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800018990X
Geſchichte
Unrungs, Fortgangs und Verfalls
Viſſenſchaften
Griechenland und Rom
Chriſtoph Meiners
ordentlichem Lehrer der Weltweisheit in Goͤttingen.
Zweyter Band.
os quoque apes debemus imitari, & quaecungue
le&ione congeflimus, feparare, Melius enim diftif
vanıur. Deinde adhihita ingeniü noftri cura, & faluica
Lemgo,
im DBerlage der Meyerſchen Buchhandlung, 3780.
ex .“ PD. 82 .
\ F ). H z # n
wet. — *
„X
Sr, Wohlgeboren, -
dem
deren Geheimen Juſtizrath
Puͤtter,
widmet
dieſen zweyten Theil,
als
ein Denkmal feiner Dankbarkeit
für |
ielen Proben von Freundſchafft und Gewogenheit,
welche er und die Geinigen
son
Demfelben
empfangen haben,
der Verfaſſer.
210 Bortrede
BER A
man yufineiffan lieft .=Jo-witt man bald fin
daß Kekse der Gtiechifchen, . wie die‘ alt h
übrigen Wölfer, lauter Urkunden oder Belege zu ;
dieſenn Grundſaze der Dokratiſchen —X
enthalte, an vefen Wahrheit man nur. alddann ’
zweufeln Ronnfe, . wenn Man das irdiſche Leben,
oder den kuͤrzen Adfchniet des Dafepns ‚einzelner
Perfongg, den wir zu aͤberſchauen im Stande find;
|
!
u
in der Firne betrachtett. Solche uͤrden
aber nie entitanden ſehn Dan in wie Plato
fagt, einen jeden Gerechten und Ungerechten bis
an das Ende feiner Laufbahn verfolgen koͤnnten.
Wir en Ener bemerfen, — Unge
wechte,, deffen Elüch ein wıtzfgficheg Betveis eines :
alles regierenden —E * ſchien zulezt
alle die Schmach und Quaalen dulden müffe, von '
welchen er thdricht wähnte, daß fie die Begleite⸗
sinne; Besrflugend fenen;_umb daß Hide !
keidenbe’Berechte ,:dejfen: Drangfnte derh'Onffeine |
Anbklaͤgerinnen und: Zeuginnen wider
göttliche Vorſehung waren, am Ende werde ges |
aut und belohnt merden *). Eben bieſe große
Wahrheit aber, welche durch die Geſchichte einzel⸗
ner Menſchen auf diefer Erde nur unvolllommen
bewieſen, oder oft gar erſchuͤttert wird, wird
durch Die Gefchichte alles Völker und Staaten, die
man von ihrer Geburt an bis ku ihrer Auflöfung '
beobachten kann, unwiderſprechlich dargethan.
von U Ale
22 X de Reg 336.P
muru run wureren tem rn weenen
son Staaten, als Un
ranfheiten und Tod einzelner, Menfchen
Dieſe der welt,
b. melden‘ die Schickſale von Menfchen und
t werden, find eben fo unwandel⸗
', and haben eben fo wenig Ausnahmen, alB
Geſeze der. Bewegung ru nach welchen die himm.
‚en rper in ihren Kreifen gehalten und herum
ihtt werden‘ Die Gottheit, fagt Plato in
en Geſezen *), hat Den Anfang, das Mittel
ı Ende Aller Dinge in ihrer Hand, und get
e Wanken den geraden Weg der Natur fort.
: folgt die "Gerechtigkeit, die Nichterinn aller
migen, welche die göttlichen Gefeze Selebigen,
Eatfo glucklich ſeyn will, der tritt beſch
demüthig it ihre Fußſtapfen. - Diejenigen Hirn
n, „bie entweder "son der Größe ihrer Ze
ner; oder dem Adel ihrer Geburt, oder
ft und Schönheit, ihrer Jugend. Aufgebläfen,
Ay Borredbe
‚Rhoren Fönnen zwar zine Zeitlang ſich und we
ihres Gleichen etwas zu ſehn Dünfen, und gie n
bandıgen Pferden wiſd umheripingen, und
Sich: fchlagen; allein fie werden doch ‚gewiß 3
ber. Gerechtigkeit. Dusch ‚ihren ,- oder ıhrer
‚und Vaterſtaͤdte Untergang die Schub ie ——
gungen bezahlen müffen,. en | ;
3 Habe i in dieſem⸗ wie in dem erften Bande |
* Geſchichte der Griechiſchen Vditer, vonſipe
Athenienſiſchen, mit der Geſchichte der. Pe
ie ae nicht nur, weil beyde ın einem
wiſſe en, Grade unzertrennlich ſind * ondern weil
* auch nirgends die urfpringliche Ser faſſung, die :
allmälichen Veränderungen, und.hie. Ausartung ”
—ãn lichen und der übrigen ‚Staaten, Die „
rſachen und. Verbindung. Der wichtigſten F
—3 — die Charaktere der vornehmften © u
Den und Staatömänner, :: die, ee
Naben a
— Dentatten Handel und W
and. endlich. Die aus endloſen Innern —2*
—8 ouswaͤrtigen Kriegen erfolgende Berarmung ® ı
D-Enteräftung:von Griechenland richtig und voll» w
*— geſchildert gefunden habe. Meine
eitete ich nicht bloß nach Anleitung der Gtuechi⸗
Geſchichtſchreiber Pndern vorzüglich. nad) 1
hen Schilderungen der Weltwerlen und, Redner .
Mm, aus welchen legterin- ich die wichtigften Züge ®
‚genommen habe. Sich bin zufrieden, wenn Com: m
pofition und Eolorit nur einigermaßen der Zeich⸗ ⸗
wung entſprechen, für deren Dringte “ ebento »
Myoer⸗e·
[4
Borrebe‘ V
derſichtlich, als irgend ein Mahler fuͤr die Rich⸗
fleıt ſeiner Gemaͤhlde einſtehen kann ).
Auch in der Geſchichte der Philoſophie bin
hebeſtaͤndig der Methode gefolgt, die ich im erſten
"heil beobachten hatte. Ich habe naͤmlich alle
Berfe und Ueberbleibſel der Maͤnner, von denen
‚reden wollte, von neuem nicht nur ein, fondern
ehrmalen Durchgelefen und durchgedacht, unges
der ich fie fonit vorher ſchon oft gelefenund durch
43 gedacht
9 35 habe mich bemüht, allenthalben ber Zeitrechunug
| fo vier als möglich, treu zu bleiben. Wenn man: fi
ölleſer Genauigkeit, ohne welche feine wahre Geſchichte,
weber von Bitten, noch von Staatsveraͤnderungen,
noch von Begebenheiten, Statt findet, überhebt, fe
geſchieht es entweder aus Unfähigkeit, ober aus Une
wiffenheit, oder aus Traͤgheit, ober aus allen dreyen
Urſachen zufammengenommen. m aber biefen. Ver⸗
dacht von fich abzulehuen, wendet man vor, baß eine
ſolche Genauigkeit nicht möglich ſey, weil daraus, daß
ein Schriftfteller isgend einer Sitte u. f. w. zuerfl er⸗
waͤhne, nicht folge, daß fie erfl in oder Purz vor dem
— dieſes Schriftſtellers entſtanden ſey. — Go
aber kein vernünftiger Menfch ie geſchloſſen, uub
man verwandelt bad, was man thun follte, im eine
Ungereimtbeit, nur um es nicht thun zu dürfen. Golf
oder kann man anch bamı nicht der Zeitrechnung folgen,
wenn oft diefelbigen. Schriftſteller in verſchiedenen
Werten gegenwärtige Sitten und Werfaffungen auf
entgegengefezte Arten befchreiben, ober wenn fle ſagen,
daß es zu der. Väter und Worfahren Zeiten anders,
als zu ben ihrigen war, oder daß biefe oder jene Perſon,
ober Handlung und Begebenbeit, ſolche Wirkungen her⸗
vorgebracht Habe? — Wenn mar aber in alten Faͤllen
Die Zeiten richtig unterſcheiden will, fo muß man frey⸗
lich nit nur das Zeitalter von Schriftſtellern, ſondern
andy die Zeitalter ihrer id oft widerſprechenden Werkr
zu beſtimmen wiſſen.
mn Dearreebe
gedacht hatte. Auch habe ich nie einen ge |
auszuarbeiten angefangen, bevor ich nicht: Digg |
Ganze geordnet und überfchaut hatte. Diefe Ar :
erdnung und Verbindung einer großen Menge:von !
Factis, die.ich nicht, wie politifche Gefchichtichrei |
ber., in ganzen Klumpen beyſammen fand, fondern !
einzeln mühfam auffuchen, zufammentragen und !
an einander reihen mufte, {ft der fchmwerfte Theik ı
wieiner Arbeit, und verlangt. viele nergebliche gbeg !
unbequeme Combinationen der vorhandenen Dias !
terialien, che man-diejenige trifft; bey welcher keine
jertvirrung fibrig bleibt, und feine Wiederhoh⸗
füngen nothivendig werden. Wenn man aber :
auch diefe einmal gefunden hat, fo kann man feis .
nem Vortrage leicht diejenige Klarheit und Leiche
&igfeit geben, welche den Lefer glauben machen,
Daß der Schriftiteller alle die Data und Gedanfen, ı
Die er erzählt, irgendwo eben fo Benfammen gefun- |
den habe, wie fie in feinem Werke auf einander ı
folgen. Ben diefer Arc zu arbeiten habe ich nicht :
allein nicht bemerkt, daß wiederhohltes Eefen und ı
Nachdenken nachtdeilig ſey; fondern ich habe viels :
mehr nicht felten mahrgenommen, daß exit das ı
legte Durchlefen und Durchdenfen mir den wahren ı
Sinn und den rechten Zufammenhang von Aus |
forüchen und Meynungen dargeftellt Hat. Meinen ı
@rfohrungen nach muß ich alfo junge Leute vor |
dem tumultuarifchen Lefen, noch mehr aber vor |
dem tumultuarifchen Arbeiten warnen, wo man zu
fehreiben anfängt, Bevor man fich der ganzen Mas
terie bemächtigt har, und auch immer nur fo weit
um
eoir.e0,d.ef: N
wur und vor fich ſieht, als man jebedmal im 'deg
Ansarbeitung fortruckt. Wenn-mad auf diefg
Art verfährt, fo wird .nicht nur eine jede Arbei
vnendlich ſchwerer, ald wenn man benganzen Weg,
den man zu machen hat, vorher überfchatit., : fong
dern aud) das, was man zu Stande briugt, bleibt
immer einem Kunſtwerke ahnlich, das ohne einen
gemeinſchafftlichen Plan von mehrern Meiſtern ver⸗
fertigt würde, und in welchem ſich alſo auch u
möglich Ebenmaaß und feine Zufammenfügung allag
Theile finden koͤnnte. Dran wird daher an allen;
bie Stuͤckweiſe oder. in Abfäzen ‚arbeiten, bemer⸗
ten, daß fie, noch ehe ſie an vie Halfte kommen,
dasjenige, was fie zuerit.gefchrieben haben,: ändern
möchten, und daß ihnen dor ißrer ganzen Arbeit
ekelt, wenn fie lich Dem Ende u nahen anfangen..r
Unngeachtet ich es in der Vorrede zum erſten
Theile ausdruͤcklich geſagt hatte, und die ganze
Einrichtung meines Werks es auch ankuͤndigte,
daß ich nicht alle Ausleger einzelner Zeugniſſe, und
alle Meynungen und Traͤume uͤber gewiſſe Mey⸗
nungen anführen koͤnnte und wuͤrde; fo haben
doch mehrere einzelnen Abſchnitten Unvollſtaͤndig⸗
keit vorgeworfen, weil ſie Die Bermuthungen und
Auslegungen nicht Darinn fanden, die ihnen bie
wahren und richtigften ſchienen. Diefe ungereche
ten Uirtheile zwingen mich etwas zu fagen, mas
ich fonft nicht gefagt hatte“): Daß nicht nur alle
a4 An
#) Dicendum igitur et id, quod non dicerem, nili coa-
Aus: nihil enim unquam de me dixi fublatiuk
. „afcifcendae laudis caufa potius, quam criminis repel-
lendi. Cic, pro domo ad pontif. c. 36,
vM Bierrebe
Big find, ſondern daß ein jedes, auch das kleinſte
Eapitel, neue Zeugniffe enthält, ‚die man in meis :
nen aͤngern vetgebens füchen wird, und daß
«8 endlich: siel mehr Kopf und Fleiß erfordere, den
ganzen Geiſt eines Mannes oder Werks bismeilen
auf.einigen Blättern darzuftellen, ald eine Menge
von verftümmelten Factis und ungereimten Ausle⸗
gungen zwecklos zufammenzuhäufen. Man würde
Mir mis Grunde nicht einmal aledann Mangel’ von
Vollſtaͤudigkeit vorwerfin fönnen, wenn ich auch
in einer allgemeinen Geſchichte der Wiſſenſchafften
nicht alle Gedanken aller Weltweiſen, ſondern nur
Diejenigen: aufzeichnete, die das Eigenthuͤmliche ih⸗
tes Geiſtes und ihres Zeitalters offenbaren: denn
wer. Hat jemals bon dem Gelchichtfchreiber eines gan⸗
zen Volks verlangt, daß er alle Begebenheiten er
Ben follte, die inden Chroniken aller einzelnen Städte,
oder den Lebendbelthreibungen und Tagebüchern
aller merfwürdigen Männer dieſes Volks vorkom⸗
men; ‚allein man hat es mir nicht bewiefen, -unb
wird mir es gewiß auch nie beweiſen önnen, daß
ih Meynungen, die nicht durchaus unbedeutend
find, verfchtwisgen hätte. Was für ein Ungeheuer
von Werf aber wuͤrde Das meinige werden, ' went
ich bey einem jeden Zeugniffe alle Auslegungen,
und bey einer jeden Meynunq alle die Vermuthun⸗
gen beybringen wollte, die man jemals darüber ges
wagt hat? Wuͤrden nicht vernünftige Eefer mich
einer Eindifchen Mikrologie befchuldigen, wenn ich
zum Beyſpiel in der Gefchichte des Setrate und
0 ato
Borredi X
Plato alles das Hätte wiederhohlen wollen, was
ich an andern Orten von dem Dämon des erſtern/
und der Weltſeele des andern gelagt habe? Man
vergeffe alſo inskuͤnftige nicht, Daß meine Geſchichte
etwas anders, als eine Sammlung don Diſputatis⸗
nen und Programmen fen. U
. Hoffentlich wird man bey dieſem zweyten
Theile nicht: mehr die Klagen erheben können, : die
einige bey dem erfien Bande erhoben haben: daß
nämlich ale unfere Kenntniß der alten Philofophie
gar zu ungewiß und zu fehr Stückwerk ſey. Man
wollte durch diefe bedeutungsvollen Klagen die
£efer auf den Gedanken hinführen: daß alles, was
ich in meinem erften Theile vorgetragen hätte, eitel
Zraume „ und meine Betrachtungen bloße Traums
beuterenen wären. Allein unter allen denen, bie
ſo feufiten, Bat noch Reiner mich einer unkritiſchen
geichtglänbigkeit überführt, und wenn man es auch
kdunte, fo bin ich mir doch bewuſt, Daß ich wenigs
ſtens eben fo !felten, als irgend einer von denen,
die mich derſelben geargwohnt haben, in dieſe
Ueber den erſten Theil habe ich nur wenige
ofentliche Urtheile, und kein einziges von einem
Kenner geleſen. Einige fuͤhrten mein Buch in
ſolchen Ausdruͤcken auf, die einer Warnung aͤhn⸗
lich ſahen, daß ja niemand daſſelbe für zu wichtig
halten möchte. An diefen will ich mich aber nicht
anders rächen, al& daß ich ftetd etwas beſſeres und
a5 voll⸗
x: Brerede
dellkommeneres liefere:, als ich bieher geliefert
be * on .
babe. | on
"Dem Berliniichen Recenſenten kann ich zwar
Beine ünlautere Abfichten, ‚oder tabeldwürdige Par⸗
thenlichkeit, aber. wohl Mangel an Fleiß und Kennt
niffen vorwerfen. Er nahm fich nicht die Mühe,
oder war auch nicht im Stande, das Linterfeheis
bende meines Werks richtig anzugeben, oder nur
einen. vollftändigen Auszug daraus; zu liefern; ſon⸗
Bern er Dachte nur daran, wie er feine Bedenklich⸗
keiten und Einwürfe, Die den Recenſenten immer
auf einige Augenblicke über den Schriftfteller erhe
ben, fchicklich anbringen möchte. Wenn er fo
aufmerffam gelefen. hätte, . als ein jeder Schrifte
fteller.von einem Kunftrichter, der ihn beurrheilen
“ will, verlangen kann; fo würde er gefunden haben,
daß faft alles, was er in meinem. Buche vermißr,
beffer, als er es verlangte, darinn abgehandelt wars
Damit der Nec. diefe Erklärung nicht für ‚die leere
AYusflucht eines in die Enge getriebenen Autors
halte, till ich:in Der Folge die Stellen bemerken,
deren Lieberfehung ibn zu fo vielen unnöthigen Eins
mwendungen veranlaßt hat. Ich Bonnte nicht ums
hin, zuläcyeln, als ich am Ende der Necenfion
lad, daß der V. es mir zur Ehre anrechnete, daß
ee unter den vielen Hervorſtechenden, die in der
allgemeinen Bibliothef beurtheilt worden find, auch
mich
9) Anton, XI, $. 13, KaraDeomse us rıs; eyo de
—E
Gcœv n Aryav EuQInKomm. |
Borrede JE
wich nicht vergeffen hätte. Mit Necht Hatte en
aber zu mir Das Zutvauen, daß. ich von einem Mite
gliede des gelehrten Freyſtaats freymüthige und
ehne Bitterkeit geragte Einwuͤrfe nicht übel aufnehe
men wurde. Vielleicht ift es aber auch nicht uͤber⸗
Rüffie, wenn ich Rec. daran erinnere, daß man,
in eınem jeden alten Freyſtaat, der nicht in eine,
unbendige Ochlofratie ausgeartet war, gewiſſe
Jahre und Kenntniffe erlangt haben mufte, um:
in dfientlichen Volksverſammlungen feine Stimme
geben zu dürfen. J
Mit dieſem zweyten Bande werde ich mein
We Feine Zeitlang abbrechen; denn erftlich flrchte
ih, daß, wenn ich-gleich fortarbeiten wollte, alde
dann der Eıfer erfalten möchte, - womit ich mein
Merk.angefangen habe, und auch gerne zu Ende,
Bringen möchte. Zweytens würde ich es faſt nicht
vermeiten fönnen, daß ic) mich im Vortrage fo.
ähnlicher Materien allmälich zu fehr an gewi
Mörter, Redensarten und Wendungen gewöhnte,
und eben dadurch meine Schreibart langweilig, -
gleichförn ig machte. Ich habe fchon in dieſem
jwenten Bande bisweilen bemerkt, daß der Reich⸗
thum unferer Sprache, menigitens in fo ferne ich
ihn Eenne, nicht unerfchöpflich fen, und wenn ich
mich daher einigemal auf ähnlichen Formeln und:
Bildern betraff, fo tröftete ich mich damit, daß.
eben diefes den größten Künitlern der Sprache,
dem Demofthenes und Eicero, haufig begegnet ſey
Das gewiſſeſte Mittel einer unangenehmen Gleich“:
förmigfeit der Schreibart auszuweichen, ift ur
Ns
KH .. WB orrede
aͤhnliche Materien nicht zu lange hinter einander zu
Bearbeiten, oder ſich in Werken von einem großen
Umfange bisweilen Ruhepunctezumählen. Sprache
and Schreibart leiden in jedem Menfchen, wie
Syſteme und Charakter, unaufhörlice, aber nur
nad) einer gewiffen Zeit bemerfbare Veraͤnderun⸗
gen, und wenn man daher eine. reiche Materie,
die man einige Jahre hat ruhen laſſen, von neuen
wieder aufnimmt ‚'fo kann man hoffen, daß man
fie nicht nur mit fritchen Kraͤften, fondern auch
auf eine neue Art behandeln werde. —
= Ungeachtet ich das Manuſcript des erſten
Theils, nachdem es abgefchrieben war , ſelbſt drey⸗
mal dDurchgefehen Habe, und es hoch von zween
Steiinden habe durchſehen laflen, fo find Doch meh.
rere Schreib: und Druckfehler ftehen geblieben, die
ich, nebſt einigen Zufäzen und Verbeſſerungen,
dieſer Vorrede anhängen will. Ich fchmeichle mir
zwar nicht, daß ıch Durch eine noch größere Sorg⸗
falt die Handfchrift des ziwenten Bandes ganz feh-
lerfrey gemacht habe; ich hoffe aber doch immer,
Daß er deren viel weniger, ale der erite, enthalten
wird, weil ich durch anhaltende Hebung nicht mer
nig in der Fertigkeit zugenommen habe, foldye
Feine Mängel in meinen eigenen Arbeiten wahrzu⸗
nehmen. Wenn aber dennoch) einige ftehen geblie-
ben ſeyn follten, fo kann ich mir weniqſtens das
Zeugniß geben, daß ich alled aethan habe, was in
meinen Kräften war, um dem Lefer auch den Flein-
ſten Berdruß und jede Mühe zu erfparen, Nachlaͤſ⸗
figkeiten des Schriftftellers verbeſſern zu müffen.
| Ya
Borrede. Xu
In —— Seite 5. Zeile 3. für Wiſſenſcha
iſſenſchafften, uud fo in 3.* — I
vn fünften berfarmmen, ein boppeltes f Batt eines eine
B. 6. 7. für binchnge ezogen hin ejoen.
7. s 19. deleatur, beunoch.
—11.⸗ 3. für die fie f weiche fie.
15, s ı5. für folgten f. nachfolgten.
15, 5 25. für verlohren ſ. verloren, ſe us —*
für gebohren — geboren,
—17. ⸗ 3. für Die ſ. welche.
—8* ig fr — — * N a ‚4 penthat
ben für Krone — Grone, weil Wirte: and dem
" Sereinifchen berloimmen, Re
„= 18 ı 7..für —* f. zwepfelm. ,..
u 19, 5 2. für wurden f. wurde.
a .a 20; für bie bie ſ. welche bie.
ib. » 27. Ai desienigen ſ. —— uns —E
halben für deswgen — d
20. s II. für eröfneten ſ. alla, weil es von offen
31. > 25. für die bie fi melde de
— ar Ad 12. nn geiehfäen ſ. Griechiſchen, eben fo In allen
_ 31.19 Yu die — ſ. antraff.
— 9 ⸗423. für ableitet P aneneit
“3.28. für beiden ſ. b
⸗19. für nemlid f. ai, und (6 auch ve
olge
ib. Le für bie wir f. welche wir.
34, 5 6. rar Deeinung f Mepnung.
— Al. I D
> a s xo, für vortreflich f. vortrefflich; fo vurdgchenbe,
AIm Werke ſelbſt &. 14. die Worte: und daß fie ben leiten
außer ihren Goͤttern und gottesdienfllichen Gebraͤuchen,
außer ben erſten Aufaͤngen bes Ackerbaus u. ſ. w. merke
*— Berliniſche Recenſent, und frage mich in's kuͤuf⸗
nicht mehr, was ich zu den ihm gewiß nicht zur
Ifte befaunten Thatſachen ſagen wuͤrde, daß bie Grie⸗
Bakchusdienuſt, und andere ken Yen ——
und Eiarigtangen von Fremden erhalten 5
ya Vorrede.
„eis 3. 11. für hoften f. hofften. a
B. 3. In der Note für die Worte: nad dem Strabo
ac dem Plato (S. 57. in Tretylc) und Gtrabo traff
man in ber Sprache der Phrygier und Karier n._f. w.
und 3.8. fuͤr er gläubte ſ. lezterer giaubte; Ai ero⸗
dots ſ. Herodot. |
— 8.» 6. für famlete ſ. ſammlere. J “
gu, Abe.» 8. für ſchuf f. fhuff. fu
"0.416, hinter geblichen f. waren.
10.5 24. zu ben Worten :. zu ſchmaͤlern sefhce hatte,
: -f e man bie, Note: So erzähle Plate deLeg. p- 331.
un: ‚m * —* fir Rahmen ſ. Namen; ſo auch
n ber Folge.
ib, 8. 11. hinter sen Zahlen vn. 24. f.. & Plat, de Log.
p- $ 1.
— * 14, in ber Note: für ausjugen ſ. unsjgien.
ib, 16. für ziengen f. gingen.
— 13.⸗ 16, für anfleng f. anfing.
"75:5 8, für bewafnet f. bewaffnet.
— 19. s 1. für aus ihren f. aus feinen. '
.— 19, # 17. ir Zerfiöhrer ſ. Zerftörer..
Mr ao, 513. Dinter geftörben del. ſeye.
— 21. » 5, für Kolonien ſ. Kolonien.
— 31. # 15. für Drigena ſ. Aegina.
— 23. s 10. für baunT. da.
*5 in der Note: für Pamphilien ſ. Pampholien
Li de? erfien Note: für Neon Teihos f. Neo. Raten.
— ne s 9. für ſchiften f. ſchifften.
- 33. Not. 2. vor J. 14. 19. ſeze Herodot.
— 38, s 17. fuͤr noch ſ. oder.
ib. > 25: für Architektur ſ. Architectur.
9 nr . u. fe Außer den. bisher von mir angegebenen
“ ragen der Ausbildung der Aflatifchen Griechen vers
mißt der R. in der allgemeinen Bibliothek noch die Aus⸗
elnanderſe ung ber materiellen, wie er fi) ausdruͤcktt,
ober der Keuntniffe des gemeinen Mienfchenverflandes,
von welchen man zu höhern Speculationen überging.
‚Wenn der Rec. anders wufle, was er eigenslich fagen .
weite; fo hat er abermals die Betrachtung nicht gele⸗
R a; die Ich über bie Sprüche der ſieben Weiſen u
“
nu.
Borrede. up
Atellt hobe. Diefe Spruͤhe: warn; die Reuntmiſſe res
gemeinen Menſchenverſtaubes, Pr die erfien Fruͤchte
bes Nachdenkens, won welben man; 2 2) wiſſenſa⸗ giu⸗
chen Unterfuchungen for
©, 47. jwrer: Rote 3. 1. für —*8 t. Bularchi, . .
— 16. in der Moe. Er Ahr -Syswines f., —BR
gelangt. (ven. nv
= 50: Wbtt a. fen Fenschr fü Hipparch; -Plat, ad chen fb
auch in der erſten Note deu folgmden Säte.
— 53. zur man. Rose fie nen’ tiefes ‚hinzu :... Plate
6.
glaubte, ap das Yraodı rewurov Mter, als Mehbris
um u Selphi eingegrobenen Bere ſeyen in Charm,
302 26. fie Nerati fi eratit.
— 55.» Ki Hinter Bauten fi A “ . In
ib, Rot. 2, vor UV.
— 57. » 11. für faßt ſ. fefl.-" Keen
— 58. en [ie Mer. ii 2
— 61.⸗ in. u Ze
_ 62. 13 I ei en der Kin waren —— fr
geaz.uwocrberhen a: fi w;. Dies gilt, wie ich in meiner
Sefisicte des. Berfalls der Sitten unter ben; Roͤmern
zeige, von ben Roaͤmern überhaupt Mur im zweyten Zus
nifchen Kriege; von den Hänptern des Voita u bis
auf die Zerflörung von Carthago.
— 63. » 1. für die die f. welche die.
— 64. s 3. für frug f. fragte. | nn
be. s 16. für Kato f. Cato. oo
b. "s 19. Ir feinen ſ. feine, .
—66. » 1. deleat, uyp.:
— 70. s 17. zu Sokrates ſeze bie Note i in Phacd, Plat. p. 23.
- 71. » 16. zu Ariſtophanes ſeze bie Note: Velp. v. 1392.
Aves 472. V.
— 176. » 3. hinter enkfinnben 1 ſ. Ba
— 78 „1. für Bachus f. Ba
9.9 4 für Fe e efeenntnifiie Orfänge. in
7 Saturuiniſchen, Zefcenninifchen Geſaͤnge.
s 7. deleat. ferner.
.
‚= go,» 20: zu ven Worten: ganz befriedigen fege die Note
eh ph. v. 168. & ſq. wo er von ber
plate und Pracht biefes Dichter redet. ©.
VI Bortebe
, —
——— in der erſten Motnkar Iovσα. Itass, für ree
Ons f. TüM-S. für guon fi xCuon.
ce. Für und Geſeze f. der je
Naaub. ‚un erſten
ib. » 20. für verjugen f. verjagten
et .:9. für der Lafebfimonier f, den Spteäkmonier.
9-73. für verbreſtete ſ. verbreiteten,
Fi s 16. für gemacht babe f. machten.
Aloe ſezte man noch folgrnbrs Ehatıng hinzu
Plat. de Rep. Lib, V. Vol, I. p. 330. Edit. "Maflcy,
ci 90, in ber lezten Zelle für ſeyn ſ. find.
rer g1. s 28. für. hatten f. hätten, db. zur erfien Mote fee
T_
ss. dieſes zu: doch ſcheint auch chen dieſes Plato zu fagen
in Hippis ma).
— 96.⸗ 1. für des: Raise f, der Könige.
— 98.03. für Schazkammer ſ. Schazcammer. -
— 100, » 2. für Kommentar f. Commentar.
- 105.⸗ 7. für bie ſ. der.
ib. » 11. für angrenzenden f. angrÄngenhg...
— 107. » 16. zu ben Worten: eben ‚fo (er arbaren u fen
> zen bie. Rote Plat. de Leg. DIE, p..536. -
1212. unten u pe ee, ‚und in der drit⸗
€
ten Note für. Lib. V. ſ. Lib, VI.
are in der Rete für ern —X ETITN-
ot
-121. » I. deleat, num.
ib, ⸗ 31. deleat. hätten,
ib. ⸗ 22. für haben f. Hätten
— 133. » 21. für Heraklid ſ. Heratlit; ſo jr auf ver fol
genden Seite.
— 124, 3. hinter geworben ſ. wäre.
— 126. » 19. für Ar pie ſ. welche bie.
u 128.: 5 8. delest, aber.
— 130, » 19. für gecifie ſ. poetiſchen.
— 132, » 5. für Cleobulus f. Kleobulus.
‚ib. Jo. fuͤr wurden ſ. wuͤrden
r733. .a1. für feyeru f. felern, fo auch auf ber folgen
den Seite für feyerlich — feierlich.
‚on 136. s II. zu ben Worten: womit fie begleitet waren,
en) fege man bie Rote: Plat, de Leg. I. 515. Doch
erlänbe Plato die Trunkenheit in der Zolge unter gen
wiſſen Einfäräufungen wieber: VI. Lib, 564. p.
es ©. 136.
|
Be TE AD Pe BR. DBabp”", .
Borrede xvu
S. 136. 3.24. binter Maßlgkeit ſ. in per Jol⸗
138 TA ifär Gorinthertun re
— 139. » 1. Unter den Öbtchifihen Welfen war Zhälse von
let u. ſ. w. — Weun der Berliniſthe Re. diefe
erſte Perinde aufmetkſam gelefen Hlde, fo würde er
nicht gefragt haben, twarus Thales ber erſte Phufiter
genannt worden fen? Noch viel weniger würde ex uns
Aerſcheidende Diertmale bes Tales und der alten Dice
ter. zu volffen verlaugf Haben. *
"40. in ber Note, deleat, der lezte Abſa An Mıfeo
hung des erftern u. fi... ,
. 142. 3. 8, Man tnaß ih Aber 16, Ungeaäitet ich In die⸗
\ * — Lihrart el En (pie
term Meitwelfen, beunlich genug gepelar habe, daß i
sine Schule Öriegpifdjer Weltweifen von eier —8
‚Eile ‚und Molffhen zu unterſcheſden wiſſe; fo dat
mir doch jemand Schuld geben wolter,"dap’ich bie eine
mit der andern versch habe, iefer Icmand glaube
5 miche nur ehlad neued , (onbern much eins ihres zz
fagen, wehn es die..alten Schulen Oriechifääee Weite
eifſen mie den Vtoͤphetenſchulen uhter We Ifraclio
tem vergleicht, nnd die urdupliche Erklärung kutzer Säze
und bie Ueberlieferung : diefer.authentifchen Erklärung
für ihren Sauptzroed ausgibt. Auchmepnt er, daß
66 drev Perioden gegeben babe: die eine,. da man alles
dm Kopfe faffen und darüber nachdenten muſte: die
hwepte, da man nachher einiges Weniges aufzeichneter
und die britte, ba -man-endlich allet, mach ben, was
man aufgezeichnet vor ſich hatte, date: — und daß
biefe Perioden auf die Richtung des menſchlichen Bere
flaudes einen großen Einfluß gegabt haben muͤſſen. IH
will tiefen Kunfrichter mit den ragen verfchonenz
‚welche die Zeitalter und Weltweifen wären, die gar
wichts, und weiche diejenigen, die wenig auffchricben ẽ
ferner: warum man, wenn man unzweguentige Ertlaͤ⸗
rungen von kurzen und dunkeln geſchriebenen Gäjen
geben konute, die erftern nicht eben fo gut, als die lege
tern aufzeichnete, anflatt fie einer verfälfgpenden Webers
tieferang anzuvertrauen ? alletu darnach'ung ich doch
Fragen, welher aite Schrifiſteller jemals die Nachfol⸗
. ger der aͤlteſten Weltrörifen,, als eine Reihe von Aus⸗
Meiners Geſch. ꝛiet Band. 7 Ian
vn Borrede
2
Ron B
Tegerit, Ober von Beſizern Achter Erklärungen bir kut ⸗
zen Säge Ihrer, Vorgänger. gefhilnert habe ? Erhelit
nicht vielmehr te allem, mas wir von’ ber. währen
- Befcaftenbeit der Jouiſchen Ppthasoreiſchen, Eleati⸗
Then, uud Heraklitifhen "Schule wiſſen gerade das
Gegentheil ? War Auarimander ein Ausleger des Tha⸗
1e6, ‚und Anayimenes wieder. ein Ausleger des Anaris
mander? Kan an den Parmenides eineh Aueleger
des Zenophanes.u. L w. nennen? Ebeu fo richig, als
ſich diefed behaupten latt eben foitvenig kaun man die
‚Herakliteer, Ueherliefeter des wahteh Sinnes-aller eins
zelnen dankein Säge ihres Meifters nennen. "Nach den
Scilverungen des Plata , ber | zit einige gehört
harte, Kin Cratylo p. 83.) Behaipteten.fle zwar .alle
. bie "beftändige' Verivandiung aler Dinge; übrigens
. ‚aber fjmiten’fie eben ſo weñig mit dem Heraklit,, als
“uuteh einander überein. Keiner möllte ein Schüler des
andern heißen; ein jeder’ war in Anfehung der Oedans
ken nur fich ſeibſt gieich, und dabey eben fd undurds
dringlich dunkel, als Heraklit geweſen war: Ras yag
Regı TETOV.TOX. Heaxdssreo — 00% 7g00-
Iggorawrobi guBesgnı : Evan, adv o0v Te
Ihe Imen, 1 Fus asendw. arexXymsyap To
vyYghppaTa Pegoras. — av wa Tıs een,
womeg 1 Pegergus ennartenic aıyuaradn
. —e — nav — —
— —
voc HETWVOHLTHEID œc - Tæð Avogas Ac·
m yopivss logænæc; ade yıyyeras Tay TasTov
"
Ovovro⸗. Solche Schulen von Auslegern, als wors
- Inn wan die Schuien der Älteften Grlechiſchen Weltwei⸗
- fen hat verwandeln wollen, eutſtanden erſt ih dritten
Yahrhanderte nach Chriſti Geburt. Die neuern Plar
toniter, und diejenigen unter ihren Zeitgenoffen , die
dem Arifioteles folgten, wollten nicht nichr Für Selbſt⸗
enter , fondern für Ausleger des Plato und Ariſtote⸗
les augeſehen ſeyn; und fie trugen auch nicht Ihre un
; men Gedanken in Unterrebungen , oder zuſammenhaͤu⸗
genden Reden wor, fondern fie legten, wie die Oramı
ma
Borridbe | IX.
matfker die Werke der alten Dichter, Tb Me "Schriften
alter Beltnoeifen aus. — Ich enipfehle denen, bie dies
ſes gelefen haben, bie erſte Betrachtung, bie fie auf
der 148 ©. des erfien Xheils finden werden,
©. 148. 8. 5, für verwirsen T. verirren.
ib, in der Note für Ye T, Vera. u
— 149. In biefer Darfillung ver Bfbaufen. ver Altefken
onifer vermißt der Berliniſche Mecenfent Klarheit,
Bekimmtbeit, und Wollftändigkeit. Nach der ſtreug⸗
Ken Prüfung finde ich nicht, daß Ich die beyben erſten
Tugenden ber Schteibart,, bie dem Mecenfentih gewiß
fehlen, au der angeführten Gtelle zu ergänzen hrauchte.
Yu glanbe ich nicht, daß man mir deßwegen Unvoll⸗
" Känpigfeit vorwerfen koͤnne, weeil.ic die Vermuthung
des Ariſtoteles und ſeltes Ausfchreibere, des falſchen
Plotarch, über die Urſachen, warum Thales dus Waſſer
fär den Urſtoff aller Dinge erklaͤrt, nicht üngefährt has
be. Die Worte des. Krifloteles ſelbſt AnSoy cur
vv vroryw zeigen „daß er dieſe Vermuthungen
nicht and Ueberlieferungen edenm alßdaun fezt er immer
hinzu os Oο) fondern and ſich ſelbſt geſchoͤpft has
be, — Außer ven Beweiſen der Grundſaͤze der Yonis
ſchen Philofophen verniißt der Rec. noch die Erkla—⸗
zungen Der Entſtehung der -Dinge , und mache eine
fo feine Diſtinction, daß man nicht einmal errachen
fan, was er von einander unterfiheiden wollte. Wenn
der Rec. im Ernſte von mir zu wiſſen verlaugt, daß
ih ihm fagen foll, wie Thales fich die Entfichung aller
Dinge aus dem Waſſer, und feine Nachfolger aus ih⸗
en Drincipien gedacht hätten ; fo bitte ich ihn, mir erſt
Die Schriftfteller zu nennen, aus welchen ich ſolche Er⸗
linterungen uchmen kann. Beyläufig muß ich dem Rec.
noch die Erinnerung geben, daß, wenn er das Anfuͤh⸗
ren von Beweiſen für gewiſſe Saͤze, als das einzige
Unterf&elbüngszeihen von Weltweifen und Dichtern „
gelten laffen will, alsdann nicht nut bie Joniker, ſon⸗
dern auch die Pythagoreer, Eleatiter, und faſt alle
MWeltreifen bis auf den Anaragoras aus der Zahl von
Philoſophen müffen ausgefchloffen,, und den Dichtern
jugefellt werden. Den Weltweifen ber alten Zeit fiel
6 noch gar when, de ein Philsfoph die Ordan
' 3
EX. Vorrede
eder Uxfachen aller witklichen und moͤgliche Dinge an⸗
augeben werbunden. ſep.· nl
©. 133. für-Lihtöfeeifes („.Lichttreifes. j .
ib, Weun man allen den Factis und Beweiſen, die ih;
fowoht bier, als in meiner Geſchichte det Lehre yon,
Gott für ben Sap. angeführt habe, daß weder Vie alten,
Wälter,, nir-henen die Örlechen beiunet tosten, nech
Die Griechifchen Weitwelfen vor Ham Andrageras, And,
‚ Aeffen, Lehrer, ‚den einziges wahren Gort erfannt har
‚ben;, weiter tits ai iteise Declamatioden über,
die -Uubrgreiflichteit "oder Unwshrfheinlichkeil diefeh »
Sazes, ort aud über die Nuvollßändigeeit und Dun⸗
Aelheit der Adris_ gebliebenen Nagrichten ud Deukmä⸗
ler entgegenffät ; fo antwerte ich auf ſoiche umbiſtori⸗
tige. und. philoſophiſche Einwendungen gar'nltr;
dean auf eben die Art will ich alles, was mir einfällt,
U egivepfeln oder zu bezwepfein ſcheinen. ern es je⸗
wmanden unzlaublich vorfämmt, daß man vor dem Aua⸗
zagorad den Schöpfer’ der Welt nicht erkanut habe, ber
bedenke nut, daß es wir aus vielen bisher untwiberlege
ten Grauden eben fo unglanblid ſcheine, daß Barba⸗
en uuß Griechen vor dieſem Zeltpuncte ſich zu dem
Sedanken vou Gott ſollten erhoben haben.
Su 261.'s 12. für vorandfahen ſ. v⸗tausſeben.
2 Abe: 65. far ihre Fteybeit fi feine Freyheit.
= 2b '0 17% für als fiel. ald es. 2
- a 163. # 7. hinter angeboten ſ. worden. Fu
— 166, » 4. in der Rote faͤr Kreuzes Ten f. Creujes Tab,
161.5 0. hinter keunen f. lernen.
—171:: 26. für Kybele f Kybebe.
196. :0:2. für großen f. größten.
3b, in der zwepten Note 3. 3, für Hermodors ſ. Kermodstm
.— 179. u 24. für Masedonien ſ. Makedonien.
'w> 280, » 16. für ältefe f. ditefien. .
rd, #3. für wuͤrtlich ſ. wirtlich.
m 186, » 1. fürfrübern oder fpäsern ſ. fruͤhere aber fpäters -
— 189. » 10. für Kleant f. Klearch.
191. 2. fi delcar, . B
— 197. in ber Note für Ed. bie 4te ſ. Ed. in 4ta,
: 264. # 31. für hätte f. hatte, *
— 208.⸗ 5. hinter Glauben f. zu verſchaffen.
— 108 » 6. hinter gelitten ſ. und; ſiatt eudlich ſ. —
Ber © Ac⸗
Borrede xx
©. 210. 8. 13. für zugeſtanden ſ. zugeſtans.
ib, ⸗34. für bat ſ. hatte.
= 213. ».16. binter Ariſtorenus f. und, und Vie beyden
Worte: und Hlerompmus, ſtreiche man weg. Diefe
Berbefferung bin ich dem Berl. Rec. fihnldig,
— 217. » 20. für bie die f. weiche die.
- 218, o > ſtatt —— Renophon.
— 233. ; 13. für einmal * ein ‚einziges mal.
- 325. ber Berl. Rec, lad das Ende meines Ursheit über
den Dikaͤarch nicht aus, denn fonft hätte er nicht geſagt,
daß dieſer Gchrififeller meinem Urtheile nach gar Ecke
nen Glauben verdiene,
- 230.⸗ 19. ffir allgemeinen ſ. allgemein.
ib, » 34. ſtatt wichtigſten en Ihizen.
= 333. ⸗ 31. deleat. nu
— 133. 5 4 für brachen € hr — *
2 6. für uͤberfielen ſ. uͤberfiel.
⸗18. fur frug ſ fragte. „,',
348. » 10. vor Shaldäer f. 8 | —
— 248. ⸗ 6, hiuter und ſ. daß,
—253. s 7. für falle ſ. fiel.
— 255. » 20. für Piotins ſ. Pien.
257. 0 35. del. bes unb für Alexanders fi Kate,
und fo in ähnlichen Fällen,
-— 257. in der lezten Zeile für bat f. hatte.
- 361. s 5. für die erftere f. die eriern.
#15. für wann f. wenn,
283. » 21. für aus ſ. mit.
— 292. zur zweyten Note feze noch folgendes Eitanım hin⸗
zu: Plut. in Vita Lyſand. p. 66. II,
Und im Texte 3. 2. für baß ſ. bat.
— 294. # I. für hatte f. hätte,
ib sro. für Ptolomäus ſ. Penlemäus , fo in der
Solge allenthaiben.
- 303. # 3, Ei Hippobolus ſ. Hipppbotus.
= 310. ⸗8. für verzwevfelt hatte ſ. verzweyfelte.
- 311. 11. für denen ſ. den.
— 312. s IT. für verjugen f. verjagten.
s 21. für auf die f. worauf.
> 313. » 7. deleat. nun. he Colpli (, Colen.
— 314. In ber orſten Note für Colpii ſ. Co |
7
XXI Bore ed.e
©.315.3.13, für bie die ſ. welche bie,
— 316. » 10. fürns ui ©
. 31. ».19. hinter Anhänger ſ. geblieben:
320. in per legten Zeile für großer ſ. großem.
— 325. in der.Note für Yeygaporas ſ. Yeyeul
für Terenyparevouevov |. TEeReuynarı
vov, für Io ſ. oo,
— 324. in ber Mote für eurexvus f. eyrexros;
. OAnurtiedes ſ. OAuuzindos.
== 329.3. 16. deleat. da6 Punctum. j
‚ — 334. » 16. für Hermeflanap ſ. Hermefianas.
— 341. 0 12. für zwey f. zwo. |
ib. 5 15, deleat. nun. |
— 344. + 2%. für ſtimmen f. flimmten.
— 353. » 20: für verdorben f. verderben.
354. ⸗ 14.15. für die Worte: einen Sohn bes 3:
f. den Sohn eines geroiffen Babys. “
— 355.3.9. Nach dem Worte widerfprechen feze mar
endes: Merkwuͤrdig ift es unterdeſſen, baß bie €
taner fih im Belize der Haut eines weiſen Pherel
zu feyn ruͤhmten. Piuterch. in Pelop, p. 153, Il,
— 360.3.3. für Renophamenes f. Kenophanes,
= 36% + 9. für nun f. aber,
ib. in der Note 3. 6. für fo ſ. (dom.
— 363.3.5. für fönnte ſ. kounte.
— 372.0. f. Anſtatt, daß ich drey Claſſen von Pi
goreern unterſcheide, läßt der Berl. Rec. mic nur.
annehmen, und bedauert, daß mir der wichtige Zı
: fel nicht eingefallen ſey, daß bie Abtheilung der
thagoreer wenig Nuzen flifte. Rec. glaubte wahrſch
lich, aber wie er ich felbft beſcheiden wird, etwas uͤ
eilt, daß, weil ich gerade bier Feine Gründe me
Eintheilung der Pythagoreer anführte, ich auch
Peine hätte, Meine Gründe hatte ich aber ſchon
der Hit, dactr. de deo angegeben und fie komt
auch in dem Werke ſelbſt etwas tiefer unten vor,
der Rec. ſie ſo wenig, als viele andere Puncte,
merkt bat, Es iſt aber mit alle dem ein wunberli«
Schluß, daB, wenn Ariftoteled nicht immer von |
Alteſten Pythagoreern redet, oder bie aͤlteſten Pytha
r
Vo rar e dee. Axn
reer nicht mit einander Übereinflinunten, alle Unter⸗
ſcheidungen ber Zeitalter ber Pothagoreer unndthig
ſepen. rn te J
©. 378. 3. 13. zu den Worten: Plato redete; ſeze man
die Note: plate ſelbſt fagt .. daß ihre Geſeze über
. die Erziehung und den Unterricht in der Muſik, melde
immer berfelbige hleibe, vortrefflich, alles uͤbrige aber
in Aegypten elend ſep; Lib. IL p. 522. und: an einer
audern Stelle beißt ed, daß man den Aegpptiern und
Phöniciern feiner Zeit keine andere Weisheit, als eine
gewiffe Verſchmiztheit oder Erfahrenheit in der Kunſt
zu erwerben aufchgeiben koͤnne. Lib. V. in fine de
Leg. P. 55%.
— 379.3. 10, deleat. nun.
— 380. » 2. für empfähle — empföhle,.
— 381. + 19. delcat. nun.
— 383. s 17. fär abſprechen f. abſprachen.
— 384. in des Note für urrodeszvos f. um ra
ib, im Xerte 3. 12. für die die ſ. welche die.
— 394. 3. 14. für läßt es fich ſ. kaun man ee.
— 400. Ju der zweyten Note für —R ſ. ex⸗ dofav,
und für avdewrwv f. avdonäay.
— 401. 3.27. für leztere ſ. leztern.
— 413. in ber Note 3. 2. für rex$es f. vo XIes.
— 416. in ber erſten Mote für ogs&w f. oge&un.
ib. 8. 10. für Davancı ſ. DauAns.
ib. in der zweyten Note für von f. vom.
—- 422. 3.25. deleat. nun.
— 435. in der erften Note für Plaut, f. Plut,
— 448. für in dem ſ. in welchem. :
ib. in der Note für Moreuıs esey ſ. MoAsuicesev.
— 452.3.8. für koͤnnte f. koͤnuten.
— 465. +» 10. für nie f. felten.
— 466. in der zwepten Note hinter Erziehung f. fo.
— 471. unten für: an alte Vorurtheile ſ. an alten Vorur⸗
theilen.
— 474. 3.2. binter Wohnungen ſ. an.
— 476. » 17. für die f. da.
— 478. » 12. für Angelegenheit f. Angelegenheiten.
— 482. in ber erfien Note für Diog. f. Diodor.
\ bg ©. 488.
Sxxiv V ot rede
SG. 488. 3:12. für Lande f. Bunde.
Ur 490, » 18. für hätte (Ü Hätten. L
— 493. Man kann in dem Ppthagoreiſchen Wunde, wie :
“In ener jeden Geſellſchafft, dir fe Geheimuniffe bar,
"ur zwo Hanptclaſſen von itgüedern annehmen:
* folge, die wirklich eingewelbk find, sind ſolche, bie noch
“ gepruft werben. Im die’etftere gehören nur allein dies
un ‚Fenfgen, bie von ber. innerflei Einrichtung, den Haupt»
0 zweiten und Entroürfen einer Geſellſchafft unterrichtet
finds indie ändere aber Biejenigen, benen biefe Ge⸗
heimmiffe noch nicht gesffenbaret worden. Unter denen,
die noch gebräft werden, kann es viele Abtheilungen
und Grabe geben, bie, im allgenieitten zu urtheilen,
um deſto zweckmaͤßiger find, je mehr fie vervielfältigt,
und fo eingerichtet merden, daß man auf einer jeden
Stuffe, wie auf der lestern, zu flehen glaubt, "ober
doch fo wenig, als'möglih, das, was man auf ber
nächften erblicken wird, vorausfehen kann.
— 496. 3.9. für worden ſ. werben. J
— 504.⸗12. für verarbeitet f. bearbeite:
ne 506. s 18. hinter Jamblich f. geſchoͤpft haben.
— 507. » 19. für mit f. und, .
— 503. » 7. für nichts ſ. nicht.
— 509. ».2. für. Karthagintenfern f. Carthaginienſern.
— 551. s 11. für fo wohl ältere als neuere Schriftfteller f.
altern, als neuern Schriftſteller.
— 521. 3. 29. für die erſtere ſ. der erſtern.
—523 > 150. f. — Ungeachtet ich bier ſelbſt ſage, daß
die Zahlenlehre der aͤlteſten Pythagoreer allen Welt⸗
weiſen und Geſchichtſchreibern, welche uns dieſelbe er⸗
halten haben, aufgefallen ſey, und zugleich bemerke,
daß man nicht alles, was uns ungereimt oder undenk⸗
bar ſcheint, als ungedacht verwerfen muͤſſe; ſo glaubt
doch der Berl. Rec. die Behanptung der Ppthagoreer,
daß alles aus den Zahlen entſtanden ſey, bloß deßwe⸗
gen verwerfen oder bezweyfeln zu koͤnnen, weil ſie ihm
undenkbar vorfomme. Eine ſolche ungeheure Meys
nung muͤſſe, glaubt er, durch die ſtrengſten Beweiſe
dargethan werben. — Hat denn ber Rec. nicht geleſen,
daß ich den Grundſaz der Pythagoreer mit den Zeugs
alffen aller glaubwürbigen Schriftſteller ohne Ausnah⸗
me vom Ariſtoteles bis auf ten Sertus bewicfen ut
. at
Vorrebe. XXxv
‚Sat er nicht geleſen, daß. nicht bloß bie Ältern,, ſondern
auch die mittlern Pythagoreer alle Dinge für Wirkun⸗
en ber Zahlen hielten, daß Weigel und viele neue
pflifer in den Zahlen faſt diefelbigen Kräfte, wie bie
älteften Pythagoreer, wahrzunehmen glaubten? Iſt
ihm dann nicht das Buch des erreurs & de la veritk,
der irgend ein ähnliches Werk in die Hände gefallen ?
Iſt er fo unerfahren in ber Geſchichte, fo unbelefen im
Keifebefchreibungen, daß er nicht weiß, daß alle wilde
und berbarifche Nationen gewiffe Zahlen für heilig ges
belten,, und ihnen wunbervolle Wirkungen zugetraud
haben, und noch zutrauen? Glaubt der Rec., daß fein
Anſehen groß genug, dies unläugbare Factum umzuflos
den; daß unzählige Völker, und ſelbſt aufgefiärte
Menfchen, ja fogar große Mathematiter, in den Zabs
Im Kräfte zu finden glaubten, die uneingenommene
Menſchen nicht darinn entdecken Finnen? Die Allge⸗
meinheit dieſes Wahns unter allen Voͤlkern, und faſt
allen Caſſen von Menſchen zeigt, daß er von einer ge⸗
wiſſen Seite ſehr annehmlich und ſcheinbar ſeyn muͤſſe,
ungeachtet ih, wie bey unendlich vielen andern Mer⸗
nungen, Sitten, Gebraͤuchen n. f. w. nicht zu erklären
im Stande bin, wie er entfichen, fich behaupten, und
fo fehr verbreiten Finnen. Rec. hat den Ariſtoteles obs
ne Aufmerkſamkeit und Kenntniß der Sprache gelefen,
wenn er in bem angeführten Sapitel der Metaphyſik
Met. I. 6. Beweiſe für die Meynung zu finden geglaubt
bat, daß bie Pptbagoreer burch ihre Zahlen gerwiffe
Subſtanzen in der Welt bezeichnet hätten. Ariſtoteles
fagt an allen übrigen Stellen, wo er von den Zahlen
der Pythagoreer redet, aber nirgends deutlicher, als in
dem auch von mir angeführten Abſchnitt *), daß bie
Ppthagoreer die, Zahlen für die Urfachen aller Dinge
gehalten hätten. O ev, fagt er unter andern, unb
unter biefem werficht er den Plato raos KAUIUEE
Ka Ta MicdIure, 0 Ouetuss as Das
ur Ta nenynoro. Dec. fpriht von vielen
Stellen, an welchen Ariftoteles bie Zahlen bloße Zei⸗
den der Dinge genannt hab. Ich fordere ihn anf
g efe.
——— — —⸗⸗
*) Man fehe Hit, docar. de deo p. 301.
TU U ———
XXVI Borrede
biefe Zeugniffe zu nennen, und wenn er es nicht t
fo fpreche Ich ihm nochmals alle Bekanntſchafft mit
Ariftoteles ab.
.. ©. 524. 3.20. für bie ſ. welde bie.
— 527. » 17. für unwahrnehmlichen, unſinnlichen f.
wahrnehmlichem, unfinnlichem.
— 528:3.23. fär die f. diefe.
— 540. in der Note für Cicf. ſ. Ecl.
— 543. in der Note für Philopenus f. Philoxenus.
— 546. 3. 10. für eine f. eins.
— 550. in ber Note für Eupitheus ſ. Euxitheus.
— 551.3. 6. für die erftere f. bie leztere. Bey bem
theile, was ich auf diefer Seite Äber die Pythagorei
Ethik fälle, frägt der Berl. Rec. woher es fom
baß wir von der Ppthagoreifhen Sitteniehre und '
litik ſo wenige Weberbleibfel hätten, dba die Geſchi
. . uns fo viel von feinen phyſiſchen, geometrifchen :
J theologiſchen Speculationen aufbehalten habe? M
kaͤnne, glaubt er, mit Recht hieraus den Schluß
ben, daß Pythagoras einen großen Hang zu wifi
ſchafftlichen Unterſuchungen gehabt habe. Dies le;
babe ich nirgends geläugnet,, fondern vielmehr durd
hends bewieſen, baß Pythagoras alle wiffenfchaffti:
Kenutaiffe feiner Zeit in fi vereinigt, und fie anch
reichert habe. Allein ich laͤugne es, daß bie Geſchic
uns viele theologifhe, metaphyſiſche und phyfifche 1
terfuchuungen aufbehalten, ober baß Pythagoras fe
Schuͤler die Theorie der Gefezgebung gelehrt ha
wundere mich aber zugleich, daß der Rec. abermals bı
was ich mehrmalen erinnert habe, nicht bemerft h
daß bie ganze Einrichtung der Pythagoreiſchen Gef
(Hafft eine: tiefe Kenntniß der fittlihen Natur t
Menſchen, und der Mittel, fle zu vervollfommm«
anfändige. Pythagoras gewoͤhnte feine Freunde
eine foldhe Lebendart, die alle Ermahnungen zu d
häuslichen und bürgerlichen Tugenden überfläffig ma
te. Wenn der Rec. bie moralifhen Orundfäze, (S. 56:
anf welchen der Pythagoreiſche Bund gegründet warı
nicht abläugnet, fo wird er gefteben müffen, daß
viel zahlreicher und auch reifer find, ale alle übri
wiſſenſchafftliche Kenntniffe, die wir dem Ppthagor
mit einıger Wahrſcheinlichkeit zueignen können. 8
|
Vorrede. ‚ax
| u un
Sittenlehre hingegen, bie Pythagoras feinen Schülern
yortrug, und bie nach dem Zeugniffe bes Ariſtoteles
auf Zahlen zuräd gebracht war, iſt allerdings bis auf
die wenigen Fragmente, bie ich in der dritten Beylage
. gefammlet babe, ganz verloren gegangen,
©. 554.3. 17. fär fie fie f. fie diefelbe.
— 555, » 24. für Oenoxides ſ. Denopibes.
ib. + 25. deleat. und,
— 556. s 2. hinter und f. die Meynung.
— 570. » 1. für die die ſ. welche die.
— 576. » 9. für fie fe f. fie diefelbe.
— 58I. » 1. zu ben Worten arespoxaäus nannten:
fege die Rote: Plat. VI. p. 564. de Legibus,
— 503. inber Note 3. 1. hinter ſehe ich f. nicht.
— 603. 3.6: Die zweyte Periode von ben Worten: Mit
biefen Männern u. f. w. bis zu Ende lefe man fo:
Mit dieſen Maͤnnern und ihren unmittelbaren Nachfol⸗
gern, dem Meliſſus und Zeno, dem Anaxagotas, Des
mokrit und Empedokles muß man das Chor der alten
Weltweiſen Griechenlandes beſchließen; denn mit den
Alteſten Sophiſten fängt ſich eine ganz nene Periode,
ſowohl der Griechiſchen Sprache, als der Weltweisheit
uud Äbrigen Wiſſenſchafften au.
ib. in der legten Zeile für Polikrates ſ. Polykrates.
— 606.3. 17. für diefe f. die. J
— 608.⸗ 18. für weil ſ. daß.
— 619. Zam Abſchnitt vom Xenophanes muß ich noch ei⸗
nige Anmerkungen machen. Herr Tiedemann in feiner
Abhandlung de Xenophanis decretis *) legt die Mey⸗
nungen des Kenophanes andere aus, als ih, weßwe⸗
gen ich meine Lefer, die. eine Vergleichung wnftellen
wollen, auf diefe Abhandlung verweiſe. Doch muß ich
bitten, die leztere zu leſen, und nicht ohne Pruͤfung
den Ausfpruch zu thun: daß ihr Verfaffer das Syſtem
des Kolophonifhen Weltweifen von allen Seiten anges
feben babe, Ich geflebe, daß ich die Gedanken meines,
Breundes nicht:recht habe faffen, und am allerw:nigfien
es recht deutlich habe denken koͤnnen, wie er fich vorftelle,
daß Kenophanes die Gottheit von ber Welt unterfchies
den,
—iÏ,nſ
—— ⏑ ————— —
*) Biblioch, Phil, vol, III. p. 150. & fq.
Mr Ar
“inch [
Borrede
Ä vn, und fie ihr auch wieder ähnlich zedacht Gabe. Ue⸗
brigens läuft es wider alle von mir in der Hiſt. dodtr,
de deo angeführten Stellen bes Arxifloteles und Plato
. . 1
über das &v des. Eenophanes und den Unterfchied feiner
Meynung von ber des Parmenides, daß Xenophanes
Bewegung, Entftehung und Untergang in ber Welt bes
hauptet habe. Bepyde Weltweifen fagen es an allen
Stellen, wo fie über diefe Materien.reben, daß Kenos
phanes alle Bewegung In der einzigen Weltfubflanz ges
laͤngnet, und daß Parmenides ſich dadurch von feinem
Lehrer unterſchieden, daß er den Zengniffen der Siunen
nach, fewohl die Bewegung, ale die aus der Bewe⸗
gung entſtehenden Erſcheinungen behauptet habe, Aus
Ger ven entfcheidenden Zengniffen, bie ich in meiner
Hiſt. dofr. de deo geſammlet habe, vermeife ich auf
das dritte: Sapitel der Metaphyfik bed Ariftoteles:
Du
Evıcı de To 2 æœnunrov —8 cuyce, Keks Tv Due
ai OA 8 povov zart yarscıy, nu Dogay (T&-
rTo MEV Ya wexasov Te neu Tavres MMoAoyı-
cav) ENG na KAATE TV neraßorns ragen. —
Eben dieſes lehrt der ganze Theaͤtet des Pla. Die
Gruͤnde, welche Fabricius *) und Hr. Tiedemann für
‚Die Lesart eines Mſpts des Ariſtoteles anführen, nach
welcher der Stagirit in feiner Abhandlung de Xeno-
hane, Zenone & Görgia. zuerfi die Meynung des
Be, und nachher die des Kenophanes angeführt has
en fol, ſcheinen mir niche a nicht befriedigend,
ſondern folgenden - unmiderleglihen Schwierigkeiten
ausgefezt zu fepn. — rftlich wäre es feltfam, wenn
Mriftoteled wider feine Gewohnheit anfangs die Mey⸗
‚sung eined fpäten Nachfolger, und zulezt die Meh⸗
nung deßjenigen vorgetragen hätte, ber zuerſt von eis
ner Einheit zu reden anfing. Zweytens ſtehn dem
Leipziger Mſpt. alle Handfchriften eutgegen, nad) wels
hen alle Ausgaben bes Ariftoteles gemacht find. Drite
tens würden alsdann, wenn Zeno zuerft unb Zenos
phanes zulezt redete, Plato und Ariſtoteles nicht haben
fagen koͤnnen *), daB XRenophanes bie einzige Subflanz
uns.
⏑—
pP! ad Sext. Hyp. I. 214. 25.
®) vie Iaca ın Hi. doA. de dso », 329,
Borrede xXxx
nnendlich genannt, und fi dadurch ſammt dem Meliß
vom Parmenides unterſchiedet haͤtte. Endbliqh find bie
Sophiſtereypen, die alle biäher, und auch ich, dem Ze⸗
no zugeſchrieben haben, nicht des Renophanes, „aber
wohl eines Manunes werth, bei man für den Erfinder
ser Sophiſtit hielt, und der fih ein Geſchaͤfft daraus
machte, feine Zübsrer durch Spizfindigkeiten zu vers
wirren. — Der Berl. Rec. wire es mir nicht ver⸗
argen, wenn ich hier auf bad, was. er vom Xenopha⸗
nes und Zeno fihwazt, gar nicht antworte, weil es in
der That zn eleud iſt. Er zwepfelt unter aubern, daß
Ariſtoteles im dritten Capitel ber vorhergenannten Aus
handlung vom Zeno gehandelt habe, well feine einzige
dem Zend eigenthuͤmliche Meynung bariun vorkomme,
weil der ganze Inhalt dogmatiſch fey *), endlich weil
die Bewegung nicht darinn geläugnet werde, Dies
loztere Pönnte ich befreiten; allein wer bat kenn dem
Dec. gefagt, daß Ariſtoteles alle Meynungen nes Zeno
anführen, und unndzer Weiſe die Sophiſmen wieder⸗
hohlen wollte, die er ſchon in feinen Buͤchern ber Phyſik
vorgetragen hatte? . -.
©. 620. 3. 5. die Sprache war zur Zeit dieſes Weltweiſen
noch foarm m. ſ. w. Der Berl. Rec. wenber ein, daß
man boch bey feinem feiner Zeitgenoffen Aber Dunkel⸗
eit Klage, Hatte er denn ſchon wieder vergeffen, mas
ch über den Parmenides gefagt, und von ihm beyges
bracht harte? *
= 621. 3. 8. für Mepnungen ſ. Meynnng. J
— 622. zur dritten Note feze man hinzu: Plat. in Lyfide
p. 265. An diefer Stelle redet Plato von ben Were
bältniffen entgegeugefezter Dinge, wie ich glaube, nach
dem Heraklit. Das entgegengefete, beißt es, iſt im⸗
mer dem entgegengefezten am meilten freund oder vers
wandt, und ſehnt fich am meiſten darnach, meil nur
entgegengefezte Dinge Nahrung für einander find. Das
Trockne trachtet naher immer nach bein Feuchten, das
Kalte nac dem Warmen, das Birtere nach dem Süßen,
das Scharfe nach dem Stumpfen, das Leere us ven
Ä ollen,
c. auch mich oder den Ariſtoteles gelefen, oder nur ges
9 Het De was er geſagt hat? ß ⸗
u Vorrede
zeigen, daß Ariſtoteles bie Behauptung des Anaragoras
"safe dem beräßptigten Aucſpruch bes Vrote goras für
9» gfeichfäntend gehalten habe.
©. 693.3. 19. fr Charpbbes f. —
— 702. in der zweyten Note 3. 3. filr ewiged ſ. einiges.
8.711712, Bey Gelegen heit meines Urtheild Aber
ch Zend And feiner Dialektif bringt der Verl: Mec,
miehrere Brmetfimaeh übrr bie großen Verdienſte dies
fes angeblichen Siöepflere, Kid ber bie großen Vor⸗
Keith Kunft zu zwepfeln vor, auf die er fih, wie
...,. man fieht, was Rechts zu gute gethan hat, bie aber
=" po fankferhaft find, daß ein jeder Kenner den Augenblid
-_ merkt, daß ein ſoſcher Gemeinortgfager webet den Zeng,
"Hoc deffen Sophiftit, noch die wahre Kunſt zu mens
feln keuner Met. beherzige instänftige die Worie bes
ur aches beym Plate 9, bie-völlig meine Gefinunngen
bei enthalten? Aoe x eya rm ZoAmn Ev novar
oA - CvyKage. Ynexoxov yap Tor
. 3 ſaoues tar. eIeAw,.umo xensav novov. — eı de
yEnTegos.. 0. eou—n Ti ade Te
* 53 * aden os neAnees.
" &. 713. 3.28. für Ungleichen ſ. Ungleigem,
= — 2736. » 25. für Krafpflus f. Thraſpllus.
22732. » 19. fur: von ihnen f. von den Pythagoreern.
— 736. » 2: für großen (. größern. .
“747. # 14. für der ſ. oder. :
"750, » 6. fhr Achrodiſt da ſ. Aphrobifäe,..
9-22 y5r, 022. Diefer Hippofrates von Chios iſt wahr
feinlich eben derjenige, deſſen Plato als eines Schu⸗
iers des Protagoras erwähnt. in-Protag. 282. 292. p.
©) in Lachete p · 256 \
Sechſtes Bud.
Geſchichte der Griechiſhen Sophiſten.
Erſtes Capitel.
Welches die Verfaſſung und Veränderungen des Atbe⸗
nienfifchen Staats bıs auf die achtzigſte Olym⸗
piade enibaͤlt.
enn man die Geſchichte der Wiſſenſchafften
in Griechenland bis uͤber den Zeitpunct
hinaus verfolgt, vor welchem ich im erſten
Bande fiehen geblieben bin; fo trit man
| auf einmal in einen neuen Schauplaz, wie in eine neue ,
Welt über. D-rn um und nad ber achtzigften Olympia⸗
' te wurden ofle Wiftenfchafften erweitert, und oͤffentlich
: geher, alleın «ben diefe erweiterten Wiffenfchafften wur⸗
ge auch Mitverberberinnen der Griechiſchen Sitten, .
Zweyter Band, 4 Auf ⸗
2. u Sechſtes Buch.
Aufklaͤrung und Durſt nach Kenntniſſen verbreiteten
ploͤzlich unter allen beſſern Ständen des Europaͤiſc
Griechenlandes, das vor kurzem noch im trägen Schli
mer der Unmiffenheit begraben geweſen war; zugleich «
zogen fich alle Künfte und Wiffenfchafften, die bisher ı
in den reichern glücklichern Pflanzftädten gewohne £
ten, nad) einer einzigen Stadt des Mutterlandes h
die fich niemals weder durch vorzügliche' Macht, n
durch große Reichthuͤmer oder ruhmvolle Thaten aus
zeichnet hatte, und ſich nunmehro in wenigen Jah
zur Lehrerinn wie zur Beherrſcherinn der Griechifd
Voͤlker erhob.
Alle diefe wichtigen Eraͤugniſſe begreift man «
weder gar nicht, oder nur halb, fo lange man ſich ni
mit ber Verfaffung und den Weränderungen des Ar
nienfifchen Staats, und ber Gefchichte bes übrigen ©
chenlandes bekannt gemacht hat. Ich will daher bey
fo weit es meine Abfichten erfordern, vortragen, n
mir niemand diefe Arbeit abgenommen hat, und '
ohne eine folche Arbeit meinen Leſern nichts als Wirk:
gen ohne Urfachen , oder als verftümmelte Facta u
Begebenheiten ohne Verbindung vorlegen koͤnnte.
m Die Bewohner des Attiſchen Gebiets lebten
ſpruͤnglich unter einer Verfaſſung, dergleichen man nı
jego unter den meiften unausgebildeten Voͤlkerſchaff
antrifft; und fie gingen auch alle die verfchiedenen V
änderungen ‘von Regierungsformen durch, durch wel
die übrigen Griechifchen Staaten endlidy bis zur Dex
kratie hirgelangeen. Die Arhenienfer waren von I
äfteften Zeiten an, aus welchen ſich nur einige dunf
und mit Fabeln vermifchte Ueberlieferungen erben |
N
| ⸗ >
| Seccſchichte der Griechiſchen Sopfiften. 3
ken, in mehrere Stämme getheilt, bie fich viele Jahr⸗
hunderte lang allein von der Jagd und Viehzucht naͤhr⸗
tm, und erft unter bem fechften oder fiebenten Könige
i Diefe Stämme erfannten zwar alle denfelbigen König;
- fie waren aber dennoch im Frieden faft ganz von einan⸗
fer unabhängig, und wurden ein jeder von feinem Haus
} pe regieret, das alle Streitigfeiten, Die unter verfchies
| tenen Familien, oder Mitgliedern von Familien ent⸗
| ſtanden, fehlichtete, und "Beleidigungen, bie ihm und
woh dem Kekrops Aderbau zu treiben anfingen *).
\
den Seinigen von andern Stämmen zugefügt wurden,
mit bemaffneter Hand rächte **). Die Artifchen Stäms
' me führten daher häufig mit einander und felbft mit ben
', Königen Krieg, und traten nur alsdann zufammen,
>; pen ein ausiwärtiger Krieg zu befürchten, oder ein ges
bi feinfchaftlicher Feind zurüczutreiben war ***), Die
7 A 2 Macht
— —
| U)
#) Den Anfang ber Regierung des Kefrops fezt man ges
ke meiniglich in das Jahr 1582 vor Ehrifli Geburt, und
erft unter Pandion dem erften, oder unter dem Erechteus
pet Seres die Bewohner von Attifa die Kunft des Feld⸗
aues gelehrt haben. Daß die Athenienfer wirklich
| son ben übrigen Griechen für die Erfinder des Acker⸗
ch banes gehalten wurden, ſieht man aus einer Stelle
tel des Ifofrates, in welcher diefer Rebner fagt, daß die
meiften uͤbrigen Griechiſchen Städte feiner Vaterſtadt
er) alle Sabre aus Dankbarfiit die Erfllinge der Fruͤchte
id zugeſchickt, und daß die Ppthia fehr oft folche, bie
ne) diefe Pflicht verabfäumt, an bie Beobachtung berfelben
4 erinnert hätte. Im Paneg. I. 133. Ed, Beatt,
da “) Thue. II. c. 15. Iſoe. in Encomio Hel. II. 125- 131.
kle in. Pansthen. 258. 61. Plut. in vit. Thef, p. 48 - vi.
ho per. Tom, I, Edit, Reiskii,
ben “e) 1], cc,
]
4 Sechſtes Buch.
Macht der Koͤnige uͤber das ganze Volk war viel gerin⸗
ger, als die Gewolt der einzelnen Haͤupter uͤber ihre
Stämme. Die erfte äußerte ſich faſt ganz allein im
Kriege, in welchem fie die Anführer aller Stämme mas
ren; zur Zeit des Friedens hingegen verſchwand fie größe
tentheils, und fehränfte ſich auf die unbedeutenden Vor⸗
züge ein, das ganze Volk oder die Häupter der Stämme
zu wichtigen Berathſchlagungen zufammen zu rufen, in
ſolchen öffenslichen Zufammenfünften den Borfiz und dag
erfte Wort zu führen, und an allgemeinen Feſten im
Namen des ganzen Volks zu opfern und andere gottes⸗
Dienftliche Handlungen vorzunehmen *). Die Könige
Eonnten weder von dem Wolfe, noch von den Oberften
der Stämme Abgaben fordern, fondern alle Einfünfte,
die mit ihrer Würde verbunden waren, beftanden in frey⸗
willigen Geſchenken, Die man ihnen bey feierlichen Ge⸗
_ Segenheiten, oder nad) einer großen und tapfern That,
beſonders nach einem glüclid) geendigten Kriege mach.
DI —— ——⸗—
*) ib. & Ariſt. III. 10, Wenn Ariſtoteles und andere das
Recht zu richsen und zu firafen unter die Vorzüge ber
älteften Könige der Athenienſer rehnin; fo muß man
dieſes entweber nur allein von bem Stamme verfichen,
von welchem: fie. die Häupter waren, ober man wider⸗
fpricht auch den obenangeführten Stellen des Thukydi⸗
des, Ifofrates und Plutarch, wie den wahrfcheinlichs
ſten Factis, die ich ſchon angeführt habe, ober die ich
auch gleih vom Theſeus erzählen werde, Unrichtig
fließt Goguet Part. U. Liv. I. Ch. IV, Art. I, daß,
weil Erechteus feinem Bruder Butes das Oberpriefters
amt abgetreten habe, das leztere auch in der Zolge
nei von ber Königlichen Wuͤrde getrennt geblieben
ep.
—
— ——⸗
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 5
et). Noch weit weniger durften fie etwas, was bie
yanze Nation anging, befchließen und unternehmen,
ohne das Wolf zufammenzurufen, oder doch deffen Haͤu⸗
ner zu Rathe zu ziehen **). Vielmehr waren die Koͤ—⸗
nige verbunden , gemeinfchafftliche Angelegenheiten mit
den Häuptern oder Aelteften des Volks , aus welchen
nachher in Arhen und Sparta wie in Rom der, Senat
entſtand, zu überlegen, und ihre Entſchließungen also
benn dem Volke vorzutragen, doch mehr, wie ich glau⸗
be, um fie demfelben befannt zu machen, als um feine
Einmilligung zu erhalten ***), Die Erbfolge war ana
fangs in Athen gar nicht beftimmt; ſondern der Kuͤhnſte
A
3 und
*%) Homer. Iliad IX. 156. v. Odyff. XIII. v. 14. Goguet
l. c. p. 109. zieht faͤlſchlich aus diefen Verſen den Schluß,
daß bie älteften Könige ihren Völkern hätten Zaren
auflegen Pöunen.
*) (G0g. p. 10%. 106.
ses) Wie Boguet glaubte 1. c. p. 106. So wie überhaupt
in jenen Zeiten die Rechte und Verbindlichkeiten der
verfhiebenen Staͤnde nicht genau beilimmt waren;
fo laffen ſich auch Lie Werhältniffe der Oberſten ber
Stämme zu den Häuptern ber Kamilien nicht genau
angeben. Wahrfcheinlich zogen jene diefe in der Bey⸗
legung wichtiger Streitigkeiten und in andern Sachen,
die den ganzen Stamm angingn, zu Mathe, wie fie
felo von den Koͤnigen zu Rathe aezogen wurden;
übrigens aber feinen ſie in vielen Zällen eine unums
ſchraͤnkte und felbft niederdruͤckende Gewalt ausgeübt
zu haben, wenn anders bie Schilderungen bes Iſokra⸗
tes von dem Zuſtande der Athenienfer vor dem The⸗
feus II. 131. in Encomio Hel, und das Urtheil des Arts
ftoteles Aber die Derbefferung der Staatsverfaffung.
Athens durch eben biefen König ap. Plut, 1,52. richtig
4 She
Macht der Könige über das ganze Volk mar viek gerin⸗
ger, als bie Gewolt der einzelnen Haͤupter über ihre
Stämme Die erfte äußerte ſich faft ganz allein im -
Kriege, in welchem fie die Anführer aller Stämme was
ren; zur Zeit des Friedens hingegen verſchwand fie größe
tentheils, und fchränfte ſich auf die unbedeutenden Vor
züge ein, das ganze Volk oder die Häupter der Stämme
zu wichtigen Berathfehlagungen zufammen zu rufen in
ſoolchen oͤffentlichen Zuſammenkuͤnften den Vorſiz und dag
erſte Wort zu fuͤhren, und an allgemeinen Feſten im
Namen des ganzen Volks zu opfern und andere goftese
Dienftliche Handlungen vorzunehmen *). Die Könige
Eonnten weder von dem Wolfe, noch von den Oberften
der Stämme Abgaben fordern, fondern alle Einfünfte,
die mit ihrer Würde verbunden waren, beftanden in frey⸗
willigen Gefchenfen, die man ihnen bey feierlichen Ge⸗
legenheiten, oder nad) einer großen und tapfern That,
beſonders nach einem gluͤcklich geendigten Kriege mach⸗
*) ib. & Arift. II. 10, Wenn Üriffoteled und andere das
Recht zu richten und zu ſtrafen unter die Vorzüge ber
älteften Könige der Athenienſer rehnin; fo muß man
biefes entweder nur allein von ben Stamme verfichen,
von welchem: fie die Häupter waren, ober man wider,
fpricht auch den obenangeführten Stellen des Thukydi⸗
des, Ifoftates und Plutarch, wie den wahrſcheinlich⸗
ften Factis, die ich ſchon angeführt habe, oder die ich
auch gleih vom Theſeus erzählen werde, Unrichtig
f&ließt Goguet Part. U. Liv. I. Ch. IV; Art, I. daß,
weil Erechteus feinem Bruder Butes das Oberpriefters
amt abgetreten habe, das leztere auch in der Zolge
nen von ber Föniglichen Wuͤrde getrennt geblieben
ep.
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 5
| et). Noch weit weniger durften fie etwas, was bie
— —
ganze Nation anging, beſchließen und unternehmen,
ohne das Volk zuſammenzurufen, oder doch deſſen Haͤu⸗
per zu Rathe zu ziehen **). Vielmehr waren die Koͤ⸗
nige verbunden, gemeinfchafftliche Angelegenheiten mit
den Häuptern oder Xelteften des Wolfe, aus welchen
nachher in Arhen und Eparta wie in Rom ber, Senat
meftand , zu überlegen, und ihre Entſchließungen ale
denn dem Wolfe vorzutragen, doch mehr, wie ich glaue
be, um fie Demfelben befannt zu machen, als um feine
Einwilligung zu erhalten ***), Die Erbfolge war ana
fangs in Athen gar nicht beftimme; ſondern der Kühnfte
A
3 a
8) Homer. Iliad IX. 156. v. Odyff. XII, v. 14. Ooguet
l. c. p. 109. zieht faͤlſchlich aus diefen Berfen den Schluß,
daß die Älteften Könige ihren Völkern hätten Taxen
auflegen koͤnnen.
**) Gog. p. 10%. 106.
ss), ie Goguet glaubte 1. c. p. 106. So wie Überhaupt
in jenen Zelten bie Rechte und Verbindlichkeiten der
verfhiebenen Stände nicht genau bdeſtimmt waren;
fo laffen ſich auch die Werhältniffe der Oberflen bee
Stämme zu den Häuptern ber Kamtlien nicht genau
angeben. Wahrfcheinlich zogen jeme biefe in der Bey⸗
legung wichtiger Streitigkeiten und in andern Sachen,
die den ganzen Stamm angingen, zu Rathe, wie fie
feld von den Königen zu Rathe gezogen wurden;
übrigens aber ſcheinen fie in vielen Fällen eine unums
ſchraͤnkte und ſelbſt niederbrädende Gewalt ausgeuͤbt
zu haben, wenn anders die Schilderungen des Iſokra⸗
tes von dem Zuſtande der Athenienſer vor dem The⸗
ſeus II. 131. in Encomio Hel. und das Urtheil des Arts
ftoteles Aber die Derbefferung der Staatsverfaffung:
Athens durch eben diefen König ap. Plut, 1,5%. richtig
find.
6. | Sachſtet Buch.
und Gewoliigſe unter dem Volke bemaͤchtigte ſich des
Throns, wenn dieſer durch den Tod feines iezten Belle
zers erledigt war, oder verjagte ſogar den regierenden
noch lebenden Koͤnig, wenn er nicht ſtark genug war, ſei⸗
ne Wuͤrde zu behaupten *). Selbſt nachdem es unter
und nach dem Pandion geſezmaͤßige Gewohnheit wur⸗
de **), daß ein Sohn des verſtorbenen Königs das Reich
feines Vaters erbre, blieb es noch immer unentſchieden
welcher von ſeinen Soͤhnen, wenn er deren mehrere nach-⸗
ließ, den koͤniglichen Scepter fuͤhren ſollte. Es ent⸗
ſtanden daher unter Koͤnigs Soͤhnen haͤufig Kriege uͤber
das naͤchſte und guͤltigſte Recht zum Throne, ſo wie noch
immer fo wohl große als mittelmäßige Könige von mä
tigen Familien aus ihrem Reiche vertrieben wurden ***)
| Hu
ee
®) Meurſius de Regno Athen. II. 1. 2.
es) ib. }
#®*) Meurf. 1. e. 11. 14. 15. III. 1. Ich habe in diefem Abs
ſchnitte alles gefammier, was ich in den Ueberlieferuns
gen der Achenienfer aus den aͤlteſten Zeiten glaubwuͤr⸗
diges, und mit der Geſchichte anderer Voͤlker in aͤhn⸗
lichen Legen übereinflimmenbeg gefunden babe. Wer
Luft bat, die Widerfprüde in den alten Ueberlieferuns
gen, ober bie Zabeln, mit welden fie verfegt find, zu
lefen, ber nehme nur die beyden erfien Bücher des
Meurfius vom Reiche ber Athenienfer in die Hand.
Selbſt Goguet II. 1. IV. war meinem Beduͤnken nad
wicht vorfihtig genug in ber Prüfung und Auswahl
aller Sagen, die in fpätern Griechiſchen Geſchichtſchrei⸗
bern ſtehen. So glaube ich zwar mit ihm, oder halte
es nicht für unmwahrfeinlic, daß der Aegyptiſche Ke⸗
krops zuerfl die Burg von Athen erbaut oder befeftigt,
daß er neuen Goͤttern vorher unbefannte Altäre erriche
tet, und viclleicht auch die verfhiebenen Stämme in
Attife durch ein wiewohl ſehr loſes oder ſchlaffes Band
zu
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 7
*In dieſer urſpruͤnglichen Verfaſſung der Athenien
| fr, die mit der Regierungsform faſt aller barbariſchen
ıT Wölfe, befonders derjenigen, welche im vierten und
*; fünften Jahrhunderte Europa uͤberſchwemmten *), die
"größte Aehnlichkeit hat, machte Thefeus wichtige un
"war obngefähr ſolche Veraͤnderungen, dergleichen in den
- Berfaffumgen der meiften Europäifchen Reichen im zwoͤlſ⸗
; tm und dreyzehnten Jahrhunderte vorgingen **), Er
"I plef niche nur die Arhenienfer aus allen Stämmen, fe
viel ihrer nur wollten, fondern auch Nachbarn und Fremd⸗
" lnge nach Achen hin, und wurde der eigentliche Gruͤn⸗
der der Stadt , die bis auf feine Zeit nur eine kleine
Barg von einem geringen Umfange gewefen war. Durch
- feine Kiugheit, und fein Anfehn, das fich auf außerom“
I dentlihen Thaten gründete, vermochte er bie herrſchen⸗
-, den Häupter der Stämme dahin, daß fie halb freyroiflig,
halb gezwungen ihre Gerichtsftühfe aufheben, und ihre
Gewalt zu richten einem einzigen hoßen Tribunale abtra⸗
| Ag “tn,
KT nn um J
| zu einem einzigen Volke verbunden habe; allein ich
zweufle ſehr, ob er zuerſt feſte gefezmäßige Ehen eins
geführt, und den Arenpag gefliftet habe. Dies leztere
bezeugen zwar einige nenere Schriftfteller; Meurf.c,
3 deAreopag. Allein biefe werben durch die (hen von
mir angeführten Zeugniffe größerer Männer, und burg
das, was ich gleich fagen werbe voͤllig wiberlegt.
Wenn Kekrops auch ein Gericht ſtiftete; fo übte diefes
feinen Gerichtszwang nicht Über ganz Attika, fondern
hoͤchſtens über die Burg In Athen aus,
®) Millar’s Obfervations concerning the diſtinction of
ranks in Society p. 160. & Fergufon’s Eflay on the
hiftory of Civil Society p. 129. & ſeq.
), Man fehe Thuc. Iſoer. & Plut. II. cc.
KT
.—o ng
8° „Secchſtes Bug: i
een, bas in Achen feinen Siz haben, und über alle Bes
wohner von Attifa, forohl Vornehme als Geringe riche
sen follte *). Er vernichtete die bisherige Eintheilung
ber Bewohner von Attika in unabhängige Stämme, und
cheilte fie alle in drey große Glaffen: nemlid) in Edle ‚ie
Sandleute, und in Staͤdter, oder folche ein, die ſich von
Handwerken nährten. Unter diefenverfchiebnen Volks⸗
tiaffen gab er.den edlen und alten Gefchlachtern, um fie
für den erlittenen Verluft ihrer Macht zu entfchädigen,
Das ausfchließende Recht auf alle hohe und ehrenvolle
Bedienungen, dem ganzen Wolfe aber, wie es fcheint,
und alfo aud) den beyden übrigen Claffen die Macht, une
eer feinem Vorſiz Priefter, Richter,. Führer und ande»
ve Magiftrarsperfonen erwaͤhlen zu dürfen,
Durch dieſe weilen und vortrefflichen Einrichtungen,
zu deren Andenken er mehrere Zelte ftifcete, fchuff oder
vergrößerte er die Stadt Achen, vermehrte die Bevdifes
rung des ganzen Landes, gründete die Srenheit des Volks,
erweiterte Die Macht der Könige, zog alle bisher unabe
bängigen Stämme näher in ein einziges Volk zufammen,
und brady die faſt unumfchränfte Gewalt der Edlen und
Vornehmen, die bis dahin eine Quelle graufamer Be⸗
druͤckungen, und unaufbörlicher innerer Kriege geweſen
| war,
*) Wenn man in einer Sache, worinn man zu feiner Ges
wißheit gelangen kann, eine annehmliche Vermuthung
nicht verwerfen will; fo wuͤrde ich es für das Wahrs
f&einlichfie halten, daß Theſeus den Areopag geſtif⸗
tet, oder wenn vorher ſchon ein Bericht unter dieſem
Mamen da war, ihm menigflens zuerſt die Gewalt und
Vorzuͤge gegeben babe, welche der Areopag bis auf
bie achtzigſte Olympiade beſaß.
Gefchichte der Griechifchen Sophiſten. 9
„mar, Mic Recht alfo preifen die größten Schriftfteller
ı| fe Griechen den Thefeus als einen ber größten Helden,
I) ber niche nur Griechenland von Raͤubern und Miffethäs
): en gereinigt, fein Volk gegen auswärtige Feinde tapfer
t, dertheibige,, und von einem ſchimpflichen Tribut, den es
ı jähelich nach Kreta ſenden mufte, befreyt, fonbern ber
ı mich der Urheber feiner Größe, und einer mildern
Staatsver faſſung geworden fey, die nach gehörigen Vera
hälmiffen aus Arittofratie und Demokratie gemifcht ges
e weſen, und felbft vom Lykurg nachgeahmt worden fen *).
Mit dem Tode des Kodrus, hörte zwar der koͤnigli⸗
che Name, aber nicht die koͤnigliche Gewalt auf, indem
» bie Staatsverfaflung durch die Eintretung der beftändis
gen Archonten in die Stelle der Könige weſentlich nicht
ı verändert wurbe *%), Die Vorrechte der föniglichen
2 Ä Ä
4) Thuc. II. 15. Iſoer. II. 261. und Arift, ap. Plut. in Vit,
vi Thefei I. p. 52.
0 In Attika berrfchten von Kekrops an bis auf den Kos
drüs fiebenzehn Rönige während eines Zeitraums von
487 Jahren. Zängt man aber vom Ogyges an zu
. rechnen ; fo dauerte bie Herrfchaft der Könige noch 203
1 Jahre länger. Die dreyzehn beftäubigen Archonten,
die ihnen folgten, regierten zufammen 307 Jahre,
Wenn man biefe Summen zufammen rechnet, fo fonts
J men 1016 Jahre heraus, waͤhrend welcher die koͤnig⸗
liche, oder eine der koͤniglichen gleiche Gewalt in Athen
J bauerte, de Reg Athen. IH, 16.
Eine Nachricht des Heraklides Pontikus: daß bie
Athenienſer die koͤnigliche Gewalt deßwegen abgeſchafft
haͤtten, weil die Beſizer derſelben uͤbermuͤthig gewor⸗
den wären, verdient entweder gar feinen Glauben de
| Civ, Athen, oder fie muß auch dahin eingefchränkt wers
den, daß die Bornehmen darum weiter Peine Könige
geduldet, weil fie ihnen zu beſchwerlich geworben feyen.
> EEE
0: &echfted Bud, .
Wuͤrde blieben in der Föniglichen Familie, und erbten,
wie vorher, vom Vater auf den Sohn fort *). Durch
die Einführung der zehnjahrigen Archonten aber wurbe-
das Syſtem, was Thefeus gegründet hatte, betraͤcht⸗
lich verrückt, indem dadurch die fönigliche, oder eing
der koͤniglichen gleiche Würde, welche bisher erblich und
auf einer Familie ruhend gewefen war, allen edlern Sen '
fchlechtern durch Wahl mirgetheilt, und alfo die Gewalt
ber Vornehmen auf Unfoften der ehemaligen Mache dee :
Könige und des Volks erhoben wurde **). Diefe nem i
Verfaſſung harte obrigefähr ein halbes Jahrhundert ges ı
dauret, als die mächtigen herrfchenden Häufer ihre ges :
wonnenen Vortheile Dazu mißbrauchten,, die Ueberbieiße. :
fel der föniglichen Gewalt und der Freyheit des Voll ı
ganz zu vernichten ***), Sie brachten es nämlich das ı
hin, daß jährlic) neun Archonten aus ihrem Mittel ere
wählt, und unter biefen alle Vorrechte der ehemaligen
Könige, oder der bisherigen beftändigen oder zehnjährle _
gen Archonten vertheilt wurden +). Ungeachtet wir über f
die ,
ann — nen — nenne — — 1
e) Ib. c. 16
©) Dies geſchah DI. VII. 1. Meurſ. 1. 3. Gemeinigllch
glaubt man, daß biefe zehnjaͤhrigen Archonten verbuns |
ben geroefen feyen, von ihrer Regierung Rechenſchaft
abzulegen. Ich finde aber diefe Meynung durch Fein |
einziges Zeugniß eines alten Schriftftellere beſtaͤtigt.
Wenn unterbeffen diefe Magiſtratsperſonen wirklich zur
Rechenſchaft gezogen wurden, fo geſchah es gewiß nicht
wor dem Wolke, fondern vor ben vornehmen Geſchlech⸗
tern, wie aus ber Folge erhellen wird.
0) Dies geſchah DI. 24. 3. Meurf. de Archont, I.c.g.
2) Meurf loc. eit. Unter biefen wurde der erfie Archon,
der auder BaasAzus, der dritte FoAeuaexos, und
bie
Seſchichte der Griechiſchen Sophiſten. ıı
Graͤnzen der Macht der alten jaͤhrigen Archonten gar
e ausdruͤckliche Zeugniſſe haben *), und auch nicht
Verhaͤltniß derfelben zu bem Areopag, und andern
en Gerichten zu beftimmen im Stande find ; fo fann
a doch, theils aus ber Art ihrer Entftehung , theils
tden Namen , die fie führten, am meiften aber aus
Nachrichten, und Urtheilen des Ariftoteles über die
faffung der Griechifchen Staaten.nady den Zeiten
Könige, mit Zuverficht behaupten, daß die Archon⸗
‚ und die Areopagiten, unter welche die erftern nach
legung ihrer Würde aufgenommen wurden, alle ges
jebende und ausübende Gewalt in Händen hatten, und
Volk weber zu hohen Würden, und zu ben Gerichten,
yzur Ernennung und Prüfung der Magiftratsperfos
‚ endlich nicht einmal zur Vertheidigung des Vaters
yes zuließen **). Die Vornehmen waren die einzie
gen
die ſechs Übrigen SeomoIerccs genannt. Zu den Zei⸗
ten des Ariftides und in den folgenden Seitaltern wur⸗
den fie zwar durchs Loos gewählt, Plut. II. p.48ı. Pe-
tit. Leg. Att. p. 219. Meurf. I.c. Allein urſpruͤnglich
wurben fie allein aus ben Vornehmen, und zwar burch
Bornehme ernannt, wie man aus bem Iſokrates II.
261. und Xriftoteles de Civ. IV. 5. & 13. fieht.
) Denn alle Nachrichten Griechiſcher Schrifrfleller von den
Vorzuͤgen und Geſchaͤfften der Archonten gelten nur von
diefen Magiftratsperfonen, wie .Solon fie eingerichtet
hatte. Meurſius hat diefe Stellen gefammlet de Arch,
.c, 9.
* Man fehe bef. Ariſtoteles V. ı3. Kay n Horn ds
roAreia sv rois EAAnow eyevero era Tas P-
DIAEIES , EN TOv MoAeusyrav. N mev eg wexns
ex TV IMTERV. TA YOE IOKUV Holy TV UTELO-
Km
m: Sechfied Buch,
gen Priefter ober heifigen Diener der Götter, bie einzig
gen Richter, Geſezgeber, Heerfuͤhrer und Krieger; die
Mittelmacht hingegen, die ſonſt in der Perſon der Ko⸗
nige und beſtaͤndigen Archonten das Volk gegen die Be⸗
druͤckungen der Vornehmern geſchuͤzt, und beyde einiget⸗
maßen im Gleichgewichte erhalten hatten, war gang
aufgehoben, und das Volk in einem Zuſtande von Scka⸗
verey und Erniedrigung, aus dem es ſchien, daß es
nicht anders als durch eine gewaltſame Revolution her⸗
ausgeriſſen werden. koͤnnte *). IJ
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MEooV. 05 oAsyos T8 ovTes To WANIOS Hacı KOsTos
Tu auvroafıy uAAov vrouEvov To aeXeoIan.
2) Wenn man die Merkmale lieſt, die Arifloteles vom einen
Oligarchiſchen Staate angibt; fo wird man finden, ba
die meiften auf die Verfaffung von Athen, von ber -
vier und zwanzigſten Olympiade an, bis auf bie Ges _
fezgebung Solons paffen. IV. 5. de Civit. Das fichers
fie Kennzeichen der Diigarchie , fagt Ariftoteled, If
biefes, wenn bie erfien Magifiratsperfonen nur aus
Wenigen von Wenigen erwänlt werden; und dieſes
fand wirklich in Athen ſtatt. — In biefem Zeitalter
ber Dligardhie, oder wenn man lieber will, ber druͤ⸗
enden Ariſtokratie hatte ein jeder Archonte feine eigen
uen Befchäffte, und übte die ihm übertragene Gewalt
einzeln ,„ und an befondern, lägen der Stadt aus,
Meurf. I. 9. de Arch. Diog. Laert. I. 58. Selbſt bies
fer Umſtaud beweift, wie viele und große Vorrechte fie
muͤſſen befoffen haben.
Gefchichte der Griechifchen Sophiften 13
Diefe Uebergänge von Königen zu befländigen Ars
mten, von befländigen Archonten zu zebnjäbrigen,
r zehnjährigen zu neun jährlich gewählten waren freye
din Athen, wie in den übrigen Griechiſchen Staaten,
ı beftändiges Fortfchreiten zur Demokratie, weil diefe
ft anders als aus der äußerfien Unterdruͤckung des
Mes durch die Vornehmern entftehen Eonnte 5 allein
n irete ſich gewaltig, wenn man fid) einbildete, daß
dieſe Schritte eben fo viele Fortgaͤnge zur bürgerlis
n Freyheit und Gleichheit geweſen wären *). ‘Die
her erwähnten Veraͤnderungen der Athenienſiſchen
taatsverfaſſung wurden nidye vom Wolf, ober zum
eften des Volks, fondern von ben Vornehmen zue
werdrüctung beflelben, und zur Erweiterung ihrer eis
en Gewalt veranfialte. Diefe Gewalt der Edlen
x, wie die Knechtichaft der Geringern, um deſto grös
', da es bis auf den Drafo gar feine gefchriebene,
x genau beftimmte Geſeze gab, nad) welchen Strei⸗
keiten hätten gefchlichtet, oder Wergehungen rechtmäs
ı härten geftraft werden fönnen, und da noch viel we⸗
ver eine Höhere Macht eingefezt war, durch welche die
ichter zur unpartbenifchen Arengen Verwaltung ibres
nts angehalten, oder wegen ungerechter Ausiprüche,
‚üchfigt worden wären. Alle Nachrichten von auss
iflichen oder gar gefchriebenen Gefezen des Kefrops,
e Geres, des Triptolemus und Thefeus fönnen nach
ser genauern Prüfung für nicht viel mehr als grundlofe
_ Era
e) So irrten @®oguet II. 1. ch, 5. und alle andere Ge⸗
ſchichtſchreiber und Beurtheiler der Athenienſiſchen
Staatsverfaffung.
14 Sechſtes Buch. .
Erbichtimgen fpäterer Zeiten gehalten werben, fo w
es ſich laͤugnen läßt, Daß ſich unter den Bewohnern
Attika von ben Zeiten ihrer erfien Vereinigung an, ı
mehr aber feit der Einführung tes Aderbaues, und
feften unbeweglichen Eigenthums alte gefezliche |
wohnheiten und Herfommen gefunden haben, durch t
che tie Rechte der Väter über ihre Kinder und Weil
die Vorzüge ber Erfigebornen, die Anfprüche aͤchter
maͤchter Kinder beyderley Gefchlechts auf den vätı
chen Nachlaß, die Erhaltung der Güter in den Fa
tien, und die Verhaͤltniſſe zwifchen Mann und Frau
nigermaßen beftimmf wurden *). Nad) folchen gefe
chen Herfommen, oder auch nad) Gurdünfen und
türlicher Billigfeit wurden die Athenienfer von den V
gliedern des Areopags gerichtet *). Vor dem Dr
a
U nd
*) Dergleichen find diejenigen, die Goguet P. II. Liv. T.
IV, Art. VIII. geſammlet Bat, wo man auch bie ang
lichen Geſeze des Kefrope, Triptolemus und Thefi
genannt findet. Unter diefen ſeyn follenden alten (
fezen,, pflegt man ficb am meiften auf die des Zriptı
mus zu berufen. Allein außer daß fie ganz allein ı
einem jüngern , und böchft leichtgläubigen und unzur
laͤſſigen Schriftfiellee angeführt werden, iſt dad e
©efez, was bie Eltern zu ehren gebietet,, gar fein (
fe, und die beyben andern, bie unblutige Opfer v
ſchreiben, und den Thieren Leides zu than un'erfag
niemals in Attika ausgeübt worden. Das zwente I
fer Befeze wurde von andern’ Erbichtern balb dem !
krops, bald dem Drafo zugeeignet.
u.) Mor dem Drako war ber Areopag das einzige böd
Gericht, was über alle Todesverbrechen richtete, D
Po ſezte noch vier andere Gerichte ein, benen die Ar
pagiten einige Sachen abgeben muſten. Die Bewı
ſtellen werde ich gleich an nn
Schicte der Griechiſchen Sophiften. 15
der waren nicht einmel die Strafen der gemeinften,
md in jenen Zeiten fo häufigen Verbrechen, des Mordes,
Ks Ehebruchs, Diebftahls und der gewaltſamen Schän«
bang durch Gefeze beftimmt *), und man fann daher
von den Arhenienfern vor der neun und dreyßigſten Olym⸗
«, piade mit Recht fagen, daß unter ihnen mehr der Wille,
n, md das Gutduͤnken der Vornehmern als das Geſez Rich⸗
„il ter geweſen ſey, und daß ihre Verfaſſung alſo für eine
dl ehr gemaltfame Oligarchie oder Ariftofratie gehalten
u werden muͤſſe **).
; Durch
2
7
©) Dies fagt Strabo VI. 398. Ed. Caf. und wird auch aus
ah der Geſezgebung des Drafo offenbar.
a) Es iſt, ſagt Ariſtoteles, ein Beweis von Oligarchle
| 6ray wexyn MMO vonos, @AA ol wexovres
IV. 5. de Civ. — In ben alten Rednern werden häus
Cı fig Geſeze des Areopags erwähnt, die in eine Säule
es eingegraben waren, und an dem Drte, wo dies Gericht
7 faß, aufbewahrt wurden, Meurf de Areop. c. 3, &e.
e⸗ Aüein dieſe Geſeze waren nicht ſolche, welche der Arcos
le: pag gegeben hatte, ſondern bie ihm vom Drafo und
4— nachher vom Solon waren geſchrieben worden, Hätten
ꝛer ſich beſtimmte Strafgeſeze vor dem Drako gefunden,
ef fo würden die Oeſeze dieſes Mannes überfläffig gewe⸗
Bu! fen, und ihrer ſowohl vom Drako ald Solon gedacht
or worden ſeyn. Solon ſchaffte einige Geſeze des Drako
en ab, und anbere behielt er bey, aber von Geſezen des
dir Areopags fagte er gar nichts... Wollte man unterdeffen
Ko ſolche Areopagitiſche Geſeze annehmen, (und unwahr⸗
ſcheinlich iſt es nicht, daß die Areopagiten Urtheile, die
1 fie einmal ausgefprochen hatten, auch in der Zolge in
ro ähnlichen Faͤllen zur Richtſchuur genommen haben) ſo
eo ° würden auch dieſe beweiſen, daß die Vornehmen bie
ib gefeggebende Macht in Haͤnden hatten.
Se WE
Durch die Geſezgebung des Drafo, der von mie ® |
rernalten Schriftftellern der erfte Geſezgeber der Afes=
enter. genannt wird *), wurde zwar dem Mangel bp
Kimmeer Strafgefeze einigermaßen abgeholten , alleu >
die Verfaffung und Sage des Arhenienfifchen Volks brief lie =
wicht nur unverändert **), fondern wurde nody viel mehe #3”
durch Die tyrannifche Härte der Drafonifchen Geſeze ver⸗ »D
feylimmert. Er beftrafte den Fleinften Diebſtahl, der =
Saum’ biefen Namen verdierite, und felbft den Müffig >=
gang. mit dem Tode, oder mit ewiger Schande, un 13
machte dadurch die Richter zu Herren des Lebens, und IB =
ber Ehre eines großen Theils des Volks **), Sowehl ms
GEEEEEEEEEEREn
#) Gell. XI. 23. Suidas in Voce Draco. Er gab feine *
| ſeze DI. 39. 1. Meurf. Solon. ce. 12. =
1a
“*) Drako war nur, um mich einer Eintheilung des Arl⸗ |
. floteles zubebienen, vouwv dnmieeyos nicht aber auch
Tns WONTEIES wie Lykurg und Solon II. de Civit.
. 20. Die ein und fünfzig neuen Richter, die er allein Tun
aus den Vornebmern wählen. ließ, und in fünf Dias wie
„ ferien vertheilte Pollux VII, 10. übten gememnfchaffte 2
lich nur die Gewalt and, welche bisher ber Areopag .
allein gehabt hatte. Ueber diefe fünf Ditafterien, de VF
nen die Unterſuchung und Beſtrafung von Todesvers
brechen anvertraut war, ſehe man Demoſt. in Timocr, '
437 feq. Ariſt. V.ı6 de Civ. | —
a) Plut. in Sol, I. 349. Pollux VIII. 6. Gell..e. Da #
mades fagte daher von ihm, daß feine Gefeze nidhe «
MeAcvos, wie wir und ausdräden wärden mir Din⸗
se, fondern mit Blut gefchrieben wären. Plur. J. c. |
Heraklides fpielte mit dem Namen bes Gefezgebers und
ſagte, daß die Geſeze des Drako nicht von einem Wiens
den, ſondern von einem Drachen gegeben wären, Arift,
| Rhet.
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 17
e, als bie meiften übrigen Geſeze des Drako, fra,
unverfennbare Spuren an fi), aus welchen man
immt, daß fie zu den erften rohen Berfuchen der Ges
bung gehören, und man fann aud) von ihnen ſa⸗
1, was Ariftoteles von den alten Gefezen der Gries
n überhaupt urtheilt, daß fie fehr unzwecfmäßig und
bariſch gemefen feyen *). Drako nahm ſich in feinen
fegen eben fo wenig vor Widerfprüchen in Acht, ais
das rechte Verhaͤltniß zwifchen der Größe des Ver.
chens und ber Strafe beobachtete. Auf der einen
eite verurtheilte er die Entwender der unbedeutendften
feinigfeiten zum Tode, und ftrafte Dagegen Mord oder
efesiichen Todrfchlag nur mit ewwiger Verweiſung, und
m Berluft aller Büter **). Er nahm fogar Mörber
feine gewiſſe Art in Schuz, und forgte für ihre Si⸗
t, indem er es unterfagte, fie jenfeit der Gränzen
8 Attiſchen Gebiets zu verfolgen, und alle Diejenigen
e Mörder erklärte, und als ſolche zu töbten erlaubte,
e Moͤrdern unter einem fremden Volke Schaden zufüs
m ober fie töbten würden ***). Er geftattete zwar den
lwerwandten der Erfchlagenen, Mörder, wenn fie fich
a, wo fie ſich nicht mehr aufhalten follten, betreten
kßen, zu greifen, fieins Gefaͤngniß zu fühtenz), und °
| wenn
Rhet. II. 25. Selbſt Arifioteles urcheilte, daß feine
Gefeze gar nichts eigenthämliches oder merkwuͤrdiges,
als allein ihre Äbertriebene Härte härten. de Civ. IL. ı0.
9 De Civ. 11. 6. p. 176. Ed. Heinßi, |
®°) Demoft. in Timoer. p. 441. Meurf, Them. Att. 1. 15.
II. ı. Petit. Leg. Att. de Sicariis VER, ı.
—V ib. ) pr 440. Dem,
Zweyter Band, B‘
2
X
IN /
| 177 | .. . Sechſtes Buch. 3 X —
wenn ſie vom Gerichte für ſchuldig befunden worden,
zurichten; affein er verbot es ben Blutraͤchern aufs ft
ſte, Mörder in ihre eigne Haͤuſer zu bringen, fie zu
tern, ober Geld von ihnen zu erpreſſen ®). -
!
©) ib. Iqh table es im geringſten nit, daß Drako bei
vden Wuth der Blutraͤcher Graͤnzen fezte, ſonder
‚96 vielmehr mit dem Demoſthenes, daß er nid,
Mache des beleidigten Theile, fondern das Geſe;
Räder von Berbrechen ; machte. Allein das tadl
Daß er, der die geringſten Vergehnngen fo unerbi
ſtrenge firafte, fo milde gegen bie gefährlichfien
zer der Öffentlihen Rube uud Sicherheit war, um
er vorfezliche Moͤrder für unſchuldig erklaͤrte, fo bi
ur das Gebiet, auf welchem fie gefänbigt hatten,
den verlaffen haben, Zu feinen heilſamſten ©:
' gehörten unſtreitig diejenigen, welche er Äber bei
wallkuͤrlichſten Xodtfihlag „. und über das Strafrech
jenigen gab, an deren eigenen Leibern, oder an
bern, ‚oder Müttern, ober rauen, ober Toͤd
oder Beyſchlaͤferinnen man Gewalt ausgeäbt h
oder ausüben wollte. Er ſprach die erſtern von
Gtrafe frey, und verlieh dem leztern die Made,
Maͤubern ihrer eignen oder Blutsverwandten
And Unſchuld anf der Stelle das Leben zu nel
Demoſt. 435. 40. Die Athenienſiſchen Redner m
‚oft, fo wie einzelne Zacta gerifie, alfo auch gi
Geſeze and Einrichtungen Älter, ald fie find, um
Suhörern zu ſchmelcheln. So gibt Aeſchines bie
‚Brefflichen Geſeze über die Erhaltung der Unfeguli
Knaben und Yünglingen, bie gewiß alle vom Solo
‚ xhbren, für Geſeze des Drafo aus p. 171. Ed, \
inter Demofth. opera, Daß biefe Gefeze nich
Drako zum Urheber. haben, erhellt ans den Zeug:
des Plutarch E 349. in Sol, und faſt aller Ab
Schriftſteller, welche bezeugen, daß Selon une
‚We Gefege des Drake wider Moͤrder uud Todtſch
\
Lo:
Geſchichte der Sriechifchen Sopsiften. 19
Wie treffend die Schilderung fen, bie ich von ber
sfoffung Athens unter den jährigen Archonten geges
ı habe, und wie wenig biefe Verfaſſung durch die Ge⸗
aebung des Drafo verbeffert worden, wird am meiften
wc den Zuftand bewieſen in welchem die Athenienſer
2
ſich
beybehalten, und alle uͤbrigen abgeſchafft habe. Auch
Demofthenes ſchreibt die Geſeze Aber Mord und Todt⸗
flag, deren er in feiner Nede wider den Ariſtokrates
erwihnt, dem Drafo zu, ungeachtet in einem derfels
hen von der Heliaͤa geredet wird, welchen Gerichtahof
erſt Solon fliftete, man ſehe Demofth. p. 432. Für
gänzlich nutergefchoben halte ich das Geſez des Drake
beyım Porphyr: daß man die Götter umd Helden, bie
Ietita beſchuͤzen, nach väterliher Weiſe, aber ohne
Bintige Opfer verehrten ſolle. Wenigſtens fagt Maris
mus Xyrins or. 29. daß Drako gar Peine Geſeze über
den Goͤtterdienſt gegeben habe.
Merkwuͤrdig iſt es, daß die Athenienfer unter den
Archonten gar Peine, und unter ihren Rönigen nur eis
nige, aber ſehr unbebeutende auswärtige Kriege gefährt
haben. Selbſt die Arbenienfifhen Kebuer wuſten in
sen Lobreden, die fie auf ihr Volk hielten, Feine ander
ze große ober glorreiche Thaten anzuführen, als den
Sieg des Thefeus Über die Amazonen und den Eurps
ſtheus, der die Herakliden verfolgte, ferner den Krieg
mit ben Thebanern, bie ben Argivera ihre in ber
Schlacht gefallenen Mitbürger nicht ausliefern wollten,
und endlich bie Ueberwindung der Bewohner des Pelos
ponnes durch den Heldentod des Kobrus Lyf. EriTaD.
p- 28. &fq. Iſoc. orat. I. R 146. Diefe Rube, deren
bie Achenienfer von den Altefien Zeiten an genoffen,
war, mie ih (don im erflen Theile aus dem Thukydi⸗
des 1. 2. bemerkt babe, die Urſache, weßwegen ihre
Sitten fich früher milderten, und warum fie aud im
Stande waren, fo zahlreiche Eolonien erſt in ben Per
: Voponnes, und nachher nach Mfien au fhiden, ©
fich ohngefaͤhr ein halbes Jahrhundert nach dem Drako
fanden, und durch welchen die Geſezgebung Solons ver,
anlaßt, und nothwendig gemacht wurde. Kurz vor Die
fem großen Schöpfer der Arhenienfifchen Staatsverfaf
fung *) waren die Bewoßner von Attifa in drey. Parı
tgeyen gefpalten, Wovon eine jede Die andere zu unter:
drücken, oder zu vernichten fuchte **), Der Pöbel oder
2 | | dei
—7—s
- Vid. Solonis frag, ap. Demofih, p. 234. Ed. Wolßi
FAaracı $ adınaıs seyuacı BEIOMEVON.
| 0 iegwv nreavay, 8Te TI dnnocsav.
. DewWopevoi. KÄENTECW ED aenayn aAAo0Ie
’ | BEAXS ,
Tosur'ndn moon Mokei EEXETOIEAROS aDdunTer
: EIS DE KEHNy TAXEwS NAude daAosuvg.
‘ 1 soow eu DuAov , ToAsuov Yeudors’ ame
= Yeaıpcı &c,
Vid. Ari. II. 10. de Civ. ZoAwva d evios EV osov
Fo (and von diefer Meynung war auch Arifloteles
| wie das ganze Sapitel lehrt) vouodernv YererIe
O780810V. OASYRENIOY TE Yap xœrToœMu—œo⸗
Aay angıTov BCAV, Hab deAzvovr& Toy Öno
TERUTO , Ko ONMOHRGETIEY KATaSNaa Toy ra
Teiav , ——— HAUS Tv FMreucu. vid
etiam Plut. in Sol, p. . 39. As. R
Edit, Reiskii. p. 338. 39. 45. Tom. I, open
9) yo Toy Asangımy Yevös oder die Bewohner ver gı
bärgichten Gegenden fehnten fih nach einer demofrat
ſchen Verfaſſung ro Tov edıewv, ober bie Vornel
men und Eigenthämer fuchten die Dligarchle zu beha
pten: und 05 TaeaAoı ober bie Anwohner bed Meel
ufers hielten dieſe beyden feindlichen Partheyen einige
saßen im Gleichgewicht, damit fie nicht in offenbe:
Krieger Thatiichkeiten ausbraͤchen. PL. I. c.
Seſchichte der Griechiſchen Sophiſten. ar
ver große Haufe war den Vornehmen gänzlich untere
fan, und murde von ihnen auf das graufamfte gemiße
handele. Die Reichern zwangen nämlicd) die Armen,
! Welßee Schulbner waren, entweder als Leibeigne ihre
Felder zu bauen, oder gar ihre eighe Söhne und Töchter
". zu serfaufen, oder auch ſich felbft als Sclaven zu übere
"geben, in roelchem Falle fie oft an Ausländer verhandelt
| wurden. Durch Diefe Härte ber Gläubiger wurden viele
Arhenienfer genöthige, ihr Vaterland zu verlaffen, und
Solon rühmte ſich felbft, "daß er durch feine Geſezge⸗
. bung eine Menge von Bürgern zurücgeführt habe, bie
. fihon ihre Sanbesfprache verlernet, und eine fremde ober
barbarifche Sprache angenommen hätten *). Die Nele
chern ımterdrückten aber nicht bloß bie Aermern, ſondern
„ Viinderten auch den öffentlichen Schaz, und beraubten
: figar Die Tempel der Götter **) Der ganze Staat
- war baber in einer folchen Zerrüctung, daß man nicht
glaubte „ daß er anders, als durch die Ernermung eines
| uneingeſchraͤnkten Heren wieder hergeftellt werden könnte,
Die Kühnern und Staͤrkern aus dem gemeinen Volke
gingen auch wirflich mit bem Gedanken um, fid) einen
| trenen, ſichern und tapfern Sührer zumählen, ihreüber«
mithigen Unterbrücfer zu erwuͤrgen, alle Laͤndereyen von
'neuen zu vertheilen, und eine ganz neue Regierungsform
hren ***),
In diefer Sage der Sachen, fingen bie Reichen
ſelbſt an zu fühlen, daß ihr gefezlofes Regiment nicht
33 laͤn⸗
” Vide Solonis frag. modo eit. & Plut. I, 345.
#0) Solon in fragm. 1. c
ani) 338, 39. Plut, in sol. vita I,
Hänger beftehen koͤnne, unb daß eine fürchterfiche Revo⸗
fution nahe fen , bey welcher fie, als ber wirklich ſchwaͤ⸗
here Iheil, nothwendig am meiften verlieren müßten,
Sie wünfchten daher eben fo fehnlich von ber immer
wachfenden und gegründeten Furcht, geben und Güter zw
‚verlieren, als die Yermern von der Saft ihrer Schulden,
und den daraus entftandenen Gewaltthaͤtigkeiten befreye
zu werben. Beyde fahen fich nad) einem Retter um,
der den Staat vor einem fonft unvermeidlichen Verder⸗
ben bewahren fönnte, und diefen fanden fie bald in Sos
fon, einem Manne aus einem alten, aber damals nicht
fehr begüterten Gefchlechte *), der wegen feiner Weis
heit und Rechtſchaffenheit allgemein berühmt und geehrt
war, ber weder mit den Reichen gedrückt, noch mit den
Armen gelitten, und fich fehon große Verdienfte um feine
Mitbürger erworben hatte **), der auch wirklich die Tu⸗
genb
®) p. 314. 18. Plut, Er war aus dem Geſchlechte der Ras
driden.
au) p. 339. Plut. Er war vorzuͤglich Urſache, daß bie,
welche ben Bott zu Delphi und feinen heiligen Tempel
geſchaͤndet hatten, für diefen ihren Frevel geflraft: daß
Biejenigen,, welche bie Anhänger des Kylon wider ihe
gegebenes Wort felbft an heiligen Pläzen umgebracht
hatten, vor Gericht gezogen und verurtheilt: daß end⸗
lich Epimenided aus Kreta herbey gerufen wurbe, um
bie Stadt von aller Schuld, die noch auf ihr ruhen
mochte, zu reinigen, und die verwilberten Gemuͤther
der Athenienfer durch Religionsgefühle,, und neue feye
erliche gottesdienftlihe Handlungen fanfter zu machen.
Plut, 333- 36. Plutarch fagt, daß Solon diefen Geut
gefälligen Mann, der ein großer Prophet in feinen
Volke war, als einen Borläufer oder Worbereiter zu
feiner Geſezgebung gebraucht habe.
’
Gedichte der Griechiſchen Sopfiken 23
; gb. mehr als. Reichthum liebte *), und das Wohl fels
| ws Baterlandes eifriger, als eigne Herrfchaft fuchte**).
Wegen dieſer hervorſtechenden Vorzüge, erwaͤhlten ihm
die Partheyen im dritten Jahre der ſechs und vierzigſten
h
|
'
)
D4 Olym⸗
———
®) Vide ĩpſ. fragm. ap. Plut. I. p. 317
KENMEETOS du IMEIEn EV exem, —X —RXC
un eIeAw. Favros ussgov yAdE dımn.
wur ©. 318. MoAAoı yaa ABTECI worxor a yaren
. de mevavraı,
AA. npeıs suros a diesmenVowede
INS OLETNS- Toy TÄBTOV. ETEL TO MV EUTE-
ve
xenpara 8 avdenmav mAAoTe oAAor eryen
9) Wiele feiner Freunde ermunterten ihn, fich zum unue
— — — —
ſchraͤnkten Herrn von Athen zu machen, allein er ſchlug
es mit bewundernswuͤrdiger Standhaftigkeit aus, feſt
Aberzeugt, daß die Begluͤckung feiner Mitbürger, sub
die Erſchaffung einer neuen beilfamen Negierungsforms
ihm groͤßern und dauerbaftern Ruhm bringen würde,
als bie ungerechte Anmaßung einer Gewalt, die er nur
wenige Jahre behalten, und vielleicht nicht einmal,
aber doch nich anders als durch neue Ungerechtigkeiten
behaupten könne: J
sı de ns, (fage er beym Plutarch p. 341.) Pe
sun mosreidos (Tugawıdos Yap nass (öms
aeg 8 nadtnyaun) Miovaı os 06.
Too uva HAEOS, 8dev audapaı. TAEY Yaa
ode vınnasw donsıv mavTas avIERTES,
Seine Zeitgenoffen konnten ſich nicht zu ber uneigen⸗
nuͤzigen Vaterlaudsliebe, oder der edlen Ruhmbegierde
erheben, welche ven Solon bie hoͤchſte Gewalt verachs
ten machte. Sie legten ihm vielmehr feine Gleichguͤl⸗
tigkeit gegen eine Koͤnigskrone zur Einfalt aus.
&%, sDu (fagten fie Solon frag, ib.) ZoAwy BaIu-
Deo,
24 Sechſtes Bud.
Olympiade, etwas weniger als ſechs hundert Jahrel von
Chriſti Geburt, nicht nur zum Archonten, ſondern auch
zum Geſezgeber *), und gaben ihm unumſchraͤnkte
Macht, den Staat nach ſeinen beſten Einſichten zu ord⸗
nen, alle Geſeze oder Aemter, die ihm nachtheilig fehle
nen, abzuſchaffen, und hingegen andere, die er für nuͤz⸗
lich halte, zu geben und einzufezen **). So lebhaft
Solon feinen Mitbürgern vorber die Greuel der Anar⸗
hie und Gefezlofigfeit gefchildere, und fo Fraftig er ſie
auch zur Einführung einer befjern Regierungsform ets
mahnet hatte ***); fo fehr zwenfelte doch diefer große
Mann eine Zeitlang, ob er felbft an das wichtige Werk,
deffen Vollendung man von ihm erwartete, Hand anle
gen follte, weil er fi) vor dem Uebermuch der Vorne
mern und vor der Bierigfeit der Geringern fürchtete }).
Endlich gewann aber doch zu feinem unvergänglichen
Ruhm, und zum Heil feines Vaterlandes, die Begierde
feinen Mitbuͤrgern zu dienen, über feine Befürchtungen
die Oberhand, und er fezte ein Unternehmen muthig und
gluͤck⸗
Dewv, ade BsAneıs avne. Er9Aw Yae Yes
edorTos, &UTos 8 ede£aero. x. T. M. |
®) p. 339. Plut..
®*) Plut, I. 348. — x Tov 00Awv TNS Kolıreias
dogdwrnv was vonodernv amedeıkav. 8 To men,
Tu 0 8%, mavre D öuaims emıren)avres,
BEXES, ENHÄNCIOS , dinassneıc, BsAos. nous Fi.
np TETWy ENaSE, Mas EDV nos are
ogICvTo, Auovra ns DUACTTOVTE TOy UT
xovrav nu nadeswrav oTı doxom.
““®) Vid,. fragm. sp. Demofth, p. 234.
?) ap. Plut, p. 339.
Behticte der Erieifhen Sopfifen. 5
dich durch, worinn er fih anfangs nicht ohne aͤngſt⸗
e Eorge eingelafjen hatte *).
Schon gleich die erften Schritte, bie Solon als
fgeber that, zeigten, wie lange er über das, was
hit ausführen follte, nachgedacht hatte, und wie fehr
u gefchickt war, das erhabene Gebäude von Gefes
zu errichten, welches die großen Schriftfteller und
ntskundige in allen nachfolgenden Jahrhunderten als
unverbeſſerliches Mufter einer volllommenen Regie
geform für ein ſolches Volk, als das Achenienfilche
x , bewundert haben **). Er fing bamit an, den
| 5 kran⸗
Es war eine bloße Verlaͤnmbung bes Phanias von Less
bes, wenn er fagte, daß Solon durch beträgliche Vers
beißungen zur Ehre eines Arhenienfiihen Geſezgebers
gelangt fey. Er babe (erzählte dieſer Schriftſteller) den
Neichen eine Beſtaͤtigung aller ihrer Forderungen, und
ben Armen die Anstheilung aller Ländereyen verfpros
hen ap. Plut. 39: Wenn dieſe Nachricht auch niche
mir denn ausdrücklichen Geſtaͤndniſſe des Solon firitte
ib. fo würde man fie doch deßwegen verwerfen müffen,,
weil eine ſolche Werfchmiztheit dem ganzen Charakter
des Solon wiberfpricht,, und auch andere Beftunungen
und Abfichten voraus fest, als Solon durch feine Ges
. feggebung zu erreichen fuchte.
0) Alle Zapler der Geſezgebung Solons verwechſelten die
—— und Verderbniſſe der Achenienfifchen Ver⸗
fung, an denen ihr Urheber unfhuldig war, mit den
Einrichtungen, die Solon gemacht hatte: dies that
unter den Alten vorzüglich Polybius VI. 42. und uns
ter den nenern Goguet II. 1. Ch, IV. i. Vom leztern
wımbert es mich um deſto mehr, baß er fo ganz verfchies
bene Dinge und Zeiten verwechfelt hat, da er ein fleis
iger Lefer des Ariſtoteles war, ber ihn an vielen
Stellen eines beſſern hätte belehren koͤnnen.
2: Cedhfie Buch.
kranken Staatskörper zu heilen, und bie e __
Uebel zu befämpfen, die bisher die Hauptquelle
Unordnungen gewefen waren, und wenn fie fortgebammm
‚hätten, auch inimer eine Quelle von Aufrühren und il
‚einigfeiten geblieben wären. Er bob auf einmal bie num
‚berifchen Gefeze bes Drafo auf *), biejenigen aue—
nommen, welche diefer Gefezgeber wider Mörder er-
Todefchläger gefchrieben hatte; und tilgte zugleich —
Schulden, oder verminderte fie doch fo fehr, daß =
aufbörten, befchwerlich zu ſeyn **). Mit diefer lem.
Einrichtung waren anfangs fo wohl Arme als Reihe -
‚zufrieden, indem bie einen eine gleiche Austheilung =
Güter, und bie andern eine ungefränfte Erhaltung _ -
res Eigenthums gehofft hatten ***). Allein beyde —
ben bald die unumgängliche Nothwendigkeit und He
ſamkeit der allgemeinen Schuldentilgung ein, und ſtix
sen zum ewigen Andenfen berfelben ein Seft, bas
Namen ber Abwerfung ber Saft erhielt, unter weich
das Volk bisher gefeufzt harte +), Zugleich verbot E
Ion zur Verhütung eines ähnlichen Unglüds auf 2
. %) Plut. I. 349.
®*) Heracl. Pont. de.Civ. Athen, Plut. I, 344. Nur
nige Schriftfleller, und unter diefen Audrotion, fag
daß Solon nicht alle Schulden getilgt, fondern nuı
durch vermindert habe, bag er die Zinfen ermichel
und den Werth der Münzen un ein Viertel erb
Plutarch felbft haͤlt dieſe Meynung mit Recht füı
wahrſcheinlich; denn die Zinſen blieben auch in de
ge ſtets ſehr hoch, indem man nach den Geſezen
von hundert fodern konute.
cy Plut. I. 345.
N ib. p 348.
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 27
m, daß ein Athenienſiſcher Buͤrger jemals ſich ſelbſt
ind feine Freyheit feinen Glaͤubigern uͤberantworten, oder
feine eigne Kinder als Sclaven verkaufen ſolle, ausges
men wenn Die leztern ihre Ehre und Unſchuld muth⸗
fwilee Weiſe geſchaͤndet hätten *). |
KR Nahviefen Vorbereitungen ging Solon zur Um⸗
ſcheffing der Staatsverfaffung felbft fort. - Er madıte
es zur Örmdlage feines Syſtems, daß nicht wie bisher
ein kleuer Theil des Volks herrfchen, und der größte
Thel deſebigen dienen, ſondern daß das ganze Wolf im
n Weg da hochſten Gewalt fenn ſollte. Er übergab da⸗
ehx der Volk und diefem allein die Macht, in feinen
) age rechtmäßigen Verſammlungen, in welchen
» Der Reihe nd Vornehme nichtmehr als ber Arme und
W einge galt, durch die Mehrheit der Stimmen Krieg
N ud ätiede zu befchließen, Bünbniffe mit andern Staa«
re tm crichten, zu erneuern ober aufzuheben, alle Ma⸗
; Shratsperfonen zu wählen, zu prüfen, und wenn fie ihe
# atgewiffenlos verwaltet hätten, zu beftrafen, endlich
de Geſeze abzufchaffen , und neue nüzliche einzufüh-
m), Die Gerichtsbarkeit theilte er unter das Wolf
wie Tribundle aus, die in den dlteften Zeiten oder
ah vom Drafo waren errichtet worden ***), Die Un⸗
erſuchung und Beſtrafung aller öffentlichen Verbrechen,
des Mordes , des Todtſchlags, der Vergiftung , bes
gewaltfamen. Angriffs und gefährlicher Werlezungen, dee -
Varaͤtherey des Vaterlandes , ber Verderbung ber vaͤ⸗
ter⸗
. 51. Plut,
et se. lſoer. 1.319. & ſq. & Ariſt. II, 10.
“ib _ |
terlichen Religion u.f. vo. blieb nach wie vor dem A x
pag, und den übrigen Gerichten, vor welche ſolche
chen vor dem Solon gebracht wurden, Die Entf
bung von Privatfireitigfeiten übergab er hingegen: rum
rern neuen Tribundlen, die aus dem ganzen Volke dırm
Loos gewählt wurden *).
\
mem
. %#) Plut, I. 350. Ariſt. IF, 10. Ich zweyfle fehr daran
Plutarchs Behauptung allgemein wahr fey: daß
fon die Appellation von den Ausſpruͤchen aller
Tribunaͤle an die Wolfsgerichte erlaubt Habe, EN
Solon dieſes gethan hätte; fo würde Ariſtoteles
die Macht des Areopag als eine Miſchung von DEE
hie in der Athenienfifchen Negierungsform ange
(II. 10.) und er eben fo wenig ale Iſokrates E
334. und alle übrige Schriftfteller die Schwächung
Anfchens dieſes Gerichtshofes dur den Ephlalte —
eine Hauptveränderung In der Athenienfifhen Grm
verfaffung gehalten haben. Auch wäre es aldbann AM
wahr, was Plutarch felbft und Ariftoteles fangen, F
Solon den Areopag und fein ganzes Anſehen bedrd
babe, und daß biefes hohe Bericht in den Perſtich⸗
Kriegen am mädhtigften geweſen ſey V. 4. de Cie
Selbſt die Beyfpiele von Much, womit der Areche
auch nach den Zeiten des Ephialtes Verbrecher beftraftg
bie das Volk frey gelaffen hatte (ſiehe Meurſ. Are
e. 9.) feinen zu beweiſen, daß folhe Ausaͤbunga
ihrer Gewalt nur Wieberanmaßungen ehemaliger Bey
rechte gewefen feyen. Entweder alfo muß man behan
pten, daß von ben Ausſpruͤchen des Arcopag befgg
ders in peinlichen Fällen vor dem Ephlaltes gar kein
Appellation flatt gefunden habe, oder baß dies Kriby
nal au, was aus einigen Leberreften Areopagitiſche
Entfheidungen (jiehe Freheri Decif, Areop. in Graewi
Tbef, V, 31. 32.) nicht unwahrſcheinlich iſt, Priwal
ſachen angenommen, und daß man In foldhen Fälle
an bie nenen Bolksgerichte habe appelliren koͤnnen.
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 29
So unumſchraͤnkt auch vielen die Macht ſcheinen
, welche Solon dem Volke gab; fo urtheilten doch
Koeln *), und Iſokrates **), die beyden heftigſten
Wönfiher der ſpaͤtern Ochlofratie, oder der Poͤbel⸗
! Memo ihrer Zeit, daß dieſer Gefezgeber dem Wolfe
nicht mehr Gewalt überliefert habe, als unumgänglich
iethwendig war, daß ohne dieſe Gewalt der Pöbel im⸗
. mer Sclab und ein Feind der Verfaſſung geblieben wäre,
und endlih ohne diefe Vorrechte gar Feine Freyheit wuͤr⸗
» de Stat gefunden haben, bie darinn beftehe, daß alle
Bvbꝛ talweiſe regierten und regiert wuͤrden, und daß
ſe auch c an Gerichten, und an Berathſchlagungen,
Da bei zuze Volk betraͤfen, Theil naͤhmen ***), So⸗
LT wirflid das Volk, dem er die hoͤch⸗
he übergeben hatte, auf fo mannichfaleige Arten
| der Pöbel den Vornehmern nie hätte fchaben,
Y ‚den Staat ins Verderben flürzen Fönnen, wenn man
Luk bie angelegten Feſſeln in den nachfolgenden
an hätte. Er bändigte das Volt
‚pr und am meiften dadurch, daß er alle Aermern,
bie nicht ein gewiſſes Vermögen befaßen, von den öffents
ken Würden ausfchloß, daß er alle Magiftrarsperfo-
4
de Civ. II, 10.
1. 331. & ſeq. II. 248. 257.
væ, II. 1. VI. 2. de Civ. @yoe, fagt er an ber erftern
Stelle, eEacın nowvwvew wenns BaAeuruuns n
j KEITIUNS , WOATUV 9 H AEYouey EWOH TAUTNS
Fns Molews. Momee 0 AcyJeıs ev ev Inme-.
KErT ic parıs 834 TOAITNS , EV de TaIS aAAMUS
SVÖEXETO MEY 8 KNV AVOSYHB0V.
n
90 Sechſtes Bud). nn
nen nicht durchs Loos, fonbern durch die Stimmen dahie
verfammleten Volks wählen ließ, und daß er mit öffengher
lichen Aemtern zwar große Ehre, aber gar Feine Elfi?
ünfte verfnüpfte.e Eine jede diefer Einrichtungen ih,
von den verftändigften Männern des Alterthums af. :
ein Meiſterſtuͤck der gefezgebenden Weisheit gepriefemi
worden. zn
Solon theilte das ganze Volk in vier große Clafſaiſ
ein. Sn die erſte fezte er diejenigen, bie fünf hunbertälf
in die zweyte folche, die drey hundert: in die dritte fo
die zwey hundert: und in die vierte endlich diejenigen Te
die weniger als zwey hundert Maaß trockner und flüfWr
ger Sachen ober Früchte einerndteten *). Won degli
vier Claſſen von Bürgern ließ er bie drky erftern 6
weitere Unterfchiede zu allen Aemtern und Würden
bie vierte hingegen, welche bie Unbegüterten ober
it
%) Plut. I. 348. 49. Ariſt. II, 10. & Legem Atbenienfume .
ap. Demofth. in Macartat p. 665. Plutarch und dad N
Se beym Demoftbenes flimmen in den Benennums ir
gen zufammen, welde biefe Elaffen von Bürgern ers;,
bielten. Beyde nennen die von der erſtern Glaffe, und.
biefes thut auch Ariſtoteles, Fünfhundere Scheffler.
Trevramnocsonedsuvss: bie von ber zweyten Trans _
oder ITRada TEABYVTAES: bie von ber dritten deu
Yıras , unb bie von ber vierten eudlich Rrac.
Ariſtoteles hingegen nennt bie von der zweyten —
euyıras, und bie von ber dritten irrexs, wel⸗ 8
he er mit einander verwechfelt zu haben ſcheint. Daß r
Solon unter ben fuͤnf hundert Schefflern nicht folge „
werftanden babe, die fuͤnf hundert Hedsuvas ausfäcten, u
babe ih in meiner Abhandlung von dem Luxus DE u
Athenienſer gezeigt. i
GSäecſſchichte der Sriechifchen Sophiſten. 3x
el in fich faßte, Fonnte Feine eigentliche Aemter be⸗
en, fondern mußte ſich mit der Freyheit in den all»
einen Volksverſammlungen zu flimmen, und mit
‚Vorzuge, zu Richtern erwaͤhlt werden zu koͤnnen,
ragen *). Durch biefe Eintheilung ber Bürger ges
u Solon viele hoͤchſt wichtige Vortheile, unter wel⸗
‚feiner dem Scharfſinn des Iſokrates und Ariftotes
mtgangen ift. Indem er die höchften Würden einem
a offen ließ, der gewiſſe Einfünfte haben wuͤrde,
hee ex Feinem der Aermern die Hoffnung das, waser.
wur werben könne, dereinft einmal zu werden. Er
duerte Vielmehr den Fleiß und vie Thaͤtigkeit ber Ges
perm, und vermied zugleich allen ben Schaden, ber
Oiigarchiſchen Verfaſſungen, oder mit einer Regie⸗
geſorm, in welcher ftets biefelbigen herrfchen und bes
ſche werben, unvermeiblic, verbunden ift **). Auch
bie er es bahin, daß nicht armfeelige, und eben deß⸗
en beftechliche und raubfüchtige Perfonen, die weder
$eiber durch gumnaftifche Uebungen zu Eriegerifchen
eiten geſtaͤrkt, noch ihre Seelen zur Verwaltung
jtiger Gefchäffte gebildet hatten, ſondern allein anges
me und fähige Männer, benen ihre beffern Gluͤcke.
uMe
d Plut. & Atift. Il. cc, Iſoer. I, 323, & feq. II. 248.251.
Es giebt, fagt Ariſtoteles, Würden oder Aemter, die
auf eine beflimmte Zeit, und wiederum folche, bie
auf eine unbeſtimmte gegeben werden. Won ber leztern
Art find die Würden bes Nichters und bes Bürgers,
ber in Öffentlichen Volksverſammlungen feine Stimme
geben Bann. Diefe bepben Würden koͤunten aber doch
"ame umeigentlich fo genannt werben UL ı,
®) Arift, IU. 6, VI. 14. de Civit,
a Sehfles Buch.
umftände zur Führung öffentlicher Henıter Muße geı
übrig ließen, mit den erften Würden bekleidet wurden
Soon unterfchied, fagen Plato und Iſokrates, zwo
ten von Gleichheit, oder vielmehr Billigkeit; die ei
die alles zu gleichen Theilen austheilt: bie andere,
einem jeden dasjenige giebt, was ihm zukoͤmmt.
verwarf bie erfte, die Gute und Böfe, Faͤhige und T
fäbige gleich feze, als ungerecht, und führte hinge—
diejenige ein, die einen jeden nad) feinen Verbienf
belohnt oder beftraft, berworzieht oder vernachläffige *
Endlich befriedigte Solon beyde Partheyen, die meiſt
in allen Freyſtaaten gegen einander aufgebracht find, ı
wovon die eine faft immer Unrecht thut, und bie and
Unrecht leidet. Die Armen und Geringern freuten ſi
daß fie alle Magiftratsperfonen wählen, prüfen und fi
fen , und bey vermehrtem Vermoͤgen felbft zu allen €
r
ö—⸗ — —
®) Arift. VI. 4. Iſoer. II. 248. 257. beſ. 321 8:
ws de GUVTouWS EIMEI „ EHEIVOL ÖIEYVOROT
naov, 071 des Tov ev Önuov woTree Tugasvoy x
Yısavas Tas wexas, mas noAufew Tas ef
KaETaVovTaSs ,_ Nas REVEV TEL Toy 0
Osoßnrsuerav Tas de ayoAm ayew duve,
vos, nous Piov Mœvov KenTnuevas, EWIMEÄRICN
Toy How), BITTER OIHEIOTETMV. Has OsHahı
HSV ‘YEvouevas eRAIVEICIOL, nos Segyeıy Ta
TyV TAMAKV. NOKwS de diosunoavrass pendeni
cuyyvwuns TUYXaven, AAAE Teus Meyıse
(nuiais TEUTITTEN.
&#) Plut. de Leg. VI. p. 557, & Uocr. I, 331, Diefer (
danke liegt bey der berühmten Ariftotelifchen Eintl
fung der Gerechtigkeit in die austheilende und ſtrafe
zu Grunde, Ethic. V. 3. 4.
Geſchichte ber Griechifchen Sopfiften. 33
mftellen gelangen Eönnten; und bie Reichern und Vor⸗
khmen Hatten feine Urfache fich zu befchweren, daß fie
vom fehlechtern Menfchen regiert, ober biefe ihnen vorges
fegt würden *). Ein folder Staat, fagt Ariftoteles,
muſte nothwendig gut verwaltet werben, und unter bet
Herrſchaft der Geſeze ftehen **); und wie, ruft Iſokra⸗
tes aus, wäre es miöglich, eine vollflommnere und fefter
gegründete Demoftatie zu erfinden, als in weldyer alle
Magiftratsperfonen vom ganzen Volke ermählt und ges
richtet , aber nur die beften und fähigften Bürger zu oͤf⸗
ſentlichen Ehrenfiellen erhoben wurden })?
Mit nicht geringern Sobfprüchen, als womit biefe
WBeitweifen von ber Verordnung über die Beſezung ber
Aemter reden , erheben fie ein anderes Geſez Solons,
wermöge deſſen Magiſtratsperſonen nicht durchs Loos,
N“ fon«
®) Ayayın de KOAITEUOMEVES ET KoNTeveaYoy
xoAms. di TE Yae woxcu ces die ray Berrı-
Say ETOTOA, TE ONUS Bsrouevs, nu rois
zmienenw 8 DIovsvTos. 4 TOIS ETTISNEOH K08
YYmeimois EonBCV esveu TaUTnv Tyv TaEıv. 0g-
Korn voe ax Um Ray Xeıgovay. x wefR-
0 dinaıws, dia To TOv EUdUyay Eivas KUgIEs
Eregas. VI. 4. de civ. Ariſt.
IV. 6.
d Ilocr. 1.324. Kaı ro mus a Tıs Taurns n e-
Basoreeav, n ÖIxwsoresuv Önuoxgoricv Eugos,
TIS TES MEV dWATWTaTES emı Tas meafes
nadısucns, aurav ds TETay Tov Önmoy Kugiov
BOBONS.
Zweyter Sand. \ €
/ N j [a6
ſondern durch die Stimmen des Volks gewählt wurben
Durch dieſes Geſez behaupteten die Vornehmen
Mächtigen ſtets einen drogen Einfluß auf die Wahl.
Magiftratsperfonen und die Belezung von Ehrenitet
Denn ungeachtet nach) der Soloniſchen Geſezgebung
edlen und reichen Gefchlechter den gemeinen Mann n
mehr willkuͤrlich beherrfchten, oder druͤcken konnten
blieben Doch diefe noch immer ohngefaͤhr in’eben der‘
haͤngigkeit, in. welcher in Nom zu den Zeiten der Fi
beit die Clienten von den Patronen waren, und:die g
natuͤrlich Daher entftand, daß bie Geringen faft alle.
und durch die Degürerten ihren Lebensunterhalt verd
ten **). Die-reichen: Häujer alfo, die vielen Aerm
Arbeit und Nahrung gaben , Eonnten ſich mi
Rreunden immer fehr viele Stimmen verfchaffen , in
izhre Elienten;es nicht wagen durften, wenn fie au
nicht ihre Befchäzer und Wohlthaͤter beleldigen wol]
ihre Stimmen andern als ſolchen zu geben, für-bien
fie gebeten hatte. Aus dieſem Grunde fehen daher
. 1 u
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*) Ioer. 1. 322. Erste zo Önuorinwregog er.
Cop Tœurnm Ewa TV naTazarv, TS: die
Auyyave Yıyousıns. Ey nev yag Ty nAnpa
. EN TUynv Bexßevew vos FONDS AmWee:
rœcx aoxXas Tes OMYAEXIaS —
de TW BOOREWEIW TBS ETIEIKESATES,: Toy dy
< 2020 Iaı nugıov EAeoIcıı TBS Cyaravyras mo
Sa vuv nadesweav roAsreiay. Vide etiam A
de Civ. II, 16. & IV. 9. Aoxeı Innoneurinov
sy, To KANEnTOS EIVALTAS GEXaS, TO d’
cgerœc, oAıyaoxınoy. &c. BEE =
@#) Iocr. 1. 326. Befonbers leſe man den Polybius
ben großen Einfluß, den der Senat in Rom in &
Kacktzqht auf ven Plebs hatte. if, VL I, ‚
_ “ *
1
F
Geſßchichte dex EiechiſchetʒSophiſten. :
Irxiſtoteles als Cicero die Arc, Magiftenröperfoneg - -
re Stimmen zu ernenuen als heilſam ud
Iefkarifch; und. hingegen eine jede andere Att,. wie Ä
Ward Steinchen ‚oder Täfeldyen ober durchs foos, . \
| ung eines jeden ‚geheim und unbefatint blieb, .
Urtheil gar-aufgeboben wurde, als ochlo⸗
und verberbli an ?). on
- Eine nicht minder vortreffliche Einrichtung vs. . '
War diefe, Daß er bie treufte Verwaltung oͤffentliche
hin nur allein durch Ehre und Anſehen, aber gar |
it Geld und andern Vortheilen belohute, und daß Buy
Base. Diejenigen, welche. die ihnen anvertraut Ä
Ben; geöiffenios geführt hatten , ſtrengen Richtern
Iyoriere. Zu ben Zeiten der Borfaßren, ſagi
), buhite man nicht, wie jezo um bffenel
fitteen , weil man fie mehr für befchwerliche Boͤr⸗
si für Gelegenheiten fich zu. bereichern, oder für.
Merägliches Gewerbe anfah. Damals war es viel
jeger,. Perſonen zu finden, bie Öffentliche Aemter
ebmen wollten, als jezo folche, die auf Feine Eh⸗
elien Unfprüche machen, und das Volk muſte da
veilen geoße Männer faft zwingen , hohe aber bes
Er € .2 fchwers
4 Man ſehe Ari. de Civ. IV. 9. mb was Eicero de Leg:
30. 15. 16. fiber die leges tabellarias ſagt. Bepbe
Weltweiſe dachten mit dem Sokrates uͤbereinſtimmend,
als welchem ſeine Klaͤger vorwarfen, daß er den Athe⸗
nienſiſchen Juͤnglingen Geringſchaͤzung der Geſeze ſei⸗
.. „ner Vaterſtadt eingeflößt habe, Indem er es für thoͤricht .
‚erklärt, bie Regierer der Stadt durch's Loos zu wählen, -
da man anf diefe Art weder Gteuerleute, noch Baus =
m meifter, no Flaͤtenſpieler, noch andere Känftler und
Arbeiter, deren Fehltritte mit viel geringerin Schaden
.. für's Ganze. verbunden fepen, zu wählen pflege. Mc»
“ mor. Socr. 14.2. p. 12. Ed. Thiem,
io) Arsop, I, 384. 23. Paneg, Di, 256, Panathenaie,
BE ver
FE 777 Gen
werliche Wärben anzunehmen *). Wenn jemand
mt erhalten harte; fo forjchte er nicht gleich am erf
Zage feiner Einfegung nad), ob feine Borgänger mi
hoch irgend eine Duelle des Gewinnſtes uneröffner ı
Ungenuzt, fondern ob fie nicht etwa ein bringendes 4
äfft vernachläfligt oder unvollendet gelaffen haͤtten.
Durch diefe Abfonderung aller andern Bortheile von |
Ehrenftellen (die der oͤffentlichen Hochachtung if
itbürger ausgenommen) erreichte Solon den grif
Zweck, daß die Aermern, welche ihrer Dürftigfeie
gen nicht zu dffentlichen Magiftratsperfonen erwaͤhlt n
Ben fonnten, ihre Obern und Borgefesten gar niche.
neideten, und fich auch gar nicht nad) dem fehnten, n
e nicht erlangen oder befizen Eonnten. Weil gar fe
infünfte mit ben öffentlichen Yemtern verbunden £
ren; fo wollte der Pobel, der immer begieriger fe
Vortheilen, als nad) Ehre und Anfehen ift, lieber
beiten, als fich mit den Angelegenheiten des Staats
fangen **). So wie aber Solon dafür ſorgte, 1
Feine unwuͤrdige oder baabfüchrige Mienfchen fich In w
tige Aemter einfchlichen, oder einzufchleichen tuft Ge
men; fo forgte er auch dafür, dag Magiftratspers
bie ihnen anvertraute Macht nicht mißbrauchen for
ten, indem er fie alle vom ganzen Bolfe, oder von P
fonen , die aus dem ganzen Volke gewählt wurke
prüfen, und nach abgelegten Würden richten ließ. (
machte das Volk, um mich einer Redensart des Iſokt
t
XBXCD
") Dies leztere ſagt Demoſth. in exordiis,
°®) VI.4.deCiv. Ein Beweis diefer Bemerkung, fest 4
ſtoteles hinzu, iſt dieſes, daß mehrere Völker «a
Despotien und Dligarchien geduldig ertrugen, wenn
nur nicht in ihren Arbeiten geſtoͤrt, und des Ihri
beranbt wutben.
Geſchichte der. Sliediſthen Sophiſten. 37
—* *) prebienen, gleichſam zum Tyrannen derer,
ga welchen es regiert worden war, um die Uebertreter
* und ihrer Pflichten zu zuͤchtigen; und zwang
Ye Rapifirarsperfonen , durch die Furcht vor der Stra⸗
fe, Ina Yemter treu zu verwalten, und nicht alles zu
„un, a wollen, was ihnen beliebte **),
"
—X
|
r
Ale⸗dieſe Berorbnungen waren eben fo viele Zuͤ⸗
ee womit Solon den Pöbel baͤndigte. Ein anderer
ftarfer , aber nur weniger fichtbarer Zügel,
war — — von Geſezen und Einrichtungen,
weh er den gemeinen Mann zur Arbeitſamkeit ans
grieb. Ebegnuͤgte fich nicht damit, die Geringern durch
Der ſchueihehafte Ausfiche, mit der Verbeſſerung ihrer
Gbhiasftände fich zu den erften Waͤrden hinaufſchwin⸗
we aan sum Zleiß oder zur nüzlichen Geſchaͤfftig⸗
N muntern, fondern er noͤthigte fie auch gewiſſer⸗
* indem er den Areopagiten die Macht gab,
'N aedieinigen, bie Feine ehrliche Handthierung trieben,
Ku Outbefinden zu ftrafen *""), und indem er die Soͤh⸗
| vr ben ae oBerbindlichfei losſprach, ihre Däter im
Alter ernähren zu dürfen, wenn fie von ihnen
uhr ju nuͤzlichen Arbeiten oder Handwerfen wären ans
Er , oder darinn unterrichtet worden 7). Auf
Art wandte er das Volk zum Feldbau, und zu ans
beennözlichen Gewerben hin, indem er wohl wufte, daß
Srögheit die Mutter der Armurh, und Armurh bie
One: aller Bosheit und Mieverteächtigfeit fey TI): daß
3 ein
a, ”
9 1. 323.
**) Ariſt. VI. 4.
#) Ifocr. I. 334. Plut. in Sol. L 361.
'%) Plut..I. 360.
4) Ilſoer. L 333.
N —
BE She Bu
‘ein duͤrftiger Pöbel einen jeden Freyſtaat ſtuͤrze
ein folcher fters anf öffentlichen Pläzen herumtrei
zufammenlaufe **), und fich ſtets nach fremder
oder nach Neuerungen fehne, wodurch fein Zufl
beffert werden fonnte: und daß hingegen Diejen
mofratien die vollfommften feyen, in welchen d
‚aus Aderleuten- und Hirten beftehe, als welche
xe tebensart zu allen Muͤhſeligkeiten des Krieges
tet, und im Frieden durd) ihre eigne Arbeiter
‚beichäfftige würden, als daß fie fich gerne oft ı
Jen, oder um andere befünmern, und ihnen zı
ſuchen follten 7). Solon .erreichte auch fein
% Ari, de Civit. VL 5. 727. p. Eı
AR des Tor arnIwvws —R scar
TAnDOS an Asav amopov y, Taro'yae ı
noxIngav was Tv dnmereurian.
,) 1b..c 4. p. 714 715. 0 yag Biss
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» Ariſt. de eirit. VI. 4. p. 710. BeArısas Ya
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BEXEN, 078 av unYy ANMURTE Meyı
Gekbichte der Griechiſchen Sophiſten. 39
dollkommen, wie man aus ben Schilderungen ſieht, bie
2 Sfofrates von den Athenienſern vor und kurz nach den
Serfiihen Kriegen macht *). Much dem Berichte dies
Redners brachten die meiften vornehmern Athenienfer
‚wach im Zeitalter des Ariſtides den größten Theil bes
Jahn auf dein Lande zu, wo fie größere und geraͤumi⸗
gere haͤuſer, als felbit in der Stade harten. Sie fas
men nur ſehr ſelten, nicht einmal ſtets an großen Feſten
‘gr Stadt, weil fie lieber das Ihrige in, der Stille ges
‚mießen, als an gemeinfthaftlichen fuftbarfeiten Theil neh⸗
Amen mehten. Auch unter den Aermern durfte Feiner,
Der Wi jur Arbeit hatte, befürchten, in fchimpfliche
Dürftkit zu verfinfen, denn die Neichern waren bereit,
Hrn unbeguͤterten Mitbuͤrgern $änderenen gegen einen
geinzen Zins zu verpachten, ober fie auch in andern
j Gekhäften zu brauchen, wodurch. fie für fich und ihre
Saniile eeichlichen Linterhalt finden Fonnten.
Das größte Gegengewicht aber gegen die Gewalt
‚ 86 Volks legte Solon in Die Hände des Areopags und
bed hohen Raths, ver von ihm zuerft eingefezt wurde.
Die Hreopagicen **) richteten nicht nur über feben und
Id, fondern uͤbten auch eine ffrenge Aufiicht über die
. C4 Sit⸗
Wr zn
In RR nen
Fay aoxav. — unb bald nadher p. 714. —
Mero de To Yeweyın.ov minSos, BeArıses Innos
SW 078 veneis eıcı, ud (wow mo Booknpo-
. TV. TORE Ya EeXEı TY YEwEYın TALEEAN-
Cıas. u To TeoSs Tas MoAsumas menfeis,
pnarıs$ sro Yeyuuvarmevı Tas Efeis 0
KENTIA TR TOMTE, as duvapevos Jugou-
Asgıy.
9 I. p. 326. 337. in Areop,
0) Deren Vorrechte Solon wahrſcheinlich meiſtens nur bes
flätigte. Arift. de Civ. II. 10.
D
40 Sechſtes Buch.
Sitten und Lebensart aller Staͤnde, Geſchlechter
Alter aus, und muſten daruͤber wachen, daß alle
‚guf welche Solon das Wohl des Staats gebaut ha
gendu beobachtet und erfülle würden *). Sie unterfi
ten, wie und wovon ein jeder lebte: zogen einen je
ber die guten Sitten beleivigte, vor ihe Gericht,
exmahnten oder drohten oder ftraften ihn fogar nach hab,
befinden. Sie ahndeten an der Tugend teberlichteits h
an erwachfenen' Perſonen Müffiggang oder Schaq
ſigkeit: und ſelbſt an Magiftratsperfonen Nachlaͤſſi—
oder Treulofigkeit in ihren Derufsgefchäfften, fo mie %
vorzügliche Berdienfte oder hervorftechende Tugenden um
gute Handlungen belohnten **). Durch dieſe Macht
die ſi ch uͤber alle Athenienſer erſtreckte, wuͤrden bie Au ;
pagiten ihren Mitbürgern eben fo furchtbar als eh e
‚dig geworben feyn, wenn fie auch nicht, wahrfe 2
nad) einem Geſeze Solons, berechtigt geweſen wär,
in-Zeiten der Noth, die ganze höchfte Gewalt auszu⸗
äben, und faft alles dasjenige zu thun, was in äh
chen Fällen den Dictatoren unter den Römern , oder
auch den Confuln erlaubt war, wenn der Senat ihnen
die ganze Nepublif übergeben hatte F). :
Eine noch viel auägebreitetere Gewalt , als der |
Areopag von dem Solon empfieng ober beftätige “le!
* Plut. I, 352. Ifocr. I. 329. 334. & ſeq.
#*) Ifocr. I. e. vide & Meurſ. c. 9. Areop,
+) Dan fehe Lycurg. adverf.Leocr. p.134. Meurf. Are
c. 9. & Petit. p. 243. inprim, Dinarch. adv. Demoft
:p. 93. & ı00. Ed. Wolfii inter Demofth. Op. De.
Areopag mufte auch für bie Erhaltung der Wege nub
der Öffentlichen Religion forgen, und dahin fehen, daß
Gaſtmaͤler nicht mit größerer Pracht, ober mit einer
größern Anzahl von Zifchgenoffen, als es nad uns
unbefaunten Geſezen erlaubt war, gefeiert wuͤrden.
su Bi et Een
Geſchichte der Griechifihen Sophiſten. 45
vergab dieſer Gefesgeber dem hohen Rath ver Bierhuns
ate, ben er zuerſt ftiftete, und welchem er den größten
der Borrechte der bisherigen Archonten übertrug”).
Zolon ließ nämlich den Archonten **) nur einen Meis
von Theil ihrer vormaligen Macht und Gerichtsbarkeit,
Ne fie nicht mehr einzeln, fondern gemeinfchaftlich
usäben mußten *°*). Sie entfchieben erftlich alle Ehe⸗
schen und unterfuchten die Klagen über geringere Ges
altthätigfeiten und über die Unordnungen, welche bes
runkene Perfonen verurfache Hatten 7). Sie hatten
e Aufficht Über die Güter und. Angelegenheiten vor
Bitwen und Waifen, befonders folchen,, die von tas
pfeen fürs Vaterland gefallenen Kriegern nachgelaffen
waren. ie beforgten enhlich die Feſte des Bakchus
und bie Thargelia, und waren die Borfizer ben der Wahl
om Richtern, die aus dem ganzen Bolfe durchs Loos
ezogen wurden TT). Dem hohen Rath der Vierhun⸗
5 derte
) Nach Solons Einrichtung waͤhlte eine jede DuAy
hundert Senatoren aus ihrem Mittel, die aber nur
aus den drey erſtern oder beguͤterten Claſſen der Buͤrger
genommen werben konnten. Plut. I. 352. In ber
Folge ging mit diefem Senat eine große Beränderung
vor, von welcher ich zu ihrer Zeit reden werde.
“) Diefe wurden noch immer fehr firenge geprüft, weil fie
nach Nieberlegung ihrer Würde in den Areopag übers
gingen. Petit. p. 237. & Demoſth. p. 373. Ed. Wolfii,
Plut. ]. e.
“®) Diog. I. 58. Meurſ. de Arch. I. 7. Pollux VIII, e. 9.
I
4) Ib.
+9) 1b. In fpätern Zeiten waren fie audh vonoDvAsxes
Demofth. 279. & Ulpian. p. 156. in Demofb. Ich
glaube aber, daß fie diefes Öeföäffe erfi erhalten haben,
nachdem Ephialtes die Macht des Areopag, dem es
yon Golon anvertraut war, vermindert hatte.
