Ballen, 
von  28  fremden  Seidenhändlern  65(5  Ballen; 
das  ergibt  für  jeden    einzelnen  Händler   im  Durchschnitt   bei 
den  einheimischen  10,   bei    den  fremden  23  Ballen^.     Außer- 
dem  wurden   von   den   einheimischen  Händlern   noch    „einige 


1  Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.  1594,  März  4.  Vgl.  Fuchs,  Topogr.  (Hdschr.) 
und  Dahmen  II ;  die  von  Dahmen  bei  Fuchs  vermißte  Quelle  ist  der  in  den 
Seidamtsakten  enthaltene  Auszug  vom  4.  März  1594.  Fuchs  gibt  658  Ballen 
bei  den  fremden  Händlern  an  und  Dahmen  hat  die  Zahl  übernommen;  die 
richtige  Summe  ist  aber  656;  der  Auszug  enthält  einen  Additionsfehler. 

2  Die  Namen  der  Händler  sind  folgende : 


A.  Einheimische. 


Wilhelm  Steffens. 

Tönnes  Becker. 

Johann  Süchtellen. 

Wwe.  Margaretha  Feisten  sei. 


Hans  Duetz  (Deutz). 
Hermann  Steffens. 
Hilbrant  Sudermann. 
Bernhard  Stuningh. 


B.  Fremde. 


Jacomo  de  St.  Cruce. 

Johan  Morave. 

Johann  Moriconi  &  Co. 

Domenico  Ferro  &  Co. 

Johan  von  den  Hovell. 

Hans  und  Gwilram  von  den  Pütt. 

Walter  de  Novile. 

Hermann  Ach. 

Johann  Dusart  und  sein  Sohn  Davit 

Dusart. 
Johann  Maconi. 
Loys  More  &  Co. 
Mercurius  Drix. 
Eduard  Polß. 


Jeronimo  Cassina. 
Marco  Anton  Gravi. 
Arnoldus  Frealden  Hollen. 
Carlo  Navazola. 
Petro  Christiane. 
Steffen  von  Hattingen. 
Thomas  Moriconi  Sei. 
Hans  Fritz  Sei. 
Antonio  Dorsi. 
Peter  Dabiein  (Dablaing). 
Johann  Helduwier  &  Co. 
Jeronimo  Volvi. 
FranQois  Grammont. 
Caspar  Dobeano. 
Godfrid  Haudappel. 

Die  Größe  eines  Ballens  konnte  ich  nicht  ermitteln;  am  Ende  des 
17.  Jahrh.  wurde  er  zu  300  Pfund  gerechnet  (s.  Archiv  Handels-Abt.  78, 
Ordnungen  des  Kaufhauses  Gürzenich  1567 — 1764  fol.  105  f.  vom  19.  Aug. 
1697.  Ein  Kölnisches  Pfund  betrug  Ende  des  15.  Jahrh.  0,467  kg  (Geermg 
Mitteilungen  11,  p.  43,  v.  Inama-Sternegg  III  2,  523).  Falls  die  Maße  1495, 1594. 
1697  gleichgeblieben  sind,  würde  sich  die  Rohseideneinfuhr  nach  Köln  Ende 
des  16.  Jahrh.  nach  dem  Durchschnitt  der  Jahre  1589—93  auf  jährlich  rd. 
132000  Kölnische  Pfund  gestellt  haben  (Ende  des  15.  Jahrh.:  21000  Köln. 
Pfd.)  oder  rd.  65000  kg  (gegen  rd.  10000  kg).  Somit  würde  der  Verbrauch 
sich  in  100  Jahren  versechsfacht  haben.  Die  Maße  sind  indessen  zu  un- 
sicher, als  daß  man  einen  exakten  Vergleich  wagen  könnte.  Eine  Zunahme 
der  schon  von  Geering  für  das  Ende  des  15.  Jahrhunderts  als  sehr  be- 
deutend festgestellten  Kohseideeinfuhr  glaube  ich  aber  für  das  16.  Jahr- 
hundert (Ende)  doch  annehmen  zu  dürfen. 


128.  79 

hundert  Kartons"  Frankfurter,  Frankenthaler  und  andere  Ge- 
färbte und  gesch werte  Seide  eingeführt  und  von  den  fremden 
Händlern  „über  1500"  Ballen  gefärbte  und  meist  geschwerte 
Seide  aus  Venedig,  Verona,  Vicenza,  Frankfurt,  Frankenthal 
und  Wesel.  In  wieweit  diese  gefärbte  Seide  auch  in  Köln 
verarbeitet  wurde,  und  wie  weit  sie  nur  dem  Durchgangs- 
verkehr gedient  hat,  ist  nicht  festzustellen.  Die  Höchstzahi 
der  von  einem  einzelnen  Händler  in  einem  Jahre  verbrauchten 
ungefärbten  Seide  betrug  bei  den  Einheimischen  9,  bei  den 
Fremden  aber  35  Ballen. 

Aus  den  Zahlen  geht  klar  hervor,  daß  gegen  Ende  des 
16.  Jahrhunderts  die  Bedeutung  des  Kölner  Seidenhandels  und 
Seidengewerbes  durchaus  auf  der  Tätigkeit  der  fremden 
Fabrikanten  beruht,  denen  gegenüber  die  zünftischen  Hand- 
werksmeister schon  ganz  zurücktreten.  Von  1589,  dem  Jahre, 
in  welchem  sich  die  ersten  auswärtigen  Händler  in  größerer 
Anzahl  in  Köln  niedergelassen  haben*,  wächst  die  Einfuhr 
der  Rohseide  bis  1592  beständig  an,  um  1593  etwas  zu  sinken 
(die  Angabe  für  1594  kann  nicht  mehr  berücksichtigt  werden, 
weil  die  Aufstellung  vom  4.  März  1594  datiert,  mithin  nur 
zwei  Monate  des  Jahres  in  Frage  kommen)  ;  sie  beträgt  bei 
beiden  Händlerkategorien  zusammen:  1589:  80,  1590:  105 
1591:  117,  1592:  203,  1593:  176  Ballen  (rd.);  dieses  rasche 
Anwachsen  ist  lediglich  durch  die  fremde  Einwanderung  ver- 
ursacht worden. 

Gleichwohl  ist  auch  das  zünftische  Gewerbe  noch  recht 
beträchtlich.  Ein  von  den  Seidenwirkern  an  den  Rat  am 
24.  April  1600  eingereichtes  Gesuch  um  eine  für  den  Seiden- 
handel und  die  Seidenfärberei  des  ganzen  Reichs  geltende 
allgemeine  Ordnung  trägt  die  Unterschrift  von  93  Meistern, 
und  zwar  ausschließlich  männlichen  (nur  zwei  Witwen  sind 
dabei,  welche  die  Geschäfte  ihrer  Männer  weiterführen);  ein 
Gesuch  „sämtlicher"  Winkelhalter  des  Seidenhandels  in  der- 
selben Sache  weist  27  Namen  auf  und  ein  solches  der  zUnfti- 
schen  Seidenspinner  mit  dem  Mühlenwerk  deren  6*. 

Die  eigentliche  Bedeutung  des  Kölner  Seidengewerbes 
aber  beruhte  nicht  mehr  auf  der  zünftischen  Arbeit  sondern 
auf  freier  Konkurrenz.  Die  Versuche  der  Zunftmeister,  die 
lästigen  Konkurrenten  los  zu  werden,  nahmen  um  so  heftigere 


1  Der  Rat  wählt  das  Jahr  1589  als  Ausgangspunkt  für  die  Feit- 
Stellungen  über  die  Seideneinfuhr;  auch  werden  in  den  Akten  des  Seidamts 
1590  zum  ersten  Male  acht  Händler  erwähnt,  die  sich  soeben  niedergeUssen 
haben  (Akten  Seidamt,  16.  Jh.  1590,  fol.  25). 

2  Archiv;  Seidamt  17.  Jh.  I.  Hälfte,  f.  33  f.  vom  24.  April  1600,  f.  37t 
vom  1.  Mai  1600  und  f.  41  vom  12.  Mai  1600;  vd.  auch  Dahmen.  II,  2.  — 
Die  Seidenwirker  werden  in  dem  Aktenstück  auch  als  „Posamentierer"  be- 
zeichnet. 


80  128. 

Formen  an,  je  erfolgloser  sie  waren.  Man  wird  beim  Einblick 
in  die  zahlreichen  Petitionen,  Berichte  und  protokollarischen 
Aussagen  der  Seidenmacher  und  der  Fremden  von  dem  Auf- 
treten der  letzteren  den  günstigeren  Eindruck  gewinnen 
müssen,  wie  denn  ja  auch  bei  ihnen  die  größere  Intelligenz 
vertreten  war  ^.  Die  Abneigung  der  zünftischen  Meister  gegen 
die  Neuerungen  war  ja  durchaus  verständlich;  aber  sie  artete 
doch  aus  in  eine  außerordentliche  Gehäßigkeit,  die  sich  m 
dem  Bestreben  zeigte,  den  Konkurrenten,  wenn  man  sie  schon 
nicht  beseitigen  konnte,  wenigstens  das  Leben  schwer  zu 
machen  und  sie  an  der  Ausübung  des  Gewerbes  nach  Möglich- 
keit zu  hindern.  Hierzu  hatten  sie  eine  vortreffliche  Gelegen- 
heit in  den  Visitationen,  welche  bei  deu  Seidenfärbern  ab- 
gehalten wurden,  damit  das  weitverbreitete  Schweren  der  Seide 
beim  Färbungsprozeß  verhindert  wurde.  Ihr  Gesuch  zwar, 
vermöge  ihrer  Amtsgerechtigkeit  alle  Seidenfärber  besuchen 
zu  dürfen ,  schlug  der  Rat  1594  ab ;  indessen  wurden  doch 
zwei  Ratsherren  bestellt,  welche  gemeinsam  mit  den  Seiden- 
macher-Amtsmeistern die  gewünschten  Visitationen  vorzu- 
nehmen hatten^.  Die  Amtsmeister  müssen  aber  doch  großen  Ein- 
fluß auf  die  Ausführung  gehabt  haben,  denn  die  Haussuchungen 
wurden  in  den  nächsten  Jahren  oft  mit  außerordentlicher  und 
unnötiger  Härte  und  schikanös  gehandhabt.  Regelmäßig 
folgten  dann  die  Beschwerden  der  Geschädigten,  und  so  nahmen, 
die  Reibereien  kein  Ende^.  Die  Visitationen  richteten  sich, 
gegen  alle  Färber,  sowohl  die  alten  Kölnischen,  welche  die 
Färberei  allein  —  auf  Bestellung  —  betrieben,  als  auch  gegen, 
die  neuen,  die  Ausländer,  welche  neben  der  Färberei  noch 
das  Zubereiten  der  Seide  auf  Mühlenwerken  ausübten.  Gegen 
letztere  ging  man  besonders  schonungslos  vor.  So  waren  dem 
Johann  Dusart,  welcher,  wie  erwähnt,  1591  die  Erlaubnis  zur 
Niederlassung  in  Köln  erhalten  hatte,  bei  einer  Durchsuchung^ 
seiner  Werkstatt  am  8.  Februar  1594  48  Pfund  Seide  und 
seine  Farbkessel  konfisziert,  sein  Betrieb  gesperrt  worden^ 
Hierdurch  war  er  in  umso  größere  Verlegenheit  geraten,  al»^ 
er  eine  Anzahl  von  Bestellungen  auswärtiger  Kaufleute  aus- 
Frankfurt, Straßburg,  Leipzig  und  anderen  Orten  auszuführen 
hatte.  Speziell  die  48  Pfund  Seide  —  sagte  er  —  seien  schon 
auf  der  Frankfurter  Herbstmesse  bestellt  worden  und  zwar 
von  einem  Kaufmann  aus  Wetzlar,  der  jetzt  in  Köln  sei  und 
auf  Lieferung  dränge.  Trotzdem  Dusart  nun  seine  I^age  in 
mehreren  Beschwerden  ausführlich  schilderte,  erhielt  er  weder 


^  Ähnlich  das  Urteil  Geerings  fiir  die  analogen  Verhältnisse  in  Basel,, 
a.  a.  0.  S.  440. 

2   Archiv,  Rpr.  44,  116.    24.  Januar  1594. 

8  Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.  ff.:  75 ff.,  77  ff.,  79,  80,  82,  92  ff,  97  ff.,  105,. 
108,  110,  femer  Rpr.  44,  148,  154. 


128. 


81 


seine  Kessel  zurück,  noch  eine  Entscheidung  in  der  Angelegen- 
heit. Schließlich  schreibt  er  am  5.  September  1594  an  den 
Rat^  er  habe  nun  schon  so  oft  um  „Restitution"  seiner  Farb- 
kessel und  um  die  Erlaubnis,  seine  Arbeit  wieder  aufnehmen 
zu  dürfen,  gebeten ;  es  sei  aber  noch  nichts  erfolgt.  Nun  habe 
er  schon  acht  Monate  abgewartet  und  „nahrungsTos  gesessen"  • 
er  könne  Weib  und  Kind  nicht  ernähren,  wenn  er  müßig  sei! 
Und  in  einem  ferneren  Gesuche  sagte  er:  ihm  sei  seinerzeit 
von  dem  regierenden  Herrn  Bürgermeister  versprochen  worden, 
er  solle  in  Köln  guten  Gewinn  haben;  andernfalls  wäre  er 
gar  nicht  hergekommen;  daraufhin  habe  er  mit  schweren 
Kosten  seine  guten  Kessel  und  Gerätschaften,  die  etliche 
tausend  Gulden  wert  seien,  hierher  geschafft,  und  nun  seien 
ihm  die  Kessel,  einige  hundert  Taler  wert,  zerbrochen.  Eine 
Entscheidung  ist  leider  nicht  erhalten. 

Die  Visitationen  wurden  auch  in  den  nächsten  Jahren 
häufig  vorgenommen,  wenn  auch  nicht  immer  mit  derselben 
Rücksichtslosigkeit,  welche  man  bei  Dusart  gebraucht  hatte. 
Allerdings  scheint  eine  Kontrolle  vom  Standpunkte  der  Er- 
haltung einer  guten  Ware  damals  auch  durchaus  angebracht 
gewesen  zu  sein,  denn  das  Färben  bot  Gelegenheit  zu  Be- 
trügereien ;  sie  wurde  auch  reichlich  ausgenützt.  Das  Schweren 
der  Seide  war  damals  soweit  verbreitet,  daß  die  Städte  sich 
untereinander  wegen  wirksamer  Gegenmaßregeln  verständigten, 
und  daß  selbst  von  Reiches  wegen  Verbote  nötig  wurden,  die 
man  freilich  fast  nirgends  beachtete.  Das  Schweren  war,  wie 
es  einmal  in  den  Seidamtsakten  heißt,  „ein  gräulicher  um 
sich  fressender  Landbetrug"  ^. 

Den  zünftischen  Seidenmachern  und  Seidenmacherinnen 
war  das  Färben  durch  die  Amtsbriefe,  zuletzt  noch  durch  den 
Transfixbrief  von  1506  streng  verboten  und  ursprünglich  nur 
den  zünftischen  Färbern  überlassen,  sodaß  beide  Gewerbe. 
scharf  gesondert  waren.  Hierin  trat  nun  eine  wesentliche 
Änderung  ein.  Die  Ausländer  nämlich  betrieben  das  Seide- 
färben und  das  Zwirnen  nebeneinander  und  betonten  nach- 
drücklich die  Notwendigkeit,  die  beiden  Prozesse  zu  ver- 
einigen. In  einem  Bericht  an  den  Rat^  äußern  sie  sich:  alle 
Seidenmacher  [d.  h.  die  zünftischen]  machten  einerlei  Arbeit; 
daher  habe  die  Bestimmung,   daß   niemand   sein   eigenes  Gut 


1  Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.  if.:  75,  80,  110,  112.  ,,.,,,, 

2  Verständigungen  zwischen  Köln  und  dem  Herzogtum  Jülich-KleTe- 
Berg  1600  (Seidamt,  17.  Jh.  I.  f.  48);  zwischen  Köln  und  Düsseldorf  1«)1 
(Archiv,  Rpr.  51);  zwischen  Köln  und  Frankfurt  (Seidamt,  17.  Jh.  I.,  ^X  — 
Regensburger  Reichstagsabschiede  1594  und  1603  s.  eine  Eingabe  »Ämüicher 
Meister  und  Meisterinnen  des  Seidamts  vom  31.  Deiember  160H  (Archir, 
Seidamt,  17.  Jh.  I.  69 ff.,;  am  24.  Februar  schreibt  das  Seidamt  an  den  jtat: 
in  Wetzlar,  Hanau  und  Frankenthal  habe  man  nichts  angeordnet  (Seidamt 
a.  a.  0.  f.  58 f.).  ,,^ 

«   Archiv,  Seidamt,  17.  Jh.  I.  f.  28  f.  ohne  Datum,  Tor  1599. 

Forschungen  128.  —  Koch.  6 


82  128. 

färben  solle,  früher  wohl  Vernunft  gehabt,  und,  soweit  es  sich 
nur  um  „Kölnisches  Band"    handle,    könne  es  ja  auch  ferner 
dabei  bleiben;  das  Räderwerk  aber  sei  eine  neue  Kunst,  und, 
jetzt  bediene  man   sich   außerdem   einiger   neuer  Farben,  die 
man  früher  nicht  gekannt  habe;   es  sei   daher   nicht  ratsam,^ 
das  Färben  von  dem  Bereiten  zu  trennen,  [also,  weil  es  sich 
in   beiden  Fällen   um   neue  Erfindungen   handelte,    denen  diei 
Seidenmacher    nicht    gewachsen    seien].     Der    Betrieb    würde 
jetzt  auch  überall  in  der  neuen  Weise  gehandhabt,  in  Deutsch- 
land, den  Niederlanden   und    in  Italien,   „dem  Vaterlande  derj 
Seide,  und  des  Seidenhandels".     Insbesondere  berufen  sich  diei 
Fremden  auf  Nürnberg,  wo   die  neue  Kunst  jetzt   eingeführt 
sei.     Ähnlich  sagen  sie  in   einem   anderen  Bericht^,  daß  der-i 
jenige,  welcher  mit  Stepp-,  Näh-  und  Werkseide  handle,  auchi 
sein    eigenes   Rohmaterial   färben   müsse;   man    brauche   dann 
„nicht  auf  andere  zu  warten,  sondern  könne  sich  selbst  helfen"; 
wer  sein  eigen  gefärbtes  Gut  verkaufe,  der  sorge  schon  selbst 
dafür,  daß  er  „redliche  Handlung  übe."    Überdies  sei  an  dem 
Zubereiten    ungesch werter  Seide   wegen   der  Konkurrenz   der 
billigen   gesch werten    Seide   nur   ein   so   geringer   Gewinn   zu 
erzielen,  daß  man  überhaupt   nicht  mehr   bestehen  könne,  es 
sei  denn,  man  könne  auch  noch  den  Gewinn  aus  dem  Färben 
mitnehmen. 