4 .. Sechſtes Buch. 5
derte hingegen übergab Solon die Verwaltung aller
tigen Regierungsgeſchaͤffte, ſelbſt derjenigen, zu d
Ausfuͤhrung oder Entſcheidung der Beyfall des V
erfodert wurde. Er allein harte die Schluͤſſel zu
Schaze, und den Archiven des Staats *): nur er
faß einen Theil der gejezgebenden Gewalt , inden
Schluͤſſe madyen fonnte, die ein ganzes Jahr die €
tigkeit von Geſezen hatten **): er allein hatte das MR
Perſonen, die ver Derrächeren des Daterlandes fi
„Dig oder verdächtig waren, oder Die aud) Staateft
den nicht zur rechten Zeit abgetragen hatten, ohne w
. ze Anflage ergreifen, und ins Gefängniß werfen zu
fen ***). Er allein beforgtedie Erbauung neuer &
fe, und die Ausräftung von Florten und Heeren **
und hatte endlich das ausfchliegende Recht das Bolf
fammen zu rufen 7), und vorläufig über alle Sad
die dem Bolfe vorgelegt werben ſollten, zu rachfchla,
und fie ihm alsdann erſt vorzutragen FF). Solon
terjagce eö bey einer Hohen Geldbuße und fogar
Strafe ewiger Schande und Ausfchliegung von a
Dolfsverfammlungen FF), dem Volfe irgend eine
\
: ®, Petit. Leg. Att. p. 190. 197.
”", Ib. p 12T.
" 60*) Petit. p. 213. In andern Fällen burften fie aber
| nen Atbenienfer feſſeln, der drey ibm am Bermd
gleihe Bürger als Bürgen flellen Ponnte: auch bur
fie niemanden über fünfkunpert Drachmen, ober
zwölften Theile eines Talents ſtrafen.
“rr) Petit, p. 215.
4) 196. welches in fünf und dreyßig Tagen viermal gef
Ib. Ariftot. in frag. de Civ, Athen,
+4) Petit. ib.& 123. Plut, p.352. Demofth, p, 873.4
. : pP. 467.
Tth) p. 109: Petit, & Demoſt. Il, «.
Sefisichte der Griechiſchen Sophiſten. 43
fegen, was ‚man nicht‘ vorher dem Mathe! mitge⸗
‚eilt, und von ihm hätte erwägen laſſen. Durch viefe
Welle Verordnung brachte es Solon dahin, daß das gan⸗
Fe Volk zwar nuͤzliche Geſeze und Anfehläge verwerfen,
Faber feine neue fchädliche machen und einführen, und
daß es auch in den alten Sefezen, und der Örundvers
faſſung gar nichts verändern Fonnte *),
- &olon glaubte aber noch nicht einmal, durch dieſe
Veranſtaltung die von ihm geordnete Staatsverfaſſung
feft genug gegrürber, und gegen die Angriffe des Volks
‚oder verſchmiztet Volksfuͤhrer gefichert zu haben. Et
machte deßwegen noch) mehrere nüzliche Einrichtungen,
woburch Die Seiligfeit feiner Geſeze erhöht, und die Ges
bung neuer Geſeze fo fehr erſchwert, und felbft gefährlich
"gemacht wurde, daß man kaum begreifen Fann, wie bie
Ur und Gewaltthaͤtigkeit verführerifcher Demagogen
poch noch über die Weisheit und Vorherſehungskraft des
Gefezgebers Haben fiegen kͤnnen. Solon gebot *%),
“HE Fein Mache » oder Bolfsfchluß wider ein wirkliches
Gefez gelten, und daß feiner befugt fen follte, die Abs
ſchaffung eines alten Geſezes anzurathen, wenn er nidjt
zubfeich ein neues müzliches an deffen Stelle zu geben
wvaͤſte. Auch in dieſem Falle verpflichtete er einen jeden,
beyde Geſeze, ſowohl das alte, als Das neue, zubor dem
k fohen Rathe vorzulegen, und dieſen, die Miüzlichfeit und
b Schaͤdlichkeit des einen und des andern Tee
F | | laſſen.
— —— ———— —
%) Ariſt. de Civ. IV. 14. p. 494. — 010v Ev Eis
Tolrreiis esıv, 85 narscı MeoßeAous, 106
vouoßuranus. Kas megı Tara Xenparigew, '
c x " 4
> . egı av av 8r0ı MeoßsAsvowew. 870 Yaeo dy-
nos netekei Te Bereueodas, zus Avem 8dev dus
vNTeTas Twyv TEL TNY TOMTE.
*s) Demofth, Il, cc. 0
laſſen. Faͤnde alsdann der Senat, daß das neue ©
das nicht leifte, was es verfpreche; fo follte Davon
dem Dolfe gar nicht gefprochen werden, Urtbeile |
en der Senat, daß das neue Geſez nuͤzlich und
alte ſchaͤdlich fen; fo follten in dieſem Safle beyde Ge
an einem öffentlichen Dazu beftimmten Plaze aufgefch
ben , beyde mehrmalen in offentlichen Volksverſau
{ungen vorgelefen, und endlich erft. das Volk befr
werben, ob es das eine vertilgen, und das andere
beffien Statt annehmen wolle. Zeige fich aller di
Vorſicht und wiederhohlten Ueberlegungen ungeacht
in der Folge durch die Erfahrung, daß das neue G
nachtheilig ſey; fo ſolle ein jeder Athenienſiſcher Buͤr
die Freyheit haben, denjenigen, der es zuerſt vol
ſchlagen, als einen Beleidiger oder Zerſtoͤrer der Ge
anzuklagen, und der Anrather ſolle alsdann, wenn
binnen Jahrsfriſt vor Gericht gezogen werde, zu ei
hohen Geldſtrafe verdammt, oder auch feiner Ehre ı
luſtig erklaͤrt werden. Mad) der Verfließung die
Zeitraums aber koͤnne zwar die Klage noch immer ı
bängig gemacht; allein der Schuldige nicht weiter
burch die Abfchaffung des von ihm gegebenen Geſe
beftraft werden. Ä
| Wenn man nun die von mir aus den glaubwi
digften Urfunden hervorgezogenen Hauptſtuͤcke der E
Ionifchen Geſezgebung reiflih durchdacht hat; fo Fa
man unmöglich anders urtheileg, als daß die Gefeze i
Solon vortrefflih , und feine Staatsverfafflung we
und heilfam geweſen fen, weil fie nicht auf das GI
oder die Wohlfarth eines Einzigen, oder einiger Wenig
ober des Poͤbels allein, fondern auf die Wohlfarth t
ganzen Volks abzielten *). Cr rühmte ſich mit Red
| d
»
e) Die Näzligfeit oder Schaͤblichkeit ber Belege, fa
Arikoteles, wirb durch bie Megierungsform be
. €
Geſchichte der Griechiſchen Sopfiften. Ag
j er allen Gliedern des Staats dasjenige gegeben,
Bihnen zufomme, und zu ihrem Gluͤcke diene, und
z er alle Theile des Bolfs fo ſtark gemacht hate, daß
ch Hinlänglich zu vercheidigen im Stande wären,
ne doch andern Schaden zufügen zu koͤnnen *). Er
Ach feenlich dem Volke die hoͤchſte Gewalt **), allein
& Gewalt war nichtd weniger als uneingeichränft,
Regierungsform, die er den Achenienfern gab, war
x eine Tyranney des Pöbels, oder ‘Demofratie in
Bedeutung, in welcher Ariftoteles und Piato dies
art in einigen Stellen nehmen, fondern ein gemaͤßig⸗
‚ge Wiſtokratie ſich Hinneigendes Volks⸗Regiment,
welchem der große Haufe die ihm uͤbergebene Mache
dor zu feinem eigenen Schaden, noch zur Unterdruͤ⸗
9 der Reichen und Vornehmen gebrauchen fonnte 8
XEX
So viel aber iſt offenbar, daß in einer jeden Berfaffung
diejenigen Geſeze gut und gerecht find, welche das
Wohl Aller befördern, und diejenigen hingegen fchädlich
und ungerecht, welche auf das Gluͤck eines Einzigen,
oder Weniger, ober ber Armen, und nicht bee ganzen
Wolke abzweden. Arift, de Civit. UI, 7. in fine.
% Ap. Plut, 1. 351. '
w) Die hoͤchſte Gewalt beſchreibt Ariſtoteles folgender Ge⸗
ſtalt. IV. 14. Ruglov d esı To AaAsvonevov eg
TOAEME MOL EIENYNS, Ko CUMURXIaS naı dıaAu-
GEWS, KU TELI VoRmY, X TEO NAVATE, Ko
5. NO ÖNMEUTEWS Kar Toy EuJur@Y.
4 Sowohl Plato, de Leg VIII. p. 584. Ed. Baf. Gr.
als Ariſtoteles 111, 5. nennen ſolche Megierungsformen,
in welchen ein Einziger , ober einige Wenige, ober auch
Bas Volk die hoͤchſte Gewalt befizt, und dieſe hoͤchſte
Gewalt zum allgemeinen Beſten Aller ausübt,
oAsrescas, und biefe belegt ber leztere mit dem Nas
men der Monarchie, Ariſtokratie und der Politie im
. der
46. Sechſtes Buch: -
- Er vereinigte, wie ich gezeigt habe, in feiner Sta:
verfoffung alle Bollfommenheiten,. welche die größ
Männer in allen nachfolgenden Zeitaltern nach Beob
tungen, die fie über die Schickſale unzähliger Repu
ken angeftellt hatten, als die untrüglichften Kennzeid
unverbefierlicher Negierungsformen angaben , und
| ı
*
ee aD nnd
der engern Bibdeutung. Solche Verfaffungen hinge,
wo Einer, oder Wenige, oder die Meiften ihre M
zur Beförderung ihrer eignen Vortheile und zum S
den der Übrigen mißbrauchen, nennen fie ragenf
“es Toy WoAsTeiwv, oder Tugavisdes, Au
tungen gerechter beilfamer Verfaſſungen; und di
geben fie die Namen Despotismus (Tugoewn
Dligarchie, und Demokratie. Die Bedeutung bi
lezten Worts beſtimmt Ariſtoteles gemeiniglich durch
Zuſaͤtze m vuv Anpmongaria, TEMnNuUTG92V,, 9
OXaTrn Anmoreario No genauer, und unterſche
fie dadurch von der 02I9n Anpoxearie, voelde
worsTesa In der zweyten Bedeutung gleichgeltend
Shen diefer Weltweife nimmt das Wort Forırı
noch in zwoen andern Bedeutungen, die von den b
den jezt angegebenen verfchieden find. Er druͤckt naͤm
dadurch bisweilen Regierungsform überhaupt ai
IV. 1. FoAsreia nev yag esı rafıs Tas Wole
n Reg TOS AEXas, Ta TEOmov veveunyr
Kos TI TO HULHV TNS WONTEIES KO TI To TE;
EROUSNS TNS Rovavias 851. bisweilen aber a
Ariftofratien, bie einen Hang zu Demofratien bat
V.7. Tas Yap amonAwscas mamov 7reos ı
oArYaeXıav, WLISORLETIEV KuABCı, Tas
eos To mANIoSs, morsreas. Sole Ariſtol
tien, bie einen Hang zu Demofratien haben, find fı
Li von ſolchen Demofratien, die einen Hang zur 9
Kofrarie haben, weſentlich nicht verſchieden.
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. | 47
bewundernswüärdiaem Scharfiinn alle die Mittel der
jaltung und die Urſachen der Verderbniß von Staas
voraus, welche die feinſten Gruͤbler in ſpaͤtern Zeis
erſt aus mehr als hundertjährigen Erfahrungen zus
hen ſammleten *). Wenn alfo das feite Gebaͤude,
er aufgeführte ‚hatte, in der Folge erft unmerflich
wgeaben, und endlich ganz umgeflürzt wurde; fo
Dies nicht Solons Schuld, fondern die Wirfung
Borfällen, die fid) gar nicht vorher fehen ließen ;
wenn auch eins, oder das andere feiner Geſeze nicht
alle Zölle, die fich Jahrhunderte nachher eräugneten,
war; fo hatte die Solonifche Geſezgebung
es mit allen übrigen Syſtemen von Geſezen gemein,
man muß biefes nicht ſowohl einem Mangel von
she im Solon, als der Eingefchränfcheit menſch⸗
w Kräfte und Kenntniſſe überhaupt zufchreiben **).
Unter
⸗ EEE
) Man fehe befonders Arift, de Civit. II. 10. VI. 4.5.
Wenn man irgend etwas mit Grunde an Eolon’s Ges
feggebung ausfezen Pönnte; fo wäre es meinem Urtheile
nach dieſes, daß er Peine Verordnung machte, daß mit
der Zunahme des Reichthums der Achenienfer auch bie
Schaͤzung der drey erfien Elaffen von Bürgern erhöht
werden follte. Ariſtoteles bemerkt richtig, daß in eis
nem jeden Freyſtaate, in welchem die oͤffentlichen Aem⸗
ter nach der Schäzung oder dem Vermoͤgen der Bürger
befeze werden, ſich Geſeze finden follten, nech welchen
wit der Verminderung oder Vermehrung der Reichthuͤ⸗
wer der Familien auch die Schäzung erhöht ober herab⸗
gefezt wuͤrde. V.8. de Civ. Wenn Solon hier fehlte;
fo fehlte er wie unzählige andere, befonders wie ber
große Roͤmiſche König, der die Römer nach ihrem vers
fhiedenen Vermögen in Genturien eintheilte, welche
Eintheilung mit dem ſchnellen Wachsthume von Neichs
thuͤmern nach den erfien auswärtigen Eroberungen von
felbft aufhören. ober doch ihre urfprängliche Abficht 3
eh⸗
48 Secchſtes Bu.
Unter den uͤbrigen Geſezen Solons, die nicht eigen
Grundgeſeze ſind, und auf welchen nicht die
Staatsverfaſſung beruhte, will ich nur noch Furz
Uebergehung aller derer, die zum peinlichen und buͤ
Hichen Nechte gehören , diejenigen berühren, die ei
Erhaltung der Unverfaͤlſchtheit des Achenienfifchen IB
zue Bewahrung der Neinigfeit der Sitten, ent
welche er über die Erziehung von Knaben und Ilm
gen, und Über die Neligion gab. Auch in einem ı
diefer Geſeze wird man allenthalben den großen
U | as
fehlen mufte. Unterbeffen ſcheint mir Solon komm
wegen weniger tabelnswerth, daß er ben Fünftigenf
thum der Athenienfer nicht voraus ſah, als die HE
bed Volks nad den Perfifchen Kriegen daruͤber
würfe verdienen, baß fie die jezt mangelhaft gem
nen Geſeze Solons nicht nach den Abfichten bed 4
gebers zu verbeffern fortfuhren.
Unter den Griechen tadelte man den Solon em
eu darum, daß er dem Volke die Gerichte Aber
babe, als wor welche in der Folge alle wichtige @
und Angelegenheiten gezogen worden. II. 10. de
Arift, & Plut. in vita Sn. p. 350. Allein gegen
Beſchuldigung läßt ſich Solon leicht rechtfertigen.
verordnete zwar, daß Richter ans allen Glaffe
Bolts follten erwählt werben Binnen; allein er
den Nichtern weder Sporteln aus dem oͤffent
Schaze, noch aus den Eaffen ber Partheyen au.
natürliche Zolge hievon war, daß die Armen es
mehr vermieden, als fuchten, in die @erichtsbi
kommen, weil fie durch dieſe Ehre von ihren Ar
wären abgezogen worden. Die vom Golon errid
Gerichtsſtuͤhle waren alfo noch lange nach biefen
fezgeber faft ganz allein mit wohlhabenden Bärgeı
fegt, und wurden erft gefährlih, nachdem Epk
den Areopag gedemuͤthigt, und Perikles den Mi
Befoldungen zu geben angefangen hatte. Mar
bieräber Arift, de Civit, U. 10. VL S.
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 49
wfaflenden Geiſt des Solon zu bewundern Urſache
N Solon fah e8 voraus, was Ariftoteles nachher aus
men Geſezen, und aus der Sejchichte der Griechifchen
bemerfte, daß Fein Volks⸗RMegiment ange bes
en foͤnne, in welchem der armen und dürftigen Buͤr⸗
= in Verhaͤltniß mit den DBegüterten zu viel, oder
yeinn der Pobel zu arm und elend fey *). Cr erleichs
ee daher Fremden und Flüchtlingen nicht allein niche
B Arhenienfijche Bürgerrecht, ſondern er erſchwer⸗
es vielmehr, indem er verorönete, daß Feiner zum
lihenienſiſchen Bürger aufgenoinmen werben follte,
seicher nicht fein erſtes Vaterland auf ewig verlafs
m 9%), oder ſich nicht um das Achenienfifche Volk
roße Berdienfte erworben habe, ober der nicht wenig⸗
wö eine fehr nuͤzliche Kunft beſize. Selbſt in viefen
Men follte einer nicht zu diefer Ehre gelangen, wenn
iderfelben nicht von fechs taufend Achenienfern, bie
ang geheim durch gewiſſe Steinchen ihre Meynung zu
kennen geben muften, würdig erfannt werde F). Auch
ach ver gluͤcklichſten Wahl blieben neu aufgenommene
färger ftets von gewiffen Prieiterftellen, und von der
Zarde der Archonten ausgeichloffen, und es ftand einem
den frey, folche Perfonen nad) ihrer Aufnahme vor
icht zu fodern, und als ſolche zu verflagen, die des
uyfangenen DBürgerrechts nicht wuͤrdig fenen TF).
enn
U —— —— — Ei.
nvi.2
er) 1. 365. Plut. Zu und vor den Zeiten dieſes GSchrifte
ftellers waren die Gelehrten Über den Bewegungsgrund
diefes Geſezes nicht einig.
Demofth. in Neser. p. 530.
44) 1b. & 232 p. Faſt alle Redner halten den Athenienſern
bie Strenge ihrer Vorfahren Ai ber Verſchenkung des
Zweyter Band, | Baͤr⸗
so Sechſtes Buch.
Wenn man nicht das Gluͤck gehabt hatte, auf eine
fer außerordentlichen Arten in die Zahl dee Atheni
chen Bürger eingefchrieben zu werden; fo Fonnte ı
die Dorrechte derfelben nicht anders als durch die
burt empfangen, indem man von einem Athenienſiſ
Pürger und der Tochter eines Athenienfifchen Bür
erzeugt feyn mufte. Der Gefezgeber feste ſehr h
Strafen auf diejenigen, welche fich unterftehen wuͤr
Das reine Athenienſiſche Blut zu verfälfchen, oder :
Staate unächte Bürger und Bürgerinnen zu ge
Wenn fich alfo jemand für einen Athenienfifchen Buͤ
ausgab, und die Tochter eines Athenienfifchen Bär
Beirathete; fo hafte ein jeder das Recht ihn als e
Perrüger anzugeben , und er wurde alsdann als
Sclave verfauft, und fein Bermögen eingezogen,
von aber dem Unfläger der dritte Theil zufiel *). W
te hingegen ein Athenienfifcher Bürger mit einer fı
den als mit einer rechtmäßigen Frau zufammen ; fo
ſte der erfle taufend Drachmen Strafe geben, und
Ieztere wurde ats Sclavinn verfauft **) Noch
fitenger war das Gefez gegen diejenigen , die e& wong
eine Fremde für eine gebohrne Athenienferinn aus;
‚ ben, und fie als eine folche mit einem Bürger von A
zu verheirathen. Solche Berächter der Gefeze wır
ihrer bürgerlichen Ehre, und zugleich ihres ganzen $
mögen verluſtig erflärt, von welchem leztern man
———s,, ⏑
Buͤrgerrechts, und beſonders das ſo oft wiedeth
Beyfpiel vor, daß bie auitgenoffen des Themifl
und Ariſtides fo gar den König von Makedonien Xı
tas, der die Perfer an bie Griechen bey Platda
rieth, nicht des Bürgerrechte gewürbigt, fonber:
nur zu einem Gaſtfreunde ihrer Stadt ernannt haͤt
*) Demoßth. in Neaer, 519.
a*) Ib, |
”.
Gefchichte der. Eriechifchen Sophiſten. sa
keum dem Angeber den dritten Theil zufommen ließ *),
Burd) diefe Geſeze wurde nicht nur die Berforgung der
Zöchter der Athenienſer befordert, bie fonft, wenn fie
ohne Reichthum und große Neize gewefen wären, frems
ven Vuhlerinnen häufig würden nachgefezt worden feyn;
fondern es wurde auch dadurch der Verführung der
Weiber und Töchter der Achenienfer durch Fremde,
und allen ven Liebein vorgebeugt, die in fpätern Zeiren
ms einer zu großen Anhäufung und Dermehrung bes
Poͤbels in Achen entftanden **).
MWeil Solon wufte, wie gefährlich in einem Frey⸗
Kante Armuth, befonders diejenige Art von Armuth
ſey, bie aus Verſchwendung entſteht, und auf den Bes
fi; eines großen oder anfehnlichen Bermögens folgt; fo
unterfagte er allen Verſchwendern, bie ihre väterlichen
eder andere angeerbte Güter herdurch gebracht hatten,
dffenclich vor dem Volke zu reden, und fchloß fie das
durch von allen Würden und Ehrenftellen aus, in bes
un fie, wie Aeſchines im Sinne des Geſezgebers fagt,
De Ungelegenheiten des Volks eben fo untreu vermalten
würden, als fie das Ihrige fchlecht in Acht genommen
en 7). Die noch gefährlicyere Beſtechung ftrafte
ion ſowohl an den Gebern als an den Annehmern
von Geſchenken entweder durch Tod, oder zehnfache Ers
fung, oder durch Ehrlofigfeit, wodurch mar faft alle
Borrechte eines Athentenfifchen Bürgers verlor, den
inzigen ausgenommen, daß man unter dem Schuze der
Geſeze in Athen leben fonnie TD. Die größte Strenge,
2 aber
ann u Ei ie En
ı 9 Ib.!524. p.
**6) Man fehe Demoftb. in Neser. p. 533.
ı #) Aefchines p. 175. in Timarch,
++) Daß Tod die Strafe für Beſtechung geweſen fey, fagen
Demcfth, in Phil, Ill & IV. p. 48. 50. 61. in Ti-
* moe.
REES EEE
2 See -
aber auch Weisheit bemerfe man in ben Geſezen, wei
durch er entweder eine eingewurzelte Sittenverder
aus zurotten, ober auch für die Zufunft die Keuſchhei
beyder Sefchlechter in allen Altern zu ſchuͤzen fuchte, um
die allein faft ein Fleines Geſezbuch ausmachen. Er läd
Das Gefez des Drafo in feiner Kraft, nad) welchen
man einen Ehebrecher, oder ven Derführer einer Mut
ter, einer Schwefter, einer Tochter, einer Venfchläfe
einn, oder eines jeden frenen Angehörigen, went mad
ihn betraf, ungefiraft toͤdten Fonnte *), und verug
theilte fogar die Keufchheitsmäckler,, oder die Unterhänt
ler zum Tode **), Einer überwieferen Ehebröcherimi
uunterfagte Solon allen Schmuf, und nahm ihr bi
Freyheit, an öffentlichen Feften erfcheinen, und mit bes
übrigen Achenienferinnen die Tempel der Götter befis
den
moc. p. 458. Acfch. in Tim,’p. 182. 186. Iſoer. I,
363. Dinar) dagegen giebt Tob ober zehnfache Erfegnug
(p. 100, adv. Demofth.) und Demoftbenes ſelbſt (ie
Midiaın p. 401.) ewige Schande des Schulbigen uni
feiner Kinder ale die Strafe dieſes Verbrechens an. Wiel
leicht waren bie flärkern Strafen bie fpätern, wenn mau
vorausfezt, daß fie wie in Mom in eben dem Mack
erhöht worden ſeyen, in welchem das Werbrechen allge:
meiner wurde. Die Rede wider ben Midias war ein
der erfien des Demoſthenes. Plut. IV. 712.
®) Demofth. adv. Ariftocr. p. 435.
- %%) Aecfch. p. 196. in Timarch. Plutarch I. 361. fagt, baſ
Solon die Verkäufer der Keufchheit der Achenienferim
nen nur um zwanzig Drachmen geftraft babe. Allein
er bat bier, wie in einer andern Nachricht, bie id
gleich anführen werde, unftreitig Unredt. Die Stren
ge des Solon gegen folche ſchaͤndliche Menſchen mwaı
fehr weiſe. Denn ohne ihre Hülfe konnte in eima
Stadt, wo beyde Geſchlechter ganz von einander abge:
fondert waren, ſchwerlich ein unerlaubten Liebes handel
an Stande fommen.
Geſchichte der Griechiſchen Sophiften. 33
u zu bürfen. Wagte fie aber das eine oder das ans
e; fo war es einem jeben Arhenienfer erlaubt, eine
de Ehrlofe anzufallen, ihre Kleider zu zerreißen, ih⸗
Schmuck zu rauben, fie zu ſchlagen, oder auf eine
dere Art zu mißhandeln, "wenn er fie nur nicht toͤdtete
w verftämmelte *). ‘Der beleidigte Mann durfte
be einmal, wenn er auch noch fo gerne gewollt hätte,
rehebrecherifche Frau bey ſich behalten, oder er büßte
vieberbringlich feine ganze bürgerliche Ehre ein **),
waltfame Raͤuber der Keufehheit und Unfchufd ven
ehren, Jungfrauen, Knaben, und feloft von Sclaven
iden von den Thesmotheten vor eins der großen Ges
ste, welche Solon sefifet hatte, gebracht, und 3*
3 ⸗
i Aeſeh. in Timarch. p. 196. & Demoſth. in Neaer.
p. 521. Neuern Schriftſtellern zu Folge ſollen Ehe⸗
Breherinnen ihr Heirathszuth verloren, und die Maͤn⸗
ner das Recht gehabt haben, fie zu verfaufen, ober als
Sclavinnen zu gebrauchen: Meurſ. Them, Att. L 5.
Aullein dieſe Nachrichten find gewiß ungegruͤndet. Viel⸗
leicht kommt manchem die Beſtrafung von Ehebreche⸗
rinnen zu gelinde vor; allein man muß bedenken, daß
Ehebrecherinnen dur bie Strafen, die Solon ihnen
auferlegte, faft zu einer ewigen Gefangenfchafft oder
Eingefhloffenheit in ihren Gemaͤchern verdammt wurs
den, weil bie Athenlenferinnen fi felten öffentlich,
ale an allgemeinen ober Familienfeſten, zeigen,
nnd niemals anders als geſchmuͤckt erfcheinen burfs
ten. Es gab in Athen fogar eigene Mlagiftratspers
fonen,. weiche darauf fehen muflen, daß Weiber uns
geſchmuͤckt ſich nicht oͤffentlich zeigten, und welche die⸗
Jenigen beſtraften, welche dies Geſez uͤbertraten, ſiehe
Pollux VIII. q. ſ. 3z2. Man muß auch nicht vergefs
fen, daß in einem Staat, wie Athen war, wo baß
weibliche Geſchlecht fo eingefchränft lebte, untreue Ehe⸗
franen allemal, wenigſtens in Solons Zeiten, bie Ver
führten, und nicht die Verfuͤhrerinnen waren.
54 Sechſtes Buch.
Beſchaffenheit der Umſtaͤnde, entweder ſogleich a
Tode, oder auch zu einer beliebigen, aber immer ang:
lichen Geldſtrafe verurtheilt *%). Solche DBerbr «
fehwebten daher in einer doppelten Todesgefahr,
man fie fomohl, wenn man fie betraf, ungeſtraft
bringen, als im Gerichte des lebens verluftig erte
konnte. Soolon ſcheint aber nicht ganz- mit fid —
überein zu flimmer, wenn er auf der einen Seite —
tern und Prüdern erlaubte, Töcjtern und Schwe
soelche die Blürhe ihrer Keufchheit verloren haͤtten
Sclavinnen zu verfaufen, und auf der andern &
- Bäter, Brüder, Oheime und Vormuͤnder, die Diem
ſchuld ihrer Söhne, Geſchwiſter, Neffen und M
verfaufen würden, nicht härter, als die Käufer,
allem Vermuthen nad) nur mit Schande, gewiß
IIX
- %) Demoſth. adv. Midiam p. 391. & Aeſchines adv.
march. p. 173. Wenn Solon auf die Schaͤndunmg
Sclaven (ſagt Aeſchines) eben die Strafe ſezte,
welcher er bie ber Freyen belegte; fo that er bi
nicht fowohl aus Fuͤrſorge für die erfiern, als ba
bie leztern ſich nicht gewoͤhnen möchten, das Ba
den, was fie an Scleven begangen hätten, aud
ihres Bleihen auszuüben. — Plutarch wiberfpr
bier abermald ben beyben größten Rednern der E
hen und ben Geſezen, bie fie uns aufbehalten hal
und ausdrädlihd dem Solon zueignen. Er er;
nämlich, I. 361. in Vit. Sol. daß Solon auf den N
ober die gewaltfame Schändung einer freyen Athen
ferinn nur eine Strafe von hundert Dramen gı
babe. Wenn er den Demoſthenes und Aeſchines fl«
gelefen hätte; fo würde er diefen und ben eben ben
ten Irrthum vermieden, und die Bemerkung haben er
ren koͤnnen, womit er ben einen und den andern begle
Aus de BArısmw exew aromıav ci Fell Toy
yaınay vous Tw ZoAovi donsan. |
Geſchichte der Sriechifchen Sophiſten. 5.
ch
ander fit dem Tode ſtrafte ). Allein bier muß man
-b Werten, dag Väter und ältere Anverwandte, oder dee
TR Stelloertreter vor dem Solon eine faft unumjchränfte
eat über ihre Kinder und jüngeren Angehörigen hats
TR, RE Soion dies Anfehen zwar ſchwaͤchen, aber
Dh Anzlich aufgeben durfte, und daß endlich die Ver⸗
Seide, die Solon unferm Urtheile nach viel zu gelinbe
» bor ihm wahrfcheinlich ganz ungeflraft waren
worden. Er erhöhte die uns unbefannte
4.Etraft,; womit er ausgeartete Väter, die Verraͤther
der Vnſhuld ihrer Söhne geworden waren, belegte,
f
et
E Mchitarch, daß er bie Söhne von der Pflicht losſagte,
ı dw igen Erzeuger in ihrem: Alter zu ernähren,
ceber ithre Häufer aufzunehmen, wiewohl er den erſtern
, y die leztern nach) dem Tode zur Erbe zu bes
| Ratten, und ihnen bie legten Pflichten zu erweifen **).
Eolon Häufte zwar das Unglück ſolcher Elenben,
pie dutch bie Bosheit anderer ihre Unſchuld verloren hats
ten, richt noch, durch willführliche Strafen, gegen welche
auch Vernunft und natürliche Billigfeit enmpört
d hätten }); er war aber defto unerbittlicher gegen dieje⸗
uigen, die felbft ihre Keufchheit verfauft oder Preis ges
| hatten. Solche ruchlofe Entehrer ihrer eignem
Ä nen fonnten niemald weder Archonten, noch Prie⸗
: Ber, noch Richter werden. Ihnen war der Zugang zu
allen öffentlichen Aemtern und Gefchäfften, fie möchten
Samen haben, welche fie wollten, auf ewig verfchlofs
fr. Sie durften weder vor dem Volke reden, noch
Gefze oder andere Anordnungen vorfchlagen, noc) in
de Tempel der Götter, oder in die allgemeinen Volks⸗
| D 4 ver⸗
S
4.
— GÜHEEED
[U 3
. ®) Acfch. p. 172. in Timarch,
*8) Aefch, ib, |
9 Ib
56 Sechſtes Buch. —
verſammlungen, ja nicht einmal in die oͤffentlichen M
fommen, wo diefe Bolfsverfanmlungen gehalten w
ten. Hatte aber jemand, der ſich feiner Schande
mußt war, dennoch die Srechheit, dieſen Geboten
Gefesgebers zumider zu handeln; fo Eonnte ihn ein jı
cnflagen, und er wurde ohne Gnade zum Tode ver
tleilt *%). Nach diefem Geſeze verklagte Aeſchines
Timarch, und lesterer wurde wirklich, fo allgemein a
damals Die unnatürliche tiebe war, zum Tode verbam
und hingerichtet. |
| Eine gleiche Strenge fintet fich in den Gefezen (
Jons Aber die Erziehung. Und eben dieſe Strenge
wie auch Aeſchines beobachtete, der ficherfie Bew
wie Gerrfehend die unnatürliche tiebe fchon im Zeitg
diefes Geſezgebers geweſen jen *”). Am alle Verderh
ter Kindheit und Jugend zu verhüten, die aus dem |
ganze erwachfener Perfonen mic unerwachfenen in
Einfarnfeit und Sinfterniß entſtehen Fonnte, beſtim
er auf das genaufte die Zahl von Knaben und Juͤng
gen, mit welchen tehrer in ihre Schulen oder in bie
fentlichen Uebungspläze gehen, und die Zeit, warn
ihre Schrftunden anfangen und endigen follten 7). 1
jeder fehrer, er mochte ven !eib oder die Seele bilt
durfte feine Schufe und fein Gymnaſium nicht vor S
nenaufgang öffnen, und mufte fie vor Sonnenun
$
%) Acfch. in Timarch. 173. p. Demofth, in And
. 422.
*) Acfch, adv, Timarch. p.172. Meræ raur& To
w aInvascı, vencderes Tegı adınnnaray pe
Amy MEV, IVCHEVEV Ö 0a Ev TH Wehen Eu *
Tu MERTTEII TIVa 8 TOCONKEV, 8% Ti
TBs vonas eIevTo ch Taiancı,
7) Aeſch. ib, p. 172.
Geſchichte der Griechifchen Sophiſten. 37
ig wieder fchliegen *). In die Schulen von Knaben
hl als Juͤnglingen durfte Feiner, der älter als bie
senden war, einige nahe Anverwandte ber Lehrer aus»
wnmen, bineinfommen; und wenn biefes g
wer ber Lehrer wegen feiner Machläffigfeit oder Ders
herey des Todes fchulbig **). Auch an den Selten,
che die Knaben ven Mufen, und die Juͤnglinge dem
weue zu Ehren in ven Schulen und Gymnaſien feiers
; wear es niemanden, ber über die Zeiten der Kinds
: une Jugend hinaus war, ben Lebensſtrafe erlaubt,
„im die frölichen Chöre der Kinder und Juͤnglinge zu
ſchen )). Solon beftellte außer den Areopagiten,
Ache die hoͤchſte aber nur allgemeine Aufſicht über vie
Isten Fünftiger Bürger hatten, noch befonbere Magis
stöperfenen, die das Betragen von tehrern und Schüs
n bewachen, und wenn die erftern ihre Pflicht vers
mten, fie zur Rechenſdaſt ziehen muſten Tf).
5
Dieſe
Die Gefeze lanten beym Aeſchines }. e. ſo: OF de Tan
maudav Osdaucna\oı, avoryeracev nev Ta dides-
zaNesıe un TEOTSEOV NAIB OWIovTos, HÄCSTÄCKr
de eo YAıs Öuvovros. x un ebesw Tas unse
TV Toy Telsduy AAııay BCW, ETIEvaı Toy Frohe
wv Evbov OyF@v, E06y pn Vice Ödaanrs, 7 adsA-
O8, n Jvyareos av cv de ris sagalraur"
em, Javara Inpusc 0. &c.
“) Ib. & Petit, Leg. Att. p. 295-909.
1 eo
D, Ib. Aus allen dieſen Geſezen erhellt, daß, ungeachtet
Solon eine zärtliche Verbindung zwoer Perfonen uns
fers Geſchlechts unter dem Namen von Liebe geftattete,
und dieſe Liebe fogar ben Sclaven unterfagte, ſlehe
Aesfch. p. 189. in Tim. und meine vermifchte Schrif⸗
ten ıten Band ©. 80. er dennoch bie Verderblichkeit
der unnatuͤrlichen Liebe einſah, und fe burch bie *
teſten
58 Sechſtes Buch.
Dieſe zulezt angefuͤhrten Geſeze Solons me
aber nur den kleinſten Theil feiner Geſeze uͤber die
bung aus, In welchen er ganz beftimmt die Bildung
Knaben, Zünglingen und jungen Männern vorgefi
ben hatte, umd die nachher von andern Vätern
Volks mit neuen verinehrt wurden *). Wahrſchei
find dfe meiften dieſer Geſeze verloren gegangen ;
Gbrig gebliebenen aber gehören gewiß zu ben ſchaͤzba
Reſten der gefesgebenden Weisheit der: Alter, und
dienen nicht weniger Aufmerkſamkeit, als die Geſeze
Minos und feines Nachahmers bes Lykurg. Ke
der leztern werden bey der Dergleichung verfelben
den Solonifchen bald finden , daß der Hauptg
‚der Unterfihiede von beyden darinn liege, Daß !
fon nicht, wie Lykurg, allen Reichthum und Arm
und die daraus entftehende wefentliche Ungleichheit
2
teſten Geſeze auszurotten ſuchte. em er ihr
auch in einem gewiſſen Alter ergeben war, und fi
feinen fruͤhern Gedichten befang, Plut. I. 345.-, ſo
befferte er als Geſezgeber, was er als ein junger M
verfehen hatte, und rettete andere von ber Ber
zung, deren er fih nach den Sitten feiner Zeit ſchi
gemacht hatte,
5) Acfch. in Tim, p. 171. Zrelaode yae, w o
yacı, vanv Reovosay weg Tns wPeoaunns
mandav Toy Amerepmv evonoderneav, ve di
enYnv amedeıkav, oe xen Fov maudes Toy aAeu
eov emıtndeuew, a os des @urov reæx On
ETEITE deuragov TEL Toy HEIEEKIMY. TEITOy €
Ens magı Toy aRav MAıkıov. & ovov de zzagı
lıwrav, ad ns eo Toy enroem, Z
legtern Geſeze find nen. Denn Solon kaunte noch £
Öffentliche befoldete Rebner.
Geſchichte des Griechiſchen Sophiſten. 59
Nryger aufheben, und daß er eben deßwegen die Athe⸗
unſer auch nicht ganz allein zu Krieger ziehen fonnte,
was ee ed auch gewollt und für nuͤzlich gehalten
.: &olon überließ e8 eben fo wenig als Minos und
fung. den Eitern, wie fie ihre Kinder erziehen wollten;
n er nöchigte Die Bäter durch Geſeze, deren Ale
er den Areopagiten Übergab, ihren Söhnen eine
ken Stande und Vermoͤgen angemeffene Erziehung 1
wien *). Die ärmern Bürger, bie nicht Bermögek
geaug hatten, oder ihre Kinder nicht lange genug ents
vchren konnten, um jie in bie öffentlichen Schulen und
Gymnaſen zu ſchicken, waren verbunden, ihre Söhne
von ber erſten Kindheit an zum Ackerbau, oder zu irs
"einem andern müzlichen Handwerfe und Gewerbe
enzufkalten *). Solche Hanprhierungen nun, in wels
ln man Durch Handarbeiten für fich und feine Familie
betgbärftigen Unterhalt zu gewinnen fuchte, wurden
bon den Griechen mit einem Namen belegt, welchen wir
furch nochwendige, aber unedle Künfte überfezen fünns
m). Sie glaubten, daß durch diefe nothwendigen
dinenden Kuͤnſte, befonders aber durch diejenigen,
weiche eine fizende tebensart verlangten, der Leib ſowohl
die Seele geſchwaͤcht, und beyde untüchtig gemacht
Wkrden, diejenigen Tugenden zu erlangen, welche ein
rs
—— — —
#) Ariſtoteles hielt dieſes für eine der erſten und nothwen⸗
digſten Pflichten eines Geſezgebers VIII. 1. Wenn er
aber fagte, daß alle Bürger diefelbige Erziehung erhals
| ten müften, fo machte er feine Forderung zu einfeitig,
| und zog fie ganz allein von den Sazungen bed Minos
und Lykurg ab.
9 1J. 333. Arcop. Ilver.
| 4) Texvaı Bavavsınaa. Xenoph,' Oecon, 4 c. &
N Arift. VII, 2,
N 4 pP f 1 ‚ \ ey. u
*
*
“ “
: 5⸗ » 2
ıiy — 8: fi r . ..r 5 * *
—
Bürger befigen maͤſſe um fein Vaterland nacht
gegen Zeinde b igen, oder oͤffentliche
mit Alugheit fuͤhren zu fönnen *), In mehrern
ten. waren daher alle Handwerker und tebensartı
denen man durch Handarbeit fein Brod verdienen
Yen Bürgern gänzlic) unterfogt, weil durch für die
syoltifchen Uebungen und bie Erwerbung Friegerif
genden gehindert wurden ), und felöft in Ach
man Handarbeit, bie-allein Erwerbung des Unt
" gar Abfishe haste, für ſchimpflich und freger DR
®) Ariſt. de Civie, VII. 9. — Ovrs.Bawaueer ß,
© aayogamen des {iv res weitaus. aryannas,
waißros Pr, ns Tgos . ger u
vrid. & VI. 1. & 2. Bæœvcugey, ſagt m)
tern Stelle, — eeævovr exvu⸗ des Faro —X—
rexvm TaUri u naeInaw, o0c4 par ta
ecesc xeq TuS zenfes Tas Tas I, 7;
reęvœcgorres To Gmp Toy aNsUdELon, m Ti
"og, n vw dsecvoney. dio Tas re roaur Fr
orev TO amp Maeokorsuafecı gesgov disc
Bavavsss naAspey, na Tas KioIcrgvim
Yoarıs. @rXoAoy Yag Moi8cı Tnw Öicevosesy
0 gan: AR varws Asyeıs, fügt &
beym Zenoph. (Oecon, cap. 4.) » KorroßaA
Vveog is 'ya Boswasuaınaı neAsmeras, xaı er
Ci, KOM EINOTOS MV To mayu Mdogavrc
Toy TONEwV. HOSTOBÄUMOVOVTEL YO TB Cu
rov Te eoymlonevov x Tav EASEAo /
— nei ax TexDe
* avımı de mach EOS MUR NMELEUEN. Ta de Gay
InAwepever, xas as ugs zoAu mega
j VODTAR '
70) Xönoph, l, t.
Art
Geſchichte dee Sriechifchen Sophiften. 61
gan”). Dielen Begriffen zufolge ſchloß Les
alle Handwerker als untächtige Streiter von
ienften gänzlich aus **), und Ariftoteles that den
| ; daß nur allein diejenigen, Die wegen ihres
Kiufera Unterrichts Öffentliche Würden befleiden koͤnnten,
nb wegen ihrer Fertigkeit in Leibesuͤbungen zu Krieges
Wanken fählg wären, wahre Bürger feyen, und daß
Mijemigen hingegen, die fich von ihrer Hände Arbeit
| ‚ nur in einer uneigentlichen Bedeutung dieſen
Mamen verdienten ***). Handwerker und alle übrige
Hendarbeiter unterfchieden fic) feiner Meynung nad)
von Sclaven nur darinn, Daß biefe einem einzigen
Herrn, jene hingegen einem jeden dienten, der fie bes
7). Man koͤnne daher auch eine Stadt niche
nennen, wenn fie zwar viele Handiverfer und
Knfiter, aber nur wenige Männer habe, die in dem
Miez ziehen Fonnten FT).
Diefen unedlen Künften festen die Griechen bie
fegen,, oder freyer Menſchen würdige Künfte entgegen,
ir welchen alle begüterte Vaͤter, die ihren Unterhalt -
wicht Dusch die Arbeit ihrer eigenen Hände erwerben
verften , ihre Söhne unterrichten laſſen muften TFT).
Nele ebiere Kenntniffe, woburd) Knaben und Züngs
Inge zur Verwaltung öffentlicher Ehrenftellen und zu
vu triegerifchen Tugenden vorbereitet und vorgeuͤbt
den, beftanden im Zeitalter Solons in ver Kunſ zu
| en
9% Xenoph. memor. II, 7.
ı 8%) Osconom. €. 6, |
| "we, VII. 9.
' $ III. 3. p. 320.
VII. 4.
Hr vide Plat. in Proteg. 289. Iſoer. 1. 333. & alia loca
ap: Petit, p. 163. de leg, Att,
En Gehe Bude: —
lefen und zu fchreiben, in einer genauen Befanntfchaft ı
den größten Nationaldichtern, in einer gehörigen Ker
nig der Mufif, und endlich in einer Fertigfeit im a
Spmnaftifchen Uebungen, zu denen man Sagen 1
Reiten mit rechnen muß *). Die jestgenannten Ker
niffe und Sefchicflichfeiten vourden nad) dem Solon n
aur erweitert , fendern auch mit neuen, beſonders
Mahlerey oder Zeichenkunft ”*) und mit der Arithm
und Geometrie bereichert *""). Bon der lestern weiß
nicht gewiß, wann fie zuerft in die Zahl der fre
Künfte aufgenommen worden 7); fo viel aber if
wiß, daß alle Weltweiſe den Kreis von Künften ı
Kenntniſſen, welche die Ausbildung und Erziehung ei
freyen und begücerten Griechen ausmachten FF), f
von der Kunft der Redner, und der Philofophie, ı
den übrigen eigentlichen Wiſſenſchafften unterfchieden
®) Plat. & Iſoer. Il. ce. Ariſtoteles VIII. 6. de Civie. |
dag die Griechen erſt nach den Perfiſchen Kriegen 4
fangen hätten, fich mit Eifer auf Mufif zu legen.
un) Dies gefchah feit den Zeiten des. Pampbifus, P
XXXV. ı0,
s#*) Cic. de orat. III. 32. Quint. I. 10. & Teletis fra
ap. Stob. Serm. XCVI. Die Beldreibung ber Bit
‚eines freyen und wohlerzogenen Griechen beym Xe
111. IL v. 23. in Eunucho, ift daher unvollſtaͤn
Fac periculum in Literis, fac in Palaeftra, in N
eis: quae liberum fcire aequum eftadolefcentem,
lertem dabo. Doch zählt auch Aeſchines p. 309. c
Ctefiph. dad Mahlen oder Zeichnen nicht unter ben
fhielichfeiten eines wohlerzogenen Griechen auf,
Ariſtoteles ‚bezeugt, daß nur einige fich auf dieſe A
gelegt hätten. VIII. 3. de Civ. j
D riftoteles zaͤhlt fie nicht unter ihnen auf: VII. 3.
lein ſchon Plato fagte, daß feiner, ber in der Geom
unerfahren fey, in die Akademie kommen folle.
HH) eyrunda Masynore.
Gefchichte der Griechiſchen Sophiſten. 63
19), unb bag man bie leztern niemals von einem
m wohl erzogenen Griechen erfodert hat **). Eine
wirige Beobachtung aber ift diefe, daß in eben dem
whälcniffe, in welchem der Umfang und die Menge
w Renneniffen und Künften, in welchen man junge
| Leu⸗
üö—x
9) Diog. T1.79. VI. 103. & ib, Menag.
% Arift. de Civit, VIII, 2. 915. erklärt fi hierüber fol⸗
gender Geſtalt: Esı de nu Toy [7,078777037 EZISN®
Kay KEXLI EV Tivos ENImV KETSEV de Ay 7006
-FO.WTeres , voXov Toıs sienpevaıs BAaßıs.
em de mom din Dogay xaı To Tiveos Kaeıy
KHERTTELTISH Mavdovei. KUTS pev ya Xaeıy, 9
Or, n di’ ageTnv 8% aveNsudeeov. o de ævuro
rro mearrav di @wAABE, moAAxıs. Inrinon
as daAmov dofesy av reisten. Ueber bie
wahre zraıdesce oder Ausbildung eines Mannes findet
man vortreffliche Gedanken beym Iſokrates Panathen, II,
195s097. Wahre Sultur, fagt er, beſteht nicht in deu
Menge und Seltenheit von Kuͤnſten und Wiffenfchaffe
ten, bie man befizt; denn wie viele Meifter in beyden
fieht man nicht, die fich felbft zur Lafl, und andern
unerträglich find, die fich gar nicht ums ihre Mitbürger,
oder um einen guten Namen befümmern, und dabey
in die gröbften Vergehungen fallen? Nur denjenigen
halte ich für einen wahrhaftig ausgebildeten und vollen»
deten Mann, der alles, mas ihm aufſtoͤßt, zu nuzen
und zum Bellen zu kehren weiß, der allen denen, mie
welchen er umgeht, gerecht und gütig begegnet, und
anderer ihre Thorheiten und Schmwachheiten mit Gebnib
und Sanftmuth erträgt; ber fih niemals weder von
gegenmärtiger Luft überwinden, noch von Widerwaͤr⸗
tigfeiten niederfchlagen läßt. Der ſich endlih im Gluͤck
nicht uͤberhebt, und von den Gütern, bie diefes geben
kann, nicht mehr aus fich felbft entruͤckt wird, ale er
fi des Verluftes der Güter, die es bisweilen nimmt,
zu (dämen Urfache hat. Mean fehe auch Plat. de Leg,
Lib, I. p. 517. 520. 523. 0
a“: Oh Buße
amnterei — die Erziehung u
Sa daß ihre Sitten und kin
wurden, Kurth mebe man ir:
mit fehbnen und feltenen Künften ——
nuſchmoͤcken anfing.
WVUngeachtet Solon in ſeinen Geſezen bie ger
Vorſchriften darüber gegeben hatte, wie und more
Sdohne der Achenienfer follten unterrichter werben
ſchuf er doch nicht, wie infurg, die ganze biöherig
siehung feines Volls um FAR from er machte nut
ser erehung, welche bie
dern bisher gegeben
oleichem
Alter im und Scheiben, als unentbehr
Ein de a Der Schlifiel ju bielen andern
Kenn
BE —— ale Car 06 ———
gen en, als
Soberden auf große M Männer wur
*) Und dles geſchah meins fm fichenten Sahır.
##) Plato in Protagora p. 289. _
D Ib. ariſt. ‚de elvit. —* 3.
Geſchichte der Griechiſchen Sopfiften. 83
%), Außer dieſen Schulen aber muſten Knaben
h die oͤffentlichen Piäge beſuchen, in’ welchen: fie von
hickten Dazu beftellten Meiſtern in Leibesuͤbungen, Die
m Kräften angemeflen waren, Eunftmägig unterrichs
wurden, damit ihr Eorper, wie Ihe Beiſt, fruͤh ent⸗
bit, und dem einen Geſundheit und Staͤrke, wie
s. andern Tapferkeit mitgetheilt umd eingepflanzt
sr), So wie Knaben ſich den Jahren der Ju
J W 5— gend
en ft " en
m Plat. p. 289. Kas ereidav av yonuuore uadmcı,
. m HEAAwCı TUCH To YeyERMHEIE, RER
sore rw Day magarıdezew autos 871 Toy
5 BuIeay wäynncren: Rehıray ayaIar rom.
U era, no — —— Ev Os
ohAaı ev vssernens — de de Lodo⸗
. NER EM OWEN, MOLI.ENTRO LIE TEEN ara erden aya-
Dew, Ivo & Baus CuAmy MIUNTERI, x oce vnrœ⸗
rosros yeveddec,: Die Werke-von Dichtern waren
: ia Zeitalter Solone, fo wie fie es noch immer unter
barbarifchen und halbeultivirten Voͤlkern find, die einzie
gen, wodurch junge Seelen gebildet werben konntin,
‚weil bie Profa noch unerfunden, und profaifche Werke
, noch ungeſchrieben waren. Auch in allen nachfolgen⸗
den Zeitaltern fing der Unterricht ber Griechen ſtets
vom Lefen der Dichter an. Sowohl Plate I, c, als
Aeſchines p..293.Tadv. Timarch.: und eine der reden⸗
det Perfonen im Oaflmale des Renophon mußten bie
Werke der Onomiker, und der leztere fo gar alle Ge⸗
dichte bed Homer auswendig lernen. Symp, c, 3.
4) VIIE. 3. Ari, & Plat. 1. c. Diefe Leibesäbungen bes
fanden hauptſaͤchlich im Schwimmen, Laufen, Ringen
and. Balgen. Eine umfländlihe Befchreibung biefes
erſten Unterrichts in Leibesübungen laͤßt fich nicht mehr
geben; doch ſchlleße ich aus einer Stelle bes Ariſtote⸗
les, daß die Athenienſer die Kräfte ihrer Söhne nicht
Zweyter Band, € le
su
naͤherten, ober barinn übergingen, nahmen 6
Seen des Unterrichts auch ſtuffenweiſe zu. Man
taufchte die Schulen der Örammatifer gegen die
Tonkuͤnſtler, die ihre Zöglinge im Inrifchen Geſa
verbunden mit dem Spiel eines oder mehrerer muſi
cher Inſtrumente, unterwieſen *), um dadurch
Sitten zu bilden, ihr Herz zu Friegerifchem ober._&
gem Enthufiasmus zu entgänden, und.ipnen ein M
zu v , woburd) fie ihre Muße eben fo glüc
und würdig, als ihr gefchäfftiges Seben auf eine '
Baterlande erſprießliche Art Hinbringen Fonnten
®
fo ſehr als die Spartaner angeſtreugt haben. de
wit. VII. 4. Deun uur den leztern wirft er
Daß fie vurh Äbertricbene Reibesäbungen die Kräftı
zer Kinder mehr erſchoͤpft als geſtaͤrkt hätten. 1
Ben Olympiſchen Siegern (ſezt Ariſtoteles Hinfu ,
die Schaͤdlichkeit zu fruͤher heftiger Wuftrenguiigen
@örpers zu beweifen) finden ih une zwey ober I
die zugleich ale Knaben, uud auch als Männer
Lorbeer erhalten haben.
.©, Plato L.& & Ariſt. VIII. 3-7. & Quint. I. 10.
©) Man fehe beſonders Plat. de Rep. Lib, III, p. 194, &
Ed. Maffey, Atif, 1. &. 5. 6 7. dDiemit vergh
an Polyb. IV. 20. fd. Diefe Ötellen über die
Sen Wirkungen der Muſik der Alten auf bie EI
find eben fü befammt, als bie Erfcheinung ſelbſt
großen Kunftverfiändigen unerklaͤrlich bleibt. @ı
wurde die Mufif in den Älteften Zeiten mehr für
nuͤzliche als angenehine Kunfl gehalten, da fie hing:
in fpätern Zeiten VIII. 3. Arift. unter die bloß ergẽ
den gerechnet, und für eine chen fo mächtige Werk:
rinn der Bitten gehalten wurde, als fie vormals
Behälften und Erhälteriun der Tugend gerwefen ı
Selbſt im Zeitalter des Ariſtoteles aber unterſe
man ned) drey ganz von einander abweichende U
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 67
lben und Jaͤnglinge wetteiferten an gewiſſen Feſten
ve Kunſt des lyriſchen Geſangs, und die Eltern ſez⸗
fir Diejenigen ‘reife aus, welche bie Sedichte des
don, ober anderer alter und weifer Bolfsfänger am
In ebfingen würben % &o wie fie an Jahren, an
* a
Kennt⸗
ya Muſik Ce. 7.) fo wie man noch immer bie Nuͤz⸗
ren oder Schaͤrlichkeit einer jeden Art, die unter
den riechen gebräuchlich war oder geweſen war, ums
wnfachte. Go wenig bie Muffe der Griechen unveräne
yerlich blieb, fo wenig wurden auch immer diefelbigen
r\ mente vor aubern geſchaͤzt. Ariſtoteles uemne
, bie man im Alterthume allein gekannt und
geliebt hatte, und bie von feinen Zeitgenoffen ganz
yergapiäffige wurden, ib. c. 6. Alfibiades warf, -
vwie Arißoteies artheilt, mit Recht bie Slöte weg, wei
ı + ie das Geficht verzerre, und den Mund vericliche
- kt die Söhne der Ahebauer,, fagte er, auf ber Ziöte
‚ weil fie wicht reden Pannen; uns Athenieuſer
zjemt dieſes nicht, ba wir die Minerva und ben Apoll
als Schuzgoͤtter anbeten, davon bie eine bie Floͤte wege
warf, nnd der andere einem Slötenfpieler bie Haut über
die Dbren zog (II. p. 6.7.) Durch biefe Einfälle hob
er das Floͤten piel ans der Zahl der ſchoͤnen Kuͤnſte heraus;
gab von Viefer Zeit an feinen bie Mchenienfer allein
+ ur Gaiteninfiramente gefpielt zu Haben. — Wie rich⸗
gig bie oben angeführte Bemerkung bes Ariftoteles if:
saß die Sriechen erſt mach ben Perfiſchen Kriegen ſich
mit Eifer auf die Muſik gelegt haben, ſieht man and
den Beyſpielen des Ahemiflofles I. 490. Plut. und
Kimon HI. 177. 1d. bie beyde unerfahren in dieſer
Kuuft waren. Zwar fagen Plutarch und andere, daß
an ihnen diefe Ungeuͤbtheit in einer Kunſt, bie allen
beffern Griechen unentbehrlich gefchienen, vorgeworfen
babe, allein wahrſcheinlich ruͤhrt diefe Nachricht aus
fpätern Zeiten ber, in weichen dieſe Kunſt ein ganz
wefentlihes Städ der Erziehung geworben war.
©) Plato in Timaeo p. 474. Weil alle nicht ganz arme
Vthenienſer Oeſang une Mufit lernten, ſo —
an
.
Genntniß der Sprache, der. Mufif, : und bee gı
Dichter zunahmen; gingen fie auch zu immer f
Stuffen auf der Paläftra fort. Die Leibesübungen
fie als Knaben.getrieben hatten, wurden nicht nur
gefezt und verflärft, fonbern auch mit neuen, beſi
mit Neiten und Jagen vermehrt; und um bie
der Mannbarkeit, oder Furz nachher muften fie fü
andy beyde zu den größten Zeyerlichkeiten, won d
en fowohl als Samilienfeflen. Man fang fo
fege des Charondas in Athen an Gaſtmaͤle
Athen. XIV. c, 3. p. 619. — In den aͤlteſten
ſangen bie Dichter ihre eigne Werke ab, fo wie
ſten Tragiker und-Romifer ihre eigne Schauſpie
ftellten. Athen. XIV. 3. 4, p. 620. In der
aber wurben die Arbeiten der berühmteften Dicht
Rhapſobiſten abgefungen, von welchen man g
daß fie von den Muſen der Dichter, berem
heclamirten, begeiftert würden. ib. & Plat. in
Schon Hipparch machte das Geſez, daß die E
des Homer alle fünf Jahre an den großen Panat
yon Rhapſodiſten fellten abgefungen werden. J
adv. Leoer. p. 165. & Petit. de leg, Att.
Wahrſcheinlich nach dieſem Muſter gab ber bei
Medner Lykurg ein anderes, wodurch ben ©:
ober Syndicus der Stadt befohlen wurde, alle
bie Xrauerfpiele des Aeſchvylus, Sophokles und €
des, deren Werke man in biefer Abficht in den d
* Gen Archiven aufbewahrte, dem Wolke vworz
Petit. p. 68. Demetrius Phalerens war be
ber Mhapfodiften aufs Theater brachte, und |
Schauſpielern an die Seite fezte. Athen, I, c,
den Urtheilen, die Kenophon über diefe Mhapi
fälle, waren fie meiſtens unwiffende Leute, ber
ziges Verdienſt darinn befland, daß fie die Wer!
Dichtern richtig abfangen oder beclamirten, di
oft basjenige, was fie fangen, nicht einmal verfl
IV. 2. Memor, Soer. & Symp. c. 3.
Gefchichte der Griechifchen Sophiſten. 69
ichfeiten, und unter biefen fogar das gezwun⸗
den Appetit eines jeben überfteigende Effen gefallen
Rn, wozu fich wenigftens diejenigen entfchloffen, vie
van Olympifchen ober andern Spielen Sieger wers
Inmeilten *). Solon zwang aber nicht bloß die Athe⸗
when Juͤnglinge durch feine Gefeze zu folchen hefti⸗
# Sehbesübungen, fonbern er munterte auch durch
He Belohnungen dazu auf, indem er ven Siegern in
Iſtmiſchen Spielen hundert, und denen in ben
mmpifchen fünf Hundere Drachmen verſprach **); und
ſen feinen Gefezen und Aufmunterungen zur Gymna⸗
muß man es unftreitig größtentheils zufchreiben, daß
Fyon Im eingeführte Volksregiment befeftige, und
ſe Sange nachher die Sieger bey Marathon, Gas
im mu Plataͤa gezogen wurden 7). Mach der feners
0 | € 3 lichen
‚ Plat. & Teletis fragm, 1l. ec. Arift, c. 4. VIII, de
Civit.
N Plut. I. 362. Diogenes von Laerte, ober wem dieſer
elende Sompilator folgte, urtheilte alfo ſehr fchief,
wenn er die Summe von fünf hundert Drachmen , wo⸗
für man im Zeitalter Solons hundert Ochfen kaufen
konnte, für nicht größer hielt, als fie In feinem Zeit⸗
' alter war, und dabey glaubte, daß er burch biefe gerin⸗
» gen Belohnungen ſiegreicher Kämpfer die Athletenſucht
‚unter den Athenienſern babe einfhränfen wollen.
I. 55. 56. |
Je allgemeiner nämlich die gymnaſtiſchen Uebungen wur⸗
ben, deſto groͤßer wurde die Zahl geſchickter Krieger,
deſto ſtaͤrker der Staat gegen auswaͤrtige Feinde, und
deſto maͤchtiger das Volk gegen Oligarchiſche Bedruͤ⸗
der, die vorher die einzigen Krieger geweſen waren.
IV. 13. Arift. de Civ. Dean fah daher auch in alte
Zeiten die Palaͤſtra für eine Ernährerinn und Beſchuͤze⸗
rinn der Tapferkeit wie für eine Schule des Krieges an;
und eben beßwegen unterfagten Polykrates und andere
| | vo.
—
ı
u... Sechſtes Bud, .. |
lichen Einfehreibung oder Aufnahme unter die Buͤtg
entgingen bie jungen Athenienfer zwar der genauen Al
ſicht ihrer bisherigen Lehrer, bie für ihre Sitten,
für die Stärfung ihres Leibes und die Bereicherung gg
Senntniffe forgen mußten *); allein fie wurden
noch nicht der Aufficht der Soloniſchen Geſeze und
vornehmſten Handhaber entzogen. Vielmehr
(6 w
ber Areopag die jungen Diänner und Bürger,
den Geſezen des Staats befannt zu machen, und
Gymnaſtiſchen Uebungen beftändig fortzufegen **),
erſt im brenßigften Jahre war ed ihnen erlaubt,
lich vor dem Senat oder Bolfe zu reden; nachbem {
während eines Zeitraums von zehn Jahren hie
verfaffung der Republik, ihre gegenwärtige tage, ı
Derhältniß zu andern Staaten, und bie vor |
Perſonen ihrer Zeit unter der Anleitung weifer Mäund
und in den Bolfsverfammlungen kennen zu iernen, &
"A
legenheit gehabt Hatten 7). A
verſchmizte Tyrannen ihren Mitbürgern, bie fe une
druͤckt hatten, alle bildende Leibesübungen. Athen,
p. 602. In fpätern Zeiten und Schriftſtellern,
berd Römifchen, . trifft man ganz verfchiedene. Urtken
über die Paldfira und Gymnaflifchen Uebungen ber Oz
chen an. Man hielt beyde für eine Haupturſache &
Ausartung und Weichlichkeit der Griechen, und fe=
die eine wirklichen Lägern, uud bie andern wirklich
Kriegsäbungen entgegen. Mir ift es bier genng, -
nachtheiligen Wirkungen ber Griechiſchen Gymuaß
kurz angezeigt zu haben, bamit man nidht die Zeuge '
von Schriftſtellern, in denen fie bemerkt werben, w
den Altern Zeiten mißverſtehe.
) Plut. l. e.
y Plut. & Tel. Il. ce. j
-I Dinsrch. p. 101. Aelch, 271. 174. 175. & Pet. ex h
Ozgstor. P. 260, & ſq. 74 25 "
\
\
Geſchichte der Griechiſchen Sophiften. 7%
i Wenn man biefe Erziehung ber Arbenienfer mis
heutigen vergleiche, die mic der Vernachläffigung
v Didung der Sitten und des Chrpers haupeſaͤchlich
¶ Ve möhfeelige und langwierige Einpfropfung manche
Me, niche felten entbehrlicher Künfte und Kennt⸗
Ufe dyent; fo wird man verſucht zu glauben, daß
Inerfere wegen ihrer Einfalt oder Einfachheit nicht bie
miehung eines, wegen feiner Aufflärung fo. beruͤhm⸗
B, ſondern eines halb barbarifchen Volls gewefen ſey.
nberbeffen muß e& einem jeben unpartheyiſchen und auf⸗
ulm Beobachter einleuchten, dag bie Erziehung
wCsihen mach den Borfcriften Sofont unenbiidp
Wr, au Ne heutige, Die Herzen und Sitten von Knaben
B Fhpingen bildete, und daß fie den Umſtoͤnden ber
senalgen Zeit, den Debüsfniflen des Etaate und deu
Beitimmung junger Mitbuͤrger auf das Molke
mumenfle anpaſſend war, „Inden fie diefe allmäfich mie
) Din einzigen Plato ausgenommen, ber aber die Weiber
Biber bie Abfichten der Marar “ Manner umſchaffen
wollte.
a, Schfles Bude
dachten. Solon gab auch gar: Feine Geſeze über
rziehung der Töchter *), und fo guͤtig er ſich —*
feinen uͤbrigen Geſezen gegen das. ſchwaͤchere Gefchlem
erwies; ſo zog er doch die firenge Zucht, unter weich
es ſtand, noch flärfer an,. und fihloß ed auch meht em
als es vor ihm geweſen war. Exr vererbnkte, daß U
Ber niemals anders ald gepuzt ausgehen, aber doch aus
. nicht mic mehr ald drey Kleidungsſtuͤcken umgeben’ fege
| daß fie nur drey Obole werthe Nahrungsmittel, und F
hen groͤßern, als einen cubitalifchen Korb bey fich AH
en, daß fie endlich des Nachts niemals ihre WBohrien
erlaffen follten, wenn fie nicht auf einem an
gen, ‚und eine Fackel vor fich her tragen ließen **).. .
unterfagte ihnen gleichfalls alle heftige — S
zeugungen, die bis dahin gebraͤuchlich geweſen are
das wilde Wehklagen, und Jammergeheul, dab: Au
reißen der Haare, das Zerfleifchen der Brüfte, umbau
derer Theile des Leibes. Auch verbot er ihnen; ."
Stabmäler fremder Perfonen zu einer andern Zeit, \
der des keichenbegangniffes zu. befuchen 7). Aus bie
Geſezen allein kann man fehon ſchließen, daß bie Lebe
art, und alfo aud) die Erziehung bes weiblichen €
ſchlechts in Griechenland noch weit mehr, als bie. 1
männlichen von ber unftigen verfchieden gewefen fen.
. Die Eingefchloffenheit und Eingefchränftpeit
weiblichen Sefchlechts überhaupt war in Griechenlant
alt, - daß fie mit der häuslichen Gefellfchaffe felbft ı
ftanden zu ſeyn ſcheint; und es ift daher unmöglich,
Urſachen derſelbigen mit Benwißdet ‚ und une
*, Und — untrföl er ſich weg vom Eor
nd Plut. in Sol, I. 359.
Geſchichte der Sriechiſchen Sophiſten. 73
ber, auch nur wahrſcheinliche Vermuthungen daruͤber
pen. Wenn ich aber die Griechiſchen Bölfer mie
Bun Nationen unter ähnlichen Himmelsftrichen und
den zuſammenhalte; fo kommt es mir viel glaubs
Mayr, daß die Griechen bie Eingezogenheit der Wei⸗
Seh den Fremdlingen aus Aſien und Africa, welche
BUnkeher ihrer erſten bürgerlichen Einrichtungen wa⸗
Ws als eine ausländifche Sitte empfangen haben, als
B ſe ein Wirfung des eigenthämlichen Klima ihres
We, oder ihrer alten urfprünglichen tebensart gewe⸗
a. Dem fen aber wie ihm wolle, fo glaubte man
wein Sriechenland, daß bie Natur oder Vorſe⸗
hj den Nann zu allen öffentlichen oder Privatgefchäffs
Be, Be außer dem Haufe vorfielen ot er verrichtet wer⸗
ww, und das Weib zu allen Innern häuslicher
röcken beſtimmt, und nach biefen verfchiedenen Beſtim⸗
ngen auch Kräfte und Neigungen an bende Geſchlech⸗
e verſchleden auſsgetheilt habe *). Die Ehre einer vers
xacheten Frau beftand barinn, fo wenig als möglich
Haufe zu feyn, und von Unbekannten bemerkt zw‘
weh; und die ganze Erziehung von Sungfrauen zielte
warf ab, daß fie fo wenig, als möglich, reden, hören
u ſehen möchten **). Durch diefe forgfältige Eins:
üchung des weiblichen Gefchlechts und Abfonderung
we dem unfeigen wurbe es Mäpchen und Frauen ums:
- u EuE5 moͤglich
"9 lieber dieſe verſchiedene Beſtimmung beyber Geſchlechter
und die Verſchiedenheit ihrer Geſchaͤffte ſehe man Xe-
noph. Oeconom, 3. 7. Io. e. aus welchen Sapiteln ich
auch alles das hergenommen habe, was man in biefens
Abfaze Über die Erzichung, Lebensart und Gefchäfte der
Weiber lefen wird. ’ |
%) Ich bediene mich bier‘ der eigenen Worte Renophous
& 3. 7. gi. el pr ...7
ME Secchſtes Bud. ==:
moͤglich gemacht, ihren Geift durch Kuͤnſte, 9
fhafften oder lehrreichen Umgang zu bilden, weil
der leztere unterſagt war, und bie erftern nur von
nern gelehrt wurden, die zu ihren geheimen ı
gen keinen Zutritt hatten. Wenn alfo junge Adi
ferinnen aus vornehmen Käufern verheirathet wur
fo brachten fie ihren Männern feine andere Kenntaifl
eine Fertigkeit in gewiffen weiblicyen Arbeiten, befi
Meben und Streifen von Kleidungsſtuͤcken zu **)
waren in ben wichtigften häuslichen Gefchäfften fo
ren, .. baß fie erſt von ihren Männern, bie 6:
größten Rechtſchaffenheit mit ven geliebteften W
Doch weniger ald mit andern Menſchen redeten, 3
gen Hausmüctern muſten gezogen werben. Die !
ten einer guten Hausfrau feste man allein darim:
fie dasjenige, was der Fleiß des Mannes ange
und erworben Me ‚ zu erhalten ſuche: daß fie d
geerndteten Fruͤchte weder verſchwende noch veri
laſſe: daß fie alles Hausgeräch in gehöriger Dei
und gutem Stande erhalte: daß fie Sclaven und
Binnen ihre. Arbeiten weislich auscheile: daß fie bi
wiffenden unterrichte, die Trägen ermuntere, die T
und Kleißigen belohne, die Nachläffigen und Line
beftrafe, und die Kranfen. liebreich pflege: endlich d
ihre Fleinen Kinder mit mütterlichee Sorgfalt ei
und ihrem Manne unverbrüchliche Treue bewahr
Den einer folchen Erziehung und tebensart wird es
begreiflich, warum Solon von ber Erziehung ber ©
ter In feinen Geſezen gänzlich ſchwieg, und das wei
u!
©) Und dies gefi eiffens im unten re
°) ee Ei kunfich Jahre,
"m Xen. ll, ce, & Memotab. Secz. IL 2. n
Geſchichte der Griechifchen Sophiſten. 75
Wblecht in Griechenland viel weniger als unter uns
Mg. wurde *).
Daß Solon in der Erziehung ber Achenienfer nur.
Inge Beränverungen machte, iſt weniger zu verwun⸗
w,unb auch weniger merkwürdig, als daß er die Re⸗
wa feines Volks faſt ganz unverändert ließ. Denn
ie denn Reinigungen und Ausföhnungen, wodurch
ı Sreund Epimenides die Achenienjer beruhigee **),
ee den Altären, die eben biefer Weißager den Furien
ı.uubefatnten Göttern, ja fogar einigen taftern er⸗
were }), außer dem Tempel, welchen Solon der ges
inn DBenus erbaute, und worinn er öffentliche
eltüperfonen zu ‘Dienerinnen der Görtinn beftells
MM), endlich außer den Geſezen, wodurch bie Trauer
. ‘
‚Die Erziehung der Buhlerinnen war von ber Erziehung
freyer und ehrbahrer Arhentenferinnen ganz verfchieben.
Weber vie erfiern febe man meine) Abhandlung Aber bie-
Mannerliebe der Griechen, und meine Befchichte des
Luxus unter ben Athenienfern.
" Plus. 1. 336. Diefer Schriftſteller fchildert den Epime⸗
nides als einen weiln Dann, ber bie Religion ber
Athenienſer fanfter unb milder gemacht babe. Euan⸗
shes hingegen beym Athenaͤns XII. 8. 602 p. erzählt,
Daß er die Athenisnfer von dem Fluche, ber auf ihnen
ruhte, durch Menſchenblut gereinigt, und nennt den
ſchoͤnen Juͤngling, den er geopfert babe. Die leztere
Erzaͤhlung ſcheint mir bie glaubwuͤrdigſte; denn Men⸗
ſchenopfer blieben noch lange nach dem Solon nuter den
Athenienſern und andern Griechen gebraͤuchlich, wie Ich
an einem andern Drte zeigen werbe,
) Diog. 1. 109, & fq. & Plut. 1. e.
-+) Athen, XIII. 4. Paufanlas I, p. 2. fagt, daß Theſent
einen ſolchen Tempel errichtet babe. Er
6 =. Schu
eingefcheänft *), dem Areopag die oberfle Aufſicht =
Keligionefachen **) aufgetragen, und ber hehe Rath 9
fehligt wurde, ſich am Tage nad) den Myſterien U
Eeuſiniſchen Tempel zu verſammlen, um alle die Ste
tigfeiten und Unordnungen zu fchlichten und zu beſtrafe
Die während dieſer geheimen Feſte entftanden und vorg
fallen wären ***), außer diefen Einrichtungen und &
fezen finde ic) gar feine Neuerungen, die Solon in
Goͤtterdienſte feiner Väter gemacht hätte. Die’
selber die Sottlofen, von denen ich gleich reden we
waren zu unbeflimmt und zu graufam, als bag man
dem Solon zufchreiben Fonnte; wenigftens werben
ihm von feinem einzigen alten oder glaubwürbigen
ſteller zugeeignet. Wahrfcheinlicher ifi es, daß Gehe
Die ungefchriebenen Geje;e der Eumolpiden, nad zue
chen diefe vormals alle diejenigen, welche wider Wie Rı
ligion und Götter gefündigt hatten, beflrafen Fonntes
abgefchafft Habe ). Denn erſtlich verordnete er, ba
obrigfeitliche Perionen, unter keinerley Vorwand, una!
feinem einzigen Ball, einen Bürger nad) ungefchriebeme
Geſezen richten follten F}), und zweytens führe &
fias FF) ven Rath des Perifles, daß man nach den m
gefchriebenen Geſezen der-Eumolpiden wider "die Getı
lofen verfahren müfle, als eine ganz neue und ung
wöhnliche Maaßregel an.
Wenn Solon nicht mit feinen Zeitgenoffen geirrt
ober wenn er eine reinere und erhabenere Religion ai
die
an mal
” Plut.]. e.
##) 0.9. Meurf. Areop.
#44) Andoc. or. I. p. 229. Ed. Hanovii,
7) Diefer Geſeze erwähnt Lyfiss adverf. Andoc, p. 168.
tt) vide Sal, Leg. ap. Andoc. p. 215. 1, e.
tt Vl. c.
‚Dan fehe Plat. de Rep. in, n. ai, p. joa. 4. 168.
140. 148. 150. 20 172. 174, Ed. Maffey. us
diefen Stellen. in melden. Plato bie Religiousbegriffe b
feiner Zeitgeneffen beftreiter, iſt auch dasjenige genams .
mn, ms ich noch vch ber die Relni jom der hand “
fen wer \
BE Sf
and den Schuz der Götter durch prächtige und al
fehweifende Sefte, oder durch reiche Opfer, Geſcheit
and Stiftungen erfaufen, und ihren Zorn
koͤme. Nicht bloß alte Frauen ober Menfchen
Pbbel, fondern die reichten Häufer und ganze St
Tießen fich von nichtswuͤrdigen herumziehenden Gaufiel
bethoͤren, vie fid) Schüler des Orpheus nannten, aM
ſich dabey rühmten,, durch Opfer und Einweihemgen
ihre Myſterien oder durch die Theilnehmung an
fett geheimen Feierlichkeiten die Schuld von Sünden?
gen, ihre Folgen in diefer und einer andern Welt
gen, und eine felige Unſterblichkeit verfchaffen zu für
Ehen diefe Betrüger maaften fid) fogar ‚eine Sera
über die Götter an, und gaben vor, fie durdh'‘
Beſchwoͤrungen nad) ihrem Willen beugen zu Fbruner?]
Ale Hörter ſchienen den Athenienſern, wie den (ii
Griechen, fo bösartig, daß fie fich einbildeten: ein aufe
orbentliches. oder langdaurendes Gluͤck ziehe: Dh
amd die Mißgunft der Görter auf fich, und werde
ühre Beranftaltungen übern Haufen geworfen *%).
dachten fich ferner eben dieſe Götter fo reisbar, daß:
alle Ungluͤcksfaͤlle für göttliche Strafen anfahen, i
pi nicht um allgemeiner &ittenverberbniß, oben;
®) Plst. I. c. p. 102. 104.
®*) Her. 1.33, Plus, VI, 649. 51. 748. Luc, I, 5, 25 d
Geſchichte der Griechiſchen Sopfiften. 79
‚ dem Anfreſſen irgend eines Hausraths durch eine
der Berührung oder Begegnung eines leichnams,
den rärhfelhaften Phanrajien eines Traums, furchts
ndigungen des Zorns der Götter , ober Vor⸗
MR fünftiger Ungläcsfälle ). So gewiß endlich es
Rad die ausfchmweifende Pracht ihrer Fefie eine der
Urfachen der Verderbniß ihrer Sitten wurde; eben
| iſt es, daß bie angeführten fo wohl, als ans
"© Urt des Aberglaubens die wichtigften Micurfas
Berfalls ihres Staats waren, indem fie das
7 der unbefonnenen Unternehmung gegen Sicis
rpm Derurtheilung unb Quräcberufung des Alfie
er af welchen bas ganze Heer das größte Ders
* e, u zum Auen — vor Syra⸗
” £, als das muthloſe geichlagene
th xererret werden konnte, bewogen wurden. *
Al dieſe Irrthuͤmer und aberglaͤubiſchen Thor⸗
ben en Arhenienfer mit den übrigen Br
m Staaım gemein, ald welche diefelbigen Claſſen von
jetern Omerfannten und viefelbigen oder doch Ähnliche
pe an ähnlichen Feten durch Ähnliche Opfer, Ges
aufeı und Stiftungen verehrten. ‘Die erftern unters
gen ſich aber doch von den leztern durch einen blin⸗
g urld heftigern Religionseifer, welchen alle Redner
aa vem Samen der Froͤmmigkeit, als eine ben Athe⸗
gen eigenthämliche Tugend, erheben ; und durch
Age Seſehe wider die Derächter der Götter, und bie
} Ghbnder der Religion , deren Urheber unbekannt find,
we her doch zwifchen dem Solon und Perikles gegeben
—2* Diefe Geſee wider die Goctioſen waren
9 Theophr. Chara. c. 16, de ſaperſt. & ibi Cafaub, &
du Port,
\
> = 7 Seren
kon ber Art, daß allem Anfcheine nach die groͤbſten?
thuͤmer der Volks » Religion dadurd) geheilige und |
ewigt, die freye Unterfuchung der Wahrheit gehind
und die furchtiofe Aushreitung der gefundenen encheg
Wahrheit, daburdy unmöglich gemacht werden my
Man muß daher die Wege der Borfehung und die Kr
loſigkeit menfchlicher Sazungen bewundern, wenn u
findet, daß gerade unter dem Volke, welches
Bekenntniß der Wahrheit ald Todesverbrechen. befhrg
und deſſen Religion dem forfchenden menfchlidyen Ey
die fchmerften Feſſeln anlegte , ver einzige wahre €
zuerſt öffentlich verfünbigt, und die reine Religion gu
gelehrt, und über die meiften Bölfer der (Erde verbo
worden. Die Geſeze der AUthenienfer wiber die.
bigen und Gottloſen waren den Römifchen
Geſezen unter den Kaifern fehr ähnlich , und ad
auch eben, wie diefe, gemißbraucht. Das Forum ı
ben beyden ungewiß; und man fonnte daher Uñ
ge und Gottloſe ſowohl vor dem Areopag ”), als t
oben Rath **), oder einem ber Archonten, ber
amen des Königs führte 7), oder vor der He
angeben und anflagen FF). Die Strafen ver Gu
ſigkeit waren ferner , gleich denen des Majeſtaͤtsvejt
chens, willführlich ; aber immer aͤußerſt hart, inden
entweder in ewiger Verweiſung, oder in Hinricht
mit dem Verluſte aller Güter beſtanden. So wie u
endlich in Rom nicht bloß durch wirkliche Thaten
Anſchlaͤge wider das leben der Thrannen, ſondern M
ſtille Klagen und Seufzer, durch Traurigkeit, fü
| di
#) Meurf. 1. c.
*©) Andoc. 1. c.
+) Lyf. 108. p. adv. And. —
+}) Dies leztere erhellt ans der Geſchichte des Sokrates.
a“
Gefbichte der Griechiſchen Sophiſten. 94
th die gleichgültigften uwerdaͤchtigſten Befanntichaffs
und Handlungen Majeftätöverbrecher werben Fonnte,
lennte man fich in chen eben ſowohl durch die Ders
sfng fremder Gottheiten, durch die Erklärung na⸗
Her Erfcheinungen aus natärlichen Urſachen, oder
d die Unterjuchung der Gefeze und Veränderungen
ENatur als durch die Entweihung der Eleuſiniſchen
Meeonniffe, oder durch bie Berffümmelung und Echäns
Bi helliger Statuen, ober endlich durch das Abläugs
Br die Bezweyfelung des Daſeyns der vaterländis
BR Gitter eine Anflage der Sottlofigfeit oder des Un⸗
ein zuziehen. Eben deßwegen, weil das Verbre⸗
Keime war, dichtete man es wie in Rom das
werbrechen gerabe den größten Männern und
en Amichen an, die man fonft Feines. andern Ders
gend jihen Fonnte; unb wenn man alfo weiß, wie
Wi Arten an Spfophanten, und an parthenifchen,
— abergläubifchen, und unwiſſenden Richtern
2% ſo wundert man ſich noch, daß Anklagen des Uns
abend und der Gottloſigkeit in dieſer Stadt nicht noch
A gewefen find, als fie wirflich waren *).
1 "Ungeachtet Athen burch den Solon unter allen
ſchen Republiken die befte Regierungsform erhals
und diefer Geſezgeber die vortrefflichiten Mittel ges
hatte, die gegen einander aufgebrachten Partheyen
reinigen ; fo konnte Doch der Staat nicht auf eins
gellärke, und die tief gewurzelte Zwietracht nicht
einmal ausgerottet werden. Athen war durch die
Berigen Unterdrückungen oligarchifcher Defpoten fo
Rihwächt worden, daß feine Bürger zu ohnmaͤch⸗
baren, den Einwohnern von Degara a Snſet Sa
Er 3 * a⸗
V Siehe Beylage am Ende des Capitels.
Zweyter Band. 8
92 ESecchſtes Bud. *
lamin zu entreißen. Man hatte fogar ein Geſez gei
welches nur die Außerfte Berzwenfelung und Mut
keit eingeben fonnte, daß derjenige des Todes fi
feyn folle, der den Rath geben würde, Salami
der zu erobern. Zwar gewannen fie dieſes Eylant
die Weisheit und den Muth des Solon und Piftl
auf eine kurze Zeit wieder, allein fie buͤßten es au
nachher abermals fame Nifia ein. Die Armu
Athenienfer war unter dem Solon faft noch groß
ihre Entkraͤftung. Sie hatten weber Künftle
Werke ver Kunſt; weder Fünftliche Handwerke
nuͤzliche Manufacturen , oder einträglichen $
Den lestern fcheine fogar Solon mehr gehindert
guͤnſtigt, oder die Vortheile deſſelben wenigften
eingefeben zu haben. Er gab nämlich über Ham
Wandel gar feine Geſeze; und das einzige, was
und wodurch er die Ausfuhr aller übrigen Pr
das Del ausgenommen, unterfagte, müfte den.
wenn er auch blühend gewefen wäre, vernichtet
Woahrſcheinlich reichte der Ueberfluß an Del,
Athenienfer bauten, und die Ausbeute ihrer Be
kaum hin, das Korn, was ihr unfruchtbar
fchlecht bearbeiteter Boden nicht liefern Eonnte
andern Nothwendigkeiten des Lebens von Korin
und Aeginetiſchen Hanvelsleuten einzufaufen.
", Die Beweisſtellen zu biefem Abfaze findet mar
Aufange meiner Abhandlung Äber den Luxus
nieuſer.
Gefchichte der Griechiſchen Sophiften 83
Die Erbitterung, welche die von den Reichen aus⸗
ken, und von den Armen erlitenen Gewaltthaͤtig⸗
M erzeugt haften, war zu groß, als daß fie Durch
Veranſtaltung des Solons gänzlich hätten getilge
ehe ſollen. Die alten Feindfeligfeiten brachen daher
PR lange nach) feiner Geſezgebung, und wie Plutarch
Mc”), während feiner Abweſenheit von neuem aus,
e jede der drey Partheyen, im welche das Athenien⸗
br Dolf vorher gerheilt geweſen war, erhielt, oder
parte ihren Anführer, unter welchen Piſiſtratus,
Aut, und der VDertheidiger ber Aermern, ober
we aha der größte, berühmtefte, und geliebrefte
* Piſiſtratus ſtammte aus einem eben ſo al⸗
a edlen Geſchlechte, als Solon, ab, und hatte
Band die Ueberwindung der Megarenſer, und dur
Witereroberung von Salamin und Niſaͤa einen
en Ruhm unter ven Griechen‘, und eine allges
Hochachtung unter ken Mitbuͤrgern erworben F).
2 Er
ni 376.
Pr. le. Her. 1.59 & feq.
Nest. &Her. 1. cc. Diefe Stellen des Plutarch und He⸗
todot find nebft den folgenden, die ich herfezen will, die
wichtiaſten über die Herrfchafft des Piſiſtratus und ſei⸗
». ger Söhne. Her. V.65. & fq. Thucyd L 20 VL
br 54.& fq. Andocyd. I. 216. Hocr. IL 331. 33. Ariſt.
V. ı1. 12. Plat 'seoxs.p. 234: Die übrigen weniger
N $
" wichtigen Zeugniffe bat Meurfius in ſemem Puſitratus
zuſammengetragen, melde Abhandlung eing von dem
vollftänpiaften, und felbft mit Kritif gemairie Compi⸗
Intionen diefes Mannes if. Die anaführte Stelle des
Andokydes andgenommen, babe ıch feine andere von
Medentung vergebens darin gefucht. Ich werde Daher
anch in ber Zolge der Kürze wegen aur biefe kleuue
— verweiſen, ba ich bis Lauptquellen angezeigt
abe.
4. Gedfled Bud. .
Er war nach dem Solon unftreitig der erfte feines De
Ihn fchändete Feines von den taftern, die feinem 3
‚alter eigenthuͤmlich waren, oder woburd) fid) die M
tigen in Athen fo verhaßt gemacht harten, oder bi
‚welche auch andere Tyrannen bewogen wurden, die
fte Gewalt In ihren Vaterſtaͤdten an fich zu reißen;
unter feinen heftisften Seinden hat es nie einer gene
ihn einer unmenfchlichen Härte, oder einer rohen U
heit, oder einer viehifchen Schwelgerey und Böllere
befchulbigen. Er befaß eine jede der Vorzüge und;-
genden, bie eitien großen Feldherrn, Staates.
und Volksbeherrſcher bilden konnten. Durch bie
und Maojeftär, die über feine ganze Perſon verbe
war, flößte er eben fo viel Ehrfurcht ein, als 2m
fein liebreiches freundlic)es Betragen Herzen auf
Seine Tapferfeit war; wie feine Beredrfamfeht, wm
derſtehlich, und feirie Frengebigfeic wurde durch S
thun eben fo, wenig, al& feine Langmuth, übe »
Geduld durch) die unverdienteften Befchimpfungere
Schmähungen gegen Ihn und die Seinigen etſchoͤp
Durch ſeine tiefe Klugheit, die Aber vielleicht
Namen von feine tift, und fchlauer Verfchtnigtäudd
dient , bleiivete er nicht nur das ganze At
Volk, ſondern vereitelt auch alle Entwuͤrfe feiner m
tigen Feinde, und machte ſelbſt die Weisheit und
ſchloſſenheit des Solon, der ihn allein erkannte, fru
MNach feinem Ehrgeize, dem einzigen Fehler, der a
getadelt werden konnte, und von welchem Solo
N tn anno
°) Plüt. I. 378; Cic. deÖr. II; 34. Brut. I. 2, be
e. 6. wo viele merkwuͤrbige Bepſpiele feiner Verf
lichkeit und feiner Oleiägältigkeit gegen Schmaqh
Hohn, deren nut eine wahrhaftig große und arte |
le fähig fepn Pant, geſammlet ſiud.
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 85
zu heilen vermochte, war die Begierde feine Mit⸗
æ gläcflich und fein Barerland groß zu machen, die
kund mächtigfte unter feinen Leidenſchaften, und &os
ſoſt gab ihm das Zeugniß, daß er ein untadelicher
Bnlfommner Bürger gemwefen wäre, wenn er nicht
Bamnäßigen, und für bie Freyheit der Achenienfer
chen Ehrgeiz genaͤhrt hätte”). Diefer außerordents
Ray nun, der feinen Namen durch eine glorreiche
Berung eben fo unfterblich machen wollte, als Solon
engen durch feine Gefesgebung gemacht hatte, faßte
km Gedanken, ver in einem jeden andern Kopfe
Nn geweſen wäre, noch ben Lebzeiten des Solon die
BR, als ſie eben die erften fügen Srüchte der
Mei ja koſten angefangen hatten, dieſer Freyheit zu
BR, und ſich der Alleinherrfchafft zu bemächtigen,
RR Der Geſezgeber ausgefchlagen hatte, Vergebens
Be Dre leztere die berhorten Athenienſer vor dem
Ps, noch ehe biefer feine Abfichten ganz deuts
| efläet Hatte; und eben fo vergebens forderte er fie
Orr in voller Nüftung zur Bertheidigung ihrer Frey⸗
kauf, da die Entwürfe des Demagogen fchon klar
Droge Ingen *"), Die Achenienfer achteten weder
en Rath, noch nahmen fie feine Hülfe an, fons
heßen fich durch eine Lift des Pififtratus fangen,
Fi grob fie auch war, die Feinheit diefes Mannes, .
he genaue Kenntniß, die er von feinen Zeitgenoffers
#, eben fo ſehr beweift, als fie ein untrügliches
fmal des leichten und fhörichten Sinns, und ber
Seriichen HnaufpeFlörrge der Athenienſer war D.
3 | r
Bm ge e æi re rd
Plut. ]. c.
) Plut. I. 379» 81T.
Pifiſtratus hatte die Athentenfer ſchon vorher burch
eine, noch groͤbere, aber eben fo glädliche Liſt, hintergan⸗
BE gen:
86 Sechſtes Buch.
Er mißhandelte ſich ſelbſt zu Haufe, und ſtellte fich ı
Blut und Wunden uͤberdeckt dem ſtaunenden Volfe f
welches er leicht davon überzeugte, daß er von feh
Feinden für den Eifer, womit er die Aermern und)
drigen gegen die Mächtigen und Neichen vertheipigt ]
te, fo graufam wäre zerfleifcht worden. Die A
enfer wurden durch) diefes Echaufpiel fo fehr gerü
Daß fie ihm aus ihrem Mittel eine gewiffe Zahl von
Senträgern bewilligten, die ihn fernerhin gegen folche
waltchätigkeiten fchügzen follten, die abet Piſiſtratus
nach) feinem Wohlgefallen vermehrte, und dazu bre
te, eben diejenigen, welche ihm diefe leibwache zugege
baten, zu entwaffnen, und fid) unterwüsfig zu.
chen *). Zwar wurde Pifiitrarus in der Folge ı
Burch die Srenheitsliebe des Bolfs, fondern durch
Neid einiger Mächtigen, beſonders der Alfindoni
zweymal vertrieben, und mufte von den drey und b
$ig Jahren, die er regierte, fechszehn Fahre mit“
Verlufte aller feiner Güter im Elende zubringen ”
allein er kehrte immer fiegreich zurück, ſtarb zulef
big als Wlleinherrfcher von Athen, und ubewdab,
EEE nennen — — — — — — — — — SEE
gen: naͤmlich durch das Schauſpiel feiner Zurke
zung durch bie Phya, eine große und fchöne Yung
die man mit den Attributen ber Minerva ausgefche
hatte, unb die auch wirklich vom Athenienſiſchen 3
als die Beſchuͤzerinn ihrer Stadt aufgenommen
angebetet wurde I. 60. Her, Herodot fand biefe B
gerey fo grob, und bie Thorheit derer, gegen m
fie gebraucht worden war, fo Einbifh, baß er es
begreifen konnte, wie Griechen, bie ſich ſtets durch
Klugheit von den Barbaren unrerfchieden hätten,
dadurch hätten bethoͤren laſſen koͤnnen.
®) Plut. & Her. l. e. & Meurf. e, 3.
®®) Arift. de Civ. V. 12. Heracl, de Rep. Athen, &,
Geſchichte ber Griechiſchen Sophiſten. 87
tde feinem aͤlteſten Sohne Hipparch, der faft eben
ine, als fein Vater regierte; und unter deſſen Re⸗
ig die Achenienfer, wie Plato fagt, eben fo gluͤck⸗
| ol die erften Sterblichen zu den Zeiten des Saturn
a). Dad) der Hinrichtung des Hipparch durch
Fhearmodius und Ariftogiton, behauptete deffen jüns
$, und würde fie vielleicht noch länger behauptet has
;; wenn nicht durch ein Ohngefaͤhr die angefehenften
Hnen feiner Sainilie den Alfmäoniven in die Hände
Me waͤren, und ihre Gefangenfchafft ihn genoͤthigt
I, ſen Vaterland auf ewig zu verlaffen **),.
©. Wpachcet der boppelte Berluft der Herrfchafft des
* und bie doppelte Wiedergewinnung derſel⸗
‚at vielen Gewaltthaͤtigkeiten verbunden war, uns
ga auch Piſiſtratus am ſeinen bitterſten Feinden den
Kepmiden, welche ihn zweymal vertrieben hatten, bie
Im agefuͤgten Beleidigungen mit der Außerfien Strens
ehe, ihre Haͤuſer zerftören, ihre Gräber öffnen
Kiymüften ließ, ungeachtet ferner Hippias durch die
ung feines Bruders erbittert dag leichte Joch,
mL, | 54 Ä was
— — —
Mia Hipparch, p. 234. Die drey Jahre hingegen, waͤh⸗
: Ind welcher Hippias geherrſcht habe, ſeyen bie Jahre
, der Tyranney gemwefen. ib.
Her, ll. ce. daß nicht Hippias, fondern Hipparch bey
Alteſte Sohn des Pififtratus war, beweiſt Meurfius
!" wider den Thufybides (VI. 54.) mit unwiberleglichen
Gründen. . Pififtratus fing DI. 50. I. an zu regieren,
and flarb DI. 58.2. (Meurſ. 3 & 4 c.) Hipparch
wurde im zwey und dreyßigſten Jahre feiner Regierung
ermordet, und Hippias (Thuc. J. c.) im vierten Jahre
verjagt. Das Ende ——— der Pifiſtratiden
fallt daher in das vierte Jahr der 660 Ol. an [che
Meurf, Biäß, c, 20, |
Be Bruder Hippias noch mehrere Jahre die höchtte Ser |
I... Selten on.
⸗as die Arhenienfer his dahin getragen haften,
chwerte, die Abgaben vermehrte, die Münze
nem Belieben berabfezte und erhöhte, öffentliche
verfaufte, und alle, die ihm verbächtig waren ,
ten ließ *) 3 ungeachtet endlich ben der Ruͤckkehr dem
mäoniden, und der Wiederherſtellung der Freyheit
Buͤrgerblut vergoſſen, und viele angeſehene Häufesr
ſtuͤrzt wurden **,; fo fann man doch nicht länge
daß die Herrſchafft der Piſiſtratiden den Athenie
viel mehr Dortheile ald Schaden gebrachte habe,
daß die ffrenge Zucht, worunter Piſiſtratus und
Söhne den Poͤbel yon Athen hielten, vielleicht not
dig war, ben Einrichtungen Solons eine gewiffe
feit zu geben, und feine Geſeze in Ausubung zu’ bei
Piſiſtratus und Hipparch erhielten Die Same
Solon In ihrer ganzen Kraft P), und machten BE
andere Neuerungen, als daß der Vater fich deu
ten, Hipparch aber nur den zwanzigften Theil bee
Fünfte der Athenienſer bezahlen ließ, dag ferner F
ſich zu beftändigen Anführern im Kriege, und u
oberſten Prieſtern im Frieden machten, und daß F
wichtigften Aemter durch Derfonen von ihrer Paz
befezten, oder beſezen ließen FF). Weit entfernt
ben Benfpiele anderer Tyrannen, feine Mitbürger
ftändig yon den Waffen zu entfernen, führte Piſiſt
——
*) Her, V. 62. VI. 123. Thue, VI, 59. Meur
ex oscanam. Ariſt, lib, I,
”.) L, And. 2236 p.
P 1.59. Her, VI, 54, Thuc, Plat. 234. p. x
t}) Thue. 1. ec. Pifiſtratus vermied fo fehr all
eines unumferäuften Herrn, baß er fich fo 9
Areopag flellte, als er yon einem gemeine
fer verklagt warte, Ariſt. de Civ. V. 12,
Geſchhichte der Griechiſchen Sophiſten. 89
Athenienſer haͤufig gegen auswärtige Feinde an, er⸗
rt Solamin, Sigeum, Naxros, und :Delos*), un
Kegae nad) der Erzählung einiger Schriftfteller das
ufliche Geſez, nach welchem die Kinder und Fami⸗
erjenigen, bie für’s Vaterland geftorben waren,
Aentliche Koften unterhalten wurden **). Sowohl
Bas als Hipparch ſchmuͤckten Arhen zuerſt mit
Bien Werken der Kunſt, unter welchen der Tem⸗
3% Olpmpifchen Tupiters das größte war, ver aber:
en Ken nicht gang vollendet wurde F). Benyde gas
Br ach alle erfinnliche Mühe, die dumme Unwiſ⸗
RR ma Arhen gu vertreiben, und ihre Mirbürger
aufzuklaͤren. Piſiſtratus ſammlete zuerft die
BR: Gefänge des Homer, und Faufte auch die
m allen. übrigen berühmten Dichter zuſammen.
KR VI. c. le.) Mach diefem DBenfpiele feines Va⸗
MR Sinpacch den Simonldes, Anakreon, und ans .
WR Dihter, welche damals bie einzigen fehrer des Vol
men, nach Athen bin, errichtete an öffentlichen
Fen Hermen, in welche lehrreiche Sprüche eingegra⸗
ER Daten, und perordnete, daß an den Panathenaͤen
Fkedichie Homers ſollten abgeſungen werden FF):
Ab dieſe Verdienſte auch waren, fo wurden fie
Beh von den Bemuͤhungen übertroffen, wodurch
Mh Solhons Abfichten und Gefezen in einem Bolfe,
ur) langwierige Knechtſchafft in muthloſe Traͤgheit
) 3. ganz
M Her, 1. 0. V. 94, & Meurf. c. 8,
") Plut. 1, 382. in Sol, nad dem Poliaͤn V. 14, teinigten
fie auch das Meer von Seeräubern, die noch immer bie
Handlung amd bie Ufer ber Griechiſchen Staaten unfis
her machten, |
Thue. VL. 54. Arift, deCiv, V, 17, Meurl, Piſiſt, e. 9,
-Ceramic. XIV.
f) Plat, I. fupra cit.
Ed
90 Sechſtes Bud.
ganz verſunken war, Fleiß und Arbeitſamkeit zu er
cken ſuchten. Sie trieben den muͤſſigen Poͤbel aus
Stadt aufs fand, noͤthigten ihn das Feld zu bauen
Delbaume zu pflanzen, unterftüzten die Uermern
ihrem eigenen Bermögen, und zwangen fie eine fı
Sclavenfleivung zu tragen , damit fie felbft di
Schaam, oder Furcht vor der Schande zuruͤck gehal
werden möchten, in die Stadt zurüdzufehren *). Di
folche Thaten und Einrichtungen mufte die Macht, !
völferung und der Wohlftand , wie die Aufklaͤrung
Athenienfer nothwendig um viele Stuffen wachfen, ı
mit Recht alfo kann man fagen, daß die weiſe und ı
be Regierung des Piſiſtratus und Hipparch die Achen
fer gleichſam vorbereitet, und in Stand gefezt habe,
Derfern zu widerftehen, welche Hipplas noch in fen
boben Alter wider fein Baterland anführte 9),
Kaum waren bie Pififtratiden aus Athen veri
worden, als die Zuräckführer des Volks und bie 3
verherfteller ver Freyheit, Kliſthenes, aus dem Gefchle
der. Alkmaͤoniden, und Afagoras, gleichfalls aus ein
alten und edlen Haufe, mit einander zerfielen, und
Volk abermals in zroo Partheyen fpalteten 7). Sr
u |
% c, 7. Meurf. Pifift. & Ariftophanes in Lyfiftrata
1152. & fq.
es) VI. 59. Thuc. Er fiel in ber Schlacht bey Marath
nachdem er zwanzig Jahre von Athen entfernt gewe
war, und meiflens am Hofe bes Darius gelebt ba
Einer feiner Söhne war Archon in Athen, und er
tete mehrere Heiligthuͤmer, von benen Thukpdides
54. redet.
+) Her. V. 66. Mit dem Herobot flimmt Anbokydes
fammen Or. I. p. 226. Iſokrates hingegen nennt
Kliſthenes und Alfiblades als bie Urheber der Frepl
ge Bigis Tom, I, Or, 431. 45%
Gefchichte der. Griechiſchen Sophiftn. 91
ſtelte fich an die Spize der Ariftofratifchen Parthey,
fr altes Unfehen wieder zu gewinnen trachtete; und
Ühenes warf fich hingegen in die Arme des Pobels
des großen Haufens, deſſen Macht er auf alle
wu verftärfen fuchre, um die feinige dadurch zu
hen *). Er machte daher mehrere neue Einrich⸗
und Gefeze, wodurch er zwar feine Abficht volls
erreichte, aber auch) zugleich das Gleichgewicht
fe, in welches Eolon alle Theile des Achenienfifchen
tantö gefest hatte. (Er gab zuerft Das Geſez des Oſtra⸗
ei, und mit diefem dem Poͤbel das Recht, alle
a, mern er einen ſolchen Schritt nöthig fände; uns
Eamgelehenften Bürgern, bie ich durch Neichthum
t Kehen und Einfluß am meiften auszeichneten,
Wahn auf zehn Jahre zu verbannen, der durch bie
ieh Stimmen für den mächtigften und der Freyheit
bed Dolls gefährlichften Mann würde erfannt wer⸗
1), Noch viel Wachtheiliger aber für die Verfaſ⸗
fung,
V Her. |. c. & Ariſt. de Civ. VI. 4.
MM) Ueber dies Geſez fehe man Plut. 1.482. II. 481. 95. 96.
.. I. 360. 61. Ed. Reisk. Andokydes, ber in Gefahr
mar, durch diefes Geſez vertrieben zu werben, fuchte
es den Achenienfern daburch verhaßt zu machen, baß
er ihnen vorftellte: fie feyen bie einzigen unter allen
Griechen, bie ein ſolches ſchaͤdliches Geſez unter.fich gels -
ten ließen. Or. IV.p. 292. Wir wiffen aber aus dem
Ariſtoteles, daß die Bewohner von Argos baffelbige
Gefez hatten V. 3. de Civ., und das Geſez bes Petas
lismus in Syrakus (Diod. XI. p. 470. Ed. Werf.ad
Ol. 81. 3.) war von dem ©efeze der Athenienfer und
Argiver nur dem Namen nach verſchieden. Dies Ges
ſez des Petalismus wurde von dem Gprafufanifchen
Poͤbel fo fehr gemißbraucht, daß alle angefehene Bürs
er, aus Zurcht vertrieben zu werben, ſich ganz von
Öffentlichen Gefhäfften entfernten, und fi ber Schwel⸗
gerey sind Weichlichkeit Äberliegen ib.
9) Her, V. 66. 70. Ari; de Civ. UL VL
b ihn wurde auch ber hohe Rath mit hundert neuen
dera vermehrt, und von feiner Zeit an beftand
aus fänfonudert Perfonen, die in ber Bolge,
einlich erſt unter dem Perified, eine jede
rahme aus dem Öffentlichen Schaze empfingem.
die Einrichtung des regierenpen Senats nach dein,R
nes ſehe man Perit, Leg. Att. m: 186., berfaftgami
einem angenaunten Gommentator bes Demofiheni
ipf. orat. adyerf. Androt. p, 417. Ed, Wolßi) |
aus welchen ih nur zum Unterrichte einiger Lefe
genbes karzlich abſchreiben will. Weil die Arhen
fanden, baß die große Zahl der Mitglieder dei
Mathe den Bang der Gefchäffte auf hſelt; Ip mu
fie die Eiuritung, daß ber Senat ſich in zehn 5
theilte, wovon fin jeder 50 Perfonen enthielt,
mährend eines Zehntheiis des Jahrs, ober wä
fünf umb.drepBig Tage die Öffenslichen Yugelegeni
beforgte. Das Aittiſche Jahr beſtond nämlich my
354 Zagen,, hie alle dutg bie Regierungszeit der
Wotteilungen des Senats bis auf vier ausgefät
hen, als welche man als ein Suterreomum aufıh.
en regierenden so Mitglieder aber, - weiße
Vrytanen nannte, thellten fich wieder jn fihuf |
tel’ ab, deren jedes waͤhreund einer? Woche bie: b
* amsäbende Gewalt in Händen hatte, mu) den. N
der Borfiger erhielt (meoedgoı). Dirfe sehn We
mb wnften wieder Igofet, welcher auter ihnen.
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 93
P das Verhaͤltniß auf, welches Solon unter Bor
xn und Geringen fefigefezt hatte, verminderte den
Ber erftern auf die leztern, vermehrte die Anzahl
Arwen, oder den duͤrftigen Poͤbel, und legte den
* und zur Vederbniß und Zuͤgelloſigkeit des Volks,
gefaͤhr ein halbes Jahthundert nachher ſchon uns
Hi wurde *). Wenn alfo Iſokrates, Andoky⸗
—* I, und andere Athenienfifche Redner den Kliſthe⸗
! einen zweyten Solon, und als einen zweyten
rer Freyheit und alten vortrefflichen Staats
wefaflng P rieſen; fo twaren fie unftreitig weniger ſcharf⸗
Wes,:ls Ariſtoteles, der dieſen Demagogen für den
eher welcher die urfprüngliche Negierungsform
a, Rund ihr einen Hang zur unbefchränften Des
re Deben habe }). Ben aller der Ueberlegenheit
un wel CVe Kliſthenes durch) feine dem Volke fchmeis
en Defege über den Iſagoras erbielt, muſte er doc)
En Zeitlang feinem Gegner weichen, weil biefer
ya FE von Spatta Kleomenes zu Hülfe rief T7).
ayaf ven bloßen Befehl dieſes Königs entfloh Kliſthenes
MAthen, und mit ihm fieben Hundert andere Bürger,
wache Iſagoras für Freunde feines Feindes hielt. pr
nicht
[DU | |}
2 — — ——
+ Hei jeden Tage das Haupt oder der Vorſteher der
Prtgtanen und Bes ganzen Raths (emisaerns) ſeyn
ſollte, dem die Schluͤſſel der Stadt, des oͤffentlichen
Schazes und ber Archive uͤbergeben wurden. Da nım
dieſer Vorſizer zehn, und bet Tage, au melden fie dem
Rath und der Stadt vorflanden, nut fieben waren; fo
blieben immer drey übrig, die nicht zur Ehre, die hoͤch⸗
ſte Gewalt waͤhrend "eines einzigen Tages beſeſſen zu
haben, gelangen konnten.
‚» Ariſt. lc,
“) ll. ce
+) ariſt. 1. c.
44) Her V. 72.
94 Seechſtes Buch.
nicht einmal mit dieſem Siege zufrieden, wollte Sf
ras die ganze Staatsverfaffung von Athen umfeh
den regierenden Rath abjchaffen, und deſſen Macht
ner Notte von dren hundert Männern-übergeben, di
feiner Parthen gehörten; allein diefem Entwurf w
feste fich ver Senat, und Iſagoras faßte daher den
ſchluß, mit feinen Anhängern und der wenigen Me
ſchafft, die Kleomenes nach Athen geführt hatte,
Burg von Athen zu befegen*),. Er fonnte fich hier
nur zween Tage gegen feine Mitbürger halten, die
muthig belagerten, und die gleich nach feiner und
Kleomenes Auötreibung den Klifthenes ſamt allen ı
gen DBerwiefenen zurücriefen **). Der befchim
Kieomenes wiegelte nach) feiner Entlaffung joreofE
Spartaner als die übrigen Städte des Peloponnig”i
andere Sriechiiche Dölfer, zu einem Kriege wide
Athenienſer auf, um fie zu zwingen, ben fagorasa
ihren Beberricher anzunehmen 7). ‘Die Arhenienfen
gen fich aber durch die Menge von Feinden, von
chen fie auf einmal von allen Seiten angegriffen w
den, nicht niederfchlagen, fondern rückten zuerit
vereinten Heere der Peloponnefier muthig entgegen,
ſchon bis Eleufis vorgedrungen war. Zu ihrem ©
entftand unter ihren furchtbarften Feinden Uneinig
indem anfangs die Korinthier, und nachher ars
PBundesgenoffen der Spartaner, und fogar Demara
König von Sparta, fich weigerten, ein freyes U
ohne alle gerechte Urſache bloß deßwegen zu befrieg
um es einem Tyrannen zu unterwerfen 77). Kleome
| mi
“) Ib, |
#) Ib,
H «74 & ſq.
h. 75
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 95
pe daher, von allen Bundesgenoſſen und dem größten
ie feinee Spartanifchen Mitkrieger verlaffen , mit
groͤßerm Schimpfe aus Attika abziehen, als ihm
fer feine Gefangennehmung-gebracht hatte. Durch
N termalige Schmach wurde Kieomenes fo fehr ges
ı daß er alles verfuchte, um feine Mitbürger wider
Ahenienſer aufzubringen. Dies gelang ihm aud),
Eh durch eine Fänftliche Vergroͤßerung der wachfenden
aqt der Uchenienfer, und ihre nachrheiligen Wirfuns
Br Sparta, am meiften aber durd) die Entdeckung
EEGheimniſſes: daß Kliſthenes durch einen erdichteren
rn ber Pprhia abgefauften Goͤtterſpruch die Spartaner
Dekgung der Pififtracriden bewogen habe”). Boll
llegeils über: Diefe Detrügeren beriefen die tafebämos '
ee. Hippias und alle Bunbesgenoffen nach ihrer
SR, um den erfiern durch die Mithülfe der leztern
In. igen wieder einzufesen; allein die fortdaurende Abs
get aller Griechiſchen Bölferfchafften, die Aches
RAR einem nicht lange abgeworfenen Joche wieder zu
Ecwerfen, machte die feindfeeligen Entwürfe der
toner und ihres Königs rückgängig. Kaum aber
wen die Athenienfer von der Furcht eines Krieges mit
Spartanern befrent, als fie fich an den Boͤotiern
I Ehalfivenfern rächten, die bey dem Einfalle des
Bmenes ihre Felder vermüftet, und Beute und Ges
ſenen wweggeführt harten. Sie fehlugen beyde an eis
dage, und nahmen den Neichen in Chalfis fo viel
weg, Daß fie vier tauſend arme Bürger als Colo⸗
“nach Euboa fchicken Eonnten **). Dieſe fchnellen
öte der Athenlenſer über ihre Feinde, und der Murh,
Bemit fie ſich dem damals für unüberwindlid) gehaltes
nen .
Snap unse
7———
V. 90. & fq. Her,
"97, c, Her, V.
96 Sechſtes Buch.
nen Spartänerh widerſezten, jeigten einem jeben,
Herodot, welche eine herrliche und belebende Sach
bürgerliche Srenbeit fey, indem eben das Voir,
unter den Thrannen faum feinen Nachbarn die (
zu bieten wagte, Nad) Wer Austreibung der erftern
ploͤzlich über die leztern erhob, und von Tage zu
mächtiger und größer wurde). |
Die Wahrheit diefer Bernerfung des Ser
und der fenrige Enthuſiasmus, den die von neuem
ter den Athenienfern erfchienene Gbttinn der Ber
ihren Seelen eingoß, wird noch mehr durch die U
nehniungen des Miltlades vor dem Siege beg DV
thon, und durch die Bereitwilligkeit bewiefen, w
fie dem Ariſtagoras, und den Joniſchen Stäpten ı
Die gewaltigen und alles beherrfchenden oder befriege
Perſer Hülfe fanden Miltiades befezte von ne
‘den Cherſones, den fein Vater Bruder unter ben '
ftrariven, und auf ihren Befehl zuerft eingenommen
befeftigt hatte, und bezwang alle, ober doch einen
‚Gen Theil der Infeln, die von den Griechen die K
den genannt wurden **). Durch diefe Ihre Thaten,
RXXXXCEX
5) V. 66. 78. Plutarch dachte weder an biefe Beer!
noch an bie Nachrichten des Herodot, wenn er img |
des Themiſtokles fchrieb, baß noch im Zeitalter I
Feldherrn, Furz vor dem erfien Perfifchen Kriege,
Athenienfiſche Fußvolk, dem ihrer Nachbarn
gleich geweſen ſey. I 446. Der Krieg mit den
kidenſern und Boeotiern fällt in die 67 Di. lau
Meurf, de Temp. Athenienf. ad h. Olymp,
8°) Her. VI. 36. & fq. 103. c. Cor. Nep. I. 2. in
Milt. Lezterer verwechfelt Miltiades, ben S
bey Marathon, und einen Sohn des Kimon, mit
Oheim beffelben, einem Sohne des Kypſelus, uni
j
a
| Geſchichte der Sriechifchen Sophiften. 97
großen Vortheile, die fie Dadurch gewonnen hatten,
n die Athenienfer fo fühn, daß fie an einem Kriege
inahmen, ven felbft die Spartaner als zu gefaͤhr⸗
oder Doc) ungewiß abgelehnt hatten *). Sie fand»
admlic) dem Ariftagoras, der Das Griechifche Aſien
den Darius Hnftaspes aufgewiegelt Hatte, zwan⸗
Schiffe, und eine Anzahl tapferer ausgefuchter Kries
zu Hülfe, die mit den Sonifchen Griechen in Lydien
ielen, und Sardes, die ehemalige Königflade, es
ten und abbrannten *").
So
geht uͤberdem noch andere Fehler, bie ein jeder ſo gut als die
Eommentatoren bes Cornelius Nepos bey der Verglei⸗
hung der Erzählungen dieſes Schriftftellers mir denen bes
Herobot finden und wahrnehmen kann. Die Wich
keit der Einnahme des Eherrfones und der Planzftäbte,
Die hier angelegt wurden, habe ich in meiner Abhanbe -
Iung über den Lurus der Athenienfer gezeigt. Die Uns
- termekmung des zwepten Miltiades nach Thracien faͤllt
mit den Siegen Über die Boeotier ums Ehalkibenfer in
biefelbige Olympiade,
V. 97. & fq. Her.
ty Die Athenienfer wurden aber nicht nur auf dem Ruͤckzu⸗
e gefchlagen, Tondern veranlaßten auch durch ihre
rortbreuneren bie fürchterlihen Heerszuͤge der Perfer,
‚- welche fie mebrmalen in Gefahr fezten, gänzlich vers
nichtet zu werden. Die Unternehmuug gegen Sarbes
efchah DI. 69. 1. Als Darius die Verbrennung dies
der Stadt durch die Jonier und Athenienſer hörte,
fragte er (105. c. V. Her.),: wer biefe Athentenfes
feyen, deun er kannte fie eben fo wenig als Artaphernes
einige Sabre vorher ihren Namen gehört hatte c. 72.,
Uleß ſich darauf einen Pfeil geben, warf ihn in bie
Ruft, und betete zum Iupiter, daß er Ihm boch gemäß
zen möchte, fih an ben Athenienſern zu rächen. Bus
gleich befahl er einem feiner Sclaven, ihm täglich drey⸗
mal bey Tiſche zuzurufen, y er ber Athentenſer niche
dweyter Band, |
“
u j
'
B Sechſtes Bu.
So fee aber auch die Macht und Bolfsmenge
Athen gleich in den erften Olympiaden nach der WE
erlangung der Freyheit zunahm *); fo war diefe Si
doch immer noch fo ſchwach und arm, daß fie fich
- einmal mit der Fleinen Sinfel Aegina meflen konnte,
damals unter allen Altgriechifchen Städten und @
ten den größten und wmeitläuftigften Handel trieb,”
auch) die größte Seemacht beſaß **). Die Aegk
plünderten und verheerten aus einem alter Groll, |
unter dem Borwande eines Pundes mit den Pool
die Ufer von Attika zu eben der Zeit, als die Spa
und ihre Gehuͤlfen die Athenienfer zu tande ang
und nahmen ihnen fogar aus Sunium das heilige &
"weg, welches die Achenienfer jährlid, nad) Deles fi
ten, und auf welchem fich eben damals die angeſche
Pürger aus Athen fanden. Die Athenienſe mi
diefe Befchimpfungen eine Zeitlang mic Geduld wrräil
und verloren eine günftige Gelegenheit, ſich der
Inſel zu bemächtigen, weil fie felöft Feine Schiffe ya
und bie zwanzig Schiffe, welche die Korinchier 1
supi Geniiliesdüniecite Ri rn nn
U}
vergeffen möchte. Darius wuͤtde feine Rache
ſcheinlich auch fogleidh genommen haben, wen
feine Feldherren und Heere eine Zeitlang burdy Mi
zwiugung ber Aſiatiſchen Griechen ſowohl auf dem
Lande, als auf ven Juſeln wären beſchaͤfftigt, nal
ruͤckgehalten worden.
v) Herodot ſchaͤzt die Zahl der Athenlenſiſchen Wär
der Zeit, als Ariſtagoras fie zum Kriege - wire
Perſer aufmunserte, auf dreyßig tauſend. V. 9
glaube aber, daß er hier eine runde Zahl Für: die
genommen, und dieſe runde Zahl etwas zu groß
geben habe. Dies werben die Data beweifen,
im der Zolge Äber bie Woltsmenge it Aihen zus Se
groͤßten Macht diefer Stadt bepbringen werde,
) V.81,83. & ſ, VlL87,95. He,
Seſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 1 99
jochen hatten, nicht zur beftimmten Zeit anfas
8* Wahrſcheinlich wuͤrden die Athenienſer noch
ufigere Mißhandlungen von den Aegineten erfahh⸗
haben, wenn nicht Themiſtokles die aufs hoͤchſte ge⸗
ene Erbitterung ſeiner Mitbuͤrger gegen ihre üben
iger ‚, und die See allein beherrfchenden Feinde als
kzeug gebraucht hätte, die Macht feiner Baters
t der Yegineten ihrer erft gleich zu machen, und bald
hher die leztere ganz zu vernichten. Themiſtokles bes
te das Volk, den öffentlichen Damals reichen Schaz,
dvorgäglich die Einfünfte aus den Bergwerken, vie
ia chen unter alle Bürger austheilen wollte, zur Aus⸗
ang einer Flotte anzuwenden **). ‘Die Achenienfer
ion dieſem weiſen Rathe erbauten in kurzer Zeit
m andert Kriegsſchiffe ), und waren fo glich,
——* in einer offenbaren Schlacht zu uͤberwin⸗
Y. Zwar war dies Gluͤck nicht beſtaͤndig, denn
Achenienſer wurden nicht lange nad) ihrem Siege von
"Zegineten unverjehens überfallen, und mit einigem
rluſſe gefchlagen; unterbeffen wurden vie Achenienfer
y immer mehr im Seeftreite geübt, und die Aegine⸗
erhielten niemals die Herrfchafft des Meers wies
TH. Der Krieg zwifchen beyden Bölfern dauerte
auf die Anfunft des Xerxes in Griechenland fort,
weiche Zeit alle alten Fehden unter den Griechifchen
fern aufgehoben wurden 777). Herodot bemerkt fehr
ig, daß eben biefer Krieg die Öriechen von ber
© 2 Knecht⸗
U lu
VI. 87⸗ 89. Her. '
) Herodot. VII. 144. Plut, in Themift, I, 446,
2) Plutarch fagt nur hundert I. c.
‚ Vi, 92. Her, '
) Ber. ib. c. 93.
4) Her. VII. 145. & Andocyd. Or. 1. 426. 27.
106
Ruehefigafft gerettet habe *), indem die A
dvendehigt, ſich aufs Meer zu wagen, und 2
.pfen mit ben. Serbaren bey Artemifium E27]
‚vorpabeeien 3) A
des Krieges dee Yegineten mit den
ni elle Darius Hnftaspes den ſchon ange
aus, ſich an de zu raͤchen D. €
Ken Datie und Artaphetnes Befehl, eine Heen
Zu verfaminlen , bie — waͤre, Athen um
* ‚seia zu gerflören, und das Übrige Griechenland J
Scepter zu unterwerfen. Bende Felbherten
äuerft auf Euböa, — dle Einwohner die
fel, oder machten. fie auch zu, Sclaven, v
Ba plünderten. und berbraunten allench
Size der Griechiſchen Götter, die des Apoll
Diana. in Delos ausgenommen TI), ‚und rüd
en ein,. m fie ſich nach a Nathe des $
arathon gexten, weil bie ganze umlie
„gb mir: und de der Fri a 6)
WER
5* edge vn. 1. daß der Si
= ea als ‚u Sr au
. Bi den reich —* fer, Pen ‚betrug
. hen man vertheilen wol m {hs
B a brauchen wuſte, nur — 7 ein —
theulenſer zehn Dragmen, erhalten kouni
30 eine Summe von 337 Talenten, we:
An Athen 20000, und won 50 Talenten, wei
30000 Bürger annimmt. - Eiue folge ‚aubeb
Sprune mußte machte alfo damals (em eine ber nal
Äbte teih, und war. hinlänglih, eine: Zn
dreyhundert Kriegeſchiffen auszuräfn, *
ag —ES — Pr
ten biefe au; den, enn
‚m Zempelsd der Rıbele im. Sul au raͤchen. Pr
P Eur
Gefchichte der Griechiſchen Sophiſten. 101
afteſten war. Die Athenienſer waren viel weni⸗
efichtig, als ihre Feinde, und handelten fo unbe⸗
m, als man ed nur von einem in der Staats und
akunſt gänzlich unerfahrnen Volke erwarten konnte.
ckuͤmmerten fich nicht eher um Bunbesgenoffen,
die ganze feindliche Macht fehon innerhalb ihrer
Bm war, und wählten nicht den tüchtigften Feld⸗
ſondern zehn an Talenten, wie an Abfichten uns
be Männer zu ihren Führern, und noch dazu mit
dehingung, daß ein jeder nach ber Reihe, aber nur
einzigen Tag oberiter Befehlshaber feyn follte *).
Be len ihren Nachbarn vereinigten ſich nur allein
Einnohner der kleinen Stadt Plataͤa mit ihnen: die
Pehmonier veriprachen zwar, KHülfsvölfer zu fchicken,
BR fie weigerten fich es gleich zu chun, weil ihre Mes
ihnen unterfage, vor dem Bollmonde gegen ei⸗
ſtemden Feind auszuziehen *%). Die Arhenienfer
Bra daher gezwungen, fich faft ganz allein einem viel
fihern Heere entgegen zu ftellen ***), und würben
a Dermuthen nach, wo nicht durch die Tapferfeig
‚Derfer , doc gewiß durch ihre Uneinigfeit zerftreut
den fenn, wenn nicht der eben fo kluge als tapfere
hades die Segen zufammengehalten }), und der
sche Ariftives feine unerfahrnen Eollegen vermocht
„ ihr Anſehen und die ihnen anvertraute Mache
Miltiades zu übergeben fr). Unter der Anführung
| 63 bieſes
[Ber. I. c.
106. €.
Die Perſer machten nach. dem Lyſias z300000, und bie
Athenienſer nur zehn tauſend aus, ungeachtet fie alle
Verwieſene zuruͤckgerufen, und alle Ehrlofe ehrlich ges
. macht hatten, Lyf. p. 41, Andoc, I, 226. 27. "
Je. 109.
} Blut, "Tom, IL. 489,
2 Gechfied Buch
dieſes Feldherrn fchlugen die Athenienfer bie Bar
oder nöthigten fie wenigftens, das Schlachtfeld zu
laſſen *); allein diefer von Dichtern, Rednern
Weltweifen über alles Verdienſt gepriefene Sieg
Marathon war fo wenig entfcheidend, daß bie P
gleich nach der Schlacht das Herz hatten, Sunium
umfchiffen, und Athen zu verbrennen **), und d
auch die Beute und Gefangenen, welche fie vorher‘
macht hatten, unvermindert mit nach Aſien nahmen
4
®) Von den Perfern fielen nicht einmal 6500 Mann, mg
son den Achenienfern nicht einmal zwephundert.
“®, ce, 116. Her. =.
2) ib. Ich glaube, daß es manchen angenehm fin wir
bie Beweiſe von Edelmuth und Heldenflolge zi
welche bie Athenienfer in ben Belohnungen
fie ihren größten Wohlthaͤtern und Helden
und zugeflanden. Miltiades bat das Bol,
auf bem Gemälde, weldhes man an einem Öffentl
Plaze von der Schlacht bey Marathon verfertigen
namentlich genannt werben möchte; allein man fd
biefe Bitte ab, nnd gefland ihm uur fo wiel zu,
an der Spize bes Heers in ber Stellung eines bie
gen zum Streite ermunternden Zelbherrn gemacht
ben follte, Acfch. adv. Ctefiph. p. 301. Diefe
lung ift viel wahrfcheinlicher,, ale eine andre beym
tar in Cimone Ill. p. 187. daB Miltiades um
Ehre mit einem Kranze aus Deblzweigen gekraͤut
werben gebeten, daß aber ein gewiffer Sobares
dem Beyfall des ganzen Volks ihm geantwortet
er folle alsdann um eine vorzügliche Belohnung
Ken, wenn er allein gefiegt, und bie-Barbaren g
gen babe. — Als Kimon die Perfer am Stromon
wunden, und bie Thracier vertagt hatte, ließen
Athenienſer den Siegern zu Ehren drey Hetmen
ruͤhmlichen Infchriften errichten, auf welchen aber
Kimon chen fe werz als bey Thermopyla des
#i
7
F
Sefchichte der Griechifchen Sophiſten. 103
Krfiheinfich wuͤrde Darius den Krieg mit dem Athen
Kern fortgefezt, und den Einfall in Öriechenland wie
bople haben, wenn nicht die Empörung Aegnptens:
m Zorne und feinen Heeren eine andere Nichtung .
hätte *). 2
‚“ &o menig aber auch die Perfer durch die Nieder⸗
ben Marathon einbüßten; fo fehr wurde Griechen»
durch den gewonnenen Sieg geftärfe. Die uner⸗
Ke Wuth, womit die Dei alles Heilige und Unhei⸗
J 4 lige
— —
Erwähnung geſchah. Aeſch. 1. e. p. 300. Plut. 1, e.
186. — Thraſpbulus und bie uͤbrigen Wieberher⸗
Feder ber Frevheit erhielten Leine andere Belohnungen,
als tanufend Dramen aus bem Öffentlichen Schaze zw
Opfern und Geſchenken für bie Goͤtter, yon melden
tauſend Drachmen einem jeden nur zehn zuflelen, und
‚ ‚dann die Ehre, ihre Häupter mit Oehlzweigen umwin⸗
hden zu bärfen. Acfch. p. 301. Konon war nach des
Harmodius und Ariftogiten der erſte, welchem man eine
eherne Statüe fezte, well er durch den Sieg bey Ky⸗
pern fein Vaterland ven beim Joche der Spartaner bes
freyt hatte. Demoft. adv. Leptin. p. 370. Im Zeite
alter bes Demoftbenes war das ausgeartete Wolf fe
verſchwenderiſch mit ehrenvollen Belohnungen, baß es
goldene Eronen viel häufiger, als vormals Craͤnze aus
Dehlzweigen bewilligte. Aefch, p. 301. Was in Athen
Statüen und Sronen waren; das waren in Rom Dank⸗
fefte (Supplicationes) und Triumphe; die einen wie bie
andern verloren in eben dem WBerhältniffe von ihren
Werthe, und wurden ohne Prüfung den Unwuͤrdigſten
zuerkannt, in welchem große Thaten und Männer ſelte⸗
ner wurden. Es gibt daher auch Fein fichreres Zeichen
der Verberbniß ber Sitten und bes Berfalld von Frep⸗
fasten, ale wenn ehrenvolle Belohnungen ohne firenge
Anterfuchung weggeworfen, nud immer vergrößert ober
vermehrt werden. ! '
Her. VIL L. 2.
104 | Sechſtes Buch.
Kige zerftört, und Götter forohl als Mienfchen bei
Hatten, vermehrte ven Abſcheu gegen die Barbaren,
die tiebe zur Freyheit in eben dem Verhaͤltniſſe, in
chem die Weichlichfeit und Feigheit der Aftatifchen €
ven bie Furcht vor ihnen verminderte, und Verach
erzeugte. Auch hatten bie Gefahren, denen die ?
nienſer zwar glücklich, aber doch immer unerwartet
angen waren, die heilſame Wirfung, daß die Seh
nögefamme weiſer und vorfichtiger wurden, und fuͤ
Zukunft beffere Maaßregeln nahmen. Sie legten ı
lich vor dem Einfalle des Zerres alle gegenfeitigen F
ſchafften ab *), fehloffen umter einander die heilii
Buͤndniſſe, und vereinigten ihre Kräfte, um fichr
druͤcklich gegen den gemeinfchafftlichen Feind zu verth
gen. Die Griechen waren baher auch bey der Anfı
Des Xerxes viel mehr gerüfter und vorbereitet, als fi
bey der erften Unternehmung feines Vaters gervefen
zen ""). —
Kerres, ber mit dem väterlichen Reiche zug
ben väterlichen Haß wider die Europaͤiſchen Griec
and den Borfaz fie zu unterjochen geerbt hatte, rüt
zu dieſem Zuge alle Bölfer, die feinem Scepter geht
ten, aus ihren Sijen auf, und fammiete während |
zer vier Jahre aus allen Theilen von Aſien und ſelbſt
Africa eine Heersmacht, die Meere und fänder bede
und die hinreichend fihien, ohne Schwerdtichlag |
durch ihre Zahl und die Laſt ihrer Waffen foldye fi
Haͤuflein von Menfchen nieder zu drücken, verglei
..% Andoc. 1. e.
44) Darius Hyftaspie Sohn farb DI, 73. 3., und Xe
unternahm feinen Zug nad Griechenland DI. 75
in welches Jahr auch bie Schlachten bay Thermop
Artemiſium und Salamin fallen. .
Geſchichte der Griechifchen Sopfiften, 105
Griechen wider fie aufbringen konnten ). Die
H ter Rriegsfchiffe ftieg über zwolf hundert, denen
y tauıfend andere folgten, die tebensmictel und Krieges
kefniffe führten **). Bas Fußvolf und die Neuterey
deren Gefolge machte einen zahllofen Haufen aus,
pewiß nicht unter einigen Millionen gefchäzt werben
a, und ber ſich auf feinem Zuge durch die Aufnahme
e Bölfer, die er berührre, noch immer vergrößerte,
vie ein dem Meere zueilendee Strom, burd) einen
n fleinen Fluß, den er verfchlinge, mehr und mehr
eitert wird }). Die Store und das Heer der Perfer
5 war
» VD. 20. 21. Her. Es iſt gewiß Peine Webertreibung,
wenn Kerobot an biefem Drte ausruft: welche Quelle,
welche Ströme und Seen, große ausgenommen, haben
bie Perfer nicht ausgeleert ober ausgetrodnet.
“VII. 89. & ſq. & 184. & ſq. Man faun ben Kerobet
in biefer Angabe nicht leicht eines beträchtlichen Irr⸗
thums befchuldigen, weil er ganz genau bie Zahl von
Schiffen beſtimmt, bie ein jedes Wolf geliefert hatte,
Mit dem Herodot ſtimmt Iſokrates zuſammen I. 166.
p. Il. 205. Lyoſias bingegen redet nur von taufend
Kriegsfchiffen der Perfer p. 46.
) Derobot ſchaͤzt die ftreitbaren Männer, bie Kerres gegen
Griechenland führte, auf 2,640000 Mann, umb
glaubt, daß der Troß von Sclaven, Weibern, Kräs
mern u. f. mw. eben fo viel ausgemacht babe. 186. VII.
Iſokrates fchlägt das ganze Heer bed Kerres auf 500
Myriaden, oder fünf Millionen, bie Krieger aber nur
auf 700000 Wann an. 11.205. 206. An einer ans
dern Stelle nennt er das Heer bes Kerres, wie Lyſias,
zahllos oder unendlich. I. 166. Lyſ. p. 46. Diodor
zähle im Perfiihen Heere 800000 flreitbare Männer,
und nach der Vereinigung mit den auf dein Zuge bes
zwungenen ©riechen eine Million. Der Troß machte,
feiner Nachricht zufolge, eine eben fo große Zahl aus.
400. 401, Äh Wenn alfo Herodot, wie ich felor
glaube,
108" Sechſtes Buch.
war aber, oder fchien nicht bloß durch die Zahl Furcht
ſondern die eritere enthielt die Schiffe von Völfern, |
weit länger gehandelt hatten, und viel mächtiger u
geübter im Seekriege waren, ald die Europäiſch
Griechen, und Die feztere beftand aus vielen tauſend
der ftreitbarften Bolfer Griechenlandes, und Der tapfl
ften Stationen Aliens , die durch anhaltende Kriege ebf
härter, und durch ihre und ihrer Vaͤter Siege w
Ruhm murhig zum Kampfe geworden warn. Ma
allem menfchlichen Anfehen alfo würbe diefe ungeher
Macht den Altgriechifchen Staaten Untergang ©
Knechtſchafft gebrachte Haben, wenn fie von einem
fahrnen Haupte, ober nur von einem Manne wäre
f«
—
glaube, fi in ber Aufzählung der Landmacht des
res andy irrte, fo fcheint es mir boch unlaͤugbar,
er nicht erdichtet, und auch nicht fo ſehr geirrt
als viele feiner neuern Tadler ihm vorgeworfen gu
bie nicht wuften, daß bie größten Scriftfielleer -
chenlandes entweder ganz oder doch größtencheil =
ihm übereinftimmen. Herodot gebt auch bey bez
fammenrehuung der Myriaden, ans denen die Di
des Perfifhen Königs beſtanden habe, in ein une fi
liches Detail ein, das er wahrfcheinlih von Per
oder von Griechen, bie im Perſiſchen Heere geb
hatten, empfangen hatte, und dergleichen alle Erb
ter vermeiden, Man kann ihn auch nicht befchuldig:
baß er bad wunderbare und außerordentliche in der 4
haͤufung fo vieler Myriaden nicht eingefehen, indem .
ſelbſt <. 181. barüber erflaunt, woher fo viele Me
ſchen ihre Nahrung erhalten hätten. Enplich finderg
Me hoͤchſte Genauigkeit, und nicht das geringfte U
laubliche oder Unglaubwärbige in ber Aufzählung u
efchreibung ber Griechiſchen Zlotte und Armee, |
er gewiß auch ummahrfcheinlich mÄrbe verkleinert or
vergrößert haben, wenn er bie Abficht zu erdichten u
Verwundernng zu erregen gehabt hätte.
. 324* IR FE > on
efebichte ber Gliediſchen Sorhiſten. 167°
beit, der weifen Nach anzuhbren umb ihm zu
ereit gewefen wäre. Dun aber wurden dieſe
m von einem Manne angefuͤhrt, deſſen Deſpoten⸗
nıech die Sirenen⸗Stimmen der Schmeichler
m war *), ber vortheilbafte günftige Umſtaͤnde
fegenheiten weder felbft zu fehaffen, noch wenn
barboten und von andern gezeigt wurden, zu nu⸗
Re, der von unzähligen Myriaden umeingt , fich
endlich zu ſeyn ſchien, und fo lange die Goͤttinn
Bis ihn begleitete, alten übrigen Goͤttern trogte,
nad) dem erften Unfalle tiefer als feine niebrig»
ven fanf, und ſchnell Hinter einander fo viele
Fehltritte machte, daß er mehr durch feine
eit, als durch die Klugheit und Tapferfeit
de uͤberwunden ward. Anflaͤtt fein Beer durch
Abdeſtehliche Flotte, die ihm zu Gebote fland,
mal in das Her; von Griechenland überzufezen,
Ferres daſſelbe langſam durch Thracin, Mar
Aund Tpeffalien, und verheerte.oder zehrte bie
er. die er durchzog, fo gänzlich. aus, daß er bald
ee auf feiner Flucht hunderttaufende durch Hunger
Eheiten verlor **). Anſtatt ferner, wie Der
Bm rieth, die Griechen zu zerſtreuen, und bes
v die Spartaner von ihren übrigen Brüdern ab»
in, fieß er fie alle fich mit einander vereinigen, und
et ihm bald nachher verderblichen Macht anwach⸗
Anftatt endlich nach dem Mathe der Artemifia
Seefchlacht zu vermeiden, und die Griechen durch
mer mehr und mehr überbanbnehmende Furcht
Ä vor
UL}
Iat. de Leg. IN, 536.
Her. VIII. 115.
Tu. 235. Her.
weit länger gehandelt hatten, und viel mächtiger
geübter im Geefriege waren, ald die Europä
Griechen, und die leztere beftand aus vielen taufen
der ftreicbarften Golfer Griechenlandes, und Der t
‚ften Nationen Aliens, die durch anhaltende Kriege a
härtet, und durch ihre und ihrer Däter Siege u
Ruhm murhig zum Kampfe geworden waren. M
allem menfchlichen Anfehen alfo würbe diefe ungehe
Macht den Altgriechifchen Staaten Untergang
Knechtſchafft gebracht Haben, wenn fie von einem er;
fahrnen Haupte, ober nur von einem Manne waͤre ges
1065" Sechſtes Buch. Ä
war aber, oder ſchien nicht bloß durch bie Zahl Furcht |
‚ fordern die erftere enthielt die Schiffe von Völfern ,
mE GREEN? ⏑
glaube, ſich in ber Aufzählung ber Landmacht des Kers
res auch irrte, fo fcheint es mir doch unläugbar, Kaß
er nit erdihtet, und auch nicht fo fchr geirrt habe,
"als viele feiner neuern Tabler ihm vorgeworfen haben,
Die nicht wuften, daß bie größten Scriftfielleer Gries
ehenlandes entweder ganz uber doch größtencheils mit
ihm übereinftimmen. Herodot gebt auch bey der Zus
fammenrehuung der Myriaden, aus benen die Armee
des Perfiihen Königs beftanben habe, in ein umftänds
lies Detail ein, das er wahrfcheinlih von Perfern,
oder von Griechen, die im Perſiſchen Heere gedient
hatten, empfangen hatte, und dergleichen alle Erdide
ter vermeiden, Man kann ihn auch nicht befchulbigen,
baß er bad wunderbare unb außerordentliche in ber Ans
haͤufung fo vieler Myriaden nicht eingefeben,, indem ee
ſelbſt c. 181. darüber erflaunt, woher fo viele Men⸗
(dem ihre Nahrung erhalten hätten. Endlich finder fi
Me hoͤchſte Genauigkeit, und nicht das geringfte Un⸗
olanbliche oder Unglaubwärdige in ber Aufzählung und
Beſchreibung ber Griechiſchen Flotte und Armee, bie
er gewiß auch unmahrfcheinlih wuͤrde verfeinert ober
vergrößert haben, wenn er bie Abſicht zu erbichten und
Berrounderung zu erregen gehabt hätte.
Geſchichte der Griechſſchen Sophiften, 107?
I mworbeit, der weiſen Rath anzuhören und ihm zu
‚bereit gewefen wäre. Dun aber wurden dieſt
Hlionen von einem Manne angeführt, beffen Deſpoten -·
Bel durch die Sirenen » Stimmen der Schmeichler
Borben war”), der vortheilhafte günftige Umftänbe
5 Selegenheitenn weder ſelbſt zu fchaffen, noch wenn
Ich darboten und von andern gezelgc wurden, zu nu⸗
Pwuſte, der von unzähligen Myriaden umringt, fich
berwindlich zu ſeyn fehien, und fo lange die Goͤttinn
Sluͤcks ihn begleitete, allen übrigen Goͤttern trogte,
& aber nach dem erften Unfalle tiefer als feine niedrig⸗
in Sclaven fanf, und ſchnall Hinter einander fo viele
6 grobe Fehitritte machte, daß er mehr durch feine‘
re Thorhelt, als durch die Klugheit und Tapferkeit.
ner Feinde überwunden ward. Anflaͤtt fein Heer durch
re unwiderſtehliche Flotte, die ihm zu Gebote ſtand,
nuf eimmal in das Herz von Griechenland überzufezen,
ſcheypte Kerres daſſelbe langſam durch Thracin, Mar
kbonien und Theffalien, und verheerte oder zehrte Die
läuber ,.. die er durchzog, fo gänzlich aus, daß er ba
nachher auf feiner Flucht hunderttaufende Durch Hunger
und Krankheiten verlor **). Anſtatt ferner, wie ‘Der
waratus ihm rieth, die Öriechen zus zerſtreuen, und bes
fenbers die Spartaner von ihren. übrigen Brüdern abs
äuiehen, ließ er fie alle ſich mit.einander vereinigen, und
in einer ihm bald nachher verberblichen Macht anwach⸗
fen t)._ Anſtatt endlich nach dem Mathe der Artemifia
eine Seefchlacht zu vermeiden, und die Griechen durch
die immer mehr und mehr uͤberhandnehmende Furcht
0a vor
EEE
®) Plat. de Leg, III, 536,
%#) Her. VIII, 115.
y) VII. 235. Her.
2 Su +
vor feiner Flotte aus einander zu jagen *), ſtuͤrzte er
leztere mit einer unberzeihlichen Unbeſonnenheit in ei
Streit, wo fie der viel ſchwaͤchern Griechifchen. nicht
lein nicht gewachfen war, fonbern ſich durch ihre «ei
Größe zerſtoͤren muſte. | BE
Terxes brachte fein Heer *®) ungefchwächt bis a
Thermopylaͤ, wo er zuerft einen Fleinen Haufen !
Männern aus dem Peloponnes gegen fich fand, bie d
teonidas angeführt wurben, und e8 wagten, ihm
Eingang in Griechenland zu verwehrent). Dieſer El
Haufe beftand. nur aus vier taufend Mlann-}
indem bie meiften Staaten ihre Krieger fchon ı
gefchiffe und bey Artemifium verfammlet_hatten
"= Ungeachtet der tapfere König von Sparta einen a
- taufend von Feinden fat nur einen einzigen Mann em
gen ftellen Eonnte, ſo hielt er es doch für feiner up“
on, 2 U
r
i VII. 68. 69. | rt
09) Wenn man ben Verluſt abrechnet, ben Bufälle 4
Krankheit verurſacht haben mochten. loan
+) VIII 194. 205. & ſq. Her, — —
+t) Her. VIII. 225-229. | ee
Hr) Nah den Iſokrates fochten bey Thermoppylaͤ taufı
EGpyartaner and einige Bundesgenoffen (I. 164.), Sei
bos hingegen, mit welchem Diodor uͤbereinſtimmt (
p. 410.), rebel nur von drey hundert (c. 205.) Sp
tanern mit ihren Söhnen, und die Inſchrift, weh
das Lob diefer Krieger verewigt, nannte 4000 Mann
‚aus bem Peloponnes , die fuͤrs Vaterland gefterh
wären (c. 228.) . | .
uugęœocu rore rnde rTomxoduois eαν,ονντ
eu IlsAorovvaos XıAsades. Teroees.
Die Spartaner beſonders beehrte man mit folgen:
Inſchrift: | 7
w£swv , ayyeııov Anxediunovioss oru eds
Kerne“, TOM KEY ENT, BEndopevor.
(
Geſchichte der Griechiſchen Sopfiften. 109
Vaterlandes unwuͤrdig, einer ihm mehr als tauſend⸗
ig uͤberlegnen Macht zu weichen, und lehrte den ſtol⸗
Eerres bald, daß nicht thoͤrichter Wahnſinn, ſon⸗
en eine den Perfern ganz unbefannte Freyheitsliebe,
und feine Heldenfchaar einen unvermeidlichen Tod
iger als Knechtſchafft fürchten mache. Leonidas
das Heer des erflaunten Rerxes mehrmalen zuruͤck,
würde es gewiß noch länger aufgehalten haben, wenn
Wehe die Verrächeren eines Griechen ihm einen Weg
das Gebürge gezeigt hätte, auf welchem er vie
iechen umringen Fonnte. So bald Leonidas dieſes er»
khr; eniließ er den größten Theil der Bundesgenoffen,
Ne er ben fich hatte, und fiel mit den fünf hundert Kries
gen, die ihm übrig geblieben waren, unter ver Menge
on Pfeilen, unter deren Schatten-er gefochten hatte.
Durch diefe Niederlage erwarb der’ König der Spartas
nee fich und feinem Baterlande einen eben fo großen und
berdienten Ruhm, als Miltiades und die Achenienfer
bey Marathon erfochten hatten. |
Nach der Schlacht ben Thermopylä drang das
herſiſche Heer ungehindert in Sriechehland vor, Tangte
im fünften Monat, nachdem es den Griechiſchen Boden
betreten hatte, in Attifa an, zerſtoͤrte die elenden Huͤt⸗
ten der Einwohner von Athen, famt den heiligen Woh⸗
mungen ber Götter, und eroberte endlich Faft mit eben
fo vieler Mühe, und eben fo großem Berlufte die Burg
diefee Stadt, die nur von einigen Greifen, und zum
Kriege unbrauchburen Perfonen vertheidige wurde, als
womit es fich des Pafles bey Thermopylä bemaͤchtigt
hatte *). Durch diefe-auf einander folgende Begebens
beiten geriethen aile noch unbegwungene Völker Griechen,
landes
XXXXCXCV
#) Her, VIII, 33 & 50. 52.
16 Sechfted Buch.
landes in eine fo allgemeine Beftürzung, daß bie.
wohner des Peloponnes anfingen, vie Erbenge bey
rinth mit einer Mäuer zu verfchliegen, und Die
tigjten unter den vereinigten Bundesgenoffen, die
mit ihrer Flotte von Artemifium nad) Salamin zu
"gezogen hatten, mit dein Gedanfen umgingen, ſich
den uͤbrigen Griechen zu rennen, und nad) t
Iſthmus Hinzufegeln: ein Anfchlag, der, wenn er w
ausgeführt worden, ganz Griechenland unfehlbdr
Verderben geftürzet hätte *). . 5
Die Griechen fanden fid) jego in einer Lage, F
weicher e3 fihien, daß fie nicht anders, als durch.
Wunder, oder durch die unmittelbare Hüälfe einer
heit gerettet werden Fonnten. Ihre Städte waren
Mehenhaufen verwandelt, oder täglich in Gefahr won fe
genden Feinden eingenommen , und durch Feuer jerftör
zu werden. ‘Der größte Theil der Griechifchen Gtaateı
war von den Perfern unterjocht , oder auch freywillig ;ı
ihnen übergegangen »*). Die tapferften. Krieger de
Bölfer, die ihre Freyheit vercheidigen wollten, lageı
bey. Thermopylaͤ hingeſtreckt, ohne Daß man andere ge
. habt harte, die in ihre Stelle. hätten treten, und fl
den Perfern entgegen fezen wollen. Selbſt ihre Flott
hatte vieles bey Artemifium gelitten: die Schaaren, mi
denen fie befezt waren, hatten faft alle ven Much verle
ten, und die Führer derfelben waren uneins, und nich
VE GE GES — —
”) Man leſe hieruͤber beſonders Herod. VII. 139. vm
57+63. Lycurg. adverf. Lucr. p. 143., aus biefes
haben Plutarch und Diodor gefchäpft.
“) Dies leztere chasen die Theffalier, Argiver, Thebaut
und mehrere andere, wie fie nachher vorgaben, wi
Gewalt dazu genöthigt. Pluc, I, 447. IL. 514. 33
Her. Si 132. IX, 1. & Diodor, XI. p. 405. Balı
eflel, Ä on
Geſchichte der Griechifchen Sophiften u
r die gemeinfchafftliche Wohlfarth, fondesn ein jeder
dr feine und feines Vaterlandes Sicherheit beforgt. So
melte Griechenland am Rande eines fürc)rerlichen
grundes herum, in den es auch gewiß würde hinab⸗
allen feyn, wenn es nicht durd) Die Hand des Themi⸗
Mofles wäre aufgehalten worden, Bu
Diefer außerordentliche Mann mar von der Vor⸗
fſchung darzu erfohren, die in Kfiechtfchaffe oder Ders
} menfelung Hinabgefunfenen Griechifchen Voͤlker gleich
'fam wider ihren Willen zu befreyen und aufjurichten,
und das niebergetretene Griechenland eben jo jehr über
"de triumphicenden Barbaren zu erheben, als er felbft
‚über feine Zeitgenoffen erhaben war *). Cr bemeilt
: vorzüglich die Beobachtung inehrerer großen Schrift,
‚eller,, zu welcher fie durch die Schickſale ihres eigenen
Volks veranlagt wurden, daß es faft immer nur einis
' gewngewöhnliche Menfchen find, von denen das Gluͤck
und Unglück ganzer Nationen abhängt, oder durch deren
Tugenden und tafter ihre Wohlfarth wie ihr ihnfturz bes
wirft wird "”). Themiſtokles war es, der faft zu gleis
cher Zeit in Arhen eine Seemacht, wie aus nichts fchuff,
und feine Micbürger zu Beherrfchern des Meers und
"wm Dorfämpfern gegen die Perfer machte. (Er allein
-beivog die umentfchloffenen und zagenden Athenienfer,
durch die Erfaufung oder Auslegung eines Goͤtterſpruchs
zu dem fühnen Entfchluffe, der fie und die übrigen
"Griechen nur allein retten fonnte; alles, was ihnen am
‚theureften war, ihre Weiber und Kinder, ihre vaͤter⸗
fichen Wohnungen, und die Tempel ver Götter zu ver,
laſſen, und ihre Schiffe mit eben fo frohem Muthe Li
- 989
re mn. ai > [U U
4) Tue. 1.74. Diod. XI. p. 448. Lye. 9.143.
459 Gall, Beil, Cat; 53, c. Cie. de Leg, Ilk:;24. frag. p. 36.
J
beſteigen als wenn fie nicht von ihrem Vaterlani
ſondern ihrem Vaterlande haͤtten zuſegeln fellen *
Henn, den Arhenienfern eine fo unbezwingba
vs fie für vie Ruinen ihres vaterlaͤn
als die übrigen Griechen fı
——— Deterftävte fochten **): und erwar
Ib: der ‚die Bundesgenoffen erft durch Ueberrı
ann dure or und als beyde nichts fr
wollen durch &ift von einer verderblichen Zerfh
zuruͤck hielt, “und fie zwang an einem Orte zu fecht
welchen fie allein fiegen fonnten, und auch wirffh
ten ***),.. Wenn aljo die ee die ai >
eben ſo viel oder. gar zivenmal“fo viele
als die Übrigen riechen }) , den Fan ar HN
bes ve | Volls verdienten m
Her, Vil. 139 143; Aue Ci de vñ il
Fa Diod, — & Lye. I an
“*R) Her, VIIL 60. 248
+) deredet vul. 43. & 82 c. fo, dep bie riet
Salamin 380 Schiffe gehabt, und vie Athenich
:lein 180 ber beften geliefert hätten. Thukpdides
gen gibt den Athenienfern 400, und faft ziwepi
viel Schiffe, als den Übrigen Oriechen I. 74.,
aber I. c. 12. zugleich an, . daß dieſe Schiffe ui
bedect geweſen waͤren. Iſokrates ſtimmt Kalı
: Xeröbot,: bald dem Thukphides bey I. 169. 17.
ih’ 206. Wlutar fölgt dem — 1. 462.
aus ihm ſieht man, daß jedes Athenenſiſche Schi
Pr ur welchen vier Bogeuſchaden I
e
1 » — VII. 139. Serodot VII. 93. und Diodor zu.
fagen, daß man die Negineten für. diejenigen ei
babe, welde bey Salamin am tapferfien gefochten
[3 ka} allein fie ſezen auch bepd« hinzu, daß bie >
ep and Reid, und um dis Webeakage zu
\
Geſchichte ber Griechiſchen Sophiſten. 2
ente Themiſtokles mit Recht der Retter von Griechen⸗
nd genannt zu werden ”). .
Ungeachtet der Sieg bey Salamin nicht mit einer
aͤnzlichen Niederlage und Zerftreuung der Perſiſchen
tte verbunden mar; fo hatte er doch die wichtigſten
pen, und man muß es bloß der äbertriebenen Abs
kigung des Piato gegen alle Mache und, Herrfchafft zur
see zuichreiben, wenn er fagt, daß nicht Salamin, fons
Mararhon und Plataͤa Griechenland gerettet haͤt⸗
m *”). Die ganze tandmacht der Perfer verwüftete
—XR5 ſich freylich noch immer ohne Widerſtand
‚und von der geſchlagenen Flotte waren ned) ima
bee mehr Schiffe übrig, als die Sieger jemals gehabt
jatten, weswegen die Griechen auch glaubten, daß die
Dirfer ihnen ein neues Treffen liefern wollten }) ; allein
8 fehjmache und von jedem Schlage des Schirfals
chwindelnde Haupt des Zerres war ganz zerrüttet, und
mit niches als mic dem Gedanfen von eigener Nettung,
und mit der Furcht angefüllt, daß ihm der Rückzug abs
vfchnitten werden möchte FF). Er floh daher mir dem
nößten Theile feined Heers, von welchen viele taufende
der Hunger und Elend umfamen, dem SHellefpont zu,
md ließ den Mardonius mit dreymal hundert in
| | . feiner
gen, ben leztern ben Preis der Tapferkeit geraubt
hätten, ben ihnen aber alle nachfolgende Zeitalter zuges
fanden.
®) Siehe zweyte Beylage, am Eude bes Capitels.
**) Plat. p. 540.
4) Her. VIil. 100. 108. Mac dem Diobor verloren die
. .Perfer bey Salamin 200 Schiffe, außer denen, bie
erobert wurden, bie @riechen aber nur vierzig, p. 418.
XI. Diodor,
44) Her. ib,
Zweyter Band, 9
iron auserleſenſten Krieger in Oriechenland yurä
es zu unterjochen , oder an feinen Bewohnern wer
daB vergoſſene Blut ver Perfer zu raͤchen ).
eibigung der ichen S
und but ‚ere jr te Li
PR} tde ed mit Lecooo mund Orte
’ 1 wären, p 483. Dioder wel
— Be a ee ui
5 man Pan aber ſchwerlich
ae beyden Geſchtchiſchteibern der
—R a ee
| Gefchchee der Griechiſchen Sophiſten. 115
Weich, die Weiber und Kinder der Athenienſer bis ans
ee des Krieges aufzunehmen, und ımentgeltlich zu
Anerhalten *). Die Antworten, welche die Acheniens .
we den Alerander und den Spartanern gaben, find
ergeßliche Denkmäler ſowohl der Seelengroͤße bes
iſides, Der fie abfaßte, als der nad) dem Siege bey
Pilemin in allen Achenienfern herrfchenden Freyheits⸗
) Baterlandsliebe, Den Alexander ſchickten fie mit
in Befcheide zuruͤck: daß, fo lange die Senne ihren ger
bnlichen Lauf vollenden würde, fie fi) niemals mit
Deren vereinigen , fondern im feflen Zutrauen
Bf den Beyſtand der Götter und Helden, deren Tem⸗
die Barbaren verbrannt härten, ihre Freyheit bis
N den lezten Blutstropfen vertheidigen würden **).
a Safedämoniern aber antworteten fie in folgenbers
ten , bie eben fo viel Adel und Würde als Feinheit
ve. Empfindung verrachen ): daß fie es zwar den Pers
wicht übel nähmen, wenn fie, bie fie feine andere
ter fennten, auch unter den Athenienſern alles fiir
et und Sifber feil geglaubt hätten; daß fie es aber
kn Safebämoniern faum verzeihen koͤnnten, daß fie
vielen Proben des unäberwinblichen Muths, ber Un⸗
zigfeit oder Verachtung vergänglicher Guͤter, und
b6 nie erkaltenden oder nachlaſſenden Eifers der Ather
für die Srenheit und Errettung Griechenlandes
fe dennoch fähig hielten, alle ihre Thaten, und ihren
Moorbenen Nuhm zu vergeffen , und zu Derrärhern
ke guten Sache zu werben. Kein Reich enthalte
— Schaͤze, und Fein fand fen fo ſchoͤn und frucht⸗
, daß fie dafür fich mic den Perſern verbinden, und
Sa Grie⸗
) Ib. ce. 142. vu
—— Plut, Il, 502, 503. ia Vit. Atid.
uaßs Sechſtes Buch.
Griechenland zu unterjochen Helfen ſollten. Die ta
daͤmonier hätten daher ihre Gefinnungen gänzlich v
Hanne, wenn fie geglaubt Hätten, daß bie Athenien
Jelbſt in ihrer gegenwärtigen Armut durch die Verf
chungen von tebensmitteln zur Dertheidigung von ©
chenland muͤßten aufgemuntert werden ”). Sot
Marvonius die abfchlägige Antwort der AUrhenienfer-
fuhr, brach er mit Ungeftüm gegen Attika auf, ſchi
aber doch noch einen zweyten Sefandten ab, ver fi
erften Anerbietungen wiederholen mufte. ‘Die Athen
bfieben aber unerfchättert, und fleinigten fogar ed
gewiffen tyfidas, der den Rath gab, daß man ſich
dem Mardonius verbinden folle: ja felbft die Weiber
Athenienfer ‚ als fie den Rath und bas Schickſal
“Spfidas erfuhren ,. wurden von Salamin durch den (
thuſiasmus der Freyheit,wie durch einen Geiſt des A
ruhrs nach Athen herein getrieben, und fkeinigret
Frau und Kinder bes Ermordeten zu Tode, gerade
wenn auch diefe ihr Vaterland verrathen hätten, ‘
nicht einmal unter den Ruinen deffelben zu beffern :
tungen zu wohnen würdig wären **). AUnmird
nach dieſem Auftritte faßten die Athenienfer auf |
Vortrag des Ariftides den Entfchluß: daß alle Pril
und Priefterinnen in Athen, einen jeden, der zu’
Perſern übergehen, oder Buͤndniß mic ihnen zu fd
Ger rathen wuͤrde, verfluchen, umd dem Zorn der €
ter überantworten follten F).