Die  Arbeitsweise  der  Fremden  bedeutete  natürlich  einen 
wirtschaftlichen  Fortschritt.  Andererseits  freilich  ließ  sich  bei 
ihr  weit  schwerer  verhindern,  daß  in  verbotener  Weise  ge- 
färbt wurde ;  dennoch  waren  die  Verdächtigungen  der  Zunft- 
meister häufig  unbegründet,  und  in  zahlreichen  Fällen  mußte 
die  konfiszierte  Seide  wieder  zurückgegeben  werden  ;  bisweilen 
freilich  wurde  auch  geschwerte  Seide  gefunden.  Aber  die 
biederen  Zunftmeister  waren  nicht  besser;  ein  Zunftmeister 
gibt  vor  dem  Rat  zu,  daß  das  ganze  Seidamt  mit  falscher 
Ware  handle;  alle  Kaufleute  —  so  entschuldigt  er  sich  — 
innerhalb  und  außerhalb  Kölns  täten  dasselbe.  Und  in  einem 
Bericht  über  das  Seidamt ^  wird  gesagt,  die  vom  Seidamt 
hätten  in  großen  Massen  geschwerte  Seide   in  Frankfurt  auf- 


1  Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.  f.  203  ohne  Datum. 

2  Archiv,  Rpr.  47,  300,  1598,  Januar  5  und  Seidamt  17.  Jh.  L,  f.  8.  — 
Auch  heute  noch  ist  die  Frage  der  Seidenschwerung  auf  der  Tagesordnung 
und  war  Gegenstand  der  Besprechung  auf  dem  „internationalen  Kongreß  zur 
Prüfung  der  Seidenerschwerungsfrage"  in  Turin,  im  September  1905.  Es 
kam  zu  keinem  Ergebnis.  Der  Gedanke,  so  führte  man  aus,  der  immer 
mehr  überhand  nehmenden  Beschwerung  entgegen  zu  arbeiten,  sei  zwar  löb- 
lich, aber  einmal  sei  die  Kontrolle  unmöglich  und  dann  eine  Präzisierung 
der  erlaubten  Beschwerung  schwierig.  Daß  eine  Beschwerung  in  gewissen 
Grenzen  statthaft  sein  müsse,  war  allgemeine  Meinung;  daher  waren  nam- 
hafte Sachverständige  gegen  jedes  Verbot,  denn  —  sagten  sie  —  billigere 
Qualitäten   von   Seidenwaren  müßten   auch  hergestellt  werden,  gerade   in 


128.  83 

gekauft  und  dort,  sowie  in  Leipzig,  Naumburg  und  in  ihren 
Häusern  in  Köln  verkauft.  Die  Gewohnheit  des  Seide- 
«rschwerens  war  eben  allgemein  verbreitet. 

Die  Differenzen  zwischen  den  beiden  Parteien  der  Ge- 
werbetreibenden waren  geeignet,  einer  gedeihlichen  Weiter- 
entwicklung des  Seidengewerbes  entgegenzuwirken.  Allgemein 
wurde  es  empfunden,  daß  es  unmöglich  sei,  die  neue  Arbeits- 
weise mit  den  geltenden  Bestimmungen  in  Einklang  zu  bringen. 
Man  hatte  daher  den  dringenden  Wunsch  nach  einheitlicher 
Regelung  des  Gewerbebetriebes  unter  Berücksichtigung  der 
neuen  Veränderungen. 

Der  Rat  der  Stadt  wußte  nicht  recht,  wie  er  sich  zu  der 
schwebenden  Frage  stellen  sollte  und  schob  seine  Entscheidung 
zunächst  hinaus.  Schließlich  mußte  er  aber  doch  eine  Ent- 
scheidung fällen,  zumal  er  von  beiden  Seiten,  namentlich  aber 
von  den  Meistern  des  Seidamts,  gedrängt  wurde.  Verschloß 
er  sich  einerseits  auch  nicht  der  Einsicht,  daß  die  neue  Be- 
triebsmethode Vorteile  bringe,  so  konnte  er  sich  doch  anderer- 
seits nicht  von  den  überkommenen  Anschauungen  frei  machen 
und  glaubte,  in  erster  Linie  die  zünftischen  Handwerker  und 
„Mitbürger"  in  ihren  Privilegien  erhalten  zu  müssen.  Immer- 
hin zeigt  er  eine  für  seine  Zeit  frei  zu  nennende  Auffassung, 
indem  er  die  neuen,  unzünftischen  Gewerbetreibenden  grund- 
sätzlich zuläßt,  gegen  den  Wunsch  der  Seidenmacher.  Die 
entscheidende  Verordnung  war  die  auf  Grund  mehrerer  Gut- 
achten erlassene  „  Räder-  und  Mühlenordnung"  vom  20.  Dezember 
1599  \ 

Um  den  Seidenhandel,  der  eine  Reihe  von  Jahren  sehr 
darniedergelegen  habe,  wieder  hoch  zu  bringen,  gestattet  der 
Rat  fortan  sowohl  den  alten  Seidenmachern  als  auch  den 
„Neuankommenden"  die  Aufstellung  und  Benutzung  von  Räder- 
und Mühlen  werken.  Den  zünftischen  Seidenmachern  solle 
dadurch  nichts  von  den  ihnen  in  den  Amtsbriefen  verliehenen 
Gerechtsamen  genommen  werden,  denn  das  neue  ^Ve^k  sei 
eine  „abgesonderte  und  neue  Kunst",  welche  durch  die  Amte- 
briefe  nicht  berührt  sei.  Doch  wurde  die  Herstellung  gewisser 
Posamentierwaren,  von  Schlangenschnüren ,  Seiden  band  und 
Fransen,  den  Seidenmachern  vorbehalten,  da  sie  hierauf  be- 
sonderen Wert  gelegt  hatten.  Im  übrigen  waren  die  un- 
zünftigen Meister  in  ihrem  Gewerbebetrieb  nicht  beschrnnkt, 
nur  wurde  ihnen  eine  jährliche  Abgabe  von  5  Goldgulden  für 
jedes  Mühlenwerk  auferlegt,  von  der  die  Zunftraitglieder  frei 


r 


diesen  habe  eine  außerordentliche  Konsumvergrößerung  «^«»^«efunden ,   das 
sei   nur   mit  Hilfe   der  Seidenerschwerung   möglich   gewesen.    Bencht  der 
Frankfurter  Zeitung  Nr.  253  vom  17.  September  1J05). 
1   Archiv  Z,  171  und  Seidamt  16.  Jh. 


84  128. 

waren.  Außerhalb  Kölns  durften  von  Kölnern  keine  Mühlen 
oder  Färbereien  betrieben  werden.  Wer  mit  dem  Mühlen- 
werk zu  arbeiten  beabsichtigte,  mußte  zuvor  seine  Befähigung 
dazu  nachweisen.  Das  Färben  der  Seide  wurde  in  die  Hände 
von  zwei  oder  drei  vereideten  Seidenfärbern  gelegt,  für  deren 
Vermehrung,  wenn  sie  notwendig  werden  würde,  der  Rat 
Sorge  tragen  wollte.  Alle  andere  Gewerbetreibenden  aber 
sollten  sich  des  Färbens  „gänzlich  enthalten".  Zwei  Schau- 
meister, welche  mit  den  Amtsmeistern  zusammen  die  Werk- 
stätten zu  besichtigen  hatten,  sorgten  dafür,  daß  nicht  minder- 
wertige Seide  eingeführt  würde. 

Das  sind  die  wesentlichen  Bestimmungen  der  Ordnung 
von  1599.  Sie  enthält  die  offizielle  Anerkennung  und  die 
allgemeine  Einführung  der  Zwirnmühle,  ferner  die  Anerkennung, 
aber  auch  eine  starke  Beschränkung  der  ünzünftigen. 

Der  vom  Rat  erhoffte  Aufschwung  des  Seidengewerbes 
blieb  aus.  Die  politischen  Zustände,  vor  allem  der  dreißig- 
jährige Krieg  mit  seiner  wirtschaftlichen  Depression  waren 
dem  Seidengewerbe  nicht  günstig,  da  der  auswärtige  Absatz, 
der  in  erster  Linie  auf  deutsche  Märkte  gerichtet  war,  leiden 
mußte.  Jetzt  kam  den  Städten  Basel,  Zürich  und  Hamburg 
ihre  mit  Bezug  auf  die  Kriegswirren  günstigere  geographische 
Lage  zu  statten.  Während  hier  die  unlängst  begründeten 
(oder  für  Zürich:  neubegründeten)  Seidenmanufakturen  sich 
rege  weiter  entwickelten,  während  ebenso  die  niederländischen 
Seidenstädte  zu  blühen  begannen,  ging  das  Kölner  Seiden- 
gewerbe allmählich  zurück,  nachdem  es  im  Laufe  der  ersten 
Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  bereits  seine  hervorragende 
Stellung  verlassen  hatte. 

Auch  im  Kölner  Seidengewerbe  selbst  war  eine  bemerkens- 
werte Wandlung  vor  sich  gegangen.  Die  Seidenmacher  waren 
von  der  StofFweberei  immer  mehr  zu  einem  Spezialzweige, 
der  Bandweberei  übergegangen;  daneben  verarbeiteten  sie 
Florettseide  zu  Fransen,  Schnüren  und  Posamenten  aller  Art. 
Sie  fertigten  auch  noch  Seidenstoffe,  aber  vorwiegend  leichte 
Satins,  „Caffa"  genannt.  Auch  Sammetwirkerei  war  vertreten; 
1590  werden  die  Boratten-  und  Flawelenmacher  erwähnt  ^ ;  sie 
spielten  aber  keine  große  Rolle.  Die  Färberei  blühte  nach 
wie  vor;  auch  die  Seidenfärberei  erfreute  sich  noch  lange 
eines  bedeutenden  Rufes.  (Ich  erwähnte  schon,  daß  bis  1724 
die  Krefelder  Firma  von  der  Leyen  in  Köln  färben  ließ). 
Die  Wappensticker  scheinen  mehr  in  den  Hintergrund  ge- 
treten zu  seift;  aber  ihre  alte  Zunft  bestand  noch;  so  werden 
sie  1609  erwähnt  in  einer  Beschwerde  über  die  Ausübung 
ihres    Gewerbes   in   den   Klöstern^.     Seit   dem   ersten   Drittel 


*   Archiv,  Seidamt,  16.  Jh.,  1590  ult.  August. 

8      1?.Kan/1oo       "7       lÖß 


Ebendas.  Z.  186. 


128.  35 

des  17.  Jahrhunderts  bestand  auch  ein  besonderes  Posaraenter- 
amt,  welches  1659  eine  neue  Ordnung  erhielt  ^  1658  werden 
Meister  des  Seidzwirneramts  erwähnt  2,  1701  Seidenk  ratzer» 
Die  Seidenkratzergesellen  gründeten  1701  eine  Bruderschaft* 
die  Artikel,  welche  sie  am  23.  Fepruar  1701  aufgestellt  hatten! 
wurden  1736,  am  6.  Juni  förmlich  bestätigt.  In  demselben 
Jahre,  am  23.  Juli  bestätigte  der  Rat  auch  die  Bruderschafts- 
satzungen der  Großgezäuwergesellen  (Weber  mit  „großen 
Stühlen")*. 

So  wurden  auch  jetzt  noch  viele  Zweige  des  Seiden- 
gewerbes in  Köln  betrieben,  aber  in  den  Vordergrund  trat 
die  Bandfabrikation.  Das  Passementergewerbe  wurde  jetzt  der 
wichtigste  Teil  des  Seidengewerbes. 

Auf  dem  Gebiete  der  Bandfabrikation  erscheint,  nachdem 
die  durch  die  Zwirnmühle  gestörte  Ordnung  mit  vielen 
Schwierigkeiten  wenigstens  äußerlich  wieder  hergestellt  war, 
im  Laufe  des  17.  Jahrhunderts  eine  neue  maschinelle  Er- 
findung, welche  in  noch  höherem  Grade  geeignet  war,  das 
zünftige  Handwerk  in  Aufregung  zu  versetzen.  EJs  war  die 
Band-  oder  Schnurmühle,  auch  Band-  und  Mühlenstuhl  ge- 
nannt. 

Zunächst  zeigte  sich  die  Bandmühle  in  Köln  in  der  Form 
eines  richtig  zum  Weben  mit  Tritten  und  Schäften  ein- 
gerichteten Stuhles,  auf  welchem  gleichzeitig  mehrere  Gewebe 
verfertigt  werden  konnten^.  Man  nannte  sie  „große"  oder 
„kompendiöse"  Stühle  im  Gegensatz  zu  den  bisher  in  Ge- 
brauch gewesenen  „kleinen".  Dieser  Bandstuhl  fand  ohne 
Schwierigkeit  Eingang  in  Köln.  Durch  Ratsregistratur  vom 
19.  Dezember  1656  wurde  der  Zunft  der  Posamentierer  „auß 
verschiedenen  dazu  bewegenden  Ursachen  der  compendiöser 
Lintenstühl  Gebrauch  gnädig  bewilligt".  In  der  unter  dem 
2.  Juli  1659  erlassenen  Ordnung  für  die  Posamentierer®  werden 
Einzelheiten  für  den  Gebrauch  der  Stühle  angeordnet.  1.  Zu- 
nächst wird  genau  unterschieden  zwischen  den  kleinen ,  zur 
Herstellung  von  Gold-,  Silber-  und  Seidenpasseraenten,  Galonen 


1  Ebendas.  Z.  155.  Passementerordnung  vom  2.  Jnli  1659;  es  sind 
Artikel  aus  den  Jahren  1627,  1628  und  1652  erwähnt  und  berücksichtigt. 

2  Ebendas.  Seidamt  17.  Jh.  IL  f.  82.  v.  1658,  Dezember  6 

8   Ebendas.  18.  Jh.  1701,  Januar  23   Reglement  betreffend  die  Seiden- 

**  Archiv,  Seidamt,  18.  Jh.  1701,  Januar  23.;  1736,  Mai  U.  (fol.  27  f.) 
Z.  173  und  Z.  156. 

5  Vgl.  Hintze  42.  —  Auch  in  Zürich  hat  es  sich  wohl  tun^kchsl  um 
diese  Form  der  Bandmühle  gehandelt  und  nicht  (Bürkli-Meyer  111  f.)  um 
die  „Bändelmühle".  In  dem  Bericht  der  über  ihre  Einführung  beratenden 
Kommission  wird  angegeben  (1669):  man  suche  die  tabnkaüon  von  Horett- 
band  auch  an  anderen  Orten  zu  etablieren;  in  Basel,  Cbur  und  hchaffhauten 
sei  es  bereits  geschehen,  in  Köln  sei  die  Bandmühle  schon  von  altersher. 

«  Archiv,  Z.  155. 


86  128. 

und  Korden  dienenden  Stühlen  und  den  großen  oder  kompen- 
diösen  Stühlen,  auf  welchen  die  Fabrikation  schmaler  Ge- 
webe gestattet,  breiterer  aber  verboten  war;  2.  Beide  Arten 
von  Stühlen  sollten  nicht  von  einem  und  demselben  Meister 
in  Gebrauch  genommen  werden,  doch  war  der  Übergang  von 
großen  zu  kleinen  Stühlen  erlaubt;  3.  Damit  „Einer  neben 
dem  andern  bei  dieser  Gesellschaft  (sie.)"  bestehen  —  oder 
wie  es  wörtlich  heißt  „Lebensmittel  erreichen"  —  könne,  wird 
die  Höchstzahl  der  bei  einem  Meister  arbeitenden  Stühle  vor- 
geschrieben, aber  nur  die  der  kompendiösen :  man  durfte  auf- 
stellen: entweder  vier  zu  zwei  Tritten  von  12 — 14  Gängen 
oder  acht  von  6 — 7  Gängen ;  4.  Der  Gebrauch  der  Bandmühle 
ist  nur  dem  gestattet,  der  die  Meisterqualifikation  bei  einem 
Passementwirkerhandwerk  erlangt,  oder  bei  einem  „kompen- 
diösen Meister"  drei  Jahre  als  Lehrjunge  und  drei  als  Knecht 
in  oder  außerhalb  der  Stadt  gelernt  hat;  5.  Die  Anzahl  der 
Stühle  ist  auf  der  Rentkammer  anzumelden  und  für  jeden 
Stuhl  eine  Abgabe  (jährlich  1  Taler  für  die  großen,  V2  Taler 
für  die  kleinen  Stühle)  zu  entrichten ;  6.  Den  Meistern  der 
kompendiösen  Bandstühle  ist  in  keiner  Weise  gestattet,  mit 
ihren  Bändern  Handel  zu  treiben ,  sie  dürfen  nur  die  Kauf- 
leute mit  „guter,  aufrichtiger"  Arbeit  versehen. 

In  der  letzten  Bestimmung  lag  eine  starke  Einschränkung 
der  mit  dem  neuen  Bandstuhl  arbeitenden  Handwerker;  im 
ganzen  sah  man  aber  diesen  Apparat  noch  nicht  als  ein  ge- 
fährliches Werkzeug  an  und  ließ  ihn  deshalb  zu.  Das  lag 
wohl  daran,  daß  dieser  Bandstuhl  noch  mit  Tritten  und 
Schäften  zum  richtigen  Weben  versehen  war,  und  daß  somit 
auf  ihm  noch  die  Tätigkeit  des  Webens,  also  die  persönliche 
Handarbeit  deutlich  zum  Ausdruck  kam.  Das  war  nicht  der 
Fall  bei  der  sehr  bald,  vielleicht  gleichzeitig  in  Köln  auf- 
tretenden vervollkommneten  Bandmühle. 

Diese  Bandmühle  fertigte  gleichzeitig  16  und  mehr  Bänder 
an;  das  wesentlichste  aber  war,  daß  sie  selbsttätig  arbeitete 
und  von  einem  einzigen,  noch  nicht  einmal  qualifizierten 
Arbeiter  in  Bewegung  gesetzt  werden  konnte  ^.  Gegenüber 
den  bisherigen  einfachen  Stühlen  bedeutete  die  Bandmühle 
einen  gewaltigen  technischen  Fortschritt,  denn  hier  konnte 
ein  Arbeiter  die  Arbeit  von  sechzehn  verrichten,  machte  also 
fünfzehn  Arbeiter  überflüssig.  Die  Benutzung  des  Bandstuhles 
mußte  natürlich  eine  vollständige  Revolution  in  der  Band- 
fabrikation hervorrufen. 

Wo  er  sich  eingeschlichen  hatte,  wurde  er  sofort  ver- 
boten, und   fortan   seine  Benutzung  mit  den  strengsten  Maß- 


1   Vgl.  Hintze  42.    Über  die  Erfindung  und  das  Aufkommen  der  Band- 
mühlen vgl.  Röscher,  III,  578,  Anm.  2  und  Krünitz,  Bd.  3,  500. 


128.  87 

nahmen  verhindert.  Obrigkeit  und  Zunft  waren  einig  in  der 
Abwehr  der  neuen  Maschine,  erstere  aus  sozialpolitischen 
Gründen,  weil  man  fürchtete,  daß  viele  Menschen  brotlos 
werden  würden,  letztere  vor  allem  deswegen,  weil  sie  mit 
ihrer  alten  Methode  gegen  die  neue  nicht  aufkommen  konnten. 
Fast  allgemein  verbot  man  die  Bandmühle,  in  Deutschland, 
in  den  Niederlanden,  in  England,  zum  Teil  auch  in  der 
Schweiz.  Die  Verbote  wurden  stellenweise  bis  über  die  Mitte 
des  18.  Jahrhunderts  hinaus  aufrecht  erhalten. 