Die Athenienfer, die nun ſchon zwey Jahre hi
‚einander Feine Sröchte ihres fandes geſammlet hatten]
|
U ud
*) Her. ib. wo man das Üebrige der Antwort, das ich
abſchreiben mag, nachlefen Faun.
æx) IX, 5. Herod,
7 Pur ie vitg Ariſtidis p, 503.
M VE 142 "
Geſchichte dei Griechiſchen Sophiſten. 1y
Fan ben der Annäherung des dis zur Wuth erbittem
Mardonius, abermals ihre Vaterſtadt verlaffen, die
ı zwenten male von dem Feldherrn des Terxes noch
Härter als vom Eerres felbft behanbelt wurde *).
eonius machte Arhen dem Boden faft ganz gleich,
xannte oder warf: alle Tempel and Häufer um, bie
ſet noch verfchont worden waren, und ließ nue
i. ſo viele Wohnungen übrig, als die vornehmften
fr brauchten, um fich gegen Sturm und Negen
Arkzen **). Durch diefe barbarifche Rache wurden
Athenienſer nicht allein nicht niebergefchlagen, fons
tes fchien, als wenn fie aus dem Brande der Tempel
* Götter, aus der Umkehrung ihres Vaterlandes,
der Berwüftung ihrer Belder und Bäume, und is
gegenwärtigen dringenden Noth neue Kräfte und
Much zur Behauptung ihrer Freyheit fchöpften.
te fielften fich mit acht tauſend ſchwer bewaffneten Krie⸗
a, und eben fo vielem leicht gerüfteren Fußvolk bey’
Kia ein, und waren nach den Spartanern biejenis
y welche die meiften Streiter wider den Mardonius
Ken 7). Das ganze Griechifche Heer gehorchte
IX. 13, Her. Digd, XI, 427.
) Thue, I, 89.
Her. 1X. 29, 30. Die Spartaner lieferten Ioooo Mar,
unter benen scoo aus Sparta felbft waren, von weis
hen ein jeder 7 Heloten bey fich hatte. Die Griechiſche
Armee machte 110000 Mann aus, unter weldhen aber
nur 38700 ſchwer bewaffnet waren. Die Lafedämonier
wollten anfangs die Athenienfer im Stiche laſſen, und
fi den Perſern erſt alsdann entgegen fegen, wen
fie in den Peloponnes eindringen würden. Gie fahen
aber doch bald ein, daß ihre eigne Sicherheit es erfode⸗
re, mis ben Athenienſern und Äbrigen Griechen gemein⸗
ſchafftliche Sache zu machen, Her. IX, 8510, Ä
u. Sechlles Bud.
dem Befehle des Pauſanias, Königs von Sparta,
zwar tapfern und erfahrnen Krieger, der aber
ſtolz, finfter,, unerforfchlich verſteckt, und voll
ner heftiger Degierden, ſchwarzer Bosheit und
therey war, die aber zum Gluͤck won Griechenland
auf die Schlacht. bey Plataͤa fehlummerten, und:
nachher auszubrechen anfıngen. Unter dem Pau
führte Ariftives Die Athenienfer an, ein eben fo af
ver Held, weifer Staatsmann und eifriger Varriot , d
Themiſtokles, aber weniger fchlau, frey von allem wa
berblichen, und feinen Bürgern gefährlichen Ehrgein
und fo fehe von aller Haabfucht und Ungerechtigfeie em
ferne, daß er die Armuch mehr ald Themiſtokles de
Reichthum liebte, und von feinen Mitbärgern den &
rennamen des Öerechten erhielt ”). Sowohl bie Achı
nienfer,, ald die uͤbrigen Grichen brannten von einer {
heftigen Begierde, für ihre Frenheit zu kaͤmpfen, un
für ihre Baterftäbte zu fterben, dag fie den ſchoͤnſten €
ſchwuren, ben jemals ein ganzes Heer und viele ye
ſammlete Bölfer gefehworen haben. Alle Streiter g
Yobten vor dem Ungefichte der Götter, um deren &ch
und Benftand fie inbrünftig flehten, ihr teben niche fi
er ald ihre Freyheit zu achten, ihre Fuͤhrer weder iı
eben noch Im Tode zu verlaffen, einen jeden, der in de
Schlacht fallen würde, au begraben, und ihm hie I
Ehre zu ermweifen, Feine von den Staͤdten, deren B
gen für die Freyheit Griechenlandes gefochten hätten, ;
vernichten, hingegen die Untreuen und Derrärherifch
mit Feuer und Schwerd zu zerfiören, endlich von alle
ben Tempeln, welche die Barbaren verbrannt hätten
Keinen wieder aufzubauen, fondern ihre Trümmern a
ewige Denkmäler ver Cortlofigfeit der Barbaren de
— —
%) Slehe dritte Beylege am Ende bes Capitels.
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 119
Nachkommen zu überliefern *). Mie ſolchen
| en gingen die Griechen bey Platäa in bie
cht, in welcher nicht nur die Perfer, und Pers
geſinnten riechen überwunden, fondern auch eine
he Niederlage unter ihnen angerichtet wurde, daß fich
ber zehnte Theil des Heers, welches Terxes dem
nius zuruͤckgelaſſen hatte, bis nach Afien tettes
2). Gerade an bemfelbigen Tage, ar welchem die
jechen ben Plataͤa über ven Mardonius fiegten, vers
htete die verbundene Briechifche Flotte die Ueberbleib⸗
ber Perſiſchen Seemacht, die nach, Afien entflohen
r, und diefer zweyte Sieg Foftete den Perfern eben
iel Volk, ald den Schwerdte der Griechen in Euros
ntronnen war 7). |
4 Diefe
—— 2
) Lyeurg. adverf. Loocr. p. 149. 150. & Diod, XI.
437. P.
) Herod. IX, 59. 60, Plut. in Arift, 524. 25. Diod, XL
429. 30.
ı Her. IX. 101. 103. Diod, p. 430. 32. Nach ber
- Schlacht bey Plataͤa machten die Griechen wiele Einrich⸗
tungen, und nahmen manche gotsesdienftliche Handlun⸗
gen vor, welche den Geiſt diefes Volks in jenen Zeiten,
und nach einer fo freudigen Errettung aus ber Gefahr
einer harten immerwaͤhrenden Knechtſchafft, fehr lebhaft
ſchildern. Ich will aber nur folgende beyde Zacta ans
führen: erſtlich, daß bie Griechen, und vorzüglich die
Athenienſer, von biefer Zeit an alle in her Schlacht gen
fallenen Bürger öffentlid begruben, und von dem
größten Redner ihrer Stadt eine Lobrede auf fie halten
ließen. 43. op. Diod, Und zweytend, daß die Gegend
von Plataͤa durch einen gemeinfhafftlichen Schluß der
Griechen geheiligt, und ihre Einwohner von ben Lafken
des Krieges wider bie Barkaren auf ewig befregt mure
den, zugleich abes auch den Auftrag erhielten, im Nas
min von ganz Griechenland den Helden, die für's Bar
I
wo: Sehe Buch.
Dieſe auf einander folgende Siege brachten
- Griechenland viele merfwürdige Beränderungen herr
und unter viefen einige, die man fehwerlid) worau
ſehen hätte, und auch nicht wohl voraus fehen for
|
terland geftorben wären, jährlich ein feierliches
zu bringen. 529. II. Plut. in ariſt. Dies Opfer
erte noch bis auf die Zeiten des Plutarch fort, und
von ihm folgendermaßen befchrieben Cib.): An den
daͤchtnißtage der Schlacht ging ein Trompeter oder
faunenbläfer vor einer großen Proceffion ber, w
Waͤgen nıit Diyrten und allerley Craͤnzen, ein fi
zer Stier, und ein Haufen von Juͤnglingen fol
die Gefäße mit Wein und Mil, und Krüge voll $
und koͤſtlicher Salben trugen. Die ganze Berfi
Iung, in welche fich Fein Sclave mifchen durfte,
nur freye Männer bie Freyheit von Griechenlan
theidigt hatten, wurde von der vornehmſten
ſtratsperſon in Plataͤa angeführt, die fonft fein
berühren, und feine andere als weiße Kleider ı
ı burfte, die aber an dieſem Tage mit einen Schi—
bewaffnet, und mit einem dunkelrothen ſchwaͤr
Bervande angethban war. Diefe Magiſtrats
nahm aus beim Archive der Stadt einen heiligen €
und ging alsdann mit der großen Verſammlun
ben Gräbern der Helden zu. Hier fchöpfte fie m
ner Hand Waſſer aus einer Quelle, wufch die Denf
die man den Kriegern gefezt hatte, und falbte f
koͤſtlichem Balfam. Alsdanıı opferte fie den St
Altar, betete zum Jupiter, und dem unterirr
Mercur, und rief Die tapfern Männer, die für
chenland gefallen waren, feierlih zum Gaſtma
zum Xodtenopfer herbepy. Endlich füllte fie ein
her mit Wein, und goß ihn mit diefen Worten ı
Erbe aus: Dies trinfe ich den Helden und Pa
zu, bie für die Freyheit von Griechenland ihr Lei
laſſen Haben, — Man fann über dieſe Zeier
manche Betrachtungen anflellen, die ich aber d
dem Racht enken meiner Leſer überlaffen will,
Geſchichte ver Sriechifchen Sopfiften. 281
reiche Beute, die man ben Perſern abgenommen
e, und unter den Öriechen verhältnismäßig vercheife
yermehrte auf einmal das Bermögen der vorher ats
, und durch den Krieg erfchöpften Staaten, und
reitete durch ganz Griechenland in beträchtlicher
ıge das edelfte Metall, das vorher höchft felten. ges
nmar *). Nicht aber bloß diefer zunehmende Wohl⸗
>, fondern auch das Bewuſtſeyn der großen Thaten,
e ausgeübt hatten, hob die Seelen der Europätichen
chen empor **); und dies Gefühl eigener Verdienſte
Kräfte erfüllte das Golf, oder die niedern Claſſen
Bürgern, allenthalben, befonders aber in Achen
einer unwiderftehlichen Begierde , alle Vorrechte der
heit, die fie fo oft mit ihrem Blute vertheidigt hat,
gleich den Vornehmen und Neichen zu genießen.
2 | Die
REED ⏑⏑
Diodor. XII. p. 478. Herod. VIII, 96. 97. 123. IX. 79.
-Plut. in Arift. 11. 491. Die Beute bey Platäa allein
war fo betraͤchtlich, daß man achtzig Talente zur Ers
bauung eines Tempels ber Minerva bey Platäa, und
dur Ausſchmuͤckung deffelben ausſezte. p. 527. Plut.
c
) Ari. de Civit. V. q. Kas maAw 0 vaurınos oxAos
VEVoMEVoS MUTIOS TNS MELI LZEÄRUNVG VIRNS,
Kos dia TaUTNS, Tns Nyeuowvias, dies THV KOT
GRARTTaEV duvemı, TAV ÖNMORERTIRV 1OXueo-
reeav enomee. Und VII 6. aoxeAusinwregos
Yae Yıyvonevo die Tas EUTOLIUS ou MEYOEAg-
Wuxoregos TEOS ugRTNV. ETI TE MEOTEROy Hu
pET& To Mndına Deovnuarıodevres ex TwV
geyav, TaONs nmTovro masncens wdev diangı-
yovTes, ar eni@nTBvres, Bon ben Sitten ber
Athenienfer im Zeitalter bes Ariſtides findet man eine
Schilderung in meiner Abhandlung uͤber ben Lurus die⸗
ſes Bolks. |
198 j Sechſtes Bud). eg
Die Häupter der Teztern waren entweder zu ſchwar
biefen Wunſch ihrer aͤrmern Mitbürger zu vereiteigl
oder fie hielten es auch für ungerecht dergleichen zu tie
ba die Geringen eben fowohl als die Bornehmen in t
Derfifchen Kriegen gedient, und den Sieg bey &
min geößtentheils erfochten hatten. &elbft Ariftibel
der nichts weniger , ald ein Schmeichler des Bolfs
und fich wie Kimon fehr oft den Mißbräuchen widerfet
die Themiftofles von der Gewalt des Volks mach
‚voollte , ſelbſt Ariftives alfo hielt es für rathſam, oW
wurde auch durch die Umſtaͤnde der Zeit genötigt eis
Schritt zu thun, der den größten Tadel verdienen wi
be, wenn er anderd zu vermeiden geweſen wäre.
gab das Geſez: daß alle Borrechte Athenienſiſcher Buͤ
ger Neichen fowohl ald Armen gemein feyn follten; daß
den einen, wie ben andern alle Würden und Aemter
offen ftehen, und die Archonten aus dem ganzen Volke
oder aus allen Elaffen von Bürgern gewählt werben
ten. Durch Died Gefez wurde eine ber erften Säule,
auf welchen die vom Solon errichtete Staatsverfaffung
beruhte , umgeſtoßen, und dem großen Haufen eim
Macht gegeben,, die er bald nachher zur Unterdruͤckun
der ebelften Bürger, und zu feinem eigenen Verderben
anwandte. Ariſtides würde fid) um fein Vaterland
eben fo fehr, als Solon verdient gemacht haben, wem '
er anftatt dieſes Geſez zu geben, die Schazung ber drey
erften Claſſen von Bürgern in eben dem Berhättnife |
erhöht hätte, in welchem der Staat reicher geworben :
mar. Allein dies war wahrfihi.nlich nad) der damalige -
tage der Sachen nicht möglich *), und Ariftides gab in
de
„
. %) Daß diefe Staatsveränderung unvermeiklih way, zeigt
außer den angeführten Stellen bes. Ariſteteles noch das
Un
Geſchichte der Griechiſchen Sophiften. m
Abſicht die Eintracht aller Staͤnde zu befeſtigen,
n aͤrmern Mitbuͤrgern detgense, was ſie entweder
nachher mit Gewalt wuͤrden erzwungen, oder
einem Verfuͤhrer des Volks nach gefährlichen Uns
n und Dewegungen würden erhalten haben.
Gleich im erften Jahre nad) diefer Staatsverändes
‚und dem Siege bey Plataͤa wetteiferten die Gries
mit einander , ihre umgekehrten Baterftäbte wieder
bauen. Die Achenienfer fingen einem weiſen Rathe
Themiſtokles zufolge.eher an, die Mauern ihrer
be, von welchen nur ein kleiner Theil ftehen geblies
mar, und bie jezo erweitert werben follten, als ihre
nn Wohnungen aufzurichten *). Kein Gefchleche
fo ſchwach, und fein Stand fo niedrig ober fo vors
s, Der nieht von ganzem Herzen alle feine Kräfte zur
tigung der Daterftabt angewandt hätte, Männer
Ä und
Urtheil des Plutarch: IT. 831. in vita Arifid,
Era 0 avaxwenravras as To su ras A9y-
ya 6 Agsacıs Mravras Ewen mmoAueı
vw Önuonemriav, cas mev akıov MyYsuavos dıos
nv avdeasyoedıcev errımeÄAesas Tov OnMov, cine
un erı eoodiov, ımXuorres ToIs OMAOIS, Kol KE-
Yo Deovarras raus vinaus, enınadnvey, Yoc-
‚Des VnDoM, nommv esvoy TV KoAsTesoy, Kay
ras wexorras s& Ada marrom aloe
ey.
) Thuc’ I. 89,93. Demofth. 390. Theop. ap, Plut, I,
475. Diod. XI. 435. Iſoe. II, 206. Alle dieſe Gchrifts
fieller, unter denen ohne Zwepfel Thukpdides der glaube
wuͤrdigſte iſt, erzäblen die Gefchichte der Wieberauf⸗
bauung der FMRauern von Athen, mit etwas verändere
ten Umſtaͤnden. Iſokrates glaubte ſogar, daß Athen
F den Perſiſchen Kriegen gar keine Mauern gehabt
tte.
[4
7 Brchlle Banken. NRut)
und. Weiber, Kinder und. Greiſe, Bürger, Fremdl
und Sclaven arbeiteten unabläflig und mit gleichem
fer an den Mauern zu Athen ‚-. und: man ſrhonte: w
Haͤuſer noch Grabſteine, und andere oͤffentliche D
maͤler, die Materialien hergeben fonnten, um-ein V
dcſto geſchwinder zu fördern, welches die Neider
Feinde Des Athenieuſiſchen Namens gleich nach fei
Anbeginn zu hintertreiben fuchten. Die übrigen €
chiichen "Staaten, deren Eiferjucht ‚durch die g
Menge der erfahrenen Seeleute in Athen:, und d
ihren bey Salamin und Mykale beriefnen Muth
gemacht worden war, reizten Die mit ihnen gleichgel
ten Spartaner an,. den Athenienfern.wie allen übt
Voͤlkern außer Dem Peloponnes: Die Wiedererrichhun,
ter. Mauern unter dem Vorwande zu-unterfagem;- br
die Perfer bey) einem abermaligen zu befuͤrchtenden
fall feine fefte Plaͤze finden möchten, in denen fie
feft fegen und behaupten fönnten. Themiſtokles v
telte die Anfchläge ver Griechen durch eirie Städt:
die den Ruhm feiner Weisheit felbit. bey denen, Die
durch beruͤckt wurden, noch mehr aber bey feinen $
bürgern erhöhte, und an welcher fogar Ariftides
Axiochus Theil nahmen *). Die Spartaner und i
gen Griechen muften zulezt geſchehen laſſen, was
durch ihr bloßes Anſehen nicht hindern konnten,
durch offenbare Gewalt nicht hindern wollten, und
Mauern von Athen wurden daher unglaublich gefchr
vollendet, von welcher Eilfertigfeit ihrer Erbaueı
auch viele fichtbare Spuren in ben folgenden Sahrt
derten zeigten *"), | J
*) Man ſehe Script, eit. inpr. Thucyd.
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 195
Athenienſer die Werke an dem neuen Hafen, dem
us *), die fchon vor dem erften Einfalle ter Vers
in dem Sahre, in. weldyem Themiſtokles Archen
**), auf. den Nach diefes großen Mannes angefan⸗
, aber durch die Perfiichen Kriege unterbrochen wars
waren 7). Themiſtokles war. der erſte, der die Be⸗
lichkeit des Piräus, welcher drey große Buſen ober
haͤltniſſe für Schiffe hatte, und feine Vorzuglich et
t dem Phalereus, den man bieher brauchte, ein
wie er der erfte war, der, nach dem Aüsdruck des Ar
iphanes bie obere. Statt an.den Piräus fͤttete, unb
fefte fand von Attikfa nur zu. einem Anbängfel des
ers machte, der Die Athenmenſer von ihren Bergen
mb Feldern in die Schiffe trieb, der ihren vorher vor
ndigte, daß fie fich nicht anders als Durch Handel und
chiffarth gegen ihre Feinde würden verrheidigen, und
iher ihre Tachbaren erheben Fonnen, der endlich ihren
Handel und ihre Seemacht ſchuff, und ihnen die Herr
Hafft auf dem Meere verfchaffte FF). Erſt ſeit diefer
Jeit fingen die Arhenienfer an, vie Bortheile ihrer Sage
ind ihres fandes zu nuzen, die weder Solon noch fonft
rgend ein Staatsmann vor den Themiftofles bemerkt
satte, Attika war nämlich ein gebürgichtes unfruchts
yared fand, das mehr zur Viehzucht als zum Ackerhau
zeſchickt war, das nicht einmal viele wafferreiche natürs
kche Quellen, und vor den fruchrbaren umliegenden laͤn⸗
dern, feine andere als nur die Vortheile des Delbaus,
u ergies
01. 75.3.
“) Ol, 71. 3.
+) Thueyd. 1. 93.
+4) Thucyd. 1. ce. Flut. I, 476. in Themift. Diod. XI.
436.
Saft zu gleicher Zeit mit ihren Mauern endigten
126 Sechſtes Bud.
ergiebiger Silberbergwerfe und Marmorgruben .
welche leztere aber bisher entweder gar nicht, ober’
wenig waren bearbeitet worden ®). Der ganze Erf
aber des Delbaus ſowohl als der Bergwerke reichte i
eben hin, Korn und andere Nothwendigkeiten oder
quemlichfeiten des tebens von Auslänvern einzufaufg
und Attika wuͤrde daher noch länger, vielleicht ewig
armes dünn bevöffertes tändchen geblieben feyn,
nicht Die Weisheit des Themiſtokles ver Natur zu HU
gefommen wäre, und ihre Ubfichten errachen hät
Er fahe es zuerft ein, was nachher Renophon mit fo v
. fer Wärme an feinem Baterlande ruͤhmte, daß Arh
gleichfam im Mittelpunete von Griechenland, und v
den reichten Ländern in gleichen oder den angemeflenft
Entfernungen liege; daß es faft alle Vortheie ein
Inſel habe, ungeachtet es nicht ganz vom ur
floffen fey, indem fein Wind wehen koͤnne, ver Ih
nicht Beduͤrfniſſe und Neicheumer juführe, oder n
welchem man nicht in feine Häfen einfegeln Fonnes u
daß alfo die Natur felbft Achen zu einer Handelsftal
und Attika zum Wohnfize eines mächtigen zur See he
ſchenden Volks beftinnme Habe **),
c
[
. % Thue. I 2. Plut, I. in Sol. 360. 69. 63. 64. Kenot
Kuymyer. c. 12. de Provent. I.
°s) de Prov. I. Xenophon preift uͤberdem noch die Schi
beit und Milde des Arrifhen Klima Attika, fagt t
fer Weltweife, leidet weder von zu großer Size, mi
von zus heftiger Kältes und eben Bewegen kommt
Attiſchen Boden alles, mas die Srunden ober Jah
zeiten ſchoͤnes tragen und erzeugen, am frübften bervi
und dauret am längfien. Schon die Alten: ſuchten
der Milde und Feinheit des Griechiſchen, befonders &
Attiſchen Qimmels die Urſache der vorzuͤglichen Sur
nn}
Berichte der Oriechfhen Sophifn 127
In der That hatten die Achenienfer ſchon vor. der
hlacht bey Salamin und Mofale, noch mehr aber
h diefen Siegen, die größte Seemacht unter allen
vaten des Europaͤiſchen Griechenlandes. Wenn alfo
Herrſchafft auf dem Meere noch mehrere: Jahre
ber weder von ben Spartanern noch von ben übrigen
chen anerfannt wurbes fo war biefes von Seiten
erftern die Wirkung einer langwierigen Gewohnheit
errſchen, ober die Bundesgenoffen anzuführen, und
| bon
————————
kraͤfte und Tugenden der Griechen vor den Barbaren, und
Ber Atbentenfer vor den Übrigen Griechen. Arift. de
Civ. VII. 7. Und dieſe Vermuthung kann man numögs
Uich ganz verwerfen, wenn man bebenft, daß bag ein,
an Land, welches Delbäume und Silberadetn naͤhrte,
on vor feiner Cultur ſolche Männer, dergleichen So⸗
fon, Ariſtides und Themiſtokles waren, hervorbrachte,
daß es durch dieſe ſich uͤber alle maͤchtigern und reichern
Staaten, befonders über Sparta und Korturb,, empot
‚bob, daß es bald nachher alle Kuͤnſte und Wiſſenſchaff⸗
ten nicht nur aufnahm, ſondern auch erweiterte, und
als ihm eigenthuͤmlich behauptete. — Man faun frei⸗
lich einen großen Theil dieſer Erſcheinungen aus ſoge⸗
nannten moraliſchen Urſachen herleiten; allein daß dies
fe moraliſchen Arſachen nur in Athen, und nicht ans
derswo mwirften, davon kann man ſchwerlich den Grund
im etwas anderm als in gewiffen phyſiſchen Eigenthuͤn
lichkeiten dieſes Landes ſuchen, ungeachtet wir die Na⸗
tur derſelben eben ſo wenig ergruͤnden, als ihre Kraft
genau beſtimmen koͤnnen. — Mit der Schilderung von
Athen, die ich aus dem Xenophon gegeben habe, ver»
leihe man noch die Gedanken des Ariſtoteles Über die
* einer gluͤcklichen Stadt, und die Beſchaffenheit des
kZandes, mit welchem fie umgeben ſeyn müͤſſe VII. 5. 6.
Athen, fagte Perikles ap. Thucyd. I. 143. wuͤrde
unübermwindlich ſeyn, wenn es ganz vom feſten Lande
abgeſchnitten, und eben dadurch den Angriffen feiner
ur zu Laude mächtigen Nachbarn entzogen wäre,
von Seiten ber leztern die Folge einer eben fo lan
Gewohnheit, nur’ den Spartanern zu folgen, und
einigerourzelten Hochachtung gegen die entichiedene g
ßere Tapferfeit und Kandmacht der Lakedaͤmonier.
muſte fich aber othwendig bald ben ber einen ober
dern Selegenheit'zeigen:, --daß jego, da der größte D
der Griechifchen Snfeln, und der an der See gelege
Aſiatiſch Griechiſchen Städte, die aleich nach ver Schh
ben Mykale von. ven Perfern abgefallen waren, mit
nee hinfänglichen Seemacht gegen ihre eheinafigen $
fer vercheidiget werden follten, daß jezo nicht derjel
Staa!, der Die meiften und tapferiten Fußvoͤller,
bern.der die größten Flotten und die erfahrenften €
jeute habe, an der. Spize des Afiatifchen und ‚Euro
ſchen Griechenlandes zu ſtehen, und die Herrfchafft
Meers zu erhalten verdiene. Kine: foldye Gelegen
war die Unternefmüng; welche die Spartanet in 2
bindung. mit den’ Achenienfern und übrigen Bunde
noflen veranftalteten,,. um die Perfer aus Kypern
andern Infeln und Plaͤzen, die fie noeh inne harten,
Geivalt zu vertreiben”). Auf dDiefem Zuge wurde)
fdnias, König.von Sparta, und Befehlöhaber der ga
vereinigten Flotte, Hicht nur des Vorſages, ganz €
chenland den Perfern zu unterwerfen, verdächtig,
bald nachher überführt, fondern machte fich auch d
fein ftolzes herriſches Betragen, das durch Bie fü
Güte, und die unbeftechliche Nechtfchaffenheit des A
des noch mehr gehoben wurde, ben allen Griechen fo
haßt, daß fie ihn noͤthigten, die oberſte Befehlshe
ftelle. nieverzulegen, die fie ſogleich auf den Ariſt
wie die Ehre, in den Kriegen wider die Perfer ihr
| „ Ol, 75. 4. Died. p. 437. Thuc, L 94.95. Plu
i
u ſeyn, auf hie Athenienſer uͤbertrugen*). Die
wtaner machten zwar einige Verſuche, ihr verlor⸗
Anfehen wieder zu gewinnen, und dachten einmal
baran, deßwegen einen Krieg mit den Athenienſern
fangen *"); allein fie liegen es doch endlich ben dem
en Vorſaze bewenden, and Äbten bald nachher ten
Il, den fie weder an den ‚Arhenienfern, noch an big
jen Griechen auslaffen: fonnten ,: an: dem großer
nme: aus, ber ben Achenienfern die uͤherwiegende
macht erworben hatte. Themiſtokles wurde Durch
wiederholten Anklagen und. Berkduimbungen der
weaner etft aus feinem Vaberlande vertoiefen, und
ber durch) ihre fortbaurenden Derfolgungen gezwun⸗
ala au verlaſſen und zum Terres zu
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sap. mod. cit. Pauſanias trich feine unwernänftige
= Mfibrer ber Bunbesgenioffen prägelte, ober fie ga
“ EN lang mir großen Gerichten von Eifen ſtehen ließ.
Er beſtellte haudfeſte Kerle, die alle Griechen, woeihe
vor den Spartanern aus Quellen Waſſer ſchoͤpfen, oder
"eine Lagerſtaͤtte einnehmen wollten, mit Schlägen wege
treiben muſten. Ba
» Di. 76. 2. Diod. p. 442. Dhne Brund alfo bemims
bert Plutarch Die gleichgältige Ruhe, womit die Spare
taner die Herrſchafft der. See den Athenienſern uͤberlaſſen
hätten. in Arift. p. 534
y Diod. 405⸗48. Dies geſchah DI. 77. 4. In welchem
Jahre Themiſtokles auch ſtarb, odet vielmehr Hand am
fein Leben legte. Er haste in eben dem Jahre, im
weichem die Athenienſer die Herrſchafft zut See erhiel⸗
gen, ven heilſamen Rath gegeben, jahrlich 20 neue
Schiffe zu bauen, und alle Kuͤnſtler und Fremdlinge,
die ſich in Athen niederlaſſen würden, von allen Abga⸗
—* befreyen. Diod. A], J Der erſte art *
J \ | ur e ” or
Seßhichte der Griechiſchen Eophiſten. my
rte und Uebermuth fo weit, daß er mit eigener Haub -
[4
/
1 *
v.
F u echſtes Buch
Re uh
Mod) ehe die von den Perſern abgefallenen €
chiſchen Bundesgenoſſen fich den Athenienfern anvertr
und ihnen die Vertheidigung ihrer Freyheit überg
Hatten, bezahlten fie den Spartanern gewiſſe Sum
„yon welchen der Aufwand, den ihre Beſchuͤzung
Vertheidigung verurfachte, beftritten wurde *). "|
erboten fich deßwegen von frenen Stäcen, auch In
Zukunft ein Gleiches zu thun, und erfuchten die 7
mienſer, dem. Ariſtides die Bollmacht zu geben, dir
- Die Vermoͤgensumſtaͤnde aller verbundenen Staͤdte u
ſuchen, und einer jeden wach ihren Kräften den Di
vheftimmen möchte, ‘den ſie fforthin zum geme
chen Schaze liefern folle ).“ Die Athenienſer vi
ten in dieſe Bitte, und Ariſtides vertheilte eirie Sui
kon vier hundert und ſechzig Talenten, die |
ſammengebracht werden muſte, mit einer fo udn
fehen Billigkeit über alle Gruͤechiſche Inſeln und Nſ
Staͤdte, daß dieſe ihn noch immer in den \
Zeitaltern als ihren größten Wohlthäter, unh
Schaͤzung As den Zeitpimet ihres Wohlftandes,
ten }). ; "Man. erfüchtete hierauf eine gemeinſcho
Schazfaniiner auf. der Inſel Delos, und ed.An
auch Schazweifter von Griechenland ernannf, "bie
Denträge der Bundesgeroſſen in Empfang neh'
und bie Ausgaben nach dein Vorfchtiften der Athen
beſorgen muſten hJJ. |
. 5 " - 2
ſes Raths wurde noch lange nach ihm befolgt; bi
‚dere Hälfte iſt aber, fo viel ih weiß, niemals In
fällung gegangen. _ on
0) Plut. 1. e. p. 53 0 W
°°) Plut. 1. c. Dad 12 440. Thue, I. 96. .
. „DU. ec... Slodor gibt bie Schäzung des Ariſtides nur
zu 560 Talenten an. P:: 449, oo. zn 2
ib, ;,. * F —F 55 |
* u J m. ; " _ F J : . 3 ze
* -
* =
0
- ..®» \
Geſchichce der Griechifchen Sophiſten. 131
Die Athenienſer begegneten den Bundesgenoſſen,
denen ſie zu Fuͤhrern waren erwaͤhlt worden, in den
en Jahren mit großer Guͤte und Gelindigkeit ), ſo
**), und auch gleich weit von ungerechten Maaß⸗
ein entfernt waren, leiten ließen. Sie rüfteren ale
"**) eine Flotte von zwey hundert Seegeln ans }),
alle Aſiatiſche Inſeln, und alle Schlöffer und Städte
Helleſpont, in Sonien, Karien und Incien, welche
von ven Perfern befezt, ober ihnen zugethan wa⸗
befreyen, ober fie mit Gewalt den Barbaren ents
m follte. Kimon, der Anführer diefer Flotte, ein
en fo großer Held, ale Themiftofles, und nicht we⸗
ver eifriger Patriot und rechtſchaffener Mann, als
Aftides, ber aber weder die großen Talente des erftern,
ch Die erhabenen Tugenden des leztern hatte FF), rich⸗
e dieſen Auftrag mit der groͤßten Geſchwindigkeit aus,
kg. das Heer und. die Flotte ber Perfer, die fi) am
fe Eurymedon verfammlet hatte, und erfocht an eis
n einzigen Zage zween fo vollftändige Siege, als die
Ze 8a Grie⸗
2) Thue. L, 097. "
#e) III. 194. 205, Plut. in Cim.
ne#) Dil. 77. 3.
4) Dieſe Flotte wurde bald nachher durch die Haͤlfsſchiffe
ber Bundesgenoffen auf dreyhundert und funfzig vers
mehrt. Diod. XI. 450. Ephor, ap. Plut. 351. II, in
Cim. Diodor ſcheint durchgehende dem Ephorus ges
folgt zu feyn, ber aber gewiß nicht fo viel Olauben ale
Thukydides verdiente, von dem er oft abweicht. Pha⸗
nodemus redete gar von 600 Schiffen ber Athenienſer.
sp. Plut. l. c “ ”
+) UI. 181. Plut.
13z3. Secchſtes Buch.
Griechen weder vorher über die Barbaren erfochten hd
ten, noch auch in der Folge erfochten *). Durch 9
Siege erhielten der Ruhm, der Much und das Ger
gen der Athenienfer einen gleich großen Zuwachs;
Kimon wandte die reiche Beute, Die er den Perferni®
genommen hatte, dazu an, feine Vaterſtadt zu verſſ
nern, oder noch mehr zu befeftigen. Er bepflanzte Pe
großen Marfe in Athen mit fehönen Bäumen, ver
delte die Afademie, Die vorher eine dürre Wuͤſte ge
fen war, in einen Fühlen fehattenreichen Luſthain,
Tegte ven Grund zu den großen Mauern, die von Ag
bis an den Phalereus und Piraͤus gingen, und 9
‚nachher *”) vollendet wurden +). |
28
|
ups, ten Gere
. / ı
® Thuc. I, 160 e. Diod. p. 451. Plut, TU, 199. Ig
. 145. Diodor weicht von allen übrigen in ber ip
# der Gegend ab, wo Kimon die feindliche Fl
(lagen haben fol. Er fagt nämlich, daß bill:
Kypern gefchehen fey, ba die übrigen den Curl
nennen. Ein. jeder diefer Schriftfieller erzaͤhlt fa
- bie Größe des Verluftes der Perſer auf eine anderei
Dach dem Thukydides verbarben oder nahmen bie Wi
nienſer 200 Phoͤniciſche Schiffe meg: nach dem Lk
flieg die Anzahl her Schiffe, die ben Siegern
Hände film, auf 100, und nad dem Plutarq
260. Diodor hingegen gibt dreyhunbert und wie]
und zwanzig taufend Gefangene an, außer der Abel
großen Beute, die ben Athenienſern zu Theil gewei
fey.: Diodor fehlte aber unläugbar in der Angabe
weggenonimenen Schiffes Denn feinem eigenen X
richte zufolge hatten die Perfer vor der Schlacht x
sehr als drephundert und vierzig Schiffe, und ed
fien alfo gar Feine untergegangen, und Fein einziges ai
oben ſeyn, wenn bie Athenienſer eine eben fo gef
ahl von Schiffen erbeutet hätten.
“) DI. 80. 4. |
9 Thus, I, 107: 108, Plut, I, 303, 203, in Cimons; |
Geſchichte der Griechifehen Sophiſten. 133
Nach diefem Siege am Eurpmebon fingen bie
mienfer an, fich faft für unuͤberwindlich zu halten,
fürchteten weder Barbaren nod) Griechen mehr.
allein griffen in ben nächften vierzig Tahren,, die
wf den Peloponnefifchen Krieg verfloffen,, ven Koͤ⸗
ser Perſer, der kurz vorher dem ganzen vereinigten
chenlande fo furchtbar gewefen war, ungereizt zu
erbohlten malen an, und zwangen ihn endlich zu
n ſchimpflichen Frieden, der der flaunenden Nach⸗
Die innere Schwäche einer ungeheuren Despotie
fo fehr, als die innere Stärfe einer einzigen Fleinen
enden und wohlgeorbneten Republik verräch*). Sie
ten ferner nach einander mit allen Sriechifchen Böls |
, oft mit mehrern zugleich und an mehrern Orten,
biefer ganze Zeitraum alfo, ber von dem Siege des
von bis auf den Peloponnefifchen Krieg verfloß, war
wnunterbrochene Kette von Schlachten, in welchen
meiſtens über ihre Feinde fiegten. So wie ihre Flots
‚auf allen Meeren Herrfchten, und alle Inſeln und
äpte in Afien ſowohl als am Hellespont zinsbar mach»
£ fo durchzogen ihre fiegreichen Sheere Das ganze Gries
Hand, vermwüfteten ben ‘Peloponnes und das Spartäs
be Gebiet wie Theffalien, und unterwarfen einen
ben Theil der Altgriechiichen Städte und Voͤlker ihr
Botmaͤßigkeit. Dieſer unaufbörlichen Kriege unger
tet nahm die Bevoͤlkerung immer zu; denn niemals
en bie Athenienſer mehrere und zahlreichere Eolonien,
gerade in dem Zeifraume ausgefandt, in welchem fie
meiften Schlachten geliefert haben. Das ganze
33 Volk
) Wie ſehr die Athenienſer die Perſer verachtet, und Ihre
Ohnmacht gekannt haben, ſieht man auch daraus, daß
ſchon Kimon den Gedanken hatte, den Koͤnig der Per⸗
fer vom Throne zu ſtoßen. Plut. III. a215 p.
‚4 Sechſtes Buch ·
Volk war von einem einzigen kriegeriſchen Geiſte bel
Meder vor noch nachher boten fich die Athenienſiſ
Juͤnglinge fo bereitwillig zu Den gefährlichften Unter
mungen an; nie fochten Greiſe, Die das Alter von «
Arbeiten des Krieges befreyte, mit fo viel jugendli
Tapferfeit und Stärfe, und niemals harten auch w
die Athenienſer noch irgend ein-anderes Griechifches :
auf einmal fo viele große Feldherren, als in dieſem
alter in Athen verfammlet wurden. Kimon, Arift
Moronivee, Tolmides, Leagoras und Periffes w
ein jeder fchon hinreichend gewejen, einen Staat zu
ten und groß zu machen; und dasjenige Volk alfo,
fie alle befaß, muſte nothwendig das erfte feiner
und das mrächtigfte in Griechenland werden *).
Die häufigen Ausräftungen , welche die Arheı
fer auf gemeinfchaffcliche Koften machten, und zu
chen auch die Bundesgemffen Schiffe und Kr
volk liefern muften, wurden ben weichlichen Inſuſo
und übrigen Aſiatiſchen Griechen bald unerträglich,
dem ihre teiber und Seelen, entweder durch langw
Dienftbarfeit, oder durch einen übermäßigen Gemuf
Güter des Gluͤcks und des Friedens entnerut, un
den Defchwerlichfeiten des Kriege untüchtig ger
waren **). Saft alle Bundesgenoflen wurben
ſchwuͤrig; einige weigerten fich, die Schiffe und VW
fchaffe, "welche man von ihnen verlangte,” herzug
und andere fielen aus andern Urfächen ab. E
*) Wenn man bie Geſchichte der Achenienfer nach ben !
ſchen Kriegen mit ber Gefchichte der Roͤmer nad
zweyten Puniſchen Kriege vergleicht; fo wird
zwifchen beim Zuftande biefer beyden Voͤlker und
Schickſalen fehr viele Aehuliqteiten entdecken.
111222. · en Ze ze
")
[4
Seſdichee der Griechiſchen Sophiſten. 335
erſpenſtigkeit ober Abfälle ahndeten die Athenienfer
den Einwohnern von Naros durch Sclaverey, und
n Thafiern durch die Niederreißung ihrer Mauern,
bie Beraubung ihrer Schiffe, durch eine große
rafe, bie fie fogleich, und durch einen harten Tris
L, Den fie in der Folge erlegen muften *), Bon dies
} Zeitpimcte an **") mißbrauchten die Achenienfer ige
mmehro unwiderſtehliche Macht +), fie behandelten
—* die von den Perſern zu den Griechen,
von den Spartanern zu ihnen abgefallen waren,
mehr als Bundesgenoſſen, ſondern als ihre Unter⸗
men; waren nicht mehr ihre Führer , fondern warfen
) zus ihren unmmfchränfen Beherrfchern auf, und
udten endlich nicht Lleberredung,, fondern meiftens of⸗
Sare Gewalt an, um fie nach ihren Abfichten zu beus
. Der geheime Haß, der hieraus entſtund, wurde
ar Durch das noch immer fortdaurente und fteigende
ücf ber Athenienſer fo ſehr niedergedruͤckt, daß er niche
Tpärlichfeiten ausbrechen konnte; allein er bereitete
en doch in der Stille eben fo viel Unglück für die Zus
fe vor, als fie an andern Unrecht ausübten, oder
geübt Hatten. -
Wenn die. Borfehung einmal befchloffen hat „Voͤl⸗
oder einzelne Menſchen vor andern hervorzuziehn; ſo
igt fie es meiſtens, wie die Geſchichte lehrt, fo einzu⸗
—— daß die Thorheit und Fehler ke Feinde eben
ſehr, als ihre eigene Weisheit und Tugend zu ihrer
ergroͤßerung beytragen muͤſſen. So erging es auch
o den Athenienſern. Die Weichlichkeit der Bundes⸗
noſſen, und ihre Abgenetgthait gegen den Krieg wurbe
für
®) Thuc. I. 101. 102, Died, p. a457. Ak
m Ol. I.
F Bi
, ih ihren Beherrſcher
zen, Kimon gab nämlich feinen —E R
Die Bundesgenpffen fernerhin nicht mit Gewalt zur
„ferung einer gewiſſen Zahl von Schiffen und Mannfd
anzuhalten, ſondern es ihrer Wahl zu überlaffen, 6
hergeben, oder an ihrer @rart jährlich fo vid
fen wollten,‘ daß die Athenienſer dafür Kriegen
unterhalten, und Flotten ausrüften Fonnten.
Bundes genoſſen wählten das leztere, und glaubten:
eier großen babbefeene un (nn, ba fie doch wi
den Arhentenfern mic ihren Neichepimern die Mit
Die Hände-gaben, fie nach Wobhlgefallen au befieref
und Ihnen auch dasjenige mit Gewalt zu ın
fie nicht mit gutem Willen hergeben wollten Er
Diefe vermohrten Derträge der Infulaner, umb:dee.
tiſchen Griechen, wurben bie Äthenienſer in rel
w eine Flotte von zwen hundert **) Schiffen
onige yon Aegypten zu Hilfe zu fehlten, ber ki
gen den Artaxerres empört harte, Diefe Siorte ge
öwar anfangs große Bortheile über die ‘Perfer 2*
aber nad) einigen Jahren — rn
wenige von denen, mit wel ie vorne
kamen in ihr Vaterland aut dD
D
N %) Thu, 1.99. Plug, III, 196. in Cimono.
‚ 9%) Thuc, I, 194 & Unen. I. 403, Dieber 458. X
drev bundert.
e⸗ æiublt Rutvdides· 100, 48 ber dieſer
Unternehmung eine Dauer von ſechs
Dippor bingegen ſchraͤutt fle ef eine Aa Di Dlyı
ein, von DI. 79 1. Bi6 Bo, 1. mad
r On on we, rm
Gefchichte ber Griechiſchen Sophiſten. 197
In eben dem Sabre, in welchen bie Arhenienfer
kegroße Niederlage in Aegypten litten, erhielt die Staats»
aſſung in Athen ben gefährlichiten Stoß, ben fie
den Zeiten Solons erhalten hatte. Ephialtes nahm
lich auf Anftiften des Perifles dem Areopag außer:
Vorrechte, Todtſchlaͤger und Mörder zu richten,
Me Gewalt, die Solon ihm gegeben hatte, hob damit
m Einfluß auf, ben die Bäter des Volks bisher über
ke Thoren und Unverſtaͤndigen gehabt hatten, zevriß
fe heilſamen Zügel, womit der große Haufe bisher ges
ändigt morben war, und nöthigte den fich felbft übers
ißnen Poͤbel, feine ganze Macht in die Hände von Des
agogen zu legen, die von diefer Zeit an faft unum⸗
hraͤnkt zu herrſchen anfingen *).
Die Folgen diefer immer mehe und mehr zuneh⸗
ıenben Zernichtung der Staatsverfaflung wurden im
Athen fo wenig als in Rom ober andern Treyftaaten
nerklich, fo lange das erftere größere Staatsmaͤnner
nd Seloherren hatte, als alle übrigen Sriechifchen Böls
re zufammengenommen, Vielmehr müfte man, wenn
san die Güte der innern Verfaſſung der Achenienfer
anz allein nach ber Menge von erfochtenen Siegen ber
wthellen dürfte, den Schluß ziehen, daß dies Volk nie
ine beffere Negierungsform gehabt hätte, als in ben
ften zehn Jahren nach dem verderblicdyen Geſeze bes
Ephialtes, Die Athenienfer Äberwanden naͤmlich unter
dem Leokrates die Aegineten, die ihnen noch immer nach⸗
35 Buß
Bu jr tn —
®) Ifocr, 1. Sup. elt. Diod, XI. 463. Plut, III. a05. I,
602. 606. 607. I. 602. Plat. Perikles goß, wie
Plato fagte, dem Volke eine ganz ungemifchte Frepheit
ein, hie es nicht ertragen Ponnte; und von biefer Zeit
an, ſcherzten die Komiker, babe das Wolf Eubarn au⸗
gebiſſen, und de Jufln gemißhandelt.
Fr ee Buch.
buhlten, in einer entfcheidenden Schlacht, nahmen
nen auf einmal fiebenzig Schiffe ab, und zwangen
durch die Furcht vor den Außerften Gefahren, wel
ganz wehrlofen und fo viele Jahre gehaßten Seinden
vorftanden, ihre Mauern niederzuteißen, und di
Tribut gleich ven übrigen Inſeln zu bezahlen ”). U
eben dieſe Zeit fihlugen fie unter dem Myronides d
Korinthier und Epidaurier viermal **): und wurd
durch den Verluſt, den, fie in dem hartnäcigen Tr
bey Zanagra **”) gegen vie Safedämonier und deren B
desgenoſſen erlitten, fo wenig geſchwaͤcht ****), daß fi
einige Wochen nachher den Myronides mit einem Heere
gegen die Boͤotier ausſchickten )). Diefer große Zeit
herr ſiegte zweymal hinter einander mit einer viel gerin"
gern. Marht über die Boͤotier, eroberte und enthlößte '
alle ihre Städte, Theben allein ausgenommen, begwang
die Phofenfer und kofrier, und drang bis ins Herz vom
Theflalien ein FF). Nach. dem Diodor war die *
Schlacht gegen die Boͤotier nicht weniger gorreich, al
die beſungenen Siege bey. Marathon und Plataͤa, und‘
doch fand fich Fein. Sefchichtfchreiber, ver eine ganz ger.
naue Schilderung derfelben hinterlaffen hätte FF). De,
Mame
— —14
'® DI. 80 2.und 4. Thuc. I. 105 & 108. Diod, XL;
3 pP. Ri
**) Tue I. 105.106. Diod, 463. 464. Rad dem Tim
kydides zogen fie aber doch In ber erflern Schlacht den
Kürzern.
wet) Thußyd. 1. 108. fast, daß die Athenienfer dieſe Schlacht
verloren hätten, und ſchweigt ganz vom Perikles, ber
Heerfuͤhrer war. Diodor hingegen p. 465. erzählt,
daß diefes Treffen mit unentfchiedenem Gluͤcke geendigt
worden.
HA a I. 108. p. 468. 467. Diod,
Hape p- 1,05
⸗
Gefchichte der Griechiſchen Sopfiften. 130
lame bes Myronides ift daher kaum Gelehrten befannt, -
achtet er miehr that, und öfter fiegte, als Miltiades, *
ütofles und Kimon, deren Namen wir jchen in
Schulen lernen. So wahr ift es, daß der Ruhm
m Helden nicht bloß von ihren Verdienſten, ſondern
eilt mehr von gewiflen Umſtaͤnden, und befonvers von
w Bortrefflichfeit der Gefchichtfchreiber abhänge, die
Be Thaten für die Machwele aufzeichnen. =
In die Fußftapfen des Myronides traten Tolmi⸗
8 und Perikles, unter welchen der erftere Gythion,
ben Ort, wo dle Spartaner Schiffswerfte hatten, zer⸗
te, Kephalenia und Naupaftus eroberte, und in det
ern Stadt die Leberbleibfel der Meflenier, welche vie
kedaͤmonier nach einer zehnjährigen Einfchließung aus
home entlaflen hatten, eine Nlederlaſſung verfchaffte *).
terifles hingegen verwuͤſtete mit einer Flotte von funf⸗
g Schiffen die Küften des Peloponnes, und machte alle
Städte in Afarnanien den Athenienfern unterwärfig **).
Dach allen diefen glücklichen Unternehmungen dach»
a bie Athenienjer daran, die Schmach, die fie in Ae⸗
ppten erlitten hatten, mit dem Blute der Perſer abzus
afchen ; fie rüfteten daher eine Flotte von zwey huns
rt Seegeln aus, und gaben ihr den Kimon zum Uns
ihrer, gleich al3 wenn dieſer Sohn des Miltiades allein
mm Weberwinber der Perſer beftimmt gewefen ware.
dimon befiegte die Barbaren auch wirklich in einer Land⸗
md Seeſchlacht 7), und fezte.den Konig der Perſer
durch in eine folche Furcht vor den Waffen der Athet
ienfer, daß er feinen Feldherren den Befehl gab, Ben
" e⸗
* Eu
®) Diod. p. 467. 68. DI. 81. 1.
") DI. 81.2, Diod, p. 4609.
| - |
19. nee Gechftes Buch. er
berühmten Frieden zu. fehließen, von welchem fo viele:
Schriftſteller reden, und deſſen Bedingungen folgende
waren: baß alle Griechiſche Städte in Aſien frey ſeyn
und kein Perſiſcher Satrap ſich dem Meere inner
einer Entfernung von drey hundert Stadien nähern
- und fein bewaffnetes Perfifches Schiff jich außerhalb nei
Stadt Dhafelis in Pamphylien, und den gegenüberlieg
genden Kyaneiſchen Inſeln fehen laſſen folle *). & *
*) DI. 82. 4. Diod. XII. 481. Iſocr. II. 210. Panathen,
Lycurg. p. 148. Demoftb. de fall. Leg. p. 237:
Plut. in Cim. III. p. 197. 201. 202. Kalliſthenes
zweyfelte, ob ein foldyer Zriede mit ſolchen Bebingun⸗
gen jemals geſchloſſen worden; aber wiber alle Ur⸗
kunden ⸗und die glaubwuͤrdigſten Geſchichtſchreiber. Ich
Tann nicht umhin, bier noch eine kleine Bemerkung
über bie Werweifung bes Kimen hinzuzufügen... Boy
biefer Verweifung fagen Thukydides und Diodor nichts;
Plutarch II, 211. hingegen und Anbofpbes or. IV,
308 p. bezeugen fie, ungeachtet fie in Auſchung ber
naͤchſten Urſachen derfelben von einander abweichen,
Lezterer erzählt, daß die Achenienfer den Kimon def
wegen aus ihrem Bolfe ausgerottet hätten, weil er eb
ne ungefegmäßige Ziele zu feiner Schweſter getragen;
und Plutarch Hingegen, weil er bie Athenienfer bewe⸗
gen habe, ben Spartanern in ihren Kriege wider bie
Heloten und Meffenier zu Hülfe zu Fommen, in web
chem fie allein unter allen Bunbesgenoffen als verdaͤch⸗
tig zuruͤck geſchickt wurden. Die erftere Nachricht if
gar nicht wahrſcheinlich; und nach ber leztern wuͤrde
: bie Derweifung bes Kimon entweder in DI. 77. 4. ode
78. 1. fallen. Nun aber erzählt Plutarch, daß Kim
erfi nach ber Schlacht bey Tanagra DI. 80. 3., auf Aw
rathen bes Perikles felbft, der der Haupturheber feiner
Entfernung geweſen war, zurüdgerufen fey; allein fa
lange war er gewiß nicht abweſend, beun DI. 77. 1.
bezwang er fhon bie Xhafier, bie von ben Perfern abs
: gefallen waren, Gewiß iſt es unterdeſſen, ſowohl ans
| bet
Geſchichte der Griechifchen Sophiſten. 141
GSleich nach dem mit ben Perſern geſchloſſenen —
ſchlugen die Athenienſer die Einwohner von M
3, die ihren Bund verlaſſen hatten ;. verloren aber
h in dem nächfifolgenden Jahre einen: ihrer größten
herren, den Tolmides, in dem unglüdlichen Tref⸗
ben Eheronäa, und mit ihm alle'die Staͤdte, wels
ihnen in Boeotien gehorcht hatten. Schon dieſe eihs
Niederlage zeigte, ‘was fie deteinft in gtößern Un⸗
fsfällen von den Bundesgenoflen zu erwarten hätten.
nn eine große Menge von Städten, befonbers auf
hoea, fiel von den Athenienfern ab, bie aber alle wies
durch den Perikles zum Gehorfam gebracht mwurs
), Ein gleiches Schieffal hatten die Samier, bie
e einmal über die Achenienfer fiegten, aber zweymal
Perikles überwiinden, und nad) der legten Mieder⸗
ihrer Schiffe und Feſtungswerke beraubt und zum
kattung aller Kriegskoſten verurtheilt wurdenð
‚ ber Erzählung bes Plutarch, als aus beit ganzen Laufe
.. ber Begebenheiten, daß Kimon Yon der acht oder neu
and fiebenzigften Olympiade bis an feinen Ted nice fo
viel Anfehen ald fonft, und nicht mehr Macht gehabt
habe, als Perikles für gut fand, unter gewiſſen ges
Heimen Bedingungen ihm anzuvertrauen. Selbſt, die
zweyte Unternehmung gegen die Perſer Äbergab Perle
kles dem Kimon, um ihn den Augen ber Mitbuͤrger zu
entzieben, Kimon flarb in eben bem Jahre, .in wels
Gem er den Frieden mit den Perſern geſchloſſen hatte,
108, 1,6,
Df. 83. 1. Diod, KU. a8t.
) DI. 83. 3. p. 482. Diod, u
:DI. 34 4 Boa, ZI. p. 495: 96. Plutatch 1. 647,
ſcheint die Samier fih als zu maͤchtig worzuftellen, ins
beim er fagt, daß die Athenlenfer im Gefahr geweſen
wären, durch die Flotten ber Samier, und durch bie
Tapferkeit und Klugheit des. Meliffus, ver Lerrſchafft
gur See beraubt zu werden⸗
12 ET Sechſtes Buch.
"Bald nach dieſen lezten Pegebenheiten ende
"bie naͤchſten Beranlaffungen des‘ Peloponneſiſchen
»ges, bon benen ic) hier ſchweige, weil fie von ber
"fehichte beffelben nicht getrennt werden können.
J Ich kann aber. dieſen Abſchnitt der Geſchichte
Hriechen, und vorzuglich der Achenienfer, nicht ſchli
ohne eine kurze Schilderung des innern Zuſtandes
hen, und des Verhaͤltniſſes dieſer Stade zu den üb
:gen Griechiſchen Staaten hinzuzufügen. Ein fol
‚Gemälde ift, um deſto nochwendiger, da man fkh.
walrigieren. würde, wenn man aus den erjählten Thatl
der Athenienſer, und ihrem Gluͤcke im Kriege auf be:
‚Bortrefflichfeie ihrer Berfaffung und auf die Ste De
‚Sitten des ganzen Volks ſchließen wollte *). Achen
erreichte von dem Jahre an, in welchem Kimon jum
‚legten male über die Perfer fiegte **), bis auf den Ay
fang des Peloponnefifchen Krieges durch die” Tugenden
eines einzigen Mannes den höchften Grad von Ma
Glanz, und Sröße, von dem es bald nachher Ga
und den es auch nie wieder erreiche hat 7). Dieſer große
amt
9) Billig wollte man nie von den Heidenthaten eines Boll
| auf feine Sitten, und gute Regierungsform, und von
feinem Gluͤcke im Kriege, nie auf feine wahre und dan
erhaffte Gluͤckſeligkeit fliegen. Denn kriegeriſche Zur
gend und Tapferkeit dauert oft noch fort, wenn fon
alle übrige Tugenden fich verloren haben, "und meiftens
iſt das Gluͤck von Voͤlkern mehr ber Klugheit und dem
Muth einzelner großer Männer, als der allgemeinen
Tapferkeit, ober einem herrſchenden Priegerifchen Geiſfit
gahıcr Datlonen zu verbanfen,
*r DI. 8
7) Sant Khufybibes (ein Feind gibt dem Perikles das Zeng⸗
niß, daß Athen unter Ihm am größten Wurde, I. 65 6,
" ‘Ooo
Gefchichte der Griechiſchen Sophiſten. 143
lann war Perikles, der allen Feldherren und Staats,
innern feiner Zeit an Tapferfeit, Vaterlandsliebe,
d unbeftechlicher Nechtichaffenheic gleich Fam, und ſie
le entweder an ſchoͤnen und wiflenfthafftlichen Kennt,
fin, oder an Beredſamkeitz :und der Kunfl.die Her⸗
5 des Volks zu gewinnen-, ‚oder an unermuͤde⸗
m Zleiße und Ordnung in üffenslicyen Gefchäfften,
er an Behutſamkeit in Frieggrifchen Unternehmungen
w dem fcharfen in die Zufunft vordringenden Blick,
er endlich) an Seelengroͤße, Standhaftigfeit in Ge⸗
en und Ungluͤck, und an Reichthum an großen. Ent
en übertraf *).. So wie er, nach der Bemerfung
alter
DOocu Te Yap xeovov AEBSN TNS Kolews ev 7y
ESEHYY,. MEFLIWS, eenysro, au aaDarws die Du-
Acfnv av, neu Eryevero 7 exesve. Meyisn.
Bon dem Tode des Kimon an, war das Unfeben des
Perikles faft uneingeſchraͤnkt; denn Thukpdides, der
Sch nah dem Tode des Kimon zum Widerfacdher des
Perikles und zum Haupte der Arifofratifhen Parthey
aufwarf, ſcheint dem erſtern nie ſehr furchtbar geworden
zu ſeyn, wie man aus den auswaͤrtigen Kriegen ficht, bie
Perikles in der drey und achtzigſten Olympiade fithrte:
Will man unterdeffen die ungeriörte Herifchafft bes Pe⸗
rikles in Athen mit dem Plutarch erſt von der- Verwei⸗
ſung des Thukydides zu rechnen anfangen, und in einen
Zeitraum von 15 Jahren einſchließen, J. 226. Plut. ſo
ſeze man im Xerte ſtatt DI. 32. 4. Olymp. 83. 4.
°, Ich müfte das ganze Leben diefes Mannes vom Plutarch
abſchreiben, wenn ich die Reihen von Handlungen, von
welchen ich einen jeden Zug feines Charafters genoms
men babe, erzählen wollte. . Man ſehe uhterdeffen
Thuc. II, 65. welches Capitel man mit beflo größerer
Ehrfurcht gegen den Perikles, und deflo wärmerer Bes
wunderung des Thnkydides lefen wird, wenn man fi)
beſinnt, daß lezterer ein Fejnd des erfictu war, *
| ebe
44° Gechfied Buch.
alter Leute In Athen, keinem unter ben berühmten
‚nern, welche diefe Stadt hervorgebracht harte,
Perſon fo ähnlich war; als dem Pififtratus *); fofa
man ihn auch in Anfehung feiner Denfungsart, und
‚ser großen Tugenden mit feinem fo richtig, als mit
dieſem Selbfibeherrfcher vergleichen ; und es läßt
daher von ihm wie vom Piſiſtratus behaupten, daß
ein eben ſo untadelicher Bürger geweſen jenn w
wie er ber größte war, wenn er nicht bisweilen, b
ders in Fällen ver Noth, das allgemeine Beſte fei
Ehrgeize und feiner Ruhmbegierbe aufgeopferr Härte“
Er machte gleich feinen erften Eintritt in die öffentli
Verſammlungen des Volks mit der reifften Ueberleg
und zeigte fic) anfangs fchon als einen Mann, der
der Folge nie anders als nach wohlerwogenen Planen
handeln, und nie anders als vorbereitet oͤffentlich reden
wuͤrde. Perikles bot fich zuerſt den pVolke als einen
jungen Buͤrger dar, der geneigt ſey, ihm mit ſelnen
Kraͤften zu dienen, als Ariſtides geſtorben, und Kimen
faſt immer in auswaͤrtigen Unternehmungen begriffen
war 7). Weil er nicht fo viel Vermoͤgen hatte als Rs
mon,
E
fehe ferner Hoc, II. 433. Mein, Socr. III. 5., wen
Örrovu genannt wird. Eudlich Plutarch 1. 592,96,
610. 631. 625. 630 & 31. bef. 669.070. Man ieſt
unterbefen andy das Urtheil des Plato p. 220. 21.
d. Ba
Plut. I. p. 600.
u, Et war wie Kimon ein großer Liebhaber des ſchoͤnen Ge⸗
lechts, allein dieſe Leidenſchafft hinderte ihn, dee
lelt ihn nie von oͤffentlichen Geſchaͤfften ab.
. 4) Plut. 1. 600. Alſo gegen das Ende der 77 ober den An
fang der 78 Olymp. Mit Recht fagten daher Plu⸗
tarch p. 626. und Cicero, daß Perikieg vierzig Jahre
Öffentliche Geſchaͤffte verwaltet habe,
Gecſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 145
pn, und bie Athenienfer nicht, wie diefer, durch Die
ändige Linterhaltung einer offenen Tafel, und du
F Mitcheilung der Erndren und Früchte feiner fandg
$ gewinnen Fennte *); fo fihlug er wider feine Nei⸗
Bag eben den Weg ein, auf welchem Themiftofles fich
Bunft des Bolfs erworben hatte, und warf fic) zum
theidiger des Pöbels, und zum Widerſacher ver
nehmen auf **). Auf diefem Wege hob er ſith bald
Bach feine überlegenen Talente und durch bie
Ve des großen Haufens über alle feine Nebenbuhler ſo
BE empor, daß er den Kimon und Thukydides vertrei«
n,. und den Myronides, Tolmides, Ephialtes und
bere zu Werkzeugen feiner Abfichten brauchen fonnte,
ach dem Tode des Kimon und der DBerweifung des
kuıfgdides herrfchte er fo unumfchränfe in Athen, daß
: Eimvohner diefer Stadt zwar dem Namen nad) uns
"einer Demofratiichen, aber in der That unter einer
onatchifchen Verfaſſung lebten f). Er herrfihte aber
cht mit Gewalt, wie Piliftratus, auch nicht durch nies
etraͤchtige Schmeithelenen , wie die meiften fpätern
emagogen, fondern durch die Macht feiner Beredfams
t, mit welcher er die Athenienſer lenfen, niederjchlas
n, und aufrichten Fonnte, wie er wollte TT); nod) met
| aber
®) Plın, I. 606. III. 192. Cic, IL. de off. c. 18.
#*) Plut. I. 600. >,
4) Thuc, I. e. Eysyyero Te Acyo ev, Muoxga-
Tin, eey@ de, ono Ta MEmTE ardeos aExN.
4) Thue. l.c. Orore ya a0Iaro TI auras
mac naeov vuloes Iauposvras, Aryav uare-
mrnocev erı Te Dcßese9oy. Kay dedioras av
aroyas, avrwadım arm em To Japıev.
Die Übrigen Zeugniffe von feiner Berebſamkeit werde
ich In der Geſchichte der Beredſamkeit bepbringen,
Zwepter Band. K
146 J Sechſtes Bud. ” J
aber durch die tiefe Ehrfurcht, die er feinen Mich:
gern, durch feine fo oft erprobte Klugheit, und du
die zahlreichen Trophäen, die in allen Theilen von Gf
shenland feinen und feines Baterlandes Ruhm verfl
'digten , ‚eingeflößt hatte ). Er widerſezte fich 4
murrenden und gegen ihn aufgebrachten Athenie
öfter, als er ihnen nachgab **), und wenn dieſe
auch in vorübergehenden Aufwallungen von Meid, 0
vor Schmerzen über gegenwärtige ' Unfälle bis
ftraften, oder feiner- Wurde entfezten 7), fo Eehrten
doch Hald voll Schaam, und Neue und Gefühle if
eigenen Schwäche unfer den Schirm feines maͤchtig
den ganzen Staat umifaflenden Genies zurück FF). -
„Die
4
—
U 2 )
:
#). Plut; 1,669. Er
®*) Plut. I, 823. 24. & Thue. 1. c. Asrıov d’m,ö
| EKESVOS uev-duvaros wv To TE REiwnarTı Kan“
Youn, KNEenKarav Te diaDavos dweoren
YEVOHEVOS, NETESKE To mAndos eAeuSegws, ı
Bun nYyETo MRMor UW aurs, N RUTos NYye,
To un HTwpevos eE 8 Meoonnevrov T duvay
005 ndovyv rı Aeyev, aM exymv er afımo
Ku RE0S peynv TI tyramem.
+) Thuc. I, c. Demofth. oder wer der Verfaffer diefer $
be iſt adv. Arift, p. 504. Er war SERTNYos am
7.08 T7we, Thuc. I. e. welche Würde fehr viel Ad
lichkeit mit der Römifchen Dictatur hatte.
+H Thuc. I, e. Die beften Zeugniffe und Nachrichten uͤ
bas Anfehen und den Einfluß des Perikles, der
nicht bloß über Urhen, fondern über ganz Sriech
Iand, und fogar über viele barbarifche Könige erfired
ſtehen beym Plutarch I, 624. 26. und 29. Ihm Äl
_ 1
sin
D - .
: Miefer große Staatsmann Sollendere das War
Drbße Athens, welches Miltiabes, Themiſtokles,
Mies und Kimon angefangen hatten. machte _
ch feine Siege, beſonders dutch die Bezwingung von
band Samos, die Macht der Arheriienfer dem
er Griechenlande eben fo furchtbar , als Kimon fie
rfern germacht hätte; und nach der vier und acht⸗
far. Olympiade fand fich’tein Griechiſches Volk f was.
£ vor ben Achenienfern gezittert hätte. . Er allein
e mehr Colonien / ald Athen in allen vorherge⸗
den Jahrhunderten nicht ausgeſchickt hatte *);. und
$ that er nicht nur. um fich feine aͤrmern Mitbuͤrger
> mehr zu verbinden, fonbern auch um Athen von
m uͤberlaͤſtigen Poͤbel zu Befregen , und der Mutter⸗
Ein: Ihren Toͤchtern ehen fo viele & und Gehaul⸗
en für die Zufunft.zu verfchaffen, 2); "Ep verdrey⸗
te die öffentlichen Einfünfte, thells durch eine beffere
richtung der öffentlichen Defonomie, theils durch die
K2 3 Er⸗
|
Le Ä Br /
—————— — ——
a; ‚gaben bie Athenienſer, wie der Dichter Telekides fagte
ib. P..626. IL |
TloAewv re Dueus, auTas Te vas: _
roneis, racuev dem vos Davaruay
. Aalva TEXn, To MEV OMLodonev, T
wur moon vorooldaev,
orzovöbss , —R KOOTOS, BENYNV, :
MABToV FT, eulcdumoniav Te.
Man wird nicht Leiche ein merkwuͤrdigers Beyſpiel ale
das des Perikles finden, um zu bemeifen, wie fehr ein
einziger Mann nicht durch Gewalt ber Waffen, fondern
Geſchchte ver Sriechiſchen Sophiſten. 147
durch erhabene Talente und Tugenden ganze Voͤlker
und Reiche fih unterwürfig machen könne,
Thuec. I. 100, Diod, 471. 492, 499. Plut, I, 613.
624. |
) Plug 1, cc,
—
148 | | Sechſtes Bud,
Erhöhung der Ubgaben, welche die Bundesgenofl
zahlen muften , am meiften aber durch die Berl
des gemeinfchafftlichen Schazes der Griechen vor:
nad) Athen, welcher Schritt, fo fehr ihn auch P
zu entfchulbigen fuchte, dennoch allemal eine ungı
Gewaltthätigfeit war *). Durch dieſe Vermehru
Reichthums des Volks wurde Perifles in Stand
die Seemacht ſowohl, als die Landmacht der Arheı
ju verdoppeln **), und alle die Werfe aufzuführen
wie er felbft ſagte 7), der Stadt unfterblichen 9
— —— — —
°, Die Beweisſtellen zu dieſem Abſaze findet mau
net Abbandinug Über den Lurus der Athenien
Peritles fagte Plut, I. 615. 16. daß die Ath
ben Bunbesgenoffen won ber Anwendung ber |
die dieſe bergäben,, Feine Rechenſchafft zu geben
ten, fo lange die Athenienſer das Äbrige Geiee
gegen bie Barbaren vertheibigen würden. Allei
Grund war ein offenbares Sophisn, das burch
ren Worte des Buͤndniſſes widerlegt wurde.
fius fezt die Werlegung des Schazes ber Gri
DL 87. 2. weil Diobor dieſer Begebenheit erf
fen Sabre erwähnt. Diodor fagt aber nicht XI
baß Perikles erfi im Aufange des Pelopom
Krieges die gemeinfchafftlichen Gelder der Oried
then habe bringen laffen; und aus deu Erzaͤ
des Pintarh I. 615. Thufpbides 1. 13. um!
pbon Anab, 11. 26. p. 363. Ed. Thiem, erhell
biefes viel früher geſcheben fey, ungeachtet
Jahr nicht genau beflimmen läßt. Wahrſcheinl
be Athen zwifchen DI. 80. 2. und 82. 4. ob
nachher der Vereinigungspunct des Schazes,
Griechiſchen Iuſeln und Städte, deren Zahl Ui
nes auf 1000 anfchlägt (in Veſpis v.705.),
bezahlen ınuften.
*%) Thuc. II. 13. Xenoph. 1. c,
+) p. 616. 1. Plut.
REES
Geſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 149
den Urhebern derſelben Nahrung und reichliches
ſfommen bringen wuͤrden. ‘Die Errichtung dieſer
iſterſtuͤcke der Kunſt, die alle Zeitalter bewunderten,
kein einziges wieder erreichte, machte Athen zur
chtigſten unter alten Griechiſchen Städten ; erzeugte .
Menge neuer Ermwerbarten, befchäfftigte die Hände
# Bürger, und breitete Wohlftand und Betriebſam⸗
unter allen Elaffen von Einwohnern aus 9.
So fehr aber auch Perikles Arhen lichte,
die Einwohner dieſer Stadt begluͤckte; fo iſt es doch
ts deſto weniger unleugbar, daß er ſich mehr um
Zeitgenoſſen, als um die bauerhafte Böchifart des
ats, mehe um die Kunft, als um fein and
dent machte. Denn außer, daß er durch den Ephials
den Pobel zum Tyrannen der Vornehmen, und
sm Herrn über die Geſeze erhob **); gab er mehr
efeze, wodurch nicht bloß der Staat, fonvern
> Sitten des Volks verborben wurden, und vers
fe hingegen andere, auf welchen dad Heil des Gans
deruhte, und die ohne ben gänzlichen Umſturz ber
satsverfoflurig nicht übern Haufen geftoßen werben
wen. Er war der erfte, der faft alle Streitigkeiten
ärger ſowohl ald der Bundesgenoſſen vor die Ge⸗
te zog, die aus allem Volke, meiftens aber aus dem
el beitelle wurden, und den Richtern für ihre Der
ungen einen Lohn aus dem öffentlichen Schaze zu
3
) I Plut. 616. 617. Mehr Nachrichten über bie Kunſt⸗
werte, die Perikles errichtete, und tiber bie vortbeilhaf⸗
ten Wirkungen, bie fie hervorbrachten, „finder man in
der (bon mehrmalen angefährten Abhandlung über den
Lurus der Athenienfer. |
) Seriptores fap. cit. & Xenoph, de Rop. Ath. ẽ. 1.
ger
150. Sechſtes Buch.
geben anfing *). Durch dieſe Einrichtungen wurde
Zahl von Spfophanten, faljchen Anklagen, und m
thenifchen, ober unverftändigen Urtheilen ind unendli
Te
#) Plut. I. 605. 606. Die Richter erhielten bald
(Arift. Nub. 861 v.), bald zween (Ran, v. 1
bald drey Dbolen (Equites v. 255. Veſp. 607.
Eeclefiaz. 292. 302-9. 543.); an welcher lezten S
drey Dbolen einem EHreus ober Sechstheil W
gleichgefchäzt werben. Als Ariftophanes feine Weſp⸗
fchrieb, fanden ſich in Athen 6000 Richter oder ME
ner, aus denen bie Gerichte befezt wurden. Sie
hielten zehn Monate durch cdenn zween fielen für 4
Feſte aus) ein jeder täglich brey Obolen, und fele$
alfo der Stadt hundert und funfzig Talente. (v. 66
& fq.) Ihre Gewalt und den Mißbrauch, bear E
von machten, fehilbert Ariſtophanes n eben biefer F
ce vortrefflih. (548 & fq. inp. 558.) Mod 1
ſchwerlicher für den Staat, als der Lohn der Richt⸗
war ber Lohn, ben alle Arhenienfifhe Bürger alsꝛce
empfingen, wenn fie ſich an den Öffentlihen Bolkew
fammlungen einfanden. Diefer Lohn betrug anfan
nur einen, nachher aber gleichfalls drey Dbolen. (E
elefiaz Arift. 292. 302. 3. & fq.) Ich weiß aber nid
ob man die Einführung diefes verberblihen Lohne deu
Perikles zur Laſt legen koͤnne. Vielmehr ſcheint am
dem Stillſchweigen bes Plutarch, und aus einer Stel
des Artflophanes zu erhellen, baß biefer Meißbrang
erft nach dem Perifled, aber bald nach ihm entflanden
ſey. Das Chor der Weiber in den ex Ansszlaoun
fagt nämlih: daß zur Zeit, als Myronides Archn
mar, niemand bad Herz gehabt hätte, bafür, daß e
an Öffentlihen Berathföhlaguugen Theil genommen,
einen Lohn zu fordern: v. 303. & ſq. &A 8%, Mu
ewvidns or nexev © far us, &ders ν eroAum
Ta TNSs TOAEws OloIKev, Meyupıov (Deows
Mopronides war, wie befannt, ein geitgenoß des Pı
ritles.
Geſchichte ber Griechiſchen Sophiſten. 181
wehrt; der Gang der oͤffentlichen Angelegenheiten,
W der Gerechtigkeit, wegen ber ſich haͤufenden Menge
«Sachen, aufgehalten und verwirrt, und Der große
baufe aus feinen Werfftäten und Wohnungen auf die
tlichen Pläze Hingelocft, um als Nichter aus dem
mögen der Mitbürger oder Bundesgenoffen einen
en Theil desjenigen zu empfangen , was -fie durch
iche Arbeit zu Haufe fich hätten erwerben fünnen *).
ließ ferner alle Fefte, deren die Athenienfer zweymal
viel als die übrigen riechen hatten **), mit einer
unbefannten Pracht feiern, und verfchwendete
Schaͤze des Staats an üppige Schnäufe und koſt⸗
Opfer, an welchen das ganze Bolf Theil nahm 7).
Mer vervielfältigte Die öffentlichen Luſtbarkeiten, Deren
| und gefchinacfvolle Einrichtung freylich manche
Framlinge nach Athen zog, deren Aufwand aber bald
wen &taate unerträglich wurde FF), indem Perikles
SHE den Koften, welche die Aufführung von tuftjpier
I, and die Wertfämpfe von Künftleen erforverten,
—— armen Athenienſer fo viel ſchenkte, als für
Sie der Zufchauer oder Zuhörer bezahlt werben
we Durch diefe vermehrten und verfchonerten Luſt⸗
karfeiten floßte er den Achenienfern einen unwiderſteh—
khen Hang zu ſtets neuen finnlichen Bergnügungen ein,
re weder durch Klugheit, noch durch die größten Un⸗
Kefsfälle, fondern allein durch die Unmöglichkeit, ihre
nger zu befriedigen, aufgehalten, und gefchwächt wers
n fonnte, und erftickte hingegen den Trieb der Thätigs
K4 eit
") Plut, in Per. I. 640. Ifocr. I. 425, 28, Ym! meiften
aber Xenoph. c. 3. de Rep, Athen.
5) Xenoph. 1. c. cap, 2. Ä
PD Flur. I. 605. 606. Plat. 515. Ed. Baf. und Athen. p.
464. Ed.’ Cafaub.
:f) Ib, ‚
j . " [1
? . . ., } 1,7 Be
Don > . N a
, ‚7= “ . 1] l PR I Pr
\ r . J +: Bi # Het
wit und des Fleißes, den er ſelbſt I ned en
je Verw
4). Endlich machte Perifles durch
eins der erften Grundgeſeze des Achenienfifchen €
unkraͤftig, diefes nämlich : Daß man dern verſam
Volke nichts vortragen folle, was nicht verher d
gierenden Rath vorgelegt, und von ihm gepräft. u
. billigt worden. Zwar lest Fein einziger Schrif
Viefeß dem Perikles ausdruͤcklich zur taft, allein
kann gar nicht daran zwenflen, wenn man erwaͤg
Perikles funfzehn Jahre alle öffentlichen. Geſchoͤ
Händen Karte ,. und betrieb, ohne fich um: den Au
oder um die Archonten, oder ben regierenden '
zu befümmern, ja ohne ſelbſt jemals Yechon und
pagit gewefen ober geworben zu feyn ; und Daß ei
nach feinem Tode fehon allgemeine Siete wär, .
mittelbar an das Volk zu wenden, wenn man
: gegeben oder abgefihafft, oder Entſchließungen
haben wollte. Legt man nun alle diefe ſchaͤdlichen
zungen gegen feine wirklichen Berdienfte um feine!
ſtadt auf die Wage; fo muß man nothwendig’ure
daß er feinem Baterlande mehr gefchaber als gen
be, und daß er zwar ein großer Mann, aber ei
derbficher Bürger geweſen fen **). Allem Bern
nach gereute.ed ihn aber zu fpät, daß er der alten S
verfaſſung und dem beſſern Theile der Buͤrger ſo v
geben, und dem unbaͤndigen Poͤbel ſo viele und ſo
—
1 -
—n
Plut. 1. e. befonders Plat. in Gorg. p. 329.
%) Die Flotten, und Heere, und Mauern, unb €
werfte, die Perikles errichtete, waren, fagt Plate
wahre Größe, fondern. nur Aufgedunſenbeit, &
fo fehr blendete, daß, als nachher die, Kraukhei
Staats zum Ausbruch kamen, fie niemand dem ı
a fondern ben’ legten Aerzten zufchrieb. €
n a ——
!
Weni
in enten Raben. fe die |
heit nad) den Einfällen bes mean Bi
wiel ftarfer an, als vorher *); und aus Diefer vers
weten Deufunggert.des Perifles muß man .bie Er⸗
mung bes Geſeczes erklaͤreit, wodurch mr diejenigen,
nen Achenienfifchen Bürger, und eine Athen enſiſche
gerinn zu Eltern achabe Härten, für: aͤchee Buͤrger
et, mb nahe an fünftaufend des Buͤgerrechts, was
R —— ſtreitig gemacht worden war, ‚beraubt
—— Umkehrung ber alten Gtaesöberfaffung
Biden Perikles gab es noch mehrere andere Urſachen,
wseicher voillen die Groͤße und Macht Athen
‚ baueraft ſeyn Mit dem u
a, Plut. 624.
BPlue. 1. 667. Um mich bier zu verſtehen, muß man
.. 06 einer oben mitgetheilten Bemerkung des Ariſtoteles
erinnern: daß alle Demagogen, bie eine unnmſchraͤnk⸗
x Demofratie hervorzubringen oder zu erhalten bie
Abſicht gehabt, den Poͤbel oder den armen Theil des
Moiks fo viel ale möglich zu verachten geſucht hätten.
Hievon that Perifles gerade das Segentheil, unb hatte
alfo damals auch entgegengefezte — Das
Geſez des Perikles fiel in DL. 83. 4; nach deine
ſelben blieben nur 14400 achte Bürger in Athen Abrig.
Eben dies Befez wurde aber von ben Athenienſern kurz
vor dem Tode des Perikles aus Theilnehmung an ſei⸗
nen traurigen Schidfalen aufgehoben. Er verlor naͤm⸗
lich feine Söhne, die er aus einer rechtmäßigen Ehe ger
zeugt hatte, und würde alfo geſtorben feyn, ohne dem
Staate Bürger au hinterlaffen, wenn fein Geſez gels
xvend gebliäben wäre. Plut. I. 668. Es war, um biefe
Bemerkung no hinzuzufügen, unftreitig eine ae
xiſche Schäyuug, wenn Ariſtophanes die Zahl der Vur⸗
ger auf 30000 es in Ecclefles, v. 1126:
Te
Reichthemie, und der öffentlichen Pracht und Werſchi
dung ander dem Periklelg nahmen iclich
Breächstiebe ,' Echwelgerey und Verſchwendang bere
milien ·uind :Peivatperjorlen- zu. Die nice Sparſam
Eherbarkeit: and Strenge dar Kinderzucht veckhwart
ab. mi ahnen 'wurben . Zapferfeit amd: umeigenmi
Vaterianoe lube üllmätich gefchtnädzt, "obet.aursgenocu
Die Erzichung der Kinder verfchlimmerte ſichmoch
muehr Ws nie Reglerungsform verborben werben
Bünglinge wurden nicht mehr zu dauerhaften ſtar
und muthigen Kriegern, und erfährnen Staatsmoͤnd
onderitigusgefehlätten Taͤnzern: und Sängern, : 3 feh
Kennern won Kunftfachen, zu angenehmen Schwan
and wizthzen Kbofen ausgebildet, vie fpigfindiger
aufivereß ; und beanitworsen konnten. Anfheik
Leih darch gymnaſtiſche Uebungen zu flärfen, opel
der An ſuns älterer und weiſerer Bürger ſich 4
fentliche Angelegenheiten einweihen zu laſſen, ©
fie fich die Zeit mit Spiel oder mit Pferden umd
den oder mit Sophiſten, oder zerflörten auch ide,
te und Geſundheit an üppigen Gaſtmaͤlern;, und'in ð
Armen bon Bubferinnen Der Zeitpyiiig Aſo
hochften Reichthums von Athen war aud) eben der,
- welchem die Armuth an großen Männern am ef
merflid) wurde, und worinn muthige , uneigennuͤziz
fleißige, 'arbeitfame, und fähige Bürger faft in eben de
Derhältniffe verſchwanden, in welchem der kranke Sta
ihrer Hülfe immer mehr und mehr nöthig gehabt =
nn
"+0 Man leſe bie vortreff lichen Betrachtuugen des Pl
uber ie Unmöglichkeit, daß nun noch große Bär,
‚ ohne befondere göttliche Fuͤgung entſtehen könnten.
- " Rep. Up. 2632. Ed. Mafley. “
‚N, Hieruͤber ſehe man: meine Abhandlung über den
der: Athenienſe. 0 hTy
-
hbichte den Sriechlichen Sophiſten. 5 .
a fo. war auch ber hoͤchſte Gipfel der Maͤcht, pen
em unter dem Perikles erſtieg, zugleich die erſte ger
fiche Staffel zum unvermeiblichen Verderben, ober
Rand eined Abgrundes, in welchen es durch innere
eilbare Schwäche, vorzüglich aber Durch diejenigen
gezogen. wırcde, deren Maͤcht es. für feine ficherfte
je hielt. Ä —— 7
# Alle Staͤdte und Inſeln, die den Arhenienfern
har waren, konnten ihnen unmoͤglich gewogen ſeyn,
tdie Fortdauer ihrer Herrſchafft —z3 Die Athe⸗
erhoben nach Wohlgefallen die Schazung, welche
desgenoffen bezahlen muften, und verſchleuder⸗
nachher, wenigſtens zum Theil in Luſtbarkeiten
Beten, ohne die geringfte Rechenfchafft dabon zu
). Sie maßten fich das Necht an, alle Streis
tin der Bundesgenoſſen zu fihlichten , und wenn: -
ihren Ausſpruͤchen nicht unterwerfen wollten,
Keigten fie fie mit Feuer und Schwerdt, tiffen ihre
* um, nahmen ihnen ihre Schiffe, kehrten *
aſſung um, oder fuͤhrten ſie wohl gar in die
werey fort **). Sie verdraͤngten endlich Die Bundes⸗
tofen bennahe von allen Märkten, die fie bisher bes
he hatten, verfehafften ſich mit Gewalt einen Alein⸗
Wei, wodurch fie faft die einzigen Abnehmer und Zus
ker, und die zinsbaren Voͤlker und Etädte hingegen
ber Stand gefest wurden, ihren Bedruͤckern jährlich
Biel zu geben, als won ihnen gefodert wurde % Aus
ſen Gewaltthaͤtigkeiten entſtand natürlich der Wunfch
t einem fo harten Joche befreyt zu werden, und eine
ges
Plut. I. 614. 15. |
*) 1, 647. Plut. Xen. derepubl. Athen, e. 3.
) Plut. 1: 648. Xenoph, de Rep. Athen, c, 3.
. Di . Pi
L EN
}
net, oder die Eleufinifchen Geheimniſſe entweih
oder beſchimpft hatte *). Ex wurde abweſend Ag
®) Dan fehe Lyt. p. 111. adr. Andocydem,”
„t
® , . = . . J ” r * — —8
. ⸗ ‘ . 1 - : . u ’ j a
2
. . x N
W u "pı A En ,
ww 7. Sehfied Buche: SA
4 » ‘
e ime Gewogenheit gegen die Feinde der Athenie
en ‚auch im Peloponnefifchen Kriege zum S
den und Verderben der lejtern offenbarte. 0
Erſte Beylage zu P. gi.
— Euen Grund der Seltenheit dieſer Klagen will “
der Geſchichte des Sokrates anfuͤhren, und
nur kurz die Namen der Perſonen nennen,
von den Athenienſern als Gottloſe oder Unglaͤubige
urtheilt oder ins Gefaͤngniß geworfen wurden.
erſte iſt Diagoras von Melos, der nicht, soie d
Schriftſteller vorgeben, alle Götter der riechen, gi
bern nur.den Gottesdienſt feines Vaterlandes _e
Achenienfern zum Tode verurtheilt, und man-weri
demjenigen ein Talent, er E lebendig oder tobk I
eit he en *
X
“., .
Geſchichte der Griechiſchen Sophiften 157
te”). Mur mir genauer Noch bat Perifles bie
fia von den Richtern los, und den Anaragoras ließ
heimlich aus dem Gefängnifle entfliehen, um ihn dem
folgungen feiner Seinde zu:entrücen. Don Des
kunden der Anflage wider die erftere fagt Plutarch
185 dem Weiſen von Klazomene aber rechnete, man
zum Ungfahben an, daß er eine Erfcheinung, welche
Zeichendeuter Lampon fir ein Ungluͤck meißagendes
under ausgab, nebft ven Berfinfterungen dee Sonne
des Mondes, aus natürlichen Urſachen zu erflären
khte, und daß er die Geſtirne nicht für göttliche Na⸗
n, fondern für große leuchtende Maffen hielt. Ich
e bier nur an die Nachricht, die ich fchon im
ften Buche aus dem Plutarch mitgerheilt habe, daß
ganze Studium der Natur durch den Anaragoras
Mehrere Menſchenalter hintereinander verdäc)tig gewor⸗
ben fg. Einen viel ſchrecklichern Mißbrauch der Ges
fege wider die Gottloſen, als die bisher erzählten, und
och anzuführenden Benfpiele enthalten, findet man in
Yan Verlaͤumdungen, wodurch Alkibiades und feine
Steunde der Entweigung der Eleufinifchen Geheimniffe,
und der Zerftümmelung der Hermen befchuldige wur⸗
den **). Keine andere Begebenheit in der ganzen Acher
wienfifchen Sefchichte zeigt fo fehr, als diefe, wie mäche
dig der Aberglanben in Athen, wie leicht nicht nur das
Volk, fondern auch feine Häupter die Archonten und
Mitglieder des hohen Raths zu verführen, und wie ums
ficher das Leben und Die Güter der vornehmſten Athenien⸗
fer waren. Die größten Männer des Volks wurden
auf die ungeprüften Ausfagen von Sclaven, ober
andern unbekannten und nichtswürdigen Dienfchen, ohne
or⸗
*) Plut. I. 654. 55.
°*) Andocyd, I. p. 175,204.
ED M ruec
Nee ſich nicht durch die Flucht retteten, ihres kebenk
— Saltemachkeerin einen fochet:3lufenigdrr Als ca
‚dt mehrern nähennAuberioanpten,, in yeffeln, 94
Wr, und einen ſchmaͤhlichen Top - a “
verabſcheute, ja'fogar Iebhafter als irgend -e
- -
‘
‘x
p w ee ui —X —E |
Sedentliches Verhoͤr. als Gottioſe verurtheilt, unb«
w
ihzver Buͤcer beraubt. -.. Dusch die Ergreifung und
richtung To vieler unfchulbigen und angejehenen Perf
Jerieth Hie'ganze Stadt: anfangs in.eine‘ ſolche Def
yorg »bafkfeinet;ed'wegte, aus feinäus Müefetzu g
ein Tyan vie iniig elngetpinınen. Härte, ober sifl
wärtiger Feind vor deitrkioren erfchieneh. zaäre:-: 24
die Klugheit des Adnkyres, der ſammtſeinem· Bed
wuͤrden noch weit mehr Unſchuldige tehen zu
vecloren hhaben/ unb-bie. Stadt in noch viel
— worden ſeyn ). — Baar w
find Gange /abon noch ungerechter wat Wi
ve ro und ald:eineit: gefährlichen Orlibler+g
amgenchtet: er der · Froͤmmſte unter den. Griechen
mb’ die Erforſchung himmliſcher Dinge auf das
Zeitgenoſſen beftritten hatte **). — Nach dem
finde ich Feine formliche Anflagen von Uingläubigen
Gottloſen, wenigſtens Feine Tobesftrafen mehr, die —
ihnen auferlegt haͤtte. Ariſtoteles entfloh kurz vor
tem Tode nad) Epalfis, und unter den vielen Gar
een ‚: bie über dieſe plögliche Flucht herumgingen, ‚fa
eins, vdaß er fich vor einer Anklage des Lnglaubens-
fürchtet , und den Achenienfern die Schande haͤtte
fpaven wollen, ihn gleich dem Sofrates aus.dem Weg
in eäumen. Nach dem Stagiriten erhielten rin
U
—
*) l. e. p. 195 |
Ken, Menon, Lu» —
Geſchichte der Griechiſchen Sophiften. 159
Megara, und Theodor, der Gottesläugner-genanit,
n Areopag den Befehl; Athen zu meiden "5. Beyde
ten aber durch ihre ſpigfuͤndigen Fragen ber oͤffentli⸗
n Religion geſpottet, undewuͤrden in einan jeden ans
n wohl eingerichteterr Staate dieſelbigg Strafe vers
ut haben, fo wie ihr Muthwille, wahrſcheinlich auf
e blutige Art. wäre, geahndet worden, ‚wenn.fie ein
irhundert früher gelebt haͤtten. Yun
* | .
: ni
Zweyte Beyloge zu p. i3.
eine Abſicht Her es nicht, daß ich den Chaͤeatter des
miſtokles hi Korte — ausmahlte "Sch kann
lot; nich unit, "Die ige,” bie ich vorr überges
nit F iteinem kleinen Anhange: Eutz nachzuholen.
om in feiner Kindheit *”) leuchteten aus vhm ſo⸗ Viele
men feiner außerordentlichen Kraͤfte, und ſeiner kuͤnf⸗
m Groͤße hervor, daß fein Lehrer zu ihm ſagte: ee
de ſeinem Vaterlande bereinft entweber größes Glaͤck
e Ungluoͤck bringen. Noch als Knabe verachteteer alle
tele r die bloße Ergözung oder Zeitvertreib gewaͤhr⸗
+ und wählte nur folche, die Nachahmungen öffent»
Ft Gefchäffte waren. Er bekuͤmmerte ſich gar nicht,
biele Vorwuͤrfe man ihm deßwegen auch inachte, um
Kunſt ſchoͤn zu fingen und zu fpiefen, fordern wandte
k feine Kräfte und Aufmerkſamkeit auf-die viel erhab⸗
" Kinſt, eine Eleine ruhmioſe Stadt groß und bes
mt zu machen 7). Ehrgeiz oder vielmehr Ruhmbe⸗
rde brannte ſchon fo früh mit fo heftiger Glut in feis
m Bufen, daß das Anvenfen an die Thaten und 00
E Phaͤen
) Diog. Laert. If. 101. 116.
) Plut.1. 439, & ſq. |
) ib. p. 440, re
160 0 Sechſtes Buch; —
phaͤen des Miltiades ihn in ſeiner Jugend manche!
nicht ruhen ließ. So bald er ſich mit oͤfſentlich
fchäfften abaab, erwarb er ſich durch feine Klugh
alles durchdringenden Scharfſinn, durch Das felte
{ent in einer jeben gegernvärfigen 'nod) fo unerw
tage die beiten Maaßregeln zu nehmen, . aus. Gluͤ
Ungluͤck die größten. Bortheile:zır ziehen, „und bei
durch die Gabe, Fünftige Falle porberzufehen,
allgemeines Zutrauen feiner Michürger, daß die
bey ven wichtigsten, Angelegenheitcz zu Rathe zogei
feinem Rathe auch faft immer folgten. Themi
mar weder von Habſucht, noch von aridern felbfl
gen teidenfchafften fren ; allein eben dieſe teibenft
felöft fein Ehrgelj, waren feiner Vaterlandsliebe
geordnet. - ‚Er ließ fich beftechen, und beſtach wid
andere; aber feins von benden that er jemals zum!
cheil, fondern zum Vortheil feiner Vaterſtadt *),
den dreyßig Talenten, welche die Bewohner von (
ihm gaben, damit er die Griechen hindern follte,
mifium zu verlaffen, .theilte er mehrere an den
der Spartaner, und an einen vornehmen Arche!
aus, welche bie vereinigte Flotte verlaffen wollten ;
beftach fogar einen nichtswuͤrdigen aber dem Volke
then Schwaͤzer, damit er von dern verderblichen
fare abftünde, fich um die Stelle eines Heerfuͤhre
Athenienfer zu bewerben **). So wenig ihn mun
eigne Vortheile das allgemeine Beſte vergeffen I
eben fo wenig machten ihn Rachbegierde ober ©
ſchaͤzung und Empfindlichfeit über empfangene B
ung feinem Vaterlande, und dem großen Vo
chen zu retten und zu erheben, ungetreu. (Er
u
*) Her. VII. 4. 5.112. Plut. L 478.
oe) l. 450. Plut.
hehte da Geicchichen Sonfin 161
Einfalle des Rerxes dahin gebracht, daß Arie
pn Jahre war verwieſen worden; allein vor
t bey Salamin, als das Baterland diefen gros
brauchte, und er felbft befürchtete, dag Arl ⸗
u den Feinden fehlagen möchte, nahm er ihn
r auf, und vermochte auch das Volk dahin,
zu thun *). Us ferner die verbuͤndeten
inen andern als einen Spartaner zum Fuͤh⸗
en, und die Athenienſer wegen der großen
Schiffen, die fie Hergegeben hatten, keinem
einem Mitbürger folgen wollten, "befänftigte
n, unb berebete fie, dem Eyribiades zu ger
yamie nicht durch umzeitige Zwiettacht die
von’ ganz Griechenland vernichtet würde **),
interwarf fich dem Befehl des Spartaners,
» Stücen weit unter ihm war, und als dies
Borftellung: Salamin nicht zu verlaffen,
urch Grobheit veranlaßten beißenden Gegen»
n Stoc gegen ihn aufhob, fagte er Faltblätig
‚aß er nur fchlagen, aber ruhig und gefezt feir
anhbren möchtet). Wie ſehr Vaterlands ⸗
beige Neigungen feiner Seele überwog, zeigte
ch im Tode. Ungeachtet fein undanfbares
ihn verjagt, und Rerxes ihm die größten Wohl⸗
‚ Ehrenbezeugungen erwieſen hatte; fo ftarb er
; als daß er die Macht des leztern zu Bezwin⸗
€ Mitbürger angeführt Hätte ff), Am meis
ſchied ſich Themiftofles, und unterfchieden Ihn
auch
VII. 58. & fd. Plut. I. 460. 64.
‚ VIIL 1. Plut. p. 452.
N Wnd Diod, X, 448.
yter Band.
“ . .n >. tr .
. ‘ « t . ' » “ . 4 F ‘ .
⸗ J J —
auch die Griechen von allen andern beruͤhmten Demay
gen und Feldherren ihres Volks durch die Unerfehöpfl
feit an glücklichen Staats und Kriegsliften, die er d
mit bewundernswärdiger Heimlichfeit oder Schnelligl
ausführte. Cic. de off. I, 30. Tallidum Hannıt
lem ex Poenorum: ex noftris ducibus Q@. Maximt
accepimus; facile celare, tacere, diflimulare, i
fidiari, praeripere hoftium confilia. . In quo
nere Graeci Themiftoclem & Pheraeum Jaſon
ceteris anteponunt, Nach dem Abzuge der Grie
(chen Slotte von Artemiſtum ließ er Steine ober Di
maͤler zurück, durch deren Snfchriften er die Aftatif
Griechen ermunterte, die Barbaren zu verlaflen, ı
mit den Stiftern ihrer Städte gemeinfchafftliche S—
zu machen. Er that diefes in der Abficht, entweder
Aſiatiſchen Griechen zum Abfall zu bringen, over f
Kerres Mißtrauen gegen diefelben einzuflögen *). 2
der Schlacht, bey Salamin nahm er die tarbe eines |
täthers der Griechen an, und fandte dem Kerres eine fl
ſchafft, wodurch er ihm den Rath ertheilte, die €
chiſche Flotte, die jezo encfliehen wolle, ja nicht
dem Meerbufen, worinn fie eingefchloffen fey, en:
ſchen zu laſſen. Er verleitete durch dieſen betrügli
Rath ven Perſiſchen König zu einem uͤbereilten Sch
der feine ganze Unternehmung fcheitern machte, |
zwang bie Öriechen gu einer heilfamen Schlacht, w
fie weder durch Ermahnungen noch durch Drohun
gebracht werden Fonnten **). Durd) eine ähnliche
beichleunigte ee die Flucht des. Eerres, indem er
wiffen ließ, daß die Griechen nach dem Hellefpont ft
fen, und die von den Perfern errichtece Brücke zerſit
n
nen G —
0) VIII. 23. Her. & fg. -
|
Gefbichte der Griechtſchen Sorhiſten. "263
den, um ten König fammt feinem Heere von · Aſien
ufhneiden*). Durch dieſe Stratagemen, wie durch
vortrefflichen Rathſchlaͤge, die ich im Texte angefuͤhrt
k, oder noch anführen werde, erwarb er ſich dem
men des weiſeſten und verftändigften unter allem |
chen **), welchen Ruhm die Griechifchen Heerfühs
ihm auch rider ihren Willen zugeftanden. Denn
rochtet. fie fich alle felbft den Preis der Tapferfeie
des größten Verdienſtes zuerfannten; fo Tieß ihm
ein jeder die Öerechtigfeit wieberfahren, daß er ſich
ihm als den Tapferften und Weifeften bewiefen
*.) Die Spartaner überhäuften ihn mit Eh⸗
ezeugungen, bie fie feinem andern jemals erzeigt
m, und auch nicht wieder ergeigten. Sie geftanpen, .
Dem Eyribiades den erften Preis. des Wohlverhal⸗
wa; fie befchenften aber dagegen den, Themiſtokles
ne feiner Weisheit und Verdienſte mit einer aus
en geflochtenen Crone, und mic einem Ehren⸗
en, uno ließen ihn von dren hundert der ausgeſuch⸗,
n vornehmften Bürger zu Pferde bis an die Gräns
yegleiten +). Noch jehmeichelhafter war der Benfall,
it das ganze bey Olympia verfammelte Griechens
‚feine Tugenden belohnte 77). Keiner unter den
ierigen Zufchauern achtete auf die Spiele der Kaͤm⸗
‚, weßwegen fie nad) Olympia gefemmen waren;
ern aller Blicke waren den ganzen Tag auf den eins
3 Themiſtokles geheftet, ‚und nur ihn allein beehrte
2 man
‚IO8e .
n VIII, 123.
“#) Ib,
) Herod. ce. 124. von melden Diobor p. 426. abs
t |
weicht.
HD p. 473. Blut,
>
164 Sechſtes Buch.
man mit allen Zeichen der Freude und Bewunderung
womit man fonft die Sieger empfangen hatte. Er gegı
fland nachher feinen Freunden, daß er an dieſem Tayg
die Früchte von allen den Kämpfen eingeerndtet haͤtte, di
er je für Öriechenland gekaͤmpft habe,
Dritte Beylage zu p. 118.
J. dieſer kurzen Schilberung iſt fein Wort, was nid
durch mehrere ruhmvolle Thaten und Zeugniſſe vi
Schriftſtellern bekraͤftigt werden kann *).
des trug ſehr vieles zu den Siegen bey Marathon ui
Salamin bey, und ohne ihn wäre die Schlacht, Geh
Plataͤa gewiß nicht gewonnen worden. Er ſchlig wicheh
nur den tapferften Theil des feindlichen Heer, ſuuden
verhinderte auch durch feine weiſe Nachgiebigkeit, dagg
feine Uhneinigfeit unter den Griechen entſtand *%
Dem Baterlande diente er nicht um feiner fe"
oder feiner Familie und Freunde willen: niche ww.
Reichthum oder Ruhm oder Ehrenftellen zu erwerben
fondern um feine Mitbürger glücklich zu machen. &E
ließ daher nüzliche Entwürfe und Borfchläge oft von ame:
dern vortragen, weil er befürchtete, daß Themiftoflese |
fich ihnen entgegenfegen möchte, wenn er erführe, bar
es die feinigen wären. Don diefer uneigennügigen Bas.‘
terlandsliebe des Ariftides waren die Arhenienfer fo fee :
überzeugt, daß fie bes) folgenden Verſen des Aefchylus -
vom Amphiaraus alle auf ihn binfahen, als wenn fie”
von ihm vorzüglicd) wahr wären.
Ou
— Dan fehe bef. Plut. in ej. Vita p. 486. 87.
“) IX, 27. 28. Plut, II. 508.
\
Geſchichte der Sriechiſchen Sophiften. 165
Ou yue donew Ösmoıos , a ewvoy Jeder, |
" BorIesoov urcres die Desvos naemanevos ,
AR NS To nedves Biwsaveı BsAevmare.
> , p. 486. Plug. II.
sahrfcheinfich dachte auch Plato an biefe Uneigennuͤzig⸗
it des Ariſtides, wenn er ihn für den einzigen recht⸗
affenen Demagogen erflärte, ven Griechenland jemals
habt Habe *),, Am meiften bewundert Piutarch am
Mides **), und zwar mit Recht diefes, daß feine
werlandsliebe in. allen Zeiten und tagen feines Lebens
ich rein und unvermindert geblieben, unb durd) die
banfbarfeit feiner Mitbürger eben fo wenig, ald durch
"Begierde fich an feinen Feinden zu rächen, ver⸗
ſcht oder geſchwaͤcht worden ſey. Er forgte für das
kck feiner Mitbürger nach ver Verweiſung mit eben
bieler Waͤrme als vorher, ging felbft vor der Schlacht
r&klamin heimlich zum Themiſtokles, feinem heftige
wWierfacher, der ihn aus Athen vertrieben hafte,
kunterte ihn, daß er jezo, ba es um bie Rettung des
erlanides zu thun ſey, alle vorigen Findiichen Strei⸗
keiten aufgeben möchte, und gab ihm endlich die wich⸗
eMachricht, daß die Perfer fi) um die Griechifche
te herzoͤgen, und ven heilfamen Rath, dieſe Gele⸗
ei zur Schlacht ja nicht vorben zu laflen, ohne zu
fen, daß Themiſtokles die eine fehon gehört, und den
keem gefaft hatte, und ohne auch für den Urheber des
ern befanne feyn zu wollen 7). So fehr ihn The
Kofles gefränft, und in feinen meiften Unternehmun⸗
23 gen
h p. 333. in Gorg, Ed, Baf. Gr, & Plut, 539.
m) Ib, |
) Plut. p. 498. —
“-
[4
>
10 nu nnwen
gen gehindert hatte; ſo trug er doch Bien} 5
Manne eben fo wenig als feinem Vaterlande feint
GSefinnungen nad). Er war der einzige, der bi
Berurtheilung des Sieger bey Salamin gar
wider ihn fagte und that, umd fich über das Ungli
‚nes Feindes eben fo wenig freute, als er ihn vor
feinem Gluͤcke beneiver Hatte”). Ich uͤbergehe Ab
eben fo vieh !iebe als Bewunderung erregende Zuͤg
Berfohnlichkeit, Sanftmuch und Uneigennüzigke
und ſeze nur noch diefes hinzu, daß Ariftives die
ten eines fugendhaften Mannes mit. denen "eines
Bürgers für einerley hielt. und daß er bie Tugent
haupt in eine Neigung oder ein Beſtreben ſezte,
Vaterlande nuͤzlich zu werden. Nach dem The—
ſoll er gar das, mas allgemein nuͤzlich und gered
unterſchieden, und feinem Vaterlande die treul
Maaßregeln und die ungerechteften Handlungen a
len haben, wenn fie feinen Mitbärgern nüzlich woͤ
Man Fann aber mit Necht an der Wahrheit bie]
theils des Theophraſt zweyfeln, weil die Nach
worauf er es gruͤndete, falch ſind, und durch
wuͤrdigere Facta widerlegt werden. Theophraſt g
daß Ariftives die gewaltfamen Erpreffiungen, we
Athenienfer wider die heiligften Gerträge an den
desgenoffen aueübten, als nothmendig und nüzli
geheißen, und alle ihre Bedenflichfeiten oder’ ii
wiflenhaftigfeit Dadurch beruhigt habe, daß er e
er allein wolle die Schuld des Meineives, mel
ganze Stadt auf ſich geladen, auf fi) nehme
!
*) p. 539. plut.
**) Man fehe bef. Plut. p. 487. 496. 491. 538.
Hl Theoph, ap, Plut, in Arift, vita p. 537.
) Ib,
= we J I \: Br
Beſchichte der Griechiſchen Sophiſten. 167
es ober wohl wahrſcheinlich, daß eben der Ariſtides,
e die Beytraͤge, welche die Griechiſchen Staaten jährlich
Kriege wider die Perfer hergaben, mit fo vieler Billig⸗
fe Dauerhaftigfeit der ganzen Einrichtung hielt, daß eben
eſer Ariſtides auf einmal ganz entgegengeſezte, und mit fels
m übrigen Charakter und Leben ftreitende Grundſaͤze follte
nommen, und dem Athenienſiſchen Volke gerachen
sen, ein beftändiges ficheres Glück gegenmwärtigers
b verfchwindenden DBostheilen aufzuopfern? Dies
uß einem jeden um deſto unglaublicher vorfommen,
enn er hört, dag Ariſtides ohne alles Bedenken den
zorſchlag des Themiſtokles, die Flotte der ver Griechen zus
brennen, als eine zwar jezt nüzliche, aber hoͤchſt un⸗
rechte und alfo in der Folge nachkheilige Unternehmung
erworfen, und die Athenienſer davon zuruͤck gebracht
Noch mehr aber irrte Theophraft ꝰ), wenn
er vom Ariftives erjählte, daß er den Borfaz des Aches
nienſer, den gemeinfchafftlichen Schaʒ der Griechen von
Daos nach Athen zu bringen., als einen zwar ungereche
een aber nüzlichen Entwurf, mehr gebilligt als getadeſt
Die Athenienſer dachten, wie aus der Folge er⸗
wird, vor dem Perikles nicht einmal daran, ſi ch
Schoͤze aller Griechen zuzueignen.
So oft ich den Charakter des Ariſtides uͤberſchaue;
oft erftaune ich darüber, als über ein Muſter oder
iſterſtuͤck von Weisheit und Tugend, das für bie
— worinn er lebte, faſt zu: volllommen, und zu
bollendet iſt, und das faſt eben ſo viel Bewunderung
berdient, als wenn die Athenienſer auf einmal ohne
t4 frem⸗
vH
"142%
“") 1, 557.
it vertheilte, weil ex die Billigfeit für den einzigen Grund |
n4
‘ F
J j 168 . Scdfies Bud, FR
Ä fremben Unterricht in den Perfifchen geiehen ic
werfe geliefert hätten, als fie unter der Bermaltı
Perifles errichteten. ch finde es fehr begreiflid
ein folcher Dann, dergleichen Themiftofles war,
ſchlau, ehrgeizig, und fein Baterland über alles
- meiner folchen tage, und unter folchen Umſtaͤnd
unter welchen er fic) fand, fich ausbilden Eonnte
ein ſolcher Charakter, und ſolche Tugenden, als
Ariftives waren, vorzüglich feine reine unwar
Daterlandsliebe, feine Berachtung von Reicht
feine Sfleichgültigfeit gegen Ruhm und Ehrenftell
gen Lob und Tabel, feine Bereitwilligfeic, ſogar
Seinde die Ehre großer Handlungen zu laflen, n
nur zum Gluͤck feiner Mitbürger ausgeführt ı
diefe fcheinen nur fpäte und reifere Früchte eine
gemilderten und durch lange Eultur verebelten
fehennatur zu feyn, und es ift mir daher: uner
‚sie fie unter einem Volke erzeugt wurden, Das n
barbarifch war, das noch Feine Künfte und Wiſſ
ten fannte, oder höchfiens nur mit ben- erften U
derſelben bekannt war.
|
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rt “
“ .
- 2
“ ar?
- a nr:
Fa) Ar,
.'. Imre:
_»
BT
Seechſtes Bud.
| Zweytes Eapitel,
Gecſchichte der alten Sophiften,
achbem ich in dem vorhergehenden Eapitel die wich⸗
tigften Thaten, Schickſale und Staatsverändes
ıgen der Sriechifchen Völker, befonders der —
bis auf den Anfang des Peloponneſi eges
£ habe; fo bin ich nun im Stande, die Geſchichte
Veltweisheit weiter fortzufegen, und die Gruͤnde
jäeben, warum nach ber achtzigiten Olympiade ein
ches Geſchlecht von Menfchen, vergleichen die alten _
ophiften waren, ſich in Griechenland hervorthat,
rim fie fo und nicht anders Iehrten, warum fie grade
che Kenntniffe vortrugen, und mit diefen Kenntniffen
viel Nuzen und Schaden flifteten, als wir finden, -
ß fie wirklich geftiftet haben.
Wenn man bebenft, daß durch Die großen Gefahr
n, von Barbaren unterjocht zu werden, alle Kräfte.
8 feibes und der Seelen, und die erhabenften öffentlis.
m Tugenden in den meiften Griechifchen Bölfern aufs
chſte gefpannt, und daß durch die glorreichen Siege,
(che die vereinigten Griechen über die Perſer, und die
iicilifchen Pflanzftädte über Die Carthaginienſer erfochs
ı hatten, die Öffentliche Wohlhabenheit und das Ders
dgen unzähliger Familien pibalic vermehrt worden
5 war;
m. Sechſtes Buch. Zweytes Capitel
war; fo findet man es ganz natuͤrlich, daß in den!
müthern der tapfern und glücklicheh Ueberwinder zugl
mit dem Beftreben, ihre Baterftädte aus dem N
ber gefchlagenen Feinde mit prächtigen Werfen ver K
zu verfchönern, ein heftiges erlangen nad) allen e
zenden und nüzlichen Kennitniffen entbrannte, daß
berfluß und glückliche Muße Wißbegierde, und Wi
gierde allgemeine Aufklärung erzeugte, daß endlid
allen heilen von Griechenland Männer aufftar
welche die Gedanken und Erfindungen der vorherge
den Zeitalter ſammleten, und mic den ihrigen bereii
fähigen und edlen Sünglingen mitzutheilen wuͤt
ten *). — Eben fo wenig ift es zu verwundern,
Beredſamkeit und Staatöfunde, oder die doppelte K
freye Voͤlker zu leiten und zu beherrfchen, nach der «
zioften Olympiade nicht nur erfunden und gelehrt, '
bern auc) vor allen übrigen Wiſſenſchafften gefe
wurde, da bald nach den Perfifchen Kriegen der gr
Theil der Griechifchen Staaten eine demofratifche R
rungsform erhielten, in welcher das ganze Boll
Böchfte Gewalt befaß, und dieſe höchfte Gewalt ı
dem Wohlgefallen großer Nedner und. Staatsmäı
ausübte **). Weil ferner Athen um eben diefe Zeiı
| | ‚rei
*, Man fehe bie oben angeführte Stelle des Ariſto
VII. 6. de Civit.
uw) Toͤdten bie Redner nicht, frägt Polus, ein Schälea
\ Gorgias, um die Würde feiner Kunft fühlen zu
den, berauben und verweifen fie nit, melde
wollen? in Gorg. Plat. p. 310. Auch Xriftotelet
merkte, daß bie Beredſamkeit eine Tochter bes !
dens, bes Ueberfluffes und der Freyheit geweſen fe.
Pacis eft comes otiique focia, & jam bene confl
tae civitatis quafi alumma quacdam cloquentia,
’ !
"rn GSeſchichte der alten Sophiſten. mi
hfte und mächtigfte unter Allen Sriechifchen Städten
de, in welcher das Volk die größten Summen an
fe der Kunft verfchwendete, und reiche und ange
ne Bürger, Weife und tehrer der Weisheit am frey⸗
gſten belohnten; fo mufte diefe Stadt nothmwenbig
Sammelplag der größten Künftlee und Gelehrten
allen Theilen von Griechenland werden. Nachdem
id) aus den großen Reichthuͤmern des Staats und
Samilien öffentlicher und Privarlurus, Schwelge⸗
und alle übrige Arten von Laſtern entftanden; fo
ıte ed faft nicht anders gefchehen, ald daß auch burdy .
herrſchenden Uebel die tehrer von Wiflenfchafften’ ans
eckt, und ihre Grundſaͤze eben fo fehr als die öffent
a Sitten verdorben wurden *). —
| ' it
que aĩt Ariſtoteles, cum fublatis in Sicilia tyrannia,
res privatae longo intervallo judiciis repeterentur;
‚tum primum, quod effet acuta illa gens & contro-
‚verfa natura, artem & praecepta Siculos, Coracem
& Tifiam confcripfiffe &c, Ich werde auf biefe Stelle
bald wieder zurüc kommen. N
) Mit diefer Bemerkung flimmt folgender Gedanke bes
Cicero vortrefflich überein, ungeachtet er ein ganz ans
dere Zeitalter in Sinne hatte: Chartae quoque, quae
illam priftinam feveritatem continebant, obfoleve-
runt: neque folum apud nos, qui hanc fedtam ra-
tionemque vitae re magis quam verbis fecuti fumus,
fed etiam apud Graecos, do@iflimos homines: qui-
bus, quum facere non poflent, loqui tamen & ſeri-
bere. honefte & magnifice licebat.. Alia quaedam,
mutatis Graexiae temporibus, praecepta exfliterunt.
Pro Coelio c. 17. Sehr glädlih iſt ein Gleichniß,
was Plato im fechdten Buch feiner Republik braucht,
Die Sophiften, fagt er Vol, II. p. 26. lehren nichts,
als mas ber große Haufe, wenn er beyfammen ift,
denkt und ausuͤbt. Sie find ſolchen Perſonen gleich,
bie
178 Sedhfies Buch. Zwehtes Capitel,.
nicht einmal eines Plazes in der Gefchichte der Grie
- und hi fie alfo auch notwendig ein berrächtliches
Zeit geboren wurden; eben ſo wenig waren ſie rk
' _ »
Mit Hälfe diefer Bemerfungen iſt eg Teicht,
Eigenthämlichfeiten der alten Sophiften zu faſſen,
weldyen man fich nicht nur die undollftändigften,
dern auch bie unrichtigſten Begriffe gemacht hat. M
hielt fie bisher entweder für leere Schtwäzer und mw
reiche -Schreier, oder für nichtswuͤrdige Grübler ı
Grillenfaͤnger, die ihr ganzes feben mic der Verfertig
Fünftlicher, aber dünner und unbrauchbarer Gefpinm
von Trugfchläffen zugebracht Härten. Man fand |
ſchen Weltweisheit werth, und glaubte ihnen ſchon
viel Ehre zu erweiſen, wenn man ihrer beylaͤufig in
Gefchichte des Sokrates oder der Briechifchen R
wähnte. Eine genaue Befanntfchafft aber mit
achtung gemacht hätte, daß die ältern Sophift
mittelbare Nachfolger der großen Weltweiſen tr
von denen ich am Ende bes erften Buche geredet
in der Kette der Geifter ausmachen muften, durch d Y
ren Bemähungen Wiffenfchafften in Griechenland erfuns
den um erweitert wurben,
So wenig bie alten Sophiſten alle- um diefelbige,
=
bdie alle Launen eines großen Ungeheuers audfiudterten,
die darauf Acht gaben, wodurch es aufgebracht mub ber
“fänftigt werde, und bie nun bie Kunſt, es zu
Ichrten, und Weisheit nennten. Sie nennen wide
ſchan und gu, was wirklich fo iſt, fimau m ws da
Vobel fo nenn u
Geſchichte der alten Sophiflen. 173
ehung ihrer Kräfte, Kenntniffe und Verdienſte gleich.
ichwie fie aber aush des Abftandes ihrer Geburtsjahre
eachtet dennoch Zeicgenoffen von einander waren; fo
en fie fich auch bey allen übrigen DBerfchiedenheiten
Talenten und Wiflenfchafften ſehr aͤhnlich. ie ſtreb⸗
nicht bloß nach) dem Ruhme, für große Redner und
er ver Deredfamfeit gehalten zu werben, fondern fie
en auch alle übrigen Wiflenfchafften vor. Die bes
mteften unter diefen Sophiften waren Gorgias von
kium in Sicilien, Protagoras von Abdera, Hippias
‚Elis, Prodifus von Keos, und Thrafpmachus von
lfedon, welchen fünf Männern Evenus von Paros,
odor von Byzanz, Affidamas von Elea, und Polus
Agrigent, beyde Schüler des. Gorgias, ferner Ans
on aus Rhamnuſium, Simon und Polyfrates von
en, Stefimbrorus und Anarimander, deren Baters
te unbefannt find, endlich Euthydemus und Dionys
x aus Chios in Fleinern oder größern Entfernungen
hfolgten *). Wenn man den Gorgias, den einige
einen Freund des Empevofles ausgaben **), und die
ven eben genannten Schüler diefes Mannes auss
mt; fo fand fich unter allen alten Soppiften, we⸗
tens fo viel wir wiſſen, feiner, der einen andern
Welt⸗
Man ſehe Plato in Ap. p. 8. in Phaed. 210. in Euthydem.
p. 268, Ed, Raf. Gr. Xenopb. c. 3. Symp. Cicer. in
Brut. e. 8. Dionyf, Halicar. V. 625. 27. Ed, Lipf.
Quint, III. 1. Schol, ad Arift, Nubes. v. 350. Iſo⸗
krates 11.281. 282. nennt noch einen Lyſimachns, deſſen
Vaterland unbefaunt if. Wahrſcheinlich ift der Name
manches Sophiften zugleih mit feinen Werfen oder
mit feinem Coͤrper untergegangen, wie man aus einigen --
nachher anzuführenden Stellen des Ifofrates vermuthen
muß.
t) Satyr. ap. Diog. VIII, 58, \
⸗
ar Ceifeb Buch. Biwepteb Eabtk
Weltweiſen und Redner gehört, oder fremden mi
hen Unterricht empfangen hätte *). Aus dem
geichniffe ihrer Geburtsörter fieht mar, daß fie mi
einem Theile, fondern in allen Gegenden des Gri
. hen Mutterlandes, und ber ältern ſowohl als ber.
gern Pflanzftädte gebildet wurden, und daß alfo um
Zeit der forfehende Geift der Griechen eben fo
*) Vielleicht denkt man bier noch an ben Protagoras,
welchem mehrere Schriftſteller, und unter dieſen
Edikut erzählten, daß er anfangs ein Lafkträger
fen fey, daß er aber von Demofrit wegen ber
Licden Geſchicklichtelt, womit er Hölzer ober,
Bündel zufammen gelegt habe, als ein FA
— ee ah F Pr *
ehe auch Gell. V. 3. aß aber dleſe Erz,
ährcpen,. und Protagoras viel älter als Dei
geweſen fey, läßt ſich mit vielen Grünbem.ber
Erſtlich wufte Ariftoreles nichts von dem Untern
den Protagoras vom Demofrit follte empfangen
Angeachtet er von einer Mafchine redete, für d 2
finder Protagoras gehalten wurde, und bie wahr
lich zu der Zabel vom Lafttragen des Protagorai
laß gegeben hat. Diog 1.c. Plato fprichr ferne
Protagoras von bem Sophiſten gleiches Namens, A
von einem ber erften Sophiften, ber viel Älter als €
krates gervefen fey. Auch Ariftoteles ſezte ihn Äber d
Corax und Alias hinaus, bie nicht lange nach B
Austreibung der Tprannen aus Sprafus und Wgriges
amd in der Jugend oder dem Anfange bes männl
Alters des Demokrit blähten. Ariftpt, ap. Cicer, i
Bruto c, 12. Nach dem Apollodor ap. Digg, IX, 5
war Protagoras um bie 84 Olpmpiade am berühmt
fien, welchem Dato zufolge er zwar ein Zuhärer 4
Demottit hätte ſeyn Binnen, wenn er nicht dem F
halte der fabelhaften Erzählung nach erfl-als ein e
wachfener Mann vom Demokrit zum Schuͤler wären
Geſchichte der alten Sophiſten. 395
ı und fo mächtig, als ihre Freyheitssund Vater⸗
öltebe erweckt worden fen ).
Die alten Sophiſten verdienen nicht bloß verachtee
:angeflagt zu werden, fondern ihnen gebürt in mans
Ruͤckſicht Hochachtung und ob, welches ihnen auch
heftigften Widerfacher und Tadler nicht verfagt has
» Sie waren ihren größten Borgangern, oder den
Innern, die vor Ihnen die Wahrheit erforſcht und
jöheit gelehrt hatten, von mehren Seiten fehr aͤhn⸗
Öleich diefen befaßen und verbreiteten fie alle wifs
wuͤrdige Gedanfen, und alle nüzliche, oder doc) bes
werte Entdefungen, welche die Vorfahren ihnen
liefert hatten, oder auf welche der Scharffinn dee
genoflen gefallen war. Sie lehrten die Wiflenfchafft
Natur **), oder den Urfprung und das Weſen der
ige, die Größe und Bewegungen der bimmlifchen
per, und die Urfachen der merkwuͤrdigſten Erfcheis
gen auf der Erde: ferner die Eigenfchafften und Ders
alle von Zahlen und Größen, die Wirfungen und
bindungen von Tönen, und endlich die Kunft ans
zu verwirren, und in Unterredbungen mit andern
berwindlich zu bleiben, welche Zeno mit ihnen er,
ven hatte 7). Di
ie
Siehe Beylage am Ende des Capitels.
) Nach dem Renophon gaben fie ber Welt zuerſt den Namen
xoruos. Mem. Socr. I, e. 1. p. 5.
) Plato p. 50. 286. 347. 357. Philoft. p. 481. Ueber
bie Dialektik fehe man dem erften Band 711 ©. Unter
den Sophiften war Hippias unftreitig der größte Viel⸗
wiffer. Denn außet allen Wiffenfhafften feiner Zeit
verftand oder befaß er noch bie meiften Künfte und
Handwerker in einem folgen Grade, daß er nicht bloß _
über ihre Werke urtheilen, fondern fie auch felbft —*
r⸗
176 Sechſtes Buch, Zweytes Capitel.
Die Sophiften blieben aber nicht da ſtehen, v
fie an der Hand ihrer Vaͤter und Zeitgenoffen ge
” worden waren; fondern fie eiferten den ältern U
‚ihres Volks auch darinn nach, daß fie die Kenn
die diefe ihnen hinterlaffen hatten, zu erweitern ut
bereichern fuchten. , Sie erfanden daher und Ile
zuerft Staatswiffenfchaffe und die Kunft der Bere
feit, wie fie die erfien großen Nedner waren, tı
Griechenland hervorbrachte *). Sie waren ferne
Ä e
fertigen konnte. Er ruͤhmte fich ſelbſt au dem ol
fhen Spielen, daß er fowohl den Ring, ben
Zinger trage, geftochen, dis alle Kleidungsſtuͤcke,
denen er bedeckt fey, bis auf den Gürtel, und Die
foßlen, mit eiguer Hand verfertigt babe. „Er u
ſich endlich in allen Dichtungsarten beruͤhmt, uni
terließ außer vielen andern Schriften bereifche un
gifhe Gedichte, Trauerfpiele und Dithvyramben.
Plat. in Hippia minor. p. 357. Pauf. V. 25. nu
dem Plato C. III. de orat. c. 32. Ex quibus
Hippias, cum Olympiam veniffet, maxima illa
- quennali celebritate ludorum gloriatus eft, ı
paene audiente Graecia, nihil efle ulla in arte ı
omnium, quod ipfe nefciret: nec folum has
quibus liberales do@trinae atque ingenuae coı
rentur, geometriam, muficam, litterarum cog
nem & po&tarum, atque illa, quae de .naturis rı
quae de hominum moribus, quae de rebus pu
dicerentur; fed annulum, quem haberet, pal
quo amictus, foccos, quibus indutus effet, fu
nu confecifle. Scilicet nimis bie quidem eft
greflus, fed ex eo ipfo eft conjedtura facilis,
tum fibi illi ipfi oratores de praeclarifimis aı
appetierint, qui ne fordidiores quidem repudi
Ueber fein erſtaunliches Gedaͤchtniß ſehe man Pk
p- 495.
%) Plat. in Apol. p. 8. in Prot. p. 284. 86. in Gorg.
335. in Menon. p. 342, Hipp. Maj. p. 346. Cic.
(
Geſchichte der alten Sophiſten. 177
tn, welche über die Natur der Sprache, über bie
fehung, Zufammenfegung und Ableitung von Wörs
und ihren Beſtandtheilen, über den Bau und ben
Flang von Perioden Unterfuchungen anftellten, und
unft richtig und ſchoͤn zu reden und zu fehreiben
feſte Regeln brachten *), Endlich redeten fie auecft
ber
ec. 42. Quintilian, ber in feinen hiſtoriſchen Nach⸗
richten meiftens dem Cicero folgt, erinnerte fich beffen,
was er in biefem Schriftfteller gelefen harte, nicht
seht, wenn er fagte, daß Tifias und Corar früher,
als die Sophiften, die Kunft der Beredſamkeit gelehrt
hätten III. 1. Cicero fagt nur, dem Ariſtoteles zufels
ge, daß die beyden eben genannten Sicilier bie Regeln
der Beredſamkeit zuerſt ſchriftlich abgefaßt, daß aber
fon vor ihnen Gorgias, Protagdras und andere die
Beredſamkeit durch Beyſpiele und Schriften gelehrt
hatten. Weber die Verdienſte der Sophiſten um bie
Griechiſche Beredſamkeit breite ich mich bier nicht ans,
\
weil diefe Unterſuchungen in die Geſchichte biefer Wiſ⸗
fenfchafft gebörn. — Vor den Sophiften hatte der
große Kuͤnſtler Archidamus von Milet, der den Pirdus
erbaute, das Ideal einer gluͤcklichen Stadt ober eines
vollkommenen Staats entworfen; allein ber Auszug,
ben Hriftoteles aus feinem Werke gibt, und das Urs
theil, was er von feinem Subalte fällt, berechtigen ung,
, wie bag Stillſchweigen aller übrigen Schriftfteller, anzus
nehmen, daß biefe Schrift wenig lehrreich geweſen fep,
und auch nur geringen Bepfall gefunden babe, Arift. de
Civ, II. 6.
Plat. p. 4%. SO & 62. in Cratylo. p. 271. in Euthyde-
weyter Band,
mo p. 346. in Hipp. Maj. p. 357. in Hipp. Alle
Sophiften waren Sprachforfher und Spradlehrer:
sorzüglich aber Protagoras p. 50 & 271. Hippias p.
346. und Prodikus, welcher leztere Vorleſungen von
verſchiedenen Preiſen uͤber die Kunſt richtig zu ſchreiben
und zu reden hielt; indem er ſich einige wit funfzig,
M an»
178 Sechſtes Buch. Zweytes Eapitel,
über Tugend und Gflückfeligfeit, und trugen, wo'n
die Gedächtnißkunft, doch gewiß die Wiffenfchafft
Krieges, und Die Theorie der Mahlerey und Bild
Funft zuerft in Griechenland vor *). Alle diefe Ke
niffe fehrten fie nicht nur mündlich, ſondern faßte
auch) nach den Beyfpielen der Weltweiſen, die Fury
ihnen gelebt haften, oder auch mit ihnen lebten, in
tvefflichen Schriften zufammen, die ſowohl von I
Zeitgenoffen, als von den nachfolgenden Zeitalterr
ſchaͤzt, und felbft von ihren Feinden genuzt wurden
Durch diefe ihre großen Verdienſte um die Erweitei
und Bervollfommnung der Wiffenfchafften erwarben
die Gophiften eine allgemeine Ehrfurcht unter ı
Griechiſchen Völkern und Staaten, und erhielten ı
Anhänger und Bewunderer, als irgend ein Philo
His dahin gehabt hatte Allenthalben, wo fie erfhier
wurde ihr Umgang nicht nur von lehrbegierigen. Si
lingen, fondern von den vornehmften Staatsmaͤm
gefucht; und wenn fie fortzogen, folgten ihnen SH
ven von Zuhdrern und Freunden nach 7). Ihren
ten
andere nur mit einer Drachme bezahlen ließ. PL, p
Wahrſcheinlich hat Plato den größten Theil feines.
tylus aus ben Schriften der Sophiften entlehnt.
°) Plat. Il. cc. bef. p. 269. 286. 335. 346. 357. Cic
32 de orat. Philoft. p. 495. _
**) Iſocr. I. 115 p. & fq. Cic. de or. III. 32. Plat. pe
Plato ſelbſt entlehnte vieles aus einer Schrift des
tagoras Porph. ap. Eufeb. de pracp. Evang. e. 3.
Ariftox. & Favor. ap. Diog. Ill, 37. 51. ſq.
wahrſcheinlich auch aus ben Büchern anderer
phiſten.
7) Plato in Protag. p. 285. So fan Protagoras inf
mit einer Menge von Freunden an, bie ihm aus
Städten nachgezogen waren. Auch Hippias, Ge
und Prodikus waren mit ſolchen Kaufen yon Juͤn
umgeben. ib,
' = . _ . \ D . /
X ⁊
icht bejahite m man tdeurer als Goͤtterſpruͤche, unb
Werke wurden um hoͤhere Dreife als —*8 ge
F
Außer dieſen gluͤcklichen Bemuͤhungen bie Auftla⸗
‚der Griechen zu befoͤrdern, Fa bie Sophiſten
ben ehrwuͤrdigſten —* Vorgaͤnger noch ˖ dieſes ge⸗
I, daß fie ihre Kenntniſſe und Kräfte wenigftens:
chmalen im Dienfte und zum: Wohl Ihrer Vater⸗
e anwandten. Gorgias, Prodifus und Hippiis
en von ihren Mitbürgern häufig in oͤffentlichen Ge⸗
gebraucht; und der leztere ſagt beym Plato von
ſt daß ſeine Vaterſtadt allemal, wenn ſie Un⸗
blungen von. Bedeutung mit andern Staͤdten
Stend uͤ ſs
* —— —
ach gan; ungegruͤndet wäre, was Plato Peine
ham läßt, daß Hippias und: die übeigen‘ Sophiſten
Imech, von allen.,. oder den meiften Altern Weiſen
daß ſie ſich öffentlichen "Gefchäfften wid«
R, fo hätte er ihnen doch diefen. Eifer: iprem Bas
übe, wenn gleich nur aus Eigennuz ober Eitelkeit
men, nicht zum Vorwurf: machen, ſondern viele
rals eines ihrer größten Verdienſte anrechnen ſollen.
So ungerecht es waͤre, ben alten Sophiſten die
er angefuͤhrten Vorzuͤge Me Deren ftreitig ju mas‘
gen; >
Man fehe, mas Plato vom Kallias p 8. in Apol. Soe.
und Zenophon von eben dieſem reichen Athenienfer und
vom Euthpdemus und Niferatus fagen. Memor Sotr.
IV. 2, Symp. ©. 3 & 4. p. 469. Ed. Thieme, and
Scholiaft. Ariftoph, ad Nubes v 360.
) In Hipp. maj.p 345. 46. Ueber bie Geſandſchafft des
— in Athen fiebe auch mq Diod. a p. 514.
"Bd, WVeſſel. | \
80 Sechſtes Buch. Zweytes Capitel.
chen; fo blind oder unwiſſend muͤſte man ſeyn, we
man es verfennen oder laͤugnen wollte, daß fie vont
großen Männern, die vor ihnen Griechenland erleuch
hatten, in viel mehr Puncten abwichen, als worinn
ihnen ähnlich waren. Die Sophüten erwarteten |
nicht, daß die Dankbarkeit oder Ehrfurcht der Zeit
noflen ihnen den Ehrennamen der Weiſen beylegten,
dern fie nahmen ihn ſelbſt mit ſtolzer Zuverficht an
nern und Fuͤhrern oder Beherrfchern von Böker A
machen 7). Sie lehrten und bilbeten nicht , wie bie ih
teften Weiſen thaten, ihre jungen Mitbürger , ober Wi
Sünglinge einer Stadt im vertraulichen Ulmgange, m
in einfamen Zimmern, fondern durchzogen die berühtse
ſten Städte und Gegenden in Öriechenland, und wähle
immer öffenfliche volfreiche Plaͤze, oder feyerliche
befonders die Olympifchen Spiele, um fid) vor Ben gr
ten Haufen, oder gar vor der ganzen Station hören a
laſſen 77). Ihre Abficht war auch nicht, den Verſt
ihrer Zeitgenoflen aufzuklären, ober ihre Herzen zu
fern, fondern felbft zu glänzen, die lauten Zurufu
des Poͤbels zu gewinnen, und Schäze zu fanımien, us
m
©) Plat. in Protag. p. 297.
#*) Ifocr. II. contra Sophift, II, 326»330 p. Plat, in Pre,
p. 343-
+) Piat. in Sopb. p. 102. in Euthyd, p. 269. in Protg
280. in Men.|.c. ‚
- 41) 284 p. in Prot, p. 355. in Hipp. Min, Pauf, VI, 6.
Geſchichte der alten Sophiſten. Aa
Prachtliebe, Ueppigkeit und übrigen Begierden ber
digen zu Fonnen *). Plato und Zenophon nennen
er die Sophiften verfehmizte Menfchenjäger,, die reis
md fchöne Juͤnglinge in ihren Schlingen fingen **),
rauch feile Mäckler von Kenntniffen,, die gleich aflen
#fefchreiern falche und ververbliche Waare anpriefen,
fie deito cheurer verfaufen zu koͤnnen ***), Gofras
berglich fie mit folchen, die ihre Schönheit verfaufs
N. Die Sophiftif, oder ihre Kunft erklärte Pla⸗
als eine Geſchicklichkeit oder Fertigkeit vurch Zanfen,
yerfpruch , unverfchämtes Kämpfen , und Schön«
zen Meichthümer und das Lob der Unverftändigen
ewerben 77). Dieſe niedrigen Abfichten erreichten
Sophiften nur zu gluͤcklich; denn die größten umter
n erwarben ſich durch ihren Unterricht ein viel groͤ⸗
— M3 ßeres
[U
) Pist. in Crat. p. 48 & 62. in Theaet. p, 99» I101. in
Prot. p. 284. in Men. p. 342. in Hipp. maj, p. 346.
Iſoer. I. 116 & 326,50, Cicer, IV, Acad, quaelt.
"33. At quis eft hic (Anaxagoras)? num fophiften ?
Sic enim appellabantur il, qui oftentationis aut
quaefius caufa philofophantur. Weber die Lieberlichs
keit Prodikus ſiehe beſ. Sehol. Ariſt. ad Nubes
V. 3
) Plat. 98 & 101. in Theaet. Aoxw ev yae Fo Fw-
Tov EUEEIN vEwv Koıı AABTIWV Eu MiOIos INgEUTAS.
Xenoph. Kuynyer. ©. 13. Oi nev Yae odısaı
KABTIBS ni vess INewvras,.
*®) Plato in Protag. Ouro In zaus 0) va nadnuara
TELIAYOVTES KARTE TOs MoAess Ko TKWAÄBYTES
KO HOERNÄEUWVTES Tw EI ERIJUMEITI, ETTAWNB-
01 MeV TAvVTE & TwÄRCı.
) Xenoph. Mem. Socr. I. 6. p. 59.
f) in Theaet. 98. 99.
a, Soft Buch. Iiepiekiiiiel.
Beyes Vermögen, als irgend ein Kuͤnſtler vor ob
sühren Zeiten: ſich erworben hatte *), J
. Dey einer fo großen Verſchiedenheit der Abi
anufte nothwendig auch eine große Verfchiedenheicht
Lehrart der vorhergehenden Griechifchen Woeltwe—
und ber Sophiften entftehen. Anſtatt, daß jene
vvieljaͤhrigen Umgang, durch Beyſpiel, und vertrau
‚Anterredungen ihre Freunde lehrten und beſſerten
Die Sophiften entweder glänzende Prunkreden oder
<lamationen **), oder auch an einander hängende|
A
R 4
|
D
| ®) Dies fagen Plato und alle übrigen © a
Ausnahme, , Man fehe Plato p; 342.
Reichthuͤmer des Protagoras, Gorgias,
Hippias. Lezterer ſammlete in Furzer Zeit, in
Siciliſchen Städten brittehalb Talente, Mir
ſich Prodikus feine Vorleſungen bezahlen IB,
ſchon oben mit einem Zeugniſſe des Plato
und ich will daher nur noch einige Stellen an
welchen bie Preife angegeben find, telde bi
Sophiften auf ihren Unterricht festen. ori
Protagoras ließen ſich für die Untermeifung it, det
sebfamfeit 100 Minen oder ungefähr 2000 Thale
ahlen. Diod, XII. p. 514. Quint, II. 1. Diog. IX,
Dippias kann nicht weniger genommen haben, weile
Burger Zeit In einigen Sicilifpen Städten drittehah
Iente verdiente.’ 346. Plato. Als einen Vewen
Reichthums der Sophiften muͤſte man au) bie gel
GStatäe anführen, die Gorgias fich felbp.gefezt-y
foll, Plin, XXXIL, 4. & Athen. XI. c. ult. p. ı
wenn es nicht wahrſcheinlicher wäre, daß fie A
feinen Bewunderern errichtet worden. Cicer, det
IL 32. & Pauf, VI. 6. p. 494. 95. Phi
P- 493.
“n Dies hießen fie emiderfess roiesy_Philof. p. 482
vit, Soph Aeſchin. de Morte c, 6, & ibi Clericus
Plat, pain, ”
\
U
N 4—
iveſchichte der alten Sophiſten. 18
fa ausgearbeitete Vorleſungen *), ober fie erlaubten
* einem jeden ſie zu fragen, oder eine Materie auf⸗
welche er aus einander geſezt und. aufgeklaͤrt
8 Gorgias war der erſte, der die Kuͤhn⸗
hatte, die verſammleten Griechen bey Olympia auf⸗
een, ihm nach ihrem Belieben Fragen vorzulegen,
he auflöfen ,. oder woräßer er fogleich reden folle, und
klären, daß er fie aus dem Stegreife beantworten,
K.ohne weitere Vorbereitung zu ihrer Befriedigung
über reden wolle 7). Eben diefes thasen die meiſten
igen alten ˖ Sophiſten; und hierinn ahmten ihnen
dr fo gar die elenden Rhetoren im Zeitalter bes Cicero,
Rn den erſten Jahrhunderten nach Chriſti Geburt
meiſten unerſchicden ſich aber die Sorsiften
kin, ältern ——— durch die Grundſaͤze, die
7 mit Recht die erſten Verſoͤhrer der bend
heiten Lehrer des Unglaubens, die erſten Spoͤtter
Heraͤchter aller Religion und Tugend, und bie er⸗
Werner bed Ein j ber Re ‚und Pen.
# Plat, in Crat. p. 48.
Plat. in Protag. p. 285.
9 Cräffus ap. Cic, Ei orat, 1. 22. Quando —* me in
euraſſe, aut cogitaſſe arbitramini, & non ſemper ir-
.. sißffe potius eorum hominum impudentiatu, qui
eum in fchola aflediflent, ex a haminum fre-
quentia dicere juberent, fi quis quid quaereret?
Quod primum ferunt Leontinum feciffe Gorgiam :
, qui permagaum quiddam füfeipere , ge profiteri vi-
‚ debatur, cum fe ad omnia, dequibüs quisque audire
vellet, efle paratum denuntiases, &c, vide etlam -
14 |
”
. solberrecheii tehten
ren die Duelle, aus welcher Ariſtipp ſchoͤpfte; und
\
ur Sofieh Vilch. Zweytes Easie.
ichen. Gewalt nennen kann. Ihre
kur ſeine Gärten waͤſſerte; oder wenn man ein
alten Sophiſten, fonbern auch aus Materialien, te
Diefe gifantmengetragen und zubereitee hatten,
nde ©. dos wre Oi
abgefchrizben. 25 fie aber hauptſachtich auf die S
Shiften gehe, lehrt das, was Plato gieich nachfer
und was mit allen Fragmenten der Sophiſten and
Reseiaten anderer Schriftfteller Aber ihre Dekan
. bereinſtiinmt. Euthydemus, den Sokrates zu
dem — und den Voilkommenheiten ber Wort
zu Äberzengen ſuchte, war ein Schäler uud Dawn
Amer det Sophiſten. sn IV. 3. Memor. Soer.
u r
vr
\ GSiſchichte der alten Sophiſten 9%
ı a8 5 und empfindungsloſen Elementen durch
Kindes Gluͤck hervorgebracht. Weisheit und alle nach
ichten wirkende Kuͤnſte waren ihrer Meynung nad)
ere Töchter des Zufalls und der Nothwendigkeit,
b einer blindwirfenden Natur, von welcher man fie
veber Nachahmerinnen oder Gehuͤlfinnen und Mit⸗
Kterinnen nennen koͤnne. Es gebe alſo, fo ſchloſſen
eben ſo wenig eine Weltordnende oder erhaltende Gott ⸗
, und uͤbermenſchliche mächtige und weiſe Weſen,
man Abfichten oder Spuren von Vorſehung im Uni⸗
s entdecke *). Diefe Behauptungen wurden von den
phiften fo fehr verbreitet, daß fie nach dein Zeugniffe
lato in die allgemeine oder herrſchende Denkungs⸗
Zeitaſters übergingen *). -
AUngeachtet die Sophiften die tehre von der Gott,
‚und von göttlichen Naturen als eitien Wahn vers
Wu; fo fuchten fie doch, und eben biefes thaten nach⸗
* mM 5 5 — her
—*.
Ber Zweyfel bed Protagoras an dem Daſeyn ber Gott⸗
beit war von der Abläugunng berfelben um nichts vers‘
ſchieden. Ich weiß nicht, fagte er im Anfange eines
feiner Werte, ob es Götter gibt, oder nicht gibe?
Denn es find gar zu viele Urfachen, welche eine gewiſſe
.. Erfeuntniß, ober entſcheidende Antwort unmöglich mas
chen: am meiften aber die Kuͤrze des menſchlichen Le⸗
bens, und bie Dunkelheit oder Unerforſchlichkeit des
Gegenſtandes ſelbſt. Wegen biefer Aeußerung wurde
. feine Schrift in Athen verbrannt, und er felbfl and der
Stadt verwiefen, oder gar zum Tode verurtheilt. Cie. .
I. 23. Diog. IX. 51. Sext. IX. 55.
) Plat. p. 606. de Leg. X, Kos Yap en un re-
ORRLKEVO noav ol FOTO Aoyos Ev TOIS TKoLaıy
5 Emos men ardewmros, Bdev av eds Toy
. ERapuvsvTav Aoyav, ws 0, Je. vuy de
RVKYeN. .
\
186 Sechſtes Buch. Zweytes Capitel.
her auch Demokrit und Epikur, Idie Entſtehung
Begriffe von Goͤttern zu erforſchen. Prodikus glaubt
daß Dankbarkeit die Mutter aller Religion, und
Giaubens an Götter geweſen fen *). Die meiſten
hen Sterblichen haͤtten nämlich allen Gegenſtaͤnden, u
denen fie großen Nuzen erhalten, geheime und außerg
dentliche Kräfte zugetraut , und hätten Daher S
und Mond, Flüffe und Quellen, ja fogar Brod
Wein, Waffer und Erde unter den Namen von
und Bakchus, von Neptun und Vulcan angebetet
—
*) Cic. de Nat. Deor. I. 42. Sext. IX. 18 &s2fq, - . y
”*) Diefe Erklärung bes Urfprungs der Begriffe van Go⸗
tern wurde nachher von vielen Weltweifen angen |
Sertus hingegen beftreitet fie als ungereimt mit rk
den, die mir nicht befriedigend fheinen. IX. 36:
Alle übrige Sophiften aber waren in der Mepnung,
daß die Begriffe der Menfchen von Göttern, und e
Religionen der Völker urfpränglich Erfindungen Fuge
Geſezgeber und verfchmizter Staatsmaͤnner gemeia
feyen. Plat. 605. unten: @sss w uanagıe ewvous Eh
Tov Dacıv 870, TeXıy 8 Duos, EAT FIoı I
Mois. Ku Teros aNss Ross on Enasa
Eauroos ouvwauoAoyncav vouodersueva. Wi
biefe Meynung zielt Eicero I. 42. Quid? ii, qui d.
zerunt, totam de diis immortalibus opiniones :
fictam efle ab hominibus fapientibus reipublicae ca |
fa (ut-quos ratio non poflet, cos ad oflicium religio :
duceret) nonne omnem religionem funditus fuflule _
runt? de Nat. Deor, I. 42. Das Fragment des Krb
tiad, aus welchem die folgenden Gedanfen dee Soph⸗
ſten gezogen find, fleht beym Sertus IX, 54. De
falfhe Pintarch fchreibt diefes dur Sprache und Ein
kleidung vortreffliche Bruchfläd dem Euripides zu. de
Pluc. Phil. I. 7, Das Urtheil diefes elenden Compiler
tore müfle aber gegen das Zeugniß des Sertus —
| Geſchichte der alten Sophiſten. 187 |
s war, fo fang Kritias, einer ihrer berühmteften
nger, eine Zeit, wo die Menfchen, gleich den reißen,
Thieren des Waldes, ohne alle Gefeze Ichten, mo
malt für Necht galt, und die Guten gar Feine Belohs
ıgen, und die Boͤſen gar feine Strafe empfingen.
es wilde außergefellichaftliche Leben verließen fie end»
‚. vereinigten fich in Gefellfehafften, und erwaͤhlten
ee zu ihren Herren und Nichtern, die Gewaltrhäs
eiten beftrafen follten. Weil aber diefe Geſeze hoͤch⸗
8 offenbare Miſſethaten zuruͤckhielten; fo fann irgend
weifer und verfchmizter Mann darauf ein Schreck⸗
zu erfinden, wodurch er auch heimliche Verbrechen
ickhalten, und die verborgenen Llebertreter der Gefeze
furcht ſezen Fonnte. Zu diefer Abfiche floßte er den
iftenden Wilden den Gedanfen von ewigen und un⸗
lichen Göttern ein, die alles, felbft dasjenige hoͤr⸗
und fähen, was der Menſch in der tiefften Einſam⸗
vollbrächte, oder in dem Innerſten feiner Seele ent:
fe. Um die Furcht vor diefen unfichtbaren mächtis
Naturen zu vermehren, lehrte er ferner, daß fie
Himmel, oder in denjenigen Gegenden wohnten,
yer die meiften Schreckniſſe über den ſchwachen Sterb⸗
m Eommen, wo er das Mollen fürchterlicher Donner
et, und von wannen er reißende Feuerfirdine fich
eßen fieht. Er wies ven Beherrfchern der Menfchen
: Size im fehonen Gewölbe des geftirnten Himmels,
em herrlichen Werke des weifeflen aller Baumeijter,
der
fen werben, wenn auch nicht Alexander bezeugte, daß
der Athenienſiſche Tyrann eine roAsresav euneracv
gefhricben habe, wovon das erhaltene Fragment hoͤchſt
matrfcheinli ein Theil war. Alexand. Aphrod. er.
Philopon. in Lib. I. Ariſt. de anima in hacc virha:
Eragcı de nina wsmwep Korrias. u. TA.
188 Sechſtes Buch. Zweytes Cante
der Zeit, an. Auf dieſe Art entſtand der. Glaube,
die Furcht vor den Goͤttern, und durch dieſe Fu
wurde ber im Finſtern ſchleichende Frevel gehemmt, ı
ger. Suͤnder, den die Gelege nicht bändigen konn
durch glückliche Erdichtungen der Gefeggeber zittern
macht.“ Mit Recht urtheilten Licero*), und Plato
daß folche Behauptungen alle Religion, und ſelbſt
Grundlagen der Tugend und bürgerlichen
unntergruͤben, dag man die fehrer derfelben als Ber
ber der Jugend, und ale Feinde des Baterlandes
fehließen, und die Ausbreitung. derfelben entweber d
Ehrperliche Züchtiguingen und Seflein, ober durch &x
be und Armuth ſtrafen muͤſſe 1). va F
4
®) I. 43. de Nat. Deor. u
17
80) . 606. ’ . a ' ER,
y Son den Gedanken der Sophiften Aber bie Rai
Seele haben wir nur wenige Ueberbleibſel, 1
‚man aber bach fo viel abnehmen kann, daß fie e
für einen Theil oder MW Eigenfchafft des Eörnerd
ten, die mit ihm aufgeloͤſt und zerfiört werde. €
fagte Protagoras, if ein leeres Wort; umb anfe
Sinnen, oder der Faͤhigkeit Einpräde von. &
fländen zu einpfangen, fie An erhalten, zu erneuten
zu verbinden, gibt es im Menſchen feine vom E
verfpiedene denkende Subſtanz. 1X: Diog.- 51.
Prodikus derchte wahrſcheinlich auf biefelbige,
doch eine aͤhriliche Art, indem er ſich nud feine Zrı
durch folgend es Näfonnement gegen die Schrecke
Todes zu waffen füchte. ap. Aeſeh. Dialog, de m
e. 14. Der Tod, ſchloß er, follte niemanden fürı
lich feyn, rveil er weder bie Lebenden noch die Xı
treffen kann. Die Lebenden nit; ‘denn fo lang
leben, iſt der Tod noch nie da; bie Konten,
‚wide; bean wenn wir geftorben nd, fo koͤnnen
gar nicht mehr leiden, weil wir wicht mehr Pub.
|
&
.
a pn:
Geſchichte der alten Sophiften. | 189
/
Die Sittenlehre ver Sophiften, oder die febensres
ı, nach welchen fie felbft handelten und ihre Schüler
deln machten, waren noc) viel gefährlicher und fuͤrch⸗
icher,, als ihr theoretifcher Unglaube. Diefe Moral
Sophiften kann man in wenigen Worten nicht rich»
s-beichreiben, als wenn man fagt, daß fie gerade
Gegenfaz von der Sofratifchen geweſen ſey. Ihre
en Principia waren folgende: daß es Fein anderes
turgeſez gebe, als dieſes, daß der Kluͤgere und Maͤch⸗
re über den Schmächern herrſche, und ihm fich uns
han madje: daß alle Handlungen von Natur gleiche
ig, weder gut noch böfe feyen, und daß ihre Güte
e Micht Güte allein durch) Die Gefeze eines jeden fans
‚, und durch den Willen oder die Vortheile der hoͤch⸗
ı Gewalt, das heißt, Ddesjenigen, oder derjenigen,
che die oberfte Macht befäßen, beflimme werde: daß
igennüzige Tugend oder Gerechtigkeit demjenigen, ver
befize oder ausübe, nachtheilig und folglich Thorheit ;
efeir un Ungerechtigkeit hingegen ihren Befizern und
säbern vortheilhaft und eben deßwegen Klugheit, und
en Gegenſaͤzen vorzuziehen fen: dag niemand die Tu⸗
ıd und Gerechtigkeit, um ihrer felbft willen, ober
willig, fondern aus Unmwiffenheit oder Zwang liebe,
d daß man nicht fie felbft, fondern den Schein von
wen zu erhalten fuchen müffe: daß endlich die Tugend
er wahre Bollfommenheit eines Mannes darinn bes
, andere Menfchen beherrfchen und zu Dienern feis
5 Vergnuͤgens machen zu wiſſen; und die Gluͤckſelig⸗
t in der Kunft, fich felbft fo viele und fo Heftige Der
giers
Nach dem Alexander loc. fup. cit, war ber Kritias, ber
das Wefen ber Seele im Blute fand, Arift. de Anima
J. 2. nicht der Tyraun Kritias, fondern ein anderer
Sophiſt gleiches Namens.
199 Sechſtes Buch. Zweytes Eapitel.'
‚gierden und Bebärfniffe als nur möglich zu verſchaffeh
um fie mit Vergnügen fättigen und befriedigen
koͤnnen. |
Die Natur felbft (fagt Kallifles, ein Schüler ve
Sophiften, ven Plate mit einer erftaunlichen Beredſe
keit, und mit einer Kühnheit, die feiner Sache und fi
nem Charafter angemeflen iſt, die Grundſaͤze feiner ke
‚zer vertheidigen läßt) ruft es gleichfam allen Weſen z
daß es recht oder gerecht fen, daß das Beſſere ul
Stärfere das Unvollfommenere und Schwächere übe -
mältige und beherrſche. Mad) diefem Gefeze richten fi
und handeln nicht nur alle Gattungen von Thieren, fon
been auch ganze Städte und Bölfer. Denn nach welch
einem andern Gefeze überzog Rerxes Griechenland, und?!
fein Bater die Skythen mit Krieg? oder warum anders =
uinterjochten von jeher mächtigere Staaten und Nätloe :!
nen die fleinern und ſchwaͤchern, als weil fie es fuͤr
Recht und’ein allgemeines Naturgeſez anfahen, daß bes
Stärfere mehr befize und genieße, als der Schwaͤchere,
und daß der leztere dem erſtern dienen müffe *)? Selbſt
Götter und Helden folgten vem Geſeze, was bie Natur .
vorfchrieb, und welchem aud) alle Theile der Natur ge
horchten. Bloß nach dem Nechte des Stärfern trieb |
i
— ⸗ —
—
Herkules die Heerden des Geryon weg, Die er weder ge
Fauft, noch gefchenfe erhalten hatte**), Nicht Unrecht
thun alfo, wenn man es mit Vortheil thun kann, fon
dern Unrecht leiden iſt ſchaͤndlich, oder dem erften ewi
gen
.
CE EEE
%) Diefe Grundſaͤze waren damals fo allgemein, daß bi’ ,
Athenienfifhen Oefandten fie öffentlich fonvohl gegen '
die Spartaner als gegen die Melier äußerten, nnd fir
bie Orundiäze ihres Wolfe ausgaben. Man ſehe Thuc.
1.76 V. 105.
) in Gorg. p. 316. 17.
Geſchichte der alten Sophiften. 101
Geſeze der Natur zuwider. Männer wählen lieber
Tod, als ein feben, das nur für Sclaven wuͤn⸗
iswerth feyn kann, und worinnen fie beftändige Miß⸗
Hungen geduldig über fich ergehen laffen müffen, ohne
ſelbſt und andern helfen zu Fönnen.