Wann  die  Bandmühle  in  Köln  aufgekommen  ist,  ist  nicht 
festzustellen.  Allgemein,  und  wohl  auch  hier,  hat  man  sie 
zunächst  ruhig  zugelassen,  weil  man  glaubte,  man  könne  auf 
ihr  nichts  anderes  als  leinene  Schnüre  verfertigen.  Da  aber 
fing  man  an,  auch  Florettband  auf  ihnen  zu  weben,  und 
„alsobald  haben  viel  tausend  Menschen  den  schädlichen  Effekt 
dieses  Anfangs  gespühret" ,  wie  das  gräflich  hanauische 
Memorial  vom  4.  (14.)  Januar  1687  sich  ausdrückt.  In  Köln 
„allwo  ein  ehrsamer  Rath  den  gantzen  schädlichen  Effect 
dieser  Fabric  in  der  That  selbst  erfahren",  wurden  etwa 
1675  die  ersten  Maßregeln  ergriffen;  worin  sie  bestanden 
haben,  wissen  wir  nicht  ^.  Es  ist  bezeichnend,  daß  man  überall 
nur  die  schädlichen  Wirkungen  der  Maschinenarbeit  sah, 
nicht  aber  ihre  augenfälligen  technischen  Vorzüge.  Schließ- 
lich ging  man  auch  von  Reichs  wegen  vor;  durch  ein  kaiser- 
liches Edikt  d.  d.  Wien,  19.  Febr.  1685 2,  erneuert  1719,  in 
Köln  publiziert  1720,  wurden  die  Band-  oder  Schnurmühlen 
für  das  ganze  Reich  verboten,  ebenso  der  Handel  mit  un- 
zünftig auf  jenen  verfertigten  Waren.  Der  Wortlaut  der  Be- 
gründung des  Edikts  ist  ein  klassisches  Denkmal  für  die  da- 
maligen Anschauungen.  Die  Schnurmühlen  —  heißt  es  — 
hätten  derart  überhand  genommen,  daß  nicht  allein  dadurch 
gedachtes  Posamentierer-  und  Schnurmacherhandwerk  von 
Tag  zu  Tag  abnehme  und  „so  gar  zu  Boden  geworffen  werden 
wolle",  sondern  auch  so  viel  tausend  Personen  und  ganze 
Familien  an  den  Bettelstab  und  dahin  gebracht  würden,  daß 
sie  bey  ermangelnder  anderwärtiger  Nahrung  denen  Herr- 
schafften und  Obrigkeiten  zur  Last  fielen.  Gegen  „Ernehrung 
einer  Person"  würden  „wol  16  andere  zu  Grunde  gerichtet 
und  dem  gemeinen  Besten  untauglich  gemacht".  Auch  stehe, 
meinte  man,  die  Qualität  der  auf  den  Bandmühlen  verfertigten 
Waren  an  Güte  weit  hinter  der  Posamentiererarbeit,  sogar 
hinter  der  ganz  ordinären  zurück. 


1  Über  das  hanauische  Memorial  Faber,  Europäische  StaaU-CanUlejr, 
1697,  Fasciculus  II:  Von  allerhand  Handwerks- Sachen,  p.  ^ff.  Auch  Archiv 
Ratsedikte  4,  f.  149,  Schreiben  Kölns  an  die  hanauische  Regierung. 

2  Faber,  a.  a.  0.  106  ff.  —  Ratsedikte  Bd.  4. 


88  128. 

Die  Verbote  der  Bandmühlen  und  der  auf  ihr  gefertigten 
Waren  scheinen  aber  keinen  dauernden  Erfolg  gehabt  zu 
haben,  denn  sie  mußten  —  wenigstens  war  es  in  Köln  so  — 
beständig  wiederholt  werden,  zum  letzten  Male  1756*. 

Wann  die  Bandmühle  in  Köln  ohne  Einschränkung  er- 
laubt wurde,  ist  nicht  bekannt,  ebenso  nicht,  ob  dieses  durch 
einen  besonderen  Erlaß  geschehen  ist,  oder  ob  man  sie  schließ- 
lich nur  stillschweigend  duldete. 

Nur  an  wenigen  Orten  hatte  man  schon  im  17.  Jahr- 
hundert eine  etwas  reifere  Anschauung  und  sah  auch  die 
volkswirtschaftlichen  Vorteile  der  Neuheit.  In  den  Nieder- 
landen, die  ja  damals  überhaupt  wirtschaftlich  an  der  Spitze 
standen,  wurde  die  Bandmühle  wenigstens  mit  der  Beschrän- 
kung auf  gewisse  Waren  zugelassen,  und  im  18.  Jahrhundert 
war  sie  allgemein  in  Gebrauch.  Ohne  jede  Einschränkung 
wurde  sie  1670  in  Basel  eingeführt.  Die  Obrigkeit  dieser 
Stadt  bewies  damit  ein  bemerkenswertes  Maß  wirtschaftlicher 
Aufgeklärtheit,  was  um  so  mehr  zu  beachten  ist,  als  hierin 
Basel  unter  den  Stadtwirtschaften  eine  Sonderstellung  ein- 
nahm, und  als  dort  die  Zünfte  herrschten.  Diese  Sonder- 
stellung sicherte  der  Baseler  Bandfabrikation  einen  Vorsprung, 
der  wesentlich  dazu  beigetragen  hat,  daß  sie  immer  an  erster 
Stelle  blieb.  Allerdings  lagen  die  Verhältnisse  in  Basel 
weniger  schwierig,  denn  hier  war  kein  Widerstand  einer  alt- 
angesessenen seidengewerblichen  Tätigkeit  zu  überwinden. 
Das  Seidengewerbe  ist  hier  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des 
16.  Jahrhunderts  zur  Bedeutung  gekommen,  eingeführt  durch 
Locarner.  Sie  brachten,  ähnlich  wie  die  Einwanderer  in  Köln, 
mit  ihrer  Kunstfertigkeit  zugleich  auch  die  neue  Betriebsweise 
mit,  die  wir  auch  in  Köln  kennen  lernten:  Verbindung  der 
Seidengarnfärberei  mit  der  Weberei  und  lokalisierte  Fabrikations- 
weise, daneben  bestand  auch  noch  Hausmanufaktur  ^.  Auch 
in  Zürich  hatten  eben  diese  Locarner  das  Seidengewerbe, 
welches  fast  zweihundert  Jahre  lang  geruht  hatte,  neu  ein- 
geführt; hier  aber  machte  ihnen  die  Feindschaft  der  an- 
gesessenen Bürger  das  Leben  schwer,  und  lange  dauerte  es, 
bis  sie  durchdrangen;  namentlich  die  kleinen  Sammetweber- 
meister  waren  es,  die  über  die  Konkurrenz  der  südländischen 
Fabrikanten  heftig  Klage  führten  und  den  Rat  von  Zürich 
zu  einer  ausführlichen  Sammetweberordnung,  1568,  veranlaßten. 


Archiv,  Katsedikte: 

Bd.  20,  S.  62  vom  1726,  März  6.; 

Bd.  20,  S.  63  vom  1740,  April  8. 

Bd.  20,  S.  63  vom  1743,  August  30. 

Bd.  20,  S.  64  vom  1749,  Mai  2. 

Bd.  4,  S.  154  vom  1756,  Oktober  16. 
Geering,  Basel,  462  flf. 


128.  80 

Durch  diese  Ordnung  wurden  die  fremden,  freien  Gewerbe- 
treibenden in  zünftische  Schranken  hineingezwängt  und  in 
ihrem  Streben  nach  Vergrößerung  und  Verbesserung  ihrer 
Betriebe  stark  behindert.  Der  Ausgang  der  Kämpfe  zwischen 
Alten  und  Neuen  war  hier  also  ein  ähnlicher  wie  in  Köln, 
obgleich  die  Räder-  und  Mühlenordnung  von  1599  den  Fremden 
doch  eine  größere  Freiheit  beließ;  in  Köln  konnten  sie  mit 
gewissen  Beschränkungen  ihr  Gewerbe  ausüben,  ohne  durch 
Zunftzwang  gehemmt  zu  sein.  In  Basel  aber  kam  der  Rat 
den  Italienern  weit  mehr  entgegen,  sodaß  hier  die  Betriebe 
sich  nach  Wunsch  entwickeln  konnten.  Immerhin  war  auch 
hier  ein  Widerstand  der  kleinen  Meister  vorhanden,  aber  er 
war  lange  nicht  so  groß  wie  in  Köln ,  wo  die  Handwerks- 
meister auf  eine  Jahrhunderte  lange  Vergangenheit  zurück- 
blickten und  sich  immer  auf  die  alte  Blüte  des  Gewerbes  be- 
rufen konnten.  So  siegte  in  Basel  ohne  weiteres  der  neue 
Betrieb,  während  er  in  Köln  zwar  geduldet  wurde,  sich  aber 
gegenüber  dem  noch  immer  sehr  kräftigen  und  vom  Rat  mit 
Wohlwollen  behandelten  handwerksmäßigen  Betrieb  nicht  in  ge- 
wünschtem Maße  durchzusetzen  vermochte.  Dieser  handwerks- 
mäßige Betrieb  aber  war  ein  anderer  geworden;  es  waren 
nicht  mehr  dieselben  Meister,  wie  zur  Zeit  der  Blüte  des 
Kölner  Seidengewerbes,  um  1500.  Gerade  die  frei  arbeitenden 
Meister  waren  es  gewesen,  welche  das  Gewerbe  dadurch  zu 
«0  hoher  Blüte  gebracht  hatten,  daß  sie  Gewerbe  und  Fern- 
handel in  ihrem  Betriebe  vereinigten.  Das  wurde  anders,  als 
die  Zanftschranken,  namentlich  seit  1506,  in  höherem  Grade 
ein  Hemmnis  für  eine  zeitgemäße  und  gesunde  Weiterentwick- 
lung zu  werden  begannen.  Jetzt  folgte  der  Gewerbebetrieb 
nicht  mehr  in  demselben  Maße  den  an  ein  Exportgewerbe  zu 
stellenden  Anforderungen,  wie  er  es  früher  getan  hatte.  Als 
die  fremden  Einwanderer  nach  Köln  kamen,  konnten  sie  die 
einheimischen  Meister  mit  Recht  rückständig  und  unverständig 
nennen. 

So  war  es  denn  in  Köln  den  zünftischen  Posamentierern, 
den  an  Zahl  und  an  Bedeutung  wichtigsten  Repräsentanten 
des  Seidengewerbes,  gelungen,  die  Weiterentwicklung  des 
Seidengewerbes  in  der  Richtung  der  „Großindustrie'*  zu  ver- 
hindern. Ihnen  zur  Seite  stand  ein  Rat,  der  weniger  auf- 
geklärt war,  wie  zur  Zeit  des  ersten  Auftretens  der  Italiener. 
Der  Umstand,  daß  sich  die  gefährlichsten  Konkurrenten  Kölns. 
die  niederländischen  Städte,  dann  aber  auch  Basel  und  sogar 
Zürich,  weit  früher  zur  Duldung  der  Bandmühle  entschlossen, 
mußte  das  ohnehin  schon  um  seine  Existenz  ringende  Kölner 
Seidengewerbe  schwer  schädigen.  Die  Stellung  dieser  StÄdte 
der  Bandmühle  gegenüber  war  ja  nicht  nur  eine  momentane, 
durch  irgend  welche  lokalen  Verhältnisse  hervorgerufene  hnt- 
Schließung,    sondern    sie    bewies    eine    reifere    wirUchaftliche 


90  128. 

Auffassung.  Eine  andere  Konkurrenz  erwuchs  Köln  in  Hanau^ 
Frankenthal  und  am  spätesten  in  Krefeld;  in  diese  Städte 
war,  wie  nach  Basel ,  das  Seidengewerbe  erst  durch  fremde 
Einwanderer  hineingebracht  worden.  Hier  kam  von  Anfang 
an  die  neue  Betriebsweise  zur  Geltung,  denn  hier  waren  gar 
keine  alten  Vorurteile  zu  überwinden.  Hier  waren  es  die 
Territorialherren,  welche  das  Gewerbe  kräftig  förderten;  sie 
bedienten  sich  der  neuen  Betriebsformen,  die  sie  als  in  wirt- 
schaftlichem und  fiskalischem  Interesse  liegend  erkannt  hatten. 
Köln,  die  alte  Reichstadt  mit  ihrem  eng  begrenzten  Wirtschafts- 
gebiet vertrat  die  reine  Zunftpolitik,  außerhalb  der  Reichs- 
städte kommen  moderne  Formen  auf.  Hanau  und  Franken- 
thal brachten  es  indessen  nicht  zu  dauernder  Blüte,  ebenso 
wenig  Hamburg.     Anders  Krefeld. 

Der  Niedergang  des  Kölner  Seidengewerbes  hat  sicher- 
lich dem  Emporkommen  des  Krefelder  Vorschub  geleistet. 
In  Krefeld  war  die  Seidenindustrie  allerjüngsten  Datums; 
erst  gegen  1670  war  sie  durch  Heinrich  v.  d.  Leyen,  welcher 
von  Radevormwalde  nach  Krefeld  übergesiedelt  war,  begründet 
worden,  um  von  da  ab  bis  heute  ununterbrochen  zu  blühen^. 
Zunächst  bestanden  die  Seidenindustrien  in  Krefeld  und  in 
Köln  nebeneinander.  Ja,  Krefeld  war  sogar  in  gewissem 
Grade  abhängig  von  Köln;  denn  bis  1724  ließ  man  alle  Seide 
in  Köln  färben,  und  erst  in  diesem  Jahre  machte  die  Firma 
V.  d.  Leyen  sich  von  Köln  unabhängig  und  errichtete  eine 
eigene  Färberei.  Zugleich  begann  Krefeld,  Köln  die  lebhafteste 
Konkurrenz  zu  machen;  schon  1720  hatte  Peter  v.  d.  Leyen. 
in  Köln  ein  Kommissionslager  in  Nähseide  angelegt  2,  den 
Konkurrenten  so  im  eigenen  Lager  bekämpfend.  In  Krefeld 
wurde  die  Seidenindustrie  sogleich  in  großindustrieller  Weise 
betrieben ;  ein  unternehmender  Kopf  mit  Kapital  stand  an  der 
Spitze,  die  Regierung  nicht  hemmend,  sondern  fördernd  zur 
Seite.  Bald  war  der  Betrieb  der  Firma  Leyen  so  ausgedehnt, 
daß  er  sich  nicht  auf  die  Stadt  beschränkte,  sondern  gewerb- 
tätige  Hände  in  weitem  Umkreise,  auch  im  Kölnischen,  in. 
hausindustrieller  Weise  beschäftigte. 

Der  Konkurrenz  der  Krefelder  Industrie  war  die  Kölner 
nicht  gewachsen;  das  alte  Kölner  Seidengewerbe  ging  immer 
mehr  zurück.  Gerade  in  der  Periode  der  Schwächung  des^ 
Gewerbes  aber  hielten  die  Zunftmeister  am  eigensinnigsten 
am  Althergebrachten  fest,  während  doch  Hilfe  nur  von  einem 
freien  und  den  Anforderungen  gerecht  werdenden  Betriebe  zu 
erwarten  gewesen  wäre.    Die  ewigen  Chikanen  gegenüber  den 


1  Über  die  Seidenindustrie  in  Krefeld  s.  H.  Keusseo,  Krefeld  p.  455  ff. 
und  Hintze  p.  99  ff. 

2  H.  Keussen,  Krefeld. 


128.  91 

nicht  zünftischen  Fabrikanten  ließen  diese  auf  die  Dauer 
nicht  aufkommen.  An  Versuchen,  sich  in  Köln  festzusetzen, 
fehlte  es  nicht;  1669  errichtete  ein  Isaac  Louis  de  Bezgondey 
de  Ste.  Colombe  eine  Fabrik  von  Manufakturwaren,  Gold-, 
Silber-  und  Seidenstoffen  ^  andere  Firmen,  vor  allem  Muhling, 
kommen  zu  bedeutendem  Ansehen.  Aber  den  größeren  Unter- 
nehmern gerade  wurde  durch  die  Zünfte  arg  zugesetzt,  sodaß 
manche  von  ihnen  mit  Auswanderung  drohten  und  schließlich, 
der  Belästigungen  müde,  wirklich  auswanderten.  Den  Anfang 
machten  1714  zwei  namhafte  Seidenfabrikanten,  Andrelli  und 
Mühling;  sie  zogen  nach  Mühlheim  a.  Rh.,  welches  bergisch 
war^.     Mancher  andere  mag  gefolgt  sein. 

Erloschen  war  freilich  das  Gewerbe  noch  nicht;  es 
schleppte  sich  fort  bis  ins  19.  Jahrhundert  hinein.  Aber  es 
war  für  Kölns  Wirtschaftsgeschichte  nicht  mehr  von  Be- 
deutung. Vereinzelt  nur  standen  größere  Fabrikbetriebe; 
so  verlegte  1791  Heinrich  Dahmen  seine  Seiden-  und  Sammet- 
fabrik  von  Deutz  nach  Köln^;  an  Ausdehnung  war  freilich 
das  Gewerbe  noch  um  1800  nicht  unbedeutend,  wohl  aber  an 
wirtschaftlichem  Erfolge.  Der  Absatz  Kölner  Seidenwaren 
mußte  immer  mehr  an  Boden  verlieren,  je  zahlreicher  in  der 
Zeit  merkantilistischer  Förderung  der  Seidenmanufakturen, 
mit  oder  ohne  Seidenzucht,  in  Deutschland  allenthalben 
Fabriken  entstanden  und  unter  dem  „fürsorglichen  Schutze" 
der  Territorialherren  zu  einer  —  allerdings  meist  vorüber- 
gehenden -^  gewissen  Blüte  gebracht  wurden.  In  Preußen, 
Sachsen ,  Baden  und  der  Pfalz ,  überall  suchte  man  mit  allen 
Mitteln  eigene  Seidenmanufakturen  zu  kultivieren.  Nach  1794 
waren  in  Köln  viele  Leute*  im  Seidengewerbe  beschäftigt,  vor 
allem  mit  der  Herstellung  von  Zopf-  und  Sammetband,  welches 
in  großen  Mengen  ins  Ausland,  besonders  nach  Rußland,  ver- 
schickt wurde.  Seit  die  Zöpfe  beim  Militär  und  auch  sonst 
—  meint  Peter  Fuchs  naiv  —  abgeschafft  wurden,  habe  dieser 
Erwerbszweig  an  seiner  früheren  Stärke  sehr  eingebüßt.  Da- 
mals habe  es  auch  noch  einige  Fabrikanten  von  Seidenstoffen 
gegeben;  sowohl  zur  französischen  Zeit  wie  auch  unter 
preußischer  Herrschaft  sei  die  Seidenfabrikation  mit  ab- 
wechselndem Erfolge  je  nach  dem  Absatz  ins  Ausland  in  der 
Stadt  Köln  betrieben  worden. 

In  unbedeutendem  Umfange  bestand  Seidenindustrie  noch 
im  19.  Jahrhundert. 


1  Archiv,  Seidamt,  17.  Jh.  II,  f.  103  v.  1669,  Febr.  13. 

«  Archiv  Düsseldorf,  Jülich-Berg,  Handel  und  Gewerbe  Nr.  1.  vol.  II». 

8  Archiv,  Seidamt,  18.  Jh.  f.  39,  1791,  Juni  6. 

*  Fuchs,  Topogr.  247. 


92  128. 

Längst  aber  war  das  Kölner  Seidengewerbe  nur  noch 
ein  schwacher  Abglanz  vergangenen  Ruhmes.  Durch  sechs 
Jahrhunderte  fast,  länger  und  vor  allem  in  größerer  Bedeutung 
als  in  irgend  einer  andern  deutschen  Stadt  hat  es  sich  in 
Köln  zu  halten  vermocht,  bis  es  neu  aufstrebenden  Konkur- 
renten weichen  mußte.  Lange  Zeit  hindurch  war  Köln  die 
„Seidenstadt"  Deutschlands  gewesen,  bis  c.  1700  war  es  die 
„rheinische  Seiden  Stadt". 


Beilagen. 


I.  Urkunden  zur  Organisation  des  Kölner  Seidengewerbes. 

1.  1397  Apr.  14,  Amtshrief  der  Wappensticker, 
V.  Loesch,  Zunfturkunden  Nr.  77. 

^.  1397  Apr.  14.  Amtshrief  der  (Goldschläger  und)  Gold- 
Spinnerinnen. 

V.  Loesch,  Zunfturk.  19. 

5.  (1396  Juni  18.  —  1397  Apr.  14.)  Satzungen  für  die 
Meister  und  das  gemeine  Amt  der  Färber  von  Leinengarn, 
Seide,  Sindel  und  Kogeler. 

V.  Loesch,  Zunfturk.  29. 

4.  (1437  Bez.  16.  Erster  Amtshrief) ;  (1461  Febr.  J27.  Zweiter 
Amtshrief) ;  1469  Juni  20.  Dritter  Amtshrief  der  Seider^ 
macherinnen. 

V.  Loesch,  Zunfturk.  652. 
Die  beiden  ersten  Briefe  sind  nicht  mehr  vorhanden. 

5.  (1469  Amtshrief  der  Seidenspinnerinnen). 

vgl.  V.  Loesch,  Zunfturk.  (32. 
Der  Brief  ist  nicht  mehr  vorhanden. 

6.  1470  Aug.  22.    Vierter  Amtshrief  der  Seidenmacherinnen. 

V.  Loesch,  Zunfturk.  63. 

7.  1470  OM.  24.  Transfixhrief  zu  6. 

V,  Loesch,  Zunfturk.  658. 

8.  1480,  Fünfter  Amtshrief  der  Seidenmacherinnen. 

V.  Loesch,  Zunfturk.  64. 

9.  1506  Januar  14.  Transfixhrief. 


94  128. 

Wir  Burgermeistere  und  Rath  der  Stade  Coln,  thun  kunt 
alremallich,  datt  wir  uff  huide  datum  diss  unseres  Transfix- 
brieffs  dese  hernach  geschreven  Puncten  mit  raide  unser  und 
der  geschickder  frunde  uss  allen  Reden  und  Vierundvierzigen 
eindrechtlich  geschlossen  und  vertragen  haint  und  willen  auch 
dieselven  von  nun  vortan  vast,  stede  und  unverbrüchlich  ge- 
halden  haven,  bei  den  boissen  und  poenen  hernach  geschreven : 

Annahme  der  Lehrmädchen. 

1.  Zum  Irsten  so  haint  wir  gesatzt  und  ordinirt,  dat 
man  gheine  jonge  dochtere  oder  Leermaitger  an  dat  ampt 
empfangen,  annehmen  oder  die  gerechtigkeit  des  amptz  ver- 
lehenen  soll,  dan  alleine  den  jhenen,  die  van  vader  und  moder 
in  eligem  stayde  und  gheine  Bastarde  geboren  seint,  und  dat 
sy  zuvore  den  meistern  und  meisterschen  davon  genügsame 
kuntschafft,  schein  und  beweiss  gedan  haven. 

Eintritt. 

2.  Vort  so  sollen  die  meistere  und  meisterschen  niemantz 
an  dit  ampt  entfangen,  der  under  seinen  eilff  jairen  allt  sey, 
und  wer  dit  amt  leren  will  und  darzu  entfangen  und  zu- 
gelassen wirt,  der  soll  vuran  zu  goede  und  den  heiligen 
schweren,  dat  hey  alle  und  jeckliche  puncten  des  amptsbrieffs 
mit  allen  seinen  Clausulen  und  auch  Inhalt  dis  unseres  Trans- 
fixbrieffs  vast,  stede  und  unverbrüchlich  halten  und  darweder 
nummer  doen  noch  werven,  radt  noch  dat  darzugeven  sali 
noch  will,  dat  dit  ampt  usswendig  Colne  an  einiche  ander 
ende  bracht  ader  gelert  werde  mit  einicher  list  oder  behendig- 
keit.  Und  offt  jemantz  an  dit  ampt  gesatzt  wurde,  der  ge- 
brechs  halven,  syns  allders  oder  anderes  von  stundt  an  den 
Eidt  nicht  doen  mochte,  der  sali  den  meistern  und  meister- 
schen genügsame  bürgen  stellen,  den  eidt  zu  gelegenen  Zeiden 
zu  doin,  inmassen  hie  vur  erclert  ist,  und  wer  das  nit  an  dede, 
der  sali  das  ampt  und  darzu  aller  Burger  freiheit  verboirt 
und  verloven  hain  zen  ewigen  dagen,  des  nimmer  zu  ge- 
brauchen. Darby  sali  auch  ein  jeder,  der  dis  amptz  ge- 
brauchen wolde,  geloven  und  schweren,  dat  selve  ampt  allein 
binnen  Colne  in  syns  selffs  huiss,  darinne  hey  wie  eine  Burger 
öder  Burgerschen  sitzen,  eigen  costen,  fuyr  und  flammen 
haven  soll  und  nit  in  syns  vaders  oder  moders  huis  sein 
ampt  doen  noch  handtieren  in  gheiner  weis,  und  dat  he  auch 
des  Sydeferwens  nit  gebruchen,  auch  gheine  Syde  vvat  kunne  ^ 
die  auch  sei,  varwen,  dat  hie  auch  weder  vur  sich  selffs 
noch  niemantz  anders  van  seinentwegen ,  sunder  ein  jeder 
soll  Syde  alleine   dem   geschworen   ferver,    der   unsen   herren 


Abschr.  2:  wat  kunne  farwen  datt  die  auck  were. 


128. 


95 


vom  Rade  als  ein  Burger  vereidt  und  verbunden  ist  zu  verven 
^even,  und  niemantz  anders  want  mehr  Syde  machen  will, 
deren  soll  nit  verwen,  und  wer  ferwet,  der  en  soll  gheine 
Syde  machen,  noch  auch  einichs  stucks  des  Sydemachens  ge- 
bruchen,  und  ein  jeder  soll  sein  ampt  vur  sich  underschiedent- 
lich  doen  und  ufFrecht  handeln   ohn   alle  geferde   und   arglist. 

Verarbeiten  eigener  Seide.     Wiegen  der  Seide. 

3.  Vort  so  soll  ein  jeder  bei  demselben  seinem  eide  ge- 
loben und  behallten,  dat  hey  gheine  Syde  machen  sali  noch 
will,  dan  allein  von  syme  eigen  proper  gude,  niemantz  anders, 
idt  sey  Vader  off  Moder,  frunt  off  maige,  daran  part,  deil, 
wynnonge  noch  wasdome  en  have,  ouch  dat  selve  guitt,  ehe 
hy  dat  mache  off  bereide,  zuvorentz  in  der  Iserwagen  durch 
den  Stade  Zynsmeister  gewiegen  und  gezeichnet  sy,  up  dat 
unsen  herren  vom  Raide  jre  Axcyse  in  der  Stede  Renth- 
kammern  darvon  werden  muge,  und  hie  entgegen  sali  niemantz 
einiche  Behendigkeit  suechen  up  verluss  sins  ampts  und  der 
boissen  wie  die  gemeintlich  up  alle  punkten  dis  brieffs  ge- 
satt is. 

Verbot  des  Verkaufs  feuchter  Seide. 

4.  Vort  offt  idt  sich  begeve,  dat  einich  Sydtmechere  oder 
Sydtraechersche  von  einichen  iren  Mitbürgern  oder  auch  us- 
wendigen  Luiden  einiche  Syde  guilde,  die  nass  ader  ver- 
<lrucken  gewest  were,  oder  sunst  fuichte  gelegen  hatte,  als 
dat  dieselve  Syde  vur  ghein  uffrecht  Kauffmannsguet  gelievert 
sunder  der  Kauffmann  damit  bedrogen  mochte  werden,  so 
sali  man  allsollichen  guett  bringen  vur  die  meistere  des  amptz 
zer  Zeit,  die  allsdan  dairover  nar  den  Rechten  und  billieh- 
keit  erkennen  sullen,  off  der  Kaufman  die  Syde  widderumb 
punt  vur  punt  nemmen  oder  den  gebrechen  nar  der  redelich- 
keit  belegen  und  genoich  dorvur  doin  sullte,  und  was  alls  er- 
kannt wirt,  dat  idt  darby  blyve  und  van  beiden  deilen  voUe- 
zogen  werde. 

Verbot  auswärtiger  Seide  [gezwirnter]. 

5.  Vort  mehr  so  haint  wir  gesatzt  und  ordinirt,  dat  alle 
diejhene,  die  Syde  machen  oder  des  amptz  nu  off  zu  einichen 
zyden  gebruchen,  sullen  gheine  uswendige  Syde  [idt  say 
Venesche  off  Meylonische  Syde]  ^  Kuyrlinck ,  Korkey,  Kra- 
kawer,  Luitger  oder  einiche  ander  Syde  gelden  noch  vei^ 
kouffen  oder  in  einicher  maniere  gebruchen  ader  auch  ander 
einiche  Colsche  Syde  vermengen  uff  verluss  irs  ampte  und 
-der  boissen  hernach  geschreven. 


^  Zusatz  in  der  Abschrift  2. 


96  128. 

Betrifft  die  Accisc. 

6.  Vort  so  sali  auch  ghein  Man  oder  frawe,  die  sich  an 
diesem  ampte  ernehren,  noch  auch  einich  andere  Burger  off 
Kouffman  einich  guitt  von  Syden  uppacken  oder  updoen  in 
affwesen  des  Zynsmeisters,  up  dat  dair  von  nit  verruckt  noch 
gehandtiert  an  werde,  dardurch  man  unsen  herren  vom  Radte 
ire  axisse,  die  man  davon  in  geven  schuldich  were,  enthalden 
mochte. 

7.  Auch  so  sullen  die  Sydtmacher  und  Sydtmecherssen 
vort  mehr  gheine  indzacht  verkouffen  binnen  off  bussen  Colne,. 
oder  die  auch  zu  gheinigen  dingen  gebruchen  dan  alleine  in 
und  [zu]  ^  irem  Lynt  ^,  in  gheine  Weis. 

Verbot,  außerhalb  Kölns,  vor  allem  in  Deutz 
oder  Wesseling,  weben  zu  lassen. 

8.  Vort  so  en  soll  ghein  Man  oder  Fraw  over  zu  Duitz, 
zu  Wessiinge  oder  anders  wair  werken,  oder  auch  jemandta 
anders  schicken  und  einiche  syde  dairselffs  zu  gelden ,  dan 
wair  jemmandts  syns  selffs  guet  under  den  Juden  oder  andern 
versatzt  wurde,  dat  im  affhendich  oder  sunst  verhalden  were, 
dat  mach  hey  wiederumb  an  sich  gelden  oder  losen,  so  hey 
best  khan  und  mach,  sonder  einiche  arglist  darjene  zu  suchen 
oder  zu  gebruchen. 

Verbot,  mit  Waren  zu  lohnen. 

9.  Vort  so  sali  gheine  Man  noch  Frawe  dis  amptz  des^ 
Spennerssen  oder  werkerssen  einiche  wair,  idt  sey  wullen 
doich,  gemachte  Kleyder  oder  einiche  ander  wairr  an  Iren  ver- 
dienten Loen  geven ,  sonder  sy  sullen  in  mit  barem  gelde 
lohnen  by  den  poenen  in  unsern  alden  verdregen  begriffen. 

Pflichten  der  Seidfärber. 

10.  Weiter,  so  haint  Wir  gesatzt  und  ordinirt,  dat  alle 
Sydtferwer,  die  des  Sydtferwens  binnen  unser  Statt  gebruchen 
und  sich  daran  erneheren  willen,  dat  selve  ampt  mit  50  be- 
scheiden gülden  Churfürster  Muntzen  by  Ryne  gelden,  die  sy 
darvur  up  der  Stede  Gudestags  Renthkammer  levern,  und 
vuran  lifflichen  zu  Goede  und  den  heiligen  schweren  sullen,. 
sich  uprecht  zu  irem  Sydtferwen  zu  halden  und  dem  eynen 
nit  äff  noch  dem  andern  zu  zu  sieden,  noch  darinnen  einiche^ 
listigkeit  zu  gebruchen,  noch  auch  jemandtz  anders,  dan 
alleine  den  hauff  Sydenmachern  ufrechtige  bestendig  guet  und 
kein  ander  guet  zu  ferwen  als  mit  nhamen  Korkey,  Krakawer 
und    Luitger    Syde,    oder   sonst    auch    einiche    andere   Syde^ 

^   Zusatz  in  der  zweiten  Abschrift. 
2   Band. 


128. 


97 


darmit  man  den  Eauffman  nit  verwairen  noch  lewern  mochte, 
und  hierinnen  sullen  die  ferwere  Vader  noch  Moder,  Suster 
noch  Broder,  freunden  noch  maigen  ghein  behulp  doen,  sunder 
alleine  des  amptes  ehre  und  gemeine  beste  furkieren,  nar  jren 
besten  sinnen  und  sunder  einich  behulp  und  arglist. 

Vorschrift  über  die  Qualität  der  Farben. 

11.  Auch  sollen  sy  schweren,  dat  sy  jres  selffs  eigenen 
nutz  nit  suchen  oder  auch  einiche  behendigkeitt  zu  jrene 
ferwen  gebruchen,  und  der  stucker,  die  zu  einer  jecklicher 
farwen  gehoeren  und  gebraucht  werden,  des  einen  nicht  mehr 
und  des  andern  nit  mynen  nhemen  sullen,  als  zuerst  ain  off 
die  eine  Materie,  die  zu  dem  ferwen  gehoirt,  duyre,  und  die 
ander  gueden  Kouff  were,  dat  sy  allsdan  derselver  stucker, 
die  duyr  weren,  min  nhemen  wulden,  dat  sy  solches  bei  jren 
eiden  nit  doen,  sonder  einer  jecklicher  farwen  jren  rechten 
Zusatz  geven  sullen,  up  dat  der  Kauffman  verwart  und  dat 
ampt  damit  in  ehren  gehalden  und  gebessert  möge  werden. 

Die  Seiden färber  sollen  nur  ihr  eigenes  Gut 
in  ihrem  eigenen  Hause  färben. 

12.  Vorder  so  sali  ghein  Seidtferwer  von  einigen  anderen 
guede,  dan  allein  von  syne  eigen  proper  guede  ferwen  und 
dat  sali  hey  doen  jn  seins  selffs  costen  huise  und  woenongen, 
darinne  hey  unseren  herren  vom  Radte  zu  lieve  und  leide 
gleichs  anderen  Burgeren  vereidt  und  verbunden  in  ehrlichem 
staide  sitzen,  mit  niemandtz  einiche  gesellschaft  zu  haben, 
noch  zu  behalden,  jn  gheine  weise. 

Verbot,  außerhalb  Kölns  zu  färben. 

13.  Vort  so  sali  ein  jeder  Sydtferwer  zu  Goede  und  den 
heiligen  schweren,  dat  hey  des  ferwens  und  noch  hernachen 
alls  nummermehr  bussen  der  Statt  Colne  an  einichen  andern 
enden  gebruchen  oder  dryven  soll,  noch  doen  dryven,  oder 
auch  jemandtz  anders  Leren,  deren  have  dan  zuvore  auch 
geloist  und  geschworen,  dat  ferwen  syn  Levenlang  bussen  Colne 
nit  zu  pringen,  radt  noch  tadt  dan  zu  geven,  oder  auch 
selffs  desselven  bussen  Colne   zu  gebruchen,  jn   keine  weise. 

Kontrolle  des  Färbens  wegen  der  Accise. 

14.  Vort  so  sollen  auch  die  geschworen  Sidtferwern  und 
ein  jedere  von  jn  jnsonderheit  upschryven  und  upzeichnen 
lassen  mit  nhamen  und  zunahmen  wenn  sy  ferwen,  und  wie 
vill  sy  einem  jedere  geferwet  haint,  up  dat  sy  so  ducke  «« 
sy  darumb  ersucht  wurden,  den  Meistern  und  Meisterschen 
bei    jren    eiden    sulchs    kundt    doen    und   zukenntn    mugen, 

Forschungen  128.  —  Koch.  7 


98  128. 

up   dat  jn   der  Stede  Renthkammer   auch   bracht  werde   datt 
jhene,  dat  dem  gemeinen  guede  darvon  geburt. 

Lohntaxe  für  das  Färben. 

15.  Vort  80  sullen  die  ferwere  von  eyme  jdere  punde  und 
farven  zu  farwen  nhemen,  wie  sy  das  mit  den  Sidtmechern 
overdragen  und  eins  worden  sindt,  als  nemblich  von  eym 
punde  sanguinen  Rosen  roit  8  alb.,  van  jederem  punde  als 
roidt,  groen,  blaw  und  geell  6  alb.,  jtem  von  jdeme  punde 
schwartz  zu  ferwen  5  wisspenningk  mit  abzuschlain  oder 
6  alb.  und  dat  firdell  abzuschlain,  jtem  von  jderme  punde 
weiss  oder  grawe  4  alb.  und  dat  firdell  abzuschlain. 

Visitationen. 

16.  Vort  so  sali  sich  ein  jder  jn  den  andern  puncten, 
die  wir  hierbei  verdragen  und  in  das  amptzboich  setzen  haven 
lassen  halden  nar  luide  derselve  sunder  arglist. 

Und  up  dat  alle  puncten  dis  principall  hauffbrieffs,  des- 
glichen  dis  gegenwerdigen  transfixbriefs  fest  und  stede  ge- 
halten und  unverbrüchlich  vollentzogen  möge  werden,  van 
beiden,  dem  Syde  und  auch  dem  ferwer  [ampt],  so  haint  wir 
burgermeister  und  Rath  gesatzt  und  ordinirt,  das  die  Mesteren 
und  Meisterschen  zu  allen  mainden  zum  myndesten  eins 
umbgain  und  ein  vleissich  upsehen  haven  sullen,  und  oft  sie 
jemandtz  befunden,  der  in  einleben  puncten  bussfellich  worden 
were  und  sich  anders  dan  wie  vurs.  gehalden  hatte,  der  oder 
die  sullen  vur  an  ire  ampt  und  alle  Burgerfreiheitt  verburt 
und  verloren  hain,  und  darzu  in  eine  boisse  alls  nemblich  50 
bescheiden  gülden  Rynsch  in  golde  verfallen  sein,  von  stundt 
an  zu  geven  und  zu  bezalen,  von  welcher  Boissen  die  Meistern 
und  Meisterschen  zur  Zeit  vuran  10  derselven  gülden  vur 
sich  und  5  für  die  zween  herren,  die  in  Raidtz  statt  zu  allen 
halven  jaren  zu  den  amptern  gemeinlich  gekoren  werden, 
die  auch  alle  Zeit  mit  den  Meistern  des  amptz  umb  gain 
sollen;  und  dan  noch  5  dergelichen  gülden  in  dat  Schryn 
zu  behoiff  des  gemeinen  amptz  zu  werffen  nhehmen  sullen, 
und  wat  an  der  vurgemelten  summe  der  50  gülden  overblift, 
soll  in  der  herren  Burgermeisters  sack  gelievert  und  vort  up 
der  Stede  Gudestags  Renthkammer  zu  behoiff  des  gemeinen 
guets  bracht  und  gekiert  werden,  allet  ohn  gefehrde  und  arglist 

Lehrzeit.     Weiterführung  des  Geschäfts  nach 
Ableben  eines  Ehegatten. 