Mit diefem Naturgeſeze, und diefen Begriffen von
jt und Unrecht ſtreiten freylich die bürgerlichen Ger
wodurch Fühne Seelen, wie junge Loͤwen burch
in gezaͤhmt, und die natürlichen Triebe, oder
ratärlichen allen Menfchen eingegrabenen Begrif⸗
rſtickt, und wie durch Beſchwoͤrungen aus den
üthern heraus gezaubert werden”), Mach den
erlichen Gefezen lobt man nur diejenigen ald ges
, die einem jeden das Seinige geben und laflen,
tadelt und ſtraft Hingegen folche als Ungerechte, die
ve beeinträchtigen oder übervortheilen, und ihnen
Gewalt oder tift das Shrige rauben. Dieſe der
ur widerſprechenden Geſeze rühren von dem großen
fen ſchwaͤcherer Menſchen her, die ſich vor den
Maͤch⸗
——— SER Grein
‚ Callicles ap. Plat. in Gorg. p. 317. AR os
To nat Quo Tv TE dIKmIE TAUTAY TEAT-
T801, nu von ma As RATE vouov yeTov TNE
Qucews. 8 HEV TO ICWS KETE TETOV 0v Nuess
TıIeueda, mAuTrovres Tas BErTISES nos ep-
EwuEVESATES Numv auray eu veny Auufavovres
WITWE ALOVTas, NO HOATERBROOVTES ou Yon-
Tevovres xaradsAoueda, Acyovres ws To ı0ov
KEN EX. xcu TETO ESI TO HEA0v Ko dinouov.
ecy de Ve os Duaw inavnv YErnTos EX,@Vv avre,
Havra Toure wmorescanevos wos diepenkas
Ho daduywv HU KATARATNOAS Tos VMETEEO
YERUKETE Has MRYYOVEUURTE Hol eradas
KH VOHES TES TREU Ducw ETWTES — KT. N
198 Sechſtes Buch. Zwehtes Capitel
Maͤchtigern fuͤrchteten und ſelbſt zu ohnmaͤchtig
Gewalt zu brauchen und abzuhalten *). Dieſe
chern Menfchen fahen bald ein, daß Unrecht und Ge
leiden mit größern Machtheilen, als Unrecht thun
Vortheilen verbunden fey, wenn man es nicht in fe
Gewalt habe, das eine zugufügen, und dem andern
zuweichen. Sie hielten es daher für rathſam,
einander dahin zu verbinden, daß man weder Un
und Gewalt anthun, nod) auch von andern leiden
und dieſer Berabredung oder Vertrage zufolge fi
an, Geſeze zu geben, und nur dasjenige für R
etfennen, was mit benfelben übereinjtimmte, und
dasjenige für Unrecht zu halten, wodurch -fie d
wurben. Auf dieſe Arc entſtanden die gem,
griffe von Necht und Unrecht, und bie bürg.
fege, welche man als Mittelwege zwifchen den
Bortheilen und Nachtheilen, zwifchen dem
ungeftraft Unrecht zu thun, und dem
*) Tbrafymach, ap. Plat. de Rep. II. 86. 88 p. Edit, }
fey. }. de Leg. P; 605. & Callicles ap, Pla
Gorgia p. 316. AR om ol TiJeueva rar
nes ci aodevess ardenmor ei nos ol wo
EOS UTBS 8V 04 To MUTOIS GuuDegov, Tas
vouBs Fıfevro, no TES STeIVES eruacı, Hl
was Woyas \eyaoı. en.poßavres Te Tas egkin
peveseoss Tav ayfenrey, zu duveres 0
Aeov exe, ya un urmy TAEOV EXECU Asybe
ew os WoXgov nes adınov To TÄEOVERTEN. —
ayaracı Yag cms vro dv Fo ı0ov
PavAorego ovres. — 9 de ye osca Ducis au
amoDavor av, orı Öinesov esı Tov auesva
XEsgovos TÄEOV EXE, Ko Toy duvararegor
WAT@TegB. 7
Geſchichte der alten Sophiſten. 193
t abzumähren wählte. Man führte fie nicht deß⸗
en ein, weil man fie für innerlich oder wahrhaftig
erfannte, fondern aus Ohnmacht Gewalt zu braus
I), und aus Furcht von andern gemißhanbelt zu
den. Kein wahrbaftiger Mann alfo, der in ſich
t Kraft genug fühlte, ſich gegen einen jeden zu vers
digen, und einen jeden zu übertwältigen, würbe, ohne
nd zu feyn, folche Geſeze, wodurch feine Macht eins
wänft, und er felöft den ſchwaͤchſten und nichtswuͤr⸗
en Menfchen gleich) gemacht würbe, freywillig uns
hrieben haben *); und eben fo wenig wirb ein wahr⸗
ger Mann Bedenken tragen, die ſchwachen Feffeln,
ya von fchlechrern Menſchen angelegt werben, abe
uͤtteln und zu zerreißen, und alle die elenden Schmies
en, wodurch man feine Kräfte und natürlichen
ce, bie eben fo weit als feine Kräfte reichen, einzus
ken geſucht Sat, mit Füßen zu treten *). Ein
!, Der fich feiner Ueberlegenheit über andere bewuſt
wird, fo bald und fo oft er fan, aus dem Zwange
bürgerlichen Geſeze unter die Frenyheit des Naturge⸗
zuruͤck kehren, nad) weldyem der Bortheil des Staͤr⸗
Der einzige Maaßſtab der Gerechtigkeit ift T). hr |
w
, Glauc. ap. Plat, de Rep. II. p. 88. Erzeı rov duve-
pevov @uTo Foiew, x ws aANIwE avden, 86
av Evi more EurdecIas To unre adınev unre
‚neso9es. mayveorIas ‘yae av. Diefe Brundfäge
übten Theramenes und Kritias gegen ihr Vaterland
aus. p. 498. 501. Philofir. Vita Soph.
) Callicl. in Gorg. Plat. p. 317. loco modo citato,
) Thrafy. ap. Plat. de Rep. p. 36. Dry yae eyw
esvors To dınasaov 8X AMD Ti, N To TE KLESTTovos
EupDeeor. — rer wyasw, wBßeArıse, 0 Ayo,
Zweyter Band. N sr
194 Sechſtes Bud. Zweptes Eapitel.
wird bald erfennen, daß der Mächtigere und Be
nicht um des Schwächern und Ohnmaͤchtigern, fonl
daß diejer um jenes Willen da fey: daß die Matur
dazu beitimmt habe, andere aus eben den Gründen
beherrichen, aus welchen Hirten und Schäfer ihre H
den warten und meiden *): daß endlich vie willfär!
bürgerliche Gerechtigfeit demjenigen, der fie beoba
nachtheilig, und Ungerechtigfeit hingegen
der fie ausübe, vorrheilhafft fen **); und daß es
Thorheit, oder Schwäche und Furcht verrathe, m
man fich jener forgfältig befleißigen, und dieſe hing
vermeiden wolle T).
Recht thun, ober die Beobachtung der buͤrgerli
Sefeze, fuhren fie fort TF), iſt mit fo vielen Nachthe
Ev BAOUS Tous MoAecı Tourey esvo Öm
To ıns naIesyruias aexns EuuDeeor.
®) id. ib. p. 48. Kascn nu Tas 2v TUus ode
xovræc, ol ws aANdas wpxscn, aRms
myn diasvossogas EOS TES KEXOMEVES 7 X
av vis neos meoßare dıareden. Vide e
Menon, Plat. p. 335.
es) id. cod. libr. p. 50. — — 1 de adınıe ru
Tıov Koi eye Tav ws wAnNIms Eumdncam
Ru dixmiav. ol de aexomevo rosa To ex
EumDegor, KEEITTOVOE OTos, Xocı eudacs,
ERESIOO TOIBOW &c,
}) Glauc. ap. Plat. de Rep. I. 108. — Twy 'ye
Awv wdess Enwv Öimasos. aM umo ayoerdeıces
mens, n Twos ans aoderesas, \Veyei
adınev, wdurarav wuro dev.
t}) Thrafymach, ap. Plat. I. so p, de Rep, ib. p. 64.
Glauko, der nach der Art und den Muſtern ber Si
| Geſchichte der alten Sophiſten. j 195
‚Ungerechtigkeit, oder die Uebertretung derſelben mit
roßen Bortheilen verfnüpft, daß kein Menfch von
mdern Berftande von freyen Stuͤcken und ungezwun⸗
das eine der andern vorziehen kann. Wenn man
e dem Öerechten und Ungerechten bie Freyheit ließe,
zu thun, was fie wollten, fo würde man bald fins
„daß ein natürlicher Trieb, oder die allen Menfchen
epflanzte Begierde, ſich beffen zu bemächtigen, was
gut fcheint, fie bende zu demfelbigen Ziele, und zus
klbigen Ungerechtigfeiten führen würde. Man
ne an, daß es zween folcher Ninge gebe, dergleichen
Stammvater des legten Geſchlechts der Lydiſchen Kd⸗
befeffen haben foll, wodurch er fich unfichtbar mas
Fonnte, und fich auch wirflich des Throns ſowohl
her Gewalt des damals regierenden Könige bemaͤch⸗
. : Man feze ferner voraus, baß der eine von bier
Zauberringen einem gerechten, und der anbere einem
mechten Manne übergeben werde; und frage fich
am, ob man fich irgend einen Menſchen fo felfens
, oder als einen fo eifrigen unbeweglichen Berehrer
Berechtigfeit denken fonne, daß er nun, ba er un⸗
aft und unbemerkt erfcheinen und nehmen fönne,
und mas er wolle, noch immer fich von fremden
ern und ungefesmäßigen Handlungen enthalten follte.
an aber aud) jemand bey einer uneingefchränften Ges
“alles zu thun, was ihm beliebte, den Gefezen der
echtigfeit treu bliebe; fo würde ein folcher gewiß von
Menſchen insgeheim für ven Thörichtften und Elen⸗
n aller Sterblichen erfannt werden, wenn fie ihn
h aus Furcht durch Ungerechtigfeit Schaden zu neh⸗
Na mien
ERSSHREIEEDEEDEETE
ſten eine Lobrede auf die Ungerechtigkeit haͤlt, um den
Sokrates zu einer genugthuenden Widerlegung zu zwin⸗
gen. U. de Rep. p. 88. & fq. Ed, Maſſ.
196 Sechſtes Buch. Zweytes Capitel.
men oͤffentlich mit den größten Lobſpruͤchen uͤberhaͤu
Noch beffer aber, ald aus diefer Erbichtung, koͤnne
die Bortheile der Ungerechtigfeit, und den Schade
Gerechtigkeit wahrnehmen, wenn man das Seben
die Schickfale eines vollfommen gerechten, und ı
höchft ungerechten Mannes mit einander zufan
halte *). Man nehme alfo einen Mann an, da
eben fo großer Meifter in der Ungerechtigfeit fen, af
größten Mahler, Bildhauer und Aerzte es in ihren!
fen und Wiffenfchafften find. Er Habe Scharfiin
nug, das Mögliche und Unmögliche, das Sichere
Gefährliche zu _unterfcheiden, und wage fich nu
folche Unternefmungen, von denen er einen glüdl
Ausgang hoffen kann. Bey den größten Beträgen
und Lingerechtigfeiten wiffe er fid) den chen d
techtfchaffenen und tugendhaften Mannes zu geben, ı
wenn er auch biöweilen einen Fehltritt macht; fo.
er die Geſchicklichkeit, einen folchen Fehltritt gleich
der gut zu machen: fo ſey er mit fo vieler Per
feit, Muth und Stärke ausgerüftet, und mit fo
Freunden und Gluͤcksguͤtern umgeben, daß er eine
den nachtheiligen Eindruck gleich wieder auslöfchen, ı
auch mit Gewalt über Gefege und Feinde fiegen kann.
Diefem Ideale eines boshaften ungerechten Mannes
man nun einen edlen und tugendhaften aber ſchlit
- and einfältigen Mann entgegen, der die Tugend
ihrer felbft willen liebt, und nicht gerecht ſcheinen,
dern wirklich ſeyn und bleiben will, Man ziehe
nicht nur allen Schein von Gerechrigfeit aus, ix
man erfahre, ober der Gerechtigkeit auch um ihrer fe
und nicht um ber Vortheile willen anhänge, die fie
*) de Rep. I. So p. Il. 94. & fq, Ed. Mail,
| Seſchchte der alten Sophiſten. 197
ſen verſchafft: ſondern man gebe ihm zugleich den
bein von Ungerechtigkeit, damit man ihn prüfe, ob
nicht durch einen böfen Namen erſchuͤttert werde,
>06 er Stärke genug befize, der Tugend bis in den
b unmandelbar treu zu Bleiben. Nenn man nun
m folchen Serechten mit dein vorher gefchifverten Boͤ⸗
icht vergleicht; fo kann man kaum fragen oder zwey⸗
I). voelcher von beyden der Gluͤcklichſte ſey. ‘Der Ger
He, der aber durch den Schein von Lngerechtigfeig
Helle ift, wird gegeißelt, gepeinigt, gefeffelt und ver»
mmelt werden; und wenn er unter den größten Mar⸗
8, mie Wunden und Schande uͤberdeckt, gleich einem‘
Hierhäter feinen Geiſt aufgibt; fo wird er zu fpät ers
gen, daß man nicht gerecht zu ſeyn, fondern gerecht
ſcheinen fuchen muͤſſe. — Der Ungerechte hingegen
Ed durch Den Schein der Gerechtigkeit, in weichen er
e meinen Nebel eingehuͤllt ift, zu den erfien Würden
Ge Baterftadt erhoben werden. Er wird heirarhen
mu, welche er will, feine Kinder ausftatten, und
umgeben fünnen, an und mit welchen er will.
Dad er fich dor Feiner Ungerechtigkeit ſcheut; fo wird er
& durch Lift oder Gewalt über alle feine Widerſacher
ken, und bey allen Gelegenheiten über ben Gerechten
& Bortheil gewinnen. Wenn öffentlidye Auflagen
ʒ Beytraͤge bezahle werben follen, fo wird er weniger
en, als der Gerechte, und wenn hingegen Austheis
gen gemacht werden, wird er fich einen groͤßern Vor⸗
dal der Gewiſſenhafte zu verfchaffen wiffen. Ver⸗
Itet er öffentliche Aemter, fo wird er diefe nicht nur
ſich, fondern auch für feine Anhänger nuzen, und
efich um defto fefter verbinden, anſtatt daß der Ges
fe über der Beforgung der allgemeinen Wohlfart feine
in Angelegenheiten vernachläffigen, und durch feine
tenge felbft feine weniger uneigennüzigen Freunde jich
jeinden machen wird. — Vielleicht jage man, daß
N 3 —es
308 Secchſtes Buch. Zweytes Eapitel.
es unenblich fehmer fen, fange ein Boͤſewicht zu fe
ohne für einen folchen erfannt zu werden. Allein Hi
Tonne man antworten, daß freylich eine ununterb
Aufmerffamfeit, und eine beftändige Anftrengung
erfobert werde, Ungerechtigfeie unter dem Scheine
Gerechtigkeit zu üben. ‘Daß aber auch) Feine große
ternehmung leicht fen, und daß man fich daher
laſſen müffe, die Gluͤckſeligkeit mit einiger Mühe zu
Faufen. Der Uingerechte laſſe fich aud) nicht durch
Gedanken beunruhigen, daß er zwar Menfchen, :
Doch nicht Görter überliften und überwältigen koͤnn
Entweder gebe e8 gar Feine Götter, die fich um die
gelegenheiten der Menfchen befümmerten; ober
folche gebe; fo zeige Die Erfahrung, daß fie nick
thenifch für Die Gerechten, oder wider bie Unzgerech⸗
eingenommen feyen, indem fie die leztern oft mit «
Gütern des Glücks überhäuften, und die erften;”
fich für ihre tieblinge hielten, Im äuferften Elende
ſchmachten ließen. Ueberdem fängen ja die &
Dichter, und fehrten noch immer heilige und gott
lige Männer, daß ‘man durch reiche Gefchenfe
Dpfer Die Gnade der Götter gewinnen und ihren
befänftigen, ja Daß man durch die Einweihungen ia
voiffe geheimnißvolle Feſte unter Freuden und Gefarg!
Schuld aller Sünden tilgen, und die frobe
einer feeligen Ewigfeit erlangen Fonne. Der Un
brauche alfo nur einen Theil feines unrechtmaͤßig
benen Guts herzugeben, um fich die Gewogenheit
Götter, wie die Freundfchafft ver Menfchen in end
hoͤhern Grade zu erwerben, als der ärmere Gerechte
jemals zu erlangen fich ſchmeicheln koͤnne. |
”), pP. 96. 102.| 106, ap, Plat, de Republ,
gb
Geſchichte der alten Sopfiften 199
Wenn aber jemand nach allen diefen Betrachtun⸗
ı noch zwenfle, ob das after vortheilhafter als bie
gend, und 0b das Weſen der leztern dem Schein
felben vorzuziehen fen; ber dürfe endlich nur beden“
f, daß die größte unter allen Lingerechtigfeiten,,. vi
valtfame Unmaßung einer unumfchränften Gewal.
äinem Srenftaat, denjenigen, der fich ihrer ſchuldig
ſche, zum gluͤcklichſten, und Diejenigen, an denen fie .
zgeuͤbt werde, zu ven unglücklichften Menfchen mache.
n Tyrann raube nicht heimlich, oder im Kleinen, ſon⸗
n er plündere auf einmal und mit offenbarer Gewalt
sohl Menfchen als Götter, ſowohl heilige- als unge
ihte Mäze und Wohnungen; und ungeachtet er allein
e diejenigen Verbrechen begehe, um berentwillen Tems
einher, Diebe und Beurelfchneider geftraft würden,
‚abe man ihm dod) feinen dieſer verhaßten Namen,
wen man nenne und preife ihn allgemein gluͤckſee⸗
8) Polus, ein Schüler des Gorgias, fpottere der
des Sofrates, weil dieſer Bedenken getragen
I, den König von Mafevonien, Archelaus, gluͤck⸗
mdheißen. Archelaus fcheint dir alſo wohl hoͤchſt
(feägt er fehr beißend den Achenienfifchen Weiſen)
Her, der eigentlich ein Selave des Alfetas war, und
Bm er ein rechtfchaffener Mann gewefen wäre, auch .
Ye hätte bleiben müffen, weil dieſer zuerft feinen Oheim
breflen Sohn, und nachher feinen leiblichen Bruder,
ſchem die Erone gebührte, heimlich hinrichten ließ. —
möglich Fannft du, fezt er hinzu, irgend einen Athe⸗
nfer,, dich felbft nicht ausgenommen, für ſo unfinnig
ten, lieber das Loos eines jeden andern Mafed oniers,
das des glücklichen, wenn gleid; ungerechten , Arches
— M 4 laus
m -
*) Thraf, ap, Plat, p. 50, 52. I. dc Rep, *
200 Sechſtes Buch. Zweytes Eapitel, |
laus zu wählen”. Mit folchen Lobreden auf
rechtigfeit, und folchen Erhebungen der Bortheile
tafters, und ber Gluͤckſeligkeit der tafterhaften,
berte oder betäubte nicht nur Thrafymachus, fi
alle übrige Sophiften die Ohren der Griechiſchen
linge "*). Ä j
Gleichwie nun die Sophiften die uneigennüzige
gend für Thorheit, und die bürgerlichen Geſeze für
tend mit den Gefezen der Natur erklärten, ſo gl
und lehrten fie auch, daß Maͤßigkeit und Enthaltfa
Seindinnen des Vergnägens , und ben Borfehriften
gefunden Bernunft enrgegengefezt feyen T). Ihren Am
ſpruͤchen zu Folge beftand bie wahre Kunſt zu leben darin
fich fo viele Begierden und Beduͤrfniſſe als möglich
verfchaffen, und diefe, fo viel man fünne, zu
und zu entzünden; und die wahre Gluͤckſeeligkeit ia
Sättigung aller diefer gereisten Begierden, und im
nuſſe aller finnlichen Bergnügungen, welche die mem
liche Natur nur faflen und ertragen fünne. Wenn zu
Klugheit, Much und Stärke befize, fo werde es ẽ
nie an Mitteln fehlen, eine jede Begierde und ug
befriedigen, deren unbegränzte Sättigung man
eben dem Unvermögen für unerlaubt und fchändlidy
Härt, aus welchem man die Gerechtigkeit als eine $
gend empfohlen Habe. Mit Necht wuͤrde man Könkg
föhne, die von ihren Vorfahren die Macht geerbt Hi
a
®) Plat. in Gorg. p. 312.
®°) TIoAv yae wuesvov ap oT8 adına n 6 Ta dına
Bios, ws Arysow. era norye, @ Ccxocre
arı 8 dones ETWS. Topw nero, dıaredouk
HEVOS TE WIE, KEY ÖEATUuauxE Kos ugh
oRmv. Glauc. ap. Plat. de Rep. Il, 86 p.
V Callicles ap, Plat, in Gorg, p. 320.
Geſchichte der alten Sophiſten. aoı
‚, eine jede auffteigende Begierde mit Dergnügen bes
edigen zu koͤnnen, ober auch foldye Männer , die fich
‚gleichen durch ihre eigenen Tugenden erworben, eines
werzeihlichen Wahnfınna befchuldigen, wenn fie fich
a geundlofer Bedenklichkeiten willen den ſich darbieten⸗
u Vergnuͤgungen entziehen, und ba, wo fie allein
peſchten, einen eigenfinnigen Herrn, nemlich die Ges
", oder das Gerede ihrer Mitbürger, auf ihren Na⸗
fen wollten. Nur ſchwache und elende Seelen
entweber einer eingebildeten Tugend zu gefallen,
auch Durch leere tarven der Schande und des Ges
Bhts geichrecft, ihre Dergnügungen den Bortheilen
Wberer aufopfern, da die Bernunft einen jeden, ver
e gebrauchen wolle, überzeuge, baß die Gluͤckſeeligkeit
kin in einem vollen beftändigen Genuffe der lebhafteſten
reden beftehe, daß Maͤßigkeit und Enthaltfamfeic
te Wörter und Erdichtungen unverftändiger M |
en, und daß eine unnatürliche Einfchränfung der Der
den, oder die gepriefene Genuͤgſamkeit ven Menfchen
ner Beſtimmung zuwider in den Zuftand eines Steine
eſeze, oder bis zur Gefühllofigfeit von Leichnamen her
—2*— — Den ſolchen Behauptungen kann man
en Tadel des Sokrates nicht anders als gerecht finden,
venn er die Philoſophie der Sophiſten eine Schmeichle⸗
fm der Begierden nennt, wenn er fie mit der Koch⸗
ft, und der Kunft des weichlichen Äbertriebenen Pus
es vergleicht, und von ihr fagt, daß fie durch ihre
igen verführerifchen Lehren die Seele des Mienfchen
ben fo, wie dieje burch Leckereyen und Schminfe ven
oͤrper verberbe ”). \
N5 Dieſen
) in Sophifte p. 100. in Gœg. p. 309.
202 Sechſtes Buch. Zweytes Eapitel,
Diefen bisher, befonders ben zufezt angeführt
Grundſaͤzen, feheint die berühmte Erdichtung zu wi
fprechen, die Prodifus zuerft in feinem Werke uͤber!
Herkules, oder über die Tugend, vortrug, undedie #
nophon ihm in einer fo unbefchreiblic) fügen Sprach
nacherzähle hat, daß ich es für unmöglich halte, vieleg
tieblinge der Attiſchen Mufen in einer jeden anbei
Sprache nahe zu fommen *). Als der junge Herku
(fo dichtete Prodikus, und erzählt Renophon) fich de
entfcheidenden Alter näherte, in welcher Tünglinge fi
zu verrathen pflegen, ob fie ven Weg der Tugend ode
des Safters betreten wollen, ging er einftens an eim
einfamen Ort, um in der Stille barüber nachzubenfen‘
weichen von beyden Wegen er zu wählen härte. Ze’
biefem Zuftande von Ungewißheit erſchienen ihm zwo un⸗
befannte weibliche Geſtalten. Die eine war ſchoͤn un
edel von Anfehen, und harte, außer einem weißen Ge
wande, womit fieangethan war, feinen andern Schmud,
als eine einnehmende Verſchaͤmtheit, die aus einem pr
den Blick ihrer Augen ſanft hervorfchimmerte, als em
reizende Defcheidenheit, die über ihre ganze Perfon ver
breitet war, endlich als eine unbeflecfte Neinigfeit, de
aus allen fichtbaren Theilen ihres Leibes herworleuchtete,
Die andere hingegen war wohl genährt, und alle ihre
Gliedmaßen waren mit weichem Fleiſche und Fette über
goffen. Ahr Angeficht hatte eine jo blendende Weiße,
und eine fo lebhafte Nüthe, daß beyde nicht Geſchenke
ber Natur, fondern Wirfungen der Zunft zu ſeyn ſchie⸗
nen. Ihre Kleidung war prächtig und glänzend, ihee
Augen feurig, und wie nach allen Seiten gedffnet, umb
ihre Stellung gerader, als fie von Natur zu feyn Peg
*) Memorab. Socr. IL I.
Geſchichte der alten Sophiſten. _ 203
Sie überfchaute ſich ſelbſt Häufig mic innerlichem Wohl⸗
fallen, gab Achtung, ob fie auch von andern bemerkt
ürde, und blickte auf ihren Schatten mit fichtbarem
ergnoͤgen hin.
As diefe beyden Weiber dem Herfules nahe famen;
pet die erftere denfelbigen Gang, den fie vorher ges
hatte; die andere hingegen befchleunigte ihren
chritt, um ihrer Gefährtinn zuvorzufommen. ie
e dem Herkules zu, und redete ihn fogleich in folgen«
ı Morten an: ich fehe, junger Mann, daß du zwey⸗
yaft bift, welchen Weg des Lebens du wandeln follit.
enn du mic) zu deiner Sreundinn und Führerinn ers
hiſt; fo will ich dich den leichteften und fanfteften
ad führen. Nichts Süßes, und fein Vergnügen foll
ı dir ungefoftet bleiben, und du follft dein teben end»
befchließen, ohne Schmerzen und Befchwerlichkeiten
ahren zu haben.
Zuerſt follft du dich weder um Kriege und Kämpfe,
h um mühfelige Gefchäffte befümmern. Deine ein»
» Sorge foll diefe feyn, zu unterfüchen, welche Ges
nfe und Speifen deinen Gaumen am meiften kizeln,
(che Tone und Melodien beine Ohren am meiften er
en, und welche Gerüche und Neize beine Nafe, und
n ganzes finnliches Gefühl am meiſten erfreuen wer⸗
ı? wie du ferner am füßeften lieben, am weichlichiten
lafen, und am ungeftörteften in einer üppigen Muße
yin leben Fonneft ?
- Wenn dir aber je ein Verdacht auffteigt, daß alle
fe Sreuden und Güter vielleicht einmal unterbrochen
rden oder gar verſchwinden koͤnnten; fo faß Did) ja
he von der Furcht bemeiftern, als wenn ich dich je
18 nöthigen würde, durch peinliche Anftrengungen
Leibes und der Seelen die verlornen Secligfeiten wies
zu erfaufen. Dein Loos foll diefes ſeyn, das zu ges
nießen,
v
204 Sechſtes Buch. Zweytes Eapitel,
niegen, was andere erwerben, und bich alles
zu bemächtigen, was deine Vergnuͤgungen und
theile befördern fann. Ich feze meine Freunde.
Stand, Feine ihnen günftige Gelegenheit ungenygt
beygehen zu laſſen, und ihre Gluͤck nach allen Selen ki
zu erweitern und zu befeftigen. or
Als Herkules diefes hörte; fagteer: Weib;
aft du für einen Namen? und fie antwortete:
—*— nennen mich Gluͤckſeeligkeit, diejenigen aber,
mich haſſen, belegen mich mit dem verlaͤumderiſchen
men des Laſters oder der Bosheit. |
| MWährend diefer Unterredung fam die andere weibe
fiche Seftalc herbey. Auch ich, redete fie den Herkules
an, junger Mann, trete zu bir, weil ich diejenigen,
die dich erzeugten, Fenne, und deine Natur und Anles |,
gen, bie du bisher gezeigt Haft, erforfcht Habe. As:
benden faſſe ich gegründete Hoffnung, daß dur, wenn
bu meinen Weg betreten wirft, ein Vollender vieler ſcho⸗
nen und großen Thaten werden, und felbft mich und
meinen Namen ruhmvoller und ehrwürdiger machen; }
werbeft. Ich will dich aber nicht durch berrügliche und.
fehmeichelnde Vorreden hintergehen, fondern alles tu |
und aufrichtig erzählen, was bir bevorfteht, und was:
du von mir zu erwarten Baft.
Bon allem, was wahrhaftig ſchoͤn und gut iſt, ger
ben die unfterblichen Götter den Menfchen nichts ohne
Mühe und Arbeit; fondern wenn du dir bie Gnade der
Götter erwerben willft, fo muft du ihnen die gebührem :
de Ehre geben. Willft du von deinen Freunden geliebt
werden; fo muft du dich durch Sefälligfeiten und Wohle '
thaten um fie verdient machen. Oder denkſt bu die Hoch⸗ |
achtung deiner Vaterſtadt oder des ganzen Griechenlam '
des zu erwerben ; fo muft du deinen Micbürgern oder
auch allen Griechen wichtige und erfprießliche De zu
leiften
Geſchichte der alten Sophiſten. aos
ten fuchen. Iſt es deine Abſicht, von deinem Acker
de Früchte zu ſammlen, oder durch Biebzucht ein
He Bermögen zu erhalten; fo muft bu nothwendig
ne Felder und deine Heerden warten. Haft bu es bie
rgeſezt, im Kriege Ruhm zu erwerben, und bie Macht
erhalten, Freunde aus der Knechtfchafft zu befreyen
d Feinde in Knechtſchafft zu bringen; fo bift .An ger
higt, die Künfte des Krieges zu lernen, und auszu⸗
n. Wuͤnſcheſt du endlich, Stärfe, Sefundpeitggan
merhaftigfeit des Leibes zu erhalten; fo Fannft dueß
t anders, ald wenn du unter Schweiß und Mühe
en Körper unaufhörlich uͤbeſt, und ihn: gemöhnft,
er Seele gehorfam zu feyn. -
Hier fiel, wie Prodikus erzählte, das laſter ber
jend in die Nede, und fagte zum Herkules: du hörfk
g lieber Juͤngling, welch einen rauhen und langen
d zum DBergnügen biefe dich führen will. Ich bins
ns babe die Abficht dich auf einem leichten und kurzen
ge zur wahren Slückfeeligfeit hinzubringen.
Was Fannft du, o Elende, fuhr hierauf die Tu⸗
» fort, für Güter befigen, ober für Bergnügungen
ähren, da du nichts von alle demjenigen chun
ſt, wodurch fie allein erworben werden? Du erwar⸗
nicht einmal die auffteigende tuft, fondern ehe noch
Begierde fich regt, überfüllft bu did) mit Freuden,
beine Natur nicht verlangte, und gwingft ihr Suͤ⸗
eiten auf, die nicht angenehmen Reiz, ſondern Ekel
Wiperwillen Hervorbringen. Du ißt, ehe dich hun _
, unb trinfft, ehe dich durſtet; und damit du Doch
Vergnuͤgen fpeifen und trinken mögeft, fchaffit bu
Funftreiche Köche und Foftbare Weine an, beren
hlſchmack du durch mühfam gefuchten oder erhalter
: Schnee zu erhöhen ſuchſt. Um bir einen füßen
hlaf zu bereiten, legſt du dir nicht nur weichliche
ſſter, fondern auch üppige Geſtelle unter, indem du
den
\ |
206 Secchſtes Buch. Zweytes Capitel.
den Schlaf nicht zur Erquickung von der Arbeit,
dern aus Langeweile ſuchſt. Selbſt die Freuden der
be genießeſt du nicht, wenn ein natürliches Beduͤr
dich dazu auffodert, fondern durch einen erfünftı
dder gewaltfamen Reiz gefpornt, und alsdann if
dir ainerley, ob du fie den Abfichten der Natur gen
udersignen zuwider genießeft. Auf diefe Art ziehſt
mißhandelſt du beine Freunde, indem du fie die N
chändeft, und die beften Stunden des Tages
fen machft.
" .. Ungeachtet bu eine Unfterbliche bift; fo haben
doch die Götter ausgervorfen, und du wirſt auch
guten Menfchen gehaßt. Du Haft niemals bie lieh
fte Mufif, die nur die Ohren von Goͤttern und I
fchen ergözen kann, naͤmlich verbientes Lob, gehört:
haft auch nie das Schoͤnſte unter allen Schaußie
nämlich eigene gute Thaten, gefehen. Wer hat jen
deinen Worten getraut, jemals beine Bitten gehl
oder auch jemals bey gefunden Verſtande gewuͤnſcht
beine Notte aufgenommen zu werden, bie aus Im
ſchwachen erfchöpften Juͤnglingen und Männern, oder
Findiichen Greifen befteht * Denn alle deine Berd
eilen fehnell, über die von ihnen gejagten Jahre,!
über Die zufammengebrängten Freuden der Jugend |
und gehen ehe fie ſich's verfehen, ins traurige A
über, wo ſie von allen DBergnügungen verlaffen, |
von den aufgehäuften Beichwerlichfeiten aller teh
ftuffen niedergedruͤckt werden. |
Sch hingegen bin eine Gefellfchaffterinn der Gi
und eine Sreundinn und DBegleiterinn guter Mienfl
Mich ehren und fchäzen Götter und Menſchen;
Kuͤnſtlern bin ich eine geliebte Gehuͤlfinn, den Hau
tern eine treue Hüterinn, den Hausgenoflen eine gi
Vorgeſezte. Am Frieden bin ich eine nüzliche Thel
werinn von Gefchäfften:: im Kriege eine zuoerl
Gecſſchichte der alten Sophiſten. 207
kaͤmpferinn; und in der Freundſchafft die beſte Ge⸗
nn. — Nur meine Freunde haben einen wahren
ruhigen Genuß der Vergnuͤgungen, welche Speife
Trank verſchafſen. Sie fehlafen füßer, als die
gen, die feine Ruhe durch Arbeit verdient haben,
find nicht verdrieglich, wenn ihr Schlummer uns
rochen wird , und unterlaffen feinetwegen niemals
häffte und ‘Pflichten, die verrichtet und erfülle wers
muͤſſen. Sünglinge und Männer erfreuen fich über
ob, was ihnen die Alten geben; und die Alten uͤber
Ehrfurcht, welche ihnen die Züngern erweifen. Sie
nern fich mit Vergnügen ihrer ehemaligen Thaten,
ergoͤzen fich noch immer über das, was fie noch jezo
thun vermögen, weil fie durch mich. den Göttern
td, ihren Freunden eheuer, und ihren Baterftädten
chrungswuͤrdig find, Wenn endlich ihre lezte Stuns
heben kommt; fo fallen fie nicht ruhmlos in die Sins
ve des Grabes, fondern blühen in dem danfbaren
weten aller nachfolgenden Geichlechter , und leben
“in den Gefängen der Nachwelt fort. — Aller dies
Seeligkeiten Fannft auch du, Herfules, den gute
dedle Eltern erzeugt haben, theilbaftig werben, wenn
das thuſt, was ich dir befohlen habe. — So ſchil⸗
tei(fagt Sofrates beym Zenophon) Prodifus die
t, wie die Tugend den jungen Herfuled zum Guten
über habe ; er ſchmuͤckte aber ihren Unterricht noch
t weit prächtigern Gedanfen und Worten aus, als
bon mir gehört habt. —
Wenn man diefe eben fd lehrreiche als ſchoͤne Fi⸗
M des Prodifus gelefen at; fo kann man leicht ges
}t werben zu glauben, daß Sofrates und feine Schuͤ⸗
den Sophiften Unrecht gethan, und ihre Meynun⸗
verdreht, oder daß mwenigftend Prodikus beffer, als
e Brüder gebacht und gelebt habe. Man Fommt aber
) von diefem günftigen Vorurtheile zuruͤck, wenn
man
208 Sechſtes Bud. Zweytes Eapitel..
man erfährt, daß die Fiction des Prodifus eine vo
nen Prunfreden war, mit welchen er in allen Gi
fchen Städten herumzog, und alle Bölfer gleic, ı
Orpheus und Thamyris bezauberte *): daß er di
gend nicht als tehrer, und im Ernfte, ſondern als
clamator und aus Gewinnſucht empfahl, um ba
reiche Nünglinge an fich zu locken **): und daß er
lich den Herrfchenden Laſtern feiner Zeit, dem Gell
und dee Wolluſt noch mehr als die äbrigen Sopl
ergeben gewefen ſey). Prodikus war nicht der eiı
der durch fehöne tobreden auf Tugenden oder große
den ſich Reichthuͤmer und allgemeine Bewunderun
warb. Auch SGorgias ermahnte die Griechen ati
Pythiſchen und Olympiſchen Spielen zur Eintr
and zum Kriege wider die Barbaren 7); und Hk
ſchilderte die Gefchlechter und Thaten der Helden,
anderer berühmten Männer des Alterthums, obe
Gründungen von Pflanzftäpten, oder endlich bie n
Rathſchlaͤge, welche Meftor dem Neoptolemus nar
Eroberung von Troja gegeben habe, um ihn zur
gend aufzumuntern T}f). Weil die einzige Aſich
Sophiften war , bie Öriechen in ein lebhaftes Ste
über die Macht ihrer Beredſamkeit zu verfezen und
und Beyfall zu verbienen FFF); fo wählten fie den
®) Philoft, de vit. Soph. p. 482. 83.
°*) p. 496. Philofl. Plac. 346.
un*) Ib, '
+) Philofl. 493 p.
. 9 Plat. in Hipp. Maj. p. 847.
+14) Iſoer. in Helen, Encom, II, 116. 1IY. Ad
8devos autos as KEAE, TFA TE En
Ceodas Tage Tay venregay. — Er Yaga
Gecſchichte der alten Sophiſten. 209
we Neben nad) dem Gefchmac ihrer Zuhörer, und
hteten ihre Declamationen nach den Geſinnungen ders
gen ein, die fie gewinnen wollten. In Theben und
varta ergoflen fie fich in Lobeserhebungen der Tugend,
# tugendhafter Männer, weil fie wuſten, daß nur
khe tobreven den Einwohnern diefer Städte gefallen
den. In Uchen hingegen breiteren fie fid) über bie
mi der Arınuch und der Verweiſung, oder über
großen Borzüge der gemeinften geringfügigften Gegens
aus *), weil fie bemerfe harten, daß man durch
Deelamationen die Ohren der Achenienfer am leich⸗
gewinnen Fonne. Kaum alfo brauche ich noch
jegen, daß man die Örundfäze der Sophiſten
kht nach dem Inhalte ihrer ſorgfaͤltig geſchmuͤckten,
u nur für gewiſſe Zuhoͤrer ausgearbeiteren Prunfreben
ietheilen dürfe.
- Aus eben den Pemwegungsgründen, aus welchen bie
aien über große und kleine, über nuͤzliche und ſchaͤd⸗
Keßegenftände declamirten, frieben fie aud) die Kunſt,
Ik heno entweder mit ihnen erfand, oder auch von ihr
mannahın : die Kunſt, ‚alles, felbft entgegengefezte
Big, unmittelbar hinter einander zu vertheidigen, und
in befiteiten, die unleugbarften Wahrheiten ungeriß,
md die größten Ungereimtheiten wahrfcheinlich zu mas
ben; endlich andere durch beftändige Fragen in die läs
herlichſten Widerfprüche zu verwickeln, oder auch durch
Infttiche und ihnen unauflösliche Trugfchlüffe zu vers
irren, fich felbft Hingegen durch aͤhnliche Sophifmen
„un⸗
—
— —
.. c
x Iuunaromuias ETW dienesuevor diaTe-
Agcı.
) Iſoer. I, e. p. 112. 119.
Zweyter Band, >
10 Sechſtes Bud. | Zweytes Capitel.
„unuͤberwindlich machen zu koͤnnen *).“ Dieſe
Sophiſtik, oder Streitkunſt wurde in Sriechenlandg
glaublich bewundert, fo oft und glücklich auch Sofre
Piato und Iſokrates bewiefen, daß, fie nur ein
:*) So habe ih 1 Band 74 ©. die Dialeftif des Senn,
klaͤrt, und ich finde gar Feine Urfache, jezo, M
von der alten Sophiſtik rede, das geringfte darim
verändern. Iſokrates nennt dieſe Kunſt Aoyas agı
L. ad Nicoclem p. 79. und diejenigen, die fie Ice
avrı\oyinos; Plato hingegen nennt fie bald auf
sıen p. 102. Soph. bald zassınn, niemals d
Dioererrıun , welchen Namen fie nachher erhielt, 4
wohl auch Ariftoteles die Sophiſtik von der Disld
unterfcheidet. Metaph. Y. B. p. 52. Plate dakı
tag. 297. und Iſokrates Hel. Encom. II, 115. nem
den Protagoras und die übrigen Sophiſten ale die
fin, melde die Kunft alles zu beftreiten und zu u
theidigen gelehrt, und für ihren Unterricht fich kit
bezahlen laſſen; und mit diefen Zeugniſſen film
Diogenes IX. 51, oder ber Schriftfieller, dem er
folgte, überein. Ariſtoteles hingegen und der eben
nannte Diogenes von Laerte Sext. VII. 7. & ibi Pal
gaben den Zeno für ben Erfinder der Dialektik a
Bielleiht kann man diefe Schriftſteller mit einek
vereinigen, wenn man fagt, daß Arifioteles unter
Dialektik, deren Erfindung er dem Zeno zuſchti
hauptſaͤchlich die Kunſt eigentliche Trugſchluͤſſe zu |
den verflanden,, und hingegen Sophiſtik in einer ebe
weitläuftigen Bedeutung, als ich dem Morte gegeh
genommen habe. "Ariftoteles gibt ihr fünf Hauptſtͤ
de Soph. Elench. III, c. 3. Ilewrov de Anz
Too Soxalovras 08 Ev Tois Aoyoss ayanı
Mevo nos din DsAovessavres. €101 de TAUTa m.
Te rov aeıduov, EAEYXos, nos \Veudos, x %
ex og, Ks TOAOKITMOS, Kos WERTET,
70
Geflhichte der alten Sophiſten. 211
veig ber ſchon lange bekannten Kunſt zu gaukeln ſey *),
ß ſie nicht nur gar keinen Nuzen ſchaffe, ſondern
ch den Verſtand junger Leute verderbe, und ſie von
ſtlichen und wichtigen Arbeiten abziehe *”), ja daß
‘auch lange fo ſchwer nicht fey, als fie feheine. ſon⸗
a daß fie einem jeden mirtelmäßigen Kopfe leicht mas
', mic ihr zu glänzen, da fie faft ganz allein in laͤcher⸗
en DBerdrehungen befannter Ausdruͤcke, und in uns
eimten Wortipielen beſtehe. Die Sünglinge und
iſt die Männer von Achen brachen meiftens in ein.
68 Gelächter und andere Zeichen des höchften Bey⸗
8 und Vergnügens aus, wenn fie hörten, wie vie
whiſten ihre Gegner, oder diejenigen, an welche fie
wandten, durch verfängliche Fragen auf die offen«
ten Ungereimtheiten hinfuͤhrten, und fie wider ih⸗
Willen, wie Kreifel, a bier balo dorthin ſchleu⸗
2 Ders
omoc⸗ —E— Toy ecodsnAeyonevoy,
Er dringt von jedem Hauptflüde Beyſpiele bey, und
zeigt zugleich die Mittel an, wodurch man ben Balls
- ftriden der Sophiſten entgehen koͤnne.
” Ifoce. 11. 116. Plat. p. 103 in Soph. p, VII, 281. in
'Euthydeno Sophifta p. 102. 103.
“ Henn junge Leute die falfche Dialektik erfi koſten, fage
7 Plato de Rep. Vil. 148. fo freuen fie ſich, wie bie
jungen Hunde, daß fie durd ihre Spisfindigkeiten alle
ihre Bekannten zerren und ziehen koͤnnen, wohin fie
rollen. Wen fie aber eine Zeitlang andere auf dieſe
Art gefoppt haben, und wieder gefoppt worden find;
fo fommen fie bald dahin, daß fie nichts von alle dem
glauben, wovon fie fonft Äberzeugt waren Ernſthaf⸗
tere Männer meiden alsdann den Umgang: foldher Ver⸗
rüdten, weil fie nit gerue mit Perfonen reder md
gen, die im Ernfle weder ihre Meynungen behaupten,
noch anderer ihre beſtreiten. Man febe auch Philch,
p- 150.
arm Sechſtes Buch. Zweytes Capitel.
derten *). Die Sophiſten ſelbſt gaben ihre Kunſt
bie beſte Gymnaſtik der Seele, und ihre Spizfindi
ten für die heilfamften Uebungen aus , wodurch
Kräfte derfelben zu allen Arbeiten geftärft würden
Sie rühmten fie ald einen magifchen Schläffel zu
übrigen Künften und Wiffenfchafften, und verfpra
dag man mit ihr alle übrige Künfte und Wiſſenſche
erlernen , und durch fie zu den weiſeſten und fcha
nigſten Menjchen ausgebildet werben würde ***). |
diefe Kunft war e8 auch, welche ven Sophiften
Zeitlang das Anfehen von Allwiffern gab, weil fi
ies mic gleicher keichtigleit beftritten und behauptete
Ich wuͤrde meine fefer unfehlbar ermüden, ı
ich ihnen alle die abgeſchmackten Grübeleyen, uni
Heihen findifcher Fragen mitcheilen wollte, auf m
hie Sophiſten fo ftolz; waren. Sch übergehe daher
andern Weberbleibfel ver eiteln Kunft ver Sophiſten
und begnüge mic) damit, als die merfwürbigften '
ben verfelben die Gedanken des Protagoras übe
Woahrheit und ben Inhalt einer Schrift des Go
DT NN en nnd
” Man fehe bef. 277. 281. in Eutbydemo Plat, €
Perikles wurde von feinem Sohne befchuldigt, &
einen ganzen Tag mit dem Protagoras die wi
Frage unterfucht habe: Ob man die Urfache des |
eines Pferdes, das umvorfezlih von jemanden
einen Wurffpieß getroffen worden war, in dem
fpieße, oder in dem, der ihn geworfen babe, ob
den Kampfrichtern fuchen müffe? Plut. in Vik, Pe
. 665.
0, Ibser. ad Nicoclem. I. 79. II. Encom, Hel, 116.
in Parmenide 141. 42. |
©®#) Plat. in Soph. p. Io2.
+), Plat. ib.
+ Man fehe befonders Plato in Euthydemo p, 269,7
& äAriftotel. in Sophiſt. Elenchis, Ä
Geſchichte der alten Sopifle. 213
führen , welche Ariftoteles und Sextus *), der -
re am beutlichiten und ausführlichiten, ausgezogen
m. Ä
In feinem Werfe über das Unwirffiche, oder über
Ratur,, fuchte Sorgias dreyerley darzuthun: erftlich,
nichts exiſtire: zweytens, daß, wenn aud) etivas
lich fen, dies doch von Menfchen nicht begriffen und
une werden fünne: und endlich drittens, daß, wenn
z auch erfennen koͤnne, es ihm doch unmöglich fey,
' Begriffe und Kenntniffe andern mitzucheilen. Den
n Saz: daß nichts ſey, glaubte er auf folgende Art
eweifen: Wenn etwas ift, fchloß er, fo ift diefes ent⸗
er etwas Wirkliches, oder etwas Unwirfliches, oder
hl das Wirfliche als Unwirkliche. Nun iſt feiner
diefen dreyen Fällen möglich, alfo eriftirt gar nichts.
eft kann das Unmirfliche nicht feyn. Wenn das
eirfliche exiſtirte; fo muͤſte es zugleich feyn und auch
t ſeyn. Denn in fo fern es als unmirflich gedacht
d, kann es nicht feyn. In fo fern es aber als eris
mb gedacht würde, müfte es wirklich feyn: nun aber
3 ganz ungebenfbar, daß etwas zugleich fey, und
y nicht fen; und hieraus alfo folgt, Daß das Unwirk⸗
nicht eriftivre. Wenn ferner das Unwirkliche epis
e; fo müfte das Wirfliche nicht fenn, weil beybe
einander entgegengefezt find. Käme alfo dem Uns
lichen das Dafeyn zu; fo müfte vom Wirflichen bie
hteriftenz gefagt werden. Das Wirfliche fann daher
t unwirflid) ; und das Unwirkliche nicht wirflich
ven. — Zweytens kann auch das Wirfliche nicht
D 3 gi
) VI 65 u. f. Schon Parmenides hatte zu beweifen ges
ſucht, daß das Unwirkliche in einem gewiffen Verſtan⸗
be exiſtire, und das Wirkliche in einem gewiſſen Bere
ſtande nicht ſey. Plat. ig Sophifts p. 105.
SE
214 Sechſtes Buch. Zweytes Cpl,
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exiſtiren. Denn wenn dieſes ſeyn ſollte; fo: muͤſt
entweder ewig, ober erzeugt, oder beydes zugleich f
nun findet weder das eritere, noch das zweyte, noch
dritte Statt; folglid) ift das Wirfliche gar nicht. R
das Wirkliche, um biemit anzufangen, ewig wäre
muͤſte e8 gar feinen Anfang haben, (weil alles,
entſteht, einen gewiffen Anfang hat). Wenn ei
‚Beinen Anfang Härte; fo müfte es unendlich oder 4
graͤnzt; und mern ed biefes wäre, nirgends fenn; |
wenn es. irgendswo exiſtirte; fo müfle es von?
worinn es waͤre, verſchieden, und alſo nicht une
fenn , weil es von etwas andern umſchloſſen 1
Denn das umfchliegende ift immer größer als das,
umſchloſſen wird; nun kann aber nichts größer dh
Unendliche, und folglich kann das Unendliche ni
gendwo feyn. Auch Fann man nicht fagen,. def
fich ſelbſt enthalten fen, weil aladann das , weil
wäre, und das, was in ihm wäre, einerley, :siahi
Mirfliche zweyerley feyn würde. Denn das, r
es wäre, würde Raum oder Ort; und Das, was
wäre, Eörper fen. Dies ift aber ungereime, ul
MWirfliche eriftirt alſo auch nicht in fich ſelbſt. 9
alfo das Wirfliche ewig iſt, fo ift es auch |
Folglich auch nirgends, folglich) exiſtirt es gar nick
Eben fo wenig läßt es fich denfen, daß das Wid
entftanden oder hervorgebracht worden. Denn ven
entflanden wäre, fo müfte e8 entweder aus etwas %
fichem, oder auch aus dem Unwirklichen eneftanden |
Aus etwas Wirklichem konnte es nicht entſtehen;
wenn es ſchon vorher wirklich war; fo entſtand ei
erſt, ſondern es exiſtirte ſchon. Auch' kann es nick
etwas, was nicht war, hervorgegangen ſeyn. 1
Das, was nicht iſt, kann unmoͤglich etwas her
gen, weil alles, was zeugen ſoll, nothwendig wit
Bein uf. Das Wirfliche, ift alfo auch nick mi
Geſchichte der alten Sophiften. ag
b aus den angeführten Gründen kann man auch
en, daß es benbes entflanden und unentftanden
tiefe Fälle heben fich einander auf; denn wenn
rFliche ewig iſt; ſo iſt es nicht .entflanden ; und
entitanden it; fo kann es nicht ewig feyn. Da
Mirfliche weder ewig, noch entftanden, noch
ugleich ift; fo eriftire e8 gar nicht. - Wenn fer
Mirfliche eriftiren follte; fo müfte es entweber
ige Subftanz, oder ein Haufen mehrerer Subs
ſeyn; nun aber tft e& weder das eine, noch das
alfo ift es gar nicht. Wenn das Wisfliche eine
Zubſtanz waͤre; fo müfte es entweber ein gewiſ⸗
ntum, oder ein gewifles Continuum, oder eine
Sröße, oder ein Eörper fern. Don diefen Fäls
man annehmen, telchen man wills fo Four
; MWirfliche unmöglich für eine Einheit, ever für
ige Subftanz halten. Denn als Quantum fann
le, als Continuum zerfehnitten, als Große
und als Coͤrper in feine Beſtandtheile aufgelöfk
Ungereimt aber ift es zu behaupten, daß das
e weder Duantum , noch Continuum, noch
der Coͤrper fey, und folglich kann es nicht eine
ntheilbare Subftanz ſeyn. Noch weniger ift
aufen ober eine Sammlung mehrer Subftanzen.
venn ed Feine Einheit, Feine einzige Subſtanz
fann es auch Feine Mehrheit herfelben geben,
hrere Subftangen aus der Vervielfaͤltigung der
eniftehen. — Endlich laͤßt es fich keicht darthun,
Wirkliche und Unwirkliche nicht zugleich exiſtirt.
venn dieſes wäre, fo muͤſte das Unwirkliche dem
ven gleich, und folglich Feines von beyden ſeyn.
3 Unmirfliche nicht ift, wird von allen zugege⸗
nd wenn alfo das Wirkliche dem Unwirklichen
t; fo eriftice auch Diefes nicht. Wenn uͤberdem
iefliche mit dem Unmirflichen einerfeg iſt; fo
4. - ann
‚® beydes ſeyn. Denn enn
m —— „ und wenn e rn nicht
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welche ungereimt Kt. Denn vor in wi
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Merd Fortremt!
wegen nicht ah jenen
zy uber vie e des Meers for
gwät
Geſchichte der alten Sophiſten. 217
zen wollte, daß fo, mie wie fichebare Dinge niche
sgnen, weil fie nicht zugleich gehört, und hörbare
cht, weil fie nicht auch gefehen werden, man aud) die
Zirflichkeit der Dinge, die von und gedacht werben,
cht laͤugnen fonne, wenn fie auch von uns weder ges
wt noch gejehen würden; indem doc) die Kraft, bie
ihrer Beſtimmung nach wahusrehmen folle, fie auch
Krflich wahrnehme. Wenn man alfo einen Wagen
Kdem Meere, den man fich denfe, auch niche mit
Augen erblicke, fo koͤnne er deßwegen wohl wirk⸗
h ſeyn. Dies, antwortete Gorgias, ift zu abges
hmackt, als daß es meiter widerlegt zu werden braucht,
man kann alſo zuverfichtlich behaupten, daß nicht
Wirfliche, oder die wirklichen Dinge von Menſchen
Mannt und gedacht werden. Wenn aber diefes auch)
Kglich wäre: fo würde Doch das erfannte Wirkliche
4 unmittheilbar feyn. Denn wenn die wirklichen
inge, vie außer uns find, fichtbar oder hörbar, oder
erhaupt durch die Sinne wahenehmlich find; fo müfs
die Sichtbaren durchs Geficht, die Hörbaren durchs
Hör, und nicht umgefehrt wahrgenommen oder ems
Anden werden. Wie fonnen dieje alfo anders befanne
Macht werden? Das, wodurch wir uns äußern, ift
e Rede oder der Verſtand. Der Verſtand ift aber
icht einerlen mit den äußern Gegenftänven; und wir
laßern ober theilen alfo nicht die wirflichen Dinge, fons
bern den Verſtand oder Gedanfen mit, die von den
birklichen Dingen verfchieden find. So wenig nun das
Bichtbare hörbar, und umgekehrt, werden kann; eben
ı wenig Fann das MWirfliche, wenn e8 anders außer uns
F, unfer Berftand werden, und wenn ed mit biefem
cht einerley iſt, irgend jemanden befannt gemacht oder
itgetheilt wekden. Unſer Berftand, oder der ganze
torrath von Borftellungen entfteht allmälich aus den
indruͤcken der Außern Seaenftände Denn aus den —*
35
218 Sechſtes Buch. Zweytes Capitel.
wirkungen von Saͤften entſtehen unſere Begriffe w
Saͤften; aus den Einwirkungen von Farben unſere dee
ſtellungen von Farben, undf.w. Wenn aber bir
iſt; fo koͤnnen nicht unfere Begriffe die Anzeiger oe
Offenbarer der Dinge, fondern die Dinge müffen vd
mehr die Erfläcer unſerer Vorſtellungen feyn.
kann man nicht fagen, daß der Derftand auf eine fol
Art wirflicd) ift, als die Dinge außer uns; und daß ai
nach ihm, als einer wirflichen Subſtanz, die aͤuße
wirflichen Dinge erfannt werden Fönnten. ‘Denn werd
der Verſtand und feine Borftellungen auch für fich hei
fiehende Weſen wären; fo würden fie doch von den übrige
äußern Subftanzen unendlich verfchieben feyn, und die laiı
tern koͤnnen daher Durch jene eben fo wenig befannt gemach
werben, als fie ſich einander erläutern, oder ins iche
fezen koͤnnen. — Durch diefe Zivenfel des Gorglas,
fagt Sertus, wird alle Kriterium gänzlich aufgehoben,
Denn ein folches kann unmöglich ſtatt finden, menn.d
gar nichts Wirfliches gibt, oder wenn das Wirkliche
nicht erfannt oder mitgetheilt werden kann *).
u
Faſt noch merfwürdiger als diefe Leberbfeibfel de
Sophiftif des Gorgias find die Gedanken des Protage
rad über die Wahrheit, bie man in allen alten philofee :
phiſchen Schriftftelleen, aber am umftändfichften im |
Sertus findet **), und von welchen nur ein einziger '
Schritt zum erflärten Skepticismus übrig blieb, meh
den Schriee Pyrrho erft ein ganzes Jahrhundert nady '
ber that. . Alle Einpfindungen und Borftellungen, be
hauptete der Abderitifche Sophift, find wahr, oder bie
Wahrheit befteht nur in einem gewiffen Berbältnifk,
indem alles, was jemanden wahr fcheint, für ihn auch
na CEnER. GE GES
5.87.
°.) vu 59% 64.
\ Geſchichte der alten Sophiften. 219
dahr iſt. Ein jeder Menſch, fing er eins feiner Werke
J in welchem er dieſe Meynung vortrug, iſt der
aßſtab der Wahrheit, und der Natur der Dinge,
ke in feine Sinne wirken: oder er hat das Recht, das,
bas ihm wirklich fheint, für wirflic), und das, was
Nicht jo ſcheint, für unmirflich zu halten. Dieſer
Bo; wird felbft durch die entgeaengefezte Behauptung
Iwiefen. Denn wenn jemiand-fagte, daß nicht ein jes
er Menfch ver Maaßſtab oder ver Nichter aller Dinge
d; fo würde man ihm gleich antworten koͤnnen, daß
ich er ein einzelner Menſch fey, und das für wahr aus⸗
be, was ihm wahr ſcheine. Der Wahnfinnige (fuhr
rotagoras fort) ift alfo das Kriterium, oder ein güls
jer Nichter deſſen, was er in feinem Zuftande empfins
t; und fo auch) ver Träumende, das Kind und der
reis von allem, was einem jeden in feiner tage oder in
inem Alter erfcheint und aufitoßt. Laͤcherlich wäre es,
enn man die Empfindungen gemiffer Menfchen in ger
fen tagen und Zuftänden durch die Empfindungen
nderee Menfchen in andern tagen und Zuftänden unge
aß machen, oder widerlegen, und wenn man alfo bie
Einpfindzingen von Wahnſinnigen nad) denen von ges
unden Menichen; oder die von Träumenden nach denen
wer Wachenden; oder die von Kindern 'nach denen
son Greifen richten und verbeffern wollte . Denn fo
wie jene Das nicht wahrnehmen, was Diefe empfinden, fo
empfinden wiederum diefe nicht, was jene wahrnehmen.
Wenn alfo der Wahnfinnige und Schlafende bloß deß⸗
wegen, weil er in einem gewiſſen Zuftande ift, Fein guͤl⸗
tiger Richter alles deſſen feyn foll, was er in Diefer Sage
empfindet; fo ft auch der Wachende und der Menſch
hey gefundem Berftande Fein gültiger Richter der Dinge,
bie ihm begegnen und erfcheinen, weil beyde eben ſowohl
als jene in einer eigenthümlichen lage find. Da alfo fein
Menfch anders, als in einem ihm eienthumlchen Bu
- an⸗
=
7 ’ Fa EV
: .
. A ,
7 Sedle⸗ Buch. —E
ftande, oder unser geroiffen ihm eigenthimfichen Um
den, empfindet ; fo muß man einem jeden in. der |
trauen, in welcher er fich finder, und dasjenige für w
halten, was ihm in diefer tage als wahr \erfcheint.
Mit Recht urtheilten Ariftoteles *) und Gertus '
Daß durch diefe Behauptung alles Kriterium der We
heit und bes Irrthums aufgehoben werde: und daß, w
alles, was einem jeden Menſchen wahr und falſch fh
wahr und, falfch fen, alles zugleich wahr und fl
oder zugleich ſeyn und nicht feyn muͤſſe, weil viele D
einigen wahr und andern falſch, einigen wirklich
andern unwirklich ſchienen 7).
Wenn man nun alle die von mit geſammelten 5
mente der Sophiften, und die Nachrichten und Kell
ber größten Zeitgenoffen über diefe Männer ruhig.
umpartheyifch überlegt; fo muß man nothivendig)
uͤbereinſtimmenden Ausfprüchen des Plato, Feng
umd Iſokrates, und aller übrigen Schriftfteller, di
nen folgten, begtreten: daß nemlid) die Sophiſten
ganzen Griechenlande weit mehr geſchadet als gem
daß fie mehr Herzen zerrüttet, als Geiſter aufgekl
und daß endlich alle ihre Erfindungen der Sittenverd
uiß nicht das Öleichgeroicht halten Fonnen;, die fie w
einigen Griechiſchen Bölfern zuerſt hervorgebracht,
unter andern beſchleunigt und befördert haben. Zu
dauren ift es aber immer, daß alle ihre Werke bis
einige Bruchſtuͤcke verloren gegangen find, und baß
daher zwar willen, daß fie mehrere Wiffenfchafften
funden, und alle Wiſſenſchafften erweitert haben,
—
©) Metaph. V. e. p. 61.
vi l.c
9 Ra & dem Gertus l,c. dachten Enthodemns m und Di
ML u shen ſo, wir Protageras gelehtt beste.
}'
Geſchichte der alten Sophiſten. ORı
che mehr genau zu beftlimmen im Stande find, wie
del eine jede Wiflenfihafft einem jeden unter ihnen zu
anken hatte.
Der Name, und das Geſchlecht der Sophiften,
auerte noch. bi6 auf die legten Zeiten des Iſokrates
ort *) 5 allein fie wurden noch ben Lebzeiten des Sokra⸗
es, noch mehr aber nad) teffen Tode, eben fo heftig
erabfcheuet und verachtet, als fie anfangs waren bes
undert worden. Die Achenienfer unterfagten ihnen,
or den Nichterftählen zu erjcheinen, weil man fie für
Schwäzer hielt, die Das Hecht in Unrecht, und Unrecht
+ Recht verfehrten *). Selbſt ihr Name wurde ein
Schimpfname }), vor welchem die größten Männer
nter den Griechen fich fo fehr fürchteten, daß fie nichts.
brieben, um nicht für Sophiften gehalten zu wers
en Fr). Den Grund diejes allgemeinen Haffes, und
er allgemeinen DBerachtung, worinn fie fielen, muß
nan nicht allein darinn fuchen, daß fie vom Sokrates,
Hofrates und deren Schülern entlarvt, daß die Scheußs
lichfeie ihrer Grundſaͤze geoffenbart, und die Nichtigkeit
hrer Srübelenen und Spifindigfeiten lächerlich gemacht
wurde; ihre eigene Ausartung trug am meiften zu ihrem
Falle, und zur gänzlichen Umftimmung des Urtheils
des Bolfs von ihren Derdienften bey. _ Das außerors
dentliche Stück, was die erften Sophiften machten, ers:
weckte auf einmal ganze Schaaren von mittelmäßigen
und nichtsmwärdigen Menfchen, welche durch die Annahme
des
#) Dies ſieht man aus dem Panathenaicus, der orst. con-
tra Sophiftas und rees avriderews, die Ifofrates
alle im hohen oder hoͤchſten Alter ſchrieb.
#*) Philoftr. in Vit. Soph, p. 483.
$) Xenophon, xunyer. e. 13
+t) Plat. p. 207. in Phaedon, >
J
3 ¶ Sehhſtetß Buch. gweytes Cariee
des Titels Sophiſt eben fo großen Ruhm,
eben fo große Reichthuͤmer zu erwerben
old bie erſten, die biefen Namen trugen, ,
Jange hatten. Allein dieſe -Nachfolgee des 4
“glas, Hippias und Protagoras übertrieben ihre An
‚gungen, Verſorechungen und Unverſchaͤmtheit eba
Fehr, als fie in Anfehung der Talente und Keunt
‚Hinter ihren Vorgängern zuruͤckblieben. Sie Eng
nicht nur für die einzigen tehrer der Tugend und.
heit aus, ſondern fuchten alle andere berüpmte- Men
Befonders den Iſokrates durch falfche Verlaͤnmdu
- mb Antlagen ins Verderben zu ſtuͤrzen *). . Ihre l.
* berträchtigfeit war fo groß, daß fie, die ſich ruͤhm
‚einen jeden weife und gläclich machen zu Fonnen ;ı,
; u ‚Schüler nörhigten ‚sur Sicherheit ihres lohn
‚ober fünf Minen Pfänber ben reichen Wechslern m
J zulegen. Dieſe ſchmuzige Gewinnſucht der
ber Gegenfaz wiſchen ihren Verſprechungen und.
oder leben, ihre Unbrauchbarkeit in wichtigen
ten und Aemtern ben allen Anſpruͤchen auf die Es
ſchung der Beheimniffe der Zufunft und Natur, ent
bie Ungereimtheit iprer Grübeleyen öffneten zulezt fe
Menfcyen vom Pobel die Augen, und brachten in ih
die Meynung hervor, daß die Sophiſten ‚mehr te|
ber Geſchwaͤzigkeit und unnuͤzer Spishndigfeiten, : al
. Weisheit und Tugend jeyen**). Solche Männer n
®) U. iſoer. in Panath, p. 182. 197. 193. tontra Sopl
„9332. Ilegs Avridisews 386. 39;
$*) loer, II. p. 330. contra Sopbift. Emeidor ur!
" lioray Tıves, dmayrı TauTa Gucyıocus
werılon Tas Tm coDıdv dzonovress ,
. — wuruddrrus, wurus'de ⏑
Geſchichte der alten Sophiften. 223
nicht nur ihrem Namen, fondern der ganzen Philos
ie Berachtung zuzogen, Fonnten unmöglich gegen den
krates und Sfofrates Stand halten, wovon der eine
Philoſophie, und der andere die Staatsfunft. und
redſamkeit von allem Prunfe und Wuſte metaphyſi⸗
r und dialeftifcher Unterfuchungen fäuberte, und die
be mehr Unfehen und Schüler erhielten, als Feiner
open und berühmtefien Sophiſten gehabt
le ").
Beylage zu p. 175.
eber bie Zeitrechnung der ältern Griechifchen Sophi⸗
ften kann man nicht viel mehr ſagen, als was.man
in in den bisherigen Betrachtungen gelefen hat. Air
fen von einigen, wie vom Gorgias und Protagoras,
| daß
Acoy deousvss, Ko TES HAIATES Minpov TERT-
TOuUEVBS, You TOS EVAVTIWTEIS EWI MEV Twy Ao-
Yılıwy rnesvras, emıde Tav epyay un xafogov-
Tas’ eri dE TEL TV MEMOVTwV EV ESÖEVOL
TEOCKOIBMEVBS, TEL de Toy MaBoyTwy undev
Fwy deovrav unT esmey unTe OuußsAsucas du-
yurmevas, aA maMov 0MoAoYEvTas u EAEIm
KATOEIEVTAS TES TOUS dofaus Kemuevss, n Tas
TN ETRISNUNV EN EMAYYERCHEVES, SHOTWE
osuccı KATRDeovası, xuı vousleow adoAco ya
Kos MiNEoAoYıoer, ar;E vns Wuxas ETFLIMEA EOLY
eva ras diwreißas Tas Teiuuras.
) Man fehe Cic. de orat. II, ı6. 17. Brut. ec. 9. Dionyf.
delfocr. V. 536. Pfeudo - Plutarch, Vita Rhet, IX, 329.
Iſoer,. II, 388. 91. |
— X
\
a Sechſies Buch. Zweyten Ef:
baß fie ſehr alt geworden *), und von allen, daß fe
ſchen ver achtzigften und neunzigften oder fünf und a
sioften Dlnmpicde am meiften gebluͤht haben; abet!
- Seinem iſt das Geburts » umb Sterbejahr genau befa
Ich halte es für unmöthig, die einzeln Data übe
ifrechnung der Sophiften zu fammien, oder bie
alter Schrifsfteller in der Chronologie derfeiben zu wi
legen, da die. beyden mejentlichen Puncte dındy
Schriften der Sofratifer außer allen Ziveyfel g
. find: dag nämlid) die Sophiften im Zeitalter des (
rates lebten, und daß diejenigen, bie ich als die g
"ten und Gerühmteften genannt habe, auch die erften ı
- äfteften waren. So genau aber das Zeitalter der (
phiften einem jeben Gelehrten aus den
Plato, Zenophon und Iſokrates bekannt feyw'.Fei
fo machten doch berühmte Schriftſteller "
Machlaͤſſigkeit Die gröbften Anachronismen, wer
fe Materie im Vorbeygehen beruͤhrten. Plintus
zum Denfpiel, daß Gorgias um bie fiebenzigfte DM
piade ſich felbft eine goldene Statuͤe in Delphi-geftk
be ; ein Datum, welches fich auf Feine Art ver
”) Denn da Sorgias über ven Sofrates
lebte 7) 3 fo muß er nothwendig nach ber fie
Dlompiade gebohren worden ſeyn. Möthiger aber Hy
es mie gegen den Mißbrauch zu warnen, ben. 4
ge alte Schriftfteller non dem Worte Soppift madk
ferner ihre Berwechslung mit berühmten Staatem
nern und Nednern zu bemerken, und enblich vie fl
[5
l
%) Der erfiere erreichte ein Alter von 109 Jahren. D
IX. 58. Quint, III. 1. und der andere von 70 Jah
Plat. p. 297.
") L. 33.0.4
D Werl
Geſchichte der alten Sophiſten. 225
ı Merkmale zu ruͤgen, durch welche man fie von
ältern und neuern Rhetoren, welche leztere auch So⸗
len genannt wurden, zu unterfcheiden fuchte. Einige
nten Sophiften alle Forfcher ver Wahrheit und Nas
, befonders aber diejenigen , welche über ven Lies
ing der Dinge, und über die Natur und Größe der
miifchen Eörper Unterfuchungen anftellten. In Dies
Bedeutung nahm Aefchines das Wort Sophift, wenn
en Unaragoras und Sofrates *) damit belegte, des
‘ee aber unter keinerley Borwande gegeben werden
n, weil fie weber ums Geld, noch in ſolchen Abſich⸗
noch auch folche Dinge lehrten, dergleichen die So⸗
ten vortrugen **). Andere rechneten alle diejenigen
den Sophiften, welche die Dialefrif und ‘die Kunft
nafchlüffe zu erfinden trieben, ober auch nur Saͤze
theidigten, Die den gemeinen Mienfchenverftand beleis
tn. Aus dieſem runde zählte Ifofrates den Mer .
# und Zend den Sophiften zu F), aus deren Zahl
m fie mit Necht ausſchließt, weil bende weder Red⸗
', noch Sehrer der Beredfamfeit und Staatsfunft wa⸗
. Unter allen unrichtigen Bedeutungen aber, in
hen der Ausdruck Sophift genommen worden ift,
int Feine fo allgemein geweſen zu feyn, als biejenige,
welcher Sophift als gleichgeltend mit Redner oder
ser der Deredfamfeit angefehen wurde. Diefen Sinn
band Ariftophanes ‚mit dem Ausdrucke Sophift, als
sen Sofrates unter dieſem Namen zwar als einen
äbler, der nach überirdifchen Dingen forfche, aber
1: 7
) p.1194. Man fehe auch Schol, ad Arift. Nub, v, 330.
#) Cic. Soer. Quaeft. IV. 23.
) N. IV. & 327 p. Ed, Bealt,
Zweyter Band. | P |
x .
As Sadbſtes Vuch. Zweytes all,
vorzuͤglich als einen gefährlichen Schwoͤzer fehifbent
die Kunft verftehe und fehre, eine gute und flarfe
ſchlecht, und eine fchlechte und ſchwache Sache g
ſtark zu machen. Eben fo brauchte Philoſtrati
Wort, wenn er In der Gefchichte der Sophiſten
len berühmten Rednern und Sehrern der Bered
handelt. . Sowohl diefer Schriftiteller als viele
festen den Kritias und Tiheramenes unter bie alte
phiſten, ungeachtet fie niemiald irgend eine Kun
Wiſſenſchafft öffentlich gelehre harten. Sobal
‚alte Redner mit Soppiften und tehrer dee Bere
für einerley Perſonen hält; fo muß man auch d
riffes, Alkibiades und unzählige andere Redn
©taatömänner , die Eicero richtig von den &
unterſcheidet, in die Claſſe der leztern aufneh
So ſehr ſich Philoſtratus irrte, wenn er die St
mit Volksrednern, oder gar mit Sternkundig
wechſelte *); fo erdichtet find die Unterſchiede,
zwiſchen den aͤltern und neuern Sophiſten angibt
alten, ſagt ee 7), legten ſich allein auf vie ro
gende und panegyriſche, und die neuern allein
gerichtliche Beredſamkeit. Das Haupt der erſte
Gorgias; und das der leztern war Aeſchines. FT
gereimte Urtheil enthält faft eben fo viel Fehler,
Worte in ſich faßt. Denn erſtlich ift es falfch,
. %#%) Brut, c, 7 & 8.
) Er fest nämlich den Eudorus und Karneades au
. bie Söphiften. Diefe Verwechslung iſt um d.
famer, da er aus alten Gihriftftellern richtige
von ben Sophiſten und ihrer Kunſt gefchöpf
Man fehe ©. 481. 482. de Vita Sophift, Eı
rii,
2)-P 481» in Vlt. Sophiſt.
⸗
eſchichte de der alten Sophiſten. 237
ben Soppiften ſich gar nicht mit der gerichtlichen Be⸗
Mamfeit beſchaͤfftigt Hätten, da ein ganzer Haufe der
ten Schriftitellee vom Antiphon und andern bas
pgentheil bezeugen ). Eben fo ungegrünbet ift es,
die größten Männer, bie vom !nfias an vor den
Khterftählen redeten, die berarhichlagende und pane⸗
iſche Beredſamkeit vernachläffige haben. Und lächers
Jiſt es endlich, den Aeſchines zum Haupte der jüns
en Sophiften zu machen, da diefer Name feinen Red⸗
, vom infias oder Iſokrates an bis auf Ehrifti Geburt
en, fondern erft im erften und zweyten Jahrhun⸗
te nach Chriſti Geburt erneuert worden iſt. Ku
— Eine
‚® Plat. p. 269. Dionyf. V. 627 p. Cicer, in Brut.c, 12.
Tbuc. VII, & Quint. U. ı,
=- — 7c Po m. m Yon
%
P a Siebentes
Aa 0 F BCE
Siebentes Buch.
Erſtes Capitel.
| Gefhichte des Peloponnefifchen Kriege
x. der Unruhen in Griechenland, bis *
Frieden des Antalfidas, als eine Einlett
in die Geſchiht⸗ der Sokrati
Philoſophie.
Ur eben die Zeit, als die alten Sophiften m .
Anfehen ftanden, und die Rathgeber von X *
wie die Lehrer der größten Volksfuͤhrer waren, ent
fich der Peloponneftfche Krieg, den Thukydides mich
den merfwürbigften nennt, der von Griechen ge
worden *). Kein anderer Krieg war jemals fo la
zig und hartnaͤckig, als dieſer; indem er fi 6
zwanzig Jahre dauerte”*): Fein anderer var odert
fo allgemein, indem er fich nicht nur von arte
vom Peloponnes aus über das ganze alte Sri
«
dr Thuc. V. 26. Diod. XIII. 630. Ed, Welſei.
phon Hiſt. Gr. II. 3. p- 84. sechnete falſch, wen
ihm eine Länge von 287 Jahren gab
wen. — 87. 2. au, und endigte ſich Di. 93-4
°
PR bes Selopomefkten PERL 229
fondern auch die Griechiſchen Inſeln an
E in Aften, Italien und Sicilien ergriff. In
andern Kriege wurden fo viele edle Gefchlechter,
ch bisher unter den fürchterlichiten Revolutionen von
echenland erhalten hatten, vertilgt, fo viele Staͤdte
durch das Feuer und Schwerdt ber Feinde,
: auch durch innere Möurereyen und vers
‚, fo viele Länder entwölfert und verdbet, und fü
% diutige Schlachten zu Waſſer ımb zu tande geliefert,
dem Peloponnefifchen”). In keinem andern Kriege
kb wurden bie ©itten ber Öriechen fo unheilbar ven
n, und bie. Staaröverfaffungen aller Bölfer, vie
quögenommen, fo häufig umgeworfen, als
| gen, ven ich jezo befchreiben werde *"). 6 -
ſogar, als wenn die ganze Natur und alle Ele⸗
iitte fich mit den teivenfchofften und taftern ber Gries
en zum Untergange ber teztern verſchworen hatten,
Rum in feinem andern Zeitraume wurden alle Thelle . X
nland fo fehr Durch verzehrende Seuchen, oder -
zerſtoͤrende Ueberſchwemmungen, ober durch Dürre,
s und Hungersnoth aufgerieben; und auch nie
die Gemuͤther der niedergeſchlagenen Bewohner
fo drohende Verfinſterungen der himmliſchen Coͤr⸗
und andere furchtbare Meteore in Schrecken ges
7). Durch dieſe Plagen, womit die Vorſehung
edle Volk, deſſen Licht alle übrige Voͤlker erleuchten
heimſuchte, und durch die Ungluͤcksfaͤlle des Krie⸗
ie es ſich durch feine eigne Thorheit zuzog, fiel
ganze Sriechifche Stamm In eine töbtliche Schwaͤ der
3
— — — —— — ——
9 Thne, 1.23. Ifocr. I. de Pace 402. 4. U. in Archid,
“m * ee. ee huc. II, 81» 83.
144, 23. Thucyd, |
⸗
230" Cebentes Buch. Erſtes Capite.
I
von welcher er fich nie wieder erhohfte, und Die baldn
ber allgemeine Knechtfchafft oder Abhängigkeit, ven?
{uft der erhabenften Tugenden, und den traurigen !
aller Künfte und Wiflenfchafften nad) ſich og. X
man darauf Acht gibt, was die Griechifchen Sta
im Peloponnefifchen Kriege und kurz nachher gelitten
gethan haben; fo erflaunt man nicht Darüber, da
durch dieſe unfäglichen Drangfale und durch die ung
Jichften Anſtrengungen, die fie fich felbft niemals |
‚traut hatten, erfchopft, fondern daß fie badurd) ı
‚ gänzlich zernichtet wurden. So ſchmerzhaft aber:
ber. theilnehmenve Leſer und Gejchichtfchreiber durch
fchnell auf einander folgenden Niederlagen und Un
bie allmaͤlich ein jedes Griechifches Volk betrafen, ger
wird, fo hinreißend und Seelenftärfend find woiede
die Deyfpiele von unüberwindlicher Standhaftig
womit eben diefe Völker, vorzüglid) die Athenienſer
ten widrigen Schickſale entgegen Fämpften, und
plözlich alsdann mit erneuerten Kräften wiederum
richteren, wenn man nicht anders ald glauben fo
Daß fie mit ihren eingeriffenen Mauern und gefchla
Heeren gefallen, oder mit ihren zu Grunde gerid
Flotten verfenfe feyn müften *).
*) Die Geſchichtſchreiber dieſes Zeitraums find, mie bei
Zhufgbides und Kenopkon, die beyde Zeugen
Theilnehmer der Handlungen und Begebenheite
ren, bie fie befärieben haben. Bon ihren w
Diodor in feinem zwoͤlften, drevzehenten und ı
henten Buche, und Plutarch in feinem Perikles
kibiades, Nikias, Lyſander, und Ageſilaus bäufi
Ich darf aber wohl nicht beweiſen, daß die beyden
Männer mehr Glauben verdienen, als die-bepbi
tern, welche meiſtens dem Ephorus und Xheopemz
ten, ungeachtet fie den Thukydides und Xeu
fannten, und auch bisweilen ihre gewöhnlich
waͤhrsmaͤnner gegen fie verließen.
Gefthichte bes Peloponneſiſchen Krieges. azꝛ
Die wahre Urſache des Peloponneſiſchen Krieges
die außerordentliche Größe, zu welcher die Athe⸗
fer fich in den lezten Jahren hinaufgeſchwungen, und
Mißbrauch, den fie davon in der Unterdruͤckung der
unbeögenoflen, und der Mißhandlung der übrigen
riechen gemacht hatten”). Die Bundesgenoffen feufzs
t über das harte och, was die Athenienfer ihnen
foelegt Jatten, und noch immer ſchwerer madıten,
er Die Diauern, die man ihnen niedergeriffen, über
Flotten und Schäze, Die man ihnen geraubt, und
er ven faft jährlich fleigenden Tribut, den man von
jen gefordert hatte, ober noch forderte. Alle fahen
ber mit ftiller, aber doch bemerfharer Sehnfucht auf
pasta, als auf ihre Befreyerinn bin, von welcher fie
d aus einer unerträglichen Rnechtfchafft errettet zus
even hoffen **), Die übrigen Griechifchen Staas
‚ die den Arhenienfern nod) wicht unterworfen waren,
chteten täglich ein gleiches Schickfal, und Flagten laut
2 bie ungerechten Gewaltchaͤtigkeiten der Achenienfer,
> über die Kinfchränfungen de3 Handels, die fie von
en auf allen Meeren und in allen Häfen dulden mus
17). Selbſt die Lakedaͤmonier hatten es noch nicht.
geſſen, daß die Athenienſer ihnen die Herrſchafft zur
e entriſſen hatten, und ſie fuͤhlten auch bey der ſtets
P a ſich
De N Sn ——— _ RU 37 (U }
) Thuc. I. 23. Plutarch, in Pericle I, 648 » 50,
*) 11, 8. Thuc. |
) Thue. 1. 68 & ſq. Ariſtophanes fagt in Pace v. 621.
daß die Bundesgenoffen bie vornehinften Spartaner bes
flochen hätten, um fie zum Kriege wider die Atheniens
fer zu bewegen; allein Thufybides beflätigt dieſe Sage
nicht allein nicht, fondern feine ganze Erzählung fcheint
ihr vielmehr zu widerſprechen. Sie iſt alfo wahrſchein⸗
Sich eben fo fehr Verlaͤumdung, old das, was Hermes
an eben biefer Stelle vom Perikles ſagt.
Pr
fi) vergroͤßernden Macht der leztern eben ſo viel Bund
als Eiferfucht. Von diefen teidenfchafften gerrich
amd gereist durch die Klagen, Borftellungen und 9
munterungen der Bundesgenoſſen, ergriffen ſie
erfte Gelegenheit, den Athenienſern den Krieg anzuf
digen, deſſen Größe fie nicht vorausfahen, und den
mebrmalen betreuten, angefangen zu. haben. ö
So gerecht die Furcht der Spartaner, und hd
ders die Beſchwerden der Athenienfifchen Bundesge
fen waren: fo ungerecht und grundlos waren die X
wände, unter welchen die erftern die Achenienfer mi
nem Kriege bedrohten, und nachher aud) wirflich de
überzogen. Die Spartaner verlangten zuerit ®),
die Achenienfer ihre Stadt von dem Fluche reinigen
ten, der noch immer auf den Machfommen verfei
ruhe, welche tie Mitverfchwornen des Kylon Hinge
tet hätten. Ungeachtet fie wuften, daß die Acheni
die Schuldigen ſchon vor vielen Jahren geftraft he
und daß fie mit einer Forderung, welche zu mache
gar nicht berechtigt waren, nicht das geringfte ausrü
würden; fo glaubten fie doch, daß fie vielleicht den
rikles, der mit den veruttheilten Thaͤtern von muͤt
cher Seite verwandt war, bey ſeinen Mitbuͤrgern
daͤchtig machen koͤnnten. Nicht lange nad) dieſer e
laͤcherlichen Zumuthung drangen fie darauf, daf
Arhenienfer ven Potidaͤa, einer Korinchifchen Pi
ſtadt, die von ihnen abgefallen war, und bie fie wieder
Gehorſam bringen wollten, ablaffen, daß fie den Ein
nern von Aegina ihre Freyheit fehenfen ‚ vornebinlich
daß fie den harten, Schluß wider die Megarenfer
heben follten, vermöge deſſen dieſe bey lebensſtrafe r
*%, Thuc, J, 127. & fq.
Geſchichte des Peloporinefifchen Krieges. 233
Ichenienfifchen Häfen und Märkte beſuchen, noch
den Attifchen Boden betreten durften *). Endlich
ıngten fie fogar auf eine gebieterifü,e Art, daß bie
nienſer, wenn fie anders den Frieden mit ihnen er⸗
n wollten, allen ihren Bundesgenoffen ihre alten
te und Freyheiten wieder geben, und alle Anfprüche
Herrfchafft über fie fahren laffen follten **). Diefe
yerungen waren fo unvernünftig, daß bie Achenienfer
einzige bewilligen Fonnten, ohne eine fchimpfliche
amuͤthigkeit und Untermoürfigfeit zu verrathen, welche
rwürfigfeit gewiß, anftatt die Spartaner zu befries
1, ihren Uebermuth nur würde vermehrt, und neue
kraͤnkaidere und unleivlichere Zumuthungen nach
gezogen haben. Die Athenienfer gaben daher den
wtanern auf den Rath des Perifles , ver feiner Das
ade nie weifer und glücklicher rierh, in den gemaͤßigt⸗
Ausprücken die Antwort: daß fie unmöglich in vie
ingungen, unter welchen man ihnen die Erhaltung
Friedens anbiete, einmwilligen Fonnten 7).
Ä PD 5 Die
Thuc, I. 139. Plut. 1, e. 650,52.
) 1b, J
1L. 144 Thuc. Diodor XII. 503,505. und Plutarch I,
647. ſq. in Pericle ſchweigen nicht nur ganz von der
wahren Urſache des Peloponneſiſchen Krieges, und vers
wechfeln nicht nur bie Urfachen und Weranlaffungen
-oder die Vorwaͤnde, unter welchen die Lakedaͤmonier ihn
anfingen; fonbern fie waͤlzen auch auf die Verlaͤum⸗
dungen einiger Komifer, oder bie Erzählungen einiger
übelgefinnten Geſchichtſchreiber die ganze Schuld von
alle dem Ungluͤck, in welches Griechenland durch den
Deloponnefifhen Krieg geflürzt wurde, auf eine ſolche
Art auf den Perikles, daß ein jeder ficht, daß feiner
von ihnen ſich die Mühe gegeben babe, die aͤchteſten
Urkunden zu Rathe zu ziehen, und über bad, mag fie
ſchrie⸗
Por Sehent Bus. Efet
Di Erbitterung ver Sparfaner *
sin, und der Eifer beſonders der nm e
⸗ u
—
⏑ ⏑ ô„æ-
ſchrieben „gehöre nachzudenken. Diebor erzäht |
‚ baß Verifles, der ſich am meiſten durch feine u
ide Rechtfſchaffenheit von den: nachfolgeriben Dem
em unterfchleb, und durch dieſe wie-hurch feine. die
nben bie. allgemeine Ehrfurcht bes ganzen
und ſelbſt feiner Feinde verdient hatte, daß eben.
große Mann feine Mitbürger in einen erägrlichen
verwilkelt habe, um von ber Verwalten m
den Selber, dik er unter Händen ——
genaue Rechenſchafft Wr zu bürfen. Be 4
er wieder, daß Perikles die Athenienſer zum
ber die Spartaner und ihre Bundesgenoffen | gere
be, um feine beyden Sreunde, den Phidiad uns!
zagoras, gegen welche man gefährliche Anklagen a
bracht hatte, zu retten, und alle Spuren von |
wohn, die gegen ibn felbft in den Gemuͤthern des 9
{ tig geblieben waren, durch wichtigere Haͤndel an
Iöfhen. Plutarch wieberhohlt diefe Nachricht, m
ſcheinlich ans eben der Quelle, aus welcher Diode
geſchoͤpft hatte, nämlich ans einer Farce bes Ariſte
nes. Diodor. XII, 505. Man kann aber, md
Urtheil nach, diefe Beſchuldigung eben fo zuverſich
- abläugnen, als eine andere beym Plutarch, Die b
Geſchichtſchreiber gleichfalls aus dem Ariftophanes
lehnte, und die der erſtern widerfpricht p. 651. vid.
fiöph. Acharn. v. 527. & fq. daß nämlich eine. per
liche Erbitterung bes Perifled gegen bie Megareı
die biefe ſich durch die Eniführung zwoer der Asy
angehörigen Buhlerinnen zugezogen, bie Urſache
Nichtauf hebung des Schluſſes der Athenienfer m
biefe Stadt, und alfo auch des Peloponnefifchen
‚ges gewefen fey. Thukydides erwehnt dieſer Gert
oder Vorwuͤrfe au allen ven Stellen, wo er von
Urſachen und Beraulaffungen des Krieges redet, 1.
127. 139. nicht mit einem einzigen Worte, und
Stillſchweigen allein wuͤrde den Perikles ſchon hinl
Geſchichte des Peloponnefifchen Krieges. 235
sit ben Seztern zu Friegen, war fo groß, daß fie gang
der ihren eigenchümlichen Charafter, in welchen fang»
anfeic in Entſchließungen, und Bebächtlichfeit und Bors
icht in der Ausführung von Entwürfen die Hauptzüge
wömachten *), den Frieden mit dem mächtigften Gries
pen Volke aufboben, ohne fich einmal zu befinnen,
fie auch gehörig zum Kriege vorbereitet und gerüftet
haͤren *°). Zwar hatten die Lakedaͤmonier außer einer
ahlreichen geuͤbten und muthigen Jugend 7) noch alle
Bolker des Peloponnes, die Argiver und Achaͤer ausge⸗
wmmen, ferner bie Boͤotier, kofrier, Phocenſer, Mes
yarenfer, Umprafioter, teufabier und Anaftorier auf
brer Seite, und fonnten alfo aud) eine viel größere
andmacht aufbringen, als bie Achenienfer; allein fie
== u hats
en
lich rechtfertigen, wenn fein ebler Gegner ihm auch
nicht dag rühmliche Zeugniß gäbe, daß er bloß in ber
Abficht die Würde und Unabhängigfeie des Arhenienfls
(den Staats zu behaupten, feinen Mitbärzern geras
then habe, ben Forderungen ber Spartaner nicht nach⸗
zugeben, und daß er weit bavon entfernt geweſen fep,
das allgemeine Beſte Pleinen perfönlihen Vortheilen
oder Feindſeeligkeiten aufznopfern 3. 139. II. 65. Thuc,
Wenn Plutarch und Diodor nicht lieber unwahrſchein⸗
Hohen Erdichtungen von Komikern nachgeiagt, ale bie
wahren Triekfedern von Begebenheiten aufgeſucht haͤt⸗
ten, fo würden auch fie leicht haben bemerken Fännen,
daß Perikles ohne Erdihtungen und Verlaͤumdung ber
Urheber des Peloponnefifchen Krieges genanut werden
koͤnne, weil er nämlich den Athenienſern alle bie Ans
ternehmungen und Maagregeln angegeben hatte, wo⸗
durch ihre Macht den Griechen fo furchtbar, und ihre
Herefhaffe den Bundesgenoffen ‚fo beſchwerlich
wurde.
#), Thuc. 1. 70 & 80 & ſq.
“*) 1. 79. 87.
4) 11,9. VII. 37. Thue,
\
keine Jeſtumgen, womit fie den Zeinb-Plltem
haften, feine Schäze, womit fie den Krieg! in ver {
fortfegen, feine Flotten, womit fie ihre Ufer dx
und die Athenienfer an ihren fchwächften und em
lichften Theilen, nämlich in den Inſeln, aus dene
ihre Reichthuͤmer zogen, hätten angreifen koͤnne
Die Athenienfer hingegen durften **) es freylich
wagen, ben Öpartanern und ihren Pundesgenoffe
fteyen Felde die Spize zu bieten, ober ed auf eine
fcheidende Schlacht anfommen zu: laffen, :vor wm
Perikles feine Mitbuͤrger noch vor dem - Anfangs
Krieges warnete; auch fonnten fie ihre Gärten, 3
und Landguͤter nicht vor feindlichen Lieberfällen und
. heerungen ſchuͤzen; allein fie bewohnten auf der ar
Seite eine Stadt, Die der größten Heersmacht um:
windlich war, herrſchten über die Inſeln, den Helle
und das ganze Sriechifche Aſien, und hatten übe
noch mächtige Bunbeögenoffen, unter denen die K
raͤer die wichtigften waren 7). ie befaßen bie e
renften Seeleute, und die furchtbarften Flotten,
weichen fie die vereinigte Seemacht aller übrigen t
chiſchen Städte fehlagen, die ihnen unterthänigen '
fer im Zaume halten, und ihre Feinde, warn unl
fie wollten, mit Sicherheit anfallen Fonnten FF)... |
lich harten fie Einfünfte, mit welchen fie auch ohn.
unermeßlichen Schaz von mehr alö ſechs taufend T
U TTS U I
*, Mit biefen Vorftellungen fuchte Archldamus, Ku
©parta, feine Mitbürger von der uͤbereilten Bra
bes Friedens abzuhalten; und mit eben biefen Gruͤ
mumnterte Perifles die Achenienfer zum Kriege wiı
Lafrdämoniern auf. I. go. 140. Thuc,
*®) Pericles ap. Thuc. I. 140,
+), Thue. 11. 9.
+t) Il. 13. Xenoph, Anab. Il, lib. p, 383.
Geſchichte des Peloponnefifchen Krieged. 237
, ben fie gefammlet harten, den langwierigſten Krieg
Ihren zu koͤnnen ſchienen, und unterhielten ein zahlrei⸗
Heer, mit welchem fie ihre Schiffe Hinlänglic) bes
und ihre Feftungen vertheidigen konnten. Wenn
nun die fage der Spartaner und Athenlenfer beym
hung des Krieges mir einander vergleicht, und die
shtheile und DBortheile beyder Staaten gegen einans
Ber aufwiegt, fo muß es einem jeden auffallen, daß der
Entichluß der Spartaner, ohne Borbereitung einen
Bis mit dem gerüftetftem Volke anzufangen, eben fo
eilt, als die Hoffnungen, welche Perikles den Athe⸗
fern von einem glücklichen Fortgange ihrer Waffen
te, gegründet waren. Der Erfolg entfprach den
wahrfcheinlichen Erwartungen dieſes großen
son Klugheit in ihm, noch größere Weisheit in feinen
Seinden, fondern unvorhergefehene Unfälle, am meiften
aber die Thorheit und Eigennüzigfeit feiner Nachfolger
»Echuld, die feine Maaßregeln verließen, und feinen
een Grundſaͤzen entgegen handelten *). Thukydides
ſelbſt geſteht, daß eben der Krieg, der Athen zu Grunde
Achtete, eine ganz andere Wendung würde genommen
Inden, wenn entweder Perifles am eben, oder die fpäs
ten Demagogen feinen Abfichten treu geblieben waͤ⸗
rn ..
Der eigentliche Anfang oder Ausbruch des Krier
#8 war bie verrätherifche Ueberrumpelung von Plataͤa
durch die Thebaner , die aber in diefer unbefonnenen Un⸗
teenehmung faft alle das Leben verloren 7). Gleich nad)
diefem Vorfalle zogen die Lakedaͤmonier ihre Huͤlfsvoͤlker
zu⸗
®) II. 65.
*®) 1b.
+) Thuc, IL i. & fq,
aatsmannes nicht; allein daran war weder Mangel -
8 Siebentes Buch. Erſtes Capitel. J
zuſammen, ruͤckten mit einer Heersmacht von fec
taufend Mann in Attifa ein, und vermwäfteten bie
der und Landguͤter der Athenienfer bis fechzig Sta
vor der Stade *), bey welcher Befchimpfung Per
fein ganzes Anfehen amvenden mufte, um bie muth
jungen Athenienfer, Die noch nie einen auswärtigen d
fo nahe an ven Thoren gefehen hatten, und bie di
den Anblick der brennenden Wohnungen ihrer V
und Buͤrger aufs Außerfte erhizt wurden, von einem
fäprlichen Ausfalle zurück zu Halten. Perikles ri
ſich an ven Feinden. durch eine mächtige Flotte, bi
wider fie ausfchicfte, und wodurch er das Gebiet
Spartaner und ihrer Bundesgenoffen mit eben fo n
ger Schonung, als die tafevämenier in Attifa bei
hatten, verheeren ließ **).
In den neun folgenden Jahren thaten die S
taner faft alle Sommer einen Einfall in Attika,
die Athenienfer wagten gleichfalls andungen im Pelo
ned, ohne daß es zwifchen ven beyden Friegenden M
ten zu einem entfcheidenden Treffen gefommen w
Die Athenienfer eroberten zwar Potidaͤa wieder, n
dem fie es einige Jahre belagert ***) Hatten, fehl
die Peloponnefier einigemalen fowohl zur See F) afı
tande Fr), bezwangen Lesbos, das von ihnen abgefi
war 777), festen fich felbft im Spartanifchen Ge
in Pylos feit, von wannen fie ihren Feind durch un
hör
2) II. 18520. Thuc, Plut. I. 657. in Pericle,
' ®*®) II. 30, 28.
an) Im dritten Jahr des Krieges Thuc. II, 70, D
XIi. 510.
+) 11, 83,92, Thuc.
+) Diod. XII. 523. Ol. 89. 1.
tt) 1IL 36. 49. 50, Thuc. Diod, XI, 516, Olymp, g
Gefchichte des Peloponnefifchen Krieges. 239
liche Streiferenen beunruhigten, und am melften
ch die Aufnahme der Heloten, die Schaarenweiſe aus
r Knechtſchafft entflohen, Schaden zufügten*), und
men endlich an der Spartanifchen Küfte auf der Ins
Spafteria nahe an drey hundert der vornehinften und
ſten Lakedaͤmonier gefangen **); allein alle diefe Vor⸗
le wurben durch viel größere Machtheile uͤberwogen,
Ihnen aber nicht ſowohl von Feinden , ald durch Zus
oder vielmehr durch die Scitungen ber Vorſehung zus
gt wurden. Sie muften ſchon in den vier erften
wen des Krieges in den foftbaren Ausruͤſtungen, vie
nachten, und in den entfernten Kriegs;ügen, bie fie
nahmen, alle Die Reichthuͤmer verſchwenden, wel⸗
Perikles erfpart hatte”**). Sie verloren außer den
DMten, die Brafidas ihnen in Thracien wegnahm
e abwendig machte F), noch die beyden größten
blachten, die in den sen erften Jahren des Krieges
efert wurden, eine ben Delium gegen bie Boͤotier FF),
ı eine andere bey Amphipolis ‘gegen die tafedämos
777). Zulezt buͤßten fie außer der Mannfchafft,
bie
N — —
Thue. IV. 4. & ſq. in 7 Jahren bes Krieges.
) IV. 38. Thue. & 40. Dieſer Zufall ſezte ganz Grie⸗
chenland in Erſtaunen.
#) 111. 17. Thuc, Die Belagerung won Potidaͤa allein Pos
flete 2000 Talente. Thuc. I. 70. Wofür Diodor uns
richtig nur die Hälfte angibt. p. 509. XII. Sie muften
einem jeden Soldaten, ber vor Potidda und Auf ihrer
Zlotte diente, täglich zwey Drachmen geben, wahr⸗
ſcheinlich deßwegen, weil junge Leute durch die Seuche
ſchon felten gervorden waren, umd eben diefe Sende
den Kriegsdienft unter den: Athenienſern fo gefährlich
machte. Ill. 170.
) IV. 80. Thuc.
f) IV. 101. Thuc. XII. 527. Diod, ad Ol. 89. 1.
t}) V. U. &c, Thuc. Piodor. XII. 530. Olymp, 89. 3.
240 Siebentes Buch. Erſtes Eapitel,
bie dieſe beyden Schlachten ihnen koſteten, durch
ſchreckliche Seuche, die ſchon im zweyten Jahte
Krieges ausbrach, und bis ins fünfte fortdauerte, uͤ
vier taufend ſchwer bewaffnete Krieger, über dren h
dert der angefehenften Bürger, die zu Pferde diem
und über zehn taufend aus dem Volke ein *). Ga
aber würde Athen den Verluſt feiner Schäge und
Hälfte feinee Einwohner nicht fo fehr gefühlt Hab
wenn bie verzehrende Kranfheit dieſer Stade nicht a
den erften ihrer Bürger, der allein ſtark genug n
das wankende zerruͤttete Staatsfchiff in gefährlic
Stürmen zu regieren, ich menne den Verifles, fi
im dritten Jahre des Krieges entriffen hätte *").
°%) Thuc. II, 17. 48»52. 11.87. Diod. XII. 508. üı
517. 18. Plut. in Per. I. 660.
an) L.c, Sn der Befchreibung des Urſprungs und ber l
hen der Seuche weicht Diodor auf ntannichfaltige
ten von Thukydides ab. Lezterer erzählt I. a7.
daß diefe Peflilenz der Sage nach von Yethiopien ı
gegangen fey, fi) dann über Aegypten, Lpbien,
ben größten Theil der dem Perſiſchen Scepter m
worfenen Länder verbreitet Babe, und endlich nach
ſchiedenen Orten von Griechenland, umb aulezt
nach Athenigefommen fey, wo fie ſich zuerft im Ph
gezeigt habe, Meerkwürbig ift es, daß eben biefer
ſchichtſchreiber hinzufezt, daß das Jahr, in welchen
zuerſt ausgebrochen, in Anfehung aller andern A
von Krankheiten, eins ber gefundeften gewefen
und daß alle übrige Unpäglichfeiten, bie jemanden
geftoßen wären, fich in die anſteckende Seuche verr
delt hätten. — Bon alle dieſem fagt Diodor en
der gar nichts, oder gerade das Gegentbeil.
die Haupturſache des Uebels gibt er die Un
fung der Menfchen in Athen vor dem Einfall der 9
ponnefier in Attika, und bad Zuſammenpacer
Osiäitie rer Ssponneigen Arge. Ev
Das abwechfelube Gläct,. welches bie baͤmpfenden
hie Bist efahen hatten, und felbft bie. Dauer
Li “ .
= "Beafhen, die iu: freyer Luft zu leben nud zu. arbeiten
gewohnut waren, in kleine ober ungefaube Wohnun
— Mau ſehe auch Plutarch L. 660. Dieſe
\ —ã vieler Menſchen im kleine enge Räume iſt
‚ fepiich nicht erdichtet. Denn Thukydides ſelbſt berich⸗
: "get, daß nur wenige von denen, bie Yich vom Lane in
‚Die Stadt gezogen hätten, bey ihren: Freunden: ober
Werwaudten uutergelommen-wären. Ih.17.. Daß: bie
2⸗iſten ſich· in Tempeln und Capellen, ober in ben
Thuͤrmen der Stadtmauern aufgehalten, ober daß fle
J auch kleine Huͤtten im Piraͤus ſowohl, als in der
* gab e fo gar auf den langen Mauern erbaut
les Bepſammenwohnen fo vieler Dem -
I
er —* "hl war nicht bie Urfache ber Eutſte⸗
* Kung ber heit, ſondern nur eine Urſache, daß fie
in Athen- länger und heftiger, als in irgend einem ans
bern Theile Griechenland wuͤthete. Die Übrigen
„Ulfagen, die Diodor aufzaͤhlt, find eben fo erdichtet,
ober mit den Nachrichten bes Tpufybides eben fo fehe
Im. Miderſpruch, ale bie eben angeführte: Der Wins
ger vor dem Ausbruch der Krankheit. fey, fagter p. 518
— E feucht geweſen, woher viele Suͤmpfe und
Moraͤſte entſtanden, welche die Luft in dem folgenden
cbenmaͤßig heißen Sommer verpeſtet und mit fanlenden
Dnften angefällt hätten. Durch bie heftigen Megen,
dir vorhergegangen, feyen auch bie Früchte bes Feldes
verdorbenſ und zu rwäffericht geworden, welche Verdor⸗
benheit (die fich aber mit der heftigen Hiße des Soms
mers nicht gut reimen läßt) den Sörpern der Menfchen
geſchadet hätte. — Alle biefe Anmerkungen des Dios
Ver balte ich für Vermuthungen, welche Ephorns- oder
Xyeopomrp über die Seuche anftellten, weil fie entwe⸗
der. den Thukydides nicht nachgefehen hatten, . ober et»
was anderes als biefer Gefchichtfchreiber fagen wollten,
Zweyter Band, 8
—
242 Giebented Bud. Erſtes Capitel A
des Krieges, der: fich wider aller Ber in
Kaͤnge zog, machte die Gemuͤther ſowohl der Athenic
als der Spartaner in gleichem Grade zum Frieden
neigt. Beyde Partheyen hatten die Unfälle, von du
fie betroffen worden waren, weit tiefer als Die gewen
nen Vortheile gefühlte, und beyde fürchteren auch!
der Fortſezung des Krieges mehr von der Zukunft,
fie davon hoffen zu fönnen glaubten. Die Athena
und Spartaner ſchloſſen daher *) einen Frieden, inı
chem fie fich faft alle die Nechte zugeftanden, und
die Plaͤze wieder auszuliefern verfprachen, um weh
Willen fie den Krieg angefangen, ober bie fie einad
abgenommen hatten **). Ein folcher Friede wuͤrde
wiß ſchon mehrere Jahre früher gefchloffen worden
wern nicht Brafidas, ein junger Spartanifcher
und Kleon, ein Athenienfifcher Demagog, bie
nung ber beyden Bölfer gehindert hätten Der
der mit Spartanifchem Muthe Arhenienfifches F
verband, hatte fich bey Merhone ***), Pylos +), bq
ders aber durch die Klugheit und Tapferfeit, vwoomk
den Athenienfern viele Städte in Thracien mit Ga
abgenommen, oder durch Dorftellungen abwendiz
macht hatte, einen glänzenden Ruhm erworben,
hoffte bey der Fortfezung des Krieges immer neue far
zen zu ſammlen 77). Kleon hingegen hatte fidh bi
immer dem Frieden wiberfezt, weil er überzeugt |
daß mit ihm das ganze Anſehen, in welchem er ben
dunusunun Gmmstlikntnue ⏑
*) Wiewohl bie leztern ohne den Beptritt ber maͤchti
Bunbesgenoffen, der Boeotier und Korintbier.
“*) DI. 89. 3. Diod. XII. 530. & Thuc, V. 18.
u.) IL. 25 Tbue,
» IV, II c "
ih) Thuc, V, 11. 12, & fq.
—E Sig. 2
nienfifchen Volke ſtand, verloren gehen wuͤrde
var nämlich dem Perikles als Rathgeber und ne
* —5 — ohne eine einzige von den außeror⸗
ben und Tugenden zu beſizen, wodurch
ann das übermüthige Achenienfifche Volk
kn gehalten, und feine Vaterſtadt über — übrige
Sriechenlandes erhoben hatte. : Keons Seele
schen fü eh enuia feine ‚Geburt niebeig, „um feine
wbrbierung g wars; unb er gewann bie Gunſt
Volks nicht einmal durch eine hinreißende oder eins
nende Beredſamkeit, die er bey bem. fchlechteften
vornehmſten
er und Heerfuͤhrer *"), endlich durch poͤbel⸗
B&chtoänfe, welche nur ſolche Menſchen, die ihm
Ki waren, ergbien und zum tachen reizen konnten.
Bar der erſte in Achen, der den öffentlichen Redner⸗
Köurch Poſſen und theatralifche Sefticulationen ent
BT), ber die Rathgeber des Volks zu elenden Luſtig⸗
2a machern
Ib, & IV, 23 & 123 c
h ine lebhafte Schilderung des Kleon umb der ſchaubli⸗
den Kuͤnſte, die er brauchte, ſehe man beym Ariſtopha⸗
«nes in Equit. v. 45,80. imp. p. 770. & fq.
) Kas Tov emı Ta Pnnaros nosuov aveAav, x
MEWTos Ev Tw ‚Önpac’yogesv AVaHEXYay, Ko TE-
GITHATaS To iur; na Tov yıngov marke,
xc⸗ —R ET TE AEYEW ua Konsasmevos,
TNV oAsYov USEROv EWAYTE TE FORYUAETE aUy-
KEBTay EUXELeaV, Kos OANYwLIAy TE TOETOV-
ros SVEMOMTE Ts TONTEUOMEVGIS. Plut, uf,
»$ 353. 354-
a4 Ciehenteb Bud Erbes @onaihin"
machern herabwuͤrdigte , und. das Athenienſiſche
daran gewoͤhnte, die wichtigſten Angelegenheiten
eben dem Leichtſinn, wie die Streitigfeiten von Wh
ober die Zänfereyen von Schaufpieleen zu behan
und in bie: feievlichen Verſammlungen bes Wolle
eben ben Abfichten zu’ kommen, mit welchen
- Theater befuchten: um naͤmlich auf Unkoſten .s
lachen und ſich luſtig zu machen, Weil er weder }
keit zu großen Gelchäfften noch Eifer für das allgen
Beſte hatte, ſondern einzig und allein. darnach ſu
die Gunft des Poͤbels zu gewinnen, und die The
deſſelben zu feinem Vortheile zu nuzen ); ſo hielti
Athenienſer oft von ben heilſamſten Entſchließu
ruͤck **), oder verleitete fie auch zu den un
and graufamften Anfchlägen })._ Weil er
genen Nichtswuͤrdigkeit bewuft war, und 2*
Sannte, daß er von den Athenienſern eben ſo
achtet wide, als er fie bisweilen zu foppen ſich
fich ¶
Rand 115 fo wiberfegte er ſich nie mit Ernſt ..
) Plut, II. 339. 352. & Thuc. Il, ec,
En) ©o hinderte er ‚einmal den Frieden, den bie em
den Athenienſern anboten. Thuc. IV. 22. :
, D& verführte die Athenienfer, den Waffenſtillka
brechen, den fie mit den Lakedaͤmoniern gefchleffen
ten IV. 122. und berebete fie, daß fie alle män
Einwohner von Mitplene umbringen, und ihre
ber und Toͤchter als Sclaven verkaufen. laffen mh
ein Schluß, ben fie aber bald. wieder bereuten,
gleich am zweyten Tage, nachdem fie ihn sefaßt h
wieber aufbhoben. 111. 36. 49.
77) Er rief einſtens die Athenienfer anf einen gewiſſe
zuſammen, um über wichtige Sachen zu rathbfd
Das ganze Volt verfammlete ſich zur. bei
| Grunde, und wartete eine sane eitlang ver
7
des Peloponneſiſchen Lriches. 245
igen der Athenlenſer (welches fie dom feiner Zeit an
fh Irmek weniger duldeten, und bald für. ein re⸗
Br Halten anfingen) und bewarb ſich auch nicht um
ed gefährliche Würden und Ehrenftellen, - die ee
würde erhalten haben, wenn nicht die Achenienfer im
un Anfalle von halb verdrießlicher, halb muthwilliger
Be, worinn er ſie Durch feinem Aberwiz verfeze hatte,
Hier feinen Willen eine Befehlshaberftelle: aufges
hen hätten, um ihn für feine tollfühne Praiereyen
rafen *). So wie er das Detragen aller gluͤckli⸗
ſowohl als unglücklichen Feldherren, ‚die ihn niche
ft Hatten, ohne Ausnahme durchzog; ſo warf ee
Ä welchen vie Belagerung der Spartaner auf
Rerfel Sppafteria aufgetragen war, entweder Man⸗
bon Muth und Berriebfamfeit, ober gar heimliche
dungen mit,ben Feinden vor. Es müfl
Ku bemaͤchtigen, wenn man ihnen nur mit einer gut
Mruͤſteten Flotte nachbrücklich zu teibe ginge. - Er
wolle fich anheilchig machen, die Inſel in zwanzig
igen zu bezwingen, wenn bas Bolf ihm fo viele Schiffe
5 Mannfchafft geben wolle, ald er fordern würde,
um hatte Kleon dieſe pralerifche Erflärung vorges
icht, als die Achenienfer ven Nikias baten; feine Des
löhaberftelle niederzulegen, und ‚zugleich mit Ungefhim |
—W 3
auf ſeinen Demagogen, bis endlich Kleon feſtlich be⸗
eränzt erſchien, und bie ganze Verſammlung bat, die
Berathſchlagung auf den folgenden Tag auszufezen,
weil er heute den Goͤttern geopfert habe und Gaſtfreun⸗
de bewirtben wolle. Die Athenienfer lachten über bie
Unverſchaͤmtheit des Mannes, und gingen ruhig aus
- einander. Plut. p. 352.
) IV. VI. 28. Thuc, Plut, I, 352. in Nicia,
‘ U
⁊ >
*
in ben Kleon drangen, daß er dieſe Stelle ei
der Sache gar nicht voraus gefehen hätte, Gace: |
lehnen; allein er mufte endlich dem Willen des Indie
6 Eaaue Ba. Er
möchte. Der betroffene Demagog, ber dieſe W
Diefen Auftrag unter allein Borwänden von ſich
Poͤbels nachgeben,. und die Unternehmung, die
leicht befchrieben hatte, wirklich antreten.
nnienfer glaubten allgemein, daß er auf.diefem
kommen würde; zu feinem eigenen und ber Achen
Verderben aber war er glücklicher, als et felbft oder
jemand gehofft Hatte. Er nahm in furzer Zeit die
Sphakteria weg, und führte noch innerhalb der’;
Tage, vie er zu biefer Unternehmung beſtimmt
Die gefangenen Spartaner nad) Athen hin. Die)
erwartet glücliche Streich floßte dem aufge
Schwaͤzer nod) mehr Kühnheit und Zutrauen wi
felbft ein, als die mit ihm ausgefühnten Arche
soirflich zu ihm gefaßt hatten, . Er ü
bald nachher die Führung eines Achenienfifchen Pe
Thracien ‚wo er aber 9— Amphipolis ſeine wm
mit dem Leben, und die Achenienfer das blinde
was fie in ihm gefezt hatten, mit einem anfehnlichen®
Iufte ihrer tapferſten Mitbuͤrger bügen muften *).
So ſehnlich die Spartaner den Frieden gewuͤn
Hatten, fo wenig zeigten fie fi), nachdem er gefchle
war, ‚geneigt , die gemachten Bedingungen zu erfül
Sie nöthigten ihre Bundesgenoffen nicht, wie fie '
fprochen hatten, dem Friedensfchluffe benzurreten, und
ferten auch unter allerien Vorwand die Pläze nicht aut)
fie ven Athenienfern in Thracien abgenommen hatten
\ j
*) V. Thuc. c. II.
%®) Thuc, V; 35. 42.
Achenienſer weigerten ſich daher auch, den Safebäs
nern Pylos wieder zu geben, und faßten auf Anſtif⸗
des Alfibiades , der den Spartanern 'auffäzig war,
| fie ihn beym lezten Frieden vernachläffige hatten,
Schluß, fich mit den Argivern zu verbinden *). .
th diefen Borfaz wurden die Spartaner fo fehr in
cht gefest, daß fie fogleich Gefandten mit uneinge⸗
aͤnkter Bollmacht nach Athen fchickten, alle obwal⸗
win Streitigkeiten beyzulegen, und einen daurenden
Beflidei de Yelopcnnflihen geive.
v
sen zu ſchließen). Weit aber Alkibiades eben dieſe 5
andten durch eine fchänbliche Betruͤgerey den Athe⸗
fern **®) verdächtig machtes fo fehonten fie ber
artaner nicht weiter, und fchloflen ein Bünbnig mit
Argivern +), das aber einige Jahre nachher durch
große Niederlage, welche Die leztern von ben Spar⸗
en litten ff), wieder aufgehoben wurde. Die Athes
fer und Spartaner hatten fich noch immer feinen _
g angekuͤndigtz allein fie lebten doch in einem zwey⸗
24 deu⸗
———— —
Thuec. v. 43.
V. 45.
, Er ſagte, baß er hie Athenienfer zu allem, was ſte
wollten, bringen wollte, wenn fle nur in. ber Öffentlis
den Volksverſammlung nichts von unumſchraͤnkter
Vollmacht, die fie bey ſich hätten, Sagen wuͤrden.
Die Geſandten waren thöricht genug, dem Alkibiades
an folgen, und nun warf es vor ben ohnedem ſchon
aufgebrachten Athenienfern ben Spartanern und Ihren
Geſandten lauter als jemals wor, daß fie bie Atheniens
fee nur hinhalten und zulezt betrügen wollten, V. 45.
Diefer Berrätherey wegen kann man ben Alfibiabes mit
größer Rechte ven Urheber ber Fortſezung, als dem
Derikles die Urfache des Anfangs des Peloponneſiſchen
Krieges nennen. II. 26. Plut,
V. 47. Thuc.
) Ib, 75: & & fq.
248. . Giebentes Buch. Eifies'Enpiell
deutigen Mittelzuftande, in welchem fie ſtets mißtin
woaren, ſich, wo ſie nur konnten, allen erſinnlichenS
den zufuͤgten, und jeden Augenblick befuͤrchten mul
daß ſie von ihren Feinden plözlich uͤberfallen würden,
In diefer mißlichen tage wagten Die Athenienja
san eine Unternehmung, die ihren Untergang eben ſi
befchleunigte , als fie unbefonnen angefangen ni
Sie Tiefen fi) nämlich von den Gefandten der!
franer und seontiner, welche Bundesgenoffen der. €
waren, am meiften aber durch die Borftellungen
Alfibiades ‚bewegen, eine mächtige Flotte wider die
rakuſaner, oder vielmehr zur Bezwingung von gan
eilien auszuruͤſten, nach welcher Inſel fie fehon be
‚zeiten des Perikles getrac)tet, die fie auch bald na
nem Zode-einmal mit ihren Schiffen berührt ht
und nun in kurzer Zeit fich zu unterwerfen hoffte
Alfibiades Hatte fehon lange mit dem Nifias, dent
allen Seiten, nur nicht in Anfehung der |
Baterlandsliebe übertraf, um die Gunft des
buhlt, und es war ihm endlich durch die ruͤhn
Die Athenienſer wurden allmaͤllch ihren Vorfah
unaͤhnlich, als die Führer und Rathgeber, de
folgten, dem Perikles ungleich waren. Im
Jahre der 89 DI. übten fie auf den Rath des Ki
den Skiondern, und im zweyten Jahr der HT &
Rath des Alfibiades an den Einwohnern won
eine Grauſamkeit aus, die ihnen in allen nachfo)
Jahrhunderten von den Zeinden ihres Namens
voorfen wurde. Nachdem fie nämlich bepde In
obert hatten, tödteten fie alle wehrhafte Männ
fie vorfanden, und verfauften Weiber und Kin
Sclaven. Thuc, IV. 122, V. 116. Diod, Xi
535.
®*) 11. Plut. p. 32. in Aleib, VI, 1. 15. Thuc, Die
514. ad ol, 88. 2, XIII, 543. ad ol. 91. 2,
dt des velepouneſſhen Seiageh e .
, bie er unter den Phormio in Thracien gethan,
le glücklichen Unterbandlumgen mit den Argiveru
ern Stäbten des, Peloponries, am meiften aber
ie Menge feiner Nennpferde und Rennwagen,
ch.bie erftaunliche Pracht, womit er bey Olym⸗
bienen war, geglüdt *),. ein entſchiedenes Les
hr über feinen Rebenbuhler zu erhalten. : Natur
aͤck hatten über biefen ihren Liebling ihre Herrliche
ben mit fo verfchwenderifchen Händen ausgeſchuͤt⸗
ß alle feine Zeitgenoffen von feiner erften Kind⸗
ihm den erften Bürger von Athen, ober einen
weißagten, ber feiner Baterftadt vereinft großes
‚der großes Unglück bringen würde. Er ſtammte
em ber älteften, evelften, und reichften Gefchlechs
(chen ab, welchem die Achenienfer vorzuͤglich die
bung der Pififtratiden zu verdanken hatten, und
ſich wiederum durch die Vermaͤhlung mit der
des reichen Kallias mit einem andern eben: fo
nen Haufe **). Kein anderer Achenienfifcher
riechiſcher Süngling Fam ihm an Schoͤnheit,
, perfönlicher Zapferfeit und Beredſamkeit
), und er war fo unwiderſtehlich liebenswuͤrdig,
felbft feinen Feinden und Neidern wider ihren
ihre Herzen entriß, fo bald fie ihm nur fahen,
tt ihm redeten FF). Seine Natur. war ſo ers
h biegſam, oder in ihm waren fo viele entgegen,
Naturen vereinigt, daß er mic Ablegung aller
m Eigenthämlichfeiten , welche Erziehung und
nheit in ihn hineingewirkt hatten, fich, wann
25. e
huc.&Plut.le. .- . ,
foer. II. 431. Demoftbenes p. 405,
.cc.& Plut, 1,18. |
Ib, p. 48.
deutigen Mittelzuſtande, in welchem fie ſtets mißtta
“waren, ſich, wo ſie nur konnten, allen erfinnfichen®
den zufuͤgten, und jeden Augenblick befuͤrchten mu
Daß ſie von ihren Feinden plözlich uͤberfallen wuͤrden
An dieſer mißlichen tage wagten Die Athenienfe
san eine Unternehmung, die ihren Untergang ebenfi
befchleunigte , als fie unbefonnen angefangen wW
Sie ließen ſich nämlich von den Gefandten der
ſtaner und kLeontiner, welche Bundesgenoffen der €
waren, am meiften aber durch die Worftellunger
Alkibiades bewegen, eine mächtige Flotte wider Die
rakuſaner, oder vielmehr zur Bezwingung von gan,
eilien auszuräften, nach welcher Inſel fie fchon be
zeiten des Perikles getrachtet, die fie auch bald na
nem Tode einmal mit ihren Schiffen berührt he
und nun in kurzer Zeit fich zu unterwerfen hoffte
Alfibiades hatte fehon lange mit dem Nifias, dent
allen Seiten, nur nicht in Anfehung der Vorſich
Barerlandsliebe übertraf , um die Gunft des Bol
buhlt, und es war ihm endlich durch die ruͤhm
% Die Athenienfer wurden allmaͤllch ihren Worfah
undhulich, als die Führer und Nathgeber, dar
folgten, dem Perikles ungleih waren. Im
Jahre der 89 DI. uͤbten fie auf den Rath des Ki
den Sfiondern, und im zweyten Sahr der 9T a
Rath des Alfibiades an den Einwohnern won |
eine Grauſamkeit aus, die ihnen in allen nachfol
Jahrhunderten von den Zeinden ihres Namens
worfen wurde. Nachdem fie nämlich beyde Inf
obert hatten, tödteten fie ale wehrhafte Mänmı
fie vorfanden, und verfauften Weiber und Kin
Sclaven. Thuc, IV, 122. V. 116. Diod. x
535-
**) I, Plut. p. 32. in Alcib, VI. 1. 15; 'Thuc, Dio
514: ad ol, 88. 2, XIII, 543. ad ol. 91. 2,
Geſchichte des Peloponneſiſchen arieges. 249
baren, die er unter dem Phormio in Thracien gethan,
sch die glücklichen Unterbandlungen mit den Argivern
d andern Städten des, Peloponnes, am meiften aber
sch die Menge feiner Nennpferde und Rennwagen,
id durch die erftaunliche Pracht, womit er bey Olym⸗
3 erichienen war, gegluͤckt *), ein entfchiedenes Le
gewicht über feinen Mebenbuhler zu erhalten. Natur
db Sluͤck hatten über dieſen ihren Liebling ihre herrlich⸗
m Gaben mit fo verfchwenderischen Händen ausgeſchuͤt⸗
t, daß alle feine Zeitgenoffen von feiner erften Kind»
it aus ihm den erften Bürger von Athen, oder einem
Ranın weißagten, ver feiner Baterftadt vereinft großes
eil, oder großes Linglüc bringen würde. Er ſtammte
ı8 einem der älteften, ebelften, und reichften Geſchlech⸗
re in Athen ab, welchem die Achenienfer vorzüglid) die
ustreibung der Pififtratiden zu verdanfen hatten, und
erband fich wiederum durch die Bermählung mit ber
‚schter des reichen Kallias mit einem andern eben fo
ornehmen Haufe **) Kein anderer Athenienfifcher
der Griechiſcher Süngling kam ihm an Schönpeit ,
Stärfe , perfönlichee Zapferfeit und Beredſamkeit
leich 7), und er war fo unwiderſtehlich liebenswuͤrdig,
aß er ſelbſt feinen Feinden und Neidern wider ihrem
Billen ihre Herzen entriß, fo bald fie ihn nur fahen,
der mit ihm redeten 77). Seine Natur war ſo er⸗
taunlich biegfam, oder in ihm waren fo viele entgegen»
efezte Naturen vereinigt, daß er mit Ablegung aller
lttiſchen Eigenthuͤmlichkeiten, welche Erziehung und
jewohnheit in ihn bineingenirft hatten, fich, wann
| 5 er
— —— —— ————
x) Thuc. & Plut. I ..
®®) Ifocr. Il. 431. Demoſthenes p. 405,
+) 11. cc. & Plut, II, 18.
tt) Ib. p. 48.
\
230.1 Chemie Vuch. Erſtes Chr
ſondern auch fo gar feine Tugenden in die gewaltchä
er wollte, in einen rohen Thraeier, ober In einerrfg
geriſchen, prachtliebenden Perfer , ober, in einen
Spartaner, ober in einen weibifchen Jonier um
konnte *). Mit viefen außerorbentlichen'
vereinigte Alkibiades eine gewiffe jugenbliche
keit und Offenheit, die alle feine Ausfe g
ger frafbar und feine Verbrechen ſelbſt In den A
bes Volks als verzeihliche Jugendſuͤnden erſche
machte. Hiezu kamen noch die herrlichſten Anlagen
Tugend, wodurch er zu allem, was groß und erfı
iſt, fähig gemacht wurde, und ein zweyter Perikiet
worben wäre, wenn er ber Stimme des Sokrates.
de gegeben haͤtte **), Allein fo große Gewalt d
thenienfifehe Weiſe eine Zeitlang über feinen Zög
Hatte, und fo fehr er auch in den Jahren feiner u
dorbenen Tugend von ihm verehrt wurbe; Yo fonkn
ihn doch nicht in feinem reifern Alter feft halten,
den Strom der allgemeinen Sitte ü
brechen , ver ımter allen Zeitgenoflen gerabe' mie
größten Heftigkeit auf den Alkibiades eindrang, und
fen mit unzähligen andern in's Verderben dahin rif
Verruchte Keufchheitsfchänder zerrütteten nicht nur
nen Cörper und feine Unſchuld, fondery auch feine f
ne Seele, und Fehrten nicht nur feine Schwachheit
|
— y
7
% Plut. p. 45. & Athen. XII. 9.
#*) Plut, II. 9,13. auf welche Stelle ich unten wieder zu
kommen werde.
9) Xenoph. Memorab, Soer, I. e. 2. p. 12⸗,15.
fonders leſe man bie Schilderung eines verborbe
Bürgers in einer unumſchraͤnkten Demokratie, bep
zen Entwerfung Plato gewiß den Alfibiades im Si
hatte. de Rep, VII. 400. 302.
Seſchchte des Peloponneſiſchen Krieges. 251
ten tafter um *). Seine Begierde nach ruhmvollen
Ihaten, die Sofrates ihm eingeflöße hatte, entzündeten
w bis zu einem unbegränzten Ehrgeize **), und feine
Bisinlichfeit, die Sofrates unterdruͤckt und im Zaum
halten Hatte, fachten fie bis zur ungeheuerften Pracht
‚ Schwelgeren und tiederlichfeit an. ‘Die nieder
roͤchtigen Schmeicheleyen, wodurch fie ihn über die ehr⸗
ärbigften Netter und Dergrößerer feines Vaterlandes
wegfesten, erzeugten in ihm ben unglüdlichen Wahn,
aß er alles, was er nur wünfche und träume, ohne
Mühe ausführen und erlangen koͤnne, daß er über alle
Befeze erhaben fey, und fie ungefcheut und ungeftraft
Wertreten, daß er alle feine Mirbürger, felbft Die vers
hienteſten, nach feinen taunen mißhandeln, daß er bie
Schäze und Koftbarfeiten von Athen als fein Eigenthum
nen, umd Die ganze Macht des Staats als ein Werk⸗
jeug feiner Größe brauchen Fönne ***), Auf diefe Art
wurde Alkibiades der gewaltfamfte, üppigfte, und uns
mäßigfte unter den Achenienfern }), und verdarb bie
Bitten der Jugend durch fein verführerifches Beyſpiel
noch weit mehr, als er von andern war verborben wors
ten 1). !
Dieſer wilde und von Ehrgeiz brennendel junge
Mann wandte alle Macht dee Beredfamfeit und felbft
. des
> GE ER — èIe u ⏑
1b J
*., Man ſehe beſ. Plate in Aleib. prim. p. 215. Ed. Baf,
Gr
244) Man febe meine Abhandlung über ben Lurus der Athe⸗
nienfer, und beſonders Andecydis orat. IV, 297«
305.
) Kenopb, Il, ec.
+) Man fehe meine eben angeführte Abhandlung und Abos
kydes ©. 311.
[. Sebenet Vuch Erſtes Ei
des Aberglaubens) an, Die Athenienſer im char
ternehmung zu bewegen, in welcher er ſich felbft dar
chun, die tücfen, die bucch unſinnige were
dung in: femem DBermögen entflanden waren,
ausfüllen, und neue Schäze zur Fortfegung feiner.
als fonigtichen Pracht ſammlen fonnte **). Graf
die Einbildungskraft feiner Mitbürger fo ſehr,
allenthalben in den Gymnqſien und oͤffentlichen M
der Stade nicht bloß Juͤnglinge, ſondern auch Mia
und Greiſe ſah, die im Sande die Geſtalt und tage:
Sicilien zeichneten, von welcher Inſel fie nicht eis
die wahre Größe Fannten***). a fte blieben mit
Wuoͤnſchen nicht einmal auf Siciflen fliehen, -fonder
flogen nac) Africa und Carthago hinuͤber, welch
gleichfalls zu erobern hofften }). Vergebens tab
die weifeften. Männer den Zug nah Sicilien alsr
wiß und gefährlich TI). Vergebens füchte‘ MNic
Hoffnungen der Athenienſer dadurch niederzuſchla
daß er ihnen die Größe und Entfernung des tar
das fie angreifen wollten, die Macht und Meng
Städte und Bölfer, mit denen fie zu Friegen Haben
den, die Wehrlofigfeit und Erſchoͤpfung der Stadt
nothwendig baraus entfliehen müfte, endlich die ©
zen vorftellte, die fie ben dem geringften Berlufte
den feindfelig gefinnten Spartanern und ben nur
Furcht gehorchenden Bundesgenoffen zu befürchten
⏑ ⏑
*, Er verbreitete erdichtete Goͤtterſpruͤche, im melde
Athentenfer zur Eroberung von Sicilien ermuntert
ben. Plut. III. 365. in Nicia,
®#) VI. q. Thuc.
#“*) VI, 1. Thuc, Plut, II, 32. |
+) Ib. & Ifocr. I. 4902. Die Sarthaginienfer fürdhteten
damals wirklich vor ben Athenienfern. Thuc, VI.:
11) Plut, 1. 33. Siehe auch Ifocr. 1. c.
Geſchichte des Peloponnefiichen Krieges, 23
°) Die. Arhenienfer hörten die Gründe dieſes Ned»
‚, den die Bornehmen nad) dem Tode des Perikles
inem Gegenftreiter des Kleon und nachher des Als
ides erwaͤhlt hatten **), zwar mit Gelaſſenheit an,
ſie von feiner Daterlandsliebe und Nechtfchaffenheie
zeugt, und ihm auch wegen feines beftändigen Gluͤcks
riege und der DBereitwilligfeit, womit er fein gros
Bermögen zu ihrem Vergnuͤgen verfchmwendete, ge
en waren +); allein fie folgten feinem Rathe nicht,
fie ihn für kleinmuͤthiger, ſchwaͤcher und gegen alle
je Entwürfe abgeneigter hielten, als er wirflich
FD. Selbſt die Größe der Forderungen, die er
| machte,
a ra
kung: daß man fich nicht immer auf die hiſtoriſchen
Bacta in den Rednern verlaffen koͤnne, und daß oft bie
größten Schrififieller der Griechen. bie größten Zehler
wider die Zeitrechnung, umb. felbft wider die Geſchichte
ihrer eignen Zeit machten; finde ich in der Mebe des
Iſokrates vom Brieden, in welcher er außer andern
Zebltritten der Athenienfer auch von der Thorheit ihrer
Ansrüftung wider Sicilien handelt. Die Thorheit uns
ferer Väter, fagt er, ging fo weit, daß fie zu einer
Zeit, ba ihre Zelder verwuͤſtet, und fie ſelbſt nicht eins
mal Meifter ihrer Worflädte ware, da ihre Zeinde fos
gar ſchon auf Attiſchem Boden eine Zeflung wider fie
angelegt hatten, daß fie ba noch eine Flotte wider Si⸗
cilten ausräfteten,, und nicht nur dieſe Inſel, ſondern
auch Italien und Garthago zu erobern hoffte. 1. 402.
1, — Der Einfall der Spartaner in Xttifa, und bie
Befeſtigung von Dekelia fielen zwey Jahr fpäter, ale
die Ausfendung der erflen Heersmacht wider Syrakus.
®%) 111. 337. Plut.
) III. 339. Plut.
+) Nikias war unſtreitig ein ſchwacher mittelmaͤßiger Kopf,
der dem Poſten, auf welchen ihn vorzuͤglich ſein Reich⸗
thum hinauf hob, nicht gewachſen, und zu großen Un⸗
ter⸗
"254 Siebentes Buch. Erſtes Cap
‚N marhte, und deren Erfüllung er für unumgän
wendig erflärte *), ſchreckte die Athemenſer 6
ihrem — ab, wie Nikias ſich vorgeſtellt b
ternehmungen durchaus untächtig war; indem %
furchtfamer zaudernder Unentfchloffenheit oder abergla
bifhem Schreden die gluͤcklichſten Augenblide ide ai
beln voräbergeben ließ, und nur etft in den bringenäfl
Gefahren und Nöthen zu einer gewiffen thaͤtigen
u erweckt wurde. Plut. III. in ejus Vitn p, 34
346.360 bef. 376. Er wandte faſt eben fo uiteah
pfern und auf die Erforfchung der Bubuft,
. a feine häuslichen und öffentlichen
von ben lezten unternahm er Feind, wenn er mi
ber einen Weißager (dergleichen er ſtets in h
unterhielt) gefragt hatte, und die Götter auf
Seite zu haben glaubte. Seine Schwaͤche war
gemein befaunt, daß fie von allen Soropfanten
braudt wurde. Er gab nämlich denen — die hm
—— —* 8 oft —* Furcht, als a 11}
er liebte, aus er Zuneigung, und man er
von ihm, daß feine Feinde in feiner Surchrfamfeit einen |
eben fo fichern Fond, als feine Freunde in feiner Olte,
Hätten. Sein eingefehräntter Geift wurde von der Zaf
der Öffentlichen Angelegenheiten fo niedergebrädt, daß
er barüber alle Heiterkeit und Zufriedenheit des Gen
muͤths und alle häusliche Freude verlor, daß er wehen
ruhig und verguägt effen, noch fchlafen, noch Dee
den, noch feine Zreunde genießen kounte, und zw
lezt in ein finferes muͤrriſches Weſen verfiel, welqhet
bie Achenienfer am meiften beleibigte, weil fie das, mas
bloße Wirkung der Sorge oder des ungluͤcklichen Go
muths zuſtandes dieſes Mannes war, für ein Merkmal
feines Stoljes hielten. p. 360. Plut. Unter allen du
term Demagogen fuͤrchtete ſich, wie Plutarch erzählt
P. 338. 347. feiner fo ſehr vor dem Volte, als Nified,
aber andy feines wufie durch vorfezliche Merkmale eine
folgen Furt das Zutranen des Volks fo fchr zu erlam
—J— und zu Zbalten, als eben er.
J
Geſchichte des Peloponnefifchen Krieges | 265
Wabern fchien vielmehr ihren Much zu befeuern. Sie
Iilligten ihm alles, was er verlange hatte, und er⸗
ten ihn ſamt dem Alkibiades und Lamachus, einem
Bipfeen und erfahrenen aber fehr armen Krieger *), zu
wuumfchränften Felöherren mit der Bollmacht, alles
zur befchloffenen Ausruͤſtung nöthig fen, nach ih⸗
Gutduͤnken zu beſorgen und anzuſchaffen **).
Wenn man nur allein daran denkt, daß die Athe⸗
fer in dem lezten Kriege bloß durch Krankheit wenig⸗
die Hälfte ihrer Mitbuͤrger verloren und ihren gans
Schaz bis auf einen Fleinen Neft verbraucht hatten,
ab dann mit dieſen Umftänden alle die Gründe verbins
et, womit Nikias fie auf beffere Gedanken zu bringen
fachte; fo follte man faft glauben, daß die Athenienſer
son einer allgemeinen Raſerey befallen waren, als fie ſo
tnädig auf ihrem Vorhaben Sicilien anzugreifen bes
ten. So wenig aber biefes Unternehmen fich jes
mals gan entfehufbigen läßt, fo war es doch nicht ganz
fo unfinnig , als es beym erften Anblicke fehein. In
den zehn oder eilf Jahren, die feit ber Seuche verfloffen
waren, hatte fich die Stadt nicht nur fo fehr wieder bes
sölfert,, daß es an jungen Kriegern nicht fehlte, fondern
man hatte auch eben fo große oder noch größere Schäge
gfammiet, und noch zahlteichere Flotten gebaut, als
man beym Anfange des Peloponnefifchen Krieges gehabt
et). Denn wenn Andokydes den Wohlſtand ber
nienfer vor der Unternehmung auf Sicilien niche
übertrieb , fo hatten fie mehr als 300 Kriegsſchiffe und
| mehr
HJ 1)
°) Er war fo arm, daß er deu Athenienfern die geringſten
Kleivungsftüde, die er gebraucht hatte, in Rechnung
zu bringen pflegte, III. 372. Plut. in Nicia,
“*) VI. 26. Thucyd.
+) Thuc, VI, 26. Andoc, Orat. II, p. 369. 37%
S
256. Siebentes Buch, Erſtes Eopikt;i;:
mehr als 7000 Talente im Schaze, und nahmen u
von den Dundesgenoflen zweymal fo viel als unter d
Perikles, naͤmlich 1200 oder gar nahe an 5
Talente ein ”). Mit diefer Macht und mit diefen M
thuͤmern konnten fie freylich nicht fo viel ausrichten, |
Afibiades ihnen vorgepralt hatte; es war aber I
auch gar nicht voraus zu fehen, daß fie fo große M
derlagen leiden würden, als fie in der Foige will
litten.
Sobald der Entſchluß den Egeſtanern beyjzuſteh
und die Syrakuſaner zu bekriegen unwiederruflich gef
war, fingen der Staat ſowohl als alle einzelne Mitg
der defleiben an, fich zu beftreben, die Ausräftum
furchtbar und prächtig als möglich zu machen ).
Arhenienfer allein 7) gaben außer den Transportſchi
hundert dreyrudrichte Schiffe ber, zu denen noch
und drenßig andere von den Bundesgenoffen fließen. !
Beſehlshaber der Schiffe wetteiferten mit einander,
cher von ihnen fein Schiff mit den fchönften Mahler
ummestbmau
*, Dies. fagt Ariftophanes in Velpis, v. 656. u. f.
Kıfo rare (r8 Does ao Tav FoAeay) T&T
Kg, Hs TOS MORUS EnaTosas,
Ileurava,, METaN , &yopas, Asuevas,
SES KU ONMIOTEATE
Teray FANE@UL, TaAavr eyyus dr Asa
vercu Nu.
In eben biefer Zarce fagt Ariffophanes, daß tan
Städte den Athenienfern zinsbar wären, und
zwanzigtaufend Athenienſer wie in den Elyfifchen @
den leben Pönnten, wenn eine jede Stadt nur 34
zu ernähren auf fih nehmen wolle, v. 705. u. f
*) VI. 24. 31. Thucyd,
1) 1b, & 43.
Bien ier Daspumeiiäen Re m u
Vadeldungen au ſchmuͤcken wärbe, wie die uͤbri⸗
* CH J
6 De Weine unbrbung
hoben Sold zu bereichern, ben die. Stabt und bie _-.
hauptleute rachen, lockten aus Athen und
—2* —E Städten die fhönften und uns '
chmendſten jungen feute zuſammen, und nicht nur
chwer bewaffneten. —5 ſondern auch die See⸗
Momit die e befejt waren, beſtanden aus.
—— Männern, vie man Jana
wnen, als fie —E— das feſteſte Zutrau⸗
nflöfte, daß fie als Siegerinn von Sieilien und
bago in ben Piräus zurückkehren wuͤrde *), Die
Seemacht langte nach einer ungeftörten Fahrt gluͤck⸗
ven Rhegium und in ber. Machbarfchafft von Sich
in H· Hier entdeckten aber die Befehls haber bald
wie
Ib. Die Statt gab ben’ eigentlichen Soldaten wie den
Seelenten täglich eine Drachme, und bie leztern erhiel⸗
ten außer ber.anfehnlichen Belebung, welche der Staat
ihnen reichen ließ, noch eine beträchtliche Zulage von den
‚Srleratigen, die dadurch ihren Eifer vermehren woll⸗
The, 1, &.& Miod, XI, 543. Ol. ꝗ1. 2
‚VL 44
Zweyter Band. X
on. > Er Ss SE
ags Siebentes Buch. Erſtes Cop:
zur großen Verwunderung bes Alkibiades bie Wah
beſſen, was Nikias immer geweißagt hatte, daß frei
zhaͤnzende, aber leere Berfprechungen ihrer Bundesg
‚ der Egeftaner , wären betrogen worden”),
fanden nämlich) weder in Egefta die Schäze, mit we
Ihre Abgeſandten geprakt hatten, noch in den. Sick
und Gricchifchen Städten die erwartete Bereitwil
ben: Athenienfern beyzutreten. Die leztern wurden d
J —* wahrſcheinlich wegen des boͤſen Geruͤchta
fie ſich durch ihre gewaltthaͤtige Herrſchafft über die
ſein zugezogen hatten, abgewieſen; hoͤchſtens erle
man ihnen, vor ben verſchloſſenen Thoren Lebent
einzukaufen, und ihre fuͤrchterliche Flotte wuͤrde
sicht einmal einen ſichern Hafen ober Ankerplaz in:
eitien gefunden haben, wenn fie ſich wicht. mehr: %
Aſt und Gewalt als durch Leberredung ber Stadt
tana bemächtigt und die Einwohner derſelben auf
Seite gebracht hätten **). inter dieſen Limıflänbe
gen dje verlegenen Feldherren darüber zu Mark, my
nunmehro am Beſten zu thun hätten 7). Niklas ſu
te dahin, daß man am die Belagerung von Ey
nicht weiter denken, fondern die Egeflaner mit-
‚ oder Gewalt mit ihren Feinden ausjöhnen,. und al
an den uͤbrigen Städten Siciliens hinfegeln müffe,
ihnen die Macht des Achenienfifchen Volks, und
Sorgfalt für die Bundesgenoffen zu zeigen. Lam
hingegen hielt dafür, daß man gerade auf Syraku
gehen, und dieſe Stadt zu einer Zeit, da fie no
der größten Beitärzung und ohne alle Borbereitun
"1. c. 46.
“*) VI, 51. 52. Thuc,
N» 47.49. ib.
Befchichte des Peloponnefifchen Krieges. 259
ı folchen Angriff fey, mit der ganzen ungetheilten
ungefchwächte Flotte überfallen muͤſſe. Alkidiades
ch erklaͤrte die Entſchließung des Nikias für zu
wflich und die des Lamachus für zu. verwegen. Cr
der - Meynung, daß man ſowohl an die mächtigften
dte, ald an die Barbaren in Sicilien. Gefandten abs
tn muͤſſe, um fich ihrer Freundſchafft und einer
iihen Zufuhr zu verfichern, und daß man alsbann,
ıman diefe Zwecke erreicht Hätte, mit defto größe,
zuverficht fi) an Syrafus felbft wagen- fönne *).
uͤcklicherweiſe wurden die Nathfdyläge der beyden
n und weifern Maͤnner verworfen, und der verderb⸗
Entwurf des ımerfahrnen Alfibiades angenommen
ausgeführt. Dies erfieZaudern war Urfache, daß
Syrafufaner fic) allmälicy von dem Schrecken ers
ten, den ihnen die Arhenienfifche Flotte eingejage
. Sie. befeftigten die Gemüther und Treue ihrer
desgenoſſen und gewannen Zeit genug, folche Zuruͤ⸗
gen zu ihrer‘ Vertheidigung gu machen, daß fie füch
einee gefährlichen Ueberrumpelung nicht mehr zu
ten brauchten **). .
Nicht lange nachdem die Arhenienfijchen Feldherren
über die Maaßregeln vereinigt hatten, nach welchen
m Krieg fortführen wollten, langte ein Schiff mit
ihafftern von Athen an, die dem. Alfibiades im Nas
des Volks den Befehl überreichten, nach Athen zus
ukehren, um fich von gewiflen Verbrechen zu reinis
deren man ihn ſchon vor feiner Abreife beſchuldigt,
a Unterfuchung aber das Volk bis and Ende der gans
N 2 zen
VI. 47:49.
44. 63 c. Thuc,
8
u
265. Giedentes Buch. Erſtes Col:
zen Unternehmung verſchoben hatte”). So
naͤmlich nicht lange vor der Abfahrt ver Flotte m
cilien in einer Nacht allen Hermen oder Mereu
- die in den Straßen und an den öffentlichen Plaͤ
Stadt errichtet waren , bie Köpfe abgefchlager
daß man die Täter entdecken konnte. Diele
that fezte das. ganze Volk in eine 'eben fo große
als Beſtuͤrzung, weil man bie Berftümmelung
geheiligten ‘Denfmäler nicht nur als eine üble: Vo
tung des Ausgangs ded ganzen Kriegs anſah,
weil man bamit auch, ohne daß man felbft w
um, einen Anſchlag auf die Umkehrung der
Staatsverfaſſung verbunden glaubte. Man ve
daher ſowohl Freyen als Sclaven große Belohm
und ſelbſt den Mitverſchwornen gänzliche Strafls
wenn fie den ober bie ruchlofen Gotrheirsfchänd
—E en würden. - Allein man ı
mit der Ausfezung diefer hohen Preife weiter nich
als daß man mehrere iſthtswuͤrdige Dienfchen, ı
lezt einen ver größten Redner und der erfien Buͤ
Achen, ven Andokydes, der ſich felbft und feine J
durch eine ſolche Angabe zu retten fuchte, anreijt
große Zahl unfchuldiger und vornehmer Mänı
Die Urheber des Berbrechens zu nennen.
Diefe Angeber weder Zeugen noch andere gültige 2
für die Wahrheit ihrer Ausfagen vorbrachten, u
tet fie alle entweder wegen ihres vorher geführten:
oder ihrer Abfichten verdächtig feyn Anuften, uns
achter fie fich endlich unter einander widerfpracher
Dinge erzählten, deren Nichtigkeit erweislich w
traute doch ber vegierende Nach, der noch hefti
a md
*) Thuc. II. 27:30. 53. 61. Andoc, orat, I, p, 1
p. 253. Plut, II, ar. 42 p. in Alcib,
Seſchichte des Peloponneſiſchen Krieges. 261
Möbel ſelbſt zu raſen ſchien, mit einer unverzeihli⸗
Blindheit ihren Ausſagen, und verurtheilte dieje⸗
m, die als Schuldige genannt worden waren, ſo⸗
ch zum Tode, wenn ſie ſich nicht vorher durch die
cht in Sicherheit geſezt haͤtten. Unter der Zahl der
xklagten fand ſich auch Alkibiades, dem man außer
Verſtuͤmmelung der Hermen und dem Vorhaben,
Demokratie aufzuheben, noch die Entweihung der
iſiniſchen Geheimniſſe zur Laſt legte. Vergebens
te dieſer Feldherr ſich gegen die ihm aufgebuͤrdeten
brechen zu vertheidigen, oder bie wider ihn vorge⸗
hten Anklagen vor feiner Abreife gerichtlich unterfus
zu laſſen. Seine Feinde brachten es beym Volke
a, daß die ganze Sache bis zu feiner Ruͤckkunft aus⸗
t ‚bleiben _follce ; und dieſes thaten fie theild aus
ht, daß das Volk gegen einen Feldherrn, welchem
Sefallen ein beträchtlicher Theil des Heers mit in dert
g zog, und der bey. allen Kriegern. am meiſten bes
war, zu gelinde verfahren Möchte, theils aber auch,
er Hoffnung, daß fie ihn während feiner Abweſen⸗
mic deito größerem Nachdruck würden angreifen
en. Der Erfolg zeigte, daß fie richtig gerathen
9; denn faum war Alfibiades mit der Flotte abges
en, als feine Widerfacher Die Anklage gegen ihn ers
ten, und ihn beym Volk fo. verhaßt machten, daß
' dem Beklagten ohne ihn einmal hören zu. wollen,
auch an den Schluß, den: es Fury vorher gefaße
» ober an die nachtheiligen Solgen, welche die Zus
erufung des Alfibiades für Die ganze Unternehmung
ı konnte, einmal zu denken, zum Tode verdammte.
labes erfuhr zwar dieſes Urtheil von den Gefandten
Athenienſer nicht; er Fonnte aber dus der unregels
igen Art, wie man mit den übrigen Beſchuldigten
egangen war, leicht fchließen, daß er von der Ers
tung des abergläubifchen und auf die Demofratie
| R3 Hoch
bchſt eiferfüchtigen Poͤbels das Aeußerſte zu 5i
ben würde, Er nahm daher heimlich die F
begab fi) nad) Sparta, wo er bald unumfehr:
' in Achen felbft zu herrſchen anfing, und durch fei
he den Athenienfern viel furchtbarer wurde, ‚alserbl
feine, Eprfucht ‘jemals den Feinden. des Waterlan
' fen war *). ——
Durch die Entfernung bes Alfibiades fiel dien
ſte Befehlshaberſchafft faſt ganz dem Nikias zu
Samachus wegen feiner Armuth gar Fein oder nur eing
ringes Anfehen im Heere und in den Der
gen hatte **). So ungebunden aber 9
auch war, fo folgte er doch weder den klugen
geln, dfe er ſelbſt anfangs für die beften geha
dem miuthigen Rathe, den lamachus gegeben h
dern er handelte, al wenn er von dem Geifte
ſtuͤrzten und abweſenden Feindes wäre befeelt
Er fegelte- den. ganzen Sommer durch) von einem
fen Siciliens zum andtin, griff bald Dieje, ‚ball je
kleine Stadt an; und wurde dadurch den Syraküfele
fo verächelich, daß diefe fich ensfchloffen, ihn aufgufilden
und ſelbſt Angreifer zu werden 7). So gar die kanbulg
me
H Als ihn auf feiner Flucht ein Arhenienfer fragte: wan
er feinem Vaterlandenicht trane? antwortete er, Daft
es in allen Abrigen Stuͤcken thue. Weun es abet dl
Leib und Leben ankaͤme, fo trane er feiner eignell
Mutter nicht, weil fie feicht aus Werfehen eir führer
M Steinden für ein weißes ergreifen küuuc. Plut
. ©. p. 42.
**, Plüt. Pu
% Thuc. VI. 62. 63. Die Sprafufanifen Nenter, ie
bis an das Kager der Athenienfer hinfireiften, fragten
bie leztern umter andern bittern Epötterepen, ob it
fich ale. Coloniſten in. Sicilien niederlaffen ——
— DE
Beftbkdäte des Peloponneftichen Kritges. "are
Syrakus, bie er durch eine gläcliche Kriegsliſt be
ftelligte, verrieth den Feinden nur noch mehr bie
jätigfeit des Feldheren , ober die Schwaͤche feines
8, indem er bes Sieges ungeachtet, ven er über
Syrafufaner. erfocht,- fich nicht in dee Nachbar: "
fe ihrer Stadt erhalten konnte, fondern fich nach
na zurück ziehen muſte, wo er den erften Winter
subrachte *). So verfloß ein ganzes Jahr , ohne
bie Achenienfer einen einzigen wichtigen Streich aus⸗
set hätten, ober ihrem Ziele um einen einzigen Schritt
r gefommen wären; und biefes unverzeibliche Zoͤ⸗
des Nikias war , wie feine Feinde ihm vorwar⸗
und alle Sefchichtfchreiber bezeugen *”), die Haupt⸗
he, warum der zweyte Feldzug ſo unglücklich ans⸗
und die ganze linternefmung in den Häfen von Eye
B fcheiterte F). . .. J
Waͤhrend daß die Athenienſer von ihren Winter⸗
tieven aus ſich in Sicilien ſowohl als in Italien und
ca um neue Dundeögenoffen bewarben FF), . und
Ra4 alle®
\
——
- Denn dies ſchiene doch mehr ihre Abficht zu ſeyn, Frag
ihre vertriebene Bunbesgenoffen wieder in Ihre Woh⸗
nungen zuräc zu führen. |
Tbue, VI. 64,71. |
) Thuc. VII. 42. Plut. 111. 370.
Niklas bleibt gleich ſchuldig, man mag annehmen, . daB
er mit der Macht, die er bey fich hatte, Syrakus aus
greifen Fonnte, oder man mag annehmen, baß fie für _
eine folche Unternehmung zu ſchwach war, Im erſten
Zall braucht die träge Unentfchloffenheit dieſes Mannes
weiter feines Beweiſes; im andern Zalle aber waͤre es
feine Pflicht geweſen, nad Athen zuräd zu gehen, wie
er Anfangs felbft die Abſicht hatte.
) VI. 88. Thuc. Sie baten fi fogar von ben Aprrhes
nern und Garthaginienfern Külfe aus. In Sichlien_
Ä tra⸗
hechſt eiferfächtigen Pobels das Aeußerſte zei. Kufle
haben würde. Er nahm daher heimlich hie Fluch
begab ſich nad) Sparta, we er bald unumfchränft
in Achen felbft zu herrfchen anfıng, und durch fein
che den Athenienfern viel funchtbarer wurde, als er.
feine Eprfucht jemals den Feinden des Vateri
geweſen war *)
Durch. die Entfernung bes Altibiades fiel die
ſte Befehlshaberſchafft fat ganz dem Mifias zu,
Lamachus wegen feiner Armuth gar Fein oder nur. «
F Anfe im Heere und in den DBerachichl
hatte **) - &o ungebunder aber Mikias
—8 war, fo folgte er doch weder den klugen M
geln, die er ſelbſt anfangs fuͤr die beſten gehalten,
dem muthigen Rathe, den lamachus gegeben hatte
dern er. handelte, ald wenn er von dem Geifte fein
ftürzten und abweſenden Feindes wäre beſeelt wor
Er fegelte- den ganzen. Sommer: durch von einen
fen Siciliens zum andin, griff bald dieſe,
fleine Stadt an; und wurde Dadurch den hen
fo verächtlich, daß dieſe fich ensfchloflen, ihn aufzu
und ſelbſt Angreifer zu werden F). So gar die ta
*) Als ihn auf feiner Flucht ein Athenienſer fragte: ı
er feinem Vaterlande nicht trune? antwortete er,
es in allen Äbrigen Städen thue. Wenn es at
Leib und Leben ankaͤme, fo trame er feiner
Mutter nicht, meil fie leicht aus Verſehen ein |
zes Steinchen für ein weißes ergreifen koͤnne.
l, c. p. 42.
28) plut. Le. |
+) Thuc. VI. 62. 63. Die Sprafufanifhen Rente
bie an das Lager der Athenienfer binftreiften, |
bie legtern unter andern bittern Spoͤttereyen,
fich ale Coloniſten in Sicilien nicderlaffen wo
. PORERFG Haoreaneſuen Brit 6
J Seeakus, bie er bucch eine glückliche Kriegstift de
erkſtelligte, verriech den Feinden nur noch mehr bie
Inchätigfeit des Beldheren , oder die Schwaͤche feines .- -
ers, indem er bes Sieges ungeachtet ‚ ben er uͤber =
B Eiprofufaner erfocht ,; fich nicht in ber — 2*
ufft ihrer Stadt erhalten konnte, ſondern ſich nah.
tana zurück ziehen mufte, wo er den erften Wintee:.'
ee zubrachte *). So verfloß ein ganzes Jahr, obiR *
b ve Achenienfer einen einzigen wichtigen Streich aule +.
et. hätten, oder ihrem Ziele um einen einzigen ——
gekommen wären; und dieſes unverzeihliche Zoͤ⸗
Rn des Nikias war, ‚tie feine Feinde ihm vorwar⸗
£ umd alle Geſchichtſchreiber bezeugen“), die Haupo
koche, warum ber zweyte Feldzug fo ungluͤcklich ande
| hr und bie ganze Unternefmung in ben Hafen von Eye
—— D.
Während daß bie Arhenienfer von ihren. Winte⸗
Mistcheren aus fich in Sicilien ſowohl als in Stalten und
N feica um neue Pundesgnsofen bewarben 77), Kr
\
—.—
5 " Denn dies fihiene doch mehr ihre Abſicht au ſeyn, ab
ihre vertriebene Bunbesgenoffen wieder in Ihre WBohe
f nungen zuräd zu führen.
9 Thue. VI. 64,71. | |
30 Thuc, VII. 42. Plut. 111. 370.
—8* Niklas bleibt gleich ſchuldig, man mag annehmen, duß
er mit der Macht, die er bey fich hatte, Sprafus ana
greifen Fonnte, oder man mag annehmen, baß fie dr .
eine folche Unternehmung zu (mad war. Im e
Zall braucht die träge Unentſchloſſenheit biefes Mannes
weiter feines Beweiſes; im andern Galle aber. wäre eb _
feine Pflicht geweſen, nad Athen zurüd zu geben, wie
er Anfangs felbft die Abficht hatte.
+4) VI. 88. Thuc. Sie baten fi) fogar von ben Tyrrhe⸗
nern und Carthaginienfern Hülfe auf, 30 Sicilien⸗
Wan
2.
‚alles anfhafften, was zur Belagerung von PER:
thig war, wandten bie Syrakuſaner mit einem
lebhaftern Eifer, der durch Zutrauen zu fich feibft, i
. burd) fröhliche Hoffnungen unterhaften u und beft
de, alles an, was in ihrer Macht mar, um nicht
ihnen drohenden Gefahren abzutreiben , fonbern:
den Seind zum Abzuge aus Sicilien zu: zwingen.
vermehrten ihre Kriegsvoͤlker und Veſtungswerke
ſezten eine Anhöhe vor der Stadt, ohne welche die
tere gar nicht eingefchloffen werben ee — un.
endlich eine Geſandſchafft nach Korinch und
am ſich Hülfe von dieſen Städten aussubitten
Geſuch der Syrakuſaner wurde vom Alkibiades fon
tig unterſtuͤzt, (und dies war der erſte große Chi
den Alkibiades feinem DBaterlande während feiner
enbei zufügte) **), daß die tafevämonier den
der Athenienfer in Sieilien mehrere Schiffe. unb“
an fieben Hundert fehwer bewaffneter Krieger teil
ten T), und ihnen den Gylippus zum ——
ben, ber den Nikias an Erfahrenheit und tift,
fonders am Thärigfeit und Muth eben fo fehr übern
als er in Anfehung der Rechtfchaffenheit und Unäigen
üigfeit > von ihm übertroffen wurde FF).
Gleich mit dem anbrechenden Frühling trated
Athenienfer ihren Zug gegen Syrakus an, und erfie
hinter einander fo viele Bortheile, daß der Murh
Syrakuſaner, der ihnen durch das Zögern ber Sei
U U | |
traten ihnen viele von den Ungriechiſchen Bench
- Im Innern bes Landes bey, von weichen fie zum X
ebenewittel, zum Theil auch Geld erhielten. ib,
”) 1b
**) Thuc. 89. VI. & Plut, II, 44 47 p. in Alcib.
pD VI 104. VII, Ä
+) Plut. II. 383
(EEE ⏑
Gefchichte des Peloponneſiſchen Strieged. 265
Berflößt worden war, faft gänzlich niebergefchlagen
Die Achenienfer eroberten die Unhohe vor der
tobt, welche die Syrafufaner befeſtigt Hatten, zogen
t erſtaunlicher Gefchwindigfeit eine Mauer um vie
Bot, wodurch fie die lestere einfchließen wollten,
den mehrmalen fowohl die feindliche Reuterey
das Fußvolk *), zerflörten die Feſtungswerke, wels
die Syrakuſaner errichtet hatten, und fperrten end»
die Stadt fomwohl von der fand » ald GSeefeite ein*”).