17.  Auch  willen  wir,  dat  alls  fortan  gehalden  haven  dat 
ein  jder,  der  an  dat  ampt  gesatzt,  und  wer  dieser  Ordnungen 
empfange  wirdt,  4  jaire,  und,  wer  in  gleichen  maissen  an  dat 
ferwe   ampt   zu   leren   angenhommen  wirdt  3  jarhe  gantz  uss- 


128.  ^ 

leren  und  daran  treulich  dienen,  ehe  man  einen  jederm  syn 
ampts  selffs  zu  doen  und  zu  dryven  vergunnen  solL  und  off 
hernache  alls  jemandts,  idt  were  Man  off  Frawe,  dem  alU 
wie  vurs.  syn  ampt  up  des  ampts  gerechtigkeit  verlient,  und 
des  zu  ubunge  und  gebruch  gewest  were,  syn  ehelich  gemall 
offhvich  wurde,  der  dat  ampts  genommen  und  gebrucht  hatte, 
wie  vurs.  desselven  syns  amptz  bis  zu  Veränderungen  syns 
bestettenisse  gebruchen,  und  nar  dem  bestattnisse  sal  man  idt 
dan  mit  demselven  balden ,  as  dat  by  anderen  ampteren  ge- 
wonlich  ist. 

Alle  disse  dingen  zu  verkunt  der  wahrheitt,  so  hain  wir 
Burgermeister  und  Radt  der  Statt  Colne  abgemelt  unser  Stede 
ingesiegell  ad  causas  an  diesen  transfixbrieff  doen  hangen,  der 
gegeven  ist  up  den  viertzehenden  dach  des  monatz  January 
im  jähr  unseres  herren  1506. 

Archiv,  Z.  174  in  zwei  Abschriften. 

10.    1699  Bez.  20,  Bäder-  und  Mühlenordnung. 

Wir  Bürgermeistere  und  Rath  des  heiligen  Reichs  freier 
Statt  Colin,  Thun  kundt,  zeugen  und  bekennen  hiemit  öffent- 
lich wieder  menniglich,  Demnach  uns  weniger  nit,  als  unseren 
löblichen  Vohrfahren  obgelegen,  und  gleichsamb  in  krafft  ge- 
thanen  Eidts  pflichtigh  zustehet,  das  gemeine  guth,  nutz  und 
besten  vermöglicher  weg  zu  befordern,  Und  dan  unss  gelegen- 
heit  an  handt  geben,  dardurch  der  ein  Zeit  von  jaren  fast 
niedergelegener  Seidthandel,  vermittels  auff  und  anrichtung 
eines  newen  Rader,  und  Müllen  Spinnwercks  in  vorigem  unnd 
vermutlich  verbesserten  stand  dermassen  herpracht  werden 
solle,  das  die  accysen  unnd  das  gemein  guth  nicht  allein, 
sondern  auch  die  gemeine  Bürgerschafft  darab  scheinbarn 
nutzen  zu  empfinden.  Daß  wir  derwegen  mit  gutem  vorgehabtem 
zeitigen  rath  und  bedencken,  alsolch  Rader  und  Müllen  Spinn- 
werck  alhier  an  zu  stellen,  auff  folgende  mass  unnd  Conaition 
verwilligt  und  zugelassen. 

1.  Vor  erst  dieweil  wir  nicht  gemeint,  den  amptern  und 
ihren  vor  jaren,  von  unsern  löblichen  Vorfahren  erhaltenen 
amptz  Brieffen  und  gerechtigkeiten ,  ohn  erhebliche  grosae 
ursach  einigen  abbruch  zu  thun,  sonder  vielmehr  Vätterlich 
gesinnet,  Dieselb  dabey  zu  lassen,  und  handt  zu  haben,  Daas 
wir  also  auch  in  specie  dem  Seidtmacher  und  Spinnerampt  an 
jrem  habenden  Amptz  Brieff  und  gerechtigkeit  nichtz  ent- 
zogen, und  allein  diss  Rader  und  Müllen  werk  aU  ein  ab- 
gesonderte unnd  newe  kunst,  die  under  jrem  Ampts  Brieff  nit 
begriffen,  dem  gemeinen  guth  und  Bürgerlicher  nahrung  sum 
besten  zugelassen,  und  verstattet  haben  wollen. 

?• 


100  128. 

Gewiße  Artikel   werden   den   zünftischen  Seiden- 
machern vorbehalten. 

2.  Und  sollen  darumb  zum  Zweydten,  die  bemelte  new 
ankommende,  so  das  Seidt  Ampt  alhier  binnen  unser  Statt 
nit  geworben,  noch  an  sich  bracht,  und  doch  die  Seidt  mit 
den  Radern  und  Müllen  bereiden  lassen  wollen,  kein  Seiden- 
lindt,  schlengerschnur,  pärcher  feine  noch  flocken,  oder 
Capitaun  francen  machen,  sonder  solches  alles  sich  enthalten, 
unn[d]  bey  dem  Seidtampt,  jhrer  herbrachter  amptz  gerechtig- 
keit  nach,  pleiben  lassen,  under  pfoen  von  50  Goldtgtilden 
so  ein  jeder  der  hierinnen  ungehorsamb  und  im  ubertrit  be- 
funden wird,  vort  jedesmals,  unss  und  unserer  Renthkamern 
zu  entrichten  unnachlessig  angehalten  werden  solle,  Jedoch 
dem  Seidtampt  herausser  als  viel  den  Amptz  BriefF  in  solchem 
pfähl  jhnen  gibt,  vorbeheltlichen. 

Aufnahme  in  das  Seidamt. 

3.  Zum  dritten  so  ist  unsere  meinung  gleichfals,  das  be- 
rürt  Seidtampt,  unnd  dessen  gerechtigkeit,  als  viel  jhr  Amptz 
brieff  nachbringt,  bey  den  Cölnischen  Döchtern  pleiben,  und 
solchs  keiner  in  andere  wegh,  dann  allein  durch  heiradt  und 
ehelige  Vermahlung  mit  einer  Cölnischen  Dochter,  so  vom 
Seidampt  wehre,  soll  an  sich  pringen  können. 

Der  Gebrauch  des  Räder-  und  Mühlenwerks 
wird  auch  dem  Seidamt  gewährt. 

4.  Danebens  aber  thun  wir  zum  vierden  berürten  Seidt- 
ampt noch  die  gnadt  und  verwilligung,  das  sie  und  ein  jheder 
von  jnnen  gleichs  den  newen  ankommenden  Rader  und  MüUen- 
werck  auffrichten,  und  derselben  sich  in  jrem  Seidthandel  ge- 
prauchen  mögen. 

Abgabe  für  Gebrauch  des  Räder-  und 
Mühlenwerks. 

5.  Und  solchs  zwaren  zum  fünfften  mit  dem  gertirten 
Seidthandel  zum  besten  mehrem  auffnemmen  und  gedeyen 
wolgemeindten  underscheidt,  das  die  frembden,  und  alle  andere, 
welche  vom  Seidtampt  nit  sein,  von  jederm  Müllen  oder  Rade 
so  sie  aufi'richten  wurden  5  Goldgülden  jahrlichs  der  Freytags 
Renth  Cameren  steuren  erlegen  unnd  einpringen,  die  vom 
Seidtampt  aber  dessen  auch  erlassen  und  gefreyet  sein  sollen. 

Verbot,  außerhalb  der  Stadt  ein  Räder-  und 
Mühlenwerk  zu  halten. 

6.  Damit  demnegst  so  wol  diese  handlung  mehr  ge- 
fordert, als  allerhandt  böser  betrogh  und  verfelschung  darbey 


128.  ,,j 

vermeidet  werden  mögen,  soll  zum  sechsten  ein  jeder  der 
Rader  oder  Müllen  fepinnwercks  sich  alhier  zu  ernähren  ^e- 
meint,  nicht  allein  außerhalb  unser  Stede  kein  dergleichen 
Eader  oder  Müllen  anstellen,  auffrichten,  oder  underhalten 
sonder  hiergegen  auch  dieselbe,  so  er  jetzo  oder  der  zeit! 
wan  er  alhier  angenomen  und  zugelassen  wirdt,  anders  wohe 
haben  möchte,  zum  lengsten  inwendig  halben  jahrs  frist,  nach 
hiegiger  annehmung  zu  rechnen  abzuschaffen  verpaicht  und 
^gehalten  sein. 

Verbot,  außerhalb  Kölns  Färbereien  zu  halten. 

7.  Desgleichen  sol  zum  siebenden  keiner  ausserthalb  unser 
Stede  einige  Seidtfarberey  anstellen,  noch  dem  sich  geprauchen 
sonder  ein  jeder  seine  Seiden  hieselbst,  und  ninders  anders 
färben  lassen. 

Verbot  minderwertiger  Ware. 

8.  Zudem  wollen  wir  vors  achte,  und  gepieten  allen 
Farberen,  Seidtkauff,  und  handelsleuten,  bey  verleuss  des  guts, 
und  ferner  arbitrarier  straff,  das  sie  keine  andere,  dan  gute 
auffrichtige  unverfälschte  Seidtfarben  und  Kauffmans  guth 
machen,  noch  machen  lassen,  kein  falsche  schwerung  noch 
betrogh  üben,  geprauchen,  noch  under  die  Färb  unnd  Seidten 
vermischen  sollen. 

Verbot  geschwer ter  Seide.     Besichtigung 
durch  die  Schaumeister. 

9.  In  massen  wir  zum  neundten  under  gleicher  negst- 
gemelter  straff  wie  obstehet,  alle  geschwirte  falsche  oder  be- 
triegliche  Seidt,  ohn  underscheidt,  an  welchem  ort  dieselbe 
gemacht  were,  hiemit  aussdrucklich  verpieten,  und  wollen, 
das  niemandt  derselben  hineinfüren,  machen  oder  verkauffen, 
sonder  ein  jeder  als  lieb  jhme  ist  obgesetzte  straaffzu  meiden, 
dern  sich  gentzlich  eusseren,  und  enthalten  solle. 

Sinthemal  wir  darauff  fleissige  auffsicht  zu  haben,  die 
ubertrettere  ernstlichen  zu  straffen,  unn[d)  zu  dem  endt  zwehn 
des  seidthandels,  und  der  farber  verstendig  und  erfarne  Schau- 
meistere anzuordtnen,  entschlossen,  Welche  mit  Zuziehung  der 
am ptz  Meister,  umbgehen,  die  Seiden  besichtigen,  und  wa« 
ungerecht,  falsch,  oder  geschwirdt  befunden,  als  contiscirt 
guth,  in  unseren  nahmen  hinnehmen ,  auf  die  Kenth  Cainraer 
lieberen,  und  danebens  die  persohnen,  bei  welchen  solch  guth 
befunden,  bey  jhren  Eiden  anzeigen,  und  vermelden,  die  auch 
alssdan  ferners'nach  gelegenheit  der  ubertrettung  unnachlessig 
gestrafft  werden  sollen.  Warbey  aber  solche  Schawmeistere 
desto  unverhindert  jr  ampt  verrichten,  unnfd)  etwa  durch  der 


102  128. 

KaufF:  und  handelsleuth  oder  Farber  wiedersetzlichkeit  davoa 
nit  abgehalten  werden  möchten. 

Verhalten  bei  der  Visitation. 

10.  So  bevehlen  und  gebieten  wir  zum  zehndten  allen 
und  jeden,  welche  mit  der  Seidt  in  kauffen,  verkauffen  oder 
Farben  jetzo  umbgehen,  oder  sich  künfftiglich  daran  nehren 
werden,  das  sie  den  verordenten  Schaumeistern  in  anbefoUener 
Visitation  nichtz  versperren,  noch  viel  weniger  sie  daran  ver- 
hindern, sonder  alle  Seiden  bei  jhren  Bürgerlichen  Eiden 
selbst  vorlegen,  und  zeigen,  oder  den  Schaumeistern  dieselb 
zu  suchen,  unnd  zu  inquireren  frey  gestatten,  auch  ver- 
schlossene gemacher  zu  dem  endt  unweigerlich  eröflPnen  sollen. 

Qualifikation  zum  Räder-  und  Mühlenwerk. 

11.  Furthers  darmit  gleich wol  diese  Zulassung  der  Müllen 
und  Rader  Spinnwercks  nit  indiscrete  von  einem  jeden,  so 
wol  der  Sachen  und  handeis  unverstendigen,  als  verstendigen, 
understanden,  und  danhero  mehrer  Unrichtigkeit,  unn[d]  ab- 
gangk  des  handeis  geursagt,  sonder  gute  bescheidenheit  ge- 
praucht,  und  allein  die  jenigen  so  des  handeis  bericht,  und 
erfahren  sein,  und  dern  so  vil  und  mehr  nit,  dan  alss  unss 
unn[d]  angehöriger  BürgerschafFt ,  nützlich,  erbarlich  unn[d] 
dienlich  zu  gelassen,  zu  dem  in  allen  aufFrichtigh  gehandelt 
werden  möge,  so  setzen  ordtnen  und  wollen  wir  hiemit  zum 
eilfften,  Das  alle  diejenigen  welche  des  Seidtbereidens  auff 
Müllen  oder  Radern  sich  understehen,  annehmen  und  ge- 
prauchen  wollen,  sie  sein  gleich  in-  oder  auswendige,  von 
Seidtampt  oder  nit,  ohne  einigen  underscheidt  sich  zuvoran 
bey  unss  angeben,  qualificiren,  unnd  wan  sie  von  unss  zu- 
gelassen und  angenomen  ,  demnegst  auff  der  Frey  tags  Renth- 
kamer  einen  leiblichen  Eidt  thun,  und  dabey  globen,  sicheren^ 
und  versprechen  sollen,  dieser  unserer  ordtnung  sich  in  allen 
unnd  jedem  püncten  gemess  und  gehorsamb  zu  verhalten^ 
dargegen  nichtz  thun  noch  fürzunehmen  durch  sich  selbst 
noch  jemandt  anders,  iii  jren  namen,  in  keinerley  weiss  noch 
manieren,  so  war  jhnen  Gott  helff,  unnd  sein  heilig  Evange- 
lium, Unnd  solchem  allem  vorgangen,  in  ein  sonderbar  Buch 
mit  nahmen  und  zunahmen  eingeschrieben,  und  bevor  nit  dann 
diss  alles  wie  obstehet  mit  qualification  jhrer  personen  be- 
eidung  unnd  inscription  zum  Müllen  oder  Rader  Spinnwerck 
verstattet  werden,  noch  viel  weniger  sich  dessen  selbst  an- 
nehmen sollen. 

Seidfärber  vom  Rat  angestellt 

12.  Zum  zwölften  sein  wir  danebens  zu  vermöglicher 
vorkommung  alles  betrieglichen  falschen  schweren  und  farbens 


128.  103 

zwehen  oder  drey  Seidtfarber  sonderlichen  an  zu  ordtnen  und 
zu  beeiden  bedacht,  Der  gestaldt  das  bey  denselben  alle  Seiden 
in  dieser  Statt  gefärbt,  und  sonsten  alle  andere  sich  des  farbens 
gentzlich  enthalten,  und  bey  Vermeidung  arbitrarier  ernster 
straff  bemüssigen,  Und  sollen  hierunder  die  Caffa  und  ßoratten 
mächer  mit  begriffen  sein,  Unnd  damitten  jhnen  weniger  nit 
als  dem  Seidtampt  mit  dem  färben  gedienet  werde  besondere 
farber,  und  als  vil  nötig  durch  unss  angesetzt  und  beeidet 
werden. 

Trennung  des  Färbens  vom  Seidenmachen. 

13.  Verordnen  und  wollen  auch  zu  berürtem  endt  vor 
das  dreizehendt,  das  kein  Farber  mit  Seidt  handelen,  noch 
einiger  der  mit  Seiden  handelt,  seine  einige,  noch  anderer  leut 
Seidt  heimlich  oder  öffentlich  bey  gleichmessiger  arbitrarier 
straff  färben,  sonder  der  Handel  und  farberey  underscheiden 
sein,  unnd  wer  des  einen  sich  undernehmen  wolte,  des  anderen 
gentzlich  und  zumahlen  enthalten  solle. 

Abgabe  an  das  S  eiden spinn  eramt. 

14.  Letzlich  ist  unser  will  und  verordtnung  hiemit,  das 
alle  die  jenigen,  so  des  Müllen  unnd  Rader  Spinn wercks  sich 
annehmen  und  geprauchen  wollen,  bei  dem  Seidt  Spinnerampt 
die  gerechtigkeit  mit  6  thalern  eins  zu  gepen  an  sich  werben, 
und  umb  so  viel  gemelten  ampt  gewilfarth  werden  solle. 

Welches  alles  obbeschriebener  gestaldt  unser  ernster 
bevelch,  will,  und  meinung  ist,  darnach  sich  ein  jeder  zu 
halten,  und  für  schaden  wird  wissen  zu  hüten,  Vorbehalten 
unss  und  unseren  Nachkommen  diese  Ordnung  zu  bessern, 
zu  mindern,  und  zu  vermehren  nach  fürfallender  gel^euheit 
der  zeit. 

Zu  urkundt  der  warheit  haben  wir  Bürgermeistere  und 
Rhat  obengemeldt,  unser  Secret  Siegel  hierunden  auffs  S})atium 
gedruckt  am  Montag  den  zwäntzigsten  tagh  Decembris,  Anno 
tausendt  fünfhundert  Neuntzig  neun. 

Gedrucktes  Plakat  in  2  Ex.  in  den  Zunftakten  „Seidamt",  16.  Jh. ; 
ebend.  4  Abschriften  und  in  je  1  Abschrift  in  Z.  171  und  Z.  174. 

11.  1642  März  29.     Ordnung  für  die  Seidenhändler,  Schnur- 
macher  und  Seidenfärher. 

Ordnung,  darnach  die  Seydhändler,  Schnurenmacher  und 
Seydfärber  sich  zu  richten  haben. 

1.  Erstlich  soll  kein  seydenhändler  noch  schnurmacher 
allhie  oder  anderswo  Bruggische,  Schoetische  und  dopuel- 
schwartze  seyde  oder  wie  sonsten   einige  verderbliche  Farben 


104  128. 

genannt  werden  mügen   zu  ftlrben  oder  färben  zu  lassen  sich 
gelüsten  lassen,  schnurr  oder  Fransen  davon  zu  machen. 

2.  Wie  den  sie  auch  von  andere  orten  solche  guetz  nicht 
anhero  bringen  oder  an  sich  kaufFen,  viel  weniger  verarbeiten 
lassen  sollen. 

3.  Da  auch  einiger  seyden  und  schnür  Verhändeler  deme 
zugegen  wissentlich  handeln  und  darüber  betreten  würde  soll 
derselbe  dadurch  seiner  Ehre  verlustig  und  danebenst  mit 
ernster  willkührlicher  straffe  nach  befindung  der  Größe  und 
Vielheit  des  Verbrechens  beleget,  auch  die  also  betretene 
Sejde  und  was  davon  an  schnüren  gemacht  worden  für  des 
Ubertretters  thuen  zum  absehen  und  schrecken  öffentlich  ver- 
brandt  werden. 

4.  Alle  diejenige,  welche  die  obgemelte  verbotene  seyde 
verarbeiten  und  bei  denen  solche  oder  davon  gemachte  schnüre 
gefunden  werden,  sollen  obenermassen  wie  vorgemeldet  ge- 
straffet werden. 

5.  Damit  nuhn  dissfalls  aller  Unterschleiff  umb  so  viel 
mehr  verhütet  und  männiglichen  aller  scheindeckel  [und  Ge- 
legenheit] ^  hierzu  benummen  werden  müge,  so  soll  kein  seiden 
händler  oder  wer  es  sonsten  sein  mögte  im  geringsten  einige 
privats  ferberey  gebrauchen  directe  oder  indirecte  es  sey  auch 
unter  was  schein  und  praetext  solches  geschehen  mögte,  be- 
sondern nuhr  allein  die  färber,  welche  Ein  Ehrbar  Raht  dazu 
ortern  und  mittelst  eydes  bestätigen  wirt,  hinfüro  zu  ferben 
bemächtiget  sein,  würde  aber  iemand  dem  zugegen  handeln, 
sollen  alle  in  der  Ordnung  der  Händler  selbestens  oder  by 
anderen  alhie,  dem  es  von  wollgemeltem  Raht  nicht  ver- 
günstiget und  unter  die  gesetzte  Zahl  nicht  gerechnet  gefärbte 
seyde,  wie  guth  sie  auch  sein  mögte,  confisciret  und  verboirt 
unnd  der  eine  dritte  Theil  dem  Fisco,  das  ander  dem  Zucht- 
hause, das  dritte  dem  Angeber  (dessen  nähme  verschwiegen 
bleiben  und  ihm  an  seinen  Ehren  allerdings  ohnschädlich  sein 
solle)  ohn  nachlesslich  heimgefallen  sein,  neben  anderer  wil- 
kührlicher  straffe. 

6.  Hingegen  sollen  auch  die,  also  confirmirte  ferber  auf 
ihren  geleissten  eyd  und  bey  Verlust  ihrer  Ehren  und  freyheit 
auch  anderer  wilkührlicher  straffe  schuldig  und  verbunden  sejn, 
aller  ob  specificirten  verbothener  Sorten  seyden  zu  ferben, 
so  wol  auch  allerley  genre  schnür  und  seiden  handlung  zu 
gebrauchen  sich  gäntzlich  zu  enthalten. 

7.  Im  gleichen  soll  auch  kein  ferber  sich  unterstehen, 
einige  unabgesottene  seyde  zu  ferben,  aussgenommen  harte 
seyde,  die  zu  Caffa  nöthig  und  aller  orten  gebräwchlich  bey 
vorberührter  gleichmessiger  straffe. 


^   Zusatz  am  Rande  von  derselben  Hand. 


128.  105 

8.  Wie  sie  dann  auch  ferner  verbunden  sein  sollen,  dem 
kauffman  nach  nothdurfft  und  billigen  contentamente  in  dem 
färbende  zu  bedienen,  auch  kein  Corosiffen  darzu  gebrauchen 
oder  durch  langwierige  maceration  und  vielfältiges  Aetzen  und 
einweichen  zur  faule  bringen,  derwegen  ihm  dann  auch  kein 
Ellernborgk  noch  schleiff  bey  sich  in  ihrem  hause,  oder  andere 
wo  zu  haben  vergönnet  sein  solle,  und  sollen  ins  gemein  dem 
kauffman  mit  allen  trew-  auffrichtigk  und  redlichkeit  begegnen, 
also  dass  mit  fug  sich  niemandt  darüber  zu  beschweren  habe 
bey  ernster  wilkührlicher  straffe. 

Verbot  von  Gesellschaftsunternehmungen 
zwischen  Färbern  und  Händlern. 

9.  So  soll  sich  auch  kein  ferber  gelüsten  lassen,  in  einige 
Mascopie  mit  denen  kauffleuten  in  der  seyden  handlung  be- 
redung oder  dergleichen  heiml.-  oder  öffentlich  ein  zu  lassen, 
vielweniger  in  den  färbende  den  geringsten  unterschleiff  damit 
dem  einen  mehr  als  dem  andern  genutzet  sein  möchte  zu  ge- 
brauchen, besondern  so  wol  mit  seinen  aufrichtigen  berufe 
des  ferbens,  als  den  Koufman  an  seiner  aufrichtigen  seyden 
handlung  sich  allein  begnügen  lassen. 

10.  Zu  besserer  Observantz  dieser  Ordnung  sollen  zum 
offtern  unvermuthliche  visitationes  den  schnür-  seyden  händlern 
und  Schnurmachern  als  auch  bey  denen  Seyden  f^rbern 
Reciproce  angestellet  und  gehalten  werden. 

Und  behelt  sich  nun  ein  Ehrbar  raht  obgeschriebene  Ord- 
nung nach  befindung  und  der  Sachen  beschaffenheit  zu  mindern 
und  zu  vermehren  ieder  zeit  bevohr,  auch  soll  diese  Ordnung 
den  bereit  angefangenen  und  künfftigen  processen ,  unver- 
fencklich  sein. 

Actum  et  decretum  in  Senatu  Publicatumque  sub  signeto 
den  29.  Marty  ao.  1642. 

Abschrift  in  den  Akten  „Seidamt"  17.  Jh.  I. 

12.  1659  Juli  2,     Ordnung  für  die  Posamentierer  mit  Zu- 

satzartiheln  für  die  Grofsgezäuwer. 

Kundt  undt  zu  wissen  seye  hiemit  iedermänniglichen,  daas 
im  iahr  1G59  auf  mitwoch  den  2t.  tag  july ,  alss  die  hoch- 
achtpar,  wohledl.  gestreng,  Edel  Ehrenvest,  hochgelehrte  auch 
achtbare  fürsichtig  undt  weise  herr  burgemeistern  undt  Khatt 
dieser  des  h.  Reichs  freyer  Statt  Collen  zu  gewöhnlicher  Zei 
und  stunden,  umb  einen  jeden  darumb  anhaltenden  recht  undt 
Gerechtigkeit  wiederfahren  zu  lassen,  zu  Rhatt  gesessen,  nach- 
folgende Ordnung  undt  articuli  das  passament  handtwerk  be- 
treffendt  neben  dero  subnectirter ,  vor  die  l^^^nmächer  so 
sich    der    compendiöser   stuhl    zu    bedienen    gedencken    auff- 


106  128 

gesetzter  Ordnung  verlesen,  welche  darauff  mit  gewohnlichem 
vorbehält,  solche  nach  gutbefinden  zu  kürtzen  oder  zu  längen^ 
anfangs  ratificirt,  undt  ausszufertigen  befohlen. 

Folgt  gemelte  Ordnung  undt  art[icu]li. 

Als  in  krafft  der  am  20.  juny  dieses  1659t.  jahrs  von- 
einem  Ehrsamen  hochweissen  Rhatt  dieser,  des  h.  Reichs  freye 
Statt  Collen  ergangener  registraturen,  zu  mehren  befurderung 
gemeinen  bestens  undt  beständiger  handthabung  des  passa- 
mentirer  handwercks,  den  darin  ernenten  herr[en]  eine  vor- 
längst concipyrte  annoch  nicht  confirmirte  Ordnung  der  passa- 
mentirer  zu  examinir[en] ,  nach  guthbefinden,  in  standt  zu 
richten,  undt  dan  zur  ratification  zurück  zubringen  gnädig^ 
aufgeben;  als  haben  dieselbe  zu  gehorsambster  Einfolg  auf- 
getragener Commission  nicht  allein  vorg[eme]lte  von  anna 
1627  undt  28  herkommende,  sondern  annebens  noch  einige^ 
im  jähr  1652  zwischen  den  meisteren  gedachten  passamentirer 
handtwercks  gewilligte  articulen  vorgenohmen,  wohlerwogen, 
auch  was  bis  dahin  bey  denselben  gehalten,  aus  relation  der 
zeitlicher  verordneter  meisteren  in  fleissige  Consideration  ge- 
zogen undt  daraus  zu  vorangedeutem  affect  nachfolgende  arti-^ 
culen  aufgesetzt: 

Einschreiben  der  Lehr  jungen. 

^  1.  Sollen  also  erstlich  alle  meistern,  welche  lehrjunge» 
ahnnehmen  dieselbe  inner  4  wochen  zeit,  welche  iedem  zur 
prob  des  jungens  vergünstigt  wirdt  unter  straff  eines  gold- 
guldens  dem  handwerck  einschreib[en]  zu  lassen,  dabey  der 
jung  zu  Unterhaltung  des  handtwercks  ein  kopfstück,  der 
meister  aber  zur  bruderschafft  4  alb.  zu  zahlen  gehalten  undt 
verbunden  sein. 

Unterhalt  des  Lehrjungen. 

2.  Zum  anderen  solle  den  meisteren  auf  gleiche  straffe- 
ahnbefohlen  sein  dergestalt  die  eingeschriebene  lehrjungen  zu 
unterhalten  oder  zu  belohnen,  dass  sie  ahn  anderer  leuth 
häuser  des   heischens    undt   bettelens   nicht  vonnöthen   haben. 

Lehrzeit. 

3.  Drittens  sollen  alle  eingeschriebene  lehrjungen  bey 
Verlust  ihrer  lehrzeit  4  jähr  stets,  undt  fast  bey  einem  meister 
zu  verharr[en]  undt  ausszustehen  verbunden,  undt  wan  einer 
vor  der  zeit  würde  fortlauffen,  dessen  meister  es  bey  den 
verordneten  meisteren  ahnzugeben  schuldig  sein,  vorbehalten 
doch  dem  lehrjungen,  wan  er  sich  bey  seinem  meister  wieder 
einstellt,  duss  ihme  alssdann  die  versessene  zeit  wieder  zu  guth 
kommen,  sonsten  aber  wann  der  lehrjung  redliche  ursach  über 


las.  107 

seinen  meister  klagen  hatte,  ihme  undt  seinen  freunden  oder 
verwanthen  solches  des  montags  zu  gewöhnlichen  zeit  bey 
den  verordneten  meisteren  vorzubringen  undt  zu  erweisen 
frey  stehen  solle,  welche  dan  gedachte  meistern  vorzunehmen, 
dieselbe  wan  sie  sträfFlich  erfunden,  nach  befinden  der  Sachen 
in  billige  straff  zu  nehmen ,  undt  alssdann  dem  lehrjungeo, 
wofern  derselb  solches  begehrt,  sein  übrige  zeit  bey  einem 
andern  meister  fort  ausszulehrnen  zu  beurlauben  gehalten  sein. 

Die  Lehr  jungen  sollen  nach  Ablauf  der  Lehrzeit 
noch  2  Jahre  arbeiten,   bevor   sie  Meister  werden 

können. 

4.  Viertens  sollen  alle  lehrjungen ,  welche  ihre  zeit  ge- 
trewlich  aussgestanden,  sich  der  meisterschafft  im  geringsten 
nicht  unterfangen,  sie  haben  den  zum  wenigsten  noch  2  Jahr 
sich  in  oder  ausserhalb  dieser  statt  weiters  versucht  und  geübet. 

Einschreiben  der  Knechte. 

5.  Fünfftens  sollen  alle  meistern  auf  straff  von  3  gold- 
gulden  verbunden  sein,  die  ausgelehrte  jungen  alssbaldt  damit 
selbe  ihre  zeit  nicht  vervortheilt  werden,  vor  Knecht  ein- 
schreiben zu  lassen,  dabey  dan  die  Knecht  zu  Unterhaltung 
des  handtwercks  und  zu  behuff  der  bruderschafft  3  der  vor- 
geschriebener gülden^  zu  zahlen  haben. 

Hausordnung  für  die  Lehrjungen. 

6.  Sechstens,  umb  allerhandt  auf  den  besorgende  insolentz 
zu  verhüten,  sollen  die  eingeschriebene,  und  sonsten  auss- 
wendig hereinkommen  ahngenommene  knecht  alle  sonn-  undt 
feyrtag  des  abendts  bey  Sommerzeit  sich  vor  neun,  winters 
aber  vor  acht  uhren  in  ihres  meisters  behausung  eingestellen, 
bey  straff  eines   halben  H.  r.  s.    schuldig   undt  verhafft  sein. 

Kündigung.     Meisterwechsel. 

7.  Siebendes,  sollen  alle  Knecht,  so  von  ihrem  meister 
abscheiden  wollen,  bey  straff  eines  ggl.  undt  erstattung  alles 
schaden,  der  vieleicht  dem  meister  hierdurch  überkommen 
möge,  ihrem  meister,  den  sie  zu  verlassen  gememet,  14  tag 
zuvorn  solches  ahnzuzeigen,  undt  ehe  sie  von  einem  anderen 
meister  ahngenohmen  undt  ahngesetzt  werden  dass  sie  von 
vorigen  mit  guten  belieben  gescheiden,  beweisslich  dansuthun 
undt  zu  bezeugen,  auch  der  meister,  der  solchen  wirdt  ahn- 
nehmen, den  vorigen  des  abscheids  halber  zu  erfragen,  gleich- 

1   Ursprünglich  lautete  der  Text:  „12  alb." 


108  128. 

fals  die  meistern,  von  denen  Knecht  ohn  vorgehende  anzeigung 
scheiden  würden,  solches  den  verordneten  meisteren  alsobaldt, 
damit  hierin  ein  billiges  vorgenohmen  werden  könne,  ahnzu- 
kündigen  alles  unter  gleichmässiger  straff  schuld  sein. 

Verbot  des  Abjagens  von  Knechten  und  Lehr- 
jungen. 

8.  Achtens  werden  alle  meistern  bey  straff  3  ggl.  die  sie 
auf  Verbrechens  fall  zu  erlegen  schuldig  sein  sollen,  gewarnet, 
dass  einer  dem  anderen  sein  Knecht  oder  jungen  nit  auf- 
rührisch  vielweniger  abhändig  mache,  oder  zuwerck  stelle,  die 
vorigem  articul  gemäss  nicht  ein  völliges  genügen  geleistet, 
undt  von  vorigem  meister  mit  dessen  guten  wissen  undt  be- 
lieben ihren  abscheidt  nit  genehmen  betten,  und  dan  sich 
zwischen  dem  einen  oder  anderen  einiger  streit  erheben  würde, 
soll  solches  alssbald  durch  die  handtwercks  verordnete  meistern 
aufs  best  zu  folg  dieser  Ordnung  entscheiden  undt  hingelegt 
werden. 

Betriebsbeschränkung.     Unlauterer  Wettbewerb. 

9.  Neuntens,  damit  auch  der  eine  sowohl  alss  der  ander 
sich  ahn  diesem  passamentirer  handtwerck  desto  füglicher  er- 
nehren  könne ,  soll  kein  meister  mehr  dan  8  gezawen  ^  ge- 
brauchen, auch  eines  dem  andern  bey  den  Kaufleuthen  seine  ehr 
nit  abschneiden,  noch  ihn  verkleinern,  weniger  sein  werck  ver- 
achten, auf  straff  von  3  ggl.,  so  offt  solches  auf  einen  beweisslich 
gebracht  würde,  undt  sollen  die  verordnete  handtwerksmeistern, 
die  über  hierin  vergunte  anzahl  bey  einem  meister,  auch  alle 
bey  andern  zu  diesem  handtwerck  nicht  berechtigten  erfindende 
und  aufgesetzte  passamentirgezawen  auf  erhaltenen  Urlaub  von 
zeitlichen  Hh.  burgermeistern  mit  Zuziehung  der  gewaldt 
Richters  diener  niederzulegen  undt  abzuholen  berechtigt  undt 
schuldig  sein. 

Meisterstück. 

10.  Zehntens,  damit  nicht  ein  iedweder  sich  dieses  passa- 
mentirer handtwercks  unterfangen,  solle  ein  jeder  welcher 
seine  zeit  recht  undt  gebührlich  bey  diesem  passamentmachen 
aussgestanden,  undt  wie  vorg[eme]lt  sich  versucht  zu  haben, 
erwiesen,  ehe  undt  zuvoren  er  zum  meister  eingeschrieben, 
auf-  undt  ahngenohmen  werde,  ein  meisterstück  machen,  undt 
solches  den  zur  zeit  erwählten  und  verordneten  handwercks- 
meistern  undt  zu  Unterhaltung  des  handtwercks  undt  [behueff 
der  bruderschafft]  ^  hiesiger  Meistersöhne  z waren  mit  2  ggl.  ^ 

*  Webstühle. 

*  Späterer  Zusatz. 

^  Abänderung  aus:  „3  ggl." 


128.  jOg 

frembde,  die  doch  wie  vorg[eme]lt  hier  in  der  statt  gelehmet 
(wan  diese  doch  zuvoren  gute  zeugnus  bringen,  wohn  sie  ge- 
lernet auch  sich  ersten  allhier  vor  knecht  krafFt  art.  5ti  ein- 
schreiben lassen)  mit  8  ggl.  i  zur  prob  vorstellen  undt  kommen 
lassen,  auch  zu  behufF  der  brudersnhafft  gedachte  meisterssöhne 
undt  die  hier  gelernet  einen  halben,  die  ausswendig  gelernet 
einen  gantzen  Rth.  erlegen,  undt  welcher  diesem  also  gemäss 
sich  verhalten  derselb  soll,  nach  vergangener  gewöhnlicher 
bürgerlicher  qualification  undt  veraydung  auf  der  gewandt- 
mächer  gafFell  ins  meisterbuch  geschrieben  werden,  undt  dieses 
passamentsmachen  alhie  zu  Colin  sich  zu  gebrauchen  und  sich 
zu  ernehren  vergünstigt  sein. 

Frauen  und  Töchter. 

11.  Eilfftens,  soll  ess  die  gelegenheit  mit  den  meisters 
frawen  undt  denen  ahn  g[eme]lt[en]  passament  handtwercks 
ehelich  gezihlten  töchteren  haben,  dass  dieselbe  die  halbe  zeit 
ahn  eine  rechtmässig  qualificirte  persohn  so  ehelich  gebohren 
undt  ihres  wohlverhaltens  einen  glaubhaflften  schein  hatte  auflf- 
zulegen,  zu  bringen  berechtigt  undt  bemächtigt  sein,  undt  soll 
dieselbe  so  sie  alhier  gelernet,  zu  Unterhaltung  des  handt- 
wercks 3  ggld. ,  wan  aber  nit  hier  gelernet  2  ggld.,  be- 
nebens  eine  jede  zu  behufF  der  bruderschafFt  einen  halben 
ßth.  zahlen,  auch  wie  hernach   art.  13.  folgt,  die  Kost  thuen. 

Meisterstück. 

12.  Zwölfftens,  dass  ein  ieder  meister  wisse,  wass  vor  ein 
meisterstück  er  zur  prob  hab  zu  präsentiren,  so  soll  ein  flatte- 
wirker  eine  dreissig  Eort,  darauf  ein  doppelter  adler  ge- 
schnitten, ein  Spiegelwirker  acht  tafFeten  mit  einem  creutzgen, 
ein  lintwirker  ein  spachartz  mit  acht  getretten  zum  guten 
werck  machen,  undt  den  zeitlichen  handwercks  verordneten 
meisteren  auf  der  gewandtmächer  gafFelen  praesentieren  undt 
zur  prob  vorbringen,  doch  würde  ein  oder  ander  new  an- 
kommender meister  eine  andere  dem  handtwerck  gemäss  undt 
passirliche  arbeit  vorbringen,  soll  solche  den  zur  zeit  vor- 
stehenden meisteren  eingehändigt  werden,  undt  diesen,  nach 
beschehener  besichtigung,  solche  arbeit  vor  ein  meisterstück 
ahnnehmen,  oder  zumahlen  zu  verwerfFen  (doch  luws  undt 
partheylichkeit   beyseit  gesetzt)  austrücklich  vorbehalten   sein. 