€ häufigen und unerwarteten Anfälle würden bie
rafufaner gewiß bewogen haben, den Achenienfern
anzubleten, wenn ihnen nicht Gylipp mit einer
Wfehnlichen Macht zu Hülfe gefommen wäre. Durch
leſe Erfiheinung des Spartanijchen Befehlshabers, ven
Bifias wider alle Regeln ver imperatorifchen Klugheit zu
Ge vernachläffige hatte 7), wurde die ganze Geftale
w Sachen, und das DBerhältniß der kriegenden Mächte
uf einmal verändert. Gylipp verlor zwar die erfte
Schlacht wider die Uchenienfer, allein er gewarın bald
arauf einen wichtigen Sieg , wodurd) die Syrafufas
er in Stand gefezt wurden, ihre Gegenmauer gegen
le Athenienfer ungeflört zu vollenden Ff). Er reifte
lbſt in Sicilien umher, um den Sprafufanern neu:
Berftärfungen und Bundesgenoffen zu verfchaffen, und
z gelang ihm auch noch vor dem Ende des Feldzuges
urch feine unabläflige Thätigfeit, daß die Achenienfer.
nehr Belagerte ald Belagerer wurden, und fich mehr
ertheidigungs/ als angeiffeneie verhalten muften , r
5 da
TU U U}
*, In einem biefer Siege verloren fie aber den Lamachus.
VI 101.
**) c, 103. ib. \
D VL 104 VII 3, Thuc, Plut, II. 38T.
+ vi 5. 6.
566 Sicbentes Buch. Erſtes Capitel.
daß fie nicht einmal ihre Werfe wider die Stadt fi
fegen Fonnten *).
Nunmehro fühlte Nifias felbft von neuem wid
daß es ihm unmöglich feyn würde, mit der Macht,
er ben fich hatte, etwas gegen Syrafus auszurich
Er meldete daher den Athenienfern mit einer edlen‘
müthigfeit den wahren Zuftand der Sachen **).
ſchrieb ihnen, daß die Truppen zwar ‚mit außerorde
cher Tapferfeit gefochten und ſelbſt den Gylipp eim
überwunden hätten; daß fie aber nachher durch bie
berlegenheit der feindlichen Neuteren und leichten Tı
pen gezwungen worden, fich hinter ihre Werke zu
zu ziehen: daß ferner viele Schiffe, die wegen bes
ftändigen Dienftes niemals aufs fand haͤtten gep
werden fonnen, unbrauchbar geworden, und ein grı
Theil der Seeleute durch Kranfheit und feindliche Us
fälle umgefommen fey , daß endlich eine Menge
Sclaven und Dienftleuten zum Feinde übergegangen, '
nicht weniger von den freunden Kriegern, die ſich in
rer Hoffnung leichte und große Beute zu machen be
gen gefunten, fich entweder fchon verloren hätten, ı
noch räglich verlören. Er befchloß fein Schreiben
der Bitte, daß man ihm feiner Kränflichfeit wege
nen Nachfolger ſchicken möge, und mit dein Rath,
man bie ganze Flotte entmoeder nach Haufe fommen
fen, oder auc) mit einer andern eben fo mächtigen !
ftärfen müffe. So unerwarter diefe Nachrichten
Uchenienfern waren; fo befchloffen fre doc dem Mi
eine neue Seemacht zu Hülfe zu fihiefen, und tru
die Ausruͤſtung derfelben dem Eurymedon und v
“ VII. 7. 8.
“*t) VII, 11. & fq. Thuc.
-Gefeihte des Peloponneſſſhen Srieges, 167
mes auf, bie zu Befehlshabern berfelben - ernannt
uden ). | on
&: Im. dritten Jahre des Krieges mit den Syrafus.
kn und im neunzehnten des Peloponnefifchen Kriege -
bien die Spartaner auf ben Rath des Alfibiades nicht
Win Attifa ein, fondern fie befeftigten auch auf Atti⸗
In Doden einen Drt, Dekelia, um die Macht dee
ienfer zu heilen, und ihnen das wieder zu vergel⸗
was fie.im vorhergehenden Jahre ben ihrem Ans .
> ins Lakoniſche Gebiet verübt harten *®). Ungeach⸗
aber die Uthenienfer durch bie Befeſtigung von De
and die beftändigen Ausfälle und Streifereyen der
finde: alle Hoffnung von Erndte, alle Heerden und
püich, und faſt zwanzig tanfend ber: Funftreichften
ven. verloren, ungeachtet fie felbft auf eine gewiſſe
ei ihre Stabt eingefperrt,- und ſelbſt die Zufuhr von
Bänicceln ihnen ſehr erſchwert wars ſo gaben ſie den⸗
itzre Ausruͤſtung nach Sicilien nicht auf, und ganz
&henland erftaunte über die Standhaftigfeit und
keibeit, womit die Uchenienfer einen entfernten Krieg .
‚ da fie einen andern, ber fich unter ihnen -
niedergelaffen hatte, nicht einmal aus ihren
h ben Demofthenes und Eurnmebon mit einer Flotte: _
a. 8ren und fiebenzig Segeln aus, die eben fo viele” '
aumnfchafft, als womit die erftere beſezt geweſen war,
uͤberdem alle Kriegebebärfniffe, die dem ganzen
beste nothwendig feyn Fonnten, nad) &icilien über.
achte FF). Bevor aber biefe Felherren vor Syrakus
| an⸗
—W
nem un — — — — —————
*
\
% VII 17. 18.
“s) VI. 91. 105. VII. 19. |
4) VII 42. Unrichtig gibt Diodor bie Zahl der Eifffe;
er 2 ' ‘ , aus
— ⸗ — ⸗ —
—
en zu trelben vermochten 7). Sie ſchickten wire _”.
/ 268 -Siebented Buch: Erſtes Capitel,:
anlangten, Hatten die Syrafufaner eine‘ anfehai
Flotte ausgerüfter, und hatten, ungeachtet fie das e
Seetreffen gegen bie Athenienfer verloren *), dem
bie Seftungstwerfe auf. Plemmyrium, bie mit gro
Schäzen und Vorrath von allerley Art angefällt ward
erobert, und in einer zweyten Schlacht einen vollfe
menen Sieg über bie Achenienfer erhalten **). De
diefe Niederlage verlor das gefchwächte Athenienſi
Heer allen Much, und geriet zugleich in Die mißid
tage, indem ihnen die Zufuhr von tebensmitteln zur €
faſt ganz abgefehnitten wurde, und alle Proviantſch
fich entweder durdjfchleichen ober durchfchlagen mu
Die Ankunft des Demofthenes und Eurpmebon richt
zwar auf eine furze Zeit die Gemüther der Athenici
wieber auf; allein diefer Troſt war nur von Furzer Dacil
Denn anftatt der Netter feiner übermundenen Br
zu werben, wurde er felbft nur eine Zugabe zu * |
Unglück, und mit ihnen ins allgemeine Berderben heul
gezogen. Weil Demofthenes wufte, daß das
des Nikias dem Feinde vorzüglich Murh und Kräfte:
geben hatte; fo dachte er diefen Fehler zu vermelbe
und faßte den Entfchluß, gleich in den erften Tagen
ner Ankunft, da die Syrafufaner noch am wenig
vorbereitet, und in der größten Beſtuͤrzung feyn wie
den, einen Fühnen Angriff auf Epipole zu thun. Darf
Glück fchien ihn im Anfange diefer Unternehmung zu We‘
günftigen; er wurde aber doch, da er den Sieg ſcheu
in Händen zu haben glaubte, mit großem Verluſie durch
ve '
$:
0] U ln
aus welcher bie zweyte Slotte befand, auf 310 at.
ad Ol. 91. 4.
# 21.22 c. Thue.
») 40. 41 e.
n f,
PIE des —E Siege 25
Kopferfeie. der Bbotier zuruͤck getrieben ). Nach
‚mißfungenen Verſuche rieth Demoſthenes, die Ue⸗
el des Heers einzuſchiffen und nach Athen zuruͤck
welchem Auftrage ſich aber Nikias aus alten‘.
widerſezte), nicht bloß deßwegen, wie Plus.
und Diodor ihm Schuld geben, weil er lieber
h das Schwerdt des Feindes fallen, als von dem
Pirachten Poͤbel in Athen hingerichtet werben
Ke***), fonbern weil er bey einem Öffentlichen Abzuge
rliche Ueberfaͤlle befürchtete, und gegründete Hoffs
en zu haben glaubte, daß er durch ein längeres
Feilen Die Syrakuſaner aufs aͤußerſte bringen, und
een für ihn und fein Vaterland rühmiichen Frieden
hyen wuͤrde. Er wuſte nämlich, daß die Feinde
5 die Anlegung fo vieler. Feftungswerfe, durch hie
haltung fo vieler fremden Bölfer, und burch bie
kung und Ausruͤſtung einer fo großen Flotte in uns:
Ayiche Schulden geftürzt. worden, 'und daß es ihnen‘
Bblich feyn würde, dieſe Ausgaben noch lange zu bes
pr ). Er harte überdem viele Anhänger in Syra⸗
‚die —* die Stadt in die Haͤnde ſpielen wohs
"und ihn immer dringender baten, ja nicht von _
he zu ziehen. Es zeigte fich aber bald, daß Niklas
in feinen Erwartungen betrogen hatte; benn die Sy⸗
faner erhielten boppelte Verftärfungen, fowohl aus
Peloponnes ald aus Sicilien, und wurben daburch
Mn, daß fie ſich entſchloſſen, die Athenienſer in ih⸗
Feſtungswerken anzugreifen 77). Nunmehr fein eo ee
—
7Thue. VII, 43. Nach dem Diodor 550 p. SU, verlo⸗
ren die Athenienſer uͤber 23500 Mann. 2
N Thuc, VIl, 47.
#) XIII. Diod. p. 550, IN, Plut, 9
ı VII. 48.
p VIL 50, Thut.
+
A
270 Giebente Bug. Erfed
dem Nikias ſelbſt nicht mehr rathfam, vor Sp
verweilen, und ed wurden Daher in der größten. €
| Befehle ertheilt, daß das ganze Heer Sich zur AÄbfahr
tig halten möchte, Unglüclicher Weiſe aber fiel 4
um bie Zeit, als man auslaufen wollte, eine.
Mondfinfterniß ein, durch welches Phänomen alle.
nienfer, und ſelbſt die Befehlshaber der *
in Schrecken geſezt wurben, daß ſie den
digſt erſuchten, noch die dreymal neun a
welche die Zeichendeuter die Abreife auögefegf —
zuwarten. Nikias bewilligte dieſe Bitte um
ter, weil er von einem aͤhnlichen Wahn und
Befürchtungen beherrſcht wurde, und bie d
glauben veranlaßte Zögern wurde Die nächfte: m
telbare Lirfache des Untergangs der
kurz darauf wurden fie von den. Sprafufanern gi. |
fer und zu Sande angegriffen, und fo übel zuge]
daß die Feinde fogar anfingen, die Mündung.
fens zu fperren, um ihnen die Ausfahrt
machen *). Dusch; diefe Entſchließung der Eng
ner, bie fogleich ins Werk gefest wurde, ſtand e
Athenienfern nicht mehr frey, ob fie. fehlagen 1
gder nicht. Sie muften nunmehr angreifen, nid
zu fiegen, fondern um ihr teben und ihre Freyh
Betten, Nikias ftellte feinen Kriegern alle
gründe, wodurch auch die Beigften zum muthigen
hätten ermuntert werden koͤnnen, und alle fuͤrcht
(gen einer Niederlage, wenn fie jezo dergleichen.
ollten, mit der rührendften und eindringenften 2
famfeit vor; allein die wichtigften Gründe und bie f
Ueberzeugung von einem unvermeiblichen, aber etiv:
| U, m —
25) VIL 56, 59.
Gehlichte des Peloponnefifchen Krieges. 271
‚Alntergange bey bem Verluſte der Schlacht waren”
zu fehwach , der Furcht vor gegenwärtiger Gefahr
m fchon lange niedergeiworfenen Seelen der Aches
ke?) das Gleichgewicht zu halten. Die Jestern
ven ſowohl zu Waſſer als auf bem Sande überwuns
„und büßten fo viele von ihren leuten ein, daß fie
Beftärzung nicht einmal daran dachten, ihre Todten
#: zu fordern. Auch Fonnten ihre Feldherren fie auf
Weiſe bewegen, noch einmal-einen Berfuch zu mas
. ſich zur Ser zu wetten, da fie doch noch fechzi
die Syrakuſaner nur fünfzig Schiffe hatten **),
k.foßte alfo den einmuͤthigen Entfchluß, die noch.
er Schiffe zu verlaffen, und gu Lande fortzuziehen;
sutkchluß, der unſtreitig auch geglückt waͤre, wein
‚SHermofrates, eins von den Häuptern in Syra⸗
:beflen Klugheit und Betriebſamkeit die Einmohner
Stadt nach dem Gylipp ben. jezt erworbenen Ruhm
bein blühenden Zuſtand ihrer Sachen am meiſten zis
fen hatten, vie Achenienfer durch eine Kriegsliſt
£.aehalten Härte 7). Er ſowohl ald die Vornehm⸗
er Stadt verzwenfelten daran, ihre Truppen Das.
B:bringen, daß fie nach. dem entkcheidenden Siege,
le erfochten, und nad) den Drangfalen, vie fie aus⸗
nden hatten, fogleich wieder in der Nacht, unb
bazu.an einem Feſte des Herkules, wo fie fich ihres
es recht zu erfreuen gedachten, dem Feinde nach⸗
ı follten. Er ſchickte alfo einige feiner Freunde un⸗
N 0 te
VIL 61571 c. | W U
) Thuc. VII. 72. Diodor thut alſo dem Nikias abermals
Unrecht, wenn er ſagt, daß er ſich dem Rath des De⸗
moſthenes mit den Schiffen zu. entfliehen entgegenge⸗
fezt, und den Weg zu Laude vorgezogen habe, XUL
p- 555. — | on 2
VL. 73. . . 35 42*
ter einer Bedeckung von Reutern an das Lager d
nienfer, und ließ ihnen kund thun, daß fie ja bie
nicht aufbrechen, fonbern ihren Abzug his auf
genden Tag auffchieben möchten, weil die Syr
alle Paͤſſe beſezt Härten *). Nikias und alle übei
pter des Heers wurden durch diefe falfche Mac
rückt, weil ſie glaubten, daß fie von ihren Ste
ber Stadt herkaͤme. Ohne alfo die Wahrheit |
weiter zu unterſuchen, blieben fie nicht nur d
Macht, fondern auch durch einen unverzeihliche
die benden folgenden Tage ruhig im lager lege
brachen erfi am beitten Tage auf, nachdem bie
Fufaner alle Wege verhauen, alle Brücken abge
bie engen Päffe und Anhoͤhen beſezt und befeſtig
an allen Orten, die geſchickt dazu waren, Hin
gelegt hatten. Die Athenienſer muſten daher
rem Marſche faſt jeden Schritt, den ſie thate
dem Schwerdte erkaͤmpfen, und wurden ſeloͤſt a
wenn ſie vor ſich keinen Feind oder keine Schwier
fanden, von der ſie umſtreifenden Syrakuſaniſche
terey unaufhoͤrſich beunruhigt. Ungeachtet Nifia
eine langwierige Kraͤnklichkeit entkraͤftet, und vom
eben ſo viel als die uͤbrigen Athenienſer, nach der
lichſten Ruͤckkehr aber mehr als irgend ein andere
Volke zu fuͤrchten hatte; ſo erfuͤllte er doch mit
woͤhnlicher Heiterkeit und Ruhe alle Pflichten ein
ten Bürgers und eines weiſen und ſtandhaften Zeh
Er munterte die Muthloſen auf, troͤſtete Die Du
feinden, lehrte ober beftrafte die Nachläffigen
führte fie, wenn es nöthig war, mit der größten
ſchrockenheit gegen den Feind an, und es ſchien
wenn die bringenbfte Gefahr neue Kräfte in ihm
J ı
t 9
Vu. ⁊a. & 5,
@uhlihite ed Peloponneſiſchen Krieges 273. .
und Ihe über ſich ſelbſt erhoben haͤtte *). Unter
Ri Anführung legten die Ychenienfer am erften Tage
DS
q Weg von vierzig Stadien zurück **). Am zwey⸗
Rage aber -famen fie fejon an einen vermauerten
weg, ‚und an. eine befeſtigte Anhöhe, die ſie zum
enmal eben fo fruchtios, als am folgenden Morgen
ten. Die Qersfüßrer wurden Daher eins, einen
m Weg nach Kamarina und Gela zu nehmen, und
1 Weg in der. größten Stille in der dritten Mache
, um vor bem Feinde einen Borfprung zu ges
—— eingehohlt, und theils durch die im⸗
koͤhnere Reuterey der Feinde, am meiſten aber durch
Igel von Ruhe und Lebensmitteln fo. mitgenommen,
erſt Demoſthenes, und nachher Rikias fich mie
Bplipp, und wider das Wort, welches man wenig⸗
Bbem Demofihenes gegeben Hatte, und ftedte vie:
jer löcher, wo fie von Hunger und Durſt, von
und, Kälte,. am meiften aber von dem unleiblichen
n muſten, ‚was die menfchliche Natur nur von.
nd ertragen Fann 77). Auf diefe Art wurde bie
he Heeromacht, welche irgend ein Griechiſcher Staat
aus⸗
vii. 74 ſq. & Plut, AT, P. 46I,
7 U 79: Thuc, .
, ce, 89 , oo. .
VII. 81. 885.
Zweyter Band. Zu
$ *
Krlegern ergeben muſten 7). Die Syrakuſaner
eten ihren uͤberwundenen Feinden mit barbarlfcher .
fobteten die beyden Feldherren wider den Wilien
Gefangenen in fürchterliche unterirdiſche Gru⸗
‚der faulenden feichname ihrer Brüder alles
*),' Die Athenienſer murben aber bald vom “
“
nn
we „ 0 g-*
“fl ne)
. .4 ”
'
L
“N
2
ausgeſandt hatte, gänzlich zu Grunde Pets:
von den ee ae die den Zug.
Mikias angetreten hatten, kamen faum fo
zuruͤck, daß fie ihren Michürgern i
unter allen: Ungluͤcksfaͤllen, der jemals ein ©
SBolE betroffen harte, glaublich machen konnten
Sicilien 85* begegnete ihnen das, was
* Menſchen in ähnlichen Faͤllen zu begegnen
vornetner Achenien
Mes nit ihren &0 ce Oi le
— für wieflich galten konnten *).
Thuc, VII. 75. VII. I. & Cicer. in Verrenir
Hie te practore, praedonum naviculae |
funt, quo Athenienfium claffis fola
— ent viae multi
9
Athenienſium nobilitatis, ——
ium factum exiftimatur.
“ vun, * Thuc, Wenn ai —— wie Athenans bait⸗
tet, bie Athenienfer erſten Geruͤchte ihre
— in Sieilien * 3 blieben; fo war bier
fes nicht die Wirkung eines fräflihen Leichtfiung,
dern der Stimmung ihrer Gemürher, melde fie unflr
big machte, etwas, mas fie fih nie ald möglich vorger
ſtellt hatten, und u jezt Be nicht, ‚vorftellen Bons
fen, als wahr anzunehmen. Menfgen . \
)
Geſchichte des Peloponnefifchen. Krieges. 275
aber an dem Untergange und dem Berlufte ihrer Heer
ve nicht länger zwenfeln fonnten; fo fielen fie in eine
Beftiirzung, die ber Größe ihres Ungluͤcks und ihrer eit⸗
en Soffnungen entfprechend war, Sie fürchteten näms
ih, daß die fiegreichen Feinde jeden Tag mit einer furchts
aren Flotte erfcheinen, und in den Piräus eindringen
nöchten”). Diefe Befürchtung war nichts weniger als
mgegründee, und man muß fic) eben fo fehr darüber
pundern, daß Splipp und die Syrakuſaner feinen Ders
isch auf den Hafen von Athen machten, als daß bie
Kchenienfer feloft nicht in eine. muthlofe Verzweyfelung
erfanfen. Dieſe hatten zu der verunglücten Unterneh⸗
bung alle ihre Kräfte aufgeboten. Ihre Flotten waren
erftört oder von den Feinden erobert, ihre fchönften
hänglinge, ihre gefchicteften Seeleute und erfahrenſten
Ioherren erfchlagen und ihre Schäze verſchwendet, und
u Der Stadt fanden ſich feine Sciffe, die fie von
jeuem hätten ausrüften, Fein Holz oder Geld, aus
per mit welchem fie dergleichen hätten erbauen, und
ine Seeleute und Krieger mehr, mit denen fie fie häts
ern bemannen fünnen. Sie waren in Gefahr, alle ihre
Bundesgenofien, und mit diefen ben größten Theil ihrer
Binfünfte, welche die Hauptſtuͤze ihrer Macht waren,
inzubüßen, ba hingegen bie fafebämonier an den Sy⸗
rakuſanern mächtige Punbesgenoffen gewonnen hatten,
2 und
ein ober mehrmalen bie Erfahrung gemacht haben, daß
fie große Unglädsfälle, am bie fie vorher nie gebacht
batten, ober auf bie fie vorher nicht vorbereitet waren,
anfangs nicht allein wicht glauben Ponuten, fonbern daß
e auch felbft, nachdem fie fich von ihrer Wirklichkeit
berzeugt hatten, fie gleichfans unmillfürlich von nenem
au bezwepflen anfingen.
” vun. Lk. Thuc,
006: Siebert Buch. Eiſtes Capital
“und noch täglich neue erhlelten ·) ""Dehn kaum Hatte
-Ba8 Gerücht von dem Unfall der Arhenienfer in Sie lie
SGbiechenland und Afien erreicht, als der größte Thal
der Inſeln, und faft alle Staͤdte in Jonien und am
Helleſpont zu den Spartanern übertraten, weil fie glaul
ten, daß die legte Stunde des floljen und minmehro ge
Demüthigten Athens gefommen jey **). * Selbft folk
Stadte und Bblfer, die bieher gar Feine Parthen ergrif
u geweſen wäre, eine einzige verwallere S
jernichten. Sie ſchloſſen mic feinem ober 6
haber im Vorderaſien, dem Tiffaphernes, ein Blind
worinn fie nicht nur die großen Thaten und den
"ihrer Vorfahren, die bey Marathon und Mlatäa
- Jen waren, befchimpften, ſondern auch alles, wo
dem Griechifchen Namen f&uldig wären,’ une die
ligſten Eide, wodurch ſie fich mit ihren Brüdern g
bie Perfer verſchworen hatten, vergaßen, und fich jelh
zu Sklaven ihres gemeinfchafftlichen: Seindes, : ober dor
von den faunen eigenfinniger und übermüchiger Barbar
een abhängig machten. Bermöge diefes Bündniffel
übergaben ſie dem Könige „ver Perfer alle die Stäbe
und
— —
9% VUL. 1. 2. Thue. J
®®) Thue. VIIL 1,20. in Ol. 92. 15
H ibid. —
tH:VHL 18. Dies Bundnig wurde Inder Folge enlgemal
erneuert, mund mit verſchiedenen neuen Bedingungen
vermehrt. ib. c. 43. 58. r T\.
Gecſchichte des Peloponnefifchen Krieges. 277
‚ unb Sänder, die ehemals feinen Vorfahren gehorcht,
. wer In den Testen Zeiten den Achenienfern Tribut bezahft
hatten, und verfprachen alle feine Feinde auch für die
rfrigen zu halten, wenn er ihnen in dem Kriege wider
: Be Athenienfer benftehen würde, Wenn die keztern bey
dieſer allgemeinen Verſchwoͤrung von ganz Griechenland,
"and dem mächtigften Neiche Ajiens wider fie nicht vers
„gagten; fo gaben fie ein nicht minder bewundernswuͤrdi⸗
ges Denfpiet von Standhaftigkeit, als ihre Vorfahren, '
da fie ihre Baterland verließen, um die Erhaltung deſſel⸗
Ben nicht mit dem Berlufte ihrer Freyheit zu erfaufen,
und fie bewieſen, daß eben der Geift, den Themiftofles
ben Athenienfern eingehaucht, und Perikles in ihnen zu -
erhalten gefucht hatte, noch nicht gänzlich in ihnen er⸗
Borben war. Ohne ein Wort vom Frieder zu erwaͤh⸗
nen, rüfteten fie eine Slotte aus, ald wenn fie noch gar
feine ausgerüfter und verloren gehabt hätten, und greife
fen nun erft die tauſend Talente at, die fie benm An⸗
fange bes Krieges als ein Heiligtum. bey Seite gelegt
en, um fich deffelben nur im äußerften Nothfalle zu
imen *). Sie waren daher im Unfange des Fruͤh⸗
lings im Stande, die untreuen abgefallenen Bundesge⸗
Hoffen eben fo nachdrücklich zu züchtigen, als fich gegen
bie fuschtbaren Nüftungen dee Spartaner zu vertheidts
gen. Sie gewannen beträchtliche Vortheile über bie
Chier und. Milefier **) , wurden aber dagegen baf nach
tinander in zweyen Geetroffen überwunden }), nach
welchen fte ohne Rettung verloren zu fenn fchienen, wenn
nicht eben der Mann, der fein Baterland in. alle bisher
ausgeftandene Ungluͤcksfaͤlle hineingezogen, der die bitter
S 3 ften
*) VIII 4. 15. Thuc.
®*) VIII. 19. 24. 26. Thuc,
t) VII 19. 24. 26.
u!
2738 Siebentes Buch. Exfied Capitel.
ften Feinde von neuem wider Daffelbige gereizt, ber di
fen die feindfeeligften Natbfchläge gegeben, und feh }
ganz Aften zum Abfalle von Athen bervogen hatte, wenn kr
diefer nicht feiner finfenden Vaterſtadt zu Huͤlfe gefom Pe
men wäre.
Alfibiades Hatte fich durch das große Anfehen, wa
er fich zu Sparta erworben, einen fo gefährlichen Ne
der vornehmften Pürger, und durch die Ä
der Semalinn des Agis eine fo unverföhnliche Fein
biefes Königs äugezogen, daß ein heimlicyer Befehl fi
feiner Hinrichtung ausgewirft wurde ). Sobald Al
biades diefes erfuhr, entfloh er zum Tiffappernes
und fuchte Dad Gemuͤth diefes Satrapen unpermerft get‘
gen die Spartaner zu ftimmen, ohne ſich einen |
tigen Schein von Machbegierde gegen Diejenigen, die
meuchelmoͤrderiſcher Weiſe hatten umbringen wollen, uf N
von Partheylichfeit gegen fein Baterland zu geben, wit T
"welchem er fich durch irgend eine große That wieder au⸗
gufbhnen gedachte. Er ftellte alfo dem Tiſſaphernes vl #
gleißenden Eifers für fein und feines Königs Beſte vet,
daß es wider allen Bortheil der Perfer fey,. den Pen I
ponnefiern mit einem folchen Nachdruck zu Helfen, DS
die Athenienſer dadurch gänzlich zu Grunde gerichtet
würden. Denn wenn die Sieger alsdann nad erlanp
ter Herrfchafft zu fande und zu Waſſer ihre Gefinnum
gen änderten, mit weflen Hülfe er alsdann folche
mächtige Feinde bezwingen wolle? Ihm ſchiene es tw
ber am vorfichtigften gehandelt, wenn Tiffaphernes die
Phoͤniciſche Flotte, die er mit ber ‘Peloponnefifchen ze
| ver’
h
\
h
*) Thuc, VIII. 45547 e. Plut. II. 49. in Ale.
**) Diodor nennt an beffen Statt immer den Pharnabazu⸗
©. 570. All,
Geſchichte des Peloponneſiſchen Krieges. 279
ereinigen bie Abſicht habe, entweder gar nicht kom⸗
nen, oder doch in Unwirkſamkeit laſſe, und wenn er
en Peloponneſiſchen Seeleuten anſtatt der verſprochenen
Drachme für den Dann nur die Hälfte reiche, womit
uch die Athenienfifchen Seeleute zufrieden wären.
:iffaphernes nahm die meiften dieſer Nathichläge an;
nd als nun Alfibiades merfte, wie tiefe Eindrücke er
uf Den Perfifchen Befehlshaber gemacht hatte, trat er
gleich ‚mit feinen Freunden im Athenienſiſchen Heere
uf Samos in Unterhandlung, um feine Zuräcdberufung
1 bewirken. (Er erbor fi), wenn man ihn in feine
Zaterftadt wieder aufnehmen, und zu feiner großern
Sicherheit das Bolfsregiment, wodurch er ungerechter
Beife vertrieben worden, in eine Dligarchie vermanbeln
yolle, ven Ziffaphernes zu einem Freunde und Bundes
emoffen der Athenienfer zu machen, und ihre Flotten
us feinen Schäzen unterhalten zu laffen *). So fauer
8 den Athenienfifchen Kriegern auch) anfam, die Demor
ratie und mit, ihr bie ebelften Borrechte, Die fie bisher
fetten, aufzugeben, und jo fehr ſich auch Phrynichus,
iner von den Befehlshabern, aus Feindfchafft und Eis
ferſucht gegen den Altibiades dawider fezte, fo wurbe
doch, Die verlangte Staatöveränberung in Samos anges
fangen, und burch Abgedrönere des Heers auch in der
Stadt mit einer Geſchwindigkeit und Kuͤhnheit zu Stande
gebracht, die dem Volke weder Befinnen, noch Zeit
MWiderftande uͤbrig ließ *). Die vornehmften
der Dligarchie in Athen waren Piſander, bie
Sauptperfon unter denen, welche das Heer nach ber
Stadt geſchickt Hatte, Antiphon und. Theramenes, beybe
S 4 Maͤn⸗
®) VIII. 47. 48. & ſq. Thue.
es) VUL 53. 63. def. 65,67.
290 - ‚Giehentes Buch. Erfieeminiiih
Männer, denen Feiner von ihren übrigen Zeitzenoſ
Beredſamkeit und Talenten gleich kam, und ei
— , ber aus eben ber Urſache, aus weiche
Aunfangs die Dligarchie zu Hintertreiben deſucht *
jezo mit dem größten Eifer befoͤrderte )). Diefe M
ner fezten durch die Heimlichfeit, womit fie Ihre Mg
nehmung betrieben, und durch hie Gewalttpärigfeit,
“mit fie alle, von roelchen fie Wiberfezung befuͤrcheh
aus dem Wege räumten, das ganze Volk in ein k
ftummes und muthloſes Schrecken, daß fie es ohnef Sn
Kampf dahin brachten, die höchfte Gewalt dem V
ben nach einer Zahl von fuͤnf tauſend Buͤrgern, ve
Waterlande mit ihrem feibe und Vermoͤgen biersen MR
ten, zu übergeben , und aus diefen mit Abfchaffung $
alten Senats einen neuen mu von vier due 9
*
Er that beydes, um bie Ruͤckkehr des aeibiaten n
Zu bern, von welcher er mufle, daß fie nnter einct
garchiſchen Negierungsform niemals zu Stande
men würde. Thuc. VII, 66, Ungeachtet Arien
den Theramenes für einen der beſten Bürger \u he
erPlärte, ap. Plut. III. 337.. und Diodor ihn ver
vortheilhafteften Seite. fhildert, I. 640. 641.l
Weffel. ungeachtet er fi ferner: den dreyßig Kykı
2 nen mit dem rühmlichfien Muthe wiberfezte, nud
der Standhaftigfeit eines Helden flarb; p. 103. 10
Hift. Gr. Xenaph, vid. Thieme & Cie. I. 40, Tu
quaeft. fo muß man ihn do, den Zeugniffen gie
- zeitiger und glaubmwärbiger Schriftfteller zufolge, }
EEE einen heftigen und unbeflänbigen Mann erffären,
“feine Größe felbft auf dem Untergange feiner Water
zu erbauen fuchte, und nur für das Wohl feiner M
buͤrger firite, wenn er dadurch ſeine eigene Vortheile
befördern glaubte Man ſehe Thuc. VIII, 68. &
und leſe Lyf. p. 210, 215. 216. ſq. Ed. Marklag
welche Seele ich iu ber dolse neq nun were
Geſchichte des Peloponneſiſchen Krieges. 281
edern erwaͤhlen zu laſſen, welcher die oͤffentlichen Ge⸗
‚äffte handhaben, und die Fuͤnftauſende, wenn es noͤ⸗
ig wäre, zuſammen rufen follten *)
Um eben die Zeit aber, als das Volk in Athen ſei⸗
2 Hoheit entfezt wurde, ging in Samos bey dem
eere eine ganz entgegengeſezte Deränderung vor. Die
yden Feldherren Leon und Diomedon **), und außer
eſen Thrafpbulus und Thraſyllus, wovon der eine
rierarch, und det andere jego nur noch ein gemeiner
rieger war, verbanden fich mit dem großen Haufen
Samos, der von den Vornehmen niedergedrüct
w gemißhandelt worden war, und ermunterten zus
ch das ganze Heer durch die Bergrößerung ter Uns
rechtigfeiten und Gewaltthätigkeiten, die fie von Oli⸗
tchiſchen Tyrannen zu erwarten hätten, zur Wieder
eeifung und ftandhafteften Vertheidigung der ihnen
n ihren Vaͤtern übergebenen unfchäzbaren Freyheit.
f diefe Borftellungen +) fihafften die Athenienſer auf
Inſel Samos die Negierungsform, zu melcher fie
kurz vorher bequemt hatten, ab, führten unter ſich
» in Eamos die Demofratie wieder ein, festen die
bherren und Trierarchen ab, die ihnen verdächtig was
;, wählten an deren Statt: neue und unter biefen den
raſybulus und Thraſyllus, und riefen ſogar den Als
ades zurück, den fie gleichfalls zum Feldherrn ernanns
. As fie endlich hörten, daß man die Abgefandten,
fie nach Athen gefchickt hatten, um ihren Micbürs
n die Wiederherftellung der Demokratie befannt zu
chen, angehalten, und daß die Vierhunderte alle
yenienfer nach ihrem Wohlgefallen Hinrichteten, oder
” Ä S5 | mit
ı VIII, 68570. Thuc. Ol. 92.2. Diodor, p. 579, XIII.
% Thuc. c, 72. & fq,
) VUI, 70,831 e. Thun
“.
090 Siebentes Buch, Exfied,
cr
TR 3.
Carl:
inie Schlägen befhimpften, bag fie ihre Weiber
Töchter ſchaͤndeten, und mit dem Gedanken umgk
die Verwandten der Andersgefinnten in Gamel
Geißeln einzuziehen, und fie badurd) zum ©
beingen, fo entbrannten Die freyen und ihrer
ſich bewuften Seeleute und Krieger in fi
daß fie fich ‚öffentlich, wider. ihre Vaterſtadt emphi
fi) förmlich aller Gemeinſchafft und alles
gegen biefelbe lasſagten, und unverzüglich bie
befteigen wollten, um bie Urheber ver Tyranney
Feinde der Freyheit mit Geuer und Schwerdt zu u
gen *). Während diefer aufrührifchen Wuth leiften
Fibiades feinem Vaterlande einen Dienſt, ber ed 4
alle das Ungluͤck, mas er ihm zugegogenhatte, vers
machen Fonnte, und verrichtere eine That,
Griechiſchen Gefchichtfchreiber die fchönfte feines %
nennen, und ohne weiche, wenn ſie auch richt al
edlen Bewegungsgründen herfloß, woraus: fie Pin
ableitet, die Achenienfer Doch unvermeidlich verloren
wefen wären "). Er wiberfezte fich den ——
®) Thuc. VII. 74. 82 e. Ä
*®) VIII. 86. Plut. II. 54. in ej. Vitae. Alkiblades wu
wiß nicht leer von aller Baterlanbsliche, wie
Handlung, der ich unten erwähnen werde, zeigen
allein wenn man auch vorausfezt, daß biefe
im gegenwärtigen alle gar nicht gewirkt, umb &
nur allein nach den Regeln der Klugheit und Ken
gehuugen bes Eigennuzes gehanbelt Gabe, fe A
lkibiades doch nicht anders handeln, als er that.
muſte fi ben ungeſtuͤmen Zumuthungen bed Keen
der Fahrt noch dem Pirdus wiberſezen, weil er di
daß Athen, von bdeffen Erhaltung auch feine Wohl
abhing, dadurd ins Verderben gekürzt werben w
und weil er nicht wuſte, wie mächtig die herrſchend⸗
they in Athen, und wie das Wolf ſelbſt gegen ij
funs war, das ihu bis jezo noch nicht zucädge
Seſchichte des Peloponneſiſchen Krieges. 283
ers und brachte es von feinem unbeſonnenen Unter⸗
men durch die Vorſtellungen zuruͤck: daß fie alle
ch ihre Entfernung aus Afien fich in einen verderb⸗
en Dürgerfrieg verwickeln und überdem Sonien , ben
Befpont und die Inſeln den Feinden übergeben wuͤr⸗
Durch diefe Gründe befänftigte er die aufgebrach»
Krieger fo ſehr, daß fie die Abgeoroneten der Vier⸗
Dert, welcje fie vorher umzubringen gedrohet hatten,
offen anhörten und mit der Antwort entließen: daß
m gegen die Regierung der Fünftaufende gar nichts
zuwenden babe , daß aber die ungefegzmäßige Herr⸗
afft der Vierhunderte abgefchafft werden muͤſſe *).
Als die Häupter der Dligarchie merften, daß fie
Heer in Samos nicht zur Annahme ver neuen Res
rungsform wuͤrden bewegen koͤnnen; fo entfchloffen
fich ihre Herrfchafft, ohne welche fie jezo weber für
Leben noch für ihr Dermögen Sicherheit mehr hate
I, auf eirie jede Urt zu behaupten, und wenn fie auch
mungen feyn follten, ihre Vaterſtadt einem auswaͤr⸗
en Feinde zu unterwerfen *"). Sie ſchickten daher
gefandten nad) Sparta, um mit den lakedaͤmoniern
en Srieden zu ſchließen und fie zu ihren Freunden zu
chen; auch erbauten fie am Piräus eine Seftung, wo⸗
sch fie Meifter vom Eingange des Hafens wurden und
jUfsvolker einlaſſen konnten, wenn fie wollten. The⸗
nenes und Ariſtokrates waren die erſten, die es fuͤhl⸗
', daß ihre gewaltſame Herrſchafft nicht lange mehr
kehen koͤnne, und die es alſo fuͤr ſicherer hielten, ſich
der Stille zu der immer ſich vergroͤßernden Demo⸗
tiſchen Parthey zu ſchlagen, als mit der en
®) VIII. 86. Thuc,
") c. 90. 9L
284 Siebentes Buch. Erſtes Capitel
ſchen unterzugehen *). Theramenes fing damit an,
Abfichten der Bierhundere verdächtig zu machen, in
er öffentlic) erflärte, daß die Spartanifche Flotte m
fcheinlich niemals (was fe Furz vorher gerhan hatte)
ren Standort bey Epidaurus würde genommen hal
went fie nicht Anfchläge auf den Piräus haͤtte; um
dieſe kuͤhne Aeußerungen bald noch Fühnere Reden
anlaßten; fo Fam es endlich zu Thaͤtlichkeiten, in
ſelbſt die Hopliten, die auf Befehl des reglerenden I
anden Werfen Im Piräus arbeiteten, umd unter '
chen ſich auch) Ariftofrates, der Freund des There
nes ald Taxiarch befand, fich des Alerifles, eines I
herrn von der Dligarehifchen Parthen, bemächtigten,
ihn in Verhaft zogen. Eben diefe Hopliten -viffen |
nachher im Beyſeyn des Theramenes , der fie feines:
tigen anfcheinenden Zorns ungeadjtet mehr aufmumk
als abhielt, die von ihnen felbft aufgeführten Werke
Piräus nieder, und festen die Vierhundert dadurd
eine ſolche Furcht, daß fie fich den folgenden Tag
ihnen in Unterhandlungen einliegen , in welchen fie
fprachen, die hechfte Gewalt den Fünftaufenden zu
geben, damit aus ihrem Mittel ein Senat von \
hundert Männern nach ihrem Gutduͤnken erwäßle v
ve. Dieſe Abſchaffung der Vierhunderte wurde di
den vollkommenen Sieg, den der Spartaniſche Feld
fiber die Athenienſiſche Flotte bey Eretria erhielt,
der mit dem Verluſte von ganz; Euboea begleitet m
nur noch mehr befchleunige **), Denn nunmehro dr
|
©) c. 92. 93.
v*) VIII, 95. 06. Die Achenienfer geriethen Äber den‘
luſt von Euboea in ein größeres Schrecken, als bey
Nachricht von ihrer Niederlage in Sicilien. Sie
ſten nun nicht nur alle die Vortheile entbehren, di
Sefchichte des Peloponnefifchen Krieges. 285
bon allen Seiten daranf, daß die Bierhundert ihre
ichafft niederlegen und die Berwaltung des Staats
Fünftaufenden oder allen den Buͤrgern übertragen
n, die eine vollftändige Ruͤſtung zu liefern im Stans
pn wuͤrden *). Außer dieſer Staatsveränderung,
urch die Regierungsform wiederum auf die urſpruͤng⸗
Soloniſche zuruͤck gebracht, und ein gluͤckliches
tel zwiſchen uneingeſchraͤnkter Demokratie, und druͤ⸗
er Oligarchie wurde, machten die Athenienſer, die
yals woeifer als im Unglück waren, noch viele vor»
liche Einrichtungen , wodurch vorzüglich die Stadt
tet, und wieder gehoben wurde. ie beftellten
notheten, und verordneten unter andern, daß Feine
jfeitliche Perfon ins Fünftige Beſoldung, erhalten
“Auch riefen fie den Alkibiades aus feiner Ders
ung zuruͤck, und fandten an bie Heerführer in Sa⸗
‚die dringendſten Defehle ab, daß fie fich der allge,
meinen
and Euboea gezogen hatten, und bie größer was
sen, als fie aus ganz Attifa genoffen ‚ fon
dern hatten wirklich auch gar Peine Schiffe, Feine Sees
leute und Gelder mehr, und muften alfo um deflo mehr
‚ befürdten, daß die Feinde auf den Pirdus losgehen
würden, weil das Heer in Samos von ihnen abgefals
Ien, und die Stadt felbft in Kactionen gerheilt und voll
Aufruhr war. Thukppdides felbfi urtheilte, daß es den
- Spartanern leicht geweſen wäre, ben Athenienfifhen
Hafen wegzunehmen oder zu fperren, um dadurch das
Heer in Samos zu zwingen, feiner Vaterſtadt zu Hülfe
zu eilen, und alle Afiatifhe Beſizungen aufzugeben,
Allein dies war, ſezt diefer Öefchichtfchreiber hinzu,
nicht das erflemal, daß die Spartaner die Vortheile ih⸗
zer Siege nicht zu ungen wuſten, und durch ihre Lange
. famteit das wieder verloren, was fie durch ihre Tapfer⸗
keit gewonnen hatten. Thuc, l. e. |
VI, c. 97. Thue.
36 Siebentes Buch. Erfied Capikk::i.-
* Sache mit patriotiſchem Eifer annehmen ſ
tn” |
Mitten unter den Spaltungen unb Unruhen
Athen erhielt Thraſybulus, einer der vornehmſten
ftörer der Dligarchie in Samos, einen vollem
Sieg über die Peloponnefifche Flotte im Hellefpont
und Alkibiades hinderte es durch feine Unterhandiu
mit dem Tiffaphernes, den er durch fein Anfehen bey
Athenienfern eben fo gefchickt zu ſchrecken, als @%
Arhenienfer durch fein Gericht bey dem Perſiſchen €
trapen in Ebhrerbiefung zu erhalten wuſte, daß bie Fi
nicifche Flotte ſich nicht mit der Peloponnefifchen ı
nigte , durch welche Bereinigung die Arhenienffee —
weder zu einer ſchimpflichen Flucht würde gem
oder auch gänzlich gerftört worben feyn}). Au * fe
den folgenden Jahren fchlug er bie Peloponnefier
den Pharnabazus, einen andern Perfifchen Befehlskuie,
in mehrern entfcheidenden Treffen, befonders bey Dei
dus und Kyzikus, und eroberte Byzanz, und faft al
Staͤdte am Hellefpont, fo wie Thrafybulus —
mehrere andere Sufeln wieder gewann 77). Durch Di
*) Merkwuͤrdig iſt es, daß een anderer Säriftkelt, w |
Ger dem Thukpdides, der eben angeführten ...
Staatöverbefferungen erwähnt, die leider alle nur cat
kurze Zeit dauerten; denn gleich nach der Mädtchr ii
Alfibiades wurde bie Demokratie wieder fo zägeled,
als fie jemals geweſen war, und Befolbungen sit
Lohn von Magiftratsperfonen und Richtern wures
eben ſo erneuert, als fie fonft flatt gefunden hatten,
®®) VIII. Thuc. 106 c, Diod, XIII. p. 57I.
; ) Ken er Hi. Gr. 1. Diod. XII.“
enop i 5. I. e. 1.4. Dio p. 576-3
Plut. Up, 58-60. Dies gefüap I *
36%
heſchichte des Peloponnefifchen Krieges. 387
je wurben bie Krieger des Alfibiabes fo ſtolz, daß
ch eine Zeitlang mit den Soldaten der übrigen Feld⸗
m, befonbers des Thraſyllus, nicht vermifchen,, mit
n fich nicht gemeinfchafftlich in den Waffen üben,
nicht in deinfelbigen Lager beyſammen mohnen wolle
%, Die Spartaner hingegen wurden fo fehr gebes
higet, daß fie den Athenienfern unter den annehms
ten Bedingungen Frieden anboten **). Das Acher
ſiſche Volk war aber durch das Gluͤck der Waffen feis
Seloherren, das allemal einen gefährlichen Rückfall
einen Findifchen Leichtſinn hervorbrachte, noch mehr
durch die windichten fchmeichelhaften Pralereyen
er Demagogen, die nach gerade fo unbedeutend war
H, daß-die Sefchichte nur von den wenigiten die
Ä amen
) Xenoph. Hift. Gr. I. c. 2. p. 17. Plut. p. 62. 63. 11.
) Diod. p. 583. Der Brief, den die Lakedaͤmonier nach
ibrer dricnerlage bey Kyzitus nad Sparta ſchickten, iſt
. ein fo merfwärbdiges Charafterfläd, und zugleich fo
kurz, daß ich nicht umhin kann, Ihn herzuſezen. Er
lautete folgendergeflalt: Egoes Ta nur. Mwda-
eos d’amsoouru. Tevavrı wvdees. ELTOEEO-
es, Tı gen dewv. Xen. 1.1. p. 7. & Plut. p. 60.
Ein Nachfolger des Kleon wurde Hpperbolus, ein eben
fo kuͤhner Schwäzer, aber noch verächtlicherer Mann,
als Kleon, und deffen Anfehen beym Volt, wie Plu⸗
tarch fagt, ber ganzen Stadt die größte Schande brach⸗
te. vid. Ariftoph, in Pace v. 680 & 920. & Plut. in
‚ Nic. III. 360. 61. Nikias un» Alkibiades brachten es
dahin, daß er eroftrafifirt wurde. Hieruͤber lachten bie
Athenienſer anfangs; allein nachher bereuten fie es,
daß fie einen Nichtswuͤrdigen mit einer Strafe belegt
Hätten , die bisher ein fiherer Beweis anßerorbentlicher
Verdienſte und Talente in denjenigen, beu fie getroffen
ste, gewefen war. Durch diefen unwuͤrdigen Ge⸗
auch wurde ihnen die Strafe fo verhaßt, daß fie nach
dem Hpperbolus Seinen mehr exoſtratiſirteu. Plut. I, «
)
288 > Siebented, Buch. Erfreveaien
Namen aufgezeichnet hat, fo ſehr aufgeblafen:ı
daß fie alle Anträge verwarfen und den Frieden
Hinderniß der Ausbreitung ihrer Herrfchaffe und
sungen zu fürchten anfingen ). - —-
Nach allen ven großen und rußmvollen 9
die Alkibiades verrichtet Hatte, fehnte er ſich mu
eben fo fehr, fein ihm theures Vaterland wieder
den, und ſich felbft feinen Mitbürgern zu zeige
die Athenienſer darnach verlangte den auferorde
Mann wieder zu fehen, ber feine Vaterſtaͤdt m
gerertet, fonbern auch Über alle ihre Feinde er
Der ir nicht nur die Herrſchafft zur See wieder
nen, fondern aud) die Sipartaner auf offenem
ſchlagen, und ihnen die Herrfchafft zu Lande fire
macht hatte **). Nachdem Alkibiades alle Sa
Samos und Aſien in Ordnung gebracht, und
ruͤckbleibenden bie nöthigen Verhaltungsbefegle |
hatte, fo fehiffte er mit ſeiney fiegreichen Flotte,
den Kriegszeichen von mehr als zweyhundert er
ober verſenkten feindlichen Schiffen ausgeſchmuek
dem auf ihn harrenden Athen zu. Ben der erſten
richt von feiner Ankunft ergoß ſich die ganze S
ben Piräus, und Allibiades wurde mit einem
Gepränge und fo lauten Aufrichtigen Freubensbe;
gen empfangen ‚ als wenn ver Gott des Krieges o
Schuzooͤttinn des Volks fich den Mauern der St
nähere hätte! Er allein war der einzige Gege
ver allgemeinen Aufmerkſamkeit, und der fud
Blicke ſelbſt derjenigen, die ihn ſchon Fannten, u
’
dieuitetkiltunenne
") Diod, 1. © um J Bios ur u
a8 Xenop . I. ĩ . Gr. io N +,
93.1 Blat.p. 61. 2 ſa. Echt
Oefehichte des Peloponneſiſchen Krieged. 299
un eben fo gierig auflauerten, als wenn fie ihn noch
e vorher gefehen, ober er fich in ein höheres Weſen
wewanbelt hätte. Von allen Seiten drängten fich
zornehme und Geringe, Männer und Weiber, Alte
wd Zunge zu, um den Netter und Vater des Vater⸗
Bades zu umatmen, ober zu begrüßen, oder fein mit
en umfränztes Haupt mit Blumen ber fiebe und
Kati zu betreuen; und Diejenigen, benen bies
Bet nicht zu Theil wurde, flarrten ihn entweder mit
enmer Bewunderung an, oder zeigten ihn auch ihren
‘und Freunden mit lautem Freudengefchrey,, als
m Wohlthaͤter, dem fie leben, Frenheit und Wohl
nd zu verdanfen hätten. Mit den Thränen der Freu⸗
welche die Athenienſer über feine glückliche Anfunfe
fien, vermifchten ſich Thränen der Wehmuth, der
und des Unmillens gegen fich felbft, .melche ihnen
Andenfen an das Unrecht auspreßte, das fie dieſem
zugefügt hatten, und das Ihnen jezt viel größer
unverbienter vorfam, ald es ihnen jemals erfchienen
Der frevelbafte, muthwillige, üppige und treu
Alkibiades , der aller Geſeze gefpotcet hatte, und
Urſache der Fortfegung des unglürklichften Krieges ger
war , verſchwand ganz aus ihrer Phantafie, und
der ſchoͤne, berente, fapfere Sieger ver Spattaner
ib Perfer ftand ganz allein vor FA verblendeten Au⸗
nda. Sie beweinten aber nicht bloß fein, ſondern
ihr eigenes Schickſal, indem fie gat nicht mehr
ten, baß eben der Mann, der die fich unübers
fich duͤnkenden Feinde mit den arnfellgen Truͤm⸗
der vernichteten Vaterſtadt zu Boden gefchlägert
; mit der ganzen ungeſchwaͤchten Macht der leztern
Sicilien und Carthago würde erobert haben, wenn man
ah mit Gewalt aus ber taufbahn feines Gluͤcks und
Tugend heraus geriffen Härte. Dieſem lebhaften
defuͤhl der Reue über Die zugefuͤgten Beleidigungen ent⸗
Zuweyter Band. Zn 77
gs gpin Zuve veruigeus. yusıcıı), 72 — ——
——— — —
V nehmen, und den Mam, mit welchem * BA
ı.% fi ausgeſohnet Hätte, auch wieder mic ben a
. ausſohnen follten, fie erbeten ihn auch micy
Eronen, und ernannten ihn zu einem
Beipheren zu Wafler und zu Lande, voll ber pie
09 Hoffnung, daß er alles eaheingen u. was 8*
N wolle, und dop er bie ine Alte
— Woaͤnſche erweitern werbe *).
otte von mehr ald hundert a: aus, rt
mit mwqh dehern Wanhen und mwchfroilnct
XR
⸗
*
dbel zu it in
” Harp , * te mans
.: Alleinherrfcher erhoben zu ſehen.
2 ihn fogar, ben | een Plunder von Grfejen aut 9
| then Bwer |
5* e es, € de r
95 A des Poͤbels iur Unterjochung a A
J Mitbuͤrger mißbrauchen moͤchte. Sie fümmten
A eben fo eifrig als feine Freunde in den Vorſchlag
I | FR als unumfcränkten Felbherrn gegen die Feint
| aatv aus zuſchicken. klut. U, P. 73. 74
Geſchichte des Peloponnefifchen Krieges agı
Nungen, als womit man ihn ben feiner Abfahrt nach
Bicilien begleitet harte.
: Mfibiabes *) erfuhr aber bald die Unbeftändigfeie
Gluͤcks und Die noch größere Unbeſtaͤndigkeit des
thenienfifchen Poͤbels, der ihn vor Furzem angebetet
faft vergörtert hatte. ‘Denn als er die Inſel Andros
che gleich beym erften Angriff eroberte, und Antiochus,
ken er während einer nothwendigen Abweſenheit zum Des
Fhlshaber der Flotte beitellt hatte , fich wider feinen
usdruͤcklichen Befehl mit. der Peloponnefifchen Seemacht
ließ und von ihr gefchlagen wurde; fo fuchte mar ven
jeund viefer Unfälle nicht in unvorbergefehenen: over
wermeidlichen Umſtaͤnden, fondern man legte fie ohne
Abzug ihm ganz allein zur Saft, weil man in der
deynung war, daß ihm, wenn er nur chun wolle, was
Pörme, gar nichts unmöglich fen. Man gab daher
I Feinden des Affibiades, und den von ihnen gedun⸗
jnen Schreyern Gehör, bie feine Liederlichkeit, Naubs
boterde, ober gar heimliche Berbindungen mit den Seins
3 als die Urſachen des fchlechten Fortgangs feiner Waf⸗
iR angaben *”). Das. Bolf entfezte ihn unverzüglich
Äner Würde, amd beftellte an feiner Start zehn andere
fe , die das Commando ber Flotte übernehmen
. Alfibiades hielt es abermals nicht für ficher,
feiner Rechtfertigung nach Athen zu geben; er zog
alſo in feine Burg nach Thrarien zurück, die er pe
2 | ol⸗
. .
. e Xenoph. I. c. 5. Diod, XIII. 596. 97. ad Öl, 93. 1.
| Plut. p. 75.
WSN. cc. lnter biefen war auch Thraſybulus, vormals fein
eifrigſter Freund, und der vornehmfte Urheber feiner
Surhdberufung. Ich finde in feinem Schriftfieller
Winke über die Veranlaſſung feiner Feinbfafft gegen _
Den Altibiades.
8
laſſungen eben fo arm, und an dem prächtigen
rpm ge ren
sun © .
nur um feiner felbft willen, fonbern- quch de
‚Yufnerffamfeic des tiebhabers der Griechiicgen
te verbient, weil die Borfehung ihn zum Zeh
Achenienfifchen Macht und Herrichafft befklmmt
Infander ftammte .aus koͤniglichem Gebluͤte ab, a
war und blieb unter unzaͤhligen verfuͤhreriſchen
juͤngern Kyrus und in den uͤppigen Staͤdten
eben ſo nuͤchtern und maͤßig, als Ariſtides
Er vereinigte mit der Verſchmiztheit, der
dem Ehrgeize, und durchdringenden
miſtokles die Biegſamkeit und das einfchmieichel
fen des Alkibiades; nur unterſchied er ſich zu
Vortheile vom leztern darinn, daß er bey aller
Spartaniſchen Einfalt die Gunſt ver. D *
Großen eben fo leicht zu gewinnen, ‚und. noch Id
r
‚erhalten wuſte, als lfiblabes die Herzen ber 9
und des Pöbels feffelte **).. So wie er ofine De
Bas Wohl des Baterlandes feinem Ehrgeize au
te 3); fo fie und chat er alles um feine Frrumd⸗
ben, ober feine Feinde zu ſtuͤrzen, und er war baf
eben fo ſtandhafter Freund, als er ein
-® Plut. in ej. Vita Toni, M. p. 4
°, ib. p.7.14. J
% ib. p. 11. & Xenoph, L. I. c, 6, Hiſt. Gr,
Geſchichte des Peloponneſiſchen Krieges. 203
8). Muzen oder Nuͤzlichkeit ſchien ihm der einzige
aßſtab der Gerechtigkeit und Wahrheit zu ſeyn.
ſde, glaubte er, würden nur deswegen geſchaͤzt, weil
nuͤzlich waͤren, und man koͤnne ſie alſo ohne Scheu
digen, wenn fie anfingen, ſchaͤdlich zu werden **),
hielt Feine Maaßregel oder Handlung für niedertraͤch⸗
oder unmwürdig, wodurch er zu feinem Zwecke gelans
fonnte 7); doch brauchte er Tieber Lift als Gewalt,
‚ denen, die ihm fagten, daß er ald ein Nachkoͤmm⸗
des Haͤrtules ſeine Feinde nicht durch Raͤnke bekrie⸗
muͤſſe, antwortete er: daß man da, wo man mit
köwenhaut nicht durchfommen koͤnne, ſich des Fuchs⸗
es bedienen müffe FF). Er verlachte und zertrat
eze, Berträge, und bie heiligften Eide, wenn fie
entgegenſtanden, und hatte den Grundſaz, daß
ı Kinder mie Würfeln und anderm Spielwerfe, und
ner hingegen mit Eiden hintergehen müffe. Dies
ißerorventliche Mann, ber feine andere teidenfchafft
Ehrgeiz, und feinen andern herrfchenden Gedan⸗
datte, als ſich durch die Demuͤthigung der Achenls
unfterblich zu machen, gab der zerruͤtteten Sache
Spartaner noch vor der Anfunft des Alkibiades in
t eine ganz andere Geſtalt, als fie vorher gehabt
Er hatte den jüngern Kyrus, der von feinem’
er zum Befehlshaber über Vorderaſien ernannt wor⸗
war, durch feinen Umgang und durch feine Schmels
yen, die um deſto füßer waren, weil fie aus dem
de eines edlen und durch die Einfalt feiner Sitten
ichtig ſcheinenden Spartaners kamen, ſo fuͤr ſich
3 ein⸗
p. 10. 40.
) ib, p- 14.
ib. & Cic, de of. I. 30,
y ib,
24. Ciebenteh Ruh, Ertet Goal
ame, a ge be de Erde
te, brauchen follte, mit jugendlicher
sind ihm anftact ver Geſchenke ‚bie er ihm
dacht hatte, die Erhöhung des Soldes der Truph
Seeleute yon drey Dbolen auf vier bawilligte
welche Exhöhung Iyfander auf einmal bie
Flotte enblößte, und ihr alle Seeleute entzog, f
ne geborne Athenienſer waren, und allein um bei
willen ‚dienten *). infander übergab. ferner in
Staͤdten, die bon den Arhenienfern abgefallen u
den fofedämoniern verbunden waren, ‚entweder di
fie Gewalt, ober doch die Berwaltung der öffen
Geſchaͤffte einer Eleinen Anzahl ausgefuchter Mi
enfifche Ziort 66 nd ein
tühnen Ans u — und
ßnch ben allen undesgenoffen fo beliebt, di
feinen ale en am Ende des Zahrs, wo er nach
ta zuruͤck berufen wurde, in allen Städten bewe
Bey Feiner andern Angelegenheic iigte [7
der Fleiner und nieberträchtiger, als bey der Ve
der Flotte und oberflen Befehlshaberſtelle an di
likratides FF), feinen ae einen Dann,
on Mäßigkeit, Enthaltfamfeit und Much top
gleich fam, und an + Serlengröße un!
Xenoph. 1, 5. Plut, Ill,
Arien * ut, 1. 7. p.
4) Plut,
#9) ——
N
Bedefhoffangeit, einer ia Eipasta. fetenen
Por noch mehr Äbesteaff, . als er von
an in übertroffen wurde ).
Antunft in Sparta nichts unverſucht laſſen wolle,
Mitbürger mic den Athenienſern auszuſ ohnen
fein Grieche fernerhin gezwungen werde , um bie
u dectca haun. Zugleich ermunterte
J 4 ’
Flut. & Xenoph, Il. ce. j
Yib. Us Ber feinem Sedfeiger ——
Def. "Rates entwarf her, am ven
Lafander feine Pralerep fühlen zu machen, baß er do
a
, weißen aber De Befhkite Enfander 19
a
rue
06 Che Bud, Ei ea
ee die Bundesgerioffen der gemeinfchafftlichen Sache
ollen Kräften zu Hülfe zu fommen, um den Perſen
zeigen, dag main auch ohne ihren Benftand fich f
Feinde erwaͤhren fonne. So unangenehm diefer An
‚ ben Meiften war ſo fchoffen fie doch theils aus Tut
und teils aus Mitleiden mit der Verlegenheit des
gen Mannes beträchtliche Summen ber, und ſezten
dadurch in Stand, feine Flotte fo fehr zu vermch
daß er den Feinden Die Spize bieten konnte. J
die Athenienſiſchen Feldherren Konon und ‘Dion
ohne jedoch irgend einen Athenienſer als Knecht zu
kaufen, ober ſolche Grauſamkeiten auszuuͤben, af
Athenienſer ausgeuͤbt hatten, und die Bundesgen
aus Rache an ihnen auszuuͤben geneigt waren *).
erfte und größte diefer Niederlagen, in welcher fie
Eis Schiffe verloren, vernichtete zwar Die Seemach
Athenienſer nicht ganz, zwang fie aber doch zur |
faft ganz unglaublichen Anſtrengung der wenigen K
‚bie ihnen noch uͤbrig geblieben warn. Sie rk
nämlich in dreyßig Tagen hundert und zehn Schiffe
zu deren Befezung aber kaum alle Bürger, alle F
linge, die fich unter ihnen niedergelaffen harten,
ſelbſt alle Schaven, bie zu Kriegsbienften tüchtig n
hinreichten“); und außer Diefen ſammleten fiefnod
sig andere Schiffe von: den Bundesgenoffen, die |
falls alles, was auch Waffen tragen fonnte, zu
mannung berfelben preflen muften. Mic dieſer
m BEER
en am
%) Xenoph. 1. c. p. 41,44. Er fagte, daß er ben
Ichren wolle, ins Fünftige nicht mehr Ehebru
dem Meere zu treiben, daß aber auch unter fein
feblshaberfchafft, fo viel an ihm fey, Fein Gri
. bie Sclaverey gerathen falle.
®) Xanoph. I.c, p. 45. & Died, Alll, 620. ad QL
Sefchichte bed Peloponneſiſchen Krieges, 307
ug Konon bey Arginufe den Kallikradides, ber ent .
er aus einer übertriebenen Zärtlichfeit für. feine Epre,
r auch aus einem gewiffen Eigenfinn, dem oft bie
ten Männer und Helden unterworfen find, dem
slegenen‘ Feinde nicht weichen wollte, in dem blutig»
und entfcheidendften Seetreffen, das jemals zroifchen
iechifchen Voͤlkern geliefert worden war, und in wel,
m der Spartanifche Feldherr feinen Fehltritt mic dem
m büßen mufte *). Wahrfcheinlich würden die Aches
»fer die ganze Peloponnefifche Flotte zerſtoͤrt Haben,
in nicht gegen das Ende der Schlacht ein heftiger
urm entflanden wäre, der die Sieger hinderte, den
ewundenen Feind mit Machdrucd zu verfolgen, und
ar ihre eigene Todten wieber aufzufifchen **).
\ Tg So
X
) Den Athenienfern wurden fünf und zwanzig Schiffe,
fammt aller Mannfcafft, einige wenige ausgenommen,
verfen?t, und die Peloponnefier und Ihre Bundesges
noffen verloren 69 Schiffe, Xen. 1. e. und nit 77,
wie Diodor fagt p. 621. Kallikratides wurde vor der
Schlacht gewarnt, fich nicht mit einen überlegenen
Seinde einzulaffen, allein er erlärte, daß Sparta auch
ohne ihn beftehen, daß es aber für ihn ſchaͤudlich ſeyn
würde, wenn er flieben wollte. Xen. p. 47. Cicero
and Plutarch tadeln den Kallitratides mit Recht, daß
er die Wohlfart feines Vaterlandes feiner Ehre nachfezte,
Cic. de off. I. 24. & Plut. in Pelop. initio Vol, II. Ers
ſterer etzien aber die Antwort des Kallikratides etwas
anders als Kenophen. Bon beyden weicht Diodor ab
‚619 & 20. ber ben Kenophom eben fo felten ale ben
Thukpdides zu Rathe gezogen zu haben ſcheint.
"Xen. L c. 7. p. 49:61. So unmöglich es den Felb⸗
herren auch war, ihren Mitbärgern bie legte Pflicht zu
erweifen; fo wurden fie doch gleich alle, den Konon
ansgenommen, dem man zween neue Gehuͤlfen zugab,,
zurkdberufen, und ale Majoſtaͤtsverbrecher, ober gi
298 Eiedented Buch. Erſtes Eoplidh -
So groß der Sieg war, den die A
wonnen hatten; fo zog er doch gar Feine wichtige Joh
und Revolutionen nach fi), und that den Ueberwu
men auch feinen andern Schaden, als den fie in ber vo
lornen Schlacht felbft gelitten hatten. Konon und fe
Gehülfen eroberten nach dein Siege Feine einzige Ct:
bon Bedeutung, entweder weil fie nicht konnten, ob
meil fie ihren Sieg nicht zu nuzen wuften. Auch fiele
gar feine Bundesgenoffen von den Spartanern ab;
e
!
x
m
Beleibiger der Heiligkeit bes Volks angeklagt.
bens bewiefen fie mit den Zeuguiffen ihrer Steneakk
und unzähliger anderer Perſonen, daß ſie des Gran
halber das, was man von ihnen fordere, nicht hatich
leiften koͤnnen; vergebene beriefen fie fi baranf, WE
fie den Xheramenes und Thrafpbulus zur Ar
Der Leichnahme ihrer Mitbuͤrger befiellt Hätten,
daß alfo, wenn auch etwas verſehen werben FE
fe, foubern biefe Trierarchen (hulpig wären. Gewel
ber regierende Rath als das Wolf wurbe durch die U
Plagen bes Xheramenes und Thrafpbulus, am mein
aber durch das Kammern und bie Trauerkleider bee Uns
verwandten ber Gebliebenen, die von ben beyben ebene
genannten Männern zu dieſem falfchen Trauerſpiele war
ren gebungen worden, fo ſehr aufgebracht, daß fie He
unſchuldbigen Zeldherren zum Tode verurtbeilten,, und
ſechs davon auch wirklich Hinrichten ließen. Xenoph. Le.
B 62. Auch bey diefer Belegenheit betrug fidh be
ath viel unbefonnuener und haſtiger als bad Belt,
das ohne has vorbergegangene Urtheil feiner Obern fein
unſchuldiges Blut vergoffen hätte. Die Achenienfer
ſahen aber bald die Ungerechtigkeit ein, bie fie begaw
gen hatten. Gie erflärten bie Antläger und Werfelge
der bingerichteten Zeldherren für Betruͤger des Wollt,
und legten fie auch wirklich ins Gefaͤngniß, aus wel⸗
chem fie bep einem balb Darauf erfolgenben Auflauf eu
— perer das Urtheil uͤber fs war geſprochn
or
ar
Geſchichte des Peloponneffchen Mringed. 299
r ſchickten die erſtern aus Furcht vor der graufamen-
ber. Athenienfer aufs fhleunigfte Geſandten nach
mon ab, um die Häupter diefer Stadt auf dag
dfte zu bitten, daß man ihnen doch den Infander
a Defehlshaber ſchicken möchte, als welcher der eins
ſey, der die Anfeln und Afiatifchen Städte vom Uns
ge retten Fonne *). Die Ephoren fahen das Ge⸗
ändete diefer Bitte ein; allein an der Erfüllung der⸗
üben wurden fie durch ein Geſez gehindert, nach weis
m biefelbige Denen nicht mebrmalen als oberfte Bes
Bolshaber einer Seemacht ausgefandt werden follten.
za alfo dieſes Geſez nicht zu übertreten, und doc) auch
t das höchfte aller Gefeze, die allgemeine Wohlfart
a verlesen, ernannten fie einen gewiflen Arafus zum
efehlshaber über Die Flotte, gaben aber dem yſander
Bnter dem Titel eines Raths alle die Macht, die mit der
Poͤrde des erften verbunben war. Sobald Infander
ch Alien fam, rief er alle. Schiffe nach Ephefus zu
nen , ließ ſogleich viele neue bauen, und erhielt vom
neu, der von feinem kranken Vater nach Hofe berus
m war, nicht nur alles Gelb, was er verlangte, fons
Ian auch feinen ganzen übrigen Schaz, und fogar bie
laubniß, während feiner Ubwefenheit ven Tribut als
‚der Städte zu heben, über welche Kyrus gefezt
ar **). Durch dieſe mehr als freundfchafftliche Unter⸗
ung 7) feste tnfander feine Slotte in kurzer Belt In
eine
% Xenoph. 1. ı.
‘es, Xenoph, ib, Ä
4) Andokydes bezeugt, daß die Spartaner bis auf bie
Schlacht bey Aegos Potamos fünf taufend Talente yon
deu Derfern erhalten hätten, ohne welchen Beyſtand «6
ihnen auch unmöglich gewefen wäre, ben Krieg sem
bie Athenienſer fo lauge auszuhalten. Oret. Ill,
p- 281.
Ane folche Verfaſſung, daß er i Dei
Tonnte. Ye ſchiffte — nach a wre
Yampfafus, eine Bundesgenoffinn ber- Athenke
belagern, bie er auch mit ſtuͤrmender
von feinen Golbaten auspländern-fteß *); DREI
ntenfifeheni Zelbherveit, hie noch init drey neuen ð
fen vermehrt worden waren, folgen dem Infandern
und anferten mit einer Flotte von’rgo Schiffen dan
kus gegen über bey Aegos
) Xen. p. 67. l. e.
=) ib, p..ö8.
P Plut. Il, p. 168. 5 “
30 Xen. Il.1. p. 70. Tydens und Menander autwori
ihm, daß er ſich um ihre Angelegenheiten nicht m
’ — möge, weil nicht er, ſondern fie Sch
gen fepen, \ **
N
heſchichte des Peloponneſiſchen Krieges. 304
inanber mit ihrer ausgebreiteten Flotte vor feinem
efichte zu prangen, ohne daß et mit ber feinigen,
welcher alles zur Schlacht bereit war, ven Hafer
lampfafus verlaffen harte. Nur fehickte er den Aches
ern, wenn fie fich nach ihren Ankerplaͤzen zuruͤckzo⸗
einige Jagdſchiffe nach, die ihr Betragen beobachs
fich aber fonft in Fein Gefecht einlaffen durften.
hdem er durch diefe Jagdſchiffe erfuhr, daß die Athe⸗
fee gleich nach ihrer Ruͤckkehr nach Aegos Potamos
er größten Unordnung ihre Schiffe zu verlaffen und
tand zu gehen pflegten; fo gab er am fünften Tage
der erften Aufforderung zum Treffen ven Befehl,
alle feine Schiffe fich bereit halten follten, auf das
e gegebene Zeichen auf den Feind los zu fegeln. Er
artete ruhig das lezte Sepränge der Achenienfer, und
Ruͤckfart nach ihrer gewöhnlichen Station ab; al
kaum waren fie ihm aus den Augen verſchwunden,
er mit feiner ganzen Macht aufbrach, und mit unwi⸗
kehlichem Ungeſtuͤm über ihre Flotte herfiel, die im
größten Verwirrung und fat ganz von Menfchen
Möge war *). Außer dem Paralifchen Schiff, das
erſte Nachricht von dieſer Niederlage nach Athen
hte, Fonnte fich nur Konon allein mit acht Schiffen
en, mit welchen er zum Evagoras, Beherrfcher von
fen, entfloh, weil er feine Vaterſtadt für verloren
t. Der ganzen übrigen Flotte bemächtigte ſich Ins
der faft ohne Schwerdtſchlag, und fegelte. mit Fi .
mphirend in den Hafen von kampfafus ein. Er
alle Uchenienfifche GFangene, die fich auf drey tau⸗
beliefen **), und ihre Feldherren, den einzigen Adi⸗
mn man
S ————
0 I -
U ⏑
\ Died, XII, 628. ad Ol. 93. 4. erzählt die Sache gen
andere. Plutarch hingegen Hl, p. 30, in Vit, Lyf,
foist dem Xenophon⸗ u | “
G
m. > Oi |
| , erwũ weil fie dir
tu aabgnomm, ref Särfen *
gef i
An en nenn wilden, Auf ei arbatl
auf e
a ber Griechen zuwiderlaufende
mmeln
‚Mai ver ————
pefche die Achenienſer litten, -fiel auf eimmal da
fand, was den Athenlenſern —5 —
| = verbunden geweſen war, zum Lyſander ab
enzige Samos ausgenomimen, in welchem b
—8*— — die Rache der Spartaner, und d
tsehmen, deren Verwandten er umgebracht a
tete, das ober doch auch € bald Be vom̃
— ———
EEAI
en) Xen. 1, c, X 73. & Put. p. 26.
en u 1, ®. „75:
ware: pP: 27.
— — * 5
auch
Die Athenienfer ben die Zeit mit 80 Schiffen
"der bag ein, * —* ee 55 —
Heere, was ſie aus dem ganzen P
us, deſſen —* vom Sales geſchloſſen wurden
Mo ni Si dem Bet der gione, de
tigen und aller reichen
En. fondern auch Das traurige Chef, wen
den Haͤuptern der uͤbrig gebliebenen ſchwebte.
— nicht —* Srund für fh und Die
n & Pa die Abſicht, durch dieſe Anhaufung von *
en deſto geſchwinder Mangel und ad LQunenonoth
X ine Stadt beruoranbrlagen, |
D f “
‘
Zu
. \ \
m
Pa
EEE
2 , Me Vach —E
— Einwohnern vieler andern &
und Inſeln verübt hatten, - die von ihnen oft aus. f
andern Urſache, als weil fie ihre Bundesgenoſſen
werben wollten, mit unerhorter Grauſamkeit *
wuͤrgt, oder zu Sclaven gemacht worden
dies Bewuſtſeyn ihrer Grauſamkeiten war
ſie nicht um Frieden baten, von u
gevoiß vorausſahen, daß er ihnen abgeſch
werben. Sie faßten daher einen Entſchluß, den
die aͤußerſte Verzweyfelung nur eingeben. konnte, u
Ich fich felbft und ihre Statt, fo lange als il
vertheidigen, alle Häfen und sugänge ven der-Ey
außer einem einzigen zu alle
ihre buͤrgerliche Ehre verloren — fuͤr ehel u
FHaͤren, und ihre Mauern fo
ſo gut zu beſezen, als es ihre Kräfte een
—— aber ale daß fie, um eine |
zige ten, tebensmiftel
ober. wenn un eb: e baran dachten, ſo fehlte ee ,
womit fie dergleichen hätten einkaufen, oder au
ben, von denen fie dergleichen hätten erhalten fi
Die Belagerung hatte daher nod) nicht lange
gen, als in dee Stadt fehon ein folcher
ſtand, daß viele Menfchen vor Hunger farben.
biefe Noth gedrungen, ſchickten fie Gefanbten au
König Agis, die im Namen des ganzen Volks *
daß fie bereit ſeyen, ihre bisherige Hertſchafft zu
abzutreten, und ſich als Bundesgenoſſen den —
nern zu unterwerfen, wenn dieſe von der
abſtehen, und ihnen nur ihre Stadt und Mauern
zerſtoͤrt laſſen wollten. Agis, ber gar Feine Vollm
hatte, Stieden zu fließen , bieß die ‘Arte
2) Ze hu 6, 8,74 76
Defchichte des Beloponnefifchen Krieges. 905
chaffter fie) an die Ephoren wenden, bie fich eben
us an der Graͤnze des Lakoniſchen Gebiets auf hiel⸗
Allein dieſe antworketen auf die Anerbietungen der
nienfr weiter nichts, als daß! ije Fünftig einmal
erkommen möchten, wenn es ihnen erft ein wirkli⸗
Ernſt wäre, Frieden zu fehließen *). Diefe Ants
: fehlug die Gemücher der Achenienfer gänzlich nies
indem fie nicht anders glaubten, als daß man fie
umbringen oder ju Sclaven machen wolle, und zus
y bedachten, daß, wenn man aud) eine andere Ge⸗
Khafft abfchicken wollte, doch während ber Zeit, bie
erfordert werde, fehr viele Bürger vor Hunger ums
nen würden. Selbſt in dieſer fürchterlichen tage
, wo fie nichts als Knechtſchafft oder den ſchmaͤh⸗
en Tod vor fich fahen, wagte ed doch Niemand,
ber Niederreißfung der Mauern, als einer Bedin⸗
|, gu reden, wodurch man den Frieden von den La⸗
moniern erhalten -fasınse, und ein einziger Raths⸗
‚der biefen Vorſchlag fhat, wurde fogleish als ein
rächen des Baterlandes in Feſſeln gelege. Dan
dee fogar einen Volksſchluß, wodurd) es bey ber
eften Strafe verboten wurde, dem DBolfe vie Um⸗
ung der Mauern in einer fänge von zehen Stadien,
mf die Spartaner beftanden, anzurathen. Waͤh⸗
dieſes Kampfes der Arhenienfer mit einem Elende,
gar feiner Grade mehr fähig, oder von einem ganzs .
ı Untergange nur um ganz unmerflihe.Stufen ent
: zu feyn fehien, erbor ſich Theramenes zum Lyſan⸗
zu reiſen, und fich bey ihm zu erfundigen, ob die
rtaner auf der Miederreigung der Mauern in der
ht beſtaͤnden, um alle Achenienfer in die Sclaverey
zu
IXEXE
ib, Xen, p- 77.
Zweyter Band. u
N
a ſtaͤrzen, oder um ſie nur zu deſto treueri ea
Lelden ergriff, dazu bevollmaͤchtigt, it dem Sp
noſſen zu machen ). So mißtrauiſch auch viel
die Abfichten dieſes unbeſtaͤndigen Mantes warci
wurde er doch vom oh das en er
entfernte oder geringe ' ung einst |
als eine tinderung feiner gegerwaͤrtigen umertr
ſchen Feibherrn Unterhandlungen aafengen
aber fein gethanes Derfprechen zu erfüllen, und di
jen ber Feinde durch Klugheit zu gewinnen, ober
feine Beredſamkeit zu erweichen, verhaͤrtete blafeil
Lehet fie. me noch mehr, und gab ipnen. 2
Be ſein Vaterland ein, die ven Spartanern we
MB dahin nice In den Sinn gefom —**
9) So erzaͤhlt Zenoph. I. c. 79 p. Lyſiac ingegen 1
daß Theramenes 8 habe, * *
Frieden auszuwirken, bey welchem ſie weber fire
fe überliefern, noch ihre Mauern nieberrifen,
auch Geißeln geben dürften. Adv. Eratofih. J
Edit. Matkl, —
“) Lyſ. 1. c. p. 207. Die übrigen Bundesgenoſſen
ten, daͤß man mit Athen gar keinen Frieden ober
niß machen, fondern daß man die Stapt ze
wid ihre Einwohner ald Sclaven verkaufen (elite
Lakedaͤmonier hingegen widerſezten fi, und zmm
allein, dieſem Vorhaben, indem fie fagten, d
Feine Stadt vernichten wollten, Die dem ganzen
chenlande in ben größten Gefahren fo außerorde
Dienſte geleiſtet haͤtte. Xen. p. 7 - a
Beſchichte des Peloponneſiſchen Krieges. 307
daß Lyſander ihn feſt gehalten hätte, und brachte
feine andere Antwort mit, ald daß nicht biefer
herr, fondern allein die Ephoren ben Frieden fchlier
Fonnten. Weil aber die Hungersnoth in Athen eine
e. Höhe erreicht hatte, daß eine jebe Zögerung den
gen Üeberbleibſeln ver ausgemergelten Einwohner
nahes graufames Ende drobete, ſo ernannten bie
giienfer abermals den Theramenes mit noch neun
en Gehülfen zu Gefandten an die Ephoren, mit uns
ſchraͤnkter Vollmacht den Frieden unter jeder Des
ung zu Stande zu bringen. Diefe Sefandten famen
mit der Antwort zurück: daß die &pattaner die
igerung mie alle andere Feindfeligfeiten aufzuheben,
ein ewiges Buͤndniß mir den Achenienfern zu fchlies
bereit ſeyen, wenn Diefe den Piräus und die langen
uern zerſtoͤren, “alle ihre Schiffe bis auf zwölfe aus»
en, die Verwieſenen wieder unter fid) aufnehmen,
den tafenämoniern einerlen Freunde und Feinde has
„md ihmen zu Waſſer und zu Lande folgen tbollten,
zin dieſe fie führen würden. Die Achenienfer, die
ts mehr gefürchtet harten, als daß ihre Abgrordne⸗
unberrichteter Sachen zurücfehren möchten, nah⸗
diefe harten Bedingungen, des Widerſpruchs von
Ben ungeachtet, mit der größten Begierde an, und
?.die fpottende-übermürhige Art, womit die Feinde
Mauern zerftörten, machte nad) aller der Noth,
ie auögeflanden, und ben noch größern Uebeln, bie
a gedroht harten, einen viel geringern Eindrurk, als
Inft würde gemacht haben. Die Spartaner ließen
E dem munterften Spiele und dem frölichften Ges
P‘atfer Tonkuͤnſtler und Sängerinnen, die fie nur
"eiben konnten, die Feftungswerfe der Stadt nie
tigen, und diefe Umwerfung der Denfmäler des
miſtokles und Konon feierten alle Griechen als ein
"r an voelchem fie ihre Brent wieder zu genießen
Ä 2 Ä ans
8. ESedentes Bud. —X ” “N?
anfangen würden *). - So endigte ſich ver Deep
ſche Krieg nach unzähligen. Abwechfelungen des (
für. Die-Athentenfer mit dem guͤnzlichen Verluſte
—— ihrer Beſizungen, ihrer Flotten,
Schaͤze un nfte, und man kannſelbſt
—— — denn ihre entvolkerte und ech
State; bie. fo lange bie Fuͤhrerinn "und Vefchtg
von: fand gemefen war ‚. wurde jezo eine v
viefen Stäbten, bie jebem Winfe der — — e
wer ‚folgen muſten u
un 3
la": j
D Xen. Le pn
a Der Eine zwiſchen er
der dem Peloponueſiſche
wurde Segen bas Ende ey
geſchloffen. Man ae pe
Eins ber: a en a . * *
.. Briedtfiger der 2*
. Pr verſchiedenen Angaben ber Daner-der Ach
2 fo Herrſchafft. Die gräßten Redner Und ”
” Noreiber weichen in der Beftimmuisg ne
59 während welcher einige lebten‘, , welcher die
. nadhe waren, unb bie alle, wie es fcheint,
&: ſen muͤſſen, weil fie fo wichtig und gar te ve
war, nicht nur von der Wahrheit und von einand
... hen foger. von ſich felbft ab. .Lyfiag, 36 fie
:(p. 57. Io Epit,) Andofpdes auf 85 för. IL,
ykurg auf $0 (p. 145. adv. Lea‘) "Diings' u
. Barnaß auf 68 (Akt. Rom. I. init): anb Diet
. 65 Sabre au (ad Ol..75 & 92. 1.). Iſotrate⸗s
an einer Stelle mit dem Lyſias CI. p..174-) .a
andern aber mit dem Diodor zufammen, CIE;
Noch unbefländiger iſt Demofthenes, der die
fer bald 43 (p. 71: Ed, Wolf.) ale 65 r
111.) bald Eh 3 Ishre (Rhilipp, IK) die Weberifl
See fen I Man kann kaum begreifen, «
bieſe —E hepben Berne: we
29%
*
2—
rer
Geſchichte des Peloponnefifchet Krieges. 3909
Die Treulofigfeit des Theramenes und feiner Ges
en war aber nicht bloß die Urfache, daß die Aches
ıfer fich auf viel härtere Bedingungen, als die Feinde
# vorgefchrieben hätten, ergeben und fich felbft wehr⸗
machen muften, fondern fie war auch die geheime
ebfeder einer gaͤnzlichen Umkehrung der Staatsver⸗
mg, die faſt eben fo viel oder noch mehr edles Athe⸗
fifches Blut Eoftete, als im Peloponneſiſchen Kriege
offen worden war. Denn faum war der Friede ges
fen, und von Seiten ver Athenienfer ver Anfang
ber Erfüllung der ihnen aufgelegten Bedingungen
icht worden *); als Theramenes das Volk zufams
rief, und mit einem Antrage hervorruͤckte, um wel⸗
Willen er feiise tuͤckiſche Neife zu dem Infander uns
nmen, ımb taufende von feinen Mitbürgern harte
ungern laſſen *). Et ur naͤmlich den Borfchlag,
| 3 daß
Herrſchafft der Athenienſer begränzten, fo ungewiß
ſeyn, oder ben Abſtand derfelben fo unrichtig und vers
ſieden berechnen Ponnten. Die Athenienfer erhielten
wi Herrſchafft der See ohne Widerfpruch nach ben übers
einfkimmenden Zengniffen aller Gefchichtfchreiber und
Ehronologen im 4 Jahr der 75 Ol., unb verloren fie
nicht cher ala Durch die Niederlage bey Aegos Potamos,
und ben Bald darauf folgenden Trieben, ber im vierten
Sabre der 93 DI. gefchloffen wurde. Sie dauerte alſo
73 Jahr: ein Datum, das man von feinem alten
Schriftſteller angegeben findet.
Im Anfang bes erfien Jahre der 94 DI. welches bas
Jahr der Anarchie genannt wurde, weil man es unter
einer ungefegmäßigen tyrannifchen Regierung zubrachte.
Xen, II. 3. p. 8r.
So erzaͤhlt Renophon 1. e. p. 82. ber bie Einführung
ber Dligarchie in den Anfang biefeß Jahre, und vor bie
Wroberung von Samos fest. Plutarch Ul. p. 3ı. in
Lyf. fimmt dem RXenophon bey; Lufias bu⸗83
gleich⸗
mit dem lauteßßen Unmillen. auf:-. Al
4) rich das Gefihern des Pibels
—
—
— ein Zeitgenog und Xheiluehmer |
ngfale, tele im biefens Fahre über Arhei
brachen, berichtet, und ruft alle feine Maitbiitg:
few zu Beugen an, daß Theramenes nicht chi
Aufälag, die Staatöverfaffung zu vernichter
baxret babe, als bis Lyſander auf feine Bitte,
“n Eroberung von Samos aus Aften zuruͤckgekom
‚adv. Eratoh, 201. 18.) In Zufeuung, |
biefer Gtaatsveränberung ſtimmt Diodor
bey; allein in Anſehung hrer Urheber weicht,
\ vom Lyſias fowohl als Zenophon ab. An
Be den Xheramenes als den, Entwerfer und
x... Diigardle anzugeben, ſchildert er ihn
. nem Patrioten,, ber ſich ihr auf dag
derſeit, hub dem das Bolt nachher in
einem ſeiner Beherrfcher, erwählt habe, KU
Dies Lob anf den Theramenes, es mag aus bei
rus ober Theopomp genoinmen (pn, Fan m
ohne Verenten für ungegründet-‚erflären, 4
felbft bin doch unentſchieden, ob ich mit Recht |
richt des Kgnophon dem Zeuguiffe- des Lyfias
gen babe. Man trifft bier fomohl ale in bei
Geſchichte Schriftfieller aus bei
—* und von gleichem Aufehen fo oft in
an, daß man unmöglich entſcheiden ka
einer derfelben allein richtig, ader ab
etwas wahres und falſches erahpls haben .
:,®) Xen, Plut, & Lyf, H. ec.
Gefchichte des Peloponnefifchen Krieges. zus
ärte Theramenes den Uchenienfern fren heraus, daß
fach vor ihrem ohnmächtigen Laͤrmen nicht fürchte,
| viele der angefehenften Bürger und felbft Infander
er Meynung wären, und gleiche Abfichten mit ihm
en”). Kaum hatte Theramenes biefes gejagt, als
nber, der gegenwärtig war, aufftand, und zur ins
üzung feines Freundes ben Athenienfern Eund that,
gar nicht mehr von Negierungsform, fondern vor
Wohlfart die Rede feyn würde, wenn fie fich im
ıgflen mweigerten, fic) nad) dem Willen des Theras
eö zu bequemen. (Ex fehe fie jet nicht mehr als
ıbesgenoffen von Sparta, fondern ale Bundbrüchige
weil fie ihre Mauern nicht zur beftimmten Zeit nies
eworfen hätten **) Mach diefen Drohungen des
ider entfernten fich auch die muthigften Widerſpre⸗
.. Die gutgefinnten Bürger fchwiegen, und der ans
che Volksſchluß, durch welchen dreyßig Männer
Einrichtung des Staats und zur Berbefferung ber
ge ernannt wurben, war allein das Werk des The⸗
enes und feiner Berfchwornen 7). Dies neue Col⸗
m fchob das Gefchäfft, zu welchem es beftelle war,
einem Tage zum andern aufs befezte aber ben res
nben Rat und alle übrige Würden nad) feinem Bes
a, und ergriff alle Syfophanten, bie unter ver Des
'atie von falfchen Anklagen und Verlaͤumdungen ber
ehmſten Männer gelebt hatten I). Der regies
Rath verurtheilte diefe Feinde aller Bervienfte und
tchaffenheic ohne weitläuftige Unterfuchungen zum
U4 Tode,
Lyf. I. e.
ı ib, & Plut. 1, e.
Lyf. I. c. Im Zmophon findet man die Namen der
dreyßig Männer. I. 3. Hiſt. Gr.
Xen. |, c.
314 Siebentes Buch. Erſtes Eapitel,
men, ein Befehl, welchen alle Griechiſche Bälle,
Argiver und Thebaner ausgenommen, aus Furcht c;
den Spartanern gehorchten *),, Auch die Frenklag:
die fich in Athen entweder um des Handels Willen dh
aus andern Urfachen nievergelaffen hatten, wurben
ben blurdärftigen und raubgierigeit Tyrannen nick np
ſchont. Vielmehr theilten dieſe die erftern als Schlag
opfer, und ihr Dermögen ald gewonnene Beute
fid) aus, und verabrebeten fich, ein jeber einen reihe
Fremdling zu ermorben, um mit ihren Gütern die
tanifche Wache bezahlen zu Fonnen **), Ja bie km
wachfende Wurh der dreyßig Männer sing zulet fi
weit, daß fie nicht bloß das Volk zu vernichten, m
bern auch die Stadt felbft, und die Denkmäler. de
Stüzen ihrer ehemaligen Macht zu zerfidren teachtenkt
So verkauften fie die prächtigen Gebäude, in weh
Schiffe und alle Bedürfniffe, die zur Ausruͤſtung we’
Flotten nothwendig waren, aufbewahrt wurden, MR
drey Talente, da fie über taufend gefoftet Hatten F).
Lieber alle diefe Stewaltthätigfeiten und Freveltho
ten murrte Theramenes laut, aber gewiß nicht w
Daterlandsliebe, oder aus Neue Über bad, was er
Einführung und Befeftigung der Dligarchie gerhan
te, fondern weil er entweder weniger Macht und An
ben erhielt, als er gehofft Hatte, oder weil er befürdks
te, daß feine und feiner Collegen Herrfchafft bey einm
folchen graufamen Betragen nicht beftehen Fönne, Sir
tias verflagte ihn daher vor den übrigen Tyrannen m
vor dem Mathe dee Vierhundert, als einen Verroͤche
ber gemeinfchafftlichen Sache, der aus eingewurm
° Diod. J. c.
“4) Xenoph. l. e. p. 89.
» Ilocr, I, 345. ö ’
wichte des Peloponneſiſchen Krieges. Zig
nuth und um feiner perfönlichen Sicherheit wil⸗
n fo wie vormald, den Freund der Demofratie,
chuͤzer des Volks und den Haffer aller Gewalt⸗
t fpiele, um feine Amtsbrüver verhaßt zu mar
beramenes vertheidigte ſich mit männlicher Ents
yeit und aͤchtem republicanifchen Muthe. Gr
daß er die ungerechten DBerweifungen, Erwürs
und Beraubungen der angefebenften Perfonen
nilien der Stadt ſtets gemißbilligt und zuruͤckzu⸗
eſucht Habe, weil es ihm ſchaͤndlich gefchienen ,
e Spfophanten an Graufamfeit zu übertreffen,
1, welche fie ungluͤcklich gemacht, wenigitens
en gelaffen haͤtten, und weil er überzeugt fen,
ch folche Maaßregeln, dergleichen Kritias befolgt
eine und der übrigen Häupter Gewalt nicht allein
Ba fondern wanfend gemacht, die Zahl
wer Seinde vervielfältiget, und alle gutgefinnten
r Regierung entfernt wuͤrden. Der Rath der
iderte nahm die Bertheidigung des Theramenes
tbaren Zeichen des Denfalls auf, und dies nös
m aufgebrachten Kritias nach einer kurzen Uns
ig mit.den übrigen Tyrannen zu erflären, daß er
die Pflicht eines Dolfsregierers halte, ſich von
gefährlichen Betrügern, vergleichen Theramenes
ht hintergehen zu laſſen; und daß er alfo im Nas
nee Eollegen und Freunde den Theramenes als
fentlichen unverföhnlichen Widerfacher der einges
Staatöverfaffung zum Tode verurtheile. As
diefes gefagt hatte, ergriff Theramenes einen
henden Altar, nicht, wie er fagte, weil er glaus
6 dieſer ihn ſchuͤzen würde , fondern um allen
nfern zu zeigen, daß feine Wuͤrger nicht nur alle
ichen, fondern aud) alle göttlichen Rechte und
verlegten. Theramenes wurde auch wirklich
je eilf Männer, welche die Vollzieher der ums
menſch⸗
gg TRUE
ichtswürbigen und offenbaren E
griffen nun aud) das feben und Vermögen Wis
bigften und größten Bürger an ꝰ). et Wed
nnoch Immer beforgten, daß die aufgebrachten M
fee einen gefährlichen Aufftand erregen möchten
nemlich aber weil fie fi) vor dem Theramenes
ten, ber fein Mißvergnägen mit ihren Gewaltth
ten, und der ungerschten Ausſchließung aller ı
Bürger von ver Regierung des Staats öffentlid
kennen gab, fo befchloffen fie, theils um ben übs
ten Theramenes zu befriedigen, much mehr aber
in der. Stadt felbft eine mächtige Parthey zu verf
noch drey taufend ber. angefehenften Athenienfer
böchften Gewalt Theil nehmen zu laſſen. Un
Theramenes gegen biefen Borfchlag einnenbete,
Zahl Dreptaufend unmöglich lauter gute und w
bolle Männer enthalten, oder fie gerdbe alle er
\ ®%) Cacfar ap. Saluſt. de bello estil, c. 51, ‚Laced
| devi&tis Athenienfibus, triginte riros im
Gefcbichte des Pelopormefifihen Krieges, gg
te *); fo fezten fie doch ihren Entwurf ohne Berzbs
ng durch, lafen drey tauſend gleichfam zu ihren Tras
en aus, entwaffneten die übrigen, und machten das
5, daß die dreyßig Männer von den drey taufend
and ohne Vorwiſſen und Einwilligung des Senats,
allen übrigen Eimvopnern in Athen aber hinrichten
ten, welchen fie wollten, ohne deßwegen jemanden
venfchafft zu geben *"). Mac) diefem Schritte
a ihre Grauſamkeit noch unendlich fchnefler, als
Macht zu. ie verjagten ober ermorbeten entwe⸗
ms Mache oder aus Furcht, am meiften- aber aus
bſucht, die vornehmften Männer von Athen, und
ibten den Anverwandten nicht einmal, daß fie die
name der getöbteten beerbigen, und ihnen bie feste
erweiſen Fonnten 7). Beil ein großer Theil der
nienfer FT) aus Furcht vor einem ähnlichen Schick⸗
entfloh; fo wirkten die Tyrannen beym Iyfander eis
Befehlaus, wodurch es allen Bölfern und Städten
rſagt wurde, Argenienfife Fluͤchtlinge aufzuneh⸗
5 men,
Diefer Einwurf traf nur das Vorgeben, unter welchem
die Tyrannen fich eine fo große Rotte zugefellten, nicht
aber die wahren Abfichten, welche fie erreichen mollten,
bie fie felbft nicht verriethen, und bie Theramenes, der
fie gewiß merkte, damals noch nicht aufzudecken
wagte.
) Xen. I, e. p. 88 & ıor.
Lyf, p. 193. 198. 247. 255, 3233. Xen. |. e. p. 97.
Ifoct, 1. 345. befond. Aefch. p. 307. adv. Ctef. Die
bepden loztern beſtimmen bie ER ber Erfihlagenen auf
1500. Es iſt daher eine nicht geringe Webertreibung,
wenn Kleokritus beym RXenophou p. 113. lib. H, 4.
fügt, daß die Tyrannen eben fo viele Unſchuldige um
gebracht, als die Peloponnefier in zehn Jahren erfchlas
gen hätten. |
) Diodor fags mehr als die Hälfte,
A—
314 Siebentes Buch. Erſtes Capitel.
men, ein Befehl, welchem alle Griechiſche Voͤller, Ks
Argiver und Thebaner ausgenommen, aus Furcht we
den Spartanern gehorchten *). Auch bie
die fich in Athen entweder um des Handel Willen er
aus andern Urfachen niedergelaffes hatten, wurben us
den blurdürftigen und raubgierigen Tyrannen nicht weg
font. Vielmehr theilten diefe die erftern als
opfer, und ihr Vermoͤgen ald gewonnene Beute
ſich aus, und verabrebeten fich, ein jeder einen reiches
Fremdling zu ermorden, um mit ihren Gütern die Spa:
tanifche Wache bezahlen zu fonnen **). Ja die km
wachfende Wuch ber dreyßig Männer sing zulest ſ
weit, daß fie nicht bloß das Volk zu vernichten,
dern auch die Stabt felbft, und die Denkmäler ebe
Stüzen ihrer ehemaligen Macht zu zerftdren erachtet
&o verkauften fie die prächtigen Gebäude, in wei
Schiffe und alle Beduͤrfniſſe, die zur Ausräftung ve
Flotten nothwendig waren, aufbewahrt wurden, fie
drey Talente, da fie über taufend gefoftet hatten 7).
Leber alle diefe Gewaltthaͤtigkeiten und Freveltho
ten murrte Theramenes laut, aber gewiß nicht «m
Daterlandsliebe, oder aus Meue Über dad, was er u
Einführung und Befeftigung der Dligarchie gethan
te, fondern weil er entweder weniger Macht und An
ben erhielt, als er gehofft hatte, oder weil er befürchte
te, daß feine und feiner Collegen Herrfchafft bey einen
folchen graufamen Betragen nicht beftehen kͤnne. Ki
tias verflagte ihm daher vor den Übrigen Tyrannen eb
vor dem Nathe ver Dierhundert, als einen Verraͤcher
der gemeinjchafftlichen Sache, ver aus eingeimurkne ®
®) Diod. 1. c.
*#) Xenoph. I.c, p. 89. _
7) Ifocr. I, 34). e u
Geſchichte des Peloponnefifchen Krieges. 3ı5
Zankelmuth und um feiner perfönlichen Sicherheit wil⸗
n, eben fo wie vormals, ben Freund der Demokratie,
n Beſchuͤzer des Bolfs und den Haffer aller Gemalts
aͤtigkeit fpiele, um feine Amtsbrüder verhaßt zu mas
en. Theramenes bvertheidigte ſich mit männlicher Ent
hloſſenheit und aͤchtem republicanifchen Muthe. Ge
fand, daß er die ungerechten Berweifungen, Erwürs
ungen, und Beraubungen der angefehenften Perſonen
ud Samilien der Stadt ſtets gemißbilligt und zuruͤckzu⸗
alten geſucht habe, weil es ihm fehändlich gefchienen ,
ibft die Sykophanten an Graufamfeit zu übertreffen,
ebenen, welche fie unglädlid) gemacht, wenigitens
8 Leben gelaffen thätten, und weil er überzeugt fey,
ißz durch ſolche Maaßregeln, dergleichen Kritias befolge
ıbe, feine und ber übrigen Haͤupter Gewalt nicht allein
cht —— ſondern wankend gemacht, die Zahl
rchtbarer Feinde vervielfaͤltiget, und alle gutgeſinnten
m ihrer Regierung entfernt wuͤrden. ‘Der Rath ber
zierhunderte nahm die Bertheibigung des Theramenes
ie fichtbaren Zeichen des Denfalls auf, und dies nds
igte den aufgebrachten Kritias nach einer kurzen Uns
rredung mit.den übrigen Tyrannen zu erklären, daß er
; für die Pflicht eines Volksregierers Halte, fich von
Ichen gefährlichen Beträgern, dergleichen Theramenes
np, nicht hintergehen zu laflen; und daß er alfo im Na⸗
ven feiner Eollegen und Freunde den Theramenes als
nen öffentlichen unverföhnlichen Widerfacher der einge⸗
ihrten Staatsverfaffung zum Tode verurtheile. Als
teitiad dieſes gefagt hatte, ergriff Theramenes einen
abe ſtehenden Altar, nicht, wie er fagte, weil er glaus
e, daß biefer ihn ſchuͤzen würde „ fonbern um allen
lthenienſern zu zeigen, daß feine Wuͤrger nicht nur alle
venfchlichen, fondern auch alle göttlichen Rechte und
zeſeze verlezten. Theramenes wurde auch wirklich
ucch die eilf Männer, welche die Vollzieher der uns
meniche
316 Giebentes Buch. Erſtes Tapitel. BE
menfchlichen Befehle der Tyrannen waren, von der
ligen Stätte weggeriffen, und unter lauten Klagen
das Unrecht, was er leide, ins Gefaͤngniß gefchteie Pr
wo er fogleich den Giftbecher trinfen mufte ”) ER
Verurtheilung und Hinrichtung bes Tiheramenes lg
eine von den Degebenheicen, wodurch in einem fell
freyen und jezt unterdrücken Volke die Liebe zur Fee
heit auf einmal wieder erweckt zu werben pflege; ofinge
der Rath war durch die beivaffneren Trabanten, le
venen Kritias umgeben war, in ein folches ſtarres Schw
cken geſezt, und das Volk durch die Grauſamkeiten da
Tyrannen, und durch ven Mangel kuͤhner Anfuͤhrer f-
hetaͤnbt, daß weder der eine, noch das andere das Ge
ringfte zur Rettung des Theramenes unternahm. : Die
fer fich immer ungleiche Mann ftarb mit einer heben
muͤthigen Heiterkeit und Standhaftigkeit, die ihm nik -
das Bewuſtſeyn eines tugendhaften tebens, ſondein d
fein die Stätfe feiner Seele gab, die aber immer eine
Theil ver Schande feiner ehemaligen Thasen tilgte, umb |
viele große Männer zu feinen Lobrednern, und felbft Me
jenigen, die ihn Fannten, zu feinen Bewunderern, we
nigftend in dem entfeheidenden Augenblicke machte, we
oft auch diejenigen, die in ihrem ganzen Leben groß un
ſtark waren, klein und ſchwach erfcheinen **),
En o GESEGSDEERDESREEREED.
®) Xenoph. II. 3. Dieſes Capitel iſt eins von ben (div
fien in der ganzen Gefchichte diefes Schälers des Em
Frates, und am meiſten verbienen bie Neben bes Ki
tias und Theramenes Aufmerkſamkeit.
%*) Xen.l.c. Exesvo, fagt Zenophon, de we TR
ardeos ayasov To TE Yavars Meessmnore,
unre To Deovsuov, UNTE TO MU Yvimdis aerchr-
ev en ns Duxans. Als Satprus, der tolfähnfe
und grauſamſte unter den Tyrannen, auf dem Weze
' zum
Gefkhichte des Pelopomeſiſchen Krieges. 317
Machdem die dreyßig Männer den Theramenes aus
Wege geraumer hatten, glaubten fie, daß fie je;o
ts mehr zu fürchten hätten und ganz nach) ihrer Will⸗
»ſchalten und walten Fonnten *). ie beobachteten
r nicht die gemeinften Regeln der Kluͤgheit, und
den geringften Schein von Gerechtigkeit mehr, fon»
handelten oder wuͤtheten vielmehr, als wenn fie alle
ne wirfliche Naferen gefallen wären. Sie zwangen
ſt mehr als die Haͤlfte der Achenienfer, nämlich alle
nigen, die nicht zur Norte der Dreytauſend gehbrs
ten,
n — —— ————— ——————— — ieenigen —— ——
zum Gefaͤngniſſe drohend zum Theramenes fagte, daß
er die Angft kriegen follte, (ich weiß die Woͤrter:
Ors unweerro, © un oiwrnderev — MR ano
ders zu überfegen) menn er nicht fein ungefiintes Kla⸗
gen und Schreyen einftellte, antwortete dieſer: Wuͤrde
das nicht auch geſchehen, wenn ich auch gleich ganz ſtill
ſchwiege? Die zweyte Anekdote, die Kensphon erzählt,
will ih mit den Worten des Cicerd anführen: Quam
me deleftat Theramenes! quam elato anime eft!
etfi enim flemus, tum legimus, tamen bon mifera-
biliter vir clarus moritur. Qui eum conjedtus ia
carcerem triginta tyrannorum jullu venenum ut fi-
tiens abduxifflet, reliquum fic e poculo ejecit, ut id
refonaret; quo fonitu reddito, arridens, propino,
inquit, hoc pulcro Critiae, qui in eum fuerat tacter-
simus. Graeci enim in couviviis folent nominare,
eui poculum tradituri fint. Luſit vir cgrugius extre
mo fpiritu, eum jam praecordiis conceptam mortem
eontineret: vereque ei, qui veuenum pracbuerat,
mortem eft eam auguratus, quae brevi confecuta cft.
Quis hanc maximanı animi aequitatem in ipia morte
laudaret, fi mortem malum judicaret? Ich kann
aber doch nicht unterlaſſen, anzumerken, daß Renophon,
aus welchem Cicero feine Nachricht genominen, dieſe
und Ähnliche Sprüche und Sagen von beruͤhmten Maͤu⸗
"nern für fehr zweydeutig erklaͤrt. J. & Pr 104.
IL 4 Xenoph, ” u
ag Siebentes Buch. Erſtes Eapitel. “ gt
ten ‚. bie eigentliche Stadt zu verlaffen und in ben Pram.
zu ziehen, um ſich ſowohl ihrer Güter in der St
auf dem Lande bemächtigen zu Fonnen ). A kp:
0) Xen. IL 4. Iſokrates I. 345. In Arcop. fihäzt e
derer, bie aus ber Stadt weichen mnflen, anf DR
denn fuͤnftauſend. Wenn man zu diefer Zahl vie wii
tanfend, welche die Tyrannen zu ihrer größere U ı
erwaͤhlt harten, binzuthut, und mit bem Diober Si,
nimmt, daß eben fo viele ihr Vaterland verlaffen
ten, als in chen zuräd geblieben waren, fo wiißg
‚man in biefer Stadt beym Anfange der Regierung
dreyßig Tprannen ſechs zehen taufend Bürger annehuuie:
möüffen. Ungeachtet ich biefe Summe nicht verthe
will (denn Diodor hat die Zahl der Gefluͤchteten 4
wiß zu groß angegeben, weil Thrafpbulus, alb aha
Mirdus einnahm, nur tanfend bey fih hatte, Be
ſcheinlich nicht alle Bürger waren), fo koͤnnte war
doch, wenn man fie al6 richtig vorausfezt, ertiäruk:
warum Athen, das in feinen bluͤhendſten Zeiten gel
nie mehr ale zwanzig taufend Krieger gezählt bat, =
den großen Berluften, bie es durch ben langwierige
Krieg, durch die häufigen Niederlagen, durch bie wen
derblihe Seuche, und durch die faſt noch ſchrecklichct
Hungersnoth während der Belagerung gelitten batty
dennoch bey dem Anfange ber Herrſchafft ber dreyßig Typ
rannen fechazehn taufend Buͤrger befizen Ponnte. DE
Urfache dieſer Volksmenge war ber Befehl des Lyfew
der, wodurch er alle Soloniften, welche Athen ned
Enboea, Aegina, Melos, und unzähligen anbern Ye:
feln und Städren ausgeſchickt hatte, bey Lebensfrei
in ihre Mutterſtadt zuruͤcktrieb. Anſtatt une alfo zp
wundern, baß Athen nach der Uebergabe an die Ep
taner noch fo viel Wolf enthalten habe, muͤſſen we
vielmehr darüber erfiaunen, daß es nicht noch weit be
voͤlkerter geweſen ſey, da diefe Stadt alle ihre ehen⸗
ligen Söhne und deren Nachtommen in ihren Gef
wieber aufgenommen hatte. Ä
Geſchichte des Peloponneſiſchen Krieges. 319
ve nachher Thraſybulus *) won Theben aus mit eis
s Häuflein von fiebenzig Mann, das aber bald nach⸗
auf fieben hundert anwuchs, fich in Phyle, einem
sen Orte in Attifchem Gebiete, feftfezte, und die Noto
der Tyrannen zweymal hinter einander fchlug, ermors
n diefe alle Einwohner von Eleufis, um fich diefe
abe zu einem Zufluchtsorte in Fünftigen Gefahren zu
iten. Nachdem endlich der Fühne Thraſybulus fo
bis an den Pyraͤus vorrückte, und diefen Haupchas
der Stadt einnahm, ftürzfen fie ſich mit der uns
fegteften Wuth an dem ungünftigften Plaze in eine
dacht, in welcher Kritias und Hippomachus fielen,
bie übrigen zurück getrieben wurden **). Nach dies
Niederlage verloren die Tyrannen auf einmal allen
th, und die dren tauſend, die fie zu ihren Waffen⸗
een erwählt hatten, waren über die beiten Maaßre⸗
‚ die fie in ihrer gegenwärtigen tage zu nehmen häte
ſelbſt unter einander gerheilt. ‘Diejenigen ,. welche
einer verübten Grauſamkeiten und Gewaltthaͤtigkeiten
ıft waren, ſtimmten für die Schließung des Fries
und die Ausföhnung mit den Mitbürgern im Pis
; die größere Zahl hingegen, die an den Verbre⸗
, wie an der Beute der Tyrannen Theil genommen
nt, beftand darauf, daß man den Krieg muthig
ezen, aber nur andere Anführer und Vorſteher waͤh⸗
nuͤſſe +). Sie entfezten daher die noch übrigen Ty⸗
ran⸗
Xen. J. e.
) Xen. I. c. p. 110. 112. Die Fluͤchtlinge griffen bie
dreyßig Tyrannen auf ben Math des Wahrfagers nicht
eber an, ale bis einer von ihrer Seite gefallen war,
te erfte Erfchlagene was gerade ber Wahrſager
elbſt. |
ib, p. 114.
vEGSichenes Ba,
rannen *) hrer Herrſchafft/ und ernannten an
Siedle 2 — von EN Männern, zu
eine jede Zunft einen Ger Diefe neuen
des Staats zeigten: bald noch —— Veſn
degen ie Mitbuͤrger im Piräus, als)
_ ngänger geäußert hatten, und die Ersitten
‚dee Partheyen gegen einander: flieg dahek, ,
- Dom in.den Stade ſewohl als in Hafen: mit Pe
ge: xhraſybulus und feine Helven, die ihre Fre
- und DBarerftadt wieder zu gewinnen fuchten,
die umliegenden’ Gefildk und Gärten, verbr
ö fe in den Borftäbten, und bemühten ſich die
+ hinter welchen ſich ihre Feinde
Met hielten, und. "wodurch fie feloft von ihrem, 8
zege wurden }). Die zehn
gegen und ihre Anhaͤnger waren im ber. auigenfe
ke in dem menfchenleeren Athen zu
hern, indem die Stade gar feine Zufuhr hatte
werde und Handthierung gänzlich — —*
» Diefe entfliehen ſoglelch nach Eiaft,
nit pislih eu
» — —* P- 212. 213. Ilocx. dogs wel
— VLa. U, 4. BR, Gr. p. ib.
"Geficht des Peloponneffiien Rriees, ya
Credit ßz ſehr gefallen war, daß man auf die koſt⸗
ſten Pfaͤnder auch nicht unter den haͤrteſten Bedin⸗
agen baares Geld erhalten konnte *). Die Furcht an
ẽFeinde verrathen zu werben, noͤthigte fie, Tag und
cht in den Waffen zu bleiben und auf ihrer Hut zu
* und demnach wollten ſie ihre Vaterſtadt lieber
Spartanern in die Haͤnde ſpielen, als ſie ruhig mit
en Mitbuͤrgern theilen. Sie ſchickten daher Geſand⸗
"wach Sparta F). und baren ſich Huͤlfe gegen das
HE aus, von welchem fie fagten, daß es von den La⸗
&moniern abgefallen fey, und die Stadt den Boeo⸗
1 übergeben wolle. Die Spartaner trugen jwar
denken, den zehen Tyrannen öffentlich benzuftehen 77);
lieben ihnen aber doch hundert Talente, und erlaubs
i.eö auch , daß Lyſander das Volk, was fie mit dies
Bumme anwerben würden, anführen duͤrfte. Durch
Anfchläge geriethen die Achenienfer im Piräus, die
re den Dreptaufend in ber Stadt weit überlegen ges
waren, in die größte Verlegenheit, und würden
. auch
|
8) Memot, Socr. II. 7.
N p. 115. Xen. |. e.
9 J ophon 1. e. p. 116. fagt, daß bie dreyßig Tyrannen am
dieſer Geſandſchafft Theil gehabt; Zyfias hingegen l. e.
baß die zehn Maͤnner bie leztern eben fo heftig als das
Volk im Piräus befriegt haͤtten. J. e.
44) Sbo erzähle Lyſias p. 213. und meinem Uetheil nach rich⸗
ziger als Kenophon p. 117. welcher fagt, daß bie Laßer
daͤmonier den Lyſander zum oberfien Befehlshaber zu
Bande, und feinen Bruder Libys zum erſten Befehlsha⸗
ber zue See wider den Pöbel im Piräus ernannt hits
ten. Wenn bieß geſchehen wäre; fo ice fih gar
nicht erklaͤren, warum fie nachher den fantas. mit
einer größern Macht and in einer ganz andern Abſicht
"ausgefandt hätten, .
Zwepter Bond, F.
XXXXEEEECA
auch allem Anfegen nach. zu Grunde gerichtet va
feyn, wenn nicht theils Neid. gegen bie Thaten dei
fander, theij® aber auch Erbarinen mit den elek!
fechtern der Frenheit*) den tafevämonifchen König!
fanios zur Errettung des faft ganz aufgerjeberm.
noch immer in feinen Eingeweiden wuͤthenden Bolt
wecit Härte: Er berebete die Ephoren, daß man,
ein beobachtendes Heer zuſammen bringen, md daf
von ihnen,. die einerien Gefinnungen mic ihm ha
den Feldzug ſelbſt mitimachen möchten. **). Ervere
ſich Hterauf mit dem tyfanber, der nunmehr unter
fand, und lagerte fi nahe am Piräus, als we
bie Stächtlinge, welche die Stadt befrieaten, hätt
fehfiegen sollen. Mit Vorwiſſen der Ephoren ft
er den Belagerern den Befehl, daß fie die Waffen
Tegen folften, und ſchlug fie auch, als fte ihn mit
ſichtiger Kühnhelt angriffen , in bie Sluche ; gugleid,
üeß er ſowohl ihnen , als denen in der Stadt, die
Frieden geneige waren, heimlich fagen, tote fie fü
ſten Hätten, und mit welchen ietun
Gefandten an ihn und die Ephoren ſchicken follcen. {
de Partheyen nahmen diefen gütigen Winf mit 3a
an, und ließen dem Könige Pauſanias enthietei,
fie die Stadt ſowohl, als die Häfen Piräus ung;
nichia den Lakedaͤmoniern übergeben wollten, went
ihnen ige Seeunbfehaft tieberfhentent, und fie gt
desgenoffen wieder aufnehmen wuͤrben. Die Ye
fer in der Stadt erflärten hierauf, daß fie —
— —
anfanias chlug (dom vorher bie Gefäenfe ans; ı
9 en drevßig Männer ihm fhidten, und wahr (1
+ biejenigen am, welche die Arhenien ſiſchen Ziäditiing
anbsten. Lyf. adv. Polluchum p, 323,
=) Zen, N.4. aor⸗ 124 P. Er
on.
\
Geſchichte des Peloponneſiſchen Krieged, "323
buͤrger im Piraͤus weiter keine Feindſeligkeiten heg⸗
und auch die leztern ſagten, daß ſie bereit waͤren,
mie den erſtern auszuſoͤhnen, nur mit den dreyßig
annen, ben zehen Männern und ihren eilf Henkern
. Paufanias hatte in Sparta alle Gemüther fo
ereitet, daß der Friebe unter den angebotenen Des
ıngen ohne weitere Schwierigkeit zugeitanden und
Iusfohnung zroifchen den beyden bisher: gegen einan⸗
iegenden Partheyen unverzuͤglich zu Stande gebracht
e *).
Gleich nach geſchloſſenem Frieden und der Ruͤckkehr
Chrafpbulus und feiner Gefährten betrugen ſich nicht
bie Haͤupter des Volks, fondern Das ganze Bol
mit einer Weisheit, Mäßigung und Seelengröße,
es Solon, Ariftives, und ihrer Zeitgenoſſen wuͤr⸗
eıyefen wäre... Um allen Saamen von Zwietracht
yürgerlichen Unruhen, der nach fo langwierigen Ers
ungen nothwendig übrig bleiben mufte, und ohne
ngermandte Vorficht gewiß auch aufgekeimt wäre,
ich zu erftichen, legte das ganze Volk einen feierli⸗
Eid ab, daß ed alle alten vorgegangenen Beleidis
en in ewige Bergeffenheit begraben und feinem Bürs
Beindfchaffe nachtragen wolle, felbft den dreyßig Ty⸗
en nicht, wenn diefe fich vor Gericht ftellen, und
enfchafft von ihren Handlungen ablegen wollten **).
| ER Das
— — —
Dies geſchah im Anfange des zweyten Jahrs der 94
Olympiade. Siehe Markl. vita Lyfiae p. 48.
) Die Eide, melde das ganze Volt, melde nachher. der
regierende Senat und die Richter zur Tilgung und
- Bergeffeubeit aller Vergehungen in den Zeiten ber Anar⸗
chie ſchwoͤren muften, ſtehen beym Andokydes de My-
fteriis J. p. 217. Mit dieſen Eiden noch nicht zufrieden,
gab Arhinus, jur größern Sicherheit und Brrubigung
aller Bürger, noch das Geſez, daß, wenn ſemand mis
704° Siebenteh Buch. (Erf
Das ganze Bolt erfüllte ferner unter allen
ne eher, als die Pflicht der Dankbarkeit,
Thraſybulus und feinen Gehülfen, die mit
manche waren, bie auf den:gegeninärkigen %
5 Staats nicht paßten, und eben‘ biefer Zuftanl
Staats wiederum andere neue Gefeze nothwe
27.265 fo vereinigte ſich das Volk dahin, da bie
« . Ionifche Geſezgebung von neuem geprüft, daßıb
det dieſe Eide verklagt würde, er ſich aldbankıfh
der Exception ber Wderrechtlichteit einer foldı
bedienen, und an die Archonten appelliren Fönue
lodann den Grund ber. Klage und Exception ink
Iſoex. 1, p. 482. ih 7
®) Aefch. adv. Ctef. p. 300. 301. „Won den Welouunpe
felbft habe ih (Kon oben an einer andern Stel
tebet. .
s) Demößl, adv. Timoe, p. 469. und Andoeydieil
a — p. 212. & (q. di diefen bepben Stellen fr
bie Geſeze und Voltsfäpläffe der "Arhentenfer i
—— ER
eſchichte bes Peloponneſiſchen Krieges. 325
igen, bie jezo gefährliche Feindſchafft und Spal⸗
erzeugen koͤnnten, abgeſchafft und durch andere
ere, den Beduͤrfniſſen der Athenienſer angemeſſe⸗
gaͤnzt werben fpliten *). Dieſe Unterſuchung der
Seſeze geſchah mit bewundernswuͤrdiger Vorſicht,
auch die neuen Geſeze ganz im Geiſte Solons
ben wurden. Man ermählte außer den übrigen
ratsperſonen, bie auch vorher ſchon in den Zeiten
smofratie waren beftelle worden , noch zwanzig
er, bie bis zur Umarbeitung der alten Geſeze über
oh! des Staats wachen muften, beren Gewalt
ibekannt iſt; und außer diefen noch fünfhundere
ene Nomotheten, oder Geſezverbeſſerer, die alle
uͤzlich ſcheinende Geſeze an einem öffentlichen dazu
aten Orte anſchlagen, und dem regierenden Ra⸗
den übrigen obrigkeitlichen Perſonen mittheilen
Wenn nun ſolche Geſeze vom Senat *M) ger
und vom Volke beftäfige worden waren, fo ers
fie alsdann erft das Anfehen und die Kraft wirk⸗
defeze, Alle Sazungen Solons muften auf bie
pähnte Art geprüft und befräftiget werben, ee
älte Giltigfeit wieder empfingen +), und alle
und Sefchichtfchreiber der Griechen fehen daher
hr der. wiebererlangten Frenheit, in welchem Eu⸗
lechon war, als eine wichtige Epoche in ber Athe⸗
ven Geſezgebung an, im welcher viele alte Gefeze
ifft, aber verändert, und viele neu gegeben wor⸗
. Wir find nicht mehr im Stande, die An⸗
d Beſchaffenheit aller neuen, ober veränderten
X 3 und
ge EEE
id. l. e.
der die Gedanken eineh jchen anzuhoͤren verbunden
var,
mot, & And, l. e.
226 Siebentes Buch. Erſtes Copkih
und abgefchafften Gefeze anzugeben; allein -mter-
neuen, die unter dem Archontat des Euflides gey
svorden, und von weldyen Nachrichten zu uns ef
men find, find unftreitig die wider bie Tyrannen,
uber das Bürgerrecht, die wichtigften. in om
Ariftophon *) gab das Geſez, (und dies Geſez zeigt,
man die Abficht harte, dem Staat feine ehemalige
ſundheit wiederzugeben, ) daß Feiner ein ächter Athe
fifcher Bürger feyn follte, ber nicht von einer Arhe
fiichen Bürgerinn geboten worden, welches in ven |
Zeiten der Demofratie vor ven drenßig Tiprannen
Bürgerrechte nicht nöthig war. Mach einem as
Geſeze des Demophantus war es nicht bloß erlaubt
nen jeden Tyrannen oder Limfehrer der Demokrati
fest folche, die nach abgefchaffter Demofratie ein f
liches Amt verwalten wuͤrden, ungeflraft umzubeng
fondern ein jeder Athenienfer mufte ſchwoͤren,
fic) feine Gefahr oder perfünliche Kücjichten
Yaffen wolle, das Baterland von ſolchen Unt
oder Derräthern zu befreyen **).
Um eben die Zeit, ald Athen am tiefften ı
drigt wurde, erreichte ihre Siegerinn und ihre R
buhlerinn den höchften Gipfel ihrer Macht und r
#) Athen, XIII. p. 285. & Markl. in Lyf. Vit. p. 55.
#4) Das Sefez und der Eid, den das Geſez vorſchriel
hen beym Andokpdes Or. I. p. 220. de Myf.
Lykurg erwähnt dieſes Geſezes p. 180. adv. Leoer.
bem leztern Redner fieht man, daß das Wolf in‘
mehrere Sabre vor bem Gefeze des Demopkantnd
gen wider ermordete Verraͤther annahm, ihre (
ne, wenn fie fhuldig befunden wurden, ausgral
Aber die Bränzen warf, und nit nur ihre Mörk
Zeſtraft ließ, fondern fogar ihre Vertheidiger mit
Tode ſtrafte. p. 174.
Geſchichte des Peloponneſſchen Krieges. 327
arta wurde nach dem Siege bey Aegos Patamos Pin
ber Eroberung Athens das Haupt ‚aller Staaten
8. alten Sriechenlandes, die Beherrfcherinn des Meers,
der Aſiatiſchen Städte und Inſeln, von welchen fie
& gleich den Achenienfern jährlichen Tribut bezahlen
6:”), Die Spartaner hielten nicht nur fich felbft
g unübermwindlich, fondern wurden auch von den uͤbri⸗
ba Griechen dafür gehatten, "und man glaubte, daß Des
nr, welche die Athenienfer überwunden hätten, feiner
!berftehen koͤnne ). Man verehrte fie als die Des
eyer von Öriechenland 7), und Feine Öriechifche Stadt
te es gewagt, ſich den Befehlen eines Spartaners
toiderfezen, ober fie unausgeführt zu laſſen TE). Als
m bie Griechen fühlten baf, daß die Spartaner, anſtatt
Bei, wie Theopomp ſagte, den ſuͤßen Becher der Frey⸗
BE zu reichen, den herbeften Tranf der Knechefchafft
üfchenften , und eben fo bald zeigte ed ſich, daß der
* des glaͤnzendſten Gluͤcks der Lakedaͤmonier der
einer allgemeinen Sittenverderbniß des Volks,
———— Umkehrung ihrer Grundverfaſſung,
* einer unheilbaren Zerruͤttung ihres Staats und des
Azen uͤbrigen Griechenlandes war, von welcher ſich
der der eine, noch Das andere in der Folge jemals wies
r erholen fonnte,
x4 Die
) Died. XII, 643. Sie bob jährlich taufend Talente
ribut, |
ww) ‘Ifocr. I, 36. 37. in Archidami Orat.
7) ib. p. 59. An den Olympiſchen und andern Spielen bes
trachteten die Griechen die Spartaner , wenn vergleis
Ken zugegen waren, mit größerer Bewunderung und
Aufmerkfamfeit, ale bie Sieger, welche geeroͤnt
wurden.
m) Ken, IU. I, Hif, Gr,
98 Clone But, Orr a
F "Sl großen Schäge, welche fpfander
rung von Athen und. der. Bezwingung von (
‚au8 Alten zuüchbrachte,. und die jähelich von bet
offer nach Sparta gefchickt wurden, brach
f in den Grundgefegen des Staats, und |
— welche die Häupter deſſelben bis!
Ketten, als in den Gemüthern ver. einzelnen Mil
die größten und nachefeiligften Veränderungen het
ratth ſchlagte ziwar**) eine Zeitlang, ob man
fänrlichen Schäge bes hhfander wider das aushr
Gebot glurgs aufnehmen follee , und hl *
aupten, keine Miethvoͤlker bezahlen und dein
9 en A koͤnnte) gab Km 1
wodurch dee Beſiz von goldenen
a eg
odesſtrafe um wi
Gef; war_für die gereigte Habfucht der dourc
und lange Serternungen von den Defizen
fanbea entwöpnten, und mit den faftern der Ober
Ken Feinde befannt gewordenen Spartaner FE)
ſchwach, und wurde felbft von denen nicht gebal
ed gegeben hatten, Mäfigfele, CEritkalefannke
—
M Ein Berzelgniß der Meihthämer, Me en
noph
Ze übergab, lieſet man heym Rei
13, und Plutarch in vita Lyf, 39 p. weh
Em dir ügre Wirkungen Betrachtüngen aufte
» Bin ge — ag
“ Bart hy? re von feinen Mitbärgen
zent, daß er. fich niche wie andere durch au
Sirten und Pr hast auſtecen laſſen. Plus
Rn lil. 657: 5%
it gegen Die Gefige, und Gerechrigkeitätiebe entwi⸗
‚son biefer Zeit an a aus ben Herzen dee
Ietaner, und —— pigkeit und Begierde
aunrechtmaͤßiger Gewalt "nahmen. bie Selen ber
entfl Nationaltugenden ein *). Der
Senne
au t ihnen
* Bitte, — dr Kot
Ader. L, de Paco PR 208, m Tmp Ya wor
zer, m Imrancsıus ereem ade den 39°
um a, 27 uma auulogay xundecer,
Toy er Ara KeoYo Tas Mr KM Aue
Irrvas TORE pıngon amomaen, Avtı Ya woher
ba Semi Se *
Cara TER" AuTos ETITmdeumin, TEE
WlnTas evemAncen adınıny, aYununs, @vopınnc,
QiNagYugias, To de xaıvan Tas MaASE, UZSLO
Las per Tau qummaxan, erritumne de Tom
WARTE, giant Turn ÄRA Ko TEN,
Kar
* Quro de —XX 1771 —E dr
hey TU Mon BvR TICOE TOR TOute
weuägyusas Mad Tau AN ExKartesn,
5 ade Tan dummäxe, Ale Tar eugyeru
arexerre TEN eu urn ala
2.
—
330. Giebentes Buch, Erſes ori,
ſtuͤrzten fie ſich noch) viel tiefer in alle die Der
und after hinein, wodurch dieſe geſtuͤrzt worden
Schon in den erſten Jahren ihrer Herrſchafft war f
Wohlthaͤter mehr, den fie nicht beleidigt, Fein —2* |
genoß, den fie nicht mißhandelt und befriegt, und ie
Staat in Griechenland, Stalien und Sicilien’”), P
welchem fie nicht Meutereyen und Unruhen geftifter ha
ten. Am härteften und ungerechteften aber begegnen
fie ven Inſeln und Städten in Afien; die in der Si
mung, ihre Freyheit wieder zu erhalten, zu ihnen abſ⸗
fallen waren. **). Diefe unterwarfen fie einer doppeigl
Tyranney, indem fie ihnen nicht nur Spartenifiig
Befehlshaber oder Harmoſten, die oft Heloten mark
fondern auch zehn oder dreyßig Männer De W
ben erften knechtiſch fehmeichelten, um ihre Miitbärge
veſto ficherer beherrfchen zu koͤnnen. Beyde uͤbten
allen Staͤdten, denen fie vorſtanden, die unerhörteim
Oraufamfeiten und Ungerechtigfeiten aus. Sie rät
ten ober verjagten die reichften und mächtigften Buͤrge,
ſchaͤndeten ihre Weiber und Kinder, riffen ihre Gete
mit Gewalt an fich. zerftörten alle alten Gefege und Ein
richtungen, und richteten unter den zuruͤckbleibende
Einwohnern unheilbare Feindfchafften und Meutereyen
an 7). Es blieb nicht allein Feine Stadt verfchont, fon |
dern in Eeiner Stadt war fein Bürger, den nicht de
Raub⸗
”) ib. & p. 410. & Or. Theban. ap. Xenoph, VIL e. $.
p- 183.
”*) Xen. I. c. & lib. VI. 3. p. 384. Iſoer. I. in Paneg. p.
178,181. Il. in: Archidam, Or. p. 44. Panathen,
p. 214. 215.
+) Diefe Tyrannen waren fo graufam, baß fie, wie Iſo⸗
frates fagt, 1. 179. in drey Monaten mehr unverhoͤrt
binrichteten, als in Athen jemals vor Oericht geforben
worden waren,
eſchichte des Peloponneſiſches Krieges. .agı
bucht und Srauſamkeit der. Blorücer erreicht
9. Ein jeder Staat glaubte ungliclicher, als
beigen zu feyn, und alle wurben fo fehr von ber
ihres eigenen Elendes niedergedruͤckt, daß fie für
des Ungfück Fein theilnehmenbes Mitgefühl übrig bes
m"). Wegen der häufigen Nevolutionen waren
Bürger, die in ihren Vaterſtaͤdten zurück, geblieben
m, muthloſer und-niebergefchlagener,, als die Ber
nen, weil dieſe doch Hoffnung hatten, dereinſt zu⸗
zu kehren, jene aber in jedem, Augenblicke das Aeu⸗
te befürchten muften 7). _ Auf diefe Art thaten bie
artaner alles, was fie nur Eonnten, um fich ſelbſt
folche Nieverlage, als bie Arhenienfer ben Negos
amos gelitten hatten, zuzubereiten FF), und fie bes
unigten ihren Fall in eben dem Grade, in welchen
) Iocr. 1. 178. Pamg. Eis ruro Fauornres
GMavras Nuus nresnomv, „SE MEO TE MeV
106 TNV TEBTV EUÖRIUOVIRY, Kos TeuE WIngoss
ATUKIUS, HOMES ENASOS NURY EIKE TIS TUM-
zadneovras. em de TNs Tav TETOy aweyns din
ro mAndos |Twy omeswy nun erraucaete
ARmABS EAEBVTAS. "
ib. & p. 180.°. Ass de vw UWwerITa Tas
neraßorov, adunorepov .ÖOYBCW 01 Tas Mo-
A6ss :OINBVTES Tav TuS Duyoss SCHMIWMEVOV,
& KEY yae To meiLoy dedinowv, das nur '
LIISLD 0
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2
+) Yoer. I. de Pace p. au. ‘Hr Qası roes auricev
YEVErI TY EMAETN Toy Nana, 8% ads
AeYoTes. on nn:
— F
Peer
weoden, dem Ziffangernes und Pfat
fenſtillſtand, um die zerruͤtteten Gtdatöberfo
lenthalben ordnen, und andere —
¶in den Stäbten machen zu fonnen *). « Er mufte
wiber: Le Neigung auf den an — Obern hit
Waffenſtillſtand brechen, und in "einfallen y
den Tiffaphernes zu nöthigen, den Griechiſchen Stät
ihre Breypat zuifchenfen**). Weil: ‚aber dieſer B
haber den: Kriegimit.den Spartanern, ‚und einet had
Een Deteknetzanf — Sr: ht
ft, zum Rönig.erwählt worden mar,) mit.
lichen Macht nach Afien zu ſchicken/ um
mit.defto geößerem Nachdruck fortfegen zu
Agefilaus befaß alle Tugenden, die kyfurg von fe
Söohnen forderte, in einem folchen Grabe, daß et
von tugendhaften Spartanern bewundert wurbe FF):
» Er befeftigte unter andern den thraciſchen
a, rh eine Mauer gegen die Einfälle der Si
* A auf biefer (hönen Erdzunge elf Städte
auf, und fezte bie griechiſchen Einwohner in den
der fruchtbarſten Sturen und der anche Beiden,
:245 P- “
1. 4. Xeh, Be Fr oiyaip
Pie feine —* Enthaltſamt cũ
Befhichte des Peloponnefifchen Krieges, 335
s ferner alle Talente, die zu einem großen Feldherrn
Staatsmann erfordert wurden, ohne die unbiegfas
Härte des Lyſander und deſſen Treulofigfeie *),
und
und Waterlandsliebe fehe man die Lobrede des Xeno⸗
phon auf diefen Spartanifchen König im fänften und
den folgenden Gapiteln. Um feinem Baterlande zu
dienen , fagt biefer Lobredner, weigerte er fih weder
die beſchwerlichſten Arkeiten zu übernehmen, noch ſich In
bie größten Gefahren zu wagen: er fhonte weber feinen
Coͤrper noch fein Vermögen: und wandte niemals Kranfs
beit oder Alter vor, um fi feinem Dienfle zu entzies
ben, weil er es für die Pflicht eines guten Könige
kus, feine Mitbuͤrger fo glauͤcklich als möglich zu mas
en: c, 7.
Er hatte ein fo milbes und menfchliches Herz, daß er
immer Sorge trug, daß huͤlfloſe Kinder oder ſchwache
Greife, die man getauft oder zu Sclaven gemacht
hatte, niemals den wilden Xhieren oder dem Hunger
zum Naube zurüdgelaffen, fondern von feinem Hee⸗
te mitgenommen wurden. c. ı. Xen. 1. c. -p. 470.
Er behandelte ſchwache oder uͤberwundene Feinde nie
mit der Grauſamkeit, womit Loſander ihnen begegnete.
Auch fagte er, daß man Griechiſche Städte nicht vers
nichten, fondern naur züchtigen und in Ordnung brins
gen muͤſſe. Er weigette fi daher Korinth zu eros
bern, wozu viele von feinen Kriegern ihn ermunterten.
ec. 2.p. 508. Ihm fchien es Weisheit, Feinde durch
Kiugheit zu hintergehen, aber gottlos, Freunde zu bes
truͤgen, oder auch felbft Bündniffe mit den Feinden zu
brechen, welche leztern beßwegen fein Wort für ficherer
als Ihre eigenen Entfhließungen hielten. c. 3. & fq.
Mit Recht aber kann man daran zwepfeln, was fein
Lobredner fagt, daß während feines Aufenthaltes im
Aſien die Griechiſchen Städte ohne "Berrreibungen und
Hinrichtungen ihrer Buͤrger in der größten Einigkeit
regiert worden wären. (c. 1. P. 45.) RXenophon fagt
ſelbſt in feiner Geſchichte, daß Eofaner ben Ageſilaus
in
336 Siebentes Bud. Erſtes Capitel.
und wurde zugleich von einem ſolchen Ehrgeize getri
der mit nichts geringerm umging, als den Köniı
Perfer vom Throne zu ftoßen, und dieſe Griechen]
U U U ı
zu biefem Zuge na Aſten aufgemuntert habe, w
die Abficht gehabt, die Regierungen der zehn MA
bie von den Ephoren meiflene aufgehoben wei
wieder einzuführen IIL 4. p. 163. und bald ma
fezt diefer Geſchichtſchreiber hinzu p. 165. daß nad
Ankunft des Agefilaus alle Städte In der größten '
wirrung gewefen,, weil fie weder Volksregiment
zehn Manner zu Herefchern gehabt hätten. fh
(ad Philippum I. p. 272.) erzählt, daß Agefiland
feiner Unternehmung nad Afien zwo große Abſ
und Wünfche gehabt habe, bie aber nicht mit ein
vereinbar gewefen feyen; den einen, bie War
befriegen; ben. andern, feinen Freunden bie
Gewalt in allen Stäpten zu übergeben, "welche
Beſchaͤfftigung ihn am meiſten gehindert habe,
Krieg wider die Perfer mit alle dem gehörigen
führen. Hiemit ſtimmen wiederum Renophen
Plutarch zufammen, von welchen ber erflere
(Xen, c. II. p. 522.), baß Agefilaus flolz daran
weſen fey, für ſich felbfl fo wenig als möglich zu U
hen, feinen Freunden aber fo viel ale moͤgl
nuzen; und ber andere bezeugt, daß er um
Freunde willen oft glei dem Lyſander von dem E
der Gerechtigkeit abgemwichen ſey, in ejus vita II
620 & 644. Hilft. Gr. V. 4. p. 330. 339.3
Wenn man alfo das ſchoͤne Lob lieſt, welches Kenop
bem Agefilaus gibt, daß er nämlich zu ben wen
Menfchen gehört habe, für welche die Tugend Pr
ne beſchwerliche Anſtrengung, ſondern Beitere
lichkeit geweſen ſey; fo muß man nicht vergeffen, |
Ngefilaus, wie alle übrige Spartaner, bie Tugen
ein Beſtreben fezte, das Beſte feines Waterlandei
befördern, und wenn es auch auf Unkoſten aller u
gen Menſchen geſchehen follte. So billigte Ygefia
der die Gerechtigkeit für die erſte aller Tugenden erfl
|
b Seidichte des Peloponneifhen Kriees. "397
Borberafien zu vertreiben *). Als Ageſilaus nach
kam, hielt Tiffapgernes die Waffen dieſes Königs
Zeitlang durch ein werrärherifches Buͤndniß und
die falfche Hoffnung auf, daß fein König, wie
petlaus geforberc hatte, allen Sriechifchen Städten
F
reyheit wiedergeben wuͤrde. Allein die Freude
. Meineidigen dauerte nicht lange, und ber rechtſchaf⸗
e Ageſilaus, der der Treuloſigkeit des Perſers unge⸗
tet fein gegebenes Wort aufs heiligſte erfüllte, wurde
an feinem Feinde gerochen. Er fihlug das Heer
—* denen er nicht nur tapferes Fußvolk, ſondern
von ihm felbft errichtete und geübte Reuterey ents
feste, verheerte ihre Fruchtbariten Provinzen, machte
3 Bölfer, Könige und Städte abiwendig, und zog
zch dem Tiffäphernes ven Verdacht zu, daß er dis
peile ſeines Herrn an den Ageſilaus verrathen habe,
vhernes verlor darüber feinen Kopf, und fein
Tiehrauftes machte dem Agefilaus fögleich neue
Gtetungen, bis zu deren Erwägung und Ruͤckkunft
yarta er ihn mit dreyßig Talenten berebete, feine
Inpie zu verlaffen, und in das dem Pharnabazus
Braute Phrygien überzugehen, ald wenn dieſes fand
Feben fo gut, als feine ‘Provinz bem Perſiſchen Koͤ⸗
| nige
Bde, nichts deſtoweniger bie ungerechte Beſiznehmung
a.von Kadmea, weil er fie für nuͤzlich hielt «Plue. im
5 Agel, p. 668.) und verließ einen Aegyptiſchen König,
is. der ibn zu Huͤlfe gerufen batte, gegen einen Neben⸗
® buhler, von welchem er größere Vorthelle für ih und
N feine WBaterfiadt hoffte (p. 701. ib.). Dieser thus
4 aber dem Ageſilaus unrecht, wenn er ihn ald den Urs
P_ heber und Beförberer des Unterdruͤkungen ber Orlechen
R. faildert (ii. p. 18. lib, XV.),
"iloer. pafim-& Xen, Ill, 5. Hiſt. Ge,
er Band. DD
38 Sichentes Buch, Exfies-Eapieh)
nige unterworfen geweſen wäre *). Als aber ber "
Derfifche Befehlshaber merkte, daß Agefilaus vl
wie Perſiſche Mache verachte, und, die Abſicht |
4) 11. 4. p. 175. Xen. Ich kaun nicht umhin, bier
„einige Züge aus ben Charakteren des Ageſilaus un
fonder anzuführen, die Plutarch aus bem Zena
genommen, aber etwas verfälfcht, und zum Nad
des Spartaniſchen Königs erzählt bat. Xen, U
p. 165. 166. & Plut. III. in Lyf. 50,52 p, ls
Klaus. und Lyſander nach Alien kamen, machten
Iezteren alle feine Sreunde den Hof, und wandta
an ihn, wenn fie vom Agefllang etwas ausgewid
ben wollten. Nach der Menge alfo derer, bi
Agefilaus und feinen Zrengd umgaben, hätte u
leztern für den König, und den König für eine A
perſon halten follen. Died beleibdigte wicht ’nn
Agefilaus ſelbſt, fondern auch die Äbrigen Spa
die man ihm als Rathgeker und Begleiter zuge
hatte. Ageſilaus bewilligte alfo won allem dem,
Loſanders Sreunde baten, nicht nur nichts,"
that, wenn es nur irgenb möglich war, gerabe bai
gentheil. Als Lyſander diefes merkte, rieth et ſ
Freunden, ſich unmittelbar an den Ageſilaus me
den, und fagte zu biefem: Du verſtehſt es recht
Ageſilaus, deine Freunde zu demüthigen. Ia,
wortete biefer., ſolche, die größer ſeyn wellen, all
Hingegen wuͤrde ich mich ſchaͤmen, wenn ich die B
derer meines Anſehens nicht wieder ehrte und ci
böbe. Du haft beffer und vernünftiger gehanbelt,
ich, erwiederte Lyſander; erzeige mir alfo nur bie
Fälligkeit, miz fo zu begeguen, daß ich wicht die S
de babe, nichts bey dir zu gelten, und bag ich bir
nicht im Wege ſtehe. Schicke mich irgend wohn,
du ſollſt finden, daß ich mich bemühen werde, Ni
Ienthalben brauchbar zu ſeyn. So erzählt Zeug
Plutarch hingegen trägt eben biefen Zwift fo vor,
wenn Agefllans einen niedrigen Reid oder Eiferfuh
gen ben Epfander empfunden bätse, - |
“
..
| Geſchichte des Peloponneſiſchen Krieges. 239
Ben nicht eher zu verlaffen, als bis er es erobert hätte,
Ihte er diefes gefährlichen Gegners auf eine andere Art,
Böurch offenbare Gewalt, 106 zu werven *). Er bes
xh die angefehenften Bolfsführer in Theben und Kos
xd, um durch .diefe die mächtigften Bundesaenoffen
n Sparta gegen ihre Führetinn aufzuwiegeln **). Die
bocherien Demagogen berebeten die kofrier; daß fie fich
es Striches Landes bemächtigen follten, über welchen -
bisher mit den Phocenjern im Streit gewefen waren,
kan fie vorausfahen , daß die lezdern alsdann in dab
iet der erjiern einfallen, und dadurch Anlaß zum
Bege geben würden. “Der Ausgang erfüllte ihre Vers
Whungen. Denn fo bald die befeivigren Phocenſer
Rache vollſtreckt Hatten; eilten die Thebaner per
isn zu Hülfe, und befriegten die Feinde der leztern,
Be: ihnen vorfezlich erweckt hatten. Betroffen üben
B.nenien mächtigen Widerfacher, nahmen die Pho⸗
Re zu den Spartanern ihre Zuflucht, die ihnen auch.
züglid) Beyſtand verfprachen , und fich freuten,
FESelegenheit gefunden zu haben, die Thebaner wer
ser Weigerung, ihnen gegen die Achenienfer und‘
N Xſien zu folgen, und für die Kuͤhnheit, womit fie:
Ageſilaus in einem feierlichen Opfer bey Aulis ges
ie Hatten, ftrafen zu fonnen 7). Sie ſchickten daher:
Mſander und den König Paufanias auf verſchiedenen
egen wider die Thebaner aus, mit welchen fich vie
denienſer, Korinchier und andere Bundesgenoſſen
Spartaner vereinigt bagen allein jener wurbe noch
| 2 ehe
„#»
zu...
e
XmA
M. 5. Xen,
. | | Ä
HB Xen, IM. $. p. 179. ‚Diod. XIV, 2 705. ad olymp.
66. 1. Plut. in Lyf, II. p. 58. efen Krirg nennen
* Griechiſchen Geſchichtſchreiber den Boeotiſchen
eßz·
340 ° Siedented Buch. Erltes Eopii, J
ehe Pauſanias zu ihm ſtoßen konnte, bey Haliarins
ſchlagen und ſelbſt im Treffen getodtet. Des durch
Niederlage erſchrockene Heer des Spartaniſchen
muſte ſich gefallen laſſen, unverrichteter Sache aus
Thebaniſchen Gebiete wieder abzuziehen, um biete
me bes infander und der übrigen erfchlagenen &
ner wieder zu erhalten; ja es muſte auf dem
die ſchimpflichſten Demürhigusigen vuben indeng
übermüchigen Thebaner einen jeden ta ebämeniet,
nur ein wenig von der landſtraße austrat, durch
ge zwangen, in das verlaffene lieb zurückzufehren, 4
Die Miederlage ben Haliarrus, welche man m
Hecht das Porſpiel der größern bey feuftra nennen fan
nöthigte die Ephoren den Agefilaus aus Afıen —
rufen. Dieſer ſiegreiche Kohig empfing den Befehl:
ner Ruͤckkehr mit der tiefſten Bekuͤmmerniß, wal
durch auf einmal alle feine ehrgeizigen Entwürfe
wurden. Er bedachte fi) aber hoch Feinen
ob er feinen Obern gehorchen, und ven Auf feines
terlandes der Stimme des Ruhms vorziehen follte ob
nicht *). Er zog in der größten Geſchwindigkeit
ne und der Bundesgenoſſen Bölfer zufammen **), fe
über ben Hellefpont, nahm feinen Weg mit ber
heit und Zuverjicht eines unwiderſtehlichen Sieger bunl
Thracien, Makedonien und Theffalien, und ſchlu
Theſſalier, die ſich feinem Marfche widerfesten und al
die beften Meurer in Griechenland befannt waren, u
Hatte das Vergnuͤgen noch unterweges zu hören, *
—
ι
“ Xen, IV, 2. & Diod, XIV. 706. 707. ad ol. 96, 9
ac) Vier taufend ausgenommen, die er zur Beſchuͤzung M
| Bett vo Siaͤdke, unter dent Eurenus, ſammt ein
Flotte von hundert und zwanzig Schiffen unter fine
ruder Pifander zuruͤckließ. BI, 4. IV. 4. Xom,
\
Li
u,
{
Re ? ge des Peloponneſiſchen K rieges. 341
u Mitbuͤrger den Fleck, ben Ihnen die Thebaner an⸗
yangt hatten, in dem Blute ihrer Feind: abgemwafchen,
Weinen herrlichen Sieg über fie erfochten hätten *).
Ber fich den Boestiſchen Graͤnzen näherte, erhielt
won den Ephoren den Befehl, das feindliche Land oh⸗
Berzug mit Feuer und Schwerdt zu verheeren. Auch
war fo glücklich, die Boeotier in einer blutigen
hlacht bey Koronea zu überwinden; erhielt aber noch
dem Anfange des Treffens die traurige Botſchafft,
| fein Bruder von dem Athenienfifchen Feldherrn
nen, der ſchon feit mehrern Tahren zum Befehlsha⸗
der Verfifchen Flotte ernannt worden war, bey Anis
F aufs Haupt gefchlagen und in der Schlacht ſelbſt
gefommen fey ).
; Diefen Sieg bey Knidus fahen bie Achenlenfifchen
per als den Zeitpunct der wieberauflebenden Macht
Baterlandes, und die Griechiſchen Geſchichtſchrei⸗
oals die Epoche des Umſturzes der Epartanifchen
ef zur See an 7). Ungeachtet er aber weber
Achenienſer fo fehr ſtaͤrkte, noch die Lakedaͤmonier fo
Meberfchlug, als bie cyn und die andern verseben
3
— —
M Xen. p. 209. l. e. Died. |, e,
® IV. 3. Xen, Diod, XIV, p,207. ad ol. 96. 2, |
Vid, Ifaer, 1.260. 11. 98. Diod. XIV. p. 708, ad ol,
96.2. Auch die Zeit den Herrfchafft zur See geben die
Griechiſchen Schriftfieller alle verſchieden und alle uns
richtig an. Polpbius beftimme fie auf zwölf, und
Diouys von Halifarnaß auf dreyßig Jahre. Die erſte
Zahl ift In groß, wenn man von dem Siege bey Aegos
Potamos bis auf die Niederlage hey Kuibos rechnet,
und bie andere zu Plein, wenn man die Herrſchafft ber
Lakedaͤmonier fig mit der Schlacht bey Lenktra endigen
lägt DI. 102. 2. Vide Cat, ad Polyb. p. 97.99.
Ed. Gronovii. UL,
”
S
343 Siebentes Buch. Erſtes Copa}
ſo hatte er doch gewiß viel wichtigere Folgen, a
benden Siege, weldye die Spartaner \
Die leztern gewannen fat weiter nichts als die Ey
nige Siegeszeichen errichten zu dürfen; Kanon $
gen machte den Spartanern gleich, nach- ber ©d
faft alle Aſiatiſchen Städte und Inſeln, ſelbſt vie $
den, abwendig, und baute mit Perfifchen Geh
Werke im Piräus und die Mauern wieder auf, ı
nad) ben lezten Frieden waren. nievergemorfen-
den ). ’
Anſtatt, daß die Friegenden Parcheyen buird
benberfeitigen Niederlagen zum Frieden wären g
worben; wurden ihre Gemuͤther nur noch mehr
einen Aufruhr in Korinth erbittert, im welche
größte Theil der Bornehmen, die man eines ein
Berftänpniffes mit den Spartanern wegen im Ve
hatte, von dem Poͤbel erfchlagen oder vertrieber
be**), Die Spartaner nahmen fich ber Berjagrei
die Thebaner, Athenienfer und Argiver der Del
. an. Die erftern eroberten einen Theil der Feſtun
fe von Korinth, und erhielten über ihre Feinde ne
dere Vortheile; wurden aber nachher für den Sto
diefe Fleinen Siege ihnen einflößten, und für die
achtung, womit fie auf alle übrige Griechen heral
wiederum durd) Fleine Schlappen gedemüthiger, 1
ben Sriechifchen Sefchichtfchreibern viel wichtiger gı
und viel umftändlicher erzähle werden, als ein ı
—————xt
Xen. V. 8. p. 259. & Died, XIV. p. 669.
“#) Xen, IV. 4. & Diod. XIV. p. 700. ad Ol. 96.:
. Uuruben, bie bierans bis auf den Erieden des ?
bas erfolgten, werden ber Korinthiſche Krieg gen
Geſchichte des Peloponneſiſchen Krieges. 343
ſchichtſchreiber fie ihnen nacherzählen kann ). Die
Kliche Erfchöpfung , Armuth und Entvölferung aller
khifchen Staaten waren die Urfache, daß Feine gro,
Kotten und Heere mehr ausgerüfter, daß Feine ent
rende Schlachten weder zu Lande noch zu Waſſer
geliefert wurden, und daß die ohnmaͤchtige Wuth
Sriechen in unbedeutende Kriege und Zänfereyen auss
tz *). In dieſen Fleinen Kriegen, die neun Jahre
eten, behielten die Lakedaͤmonier das Uebergewicht 7);
zurden aber doch des Krieges nicht weniger, als ihre
de überdrüffig, weil fie beftändig kleine Heere zur
theidigung oder Vewahruns ihrer Bundesgenoſſen
4 auf
ı Bon biefer Art war die bey Lechäum Xen. IV. 5. Diod.
XIV. p. 713. ad Ol. 96. Fr in weldger etwa 250
GSpartauer fielen. Dieſe Niederlage verurſachte ein.
großes Trauern im Spartanifchen Heer, weil ihnen
Sole Unfälle ganz fremb waren, und nur biejenigen,
fast Kenophou 1. c. p. 238. waren frohen Muths, bes
ren Söhne oder Väter ober Brüder geblieben waren.
) Man lefe, was Zenophon vom Thraſpbalus IV. 8. p.
270. und V. 1. p. 285. vom Xeleutiad erzählt. Thra⸗
ſobulus wurde von den Aspendiern erfchlagen, weil
feine Soldaten Gemaltthätigfeiten ausgeuͤbt haften.
. Web thut es dent Freunde der Tugend, wenn er fiefl,
daß biefer muthige Wiederherfteller der Freyheit und
alten Staatsverfaffung gleich andern Demagogen feil
war (Ariftoph. Ecclef. v. 356. & ib. Schol,), und
baß er zulezt ein Verraͤther feines Volks wurde. Lyſ.
p- 458. Ed. Markl. |
Antalkidas brachte DI. 98. 2. eine Zlotte von 4 Sal
fen zufanımen, womit er ben Athenienfifchen Kauffars
theyſchiffen die Ruͤckreiſe aus dem SHellefpont nach
Hanfe abfehnitt. Dioder merkt (hen bey DI. 97. 2.
‚ p. 716. an, baß die Spartaner allmaͤlich bie Dierbam
wieder gewonnen hätten. .
" aufden Beinen galten muften *). —*
um ihren ermuͤdeten Feinden zuvorzukommen )
Antalkidas nach Perſien ab, der auch bald den
tigten Frieden zuruͤckbrachte, den alle
and Redner old den —S —— *
n Barbaren und Griechen geſchl
ie Bedingungen beffelben waren ee
Stiechifche Städte auf dem feften fande, nebſt 8*
und einigen andern Eylanden dem Koͤnige der *
zugehoͤren, alle übrige Inſeln und Stoͤdte ˖ abet
moͤchten groß oder klein ſeyn, frey und unsbhängk
ben und bleiben folken ‚ temnus, Imbrus und &
Ar denen, die dies würden, den Ruta 6
wurde das Aſi atifche € riechenland wiederum er (
chum der Barbaren, und bie —E ——
- tet wurden unter ben Scepter des Perfifchen I
gebeugt, der fich von dieſer Zeit an mehrere Jah
ter einander als Gebieter in alle ihre Händel miſch
% Xen. l. c.
*.) Im —E— Kriege, bafonbers gegen da
gingen in Athen viele gewaltthaͤtige Revolntien
yon denen bie Gefchichtfchreiber nichts fagen.
wähnt Ariſtophanes zweener harten Volksſchluͤfſ
yon der eine ploͤzliche Veraͤnderungen der Muͤn
ber andre den Beytrag des vierzigften Pfermigs
Ecclefiaz. gıa. 20.
©.s) Xenoph. V. 1. 289. 291. Diod, XIV, PB ‚79.
- 98. 2. Ifoer. in Paneg, I. 18l. 186. ib, p
. Re. IL Bi Panath, p. 234. & ſq.
») Xen, I
pH) Ifocr, 1 p. 183. Nwv de enesvos es 0
\
J *
wine bed Peloponnefifchen Beige *
Mick dee Archiven; Arhenienfer,. und Thebaner
wech die Beſizungen, die man ihnen entzog; die
xtaner hingegen erhielten für die tif, womit fie ihre
ber an bie Perſer verraten hatten, die O 5
ft in Griechenland, indem fie Feine von den Staͤd⸗
bie ihnen gehorcht hatten, von den alten Feſſein
ten, und viele andere unter dem Vorwande von
ne). ober auch mit Ormalt ſich unterwärfig
en R
—
vo ron Enmæ Ol BEOOTEFTOy ch Ken mer
EXCSE;, Kits MOvov 8% emısa9urs er raus moAecH
mdızus. Im ya Ters, Tı Tor av var.
2 Amer ein 5: 8 YO TE MONTHS KURS —XRC
"00 T FIEmuny ERLUTOWEITE, Ko TRY Wooedye.
Tor WERYMETOV ERISATAS ——
. EMeIvov TÄECHEY, SCTEE TEOS beaToTm, Mt
- An xarwyognaarres. Vid. ib. & p. 214
‚den R 291. Hocs. 1, 786 & 316.
Siebentes Buch.
Zweytes Capitel.
Orion des Sofrates und feiner H
loſophie. *
n einem ſolchen Zeitalter und unter fo
ſchen, als ich in den vorhergehenden
Befchrieben habe, lebte Sokrates, deffen Sin nd
Zugend in die glängendfte, deſſen reiferes Alter in d
aunrufigfte, und deſſen Iejte Jahre in die craurigſte Pu
riode des Arhenienfifchen Staats fallen. x
nicht nur der evfte, ſondern auch der größte Wolf
den Achen jemals hervorgebracht hat. Er hat
mit allen großen und kleinen Männern gemein, b
man ihn nicht richtig beurtheilen Fanır, ſo lange man
ihn nicht in allen Berhältnifen und Sagen beobachtet hat,
Allein dadurch unterfeheidet er fich von vielen der beruͤhm⸗
teſten Menfchen, daß er um deſto verehrungswuͤrdiget
erfcheint, je genauer man ihn kennen lernt, und je tier
fer man in fein feben und in feinen Charafter einbringt.