Meisteressen. 

13.  Dreyzehntens ,  soll  ein  jeder  meister,  wan  er  ein- 
geschrieben wirdt  eine  Kost  thuen,  undt  verehren,  nemblich  ein 
schinck,  einen  stump,  einen  braten,  einen  halben  hollandischen 
Käss,  IV2  Pfd.    butter,    weck   brodt,    sambt   4   viertel  guten 

*  Abänderung  aus:  „4  ggl." 


110  128. 

weissen  wein,  und  wan  derselb  ankommenden  meister  einen 
freundt  mitbringt,  soll  er  vor  einen  ieden  geben  2  q  des  vor- 
geschriebenen weins. 

14.  Vierzehntens ,  wan  ein  junger  meister  wie  vor- 
geschrieben ahnzunehmen,  soll  solches  auf  einen  Dienstag 
geschehen,  alss  dan  zwischen  3  ad  4  uhren  der  tisch  gedeckt 
sein,  alle  verdiente  meistern  praecise  urab  die  zeit  erscheinen, 
undt  die  aufgesetzte  portion  undt  wein  freundt-  und  lieblich 
geniessen,  wan  aber  einige  würden  sein,  die  streit  oder  zanck 
anfangen  würden,  sollen  nach  dem  verbrechen  gestraflft  werden 
umb  geld  oder  wein,  wie  die  Verdienten  darüber  werden  er- 
kennen, dahn  auch  einer  bey  der  Kost  sich  dergestalt  mit 
wein  übernehmen  würde,  dass  er  darüber  ein  scandal  würde 
begehen,  soll  derselb  damit  in  einen  ggld.  straff  verfallen  sein. 

Massregeln  gegen  schlechte  Arbeit. 

15.  Fünfzehntens ,  weilen  vielmahlen  gespürt  wirdt,  dass 
in  den  passamenten  mit  einmischung  falscher  seiden,  floretten, 
leinen  oder  zajetten  garn,  oder  weichhartz  seiden  in  der 
kette  fast  ein  zimblich  grosser  betrug  unterlaufft,  sollen  die 
verordnete  handtwercks  meisteren,  damit  solcher  betrug  nit 
geschehe,  fleissige  auffsicht  haben,  zu  dem  end  der  sambtlichen 
meistern  arbeit  visitiren,  undt  im  fall  einige  Unrichtigkeit  be- 
funden würde,  solche  falsche  waar  nicht  verkauffen,  sondern 
ohne  einigen  verschlag  alsobald  abholen,  undt  zu  einer  Ehr- 
[barejs  hochw.  Rhatts  gnädige  Verordnung,  in  dessen  cantzley 
lieberen  lassen. 

Die  Meister  sollen  nicht  des  Verlegers  Seide 
verkaufen. 

16.  Sechszehntens,  sollen  alle  meistern  sich  hüten  die  von 
den  kaufleuthen  zur  arbeit  empfangene  seide ,  oder  floretten, 
wie  gleichfals  das  daraus  verfertigtes  werck  zu  verkauffen, 
wan  aber  solches  geschehen,  undt  der  Kauffmann  darüber 
klagen,  ess  auch  beweisslich  darthun  würde,  dass  dem  ver- 
kauffenden  nicht  zuständig,  gegolden,  wie  gleichfalss  der 
meister  welcher  also  des  kauffmans  gut  verkaufft,  ein  jeder 
in  straff  von  6  ggld.  verfallen,  undt  gleichwohl  beide  ge- 
halten sein,  dem  kauffmann  sein  seiden,  floretten  oder  das 
werck  im  kurtzen  wieder  zu  lieffern  oder  würcklich  zu  zahlen, 
im  Fall  sie  es  aber  nit  thun,  ihnen  kein  handtwercks  gerechtig- 
keit  mehr  gestattet  auch  keine  knecht  oder  lehrjungen  ein- 
geschrieben werden. 

17.  Siebenzehntens ,  sollen  des  handtwercks  oder  der 
bruderschafft  halben  keine  Körten  angewendt  werden,  ess 
seyen  dan  die  verdiente  zuvoren  zusammen  geruffen,  undt  die 
hetten  nach   fleissiger   beratschlagung  vor   dienstlich  gehalten, 


128.  111 

wan    aber   hiergegen  jemandt  frevelte,   derselb   soll  von  den 
sämbtlichen  verdienten  gestrafft  werden. 

Begräbnis  eines  Genossen. 

18.  Achtzehntens,  wan  ein  meister  oder  seine  hausfraw 
mit  todt  abgienge,  soll  der  oder  diejenige,  wan  ess  gesonnen 
wirdt  altem  Christ  catholischem  in  dieser  statt  herbrachtem 
brauch  nach  bey  der  begrabnuss,  von  dem  gantzen  handt- 
werck  begleitet  werden,  welcher  aber  seiner  gelegenheit  nach 
nicht  mit  gehen  könte,  derselb  soll  4  vetmenger  urlaubsgeldt 
gleich  oder  den  negsten  montag  darnach  zahlen,  welcher  aber 
ohne  Urlaub  aussbleib,  soll  4  alb.  den  negsten  montag  geben, 
im  fall  aber  jemandt  solches  geldt  zwischen  der  begrabnuss 
undt  negsten  montag  nicht  erlegen  würde,  soll  er  in  straff 
von  12  alb.  verfallen  sein. 

Procession. 

19.  Neunzehntens ,  soll  ein  jeder  meister  bey  der  bruder- 
schafft procession  persohnlich  erscheinen,  oder  bey  der  ein- 
ladung  mit  erlegung  8  alb.  Urlaub  nehmen,  dahn  aber  jemands 
ohne  erlaubnuss  würde  aussbleiben  soll  er  zu  straff  seinet 
aussbleibens  Va  ^   wachs  dem  bruder  meister  zahlen. 

Amtsmeister. 

20.  Zwantzigstens ,  auf  dass  alles  obige,  undt  wass  in 
folgenden  articulis  weiter  verordnet  wirdt,  richtig  undt  wohl 
gehalten  werde,  sollen  alle  halbe  jähren  zwey  meistern  auss 
der  gantzer  gemeine  erwählt  undt  verordnet  werden,  welche 
auf  alles,  wass  in  dieser  Ordnung  versehen  fleissige  auffsicht 
haben,  vor  specificirte  geldtposten,  wie  auch  verfallende  straff 
einnehmen,  solche  vorm  abgang  vom  dienst  verrechnen,  die 
straffen,  welche  in  behuff  der  bruderschafft  verwiesen,  darzn 
verwenden,  von  den  anderen  straffen  aber  eine  halbscheidt 
mit  beygelegter  rechnung  in  die  freytags  rhentkammer,  einen 
viertentheil  in  die  armenbüchse  liefferen,  undt  restirende  V4 
zu  ergetzung  ihrer  mühe  behalten. 

Verbot   der   Sonntagsarbeit. 

21.  Einundzwantzigstens ,  sollen  dieselbe  verordnete 
meistern  gute  auffsicht  haben,  damit  auff  Sonn-  auch  von  der 
<5hristlicher  catholischer  kirchen  gebottne  feyrtögen  kein  meister 
selbst  arbeite,  oder  sein  knecht,  jungen,  magdt  undt  fraw  zur 
arbeit  halte,  wurden  aber  die  verordnete  meistern  hierin 
säumig  befunden,  und  solches  entdeckt  werdnn,  sollen  dieselbe 
ein  mit  dem  verbrechen  in  einem  goldgl.  straff  verfallen  sein. 


112  128. 

Abrechnung. 

22.  Zum  letzten  wan  alle  halbe  jähren  von  den  ver- 
ordneten meisteren  die  rechnung  gehalten  wirdt,  sollen  alle 
bedienten  darzu  citirt  werden,  die  rechnung  anhören,  undt 
wan  sie  gehalten,  vor  jeden  meister  mehr  nicht  alss  ein  quart 
wein,  übernehmens  halber,  wie  beym  14t.  articul  verordnet, 
gäntzlich  enthalten. 

Zu  urkundt  wohlglt.  Rhats  anhangenden  Sigilli  ad  causas. 

Folgt  weiters  anfangs  gemelte  Ordnung  undt  articuli^ 
welche  sich  der  compendiöser   stuhl   zu   bedienen   gedencken. 

Als  durch  gemeinen  eines  Ehrs.  hochw.  Rathsschluss  undt 
darauff  am  19.  decembris  jahrs  1656  ergangene  Registratur, 
auss  verscheidenen  darzu  bewegenden  Ursachen  der  compen- 
diösen  linten  stuhle  gebrauch  gnädig  bewilligt  seint  den 
meisteren  welche  sich  deren  zu  gebrauchen  gedencken,  nach- 
folgende articulen  vorgeschrieben. 

V  er  ei  düng. 

1.  Erstlich  dass  diejenige  welche  die  compendiöse  linten- 
gezawen  alhie  zu  gebrauchen  gedencken,  sich  vor  allem  zu 
dieser  des  h.  reichs  freyer  statt  Collen  bürgeren  gebührlich 
qualificiren,  und  zu  den  meisteren  vom  passament  werck  auf 
der  gewandtmacher  gaffel  verayden  sollen,  vorbehalten  gleich- 
wohl denen,  welche  vor  publicirung  dieser  Ordnung  den  ge- 
brauch der  compendiösen  stuhlen  vor  einem  Ehrs.  hochw» 
Rhatt  erhalten,  und  sich  auf  andere  gaffelen  veraydet,  dass 
dieselbe  auf  gemelte  erwöhlten  gaffelen  verbleiben  mögen. 

Trennung  der  Arbeit  auf  grossen  und  kleinen 
Stühlen. 

2.  soll  keinem  meister,  welcher  diese  compendiöse  linten- 
stühl  brauchen  will,  die  enckele  oder  kleine  gezawen,  darauf 
man  gold,  silber,  seidene  passamen ten,  galonen  oder  korden 
verfertigen  kan,  noch  auf  den  compendiösen  stuhlen  breide, 
sondern  nur  schmale  undt  aufs  höchst  galonbreide  undt  bord- 
lint  zu  verfertigen,  gestattet  werden,  wie  dan  hingegen  der 
meisteren,  so  sich  der  enckelen  gezawen  zu  Verfertigung  oben 
ahngezogener  linten,  passamenten,  undt  galonen  bedienen  auch 
keiner  gestalt  der  compendiösen  stuhl  gebrauch  zugelassen 
werden,  undt  dass  auf  straff  von  2  ggld.  so  einem  Ehrs.  hochw. 
Rhatt  zu  drey  vierten  theilen,  das  übrig  viertentheil  aber  zu 
befurderung  guther  auffsicht  den  verordneten  meistern  undt 
ahnbringeren  anheimb  fallen  solle. 

Wechseln  der  Stühle. 

3.  Jedoch  wirt  zum  dritten  einem  jedem  würklichen 
meister  vorbehalten,  dass  wan   einer  diese   compendiöse  stühL 


128.  113 

verlassen  undt  deren  begeben  wolle,  dass  solchenfala  ihme  frey 
stehen  möge,  sich  der  enckelen  gezawen  zu  gebrauchen, 
gleichwohl  mit  dem  vorbehält,  dass  wan  er  zuvoren  nur  alss 
ein  compendiöser  stuhlmeister  eingeschrieben,  auf  dass  wass 
er  vermög  des  7.  articuls  zu  Unterhaltung  des  handtwercks 
zahlt,  so  viel  darbey  erlege  alss  die  passamentierer,  krafft  ihres 
zehndten  articuls  zu  geben  schuldig,  gleichfalss  die  von  ihnen 
gewöhnliche  kost  thun,  wie  dan  hingegen  denjenigen,  so  sich 
der  klein  gezawen  ernehren,  nit  weniger  gestattet  wirdt  bey 
der  freidags  rhentcammer,  sich  der  compendiösen  sttlhl  auch 
allein  zu  bedienen,  undt  solches  alles  bey  voriger  straff. 

Verbot  des  Handels. 

4.  Dabey  dan  zum  vierten  den  meistern  der  compendiöser 
stuhl  keiner  gestalt  zugelassen  sein  solle,  mit  ihren  linten 
kammerschafft  oder  handthierung  zu  treiben,  sondern  blöss- 
lich  allein  die  Kauffleuth  mit  Verfertigung  guter  auffrichtiger 
arbeit  zu  versehen,  und  wer  dessen  Verbrechens  halben  über- 
zeugt würde,  soll  in  die  vor  3  specificirte  straff  verfallen  sein. 

Betriebsbeschränkung. 

5.  Undt  damit  bey  dieser  gesellschaft  eines  neben  dem 
anderen  lebensmittelen  erreichen  könne,  soll  kein  meister  der 
compendiöser  arbeit  über  vier  der  stuhl  von  zwey  tretten  von 
12  oder  14  gangen,  zum  höchsten  ansetzen,  undt  gebrauchen, 
ess  sollen  aber  hierinnen  die  compendiöse  stuhl  von  G  oder  7 
gänge  immer  zwey  vor  einen  gerechnet  werden,  undt  den 
meistern  frey  stehen,  ahn  statt  eines  oder  mehr  der  vorigen, 
dieser  2  oder  mehr  nach  advenant  zu  gebrauchen. 

Befähigungsnachweis 

6.  Sechstens,  solle  keinem  der  compendiöser  stuhl  ee- 
brauch  zugelassen  sein,  der  nit  zuvor  das  passament  oder 
compendiöss  linten  machen  bey  einem  meister  gelernet,  der- 
gestalt, dass  er  sich  oder  beym  passamentwircker  handtwerck 
alss  ein  meister  gebührent  qualificirt,  oder  bey  einem  com- 
pendiösen meister  drey  jähr  alss  ein  lernjung  gestanden, 
undt  3  jähr  in-  undt  ausser  der  statt  sich  als  ein  Knecht 
geübet. 

Gebühren. 

7.  Siebendens,  soll  ein  jeder  lehrjung,  wan  er  ein- 
geschrieben wirdt  mehr  nit  alss  den  verordneten  meisteren  ein 
kopfstück,  die  knecht  undt  meister  aber,  so  sie  eingeschrieben 
werden   zu  Unterhaltung  des   handtwercks    und   bruderschafft 

Forschungen  128.  —  Koch.  8 


114  128. 

halb  so  viel  alss  die  passamen ti rar ,  inhalts  des  10.  undt  11. 
articuls  zahlen,  undt  erlegen,  aber  keine  kost  zu  thun  schuldig 
sein,  gleichwohl  sollen  die  meistern,  ehe  sie  für  meister  ein- 
geschrieben, ahnstatt  des  meisterstückes ,  ein  compendiöses 
werckstück  ohne  eintzige  faute  zur  prob  machen  undt  praesen- 
tiren,  denjenigen  lehrjungen  undt  knechten,  auch  welche  sich 
bereits  bey  den  meisteren  der  compendiösen  stuhlen  vor 
publicirung  dieser  Ordnung  gesetzet,  solle  die  gesessene  zeit 
nach  erlegung  gedachten  einschreibens  geldt  gestanden  werden. 

Abgaben  an  die  Rentkammer. 

8.  Achtens  soll  ein  jeder  meister  der  compendiösen  stuhl 
arbeit  verbunden  sein,  ehe  er  die  stuhl  auffgesetzt,  sich  bey 
der  freitags  rhentcammer  ahnzugeben  undt  zu  erklären,  wie- 
viel er  der  grossen  oder  kleinen  compendiöser  stuhle  will 
auffsetzen,  undt  dan  jährlichs  in  dieselbe  rhentcammer  von 
jedem  grosen  stuhl  einen  thaler,  undt  von  einem  kleinen 
einen  halben  thaler,  so  lang  er  selbe  nicht  niederlegt,  undt 
solches  wiederumb  bey  der  rhentcammer  angibt,  zahlen,  dafern 
aber  jemandt  mehr  stuhl,  dan  er  angeben,  zu  brauchen  er- 
funden wirdt,  soll  derselb  zur  straff  des  verschlags,  so  lang 
er  sie  gebraucht,  doppelt  geld  in  die  rhentcammer  zu  lieberen 
schuldig  sein. 

Posamentirer-Ordnung  soll  maßgebend  sein. 

9.  Neuntens,  sollen  die  meistern  der  compendiöser  stuhle 
der  passamentirer  handtwercks  in  22  articulen  bestehender 
Ordnung  in  allen  denen  puncten  von  welchen  in  dieser  Ord- 
nung nichts  absonderlich  versehen,  sich  gemäss  verhalten. 

Visitation  durch  die  Amtsmeister  der  Posa- 
mentierer. 

10.  Letzlich  auff  dass  diese  Ordnung  steht,  vest  undt 
unverbrüchlich  gehalten  werde,  sollen  die  von  den  passament- 
wirker  handtwerck  verordnete  meister  die  compendiöser  ge- 
zawen  visitiren,  die  gehende  anzeichnen,  undt  bey  denen,  so 
nicht  darzu  berechtigt  die  aufgesetzte  compendiöse  gezawen, 
nach  erhaltenem  urlaub  von  zeitlichen  Hh.  Burgerm[eiste]rn 
mit  Zuziehung  der  gewaltrichter  diener  niederlegen  undt  ab- 
holen, benebens  aufrichtige  observantz  obbeschriebener  puncten 
fleissige  obacht  haben  die  der  rhentcammer  von  den  gehenden 
gezawen  gebührende  geltier,  wie  auch  alle  verwirckte  straff, 
fleissig  einfordern,  selbe  nach  verlauf  des  halben  jahrs  richtig 
undt  trewHch  berechnen,  undt  seines  orths  einlieferen;  dabey 
den  meisteren  der  compendiösen  gezawen  frey  vorbehalten 
wirdt,  wan  unter  gedachten  passamentwircker  verordneten 
meisteren   keiner   von    den    compendiösen   lintenmächeren   zur 


128.  115 

zeit  were,  diese  unter  ihnen  einen  erwählen  mögen,  welcher 
von  vorg[eme]lten  verordneten  meisteren  zu  dem  dieser  Ord- 
nung halben  ihnen  obliegenden  dienst  undt  auffsicht  mit  zu- 
gezogen werde. 

Zu  urkundt  wohlglt.  Rhatts  anhangenden  sigilli  ad  causas 
signat.  2.  july  ao.  1659. 

Abschrift  im  Archiv,  Z.  155. 


II.  Namenliste  von  Angehörigen  des  Kölner  Seidengewerbes. 

A.  Bis  zur  Einwanderung  der  Fremden. 

Cindatores: 


1252  Christianus. 

1254  Petrus. 

1260  Philippus. 

„  Fr  an  CO. 

„  Servatius. 

1269  Heribert. 


1273  Gertrudis. 
1301  Henricus. 
1312  Godescalcus. 

Wilhelmus  de  Stupa. 
Rudolf  US  ülhorn. 