Wichtige und unwichtige Männer haben ihn verfannt,
und ungerecht getabelt, ober gar feindfeelig verläumbet,
weil fie ihn drehfam aus feinem Zeitalter heraus riffen, |
ihn, ohne es ſelbſt zu merfen, u ihrem Zeitgenoffen |
machten, und ihn nicht, ‚durch alle bie. Reihen *
Bist des Echatcs ufin PL. nz
* verfelgfen, in welchen er fich wirklich sefune
So umftänbfich Plato und Kenophon ihren Mel
in der festen Hälfte feines tebens ſchidern; fo atm
diefe Schuͤler des Athenienfiſchen Weifen, wie alle
je Schriftſteller, an wichtigen Nachrichten über bie .
uicht wertiger intereffante Hälfte deſſelben, und wir
n alfo auch viel genauer, was Sofrates war, als
ee Sokrates wurde. Es ift außer allem Zweyfel,
ee der Sohn eines mittelmäßigen und unbeguͤterten
mienfifchen al Sophronisfus war**), und
er ber Fu ines Vaters ungeachtet eine auch
\
Die Zeitrednung ter eiechiſcen Weltweiſen wird vom
Gokrates an — weniger ungewiß, «ld wir fie bie
Sanf biefen fophen gefunden haben. Gofrates
” wurde nach FRA ca Ni Zengniſſen alter Schrifts
"Keller DI. 77. 4. geboren, und flarb DI. 95. 1, ober
oo Jahr vor Chriſti Geburt, etwas mehr als 70
Jahr alt. Man febe Plato in Apol. p. 7. Ed. Baf. Gr,
" Diogen. II. 44. f. Meurf. de Archont, III, 10. vor⸗
“ zäglich aber die Table -chronologique im Leben des '
Sokrates, vom Charpentier.
DaB fein Vater ein ſehr mittelmäßiger Känfller war,
Bann man allein ſchon daraus ſchließen, daß fein Name
nicht durch feine Werke, ſoudern durch feinen Sohn auf
die Nachkommen fortgepflanzt worben iſt. Beine Ars
nmnth wird durch bie Darftigkeit feines mäßigen, und
nichts weniger als verſchwenderiſchen Gohues darge⸗
thau; er — aber auch ſelbſt alsdann noch nicht ben
Rene eines wohlhabenden Mannes verdienen, wenn _
auch gewiß wäre, was Libanins allein bezeugt, De
ee einen ohne ein Vermögen von achtzig Minen
——8 weiße aber diefer durch das Ungike dis
Min Soc Lip: Bao, RL
us ebelften % ſienſers wuͤrdige Erziehung
Micht —* per ift es, daß Sofratesrdiegt
Barers erlernt **); allein daran koͤnnte
gwenfeln, ob et fich jo weit darinn bervollfomint,
daß er fchägbare Werke fiir jeine Vaterſtadt
wir
—
®) ‘Os vopoi, magayyeRovres ro ware;
1. GE EV MSN Ko Yupvosıen 7 . Pla
P Gritorie p. 20, Diefe Stelle des Plato feheintn
u wer andern im. Phaͤds im Widerfpruc au Reben
: An biefen Gefpräc laſt Plato den Sofrates fa
er-oft durch Träume erinnert worden, ich auf)
zu legen, baß.er biefen Warnungen ber
gethan zu haben geglanbt, indem er ſich
. phie, als der erhahenften Muft, mie alleı \
Ri ien, baß aber bie beftänbige Rüdktehr be 2
J mes ihn auf bie Gehauten gebracht habe, anf ie
eigentliche Konfunft und ihre Schwefler, Puuft,
au legen. -— Aus diefen Worten aber Palm“ an vi
fließen, daß Sokrates in feiner Kindheit und Yus
nicht im der Tonkunſt unterrichtet naorden , fonbern w
er fie in reifern Jahren vernachläffigt habe, Menn
ferner Sokrates yon ſich felbft fagt (in Menonep, 365.)
und mehrere andere Schriftfteller von ihm 4
(fiehe Menage ad Sn Il. Piög.) baß er im feinem '
foärern Alter die j£ gelernt habe j fo Kan
biefe Nachrichten fo auslegen: daß Sokraies bie Tom
Fanft, worinn er in feiner Kindheit unterrichtet wor
den, in der Folge noch immer mehr und mehr zu vers
vollfommnen, oder baß er bad, was er in feiner Kinds
beit gelernt her vergeffen, zulezt wieder zu et
Iernen geſucht habe. Bruder I. 525. nnterfheibet, )
aber nicht aus zureichenden Gruͤnden, mehrere Theil⸗
der Tonkuuſt, wovon er den einen im ber Jugend, ben
andern fpäter erlernt habe. -
Aus diefem Grunde nannte er den Daͤdalus einen feine
Borfahren, Plat, in Eutyphr, p. 5, & in Alcib, pr,
p 221. e
”
Sefchichte des Sokrates und feiner Phil. | 39
te”). Wenn man aber diefes aud) annimmt; fo
fich zugleich darthun, daß er fie bald verlafs
und mit dem größten Eifer an der Ausbildung fels
Seiftes und Herzens zu arbeiten angefangen habe,
ſagt ſelbſt beym Xenophon, daß er ſich von den erften
m feines Denfens an beeifert Habe, alles Gute und
liche, fo viel er nur gefonnt, zu ergreifen, und fich
ı zu machen *Y). Er las daher fihon als Juͤngling
merkwuͤrdige Schriften alter und neuer Dichter und
Wei⸗
AIch weiß es ſeht wohl, daß Pauſanias p. 310. Ed,
wWeehel Gr. und der Schollaſt des Ariſtophanes ad v.
9771. Nub, von Statäen befleideter Grazien reden, bie
Sokrates gemacht, und bie ia noch bie auf die Zeiten
bdes Paufanias gezeigt haben fol, Allein ber Wiber⸗
ſpruch dieſer Schrififieler,, wie das gänzlicde Gtill⸗
ſchweigen des Plato und Renophon, läßt mich vermu⸗
Shen, daß bie. Sage von ber Erfahrenheit des Sokrates
in der Kunſt feines Vaters, befonders bie yon feinen
Werten, vie unzählige andere Mähren, in fpätern
Beiten dichter fepn koͤnnte. Pauianias-erzählt, daß
‚De Grazien bes Sokrates vor dem Eingange in bie
Burg von Athen geftanden hätten; ber Scholtaft bed
Ariſtophanes hingegen, daß fie in bie Wand des Tem⸗
pels ‚hinter der Statuͤe ber Minerva bineingearbeitet
geweſen ſeyen. Nach dem Plutarch erhielt der Vater
bes Sokrates durch einen Goͤtterſpruch hen Befehl,
den Neigungen jenes Sohns nichk bie geringſte Gewalt
anzuchun, und ihn zu feiner Knuſt cder Beſchaͤfftigung
zu nöthigen, bie er nicht von felbfi ergreifen würde,
(Plut, de Genio Socr. VIH. Tom. pı 330.) Ich will
mich zwar für die Wahrheit dieſer Ueberlieferung nicht
verbuͤrgen; allein fie ift doch immer ver Porphyriſchen
Verlaͤumdung werth, daß Ariftoreles In feiner Jugend
ſeinem Vater ungehorſam geweſen ſey, und ſich ſtets
gegen feinen Willen geſtraͤubt habe, (aßp. Theodoret.
de curand. Gr, Affect. lib. XL.)
h Apol. $. 16.
Die Kunft zu reden mit vielen andern vom: ber
gelernt habe. **}. . An den erſten Zeiten.des ©
kens und der Entwicelung feines DBerftandes n
'») Man fehe Plat. in Phaed. p, 39. in Theaet, F
Menep. p. 365. Xenoph. c. 2. Oeconom,
In Sympof, Plat. p. 187. in Menep. l. e. Eb
gen, weil Sokrates fih mit allen Menſcher
machte, von denen er nur einige Hoffuung
Iernen hatte, werden ihm von jüngern Schr
fo viele Echrer und Lehrerinnen zugefchrieben ,
in einem uneigentlihen Berflande fo genann
koͤnnen. Man fehe das Verzeichniß beym M
Diff. XXU. Im Diogenes werden Anaragı
Archelaus feine Lehrer genannt 11.19. Daß:
ben erftern nicht gefannt habe, ift fchon im erf
de bemerkt worben; baß aber auch Archelaus
Dem Verſtande fein Lehrer genannt werben ?
welchem er ed vom Plato und Renophon war ,
nem jeden einleuchten, fo bald er bemerft, baj
tes ſolche Unterſachungen, als Archelaus vortr
achtet, und ſolche Grund ze, als er gelehrt ha
Geſchichte des Sokrates und ſeiner Phil. 351
ch die praͤchtigen Verheißungen der Weltweiſen und
Mhiſten feiner Zeit, ihm die Entſtehung, Ausbildung
» Auflöfung aller Dinge, die Natur aller Elemente,
Urfächen der wichtigften Erfcheinungen, forwohl am
mmel als auf der Erde, endlich das Wefen der menfchs
ven Seele zu offenbaren, fo fehr bezaubert, und hin⸗
iſſen, daß er mit der größten Begierde fich in die uns
yeönblichften Gruͤbeleyen hinabließ, oder fich auch in
: erhabenften Betrachtungen muthig hinauf ſchwang *).
aftatt aber, tie er gehofft hatte, in ven Sieden und
Schriften dieſer Männer alle Geheimniffe der Natur
® feiner felbft entfaltee zu fehen, bemerfte er bald zu
nem Erſtaunen, daß er mit noch dickern Finfterniffen
3 vorher umgeben werde, daß er in feinen fefteiten
herzeugungen zu wanfen anfange, und daß fogar Fra⸗
2 oder Sachen, die er ſonſt leicht gefunden, ihm jezo
hſelhaft und unauflöslich zu fegn fchienen **), Gr
> daher Kenntniſſe auf, zu welchen er in fich felbft Fein
schick fühlte, und non welchen er durch eigne Erfahr
ng wahrnahm, daß fie ihm weit mehr gefchaber als
st hätten 7). Bon diefem Zeitpuncte an kann man
nehmen, daß er allmälich zur Erkenntniß der Wahr⸗
t gelangt ſey, und den Plan feines Fänftigen Lebens
noorfen babe. Nicht zufrieden, fich felbft aus den
hlingen des Irrthums gerettet zu haben, nahm er
h vor, auch andere vor dem glänzenden, aber eitlen
ind und ben gefährlichen Grundfäzen der Sophiften
ner Zeit zu warnen, und fein ganzes Leben dem
ienfte der Gottheit dadurch zu weihen, „daß er durch
ne tehre und muſterhaftes Beyſpiel feine Mirbärger
gluͤck⸗
) Plat. in Phaed. ©, 38 & 39. |
*°) Ibid,
IR
Bun
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as .
4%,"
R).:
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mem jenen einlandhten,, fo bald er beimerft, daß
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Oltenteh Bach. Znciieh Eopint. ©
gen, weil Sokretes ſich mit
machte, von denen er nur eini
Diff. XXU. Im Diogenes werben An⸗rageras
— —
de bemerkt worden; daß aber ee en
*
U
tes ſolche Unterfaddungen, als Archelaus vortrug
achtet, und ſolche Orunbfäze, als er gelehrt haben
verabſcheut habe. Sokrates hörte ober ging mit
Archelaus, wie mit deu Sophiſten um, wicht am
feine Gchanten zuzueiguen, fondern nm ihn teunen
lernen. In eben dieſer Abſicht machte er vielleicht
Die Bekanutſchafft eines gewiſſen Ariſtagoras,
der 2 A Ariſtophanes einen
goras von Melos, mb einen Lehrer des
nenut, adv, 838, Nub, -
—*
re
|
Dir
Geſchichte des Sokrates und ſeiner Phil, 35
vurch die prächtigen Berheißungen dev Weltweifen und
Sophiſten feiner Zeit, ihm die Entftehung, Ausbildung
und Auflöfung aller Dinge, die Natur aller Elemente,
bie Urfächen ver wichtigften Exfcheinungen, ſowohl am
Himmel als auf der Erde, endlich das Weſen ber menſch⸗
lichen Seele zu offenbaren, fo ehr bezaubert, und hin⸗
geriflen, daß er mit der größten Begierde fich in die une
ergründlichften Grübeleyen hinabließ, oder fich auch im
die erhabenften Betrachtungen muthig hinauf ſchwang *).
Anſtatt aber, wie er gehofft hatte, in den Reden und
Schriften dieſer Männer alle Geheimniffe der Natur
und feiner felbft entfaltet zu fehen, bemerfte er bald zu
feinem Erſtaunen, daß er mit noch dickern Finſterniſſen
als vorher umgeben werde, daß er in feinen fefleften
Heberzeugungen zu wanfen anfange, und daß fogar Fra⸗
gen oder Sachen, die er fonft leicht gefunden, ihm jego
rärhfelhaft und unauflöslic, zu fegn fchienen **), Er
gab daher Kenntniffe auf, zu welchen er in fich felbft Fein
Geſchick fühlte, und von welchen er durch eigne Erfah⸗
rung wahrnahm, daß fie ihm weit mehr gefchadet als
genuzt hätten F)._ Bon diefem Zeitpuncte an kann man
annehmen, daß er allmälich zur Erfenneniß der Wahre - |
beit gelangt fey, und den Plan feines fünftigen Lebens
entworfen habe. Nicht zufrieden, fich felbft aus den
Schlingen des Irrthums getettet zu haben, nahm er
fi) vor, auch andere vor dem glänzenden, aber eitien
Tand und den gefährlichen Grundſaͤzen der Sophiften
feiner Zeit zu marnen, und fein ganzes Leben dem
Dienſte der Gottheit dadurch zu weihen, daß er durch
seine tehre und muſterhaftes Beyſpiel feine Mibtrger
. " « 9
65) Plat. in Phaed. ©, 38 & 39. |
4) Ibid,
5 :. Citbented Buch. Zweʒten Eapitike: 3 |
. gäcktich und weife mache”). Hiezu glaubte er ſich vende
—— u Ort un De, ud
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Vergnögens,
: ®5 Plat. Apol. Socret. p. 9. Kas Uwo.TaurNs TE
N BoXeAas, ZTE TI Toy Tas WoAears Mpocken jun
Xoœv yeyovev, afıov Aoys, die ray ana.
oc. ev TEVIOE UL ei, din vw TS Ser Au
Teaav.
. 6) Ib. & p. 12 & 13. Tœuræ yap uereum 6 Des,
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bvbnmuæœrcouæv.
i-#) I. Tlessopes de ro Iso PaRov, 9 Um. mas
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4) Pag. 17 & 15. ib, Tsde Aes Twrrenres os eye
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dev Cnv, ns eferulorree eumurov, sous Tas
«fss, evraude de Dcßndes m Javarov, 1
Ra Or ‚By Tea YA, Kama Ta Toogın.
yoy Muvy Tv EM. "
Bu
GSeſchichte des Sokrates und ſeiner Phil. 953
er von einem höhern Weſen erleuchtet und gebilber,
daß er mwenigftens einem Wolfe gerade zu der Zeit
der Borfehung gefande worden, als es eines ſolchen
ers am meiften nöthig hatte *). |
Selbſt
aa — —
Plat. Apol. Socr. p. 12. Orı —R TVVXœvo
A ToMToS, cs v0 Ts Jes Ty KoNe Ödedoc-
Iaı, evrevde av naravonsaure. & vœo avdew-
WW EOIKE TO EME TV ge EMAUTE ETAVTwy
NMEANKEVOR,, KO AVENETTEH Twv NERV EUEÄB-
pevav Fooaurn ndn ern,“ To Üunereoov Feur-
ev ces &c. & de Rep. Lib. VI, p. 26. Vol, IE.
Eu Yue xen edv, orı mee av awdn Te nu
VEynTos 00V des, EV TOIRUTY KATASacCes Tote.
Taay, Yes nogav auto awces.AryYay, & Kül-
xor egess. Daß Sokrates die Lebensart oder das
Amt eines allgemeinen Lehrers und Auffehers, worin
er bis an feinen Top bebarrete, ſchon als ein junger
Mann erwählt habe, kann man aus vielerley Umftäns
ven ſchließen. Erftli war Sofrates nur etwas über
Er muſte alfo damals ſchon lange und allgemein bes
Pannt ſeyn, weil die Komiker fih nur an folde Pers
fonen machten, die das ganze Volk kannte. Ariſtopha⸗
nes war auch nicht einmal ber erfte, der ihn lächerlich
zu machen fuchte; dies hatten ſchon mehrere andere vor
ihm gethan. Zweytens ift es aus ben oben angeführs
ten Stellen des Plato gewiß, baß Sokrates als ein
fehe junger Mann die Weltweiſen feiner Zeit börte,
und auch bald die Unbrauchbarkeit oder Schädlichfeit ih⸗
ver Lehren einſah. Man Panıı alfa auch als wahrs
fheinli annehmen, daß er nicht lange nach biefer Bes
merfung die Wahrheit entdeckt und den erfannten Irr⸗
thum beftritten babe. Drittens erzählt Renophon, daß
Alkibiades und Kririas erſt lange‘, nachdem fie ſich vom
Sokrates getrennt haͤtten, in die Ausſchweifungen
| ' and
zweyter Band, |
vierzig Jahr alt, als Ariftophanes feine Wolken ſchrieb.
[
ge 3 SEnes Buch, Zioptes pie)
Sch ber göttliche Beruf, den Sokrates a
\ Dam Samen fühlte zwang ihn, die ie
2 Dcqhoauny und Unterlaß zu verfolgen ‚weil fie n
die .Köpfe ber hoſſnungẽvollſten en und
m Männer mic meiftens unnäzen Spisfinbigkeittn
“ ſondern auch ihre Herzen durch die zone
üften Gründfäze verdarben. Sokrates ließ daher
* + Mitgekumverfche, das Anſehen biefer falfehen' AWelln
.®» und er richtete feine * —
Rage, und fie endlich überwunden habe; allein‘ Bar
cch doch nicht unbemerft laffen, daß feine — und,
| One on De Goptien Im maß a
und Berbrehen gefallen feyen, (Memor. Socr. I. 2.
auch —8 Beifen zur Laft legten. Nun aber war
üppige, gewaltfame, ehrgeizige Mann, der er in fels
nem ganzen übrigen Leben lieh. und die Zeit feines
men Umgangs mit dem Sokrates muß alfo zwiſchen
- — und — ger bes leztern fallen.
„(Men fehe Plat. Alcib, I. 0.) — Eine ber um
wahrſch ein lichſten —— * bes Ariſtoxenus war
Diefe, das Krito den Sokrates aus einer
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⸗
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Er
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35
Rz
Goaſchichte des Sokrates und feines Phil. 355
Namen ‚gaben , indem fie Die reichften und edel,
ten Athenienfifchen Tünglinge auf feine Seite zogen,
mb ihm in ihnen eben fo viele Bunbesgenoffen und Miits
treiter erwarben, welche die gemeinfchafftlichen Feinde
nit denfelbigen Waffen angriffen, womit Sokrates fie
efchlagen hatte *). 1 |
Anſtatt daß die Sophiften einen Theil der Meichs
hämer, die fie durch ihren Unterricht gewannen, an
ftbaren Schmuck und prächtige Kleider verſchwende⸗
en, ging Sofrates ohne Schmud und in der einfa
ten Kleidung einher. Er wechjelte nicht, wie die uͤbri⸗
yen Stiechen thaten, mit den Jahrszeiten die Kleivungss
dcke, fondern wickelte ſich das ganze Fahr durch in eis
ren einzigen Mantel oder Gewand von demfelben Zeuge
in®®). Auch trug er niemals in ber größten Kälte
Schuhe ober andere Bedeckungen von Fügen }), auss
genommen an Seften und feftlichen Gaftmälern, wo er
fich ihrer bediente, und fich auch forgfältiger, als ges
woͤhnlich, zu kleiden pflegte P. Ungeachtet die a
2 am⸗
®) Apol. Socrat. p. 9. TIęoc de Teras © veoi PL]
eranoAsIsvres, dis Marsa oyoAn es, 0 van
BABOCISTAETOV AUTOURTO, NOILEOW AKEOYTäs
efereyxonevav ray andeumav. Kar auros FoA-
Auxıs EME MIUBYTOI, EITE ERIYaIOBCW AÄbEs
eleralew. — evreuder 9 0 un Ruray afera-
Comevos, em0s OEYsCoyTaI, 8X WUTOIS.
o) Xenoph. Memor. I. 6. p. 34. fq,
4) Ib. & Plat. in Conviv. p. 194. Das Barfußgchen iſt
faft der einzige Zug in ber verzerrten Schilderung des
Ariſtophaniſchen Sokrates, der nicht erbichtet ober aͤber⸗
trieben if. v. 102. & fq.
+4) Piet. in Conv, p. 176. Un eben dieſer Stelle heißt es,
daß Sokrates ſich um felten gebadet habe. Dich muß
man
a
l
356 Siebented Buch. Zweytes Eapitel,
famfeit, welche dem Sofrates feine Armuth nothwen⸗
dig machte *), ferner die Begierde, ven weichlichen
Athenienfern ein Beyfpiel alter Einfalt, und einen Be
weis von den mäßigen Forderungen der Natur zu geben,
endlich vielleicht auch das Bewuſtſeyn, wie fehr felm |
Höäßlichkeit durch gefuchten Puz und prächtige Klelbum -
würde erhoben werden, zu dem Entfchluffe init gewirkt
haben mögen, auf die Bedeckung feines teibes wenige, -
als die ärmften feiner Mitbuͤrger und die Niedrigſten h⸗
rer Sclaven zu wenden; fo läßt es fich doch ſchwe
läugnen, daß nicht tie Haupturfache dieſes Enrfchluffee
der Borfaz gewefen fen, bie unmännliche Ueppigkeit ber
Soppiften defto mehr in die Augen fallen zu machen,
und es ihnen auch durch feinen.unanfehnlichen, und ihn
doch Hinlänglich beſchuͤzenden Anzug ſtillſchweigend vor,
zumerfen, daß fie die Weisheit, die fie zu lehren von
. gäben, befchimpften, und die ohnedem überhand ne
man von warmen Bädern verfichen,, die Sofrates ald
bie Urfachen der Verzaͤrtelung von Cörpern anfab.
Ariſtophanes leitete diefen Abfcheu vor warnen Dh
Bern aus Unreinlichfeit und Kargheit ab: in Nub,
v. 833. & fq. oo
oy, URO TNS DeidwAcc,
ETEXsIgET BlRs HKWMote, &
anoAenvaro
8! 215 Barwvesov nAge ABTomEVoS.
Allein dies ift eben fo falfch, ale wenn er ihn als ein
Feind aller gymnaſtiſchen Uebungen ſchildert v. 415.
Ows T AWEeXEI, Ho Yumvaoıwy , 00 TON
army avoNTav.
2) Beym Kenophon ſchaͤzt Sokrates fein ganzes Vermoͤgen
nur auf fänf, Xen. Oeconom. c. 3. und beym Plate
Apol, ©. 15. gar nur auf eine Mine, |
Gehchichte des Sokrates’ und feiner Phil. 357
ende Prachtliebe ver Athenienſiſchen Jugend durch ihr
enfpiel nur noch mehr entzündeten.
Den aller feiner Armuth aber, die in unfern Zeis
3 die meiften Menjchen vom Pobel entweder zur Ver⸗
venfelung, oder zu einer unverfchämten Betteley brin⸗
n würde, nahm Sokrates von feiriem feiner Freunde,
» durch ihn weifer und tugendhafter wurden, Belohs
Mgen an, wie die Sophiften thaten, die Das Vermoͤ—
r ihrer Zuhörer mehr ausplünderten, als fie die Kennt,
Te verfelben bereicherten. Er Fehrte fich nicht an bie
pötterenen feiner Gegner *), die ed zwar zugaber,
Ber redlich, aber nicht, daß er weile fen, und die es
n ins Geficht jagten, daß er feine eigene Schwäche
r Unwiſſenheit fühlen müffe, weil er für feinen Unter«
je nichts. verlange, da er doch von dem Seinigen nichts
ı Werth umfonft meggeben würde. . Sofrates antı
etete, daß es ihm eben fo fchimpflich feheine, mie
eisheit, als mit Schönheit zu wuchern, und daß er
jenigen nicht weniger für einen Schänder der Weis,
: halte, der diefe gleich einer feilen Dirne an den
eiſtbietenden verfaufe, als er denjenigen für einen
händer feiner Perfon halte, der den Genuß feiner
ze um Geld verhandele; daß ent‘ich ein jeder, der
Geld lehre, fich zu einem Sclaven von andern
he, weil er das durchaus lehren müffe, wozu er fich
ungen habe **). Gewiß würde Sofrates das Uns
ichende in diefer Art zu fchliegen bemerft, und niche
eine fo eigenjinnige Art den Beyſtand feiner Sreunde
gefchlagen haben, wenn er nicht durch feine neigen,
gfeit die Sophiften hätte fine wollen. Er war
Ä 3 von
‚ Antiphon ap. Xenoph. Memorab. I. 6. p. 58. 59.
YiIb.&c.2. p. 11.
7:
8 Mist duch ——
gan ber Habſucht biefer Männer fo un
für alle Berbienfte, die er ſich um feine
u nicht allein nichts ferhente, 0 ——e— —
ſogar ſeine haͤuslichen
m ober — zu babe; fie machten,
ee fie ws fin Sußerfte Armuth wären
Wenn es aber nicht die gehäuften au ⸗
hen Beügniffe feiner groͤßten Schüler beftärigten,
he er von Niemanden das geringfte,genommen habe });
‚fa wuͤrde man doch faum anders, als bie Machrichten
‚einiger neuern Schriftſtellet annehmen Formen, toelche
ſchern daß Sokrates zwar. nicht von allen, aber
don — reichen un geprůften Freunden, bie ed
eine e Bodier hielten, wenn fie * tehrer wohl
2 Pt, in Apol, p. 12.
» Kae den fon angeführten Stellen ziche ich aur neh
eine des Plato, und eine andere des Zenopkon an,
Im Baftınale des erftern ſagt Alkiblabes eh ber im
oft Geſchenke FR sehen vergebens verſucht hatte, uf
- er gegen Meihthäner 2 als Yjaz gegen
ten fep,_p. 193. In der Hausbaltungekuvn Bed Ioy
sern fagt Sokrates zum Rritobulus: Du meißt es, Def
jch viele Freunde habe, Dr —* fie mir ein jeder ah
nur erg sim, mich dennoch in Mädfihe anf meine
vrnlsen durfniſſe im Ueberfluß gleichfam. erfaufen
koͤnnten * pP, 281. Kurz vorher bekeunt er (p. 278.)
” das. Wenige, was er babe, Ihm 2443
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil, 359
n konnten, Unterflügung empfangen und augenom⸗
ı habe *). Denn fo außerordentlich man fich auch
Genuͤgſamkeit und Sparfamfeit des Soktates den⸗
mag, fo ift es doch faft unbegreiflich, wie er mic
r zahlreichen Familie, ohne eigenes beträchtliches
, ohne irgend eine einträgliche Kunſt ober
adthierung, felbft ohne Theilnehmung an den öffent,
en Wohlthaten und Re bes Staats, in Athen
4 habe
U TU;
) Man fehe den Diogenes II. 74. 131. ſ. auch Seneca res
det von vielen Anerbietungen , bie dem Sokrates von
feinen Zreunden mären gemacht worden, und bie Bw
ſchichte des Aeſchines, die er erzählt, beweiſt, daß So⸗
Prates dieſe Anerbietungen nicht alle sirögefihlagen habe.
1, 8. de benef, Ich wunbere mich nicht darüber, baß.
Seneca biefes vom Sokrates glaubte, aber barüber
wundere Ih mi, daß er ben Gofrates fo wenig ger
kannt habe, "daß er folgendes Mährchen von ihm nach⸗
erzählen Ponnte: Socrates amicis audientibus: Enif-
. Sem, inquit, pellium, fi nummos heberem. Ne-
zinem, fezte er hinzu, popofcit, omnes admonuit,
. 8 quo acciperet ambitus fuit. quidni effet? Quantu-
lum enim erat, quod Socrates sccipiebat? at multum
erst, commeruifle, a quo Socrates acceperit, &c.
Wahrfcheinlih machte die Unverſchaͤmtheit der Weltwei⸗
fen feiner Zeit, daß Seneca das Unmärbige in ber von
ihm erzählten angeblichen Aeußerung bed Athenienſi⸗
{den Weltweiſen nicht fühlte. Allein dieſe erbichrete
Aenßerung vwiberfpricht dem Charafter bes Sokrates
eben fo fehr, als bie Betteley, bie Ariſtoxenus vers
muthlich von einem abtrännigen Schäler des Sokrates,
dem er feine Nachrichten fhulbig war, gehört hatte.
Sokrates foll nämlich, fo oft er in Noch geweſen, feir
nen Freunden eine Buͤchſe bingefezt Haben, damit ein
jeder nach feinem Bermögen babe beytragen Binnen.
II. 20. Wenn Sokrates and) gezwungen geweſen waͤre,
ſich der Huͤlfe feiner Freunde zu bedienen; fo wuͤrde er
es am wenigſten auf dieſe Art gethan haben.
360 Giebentes Buch. Zweytes Capitel.
Habe leben koͤnnen. Sokrates füß nie in Gerichten, en
ſchien nie in öffentlichen. Bolfsverfammlungen oder
Schaufpielen, ließ fich auch nicht in die Elaffe der Aus
men einfchreiben, die aus dem Schaz ber Nation mw
serhalten wurden, und er fonnte alfo auch nicht die AU
moſen oder ven Lohn genießen, welchen bie Achenienfer
ihren Armen, oder Richtern, oder allen unbegüterten
Pürgern zu den Bergnügungen des Theaters ober fir
die Bemühung gaben, fich an den allgemeinen Bolks
verſammlungen einzufinden.
Weil Sofrates fi) nicht, wie die Soppiften zu
bereichern fuchte, fo jagte er auch nicht gleich ihnen nur
a en
ängefehenen und reichen Männern und Zünglingen in
allen: Theilen von Griechenland nad). Weder Meugier
de, noch die Einladungen von Königen und Mächtigen
vermochten ihn feiner Beftimmung untreu zu machen *).
Er blieb unverrüct in Athen, als werner durch Blind⸗
heit oder andere Fürperliche Gebrechen an feinen väter,
lichen Boden wäre gefeſſelt worden, eine einzige Reiſe
zu den Afthmifchen Spielen und einige Feldzuͤge ausge,
nommen, zu denen er von feinem Vaterlande aufgefors
Bert wurde "*). Er fchäzte und wählte feine Schüler
| nicht
⸗
⸗j —ee e¶e ⏑⏑
⸗
#) Diog. II. 25. & ib. Menag. v
%*) Plat. in Criton. p. 21. Oude aA ENT CH 0-
Inuiov, woreg 0 ur avdowmro. ed“ erıdu-
Mia ve ans WoAews, BOE AMmv voumwv EAL-
Bev eidevan. aA nusıs (fo läßt Plato die Athe⸗
nnienfifhen Gefeze zum Sokrates reben,) wos inavsı
NMEV, KO n NUErEOK WOoNIs. IT Do ex nuus
nos. Sokrates ging fogar nur fehr felten außer ker Stadt
fpazieren, weil die todte, wenn glei ſchoͤne Natur,
ihm nicht fo intereffant umb lehrreich, als ber Umgang
mit feinen Mitbuͤrgern war, (ia Phaedr. p. 196.)
Wenn
Seſchichte des Sokrates und ſeiner Phil. 361
ht nach ihren Vaterſtaͤdten, oder nach dem Alter und
el ihres Geſchlechts, oder nach der Groͤße ihrer Ver⸗
dungen und ihres Anſehens, ober nad) ihrer Frey⸗
igkeit und Meichthümern, fondern ganz allein nach
em wahren Werth, ober nach den Anlagen, die er
ihnen zu entdecken glaubte *). Feſt überzeugt, daß
eundfchafft nicht anders, als unter Tugendhaften bes
hen, und daß tafterhafte weder unter einander wahre
eunde ſeyn, noch) jich mit rechtfchaffenen Männern
einigen koͤnnten, ſchloß er alle diejenigen, und wenn
auch Söhne aus den erften Famitien waren, von fels
n vertrauten Umgange aus, die fich folchen Auss
weifungen und taftern ergeben harten, woburch fiefich
b auch ihre Freunde in's Verderben ftürzen muften **),
edrige Sclaven ihrer tüfte alfo, die ihrem Gaumen
| 35 vooe
ERDE REHEEEEaEEHEETEEe
Wenn man dieſe Geſinnungen des Sokrates über ſein
‚ Baterland und feine Mitbürger, und bie Urſache,
warum er fi von ihnen faſt niemals trennte, gelefen
bat; fo wird man argwoͤhniſch gegen den Spruch, ber
An Munde eines jeden Republicaners, und am meiſten
des Sofrates übel ſteht: daß er Fein Athenienfer, Fein:
Grieche, fondern ein Weltbärger ſey, Plutarch. de exi-
lio Tom. VII, 371. Cicer, Tuſe. quaeft, V. 37..
Man fiebt aus diefen Bepfpielen, wie wenig man ſich
auf die Aechtheit der Sprüche und Anefboten verlaffen
koͤnne, bie felbft im Cicero und Plutarch enthalten-
find, und wie viel mißtrauiſcher alfo man gegen die im
Genen, Diogenes, Athenaͤus, oder gar Xelian ſeyn
muͤſſe.
) Plat. in Convivio p. 192. Ise, ſagt Alkibiades,
Orı 87T es TIs WÄBCIHOS, 87 ARM Ta Tıuny
EXav Twv vmo mANdES nenaeıkonuevav. NY
vos de TOAVTS TAUTE To KTNMOTE, BOSVGS
fin, vos nums Bdev eva,
®) Xenopb, Memor. I, 6,
Eichecei Bus. Bund can,
Bauche mehr, als ben dienten; 1
mene Berfihnsenber , ag ſtets u
en —— fielen, und. wenn bieje
ger
g
J—
87
35
8:
I ‚oder Wahnßnnige, unter dem — oder
wWelmege in ber ng. ab , daß die Berbinbung mit
felchen Perfonen ihm von feinem Dämon unterfagt wen |
Re, und ber Gottheit unangenehm fen *). Wenn
- unverborbene fähige Jünglinge und
Männer rs — ee
e ve ten rei arm
Ip —e oder Fremde, jung oder ge
ayile offenen Arnien entgegen, und freute ſich über einen
geuen waßrhaftigen Freund mehr, als andere fich über
„wie fchönften Pferde, ober Vögel, oder Hunde nur’ freuen
tonien 1). Ex hielt einen wahren Freund für das ein
, ke un unter allen Gütern, die man befizem Fönnte,
‚für das brauchbarſte unter allen Derfzeigen das
uns: alle die Dienfte und noch mehr leiſte, die wir von
unſern Händen ober anbern Sinnen und ——
galten MD. ben deßwegen nahm er diejenigen, die in
jei
9 Tb. & Plat, in Thesgen, p. 242% TloAcus: zer yag
warten, rau 8x 51 wPeAndmen ner’ aus
eilßecw , Os TE 8X dv TE Ko TETOS ou-·
dusreußer. Es befümmerte ih veßwegen auqh law
SE nit. EN I. initio, wa
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 363
feiner Freundſchafft werth waren, nicht nur alsdann,
wenn fie jich ihm anboten, mit Freuden an, fondern er
har fie auch felbft auf. Er nannte fich daher einen
bhaber aller großen und eblen Menfchen, Die er nicht
weniger als die Vaterſtadt liebe, und um deren tiebe
er mic dem Vaterlande buhle *). Er fagte, daß er in
der Kunft, Menfchen zu jagen und zu fangen, niche
unerfahren fey, und dag er in der Kunft der Liebe Feis
nem Sterblichen etwas nachgebe ). Er rühmte füch
Schlingen, tiebestränfe und Zaubermittel zu beſizen,
wodurch er Menfchen geroinnen und feine Freunde fefts
halten fonne***); und er rieth alfo auch denen, Die wah⸗
re Freunde erhalten wollten, ihn gleichfam zum Mit⸗
werber, oder zum Gehuͤlfen zu nehmen F). Er fange,
ſcherzte er, Freunde nicht bey den Süßen, wie Haaſen,
nicht mic tift, wie Bögel, nicht mit Gewalt, wie Fein⸗
de, fondern gleich den Sirenen durch unfichtbaren Zaus
Ger, ohne fie zu berühren, ober ihnen Gewalt anzuthun.
Diefer Zauber beftehe darinn, daß er ihnen zu erfennen
gebe, daß er rebliche Freunde über alles ſchaͤze, daß er
ſich Über ihr Gluͤck nicht weniger als über fein eigenes
freue, und über ihr Unglück nicht weniger als das feis
nige betrübe: daß er in ihrem Dienfte gar Feine Ermuͤ⸗
dung kenne, und es für die größte Tugend und Boll,
fommenheit eines Mannes halte, Freunden ſtets im
Wohlthun, wie Feinden im Leidthun zuvorzukom⸗
men tr). Mit diefem unfchuldigen Liebestranke ſuchte er
Ä zwar
[U — m
®) Symp. Xen, c. 8. p. a93. So nannte er auch bie Phi⸗
Iofophie feine Geliebte, Tu zyuas zasdıra. in
Gorgia Plat. p. 316.
“#) Xen. II. 6. & Plat. in Theag. p. 241.
wer) Xen. l. e. & Il. ır.
+) Siehe auch Theaet, Plat. p. 72.
tH) Xen. |, c. p. 113,
TE
365; Sedentes Buch. Zweyt 0
3 alle wuͤrdige Menſchen, aber doch ſeine Mit,
u einge
er als Fremde und Ausländer an. fidy zu *
weil er es für feine Pflicht hielt, eher. jenen als dieſen ii
ügen *). Unter feinen Mitbuͤrgern ftellce er am nah
fften ver biegfamen Jugend nad), weil er fi) am end
chefn fonnte, biefe nach feinen
den zu Finnen *", Sofrates war ſo gluͤcklich in fe
ungen, daß er die größten Männer feines:
imter feinen Schüften gählte, und bie reichſten per
. völlften Tünglinge in fich verliebe , ober zu Em
bern machte, anſtatt daß ſie, um in der
en Zeit zu reden feine Geliebte ren mie
>
End
ve ‚Piat, p. 13. in Apol. Socr, Taura.zon —
ei meeoßuregn, ITS av ErTUYKoove —
fen ee νν Kal mus. —R *
Mean id wild , fagte er zum Xheober, ber bie Drake
..matit mit Wepfall in Athen lehrte, mehr um bag, mad
in Kyrene, ale mas in Athen vorgeht, bekuͤmmerte;
fo mohrde Ich dich fragen, ob es in Seiner Beterfert
aundch Juͤnglinge gebe, bie der Weltweisheit und anders
u Wiſſenſchafften obliegen. Da ich aber meine Landélen⸗
- te mehr als die beinigen liebe; fo wünfdte ich won bir
. zu wiffen, ob bu unter unfern Juͤnglingen nicht eine
. ge angetroffen haſt, bie deinem Vermuthen nach ber
einft einen großen Namen erhalten werben. Hiernach
forſche ic felbft, fo viel ich fan, und erfundige mich
bey allen, von benen ich erfahre, daß Juͤnglinge fich
um fie ber verfammien. in Theaet. p. 69.
9 Aleibiad. ap. Flat. in Conbivio p. 194. Kaus ne
"FO 8X EME MOVOv TAUTO TETOMKEV, AM Kuh
Xxenidv, rov TAwuxavos, #4 Eu$ Kov, To
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|
Geſchichte des Sokrates und. feiner Phil. 365
Auch in Anfehung der Sprache und der Einfleis
bung feiner Gedanken unterfchied ſich Sofrates von den
Sophiften eben fo fehr, als in Ruͤckſicht ver Abfichten 1
in welchen er lehrte. Anſtatt dag die Sprache ver Sos
phiften ganz aus Fünftlichen und praͤchtigen Blumen ges
webt und ihre Neben mit bichterifchen Tropen und Figus
ren, befonders mit fühnen Metaphern und auffallenden
‚Gegenfäzen gefchmüct und überlaven waren , die Uns‘
wiftende in Erflaunen fezten, aber in Kennern bald Lies
berdruß erweckten *), fo war bie Sprache des Sokra⸗
tes eine ungefchmückte Tochter der unverdorbenen aber
kraftvollen Natur, die gleich ihrem Schöpfer beym ers
fien Anblick nicht allein nichts einladendes, fondern viel
mehr etwas abfehrecfendes hatte, die aber auch bey. eis
ner nähern Bekanntſchafft, wie Sofrates felbft, reiz⸗
voll, und gleich dem Geſange der Sirenen unwiderſteh⸗
li war. Sein Vortrag, fagt Alkibiades **), hat we⸗
der mit dem Vortrage eines Altern , noch) eines neuern
Redners die geringfte Aehnlichfeit, und man Fanır ihn,
wie den Sofrates felbft, mit nichts beffer, als mic den
hölzernen Silen » Bildern vergleichen , die äußerlich) uns
anfehnlich , innerlich) aber mit den fchönften Statuen von
Göttern angefülle find. ben fo fcheint die Sprache
des Sokrates poͤbelhaft und lächerlich, wenn man Ihn
ſtets von Schuftern, ober Gerbern, ever Efeln reden,
und ähnliche niedrig fcheinende Wörter und Gleichniffe
rauchen hört; allein wenn man eben diefe Worte und
Reden,
— ——————————
[ 707
2) Mau fehe nur allein Cicer. orat. c. 52. Die Abrigen
Stellen werde ich zu ihrer Zeit prüfen und aus einan⸗
der ſezen. .
) In ber Lobrede, die Plato ihn voll Begeifterung auf den
Sokrates, deſſen Philoſophie und Berebſamkeit halten
laͤſt, in Conv, p. 193,194. rn
966 Siebentes Buch. Zweytes Capitel.
Reden, die zuerſt das Ohr beleidigen, aufſchließt; fo
findet man fie voll von Goͤttlichkeit, und mit Den glän
genden Bildern der Tugend angefült. Wern ich fonft
den Perikles ober einen andern großen Redner hörte, f
« wurde ich unferhalten und ergözt, und ich fühlte, daf
er fhön gefprochen hatte. Aber bey Feines Sterblicen |
Reden habe ich das empfunden, was mich Diefer durch
bloße Worte bezaubernde Satyr hat empfinden laſſen
So oft ich ihm höre, fo bin ich wie bezaubert und aw
gefeſſelt. Mein Herz pocht mir, mie einem begeifterten |;
Korybanten; meine ganze Seele wird von feinen Wer |
ten, wie von Schlangenbiffen, verwundet, und iſt ve |
Unmillens , daß. fie noch immer fo roh und fo felanen |
artig gefinnt ift. Ich weine oft Thränen des Lmmmu
und ftelle mir vor, daß ein folches Leben, als ich fuͤhre,
elend und unrühmlich fey. Und ich bin, ſezt er Bine,
nicht der einzige, der fo Finbifch weint und fo an ſich
ſelbſt verzwenfelt, fondern viele andere thun veßgleichen®),
Er ift der einzige, vor dem ich mich, fo unglaublich bie
ſes auch fcheinen mag, ſchaͤme, und fürchte. Ex zwingt
mich zu geftehen, daß mir noch unendlich vieles zu einem
guten Bürger und vollendetem Manne fehle, und daß
ich mich immer noch ſelbſt vernachläffige, da ich mich
ſchon mit ven Angelegenheiten der Achenienfer befange.
Doll Schaams und mir meiner eigenen Unwuͤrdigkeit
beruft, fliehe ich vor ihm, als einem erzärnten und be |
| leidige
2) Ehen dies erzählen Plutarch II. p. 12. in Vie. Aldb.
und Cicero II. Tufc. quaeft. 32. wie es ſcheint, ned
aus andern Schriftſtellern, ald aus dem Plato. Als
kibiades fühlte die Wirkungen der Lehren des Soßrates
fo lebhaft, daß er fagte: Die Bemühungen des Su
krates feyen ein Bätterbienft, der zur Bildung an
Mehlfars ver Jugend abziele. Piut, I, c,
Geſchichte des Sokrates und feiner Phi. 367
leidigten Herrn, und mwünfche oft, daß er nicht mehr
feyn möchte, ungeachtet mir boch auch Fein größer Uns
gfück widerfahren konnte. Dieſer meifterhaften Per
fchreibung des Sofratifchen Vortrags, die das, Gepräge .
der rheit unverfennbar an fich trägt, fcheinen am
dere , nicht minder richtige Schilderungen derfelben zu
‚voiderfprechen, und ſchwerlich würde jemand, der bie So⸗
Pratifche Beredſamkeit nur von der Seite fennt, von:
welcher Alfibiades fie beym Plato varftelle, ihre uͤbri⸗
gen nicht weniger eigenthümlichen Borzüge errathen koͤn⸗
nen. Ein Bortrag fheint es, der fo uͤppige und aus⸗
slaffene Juͤnglinge, vergleichen Alkibiades und feines
Seichen waren, fo tief rührte, fo gewaltig erfchütterte,
fo nachdruͤcklich ſtrafte, und fo mächtig beflemmte, ein
folcher Bortrag mufte ernfihaft, und finfter”), wie bie
Demoftpenifche Deredfamfeit , vielleicht gar muͤrriſch
und zuͤrnend, wie die des Epiftet, ſeyn. Don alle Dies
ſem aber traff man in den Neben des Sokrates nicht
allein Feine Spur , fondern gerade das Gegentheit ar.
Denn felbit alsdann, mens er ſtrafte und niederſchlug,
fehimmerte in feinen Reden eine hünmlifche Milde und
Heiterkeit, welche der Abglanz feines ſtets ruhigen zus
ftievenen Herzens waren **), und überdem eine unbe,
fchreibliche Grazie und Süßigfeit durch, die aber nicht
bloß ergozte und in Vergnügen auflöfle, fondern Ei
*) Die Griechen druͤckten dieſes durch dad Wort rıxguos
aus.
%#) Cic, de oflic, I. 30. De graecis autem, dulcem, &
facetum, feftivique fermonis, at.que in Omni oratio-
ne fimulatuorem, quem ana jraeci nominaverunt,
Socratem accepimus, & c, 37. Sit igitur bic fermo,
in quo Socratici maxime excellunt, lenie minimeque
pertinax: inüt in eo lepos, .—
: 3 BE, .
zos ¶ Siebentes Buch Aiıpies.Capili
u uͤther durchdrang, und verwundende Stachein har /
zuruͤckließ *). Seine Sprache war ſich ſeibſt
2. fo gleich, als fein Geſicht und Charakter es waren;
eeben fie wurde auch das erfte Mufter der. wahren,
..." fepen Sprache und Wohlredenheit ,. die er auf einmal
=. pon aller der falfchen Schminke und unächtem [es
-fäuberte, womit die Sophiſten fie beftrichen. und bu
ingt hatten**). Seine Sprache war fo.einfälfigum
-funftlos, und der des gemeinen febens fo Ähnlich, dah
anan-fchon Kenner ſeyn mufte, wenn man fie bon di
unterſcheiden wollte, und daß Unwiſſende dieſe am
‚sten nachzuahmende Einfalt leicht erreichen zu Fönnen
glaubten F). Ahre größte Zierde befland in einer
‚berdörbenen Eraftvollen Gefundheit , in einer jun
ichen Neinigfeit, und oft in einer an
läffigfeit , die ihr aber, wie einem’ ſchoͤnen Frau
mer/ beſſer als der ausgefuchtefte Puz fand,
x.#) Gprade bad Gegentheil von der Berebfamfeit Bes De
\ duom ut memoriem coneinnitatis fuse,'non, quemadı
modum de Pericle feripfit, Eupolis, cum —
ne aculcos etlam relinqueret n animis eorum, a
quibus effet auditus. J J
®*) Vid. Cic, Brut. c, 8. orator.e. iꝛ. Haee traclaſ⸗
Thraſymachum chalcedonium, primum, _& Leonti-
num ferunt Gorglam, Theodorum inde Byzantium,
- multosque alios, quos Acyodisıdergs appelle in
Phaedro Socrates: quorum fatls arguta multa, fed
ut modo, primumque nafcentia, minuta & verficı-
. lorum fimilia depicia. .
+) Brut, 82, & Orat, 23,
“r
Gefehichte des Sokrates und feiner Phil: 369
vahren Artifchen Sprache blieben alle feine aͤchte Schuͤ⸗
er, und alle nachfolgende große Redner und Schrift,
Teller treu, fo fehr fie auch durch die Berfchiedenheit ver
Talente dieſer Männer vermannichfaltigt wurde”), Uns
ter den Verdienſten des Sokrates darf man alfo auch
siefes nicht vergeffen, daß er die Sprache feines Volko
nicht weniger , als die Denkungsart deffelben, und dig
ganze Philoſophie gereinigt und gebeffert habe,
Die tehrart des Sokrates war nicht minder der
Segenfa; von ber Methode der Gophiften, als er von
je in Rüdficht auf Betragen und Sprache abwich,
ofrates lehnte nicht nur den Ehrennamen des Weiſe⸗
fen unter ven Griechen ab, ven Apoll feloft ihm zuer⸗
lahm hatte, fondern er wollte nicht einmal für einen
rigenclichen tehrer gehalten feyn **). Er ſey zwar, fagte
ep, ſtets bereit, einem jeden auf feine Fragen zu ant⸗
mworten : er theile auch) alles, was er wiffe, gerne feinen.
eunden mit, lefe mit ihnen die Werke ber alten Wei⸗
en, merfe fich in ihrer Gefellfchafft alle Gedanken und
Sprüche, bie ihm wahr und nuͤzlich ſchienen, und pruͤ⸗
fe diejenigen, die er fuͤr falſch und ſchaͤdlich halte: end⸗
lieh. führe er. die wißbegierigen Juͤnglinge, die etwas zu
fernen begehrten, mas er nicht wifle, zu folchen, wo
fe den gewuͤnſchten Unterricht empfangen koͤnnten; übeis
gens feye er ſich feiner geringen Kräfte und Kenntniſſe
w-fehr beruft, als daß er es auf ſich nehmen follte,
andere Menfchen gleich den Sophiften unterrichten,
und ihnen neue und feltene Kenntnifle mittheilen zu koͤn⸗
» nen
FIRE
*, €. 82. orat. Cicer.
©) Plat, in Apol, Soer, p. 8: & Xeriopl, Memer, 1, 4.
pP: 10.
Zweyter Band. Ka
370 Siebentes Buch. Zweytes Kapitel,
nen *). Sokrates lehrte daher auch nicht zu beſtimm⸗
ten Zeiten , an beftimmten Orten und für
onen: er errichtete feinen Lehrſtuhl für fich, und
eine Size für feine Zuhörer; fondern er wandelte den
ganzen Tag In den Gymnaſien, und an andern öffentl,
chen Plaͤzen der Stadt, in ven Werkſtaͤtten von Kuͤnſt
lern und Handwerkern, ja felbft in den Häufern von
Buhlerinnen, und an allen übrigen Orten umher, wo er
offen Eonnte, viele Menfchen anzutreffen **), und um
terhielt fich an allen Orten, zu allen Stunden des Tu
ned, mit einem jeben, der ihn anrebete oder ihm aufs
— ‚ über allerley Gegenſtaͤnde, meiſtentheils uͤber fob
che, in deren Behandlung entweder er ſelbſt, ober dies
jenigen, zu welchen er fprach, nüzliche Belehrung finden
fonnten. Er philofophirte alfo, wie Plutarch fich aus⸗
drückt, er mochte mit feinen Freunden fpielen und trin
fen, oder fich mit ihnen über ernftliche Materien unter |
reden, Im Felde ſowohl als in der Stabt, auf
hen Diägen, wie in Privathäufern, felbft im Gefäng
niſſe, als er ſchon gefeffelt war, und den toͤdtenden
Giftbecher in der Hand hielt 7). Er rebete nie allein,
und
E
_#) Xenopb. Mem. I. 6. p. 59. IV, 7. 258. Plat. Apol,
Soer. p.
@) Xen. I. 1. Mem. Soer. p. 5. Plat.p. 195. in Symp, in
fine. Liban, Apol. Socr. Tom. I. p. 641. vorzdeih 1:
Plutarch op. Fr * 79 180, in ber Abhauie
Iung, ob ein Greis ſich auch noch mit äffenel 06
ſchaͤfften abgeben müffe, j earikten
» Plut. I. e. Zuxeerns yar are Baden Jas, gr N
ess Igovov nadıcas, ure weav dieereißns, n
WEOITATE, TOIS YymgInois TETAYMErny DuAar-
TV, RR no TEaICay OTE TUXO, Kos GyuRı
. yo,
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 371
and lange hinter einander , und haßte deßwegen auchbie
weitläuftigen und forgfältig ausgearbeiteten Prunkreben,
welche die Sophiften oft an den feierlichen Spielen *
und allgemeinen Verſammlungen von ganz Griechenland
piece ‚ die aber, ohne dauernden Nuzen zu ffiften,
loß das Ohr und die Phantafte dee Zuhörer Fizelten, ins
dem Gedanken und Bilder fo fchnell vor dem Geifte der⸗
felben vorüber geführt wurden, daß fie Die wahren nicht
erfennen und behalten, bie falfchen nicht prüfen, und
die dunkeln oder unvollftändigen nicht aufhellen und er⸗
gänzen laffen Fonnten *). Unter dem Borwande, ba
er ein ſchwaches Gedaͤchtniß befize, und ven Anfang vor
Reden ſchon vergeffen habe, wenn er Ihr Ende höre, ers
faubte er feineri Gegnern den Sophiften nie, fo oft er
mit ihnen ſtritt oder unterfüchte, fich auf vorgelegte Fra⸗
gen In weirläuftigen Antworten zu verbreiten, wie fie :
gerne thaten, um nicht von einem jeden Ausſpruch ges
naue Nechenfchafft geben zu dürfen, um ferner die Zus
börer durch feine unmerfliche Uebergänge oder Abwege
bon der Hauptfrage abzuführen, oder fie auch durch ven
Zauber ihrer Beredſamkeit vergeffen zu machen. Ce
noͤthigte fie, die Waffen und Ruͤſtungen, wodurch fie
allein furchtbar und unüberwindlic) waren, gegen bie
feinigen zu verfaufchen: oder fich von der Höhe ihrer
beclamatorifchen Beredſamkeit, zu der geringeren Kunft,
in der er allein eine mäßige Erfahrenheic gu befizen vor⸗
zab, nämlich zur Kunft heradzulaffen, eine jede Sache
nit gemeinfchafftlichen Keäften durch Fragen und Ants
aa wors
vov, xls Gusenrevonevös »Viois, Has Buy Yoßl-
Luy, Teros de ns owvdedemevos, Koh 7FIyay To
Dotepaxov eDiAotade Kr,
8) Plat, in Prolog, p. 293»
77% : Siebentes Buch. Zweytes Eapitel. =
worten zu ergründen ). Diefe Unterredimgskunſt,
oder Dialektik, deren ſchwerſter Theil immer die Kunft
zu fragen war, iſt von der elenden eingefchränften Die
-festit der Sophiften fo gänzlicd) verfchievden, daß man
fie als eine dem Sofrates eigenthuͤmliche Kunft amfehen
‚ann, die er zuerſt erfunden, und die auch er allein in
GStiecheriland mit Gluͤck und Muzen ausgeuͤbt hat. Ei
ne Schüler drückten fie vollfommen in ihren Werfen auf,
‚aber feiner ahmte fie im woirflichen Unterrichte und is
Yhnganze mit feinen jüngern Freunden nad) **):
.
"sy Pla.) e. Ä |
+ au, Diefe‘ dem Sokrates eigenthuͤmliche Methode,
durch lange Reben, ſondern in freundſchafftlichen Be
fprächen zu unterrichten, veranlaßte Eicero zu dem Um
theile, daß Sofrätes zuerſt ſolche Künfte, die dur
ein natürliches‘ Band mit einander verbunden ſeyen,
getrennt, und zuerft Philofophie von Beredſambkeit abs
gefonbert habe, de orat. III. 16. Quorum princeps
Soerates fuit, is qui omnium eruditorum teftimonio,
totiusque judicio Graeciae omni prudentia & acumi.
ne, & venuftate, & fubtilitate, tum vero eloquen-
tie, varietate, copia, quam fe cumque in partem de-
diffet, omnium fuit facile princeps. Id iis, qui haee,
quae nos quaerimus, tractarent, agerent, docerent,
cum normine sppellerentur uno, quod omnis rerum
optimarum cognitio, atque in iis exercitatio phil
fophia nominaretur, hoc commune nomen eripuit,
fapienterque fentiendi & ornate dicendi feientiam,
re cohaerentes fuis difputationibus feparavit, —
Hinc difeidium iftud exftitit quafi linguse atque cor-
dis, abfurdum fane & inutile, & reprehendendum,
ut alii nos fapere , alil dicere docerent, Mit Recht
hätte man aber gegen ben Cicero einwenden koͤnnen,
daß die Sophiften zuerſt Beredfamteit und Rhetorli
mit der Philofopbie zum großen Nachtheil Der leztern
verbunden hatten, und daß bie Weltweiſen allmälih
win
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 373
Die Dialeftif oder Unterredungskunſt des Sokra⸗
3 hatte gleichfam zween fich ganz entgegengefezte Theile,
er er felbft hatte und behauptete in feinen Geiprächen
ven zwiefachen ungleichen Ton *). Wenn er mit fol
in Perſonen redete, Die er zu voiderlegen und zu bes
eiten und dexen einbilderifche Unwiſſenheit oder Unfaͤ⸗
jfeit er fie felbft und andere fühlen machen wollte;
bediente er ſich der Ironie, von welcher ihn Das gan⸗
Alterthum den Erfinder nenne **). Dieſe Sokra⸗
he Ironie beftand nicht. bloß darinn, daß er unter
n Scheine des Ernſtes, pder Des tobes, oder Bey⸗
ls, Derfonen, Gegenftände und Meynungen tadelte,
herlich machte, und vermarf F), oder bag er feine eis
ıe Kräfte und Kenntniſſe herabfezte, und die Gaben,
lelwiſſenheit, und Weisheit feiner Widerfacher er
Ä Aa 3 bob;
u EEE SEE
wieber Sophiften wurden, als fie bie Philoſophie und
Rhetorik mit einander wieber zu verbinden, und zus
gleich vorzutragen anfingen. Man fehe noch das Ur⸗
theil des Craſſus, den Eicero in diefem Buche reben
laͤßt, über den Sieg, den Sofrates Äber den Borgias
m dem Platonifhen Geſpraͤche gleihes Namens davon
trägt c. 32. |
) Xen. I, 14. p. 42. |
°5) Dies war aber nichs in ber Bedeutung wahr, als wenn
- Niemand vor dem Sokrates ironiſch geredet hätte,
denn fonft wäre felbft ber Name esgwv und ergmver
noch nicht erfunden gewefen, fondern nur in bem Sin⸗
ne, daß Fein Weltweifer in diefem Tone geredet unb
gelehrt, und die Ironie in einem folhen Umfange ges
nommen hätte. |
) &o befchreibt fie Cicero de Orat. II. 67. I. 30. Tuſe.
quaefi. So findet man fie in der Unterredung mit
dem Kritias und Charikles Memor, Socr. 8. 3. p. 23.
mit bem Gutbybemus IV. 2. a
57% 2 u 2 32
; ober daß er bie iatern für feine Meifter , und
r Weiſe, und ſich für einen lernbegierigen noch umil
- finden und ſchwachen Schüler ausgab, mit welchem fe
mehr Nachfiche und Mitleiv Haben, als fie über ihn zn“
um r müßten “); fonbern vorzüglich darinn F), daß er |
ter dem Vorwande —— niemals erwes
a eine entfcheidende Art behauptete feine May:
nung fich beftimmt herausließ, daßer allen Bemuͤhun
ion zu firiren, geſchickt auszuweichen und feine
— durch) feine Wendungen’ dahin zu bringen fuchte,
HA frey neze )5 daß er aisdam
unfchuteigen Miene ins annes, der fich bloß
Ju —e und nähere Beſtimmungen aus zubitten
- füchte, und ohne ſich durch Grobheiten foren oder au⸗
Ber Faſſung bringen zu laſſen, feine Gegner durch eine
Menge von ragen, von denen eine — — beant ·
worten, oder wenigſtens gar nicht verfäi —2
„wie durch eben fb viele unfichtbare Stricke San bo
. ©) &o befchreibt ie Eieero in Bruto o, 95, So findet man
fie im Protagoras des, plate P- 292, 94. in Hii
—8 — 357. 358. de republ, I. 32. 34. &
* * Rep. Plat.
) 1.
D Un Ye Theil ber Iroaie war dem Sotratıs ganz g⸗
Imlich,
m PR de Rep. I. 30 p. bef. aber Xen. Mem;
Soer, IV. 4, p. 236. 37. Du ſollſt, fagt Hippias u
der legten Stelle, nicht eher meine Meynung höre,
ols bis du gefagt haft, was du bir unter dem,
Recht fey, denffl, Denn es iſt nicht genug, de
Beftändig frägft und wiberlegft, ohne felbft deine
ung fagen zu wollen. — Und etwas weiter: — a
M — Sokrates, daß du es ſchon wicber zu ven
fuÄR, weine elgenen · Gehanten worgnbrin
'
| 1 l
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 375
gen und verwirrt machte, daß fie wie von einem
nächtigen Beſchwoͤrer gerührt ba ſtanden, ohne ein
Vort vortragen zu Eönnen *).
Aq 4 | So
J
” So ſagt Menon p. 337. in Men. Plat. Kos doness
* MO MONTEAwS, es des Ti ne TV TR EMOIOTE-
roc EVA To TE dos. na Ta ARE, TaUFy Ty,
Are vrong Ty Sarmrrıa. Kaas yge ausm '
TOV ces MÄNTIECOVTE, Ni OCMFOHEVER varoneay
zo. Kay av doness Mos vuv BUE TOBFOV TI We-
romuæevc vocnav. CANIMS YaE EiYmys na Tau
WVuXm was To SWURS vaena, Kai 8% EX, O7
PETFOREIVORLO For Kb Toi MUBICWIS Ve TER 0e-
INS TEUNORBS Aoyss zıenna. Sobkfrates will
dieſes Gleichniß nicht gelten laffen. 8 Yue, fagt er,
puæoemvu KUTOS, TEE RÄABS TFOIO CORE, Ada
BAvTros Mamor aTToemy Erw na T AABS
Kom rrocew. Dies thut unterbeffen Gofrates im
Gorgias des Plato, und allen Übrigen Gefprächen, in denen
er fi mit den Sophiften guterhält. Man lefe beſonders,
wie ſanft Sokrates dem groben Kallifles antwortet, aber
wie ſchnell er ihn dukch bie Wiberfpräche beſchaͤmt, von wels
hen er zeigt, daß fie In feinen Rehauptungen verborgen
feyen, S. 318. Selbft feine Geſtaͤndniſſe von Unwiffens
heit, und zwar in Dingen, bie alle Menfchen wiffen follten,
daß er zum Beyſpiel felbft nicht wiſſe, was Tugend fey,
und au noch niemanden gefunden, ber es gewußt
babe, in Menone Plat. p. 334. Gelbft diefe Seſtaͤnd⸗
niffe machten einen Rpeljener Ironie aus, wie Barso _
zihtig bemerkte (Ac, qufeft, Cicer, I. 4.), und es war
alfo ſaͤcherlich, wenn bie nenern Akabemiker ben Gos
krates in ihre Parthey au ziehen, und zum Vertheidi⸗
ger der Unbegreiffichkeit aller Dinge zu machen fuchten.
IV. 23. ib. Auch Gestus thut dem Sokrates Unrecht,
wenn er ibn fagen läßt, daß er nicht einmal wiſſe,
ab er ein Menſch, oder rin noch raͤthſelbafteret Bus
376 Siebentes Buch. Zweytes Eapitel,
Ä So befcheiden und oft demuͤthig Sofrates im An
fange der Unterredungen mit folchen Menfchen mar, du
er zuͤchtigen wollte, fo zuverfichelich und unbarmherjig
* wurde er meiftens gegen das Ende berfelben, wenn e
6 jenes Sieges einmal verfichert hatte. Alsdann lieh }:
er nicht eher von feinen Gegnern ab, als bis er fie gany
lich gedemürhiget und zum öffentlichen Widerruf um
zum Geftändniß Ihrer Irrthuͤmer oder ihrer Unwiſern
heit und Unwuͤrdigkeit gezwungen hatte *): |
Wenn die Steonie des Sokrates nicht bloß em
Gabe der Natur und eine Folge der eigenchämlichen
Anlage feines Geiſtes, fondern das Werk frener Wahl
und
ne % - *
forſchlicheres Gefſchoͤpf, als Typhon, ſey. VI. ade,
Mathem. S. 264. Sokrates ſagt im Phaͤbrus weiter
nichts p. 196. Plat. als daß er alle Unterfuchungen,
die ſich nicht auf ihn und feine Natur bezoͤgen, aufge
geben habe, daß er fich felbft noch nicht ganz Penne,
wie der Apoll zu Delphi einem jeden Menfchen auta
the, und daß er ſich alfo ganz allein damit befchäfftige,
ſich felbfk zu erforſchen, und zu entdecken, pb er ein
dem Xyphon Ähnliches unerklärlides, ober vielmeht
ein fanftered zahmeres Geſchoͤpf fey, das einen Funken
ber Gottheit in feiner Bruſt trage, und ein Xheilnch
mer einer reinen göttlichen Natur fey. |
P) So gab Thraſymachus bad Begentheil von allem, was
er vorher fo dreift behauptet hatte, nur gezwungen, nal
mit Vergießung von vielem Schweiße zu, und mas
fah ihn jezo zum erfienmale erröthen. de Rep. I. p.
|
|
63. 69. Auch Kallikles wollte gerne das Geſpraͤch mit |
bem Sokrates abbreden, ale et merkte, daß es cm
ibm nachtheilige Wendung nahm (p. 325 in Gorgis);
allein Sokrates drang immer heftiger in ihn, fo daß er
fh über Gewalt beſchwerte, welche Sokrates Ihm
authue. "Is Picios 4 @ Emngartes. goev de eu
BIN, EOTeS Kanes Fov Aoyov TEFEV, N Ki
X Tor drehe BE
Geſchichte des Sofrated und feiner Phil. 377
nd einer beftändigen Llebung wars fo verdiente So—⸗
rated, ihr Erfinder, um befto mehr Bewunderung,
ya die Pfeile der Sronie, wie auch der Erfolg lehrte,
ie angemeffeniten Waffen waren, womit er fol
he Männer , ale die Sophiften waren, befäms
fen Eonnte. Den allen ben großen Wirkungen aber,
velche die Sofratifche Aronie hervorbrachte, war fie
yoch nur in: einer Demofratifchen Berfaffung, in wel
her faft unbegränzte Freyheit, eine eben fo große Frey⸗
müchigfeit im Reden gerade gegen bie angefehenften Mäns
ser nach fich zog, und auch nur in folchen Zeiten, als in
rselchen Sofrates lebte, braucdybar und heilfam. In
andern Staaten, und Zeiten, und gegen andere Mens
chen würde fie unanmwendbar und vielleicht ſchaͤdlich, we⸗
gftend demjenigen, ber fich ihrer wie Sofrated bedient
yatte, noch fchneller, als ihrem Urheber tödtlich gewor⸗
sen ſeyn. Sokrates wagte fich mit feiner Seelen durch
ringenden und entkleidenden Ironie nicht bloß an bie
Sophiften , fondern auch an alle diejenigen, die fich
veife duͤnkten, ohne es zu ſeyn, oder die den beſſern
Theil ihrer felbft um vergänglicher Kleinigkeiten willen
sernachtäffigeen. Als Ehärepbon, ein warmer Jugend⸗
reund des Sofrates, auf feine Anfrage vom Apoll zu
Delphi die Antwort erhalten hatte, daß es Feinen weis
ern Mann in Griechenland gebe , als Sokrates fey,
'tonnte diefer nicht begreifen, wie er, ber fich feiner ei⸗
jenen Schwäche und Unwi enbei berouft zu fenn glaubte,
ennoch für den Weiſeſten ver Griechen habe erkläre wer⸗
ven koͤnnen. Er fing alfo an, in der Abficht, den ae
Sinn des Goͤtterſpruchs zu erfahren, Dichter, Sophiften,
Demagogen und Redner zu unterfuchen. (Er fand aber
yurchgebends , daß diefe Männer nur weiſe fchienen,
shne es wirklich zu ſeyn *). Zugleich uͤberzeugte er ſich
—* ge "hop
* ns GERD SE
“ [1 > - . ⁊
#) goer. Apol.8. 9
* Em Bud; Bonn ea
tbuͤrget zu
ganuntern und ihre Wunden —— damit
er aus geheilt werden koͤnnten F)." Er molle, fagte
FI), role er blgher gethan Habe, allen Menfchen ofne |
en, Bürgern und Fremden, Zungen und Alten |
" aueufen, baß fie weder füriprefeiber, noch für ipre Güter,
noch für irgend etwas anders fo fehr, als für —
hrer Seelen ſorgen — indem man nicht dur.
Tugend, ſondern durch Tugend Schaͤze, und ai —
ſowohl haͤuslichen als öffentlichen Guͤter erwerbe. Wenn
er ſolche antraff, die dieſes nicht gag, ſo — er fie, ||
En le el —— se melche wegen ||
ver t un! t fo t fen, ob fie fü
vicht fehämten, nad) (Ehre A und Br
® Apol. p. 13,
s pe [3 1, *L. —
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 9
nern mit einer fo heftigen Beglerde zu ſtreben, und hin⸗
jegen Weisheit und Tugend fo fehr zu vernachläffigen,
Sagte alsdann jemand, daß er ſich auch um bie leztern
Hüter bemühe, fo ließ er fich nicht gleich befriedigen,
onbern er prüfte ihn feharf, und wenn er dad Gegen»
Geil des abgelegten Befenntniffes fand, fo machte er
Em deßwegen frenmüthige Bormärfe *), Um folcher
Warnungen und Prüfungen willen verfündigten es meh⸗
ere dein Sofrates, und Sokrates ſelbſt fah es vorher,
aß er vielleicht dereinft von fchlechten Menfchen werde
‚ors Gericht gefchleppt, und wie ein Arzt, der einen
Roch zum Anfläger habe, von einem Gerichtshofe von
Rindern werde verurtheile werden **), So wie ein fol
her Anfläger ſolche Richter leicht überreden wuͤrde, daß
ser Arzt ein Derberber der Kinder fey, indem er ihnen
sicht nur alle Annehmlichkeiten verfage, fondern auch
jie bitterften Tränfe reiche, fie zum Hungern und Dur⸗
tem zwinge, und ihnen wohl gar ſchmerzhafte Wunden
yeybringe; fo werde auch er wahrfcheinlid) von füßen
Schmeichlern angeklagt, und von Kranfen, die ihre
Krankheiten mehr als bittere Huͤlfsmittel liebten, als ein
Berführer der Jugend und ein Feind des ganzen Volks
serbammt wetden 7), |
Bon der Sronie des Sofrates war feine zweyte
Methode, die geiftige Hebammenfunft, mehr in Anfes
hung des Zwecks, den er zu erreichen fuchte, als in Ans
fehung des Ganges feines Geiftes, und der Manier,
auch felbft des Tons, in dem er redete, verfchieben,
Anſtatt nämlich, daß er Durch die erſtere Männer, an
RT *
*) ib. p. 12. & inpr. in Lachete p. 255,
") Man ſehe Plato in Gorgia ©, 331. & in Menont
P+ 343 |
+) ib,
399 ¶ Eybbbentes Buch, Bepteg Cat
deren Befferung er dergwenfelte, luͤcherllch und "werktht
fc machte, demuͤthigte und niederfchlug, fi
irch diefe Junglinge und Männer, denen er
) zu werben hoffte, zu belehren und zu 6
e Methode beftand hauprfächlich darinn
ö jeigert, auf weſche er Abfichten hatte, di
eichelehen an fich zu ziehen Zund Ihre %
it Und Zutrauei zu gewinnen Mi 6 *
er alsdann durch eine Menge von Beyſplelen,
je ‚die erften oft gar Feine, -die folgenden a n
und mehr Beziehung auf die gegenwaͤr
en, barthat, Daß eben fie, die fie jezo erio
er unterfaffen woolften, etwas Billigren ober
a8 ——— ——— gerade baffel
ligen oder allen andern Fällen nicht koitden
—— ‚nicht würden gebilligt ober. heta
m oder verworfen haben **). “Of
Frates auch durch Teichtfcheinenbe Fragen
andern hervor, und nörhigte fie dann durch beftä
ie rg Ech felbft fo fange zu widerrufen u
sc näher zu beftimmen, bis fie endlich, Birch feine
fe, gu bollftändigen und richtigen Begriffen und Cı
a gelangten. Das erfte Verfahren hatten Xer
. moppon, Ariſtoteles und Cicero im Sinne, wenn fie
fest, daß Sofrates.die Induction ober bie Kunſt =
— ⸗ ⸗
7
3 Man leſe Memor. Soer. II, 3. $. 14. wie fanft er
ben Chärekratos ſtreichelte, um ihm zur Aus ſöhnung
mit feinem Bruder zu bewegen: wi; Y meifterhaft er den |
Slauko behandelte, um ihn von einer Thorheit zurdds |
zubringen, wovon ihn alle feine Freunde und Wer |
—5* nicht heilen konuten III. 6. $. 2. eudlich wie
ben Euthpdemus, ber ihn zu verachten affectirte, leide
* ſam mwider-feinen Willen feſſelte IV. 2, 5.9.
m Man fehe bie angeführten Stellen des Zeuopten,
Zeſchichte des Sofrated und feiner Phil. 81
chen Fällen zu ſchließen erfunden, ober doch häufig
ucht, daß er nie eine Mennung geradezu angenom⸗
und bewiefen, fondern immer aus dem, was an⸗
ihm zugegeben, etwas gefchloffen habe, was dieſe nicht
sen konnten, und daß er fie endlich Durch lauter Säge,
e zugegeben, zu folchen hingeführt habe, die fie ſonſt
angenommen hätten”). Auf das zweyte Verfah⸗
ingegen zielte Uriftoreles **), wenn er den. Sokra⸗
uͤr den Erfinder der Kunft zu erflären ausgab, und
rates ſelbſt, wenn er von fich fagte, daß er feine
ce Zeugen, als diejmigen, zu denen er rede, noͤthig
, ‚um fie zu überführen, und daß ihm das Zeugniß
jeden gegen jich felbft genug fey 7). Dieſe zweyte
hode ifi es auch, welche Sofsates in einem fcherzs
n, aber wahren und ausbrucsvollen Bilde feine
ge Hebammenfunft nannte, die Plato ihn unnach⸗
lich) in feinem Theaͤtet befchreiben läßt, und von
jer die erften fechs Capitel der Haushaltungskunſt
Eenophon und diejenigen Dialogen des Plato, denen
iten einen von der Sofratifchen Kunft abgeleiteten
nen gaben, die merfwürbigfien Leberbleibfel find R%
und nd inte sn ae Ge ehren
‚ Xenoph. IV. c. 6. p. 257. ‘Ozore de auros vu
ro Aoyo diekios, din Toy uaAısa ÖnoAoyBuE-
Hay EWOLEVETO, vomlav TauTny TNV @0DosAeser
‚essen Aoys. Toryde 8V BoAu uaAar Av wa
ode, öre Aryor, Tas dnsovras, OMOAOVEITER
roceye. Man ſehe auch Ariftotel, Metaph. u. &
p. 217. Cicer. Top. e. 10. & de invent. I. 35 Uns aus
ber legten Stelle eine wahre ober erbichtete Unterredung
ber Aspafia hrit dem Kenophen.
.c. |
Pin Gorg. Plat. p. 313. & Arrlan. Differt. TI, 12. 26.
+) Daserfte und zweyte Befpräch mis dem Alfibiades, fein
Theages, Lyſis, und Laches. Diog, IL, 31.
Sn
292 Giebentes Buch. Zwehtes @apitel, - |
Haſt du nie davon gehoͤrt, mein Sieber, fage Sokrates
zum Theätet *), daß ich der Sohn einer gefchläten
Wehmutter bin, und daß ich die Kunft meiner Mutter
treibe? — Diele, die diefes nicht wiſſen, fagen mir ohne
Grund nach, daß ich ein ungereimter Mann fey, ter
fein Vergnuͤgen darinn fuche, andere verwirrt zu ma—⸗ |
chen, — Wenn du dir aber die Mühe geben willſt, bie
MNatur der Hebammenfunft genauer zu unterfuchen; fo ”
wirſt du bald finden, daß ich mich mit Recht für einen
Erfahrnen in diefer Kunft ausgebe. Du weißt erfilld,
dag niemals Frauen, bie felbft noch Kinder zur Weit
bringen, fondern nur folche, die Alters wegen weder
empfangen noch gebähren koͤnnen, die Hebammenfunft |
aus zuuͤben pflegen. Es ift dir ferner nicht unbefanzt,
daß die Hebammen Arzneymittel und Befchwörungen qm
wenden, um bie Geburtsfchmerzen und Wehen entwe
der zu lindern oder zu erwecfen, um ſchwer gebährenben
die Geburt der Kinder zu erleichtern, ober folchen, dk
nicht gebähren wollen, die Frucht abzutreiben. Auch
muſt du gehört haben, daß die Hebammen vie fchlauften
Freywerberinnen und Eheftifterinnen find, indem fie eh
am beften verftehen, welcher Mann oder Juͤngling zu
weicher Frau oder Jungfrau paffen, und in welchen Bo⸗
den man diefen oder jenen Saamen werfen mäffe. End
ich machen Hebammen Anfpruch auf die Gabe unten
—* zu koͤnnen, ob eine Frau gebaͤhren wolle oder
nicht: wahrhaftig eine herrliche Sehielichteit, wenn fe |.
dergleichen wirklich beſaͤßen! = Meine Kunft ift de
der Wehemuͤtter in allen Stücken ähnlich; und weicht
nur darinn voh ber lestern ab, daß ich niche Meibe, |
fondern Männer, und nicht Shrper, fondern Seelen
entbinde, und daß ich in allen Faͤllen zuverläffig angeben
Com,
⸗ pr 71. % f in Plat, Thesst,
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 383
nm, ob jemandes Verſtand ein leeres Schattenbilb
1 einen bloßen Irrthum, oder aber eine dauerhafte
jeiftesfrucht und nüzliche Wahrheit geboren habe. Lies
igens geht ed mir eben wie den Hebammen, daß ich
imlich unfruchtdar bin, und ber Vorwurf, den mit
aige gemacht haben, ift nicht umgegründer : daß ich an⸗
re beftändig frage, aber auf keine Frage beftimme ants
orte , weil ich nichts Kiuges zu fagen wiſſe. Die Urs
che davon ift diefe, daß die Gottheit es mie zwar ver
ben hat, der Geburtshelfer von andern zu feyn, baß
mir aber auch) zugleich verfagt hart, ſelbſt zu gebähren
d zu zeugen. 9 bin alfo auch weder weiſe und ges
wc, noch Habe ich irgend eine große Erfindung als
1 Fruch meiner Seele zur Welt gebracht. Eben da⸗
e kommt es auch, daß viele von denen, bie mit mie
sgehen, anfangs hoͤchſt unmiflend und faft wie bloͤd⸗
mig ſcheinen, daß fie aber, wenn anders Die Gottheit
sen nicht zuwider if}, ben fortgeſezter Bekanntſchafft
erftaunlichften Fortgaͤnge machen, wie fie felbft und
dere glauben, Zum gewiffen Beweiſe, daß fie niche .
n mie etwas gelernt, fündern alle ihre Kenntniffe und
önen Wahrheiten durch ihre eigene Kräfte gefunden,
ıD nur, mit meiner und det görtlichen Huͤlfe, aus ih⸗
e Seele hervorgezogen haben. Manche, bie biefes
ehe wuften, fingen an, fich felbft anzuflagen, und
rließen mich früher, als fie gefollt Hätten. Dieſe vers
ren ihre Geiftesfrucht theild durch unzeitige Geburten,
s fie fich durch den Umgang oder die Behandlung uns
fchiefter Menfchen zuzogen, theils aber auch durch die
echte Wartung deffen, wovon ic) fie entbunden hatte,
bem fie leeren Trug und Irrthuͤmer mehr, als bie
Zirflichfeit und Wahrheit fchäzten. Eine Folge hlevon
ar, daß fie ſich und andern unfähig und unwiſſend
yienen. . Wenn diefe fid) wiederum, tie es oft ges
ehe, um meinen Umgang bewerben, fo erlaube m.
mein
384 Siebented Buch. Zweytes Eapitel.
mein Genius, nur einige wieder anzunehman, und ander
hingegen abzumeifen, von welchen jene alsdann eben fo
gut, als diejenigen, die mir nie untreu geworden find,
im.Öuten und an Weisheit zunehmen. Alle meine
Freuude aber erfahren ehe das, was die Gebährenken
leiden, -. Sie fallen in Geburtsfchmerzen, und werden |
Tag und Nacht durch Zweyfel und Ungewißheiten noch
mehr, als diefe gemartert; und diefe Geburtsfchme
mein Freund, kann id) durd) meine Kunft ſowohl befän
tigen als erregen und verftärfen. Wenn ich aber ſolche
Perfonen antreffe, die. mir nicht ſchwanger zu. feyn a |
sen;. fo füche ich ihnen alsdenn einen. Garten, ’ Ich
werhe gleichfam ihr Freywerber, und errathe auch mei
Pens mit Gottes Hülfe ganz gluͤcklich, weſſen Verbin⸗
bung ihnen zuträglich feyn kann. Auf diefe Arc habe ig
viele mit dem Prodikus oder mit andern weifen und goͤth
lichen Männern vermählt. . Dies alles habe. ich
mein lieber Theaͤtet, deßwegen recht ausführlich erzählt,
weil ich, wie du, vermuthe, daß deine Seele ſchwange
fey. Gehe daher mit mir, wie mit dem Sohne eine
Wehemutter, und ald einem Erfahren in der Hebams
menfunjt um. Untworte, fo gut du kannſt, auf die
Fragen, die ich dir vorlege, und wenn ich denn, bey
genauerer Unterfuchung, deine Antworten als Mißge
burten wegwerfe; fo werde nicht böfe, wie die jungen
rauen, bie zum erftenmale niederfommen. Schon
viele wurden darüber, baß ich irgend eine ihrer Lnge
teimtheiten aufdeckte, fo aufgebracht gegen mich, daß
fie mic) hätten beißen mögen, ohne daran zu denken,
daß ich ihnen zu ihrer eigenen Wohlfart Schmerzes
verurfachte ”). Sich werde dieh fo lange beſchwoͤren,
Ä und
%
Sole Geburtoeſchmerzen verutfachte Sokrates dem dur
ches in Lachete Plat, p. 258. und dem Euthydemn⸗
| Me
Seſchichte bes Sokratet und ſeiner Phil. | 83
b dich ſo viele Seelenarzneyen koſten laſſen, 6i6 ich
ne Gedanken glücklich an's Tages licht werbe gebracht
yet. — Aus dieſem Serhälde, zu welchem man feinen
g weiter hinzufügen kann, erhellt, was ich vorhin
nerkte, daß bie geiftige Hebammenfunft des Sokra⸗
fid) feiner Ironie oft fehe näherte, und ihr ſowohl
Anſehung des Tons, im welcher er redete, als in Ans
ung der Wirkungen, nur nicht in Unfehung der Ab⸗
ten ähnlich war 9). |
Bon feiner andern Seite utiterfchieb ſich Sokrates
je von allen denen, die vor ihm Weisheit gelehrt hass
, ats in Anſehung ber Säge, die er als Wahrhei⸗
vortrug, und nad) denen et in. feinem ganzen keben
beite, und fe viel er Fonnte, auch andere handeln
hte. Cr reinigte die Weltweisheit nicht nur von
toͤdtenden Gifte, womit fie von den Sophiften ans
sche, ſondern aud) von den abentheuerlichen Grillen
Zräumen, womit fie vor den ältern Phnfiferit arts
(Ic worden war ””) Er rief fie aus ben arängens
oſen
Menor, Xen. IV, 2; $. 19 & 40., unter welchen ber
leztere durch die vielen unrichtigen Antworten, die er
gegeben haste, fo beſchaͤmt wurde, daß er gar Peine
mehr zu geben wagte: Allein beyde ließen fih dadurch
nicht abfehreden, dem Sokrales in ber Folge treulich
anzubängen. ib. | a |
‚ Man fehe def. Aleib. pr, Plat; und felüch Chatmites,
Im leztern Geſpraͤch beſtreitet Sokrates alle Erklaͤrun⸗
gen, welche Charmides uns Kritias bon bet Gwdgccuvn.
geben; nicht, im bes Abſicht ſie zu beſchaͤnen, oder zu
verwirren, ſondern um den PH Eharmides zu nds
thigen, ſich über diefen wichtigen Gegenfland in der
Eolge Erlaͤntetungen ausjubittet: |
') Pfeudo-Kenoph; Epift, 1, und Theokrit, eine Ber te⸗
denden Perſonen in Plutarchs Abhandlung vom Ges
nius des Sokrates ©, 393+ oper. T: VIII.
Iweyter Band, Bb
986 Giebentes Buch. Zweytes Capitel.
loſen Raͤumen der Erdichtung, in welchen ſie bisher
herum geſchweift oder gewohnt hatte, auf vie Erhe
herab, und führte diefe biöher unerfannte oder gemißs
delte Tochter des Himmels in die Städte und Dekan,
ungen der Menfchen ein”). Er zog fie von den unzds
‚gen und unergründlichen Gruͤbeleyen, worinn fie bis auf
«feine Zeit gänzlich verfunfen war, oder von Gegenſtoͤn
den, voelche die Natur zu fehr über den Menſchen erkes
ben, oder zu fehr vor ihm verfteckt hat, weg, ud
wandte fie auf den Menfchen hin, den er ihr gleichfem
als ihr Eigenthum und als ihren einzigen Vorwurf au
wies **). Er machte e& zu feinem und aller aͤchten
Weltweiſen Hauptaefchäfft, ihre eigene Natur zu
ſchen umd zu vervollfommnen }), und die Welche
gelbit zu einer ABiffenichafft des Menfchen,” den fie bei
fern und fich ſelbſt Eennen lehren folle FF). Alles, was
| nicht
#) Cicer. Tuſcul. quaeſt. V. 4. Socrates autem
mus philofophism devocavit e coelo, & in urbi
eollocsvit, & in domos etiam introduzit, &
rere,
@®) Cicer, Acad. quaeft, I. 4, Socrates mihi videtur H]%,
ıquod conflar inter omnes, primus a rebus oceculti,
& ab ipfs natura involutis, in quibus omnes ante
eum philofophi oecupati fuerunt, avocaviffe phil |\
fophiam, & ad vitam communem adduxiffe: ut de
virtutibus & vitiis, omninoque de bonis rebus &
malis quaereret: coeleflia autem vel procul a nofn
eognitione effe cenferet, vel fi maxime cognits eflent,
nihil tamen ad bene vivendum.
9) in Phaedr, p. 196. in Gorg. p. 331.
I) Xenoph. 1. 1. p. 7. Memor. Soer. Auros de wi
Tav uydewmivov oes ÖsEAEYETO;, OrNoay Fı wir
Bas, rı aseßes‘ TI naAoy, TI oem. TI
RAN,
+
| Geſchichte des Sokrates und ſeiner Phil. 387
icht den einen oder andern dieſer großen Zwecke befoͤr⸗
erte, warf er aus dem Gebiete der Philofophie heraus,
nd er verhehlte ed gar nicht, daß er den Unterſuchun⸗
en der Phyſiker und Sophiften über die Entftehung und
en Untergang aller Dinge, über ven Ueftoff und bie.
Beftanorheile der Subſtanzen, über die Natur des
Raums und der Bewegung, über bie Groͤße, Bewe⸗
ungen und Abftände der himmlifchen Cörper, über
He Geheimniffe der Zahlen und anderer Größen als uns
nizen Tand verachte, oder als ſchaͤdliche Irrthuͤmer vere
Mcheue *). Er fragte die Liebhaber folcher Unterfuchuns
en, ob fie denn ſchon fich und den Menfchen genug ers
orfcht hätten, daß fie jich an Dinge wagten, bie auf
en Menfchen gar Feine Beziehung Härten? Und wenn
e diefes nicht gethan, warum fie denn das, was ihnen
äher und unentbehrlicher fey, dem entferntern und
änzlic) unbrauchbaren vorzögen? Er wunderte fich,
ie es noch Niemand bemerft habe, daß der Menfch _
icht im Stande fey, folche Dinge, denen man bis das
im allein nachgeforfcht hatte, zu ergründen, und daß
ie Gottheit eben dieje Dinge mit Fleiß vor dem Men⸗
verborgen babe. Wenn diefe Forſchungen nicht
je Kräfte des Menfchen Überfliegen, woher es dann
Inme, daß diejenigen, die am längften und tiefiten
| Bb 2 nach⸗
S
UV, Ti cedınov; — xce WEL Toy day, &
rasc MEV ES00TAS Nyssto nass nu ayades 17.77
raus de ayvoavros, owdenmodwdes cv ding
xenAno9en. x Plat. in Apol. Socr. — die coDıay
TVo, TETO TO oOM EONnKa. Toiay dn wor
FouTnv; Nee EI I0ws avIewnnn aoDıc. Too
074 yare nıvduveum TAUTyV eos voDos.
®) Xen, l. c. I. p. 6. & IV, 7. Memor, Socr. p, 260,
398 Giebentes Buch. Zwehtes Eapitel.
nachgeſucht haͤtten, ſich wie Wahnſinnige widerſptaͤchen,
und mit einander ſtritten. So wie Berrückte ſich bald
dor ſolchen Dingen nicht fürchteren, die fie fürchten
follten, und bald wieder Dinge fürchteten, vor deneh
fie fich gar nicht zii fürchten brauchten, oder wie fie bald
glaubren, daß man öffentlich alles thun und fagen koͤnne,
was man wolle, bald, daß man gar nicht ufiter Men
ſchen gehen müffes oder wie fie endlich bald weder ver
Tempel, noch Ultären oder andern heiligen Dingen Ehe
furcht Hätten, Bald aber die vetworfenften Thiere, obet
gar Hölzer und Steine anbeteten; eben fo behaupteten b
einige Naturforjcher, daß alle Dinge nut einige einzige
Subſtanz ausmachten; andere, daß es unzählige Grund
eörper gebe: einige wiederum, daß gar Feine Bewegung
in der Welt fen; andere hingegen, daß alles in unauf
börlichen Bewegungen und Verwandlungen fen. Zulex
erfundigte er fih, ob dann die Forſcher himmüſche
Dinge, gleich denen, die fid) gerheine menfchliche Kenmtı |
niffe in der Abſicht erwuͤrben, um fie zu ihrem und if
rer Freunde Nuzen anzinvenden, 65 fie äusch gleich bie ſr
fen ven Vorſaz hätten, Winde oder Waffer oder Wirte |;
“rung hervorzubringen, wenn fie die Urſachen entdedt
hätten, wodurch die Natur fie zu erzeugen pflege? Und Hi
wenn fie dergleicheti nicht herften, ob es nicht einerlch I
fey, mie Würfeln oder mit unbrauchbaren Kenntniffe
zu fpielen *)? Wenn Sofrates auch nach den Erfah⸗
rungen über die Muͤzlichkeit von Keuntniſſen, die wir hi
ben, die Weltweislheit ſowehl als andere Wiſſenſchafften
zu fehr zuſainmenzog, jo hatte er Dech immer darin
Recht, dag er den Werth von Wiſſenſchafften ganz allein
nach
.. ..
#%) Xenopb. l.e. & I c. 2.p. 32. Er fagte nur von iv
Den allein, bie eiwas nuͤzliches verrichteten, daß fie an
eiteten.
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 389.
nach ihrer größern ober Fleinern Nuͤzlichkeit beftimmte,.
und daß alle diejenigen Theile ver Weltweisheit und an⸗
beter Wiffenfchafften, die er verwarf, und von benem
er abriech, damals wirflic) unbrauchbar, und der Auf⸗
merffamfeit eines vernünftigen Mannes unwuͤrdig was
ven "), BG |
Sofrates war aber weit davon entfernt, alte übrige
Kuͤnſte, Wiffenfchafften und Befthäfftigungen neben der
Kunft zu leben, die er lehrte, zu verachten, ober davon
abzurarhen, wie einige feiner Nachfolger thaten. Er
bielt vielmehr einen jeven, ver eine müzliche Kunſt oder
Handthierung treibe, ee mochte Arzt, oder Staatsmann,
oder Landmann feyn, für einen guten und gottgefälligerr
Mann, wenn.er mit allem Fleiße das thue, was feine®
Amts, feines Standes und feines Berufs ſey; und nur
biejenigen erflärte er für unnize und den Göttern vers
haßte Menfchen, die entweder etmas Boͤſes ober auch
nichts Nüzfiches thaͤten“*). — och weniger kann mans
den Sofrates befchuldigen, daß er die Philofophie, fo
wie fie zur feiner Zeit war, verftümmele und auf bloße
Sittenlehre zuruͤckgebracht habe ). “Denn indem er bie
Mbäofophie aus einer angeblichen Wiſſenſchafft natürlie
eher oder himmliſcher Dinge in eine tehre des. Menfchen
| Bb3 um⸗
— — — |
2) Xen, IV. 7. Sofrates rieth, ſich nicht weiter auf Ges⸗
metrie und Aſtronomie zu legen, ale in fo ferne die eis
ne im gemeinen Leben zur richtigen Abtheilung und
Ausmeffung von Zeldern, umb- die andere zur richtigen
Beobachtung ber Tags s und Jahtss zeiten und zur Schife
fart noͤthig ſey. Xenophon fezt hinzu, daß Sokrates
in allen den Fächern, von denen er andere abgehals
ten habe, nicht unerfahren gewefen (eg, "ib,
ee) 11,9. Memor, Soer. p. 177. |
+) Sext. VII. adv, Math, 8. 8.
ebene Buch. Zweytes Tapitel.
J üſchuff, trennte er von ihr frehlich eine Menge von
fuuienden oder unnuͤzen Theilen; aber ev. bereicherte
=». :Bagegen auch mit einer viel, größern Anzahl er!
ee heiten die entweder feiner vor ihm gelehrt, die
Wenigftend keitier auf eine-folche Art zur Defferuing fer
er —F und ſeiner Nebenmenfchen angewandt hatte,
‚Diefer. Bater der; Menfchendeffernden Philojophte unter
3 te, vote bie Folge re —
J De welche die. fpätern Sriechi
„7... WWeltweilen fowohl., als bie der neuern Zeiten in allen
. Feilen ihrer Wi ffe unterfucht Haben. 3
Schon vor dem Sokrates hatte Anaxagoras ed eti
ö Winnie und gelehrt, daß ein über alle Gedanfen erhabe
ni nes welfes und mächtiges Weſen bie ganze Welt erſche
fen habe, md noch iminer zegiere *). Allein Antara
I ras harte feines verftänbigen Weltordnenden und erhal
genden Weſens zu felten erwähnt, hatte zu wenig au
deſſen Wirkumgen, und zu viel hingegen aus bei tungen)
flörbaren Kräften ewiger Elemente erflärt ; bie ben mei
ffen Bu: förnen muften hatte felten oder niemals
Auf die Spuren der Gottheit in der Matur hingeriefein,
oder die weiſen Einrichtungen der Dinge aus einander
gefezt, und Hatte endlich fich durch die, Abläugnung der
Göttlichfeit der Geftiene zu fehr verdächtig und verhaft
gemacht, als daß feine lehre don der Gottheit ſich =
—— *
9 Uns der Art, wie Plato p. 39. in Phaed, das Urthel
des Sokrates ‚über das Buch bes Anaragoras, mb
5 fie die Lehre biefes Weltweilen von einem werftänbigen
heber der Weit erzählt, muß man fließen, dab
Sokrates den wahren Gott ſchon lange Ken E77
Een’entdeift Hatte, che ihm bie Gcbanken bed Klazemıı
nifhen Weiſen zu Dfren und fein Buch zu Behkt:
- 5 ı
—
Gedichte bes Sofrates und feiner Phil, ger
in hätte verbreiten und gute Früchte härte bringen:
wen”). Seine Sehre wurde daher, mie faft alle feine: .
rigen Entdeckungen, von denen wenigen, denen fie:
annt war, als ein Geheimniß bewahrt und anvers
ur, und Sofrates war es, der fie nicht nur allgen
in verbreitete, fondern auch fruchtbar für die Herzem
Menfchen machte. Er war auch ver erfte, ver vie
ttheit ſowohl in fich ſelbſt als in allen Theilen der
umgebenden Natur aufjuchte und andere finden ließ,
> der alfo feine Freunde auf dem leichteften und ſicher⸗
Wege zur Gottheit hinführte, auf welchem man zu:
gelangen kann.
Ohne zu forfchen oder fih darum zu befümmern,
Die Welt aus einem gleichartigen, und aus welchem ?
undſtoff, oder ob fie aus mehrern oder gar unendlidy '
en Gattungen emwiger Grundcoͤrper hervorgebracht
eden, fragte er die Zwenfler ober die Läugner des Da⸗
8 gottlichee Naturen, ob diejenigen mehr Bewun⸗
ung verdienten, vie unbewegliche feelenlofe Bilder
Jarbeiteten, oder diejenigen, welche thätige und bes
te Weſen erzeugten? ob es ihnen möglich fen, Werke,
benen fie unläugbare Spuren von Abfichten und nuͤz⸗
en Beſtimmungen entdedten, für Wirfungen des
falls, und nicht für Wirfungen weiſer verftändis
Weſen zu halten? Wer aber (fuhr er fort) will
läugnen, daß derjenige, ber die Menfchen zuerft
ıff, ihnen nicht alle ihre finnlichen Werkzeuge abficht-
Bb 4 lich
en )
) Man fehe das Urtheil des Sofrates über das Merk bes
Anaragoras in Phaedone p, 39. — Als ich, fagte er,
merkte , daß Anarageras mich bie verfiändige Urſache
alles Schönen und Guten in ber Welt nicht fo kennen
lehrte, als ich vermuthet hatte; fing ich felbfl an, ober .
fuhr ich vielmehr fort, fie aufzufuchen.
393 Biebentes Buch, Zweytes Capitel.
lich zu Ihrem Nuzen gegeben Habe: bie Augen zum Se⸗
Ben, die Ohren zum Hoͤren, die Naſe zum Riechen, und
fo weiter? Wem wird nicht darinn goͤttliche unbeſchreib⸗
diche Weisheit ſichtbar, daß die Augen mit Augenliedern
bedeckt ſind, die man, wenn man will, zuruͤck ziehen
und im Schlafe zufchließen kann, damit bie Augen kei⸗
nen Schaden nehmen; daß bie Augenlieber ſelbſt mit
Wimpern verfehen, und über ihnen die Augenbraunm
wie Dämme hergezogen find, damit durch die erftern bi
Gewalt des Windes gebrochen, und durch Die andern
ber von der Stirn herahfließende Schweiß aufgefangen
werde: daß ferner das Gehor alles empfange, und.nu
ausgefüllt oder verftopfr wird: daß alle Thiere die Bor |i
Derzähne zum Zerfchneiden, und die Barfenzähne zum |:
Zermalmen der Speifen haben; daß endlich der Mund,
ber alles, was das Thler begehrt, aufnimmt, fo nak
an Augen und Mafe bin gebaut, und Diejenigen ode
gen hingegen, wodurch der ecfelhafte Abgang won Speik
und Trank abgeführt wird, fo weit als moͤglich von bie
en prüfenden Sinnen entfernt worden, Alles viele, |
agte er, fen fo weife eingerichtet, daß man unmoͤglich
äwenfelhaft bleiben Fünne, ob es Wirfungen bes Glädt
und Zufall, oder DBeranftaltungen einer verſtaͤndigen
nach Abfichten handelnden Natur ſeyen. — Wenn man
uͤberdem noch bedenfe, welch ein gewaltiger Trieb alı
empfindende Weſen zur Fortpflanzung ihres Geſchlechts
treibe, wie heftig Die angeborne Liebe der Eltern zu ih
ven Kindern und Jungen, und die tlebe der Leztern zum
geben fen; fo werde man gleichfam gezwungen, einzuge
ftehen, daß es einen weien und güfigen Urheber der gan
zen thierifchen Natur gebe. |
Du fuͤhlſt es ſelbſt, fuhr Sofrates zum ungläubis
gerr Arijtodemns fort, daß eine denkende Natur in die
wohnt, und eben du kannſt noch zwenfeln, ob außer
and über dir ein anderes vernünftiges Weſen exiſtire,
M
Gefrhichte des Sokrates und feiner Phil, 393
ba du doch weißt, daß die Beſtandtheile von Erbe,
Waſſer u. ſ. w., aus denen dein jeib zufammen gefest
iſt, nur einen unendlich) Fleinen Theil der Grundcoͤrper
ausmachen, - aus welchen fie genommen find 2. Iſt 08,
bie denn nur wahrfcheinlich, oder gedenfbar, daß du Die
in Bir denfende Kraft oder‘ Subſtanz nirgends woher,
und ohne Geber und Urſtoff erhalten haft, — und dag
alle. die zahllofen und uͤberſchwenglich großen Coͤrper, aus
denen die Welt beftehe, durch vernunfelofe Kräfte und
Veuren jo kuͤnſtlich gebaut und: zuſammengefuͤgt wor⸗
Wenn jemand deßwegen an dem Daſeyn des Ur⸗
hebers und Herrn aller Dinge zweyfelte, weil er ihn
nicht wie den Urheber menſchlicher Werke ſehe, fo ant⸗
wortete Sokrates *), daß man nicht auf Erſcheinungen
der Gottheit warten, oder ihre Geſtalt zu erblicken ver⸗
langen muͤſſe, da man fie hinlaͤnglich in ihren Werken
erkenpe. Unſichtbarkeit ſey kein Beweis von Unwirk⸗
lichkeit, denn es gebe ſelbſt in der uns befannten Mas
cur ſehr viele Kräfte und Gegenſtäͤnde, deren Daſeyn
man läugnen muͤſſe, wenn man nichts für wirklich hal⸗
gen wolle, ale was man mit leiblichen Augen wahrneh⸗
men koͤnne. Welcher Sterbliche fich unterftanden habe,
feine Augen gegen die Mittagsfonne zu erheben, und fie
in ihrem vollen Glanze zu ſchauen? welcher fich rahmen
fönne, den Diener der Gottheit, den Wetterſtrahl, als⸗
Dann, wenn er alles zerfchinettere-und überwältige, bes
pbachtet zu haben, oder wer jemals darnach getrachtet,
feine Seele, die wie eine Königinn den ganzen Seib res
giere, mit den Sinnen ertappen zu wollen ? Da nun
‚alle diefe Dinge fich ven en menfchlichen Sinnen
\ | s
ent⸗
*
⁊) I. e. 4. 5. 9. WV. 3. 8. 13& 14.
—
‘04 "ent Bu. ze |
5 em; fe Def ja ie BT
van Enns, wie es dann möglich feiy, an beim
bectjenigen zu gweyflen, ber zwar ſelbſt unfichtbar
der in —* Augenblicke vie erhabenſten Thaten * |
. Be, indem er —5 — janze Welt unverdorben, und in hret
Pienslicen € Sgoͤnheit erhalte, und unermeßliche Eon
Fehl ſchneller, als wir unfere Gedanken
=: — hielt es fürftrafbare Kuhnhei Ber
se —— der: —— ‚oder uͤber das Subſtratum
drzelchem alle gdttliche Kräfte wohnten, etwas'mit Zus
. verfiche enefcheiben zu wollen. Wenigſtens beobadjtet
a a untee feinen Freunden, ber feine Menynungen
tigſten aufgezeichnet hat, hierüber ein —
— Ir es ne vorfegliches Stillfehweigen, fo wie ee
lich auch aus kluger Behutfamfeit und imber
‚den Beat — En —— der Ein
faheung neuer tter n n ſchwachen **
Eneuern, ober zu beſtaͤtigen, ven Schöpfek um
ter der Welt nur einige male gerade zu Gott
"ab fonft immer. entweber durch Umſchreibungen —
weft, ober ſich auch der geropnlichen Nevensart ht
tet
‚Xenoph, Lib, IV. 3... p. 230. Menior, „Soerat,
"Kuss vo ÖAov KoTov GUVTETTUV TE Kock ae
Kar, Evo Mayr nocAos no yader es, hm
es ev Xenmevoss rein Fe, neu Uyun, m
" ayngarov Tage, Yarror IE vonMasTos cva ·
MASTRT@S Vrneersvre, Bros ra KEyıSa ne
zearras ögwraun, Tode de bmovommm ao
Aa esw. daſt mit chen den Worten Iäßt Zenophon
den ſterbenden Kyrus von ber Gottheit reden. Cyro-
paed. VIIL 7. p. 548.
"145.17
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 395 |
er bedient *). Allem Vermuthen nach hielt aber So⸗
rated bie Gottheit für eine feine gleichartige aͤtheriſche
Natur, die nicht nur ihren Wirkungen, fondern auch
brer Subftanz nach, allenchalben gegenwärtig fen, und
ie alles durchdringe, ohne mit irgend einem Ißefen: vers
nifcht zu jenn. Daß Sofrafes auf diefe oder eine aͤhn⸗
iche Art über die göttliche Subſtanz gedacht habe, ſcheint
nie theils aus der Benennung eines im Univerſo fich fine
enden und Durchs Ganze ſich verbreitenden verftändis:
en Weſens, womit Zenophon ihn die Sortheit beles
en läßt **), theils aber aus der Art zu erhellen, wie er
Iher die Entftehung der Götter und Dämonen venfen
nuſte, und über die Entſtehung und Natur der menfche
ichen Seelen ſich wirklich erklärte, wie ich gleich nach⸗
er jeigen werde. | '
Eben fo einleuchtend und rührend, als feine Gruͤn⸗
e für das Daſeyn eines verftändigen Urhebers der Welt,
varen feine Beweiſe für die göttliche Borfehung , und
jefonders für die liebreiche Fürforge, womit die Gott⸗
yeit über das menfchliche Gefchlecht walte. Es läßt
ich gar nicht denfen, fagte diefer fcharffinnige Beobach⸗
‘er, daß die Gottheit den Menſchen, ven fie als ihren
tebling mit ‚den herrlichften Gaben vor allen übrigen Ger
chöpfen der Erde ausgerüfter hat, ganz und gar vers
rachläffigen ſollte. Ihm allein hat feine Schöpferinn
ticht bloß einen gefunden Leib, und alle Gliedmaßen und
Sinne zur Erhaltung und zum Genuffe des tebens, fonts
dern auch vor allen andern einen geraden Wuchs, ihm
allein
* Die Umſchreibungen der hoͤchſten Gottheit, ober bie
gleichgeltenben Redensarten, womit Xenophon fie bes
zeichnet hat, findet man in meiner hiftoria do@rinae
de Deo p. 392.
")1L4p56 . .
—— — ra—
auein Hoͤnde, pie Werkzeuge und. Ausuͤberinnen aller
: Känfte- und. Handwerker, ihm allein. eine artieulicte
Syrache zur Bezeichnung , feiner. Gedanken md, zur
Errichtung dauernder Giefellfchafften, ihm endlich das
Vermoͤgen gegeben, die Sreuden der Siebe, bie ben allen
f Tpieren nur auf gewiſſe Zeiten eingefcjränft
6ad —* ri er — Die guͤtige Corte
it ſorgte aber nicht ‚bloß für. feinen Cörper,
N, ee Wichtigſte fE , auch für feine Seele,
eines andern Thieres Seele erkannte je die Gottheit, d
ales/ wos ſchoͤn und out ift, hervorgebracht und geprbret
. datt. Weich ein anderes Geſchlecht eınpfindender, en
Zu * bie Gottheit an Weiche ſind im Stande has
WGuate und Boſe, das Müzliche uud Schäpliche F
22:
" verfcheiven, und fich gegen das eine, gegen Hu,
Durſt, gegen He, Kälte und Krankheiten fo zu
wahren , ober. ihnen abzuhelfen ‚und. alle Arten des
Gulten hingegen fich fo aujuſchaffen, als ber
es kann ? Haben wohl andere Thiere die
ve ſo sahllofe Menge von Kenntniſſen zu erwerben -
‚ au:hehalten,- das vorhergegangene mic bem nachfolgen
ben & glülid) zu verbinden, ‚die Urſachen —
ger. Dinge zu errathen, und fo, weit in Die Zufunfe hin
&inzufehen, endlich, den, Cörper mit fo vieler Stärfeun
Schönheit, und die Seele mit fo vielen Tugenden ju
ſchmuͤcken? Unlaͤugbar leben Menfchen allein, wie Got
ter.auf der Erdo, und übertreffen. alle übrige Gefchbpfe
* fowopl dee Seele, al® dem feibe nachs denn mern der
x Menfch auch feine Seele, aber ben feib eines Stiers *
hätte, ß würde er nicht alles verrichten Fonnen, was
er jego kann: und wenn er hingegen feine Hände, aber
Feine Vernunft hätte; ſo würde er auch mic, jenen nichts
anfangen koͤnnen. — Ueberlegt ‚man. noch zulezt, daß
die Gotthelt vorzuͤglich ihm den Tag zur Arbeit, und
bie Macht zue Ruhe gegeben, daß fie den erftern ihm
Sdſchichte des Sokrates und feiner Phil. 397
zum Beſten mit der Sonne, und bie feztere durch dem
Mond erleuchtet; daß fie das Größte dieſer Himmels⸗
ichter allmaͤlich allen Bölfeen zu beftimmten Zeiten ſich
näbetn , und auch wieder von ihren ſich entfernen laͤßt,
batnit Feines vor Froft erſtarre, bder vor Hize von
chmachte, daß fie fiir ihn vorzüglich die Erde befruche
er, die fufe, Meere und Fluͤſſe bevölkert, und alled
sorbereitet habe, was nicht nur zu feiner Nahrung, ſon⸗
jern auch zu feinem Vergnuͤgen diene, daß endlich ſelbft
ie übrigen Thiere entweder zu feiner Grhaltung, oder
me Erleichterung feiner Arbeit, oder zu feiner Vertheb
zigung beſtimmt find; fo kann man, ohne alle Bernunft
zu vderläugnen, nicht länger datan zweyfeln, daß ein
weiſes und guͤtiges Weſen ven Menſchen geſchaffen und
fuͤr ihn geſorgt habe. Daß aber eben diefes Weſen, daß
den Menſchen fü ſehr über alle Thiere erhob, ihn nach⸗
her ſich ſelbſt uͤberlaſſen, und ſelne Augen gaͤnzlich von
or zurück ziehen follte; iſt eben fü wenig gedenkbar, ald
aß alle die leuchtenden und kaum mit unfern Gedanken
zu umſpannenden Himmelscörper , die fich in unermeß
lichen Entfernungen über unfern Häuptern wälzen, ſich
ohne einen mächtigen und verfkändigen Auffeher in uns
berruͤckter Ordnung fo viele Jahrtauſende erhalten haben
ſollten, und noch immer fortdauerten *), Be
Freylich, fo ſprach Sokrates weiter zum Ariſtode⸗
mus, iſt es dem eingeſchraͤnkten Verſtande des Mens
chen ſchwer zu begreifen **), daß ein einziges Weſen
ılles, was in den unbegränzten Ganzen vorgeht, zus
jleich fehen und Huren, allenrhalben gegenwärtig ſeyn
ind für alles forgen Fonne, Allein wenn du dich Se
da
—
*) Xenoph. |, e.
") IL. q. p. 30.
ot j — M —
% MDiebenes Buch. Zweytes Capue.
en Seele den Coͤrper ohne Mühe nach ihrem Mil |
Jen zegiert; fü wird es bie nicht mehr unglaublich bot»
dJommen, daß derjenige, der alles a sinn,
Schwierigkeit fein Werk nach feinem
Pam, ms u pn wenig — es lan 4
en, göttliche Auge, alles Dh
.% 6 der goͤttliche BVerftand alles umfaffe,, wenn du
“lpjebem Augenblicke .erfährit, daß dein ſchwaches a
Bde Stadien zu überfchauen,, und. daß deine
"Bad, was in, ben entfechteflen Gegenden der Erde
vieht, in — oder wenigen Augenblicken ſich vor
wilellen im Stande fig. — Durch folche Berrachtun
Mr; feit Zenophon hinzu *),. fuchre «Sofrates nick |
“Bloß. bie Begriffe derer, die mit hin umgingen, Erd
. ‚gahtigen ſondern auch. fie zu beffern Menfchen zu
x hen, „indem der Getanfe, daß bie Gottheit
‚hm —— und ihr alfo nichts, auch icht
Sevanfen unbemerkt und unerforfche —
von heimlichen Miſſethaten zurückhiele, bie fe
Zufmertfamfeit bes menjchlichen Richters hätten ent
’ ne.
So fehr aber auch diefe Gedanken des Sokrates
° her die Gottheit mit den Begriffen des Griechifchen Dir
bels ſtreitend / unb über bie Schilderungen der Griedjir
Dichter eraben waren, fo wuſte er doch Die einm
wol ben andern zu vereinigen, und zwar nicht bloß zu
iner Sicherheit, oder um allem Argwohn von Unglau⸗
und Neuerungs ſucht zuvorzufommen, fordern weil
er von den wefentlichften Puncten feiner väterlichen Ne
Ugion wirklich Hbegeugt war **),. Sokrates betete, wie
alle
ERALELT, BT ERS h
%*) Xenoph, Mem, L ı P 2. Le 3. p. 36. IV;
p 233.
Gefſchichte des Sokrates und feiner Phil. 399
ille Übrige Griechen, drey Elaffen goͤttlicher Naturen an:
ainſterbliche Goͤtter, zu denen er wahrſcheinlich die Ges
flirne vechriete *): ferner die Söhne und Töchter dieſer
Boͤtter, die Dämonen ober Halbgötter, und endlich
Helden oder vergötterte Menfchen””). Er opferte goͤtt⸗
lichen Naturen häufig, ſowohl in feinem Haufe als in
den Tempeln und auf den Altären der Stadt. Er glaußs
te, daß die Götter den Menfchen die Zufunfe durch
Träume, ober durch den Flug’ und die Stimmen ber
Bögel, oder durch unmittelbare Sprüche, oder durch
bie Eingeweide der Opferthiere, oder durch andere Zei⸗
then und Borbebeutungen offenbarten. Er rähmte fih
von einem warnenden Dämon begleitet zu werden,
und ſah bie Zeichen und Vorbedeutungen der Zufunft,
wichtige Beweife für das Daſeyn und die Borfehung _
Sottheit an. Er empfahl fogar die Weißagungs⸗
Eunft denen, die fich nicht ‚bloß mit den gemeinen oder
menfchlichen Kenntniffen befriedigen wollten, und hielt
diejenigen, die an der Wirklichkeit ober Nuͤzlichkeit Dies
fer Kunſt zwenfelten, für eben fo verrückt, als folche
Menfchen, welche die Götter über Sachen ˖und Ange
fegenheiten fragten, die man durch menfchlichen Fleiß
und Scharffinn erfahren oder zu Stande bringen koͤn⸗
ne 7). — Sofrates war daher ein frommer vechtgläus
biger Grieche, der ſtets den Spruch des Apoll zu Del
phi
#) Plat. Apol. Soer. p. 10.
=8) Ueber dieſe Claſſen goͤttlicher Weſen ſehe man. meine
Hiſtor. doctr. de Deo p. 205. Ä
4) Dis Stellen, in welchen alle diefe Gedanken bes Sokra⸗
‚ ted Über bie uayrınn fliehen, find folgende: Xenoph,
Mem. 1, 1. p. 3. efr. I. c. 4. p. 45. IV. €. 7. oeconom,
c. 5. de art. Equeft. c.ı0. Man fehe auch noch Sym-
pof. c. 4. p. 464. |
\
406 Giebentes Buch. Zwehtes Capitel.
phi im Munde führte: daß man die Goͤtter nach be
eiſe und den Sazungen feiner Bäter verehten mäffe®):
Ungeachtet aber Socrates fein Meuerer war, un
auch Feine Neuetungen in der Neflgion lichte ; fo befleit
er doch mit der groͤßten Freymäthigfeit die h
Irrthuͤmer feiner Zeitgenoſſen, die fit die Gottheit eben
ſo entehrend, als für die Tugend und guten Sitten
derer, die fie hegten, nachtheilig waren. Mit nicht
geringerin Eifer bemühte er fich die Gedanfen der Geis
chen über Sort und göttliche Dinge zu heben, und ihnen
ben denſelbigen heiligen Gebräuchen und Handlutige
edlere Abfichten und Bewegungsgruͤnde einzufſoͤßen, alt
fle gewoͤhnlich hatten. Es wuͤrde, fügte Eofrateb,
eben fo thericht, als undanfbar fenn, wenn wir ein We
fen, dem wir alles, was wir find und haben, hu
find, in deſſen Händen unfer ganzes Schickſal liegt,
uns alfo mehr als alle Menfchen gluͤcklich oder unglücklich
machen Fann, menn wir ein foldyes Weſen nicht aus
allen Kräften verehrten mollten, da mir unſern menſch⸗
lichen Wohlthaͤtern die tieffte Ehrfurcht beweifen ), '
Man mürde aber die Majeftät des anbetungsmärbiaften
Weſens beleidigen, wenn man glaubte, daß man feine
Gnade, wie die Freundſchafft eigennuͤziger und beftechle
cher Menfchen, durch teiche und prächtige Gefchenfe
und Opfer erlangen Fonne, und daß Gefchenfe .
und Opfer ihm um deſto angenehmer feyen, je Eoftbaree
fie find F). Wenn & etwas Statt fandes fo muͤſte die
Gottheit aufhören, Gottheit zu feyn, und rechtfchaffene,
aber arme Männer würden ein troſtloſes freudenleeres
teben führen 77). Allein mit Zuverficht kann man fügen
| und
ee nm
vers
2: 3. p. 36. IV. 3. p. 232. Xenoph, Memorzab,
#% Xerioph. Mem. Socr. IV. 3. p. 337:
+) Men: I. 3: p. 37: Xenoph,
tt) iD.
Geſchichte des Sokrates und ſeiner Bil, 401
inb behaupten, daß ein unfträfliches gemeinnuͤziges {es
veri der Heiligfte Gottesdienſt? daß Treue und Fleiß in
einem Beruf der herrlichfte Lobgeſang, und daß ein reis
sed unſchuldiges Herz, und eine Fleine Gabe mit unbe⸗
letkten Händen dargebracht , das lieblichſte Opfer fey *),
Mile dieſe Wahrheiten, fegte et hinzu, haben die Goͤtter
elbſt dadurch beſtaͤtiget, daß fie die Unternehmungen
er. Spattanet , mehr als die allet übrigen Griechen,
jegläckt und gefegnet haben, ungeachtet von den erſtern
mmer nur Fleine Opfer auf ihre Altäre gelegt, und von
yon leztern hingegen die zahlreichen Heerden gefchlachtet,
die glänzendften Feſte gefeiert, Die prächtigften Tempel
gebaut , und diefe Tempel. mit den koſtbarſten Geſchen⸗
ken und herrlichſten Denfmälern find argefülle wor⸗
vet **). Mit diefen vortrefflichen Gedanken des Sokra⸗
@s über den wahren Gottesdienſt und über Opfer
ſtunmten feine Ausfprüche und Rathſchlaͤge über das
Sebet überein, Er bielt es nicht mut für vermeſſen
und gefährlic), die Goͤtter um die Zuwendung beſtimm⸗
tee Güter , ober um die Abwendung beſtimmter Ließel
des Gluͤcks und des Leibes anzuflehen, ſondern auch für
eben fo chbricht, als wenn mar fie um Mürfelfpiel ,
öder um Treffen oder ähnliche Dinge bitten wollte,
bon welchen es ſchlechterdings ungewiß ſey, wie fie aus⸗
fallen wuͤrden 7). Die Dinge außer uns, bemerkte er,
find in einen ju dichten Nebel gehällt, und unfere Ads
gen mit einem zu undurchfichtigen Schleier’ bedeckt, als
bag wir den Wercth der erſtern richtig und auverläflig ee,
⸗
24 2 — 2
A nennen ⏑
#) Ken. 1. & & til. 9
“#) Plato in Aleib. ſeeundo p; 331;
4 Kenopb. Mem; I; 3 P. 36. 37. Plat, in Altib, fee, 2
337: 29.
Zwehtet Band. ke
{
; Wi; 4. Plat: Apol. 13,15 p.
, ;
we ‚nad afwägen kdunten *). einzig
27 an
goͤrůch fen, au entfeheiben ; fo fen Doc) Feine $
- fo ſchwer, und fo fehr über die Kräfte der
r
' erheben, als die Wiſſenſchafft des Guten
Wer, ober vielmehr als die Gabe zu erlernen, ie
— Yen Dingen, die ihren Befizern und Genießer
- ger slgen: Ebnnten, und wirklich ſchaden oder
» geben *®). - Nur bie Gotcheit allein, bie,niche
..: 206. ©egenmärtige, fonbern auch das
bloß den jegigen; fonbern auch. die nachfolgenden Zu
Hände ber nur dieſe allein
ups vortheilgaft ,-umb was ums.nacheheilig.fey.
baher ‚auch am ficherften und unferer
gemeſſenſten, uns in un] jebete
H Blat, 1, €. P.232 .
in Ah 209.
in Alcib, 11. p. 22 :
” Zeu Buoırev, Ta pev ECIAR air Eungonenas,
xce⸗ AVEURTAS
‚Apps de. To de denca Hol EUXOMEYOIS. ams ·
Acken weheuen. ,
M ib. p. ası. — Eugen, Tu ara em Tu
, wyudas vas Jass didevaı neAeuovres au pn
wuron. aran d alas enovar sufupeyar uns
Geſchichte des Sokrates und ſeiner Phil. 403
So wie Sokrates ſeine Mitbuͤrger zuerſt den wah⸗
n Gott aus der Natur kennen lehrte, und fie auch zus.
ft in dem feiner allein wuͤrdigen und ihm -allein wohl⸗
fälligen Dienfte unterrichtete ; fo machte et fie auch zus
—* ſich ſelbſt, mit den ihnen eigenthuͤmlichen Vor⸗
efflichkeiten, und dem urſpruͤnglichen Adel ihrer Natur,
ie der ganzen Größe. ihrer Beſtimmung, mit ihrem:
ahren Gluͤck und Unglück, oder mit der Kunſt bekannt,
a Innern Werth der Dinge , und wahre Güter unb;
ebel, fehäzen und unterfcheiden zu koͤnnen. Bu
Aunſtatt, daß alle Weltweifen vor ihm bie menſch⸗
che Seele entweber für eine aus todten vernunftloſen |
ementen mit dem Coͤrper entflehende, und mig ihm
ieder verfchrwindende Kraft oder Natur, oder doch
Fr ein Weſen gehalten hatten, das dem Menſchen
1ie den übrigen Thieren und ſelbſt mic den Pflanzen
emein fen; lehrte Sokrates, daß unfere Seele goͤttli⸗
ben Urſprungs, und von allen andern bewegenden und.
mpfindenden Kräften und Naturen auf der Erde we⸗
mtlich verſchieden ſey. Wenn irgend etwas ift, fagre
t, was am der Gottheit Theil nimmt, oder mit ihr vom
leicher Natur iſt; fo iſt es die menfchliche Seele, die
Ä | Ce a ſich
ac, Much hier führte Sokrates wieder das Anſehen
und ben Spruch eines Gottes an::. Die Athenienſer,
erzählte er, wuſten es ſich gar nicht zu erklaͤren, war⸗
am fie den Spartaneru immer unterlagen, und bie
Soͤtter ihren Feinden ſtets deu Sieg zuwendeten, ba ſie
Boch weit mehr an Tempel ˖und deren Verzierungen, Att
Zeſte und Opfer verſchwendeten. Sie ſchickten daher
eine Geſandſchafft au den Jupiter Ammon, und liegen
ihn fragen: moher es kaͤme, baß die Spartaner fo ſehr
von den Göttern begäuffiget wuͤrden; und ber Gott
antivortete: daß es deßwegen geſchebe, weil das Gebet
der Spartaner den Goͤttetn angenehmer, als alle
Dpfer und Feſte der aͤbrigen Griechen ſey. Plat. l. e.
DUTUJ EINE BIWVELIENUU)E JE YLOHrL- YIERUUD
mender Tugenden, in eben dem. Grade über al
gen Thiere erhebt, in welchem fein feib fich dur
den Wuchs , durd) kuͤnſtlich gebaute Hände
Sprachwerkzeuge von allen übrigen thierifchen (
unterfcheider *). Ungeachtet aber Sokrates all
fdien für Theile oder Theilnehmer der Gorthei
ſo fäugnete er doch nicht, daß unter ihnen eben
urjprüngliche Unterſchiede, als unter den Coͤrper
Daß die einen aljo viel ftärfer, thätiger, gur Tug
Weisheit aufgelegter, ald die andern fegen *”
pfüfte und erfannte folche außerorbentliche Se:
der Heftigfeit der Begierde, momit fie alle Ken
durch welche fie felbft glüclich werden, und
glücklich machen koͤnnten, ergriffen, an der &
bigfeit, womit fie diefelben faßten, an der Fe
womit fie fie behielten, an dem Feuer oder ver
keit, womit fie redeten, dächten, handelten, ur
hqupt an der Art, wie ſie andere Menſchen und
ſiche Angelegenheiten ‚zu behandeln wuͤſten F).
folche Perſonen, die von der Gottheit mit unge
chen Kräften ausgerüftet waren, ermunterte er (
VoRgichte bes Sokrates und feiner Bil 405
derer Buben, weil fie dergleichen weit mehr, als miitiels
Käfige Köpfe nöthig hätten. Denn fo wie bie muthigs
Erraftvollften Pferde und Hunde, wenn fie bezaͤhmt
gezogen würden, die beiten und brauchbarften, werk
ze gegen ungebändiaf und ununterrichtet blieben , die
rerngten und gefährlichften wären, eben fo wuͤrden
SP ITenichen mit großen Anlagen, wenn fie in dem,
aranthun müfle, gehörig wären unterwiefen wot⸗
FA CH und andern am nuͤzlichſten; wenn fie hingegen
=E> E öffige oder verwildert wären, gerade diejenigen,
"zz en man am meflen zu befürchten hätte; denn
VE e nicht wülten, was fie thun und lajfen follten,
® dGefich oft in böfe und fchändliche Unternehmuns
ze än, die fie alsdann mit allen ihren außerordents
wäften durchfezten , und von benen fie am aller⸗
en zurüd zu bringen wären *). Wie fehr vies
RM erweifung und Uebung, zur Ausbildung oder -
ASrung, fowohl vorzäglicher, als gewöhnlicher
Tg beytrage, Fünne man aus ben Denfpielen meh⸗
lker abnehmen, unter welchen ein jedes in dem,
F es fich am meiften lege, alle übrigen! übertreffe,
I Hracier oder Sfythe werde ed wagen, gegen ben
AT taner in der dem leztern eigenchümlichen Ruͤſtung
7 Waffen zu fechten; aber eben fo wenig werde fich
s Spartaner unterjtehen, fich mit jenen in Wurf⸗
nehtverfen , ober Pfeilfchießen,, und andern Arten
„ed leichten Krieges zu meffen **). Weder Neichthümer,
och andere Vorzüge bes Gluͤcks fönnten jemand einer
forgfältigen Ausbildimg und Anftrengung feiner Kräfte
überheben 7); denn chöricht fey es, zu glauben, daß
| ‚6:3 man
*) IV. ı.
#**) Lib, III. 9.
+) IV. 1. ib, & Plat. in Alcib, I,
426. Siebenter Buch. Zweytes Capitel.
man das Nuͤzliche und Schaͤdliche, das Gute und BR
von felbft ohne Unterweifung untericheiden. koͤnne, the
sicht, wenn man hiezu unfahig fen, fich einzußiite,
daß man durch Reichthum allein alles, was zu eines je⸗
von Beſten diene, erreichen koͤnne, und thoͤricht, wem
Diefes unmöglich fen, fich dennoch zu fehmeicheln, vo
man fein teben gluͤcklich und ruhmvoll hinbringen werte, |
und unfinnig endlich, wenn man fich einfallen fafle, bief
burch ein beträchtlicyes Bermogen, ohne nüzliche Kawt 1:
niffe und innern Werth, den Mamen eines verftänbigen
und wahrhaftig großen Mannes zu erlangen *).
Unter allen Künften, womit ein junger Mann fi I;
ne Seele ſchmuͤcken Fonne, empfahl Sokrates feine k
fehr., als die Kunft der Selbfterfenntniß, oder die Kunf,
ſich felbft zu erforfchen und kennen zu lernen. Keim
andere Wiffenfchafft fey denjenigen, der fie befize, näy
licher, und beraube denjenigen, dem fie mangle, größe
rer Dortheile, als eben dieje, zu welcher felbft der Gott
zu Delphi durch eine Inſchrift feines Tempels aufı
mun⸗
%) ib. Sokrates war gewiß nicht der Meynung bes Ar⸗
fpes beym Kenophon VI, 1. $. 19:21. Cyropaed. uf
der Menſch zwo Seelen, eine gute und eine böfe habe,
daß er, fo lange die gute herrſche, gut, und fo lange
die böfe vegiere, böfe handle, indem es unbegreiflich
ſey, wie ein und eben biefelbige Seele zu gleicher Zait
gur und böfe fepn, das Gute und Boͤſe lieben, ode
baffelbige zu gleicher Zeit wollen und nicht wollen Has
ne. — Dap diefe Lehre von mehrern entgegengefeztm
Seelen im Menſchen, worinn von jeher alle diejenigen,
He ihren Leidenfchafften unterlagen, gleich dem Arafped
eine Zuflucht gefucht haben, nicht dem Sofrates cigm
war, wirb bie Zolge Ichren. Ich erinnere dieſes um
derer willen, welche glauben koͤnnten, dag Plaro’s
Mepnung von ber Mebrheit menſchlicher Seelen (hm
von feinem Meifter vorgetragen worben,
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 407
muntere *). Sie allein verdiene vor allen andern
MWiffenfchafften den Namen der wahren Weisheit oder
Klugheit **). Sic) felbft Fennen, Heiße aber nicht bloß,
feinen Namen, feine Abfunft, Verwandte und fo weiter
wiffen; fondern wie ein tiebhaber nicht eher glaube, ein
Pferd zu fennen, als bis er unterfucht habe, ob es bieg⸗
fam oder hartnäckig, ftarf oder ſchwach, gefchwind oder
langſam, und zu allem dem brauchbar fey, wozu man
ein Pferd zu brauchen pflege; eben fo koͤnne niemand
fic) einer richtigen Kenntniß feiner felbft ruͤhmen, ala
bis er dad Maaß, und den Umfang feiner Kräfte, und
feine Fähigkeit zu allen menfchlichen Gefchäfften geprüft
Gabe. Nur diejenigen, vie ſich felbft erforfcht Härten,
wuͤſten, was ihnen zuträglich oder nachtheilig fey, und
was fie vermöchten oder nicht vermoͤchten. Sie ſtreb⸗
ten alfo nad) nichts, ald was ihnen heilfam und erreich,
bar fey, und unternähmen nichts, als was fie mit ir
ren Kräften und Kenntniffen auszuführen überzeugt w
ren. Sie erlangten daher auch immer, was fie wuͤnſch⸗
ten, und hätten nie die Demüthigung etwas ſchlecht
oder vergebens gemacht und angefangen zu haben. Weil
fie ſich felbft genau Eennten, fo feyen fie auch um befta
mehr fähig, andere zu prüfen, und biefe zur Befoͤrde⸗
rung ihres Glücks und zur Abwendung aller Nachtheile
zu brauchen. Eben diefe glückliche Erreichung aller ih⸗
rer Abſichten, und die gefchicfte Urt, wie fie andere
Menfchen zu behandeln wüften, verfchaffe ihnen Anfes
n und Liebe, indem diejenigen, die gewiſſe Entwürfe
gerne glüctich ausführen möchten, oder in ber Aus⸗
führung berfelben Hindern ie faͤnden, fich vorzuͤglich an
| Ä 4 fie
REGEN
Te I UN U U 1 U 02003
®) Memor, Soer. IV. 2. $. 23. & ſq. Plat. in Akcib, I, in
eerscus p. 238. in Charmide p, 247.
e1,cc
—
408 Siebentes Buch. Zweptes Eapitel,
fie wendeten, ſich ihre Rathſchlaͤge ausbaͤten, und ſit
gleichſam zu ihren Vorftehern machten. Solche hinge
gen, die ſich ſelbſt nicht kennten, wuͤſten weder, weſſen
fie beduͤrften und mas ihnen heilſam ſey, noch was ſie
eigentlich anfangen, oder thun ſollten. Sie verfehlten
faſt immer, was fie fuchten, ſtuͤrzten fich in viele Ne |
bel, die fie nicht: voransgefehen hätten, und wuͤrden dw
durch für ihre Unwiſſenheit nicht nur auf der Stelle ger
ſtraft, fondern zogen fid) auch den Spott und die Ber
achtung anderer zu, vom denen fie als unerfahrne um
ungefchichte Menfchen ausgelacht würden.
Sofrates hielt es für gewiß, oder dach für Wed]
mahrfcheinlicher, daß unfere Seelen nach dem Tode fort:
bauten, als daß fie entweder mit dem Coͤrper zerftrem |
werben, oder untergehen, oder auch mic dem Verluſt |"
ihrer Perfönlichfeit, und aller Erinnerungen ihres ehe
moligen Zuftandes, in pie Gottheit, woraus fie entfprum
gen, wiederum verfchwinden würden *). Glaubt nicht,
fagt der ſterbende Kyrus, beym Xenophon, gar im |
Sofratifhen Sinn, und in Sofratifher Sprade, |
glaubt nicht, meine lieben Kinder, daß ich, wenn ih
bon euch gefchieden feyn werde, nirgends oder gar nick
mehr ſeyn werde. Auch fo lange ich bey euch war, ji
— ——— En GE
— —
u) Ich ſehe ohne Bedenken die Gründe, womit ber ſterben
⸗Kyrus beym Zenophan bie Hoffnung eines beſſern fu
hens in ſich und feinen Kindern zu ſtaͤrken ſucht, «u
Sokratiſch an. VIII. 7. Cyrop. 547. 548. 557. su
Cic. de Sene&. c. 22. Hingegen übergebe ich Pie Bu
weiſe fär die Unfterblicgkeit der Seele, welche Plate
ben Sokrates in feinem Phaͤdon vortragen läge. Ei
ige von biefen find wahrfheinlih auch Sokratiſch;
andere hingegen find es gewiß nicht, und ich will daher
lieber gar Peine davon dem Sokrates zueignen, als den
Plato etwas abſprechen, was fein Eigenthum iſt.
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil, 409
he meine Seele nicht, fondern ihr ſchloßt das Daſeyn
esfelben nur allein aus ihren Wirfungen; und eben fo
lanbt auch dann, wann ihr mich nicht mehr fehet, daß
d‘ doch immer noch da feyn werde. Habt ihr nicht off
ıfahren, mit welchem Schrecken die Seelen derer, die
Inrecht gelitten, ihre Beleidiger und Verfolger überfaße
n haben *)? Könnt ihr euch wohl vorftellen, daß die
denfmäler und Feigrlishfeiten, die man zu Ehren ber
Serftorbenen gu errichten und einzufegen pflegt, fo lange
yetdauren würden, wenn ihre Seelen nicht noch) vieles
ıe Erhaltung ihres Gedächtniffes vermöchten ? Ich wege
igftens habe mich nie überreden fonnen, daß die Seele,
> Sange fie im jterblichen Eorper verweilt, leben, und
yerur fie von dieſem abgelöft wird, fterben ſollte. Ich
He ja allenchalben, daß Seelen ſelbſt lebloſen Coͤrpern,
9 lange fie in ihnen wohnen, $eben geben; wie follte
ch alfo glauben Fonnen, daß die Seelen Empfindung
nd Vernunft verlören, wenn fie pon dem gefühllofen
ind vernunftlofen Cörper getrennt werden? Vielmehr
ft es wahricheinlich, daß das in uns denkende Weſen,
venn es mic aller fremder Materie unvermijcht und une
befchwert ift, am wirffamften und weifeften ſeyn werbe,
Wenn der Menfch im Tode qufgelöft wird, fo ſieht
man, wie ein jeder Beftandrheil ſich zu feines Gleichen .
ammlet; nur die Seele allein nimmt man weder wahr,
: large fie noch da iſt, noch wenn fie fich vom Coͤrper
trennt. Endlich muß man auch dieſes bebenfen, bafi
fein Zuftand dem Tode ähnlicher (ey, als der Schlaf,
und daß fich gerade in dieſem Zuftande der göttliche Ur⸗
fprung und die göttliche Natur ber Seele am meiften
pffenbare. Jun Schlafe fiehe fie ja ſelbſt in pie Zufunft
° « . Gc 5 ⸗ hin⸗
7
mu ..
*) Diefen Gedanken bat icero in feiner Ueberſezung ap def
“angeführten Stelle weggelaſſen.
410 . Giebentes Buch. Zweytes Capitel.
hinein, weil fie, wie es ſcheint, alsddann vom Leibe am
wenigften gedrückt wird. — Wenn es fich nun, fährt
Kyrus fort, fo verhält, wie ich euch gefagt Habe, und
auch felbft glaube, und meine Seele ihren Coͤrper nur
verläßt, ohne mit ihm unterjugehen, fo ehrt mich da,
durch, daß ihr das thut, was ich euch befohlen habe,
Stirbt hingegen mein Geiſt mit dem Leibe ab; fo ws
tet immer bie unfterblichen Götter, bie alles fehen und
vermögen, und bie das unermeßlich große und unbe
fehreiblich ſchoͤne Ganze in unveränderter Ordnung erhals
ten. Thut und denfe nie etwas Unheiliges, und der
Gottheit mißfälligess oder fcheut wenigftens, "wenn ihr
Feine Götter fürchtet, die Urcheile des ganzen Menfchens
gefchlechts. — Ruft alle Perfer und Bundesgenoffen bey
meinem Grabe zufammen, und laßt fie alle fich darüber
freuen , daß ich in Sicherheit und allem Uebel entzogen
binz ich mag nun nach dem Tode gar nicht mehr ſeyn,
oder unter den Göttern leben, |
In einem ähnlichen Tone, in welchem aber doch
die Hoffnung der Unſterblichkeit die Furcht vor der Zers
fldrung nod) weniger überwiegt, läßt Plato den Sokra⸗
tes vor feinen Richtern reden. — Ach würde *), fagt
er, ben Plaz verlaffen, auf welchen mid) die: Götter hins
geftelle Haben, wenn ich aus Furcht vor dem Tode aufı
hörte, mich felbft und euch zu unterfuchen. Wenn ich
diefes chäte; fo koͤnnte man mich mit Recht als einen
Mann vor Gericht führen, der feine Götter glaube, weil
er ihren Befehlen und Warnungen nicht gehorche, und
ber jich weife zu ſeyn dünfe, ohne es wirklich zu ſeyn.
Denn fich vor dem Tode fürchten, ihr Athenienfer, it
nichts anders, ala weife ſcheinen, ohne es zu feyn, im
dem man fid) einbildet, etwas zu wiflen, was man nid
weiß,
U U 3
„©. 11 und 12.
Geſchichte des Sokrates ımd feiner Phil. 411
yeiß. Denn niemand fenne die wahre Natur des To⸗
es, und feiner alfo weiß es, ob er nicht vielleicht dem
Menfchen das größte Gut fen, ungeachtet die meiften
m als Das größte Uebel fürchten. Wenn id) in irgend
inem Stuͤcke weifer zu feyn glaubte, ald andere Mens
hen; fo würbe es barinn feyn, daß, fo wie ic) nichts
Juverläffiges von dem weiß, was mit dem Mienfchen
ıach dem Tode vorgehen wird, id) es zu wiſſen mir auch
‚ae nicht einbitve. Daß es hingegen fchlecht und ſchaͤnd⸗
ich fen, den Göttern oder beffern Menfchen nicht zu ges
werben, davon bin ich feft überzeugt; und ic) werde
ifo niemals etwas, wovon id) nicht weiß, ob es nicht
ielleicht ein Gut fey, mehr fürchten, als böfe Hands
ungen, von denen td) gewiß weiß, daß fie Uebel find. —
Delbft daraus, fährt Sokrates gegen dad Ende feiner
Schuzrede fort *), daß mein Genius mich gar nicht ges
varnet, ober mir gar Fein Zeichen gegeben hat, als ich
joe Gerichte ging, ſelbſt daraus fchließe ich, daß das,
vas mir begegnet ift, nichts Bofes, und daß der Tod
eibft ein Gut fen. Denn Sterben ift eins von benden:
ntweder eine gänzliche Vernichtung des Mienfchen, oder
md; nur eine Verſezung der Seele aus einer Wohnung
n eine andere. ft das erftere, und liegt-alfo der er⸗
zlaßte keichnam wie in einem tiefen Schlafe, der durch
'eine boͤſe unruhige Träume unterbrochen wird, fo kann
nan den Tod nicht anders, als für einen großen Ges
pinn halten. Denn wenn man alle die Tage und Nächte
yes Lebens unterfuchen wollte, die man noch angenehmer
‚gebracht hätte, als eine folche Nacht, in welcher man
n einen tiefen traumlofen Schlummer verfunfen war;
© würden nicht nur gemeine Menfchen, fondern auch
elbft die größten Könige der Erden die erftern ſehr eis
zaͤh⸗
—
*) P. 16.
413 Sicebentes Bud. Zweytes Capitel,
sählen koͤnnen. Iſt alfo der Tod einem 'tiefen Schlafe
gleich; fo kann man fich die ganze Ewigkeit als eine ein
zige lange Nacht denken. Wäre Hingegen der Tod nır
eine Beränderung des Aufenthalts, und wäre es nick
falſch, was die Vorfahren geglaubt haben, daß alle
Berftorbene nod) irgendwo fortieben, wie fonnte man
ſich alsdann ein größeres Gut, als den Tod denken,
"wodurch man auf einmal der Gewalt irdiſcher Richte
entriſſen, und vot die Stühle des Minos, Nhadaman
thus, Aeakus, Triptolemus und anderer Helden des Al
terthums geftelle wird, die felbft ein heiliges Leben ge
führe haben, und feine andere, als gerechte und unpar⸗
thenifche Urtheile fällen. Wie viel würde nicht ein jeder
inter euch darum geben, wenn er mit dem Orpheus,
Muſaͤus, Hefiodus und Homer zuſammen kommen
Fonnte? Sch wenigftens würde mit Freuden einen vie,
fachen Tod fterben, wenn ic) diefes Glück gewiß hoffen
koͤnnte. Für mich würbe es eine entzuͤckende Unterhab⸗
fung feyn, wenn ich mic dem Palamedes, ober dem
Ajax, dem Sohn des Telamon, oder andern berühms
fen Männern , die durch ungerechte Urtheilsſpruͤche
umgekommen find, reden, und meine Schickfale mit
ben ihrigen vergleichen koͤnnte. Ein noch größeres
Vergnuͤgen aber würde ich darinn finden, Die abge
fehiedenen Seelen in den unterirdifchen Wohnungen,
wie die Menjchen auf diefer Erde zu unterſuchen und
zu prüfen, welche wirflich weife find , und welche es
nur zu ſeyn fcheinen. Wie groß müfte das Vergnuͤgen
ſeyn, den Helden zu erforfchen, der vie Griechen nad)
Troja führte, oder den Ulyſſes, oder Siinphus, oder
‚unzählige andere merkwuͤrdige Peripmen von benverien
Geſchlecht? Gewiß diefe Erforkctungen müften eine
unbefchreibliche Freude gewähren „ In perentwoilen bieje
niigen, Die bier richten, gewiß ER verurteilen uN
öbten würden. Auch darin Tin Ve Deohn *
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 413
unterirdiſchen Derter glücklicher, als die Bewohnet der
Erde, daß fie weiter feinen Tod zu fürchten haben, fonts
yern ein unvergängliches Leben führen, mern ed anders
mahr ift, was davon erzählt und gefungen wird.
In einem viel zuverfichtlichern, und, wie ich glaube,
mahrern Tone, der gleichjam ein Wiederhall feiner in
nerften Empfindungen war, redet Sokrates im Phaͤdon
und Gorgias des Plato über die UnfterblichFeit und Schick
fale der Seele nach) dem Tode des Corpers, und bemerft
e8 auch ſogleich, daß er fich gegen feine Sreunde ernftlis
eher und frenmürhiger, als gegen feine Michter äußern
wolle”). Ohne die lleberzeugung, . fagt er zum Simmias
und Kebes, daß ich nach dem Tode in die Gefellichaffe
weifer und guter Götter, und auch befferer Menfchen,:
als Diefe Erde trägt, kommen werde, würde ich unrecht.
thun, oder wenigſtens auf eine unvernänftige Arc forgs.
les ſeyn, wenn ich mid) nicht vor dem Tode fürchtete.
Nun aber wißt ihr, daß ich mit guten Menfchen, und
wenn ic) auch biefes nicht zuverläflig verfichern kann,
doch gewiß mit guten Göttern und Herren werde verels:
nigt werben. Hiervon bin ich fo gewiß, als von irgend
einer andern Sadje, überzeugt, und ich bin daher andy
nicht unwillig über mein Schickſal, fondern lebe vielmehr
der guten Hoffnung, daß auch die Verftorbenen nicht
ganz aufhören zu feyn, und daß die guten Menfchen
fich in einem beffern Zuftande, als die böfen, finden
werden. — Ahr koͤnnt mich, antwortet er auf die Frage :
mie er begraben fenn molle**)? beerdigen, wie ihr wollt,
venn ihr meinet anders habhaft werden koͤnnt, und ich
sch nicht entwiſche; und mie einem fanfsen laͤcheln und
einem
———
#) p. 24. in Phaed.
Eee
414 | Siebentes Buch. Zweytes Capitel.
einem nicht weniger ſanften Blick auf ſeine ihn umgeben⸗
den Freunde fuhr er in folgenden Worten fort: Ich
kann den Krito nicht uͤberreden, daß ich der Sokrates
bin, der jezo mit ihm ſpricht, und ſeine Gedanken nach
Abſichten ordnet. Er glaubt immer, daß ich derjenige
bin, den er nach wenigen Augenblicken erſtarrt und ent⸗
ſeelt ſehen wird, und fraͤgt daher, wie er mich begraben
ſoll, da ich ihm ſchon lange bewieſen habe, daß ich nach
dem ausgeleerten Giftbecher nicht bey euch bleiben, ſon⸗
dern in Wohnungen der Seeligkeit uͤbergehen werde.
Mit dieſem Gedanken habe ich ſowohl euch als mich ge⸗
troͤſtet, und ihr koͤnnt daher eine der ſeinigen ganz ent⸗
gegengeſezte Buͤrgſchafft uͤbernehmen. Denn ſo wie er
fich bey den Richtern verbuͤrgte, daß ich nicht aus dem:
Gefaͤngniſſe entfliehen würde, fo Fonnt the euch gegen
ihn verbuͤrgen, daß Ich nach dem Tode des Chrpers nicht
bier bleiben, fondern von dannen fcheiden werbe, Damit
Krito bey der Verbrennung oder Beerdigung meines
Leibes nicht unmillig werde, als wenn Id) 'noch etwas
Schreckliches Titte, oder nicht fage, daß Sokrates begras
ben oder ausgeftellt werde ‘Denn wiſſe, mein lieber
Krito, daß, wenn man fic) hier unrecht ausdruͤckt, man
Dadurch nicht nur Fehler im Reden macht, fondern auch
feiner Seele Schaden thut. Seyd alfo guten Muths,
und begrabt meinen Leib, wie es euch feldft aefällig,
und ben väterlichen Geſezen und Gebräuchen am meiften
gemäß ift ”).
| Bor
°) Als eiten' Beweis, daß Sofrates ober’ Plato dennoch
in der Meynung von ber Unfterblichfeit der Seele ges
wankt habe, führten viele folgende Worte an. in Phaed.
©. 46. Es würde einem vernünftigen Mann nicht
ziemen, mit einem entfcheibenden Tone zu a
| a
——
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. z13
Bor dem Tode, fagt Sofrates zum Kallikles,
oa ſich fein anderer, als ein feiger und unverftändiger
ann fürchten. Vor Unrechtthun Hingegen muß fich
ig ein jeder feheuen, weil es fein größer Unglück gibe,
mit einer von Miſſethaten belafteten Seele in vie
terirdifchen Wohnungen zu kommen. Wenn es bie
ht zuwider ift, ſo will ich dir eine fchöne Rede erzaͤh⸗
, die du vielleicht für eine Fabel haften wirft, die mir
»e burchaus wahr ſcheint. — Jupiter, Neptun und
uto theilten, fo finge Homer, das Reich, was fie von
em Dater empfangen hatten. Nun war es Gefez uns
‚der Regierung des Saturn, und iſt es aud) noch je⸗
‚ und wird e8 auch ewig bleiben ; daß Menfchen, die
zendhaft und heilig gelebt haben, in die Inſeln der
eeligen verſezt wurden, und dort ein forgen s und
merzenlofes: leben führten, und daß bie Laſterhaften
d Gortlofen Hingegen in einen Ort ber Strafe und
“ des
daß ſich alles genau fo verhalte, wie ich's erzählt ha⸗
be. — Allein dieſe Worte geben nicht anf die Gruͤnbe,
die Sofrates für die Unſterblichkeit der Seele vorzes
bracht, fondern auf die Kabeln, die er vom Zuſtaube
der Seelen nach dem Tode erzählt. hatte. Dies erhellt
niche nur aus den wiederhohlten Werfiherungen feine
feſten Weberzeugung von der Unſterblichkeit der Seele,
fondern auch aus dem, mas unmittelbar auf bie miß⸗
verflandenen Worte folgt. — Daß es fi unterdeffen
auf diefe oder andere ähnliche Arten mit unfern Seelen
verhalte, die wir für unfterblich halten muͤſſen, Dies
glaube ich, laͤßt ſich ſchwerlich Täugnen. — In eben
dieſem Sinne muß eine andere Stelle geleſen werden,
die man auch unrecht verſtehen koͤnute p. 23. in Phaed;
Kos yag scws nos MEANS TOEne, MET
EKEITE ETOÖNMEN, dmonomev TE neu puJoAo-
YEW RELITNS — TNS ER, TO Tvas
—RX
46 .Siebentes Buch: Zweytes Fapitel
bed Gerichts, welcher man Tartarus nenne, hinabge—
ſtoßen wurden. Sowohl die einen ald die andern wur
dert unter dem Saturn, und anfangs auch noch unte
der Regierung des Qupiter, bei) ihrem Leben, urib zwar
än ihrem Sterbetage , von lebenden Perſonen gerichte:
Allein die Ausfprüche dieſer Nichter waren ſo ſchlecht,
dag Pluto und die Uuffeher der Wohnungen der Seh
gen. jich genoͤthigt ſahen, es dein Jupiter zu melden,
daß viele in mehrerer Ruͤckſicht unwuͤrdige Menſchen is
den Aufenthalt glücklicher und tugendhafter Seelen ev
gegangen feyen.. Jupiter verfprach dieſe Unordnungen
abzuftellen, und fagte, daß die Urfache ber falfchen Ur
'theile, die man bisher gefälle hätte, darinm liege, daß
man die Menjchen noch bey ihrem Leben und unter aller,
ley Hüllen gerichtet habe. Diele ruchlofe Seelen feyen
mit fchönen Eörpern, mit dem Glanze eines alten Ge
ſchlechts und großer Reichthuͤmer umfleidet geweſen,
haͤtten auch viele Zeugen für ein tugendhaft geführtes
teben beygebracht, und eben dadurch ihre gleichfalls noch
beffeivete Richter um defto mehr geblender , da fie noch
Naſen, Ohren, Geſicht und ihren ganzen Coͤrper, dl
eine verbergende karve vorgehabt hätten. Man miüffe
daher vors erfie dieſes abändern, daß die Menſchen die
Zeit ihres Todes vorher wuͤſten, und dann muͤſte mar
die Seelen alle nackt und nad) dem Tode des Körpers
richten. Auch der Richter müffe entfleivet und verſtor⸗
ben feyn, damit er unmittelbar mit feiner Seele eine
fede abgejchiedene Seele unterfuchen koͤnne, die une‘
wartet von ihrem Seibe gefchieden worden, und allen
ihren Schmuck auf der Erde zurück gelaffen Habe. Zu
Biefer Abſicht, alle Urtheile über abgefchiederre Seclen
gerecht und unparcheyifch zu machen, Habe ich, fußt
Jupitet fort, meine eigene Söhne zu Richtern beftimmt,
zween aus Aſien, den Minos und Nhadamanthuie, und
einen aus Europa, den Aeakus. Wenn diefe geſtorben
fenn
Geſchichte des Sofrates und feiner Phil. 417
ei werden, fo follen fie auf der Miefe an der Schei⸗
ung der Wege, wovon ber eine nach dem Tartarus,
nd ber andere nach den Sizen ber &eeligen binführr,
Bericht halten, und zwar foll Rhadamanthus die Men⸗
ben aus Alten, und Aeakus die aus Europa richten,
Dem Minos hingegen will ich die legte Entſcheidung foß
her Fälle überlaffen, worinn ber eine oder andere feiner
Behülfen Schiwierigfeiten finden, oder bey welchen fie
Rath brauchen fünnten. — Dies ift es nun, Kallikles,
vas ich gehört habe, und für wahr halte, und woraus
nan, wie ich glaube, folgendes fchließen kann: bag der
Tod meiter nichts als eine Trennung zwoer Naturen,
je leibes iind der Seelen fen, und wenn fie beybe von
inander gelöft werden, daß fie ihre Geſtalt und Eigen⸗
chafften behalten, wie fie viefelben während ihrer Ders
inigung hatten, Wenn alfo jemand ben feinem teben
woß und ſtark von Eörper wat, fo bleibt auch der beich⸗
ram fos oder wenn jemand einen reichen Haarwuchs,
wer Striemen von Scylägen, oder Narben von Wun⸗
den, oder zerbröchene und verdrehte Gliedmaßen an feis
nem teibe hatte; fo behält er dieſe alle auch Im Tode mer
nigſtens während einer gewiſſen Zeit. Auf eine Ähnliche
Art fcheint es fich auch mit der Seele zu verhalten: wenn
fie vom Coͤrper entkleidet iſt; fo wird alles an ihr ſicht⸗
bar, ihre urſpruͤngliche Natur, und alle Verbeſſerungen
per Verſchlimmerungen, die fie durch Gedanken und
Thaten erhalten hat, Wenn alſo die Seelen aus Aſien
pe den Rhadamanthus fonımen, ſo unterſucht biefer
ine jede Seele, ohne zu wiſſen, wert fie gehört. (Er
rifft daher oft die Seele des großen Königs der Perſer,
wer auch anderer Könige und Satrapen, krank, durch
Inmöägßigfeit, Weichlichfeit und andere Ungeheuer vers
‚gen, und voll Narben und Geſchwuͤren an, die is
nen buch Meineide oder andere Ungerechtigkeiten einge .
Zweyter Wand, Do druͤckt
483 GSiebentes Bud), Zweytes Capitcl.
druͤckt und geſchlagen worden *). Solche haͤßliche ver
zerrte Seelen ſchickt er ſogleich mit Schimpf an den Ort,
wo fie die Strafen, die ihnen bevorſtehen, leiden mäß
fen. Denn ein jeder, der von einem andern auf ei
gerechte Art geftraft wird, wird entweder felbft gebeffert,
oder dient auch andern zum warnenden Benfpiel, damit
fie fehen, mas er leide, und durch Furcht vor diefen fer
den zur Befferung betvogen werden. Solcher Seelen
deren Leiden für die neuen Anfommlinge ein lehrreiches
Schauſpiel find, finden fi) immer viele.in den unters
difchen Dertern, und eine von diefen wird gewiß die
Seele des Archelaus ſeyn, wenn es anders wahe if,
was Polus von dieſem Mafevonifchen Könige erzäßkt.
hat. Die meiften Seelen von diefer Arc find Die Se—
len von Tyrannen, Kbnigen, Satrapen, oder
von Städten, die alle zur Büßung ihrer Lüfte die größ
ten Berbrecyen leicht begingen,, weil fie dieſelben unge
ftraft begehen Fonnten. ‘Denn fehr ſchwer, mein lieber
Kallikles, iſt es für die meiften Menſchen, gerecht zu
handeln, wenn jie e8 in ihrer Gewalt haben, ungerecht
zu feyn. — &o wie nun Rhadamanthus alle böfen See⸗
len (unter welchen er die heilbaren von den unverbeſſer⸗
lichen auszeichnet ) in den Tartarus hinabſchickt, ſe
fendet er die guten und heiligen in die glücklichen Gefilde,
umd eben dieſes ehut auch Aeakus. — Weil ich von der
Wahrheit deffen, was ic) dir, mein lieber Kalliffes, jez
erzählt habe, feſt überzeugt bin; fo bemühe ich midy
meine
®) Auf diefe Stelle im Gorgias zielt Zacitus im folgenten
Worten VI. 6. Annal. Neque fruftre praeftantifi-
mus fapientiae firmare folitus ef, fi recludantur ty-
sannorum mentes, pofle afpici laniatus & iduss
quando ut corpora verberibus, its faevitia, libidine, '
melis confultis animus dilaceretug,
| Geſchichte des Sokrales und feiner Phi. 419
eine Seele fo gefund, als ich nur kann, zu erhäften,
n fie meiner Nichter fo unverdorben, als nut möglic)
t, batftellen zu Föntten. Unbekuͤmmert um den Ruhm,
e Würdeh und Güter, nach tvelchen andere Menſchen
achten, forjche ich had) Wahrheit, und ſuche ſo volls
ummen und gut, als meine Kräfte es erlauben, zii
beit, und dereinſt auch abzuſcheiden. Auch muntere
h alle übrige Menſchen, und ſeibſt dich, Kallikles, zu
nein aͤhnlichen teben und Kampfe auf. Denn wenn
as Urtheil wider dich ausfallen, und der Sohn ber.
legina dich ergreifen follte, fo wuͤrdeſt du gewiß außer
Stande ſeyn, Bit felbft zu Helfen, und deine Seele würde
on einem eben fü heftigen Taumel oder Schwindel her⸗
mgetrieben werden, als du ſagſt, daß mich uͤberfallen
‚Ärde, wenn ich auf einmal von einem mächtigen Red⸗
ee vor den Richterſtuhl ſollte gefuͤhrt werden.
Dieſe Erzaͤhlung oder Rede des Sokrates iſt mei⸗
jem Urtheile nach die ſchoͤnſte und der Vernunft ans
lehmlichſte Erdichtung über die Schickſale der Menſchen
täch dein Tode; die jemals erfunden worden. Denn
Bas Farin die ſich ſelbſt uͤberlaſſene Vernunft Ber Oott⸗
jeit wuͤrdigeres, zur Tugend mehr aufinunterndes, det
dugendhaften troͤſtlicheres, und dein Laſtethaften nieder,
thlogendetes denken, als daß die reinen Seelen, bie
vährend ihret Berbindung mit dem ſterblithen Leibe aus
Alen Kräften nach Wahrheit und Tügend geftrebt Haben,
tach dem Tode mit hohern Naturen und beſſern Men⸗
eri vereinigt, und in diefet Bereinigung ſteto an Weiss
" und Tugend wachen, und eben deßwegen duch an
dckfeeligfeit Heftändig zunehmen? Bag hingegen die
inteiheit Seelen in Wohnungen der Augal hinabgeſchickt,
Ind durch gemiffe , ihrer Verdorbenheit und Verhtechen
enau entfprechende Strafen geläucert, oder gebeſſert,
md menü keine Beſſerung Statt findef, Auen zum
Benfpiel werden gezuͤchtiget Batan“ a Ge wenig „a
va Ä | |
ww
430 Giebentes Buch Zweytes Capite J
aber über ven Werth der Sokratiſchen Erzaͤhlung entge⸗
gengefezte Lrtheile erwartes fo fehr werben, glaube kh,
viele fich darüber wundern, daß ein fo großer Mahn,
als Sofrates war, ſich mit folchen Beweifen befriebigen
fönnte, als worauf er feine Hoffnungen der Unſterb⸗
lichkeit gründete, Allein diefe müffen fich erinnern, daß
. das Gewicht von Gründen in Ruͤckſicht auf verfchiedene
Gemuͤther eben fo verfchieden, als die Meynungen felbfl
fenen, und daß alfo auch Beweisarten dem Sokrates
genug thun Fonnten, die uns ganz unzulänglich ſcheinen.
Ueberdem darf man nicht vergeffen, daß Sokrates außer
‚ben Gründen, die wie ihm jezo mit Zuverfiche zueignen
koͤnnen, vielleicht noch andere hatte, die wir nicht wi.
fen.‘ Denn alles, was und von der Denkungsart und
den lehren des Sokrates befannt ift, ift doch Immer
nur Bruchſtuͤck, indem feine Freunde gewiß niche alles,
was fie von ihm gehört, aufgefchrieben Haben, und
wiederum von dem, was fie aufgezeichnet harten, der
ben weiten größere Theil verloren gegangen iſt *),
DAR | Auf
. ; inininenitiunhesnsihienn ahnen ——
#) Bielleicht zweyfelt man daran, ob die ganze Erpichtung
vom Sokrates herruͤhre, und ich will daher bie Brüw
| de anführen, warum ich ſowohl diefe Fiction, als bi
Abrigen Gedanken, bie ih ans dem Plato genommen
habe, oder noch nehmen werde, für aͤcht Sokratiſqh
halte. Es iſt fteylich viel leichter zu fagen, was im
Mlato nicht Sokratiſch ſey, als was dein Sokratet iu
gehöre. Denn alle Saͤze und Schluͤſſe, bie deum,
welche Kenophon anführt, nicht wiberfprechen,, Binnen
vom Sofrates berühren, koͤnnen aber auch blog Ev
weiterungen und Ableitungen Sokratiſcher Gedanken
ſeyn, die Plato gemacht bat. Ich beobachte daher fol
gende Regel, um zu unterfdeiden, welche Lehren dm
Plato, und melde dem Sokrates zugeeignet werden
muͤſſen. Wenn Plato den Sokrates ſolche Gebante⸗
yon
%
Gefchichte des Solrates und feiner Phil. u
Auf dieſe Uebergeugungen von der göttlichen Bora
jung, ven ber Unfterblichfeit bes Seele und von den
" Db 3 Des
vortragen laͤgt, hie auch Kenophon für Sokratiſch ande
gibt, ober bie unmittelbar aus ihnen folgen, ober bie
wohl gar ben eigenthuͤmlichen Mepnungen des Plate
widerſprechen; wenn er fie ferner in der feinem Lehe
rer eigenthämlichen Sprache und Manier, ohne Eine
mifpung von Spizfindigkeiten, weit hergehohlten
jränden und Lieblingeibeen mittheilt; dann glaube ih
prechtigt zu ſeyn, foldhe Behanfen für aͤchte Sofratis
& anzufehen. Wenn hingegen Plate durch bey
und des Sokrates ſolche Behauptungen und Untere
ſuchungen vorträgt , die den Nachrichten des Zenophon
foiderfpreggen, oder zu mühfang erfonnen, au kuͤnſtiich
gebreht, und zu bichterifch eingefleibet fink, daun faun
man wieder mit Zuverfiht fagen, daß Plato den Goy
Brates an feine Stelle gefezt habe, auflaft daß er fich In die
@efinnungen felnes Lehrers, bie er fannte, hätte vera
fegen ſollen. Wenn man diefe beyden Regeln gelten
Hr, fo kann man au ſchwerlich idugnen, daß bie
Khöne Zistion im Gorgias, und der größte Theil dep
Übrigen Balfonnements in eben diefem Befpräche vom
Sokrates herruͤhren. Denn fie enthalten nichts, was
Den Gebanden des Sokrates beym Kenophon entzegege
gefegt ik, fondern ſtimmen vielmehr mit diefen überein,
der find doch unmittelbare Folgen berfelben, bey denen
Dia feine eigne Xräumg ganz vergeffen zn haben
fHelat. Namentlich if der audos im Gorgias ben
weiten nicht fo abentheuerlich, ald der im Phädo, oder
ber Renublit; und ift auch nicht in einer fo pomphaf⸗
fen Sprache erzählt, ale die bepden Ieztern. Bon folden
SR nun, ald ich Rem Sokrates zueigne, war diefer
jeife gar kein Feind, wie feine Erzählung von ber’
jahl des Herkuies beym Zeuaphon und andere Ahnlis
ge Depfpiele beweiſen. Allein wenn man auch das
Bichterifche Gerüffe ber Grakhtung im Gorgias dem
ge aueignen wollte; fo fehe Ich doch gar. feinen
ma, warum man hie Gedanken, auf tweihen biefes
exrichtei iſt, dem Sokrates abſprechen wollte,
x
422 Siebentes Buch. Zweytes Eapitel,
Belohnungen und Strafen ber Gerechten und Ungereche
ten in einer andern Welt, gründete Sokrates feine X
gendlehre. Er führte Biele großen Wahrheiten, ala die
Zeuginnen und Buͤrginnen feiner Hoffnungen, uno ber
‚Heiligfeit und der Nothwendigkeit der Tugend an, um |
aus ihnen nahm er Troftgründe für den feidennen Tu |
gendhaften, und Warnungen oder Schreckniffe für den |
fichern und verftackten Boͤſewicht her. Wenn mir am
ders, fo rief Sofrates feinen Freunden und Bürgern
zu, die Gnade der alfes durchſchauenden und nur gute
Menfchen und Thaten liebenden Gottheit verbienen, und
nicht bloß in biefem vergänglichen, ſondern In einem un
pergänglichen teben glücklich feyn wollen, fo muͤſſen wis
nothwendig feufch, mäßig und gerecht umherwandeln,
ünd nach Zugenb mehr, ala nach Reichthum, nad
Ehre, Ruhm und andern Gütern feachten )., Wir
möffen Verbrechen und kafter mehr, als ben Ton fliehen, '
und gern alles, was wir haben, ſelbſt unfer Sehen aufı
opfern, um den Millen der Gortheit zu erfüllen; denn
Gehorſam gegen ihre Befehle iſt das einzige Gut, road
uns aus biefem !ehen nachfolge, und Beftreben, ihr zu
“gefallen, ſtets beffer und nollfommner zu werden, das
einzige Mittel, fich von allen Uebeln auf eine unermef:
liche Ewigkeit loß zu machen ?*). Der Sram
llein
* * Du *
u. E22 u ner. — oo
4 Plat. Apo D. 13. Crito P. 19. de Re I, . . Ed,
9 en * — Pape
") Plat, in Phaęq. p. 43; Ei yev Ye m é Javarıs
TA TAUVTOS ATMEN, ELMEHON op mm Tew
KAKOS, KTAIWEH TE TE AOURTos du am).
Auxten, 04 TS auTav narıngs Mer Tas Ye
ns, vuv de emeidn aIavaros Dasweras son,
Bderın ax em mury an amoQuyn wenn sh
| i qœrneu,
wı.,
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil, 423
ein fönne, glaubte er; mit frohem Muthe den Tode
tgegen gehen, weil er überzeugt fen, daß er mit jeis
un Leibe nicht ganz fterben, ſondern in gluͤcklichere Woh⸗
ıngen verfezt werden werde *). (Er allein fonne, uns
: den Berfolgungen böfer Menfthen, und unter allem
ihermärtigfeiten, welche die Vorſehung zur Prüfun
d Stärfung feiner Tugend über ihn berhänge, gerroft
d unerſchuͤttert bleiben, weiler wiſſe, daß Feine menſche
he Bosheit ihm ſchaden, und daß die Goteheit denjeni⸗
n nicht vernachlaͤſſigen werde, ber ſich aus allen Kraͤf⸗
bemuͤht habe, Ihr ähnlich gu werben **). Der fas
rhafte hingegen Eönne fich unter ber Angft, die ihn ben
annahendem Tode üerfafle }), nicht einmal mit der
Dd4 trauf
garngın, wm Ta os BeArısıy Te won Dgovi:
pwrarny yaregdıy. adev yag wo eyaca eig
03a a \uxn sexeran, TA TS noudaas Ta
waı Teons, ci dm no Äeyeraj keys aBe-
As n Biunrew Tor TeAsurnaaunros eudus ev
YTNS exios Toggias. a
tr! ». de Rep. Zu
Hy Plat. Apol. Socrat, p. 12 & 16, de Republ. lib. X,
“vol, I. p. 334. Ed, Mafley: Ouros sex ume-
Anzpreov megı va dinaus evdgos , eocv T'ev mei
SYNToI, EOW Venus, n TV Ray Tasy
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ap dn Umo ve Ieov TOTE ÖMENEITOI, OS 0
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entEndeumv @aarnvy , EIS 0qov duvasrev auvfooTa
onowota: Jew. Eınas Y’edn, Tov TusTov m
NzsaIaus Uma FR omas. K.T.A. .
) Wie fehr und allgemein die Zeitgenoffen des Sokrates
und Plato fi vor] Strafen der Suͤnden in einer aukers
t
——
— — ngar — fi her, e
verfluchte Diejenigen als Bervärher bes
Bi die dieſe himmliſchen Set m;
Belt Eheiieten, em man. er is De mt
Republit 1. p. 7, yaa ad, euer
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NY Tedn ar
Seſchichte des Sokrates und feiner Phil, 44
ie bas öffentliche Beſte von ber Wohlfart einzefner Per⸗
omen abgefondere und gelehrt härten, daß man für feine
Derfon glücklich feyn Fonne, wenn man gleid) andere
Menſchen vorſezlich unglücklich mache *),, Er war bep
gfte, welcher bewies, daß Tugend wahre Klugheit obep
Weisheit, und kalter Thorheit oder Wahnfinn ſey; un
ver nicht nur durch feine tehre, fondern aud) durch fein
Benfpiel un andere bowog, erft gute Bürger und tu⸗
jendhafte Männer zu werden, um nachher deſto gluͤe
ichere Menſchen zu fegn, ochher def vr .
Die Tugend erflärte Sokrates ald eine Fertigkeit,
ME Schöne und Gute nicht nur zu empfinden und zu eve
ennen, fondern.auch auszuuͤben **), oder als ein Pay
— ſich ſelbſt und andere fa viel, ala moͤglich, zu
dervollkommnen, ober endlich als ein Bemühen, ſich
got und andere Menſchen, fo viel man koͤnne, gluͤck
ich zu machen, und feinem, gibt nicht einmal Feine
ven, Schaden zu thun T). Tugend in diefer Bedeue
tung theilte Sokrates in Maͤßigkeit und Gerechtig⸗
keit ein, wovon er die erſtere als die Schuzgoͤttinn bee
perföntichen Gluͤckſeeligkei, die andere als die Schoͤpfee⸗
Finn der öffenslichen Wohlfart anfahe 7), Nur der⸗
| Bag jenige,
er
FR GERT oe * EEE Zu
% Cicer. de off. III, 3. Dubitandum non ef, quig
punquam poffit utilitss cum honeſtate contendere,
Itaque acsepimus Socratem exfecrari folitum ep
qui peimum, haee natura cahaerentig, opinione di-
ftraxiſſent. |
®%).111. 9. 171. 172. Mem. Socr. ,
1), Me Sort, U. N, 72 IV. 8: h. 267. Plat. Oric, p.1g,
e bep. 1. 9, 20. |
tH Amaucoyyn ua eyngaetess,. Memor, IN, 4. 3:
Plato ſagt kmmer gadessuyn na dinauorum
p- 334, in Gorg. 335. in Menone, (Ehen Kiefer ie
06 Giebentes Dich. Zweytes Eapitel..
jenige, ber: biefe beyden Tugenden befize und aubäbe,
berbiene den ehrwürdigen Namen eines wackern recht⸗
fehaffenen Mannes, der im Sofratifchen Sinn mit dem
mpißigen und gerechten Manne eineriey war, und auf
bieſe Art auch häufig vom Kenophon und Plato umfchrie
den wire *).
. Unter Maͤßigkeit verfiand Sokrates nicht bloß die
Bertigfeit oder Gewohnheit, im Genuſſe von Sbpeiſe
and Trank nicht zu viel zu thun, fondern eine Erhaben
beit oder Herrfchafft über alle cörperliche Luͤſte, über alle
feivenfchafften und Gewohnheiten, veren Befriedigung
pber Linterhaltung den feib und die Seele des Men
petberben , aber ihn wenigſtens hindern, feinen Chi
. und Geift zu pervollfommnen, und alle Pflichten eines
ten Bürgers und rechtfchaffnen Mannes zu erfüllen ).
che alfo bloß Herrfchafft Über Schwelgerey und lecker⸗
aftigkeit, ſondern auch über unmäßigen Hang zur fine
Ichen Liebe, über thörichte unmäßige Prachtliebe, GS⸗
relkeit, Stolg, WeichlichFeit, Geldgeiz, rue
EEE EEE 7 ben RER um Kommen on
bisweilen bie Heiligkeit ober Froͤmmigkeit als einen
britten Hauptzweig der Tugend an, und erPlärt fie als
ein Beftreben pder Zertigkeit, alles das zu thun, was
man den Göttern ſchuldig fey. Plat. in Gorg, p. 335.
& 337. in Menone,
N Bepde präden ihn am häufisften durch wuAos re
woyc$os aus. Xenaoph. Oecon. c. 6. p. 309. 310.
wo Sokrates fagt, daß biefed ein Tesvov ovopas
ſey. Plato nennt die Rechtſchaffenen auch xoanas
und vonsmss aus einer Ürfache, bie weiter unten andı
geführet twerden wird In Gorg. ©. 325.
P*) Xen. Memor, Socr. 1. c, 5. p. 51 & 53. I. 1. p. 63. &
“ Plat. in Gorg. p. 319. ZwuDeovx ovTr&, Kos ey-
neuen aurov Euurs, Favnderwv nos errıdupum
KENT Tv EV ERUTO.
Gefibichte des Sofrates und feiner Phil, 437
Ehrbegierde, enblich über Furcht vor Dingen, por der
ven der weiſe Mann fich nicht fürchten follfe, nannte
Sokrates Maͤßigkeit. Die Beſtandtheile diefer Tugend
waren daher Mäßigfeit in der engern Bedeutung, Ente
yaltfamfeit, Genuͤgſamkeit, Befcheidenheit, Abhaͤrtung
368 $eibes und der Seele gegen folche Unbequemlichfeiten
ver Witterung und andere Zufälle, wodurch die verzaͤre
telten Görper yon Weichlingen zu wichtigen Geſchaͤfften
unbrauchbar werden, endlich Stanphaftigfeit und ein⸗
ſoſche Schäzung von Reichthuͤmern, Ehrenftellen un
Ruhm, wodurch ihnen Fein hoͤherer Werth beygelegt
werde, ala fie wirklich haben. Sokrates nahm dig
Woͤrter Mäßigfeit und Unmaͤßigkeit in eben den Bedeu⸗
hang, in melcher fie nachher bon den Stoikern genom⸗
ne murden "u und er verfangre yon gr
anne nicht weniger, als Zenq von dem leidenſchafft
pſen Weifen forderte **). ; ka
Sokrgtes hielt die Maͤßigkeit mig Recht für bie
Seundlage ader Grundfänle aller Tugend, und glaubte,
daß alle Diejenigen , die biefe erwerben wollten, fich det
erſtern zuvor befleißigen müften }), Er empfahl bie
Maͤßigkeit, befonders den mäßigen Genuß von Speife
und Trank, von kiebe und andern Bequemlichfeiten, und
beftrice hingegen Unmäßigfeit, befonders Schlemmerey,
SBölleren, diederlichkeit und Weichlichkeit mit fa Äberzeus
' | | genden
— u. en.
mu em
on wu
[3 Du ws
®) Slehe Cie. III. 8. IV. 9. Tufe, quael,
9) Man fehe meine Abhandlung Über pie Apathle der Gtoi
er im zopien Theile meiner phllof, Sqgriffen,
156. u |
12 *en. Memog. Socr. l, e, P. 53; Ace ve a xeog
rœvroœ —R —V
BEETNS EVA HENTIOR, TEUTN TREOTOV Ey rg
Yuxu naruoneuueuu; |
-
428 Siebentes Buch. Zweytes Capitecl.
genden Gruͤnden, daß ihr Gewicht nur allein
durch diejenigen, welche eine hoͤhere Offenbarung her⸗
gibt, vermehrt werben kann. Maͤßigkeit, ſagte Sokra⸗
feö, iſt Die einzige wahre Quelle der lebhafteſten Vergnoͤ⸗
gungen, ſelbſt derjenigen, die ber Unmäßige aflein ſucht
und allein zu genießen glaubt. Dur der Mäßige laͤßt
die Begierde nach) Speife und Tranf, nach Schlaf un
Beyſchlaf fo ſtark werden, daß die Befriedigung derfek
ben mit dem lebhafteften Dergnügen verbunden iſt *).
Weil gr nicht eher ißt und trinfet, als bis ihn hungert
und durfter; fo ift’felbft der Hunger und Durſt die um
ſchuldige Würze des Nahrungsmittel, welche Die Natur
zu ihrer Unterhaltung verfange **). Und eben fo ift fein
Schlaf füßer, und die Liebe felbft gewährt ihm größere
Freuden, als dem Schwelger, weil er ben erſten durch
Arbeit verdient, und die andern nur alsdann genieft,
wenn er durch die laute Stimme der Natur Bazu auf⸗
gefordert wird. Er allein hat ven großen Vorzug, daß
er unfchuldige Freuden nicht nur lebhafter empfindet, ad
andere, fondern daß er fie auch ſtets mit Vergnuͤgen
wieder genießen kann, und ben ihrer Erinnerung nie⸗
mals weder erroͤthen, noch fich Vorwuͤrfe machen darft).
Auch hat er nicht nöthig, Bergnägungen mit aͤngſtlicher
Münfeeligfeie oder großen Koften zufammen zu füchen
und aufzukaufen. Vielmehr hat die Natur für ihn al
lenthalben feine Tafel und fein lager bereiter, weil er
nicht feltene beckereyen nöthig hat, um feinen Yunge :
und Durft zu ſtillen, und feine prächtige Teppiche, um
feine ermuͤdeten Glieder zu erquicken. Tadelſt bu F
fraͤgt
VVVV acer Deren
9% IV. 5. Mem. p. 248. IL, 1, p. 80. I. 3. 2. 38.
“*) Ih, |
}) IV. 5. P. 248. Xenophk.
Geſchichte des Sofrated und feiner Phil. 429
fräge Sokrates den Antiphon *), der ſeiner geſpottet
hatte, weil er ſchlechter als ein Sclave lebe und einher⸗
gehe, tadelſt vu meine Urt zu leben, etwa deßwegen,
weil ich weniger nahrhafte und gefunde Speifen zu mie
nehme ald du? oder hut deßwegen, teil die meiniger
nicht fo felten, fu Fofidar, und leckerhaft find, als die
deinigen? Weiſt du denn nicht, daß derjenige , der
mit dem größten Vergnügen fpeift, aller Föftlichen und -
teizenden Drüben und tecferbiffen am wenigften bedarf,
und daß berjenige, der mit dem größten Vergnuͤgen
stinft, am allerleichteften folcher Getraͤnke entbehre
die ſchwer zu haben find? Dis fcheinft zu glauben, Sp
bie Gluͤckſeeligkeit nur allein in Pracht und großem Auf
wande beruhe; ich hingegen bin überzeugt, daß Nichts⸗
bebuͤrfen ein Vorzug der Gottheit, und am wenigſten
Beduͤrfen die größte Gortähnlichkeit fen *"). Nur bey
siner folchen Denfungsart kann man das ebelfte Kieis
nod des Menfchen, uneingeſchraͤnkte Frenheit oder Un⸗
abtzaͤngigkeit von peinigenden Lüften und Begierden bes
bauspten; und ber Mäßige allein wird nie Durch gegen⸗
wärtige Vergnügungen von guten Handlungen zuruͤck⸗
gehalten oder zu fehändlichen hingetrieben }). Sein Coͤt⸗
per ift nicht durch Weichlichkeit p verdorben, daß er
nicht, um feiner Freunde oder feiries Vaterlandes wil⸗
fern, Hunger und Durſt, Wachen und andere Beſchwer⸗
lichfeiten aushalten fonnte FF); Oder glaubft du, daß
derjenige, ben bu glücklich preifeft, zu alle dieſem fähiger
ſeynn werde, als berjenige, der mic glücklich ſcheint?
Wer, meynſt du, wird leichter und fehneller u. ben
hd
ib,
2 1, 6. p. $7. Memor, Soer,
430 Siebentes Buch, Zweytes Capitel.
Feind ausziehen, derjenige, ber an ein vraͤchtiges ehen
gewohnt iſt, oder der ſich mit allem, was er vorfindet,
hegnuͤgt? wer in Belagerungen gefchreinder zut Us
bergabe gezwungen werden, derjenige, dem die koſtbar
ſten und ſelteſten Sachen zu Nothwendigkeiten gewor⸗
den find, oder ein anderer, ben dad, was er allent⸗
halben anteifft , hinteichend ift ?
Wenn aber auch der Mäsige und Enthaltſame fd
Einige Sreuden verfagt, die der Schwelget und ob
faͤſtling fich erlaubt, glaubſt du denn, Bag ek dieſes und
fonft und ohne alle Belohnung thiie*)? Er dient weder
dem Bauche, noch der Unzucht, und zwar aus keiner am
dern Urſache, als weil et groͤßere und beſſere Freuden
badurch erhält, die ihn nicht nur fo lange gluͤckſich ma⸗
hen, als fie dauren, ſondern die ihm auch Die erfreul⸗
the Hoffnung geben, daß fie ihm beftändig nuzen wer⸗
ben, Du weift doc, daß diejenigen, Denen Hicks
gluͤckt, durch folche beſtaͤndige Unfaͤlle niedergeſchlagen
werden, und daß hingegen diejenigen, denen alles, wad
ſie unternehmen, nach Wunſche geht, ſich fuͤr gluͤckliche
Menſchen halten? Glaubſt du nun wohl, daß auch def
erwünfchtefte Fortgang vor SGefchäfften und Handthie⸗
tungen fo viele Freude gemähre, als das Bewuſtſeyn,
daß man täglich feibit beffer und vollkommner werde/
und auch feine Freunde oder andere vollkommnet und
gluͤcklicher mache? = Oder feheint dir **) das nur eilt
Feiner Preis für die Vergnuͤgungen zu feyn, die Mäßi
- ge aufopfertt, oder für die Beſchwerden, die- fie über
nehmen, daß fie nicht allein mächtig an teib und Seele
wer
FR PT,
°% ib. p. 56, u _
“m Sagt er zum Ariſtipp IL, 1: p. 72. und Euthybemn⸗
IV, 5, p. 248. 49:
Te
Gckbichte des Sokrates und feiner Phil. 431
erden, und dem einen Staͤrke und Geſundheit, und
e andern einen Schaz von Tugenden und nüzlichen
enntniffen verfchaffen , fonbern daß fie auch tedliche
seunde erhalten tind ihnen dienen, daß fie ihre Feinde
erwältigen, ihre Häufer und Familen weifer regieren,
id ihre Vatetſtaͤdte begluͤcken können ? Koͤmmt es
e denn ſo ſchwer zit begreifen vor, daß alles dieſes, was
r Maͤßige durch feine Aufopferungen tınd Arbeiten ge⸗
nunt, nicht bloß die größten Vortheile, ſondern auch
» größten Freuden bringe, deren der Ummäßige und
Jeichling entbehren muß? Wein du endlich zu den ans
fuͤhrten eigenthümlichen Belohnungen der Maͤßigkeit
ch diefe hinzudenfft, daß der Mäßige und Tugendhaf—⸗
allein, ober doch unendlich brauchbarer in allen Küns
a und Sefchäfften des Krieges und Friedens fen, daß
r allein tiebe und Zutrauen, Ehre und eriger Nach
ya im Leben, wie im Tode nachfolgen; kannſt vu
in noch ziwenfeln, daß der Mäßige und Tugendhafte
licher, als der Unmäßige und tafterhafte fen, und
z der erftere weifer handle, wenn er fich gewiſſe Ders
Sgungen verfagt, als diefer, wenn er fie fich ohne Bes
sten erlaubt? Sind es aber nicht die Mäßigen und
tgendhaften allein, die in ihrer Tugend von den Alten
obt, und in ihrem Alter von den STüngern verehrt
reden? Sind fie es nicht allein, die fich ſowohl ihrer
gangenen als ihrer gegenwärtigen Thaten freuen, die
NGoͤttern wohlgefällig, ihren Freunden werth, und
em SBaterlande theuer und ehrwuͤrdig find, Die end»
), wenn ihre legte Stunde hetannaht, nicht in eine
ige Bergeffenheit verfenft werden, fondern in dert Lob⸗
angen det fpäteften Nachwelt fortgruͤnen?
Sage mir eirimal, mein lieber Ariſtipp, fo redete
‚ofrates dieſen ihm jehr ungleichen Schüler an *), wenn
bu
nn am auiifin — ee
nr
n. 1.
nen ——
432 Siehentes Buch, Zweytes Capitel.
Bi won zwoen Knaben, dert einen zu einem brauchbaren
Geſchaͤfftsmann, und den andern hingegen auf eine foldye
Art erziehen follceft, daß er am wenigften geneigt und
geſchickt wuͤrde, andere Menfchen zu regieren, wie
teit du diefed anfangen ? laßt ung erft unterſuchen,
teil Nahrung doch der Grund bes lebens und bet Ev
Hebung ift, wie du es in Nückjicht auf diefe mit dem
«einen und dem anbein det dir anvertrauten jungen feute
halten wollteſt? Welchen von beyden würbeft Dit Day
‚ gewöhnen , lieber erſt ein dringendes Geſchaͤfft zu ver
tichten, als feinen Bauch zu befriedigen ? = Ohne Zwey⸗
fel, antwortete Ariftipp, denjenigen, der zu öffentlichen
Würden bejsimmt wäre, damit nicht Schwelgerey ig
die Angelegenheiten des Staats vernachläffigen‘ mache
= Wenn alfo auch beyde trinken. wollten, fo w |
du eben dieſen daran gewoͤhnen, eine Zeitlang ſeinen Durſt
aufzuhalten ? — Allerdings, fagte Ariſtipp. — Welchen
kon beyden ferner toollteft du fo ziehen, daß er Meiſtet
ſeines Schlaf würde, daß er fich fpät niederlegen, ar
aufſtehen, oder gar Mächte durch wachen fonnte? Wir
auch ebendenſelben? Welchen von beyden wollteſt x
zur Keufchheit, Enthaltfamfeit, zur Arbeirfamfeit |
willigen Uebernehmung von Beſchwerden und zus R
werbung nuͤzlicher Kenntniſſe anhalten, damit er
durch Liederlichkeit, noch durch Weichlichkeit, nicch K
Unwiſſenheit gehindert würde, feinem Paterlanð enri
bienen, und Herr feiner Feinde zu werben ? = de #
dieſen, erwiedert Ariftipp. — Wenn alfo jemand
fe ÄArt gezogen würde, der fcheine dir der Gef, W auf de
Wiberſachern gefangen zu werben, weniger aus; ahr MM
ſeyn, als die übrigen Thiere; denn du weiſt Dysefat
unter den Thieren einige durch tockfpeifen, ar, och, da⸗
tockteänfe, noch andere durch einen Reiz N bete bu
finnlichet tiebe, entweder in Eifen, Oder — pie
Nie sepoen werden ? Du haͤltſt ı a p pr
ſchaͤnd⸗
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 433
änblich, wenn Menfchen, glei) den unvernänftigften
ieren, gelocft und ercappt werden? Wie, wenn, Ehe
brecher fich in fremdes Gehege wagen, da fie doch wife
fen, daß es ihnen bevorftehe, ertappt und nach den Ges
ſezen geftraft zu werden? Nennſt du es auch niche
ſchimpfliche Nachläffigreit, wenn Menfchen ihren Coͤr⸗
per gar nicht darinn üben, ober daran gewöhnen, Hize
und Kälte, und andere Beränderungen und Unbequems
lichkeiten der Witterung zu ertragen , da doch bie mei⸗
n und wichtigften Arbeiten , die des Ackerbaues zum
: fpiel, des Kriege, und viele andere nut in freyer duft
= errichtet werden? — Ariſtipp beantwortete diefe, mie
: De vorhergehenden Fragen, mit {a — Wir wollen
x dife, fagte Sofrates, Diejenigen, die ſich von alle dem
= angeführten enthalten, oder es aushalten koͤnnen, in bie
> Leauchbarer, und diejenigen, die.es nicht koͤnnen,
re die Elaffe unbrauchbarer Menſchen fegen, die andere
* WU tegieren und ihnen zu nüzen unfähig find? Ariſtipp
‚ Munfte auch diefes mit einem Ja befräftigen, und zulezt
das demuͤchigende Geſtaͤndniß ablegen, daß er ſelbſt und
A diejenigen, die nach feiner Art und nad) feinen Grund»
Pgern Iehten , jur lezten Claſſe gehörten.
Mit eben ſo lebhaften Farben und ſtarken Gruͤnden,
Us womit Sofrated die Mäßigfeit ſchilderte und em⸗
264, mahlte und warnete er vor allen Urten von Uns
Bigkeir,. Er ſtritt wider fie, wie gegen die gefährliche
r zFeinve, und fagte, daß man wider diefe Räuberinn -
-SPrBengclichen Freyheit ernftlicher als gegen folche
Tzer Fampfen muͤſſe, welche die Waffen in der Hand
SIE SBclaven machen wollten; indem jene alle diejes
® > ie fie überwänbe, ins Verderben flürze; diefe
-Seru'fcon manche wider Ihren Willen zu einem
ww eben und lauf beffere Seranfen gebracht haͤt⸗
*
EVDaier Band,
‘
434 > »Siebentes Buch;
gm): ri leer Sirene ale 5 ae
verführerifchen Reije ab, wodurch bo
mg en Sterbliche in ihre Mege Iokkr, oder:
= fefthäfe, und zeigte, ba biefe Mbrberinu menfd
75° Glehfeeligfeit diejenigen, Die ihr dienten‘, nice
Ba
N
or
un . Soneveu Ta vumuru Toy andgamran, zu ’ml.lı
ihrer eigenen Vollkommenheit und der
—————
fe verderbe, daß fie ihre Verehrer in
himpflichfte Knechtſchafft Frürze, und 4
_ ‚Bergeflenheit oder Fluch) im Tode delohne
"a en einem gefährlichen X
Sofrates einſt zu feinen Freunden **),
wählen wollten, der uns am beften bertei
Veinde am mächtigften niederfchlagen Fonnee;
"sole dazu wohl jemanden wählen, von dem wir
) Xenoph, Oeconom, I. c. p. 277. ARæ des, @ Kor
voßere, eos raura 8% Hosov draoygeodu”
megs Tns eNeuJegius mmrgos Tas evömAus zreibie |
pevas neraderseten. moAs- mer wu
oray zaAoı uayadcı ovres zurddeAnrovrusine
vas, moRas 5 Berrıss marynarcey even dir
Peovisarres, nu gwov Por Toy ‘oma
‚govov Eromrav. 0 de Toicurea deaTroven ah
XS Kos TES OINBS, BOTE ANYSCW, [7
BEXwaw turav. .
®®) 1, 6. 5. p. 51. Memor, Socr, u;
Geſchichte des Sofrates und feiner Phil, 435
baß er dem Bauche, ber tieberlichkeit und Schwelgerey
mgeben, oder in MWeichlichfeit und Traͤgheit verfunfen.
ey? Oder went wir am Ende ünfers tebens entweder
unſere Söhne und Töchter zur Erziehung, oder unfer
Bermögen zu einer gewiffenhaften Verwaltung jemans
den anvertrauen wollten; würden wir auch dazu einen
unkeuſchen oder unmäßigen Mann nehmen ? Würben
wie wohl einen unmäßigen Sclaven zum Auffeher über
unfere Heerden, über unfere Vorrathskammern und.
Haͤuſer, oder über andere Arbeiter fezen, oder auch nur
umſonſt zu unferm Verwalter und Stellvertreter neh⸗
men ? Und wenn wir alfo nicht einmal einen unmä
ven Sclaven in unferm Haufe dulden möchten, wie vie
Rehr müflen wir ung felbft hüten, in ein Laſter zu fals
m, das felbft an den verächtlichfien Menfchen verabs
cheuungswuͤrdig ift? Wer von uns möchte mit einem
Drenfchen umgehen, der an feckereyen oder Foftbarem
Beinen mehr Wohlgefallen fände, als an feinen Freun⸗
en, ober der liederliche Weibsperſonen mehr liebte, als
üne vertrauteſten Bekannte, oder. der endlich durch die
haͤndlichſten Ausfchweifungen feinen Leib und Seele
erunftaltete, und den niedrigften tüften mehr, als feis
ern Sreunden diente? Nenn Srenheit anders barinn
efteht, das, was uns am beften.üft, zu mählen und
u thun, wie fann man denn diejenigen frey nennen,
ie folchen Herren dienen, wodurch fie das Befte zu thun
nd zu wählen gehindert werden *)? Sind die Unmaͤ⸗
igen ‚nicht vielmehr die elendeften Sclaven, die in ih⸗
en Lüften den härteften und bosartigften Herren dienen,
18 wodurch fie nicht bloß von allem Guten, von der
Erwerbung muͤzlicher Kenntniffe und großer Tugenden
uruͤckgehalten, fondern auch in die virderblichften und
Ce a ſchmach⸗
) ib, & IV, 9. Mem, & Oecon, I, p. 275⸗77.
46 Siebentes Buch. Zweytes Capitel.
ſchmachvollſten Thaten und Unternehmungen geſtaͤrzt,
und nachher, wenn ſie ihre Geſundheit und Ehre, ihr
Vermoͤgen und edelſten Kraͤfte verzehrt haben, in einem
hulfloſen Alter verraͤtheriſch verlaffen werden? Wodurch
unterſcheiden ſich ſolche Menſchen von den u
gen Thieren, da fie, eben wie dieſe, nicht auf das, was
am beſten iſt, fehen, fondern immer nur dem gegem
wärtigen Vergnuͤgen folgen *)? Aus feinem anbern
- runde fang Homer , daß Eirce die Begleiter bes
Mfnffes in Schweine verwandelt habe, als weil dieſe
durch Böllerey und Gefräßigfeit den verworfenften Thies
ren gleich geworben waren , und auch nur bewegen ||
ſey Ulyß gegen den mächtigen Stab ver Zauberinn um ||
erfchüitterlich feft geblieben, weil er allein fich nicht m
thiterifchen Luͤſten erniedrigt habe. ‘Dem Schwelger und
Wohiluͤſtlinge gefchehe nicht einmal, wie andern laſter⸗
haften, die zwar ihrem Mebenmenfchen ſchadeten, abe
doch ihre eignen Borthelle zu befördern fchienen. Bis
mehr fehabe der Unmaͤßige fich felbft unendlich mehr, als
andern, indem er außer feinem und feinee Familie Gluͤch
noch feinen feib und Seele zu Grunde richte*”).
in feiner Jugend trage er einen Fraftlofen durch Weidy ||
lichkeit und zerftörende Luͤſte erfchöpften Edrper mit ſich
erum, und fonne alfo nicht einmal auf der Stuffe dei
end, auf welcher der Menfch am meiften blühen und
feines Lebens genießen follte, wahre und lebhafte Frew
den empfinden 7). Weil er fich ftets mic allem üben
fülle, ehe das geringfte Verlangen oder Beduͤrfniß da
fen, weil er die Forderungen des Natur nicht abwarte,
fonbern ihnen zuvorfomme, und Feine Begierden un
Dr
[U U} [U]
» IV, 5. Memor, p. 249.
-“) I. c. 5. Memor. $ocr, p. 52.
?) Memop, Soer, IL, ı, p. 8. 7%
Geſchichte bes Sokrates und feiner Phil. 437
big oder dringend werben laffe, fo koͤnne er mit feinen
eklen gefättigten Sinnen feine Art von DBergnügungen
in ihrer ganzen Stärfe empfinden. Weil er efle, ebe
ihn hungere, trinfe, ehe ihn durfte, fchlafe, ehe.er
mübe fey; fo müfle er zu den verderblichen Künften von
Köchen , zu feltenen und erhigenden Weinen, zu weichen.
auflöfenden Polftern feine Zuflucht nehmen, um feine
teägen Degierden und den ihn fliehenden Schlaf zu reizen,
oder herbenzulocken. Wenn er endlich aus einer rudy
lofen Jugend, in welcher er alle Bergnügungen nicht ger -
noflen, fondern gemißbraucht, nicht gefchmeckt, fondern
ohne fie zu koſten, gleich einem gefräßigen Ungeheuer
binabgefchlungen habe, in ein fieches befchleunigtes Alter
übergehe; fo werde er von allen Freuden des Lebens auf
einmal verlaffen , und von allen Uebeln des gegenmwärfis
gen und der vergangenen Alter niedergedruͤckt. |
peinige alsdann die Erinnerung feines vorigen Lebens,
und die Neue über begangene Thaten gleich einer raͤchen⸗
Den Gottheit; und das fürchterlicye Gefühl einer gänglichen
Uncuͤchtigkeit ſtehe ihm wie ein unerbittlicher Feind uns
aufbörlich zur Seite Wenn er zulezt kınter allen Dies
fen Duaalen erliege; fo finfe er von Göttern und Mens
ſchen gehaßt , und ohne bie lieblichfte Muſik, die ein.
menfchliches Ohr nur rühren Fönne, verbientes Lob, je⸗
mals gehört zu haben, in ein ruhmlofes Grab, und in
Die ſhaudervolle Nacht einer ewigen Vergeſſenheit hin⸗
ab
Einen mit Tugend ſo feſt geruͤſteten, und mit ſo
richtigen Begriffen, und fo durchdringendem Scharffinn
bewaffneten Mann, als Sokrates war, konnten die Ans
fälle eines Ariſtipp und Kallifles nicht beunrupigen,
ober wanfend machen. Ei Grunde, fagte wer Fre
e3
n U. I. 2 78. 7%
figkeit und andere Beſchwerden leide. Wenigſtens fehe fi
433 Giebented Buch. Zweytes Capitel.
ſtere *), ift es einerley, ob ich aus Zwang ober free |
Wahl Hunger und Durft, Froſt und Hize, Schafe fr
ich nicht ein, was meine Haut baben gewinnen wuͤrde,
wenn fie mit meinem guten Willen zerriffen,. oder mem Ik
Leib, wenn er mit meinem guten Willen durch alle Ar In
ten von Schmerzen vermwüftet würde. Es ſcheint mi Ii
Daher Wahnfinn zu feyn, Schmerzen und Uebel and Ik
freywillig zu wählen. * )
DIu kannſt alfo, erwiederte Sofrates, unter frau Ik
reilligen und aufgezwängren Uebeln und Beſchwerden Ir
feinen Unterfchied finden? — Siehft du denn nidt,
Daß diejenigen, bie fich freywillig von Speife und Tran Ir
‚enthalten, effen und trinfen, wenn fie wollen, um |h
baß diejenigen, die diefed gezwungen thun, ihren Saw Ih
ger und Durft nicht nach Belieben ftillen fonnen? Be Ir
merfft du denn nicht auch, daß diejenigen, bie fih Ih
Vergnuͤgungen verfagen , oder Unannehmlichkeiten gu |i
fallen laffen, dieſes in der aufrichtenden Hoffnung thum, |
“Dafür belohnt zu werden, fo wie Jaͤger in der -Hoffauy |ı
etwas zu treffen oder zu fangen, gerne alle Pefchmwerlid |:
feiten der Jagd übernehmen? — Und hier zählte alı Iı
dann Sofrates alle die eigenthümlichen Freuden um 1;
Güter auf, womit dem Tugendhaften feine Aufopferm I,
gen und feiden vergolten werden,
Noch Fühner und unverfchämter drang Kalllkes
auf den Gofrates und bie Mäßiafeit ein. Die
Kunft zu leben und glücklich zu feyn, fagte dieſer Sopho
flenfreund, beſteht darinn, feine Beduͤrfniſſe und Ber
gierden fü viel ald möglich zu vervielfältigen und pu
entzünden: und es gibt feine andere wahre Vollkommen⸗
beit und Tugend, al$ das Vermoͤgen eben Diefe Dar
nifle
EBERLE TEE PETE DU 0)
®) IL, 1. 7:. Mewor, Socr,
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 439
iſſe und Degierden mit dem größten Dergnügen befries
igen zu Ffonnen. Thorheit hingegen iſt es, feine Bes
ärfniffe einfchränfen ,_ und feine Begierden bändigen
nd beherrfchen zu wollen. Menſchen, vie nur wenige
Jedürfniffen und ſchwache Begierden haben, find, wenn
ıarı fie auch nicht elend nennen will, doch wenigſtens
efüllofen Steinen gleich, Die weder Bergnügen noch
Schmerzen eınpfinden und fich ihres kebens wicht erfreu⸗
n Eonnen. Zum glücflichen Leben gehöre nothwendig,
aß durch den Leib eines Menfchen, wie durd) ein Sieb
ber Gefäß, vieles ein-und auch wieder ausfliefe.
In der That, antwortete Sofrates , ſchilderſt du
nir ben Zuſtand deiner giädlichen Mienfchen , wie ben
zuſtand von Näubern, die unaufhoͤrlich plünbern *),
ne je genug. zu haben, oder noch mehr, wie Die Dich»
er den Zuitand der Verdammten mahlen Denn fo
pie diefe Waffer in durdjlöcherten Gefäßen tragen; fe
chüttet der Glückliche, deiner Meynung nach, unaufhörs
iche Bergnügungen in feine lechgenden Begierben hinein,
hne ihren Durſt je lofchen zu Fonnen, Selbſt aus die⸗
er Dergkichung müfte es dir, lieber Kallikles, einleuch⸗
en, daß berjenige, den Dur glücklich preiſeſt, nicht andere.
As der. efendefte unter den Sterblichenfeyn Eannı; ‘Denn
æ mag auch in des Befriedigung. feinee unerſaͤttlichen
Degierben fo viel Vergnuͤgungen finden, ald er Immer
will, fo werden fie doch) nie ausgefüllt werben., ober es
machen auch ſtets nee eben fo quaͤlende wieder auf, und
es bleiben daher flets mitten unsere unb gleich nach dem
Genuſſe peinigende Verlangen übrig,. dis wicht geſtillt
ind, und oft nicht gefbillt werden koͤnnen. Wenn dich
aber auch diefe Betrachtung noch nicht überzeugen: follse,
daß Das Leben des äpigen dem teben des Unmoͤßlgen
e4 . re | | 7°
5) S. 326.
440 Giebentes Buch. Zweytes Capitel, .
borzuziehen fen; fo wird es vielleicht folgenbes Bild thun.
Denke dir einmal zween Menſchen, die.beyde viele FäL
fer, der eine gefunde und volle, der andere verborbene
und durchlöcherte hätte. Nimm ferner an, daß es bey
den gleich fchwer würde, ihre Bäfler, fie mögen nun -
Hein, oder Milch, oder andere Feuchtigfeiten enthalten,
ansoder nachzufüllen ; und vergleiche dann den Zuftand
desjenigen , ber volle und gefunde Fäffer hat, mit dem
geben eines Mägigen, und den Zuftand des andern, bee |
durchlöcherte anfüllen muß, mit dem Leben des Unmäs |:
figen. Meinem Urtheile nad) ift der Schluß Teiche zu |;
ziehen, Daß derjenige, ber ſich um die Anfüllung feine |:
Faͤſſer nicht zu befümmern braucht, ohne Vergleichunz
‚glücklicher fen, als ber andere, ber bad, was er nad
- füllen muß, mit der größten. Mühe aufzuſuchen, |:
dann doch nur in durchfließende Gefäße zu fchürten 96. |:
zwungen ift, bie den Augenblick nachher eben fo leer find, |.
als fie vorher waren. Wenn man,, wie du, Bergab
gungen allein nach ihrer Sebhaftigfeit, und nicht nach ih⸗
rem inneren Werthe, oder nach ihren Urſachen um
Wirkungen fchäzt, und dann diejenigen für Die zeizend
ften erflärt, die durch die Befriedigung ber bringenbfte
Beduͤrfniſſe hervorgebracht werben ,: fo muß. man räubb
ge und ausfäzige Menfchen für die gluͤcklichſten Halten,
‚weil diefe ein beftänbiges Jucken empfinden, und dieſes
JIucken durch beftändiges Reiben und Kragen ftillen fin
nen. Go wenig du biefes zugeben wirft, eben fo weni
wirſt du laͤugnen, baß deine Denkungsart und Rach⸗
ſchlaͤge der Denkungsart und den Vorſchriften der Aer⸗
fe vollig entgegengeſezt find. Die leztern erlauben zwar
geſunden und ſtarken Perſonen zu eſſen, mas ſie wollen
allein Kranken unterſagen ſie gerade diejenigen Speiſen
am ſtrengſten, nach welchen ſie ſich am meiſten ſehnen,
womit ſie ſich alſo am leichteſten uͤberfuͤllen, und ihren
unordentlichen Appetit am meiſten unterhalten Fonnn
Ä u
an,
Geſchichte des Sofrates und feiner Phil. 441
Du Hingegen gibſt den Unmäßigen. den Rath, nicht nur
le ihre Begierden zu befriedigen, fondern fie auch ims .
ner noch mehr zu erhizen, und machft alfo die franfen
Beelen immer Fränfer, anftatt da du fie durch ſtren⸗
ws Saften und Enchaltfamfeit allmälich zu ihrer vorigen
Befunbheit zuruͤckbringen follteft.
Sofrates zeigte aber nicht nur mit den einleuche
endften Gründen die großen Vortheile, die mic Maͤßig⸗
eit, und den unerfezlichen Schaden, der mit einer jeden
rt von Unmägßigfeit verbunden fen, fondern er theilte
inen Freunden auch vortreffliche, auf Erfahrung und
Bernunft gegründete Negeln mit, nach welcher fie fich
er einen befleißigen, unt von ber andern entwöhnen,
per fich vor ihe in Acht nehmen Fonnten. Er rieth
fo Denen, die durch Gewohnheit oder Anlage ihres Coͤr⸗
vers. vorzüglich der Gefahr ausgefezt waren, fich im
Eſſen und Trinfen zu übernehmen, fich vor allen Gerich⸗
en und Getränken zu hüten, die fie Durch) ihre verfuͤh⸗
sertfche Lieblichkeit verleiten Fönnten, noch zu effen,
wenn fie nicht mehr hungere, oder zu trinken, wenn fie
nicht mehr durfte, und alfo durch Ueberladung ihrer Ges
finbheit zu ſchaden *). Andern, die aus Sorgloſigkeit
oder Weichlichfeit die Geſundheit und Stärfe ihres Lei⸗
bes vernachläffigten, ftellte er vor, wie Weichlichkeit
und Mangel von Uebung und Abhärtung den Coͤrper
ſchwaͤche und unbrauchbar mache, wie gefchtwächte Chrs
per viele Menfchen in Schande und Sclaverey ober in
Verdrießlichkeit und Niedergeſchlagenheit, ja felbft In
Wahnſinn und Tod geftürzt, und hingegen Geſundheit
und Stärfe des Seibes unzählige Menfchen aus den größe
ten Gefahren gerettet, zur Berrichtung und Ertragung
der größten Arbeiten und yſchwerden faͤhig gemacht,
Ee5 und
#) 1,3. Mem. Soct. p. 39.
4 Cent But. Zwerge: Eill.
un Ken behnegen me Eor um Surer aerer:
Er vieſt nem pen. eriahene Uerze Iver me m
De er zu Tippen Yale, um Yafr ı Traser zu
«dien Dingen floft vazaı Ycdtmme u ame ı
oe un Traut, weiche June noer Lienen: zu
ter (pm Geillam oter fMariıd: en. Weun mar
ſo werte man Hwernch emen rg per 28 |
Hier vu Erpaltung ber Seſundhen iv gure Saorki
geden Fonne, nle man durch eigene Erfafrımac zw
ehadgung zu funen im Crame fe *,
bonn, Den ber — —— der
dürfe, dinch dieſes Bedurfniß micht beumrubiet
ten*”). (Er marnete ferner foiche Menſchen, mu
Augen nicht auf ſchoͤnen Perſonen zu verweilen, no
weniger, ihnen aud) nur unſchuldige tiebfofungen s
chen. Die liebe zwinge und unterjoche zwar nic
Menſchen wider ihren Willen, wie das Teuer &
und man verliebe ſich auch nicht jo nothwendig, wi
in einer großen Hize oder Kalte warm ober fau,
men man lange nicht gegeflen und getrunfen babe,
grig und durſtig werde; allein die Liebe fen doch ü
ein geheimes ſchleichendes Gift, was ſchon manch
gendhafte und kluge Maͤnner, die nicht genug auf
Huth geweſen, angeſteckt habe, und wovon man
©) Memor. Socr. Il. 1. III 12. IV. 8. p. 263.
““) 1,3. Mein, Soer. V. 1. & VL. 1. Cyropaed.
Geſchichte des Sokrates und ſeiner Phil. 443
et, wenn man einmal davon ergriffen worden, ſich
tächt wieber fren machen fonne, wenn man wolle. Wenn
man bedenfe, roie viele Menfchen die tiebe zur verderblis :
ben Verſchwendung, zu den fhändlichiten Thaten, des
sen nur Raſende fähig zu ſeyn fchienen, zur ſchimpflich⸗
Yen Bernachläffigung ihrer Angelegenheiten getrieben,
and wie viele jie auf einmal in eine folche Sclaveren ger
duoͤrzt habe, daß fie fich auch alsdann nicht, wenn fie es
chon gewollt, von ihren Fefleln hätten befreyen Fonnen,
d fonne man fich vor den erften Anfängen viefer gefährli«
ben Leidenſchafſt nicht genug in Acht ‚uehmen. Einer
choͤnen Perfon zu liebfofen, ober ihr einen Kuß zu geben,
theine ihm eine viel größere Tollkuͤhnheit, als wenn je⸗
nand uͤber Degenſpizen weg oder ins Feuer hinein ſprin⸗
je. Eine einzige Liebkoſung verwunde viel tiefer und ges
übrlicher, als der Biß einer Scorpion, der nicht nur
ie unerträglichften Schmerzen verurfache, fondern auch
ed Verftandes beraube. ine fchone Perfon fen alfo
in noch viel furchebareres Ungeheuer, als Schlangen
ınd Bipern,. indem diefe doch nur Diejenigen verwunde⸗
en, vie fie berührten; jene hingegen auch diejenigen
anf und wahnjinnig mache, welche fie nur anblickten,
un wabhrfcheinlich habe man die tiebesgütter deßwegen
ls Bogenſchuͤzen gefchildert , weil ſchoͤne Perfonen auch
n der Ferne verwundeten.
Den Eiteln und Stolzen, die ſich entweder ſelbſt
nehr Vorzuͤge zutrauten, als ſie wirklich hatten, oder
yoch andere von ſich glauben machen wollten, führte So⸗
rated zu Gemuͤthe, wie eine große Thorheit es fen, fich
um den Beyfall von Menfchen zu bekuͤmmern, die man
Ale einzeln verachte, und Hingegen den Beyfall weifer
Männer, vorzüglich deßjenigen Weſens zu vernachläffis
gen, das allein den wahren Werth von Menfchen und
Handlungen erfennen, und deſſen Benfall man allein
durch Weisheit und Tugend verdienen fonne. Er bes
wer
444 Siebentes Buch. Zweytes Capitel.
merkte, daß Fein ſicherer Weg zum Ruhme fen, als gut
und brauchbar zu ſeyn, und niemals etwas zu ſchei
was man nicht wirklich fey *). Nichts ſey gefährliche,
als den Schein von Vorzuͤgen anzuncanen, bie mar
nicht wirflich befize, man möge andere hintergehen, ober |
nicht Hintergehen. Im lezten Falle werde man ſogleich
als ein eitler Thor befunden, im andern Falle wuͤrden
demjenigen, der falſche Anſpruͤche mache, bald ſolche
Arbeiten oder Verrichtungen und Dienſte zugemuthet
and aufgetragen, die ihn gleich bey der erſten Probe nd
thigten, fich im feiner ganzen Bloͤße darzuſtellen. |
Den Feigen und Tollfühnen gab Sokrates baı
Math, fich richtige Begriffe von dem Werthe und. Un
werthe der Dinge zu erwerben, weil alsdann bie erſten
aufhören würden, eine fehimpfliche Surcht vor Dinge
zu haben, vor denen fie ſich nicht fürchten follten, ub
bie andern eine nicht minder ſchaͤndliche Kuͤhnhelt zu Thu
ten ablegen würden, vor denen fie fich ‚billig fürchte
follten*”). Wahre Tapferfeit oder Standhaftigkeit be
ſtehe in einer richtigen Kenntniß oder Wiflenfchafft, ub
Feigheit ſowohl als Tollfühnheie in einer LUrmoiffenfet |
furchtbarer und nichtfurchtbarer Dinge }). ‘Der gr |
en Su u
®) Memor, Soc. I. 7. p. 60. Ace yae eAeyev, N
en odos em eudofın, 1 di Ns au Tıs: ayordos re
VEevoTo, nu un loXemv Bsrosro.
en) IV. 6. Xenoph. p.254,56, Plat.in Protag. 30T. 308.
in Gorg. 325.
+) Plat. p. 302. in Pretag. Ouxsv oAws & oevdessı
un aıoxeus Doßss Doßavras, rar Doßavren,
8de moxen Sagen Iaupesow; — ai desAn zu
01 IERTEsS, MO 05 MOVOHEVOL TEIYTIOV, U0-
xess Ye Doßas Poßarran, nu Xen —*
*
Seſchichte des Sokrates und ſeiner Phil. 445 |
aftig ſtandhafte Mann fürchte fi) nie vor Dingen,
welche zu fürchten ſchaͤndlich ſey, und habe nie Much
ı folchen, welche nicht zu fürchten Schande bringe.
Selbft der Feigefte fürchte ficy nicht vor Dingen, bie
m nicht furchtbar Ihiegen ‚ und der Tollfühnfte hinges
mr bebe vor folchen zuruͤck, die er felbft für furchtbar
Ate*). Wenn affo jener fich Überzeuge, daß die Tus
end ſtets nüzlich und beilfam, und diefer, daß alle La⸗
er und lafterhafte Säfte fchädlich und verderblich fenenz
ı woerbe der eine fich nicht mehr vor guten und eblen
yandlungen fürchten, wenn fie auch die Aufopferung
on Gütern und Leben verlangen follten, und diefer wers”
e Eeinen Much zu böfen Thaten mehr haben, wenn er
tich Duscch die dem Scheine nach reigendften Belohnuns
en und Dergnügungen dazu gelockt würde *"). Cine
ichtige Schaͤzung ber Dinge allein Iehre, daß Gefängs
iß und Bande, Verweiſung und Tod nur Schreckbil⸗
er für Weiber oder Kinder, oder den Pobel feyen; daß
8 gar nicht Darauf anfomme, wie lange, fondern tie
ne man lebe, und daß man alfo fein Leben ruhig und
wlaffen dem Seren deffelben überlaffen Fünne, ohne auf
ine ängftliche Art für die Verlängerung veffelben gu
oe) ‚ ober auf eine fchimpfliche Art darum zu bite
nt. . | :
Durch
Sæœcoxen; — vusvy na i ewuy nous pm desväy
ameIıc, desruu av — x 1 Ta demay
ro un desvay Godın, evayrıd Try TaTay desAc
854; vide & Lachet. p. 258.
“ib,
°®) ib, & p. 325. in Gorg. —.
$) Plat. In Crit. p. 19. & In Gorg. p. 328. Mn Ya
rero nev To {mi eTone dN xgrov; Tv Ya as
| en
446 Siebented Buch. Zweytes Capita.
"Durch eben das Mittel, wodurch Sofrates Furcht⸗
fame und Tollfühne heilte, naͤmlich durch eine richtige
Kenntniß und Schäzung des Werths und Unwerths der T
Dinge, ſuchte er auch vie Ehrgeizigen, Geidgeizigen,
und überhaupt alle Diejenigen von ihren Thorheiten zuruͤck
zu bringen, die ihre Ölückfeeligfeit in folchen Gütern |,
fuchten, deren Befiz und Erwerbung wir nicht in-unferer |
Gewalt haben, die eben fowohl ſchaden als nuzen koͤn⸗
rien, die des Mißbrauchs fo gut als eines guten Gebrauch;
fähig find *). Diefen zeigte er, daß Feine Sache ein |
But genannt werden fünne, wenn fie ihrem Belize |
ſchade, oder doch ganz unbrauchbar fen: daß nur basje |
tige den Namen eines Guts verdiene, was dem, me |
cher es beftze, müzlich fey: und daß endlich nur dasfenige
wieder nüzlic) fen, was ein jeder recht zu gebrauchen
wiſſe. Weder Geſundheit noch Schönheit und Stärke,
weder Würden noch Ruhm, weder Freunde noch Ge
lehrſamkeit, oder wenn es fonft noch andere fogenannt
Güter des feibes und Glücks gebe, dürften für wahr
Guͤter gehalten werden, weil fie viele Menfchen an te
und Seele verborben hätten, und eben jo wenig Fon
man Kränflichfeit und Schwäche des Eörpers, Mliebrip
feic und Seinde fehlechtiweg für Liebel halten, weil fe
viele Menıcher vor arogem Unglück bewahrt, oder ihn
gar große Dortheile zugewandt hätten. Aus Pati
- U (+
- Le — —
BAndws ade eureoy sc, za #8 Diäeibuyr-
veov, a erirge)arre Aegı TETov To Jeo,
WO TISEUCAVT Tas Yuvaifıd, OTI TV Eiumsp-
nevnv ad av äis EXDuYoi, TOERITET@ OKERTEN
TV au TEoHev TETov ov mer Xeovov [aras,
@s aeıse ‚son. |
. ) Xenoph, Mem. IV, 3, p. 331. In Deconom. e. 1. & 6.
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 447
Sründen rief Sokrates allen feinen Freunden zu, daß
je nach den allein unverlierbaren Gütern, nach Weiss
ſeit und Tugend, mit größerm Eifer, als nach allen
rergänglichen Gütern ſtreben moͤchten, und daß fie bey
en Seztern nicht ſowohl darauf fehen und darnach trach»
en müften, wie fie fie vermehren ober erhalten, als wie
je Diejelben auf eine folche Arc anwenden und genießen
nöchten, daß fie ſowohl ihnen als andern nuͤzlich, oder
sirkliche Suter würden *).
So wie Sofrates das Wort Maͤßigkeit in einer
tel weitläuftigern Bedeutung nahm, als worinn wir
8 zu nehmen pflegen, , fo auch den Ausdruck Gerech⸗
igkeit. Er verftand unter der leztern niche bloß .eine
Neigung und Fertigkeit, alles dasjenige zu thun und zu
aſſen, was die bürgerlichen Geſeze befehlen oder verbies
en, und was man nach zwingenden Sefezen fordern
der firafen kann; fondern er faßte darunter, um im
yer Sprache der neuern Weltweifen zu reden, ohne Aus⸗
nahme alle Pflichten zufammen, vie wir andern Mens
chen frhulbig find **), oder einen uneingefchränften Ges
yorfam , nicht nur gegen die bürgerlichen von allen Mits
gliedern eines Staats gegebenen, fondern auch gegen
Die heiligen ungefchriebenen und ewigen Geſeze, welche
die Sortheit allen Menfchen ins Herz; gegraben habe F).
Bür folche göttliche Geſeze erklärte Sofrates diejenigen,
die unter allen Voͤlkern gölten oder anerfannt würden,
und Doch von feinem Volke oder Könige wären gegeben
worden FF). Dergleichen feyen die Geſeze, daß an
l⸗
CEEERREEREREEEn,
°) ib,
®®) In Gorg. p. 325. Kas un Tee ev arIewrus |
TO TMEOONKOVTE TFERTTaV, — TERTTA.
megı dE ERS, 001M,
$) Xen. IV. 4. Memor, =
42) ib, p. 241. Ä 2
u wm Wach. Zhehtes Eapike
— en ern’ ehren ae kr a
ſich vermiſ
u, fo fe fie bafke gleich) die Strafe leiden, }
55 Verſchledenheit des Alters und der
und dauerhafte Kinder zeugen Ernten. I
"Die Or —* alſo nicht gehorchen zu wollen, fe eben
thöelcht, und werbe aut eben fo befksaft, ala mann |
Dan In einer Krankheit die Vorfchriften eines erfahrnen
Arztes, auf einem Schiffe die Befehle eines
m, oder in häuslichen und andern
den Nash weiſerer Männer: verachte *),
So wie num Gerechtigkeit oder Gehorfam gegm
Fr allein Familien, und Städte und Sera a
halte ), fo zerſſͤre Ungerechtigfeit hergegen alle 9
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 449
haften, und nicht einmal Raͤuberrotten Fonnten beſte⸗
en, wenn fie nicht gegen einander die Gefeze beobachten
nn, die fie gegen alle übrige Menfchen überträten *),,
leich wie aber Uebertretungen der Gefeze durch Verluſt
5 Vermoͤgens, ober des Daterlandes, ober der Frey⸗
it, ober der Ehre, ober bed Lebens, ober doch durch
tändige Unficherheit geftraft werde; eben fo werde
ich wiederum Gerechtigfeit auf die mannichfaltigfte und
Ärdigfte Art belohnt. Wie Ffonnte man ſich, agte
Sofrates, mehr Achtung und Anfehen unter feinen.
Ricbürgern erwerben, oder wie füch furchtbarer und
nüberwindlicher vor Gerichten machen, . als durch Ges
yufam gegen die Gefege? Wen möchte man lieber fein '
Zermögen, feine Söhne und Töchter anvertrauen, als.
em Serechten? Don wen anders Fonnen Eltern. und:
kinder, Knechte und Freunde, Bürger und Fremdlinge
zit größerer Sicherheit bad erwarten, was ihnen ges
uͤhrt, als vom erechten? Wem anders möchten
anze Staaten ihr Wohl, Bundesgenoffen fid) ſelbſt
md das Ihrige, und Feinde fogar Bündniffe und Fries
ensſchluͤſſe übergeben und auftragen, als dem Gerechs
m? Mit wen möchte man lieber Derbindungen eins
‚eben, und von wen fonnte man eher Wiedervergels
ung von Wohlthaten hoffen, ald vom Gerechten? Von
ven endlich möchte ein jeder lieber Freund, und wenis
ver Feind feyn, als von demjenigen, ber die meiften
Freunde und Pundesgenoffen, und die wenigften Feinde
and Gegner hat? So wie fein Staat glücklicher ift, als
weicher von einem rechtmäßigen Könige, und feiner
sender, als welcher von einem gewaltthaͤtigen Tyrans
gen regiert wird; fo ift auch Feine Seele glücklicher, als
in
ü— EEE EEE
*%) Plat. de rep. I. p. 72. _
Zweyter Band, Sf
8.
dien.
hun mochte: ‚Sie wird vo
Hold dorthin gerifen ı it fretd oh Rene ner Ur
1
I)
Seſchichte des Sokrates und feiner Phil. 451
groͤßten; allein man irrt ſich ſehr, wenn man glaubt,
er unter allen Sterblichen der gluͤcklichſte und beneis
wertbefte fen *). Ein jeder Tyrann ift einen reis
Manne gleich, der mit Weib und Kindern und eis
großen Menge von Sclaven auf einmal in eine Eins
verfezt würde. Ein folcher Mann würde in beftäns
e Furcht ſchweben, von feinen Selaven verrathen
ermordet zu werden: er wuͤrde genoͤthigt ſeyn, einem
ile feiner Sclaven zu ſchmeicheln, ihnen große Ver⸗
chungen zu machen, oder gar die Freyheit zu ſchen⸗
Auf eben dieſe Art iſt ein Tyrann ein Sclave der⸗
jen, durch deren Huͤlfe er feine Herrſchafft erlangt
und behauptet. Er lebe wie ein Verbrecher, im
ngniffe, oder wie ein Weib in den innerften Gemäs
feines Hauſes. Er Fann nicht, wie andere, alles
are und Gute fehen und genießen, wann und wo
1; ift einfam, und ohne Freunde, und mißtrauifch
I gegen die Unterdruͤckten, als feine Miträuber.
Erd endlich von ſich ftets vermehrenden und verflärs
m Degierden, wie von eben fo vielen Seinden ober
Jen umringt, deren Gierigfeit er niemals befriedis
Der ausfüllen fann. Gewiß alfo ift fein Menfch
<flicher,, als derjenige, der am meiften umglücklich
Serechtigfeit macht, wie Mäßigfeit, immer gluͤck⸗
und Ungerechtigfeit ftets elend, wenn anders alles,
ſchoͤn und edel und lobenswuͤrdig ift, auch nüzlich,
alles Häfliche und Schändliche auch ſchaͤdlich und
Eheilig ift*”). Daß aber in allen Fällen das Schöne
Sf2 auch
U] 0] U
Rayman mE
ib. p. 248.
) Xen. Mem, Soer. 111, 8. p. 168#170, IV. 6. Sympof,
e, 5. Plato in .Gorg, ©, 313,
452 Siebentes Buch. Zweytes Capitel.
auch nuͤzlich, und das Haͤßliche ſchaͤdlich ſey, bewies er
mit den Beyſpielen aller Gattungen ſchoͤner und haͤßl⸗
cher Gegenftände. Farben ſowohl ald Formen von Cr }
pern, Töne fowohl ald Gedanken feyen nur alsdam |
fchön, wenn fie entweder Bergnügen allein, oder Nas ||
‚zen, ober beydes zugleich gäben , und eben dieſe Dinge
feyen auch nur in den entgegengefezten Fällen haͤßlich
Man möge daher die Schönheit beurtheilen, von web
chen Werfen ver Natur und Kunft man wolle, fo fa }
die erfte Trage und Unterfuchung immer diefe, ob Ge
denftände zu dem, wozu fie gebraucht werden follten, ||
auch brauchbar, oder ob fie ihrer Beſtimmung entfprs |
chend. feyen? und wenn man fie nicht fo finde; fo fünme |
man fie nicht anders als für haͤßlich erflären, und wer
fie auch, wie ein goldner Schild, noch fo Foftbar fenen, |
Verſchiedenheit des Gebrauchs oder der Abfichten um
Peftimmungen von Dingen ziehe allemal auch Verſche⸗
denheit in der Schönheit ihrer Bildung nad) ſich; wm
ein jeder erwarte und verlange alfo, daß ein Schild an
ders, als ein Wurfſpieß, und ein fchöner Wettrenner
andets, ald ein geuͤbter Balger gebildet fen”). Da alfe
Nuͤzlichkeit und Brauchbarfeit durchgehende Schoͤnheit
und Schaͤdlichkeit und Unbrauchbarkeit Hingegen Haͤß⸗
lichkeit ausmache; fo koͤnne auch die Tugend nur deßwe⸗
gen
—
2) Xen. Il. ce. Unter den koͤrperlichen Gegenſtaͤnden, fagte
Sokrates, find nur allein diejenigen ſchoͤn, bie das
Aug und Ohr angenehm ruͤhren; alle andere hingegen,
welche den übrigen Sinnen Vergnügen geben, find nut
lieblich oder angenehm. Der Grund, warum bie m
ftern allein fhön genannt werden, kann Fein andern
ſeyn, als weil die angenehmen Empfindungen , bie fe
im Auge und Ohre bervorbringen, unter allen finnlis
hen Vergnuͤgungen bie unſchaͤbdlichſten und heilſamfe
find. ap. Plat, in Hippia maj, 352. 354,
Sefchichte des Sokrates und feiner Phil. 453
gen ſchoͤn, und after nur deßwegen häßlich ſeyn, weil
die eine Bergnügen und Nuzen, und das andere Schmers
zen und Schaden hervorbringe.. Auch die Gerechtigfeie
alfo muͤſſe ihre Verehrer gluͤcklich, und Ungerechtigkeit
hingegen ihre Diener elend machen *). Hieraus folge,
Daß Unrecht leiden beffer fen, als Unrecht thun, und dag
der König Archelaus, wenn er fich durch alle die Ders
brechen, die man von ihm erzähle, den ABeg zum Throne
gebahnt habe, zugleich einer der größten Boͤſewichter und
einer ber elendeſten Sterblichen ſeyn muͤſſe **). Eine
andere Folge derſelbigen Wahrheit fen dieſe 7): daß
man uͤber die Gluͤckſeeligkeit von Menſchen kein Urtheil
fällen koͤnne, fo lange man nicht ihr Leben und den Zus
ftand ihrer Seele fenne, und daß man alfo auch felbft
den großen König der Perfer nicht glücklich preifen dürfe,
fo lange man nicht wiſſe, ob .er meife und tugenphaft
1
So wie Armuth ‚ fuhr Sokrates fort, eine
Verderbung des äußern Wohlftandes, und Krankheit
eine Verderbung des Leibes ift; eben fo ift Ungerechtigkeit
eine Zerrüttung der Seele, von welcher man fich um
befto mehr zu befrenen fuchen muß, je fehlimmer es ift,
eine kranke verborbene Seele, als einen fiechen und ges
brechlichen Eörper zu haben FF). Ein ſolches Mittel,
die Seele von aller Bosheit und Ungerechtigfeit zu reinis
Sf 3 Ä gen
ib,
“4) ©, 313. 315. in Gorg. Plat,
PD) ©. 312.
tt) ib. p. 314. 315. & de rep. IV. 316. vol. I. Agery
nev de, WS EOIMEV, UYIERE TIS VE, Kos KcA-
Aos, Ko eue£in —* Kaxıa ‚de, voros va
Ka ITXeS nos ardeve.
454 Siebentes Buch, Zweytes Eapitel,
gen und zu heilen, iſt das Leiden gerechter ober verdien |!
ter Strafen *). Wenn man fic) aljo irgend einer Un
gerechtigkeit ſchuldig gemacht hat, fo iſt ed am beften, f F
geſchwind als möglich zum Richter, wie der |
zum Arzte zu sen, damit das innere llebel nicht weite
um fich freffe, nicht me&r genährt und dadurch unfek F
bar werde. Man müffe bevenfen, daß es nicht u F
fhön, und aljo aud) gut und heilſam fey, gerecht
. Strafe aufjulegen, fondern auch) fie zu leiden, und be
man von großen Krankheiten der Seele jo wenig, ch
des Leibes, anders als durch unangenehme bittere Any
neyen geheilt werden fonne **). Es fen daher rathfama, It
alles, was man verdient habe, zu dulden, um badund IE
des größten Uebels los zu werden, als ſich den gerechta jr
Strafen zu entziehen, und dafür ftets mit einer franfaı P
ausgearteten Seele zufanmen zu wohnen. Unter
ern Berbrechern koͤnne zwar feiner gluͤcklich ſeyn; «de P
immer fen doch von zween Tyrannen derjenige, ver fk
feine Sraufamfeiten gefoltert und verſtuͤmmelt und ki fi
gerichtet werde, und fein Weib ımb Kinder folten, Ii
verftämmeln und hinrichten fehe, weniger elend, ald ea |!
anderer, der fich durch ungerechte Mittel einer uneinge I
fchränften Herrfchafft über feine Mitbuͤrger bemächtise |
habe, und diefe Herrfchafft ohne Widerftand und Gegne I
ganz nad) feinem Willen ausübe }). Bon allen diefes
Saͤzen, vorzüglich aber von dieſem: daß Unrecht thu
fhändlicher als Unrecht leiden, und Strafe fliehen nady
theiliger ald Strafe dulden fey, waren Sofrates uch
fein Schüler fo feft überzeugt, daß fie ſagten: fie fh
na
“) ib,
an) ib,
Y) Pag, 313.
Golchcchte des Sokrates und feiner Bil, 455.
‚men ihnen mit diamantenen Ketten und Gründen. zuſam⸗
55 oder an dem Felſe der Wahrheit befe⸗
feon ®):
Weil Sokrates Unrecht tun für ein größeres Uebel
‚Klelt, als alle diejenigen, welche unfer Cörper leiden,
\öber das Glück uns zufügen kann, fo mufte er nothwen⸗ 5
big auch lehren, daß wir and) nicht einmal unfern Zeins -
ben, nicht einmal benen, bie uns ungerechter Wei
Es hätten, Unrecht oder Schaden tun, und inen °
leiches mit Gleichen vergelten ſollten **). Di
Grundfaze zufolge entwich er nicht-auf das Zurathen fir
Inter Freunde aus dem Gefängniffe, weil er es für (chände
Hich Hielc, die Geſcze des Baterlandes zu übertreten, und
Be dieſes in feinem Urtheile über ihn alle — bes
ige hatte 7). Wenn aber Sokrates befahl,
pen! feinen Feinden und Beleldigern zu fehaben, —
m Ihnen vieimebt alles. Sure zu thun, fo wollte er
nicht daß man einem jeden Böfervicht feine Verbrechen \
ungeftraft hingehen laffen, fondern daß man felbft Feinde
nicht. ale Menfchen unvollfommner, ober untüctigee -
machen follte, ihre Beftimmung und Ir Pflichten zu
len ff). Er war aber fo weit davon entfernt,
Stecher durch unzeitige Nachficht und Gelingt wi
neuen Miffethaten aufzumumtern, baß er, ber einem
En anrieth ſich ſelbſt dem Nichter darzuftellen, wenn
——— habe, es geroiß für ſtrafiche S
und felbft Ungerechtigkeit gehalten hätte, einen
Br eigenen ober anderer Ruhe und Sicherheit we
du güchtigen oder zur Me [2 ünlen, men Pr
| fs
Be [3 —* inCrit, & derer. L a6
tm Fr —8 . e.
. UL)
456 Siebentes Buch. Zweytes Capitel.
Strafe ihn kraͤftiger, als Gnade und Vergebung, vom
aſter zurück bringen und beſſern koͤnne. Vielmehr hielt
er denjenigen fuͤr den preiswuͤrdigſten Mann, der ſeine
Freunde im Wohlthun, und feine Feinde im Leides⸗
zufügen überträffe *). Und gewiß ift Feine andere Sein
desliebe Acht und vernünftig, als diejenige, die wohlthaͤ
tig ift, Die auf das Wohl des Feindes und das alle
"meine Beſte abzwecft, und die durch jedes Mittel, und
wenn es auch Schmerzen und Nachtheile feyn follten,
‚andere vollfommner zu machen ſucht **). Wa
ei
—— —— Je — — —
*) II. 3. p. 92. Memor. Soer. Mit Fleiß babe ich ind
xcxdc zosesv durch Leideszufuͤgen uͤberſezt, um eb
vom AAxrrresv bes Plato zu unterſcheiden. Jenei
. hielt Sokrates Für erlaubt, weil man durch Schmerjen
und Nachtheile, die man andern verurfache, beſſern
koͤnne. Diefes hielt er für ſchaͤndlich, weil er unter
Schadenthun die Verfhlimmerung bes Deenfchen vom
fland. Ich behaupte aber nicht, daß xurxws rom
und BAxrresv ftetd im Kenophen und Plato in dem
felbigen Bedeutungen vorfommen.
“r) Daß nicht alle große Zeitgenoffen, wie Sofrates, uͤbe
. Wohlthätigkeit und Liebe gegen Feinde dachten, erhellt
aus folgender Stelle des Iſokrates. I. p. 33. in
TFeecuveo. „Thune guten Menfchen wohl; denn ei
„Wohlthat, die bey einem rechtfchaffenen Manne nie
„dergelegt wird, iſt ein großer Schaz. Allein boͤſen
„Menſcheu wohlthun, heiſt eben fo viel, als fremde
„Hunde futtern. Denn fo wie diefe auch ſolche, kit
„ihnen etwas geben, gleich andern Unbefannten anbeb—
„ten; fo beleidigen Boͤſewichter ihre Wohlthaͤter eben
„ſo wohl, als diejenigen, von denen fie Boͤſes fuͤrchten,
„oder empfangen haben.” Diefe Bemerkung, def
bösartige Gemüther oft durch Nachſicht und Guͤte nm
noch mehr erbittert und verdorben werden, muſte notls
wendig viele nachdenkende Menfhen von Wohlthata
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 457
Weil Sokrates überzeugt war, daß bie Tugend
n Menſchen gluͤcklich und vollkommen, und das Laſter
Ff5 den
——
gegen Feinde und Laſterhafte abſchrecken, fo wie hinge⸗
gen die Erfahrung, daß Sanftmuth und Guͤte oftmals
die roheſten und aufgebrachteſten Seelen entwaffne,
dazu aufmuntern muſte. Der Gedanke aber, daß es
Pflicht ſey, ſelbſt Feinde zu lieben, oder ihre Gluͤckſee⸗
ligkeit zu befördern, konnte nicht eher entſtehen, als
bis man ſich, wie Sokrates, uͤberzeugt hatte, daß es
Gehorſam gegen den goͤttlichen Willen, und Sorge für
unfere wahren Vortheile fey, gerecht und tugenphaft
zu leben, das heißt, andere Menſchen fo viel als mög»
lich volltommen und gluͤcklich, und Peine Menſchen,
ſelbſt Feinde und Boͤſewichter nicht, unvolllommner
. and unglädliher zu machen. Diefe Pflicht ber
Zeindeslicbe ift im allgemeinen viel weniger aners
Pannıt, als in unzähligen einzelnen Fällen ausgeäbe
worden; und es verräth gewiß Unbefanntfchafft mir
. ° ver menfhliden Natur, wie mit der Gefchichte, wenn
man Zeindesliebe für eine fehr fchwere und feltene Zus
gend hält. Eine gewiſſe Zefligfeit oder Unerſchuͤtter⸗
lichkeit der Seele, vermöge deren man nicht gleich von
jeder Beleidigung heftig gereizt und empört wird, Ders
föhnlichfeit oder Bereitwilligkeit, empfangene Beleidi⸗
gungen zu vergeffen und zu verzeihen, und endlich
Wohlthaͤtigkeit gegen ehemalige Feinde waren von jeher
unter allen aufgeflärten Völkern Erbtheile großer aus
Berorbentliher Seelen, und wie es fheint, unzertrenns
liche Begleiterinnen des Gefühle von Ueberlegenheit
ober überwiegenden Kräften, wodurch man, wenn man
wollte, einen jeden niederdrüden oder im Zaume halten
koͤnnte. Schattenbilder dieſer Tugenden trifft man
felbft in allen edlern Thieren au, in deren Natur nicht
unbezähmbare Wildheit, mie in die Natur des Barbas
ren unerfättlihe Rachſucht eingerwebt If. Außerordents
liche Reizbarkeit oder Empfindlichkeit hingegen, Unver⸗
föhnlichkeit, und brennende, nur dur Blur und Uns
gluͤck zu löfchende Rachgier, find im Menſchen ſowohl
als
\
458 Siebentes Buch. Ziveptes Eapite.
den Menſchen unvollfommen und elend mache; fo Fonnte
er mit Recht fagen, daß die wahre Gluͤckſeeligkeit nich
im äußern Glück und in einem Ueberfluffe von Güde
gütern, fonbern im Nechthandeln, und Elend wiederm
nicht in Unfällen ober einem Mangel von Gtädeg
tern, fondern im Unrechthandeln beftehe *). Eine an
dere Folge deffelbigen Grundſazes war diefe, daß Tugerh
wahre Weisheit oder Klugheit, und tafter Hingegen I
Thorheit fey: ein Ausipruch, der außer dem ſich gleich
Darbietenden noch einen andern Sinn harte, in welchen
er in der Folge von vielen andern Weltweiſen, vorzige
lich von den Stoifern, genommen wurde. Gofrate
glaubte, daß fein Menfch vorfezlich und freywillig hof
fen, und bofe Handle: ddp alle Laſter und Verbrechen
aus bloßer Unwiſſenheit entfprängen, die freylich nahe
an Narrheit gränzte: daß endlich alle Menſchen tugend⸗
haft feyn, und werden würden, wenn fie ben
Maaßſtab und die wahre Wiffenfchafft des Angenehmes
und Unangenehmen, bes Guten und Böfen befäßen oder
erlangt hätten **). Ale
als in Thieren meiſtens nur Zebler der ſchwaͤchern Ge⸗
ſchlechter und Geſchoͤpfe, die fih vor ihren Feinden felbf
alsbann noch fürchten, wenn fie diefelben überwunden, and
nich: eher ficher zu feyn glauben, als bis fie diejenigen,
die ihnen ſchaden könnten, zu Grunde geridte |
aben.
®) III. 9. Memor. Socr. p. 177. & Plat. in Gorg. p. 326.
®®) Xenoph. I. c. p. 172. 173. Sokrates, heißt es bie,
fagte, daß die Gerechtigkeit und eine jebe andere Tw
genb Weisheit fey. Weiſe nannte er alfo nur biejenis
gen, bie das Gute und DBöfe erfennen und barusd
handeln; und Unmeife hingegen ſowohl diejenigen, bie
nicht handeln, wie fie wiffen, daß fie handeln follten,
als Diejenigen, bie gar nicht willen, wie fie —*
v
\
Me Menſchen, fügt Sokrates beym Plato, films
n darinn überein , daß die Dinge außer ihnen in
ickſicht auf fie entweder gut ober boͤſe, oder gleichguͤl⸗
das heißt, weder gut noch böfe, oder baß fie Kalb
: und. bald böfe feyen *). Gut nennen fie alles, mas
„47
Fa
o
follen. Wenn jemaub einmal recht davon Äberzenge
fey, daß nur das Schöne und Gute nfzlich fen, ber
werde niemals in feinen Lehen auders, als das Schöne
"and Gute wählen und thun: und Diejenigen hingegen,
die hievon nicht Äberzengt wären, würden nicht gut
handeln, felbft alsdann, wenn fie ben Worfaz hätten,
De Weisheit fezte Sokrates die Xhorheit ober den
Wahnſinn entgegen, glaubte aber nicht; daß eine jede
Unxwiſſenheit Wahnfinn fey. Doch ſchien ihm biejenige
Unwiſſenheit, vermöge deren man ſich ſelbſt uicht keune
‚aber gar zu wiſſen glaube, was mau nicht wiſſe, nahe
an Wahnſinn zu gräugen. Er bemerkte,. daß man es
gewöhnlich nicht für Wahnfinu halte, wenn jemand
etwas nicht wiffe, was ben meiften Menſchen unbekannt
ſey, daß man aber diejenige Wahufinnige nenne, bie
etwas nicht wuͤſten, was alle wiffen. Wenn alfo je⸗
miand fich fo groß zu ſeyn duͤnke, daß er ſich büden muͤ⸗
fie, wenn er unter ben Gtahtthoren weggehe, oder fo
Hart, daß er Häufer verfezen ober andere unmoͤgliche
Dinge verrichten könne; . fo erhalte er alsbaun erſt
*,
den Namen eines Verrädten. Diejenigen aber, die _
wicht auf eine (0 große Urt irren, fehienen dem großen -
Haufen nicht wahnfiunig zu fepn; fondern fo wie man .
nur eine heftige Beglerde mach dem Beſiz einer Perſon
Liebe nenne; fo belege man auch nur eine große Abs '
weichung vom gefunden Menſchenverſtande mit bem
Namen des Wahnſinns. — Mit Zleiß babe ich dieſo
Worte des Xenophon Überfezt, weil fie in ber Kärze
von Marimen das Weſentliche von dem enthälten, was
Plato mit allen Beweiſen ausführt, und was ich: deß⸗
wegen mit Grunde dem Lehrer, und nicht bem Schäfer
‚ suzneignen glaube,
ı. ” ” . " N 6
wo. a
von unſchuldiges Vergnügen , oder Vergnügen und,
2: zugleich, wie Gefundfeit und. Berftand,
aber auch Mugen allein bringe, wenn es auch
Schmerzen und Beſchwerlichkeiten verbunden N,
1 he Döfes oder Uebel hindegen erflären fie alles, wů
Ah entweder unnoͤthige Schmerzen, ober
‚md Schaden zugleich, oder auch Schaben allein er
“ ‚facht, wenn es auch mit einigen Vergnuͤgun
et wäre. Niemand alfo fliehe und halte Bergni {
am ihrer ſelbſt willen für Uebel, ſondern wegen der.-Kranks
Kelten, rn und anderer Nachteile, in weiche
." . rjich endigten **). Und eben fo wenig wähle jeman
¶Schmerjen und Befchwerben um Ihrer felbft toillen, fon
dern weil fie und entweber von noch größern Schmei
zen und Befchwerben befreyten, oder uns auch
Bergmägungen und Guͤter / verſchafften. Dergmig,
ſeyen daher auch nur alsdann ein Üebel, wenn ſie
‘re Schmerzen und Schäden nach ſich zoͤgen, oder
... "gedßerer Freuden beranbten ; und Schmerzen mur in’
. ben all, und aus feiner andern Urſache ein Gut, als
weil fie größere Vergnuͤgungen und Vortheile brächten,
oder don größern Schmerzen erlöften. a alle Gir
ter ſeyen nur deßwegen Guͤter, weil fie zufezt Vergnügen
gewährten ; und alle Uebel nur deßwegen Uebel, weil jie
.fich in Schmerzen enbigten }). So wie alle Menfchen
, diefe
) De Rep. lib, II. p. 84.
) Protag. 299,307. Aus biefer Stelle iſt auch das fol,
gende genommen.
= PL & in Gorg, .p. 322. 23. Mit dem Gedaufen,
FE ben ich zulezt aus bem Protagoras angeführt ha,
— ſtreitet ein auderer im Gorgias nenn er nicht fehr cin
u geſſchraͤnkt wird, diefer nämlich: baß man das Gute
’ aiche um des Vergnuͤgens willen thun, fondern *
J 4
| Sekhichte des Sokrates und feiner Phil. 468
sefe Beobachtungen für wahr anerfennten, fo müften
ie auch alle zugeben, daß fie, wenn fie handeln, eigent»
ſch nicht dasjenige wollen, was fie thun, fondern wars
m fie es thun, und daß die Abficht bey allen ihren
Banblungen Beförderung ihrer Wohlfart fey *). Keis
ver teinfe Arzneyen, oder treibe Handel und andere Ge⸗
verbe, ober übernehme die Befchmwerlichfeiten und Ges
ahren von Feldzügen und weiten Seereiſen um ihrer
BOft willen, fondern in der Abſicht, fi) dadurch Ver⸗
mügen und Vortheile zu verſchaffen. Ale verfolgten
sure Unterlaß ihr Gluͤck, und fuchten eö durch eine jede
hrer Handlungen und Unternehmungen zu befoͤrdern:
feiner hingegen wolle ungfüclic und elend feyn, und -
feiner unternehme und thue daher etwas, (denn Dies
ſtreite mit dee menfchlichen Natur felbft,) wovon er felbft
glaube, daß es ihn unglücklich machen werde **). Selbſt
alsdann , wenn der Menfch, wie man fage, gewiſſen
Berfuchungen unterliege und von gegenwärtigen Bergnüs
gungen hingeriffen, etwas zuthun fcheine, was er felbft für
bofe
Vergnügen nur um feines Nuzens willen wählen müffe:
Toy ayadwv wow Even des uns T AM ua Tas
ndea TERTTEV, ar 8 Tayada Toy ndewv.
p. 323. |
#) p. 310. in Gorg.
#*) In Gorg. p. 310. Il. in Menon. p. 336. 337. bef. in
Protag. p. 301. AXorı av edv Eyw ETı Ye Tos
Kon Bdess Enmy EEXETEL, BÜR ETI DIET KO-
Ko ewon. 80 E5i TETO WS EOIKEV Ev avlenre
Quse, emi & vers nano eva eIEeAmy 1evas
ar av ayadwv. orav Te avayxacdn duow
Kuno To Ereeov aiesıcdai, BdEıs Fo jMeıcoy
siiencerau efov To EMuTrToV.
bbſe und fchäblich erfenne, oder etwas "7
Wwas er felbft für gucumd nuͤzlich Halte, ſelbſt ccu
⸗
Ka
wu‘
5 er
)
an ...
„N ,
2 ser ein gebßeres Uedel, und unterlaffe nicht, we
-
" Yar nel none Ausufbaven. — es. ya P
wähle der Menfch nicht vorfezlich, was er für ſch—
nuͤzlich, ober für ein größeres Gut halte, frz
—** nur ein geringeres Gut gegen grhfere r
als das gegenwärtige Bergnügen vorfämen, ſo —
ſichtbare, aber entfernte Gegenſtaͤnde kleiner, als
ger große aber näßee, ebliden*). Dice fin
»
—
—T *
———1.
Asyoı, orı wu woAu bapege: To wur
pas Neu TE EIS Toy Usepev aovor Kası —X
Auangs, pay uRo To Danp ar eyarye, m ii
ya nos Auxy. Es folgt, fagt Sokrates beym Piu
ib. viel ungereimtes, wenn man aunimmt, daB de
Menſch, von gegenwärtigen Vergnuͤgungen geblente
und hingeriffen, das Boͤſe wählt und thut, was e
ſelbſt für Böfe etkennt, und das Outeunterlägt, wer
von er einficht, daß es gut oder ihm nüzlich fey. ie
lacherlich diefes fey, kann man am beften wahrnehmen,
wenn man das Nuͤzliche und Gchäpliche nicht bald mit
biefen bald mit jenen Worten, fonbdern wenn men IM}
eine und das andere erfi mit den Ausbräden Sut und
Uebel, und dann mit den Wörtern Angenehm nah |
Unangenehm bezeichnet. Im erſtern Falle Pänne man
nicht fagen, baß der Menſch böfe gehanbelt obder ge
wählt habe, weil er vom Vergnuͤgen, ſondern weile
vom Onten überwältiget worben; und Ins andern Zul
muͤſſe man Tagen, daß der Menſch nicht das Biß
ſondern das Schmerzhafte oder Unangenehme gewählt
Wergalgen
|
Babe, und zwar vom Angenehmen ober vom
hiugeriſſen. pP. 300, in Gorg, “
(
Sahichte des Sokrates und feiner Phil. 463"
is Boͤſe oder Schäbfiche zu thun, ud as
e nd Mügliche zu unterlaffen, thue der Menſch das
und unterlaffe er das andere, fonbern allein aus.
Eftenheit oder aus Mangel einer richtigen lebhaften
a auniß des Guten und Boͤſen *). And eben fo fey -
nterliegen unter Berfuchungen weiter nichts als
Nenheit, und das eberwinben berfelben nichts ans
old Weispeit *) Wolle man alfo gut wäßlen
Denbeln, und fich nicht Durch Höfe Wahl und Hand»
en unglücklich machen ; fo mäffe man ſich nothwen⸗
inne vollfommene WWiffenfchafft, ober einen richtigen
aßſtab des Guten und Boͤſen anfchaffen, nach weis
nman Güter und Liebel, Bergnügungen und Schmers .--
ohne Fehl fihäzen und mit einander vergleichen koͤn⸗
PY. Wenn unfere Woßlfart Darauf berußte, von
'Sehße und Kleinheit von Gegenſtaͤnden richtige Des
fe zu haben, ober gerade und ungerade Zahlen richtig
mierfeeen und zu wählen; {0 mörbe fein Berminfe
e ermangeln , fich auf diejenigen Künfte und Wiſſen⸗
fften zulegen, in weichen das eine ober das andere
gelehrt
XEAXXEIX
).In Proug. p. 301. Es œgæa adv eyas TO du asyar-
ov sw, Sdeıs Bre edas, Are o10neVos Ra,
Berrıw ewou n & era nu duvareı, emo
Posi TAUT efov ro Berrıo. -
) Ib. Oude TO ArTo enas wurs, @Ro Tı TEr' egw
nanudın, ade netto daurs aRorin Codıc'
Nach viefen Gedanken muß man bie Worte bed Reus⸗
phon Lib. IV. 5. Memor, Söcr. auslegen, wo er von
ben Wirkungen böfer Lüfte und Begierden redet p. 246.
247. und nit ganz mit dem zufammen zu ſtimmen
ſcheint, was ich kurz vorbei Aber Weisheit und Thor⸗
beit ans ihm angefuͤhrt habe,
) Gorg. p. 300. 301.
—
A er Front in
9 > gelehrt wuͤrde Und ba nun unfere Gluͤckſeeligkeit darch
Ze Er , Fate und llebel, Bergnügungen aund chung
een richtig zu ſchaͤzen; von mehrern Vortheilen und Ver⸗
gunuͤgungen immer bie meiſten und größten, von wie
ge rern Machrheilen und Schmerzen immer. Die
1.5, mb. geringften ;_ und wenn SBortheife und, Machthei,
"Nr Bergnuͤgungen und Schmerjen mit einander
7 wären, immer biejenigen Nachtheile und. Schmerzen zı
.r wählen, die von größern, es fey nähen oben entferne
.ten Vergnuͤgungen, uͤberwogen würden, und: hingegen
dbdiejenigen Vergnuͤgungen und Vortheile zu flichen, die
von groͤßern, entweder nahen ober entfernten Sch
1. „and Nachteilen übertroffen würden; fo mäffe ein jeher
ſcch beſtreben, eine vollfommene Wiſſenſchafft ven bau
wahren Werthe ober Unwerthe dee Dinge zu erlangen,
a Gegen diefe Lehre des Sofrates ift es fein Einwi
wenn man fagt, daß piele Menfchen das Gnte,unb
ſe fennen, ohne das eine zu chun und zu wäßden, ua
dbas andere zu laffen und zu fliehen; ‚und bag alfe: rich
7 tige Kenntniß des Werths und Unwerths der Dinge ja
" einem tugendhaften Leben nicht hinreichend ſey. Aus
der ganzen Folge Sofratifcher Gedanfen, die Plato uns
aufpbehalten hat, ergibt es fich, daß Softates nur das
0 Weisheit und Wiſſenſchafft nannte , wenn man richtige
Becegriffe und Grundfäze nicht bloß gefaßt, ſondern fih
auch fo eingeprägt und fo gegenwärtig habe, dag man
ſttets nach ihnen wähle und handele, und daß er es hi
1: gegen für Thorheit und Wahnſinn erflärte *), wenn
man in den entfcheidenden Augenblicken ber Wahl um
Handlung von feinen Grunbfäzen und Verſaͤten dr
RE, s Eiche erfie Beylage.
— u
2 nn
deſchichte des Sokrates und ſeiner phil. 465
erlaſſen oder die leztern ſo ſehr verdunkelt wuͤrden
yenn man fie nie gehabt Härte *), '
Sokra⸗
Ungeachtet es im eigentlichen Verſtande unmoͤglich iſt,
daß der Menſch jemals wider befferes Wiſſen handle,
oder daß er, im Augenblicke der Handlung, das ihm
ſelbſt ſo ſcheinende kleinere Gut oder groͤßere Uebel
waͤhle; ſo bleibt es doch wahr, was der Cyniſche Welt⸗
weiſe Demetrius ſagte: Senec. de Benefie. VII, 1.
Plus prodeſſe, fi pauca praecepta fapientiae tencas,
fed illa in promptu tibi & in ufu fint, quam ſi multa
quidem didiceris, fed illa non habeas ad manum:
. und was Seneca an einem andern Dite bemerkt:
Hoc quod liquet,. firmandum & altius quotidiana
meditatione figendum eſt. Plus operis eft in eo, ut
propofite cuftodies, quam ut honeſta proponss,
Perieverandum eſt, & afliduo fludio robur adden-
dum, donec bona mens fit, quod bona voluntas ef.
Epift. 16. Damit nun gute Gedanken fruchtbar were
"den, und gute Handlungen hervorbringen, ober guter
Wille und Vorſaz in Gewohnheit und edle Denfungss
art übergeben moͤchten, verfertigten bie Pythagoreer ihr
goldenes Gedicht, ſchrieb Epikur feine ratas fententias,
fammieten endlich die. Stolfer ihre praccepta, und
Epittet fein Enchiridion, und alle befahlen, dieſe Purs
zen Tugendlehren niemals and ben Gedanken zu verlies
ren, und bey allen wichtigen Handlungen und Bege⸗
benheiten gegenwärtig zu haben. Ueber die praecepta
der Stoifer, ihren Nuzen und ihren Unterfchied von
den deeretis fehe man den Seneca Ep. 94. 95. Ders
fonen, um biefe Bemerkung noch binzuzufezen, die,
wie man ſagt, wiber befferes Willen handeln, find des
nen ähnlich, die eine Sache fehlecht vertheidigen, weil
ibnen die beften Gründe und Facta, die ihnen fonft
nicht unbefannt waren, nicht einfallen, oder die fi)
gar felbft widerſprechen, weil fie ih nicht darauf bes
finnen, was fie ehemals bebaupter haben. Und nur in
dem Verſtande, in welchem man fagen fann, daß bie
Zweyter Band, 6g ie
—0Sielemex Such Bivenied Eapiel, |
5 ofrateb-Ieferd aber nicht bloß Tugend, ſondern
. er übte ſte auch aus, und fein ganzes feben mar nad)
: seinen und frener von Fehltritten, als feine P
' ven mern war. Im ganzen Griechiſchen und
I— pa kenne ich keinen *), deſſen Wandel
“ amtabelich ruehaft und deffen Charafter
. allen Seiten fo bollendet, als ber des Sofrates wat,
.." Diefer Welfe war nicht nur über alle Safter Zeit⸗
eegnoſſen, ſondern man Fann auch fagen, faſt über ale
Schwachheiten feines Geſchlechts erhaben. Er erfüllte
nicht nur alle Pflichten, die er in allen tagen ——
en als Menſch uiid Bürger, als Bater ne.
als Magiftrarsperfon und Krieger zu erfüllen
* 'ommen, ſondern auch mit einer folchen
Peg zu feinem Weſen zu gehören, und Medi
die Wirkung einer unfehlbaten Mate zu fen
: Fe, Seine Vernunft, fast Moncagne,
taten \ gegen — Wiſſen geredet ober geſchtieben
haben, nur in eben dem Verſtande ann man auf
fagen,, daß Perfonen gegen befferes Wiffen handeln.
2} u. ſchwerlich wird man aud aus der nenern Geſchicht
s jemanden anführen Pönnen.
®#) Montagne Eflays lib, II. ch. XI. p. m, 329. On voit
aux ames de ces deux perfonnages, (Socrate & Caton)
ee ... & des leurs imitateurs une fi.parfaite habitude i la
b vertu, quelle leur eft pafl&e en complexion. Ce
‚ weft plus vertu penible, ny des ordonnances de la
raiſon, pour laquelle maintenir il faille, que leut
ame fe roidiffe: Ce leſſenee mene .de leur ame,
een fon train naturel & ordinaire, Zugend, fegt
— Montague, if ganz mas anders, als Gutartigkeit,
. oder natürliche GAte, oder Unſchuld und Unfcäplih
keit. Jene verlange inmmer einen Gegner, und fit
flets Kampf voraus, doch if fie am görtlichften un
vonfommenften, weun fie alle ihre Widerſacher fo air
Geſchichte des Sofrates und feiner Phil. 46%
naͤchtig, daß fie boͤſe kuͤſte und Begierden nicht einmal
en ließ, und er ging daher mit dem ſichern
Schritte eines Siegers, der alle feine Feinde uͤberwun⸗
ven hat, ohne Mühe und Anfechtung auf dem Wege
ver Tugend fort *). Im Genuffe von Nahrungsmite
teln war er fo mäßig und genuͤgſam, daß er niemals
mehr aß und tranf, als die Natur forberte, und mit
ner jeden gefunden, aud) ber gemeinften Speife und
Tranfe zufrieden war **). Hunger war Die einzige
Würze feiner Speife, und Durft die einzige Verfügung
eines Tranfs. Wenn er. aud) zu Gaſtmalen eingelas
den wurde, fo Foftete es ihm gar feine Mühe, fich vor
Ueberladung mit lecferhaften Gerichten, ober koſtbaren
Beinen in Acht zu nehmen 7). Er konnte alfo ohne
Befahr an den Freuden der Sefelligfeit Theil nehmen,
and feine Freunde ermuntern, ihre Seelen mit fleinen.
Bechern zu begießen, weil der-Wein gleich dem: Dans
dragoras alle Sorgen einfchläfere, und Frölichkeit und
923. freunde
IECCERRREXX
lich uͤberwunden bat, daß fie ſich nicht mehr erheben
innen, und wenn fie ohne allen Zwang, Schwierig⸗
keit und mühfame Anfttengung das Gute ausübt.
%) ib, Je ne puis concevoir en ce perfonnage aucun ef-
fort de vitieufe concupifcence. Au train de fa ver
tu, je n’y puis imaginer aucune Jifficultd, ny aucu-
ne contrainte. Je cognoy fa raifon fi puiffante, &
fi maiftreffe chez lui, quelle n’euft jamais donn&
moyen à un appetit vitieux feulement de naiftre,
J1 me femble la voir marcher d’un viätorieux pas,
& triomphant, en pompe & & fon ayfe, fans em-
efchement, ne deftourbier. Man febe au die
Dobrede des Laches auf den Sokrates in Lachete
. 256.
0) Xen. Mein. I. 2. p. 9. e. 3. p. 38. 39. c.0.p. 55.
4) Xen. 1. 2 p. 39. vide etiam Anton, Tray es &duroy.
1.1.16. J
468 Giebentes Buch. Zweytes Capitel.
freundſchafftliche Gefinnungen erwecke *). Doch
warn⸗
fe er fie, mit dem begeiſternden Geſchenke des Wein
gotts fich nicht zu Überfüllen, damit ihre Seelen unb
$eiber nicht erfäuft würden, wie die Pflanzen und &e
waͤchſe der Erde, wenn man fie auf einmal zu reichlich
teänfe **). Den einer folhen Maͤßigkeit im Gemufke
von Nahrungsmitteln. Fonnte es ihm niche ſchwer wer
den, den mächtigften unter allen finnlichen Trieben im
Zaume zu halten. Er enthielt fich, fagt Renophon, leich⸗
ter von den fchönften Perfonen, als andere von ben
Haͤßlichſten ***), und fchlief eben fo fanft und ungeflört
an der Seite des fehonften Griechiſchen Tünglings, dem
ganz Athen nachjagte, als wenn er an ver Seite feines
Vaters geruhet hätte 7). Seinen teib pflegte er nick,
«is einen Herrn und tiebling, zu deſſen Wascung er ven
der Natur beftellt worden, fondern als einen Diener
und als ein Werkzeug der Seele, das zu allen Zeiten
bereit ſeyn muͤſſe, ihre Befehle zu vollſtrecken FF). Ex
ftärfte ihn täglich durch mäßige lebungen, damit er bad,
was er einpfangen hatte, gehörig verarbeiten moͤchte;
und als er in feinem höhern Alter es nicht mehr für ſchick⸗
lich hielt, in den Gymnaſien ben den öffentlichen Uebun⸗
gen feinen Leib zu entblößen, wählte er das Tanzen, als
eine
(EEE GE GR. GEGESSEN
*) Xenophontis Symp. c. 2. p. 440.
”, Kein Menſch, fagt Altibiades beym Plato in Symp.
p. 193. fah den Sokrates je trunken. Selbſt an fh
lichen Schmäufen trank er nie mehr, als die Befund
heit erlaubte; wenn er aber gezwungen wurbe, fi
Fonnte er alle diejenigen überwinden, Die ihn zum
Trinken genöthigt hatten.
@#®) Mem. 1.2. p. 9. c. 3. p. 39 & 42.
T) Siche zweyte Beylage.
t}) Xenoph. I. 2. p. 10. & c. 6. p. 56. Memor, Sor.
Plat. in conv. p. 193. 194.
\
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 469.
eine für ihn als Greis nicht zu heftige, unb dem Coͤrper
vor allen andern zuträgliche Berwegung, indem dadurch
nicht einzelne Theile, fondern alle Gliedmaßen ohne Aus⸗
nahme gleichformig geftärfe würden *). Sokrates hats
te ſich durch vieljährige Gewohnheit fo abgehärtet, daß
er ohne Mühe und Schaden, Froft und Hize, Hunger
und Durſt, Schlaflofigfeit und andere Beſchwerden ers
fragen Fonnte **), Bey der Belagerung von Potidaͤa
wurde es feinem Krieger fo leicht, als ihm, zu foften,
und die ungewöhnliche Kälte des Thracifchen Winters
auszuhalten. Cr allein wandelte barfuß und mir einem
einzigen Gewande befleider im Schnee und auf dem Eife
umher, da alle übrige Krieger fich entweder gar nicht
auswagten, ober fich in eine Menge von Pelzen huͤll⸗
ten T). Ulle diefe Tugenden, die im Ganzen genoms
men feltener ald bie öffentlichen find, ‚ungeachtet fie
unmittelbar das Wohl und die Erhaltımg ihrer Beſizer
beförbern,, wurden vem Sofrates durch eine ununter⸗
Brochene Sefundheit, die nicht einmal in der fchrecklis
den Seuche die geringfte Veraͤnderung litt TF), unb
burch eine beftändige Heiterheit und Gleichheit des Ges
muͤths befohne. Sein Geficht war nicht bloß an öffent
lichen Orten und vor den Augen des Volks, fondern
auch in der Einfamfeit feines Haufes and im vertrauten
93 Ums
%) Symp. c. 2. p. 437. 438: Der Tanz war fonfl, ben
Friegerifhen ausgenommen, unter ben Griechen eine
unſchickliche Uebung oder Bervegung des Leibe. Ale
daher Charmides feinen Lehrer zum erflenmal allein
Sanzend antraff, glanbte er, daß diefer von Sinnen ger
kommen fey, bis er ihm bie Wortheile diefer Bewegung
des Leibes aus einander gefezt hatte. ib,
®“) Plato in convivio p. 193. 194,
) ib.
+4) Gellii Noct. Att, Il.i.
470 Siebentes Buch. Zweytes Eapitel,
Umgange mit feiner Bamilie, in welchem alle Berkd
fung aufhört, ſtets daffelbige, und feine Frau Zantipg Ir
gab ihm daher einen Lobſpruch, den wahrfcheinlich nız
wenige Weiber ihren Männern ohne Schmeichelen hu jr
ben geben fonnen, und deſſen Größe man erſt einfiet, |
wenn man ihn eine Zeitlang überbadyt hat. Zantipe ji
fagte von ihrem Gemal, daß er ſtets diefelbige Mien je
benm Eingange und Yusgange gehabt habe *). Uete |E
‚bie Unarten anderer zürnte er fo wenig, als über ie |i
Krankheiten, ober Seibeögebrechen **),. und ihre Un ji
:hoflichfeiten und Beleidigungen fah er entweder als U
:bungen feiner Geduld an, oder er ertrug fie ruhig we
‚ohne Aergerniß, wie Schaͤden, die ihm durch ume |i
meidliche Zufälle oder Durch unvernünftige Thiere zuge
fügt worden 7). Wenn er fich aber durch eine une
wartete Grobheit oder Niederträchtigfeit ein voenig ge I
rührt fühlte, fo unterbrückte er gleich die erften Regu⸗
gen des Zorns dadurd), daß er den Ton feiner Stimme
maͤßigte, und fanfter als gewöhnlich redete, daß «
freundlicher als ſonſt lächelte, und heiterer als fonft um
— ſich
*) III. 15. Tuſe. quaeſt.
%#) Mem. Socr III. 13. p. 194.
}) Ib. & Epidt. ap. Arrian, diſſ. IV. 5, proben feine
Langmuth finder man im Plutarch de liberis educ. VI.
p-33. 34. de ira cobibenda VII. p. 809. Diogen L. a1.
& ibi Menag. Eeneca de ira IN, c. 11. and ande,
für welcher Erzaͤhlungen Glaubwuͤrdigkeit ich aber ul
einfiehen möchre. Keine andere Tugend bemnptert
ber Ältere Gato im Sokrates fo fehr, ale fen
aoeynriav, ober bie Geduld, momit er die Unartın
feiner Frau und feiner ihm ungleichen Kinder ertragm
babe; Plut. I. in Cat. vita p. 588. wahrſcheinlich def
wegen, weil er fühlte, daß er diefe Zugend am menig
fien oder am ſchwerſten würde erreichen koͤnnen.
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 471
Ad) Her blickte, an welchen Zeichen feine —* es ſo⸗
gleich erkannten, daß er mit einem innern Feinde kaͤmpf⸗
ce, der ihn zwar bisweilen anfallen, aber nie überwins
den fonnte *). Ueber die Begierde nach überflüffigen
Guͤtern und eitler Ehre war er fo fehr erhaben, daß er
‚non reichen Sreunden, denen er viele Jahre genuzt hat
te, vielweniger Gefchenfe annahm, ald andere fich durch
Beſtechungen zu gefezroidrigen Handlungen bewegen lies
Gen, und daß er eifriger, als die dem Alfibiades güns
fligen Seloherren daran arbeitete, daß der Preis der Tas
pferfeit, der ihm eigenclid) gebührte, dieſem hoffnungss
vollen jungen Manne zur Ermunterung und Stärfung
feiner Tugenden zugefprochen würde **). Ben einer
‚gänzlichen Abweſenheit aller böfen tüfte und Begierden,
wodurch Menfchen zu Berbrechen verführt werden,
Fonnte es dem Sofrates gar feine Mühe Eoften, Tugend
und Wohlmollen zu üben. “Keiner Ffonnte ihn falfcher
Beugniffe, oder AUngebungen, ober anderer ungerechter
Damals gemöhnlicyer und einträglicher Handlungen zeis
den 7). Er erfüllte alle Gefeze feines Vaterlandes im
allen Stuͤcken, und folgte ohne Murren und Zaubern
dem Winfe feiner Obern, wenn ihre Befehle mic den
Geſezen übereinftimmiten ; allein er widerſezte fich ihnen
auch mit unuͤberwindlicher Standhaftigkeit, wenn fie
ihm etwas unrechtmäßiges zumutheten. (Er weigerte
fich nie fein teben fürs Vaterland zu wagen, fo oft er
Dazu aufgefordert wurde , und er fochte alfo vor Poti⸗
dia fowohl, als in den Schlachten bey Delium und Am⸗
phipolis mit einem folchen Muthe, daß Athen ihn für
einen feiner tapferftien Krieger , und die Feinde für einen
934 ihrer
nme
“) Plut. de ira cohib. VII, 785. Senec, de ira III, 13.
°*) Xen. J. 5. p. 51. Mem, & Plat. in conv, p. 194.
}) Xen. IV. 4. p. 237. ' 0
472 Bichentes Buch. Zweytes Capitel.
ihrer furchtbarſten Gegner erfenmen mußten *). Mit
eben der Kraft und Seftigfeit des Geiftes, womit er be
Zeinde feines Volkes fchlug, ſtritt er wider die Unge
rechtigfeit eben dieſes Volks und feiner Gewaltigen; ums
ließ fich weder durch das ‚wilde Gefchren des erflern,
noch durch die Drohungen der leztern bewegen , etwas
zu thun oder zu laffen, was er für unrecht hielt. S
\ ve
(GREIEERSSEEE
9) Ueber dieſe Feldzuͤge ſehe man Plat. in Apol. p. IL. is
Convivio p. 193. 194. in Charmide p. 242. in L«
chete p. 253: Athenaͤus fuchte alle dieſe Feldzuͤge bei
Sokrates und das Anfehen des Plato ungewlß zu mas
hen; allein die Gründe diefes Saninlers fin» fo elen,
als die Nachläffigkeitefünden, die er in ber Auflage ed
Sofrates und Plato beging, ſchimpflich find. Lib, V,
ce. 12. & ibi Caſaub. Plato war nicht der
welcher der Feldzuͤge des Sokrates erwähnte; and Fe
nopbon und Antifihenes thaten cd. Athen. 1. e. &
Xen. Mem. IV. 4. In einem Xreffen vor Petibks
zettete Sofrated dem Alfibiades das Leben, mub anf
dem Rüdzuge bey Delium war es, mo er fi mit eb
nem fo zuverfichtlich langſamen Schritte zuruͤck zog, und
fo furchtbar um fich berblidte, daß Feiner ber Zeink
es wagte, ihn und ben Laches anzugreifen. Plat. I, cc,
In eben diefer Schlacht foll er, wie mehrere Schrift
fteller erzählten, dem Kenophon bas ‚Leben gerettet
haben; allein th zweyfle daran, weil weder Plate u
den beyden Stellen, wo er von dem Betragen bil
Sokrates hey Delium redet, noch auch RXenophon felhf
diefer That erwähnen. Man ſche Diog. I. 22. & ibi
Menag. Diefe Nachricht iſt wahrfcheinlich aus eine
Verwechſelung entſtanden, wie eine andere, bag En
Prated bey Delium ben Preis der Tapferkeit erhalten
babe. Simpl. ad cc. 31. Enchirid. Epict. Simplicdu |
hatte offenbar die Stelle im Gaflmale des Plate m |
Sinne; allein er erinnerte ſich derfelben nicht redt,
und fehrieb dem Sokrates etwas zu, was 'diefer ba
einer andern Gelegenheit dem Altibiades zugemantt
hatte.
Geſchichte des Sokrates und ſeiner Phil. 473
achtete die Wuth des Poͤbels, als dieſer gerade zu
Zeit, da er das Haupt des regierenden Raths war,
t Ungeſtuͤm von ihm verlangte, daß er feine Stim⸗
zur Verurtheilung von nein unfchuldigen Feldher⸗
: geben follte *), und er blieb lieber, wie Kenophon
t, feiner Pflicht und dem Eide, den er geſchworen hatte,
u, als er dem Volke oder ven Mächtigen der Stadt
Ifahrte. Er fpottete der dreyßig Tyrannen, als diefe -
ı unterfagten, forthin junge Leute in ber Hegierungsr
iſt zu unterrichten *"), und lachte ihrer Befehle, als
ihm aufteugen in Cefellfchafft von noch vier andern
em Einwohner von Salamin zu ergreifen und nach
yen zur Todesſtrafe zu bringen ; eine Widerſez⸗
feit, die ihm mwahrfcheinlich das Leben würde gefofter
en, wenn nicht Die Tyrannen bald nachher wären ger
rt worden 7). Wenn man die Würde eines Mit
des des hohen Raths ausnimmt , die Sokrates eins
I befleivete, fo hielt er fich während feines ganzen
igen tebens von Öffentlichen Aemtern und Gefchäfften
feent, weil Volk und Staat zu verdorben waren, als
| ©gs daß
) I. 1. Mem. Soer. p. 8.
) I. c. 2. p. 21. Mem. Soer.
) plat. I.c. Diodor ſagt an der Stelle, wo er ben Tod
des Theramenes erzaͤhlt, daß Sokrates nebſt zween
feiner Freunde dem eben genannten Demagogen, als
er ind Gefaͤngniß geführt worden, zu Hülfe gefommen
ſey, bis diefer ihn gebeten habe, ſich nicht In unnoͤthi⸗
ge Gefahr zu fiürzen, und bis er felbft geſehen, daß
Feiner zur Mettung bes Ungluͤcklichen herbey eile. —
Diefe abentheuerlihe Handlung widerfpricht nicht allein
dem Charakter des Sokrates, fondern wird auch weder
vom Plato noch vom Xenophon, noch von irgend ei⸗
nem andern zuverlaͤſſigen Geſchichtſchreiber erzäßtt,
und kann daher ohne Bedenken als erdichter verworfen
werben.
474 Siebentes Buch. Zweytes Capitel.
daß er ihnen auf dieſe Art hätte nuͤzen kͤnnen. Er
konnte und wollte ſich nicht zu ſolchen Schmeichelegen |
und einer folchen Machgiebigfeit erniedrigen , ale ber
Möbel auch bey den unfinnigften und gewaltthaͤtigſten
Unternehmungen von feinen Demagogen ermartete,
Wenn er fich aber dem Willen des Volks ſtets voiberfeg
hätte, fo wuͤrde er, wie er felbft beym Plato fagt *),
bald gerödtet, und dadurch gehindert worden feyn, fh
nen Mitbürgern auf andere Arten zu dienen. (Eben
‚bewegen, weil er Fein Zeuge und Theilnehmer unge
reimter Entſchluͤſſe, ungerechter Urtheile, und muth⸗
voilliger oder jchändlicher Ausgelaffenheiten ſeyn mochte,
‚befuchte er weder die Volksverſammlungen, noch die
Gerichtsplaͤze »*), und nur ſehr felten vie öffentlichen
Schauſpiele. Michtsveftoweniger wurbe fein eben eben
fo gemeinnüzig, ald wenn er das ganze Bolf, wie Per
rikles geleitet, oder ftets Flotten und Heere angeführt F
‚hätte 7). Sokrates wandte feine beften Kräfte und
Etunden an, um die Stoljen und Verderber des Ge I:
ſtes und Herzens der Jugend zu demüthigen, die Zwer
deutigen zu ftärfen, die Schwachen aufzurichten, ‘ode
von Sefchäfften, denen fie nicht gewachfen waren, ab ]}
zuhalten, und tüchtige, aber träge oder an der Wohb In
art der Stadt verzwenfelnde Mitbürger zum Dienft |i
ihres DBaterlandes zu ermuntern 77). Er fühnte und Ti
nig
—— ——————— — ———5AæZ GESENDET
7) p. 13. in Apol.
**) ib. p. 7.
T) Er zeigte zuerſt, fagt Plutarch, daß das ganze Leben iu
allen Zeiten und in allen Umfländen und Worfällen fit
bie Philefophie empfänglih fry, und daß man ein
wahrhaftiger Bürger und Menfchenfreund feyn Ale,
wenn man aud nie den Mantel dee Feldherrn und id
Gewand des Redners anlege. an feni fit gerend. refp.
vol. IX. p. 180.
+}) Mem, Socr, III. c. 1-7. Plut. I. e.
Gefshichte bed Sokrates und feiner Phil. 475
ge und gegen einander aufgebrächte Eitern und Kinder,
Ehegatten, Brüder und Bekannte aus *), tröftete feis
ve niedergefchlagenen Sreunde im Unglück **), half ihr
sen burch feinen weifen Nach aus der Noch ***), bes
ebrie. die Unwiſſenden, bildete die Hoffnungsvollen aus,
and hielt felbit jchlüpfrige Gemuͤther durch feine kehren
nd Beyſpiel von Laſtern und Derbrechen zuruͤck T).
Durch alle diefe wohlthätigen Bemühungen wurde das
eben des Sofrates eine unerjchöpfliche Duelle von Seg⸗
sungen für jein Bolf, und mit Hecht konnte Plato von
om fagen, daß er der einzige. in feinem Zeitalter, ober
ner von den Wenigen gewefen fen 77), die ohne alle
ꝛigennuͤzige Abfichten für das Wohl ihrer Mitbürger 96
wbeitet hätten. .
Dog num ein folcher Mann, als Sofrates war, _ .
ver Feines Boͤſen gefchont hatte, unter einem Volke, das
ille große Verdienſte und Tugenden haßte, und fie zu
meerdrücen fuchte, Feinde, Neider und Berläumber
and: dag er ferner: in einee Stadt, in welcher falfche
Aufläger oder Sykophanten die tteblinge des herrſchenden
Pöbels waren, um erdichteter DBerbrechen willen vor’s
Bericht gefchleppt wurde, iſt meinem Urtheile nad) gar
sicht zu verwundern; allein daß Sokrates gerade um
ſolcher bofen Künfte und Thaten willen, wider welche
kein ganzes Leben zeugte, die er beftändig beſtritten, und
um derentwillen er den größten Theil des Hafles auf. fich
geladen hatte, angeklagt und verurtheilt wurde, darüber
eeftaune ich immer von neuem, fo fehr ich. auch dabey
bevenfe, daß unzählige unfchuldige Menfchen vor er
ma
*%) Mem. Il. 2% 3.
#&) Sener. de trang. animi c.3.
*#) II. 7. Memor. Socr. p. II7.
+) Memor. Socr. 1. 2. p. 15.
+1) in Gorgia p 331. N
dem ausgearteten Achenienfigeh A
retgen Gelegenheit gehabe hatte. J
> Die entfernteſte fung der Verurth S
vlelleicht auch der Anklage des Softates, Ep m
iel des
“er den Sohn des. Sophroniskus nicht nur als in⸗
”) Solche Naturforſcher wurden won dem Poͤbel in Atha
ohne Ausnahme für Gottesldugner gehalten, Pla,
Apol. Socr. p. 7. s
%#) Vide Schol, ad Ariftoph, Nubes cum Scholiis antiquis
Pr recenfione Richteri, Harderövici 1752. in 8,
» ur
ſhahte des Softateß und feiner Phil. 477
ftechungen feiner nachherigen Feinde und Anklaͤ⸗
die Renophon und Plato gewiß nicht mic Still
en übergangen hätten, fondern weil Sokrates
teunde und Anhänger hatte, weil er dem ganzen
bekannt *), und alfo gerade eine folche Perfon
dergleichen die Athenienfer aufs Theater gebracht
ten. Kein tuftfpielfchreiber durfte fich unterftes
ad hochheilige Volk in Achen anzufallen; allein
: Perfonen Fonnte man. ungeftraft mißhandeln,
fe entweder reiche, mächtige und eble Bürger,
enn auch vom Pöbel, wenigſtens folche waren,
vor allen andern auszeichneten, und die eben des
bee große Haufe nicht ungern gedemuͤthigt fah”*). -
tes hatte alfo mit allen großen Männern in chen
Schickſal, wenn ee dem Pöbel in einer Farce
jegeben wurde; und Ariſtophanes war nicht ber
‚ der ihn auf der Bühne lächerlich gemacht, und
zer Thaten beſchuldigt hatte 7). Ungeachtet die
n des eben genannten Dichters, was Sprache,
ung, Anlage und Einfälle betrifft, die befte unter
inen Farcen iſt, wofür er fie aueh) ſelbſt hielt, fo
fie doch wenigſtens bey der erfien, und vielleicht
»n der oder den folgenden Vorſtellungen, nicht has
4
Beih einen großen Eindruck Sokrates gemacht babe,
kann man aus folgenden Stellen des Ariſtophanes
felbft fehen: in Avibus v. 1280.
Ile nev Yae once ve nvde Tv BoAw
EAarwvonavev dnayres dvdewmos Tore
Enonmv , EREIRV, ELLUR@V, ECWKEATEV.
Karerav au norneav es ra BıßAsa.
De rep. Athen. c. 2. p. 585. Xenoph, |
Ran fehe Schol, ad v. 96 & 129. Nubium Ariſto-
phanis, | u
⸗
478 Siebentes Buch, Zweytes Capitel.
Gluͤck, was der Dichter für fie gehofft Hatte”). Ce
weit aber auch) ver Benfall, den feine Arbeit fand, mw
ter feiner Erwartung geweſen fenn mag, fo ift doc) bis
feö gewiß, daß fie nachtheilige Eindruͤcke in den Gemb
then der Arhenienfer zurück ließ, die den Söhnen von |
ihren Vätern, und den Juͤngern von den Yeltern mitge
| | *
@) Ueber bie unguͤnſtige Aufnabme, melde bie Wolken bad
erflemal fanden , klagt Ariſtophanes ſelbſt v. 523.& la
Er beſchwert fi über gewiffe avdexs Doerass,
die ihm den Sieg geranbt hätten, und hierans eutkamb
wahrfcheintich die Sage, daß Altibiades das Lieblinge
ſtuͤck des Ariſtophanes habe fallen machen. Schol. p. 3
Einem Scholiaſten zufolge arbeitete der Dichter ie
Wolken nah dem erſten unglädlihen Verſuche ud
einmal nm, ad v. 9. p. 6. und brachte fie von menm
aufs Theater; allein auch dieſesmal fanden fie Feines
Beyfall, und nun wagte es Ariſtophanes nicht much,
fie dem Volke wieber anzubieten. Aus ber Farce fell I}
erhellt, daß ihre Berfaffer nach ber erfien Worfichum
Beränberungen in ihr gemacht habe, denn an einige |.
Stellen redet er von Kleon, als einer lebenden Perſch
an einer andern aber als von einem abgeſchiedens
Zeinde. v. 549. 591. Allein ein anderer Schelieft io
hanptet, daß fie nach der erfien Borftelung noch i
aufgefübrt worden v. 591. und auch Aelian IL 1%
Var. bift. erzählt, daß die Archenienfer iu der Zei
großes Wohlgefallen daran gefunden hätten. Wen
aber au die Wolfen nur zmeymal gegeben wort
wären, fo find fie wenigſtens das zweytemal nicht, wie
der Scholiaſt willad v. 8. unter dem Archon Ameinws
DI. 89. 2. aufgeführt worden; denn Ariſtophanes m
wähnt des Todes des Kleon, der erſt DI. 39. 3. u
Thracien fill. Es ift nicht unwahrſcheinlich, was meh
rere Scriftfteller erzählen, daß Sokrates bey ber erfim
Borfiellung DI. 89. I. gegenwärtig geweien, mu
bar die groben Schwaͤnke des Ariſtophanes eben #
wenig, als durch die Scherze von Freunden an eines
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 479
theift wurden *). Diefe Argwoͤhne wurden durch die
geheimen Berläumbungen derjenigen unterhalten und ges
ſtaͤrkt, welche Sofrates zu ihrer Befchämung geprüft
hatte ‚ um fic) von der Wahrheit und dem Sinne des
tterſpruchs zu überzeugen, wodurch er für den Wels
feften der Griechen erflärt worden war **). Dieſe vom
Sokrates entlarvte und von allem glänzenden Schein fals .
r Weisheit entkleidete Männer rächten fich an ihrem
iverfacher dadurch, daß fie die Ohren der Athenienfer-
mit den falfchen Gerüchten anfüllten, daß Sofrates aller
dee Verbrechen fehuldig fey, die Ariftophanes ihm aufge
Bärbet Hatte, und deren fie felbft ſchuldig waren F);
Diefe böfen Nachreden fehabeten dem Sokrates noch
weit mehr, als das Poflenfpiel des Ariftophanes gerhan
hatte, und eben diefe waren es hauptfächlich, die ihn
ums Steben brachten *.P). Wahrfcheinlich würde Sofras
tes fchon viel früher verklagt worden feyn, wenn nicht
feine Feinde fich vor dem Alkibiades, der feinen tehrer
var verließ, aber nie haßte, und vor andern mächtigen
Breunden gefürchter hätten. Nachdem aber Alkibiades,
is ein DBerräther des Volks, im Elende umgebracht
vorden , und die meiften übrigen Freunde des Sofrates
m Peloponnefifchen Kriege umgefommen waren; fo
| mad)»
kumumuuinuunee
@aftmale bewegt worden fey. Plut. de liber. educ. VI,
34 p. Ael. Il. c. 13. Allein ich halte es für ein Maͤhr⸗
hen, was Yelian allein berichtet, daß Sofrates feinen,
Diaz Fremden überlaffen, und fi an einen Drt binges
flelle babe, wo er von allen Zufchauern gefehen werden
Tonnte. Kin ſolches pralerifches Berragen ſtimmt gar
nicht mit dem Charakter des Sokrates überein.
%) p. 7. Plat. Apol. Socr. Ä
”*) ib, p. 8.9.
+) p. 7. Apol.
P) ib.
430 Siebentes Buch. Zweytes Eapitel.
machten fich feine Feinde den noch frifchen Haß, dein
den Gemüthern der Athenienfer gegen ven Alkibiades und
Kritias, feine ehemaligen Schüler, übrig war *), und
feine Einfamfeit oder Armuth an vielgeltenden Beſchaoͤ⸗
zern zu Nuze, und ließen ihn durch drey dazu beftellte
Männer, als einen Feind der Götter und des Dolks,
vor Gericht fordern. Anytus verflagte ihn auf Anftifı
” ten der Demagogen und anderer, die ſich mit oͤffenti⸗
chen Sefchäfften abgaben **,, Melitus im Namen der
Dichter, und Lyko im Namen der Sophiſten, als einen
verberblicdyen Bürger, Der Die Tugend verberbe, ber bie
Götter, welche die Stadt anbete, laͤugne, neue Gott
heiten einführe, und durch diefe Verbrechen den Top
verdiene 7). Diele grundlofe Anklage brachten fie nicht
bot
muenchen
®) Acfchines in Tim, p. 194.
u, So muß man die Wörter Inuzeyos, x KoAıtına
verfiehen. Man fehe Plat. in Gorg. 317. & in Me
nonc p. 345.
+) So führen Plat. in Apol, p. 9. Xenoph. Mem. I, ı.
und Diog. I]. 40. bie Worte der Anklage mit denfelbis
gen Worten an. Ankiſthenes ſtimmte vollfommen mit
dem Plato in ber Angabe der Feinde zufammen, In
deren Namen Sofrates von feinen Anklägern belanzt
tourde. ap. Diog. 11. 39. Auch Zenophon und Plato
kommien in allen Hauptflüden der Anklage, Verurthei⸗
Jung und bes Todes ihres Lehrers überein. Ya Zenos
pbon, der dem Plato fo wenig ale diefer dem XRenophon
gewogen mar, beftätigt die Nachrichten bes Erftern,
felbft durch feinen Tadel: daß viele zwar die Geſchichte
des Todes bes Sofrates richtig befchrieben,, aber die Ur,
ſachen anzugeben vergeffen hätten, warum er den Xob
bem Leben vorgezogen babe. in Apol. Soer. p. 4099,
. Die Anfläger des Sofrates hatten, wie es fcheint, alk
einen perfönliden Haß gegen ihn, wenigſtens laͤßt e⸗
ih von zween beroeifen oder wahrſcheinlich machen, da⸗
fr
Eachichte des Sofrated und feiner. Phil. 481,
e den Areopag, der vormals DBeichilbigungen ver
ottlofigfeit und anderer Beleidigungen ber väterlichen
ligion unterfucht hatte, fondern vor eins der zahlreis
em Volksgerichte, und böchft wahrfcheinlich vor das
ıgefehenfte unter allen, nämlich die Heliaͤa, bie *
| n
(EEE Ei > GR EEE —
fie tfich nicht nur in der Glaffe von Meufchen, zu wel⸗
her fie gehörten, fondern auch in ihrer Perfon ſelbſt
beleidigt glaubten. Anytus wurde dadurch gegen ben
Ssodkrates aufgebracht, daß dieſer in einer kurzen Un⸗
terredung mit feinem Sohne gefagt harte, daß er um
feiner Xalente willen verdiene, fich nicht bloß mit der
Bereitung von Leber (der Handthierung des Vaters,
der fonft in der Stadt im größten Anfehen ſtand,) zu
befhäfftigen, ſondern einem Erzieher und Ausbilder
feiner Fähigkeiten und Anlagen übergeben zu werben.
Xenoph. in Apol. Socr. p. 422. 423. Wie wenig
man ſich auf die Nachrichten ber fpätern Schriftſtellen
verlaffen könne, erhellt wiederum ans dem Beyſpiele
des Libanius, als welcher erzählt, daß Anytus ſonſt
feine Soͤhne zum Sokrates geſchickt habe, aber dadurch
beleidigt worden ſey, daß dieſer ſtets der. Gerberep,
eines Handwerks, was er von Sclaven treiben laſſen,
erwähnt babe, daß er ſich aber gegen den Sokrates ers
boten, von feiner Anklage abzufichen, wenn er inds
Fünftige von feiner Handthierung zu fhweigen verfpres
"en wolle. Apol. Soer. I. p. 642. 43. Den Melitus
befchreibt eben diefer Sophiſt als einen feilen Syko⸗
. phanten, der für eine Drachme eine jede auch unfchuls
- ülge und ihm ſonſt unbefannte Perfon angegriffen und
verlaͤumdet habe. ©. 644. Plato hingegen fagt vom
Ihm, daß er ben Schmerz der beleidigten Dichter geros
chen babe. ©. 9. Apol. Wan fehe auch Eutypb. p. 1.
initio. Wahrſcheinlich aber war er am meiflen deßwe⸗
gen gegen den Sokrates feindfeelig gefinnt, weil er ei⸗
ner von denen war, bie aus Furcht vor dem Tode das
setban, was Sokrates nit thun wollte, und dem
eon von Salamin auf Befch! der Xprannen nad
Zweyter Band. RN) | Athen
ö
433 Siebentes Buch. Zweytes Capitel.
fünf hundert Perfonen beftand ). ‘Die Gründe, wos
mit fie ihre Befchuldigungen zu bemweifen fürchten, waren
ſſpo elend, daß fie nur allein von folchen Sykophanten
Athen gebracht hatte. Andoc, orat. I. p. 218. und
Plat. Apol. p. 13. Lokon war felbft ein Redner um
Sophiſt, und vermuthlich auch, gleich feinen Brüdern,
son Sofrates gedemüthiget worden. IE 38. Diog.
Bon ihm heißt es, daß er alles zur Anklage des So⸗
rates geflimmt und vorbereitet babe.
) Menrfius in feiner Abhandlung über ben Areopag c. V.
p. 2088. in Gron, Thef, Vol, V. glaubt, daß Sokro⸗
tes von ben Areopagiten gerichtet worden ſey, umb zwe
ans dem ſchwachen Grunde, weil alle Anklagen vom
Oottlofigteit vor diefen Gerichtshof gehört hätte
Aus diefer feiner Meynung zieht er den Schluß, Mm
ihn allein auf andere Gedanken hätte bringen fol,
daß der Areopag aus vielen hundert Mitgliebern befiıs
den habe, weil Sofrates dur 281 Steinchen meh
verurtheilt als frey geſprochen ſey. f. 41. Diog. Il
Ich will nicht einmal biefe Nachricht des Diogenes wos
ber großen Zahl von Richtern, die unmöglich von des
Areopag gelten koͤnnen, wider den Meurſius branden,
weil Plato erzählt, daß Sokrates nur durch einen kle⸗
nen Ueberſchuß von drey Steinchen für ſchuldig erklärt
worden. in Apol, p. 14. Allein aus andern Unifliw
den wird es unläugbar, daß bie Richter des Sokratel
nicht Areopagiten, fondern Menſchen aus bem Pihl
waren. Denn erfllich läßt es fih gar nicht denken,
daß die Anfläger des Sofrates ihre laͤcherlichen Beſchub
digungen vor einem ©erichtshofe, der noch immer anf
den verehrungswürbigfien und verfländigften Maͤnnen
beftand, II. 5. Memor. Socr, angebracht; und nch
weniger, daß biefe Areopagiten den Sofrates auf fol
Beſchuldigungen fo gefezios, und mit einer fo un
nünftigen Hize verdammt haben follten. Zweyten
war die Haupturfache, warum Sokrates von feinn
Richtern verurtheilt wurde, dieſe, daß er fidh nicht is
Schmeicheleyen und demüthigen Klagen ermiebrigs
| wollt,
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil 483
b vor folchen Richtern vorgetragen werben konnten.
je.ivarfen ihm vor, daß er der Jugend eine Verach⸗
Hh 2 tung
wollte, dergleichen die Richter erwarteten und gewohnt
waren. Xenoph. Apol. Soer. p. 410, Solche Nies
derträchtigkeiten und Künfte Fonnten die Areopagiten
unmöglich erwarten, weil fie vor ihrem Gerichte durch
die Gefeze unterfagt waren. Drittens behandelten. bie
Antläger des Sofrates feine Richter völlig fo, wie bie
Redner ven Poͤbel behandelten, und auch nur den Pbdel
bebandeln konnten. Sie ſchilderten deu Sokrates als einen
mächtigen Redner, gegen beffen Beredfamfeit- fie auf
.. Ihrer Hut fepn (Plat, Apol. Socr. ꝓ. 7..initio) und
als einen gefährlichen Mann, ben fie nur ihrer ſelhſt
‚ "pillen tödten muͤſten, weil er fich ſonſt am Ihnen rächen
und ihre Söhne. verderben würde, ib, p. 12. Auch
"Die Beweife, bie fie für ihre Beſchuldigungen vorbrach⸗
tem, und die ih im Terte anführe, ‚konnten nur auf
den Pöbel einen Eindruck machen. Viertens läßt es
fi von feinem alten Zribunale, fondern nur allein vor
- einem allmädırigen aus dem Poͤbel befezten Volksge⸗
richte anuchmen, daß es diejenigen, bie es ſchuldig bes
funven hatte, nach bloßem Wohlgefallen, entweder nue
um eine kleine Geldfumme, ober mit einem kurzen
Gefängniß, oder mit Verweiſung, aber auch felbft am
Reben frafen konnte. Endlich konnte es nur von
- Mitgliedern eines Volksgerichts gelten, was bie Freun⸗
de des Sofrates zu ihrem Lehrer fagten:' daß die Rich⸗
ser ſchon oft Unſchuldige um ihrer Neben willen vers
bammt, und andere kosgefprochen hätten. Mem. Socr.
IV. c. 8. & Xenoph. Apol. 9. 4..— Daß aber unter
allen Volksgerichten gerade die Helida fi mit dem
Blute des Sokrates befledt habe, wird mir daraus
wahrfheinlih, daß Sokrates eines Eides erwähnt,
wodurch feine Richter feierlich beſchworen hätten, uns
parsheyifch und nach den Geſezen zu richten. p. 14. in
Apol. Soer. Einen foldhen Eid legten nur die Helia⸗
fen allein ab. Das Formular diefes Eides finder man
beym Demofthenes p. 485. in feines Rede wider den
Timokrates. | | J
\
Nas und Mfibiades gezogen, wovon ber eine de
” er unter den Tyrannen, und der andete der
Fon ja daßer — der Achenienfer ©
ignen m verſprochen,
— amb al Qi u de Ui
zu werbeit verdienten
RE,
Pr oh is. ar ea
tng gegen die eingeführte Srääceverfoffing
ie, Hide er‘ Br daß es lächektich ſey
der Stadt durchs loos Fe wählen, da N
auf diefe Art-Mauerfeute‘, aumeifter, Der q
here, Kuͤnſtler wähle *), (Sk ſchrieen, Daß eben
und gewalfthätigfte unter allen Bürgern
aung der Däter, wie des er gie,
ben Weiſern 'gefeffelt-
verrückte Eltern, wenn fe — —
— ri nad) den Geſezen Gen
Anhängern. gewaltthätige und
nungen — weil er mit dem
haͤtte, daß keine Art von Arbeit und Un
über. wohl Trägheit und Unthärigfeit Schande.
Ex Habe fie endlich dazu aufgemuntert, arme, I
ringe Bürger zu mißhandeln , weil er ſtets die Homn⸗
ſchen Verſe im Munde gehabt, im welchen Musi
Therfites durch Worte und Thaten zum Stilljehrweit
bringe F}). Alle diefe Befhulpigungen befräfcigten
mit falſchen Zeugen, die man, wie falfche Anfläger, MA
einige Drachmen erfaufen konnte Fff). Sofrate fi
fich nicht die Mühe, fich gegen die Verbrechen, die
ihm aufgebürdet hatte, in einer weirläuftigen Schul
y)12p a Memor, Socr,
” &.13. ib,
PN “ 9 28.
26.
1n 6. in. a.
+11) Xenoph, a, Soer, 5,24.
-
Seſchichte des Sokrates und feiner Phil. 485
prtheibigen *), und er nahm nicht einmal diejenige
Sie yſias ihm anbot, weil jie fich, wie er fagte, für
eben fo wenig ſchicke, als Sikyoniſche Schuße,
® fie auch noch fo ſchoͤn gearbeitet wären. **). Als
Freunde ihn. an eine Schuzrede erinnerten, und
äugleich voritellten, daß die Nichter in Athen viele
Buldige bloß um ihrer Reden willen verurtheilt, und
Schuldige Hingegen frengefprochen hätten, erwies
: er, daß fein Dämon ihn von einem wiederhohlten
ſuche, eine folhe Rede zu machen, abgehalten
7). _ Zugleich fragte er fie, ob fie nicht glaubten,
ein ganzes nad) den Geſezen der Tugend vollbrachtes,
durch feine Ungerechtigkeit oder boͤſe That beflecktes
a, die ſchoͤnſte Apologie fen? Vielleicht, fagte er,
5 der Wille und eine Gnade der Gottheit gegen
Y, daß ich fterben foll, weil fie einfieht, daß es befa
uͤr mich fen, in den Tod zu gehen, als fortzules
fr). Wenn ich jego verurteilt werde, fo fterbe ich
noch gefundem teibe und ftarfer Seele, den leichtes
Tod, ber meinen Freunden und Angehörigen bie
igften Beſchwerden und Bekuͤmmerniß verurfacht,
wich gar feine widrige Bilder und nachtheilige Erins
ngen, fondern vielmehr die lebhaftefte und heilſamſte
nfucht nach) dem Verftorbenen zuruͤcklaͤßt. Bisher,
yeißt e8 Hermogenes, habe id) es feinem Sterblis
zugegeben, daß er beſſer und glücklicher gelebt Hätte,
ch. cd) war überzeugt, daß diejenigen am beften
n, bie ſich am meiften bemühten, immer vollfomms
iu werden, und daß diejenigen wiederum am glück
en wären, die es am meiften fühlten, daß fie volle
h3 komm⸗
Memor. Soer. IV. 8. & Xenoph. Apol, p. 410 · & fq
) 1.54. Cicer. de orat.
Xen. I, e.
) II. cc. p. 265. & fq.
’
den fühlen, ober mir auch der Abnahme u
fchlimmerung meiner Natur nicht bewußt werben
ich wiberrechtlich zum Tode verurtheilt werbe,
die Schande nicht auf mich, fondern auf mein
und Mörder. ‘Denn wie fann es mir Schai
gen, wenn andere das, was recht iſt, nid
Tonnen, oder nicht thun wollen? Erfahrung
ſchichte haben mich gelehrt, daß Diejenigen, bi
thun, und diegenigen,, die Unrecht leiden, nid;
Namen bey der Nachwelt haben. Ac bin |
zeugt, Daß es Menfchen geben werbe, bie
meinem Tode auch um mich befümmern, und
ders Über mich, als über meine Mörder urch
ten. Auch lebe ic) ver gemiffen Hoffnung,
mir ſtets das Zeugniß geben werde, daß ic
Menfchen Unrecht getban, und Niemanven t
fondern vielmehr aus allen Kräften mich bem
alle diejenigen, mit denen ich umgegangen bi
und glücklicher zu machen”). Aus diefen Gruͤt
Zenophon, glaubte Sofrates, daß der To
nicht allein Fein Uebel, fontern vielmehr wünf
“hor ala nad (ohen fon PN .
Geſthichte des Sokrates und ſeiner Phil. 487
Mit ſolchen Geſinnungen ging Sokrates vor's Ge⸗
t hin, unvorbereitet auf das, was er ſagen wolle,
284 aber
[U] U] (| U} UL UL LU U j
Richter durch die Erwähnung feiner eigenen Verdienſte
gereizt babe, um von ihnen zum Tode verurcheile zu
werben. Viele, fagt er im Anfange feiner Apologie,
haben bie Schuzrede des Sokrates und die Geſchichte
feines Todes aufgezeichnet; und alle haben die Größe
feinee Befinnungen erreicht und ausgebräde: zum ges
wiffen Beweiſe, baß er fie wirklich geäußert habe;
allein Peiner hat bie Grände angegeben, weßwegen er
ben Top für wuͤnſchenswerther, ale das Leben hielt,
und eben bewegen ſcheint bie Zuverſicht und Kuͤhnheit,
womit er von ſich ſelbſt redete, unuͤberlegt nnd unklug
geweſen zu ſeyn. — An einer andern Stelle fügt er
hinzu: daß Sokrates eben durch die Erwaͤhnung ſeiner
Berdienſte den Neid der Richter gegen ſich rege gemacht,
und dadurch feine Verurtheilung beſchleunigt habe $. 32.
p. 423. — Vielleicht wäre es Niemanden eingefallen,
aus den Worten des Xenophon ben angeführten
Schluß zu ziehen, wenn ich nicht meine Lefer baram
erinnert bitte. Allein nm derentwillen, welde die
- Stellen des Xenophon zum Nachtheile des Sokrates
auslegen koͤnnten, erinwere ich, daß Xenophon fie nicht
fo verftanden wiffen wollte , weil er fonft nicht in feiner
Schuzfärift ſelbſt, und an vielen andern Orten, bez
Sofrates als einen Mann hätte ſchildern koͤnnen, der
eben fo wenig andere zu Zehltritten und Ungerechtigs
keiten verleitet, als felbft gefündigt habe. — Wenn
auch nicht das ganze Leben bes Sokrates und fein Bes
tgagen vor dem Tode, das ich noch befchreiben werde, wis
der bie Vermnuthung firäflicher Bewegungsgruͤnde eis
ner ber überlegteften Handlungen bes Sokrates ſtritte;
fo wuͤrden doch bie Betrachtungen über den Selbfimorb,
die Sofrates dem Philolaus zufchreibt und als wahr
annimmt, p. 24. in Phaed. Plat. eine ſolche Bermu⸗
thung voiderlegen. Wir ſtehen, fagt Sofrates, in bies
fem Leben auf einem Poflen, ben wir nicht nach uns
ferm Wohlgefallen yerlaffen Finnen. Wir find ch
am
.‚. = --
ſich ſchuldig fand, , ‘ober fein teben erbetteln molke
bern ald ein Herr und Meifter derer, die In
konnten ®), Er brachte zu ſeiner Derteibigum
fam ein Eigenthum oder Kuechte ber Götter,
wenig wir es dulden, und wenn wir koͤnnten
firaft laffen würden, wenn unfere Sclaven fi
ihre eigne Hand unferm Dienfle entzoͤgen, che
nig werben es die Herren unfers Lebens uugef
fen, wenn wir durch Selbſtmord von ihnen «
würden. Wir müffen alfo nicht cher aus dieſe
herausgeben, als bi6 wir von ihnen Befehle ı
forderungen erhalten, wie diejenige ifl, die jeg
ergangen if.
” Ci2. de orat. I. 54. Imitetus ef homo Ron
eonfularis veterem illum Socratem, qui
omnium fapientiflimus eflet, ſanctiſſimeque
ita in judicio capitis pro fe ipfe dixit, ut
, plex, aut reus, fed magifter, aut dominu
" deretur judicum. Quin etism, quum ei
orationem difertiffimus oratorum Lyfiss attu
Tufe, quaeſt. 1.29. His & talibus retioni
&us Socrates nec patronum quaelivit ad juc
nitie. nec indieihns funnler fuit. adhibı
eſchichte des Sokrates und; feiner Phil. 89
er Kürze und ohne rebnerifche Künfte das me
ye.von dem vor, was Plato und Zenophon nı2dye
ihren Schuzſchriften, und in den Denkwuͤrdig kei⸗
8 Sofrates aufzeichneten *). Er wundere ſich,
nr), daß Melitus ihm die Ablaugnung der waͤ⸗
en, und die Einführung neuer Götter vorwerfe,
feloft ihn oft in den Tempeln der Bolfsgoeter, und
[8 auf den Altären neuer Gottheiten habe :opfer.ı
Er habe niemals , wie fein Anfläger ihn beſchul⸗
die Gottheit der Sonne und des Mordes gelaͤug;⸗
oder nach himmlifchen Dingen geforfcht, fondern
Hr diejenigen, die diefes gerhan, aus allen Kraͤf⸗
fteitten, wie alle feine Sreunde.und Bekannte bes
rt fönnten. Von der Einführung neuer Götter
fo weit entfernt gewefen, daß er vielmehr geglauf it,
te Gottheit ihm durch gewiſſe Zeichen oder Grün
kuͤnftige Dinge befannt gemacht habe, fo wie fie
n Menfchen durch das Gefchrey und den Flug tier
{, oder durch Träume oder Drafel, oder auf am»
Arten ihren Willen mitzutheilen pflege. Daß er
die Wahrheit rede, und nichts vorgebe, ald was
fen, koͤnnten feine Freunde erhärten, denen er cft
Barnungen und Rathſchlaͤge der Gottheit mitgetheilt
, und die niemals dadurch wären hintergangen ron r⸗
As die Richter dieſes hörten, machten fie ein hef⸗
unvoilliged Geraͤuſch, indem einige das niche glauf),
Ss .. sag,
Daß Sokrates geredet, und zwar meitläuftiger gerebet
habe, als Kenophon ihn in feiner Schuzſchrift reben
‚läßt , geſteht lezterer ſelbſt ß. 22. p. 418. Ich halte
es aber zugleich für wahrſcheinlich, daß Sokrates nicht
ganz fo ausführlich geſprochen habe, als Plaro Ihn rer
Plat, Apol, p..8. Xenoph. 6. ı1, & fe,
ne,
s
PT
een, was Sokrates fagte, und aubere hing
inen Dann beneibeten, dem —— —
Grade, als ihnen, wiederfuͤhre. Noch unrubk
wurden fie, als Sofrates ihnen ſagte, daß ber |
Delphi ihn fuͤr den Weiſeſten unter den Griechen
Babe, und- daß eben biefer Goͤtterſpruch, und ı
wie er fich von bee Wahrheit deffelben überzeugt
feine Feinde und Anklaͤger zugezogen habe. M
-biefee Sturm fich wieder gelegt hatte, fuhr €
zweiter fort: Wann habt ihr jemals einen Menſch
nen gelernt‘, der allen Geſezen fo vollfommmnen
fam geleiſtet, ber ‚fich weniger durch Drohnng
Volks und der Tyrannen zu Ungerechtigfeiten 6
laſſen, der endlich den Luͤſten des Leibes. weniger
‚Hätte, als ich; ber ich mich von der erfien Zeit
achdenkens an bemühe habe, alles Gute und M
was in meiner Macht war, zu thun und zu erl
Und doch befchufdigft bu mid), Melitus, daß ich |
gend verborben habe. Wenn dieſes wahr ift, ı
nennſt du Nieinanden , den ich aus einem mäßige
enthaltſamen Sfünglinge oder Manne in einen Sch
"und Trunfenbold, oder aus einem frommen, fpar
und arbeitfamen Bürger in einen gottlofen Berfche
und Weichling umgefchaffen habe? Inter allen 9
‘Den, die mich umgeben, ifi feiner, der für dich
fondern alle legen das Bekenntniß ab, daß fie Durd
nen Rath und Umgang glücklichere und beſſere Mer
geworden find. Selbſt aus ver großen Zahl von
teen, Brüdern und Verwandten abmwefender ode
‚ftorbener Freunde, die ich um mich her fehe, tri
‚ner wider mid) auf, mie Doch nothwendig gefd
‚müfte, wenn ich ‚die Qugend fo verdorben hätte,
Melitus vorgibt. — Diefer feiner Nechtferti
mifchte Eofrates Feine Beſchimpfungen feiner U
facher, und noch weniger Schmeicheleyen gegen.
Gefchichte des Sokrates und feine Phil, 491
Richter ein “). Er vergoß weder felbft Thränen, wle
le andere Beklagte bey viel geringern Gefahren thaten,
voch ließ er. fein Weib und feine Kinder fich zu den Fuͤ⸗
jen der Nichter hinwerfen, noch erlaubte er feinen Freun⸗
en, irgend einen Mitleid erregenden und die Eitelfekt
ee Nichter Fizelnden Aufzug zu machen **). Er hielt
$ für eine forwohl feines Namens, ald des Ruhms der
Stadt, unwuͤrdige Befchimpfung, wenn ein Man,
pie er, von dem doch ganz Griechenland glaube, daß er
ich von gervöhnlichen Menfchen unterfcheide, in der
Stunde ber Gefahr wie ein Weib zage und winfele, und
ſich alles zu fagen und zu thun erlaube, um nur dem
kode zu entgehen ***). Doch mehr aber fchien es ihm
Inrecht, Nichter, die gefchworen und fich nichergefezt
jätten, nach den Nechten zu richten, und nidyt par⸗
henifch zu verzeihen, durch ungefezmäßige Mittel zum
Meineide und zur Verlezung ihrer Pflichten zu verführ
ren 7). Sieber alfo wollte er nach den Geſezen ſter⸗
ben, als auf Unfoften der Gefeze leben, ungeachtet er
fich mit leichter Mühe hätte retten koͤnnen, wenn er nur
einen Kleinen Theil von demjenigen gethan hätte, was
andere thaten, und die Richter von andern gewohnt
waren 77). Diefes ftandhafte Beharren im Gehorfam
gegen die Geſeze ſchien ven Richtern unleidlicher Stolz,
und ein unverzeihliches Derbrechen wider ihre Majeſtaͤt
zu ſeyñ FTD. Sie erklärten ihn daher für ſchudis
aber
®) Xenoph. IV. 4. Mem. Soer. p. 234. & Plat. Apol.
Soer. p. 14. 15.
r*) ib,
a**) Plat. ]. c. u
+) Xen. & Plat. |. c.
++) IV. 4. Xen, p. 234. & Plat, Apol. p. 15.
+9) ib.
492: Siebentes Buch. Zweytes Kapitel,
aber doch nur mit einem Weberfchufle von drey Stein
chen, worüber ſich Sofrates weit mehr, als über fein
Berurtheilung ſelbſt wunverte *). Nach diefem Au—
foruche überließen e3 ihm die Nichter nach einer Damals ein
geriffenen verderblichen Gewohnheit, Pie ganz den Geil
der Pobeltyrannen verrärh : ſich ſelbſt die verdient
Strafe zu beftimmen **). Allein Sofrates wollte fh £
auf Feine Art dazu verftehen,. fich felbft eine Steak
aufzulegen, well diefes das -Geftändnig von Sch
in fich ſchließe. Auch wollte er nicht verfpreche,
insfünftige nieht mehr zu lehren, und zu prüfen, weile
‚der Gottheit, die ihm dieſes anbefehle, mehr als be
Menfchen gehorchen muͤſſe. Sa er erlaubte es nicht dw
mal feinen Freunden, eine Geldſtrafe zu beſtiminen mb
in feinem Namen zu bezahlen, vielmehr, fagte er, vor
diene er, wenn man anders feine Thaten vergelten mb |
le, als ein Wohlthäter des ganzen Bolfs, dem er bir 1
her mit Bernachläffigung feiner eigenen Vortheile um
Angelegenheiten genuzt habe, im Prytaneum auf bffen
fiche Unfoften unterhalten zu werden. Er fey diefer de 1
fohnung weit mehr werth, als diejenigen, die zu Pfere
oder Wagen Preife genommen hätten, weil diefe nm
dem Scheine nach), er aber in der That feine Michte
ger giücklich mache. Diefe unerwartete Erflärung brady
te feine Nichter, wie fi) von Menfchen aus dem nie
brigften Poͤbel vermuthen ließ, in eine folche Wuth, daf
fie ohne weitere Ueberlegung und Umftände. ihn zum Te
de verdammten, und Bürgfchafft verlangten, daß er nick
entweichen wolle, welche Bürgichafft auch Krito leiſte
te }). Er felbft wiederhohlte nach empfangenem Tode
urthei
a nn u
°) Plat. p. 14.
»*) p. 14. 15. Plat. Apol, Socr. und Cicer. de or, J, 54.
+) Plat. Phaed, p. 46.
\ -
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 493
rtheil noch einmal Fürzlich und ohne Klagen und Bors
wirfe die Gründe der Nechrfertigung, die er den Richtern
hon anfangs vorgelegr hatte, und fagte zu feinen Freun⸗
en, daß er gar Feine Urfache habe, jezt Fleinmürhiger
nd niedergefchlagener, als vor feiner Verurtheilung zu
yn, ba man von alle dem, deffen er beſchuldigt wors
iin, nichts bewiefen habe *). Beine Blide, Bewe⸗
rigen, und Gang ftimmten vollfommen mit feinen
ten überein **). Auf feinem Geſichte wohnte eben
ke Ruhe und Heiterkeit, die feine Fremde an ihm ges
ohne waren, und in de ganzen Perſon entdeckte
han nicht die geringfte Spur von Schrecken über das
hgefündigte Todesurrheil, oder von Furcht vor dem
abe bevorftehenden Tode }). Als er. merkte, daß dig
nad) dem Sefängniffe begleitenden Freunde weinten;
Tagte er fie mic tröftender Stimme: ’ ob fie es denm
Hehe ſchon laͤngſtens gewuft hätten, daß die Natur von
vom Tage feiner Geburt an das Todesurcheil über ihn
iißgefprochen habe? Nur alsdann würden er und dies
enigen, die ihm wohl wollten, Urſache haben ſich zu bes
täben, wenn er durch den Tod einer glücklichen ihm
Beh; nähernden Zufunft entzogen würde; allein jezo koͤnn⸗
ur fie fich alle wegen feines Schickſals freuen, da er
zurch den Tod allen Llebeln des tebens entgehe, die fich
fonft über ihn würden hergewälgt haben. - Als Apollos
dor, einer feiner Freunde, fügte, daß ihn nichts mehe
känfe und betrübe, ald daß Sofrates fo unverdienter
Weiſe fterben müffe , ftreichelte er das Haupt feines
Sreundes, und fragte ihn lächelnd: ob er denn lieber
fhen würde, daß er einen verdienten Tod ftürbe? Mur
' der
#) Xenoph. Apol. Socr. $. 24.
“*) 9. 27. ib. I
+) ib.