1340  Golda,  Spinnerin. 

Sticker  und  Stickerinnen: 

1340  Luthe  von  Santen,  Wappen  Stickerin. 

1343  Bela,  factrix  stolarum. 

1344  Johann  von  Santen,  Wappensticker. 
1346  Guytginis,  factrix  casularum. 

1350  Guda,  mitrifex. 

1356  Drude  de  Wuppervurde,  operatrix  casularum. 

1359  Johannes  Juncker  dictus  de  Parisiis,  colorator  serici. 

Sticker: 

1368  Emerich,  Wappensticker. 

1379  Tilman,  wambesticker. 

1398  Herman  von  Bornheym,  Wappensticker. 

„  Arnoldt  Kreengyn,  Wappensticker. 

„  Reynart,  barduirworker. 

1412/13  Walter  Kesinger,  Spinner  (?) 

Sticker  und  Stickerinnen: 

1417  Styngin  van  Nüsse,  Perlenstickerin. 
1439  Johan  van  Burnheim,  Wappensticker. 
1457  Reynart,  Wappensticker. 
„     Melchior  u.  Arnt  Hacke,  Grosshändler. 

"  8* 


116  128. 

1461  Johann  de  Berchem,  Grosshändler. 

1462  Adolf  von  der  Burch,  Grosshändler. 

1465  Rychart,  siedenverwer. 

1471  Catryngin  Reym,  Wappenstickerin. 
1471  Wolffganck  Reym,  Wappensticker. 

1481  Styngin  van  Liblar,  Weberin. 
1481  Irmgyn  van  Rijndorp,  Weberin. 

1486  Wilhelm  von  Roede,  Färber. 

1487  Johann  Westfelynck,  Händler. 
1490  Heinrich  Glöcknergasse,  Färber. 

Weber  und  Weberinnen 

1490  Engelbert  Engels. 
„      Fr.  Kerpgyn. 

„      Giertgyn  von  Liblar. 
?        Poetgyn. 

1491  Johann  von  Liblar. 

1492  Fügin  Engels. 

1493  Tryngin  zo  der  Rodendoyr. 

1494  Tryngin  Sloessgin. 

1494  Heinrick  Struys,  Händler. 
„      Tonies  van  Lomessem,  Färber. 

Weberinnen: 

1494  Mettel  van  dem  Hoynemart. 

„  Fr.  Hermann  v.  der  Seyr. 

„  Eyffgyn  Meydmans. 

„  Fychen  von  Berchem. 

„  Beylchen  van  Wychtericht. 

„  Greytgin  van  Hartten. 

„  Tryngin  von  Lobach. 

1494  Hr.  Gerlyckx,  Händler. 
„      Hm.  Grosbecher,  Händler. 
„      Joh.  V.  Düsseldorf,  Händler. 
„      Teylman  Bruger,  Händler. 
„      Geryt  v.  HarfFe,  Händler. 

„      Hilgin  Byrcken,  Weberin. 

1497  Johan  Froman,  Händler. 


128.  117 

Weberinnen. 
1498  Grietgin  Quettynck. 
„      Catryngin  ? 

„      Wynmar  Hack. 
„      Gretgyn  Zabak. 
„      Cathryngyn  Haver. 
„      Cathryngyn  van  Lomessem. 
„      Cathringin  Nuyssers. 
„      Irmgyn  up  dem  Buchell,  Spinnerin. 
„      Ursseil  Kesselsleigers,  Spinnerin. 

1531  Frau  Conrads  von  Bolhausen,  Stickerin. 

,    1536  Tryngin  von  Luynscheit,  Spinnerin. 

Weber  und  Weberinnen. 

1537  Frau  Gerharts  von  Schyrl. 

^      Barbara  von  Bylek. 

„      Heinrich  Gerlach,  Amtsmeister. 
1543  Cathrin  Weinsberg. 

„      Melchior  Koch,  wohnt  auf  Saleck. 
1546  Dietrich  Becker. 
1564  Konrad  Heresbach,  auch  Händler. 

B.  Ton  Beginn  der  fremden  Einwanderung  ab. 

Färber,  Händler  und  Radspinner: 

1564  Ambrosio  Spiritallo  aus  Venedig;  lässt  sich  in  Köln  nieder, 
1569  Daniel  Palant. 

1589  Wilhelm  Steffens,  Färber  und  Händler. 
„      Tönnes  Becker,  Färber  und  Händler. 
„      Johann  Süchteln,  Färber  und  Händler. 
„      Hans  Deutz,  Färber  und  Händler,  1595  Amtsmeister. 
„      Jeronimo  Cassina. 
„      Carlo  Navazola. 

„      Petro  Christiane,  wohnt  am  Griechenmarkt. 
„      Steff'en  von  Hattingen. 
„      Thomas  Moriconi. 
„      Hans  Fritz. 
„      Antonio  Dorsi. 
„      Peter  Dablaing,  Dabiein. 
„      Johann   Helduvier   &   Co.     Der  Name   kommt  auch   in 

Hanau  vor.  1600  wird  unter  den  Mitgliedern  der 
französischen  Gemeinde  Michael  Heldvier,  Seiden- 
händler, genannt. 

„      Jeronimo  Volvi. 

„      Johann  von  den  Hövell. 

1590  Ww.  Margarete  Feisten,  Färber,  Händler. 


118  12& 

1590  Hermann  Steffens,  Färber,  Händler. 

„  Hilbrant  Sudermann,  Färber,  Händler. 

„  Marco  Antonio  Gravi. 

„  Arnoldus  Frealden  Hollen. 

„  Ando  Vondanelli. 

„  Jaques  Fasse  &  Co. 

„  Jaques  du  Buequoy. 

„  Hans  Sonnemanns. 

„  Hans  Flayoldt. 

„  Peter  von  Ygelt. 

„  Johann  van  den  Huenell. 

„  Cornille  le  brun. 

1591  Caspar  Dobeano. 

„      Gotfrid  Haudappel. 

„      Jacomo  de  St.  Cruce. 

„      Johann  Dusart  auf  dem  Bach. 

„      David  Dusart,  sein  Sohn. 

„      Loys  More  &  Co.,  Mohr.     Ein  Seidenhändler  Mohr   ist 

1600  in  Hanau;  auch  in  Antwerpen  ist  die  Familie 

vertreten. 

1592  Ber[n]hard  Stuningh. 
„      FrauQois  Grammont. 
„      Johann  Morawe. 

„  Hans  van  den  Pütt,  Sternengasse. 

„  Gwilram  van  den  Pütt. 

„  Walter  de  Novile,  vgl.  Neufville  in  Hanau. 

„  Hermann  Ach. 

„  Mercurius  Drix.  (?) 

„  Wilhelm  Schildt. 

1593  Johann  Moriconi  &  Co. 
„  Domenico  Ferro  &  Co. 
„  Johann  Maconi. 

„      Eduard  Polss. 

1594  Symon    Ingelgräffen,    Gr.   Witzgasse.      Gewandmacher- 

Gaffel. 
„      Niclas  Marchant,  Am  Holtzmarkt  in  der  „grünen  Hand"» 
„      Peter  von  der  Ger,  Lewengasse,  in  der  „güldnen  Hand". 

Leinwebergaffel.    Färbt  nur  für  Borattenmacher  und 

Caffawerker. 
„      Wilhelm  Vry  Aldenhoven  Glockengasse. 
„      Hermann  Schlotanus,  Beckergasse  an  der  oberen  Mauer 

im  guldnen  Appel. 
„      Caspar    Benoit,   Heumarkt.      Ein    Seidenhändler  Johan 

Benoit  gehört  1600  zur  französischen  Gemeinde  in 

Hanau. 
„      Roland  von  der  Meer. 
„      Heinrich  vom  Rhein,  FoUerstrasse. 
„      Frau  desselben,  Weberin. 


128. 


119 


Färber: 

1594  Werner  Bück,  Färber. 

„      Berndt  Herwegh,  Färber,  Hohepforte. 
„      Johann  Schwan,  Färber. 

1595  Steffen  Weissmann. 

„      Thomas  Braun,  Socius  von  Weissmann. 

1598  Wilhelm   Engels,   Marspforte   (vgl.   1490:    Engelbert   E. 

und  Frau,  Seidenweber!). 
„      Joh.  Birt. 
„      Anton  Baudoin. 

1599  Peter  von  Breda. 

„      Caspar  von  Uffellen. 

„      Melchior  de  Noeuille;    der  Name  Neufville  kommt  auch 
in  Hanau  um  1600  vor. 


Radspinner  und  Färber: 

1600  Hans  von  der  Ahr. 
„      Niclas  Genir,  Blindgasse. 
„      Niclas  Genir,  Hamergasse. 
„      Wwe.  Bedal,  Pedal,  Gr.  Budengasse  neben  dem  „Olephant", 


Seidenwirker,  auch  Passementer: 


1600 

Laurens  Cornielis. 
Oornielis  Liebock. 
Jann  Gierradt. 
Albert  Schadt. 
Reinnert  Schwerts. 
Jann  van  Loeving. 
Jacob  van  Diss  (Deutz?) 
Hennrich  Mayer. 
Torniss  Holssboetgen. 
Bastian  van  Alffter. 
Jann  Liegen. 
Gorth  Teintgens. 
Oth  Robenn. 
Jann  Schopmann. 
Gilyan  Parime. 
Rienier  Florenns. 

?     Valiant. 
Jann  Roevenig. 
Wilm  Maertenns. 
Jann  Äugst. 
Bartolmeus  Hart. 


1600 

Jackes  Jackes.  (Der  Name 
scheint  identisch  mit  dem 
ebenfals  vorkommenden  Ja- 
ques  Jaques  oder  Jacob 
Jacobs). 

Aberhara. 

Gothardt  Muiling.  Der  Name 
Gothardt  Mühling  erscheint 
noch  17141  Ein  Seiden- 
fabrikant dieses  Namens 
wandert  nach  Mülheim  aus 
(s.  Kap.  III) 

Bastian  Karst. 

Jann  Sturm. 

Jann  von  Limburch. 

Martenn. 

Niclas  Varley. 

Peter  von  Bruick  (Brügge). 

Niclas  von  Limburch. 

Jacop  Stup. 

Franns  De  Granntt. 


120 


128, 


1600 

Zacaryass  pfinngsten. 

Lauwiss  Fabir. 

Orban  Vass. 

Christian    von    der  Schlotenn 

(Schlotanus  ?) 
Jann  Dobbel. 
Jacop. 
Jann. 

Hennrich  Bodttorff. 
Gordtt  vonn  Muilen. 
Peter  in  die  Wallengass. 
Torniss  von  Nuiss  (Neuss). 
Peter  von  Brüssel. 
Jann  von  Nuiss. 
Peter  von  Achenn. 
Jann  von  Ganngelth. 
Jann  von  Capellen. 
Niclas  Lannsberg. 
Jost  von  Sittert. 
Balthesar  von  Brackel. 
Niclas. 

Biltgenn  Stormanus. 
Conradt  von  Ercklenns. 
Mattis  Viegtreiber. 
Jann  von  Hoenningen. 


1600 

Christiannis  vonBonenn(Bonn). 

Wilm  von  Wierschel. 

Wilm  von  Moerss. 

Wilm  Giyenn. 

Wilm  von  Kleinenbroch. 

Hanns  Herzbroch. 

Peter  Rip. 

Hennriet  Wolff. 

Class  Arnnts. 

Matthiss  BerttorfF. 

Aberhamm  Eck. 

Adolf  Zimmermann. 

Peter  Zimmermann. 

Gierhardt  Mass. 

Kreinn  Bochels. 

Franns  Geir 

Hermann  Gillenkirch. 

Hennrich  Dortmundt. 

Jann  Schreine. 

Jann  01p. 

Jann  Pannis. 

Jann  de  Wil. 

Arndt  Passmann. 

Henrich  Passmann. 

SteflFen  von  Mal. 


Händler:  (Winkelhalter  des  Seidamts) 


1600 

Jann  Kuepper. 

Connrad  von  Glattbach. 

Johan  Langenberch. 

Alberth  Weinmiersch. 

Lodoweigh  von  Stamme. 

Jan  fon  Morss  (Moers). 

Johann  Albertz. 

Albertt  Gönnen. 

Peter  Wolters. 

Ollevier  von  Heck. 

Donnert  Gull. 

Wilhelm  Ruatt. 

Melchior  RondorflP. 

Nicolas  Puts. 

(Hans  Sonnemanns  vgl.  1590). 


1600 

Wwe.  Wolder. 
Hornhart  Grass. 
Hindrich  Geyn. 
Jacop  Ottenn. 
Gotterdt  Aldendorff. 
Anthonius  Omphalius. 
Jan  Langenberg. 
Hendrich    Barrenstein    von 

Collen. 
Gillis  von  Brügghe. 
Ulrich  Overgoltz. 
Friederich  Overgoltz. 
Heinrich  Wordsback. 


128. 


121 


Radspinner: 


1600 


Janeken  Vits. 

Sewas     ? 

Gysbert  Grauss,  Händler. 

Paulus  Mondaffer,  Händler. 

Henrich  von  Oebenich.Händler. 


1600 


Henrich  von  Meschede, 

Händler. 
Hans  Verwelin,  Händler. 
Arnoldt  von  Hoengenscheidt, 

Händler. 


1602  Werner  Busch,  Färber. 
„      Kerb,  Weber,  Amtsmeister  des  Seidamts. 
„      Bernh.  Lohn,  Grosshändler. 
1605  Jacob  Uttenhoven,  Grosshändler.    Ein  Hans  von  ü.  wird 
1600  als  Seidenhändler  in  Hanau  erwähnt.    Er  hat 
1617  ein  Kompagniegeschäft  mit  Abraham  de  Wolff 
in  Köln. 
1616  Johann  Klerck,  Färber. 
1667  Philipp  Offerschlag,  Spinner. 
„      Thornis  Kettenmacher,  Amtsmeister. 


Färber,  Händler  und  Spinner  auf  Rädern. 


1617 

Assueri   Erben    in   der  Woll- 
küche. 
Wwe.  Jobst  Uttenhoven. 
Abraham  de  Wolff  s.  1605. 
Niclas  Gener,  Krämergasse. 
Jeremia  Boudoin. 


1617 

Johan  Behayn. 
Christoffel  Juinget. 
Caesar  Volps. 
Georg  von  Hattingen. 
Winand  von  Dalen. 


Weber: 

1618  Johann  Blum,  Amtsmeister. 

„      Bernhard  Veitmann,  Amtsmeister. 
1629  Johann   de   la   Chambre,  Großhändler.     (Erhält  die  Er- 
laubnis zum  Großhandel). 
1644  Werner  Möseler,  Amtsmeister. 
„      Theodor  Donaty. 
„      Robert  Baldenhoven. 
1646  Peter  Lassalle,  Amtsmeister. 
Conrad  Aldenhoven. 


Färber. 

1646  Antonius  Berchem  od.  Berchheim,  Unter  Taschenmacher. 
1652  Thomas  Thonet. 


122  128. 

1652  Jost  Birt. 
„      Wwe.  Wilhelm  Birt. 
„      Frantz  von  den  Enden. 
Anton  Ritzardt. 


Kadspinner  etc. 

1656  Abraham  Picave. 

„  Gerhardt  von  Suchten. 

„  Johann  Stuir. 

„  Peter  Müller. 

1657  Johann  Sultz,  Weber,  Amtsmeister  des  Seidamtg. 
„  ?       Hardy,  Zwirner. 

1662  Adolf  von  der  Sültz,  Amtsmeister  des  Seidamts. 
„      Gerhart  Horst,  Amtsmeister  des  Seidamts. 
„      Johannes  Schmalenberg,  Amtsmeister  des  Seidamts. 
„      Werner  Messen,  Amtsmeister  des  Seidamts. 

Färber  und  Radspinner: 

1662  Christian  Lange. 

„      Wwe.  Hermann  Lange. 

„      Picave,  d.  jung. 

„      Thomas  Mühling. 

„      Matthias  Müller,  Amtsmeister. 
1665  Gotfried  Mühling. 

„      Gotthard  Mühling. 
1669  Isaac  Louis  de  Bezgondey   de  St.  Colombe,    Fabrikant, 
errichtet  eine  Fabrik,  (s.  Kap.  III). 

„      Johannes  Messen,  Färber. 
1672  Jacobus  Saurmous,  Seidbereiter. 

„      Gothardus   Mitz,    Händler.     Eine   Kölner  Familie   Mitz 
läßt    sich    1631    in    Basel    nieder;    Importeure    für 
„niederländische  Waren". 
1672  Wilhelm  Halffmann. 

„      Jan  Jacob  Liefeling. 

„      Jan  Hermann  Frambach. 


Bandweber. 


1677 


V     Biert,   Bandweber,    Gr.- 

Witzgasse. 
Niclas    Tonnet,     Lewengasse, 

Bandweber. 
Hans  Jacob  Birt,  Bandweber. 
Hans  Jacob  Mühling. 


1677 

Johannes  Bier. 
Adam  Vaffraht. 
Johann  von  Loh. 

?     Wermernkirch. 

?     Mumbaur. 
Girat  Butz. 


128. 


123. 


1677 

Schmitz. 

Conrad  von  Berchem. 

Langen. 

Arnoldt  von  Aussem. 

Melchor  Zandt. 

Adam  Liebartz. 

Schmits. 

Matthias  Sandey. 

Henrich  Schorn. 


1677 

Schaffi'ath. 

Jacob  Hentsch. 

Johannes  Bechem. 

Hinderich  Harken. 

Wwe.  Steffens,  Griechenmarkt. 

Müller  beim  Blatz. 

Wahnloh. 

Eriedrich  Karps. 

Lambert  Hundsdorf. 


Seidkrätzer  und  Florettkrätzer: 

1681  Johann  Teschenmacher. 
„      Thewis  von  Bonn. 

Balthasar  von  der  Heiden. 


1692  Müller. 
„      Antonius  Engels. 
„      Job.  Bapt.  Messen. 
Franciscus  Messen. 


Färber. 


1695 


1700 
1702 
1706 


Seiden-  und  Florettkrätzer: 

Job.  Hans  von  Dreess,  Schaumeister. 

Hubert  Peter,  Schaumeister. 

Johann  Plancken 

Jacobus  Gemitten. 

Henricus  Baronheyd. 

Louis  Darden. 

Matthias  Gönnen. 

Lorent  Mairat. 

Jacobus  Junior. 

Leonrad  Mercennier. 

Bertramus  Baronheyd. 

Mathias  Warken. 

Mathias  Hornsen. 

Peter  Drikant. 

Frantz  Leonardus. 

Hermann  Matthonat. 

Clemens  Forings. 

Niclas  Deutz. 

?     Bruninghausen,  Seidbereiter. 
Wwe.  Werner  Neuhausen,  Seidbereiterin. 
Wwe.  Gerhart,  Seidbereiterin. 


124  128. 

1714  Christoph  Andrelli,  Fabrikant  von  Florettbändern, 
„      Gotthard  Müling,  Fabrikant  von  Florettbändern, 

Wandern  von  Köln  nach  Mülheim  a.  Rhein  aus.       . 
1732  Wwe.  Johannis  Capitain  geb.  Hubar.  I 

1736  Martin  Häuser,  Seidkrätzer,  Vater  der  Seydkrätzer-Q-e-   ' 
Seilschaft  (Gesellenverband). 
„      Adolf  Wipperfürth,  Schaumeister  des  Siegelhauses. 
„      Gernd  Waidenroth,  Schaumeister  des  Siegelhauses. 
1791  Heinrich  Dahmen,  Fabrikant,  verlegt  seine  Fabrik  von 
Deutz  nach  Köln. 


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9923        Geschichte  des 

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