494 Siebentes Buch, Zweytes Capitel.
der Weiſe, der in den erſten Augenblicken ſeines
genen Todesurtheils zu feinen ungerechten Richtern ohae
Bewegung und Bitterkeit reden, der feine niedergefhls
genen Freunde, durch eben fo wahre als fehone Berray
tungen, aufrichten und in dem ihm eigenthümlichen us
gefüchten Tone mit ihnen fehergen Fonnte, nur der ol I;
war im Stande, von feinem trozig vorübergeferin ſ
Seinde mit biefen Worten Abfchied zu nehmen: gi
nicht der Mann fo ſtolz umher, als wenn er eine greis
That verrichtet hätte, indem er mir bloß deßwegen ag
Todesurtheil zugezogen, daß ich ihn erinnert habe, fh
nem Sohne eine beffere Erziehung zu geben? Wien
dorben und elend muß nicht der Mann feyn, wem a
nicht einmal fühle, daß derjenige von ung beyden te k;
Sieger fen, welcher von und die fhönften und evefle h;
Thaten für die ganze, Ewigkeit ausgeübt hat”),
Sobkrates wurde unmittelbar vom Gerichtöhofei E
Gefängniß geführt, und gleich andern Miffechätem af
Feſſeln gelegt. Er mufte aber nicht, wie es fonft ꝙ
wöhnlich war, gleich nachdem er, gerichtet worden, ba
Giftbecher trinken, weil am Tage vor feiner Derurrke
lung der Prieſter des Apoll das heilige Schiff hecräng
hatte, welches die Athenienſer jährlich mit großem Joy
pe und reichen Opfern und Gefchenfen nach, Delos fhih
ten, um dem Gott für die glückliche Errertung des The ſ
feus und feiner Gefährten zu vanfen**). Bon dem is
genbliche an, in welchem dies heilige Schiff becraͤnzt mm
de, bis auf feine Nücfehr feierten die Achenienfer ch
allgemeines Entſuͤndigungsſeſt, an welchem fie ih
Stadt reinigten, und ſich auch nicht einmal mit vos ||
i Die 1
EEE
*) 6. 29. Xeroph. Apol. Socr.
°s) Xen, IV, 8. P. 263. Plat. Phaed. P. 22.
peflchte des Sokrates und feiner Phil. ag5
e. von Mifferhätern oder Berürtheilten beflecken
en. ‘Die Sänge diefes Feſtes hing-ven veraͤnderli⸗
Urfachen, nämlich von günftigen oder ungünftigen
ben ab, wodurd) die Fart des Schiffes befchleus
oder: aufgehalten wurde. . Diesmal dauerte es
jig Tage, und eben fo lange. mufte Sokrates feine
In tragen, und bie Vollendung bes über. ihn gefälls
Iccheild abwarten. Dieſer ganze Zeitraum , der
inen jeden andern eine furchtbare Verlängerung von
sfchrecfen 'gewefen wäre, war für ben Sokrates
eue Wohlthat, welche die Borfehung ihm erzeigte,
ı fie ihm dadurch‘ Gelegenheit verjchaffte, . feine
nde nod) im Guten zu flärfen, feine Tugenden gu
hren, und den Zeitgenoffen ſowohl ald der ſtaunetz⸗
Nachwelt zu beweifen, daß die Ruhe, Heiterkeit,
fd und Standhaftigkeit, die er bey feiner Verut«
ng geäußert und behauptet. hatte, nicht unnatäclig
eberfpannungen aller feiner Kräfte, ober Furz dauj
Anftrengungen des Stolzes und der Eitelfeic, ſon⸗
Aus uͤbungen gewöhnlicher Tugenden geweſen ſeyen,
m gar keine Muͤhe koſteten. Waͤhrend der ganzen
ſeines Gefaͤngniſſes blieb er ſich immer gleich „. und
-bemerfte nicht die aeringfte Beränderung weder in
Reden, noch in feinem übrigen Betragen ). Er
und unterredete fich, wie er font gethan hatte,
einen Sreunden, die fi) alle Morgen verfammies
und zu ihm hineinfamen., fo bald nur die Thür
Befängnifles eröffnet wurde**). In den Stunden,
Finfamfeit verfertigte er einen Lobgeſang auf ben
, und brachte verjchievene Fabeln des Aeſop in
2, um einer wieberhohlten göttlichen ABarnung zu
oo ge⸗
Xen. l. e. | J
Plat. in Phaed, p. 23. "
imuciyete er, daß bie Tonfunft , bie ihm ernp|
be, die gemeine ober eigentliche Tonfunft ſey
se alfo Aefopifche Mäprchen in Verfe, meil t
Gedichte ſeyen, da in ihnen nicht bie wirflic
ſondern erdichtere Perfonen, Reden, Hanblu
Begebenheiten gefchildert würden. Ihm entw
send der ganzen Zeit feines Gefaͤngniſſes nid
ringfte unzufriedene, klagende, ober Fleinmüci
der Miene, und er war fo volltommen Ser
Empfindungen : und Bewegungen feines Esı
man an ihm Feind von ben äußern Zeichen vo
Feit und Ruͤhrung wahrnahm, welche felbft
fir ihrem Weiſen ald unwillfüprliche Regunge
viſchen Natur erlaubten, und die auch feiner
be gebohrner ihm zur Schwachheic würde a
haben, wenn bie unwiderſtehliche Macht ver €
ſe durch die häufigen Ausbruͤche des Schm
Tehroͤnen und Wehklagen feines Weibes, feiı
und Freunde hervorgelockt hätte.
Nichts war natürlicher , als daß währen
fangroierigen Sefängniffes in den Schuͤlern d
t
Seſchichte des Sokrates und feiner Phil. 497
B fo viel Selb Her, ald zur DBeftechung bes Gefans
waͤrters nothwendig war; und alle übrigen waren bes
ihr ganzes Vermögen für ihren Meifter aufzuopfern.
wurden daher alle Anftalten zur fichern Entführung
Sokrates gemacht, und es fehlte weiter nichts, als
Einvoilligung deſſen, den man retten wollte, Um
zu erhalten, ging Krito , der ältefte und vertraus
unter den Freunden des Sokrates früh Morgens
leztern ins Sefängniß, und zwar an eben den Tage,
yelchem man glaubte, daß das heilige Echiff, was
ı bey Bunium lag, nach Athen fommen würde,
o fand den Sofrates in einem füßen und tiefen
lafe, und ließ fich ruhig an feiner Seite nieder, bis
Sreund von felbft erwachte. (Er bezeugte ihn fein
underndes Erſtaunen über die Ruhe und Gelaffens
‚ womit er fein Schieffal ertrage, fagte ihm, daß
heilige Schiff vielleicht heute in den Piräus einlaus
‚ und daß alfo der folgende Tag der lezte feines tebens
würde. "Endlich ftellte er ipm vor, daß er den Ge⸗
en ‚..einen Bertrauten zu verlieren, vergleichen er
wiederfinden würde, nicht ertragen fonne, und daß.
aher Mittel gefucht und gefunden habe, ihn der Nas
feiner Feinde zu entziehen. Selbſt die Befürchtung,
‚viele, die weder ihn, noch den Sokrates genau
nen, denfen möchten, daß er feinen Freund hätte
en fonnen, wenn er nur etwas Gelb hätte anwen⸗
wollen, feloft diefe Befürchtung habe feinen Eifer
euert, und er , Sokrates, koͤnne daher, wenn er
le, ohne Gefahr aus dem Gefängniffe herausgeben;
h muͤſſe er fich bald entfchliegen, weil alle Bemühuns
ı feiner. Sreunde fruchtlos ſeyn würden, wenn man
fommende Nacht. ungenuzt vorbengehen ließe. Als
ofrates fi) gegen den gerhanen Vorſchlag wenig ges
igt bezeigte und dem. Kritg antwortete, daß man -fich
3 die Urtheile des großen Haufens nicht befümmern
Zweyter Band, Ji muͤſſe,
498 Ciebentes Buch, Zweytes Capiil"
muͤſſe, weil zwar in Bande fegen, verſagen ud
—— ——— Bass N
rigen koͤnne; Indem er nicht im Stande fen, aud)
einen einjigeri Menfchen in einen Weiſen ober
miufchaffen, drang Krito in “den Softates mit
—
t darbieten um en Fo
*e, Wende richt ein, fagte er zu ‚feiner wolbetfpefing
wm Lehrer, daß bie Cinfophanten mich und d \
ern ſagteſt, daß du, wenn bu nicht länger in bein
Vaterſtadt bleiben koͤnnteſt, gar nicht wuſteſt,
du dich wenden, ober was bu mit bie anfangen folltil
Gewiß wird man dich allenthalben, wohin bus Fonm
wirft, mit Freuden aufnehmen, und wenn du Suft hafldk
nach) Tpeffalien su gehen ; ſo kann ich dich vielen möcht
gen und angefehenen Freunden in diefem bande empfe
1en , die Dich hoc) ſchaͤzen, und gegen einen’ jeden
Schuz nehmen werden. Du fcheinft mir darin fo At
"unrecht zu handeln, daß bu ein Berräther beiter fe
werben‘, und dic) freywillig in das Verderben ffir
willſt, in welches deine Feinde dich bringen möcht
Ja, wenn du jezo, da bu dich noch retten Fannft, Dei
Wevohifart vernachläffigft , fo wirſt du ein Werräck
deiner ve Rinde werden, — es nicht genug wa
„mu zeugen, ſondern bie du auch erziehen, und gu mil
2 pen Bürgern ausöliden follteft, Durd, Beinen Fir
Beſchichte des Sokrates und ſeiner Phil. 499
wirſt du ſie, ſo viel an dir iſt, allen den Uebeln
antworten, denen verlaflene‘ vaterlofe Waiſen ausge⸗
ſind. Endlich muſt du auch dieſes bedenken, daß
(8 ein Mann, der ſich feinem Vorgeben nach waͤh⸗
ſeines ganzen Lebens der Tugend befliſſen hat, nicht
nigen Weg wählen mußt, der dir der leichteſte ſcheint,
sen den ein ſtandhafter und rechtſchaffener Mann
en würde. Wäre alſo auch der Meft deines Lebens
Stone und von Freunden und allen den Deinigen
ent die eine Laſt; fo muft du Diefe taft aus Sorge
deinen und deiner Freunde guten Namen tragen.
w wird nicht alle Welt ed dir und uns zu einer
lichen Feigheit und Michtswürbigfeit auslegen,
wir deine Anklage haben anhängig werden, daß wir
haben verurcheilen und zulezt binrichten laſſen, da
alles diefes Hätten zurückhalten können ? Gib alfo,
e Sokrates, meiner Bitte Gehör, und ſuche nicht
Ausflichte oder Vorwaͤnde hervor. — Sokrates
» pieje Borftellungen feines Freundes mit der größe
Ruhe an, und danfte ihm für den guten Willen,
ee für fein Beſtes beweife. Allein du wirft es, ers
erte er dem Krito mit feiner gewöhnlichen Sanft⸗
3, du wirft es mir doch nicht übel nehmen, daß ich
‚ wie fonft, meinen Freunden nicht anders nachge⸗
als wenn Ic) ihre Meynungen und Gruͤnde für befr
ind ftärfer, als die wmeinigen, halte. Keiner von
Grundfäzen, die ich bisher für wahr gehälten habe,
wech) die lezten Begegniſſe erfchürtere worden ; fie
nen mir noch immer das, was fie fonft waren, und
wollen fie daher mit derren, die du mir jezo vorge
en haft, vergleichen, um zu fehen, welche die rich⸗
en find. Laß und zuerft von dem Werthe ver Urs
le anderer anfangen. Du wirft mir doch noch immer
ben, dag man fich nicht um alle, fondern nur um bie
geile weiſer und tugendhafter Maͤnner, und vorzuͤg⸗
nn Sie oo. u lich
Samen jucen Jensen mw anwarwnen Toapse [wage
oder gar mit einer Franfen verunftalteten Se
men zu leben. Alles dieſes vorausgeſezt, frag
ob wir recht handeln werden, wenn wir diejei
nich aus dem Sefängniffe entlaffen wollen, durc
cheleyen und Gefchente beftechen; und wenn di
äft, ob es micht beffer fey zu flerben, als I
hun. Wenn wir hieran im geringften zwey
ung in wenigen Tagen aus allen unfern vorig
zeugungen und Grundſaͤzen herausſchuͤtteln fa
‚wie beyde alten Männer alsdann nicht Kin
lich, die immer anders handeln, als fie seven
ihren Neben oder Handlungen ſich immer ung!
iehft du es nicht felbft ein, daß, wenn wir.c
wiſſen und Willen unfere Baterftadt durchgin
algdann andere, und zwar gerade biejenigen
würden, die wir am wenigſten beleidigen follte
wenn dir biefe Frage nicht gleich verſtaͤndlich iſt
die vor, daß uns auf unferer Flucht das Bate
feine Sefege begegneten, und wis mit der Fra
ten: Was haft du anders im Siane, Sofratı
viel an die iſt, die ganze Stadt und Ihre Geſe
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. sor
rmwiebeen : was haben wir bir benn gethan, Sofrateß,
aß du uns zu Grunde zu richten füchft ? Haben wir bie
icht das Dafenn gegeben, oder findeft bu etwas an den
Zefezen zu tabeln, nach welchen dein Vater, deine Mut⸗
r gebeirathet, und dich mit ihr erzeugt hat? Dber ges
len dir etwa die Geſeze nicht, nach weichen bu bift ers
gen und in allen nüzlichen, freyer Männer würdigen
en, und Kenntniffen unterrichtet worden? Und
yeran ich alle dieſe Geſeze nicht anders als billigen koͤnn⸗
e, würden fie denn nicht mit allem Nechte fortfahren:
seil du nun unter unferm Schuze bift geboren, erzogen
mb ausgebildet worden, bift du denn nicht gleich dei⸗
en Borfahren unfer Kind und unfer Knecht, und wenn
dleſes zugeben muſt, wie fannft bu denn verlangen,
du mit uns völlig gleiche Rechte Habeft, und daß bie
uns eben das erlaubt fey, was und gegen dich ers
ift? Du wuͤrdeſt ja nicht einmal deinem Dater,
fer deinem Seren, wenn bu einen folchen hätteft, daB
bieder thun dürfen, was er dir thaͤte, nicht wieder
Hmaͤlen, wenn er fehmälte, nicht wieber fchlagen, wenn
ſchluͤge; wie viel weniger alfo kann bir dieſes gegen
san Baterland und feine Geſeze geftattet ſeyn? Wenn
Nr dich alfo auch töbten wollen, würbeft du, wenn bus
rabers ein guter Bürger und rechtfchaffener Mann waͤ⸗
, uns wieder zu verderben fuchen müffen ? Ober
ft du vielleicht einer von den Weifen , welche nicht
lauben, daß das Baterland heiliger und verehrungss
oͤrdiger, als Bater, Mutter und Vorfahren fey, daß
B ben den Göttern und allen vernünftigen Menfchen
mehr gelte, und daß man dem zuͤrnenden Vaterlande
dehr, als einem zürnenden Vater nachgeben, und es in
Ehren halten müfle? Daß es alfo auch Pflicht fen,
Bes zu chun und zu leiden, was es gebeut: ed mag.
un Seißeln oder Feſſeln anlegen, oder in ben Krieg
um Tode und zu Verwundungen führen wollen : dag
Ji 3 man
je
"son Seienes Bu Zueegteb Eapii:
enan im Kriege und Zrirten niemels den Pag,
es und geftelit Gabe, verlaften, und daß
Sch
nur geben konnten, tpeilhaftig gemacht haben, 3
ben nichts deſto weniger dir, voie einem jeden Adl
fer die Frenelt gelaffen, mit allen feinen Ortern
gehen, wohin er wolle, wenn wir ibın-efwog
Sen follten. Bleibt alfo jemand fo lange, daß er d
wie ben uns gerichtet und andere Öffentliche Gel
und Aemter verwaltet werden, fennen zu lernen
ge hat, fo nehmen wir billig an ,- daß ein-
Bürger durch die That felbft darein gewilligt I habe
Das zu dm ; was wir von ihm
wer alsdann ungehorfam ift, den halten wir —*
fach ungerecht: daß er uns als feinen Erzeugen
gefolgt iſt, daß er uns als feine Erzieher verackt
und endlich daß er uns nicht wie er verfprochen
gehorcht, oder wenn wir fehlen, uns zu belehren
hat, Wir befehlen ja nicht auf eine rauhe umt
Urt, fondern wir verlangen, daß unfere Bürg
gehorfam ſeyn, oder uns auch zurecht weiſen
and Feines von beyden würdeft du chun, wenn d
führteft, was du.dir vorgenommen haft. Unte
Athenienſern iſt aber Feiner, der beydes zu thun
cher angelobt hat, als du. Haͤtten nicht wir un
ze Stadt bir vor-allen andern gefallen, wuͤrdeſt d
wohl, gleich Blinden und Lahmen, ſtets in unſern
Bere gehen, m oder Dich verheirathet und
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 503
zeugt haben? Selbſt noch während beiner Anklage
itteſt du das mit unferm guten Willen thun fonnen, .
a8 du jezo wider unfern Willen zu thun gebenffl. Das -
als prahlteft vu, ald wenn du den Tod der Verweiſung
jezögeft, und nicht unmwillig werden wuͤrdeſt, wenn du
sch am Leben follteft geftraft werden; nun aber vers
mgneft du deine Reden, und thuft, was der efendefte
Sclav nicht thun würde. Du läufft wider alle Ders
raͤge und Verſprechungen weg, nach welchen du angelo«
et hatteſt, unfern Befehlen zu gehorchen. Alle Diefe
dertraͤge brichft du nicht aus —8 oder weil man dich
intergangen, ober weil man dir nicht Zeit genug gelaſſen
itte, fie gehörig zu überlegen, fonbern nach einem Als
e von fiebenzig Sahren, in welchem du dich unzählige
al, wenn dieſe Berträge dir unbillig fchienen, entfernen
santeft. Folge daher unferm Nach, und bu wirft ges
6 weder dich ſelbſt veraͤchtlich, noch deine Freunde
soläcklich machen. Eine natürliche Folge deiner Fluche
Irde diefe ſeyn, daß du deine Freunde in Gefahr feze
it, ihr Dermögen und ihr Daterland zu verlierenz
ad du felbft, mern du in eine der benachbarten Städte,
ich Theben oder Megara, Fämeft, wuͤrdeſt allenthal⸗
a old ein Feind und Verderber der Geſeze verdächtig
erden. Du wuͤrdeſt gewiß die Meynung beſtaͤtigen,
iß deine Mitbürger dich gefegmäßig verurtheile, und
iß dis auch die Jugend verdorben hätteft; denn wer bie
efege umwirft, kann auch ſehr leicht unbefonnene und
wache Menfchen verderben. Wenn aber diefes auch
de gefchähe, würdeft du wohl unverfchämt genug ſeyn,
ch immer fort zu lehren, daß Tugend und Gerechtige
t die größten Güter der Menfchen fenen? Wollteſt
aber die Städte, in denen die Geſeze beobachtet wers
rt, und in denen bie am beften gebildeten Menſchen
> finden, meiden, wäre es dann auch noch ber Mühe
erh, das teben zu behalten? Geſezt alfo, bu kaͤmſt
Tg nach
WgieIs Wyefege uori iixixia quiixa. umge a
daß du allen Menfchen ſchmeicheln und dienen
Vielleicht aber fagft du, daß du deßwegen nı
möchteft, damit bu deine Kinder erziehen ur
tönnteft. Und auch diefe wollceft du aljo in ein
and führen, damit fie gleiche Umwürdigfeiten n
tragen lernten? Willſt du fie aber in Achen zı
fen, wie fannft du dann daran zweyfeln, t
Freunde fid) ihrer eben fo gut annehmen werde
du in den Wohnungen abgeſchiedener Seelen,
du in Theſſalien feyn wirft? Höre uns alfo noc
Sokrates, und ziehe weder deine Kinder, no
ben, unfern Befehlen vor, damit du nicht, als
räther deines Vaterlandes, deiner Freunde u
ſelbſt, in eine andere Welt übergeheft, und v
Brüdern eben fo hart empfangen werbeft, als
dich) zärnen würden, wenn du uns übertreren |
- Mic diefen Gründen brachte Sofrated ben !
dem Vorſaʒ zurück, feinen Freund der Stra
ſeze zu entziehen *).
Beſchichte des Sokrales und feiner Phil, 03
Sokrates blieb nicht bloß bey dem Gedanken des
ß bevorſtehenden, ſondern auch bey dem ruͤhrenden
feierlichen Gepraͤnge des nunmehr heranruͤckenden
| Sis Todes
nigften ſchonte. Als aber die Tyrannen ihm befahlen,
den Leon zu ergreifen, bebachte er ſich nicht einmal, ob
er diefe (händliche That unternehmen follte, ungeachtet
er wuſte, daß feine Weigerung ihm den Tod zuziehen
koͤnnte. Allein was lag ihm baran', da er nicht fein
Leben, fondern feine Rechtſchaffenheit erhalten wollte,
bie weber mit Gewalt zu bezwingen ,. noch durch Raͤnke
zu überliften iſt? Als er ferner vor Gericht land, um
ich gegen eine Tobeſsanklage zu vertheidigen; betrug er
ch wohl als einen Mann, der Fran und Kinder hatte?
ud ale er den Biftbecher trinken folke, hörte er ba
wohl die Stimme bes Krito, der ihn bat, fi) doch um
feiner Kinder willen zu retten? Dachte er wohl an ets
was andere, als wie er feine Tugend, nicht fein Leben
bewahren wolle? Es war ihm nicht barıım zu thun,
feinen Leib, ſondern das zu erhalten, wodurch der Abdel
der Seele behauptet und vermehrt wird. Sokrates
wollte fein Leben nicht durch eine Schandthat erfaufen,
er, der feine Eiumilligung nicht gab, als die Athenien⸗
fer fie verlangten, er, der die Tyrannen verachtete,
um» auf eine ſolche Art von Tugend und Mechtfchaffens
beit redete. Es ging ihm, wie guten Schanfpielern,
bie oft ihren guten Namen mehr retten, wenn fie nicht
fpielen, als wenn fie zus Unzelt fpielen. — ber
was werben nun feine armen Kinder anfangen? Wenn
ich nach Theſſalien gegangen wäre, würdet ihr euch uns
ſtreitig ihrer augenommmen Gaben, uud jezo, da ich in
den Top gehe, folltet ihr fe vernahläffigen? — Wie
verfügt er den Tob, oder vielmehr wie fpielt er nicht
mit bemfelben? Wären ic und du am feiner Stelle ge
wefen; fo hätten mir gleich gedacht, daß man biejents
gen, die uns Unrecht thun, wenn es nicht anders ſeyn
. „inne, durch Unrecht abzuhalten ſuchen muͤſſe. Wir
wuͤrden überbem noch überlegt haben, baß wir, wenn
wir am Leben blieben, noch vielen, und wenn Pr
fiur⸗
- redete am Tage feiner Hinrichtung, ba er den
| ‚ine Zeitlang warten, a Cora ar m xi⸗s
oh oben Vuch 2
| — Auflöfung ihrer Natur, noch. —**
. Siermel. erhoben werden ®) |
| verfammleten ſich ſeine Freunde vor un Sefänonile
2 uns, wenn wir gefonnt hätten, durch eine jede DJ
Tedes wmerfjättert, das oft den —— ne
gkeit der fefteften Gemäther brad) ‚-
gen der Zerftörung des Corpers fürchteten. 52
Becher faſt ſchon in der Hand hielt, nicht nur mit a
ner gewoͤhnlichen Ruhe und Unerſchrockenheit, "Forbes
auch mit einer ungewöhnlichen Heiterfeit und- Erhebung
der Seele, fo daß es fchlen, als wenn er nicht: oe
eine äbetliche Sügung in den Tob ginge, und als wei:
er niche in's Grab follte ——— — in *
fruͤher, als ſie ſonſt gethan hatten.
z - heben; Niemanden nuzen kannten wie *
nung oder Rize gerettet haben. Wo waͤren dann auf
biefe geblieben ? Wuͤrden wir nicht andern Menfden
viel mehr genuzt haben, wenn wir geſtorben woäres,
wann und wo wir follten? Sokrates begluͤckt jezo ik
fpäteften Nachkommen durch die Erinnerung oder:bel
Andenken deſſen, was er vor ſeinem Tode geſagt u
gethan hat.
ö, Gieer. Tufe, quael, J. 20: . Plat. in, Phacd, „P- 3%
Ds adews eu Yeryasms ‚ETEAEUTEG, ze MM
> gapısaches wnewov und es ads vr are
"ers MOIGauS“ vevari , Kos [— —
"reafen, — TIs mWnoTe na ados. -
.. Mon. IR. IT. p. m. 138. Et qui ne recognoiffe @
luy, non ‚feulement de la fermet&, & de la con
ce (C’etoit fon afliette ordinalre que celle 12) mas
encore je ne fcay quel contentöment nouveau & um
* ‚allegreffe enjouße en ‚fer propos &. facone den
[ a me 4 ZU WEL En — —
Gefſchichte des Sokrates und feiner Phil. 507
ines Lebens, wie dieſes in Athen gebräuchlich mar, von
en dazu beſtellten elf Maͤnnern ſeiner Feſſeln entledigt
urde*). Als aber bald nachher der Gefangenwaͤr⸗
r ihnen erlaubte, daß fie. jezo ihren Freund. beſuchen
biinten, wurden fie von der Xantippe, die nebft einem
jrer fleinen Söhne an der Seite des Sofrates ſaß,
nie einem Fläglichen Jammergeſchrey und ver Ausrufung
inpfangen, daß fie jego den Sofrates, und Sofras
es feine ‘Freunde zum leztenmale fähe. Der erhabene
Weiſe fah den Krito mit einem bebeutenven. Blick an,
ind bat, daß doch einer von ihnen feine Gattinn nad)
Hauſe bringen möchte. Kantippe wurde baher unter
autem Geheul und heftigen Schlägen auf ihr Geſicht
and Bruſt weggeführt. Indem dies geſchah, zog So⸗
rates fein Dein in die Höhe, und fagte, indem er es
rieb: Welch ein feltfames Ding, meine Freunde, iſt es
um das, was bie Menfchen Bergnügen nennen, und
wie wunderbar verhält es fich zu dem, was fein Gegen,
ſoz fiheine, nämlich zum Schmerze? Beyde laſſen fich
nicht zugleich im Menſchen vereinigen, und doch, wenn
er. das eine verfolge oder nimmt, muß er aud) das ans
bere nehmen, ald wenn fie an einem einzigen Gliede zus
fammenhingen. Hätte Aeſop diefed bemerkt, fo würde
x Daraus wahrfcheinlich den Stoff zu einer Fabel genom⸗
men haben, daß nämlich die Gottheit diefe mit einander
ſtreitenden Feindinnen hätte verfühnen wollen, und ba
ie diefes nicht gefonnt, daß fie wenigftens ihre Enden
zuſammen gebunden hätte. Aus diefem Grunde folge
immer, menn man das eine hat, auch Das andere nach,
wie ed auch jego mir geht. Denn da mir vorher bie
Seffeln Schmerzen verurfachten, fo ſcheint jezo das Der
gms
une D —3 B
®) Plat. in Phacd, p. 28
5
ahgen nachzufolgen *). Diefe Beob
a en
emacht Hatte, ‚führte alsdann zu
g endlich
wi igten. 6 aber derjenige, der dem
wos befäffigten aber derjenige,
008 den © reichen follte, merfte, da; diefer m
ae ln nn hm Ba, fich nit
er Gefahr
a ae müffen. -- @
tes dankte ihm für die Warnung, fuhr aber nichte
ſtoweniger in bemfelbigen Tone fort, und bat ihn
viel Oift zujübereiten, daß genug ba. wäre,
auch zwey bis dreymal trinken muͤſte **); Mähtend
Fer Unterrebungen waren feine Freunde nicht ſo
Mifchung von Freude und Schmerz, die in ihnen bob
tachen und bald Thränen hervorbrachte. Sofrates fürt]
die Einwuͤrfe feiner Freunde mit eben der Aufmerffi
keit und Gelaſſenheit an, womit er fie fonft aufgenotie
men hatte, und als Kebes und Simmias ſich n
{gm ihre Gedanken zu eröffnen, weil fie fürchteten, n ß
1
— —— —— —
®) Montagnel.c. Ace treſſaillir, du plaifir qui ft J
Nraier fa jambe, apr&s que les fers en furent der
accufe-t-il pas une pareille douceur & joye
fon ame, pour eftre desenforg&e des incommodikt
paffees & A meme d'entrer en cognoiflance des chola
PR ——
in Pbacd, p. 24.
» ib. p 21.
2
Seſcichte des Sokrates und feiner Pfil. sog
feiner tage beſchwerlich zu fallen, ‚lächelte er freund⸗
> und fagte zu ihnen *): Wie ſchwer würde es
* werben ,. andere Menfchen zus überzeugen, daß
) den mir zugeftoßenen Zufall für Fein Ungluͤck hal⸗
‚, ba ich euch, meine Lieben, nicht einmal bavon
erzeugen fann! Indem ihr glaubt, daß ich jezo
ebrüßlicher fey, als ich in meinem vorhergehenden tes
n war, ſcheint ihr mir in Nückficht auf Weißagungss
emdgen oder Borherfehungsfraft nicht einmal fo viel,
8 den Schwänen zuzutrauen. Nenn biefe ſich dem
ode nahe fühlen, fo fingen fie viel mehr und fchöner,
8 fie fonft ehaten, weil fie fi) freuen, daß fie zu dem
zotte gelangen werben, beffen- Diener fie find. Die
archt der Menfchen vor dem Tode iſt Lirfache, warum
ebie Schwäne belogen, und ihnen nachgefagt haben,
16 fie voll Betruͤbniß ihren nahen Tod bejammerten.
)Reſe folfchen Ausleger bebachten nicht, daß weber die
dachtigall, noch die Schwalbe, noch irgend ein anderer
ogel fingt, wenn ee Schmerzen leidet, und daß man
fes alfo auch nicht von den Schwaͤnen vermut
ine. Als Geheiligte des Apollo fchauen fie in die I
tft, und fehen alles das Gute vorher, was ihnen nach
em Tode bevorfteht,, und nur deßwegen freuen fie ſich
d fingen an ihrem Sterbetage mehr, als in ihrem
eügen Leben. Auch ich glaube ein Mitknecht ver
chwaͤne und ein Prieiter deffelbigen Gottes zu fenn.
gleich) hoffe ich, daß ich nicht weniger weißagend bin,
» fie, und auch nicht unlieber aus diefem Leben abſchei⸗
x werde. Ihr Fönnt deßwegen fagen ober fragen, was
* wolle, fo lange es noch) die elf Männer ver Athe⸗
einſer erlauben. Auf diefe Berficherung brachten Sims
| mias
a 1 N
*) p. 33. 34. in Phacd,
sı0 Siebentes Buch. Zweytes Capitel.
mias und Kebes ihre Einwuͤrfe vor, und als er dieſe ge
hört hatte, legte er jeine Hand auf Das Haupt bes neben
ihm figenden Phädo, und fagte zu ihm, inbem er, wie
-fonft, mit feinen Haaren fpielce: Diefe fehönen Haar,,
mein Sreund, muft du noch heute abfchneiden, und id
will deßaleichen thun, wenn uns unfere Lieberzengumg
von ber Unfterblichkeit der Seele geraubt werben follte,
Wenn ic) in deiner Stelle wäre, fo würde ich, wie die
Argiver, ein Geluͤbde chun, nicht eher meine Haar
wieder wachfen zu laſſen, als bis id) die Gründe ve
Kebes und Simmias überwunden hätte. Cr ermm
terte hierauf den Phädo zum muchigen Kampfe, warıt
feine Freunde vor dem Haſſe der Vernunft, und ale
Bernumfefehläffe, welcher der Menfchenfeinbfchafft äer
lich ſey, und eben wie dieſe entſtehe, und erflärte, baf
er aus allen Kräften für feine Meynung ftreiten werke?
nicht bloß, um die Ehre zu haben, feine Zuhörer
überzeugen , fondern auch um feiner ſelbſt willen. Dau
wenn feine Behauptung wahr wäre; fo fey es immer"
ſchoͤn, eine fo troftreiche Wahrheit zu erfennen. Wär’
fie aber auch falfch; fo würde der bald mic ihm ſterbende
Irrthum nicht allein nicht ſchaden, fontern ihm menig
ftens das Sterben erleichtern, und feinen Freunden dad
Anhören kleinmuͤthiger und befchwerlicher Klagen erfpw |
ren. Uebrigens follten fie bey feiner Vertheidigung gas ff}
nicht auf ihn, fondern allein auf die Wahrheit fehen,
follten ihm alle ihre Zwenfel und Gegengründe freymb FF
- shig offenbaren‘, und ſich in Acht nehmen, daß er nick Ei
auss Eifer für feine Sache fie und auch ſich felbft hintex A
sehe, und gleich einer Biene fterbe, nachdem fie ihrn F'
Stachel in einer gemachten Bunde zuruͤck gelaffen habe,
Als nun Sofrates alle feine Gedanken über die Unſterb⸗
lichfeit der Seele und ein anderes Leben vorgetragen, und f|
alle. Einwuͤrfe feiner Sreunde beantwortet hatte, ermahm k
es biefe noch zulezt, ſtets Danach zu fireben, ihre Gel
" | in
Seſchichte des Sokrates und feiner. Phil. 5u
nie dem ihnen eigenthuͤmlichen Schmuck, mit Mi,
it, Gerechtigkeit, Standhaftigfeit und andern Tu⸗
en, zu ſchmuͤcken, weil fie alsdann mic frohen Hoffe
gen der Zufunft entgegen gehen koͤnnten. Ihr alle,
» ee zum Kebes, Simmias und den übrigen, müßt
eder zu feiner Zeit eben den Weg wandeln, den ich jezo
nwerbe. Allein mic) ruft jezo, würde ein tragifcher
jter fingen, mein Verhaͤngniß, und es ift Zeit in’s
zu gehen, das ich noch vor meinem Tode nehmen
‚ um nachher den Weibern nichts zu fchaffen zu mas
Nach) diefen Worten fragte ihn Krito, ob er niche
oder feinen übrigen Freunden in Anfehung feiner
ver ober auch anderer Angelegenheiten etwas zu bes
n und aufzutragen habe? Nichts neues, mein tie
antwortete er, als was ich euch immer gefagt habe,
ihe, wenn ihe Sorge für eure Herzen tragt, auch
Berfprechungen, meinen Willen erfüllen, und
re Rinder und euch feloft glücklich. machen werdet.
m ihr Hingegen euch felbft vernachläffiget, und nicht
u nach dem lebt, worüber wir jezo und auch fonft
et haben; fo werdet ihr alddann aud) die heiligften
bde und Berfprechungen nicht erfüllen, die ihr jezo
en fönnter. Was meine Beerdigung betrifft, fuhe
et, denn auch darüber wurde er befragt, fo koͤnnt
e einrichten, wie ihr wollt, wenn ihr mid) anders
n Eönnt, und ich euch nicht entwifche. Ich Fann,
er mit einem fanften fächeln, den Krito nicht übers
n, daß ich der Sofrates bin, der jego mit euch
t, — und feste alddann die übrigen Worte‘ hinzu,
h oben angeführt habe. Als er dieſes gefage Hatte,
er in ein befonderes Zimmer, um ſich zu wafchen,
nahm nur allein den Krico mit fich; die Übrigen bat
ruͤck zu bleiben. Nach dem Babe ließ er feine Kin⸗
nd Weiber vor fi) Fommen, fagte ihnen in Gegen⸗
des Krito, was er ihnen noch zu jagen hatte, vagın
als⸗
⸗
sim Giebented Buch, Zweytes Capltch.
dann Abſchied, und Fehrte gegen Lintergang ap
Same ju feinen übrigen Sreunden zurüd. Bon ®
fem Augenblide an redete Sofrates nicht viel
nicht weil er alle feine Kräfte und Aufmerkſamkeit brau
um fein Gemürh in der bisherigen lage zu erhalten,
weil er fich ſelbſt fo erweicht und gerügre fühlte, de
. alle Reden und andere Beranlaffungen zu unmaͤnn a
Erweichungen Hätte vermeiden muͤſſen, ſonde
fein Seift fchon in befferen Welten ſchwebte, und A
Vorgenuß der Freuden empfand, in welche er may, &
eingehen follte. . Auch blieb ihm nicht einmal Da⸗ *
‚ansfährlichen Geſpraͤchen mehr übrig. Denn
nachdem er zu feinen Freunden zurädgefommen 1
meldete ihm der ‘Diener der elf Männer, daß es mm
mehro Zeit fen, den Giftbecher zu trinken. Du mi
mir gewiß, ſagte er zum Sokrates, nicht fo —*
wie andere, die mich verfluchen, wenn ich Ihnen a
meiner Obern anfündige, baß fie fterben miße
Sich habe dich, die ganze Zeit her als den flanbhafteim kr
mildeiten und beften unter allen denen erfannt, weil
ihre Thaten oder ihr Unglück hieher gebracht haben, müh,,
ich bin überzeugt, daß du auch jezo nicht auf mich ji
unen werbeft, da es dir bekannt ift, daß nicht ich,
dern andere fchuldig find... Du Fannft leicht venkake:
weßwegen ich zu dir fomme; lebe wohl und ertrage bie;
Schickſal fo leicht, als es nur möglich ift. Inte,
diefes fagte, wandte er fich um und ging mit weint
Augen weg. Sokrates rief ihm das lezte bebewehl
nad, und verfprach zu thun, was er ihm befohlen hatt
Wie gutartig, fuhr er zu feinen Freunden fort, it
fer Mann! Er Hat mic) die ganze Zeit meines Gefly
nifles über oft beſucht, und freundlic) mic mir gerad h
und wie theilnehmend bemeint er nicht je;o mein Sci
fal! Laßt uns aber thun, was er gejagt hat; ſorged⸗
für, wein Krito, daß jemand das Gift bringe, neu
9
Beſchichte nes Sofcates und feiner Phil. sı3 |
hon gerieben ift, oder wenn dies noch nicht. gefche,
ft, daß ed gerieben werde. Die Sonne, antıvors
Rrito, glänzt noch an den Häuptern der Berge,
ft noch nicht untergegangen ; eile alfo nicht, indem‘
ch Zeit genug haft. Ich habe viele gefannt, die
fpät gegeffen und getrunfen, und mir denen, wels
e fprechen wollten, geredet haben, ehe fie den toͤdt⸗
Trank zu fid) nahmen. Sich glaube wohl, erwies
Sofrates, daß andere gethan haben, was bu far
ich werde aber nicht fo handeln, weil ic) nichts,
erbienten Spott gewinnen würde, wenn ich aus
elenden Begierde nad) einer Frift von wenigen Aus
icken das Gift etwas fpäter tränfe *). Als Krito
$ Horte, winfte er einem Sclaven, der das Gift
und denjenigen herein führte, der ed dem Sokra⸗
eichen follte. Sobald Sofrates diefen Mann ers
e, gruͤßte er ihn, und fagte ihm, was muß ich
, guter Freund, wenn ich den Becher ausgeleert
? Nichts weiter, antwortete diefer, als herum⸗
n, und did) niederlegen, wenn deine Beine ſchwer
werden anfangen. Mit diefen Worten reichte er Dem
'entes das Gift, und diefer nahm es willig, ohne
ern und ohne die geringfte Beränderung von Farbe:
Mienen hin. Er heftete feinen Blick mit der ihm
öhnfichen Feftigfeit auf den Mann, und fragte ihn,
wohl glaube, daß genug da fey, um den Görtern.
18 ausgießen zu koͤnnen, und als diejer es verneinte,
® er fort; Gut, mein Freund! es iſt aber dennoch ers
on laubt,
N
) Lieraus entſtand wahrſcheinlich die Sage, Muſon. op,
Stob. Serm. p. 20. daß Sokrates gleich an dem erften
von drey Tagen, die er zu leben gehabt habe, geſtor⸗
ben fey. |
Zweyter Band. Re
rg -Bieentes Birch, Zweytes Capitel,
. . | laubt, und recht „ die Götter anzufleben ‚daß fie men Ä
s Sn
- fal des Sofrates, fondern fein eigenes und feiner Frennbe
mit unauöfprechlicher Ruhe und Sanftmurh gu Ike
Hinreiſe begluͤcken wollen. Ich bitte alfo darum, und ||
‚. hoffe, daß fie meine Bitte erhören werden. Kaum |,
| . hatte er diefes gefagt, als er das Gift langſam und ruhi |,
\.." Hinuntertranf, Bis hieher waren noch viele feiner 9 |;
7" genwärtigen Sreunde im Stände gewefen, ihre Thräne I,
zuruͤck zu haften. Als fie ihn aber trinken fahen; floffen I,
ihnen allen die Thränen ſtromweiſe über Die Wange
herab: einige verhüllcen ihr Antliz, andere veränderte |
ihre lage und Stellung, um ſich dadurch tuft zu me ji
chen, noch andere endlich brachen in ein Tautes Wehtter |,
‚gen aus; allein Feiner beweinte und bebauerte Das Schib I.
Schickſal. Sofrates war der einzige, deſſen Aeh
trocken und deſſen Geficht nicht durch Betruͤbniß mir
‚Klagen verzogen war. Er ftillte oder befänftigre ie k
Thränen und das Gefchren feiner Freunde; Inden /L
fagte: Was macht ihr denn, ihr lieben wunberbam f
eure! Auch bewegen habe ich vorher die Weiber wyln,
geſchickt, damit fie uns nicht auf eine ähnliche Art bel, :
unrubigen follten. ch habe gehöre, daß man un
frölichen Zeichen und glücflichen Worten und Segme
gen fterben muͤſſe. Seyd daher ruhig und ermant —
euch. Dicht lange nachher merfte Sofrates, daß fe y
Beine ſchwer wurden: er legte fich alfo nieder: fühlt
allmälich feine Füße und feinen übrigen Leib bie ans Sg
erfalten, und fagte Fur; vor feinem Tode: Wir fr
dem Yesculap noch einen Hahn fehuldig: opfere ihnje
und vergeßt es nicht! Dieſe waren feine lezten Norte
denn als Krito ihn fragte, ob er nicht nod) fonft etmd
zu beftellen hätte, antwortete er nicht mehr, und @
fchied nach einigen Augenblicken.
Sao ſtarb der Defte der Menfchen ven ſchoͤ
und gottgefälligften Tod, wie er das ſchoͤnſte und gm ı+
Geſchichte des Sofrated und feiner Phil. sız
Fälligfte Leben geführt hatte”). Seine Freunde trauer»
ı um ihn, wie verlaffene Waiſen um ihren Bater **);
d vermißten in ihm ben weifeften Rathgeber, ben
ften Sehrer, den wärmften Freund, und den ficher, -
n Führer zur Gluͤckſeeligkeit **). Sie swenfelten
it Recht, daß ed einen beffern und glüdlichern Mann
geben habe, und forderten diejenigen, die dieſes niche
wbten, auf, ihre Helden mit dem Sofrates zu vers
eichen, und alddann den Ausfpruch zu thun F). &os
ates, heißt ed beym Kenophon FF), mar fo fronmg
6 er nie etwas ohne oder miber den Willen der Götter
at; fo gerecht, daß er nicht allein niemanden ſchadete,
nbeen allen denen, welchen er Fonnte, ſo viel als moͤg⸗
h zu nuzen fuchte; fo mäßig, daß er niemals das Ang
nehme dem Nuͤzlichen vorzog; fo klug und verftänbig,
ß er niemals fehlte, und auch feines andern Rath
auchte, um das Gute und Pbfe zu unterfcheiden ; end«
h fo aufgeflärt, fo feharfiinnig und überredend, daß
feine Sedanfen vollfominen ausdrücen, daß er an
ve erforfchen und prüfen, und eben fo Fräftig forwopf
| Necht mweifen, als zur Tugend aufmuntern Fonnt«
Kk2 | Ohne
” Xenoph. VIII. 8. p. 263. Oueoroyerrın veo, ade-
ve To. ν uınnovevouevav avIenmrav Karo
Iavarov eveynes. Muh Montagne 1. c. p. 139:
hielt den Tod des Eato zwae für tragifcher,, aber nicht
für fo ſchooͤn, als des Sokrates feinen,
*4) Plat. in Phaed. p. 46. u |
we) Xen. 1. c. p. 267. 68. und Plat. c. p. 47.
+) Xen. 1. c. p. 268. Auch Montagne fagt: L’ame de
Socrates qui eft Ja plus parfaite, qui foit venüe a
ma cognoiffance p. 133. und S, 139. de femblables
je fais grand doute, qu’il y en ait eu, —
+D p. 267.
6 1A Be he
“ Debenfen, ruft eben dieſer Gäheiffteler ans 9,
ich denjenigen für den Glaͤcklichſten unter ven
\ Sterblichen halten, ber mit einem noch Tehrreichern |
Manne, als Sofrates war, befannt geworden wäre, . |
N Wenn du mir bis hieher gefolgt biſt, lieber Lofer!
ohne mic den Freunden defjenigen, der nie weinte, D
? nen ju.dergießen, ohne in beinem Innerſten von
furcht amd Bewunderung für denjenigen bin uf
"ga werben, der nichts ald das fafter fürchtete, „und
Be Tugend und Tugendhaften bewunderte und v
vshns es die endlich unzählige mal zu. geftehen, daß
“och lange ber nicht fenft,, und das miche thun Fhrie
was Sokrates war, und wirklich that; dann bedaure
bein Herz und deinen DVerftand, dann warft du Mm
wereh, mit dem: Mann, den ich dir geſchlidert häber
Bekannt: zu werden, ‚und. bu wuͤrdeſt unſtreitig von-i
. wort er noch lebte, verftoßen worden feyn. Du di
hoffnungsvoller Juͤngling und edler Mann! deffen Gil,
209 ſchwache vom mir entworfene Gemälde mit fiebe jir
Zugend erfüllt hat, ſchließe das Bild biefes Meile,
wenn du es anders faflen Fannft, ganz im deine Brufl
ein,:frage es, wie das Orakel der Wahrheit und Tu
x um Rath, fo oft du handeln willft, opfere ihn
ff, wenn du ihm irgendwo aͤhnlich geworben, um)
erroͤthe vor ihm, wenn du von ihm abgewichen Bil;
Zwar kannſt du nicht mehr die Heilige Stätte befi
"soo feine Aſche ruht, und die jezo vom ben wildeſten all
DBorbasen und von den Berächrlichen Nachfommen fein
Mörder entweiht wirt; allein du kannſt das, was fehl,
bie Freunde des Sokrates am meiften an ihm liebte
und ſchaͤzten, feine.große Seele anfhauen, und mitt
Be ‚ um
%) Apol, Sacr, p. 4.34»
,
Be Be .
‚Geflbichte des Sokrates und feiner Phil. gIr
zehen, kannſt alle feine Worte und Thaten bir ſtets
nwaͤrtig erhalten, kannſt ftets Die Mufter feiner er/
enen Tugenden betrachten, - und m gleichſam ſelbſt
ufen, daß er dic) in deinen Beſtrebungen, ihm aͤhn⸗
zu werben, ftärfen und unteftüzen möge”). Wenn .
alles dieſes thuſt; fo ehrſt vu fein Andenken frommer -
heiliger, als wenn bu ihm Bilbſaͤulen, Altäre und
apel errichteteft, und kannſt überzeugt feyn, daß du
ben dem Berhäftniffe, in welchem bu fein Leben durch
einige ausdruͤckſt, auch in dieſer Welt glücklicher
den *®), und daß er bereinft an dem Orte, wo er
em ungerechten Richter und boshaften Ankläger mehr
uͤrchten Hat, ‚Dich als einen feiner geprüfteften Freunde
fangen werde f), u ln
KE3 Nicht
— —
Proinde, fagt Erasmus, quum hujusmodi quaedam
_ lego de talibus viris, vix miht tempero, quin dicams
Sancte Socrates! ora pro nobis.
) Siehe dritte Beylage. |
- Die ſchoͤnen Gedanfen, womit Zacitus fein Leben bes
Agricola beſchließt, Hatten fi meinem Gedaͤchtniſſe fa _
tief eingedrüdt, daß fie ſich mir an biefer Stelle wie
son felbft darboten. Ich will diejenigen, bie mir, wie
meine eigene Gedanken, geläufig geworden find, mie
- feinen Worten berfeßen, weil fie gewiß auch denen
wieder gefallen werden, bie fie fhon mehrmalen gelefew
haben. Si quis piorum manibus locus; ſi, ut fa-
pientibus placet, non cum corpore exflinguuntur
magnse animae; placide quiefcas, nosque, domum
tusın, ab infirme defiderio & muliebribus lamentis,
ad contemplationem virtutum fusrum voces, quas
neque lugeri, neque plangi fas eft. — Is verus ho-
. nos, ea conjundtiflimi cujusque pietas. Id filise
. quoque uxorique praeceperim, fie patris, fic mariti
memorisın venerari, ut onınia facts dictaque ejun
fecum revolvant, formamque ac fguram animi ma-
N
Svi Mid Sue Eyrens vun uppp Beucvrucen
eine Ehre, die fie nur ihren größten Wohlthe
Sxeerführern erwieſen **), fondern fie töbrerem
Meitus, und verwiefen die übrigen Anklaͤger dı
tes als Betrüger des Volks 7). Die Strafe i
gis, Quam corporis compledtantur. non <
cedendum putem imaginibus, quae maı
aere finguntur; fed ut vultus hominum ,
laers vultus immbecilla ac mortalia funtz fi
tis aeterna, quam tenere & exprimere no
nam materiam & arteın. fed tuis ipfe mori
Quidquid ex Agricola amavimus, quidg
fumus, manet, manfurumque eft in animis
in aeternitate temporum, fama rerum.
®) Ifocr. vol. II, p. 383. 384. Diog.. II. ı
Menag. j
**) Ju fpätern Zeiten ſollen fie ihm fo gar eine
„baut haben. M: in Vit. Procli.
PD ib. & VI. 10. 11. An der lezten Stelle hei
Antiſthenes die Rache der Arhentenfer wid
ber feines Lehrers gereizt habe. Plutatch &
richtet VII. 128. de invıdis & odio, daß
new nad Dinbvnted man Ihren Mithirasen fa
Sadite Des Sotroiei und ſeiner Si. 319 “ |
eit folgte'den Verwieſenen noch über bie Graͤnzen ihres
daterlandes nach; denn Anytus ſoll von den Heralleoten
atweder ausgeworfen oder gar geſteinigt worden ſeyn ).
Von einem fo merkwuͤrdigen deſſen fe
en, Charakter und Denkungsart man ® genau.hat
muen gelernt, darf ich wohl vorausſezen, dag man ‘
udy die Perſon und häuslichen Umftänden wiffen
sbchte , fo viel und deren--von-zuverläffigen Schrifts
elleen find aufbehalten worden. : Das Aeußere
3 Sokrates entſprach feinem Innern: im gering⸗
en. nicht , und fein Leib war:eben fo haͤßlich, ala
ie. Bewohnerinn deſſelben fchön war. Selbſt feine
Bchüler verglichen ihn mit den Silenen, wie.fie vor
duͤnſtlern, ober aber in ven Satyriſchen Schauſpielen
orgeftellt wurden *®). Er Hatte einen kahlen Kopf ***),
uffallend hervorſtehende Augen ,. eine Kleine aufge⸗
ülpte Nafe, - einen großen Mund, aufgeworfene lip⸗
m, und einen hervorragenden Bauch 7). Bey allen
fen Haͤßlichkeiten oder Abweichungen von dem Ideal
eiechifcher Künftler hatten die übrigen Gliedmaßen des _
Sokrates ein folches Ebenmaaß, daß die untern Theile
mes Leibes den obern vollfommen entfprechend waren,
id auch ſelbſt dem Gericht nach gleich zu ſeyn ſchie⸗
n Fr). Ungeachter er ſich nicht fo oft als bie übrigen
tiechen badete, fo war fein Eörper doch ſtets durch
täßigtet ı und vollkommne Gefundpeit reiner und gläns.
RE a. zena
— — —
2, Diog. II. 43. & ibi Menag.
Plet. in Symp. p. i92. Xenoph, Symp. IV, $, 19, p.
453. & ©.5.$. 7. p. 473.
ws) Chol, Ariftoph, ad v. 146.
$) Xenoph. Symp. c. 2. p. 438. & c, 5. p. 472. 73 *
Plat. p. 69. in Theaet.
1: Xen, Symp. o2.Lc -
ing Des jTarren ausorutts grotzer I aiente:uug
in ben Yugen und berveglichen Tpeilen des
allein aus dem Bau der Kehle und des Halle
daß Sofrates blöpfinnig und ausfhiveifend fen
- and in diefen feften Tpeilen zwar den Hang zu
taftern, aber nicht die Stärfe und Anlagen wa
wodurch Sokrates fie bändigen und unt
fonnte. -
Als Gemahl und Vater war Sokrates
gluͤcklich, ald er es verdiente. Seine einzige
Die berüchtigte Kancippe, war, ſcheint e&, eine |
thätige und Fluge Hausfrau F), liebte ihre F
wohl, : als ihren Mann zärtlich, nahm weni,
"dem Tode des Sokrates einen fo zärtlichen- Ant
eine Frau nur nehmen fonnte, die in
bie größte Stuͤze und einen unerfelichen Freun
®) IV. c. 11. p. 663: Epißket, Diſſert. Epiftet
alle Schriftfteller diefes bezeugt hätten, und
den Vorwurf von Biäffe, Kraͤnklichkeit un
Bisiäte des Sokrates und feiner Phil. 521
n-fürchtete *); allein fie war zugleich, was aud)
mann. zur Rettung ihres guten Leumunds gefagt
*), von einer fo fauren, mürrifchen und zaͤnkiſchen
uͤttzgart, und von einer fo anhaltend üblen Laune,
fie gerabe Diejenigen Perfonen am mieiften quälte,
je am meiften liebte, und daß nichts weniger, als’
Heduld eines Sofrates erfordert wurde, um fie
unerträglich zu finden. Ungeachtet ich nicht alle
Erzählungen für wahr halte, die von den Ausbrüs
ihrer Heftigkeit erzähle werben; fo iſt es doc) ges
. daß fie ihren eigenen Sohn bis zur Unverſ oͤhnlich⸗
wider fich aufbrachte **"), und dag jelbft Die Sreunte
Sofrates darüber erftaunten, wie er }) ein Weib
en fonne, das untersallen, die jemals geboren waͤ⸗
oder geboren werden würden, das unleidlichfte fey.
Heftigkeit und Verdrießlichkeit der Tantippe war ſo
zwingbar, daß Sokrates durch vieljährige Nachgies
sie und Sanftmuth fie um nichts mildern konnte.
pflegte Daher zu fagen, daß, fo wie Diejenigen, bie
n fernen wollten, nicht die zahmſten, fondern die
Higften Pferde wählten, er auch nicht eine fanfte,
ern eine heftige Frau genommen habe, um die Kunft
ernen, mit allen Arten von Menfchen umzugehen.
an wenn er diefe ertragen koͤnne; fo fen er gewiß,
ihm nicht leicht ein anderer Menfch unerträglic) ſeyn
de. Mit diefer feiner Frau zeugte Sokrates menigs
8 fünf Söhne, unter welchen famprofles der aͤlteſte
7 7), der ſammt einem andern, Sophronisfus, nod)
gez vor
USE EHER
) Plat. Phaed, p. 23.
*) I, 103. Ad, Philoſ.
“%) II. 2. Memor. Socr,
). Symp. c. 2. p. 435.
p Xen. I. 2
5 3a
wor dem Sofrates flarb *). Nur noch ein erwad
und zween unmündige Söhne überlebten ihren Vate
von deren Schicffalen wir aber nichts wiſſen.
von den ältern Söhnen hat fich eine Sage -af
daß fie ihrem Vater ſehr unähnlid) geweſen ſeyen,
ihnm durch ihre Unbeſonnenheit vielen Verdruß ga
dien ?).
“ 8) $tob, Serm. 106. Plutarch, de genio Soer. VIII, p.
a -.%%) Plat. in Apol. p. 14. & in Phaed. p. 46.
Ä 7) Plut in ‘Cat. Maj: II, 558. Die meiften Leſer
—
ſich vielleicht daruͤber gewundert, daß ich dem €
tes nur eige Frau gegeben babe, da faſt alk
Scriftkeller ihn zwo entweder zugleich ober bod
einander beiratben faffen. Viele Geſchichtſchreibe
Athen, XI. prineipio, und unter biefen Ariß
in feinem Werke vom Adel ib. & Diog, Ih 26. €
ten, baß Sokrates erfi die Kantippe, Hund dan
Morto, eine Zochter des Ariſtides, ober wie Ath
verbeſſert, eines Enkels des Ariſtides, geheirathet
Allein dieſes iſt zuverlaͤſſig falſch. Denn Zantipy
te noch, als Sokrates hingerichtet wurde, p. 3:
Plat. Apol. Soer. Dies konnte ben Ariflotele
möglich unbekannt ſeyn, und man kann daher das
eg euyevesus, wovon ſchon Plutarch zwm
ob es acht fey, CI. in vita Arif. io fine) ohne
denfen für untergefhoben erklären. Andere ©
ſteller, und unter diefen vorzüglich Gatyrus nad
ronymus von Rhodus fagten, daß Sofrates bie Hi
zuerfi gebeirathet, und nachher die EWantippe ald
Bevſchlaͤferinn zu fid genommen babe, weil bie!
nienfer, um ihre durch die Seuche entvälferte €
mit Bürgern wieder anzufüllen, das Gefez ge
haͤtten, daß ein jeder Athenienfer außer einer reh
Bigen von Bürgern erzeugten Gattinn fich noch ei
bere Sreundinn beplegen inne. Diog. 1. c.
auch dieſe Nachricht iſt gewiß erbichter, vn
eu
⸗
BSABMÄtR des Sokrates and feiner Wil. 55. .
Ecrſte Beylage zu P. 464.
jee den allgemeinen Grundſaͤzen des Sokrates, bie
ich bisher angeführt habe, und die alle mit einander
mben find, finden ſich in den Schriften! des Xeno⸗
und Plato noch manche \abgeriffene ſchoͤne Gedan⸗
vie fich, aber nicht gut in einen Zufammenhang
en laffen, oder auch befondere Vorfchriften über
ne Pflichten , die in einer allgemeinen Gefthichte ,.
yie meinige ift, nichE gut Plaz fanden. Bon den
n will ich aber doch noch die Betrachtungen des
rated Über‘ die Pflichten der Kinder gegen ihre Eis °
und der Brüder gegen einander, wegen ihrer Vor⸗
ichfeit mittheilen. | :
\
DE Als
U ud
a nn
£enophon reden durchgehends von ber Zantippe, al
. eitier rechtmäßigen, und als der einzigen rechtmäßigen
- Gattinw des. Sokrates, und fagen nichts von einer aus
* dern Tram, oder von dem Geſez der Achenienfer, was
bie Bygamie erlaubt haben fol. Auch war Lam⸗
prokles der Ältefte Sohn von. der Kantippe, und nicht
yon der Myrto, ein Nebenbeweis, daß Sokrates bie
erfiere nicht als eine Bevſchlaͤferinn nady der leztern ge»
- nommen babe. Ich trete daher dem Pandtins. bep,
der die Mehrheit det Frauen des Sokrates Iäugnete,
und mit- Gründen beſtritt, bie wir nicht mehr wiſſen.
Achen. I, c. Diefe falſche Meynung iſt vielleicht durch
giise mißverflandene Stellen bes Plato veranlaßt wor⸗
in. Diefer Weltweife fagt nämlich in feinem Phaͤdon,
ah oixeice Yuvasııs zum Sokrates gekommen
ſeyen, und daß er Tas Yuvaukas weggeſchickt babe,
un ſich nichts vorwinſeln zu laſſen p. 46. 47. Plate
batte bier aber nicht zwo Gattinnen des Gofrates im
Sinne, fondern deutete auf die Kantippe, uud eine
oder mehrere Begleiterinnen oder Sclavinuen, die ihre
beyden kleinen Söhne ttugen ober tragen halfen,
\
?
7
⸗
\zug. Siebentes Buch. Zweptes Canm
Als er merkte, daß fein äftefter Sohn kam
gegen feine Mutter aufgebracht war ), fragte
einſtens, ob er nicht undanfbare Mienfchen habe
fernen, und ob er nicht diejenigen fo nenne, die
thaten, die fie.genoffen, vergelten fonnten, und «
thären. As fein Sohn diefe Frage mit Ja bea
tete, fuhr er weiter fort: Glaubſt du nicht am
ein jeder, der Wohlthaten unvergolten läßt, ode
einmal mit Danfbaren Sefinnungen erwiedert, um
fen ? der Wohlthaͤter mag Freund oder Feind
und daß einer um deſtomehr unrecht chue, je <
Wohlthaten er empfangen hat, und unvergolcen
Als tamprofles auch diefes bejahte, fügte ex. |
Kann man denn aud) wohl Perſonen nennen, Die
re Wohlthaten empfangen haben, als Kinder .vı
tern, denen fie ihre Daſeyn und den Genuß allı
Guten zu danken haben, das bie Götter den M
mittheilen? Bilde dir ja nicht ein, als wenn bie
fchen bloß um des Vergnuͤgens willen Kinder ge
denn wäre es ihnen bloß um das Vergnuͤgen bes
fchlafs zu thun; fo koͤnnten fie das genug bey Pr
finden, mit welchen alle Häufer und Straßen an
find. Unlaͤugbar fucht ein jeder, der fich vermähle
eine foldye Gattinn aus, mit welcher er die beften !
erzeugen Fann. ‘Der Mann ernährt alsdann jeine
und bereitet den Fünftigen Kindern alles vor, was
rer Erhaltung und Wohlfart nothwendig und bien!
Die Frau hingegen empfängt die Laſt des. Kindes
sen Schooß, trägt ed mit vielen Defchwerven,
es mit unfäglichen Schmerzen und tebensgefahre
. Welt, nährt ed mit ihrem eignen Blute und
nn geTTe—
®) Memor. Socr. II, 2.
I x
S
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil. 525
en, und zieht es mit taufendfältigem Ungemach auf,
Bine daß fie jemals vom Kinde Gutes empfangen hätte,
Bet das Kind nur wüfte, von wem es alles das Gute
Mält, oder auch nur zu erfennen geben koͤnnte, weflen
‚bedarf. Die Mutter allein bemüht fich zu erfahren,
6 ihren Kindern zuträglich und angenehm iſt, und
&st für diefelben Tag und Macht, ohne zu wiflen, 06
jemals nur Danf dafür erhalten werde. Die Eltern
Bwügen fich aber nicht damit, ihre Kinder zu ernähs
#, fondern fobald diefer ihre Kräfte und Alter es ers
den ‚lehren fie diefelben auch alles nuͤzliche, was fie
iſt wiſſen, ober laffen fie aud) von andern unterriche
1, und menden alles an, was fie fonnen, damit ihre
über fo glüclich und vollfommen, als nur möglich,
Eden. — Auf diefe Borftellungen antwortete ber Sohn
k Sofrates: Wenn meine Mutter alles diefes und
mehr gethan hat; fo kann doch defwegen Fein
enſch und auch ich nicht ihre Seftigfeit aushalten.
E:denn, fagte Sofrates, die Wildheit deiner Mutter
wrträglicher, als die eines wilden Thieres ?_ Aller
igs, antwortete Lamprokles. Hat fie dich denn, frags
Kein Vater, ſchon etwa gebiffen oder gefchlagen, wie
Bde Thiere zu thun pflegen? Das eben nicht, erwies
dte der Süngling, allein fie fagt immer etwas, was
un für fein Leben nicht hören möchte. — Wie viele
eſchwerden und Verdrießlichkeiten magft du ihr aber
sp von deiner Kindheit an ſowohl in Worten als durch)
aten verurfacht haben? — Sich bin mir eben feiner
oder Handlung bewuft, deren fie fid) zu fehämen
. — Sollte dir denn das Zanfen deiner Mutter
rrräglicher fenn, als den Schaujpielern die Heftig⸗
en., die fie in den Trauerfpielen gegen eirander auss
Ken? Diefe ertragen fie leicht, weil fie wiflen, daß
jenigen , die ſchelten umd drohen, es nicht in der Abs
be zu fehaden thun. Und du zuͤrnſt, wenn beine Mucs
ver
In Der That, wenn du Die nicht erfragen ec
dir felbft dein Giuͤck unerträglich. Du wirf
denfen, daß du gar nicht noͤthig hätteft , |
Menfchen gefällig zu machen, und feinem,"
einmal Heerführern oder Magiftratöperfonei
chen? Bielmehr wirft du dem Nachbar zu
hen, damit er dein licht anzuͤnde, an bei
Theil nehme, und dir helfe, wenn bu
braucht. Eben fo wirft du einen jeden, 1
einerley Straße zieht, ober in einem Schiffe
oder auf andere Art mit bir in Berbindun
eher zu deinem Freunde ald Feinde machen n
wmöchteft alfo allen andern Menfchen, und
Mutter allein nicht, gefallen? Weift du nic
fere Stadt alle andere Arten von Undankb
fieht, und ungeftraft läßt, daß fie hingegen
der feine, Eltern vernochläffigt, von der Wi
chonten und Prieftern ausfchliegt, als went
weber den Goͤttern auf eine gefällige Arc o
dem Vaterlande geroiffenhaft dienen fünne?
alſo weiſe ſeyn willft, mein Sohn, fo bitte |
das Unrecht ab, was du deiner Mutter gech
Gefchichte des Sokrates und feiner Phil. 527
ir biſt, fo werden fie gewiß glauben, daß du keinem
dern Gutes mit Gutem vergelten werdeit. —
As Sofrares (fo erzählt Kenophon, gleich im fols
nben Abfchniet) einft merfte, daß die beyden Bruͤder
yärephon und Chärefrates mit einander gefpannt wa⸗
ı : redete er den Chärefrates folgender Geſtalt an:
iſt du nicht auch einer von denen, welche glauben,
B Reichehümer nüzlicher find, als ein Bruder, unge
Irer Liefer Verftand hat, und jene nicht : ungeachtet
° erflere nur einzig ift, und helfen kann, und ver an»
en viele fnd, und Wartung verdienen? In der That
«8 zu vermundern, wenn jemand rüber deßwegen,
er ihr Vermoͤgen nicht befizt, für eine Strafe hält,
B Hingegen feine Micbürger aus einem ähnlichen
kunde nicht dafuͤr anſieht. Im leztern Falle merkt
em ed bald, daß es. beffer fen, unter vielen ficher zu
shnen, und nur das Nothwendige zu haben, ald das
vermögen aller übrigen Bürger zu befizen , und feines
bens und Eigenthums nicht ficher zu feyn. In Ans
dung der Brüder aber will oder mag man diefes nicht
Röeftehen. Man Fäuft, wenn man fann, Sclewen,
Mitarbeiter, und bewirbt fi) um Freunde, um
Khuͤlfen zu haben; und Brüder hingegen vernachläffigt
an, ald wenn zwar aus Mitbürgern, aber nicht aus
kädern Freunde werden fonnten. Nichts deftomes
der trägt es zur Freundfchaffe viel ben, von denfelkis
n Eltern erzeugt und zufammen erzogen zu ſeyn, ins
n.felbft die Thiere Siebe für. diejenigen haben, mit
ten fie aufgemachfen find. Auch andere Menfchen
dern mehr Achtung für jolche, die noch Brüder has
t, als für diejenigen, die Feine haben, und wagen
auch vielweniger, fie anzugreifen. Freylich, unters
ich Chärefrates den Sokrates, muß man einen Brus
nicht um geringer Stieinigfeiten willen meiden, weil
wenn er ift, wie er feyn fol, allemal ein. graben
ut
aͤndig befchwoerlich oder ſchaͤdlich iſt. — Bi
ft dein Bruder nur deßwegen eine Strafe fü
du ihr nicht zu behandeln weilt, wie Pfert
ne Strafe find, die mit ihnen nicht umzuge
— Wie follte ich aber nicht wiffen, einem |
zu begegnen, da id) einem jeden andern, d
Qutes redet, ober mir Gutes thut, mit J
Thaten wieder vergelten kann ?_ Denjeniger
der fchlecht zu und von mir fpricht und fe
mich handelt, kann ic) nicht allein, ſondern
auch nicht fegnen, oder ihm Gutes erweifen
redeſt wunderbar, Chärefrates. Wenn du
ben deinen Heerden hätteft, der den Schä
chelte, und dich hingegen anbellte, würbeft 1
durch irgend etwas Gutes, das du ihm erwi⸗
fänfeigen und dir gewogen zu machen fuchen‘
Bruder, von dem bu eingeftehft, dag er bir
Gut werden fonnte, willſt du nicht durch G
fälligfeit zu deinem Freunde machen, ba es
wird, Freundſchafft durch liebliche Reden
Thaten zu erwerben? — Ich fürchte abı
mich main aaa hin mn han [Ühinanhan fa
Geſchichte des Sofrates und feiner Phil. S29
einem Willen regieren Fannfl. — So verheele mie doch
be Zauberfunft nicht, lieber Sofrates, die ich bisher,
ine e8 zu willen, befeffen habe. — Wohlan denn! fo
ige mir einmal, wie bu ed anfangen wollteft, daß eis.
e deiner Defannten dich zum Gaftmale riefe, wenn er,
topfert hatte? wuͤrdeſt du ihm nicht felbft zuerft einlas
na? Und wenn du wuͤnſchteſt, daß einer deiner Freunde
‘Deiner Abweſenheit fich deiner Angelegenheiten anneh⸗
en möchte, wuͤrdeſt du ihm nicht in demfelbigen Falle
rw Dienfte anbieten? Und eben fo, wenn du wollteſt,
jemand did) ald Gaftfreund aufnähme, wenn du in
Stadt kaͤmeſt, wuͤrdeſt du nicht in Athen die Pflich⸗
& der Saftfreundfchafft gegen ihn ausuͤben? Du wuſteſk
8 ſchon lange, ohne es dir zu geftehen, alle tiebeds
ıhfe, womit man andere Menfchen zu Freunden mas
ia, und zur Gegenliebe bewegen Fann. Oder meynft du
pa, daß es dir Schande bringen werde, wenn du deis
m Bruder zuerſt Gutes thuft ?. Meinem Urtheile nach
Derjenige der vollfommenfte und lobenswürdigfte Mann,
e feinen Sreunden im Wohlthun, und feinen Feinden im
Deszufügen zuvorfomme. Wenn mir Chärephon ger
hickter dazu gefchienen hätte, feinem Bruder zuerft
hl zu hun, fo würde ic) ihn dazu zu bereden geſucht
chen. Allein ich) habe geglaubt, daß ich dich biegſamer
ud geneigter finden würde. — Du murheft mir, fagte
härefrates, etwas ſeltſames zu, daß ich a8 der Juͤngere
e Sreundfchafft mit meinem Bruder wieder anfangen
E, da doch die ganze übrige Welt urtheilt, daß der
eltere im Reden und Handeln der erftere feyn müffe. —
ie, Tagte Sofrates, ift es nicht allenıhalben Sitte,
6 Der jüngere Bruder dem Altern ausweiche, wenn fie
h einander begegnen ? daß er ihm feinen Plaz uͤberlaſſe,
d in Gefprächen nachgebe? Zoͤgere alfo nicht länger,
in Freund! ſondern juche deinen Bruder zu befänftis
a, under wird gewiß wieder zu dir fommen. Gieheft -
Zweyter Band. A du
IL nn
wur er
bewieſen haͤtteſt, daß du ein guͤtiger, und
Hingegen ein fchlechter Bruder fen, der gar fı
thaten werth iſt. Allein ich bin überzeugt,
gleichen nicht zu fürchten haben wirft, und
on, wenn er merft, daß du Ihn zu ein
bruͤderlicher tiebe aufforderft , dich in Worte
tem zu übertreffen fich beeifern werde. Jezo
einem ſolchen Verhaͤltniſſe gegen einander,
und Füße, wenn fie, anſtatt einander zu f
gegenfeitig hinderten. Iſt es nicht große i
und ungläckliche Verblendung, das zu feiner
zu verfehren, was zum Nujzen geſchaffen ifl
Hat die Gottheit für einander zu größerm <
Mugen gefchaffen, als Hände, Augen, Zi
Andere, was fie dem Menfchen doppelt g
Hände koͤnnen ſich ſchon einander nicht helfen,
was fie bearbeiten follen, nur etwas weite
.Kiofter von einander entfernt iſt; Füße, nid
einer fo fleinen Entfernung; und Augen, v
ſcheint, daß fie am weiteften reichen müfte
nicht einmal Gegenſtaͤnde, die noch) näher fü
u Mn AR nn
" Gefihichte des Sokrates und feiner Phil. 538
Andere Betrachtungen über den Neid, über bie
rahren Vorgeſezten, und über die verfchievene Regie⸗
angsformen findet man Memor. Socr. Ill. 9, IV. 6.
Zweyte Beylage zu p. 468,
Me leſe die Schilderung der Verſuchung des Sokra⸗
tes. beyin Plato p. 192. 193. In der Grundſprache;
mn ins Deutſche laͤßt fie jich nicht gut, mag ich fie wer
igftens nicht überfegen. Man fehe aud) Petronii Sa-
ricon p. 245. Dad) den angeführten Zeugniffen des
into und Kenophon, und bey dem gänzlichen Still⸗
Aeigen'des Ariftophanes ſowohl als feiner Anklaͤger,
in einem unerlaubten Umgange mit ſchoͤnen Knaben
ad Juͤnglingen iſt es mir unbegreiflich, wie man dem
Sofrates jenen Hang zur Knabenliebe habe voriwverfen
n. Keiner tadelc diefe unnatüclic)e tuft fo bitter,
8 Sokrates, (I. 2. Mem.) feiner warnte fo nachs
ruͤcklich davor, als er, (ib. v. 3. Symp. c. 4. p. 246.)
nd feiner bemühte fich fo fehr, fie in andern in eine
Une tugenchafte Seelenliebe zu verwandeln, bie niche
e Stillung einer viehifchen Brunft, nicht den uners
ubten Genuß corperlicher Schönheiten, fondern die
'eredelung des Herzens zärtlich geliebter Freunde zur
bficht habe, Man lefe außer den angeführeen Stellen
ı Gaftınale des Xenophon c. 8. die ernſtliche Straf⸗
De wider das in Griechenland, vorzüglich in Elis und
Beben, fo gemeine Laſter, und die ſchoͤne Schilderun
x zärtlichen liebe, mit welcher er fagte, daß er alle
reunde der Tugend umfafle; man vergleiche alle Diefe
eberbleibfel feiner Grundſaͤze mit dem Stillſchweigen
iner Feinde und Anfläger, und mit dem ganzen übrigen
ben und Charafter des Sokrates, und frage ſich als—
ann, ob man nicht einen jeden Schatten von Verdacht
; la gegen
Dann zu taden und Herabzufegen, den allı
tugendhafte Menfchen bewunderten, in der
kommen feyn, ben Sofrates eines tafters zu
das auch in feinen Zeitalter für das, mas e
Halten, und als ein öffentliches Verbrechen 6
de, wenn man nicht im Zenophon felbft Gr
Tem Argwohn zu finden geglaubt hätte. J
diefes Schriftftellers fagt Charmides *) zum
der vor allen Vertraulichkeiten und iebfofun
Perſonen gewarnt hatte; daß er doch nım «
fo in Furcht jagen möchte, da er einftens
Haupt an das Haupt, und feine entbloͤßter
an die nadten teen des fchönen Keitol
welchem er in einem ſchoͤnen Buche gelefen,
Auf diefen Angriff antwortet Sofrates mit ı
fung von Verwunderung und Verdruß, dx
von einem giftigen Thiere gebiffen, fünf ‘
einander einen empfindlichen Schmerz in de
und eine beflemmende Unruhe in feinem Ser,
den habe. Cr wolle aber zum Zeichen feine
allen Mitgliedern der Geſellſchafft, ats fo wir
#eierlichft verficheen. bat er den fehhnen
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil: 533
icht eher wieder berühren wolle, als bis fein Kinn eben
ſehr, als fein Haupt bewachfen ſey. — Aus biefer
Stelle würde man zwar nicht fehließen Fonnen, daß So⸗
ates fträflich, aber mohl, daß er weicher und empfinblis
yer gegen die Schönheit von Knaben und Juͤnglingen
eweſen ſey, als man von einem weifen Manne erwars
m follte, wenn nicht gleich Tenophon hinzufeste, und
er ganze Ton des Gefprächs es auch lehrte: daß bie
ifchgenoffen auf diefe Art abwechſelnd gefcherzt, und
nftlich ſich unterredet Hätten. Das Scherzen kann
lein von den Neckereyen des Charmides und Sokrates
Aten, indem der leztere vorher ernſtlich geſprochen hatte.
Bäre man auf eine ähnliche Bemerkung des Zenophon
nb auf die nicht minder verſteckte Ironie des Sokrates
sfmerffamer geweſen; fo würde man bem leztern feine
nterredung mit der Theodota nie zum DBerbrechen ges
sache, und wie Athenäus (V. 18. p. 220.) geglaubt
nben, daß er dieſes Mäpchen in der Buhlerey, wie
Ene Breunde in der Weltweispeit, habe unterrichten °
len (III. 11. Mem. Socr.), Wie, fagte Theodota
m Ende des Gefprächs zum Sofrates, willſt du denn
he mein Mitwerber um Freunde und Siebhaber wers
n? D.ja, antwortete diefer, wenn du mir gute Worte
bſt. Wie foll ich das machen? fräge die Buhlerinn
m neuen. Das ift deine Sorge, erwiederte Sokra⸗
3, du felbft muft fehen, wie du mic, gewinnen kannſt,
enn du meiner nöthig haft. — So befuche mich, ſagt
». fleißig. Und Hierauf antwortet Sokrates zulest,
e fich, wie Zenophon ausdruͤcklich erinnert, über bie
infalt der Theodota luſtig machte: daß es ihm nicht
che fen, ſich abzumuͤſſigen, indem ihm ſowohl feine eis
te, als öffentliche Gefchäffte viele Zeit raubten. Auch
Re er Freundinnen, bie ig Tag und Nacht nicht von
5 ließen, weil fie tiebestränfe und Beſchwoͤrungen von
im lernten, und f. w. zn aber jemand felbft ve
3
vo
22 Crbentch Bu, Zieped Eapii. >
gend md Weispeit Halten mäffe, und ob mi
einen Augenblick zweyfein Fonne, daß Sofrate
Freunde mit eben der unbefleften tiebe geliebt habe /
womit entchrperte tugenbhafte Seelen ſich dereinft lieben
- ga {u Ontanı Für Wann "und Enrieifüng‘
Tu
noch
fine
.: werben. Gewiß würde es auch Miemanden, als den
Wenigen, die ſich ·ein Gefchäffe daraus machen,. einen
Mann zu tadeln und herabzufegen, den alle weife uib
Sugendhafte Menfchen bewunderten, in den Sinin.ge
“ ee in, den Sofrates eines tafters ö
. das u kin an für a |
Zenopfon
laube hätte.
Eee arena er Om 9 um a
bver vor allen Vertraulichfeiten und fiebfofungen
fo in Zurche jagen möchte, da er einftens jelßit fe
ul
gewornt hatte; daß er Doch mur andere *
fung von Verwunderung und Verdruß, daß er, wie
don einem giftigen Thiere gebiffen, fünf Tage. Hinter
einander einen empfindlichen Schmerz in der Schulter,
und eine beflemmende Unruhe in feinem Herzen
- den habe. Er wolle aber zum Zeichen feiner Neue vor
allen Mitgliedern der Geſellſchafft, ats fo vielen Zeugen,
feirrlichft verſichern, daß er den fchönen Rritobul
©) Ehen dieſer Charmides fezte als Juͤngling durch feine a
perordentliche Schönheit den Sokrates faft noch mık
als Reitobutas in Erſtaunen. im Charmide Plate,
io.
Geſchichte des Sokrates und feiner Phil: 333
cht eher wieder berühren wolle, als bis fein Kinn eben
ſehr, als fein Haupt bewachfen ſey. — Aus dieſer
stelle wuͤrde man zwar nicht fchließen fonnen, daß So⸗
ates fträflich, aber mohl, Daß er weicher und empfindli⸗
er gegen die Schönheit von Knaben und Juͤnglingen
wefen ſey, als man, von einem welfen Manne erwars
n follte, wenn nicht gleich Renophon hinzuſezte, und
e ganze Ton des Geſpraͤchs es auch lehrte: daß bie
fchgenoffen auf diefe Are abwechſelnd gefcherzt, und
aſtlich ſich unterredet hätten. Das Scheren kann
ein von den Meckereyen des Charmides und Sokrates
lten, indem der leztere vorher ernſtlich gefprochen hatte.
zaͤre man auf eine ähnliche Bemerkung des Senophon
dauf die nicht minder verſteckte Ironie des Sokrates
fmerffamer geweſen; fo würbe.man dem leztern feine
ıterredung mit der Theobota nie zum Verbrechen ges
acht, und wie Arhenäus (V. 18. p. 220.) geglaubt
ben, daß er diefes Mädchen in der Buhlerey, wie
ne Sreunde in dee Weltweisheit, habe unterrichten "
‚lien (IL 11. Mem. Socer.) Wie, fagte Theodota
ı.Ende des Gefprächs zum Sokrates, willſt du denn
ht mein Mitwerber um Freunde und tiebhaber wer⸗
ı? D.ja, antwortete diefer, wenn du mir gute Worte
ſt. Wie foll ich das machen? frägt die Buhlerinn
n neuem. Das ift beine Sorge, erwiederte Sokra⸗
, du ſelbſt muft fehen, wie bu mich gewinnen kannſt,
nn du meiner nöthig haft. — So befuche mich, füge
‚ fleißig. Und Hierauf antwortet Sokrates zulezt,
: fih, wie Xenophon ausdruͤcklich erinnert, über die
nfalt der Theodota fuftig machte: daß es ihm nicht
che fen, ſich abzumuͤſſigen, indem ihm ſowohl feine eis
1e, als öffentliche Gefchäffte viele Zeit raubten. Auch
be er Freundinnen, bie in Tag und Nacht nicht von
) ließen, weil-fie tiebestränfe und Befchwörungen von
n fernten, und f. vo. Bon aber jemand tet De
7
534 Siebentes Buch. Zweytes Capitel.
Unterredung mit einer Buhlerinn unſchicklich finden follte,
der bedenfe, daß Sofrates nicht in feinem Zeitalter lebte, 1°
und daß er wahrfcheinlich, wenn er jezo wieder erwachte, |-
es für eben fo unanftandig halten würde, daß wir bie
Weiber und Töchter unjerer Freunde befuchen, ale es
ums fcheint, daß ein Achenienfifcher Weiſe fidy mit eine
Buhlerinn unterrebet habe.
Dritte Beylage zu p. 517.
Die Anklaͤger des Sokrates waren nicht ſeine einzigen
Verlaͤumder; er fand auch unter ſeinen uͤbrigen
Zeitgenoſſen bittere Tadler, und ſelbſt in den nachfolgen⸗
den Jahrhunderten, als er Niemanden mehr durch ſein
Ironie beleidigen und durch feine Tugenden verbunfede
Fonnte, erhielt er Widerfacher, die ihn noch heftigen,
als feine Mörder anflagten. Unter den legtern zeichnet
ſich beſonders Ariftorenus aus, deſſen Schmähungeh
Porphyr nur wiederhohlte. Die Quelle, aus melde
Ariftorenus feine Beſchuldigungen fihöpfte, und die
wabrfiheinfiche Urfache feiner Erbitcerung gegen den ©
krates habe ich im erjten Bande in dem Abfchnitte von]
den Gefchichtfehreibern der Prthagoräer unter Dem Ark |
fol Ariftorenus angegeben. Diefer fonft vortrefflich
Schriftſteller befchuldigte Den Sofrates eines unvernuͤm
tigen Jaͤhzorns, eines fträflichen Ungehorſams gegm
feinen Vater, febandlicher Ausfchweifungen , ſelbſt W
unnarürlichen tiebe, einer pobelhaften Unwiſſenheit mb
Ungebilvheit, und vielleicht noch vieler andern Llntugm
den. Allein auch er konnte und mochte es nichr laͤugnen
daß Sofrates gerecht und gehorfam aegen Die Geſeze w
wefen fey. Plut IX. 399. de Herod. malignit. De
ältere Cato hielt ven Sokrates für einen Schwäzt,
Meuerer, und für einen Tyrammen, der ſich üher dw
veben
Seſchichte des Sokrates und feinee Pit. 535
ben und die Handlungen fiiner Mitbürger eine unrecht
\äßige Gewalt angemaßet habe. ap. Plut. in ejus vita.
- 596. Alle diefe Vorwuͤrfe haben-nicht einmal einen
Schein von Glaubwuͤrdigkeit, und fonnten auf vers
Anftige Männer lange nicht ven Eindruck machen, den
e feurige Strafrede des Kallifles im Gorgias des Plato
ıf unvorbereitete Gemuͤther vielleicht machen wuͤrde.
denn dir dich, fagt diefer Sophiftenfreund p. 317. zum
sofrates, mit wichtigern Dingen befchäfftigen follteft,
wuͤrdeſt du die Philofophie gewiß fahren laffen. Die
bilofophie ift ganz was artiges, wenn man fie in einem
wiſſen Alter und in einem gewiffen Maaße koſtet.
zenn man aber zu lange ben ihr verweilt; fo wird fie
ıe wahre Verderbniß der Menfchen. Denn wenn je⸗
and auch mit noch fo großen Fähigkeiten geboren iſt,
d ſich zu fpät in's Leben hinein noch Immer mit ber
yilofophie abgibt, der muß nothwendig in alle dem un⸗
ſſend und unerfahren werden und bleiben, was ein Iie
: brauchbarer, nach großem Ruhme ftrebender Bürs
: willen muß. Solche Menfchen fennen weder bie
feze und Derfaffung der Baterftadt, noch die Art,
e man mit dem Volke oder mir einzelnen Perfonen
igehen muß, noch die Vergnuͤgungen und teidenfchaffs
| und Sitten. ihrer Zeitgenoflen. Sie machen ſich
9 lächerlich, wenn fie irgend eine häusliche oder öffent,
ve Angelegenheit verrichten follen, fo mie Männer von
chäfften, wenn fie in eure Berfammlungen fommen,
er triffe der Ausfpruch des Euripides ein: daß ein
er in feinem Sache am meiften glänzt, daß er es aus
genliebe am meiften lobt und feine meifte Zeit darauf
wender, um immer vollkommner darinn zu werben,
; er hingegen die übrigen Faͤcher, in denen er unwiſ⸗
D oder ſchwach ift, meidet und tadelt. Meinem Urthei⸗
nach aber ift es um beften, weder die Philofophie gang
berachten, noch auch von ven öffentlichen ee
14 ſi
536 Siebentes Buch. Zweytes Capitel,
ſich gänzlich zu entfernen. Es iſt fchön, wenn man vie |4
Philoſophie zur Aufflärung des Verſtandes braucht, |:
und einem Sünglinge macht es alfo feine Schande a |:
philofophiren. Wenn aber ein Dann in reifern Jahren |:
eben dieſes noch thut; fo wird die Sache in der That Ih
cherlich. Ich Denfe über diejenigen, welche fich auf vie
Philoſophie legen, eben fo, als über ſolche, vie ſtam⸗
mein oder fpielen. Wenn ich das leztere von Knaben
fehe und höre, fo feheint es mir nöthig, und diefem U
ter angemeflen zu fen; wenn ich ed aber an STünglingen
wahrnehme , fo beleidigt es meine Augen und Ohren,
und ich finde etwas knechtiſches darinn; und wenn
gar einen Mann gleich Kindern fpielen fähe, oder fan
mein hörte; fo würde eim jeder beydes ald unwuͤrdig tar
Dein. &o liebe ich auch einen jungen Menfchen, wen
ich ihn fich eifrig der ‘Philofophie ergeben fehe, und kalt
Bingegen denjenigen, ber fich davon entferne, für ein
knechtiſche Seele, die fich felbft nichts Edles und Große
zurraut. Wenn ich aber noch einen aften Wann ph
loſophiren höre, fo ſcheint er mir, ich kann es nicht be
gen, Sofrates, Schläge zu verdienen. Ein folde
Mann muß ganz ausarten, und zu großen und Fühm
Thaten unfähig werden, indem er die Volksverſam
lungen und öffentlichen Plaͤze flieht, und fein ganzes ie
ben über fich bald in Diejen, bald in einen andern Wis
fel verfriecht, um mit drei ober vier jungen Leuten few
zen zu Fonnen. Ich habe für dich die beſten Gefinnm
gen, Sofrates, allein ich muß dir eben Das fagen, wa
Zethus zum Amphion beym Euripides fagt: Daß du da
vernachläfltgft, wofuͤr bu forgen ſollteſt: dag du de
ebeliten Seele eine kindiſche Krve umbangit, und deim
Mirbärgern, weder in Gerichten, nod) im Mathe, ne
in Volke mit deiner Einfichten und Kräften dienft. N
muſt aber nicht böje auf mich werden, lieber Sofrate;
denn was ich fage, fage ich) aus bloßer Freunpfchaft.
Geſchichte des Sofrates und feiner Phil, 337
Scheint die felbft nicht etwas Schimpfliches oder Er⸗
niebrigendes in dem Zuftande zu fern, in welchem bu
‘und alle diejenigen fich finden, bie fich zu weit
in die Philoſophie “eingelaffen haben? Wenn dich jes
mand anpacte, und dich als einen Derderber oder Ber
raͤther des Volks in’s Gefängniß führte, fühlft du nicht,
daß du gar nicht wiffen wuͤrdeſt, was du anfangen ſoll⸗
teſt; du würdeft verlegen feyn und nicht wiſſen, was du
fügen follteft, und wenn auch ein noch fo elender Anklaͤ⸗
ger wider dich aufftünde, fo wuͤrdeſt du boch fterben
muͤſſen, wenn er dich als einen des Todes ſchuldigen
Verbrecher angeben wollte. Wie kann denn das Weis⸗
beit ſeyn, eine Lebensart und Kunſt zu wählen, die dies
jenigen, welche fie treiben, unvollfommen und unfaͤ⸗
hig macht, fich felbft und andere aus den größten Ges
fahren zu retten, oder fich gegen bie Mäubereyen und
Ungerechtigfeiten von Seinden in Sicherheit zu ſezen,
ober fie auch zur Nechenfchafft zu ziehen, wenn man von
‚ihnen DBackenftreiche empfangen, oder andere Mißhand⸗
Aungen gelitten hätte? Höre alfo meinen Math, lieber
Freund, und laß von dem elenden Sefchroäze, oder den
Bohlen Gruͤbeleyen ab; tadle nicht weiter an Männern
‚Meine unbedeutende Schler im Reden oder Schließen,
ſondern in Entfchläffen und Unternehmungen, worauf
Leben und Ehre, und andere große Güter beruhen, —
‚ Diefe ganze Anklage aber: traff den Sofrates nicht, wie
zmeine tefer fi) aus dem Borhergehenven fchon felbft wer⸗
Den fügen fonnen. Sokrates war in öffentlichen Ges
ſchaͤfften fo wenig unerfahren, Daß viele und unter: dies
. fen Kritias und Afibiades bloß deßwegen feinen Umgang
füchten, um von ihm die Fonigliche Kunft (fo nannte
“man damals die Stactäfunft Mem. Soer. IV. 2. p. 210.)
oder die Wiflenfchaffe zu lernen, Menfchen und Voͤlker
regieren zu konnen. (ib. I. c. 2. p. 15.) Auch enchielt
: 2 fich nicht von öffentlichen Hentern und Serhäflten,
5 \
-_ om—.—_— [u on
538 Siebentes Buch. Zweytes Eapitel,
weil er fich untuͤchtig dazu fühlte, ſondern weil er fein
Mitvuͤrgern auf andere. Arten nüzlicher werden Fonnte, |
Plat. in Apol. p. ı3.. Endlich verdarb er feine und fer
ner Freunde Zeit nicht mit elenden Spisfindigfeiten, fons
‘dern er machte diejenigen, die mit ihm umgingen, zu
beffern und weilern Menſchen. Wie hätte er, fagt Ko
:nophon, feine Befannten zu gortlofen, unmäßigen, um |
feujchen, zuͤgelloſen Menfchen machen follen, va er vide |
von diefen Laſtern zurückbrachte, ihnen tiebe zur Tugend |
und Hoffnungen einflößte, daß fie, wenn fie ihre Her
zen ausbilden würden, gute und glücliche Maͤnner wer⸗
den wärden? Memor. Socr. J. 2. p. 16. &ofrates,
fagt eben dieſer Schriftfteller, war feinen Freunden ig
allen Angeleaenheiten und Fällen nuͤzlich, er modhte ro
‘den oder handeln; fcherzen oder ernfthaft fenn ;. und mas
Fann leicht fchließen, wie fruchtbar für Her; und Den
ftand fein Umgang gewefen fey, da felbft das Andentm
an ihn feinen Schülern heilfam war. IV.ı. p. 201. Ar
‘to, heiſt e8 an einer andern Stelle I. 2. p. 28. un
Ehärephon, ferner Chärefrates, Simmias, Kebes,
Phaͤdon und viele gingen mit dem Sofrates um, nidk
gerade, damit fie große Redner oder Bolfsführer, fon
dern bamit fie rechtfchaffene Männer würden, und ihre
Sreunden , Hausgenoſſen und Bürgern dienen Fönnten,
Unter allen diefen war feiner, der weder in feiner Zw
gend, noch in feinem Alter etwas Boͤſes gethan härte,
oder um bofer Thaten willen angeflagt worden wäre.
Man fehe noch I. 4. p. 43. IV. 8. p. 265. 267. 26.
Plat. Apol. p. 13.
Da? einzige, was man dem Sofrates nicht op
Grund vorwerfen kann, iſt ein nicht geringer Grad von
Schwaͤrmerey, die aus einer ungewöhnlichen Empfin
lichfeir feiner Nerven und einer außerordentlichen Lebhof
tigfeit feiner Einbildungsfraft entſtand. Eben biek
Schwaͤrmerey war mehr ein Fehler feiner Organiſation,
ode
Geſchichte des Sokrates und feine? Phil. 539
ber wenn man will, ein Gebrechen ſeines Geiſtes, als
ines Herzens; fie verführte ihn zwar zu. einigen faiſchen
nd aberglaͤubiſchen Meynungen, verleitete ihn aber nie⸗
als zu den Narrheiten, wozu fie einen Plotin, Cardan,
ſoſtell, und viele andere hinriß. a fie war in ihm
icht allein unfchädlich , fondern hatte fogar die bortheils
ıfteften Wirfungen, indem fie ihn ſelbſt gleichſam naͤ⸗
r mit der Gottheit verband, ihm ein größeres Anfer
n bey feinen Freunden , und feinen Nathichlägen ein
öfßeres Gericht verichaffte. Bon feinem Abelnveifen
Hre man es weniger vermuthen, als vom Sokrates,
iß er ein Schmärmer gewefen ſey; allein Die häufigen
deutenden Traumgelichter, die er.ben feiner niemals
anfenden Gefundheit und feiner, mäßigen Sebensart
itte, die nicht feltenen Entzädungen , in die er fiel,
id morinn er oft viele Stunden hinter einander abwe⸗
ıd, und fic) feines äußern Zuſtandes nicht bewuſt
ar, endlich der Glaube an einen ihn begleitenden Dir
on oder Genius laffen gar nicht daran zwenfeln. Er
id alle feine Sreunde waren überzeugt, Daß ein gewiſ⸗
3 höheres uͤbermenſchliches Wefen ihm durd) gemiffe
chen und Stimmen die Zufunft offenbare, und ihn
ıd feine Bertrauten fowohl von gewiflen Handlungen
halte, als dazu antı eibe. So unglaublid) es feheint,
8 ein fo ruhiger ſich felbft und andere fo genau und
wnäcfig beobachtender Mann, als Sokrates war,
ihrend feines ganzen Lebens getäufcht worden fen, und
nie gemerft habe, daß das, was er für Stimmen
er Eingebungen eines Dämon hielt, nur gewiffe aus
ern Urfachen entitehende Erfchütterungen feiner Ges
rnerven, oder der Fibern feines Gehirns, und plöglich
ihm aufiteigende Gedanken oder Ahndungen über den
icklichen oder unglüclichen Ausgang gewiffer Linters
hmungen waren; fo findet man dod) eben dieſes oſehr
jreiflich, wenn man bedenkt, daß er mit fait aflen
Welt:
7 Mbergeugt war, daß bie Gottheit weiſen und
vie im bitten Theile meiner philoſophiſchen
et im Bafmalı © ‚197. Ä
Bertunigen und —— alaubte, fe
den Menſchen, denen fie.gnädig fey, ſich und die Zu
Zunft‘ offenbare,, und daß endlich nicht er allein, fonden
vriele andere verflänbige Männer eben fo geſchwaͤrmt ho⸗
Gen. Die Feugniffe der Alten uͤber den Genius bes ©
krates führe ich deßwegen nicht an, weil ich fie in eng
, Abhandlung über diefen Gegenftand geſammlet babe 9
| t, und worinn man auch die Gruͤnde meiner |
| —— einanber-gefg frben wich.
Wnger ten tn ber Mötanblung aa geführten Zeiten 9
| * abe noch die Stelle —* Öesjeerıch im erfen
E.ulelblades, 8 215. unb Äbır dem ung —D
Fr
22 z0 Ai (ee er TE Ei gen —2———
eK.
u:
auch
Achtes Bud.
Erſtes Eapitel,
elches die Geſchichte der Griechen, befon«
ers der Wthenienfer, vom Srieden des An⸗
Hfidas, bis auf die Schlacht bey Cheronaͤa,
oder von Ol. 98, 2. bi8 OL 110,3, -
enthält.
IE: dem Tode des Sokrates nahm die Zerrüttung
D des Achenienjifchen Staats nod) immer zu, und
‚ete nicht nur auf die Sitten, fondern auch auf die
bilofophie die nachtheiligften Ginfläffe. Ich will daher °
e Gefchichte der Athenienfer bis auf den Zeitpunet
rterzählen , über welchen mahrfcheinlid) Feiner ver
schüler des Sokrates hinaus lebte. |
So wie die Spartaner ihr Anfehen am Perfifchen
‚fe dazu gebraucht hatten, den übrigen Griechiſchen
Staaten einen harcen Frieden aufzudringen, um viele
rfelben in eine fchimpfliche Knechtſchafft zu ſtuͤrzen; ſo
ißbrauchten fie wiederum ihre Durch den Frieden ver⸗
ößerte Macht dazu, diefen ihnen allein günftigen, und
fe übrige riechen beeinträchtigenden Frieden zu bras
en. Sie fuhren forc, wider den. heiligften Eid, den
' er
3
z4 chtes Buch. Erſtes Eapitel. J
die erſte Debingung, bie
| übrigen hear gemacht Hatten, Ar
des Peloponnes, denen fie ihre Freyheit *
geben ſollen, in der alten Abhängigfeit zu erhalten, ver
möge deren fie den Spartanern, als ihren
' allenthalben felgen, wenn diefe es befoplm, fich im
fedämon verſanimlen, . und mi einer
von ganz
mifchtes fich in die feine —
weiche einzelne Städte, ober gar die Bewohner
Am erften verriethen fie ihre earocigen und gi
- waltthärigen Entwürfe, durch die Rache bie fie an
Städten auszuüben anfingen, von welchen fie
daB fie ihnen in vorigen Zeiten nicht eifrig —* bep
2
m
*) Man febe die Ausſchreibung, melde die Spartane u
der Unternehmung gegen Dlynch machten Xenopk.
Hellen. V. e. 2. $. 14. oder p. 302. Iſoer. I, de Pa
p. 410. 411.
“r) Diod. XV, “©. 2.17. |
+) Diod. |, ec
Sefchichte von DI. 98, 2. bis Ol. 10,3. 543
geftanden, oder daß fie ihre Feinde beguͤnſtigt Härten.
Ihr Zorn fiel zuerft auf Mantinea , deren Einwohnern
fie befahlen, ihre Mauern niederzureißen,, weil fie ihr
rer fonft nie verjichert feyn koͤnnten, da lie von jeher ih⸗
ren Seinden, den Argivern, Lebensmittel zugeführt, da
fie die angefündigten Feldzuͤge mitzumachen fich gewei⸗
gert, und fich ftets über ihr Unglück gefreut, und über
ihr Glück betrübe Härten *). Die ſchwaͤchern Mantis
neer muften der Uebermacht weichen, und jich gefullen
faffen, aus ihrer zerftörten Baterftadt auszuziehen, und
wie vormals in Dörfern und Slecfen zu wohnen, eine -
Strafe, die wider ihr Vermuthen und die Abfichten ihr
ser Feinde, die Urfache ihres bald nachher blühenden Zus
ſtandes wurde **). Kaum hatten die tafedamonier dies
fe Arkadiſche Stade vernichtet, als fie den Einwohnern
von Akanthes und Apollonia Hülfe wider Oiynth, Die
mächtigfte unter den Griechifchen Städten in Thracien,
berfprachen, und unter ihrem Feldherrn Phobivas auch
wirflich zufandten. Phoͤbidas ließ fi) aber von feiner
Unternehmung durch die Verrätheren einiger vornehmen
Tpebaner abwendig machen, die ihn In Kabmea, die
Burg von Theben, einführten, weil jie lieber ald Sela⸗
den der Spartaner über ihre Mirbürger berrfchen, als
die Vorzüge der Frenheit in ihrem unabhängigen Baters
lande genießen wollten 7). Ungeachtet die Ephoren,
und die übrigen Spartaner fich anfangs über. die That
| des
tieren :
*) Xen. V. e. 2. Diod, ©. 7. ad OI. 98. 3.
*%*) Xenoph. I. e. p 294. Diod. p.12.Ol.98. 4. *
+) Xenoph. I, c. p. 297-307. Plut, in Pelop. I'.p. 336.
Diod. p. 17. 18. ad Ol, 99. 2 & 3. Im Tester
Jahre wurde Kadmea erobert. Diodor fagt aber uns
richtig, daß Amyntas fich von ben Spartanern wäife
wider Olyath ausgebéten habe. Auch in den folgenden
Erzählungen weicht es häufig won RXenophon ab.
bes Phoͤbidas entrüfteten, nicht weil fe.umgereiit wer,
ſondern weil er fie ohne ihren Befehl ausgeführt
hießen fie diefelbe doch) bald, als eine dem Barerianke
eifpriefliche Zune ans f und Sebielcen Kadmes, in
| ; Ungerchig ft
. keiten begäuftige, und es fihien, ald wenn ihre Hewi,
fchafft fefter, als jemals gegründet wäre. ‘Die
ner ſowohl als die übrigen Boeotier waren unterjodk,
die Argiver gedemüthige, Die Arhenienfer von ihren
Bundesgenoſſen entbloͤßt, und alle Staͤdte, Die im
u
nd
®) Xenoph. I. c. & Plut. II. 336.
®*) Xenoph. Ic. p. 308. 309,
#°., Xen. |, c. |
+) Xen. V. 3. 315. 316.
+) Nenoph, l.c. p. 324. 25. Diod. XV. p. 20, adül
1 BE
' | |
Seſchichte von DI. 98, 2.58 Ol.no,3. 345°
yerbächtig ober feind waren, gezüchtige, und alle uͤbrige
Dtaaten und Inſeln mit Maͤnnern angefüllt, die ihre
Erhebung den Spartanern zu danken, und ohne diefer
hre Unterſtuͤzung, wegen ber Unterdrückung, worinn
ie ihre Mitbuͤrger hielten, das aͤußerſte zu fuͤrchten hat⸗
en
). .
Gerade um bie Zeit aber, ald die Macht der Spars
aner aufs hoͤchſte geftiegen, und allem Anjehen nad)
ein Staat oder König in Griechenland war, ber fich
hnen Hätte widerfezen Fönnen, wurde das fo feſt ſchei⸗
ende Gebaͤude ihrer SHerrfchafft von einigen Fluͤchtlin⸗
en erſt erfchäctert, und bald nachher umgeſtoßen. Dies
re plözliche Umſturz der Tyranney der Spartaner war,
He Kenophon fagt, ein Beweis, daß die Gottheit uns
eilige böfe Thaten mit ihrer Nache verfolge, oder viele
sehr eine neue Deftätigung deſſen, was bie ganze Ge⸗
Hichte beweiſt, daß Gluͤck und Herrſchafft durch Uns
ererhtigkeit erworben , und auf Gewaltthaͤtigkeit ges
ruͤndet, niemals dauerhaft fey **). Mur fieben von
en Männern, die nach der Eroberung von Kadmea
Daterftadt verlaffen hatten F), faßten den großen
danfen, den ein jeder anderer, der nicht fo fehr mie
Haß gegen die Spartaner, und mit tiebe der Freyheit
wfüllt gewefen wäre, für unausführlich gehalten hätte,
der
) ib,
®*) Lib. V, 4. Xen. Hell,
7) Eenophon nennt immer ben Mellon als die Hanptperfon
bepy der ganzen Unternehmung l. c. p. 326. Plutarch
bingegen den Pelopidas, in ejus vita 11. p, 338. 349.
Wenigſtens war Pelopidas, wenn auch nicht der erſte
Entwerfer, doch gewiß der tapferfie Ausführen derſel⸗
ben. Plutarch gibs ihm zwölf, Kenophen aber ung
fieben Begleiter.
| Zweyter Band. Nu.
WBR
un mu
ein großes Feſt gefeiert ae ehe weibliche !
liegen ſich vom Phpllivas, dem Gehreiber ı
‚maligen Befehlshaber zu dieſen Tyrannen '
viele ſchoͤne und vornehme Weiber führen, |
bezeugungen fie ſchon lange zu genießen geho
Sie und ihre Mitverſchwornen tödteten
großer Vorficht und Tapferfeit, als Geſchwi
de trunfenen oder ſchlafenden Feinde, erdffn
das Gefängniß, und foderten ihre übriger
*) Epaminonbas hielt.die ganze Unternehmen
Uch, und wollte an keinem Enmwurfe |
von welchem er glaubte,. daß er alte dieje
barinn einließen,. unfehlbar ins Ber:
oder wenn er etwa glädte, die ganze St
ne Blut erfüllen würde. Plut, de Genic
278. 79. 318. 345. 346. -
a”) dieser die unglaublichen unmittelbar auf ei
ben Gefahren dieſer Männer leſe man P
11. aansan. VIII. de Genion Sacr 290
Gecſchichte von DI. 98,2. bis Ol. 0,3. 547
nicht eher zur Vertheidigung der wiedergetvonnenen Frey⸗
heit auf, als bis fie Die Raͤuber berfelben, ald Schlachns
opfer am Altare des erzurnten Vaterlandes erwürgt hats
ten *). Gleich am folgenden Tage jagten fie auch der
Spartaniſchen Befazung in der Burg ein foldyes Schres
den ein, daß dieje, ohne auf Hülfe zu warten, die Fe⸗
Rung, den Schlüffel zur Thebanifchen Freyheit, den
MWiederherftellern der leztern zurücgab. — Diefe Wies
dereroberung von Kadmea verglich. ganz Sriechenland fos
wohl in Rücficht auf den Much der Männer, vie fie
zu Stande bradıten, als der Gefahren, die fie ausftans
den, und des Gluͤcks, womit fie gecroͤnt wurde, mit ber
Wiederherſtellung der Athenienſiſchen Freyheit durch den
Thraſybulus. And gewiß wird man nicht leicht andere
Beyſpiele finden, wo eine fo Fleine Zahl verlaffener Men⸗
ſchen eine fo große Uebermacht von Feinden mit fo vie
Jem Muthe angegriffen, und dadurch jo große Veraͤn⸗
Berungen hervorgebracht hätte, als Pelopivas und feine
Mefährten gethan haben; denn der Krieg, der die Spars
"#aner der Herrfchafft zue See ſowohl als zu Lande bes
Maubte, brach in eben der Nacht aus, in welcher Pelo⸗
Pidas mic einigen wenigen Freunden in feine Baterftadt
Baarücffchrte , und die unzerreißbar feheinenden Feſſeln
lexwbrach, womit die Lakedaͤmonier Theben und das übris
se Griechenland gebunden hatten **),
Pevor die Griechen fich befannen , welch einen.
Sichtigen Verluſt die Spartaner durch den Abfall der
Thebaner und Boeotier gelitten hatten; war die Furcht
Sr ven erftern fo groß, daß fein Volk das Herz hatte,
| ‚Mm a2 fich
— — —
2) Xenoph. ib. p. 329, Diod. XV. p. 21. ad Ol. C. 3.
Plut. II, 349.
s*, Il. 352. Plutarch,
N.
\ \
’
older die Spartaner räfteren 7). Sie ſchickten
. N J
348 Achtes Buch. Erſtes Eapid.
* der Unterdruͤckten anzunehmen ). Selbſt se?
inenſer tößteren einen von den Felbherren, vie ben
banern zur Wiedereroberung von Kadmea geholfen
ten, und einen andern verwieſen fie auf ewig aus ve | R
Stoadt, weiler fein Urthell nicht ertvartere. Da
aber die Lakedaͤmonier ihren Feldherrn Ephebries, 3a
‚ Kich durch die Beftechungen der Thebaner (voelche we
Athenienſer gerne gegen bie Spartaner aufhezen
gu einem abencheuerlichen Unfchlage-auf den Piräus
se bewegen laflen, für biefe wahnfinnige Frevelchat *
pe beftraften,, fo wurden die Achenienfer fo fehr: in
, daß fie den Boeotiern aus allen’ Kräften 0 ”
; und. fich mit dem größten Eifer zum Rei
ib
ſandten an alle Inſeln und Geeftäbte, welche die @
.. Yesgenoffen det Spartaner zur Wiedererlan
;: it ermuntern muften; und biefe
lich, daß fie die Chier, Byzantier, et ne
viele Inſulaner zum Abfall von ihren bis ten DW inı
nen bewegten FF). Die herablaſſende
Athenienfer diejenigen, bie Ihnen fonft —
ſich jezo gleich ſezten, noch mehr aber des Volks ©
ber das Eigenchum der ehemaligen Bunvesgenoffen nd
2 So Plutarch II. 351. in Pelop. E
*s) Xenoph. 1. c. p. 334 Winard Dingegen contm'
mofth. p. 100. fagt, baß bie Athenienfer auf
Vorſchlag des Kephalus den Thebanifchen Fluͤchticch
wider die Thebaner bevgeflanden hätten.
4) Xenoph, I. c. p. 340. Diod. XV. p. 24. ad Ol. C#
Es ift aber gewiß übertrieben, wenn er fagt, *
Athenienſer beſchloſſen hätten, mit 20000 Mann
volk, 500 Reutern und 200 Schiffen wider ihre &
zu fechten.
4}) Died, p. 23.
Eeſchichee don Ol.os 5i8 Ol.uo. —
e daß fein Athenlenſer außer Attika das Feld bauer,
Der unbewegliche Guͤter befizen ſolle, vielleicht auch der
Bortheil, dem bie Thebaner über bie Spartaner gen
damen *),: wermochten immer mehrere Stäbte fich
on ber leztorn zu trennen, und an dem großen Nach
Eheil zu nehmen, den die Athenienſer aus allen abtruͤn⸗
Kgen Bölfern in ihrer Stadt verfammlet hatten, um
hre gemeinfchafftlichen Ungelegenheiten in Ueberlegung
Kenn ”,, Die Völker des. Peloponnes hingegen,
feit undenklichen Zeiten an die Herrſchafft der Spare
Der gewohnt waren, blieben ihren bisherigen Fuͤhrern
—* getreu, ſondern machten ihnen ſogar Vor⸗
daruͤber, daß ſie durch ihre zu große Gelindig⸗
We ihre Feinde ſtets kuͤhner und zahlreicher, und den
befehwerlicher machten, Sie riethen daher, eine
keglegen fen, und womit man Achen ſelbſt auehungern
une +). Diefem Nathe zufolge brachten die as
© .in kurzer Zeit fechzig Segel zuſammen, und fchloffen
KRlich eine Proviantflotte der Athenienfer ein, verloren
Br gegen den Chabrias eine Schlacht, wozu fie ihre
Beonngen hatten. Auf dieſe Niederlage fester im
hſten Jahre mehrere wichtigere. Denn Timo
!&. Sphifrates fiegten beyde über die Spartan
orten und verficherten dadurch den Arhenienfern nicht
x die Inſeln und Städte in Afien und Thracien, fons
en gewannen ihnen auch die mächtigen. Eylande, Kore
ea ,. Kephalenia und andere Städte zu Bundesgenoſ⸗
| Mm 3 | ſen
re—
®).Xen, 1. c. p. 348.
me) Diod, XV. p. 15. |
V p. 352. Xen. Die Bunbesgenoffen ber Spartaner weis
ven VL 2: p. 367. geuami.
te auszurüften, die der Geemacht der Arhenienfee .
y Xen: V. c. ult. in fine p. 353. Lib, Re:
80. Diod. p. 30. ad Ol. 101. 1. Merfw
9 doch, daß weber Renophon, noch Diodor v
oberung von Byzanz, Kyzitum, Samos, O
. vielen andern Städten durch den Timotheus
weniger von ben Schaͤzen reden, die biefer Fe
ihnen und dem Könige Kotys erhalten |
Cornel. Nep. in ejus Vita cap. 1. & Din.
Demofth. p. 94. & adv. Phil. p. 87. we
Rede ich aber nicht für aͤcht halte." Das &t
motheus war fo groß, dap man ihn fchlafent
Neze mahlte, im welchem die Städte und
von felbft fingen. Plut. de Inv. & odio.
erzählt mehrere Facta, aus melden man fd
te, daß Timetheus um dieſe Zeit wicht foldhe
gen habe machen koͤnnen, als ihm wen anberı
ben werden . Diefer Zeldherr (ſagt ver €
Eotrates) konnte die fehzig Schiffe, wo
Korkyraͤern zu Hüife eilen fellte, im Athen
bemannen; er fegelie beßwegen nach deu J
i Schiffelente und Krisger einzunehmen.
dauerte den Atbenienfern zu large, nnd fi
daher um aufgebuͤrdeter Gaumfeeligteit
Kein Machinlare Fährt Trnanhan fart
Seſchichte von Ol. 98,2. bis Ol. no,. 558 -
roßen Kriegsruͤſtungen erſchoͤpft, und auch mit bay
Thebanern nicht mehr zufrieden waren, als welche an
en Plataͤenſern, Theſpiern und Phocenſern, lautes
Bundesgenoffen oder Clienten von Athen, Gewaltthaͤtig⸗
in ausgeübt hatten, oder noch ausuͤbten *). Beyde
Bölfer vereinigten fich Daher bald über die Bedingungen,
Weter welchen die vornehmften diefe waren :-daß ſowohl
We Spartaner, als Achenienfer ihre Flotten und Heere
aruͤckrufen, ihre Defazungen aus den Städten der
dedgenoffen wegziehen, und den lejtern eine unge⸗
inkte Freyheit laſſen follten **). Alle Bundesgenoſſen
taten dieſem Frieden bey; nur die Thebaner nicht, weh
| auf Anrathen des Epaminondas nicht enrfchliegen -.
sllcen, ihre Unfprüche auf die Boeotier, die ihnen bis.
Bine gewefen waren, aufzugeben F).
© Die Spartaner brachen aber das gefchloffene Buͤnd⸗
Bngleich darinn, daß fie den König Kleombrotus, den
Ewibder die Thebaner ausgefchickt hatten, nicht allein
KK zuruͤckriefen, ſondern ihm aud) ven ‘Befehl jehickten,
halsſtarrigen Bedruͤcker der Boͤotier fo lange mit
Bares und Schwerdt zu verfolgen, bis fie den leztern
Ba: Scenheit wieder gegeben hätten. Dieſer übereilte
| zwang den Spartanifchen König, ver ſchon lange
egen freundfchafftlicher Sefinnungen gegen bie Thebaner
wdächtig war, und nunmehr auc) bey Fluger Scho⸗
ur Mm4 nung
— — — ——
%) Xenoph. VI. 2. p. 366. e. 3. 380. .
#4) VE 3. Xen. p. 389. Diod, XV. ©. 32. Ol. I0I. 2.
Diodor fagt noch, daß bie Spartaner den Achenienfern
. bie Herrfchafft zur See, und dieſe ben Gpartanern
: wiederum bie Herrfchafft zu Lande zuerkannt hätten,
Ich glaube aber, daß man bie Abtretung ber Herrſchafft
zur See an die Athenienſer noch einige Jahre fpäter
.: Herabfegen mülfe. ' Zn .
“#) Ken, & Diod. ll ve. ;
N 353 e lchtes Buch.Erſtes Capita
wung und Gelindigkeit das aͤußerſte zu befürchten Gatte,
‚ein Treffen zu wagen *), wozu die Haͤupter der Feinde
wit der ganzen Macht ihrer Beredſamkeit, und durch
alle Künfte des Aberglaubens aufmunterten”*), weil ihr
zer. Stadt jonft Belagerung, Hungersnoth und Abfall |
aller Bunvesgenoffen, und ihnen felöft abermalige Ber
weiſung bevorfiund 7). Beyde Voͤlker gerlerhen de
. $eufera am einander, mo bie Spartaner mehr durch ik
eigue Thorheit, Unmäßigfeit, und durch ben Ungehe
- fa’ gegen !yfurgs Geſeze, als durch die Tapferkeit ei
Thebaner, ober durch die Weisheit ihrer Anführer übe
- wunden wurden IT). Die Schlacht war zwar buus
EEE eg
1.9) Gleich nach der Eroberung von Kadmea Fechten bie Ze
bauer felbft. wider die Spartauer mit dem umerflen
. denften Muthe. Noch vor der Schlacht bey Leutm
uͤberwanden fie hiefelben in mehrern fleinen %
| befonders bey Tegpre, wo Pelopidas mit dreyhn
u Kriegeru taufend oder gar funfzehnhuubert Spart⸗
in die Flucht (hing. Dies war, fagt Plutarch, Wi
. erftemal, daß die Spartaner in fo vielen Kriegen m
Griechen und Barbaren von einer Pleinern Zahl Ai
wunden wurden, In Pelop. II. 355,360.
»s) Man fehe Xenoph. p. 393. 394. Plut. II. 366.
breitete Goͤtterſpruͤche aus, in welchen den Spartanm
’ gerade bey Leuktra, mo fie vormals eine Frevelthat io
gangen hatten, Tod und Verderben gedroht wur:
man erzählte, daß die Tempel der Götter ſich w
freyen Stüden geöffnet hätten: daß alle Priefterims
Sieg verfündigten: daß die Waffen des Herkules w
ſchwunden wären, weil er felbft mit ing Treffen gs
wärde.. — Alle diefe Gerüchte hielten viele, (mgt Fe
phon, für Künfte ver Feldherren.
p VI. 4. Xen. p. 393. .
Tr) Wenigſtens nad der Erzählung bed Xenophon Lt
p. 3941397. Die Spartaner waren mei
\ .
. J
3
,
121
| GSeſchichte von Ol. 98/2. bis Ol.no,3. 353
em bie Spartaner nahe an vierzehn hundert Mann
foren, allein übrigens war fie fo wenig entſcheidend,
ß diefe weder tager noch Gepaͤcke einbüßten: daß viele
Mm s noch :
rauſcht, als fie in die Schlacht gingen: fie jagten fers
ner eine Menge von Perfonen, die ſich eben entfernen
wollten, ins Lager ber Xhebaner zuruͤck, und vermehr⸗
ten dadurch die Anzahl ihrer Keinde: endlich ftellten fie
vor dem Fußvolk ihre Reuterey ber, bie in dem elendes
ſten Zuflande, und der Thebanifchen bey weitem nicht
gewachſen war. In Sparta hatte fi nämlich damals
Me verberblide Gewohnheit eingefchlichen, daß zwar
die Reichen Pferde zum Dienfle des Staats halten,
and die Ruͤſtung und Waffen von Reutern hergeben
muften, daß aber zu ben leztern meiftens die ſchwaͤch⸗
‚ fen und ungeübteften Leute ermähle wurden. Diefe
erbärmliche Renterey wurde gleich übern Haufen gewor⸗
fen, und brachte das den Thebamern Äberlegene, und
anch fon fiegende Fußvolk in Unorduung. — Des
großen Berfalls aber der guten Sitten und der Zucht :
- . unter den Spartanern ungeachtet, mar boch immer noch
vieles von dem alten Geiſte übrig, den Lykurgs Gefeze
ihnen eingeflößt hatten, und der fi bey ihnen, wie
bey andern Bölfern, und felbfk einzelnen Menfchen,
in ähnlichen Fällen, vorzüglich in Zeiten der Noch Aus
Berte, wo fie gezwungen wurden, alle ihre Kräfte zus
fammen zu nehmen. Als bie Nachricht von ber un⸗
gluͤcklichen Schlacht nah Sparta fam; feierte man
eben ein Feſt, das dur ein Priegerifhes Spiel, oder
durch einen Kampf von Männern beſchloſſen werden
follte. Die Epboren wurden zwar burch biefe traurige
Bothſchafft niedergefchlagen; fie ließen aber doch bie
Kämpfer nicht aus einander geben, ſondern fezten die
Zeierlichkeiten des Tages fort, und theilten am Enbe
derfelben erſt die Ramen der Erflagenen aus, Ans
folgenden Tage fah man die Anverwandten berienigen,
die im Xreffen geblieben waren, mit ber Miene des
Triumphs und in Feierkleidern auf den öffentlichen
Plaͤzen flolz einhergehen; die Nachgebliebenen —*
| | us
554 Achted Buch. Erſtes Eapitel.
noch auf dem Schlachtfelde die eichname der gefallenen
Mitbürger nidye von den Feinden erbitten, ſondern mit
dem Schwerte in der Fauft erfechten wollten, und daß
kurz nach der Schlacht alle ihre alten Bundesgenoffen,
die Tegeaten, Korinthier, Sifyonier, Achaͤer und viele
andere Städte mit unermüdetem Eifer ſowohl Man
ſchafft als Schiffe ergaben *). Nichts deftomenige
verfichern alle **), daß die Spartaner bey Leuktra viel
tiefer gedemüchigt worden, als die Achenienfer ben Aegos
Potames, und daß diefe Niederlage ihre Herrfchafft fo
wohl zu Lande als zur See auf ewig zu Grunde gerichtet
babe. Die Urſachen diefer ſchrecklichen Folgen eines faſt
zweydeutigen Treffens’ waren nicht die Thebaner, fondern
die Uthenienfer. Denn ungeachter diefe F) ſich über den
Sieg der Thebaner fo wenig freuten, daß fie gegen ten
Boten, der ihnen die Nachricht davon brachte, nick
eis
hingegen, welche mit bem Leben davon gekommen wu
ren, (lichen mit niedergefenftem Blick und im Schu
ze ber tiefften Zranrigfeit umher. Xenoph. p. 398.
Nach dem Diobor fiel diefe Schlacht bey Leuktra in du
. vierte Jabg ber Iozten Diymp. Nach der Erzählung
des XRenophon hingegen kann man nicht anders fchließen,
“ale daß fie gleich in demfelbigen Jahre, in welchem du
Friede zwifhen den Spartanern und Arhenienfern za
Stande fan, geltefert worden fey. Mean ſehe Chron,
Xenoph. Hutchinf, ad Ol. 102. I.
%) Xen.1|.c. p. 397. 399. Diodor, ber wahrfcheinlich dm
Ephorus folgte S. 50. verfihert, daß von den Spa
tanern viertaufend gefallen wären. Er bat aber nich
bloß den Zenophon, fondern auch den Plutarch gegen
jih, weicher fagt, daß nach der Zählung dee Cpami
nondas etwas mehr als tanfend todte Spartaner auf
den Schlachtfelde wären gefunden worden. VI, 73c,
Apophteg. l.acon,
**) Xen. VII. x. lioer. 1. 210.
+) VI. 4. p. 400. 5. p. 408. 9, Xen,
Besikienin O o 8; Sg Dl.io3. 955
mat, die Pflichten ber Saftfeeumpfehafft ausüben: - fo
ten fie doch den Sieg' beffer, als die Ueberwinder
fi. Sie vergaften jezo den Spartanern, mas biefe
rmals an ihnen ausgeübt haften, und fchickten. Ge⸗
ıdte im Peloponnes umber, welche die Heloten ımb
undesgenoffen der Spartaner zum Abfall reisten ®).
fe erfüllten die Mächtigften unter den Leztern, die Ars
ver und Arfadier, mit einer folchen tiebe zur Freyheit,
d einem folchen Haſſe gegen die Spartaner, daß fie
jar die Thebaner wider ihren Willen beredeten‘, mit
ıen das kafonifche Gebiet zu verwuͤſten, das feit fünf
ihrhunderten von feinem feindlichen Fuße betreten wors
awar. uch arbeiteten fie aid allen Kräften baran,
E die Erbfeinde ver Spartaner, Die Meflenier, nach
ver faft drittehalb hundert jährigen Entfernung von ih⸗
n väterlichen Beden in die falt verfchmundenen Ruinen
r Size ihrer Vorfahren zuruͤckgefuͤhrt wurden »). —
es
>) vn. 2. p. 400.
“) Xen. VI. 5. p. 518. 520. 22. 33. inp. in N Ageh © 2.
$ 24. p. 491. Plut, 11,371. 18, in Pelop. 17. Apöphth,
"VI. p. 733. Diod. 51555 p. Ueber biefe 598
* Facta finde ich in den Geſchichtſchreibern große Abs
. weihungen. Bon dem Verfahren der Athenienſer füs
‚gen alle übrige Schriftfleller, außer dem Kenophon,
- gar nichts. Diodor fezt den Einfall des Epaminondas
: ja das Spartanifche Gebiet in DI. 104. 4, und fagt,
dag er nur soooo Mann bey fi) gehabt habe. Plus
tarch hingegen ſchaͤzt das Heer der Thebaner arıf ones
vo. Manu, und erzählt, daß der Sieger bey Leuktra und
lop. l.c. Zenophen endlich fezt’diefen Einfall zwar 3
n daſſelbige Jabr mit der Schlacht bey Leuktra, allein
inem Seugniffe nach rieth der Ayrem Jaſon f ans
—8 unge
ſein Freund Pelopidas gleih nad dem großen Siege 7 --
"in das Spartanifche Gebiet eingefallen. fenen. in Pe ..:
un
ns aees Buß Erf Rapid,
Der Sieg bey beuktra erfüllte alle Orhechlfehen Vhi⸗
Ze ker mie ehrfurchtsvoller Bewunderung und Liebe gegen
.die Ueberwinder der Tyrannen, die man für unüberwinte
Mich gehalten Hatte, und mit einer fo großen Freude über
ine kurze Zeit. Die meiften fingen bald an, von bei
Sieger der leztern gar Feine Rechte der Obern
" , : gedßerm Grunde, als bis Thebaner, auf di⸗
in Griechenland Anfpruch machen zu fünnen. ‚Solche S
ſinnungen hegten bie Arkadier, die unter dem ykomcha
Duinkelheit empor arbeiteten, und auf dem Schaupic
| shehr aber Zafon, Beherrſcher von einem großen Their
von Theffalien, der ſchon alles Bas im Sinne har,
keinem von ihnen weder an Talenten, noch an
Ä
ihren Beſchuͤzern und Fuͤhrern, folgten ®). 7 ein *
windern von Griechenland und Aſien zuvorgefommen
bie unerwartete Exrettung aus ber Knechtſchafft der’ ia |
Fedämonier, daß fie alle freymwillig den Thebanern, di |
fee Taumel-von Berounderung und Freude Dauerte u
Thebanern eben das zu fürchten, was fie von den &pen
Sanern gelitten Hatten, ober doch zu benterfen, Baß-bk
*
haͤtten. Andere glaubten ), mit eben fo vielem ober *
einem ehrgeizigen Manne, ſich auf einmal aus Keik
von Griechenland eine glaͤnzende Rolle ſpielten 7):
was Philipy und Alexander nachher ausfuͤhrten, der auch
etwas nachgab, und der alſo wahrſcheinlich den Ueber⸗
waͤre, wenn er nicht durch Meuchelmoͤrder an ver Beb
lendung feiner großen Entwürfe märe gehindert wer
den
u En mu
fangs von biefer Unternehmung ab, und fle ließen #6
erft eine gute Zeitlang nach dem Treffen von den Ark
| diern, Argivern, Ellern dazu bereden.
®) Xen. VII. 1. p. 405. Plut. II. 371. in Pelop.
®*) VII. 1.447. Xen,
4) VII 1. p. 445. Xen. XV, 49, Diodor, N
u MaRuE: > 7 Be
Seſchichte von’ Ol. 98 2. Bi8 DI. no. 557. \
n ). Die Thebaner wurden daher gleich im-folgen
n Sabre von dem groͤßten Teile ber Städte und Bob - .
, die von den Spartanern-abgefallen waren und fih
erft in ihren Schuz begeben hatten, verlaffen, und
m Fonnte mit Mecht von ihnen fagen, daß fie bey -
HEcra mehr die Herrſchafft ver Spartaner zerftört, als. ;
ihrige gegründer hatten. Alle Mittel, bie fie. am ’
mbten, um ein folches Anſehen zu erlangen, als bie '
partaner gehabt hatten, waren fo übel gewählt, Daß
gerade ihren Abfichten entgegengefezte Wirfungen her⸗
ebrachten, und fichtbarlich Mienfchen verrierhen, die.
) in ein großes unermwartetes Gluͤck nicht zu finden
ıften, und die niche nach reiflich erwogenen ‘Planen,
idern nach augenbliflichen Einfällen handelten. Nihe .
6 bloß ungänftige unvermeidliche Umftänbe, fondern
rzuͤglich die Denk und Gemuͤthsart ihrer Fuͤhrer, und
Sitten und Verfaſſung des Volks waren Die Urſachen,
ß die Thebaner das ohnmaͤchtige Griechenland ſich
he unterwarfen, und auch nicht Die Oberherrſchafft in
r Bedeutung gewannen, in welcher bie Athenienſer
d Spartaner fie viele Jahre befeflen Hatten.
Die Thebaner legten fich freylich, gereizt Durch bie
enfpiele des Pelopidas und Epamitondas, noch vor,
ı meiften aber nach) der Eroberung von Kadmea, mit
em viel grbßern Eifer auf alle Arten von oymnas '_
chen Kämpfen und Eriegerifchen Borübungen, als iv .
| gend |
| | y ne TTS en
®).Xen. VI. 1. p. 357,65. Er hatte ein viel größeres
Heer zu feinem Befehl, als weder Philipp noch Ales
zanber gehabt haben: achttaufend Reuter, zwanzig⸗
taufenb ſchwer bewaffnete Krieger, und leicht bewafo /⸗
netes Fußvolk in einer folhen Menge, daß man, wie"
Eenophon fagt, alle Völker damit hätte bekriegen koͤnnen.
. WEATASIKOV Ye jumv Inoeroy TTEOS mavras aydoo °”
aas TITEYINvOh.
Den ns aan in Dee)
a ft >
ffung war in eine unbändige Ochlokrati⸗
6) Kenoph; VI. p. 419. Diod. pafim, Plı
361»
4
“+, Dies zeigt die ganze Seſchichte der Ver
Kadmea an die Spartaner, und auch der
zung der Thebanifchen Burg, Denn ohne
che Schwelgerey des Archias und feiner ®
de Xheben nie von dem Joche biefer Tyra
worden fepn. Selbſt die zaͤrtliche Verbin
Geſchichte von Ol. 98, 2. Bid Ol. no, 3. 559
{8 zur Wuth eiferfüchtiger Poͤbel geben Fonnte, ihre
Wuͤrde nicht mitten in einem feindlichen fande, zu der
en vorgefchriebenen Zeit niedergelegt hatten *). Eben
iefe Verderber des Volks Flagten den Helden, der die
Spartaner bey Leuktra zu Boden gefchlagen, und faſt
ertilge hatte, eines feindlichen Berftändniffes mit den
jeinden an, und entfezten ihn durch den neidifchen Poͤbel
mich wirklich feiner Feldherrnſtelle: eine Ungerechtigkeit,
vodurch fie fich ſchon früher ihren Untergang hätten zuzie⸗
Yen konnen, wenn nicht Epanimondag eben fo fanft gegen
eine Mitbürger, als feinen Feinden furchtbar geweſen
Räre, und dem undankbaren Baterlande auch die Fräns
endſien Beleidigungen leicht verziehen hätte **). Ein
> ausgelafienes Volk nun mit folchen Sitten und einer
chen Negierungsform, als die Thebaner hatten, konnte
⁊woͤglich eine große und dauerhafte Macht erhalten und
Daupten, weil ed weder Klugheit noch Billigfeit genug
atte, fein Glück zu nuzen und zu befefligen. Selbſt
S banyden außerordentlichen Männer, denen Theben,
ach dem Urtheile aller alten Schriftfteller, feinen vor»
ergebenden Glanz zu verdanfen hatte F), befaßen nes
on den großen Borzügen und Tugenden, wodurch fie
dre Mitbürger und Zeitgenoffen fo weit übercraffen, doch
Kejenigen Talente nicht, die dazu nöthig geweſen wären,
Re Folgen dee Sittenverderbniß, und die Mängel der
Berfaffung ihres Volks wieder gut zu machen. Pelo⸗
idas und Epaminondasd waren beyde eben fo nüchtern,
ents
®) Plut.).c. Corn. Nep. in Epaminonda c. 7.8. Wenn
Epaminondas fih mit den Worten, die ber lezte
Schrififteller anfuͤhrt, vertheidigt hätte; fo wuͤrde er.
fih unftreitig zu viel angemaagt Haben.
#*) Plur. |, c. & Diod.p. 59.
+) VI. 41. Poiyb. Corn. Nep. « 10.
X
®) Ueber die Charaktere biefer bepben Männer fl
Pelopida II. 331.365. 377. Xen. VIE
502. 508.509. Diod. XV. 44.48. 59.:64
Nep. in Epam. bef. c. 2. in Pelop. 2 & 3
achiet Pelopidas eim großes vätcrliches We
te; fo lebte er doch eben fo einfach, als &
der bey aller feiner Armuth den Beyftand fi
de nur für andere brauchte, wenn er nämli
fangenen Bürger loskaufen, ober eine edlı
Jungfrau ausflatten wollte, Plut, II. 331
Nep. c. 3. Die Einfalt und Genägfamfe
minondas läßt fih am meiſten daraus abnel
er nicht mehr als funfzig Drachmen zu fein
in den Peloponnes aufnahm, in melden e
here mit einem Heere von mehr als fünf
Mann einfiel, Plut. Apophtb. VI. p. 73C
feine ganze Equipage nur in einem Keffel
Mpieß beftand. Frontini Stratag. Lib. IV, ,
glaube, daß man den Epaminondas mit kei
berühmten Manne fo richtig, als mit d
Scipio vergleichen faun. Er mar eben fo
unbeſtechlich, eben fo aufgeklärt und beret
heiter uud wizig, endlich ein eben fo treue
nehmer Zreund, als der Roͤmiſche Held. A
dieſelbige Groͤße ber Seele, eben das untr
Gefchichte von DI. 98, 2. bis Ol. 110,3. 561
fie verftanden nicht, wie Themiftofles, Ariſtides, Kir
mon und Perikles, die felrene Kunft, Menfchen und
Bölfer zu regieren, und die Größe eines Staats auf
eine dauerhafte Art zu befeftigen *). Alle Unterneh⸗
mungen, wodurch fie ihre Vaterſtadt zur Beherrſche⸗
einn von Öriechenland erheben wollten, waren entweder
fur? , oder fielen gar zu ihrem und ihrer Mitbürger
erderben aus. Die lehrreichen DBenfpiele der Athe⸗
nienſer und Spartaner waren für fie Feine Warnungen,
und fie machten eben die Fehltritte, wodurch diefe Voͤl⸗
fer ihren Untergang befördert hatten **). Epaminondas
erweckte ben Thebanern gleich dadurch viele Seinde, daß -,
er auf feinem Zuge in den Peloponnes mehrere Städte,
De nicht im Spartanifchen Gebiete waren, entweder
mit Gewalt einnahm, oder ihnen nachftellte, und ihre
Welver verwüftete 7). Anſtatt die Zahl diefer Feinde zu
Bermindern, vermehrte er fie durch einen jeden Schritt,
Ben er in der Folge that. Er zwang bie Achaͤer mit
Wewalt, Bundesgenoſſen feines Bolfs zu werben, und
Kachte fie dadurch den Lakedaͤmoniern geneigt, und von
Sen Thebanern abwendig FF). Er reiste die Achenienfer,
‚Bie:er hätte fchonen ſollen) dadurch, daß er den armen,
Peder handelnden noch Funftreichen Theben, ben ſeltſa⸗
‚men Rath gab, fic der Herrfchafft der See zu bemaͤch⸗
un tigen,
[| ++“
Ve . "
8) Sch weiß zwar, daß viele ben Epaminondas für einen
der größten Feldherren und Staatsmaͤnner der Griechen
gehalten haben, Ael. VII. 14. allein biefem Urtheile
kann Fein Bewunderer des Epaminondas, wenn er
zugleich ein unparthepiſcher Geſchichtforſcher iſt, bey⸗
ſtimmen. 3
#4) Iſoer. I. 254. Epiſtol. ad Pbilip.
+) VIEL. ı. p. 443.
77) Ib. 456. & fq.
Zweyter Band. Nn—
1
‘
X
| Stabt french feinen Volke das gl Diiegki
zeichen , und für die Spartaner das -fchimpflichite Deus
Krieg zwiſchen beyden Voͤlkern verawigte **). Epan
nondas war ed endlich, der auf die Bitten einiger Is
kadiſchen Räuber, die ſich färchteten, von den aus Dep
eritwanbten heiligen Schäzen Mechenfchaffe zu geben, a
vorſichtige als a te Handlung verviech er ak
jeden feine Abficht: Die Ausföhnung dee Arkadier i
gen gegen einander aufzuhezen, damit fie fich einal
sn > ME Eee
gen, Triegeſchiffe autzuräffen, "und ie reichen Kirfag:
ao Gräe, ie den 2 * Tribut Sagt, 08,
anterwürfig zu ma Er war es e Wieda⸗
bauun Sn Mefene am meiften beitieb, und. in dig
mal errichtete, aber auch eben dadurch Feindſchafft ug
moͤchtiges Heer in den Peloponnes führte, ungeaf
alle Arkadler erklaͤrten, baß'fie feine frembe Külfe
Bermittelung brauchten. ‘Durch ‚biefe eben ſo
einander, und mit den Eliern zu hindern, ober gu-W
nichten, und die Einwohner des ‘Peloponnes nur deh i
aufreiben, und den Thebanern nachher eine deſto fe
tere Beute werben möchten. Er bewog dadurch bie
kadier, Achaͤer und Eher, um deſto fchneller ford
unter einander, als mit den Lakedaͤmoniern Friede |
r
’
r
®) Ifoer. 1. c. Diod. p. 64. Diodor erzähle, daß Epmb
nondas dem Arhenienfifchen Befehlshaber Laches du
folde Furcht eingeiagt hätte, daß dieſer ein Treffen a
geiehne habe. Plutarch hingegen verfichert , dag Em
minondas eben fo wenig als nachher Philopenee
»Gluͤck zur See gehabt hätte. in vita Philop. p. 645.0
Eben diefer Schriftfieller merkt an, daß einige das
einge Gluͤck des Cpaminondas von dem Worfaze ap
leiter hätten, feine Mitbürger vom Seekriege eher de
zuſchrecken, ald dazu aufzumuntern.
”) Diod, p. 55. . |
/
Geſchichte von Ol. 98, 2.56 DL 1io, 3. 6%
hließen; brachte ganz Griechenland wider fich anf, und.
urbe zur Schlacht bey Mantinea gezwungen, in: weils!
er er fein teben, und fein Vaterland den größten Theil;
8 erlangten Ruhms und Anfehens verlor.*). Noch
iſcher und haftiger, als Epaminondas, war fein Freunb
ud des Theilnehmer feines Ruhms, Pelopidas. Dies.
= unrubige Held brannte vor edlem Wetteifer, und vor;
Begierde, irgend einen Schauplaz zu finden, auf weile!
Ben er alle feine Kräfte.und Tugenden anfpannen und‘
Eigen, und folche torbeern erlangen koͤnnte, ale Epami⸗
wndas im Peloponnes gefammlec hatte **). Diefe
une Wuͤnſche wurden durch die Geſandten vieler Theffas
ſchen Städte erfüllc, bie fich wider den unmenfchlichen
Beannen Alepander , von welchem fie gedrückt oder bes:
best ‚wurden, Hülfe von ben Thebanern ausbaten;:
elopidas beredete feine Mlitbärger , ihn mit einem ans’
Irulichen. Deere nad) Theffalten zu fehicken, um, wie er
gte, den Griechen zu zeigen, daß die Thebaner mie:
w edeiften Uneigennügigfeic zu eben der Zeit, wo bie
>ypartaner den Dionys von Sicilien, und bie Acheniens
> den Alexander zu ihrem Bundesgenoffen angenommen
teten, ihr Blut für die Freyheit ihrer Bundesgenoffen
afopferten. Er entriß auch wirklich dem Theflalifchen
Pin 2 Wir:
— —
EDER»
—
‚®) Xen. VII, 4.5c. ©. 496:507. Die Zeit einer jeden
ber bisher erzählten Begebenheit laͤßt ſich nicht genau
beſtimmen, da Divdor einiger gar nicht erwähnt, und
in Anfehung anderer nicht mit dein Kenophon uͤberein⸗
fimmt. Sie fallen aber alle zwiſchen DI. 1o2. 4. und:
DI. 104. 2. Entweder Epanıinondad oder Pelopidag
war ed, der Euboea verwuͤſtete, den Megarenfern.
brohte, und ben chenienfern eine Stabt auf eine vers
raͤtheriſche Weife abnahm. Iſoer. l. e. & Diod, ad Ol, ,
103. 3. Aefch. adv. Ctei. p. 286.
0) Plut, in Pel. IL. p, 392,396. Diod, p. 55,65, Com.
Nep. in ej. vie,
‘
\
N
364 achtes Buch. Erſtes Capital. Bu
Wuͤterich einige Staͤdte, und drang felbft bis in Mae
bonien vor, wo er in dem zerrücteten koͤniglichen Haufe
Friede seleber herfiellte, und zur Deftärigung befleben |
ſich den jungen Philipp und dreyßig andere vornehm
Mafevonier als Geißel geben ließ *). Diefer ee
luͤckliche Feldzug verwandelte aber ven Helden und See
Deren in einen kuͤhnen Ebentheuer, Pelopidas ging wer
Folgenden Jahre zum zweyten male, aber mur mit anti
kleinen Begleitung von Freunden, nach Theffalien, in da
Hoffnung, daß fein Name ihn ſchuͤzen, und allenthalm D |
wo er erfchiene, . ein Heer um ihn verſammlen wir
Allein er wurde, wider fein eignes und aller feiner Freu
Vermuthen, vom Alexander aufgefangen, und ande
halb Jahre in einem engen Gefängniffe gehalten, 1
welchem er nur mic genauer Noth durch ein ſtarkes Ha
unter dem Epaminondas erlöft wurde"). Nach ſa
Defrenung b dachte er durch Unterhandlungen bas Mr m
winnen, was er durch das Gluͤck der Waffen nicht het
erlangen fönnen. Er trat eine abentheuerliche Ref
den Perfiichen Hof an, um durch deffen Benftand fe
Baterftadr die Oberherrfchafft in Griechenland zn w
fchäffen, wie Antalkidas gethan hatte Er eriani
vom Perfifchen Könige alles, was er gewuͤnſcht ha
und brachte einen Srieven nach Griechenland rien
nach welchem die Epartaner Meffene für frey erfläng in
die Achenienfer alle ihre Kriegsjchiffe abtakeln, und wer
die einen oder Die andern Diefe Bedingungen nicht erfib
len würden, alsdann alle Griechiſche Staaten verbuna |.
ſeyn jollcen, ihre Waffen mic den Thebanern zu vera
gen, und diefen als ihren Führern zu folgen. Nuke
Ueber
®) Plut. J. e. Diod. p. 55. ad Ol. 102. 4.
**) Diod. p. 58. ad Ol. 103. 1. 2.
H VIE. 7. Xen. 451r455. Plut, II, 386. Diod, p. &
ad Ol. 103. 3.
Geſchichte von Ol. 98, a. bis Ol. no, 3. Ss
berfegung, und noch mehr die freyen Neben, welche
Gefandten der Athenienfer ſowohl, als der Arkadier
ft, am Perjifchen Hofe führten, hätten ben Pelopis .
F Überzeugen müflen, daß der Wille eines Königs,
ſen Schwäche alle fannten, und der unaufhorlich mit
t eben fo vielen abtrünnigen Satrapen zu friegen hatte,
ihm treue anhingen, jezo nicht- mehr den Gehorfam
Sriechenland finden würde, womit man ihn noch vor
rigen Jahren erfüllt harte. Alle Staaten weigerten
bartnäcig, den Frieden des Pelopidas zu unrerfchreis
; und fegterer mufte daher zu feinee Kränfung und
ſchaͤmung erfahren, daß. fein Unfchlag auf die Herr⸗
fft von Griechenland nicht nur vereitelt‘ wurbe "),
yern daß er auch ftatt Ehre und Mächte Haß und
sachfung eingeerndtec hatte. Pelopidas überlebre dies
unglücklichen Ausgang feiner Unterhandlungen nicht
e. Denn als er zwey Jahre nachher einen drittem
Jug gegen den Ulerander unternahm, und: diefen feis
Feind an der Spize feines Heers erblickte, wurbe er
feiner Hize fo ſehr Hingeriffen, daß er mit einer,
r eined gemeinen Soldaten, als eines großen Felbs
n würdigen Seftigfeit, den Theffalifchen Tyrannen
mitten unter feine Krieger verfolgte. Pelopidas vers
barüber fein leben, das er noch lange hätte frifteh,
feinem Vaterlande auf mannigfaltige Art härte
ich machen fünnen **). |
| "NMn3 Die
Xenoph. p. 455.
) Diod. p, 65. ad Ol. 104. 1. Nichts iſt ſchoͤner und
ruͤhrender, als die Plutarchiſche Beſchreibung der tiefen
Betruͤbniß, welche ſowohl die Thebaner als Theffalier
bey dem Tode des Pelopidas ergriff, — unb der Eh⸗
tenbezeugungen , bie Ihm von beyden erwiefen wurden,
H, p. 393395. Es ſcheint aber öde
tar
Dald nachper ) fehloffen die Achenienfer,
ae ein eben fo liches als wohln
ei 2 worinn fie kraͤftigen Beufkanb.
.. Bebilgung verſprachen, daß ihre Sei
weiſe mit den Spartaniſchen das fe (
"führen follten. Als die tafedämonier vie 4
und ihnen überbem noch freywillig die, Der
See abtraten **); fo leifteten fie treuich
en hatten, und erlangten durdy die €
eldherren faft eben die Macht und das Anfı
was fie unter dem Perifl es beſeſſen Hatten. :
‚größere Tugenden, ald woburch bie Athenien
‚neuem auftichteten, entgingen Die Spartaner
B ung. Denn amgeachtet fie i
Geſchichte von Ol. 98, 2. bis DI. 110,3. 367
festen Kraͤfte zufammen, um die Tihebaner wenigſtens
bon ben väterlichen Wohnungen und Gräbern zuruͤckzu⸗
cen, und fchlugen auch wirklich zweymal, zum Er⸗
asınen von Öriechenland, ihre fiegreichen Feinde zuruͤck,
bie den Bortheil der bey weitem größern Zahl, und das
leztemal auch des Plazes harten *). Wach diefer wun⸗
Derbaren Errettimg wurden die Spartaner frenlic) noch
einigemale von den Thebanern ſowohl als Arkadiern übers
wunben 9; allein fie ließen fich dennoch durch afle dieſe
Niederlagen nicht bewegen, mit dem gegen fie errichteten
Meſſene Friede zu machen 7). Ihre Standhaftigkeit wur⸗
de ihnen auf eine Doppelte Urt belohnt: zuerſt durch einen
Bon ihrer Seite ganz unblutigen Sieg über die Arkadier,
Moovon die Nachricht allen Bewohnern von Sparta vom
Ken Könige Agefilaus, den Ephoren und Geronten an,
auf den gemeinften Bürger, Freubenthränen auss-
Xxeßte TI), und dann durch die Ruͤckkehr der Arkadier,
Achaͤer und der übrigen Städte des Peloponnes, welche
e Thorheit der Thebaner wieder in ihre alten Verbin⸗
"ungen hineintrieb.
Die übrigen Griechifchen Städte, weit entfernt
Ruıec) den Frieden zwiſchen ben Spartanern und Athe⸗
wienfern, der ihnen ihre Freyheit wieder fchenfte, ober
durch den Fall der Spartanifchen Herrfchafft glücklicher
6 ruhiger zu werden, murben vielmehr in innerliche
Kriege und Yufrühre hineingeworfen, die viel fürchterlis
eher, als die bisherigen Unterdruͤckungen waren. Allent
halben waren Nachbaren gegen Nachbaren, Bürger ges
ges Bürger, durch wechſelsweiſe ausgeübre und gelittene
Nu 4 | und
%) Ib.
“*) Siehe bef. VIT. 4: p. 491.
7TyV VIL 4. p. 482. Xen.
th Xen, Vil, 4. p. 482.
6 Achtes Buch. Erſtes Eapitel.
und feit Jahrhunderten aufachäufte Gewaltthärigkäten ii
fo jehr gegen einander erbittert, daß fie mir unnnenfchlis
cher Wildheit über einander berfielen, jo bald bie Macht |
zu Boden ſtuͤrzte, wodurch fie bisher waren im Zamme |H
gehalten werden *), In allen Städten murven bi |r
reiten unt größten Männer, welchen die Spurtane Ir
die yochfte Gewalt übergeben hatren, als Berrächer de Ir
Volks verjage oder ermürgt, und die meilten Gegente |r
wurden daber mit eben jo vielen Flüchtlingen angefüßt, |»
als fie jelbft Yürger vertrieben hatten. In Arkadie Ir
Fofteten die Verſuche, eine republifanifche Negieruns Ir
form einzuführen, über vierzehn Gundert Menſchen dei I;
teben,, Diejenigen nicht einmal mitgerechnet, bie ihr Voſi
terland meiden muften; und in Argos war ber flärfer |,
und aus feinen Banden losgelaflene Pöbel fo vafenı Hı
daß er ſechszehn hundert der erften Bürger meiftens wei
ter den graufamften Martern umbrachte, und zulezt mel
zunehmender Wuth fogar feine Schmeichler, die Dem—
gegen, verzebrete, von welchen fein Blutdurſt zuert
war gereist worden **). Ganz Öriechenland verfaf
alte nach ter Schlacht bey Seuftra in einen anarchiichen
Zuſtand, morinn weder die Nechte der Menfchlichkei,
noch die Geſeze des Krieges gejchont und beobachte
wurden.
Das Treffen ten Mantinea, in welchem faft uf
Griechiſche Völker gegen einander fochten, änderte mb
befferte in ihrer Lage nicht allein nichts, fondern brade
noch aroßere Unrusen und Verwirrungen hervor, al
wodurch fie verher waren gerrättet worden FT). Va
dieſe
*) Xen. V. 4. 345. VII. 1. p. 456. & ſq. c. 4. p. 48
Diod, p. 33.
##) Diod. p. 48.
49.
}) Xen. I. e. p 5ı2. Diod. p. 69,72. Diefe Edi
fiel DI. 104. 2. vor.
> @efgige de von SI. 98,2. bis Dt: a0; 3 sw.
e Schlacht glaubte men- allgemein, daß fe 246.
Schickſal von Griechenland auf immer:entfcheiden, mb :
le Alebertgunderien vem Sieger‘ imtermerfen wuͤrde M
Sein man-bachte nicht daran, daß fie wenig encfche -
end, ımb der Sieg fo wankend bleiben Eönnte, al.
birklich geſchah. Epcaminondas that alles, was man
wei einen großen Felbherrn und einem tapfern Krieger -
rwarten Eonnte: et brachte mit dee Schaar, womit &
mf die entgegenftchende Schlachtorbnung ſtuͤrzte, die
eztern zum Weichen; allein die toͤdtliche Wunde, die
r empfing, ſchien auf einmal bie Sinne aller Thebaner
1 betäuben, und ihre Arme zu laͤhmen. Das Fußvolk
ieb wie verfteinert auf dem Plaze ſtehen, den es ger
bönnen hatte, und nicht einmal Die Reuterey Dach ,
heran, den fliehenden Feind gu verfolgen ""). Diego
agenen Haufen fehöpften daher allmaͤlich Mur,
inleten fich wieder, erhielten Fleine Vo il und
reeichteten ſogar ein Siegeszeichen, welches bi
Kr Richt binderten , woil fie eben ſowohl als die Spar
und ihre Bundesgenoſſen um die Auslieferung
ber Todten bitten muften. Bald nach diefem.Zrefien
loſſen die Sriechifchen Staaten einen Frieden, bee
wWer weder allgemein noch dauerhaft war, Die Spar
ner weigerten fich, die Waffen nieberzulegen, fo lange
effene noch ſtuͤnde F); und die Achenienfer ‘übten fos
vohl in Arkadien als in Korfyra Gewaltthaͤtigkeiren
is m. |
Mit dem Ausgange der Olympiade, in weicher
ie Griechen bey Mantinea Iren, fchien fich alles zu |
‚sing, einer . :
nn N +"
—.
.*) ıb, | . ” “
#8) 508» 512. Xen, I. c W
+) Diod, p. 73. |
m Ol. 10» 3 &4. Diod, re Fe
- ®, Ifoer. ad Philipp. I. 243. 47. |
Xen. in Ageſ. ec. 2 $. 24. p. 491. und Ari, de Ch,
‚2.7. p.191. To yao & duyauerns Tas Xu
‚Yudıss IHKs TesDesv cu KEVTOCHCTIBS , KM
“#)
| ORAITAS TEIS MULIBS, ade XAsos To Frn%
naar. — MIRV Yap RANYWEX UMDEIKE FT
As, A aModero dıw TW oA ya em.
Eigentlich ſtuͤrzte nie die Schlacht bey Leuktra ie
Spartaner —— —— die Laſter, mi
fle worker gefallen waren, und bie Unger tigkelte,
bie ie ausgeübt hatten. “
Seſßchahte von DU’IE aD DE N,3. 1578 |
‚men Mitlelden mit ihnen teng:. Sie wurden vielmgfe
‚wegen ihrer vormals ausgeuͤbten Grauſamkeiten fo allga⸗
mein verhaßt, und gefürchtet, daß man glaubte, fie
‚würden mit zunehmenden Kräften auch ihre alten An⸗
- „fprüche und Maaßregeln erneuern *). Die Argiver hat⸗
‚sen noch mehr, als die‘ Spartaner gelitten; bemı-. ie
waren niche nur durch beftänbige ungluͤckliche Kriege, in
‚melchen bie Feinde faft alle Jahre ihre Felder vernh⸗
Het, ihre Bruchtbäume abgehauen und ihre Wohnungen
;sanf dem tande verbrannt hatten, fondern auch bush
moͤrderiſche Mufrühre, und durch den Berluft der ange
4ıfehenfien Bürger geſchwoͤcht und aufgerieben worden-*?).
ErDen Thebanern hatte felbft ihr anfcheinendes Gluͤck eine
is aumerfeslichen Schaden zugefüger. Denn außer bes Gig
m wblferung , welche felbft ihre Siege nach ſich sogen, ,
„waren fie mit bem. Hoffe Allee Griechen beladen, unp
„nit einem verberblichen Lebermurh und Ehrgeize ange
r fällt, der ihre Kräfte weit überfcheitt, und ihren Unter,
ir gang nod) fehneller, als den ber übrigen Griechen bes
fhleunigte }). Die Achenienfer endlich hatten freylic)
ihre Herrichafft über die Inſeln wieder erhalten, und bes
„faßen auch erfahrne Feldherren und Staatsınänner, ımb
5 Wicht ungeäbte Krieger; allein die Berfaffung und Sit⸗
: ten des ganzen Volks waren zu unheilbar verdorben, als
daß ihr Wohlftand Härte Dauerhaft ſeyn, oder fie ſelbſt
am felche Unternehmungen hätten vehfen fünnen, zu wel⸗
k «chen außerordentliche Tugenden und anhaltende Am -
ſtrengungen waͤren erfordert worden. Menſchlichem An⸗
Aiſehen nach war es aber doch immer noch glaublicher. daß
79% Iboer. l. e. p. 251. 252.
“*) Iſoer. l.e. p. 25%
zu H ib, | \
er , . I
572 Achtes Buch. Erſtes Capitel.
Athen wieder zu ſeiner vormaligen Macht gelangen,
als daß der kuͤnftige Herr von Griechenland in einem
unbedeutenden Geißel erzogen wurde, der nicht einmal
entfernte Hoffnungen zum Throne ſeiner Vaͤter hatte,
und aus einem Geſchlechte abſtammte, das durch Mer
chelmord und Verſchwoͤrungen faft ganz aufgerieben,
und ohne den Denftand zweener edler Griechifcher Fels
— vernichtet worden waͤre, der endlich unter einem
olke war geboren worden, das bisher immer Parbas
ren gedient und den Athenienfern Tribut bezahlt hatte*);
das noch vor kurzem von einer einzigen Sriechifchen Stadt,
bennahe aus feinen Graͤnzen verjagt **), von den raͤu
berifchen Illyriern aufs Haupt gefchlagen 7), und vou
den Griechen von jeher fe ſehr war verachtet worden,
dag man es nicht einmal zu Sclaven tüchrig geglaubt
hatte ff). Dieſer Fünfcige Unterjocher von Griechenland
4 we
2) Demoſth. p. 31. 66. Edit. Wolf. N
“*) Xen. V. 2. p. 298. bie Stadt vor Olynth.
+) Diod. p. 82. XVl.
++) p. 48. Demofth. Die beyben Feldherren, deren ich in
Kerte erwaͤhne, find Pelopidas und Iphikrates. Bon
Zuge des Pelopidas nah Makedonien babe ich ſchen
oben geredet. Zum Iphikrates, fagt Aeſchines de fil
fa legat. p. 250. führte Euridice, bie Witwe des um
florbenen Königes Amyntas, ihre Söhne, den Perdil⸗
kas und Philipp, und beſchwor ihn bey der Freund
ſchafft, die er für ihren verftorbenen Gemal gehalt
hätte, doch fie und ihre Kinder und ihr Weich gegen ei
nen umngerechten Räuber zu vertheidigen. Geruͤhrt vor
den Bitten der Königin, ſchlug und vertrieb Iphikra⸗
tee den Paufanias, der Auſpruͤche auf ben Scepter
machte, und rettete alfo bag tegierende Haus vom ne
ken Untergange. — Ueber ben Stammoater un» bie
Gefälechtsfolge der Makedoniſchen Könige Iefe man
den Herodot VIII. 1377139. Mit gropem Vergnuͤgen
erwähn
Geſchichte von DI. 98 2;:6i8 DL no, 3. 573
war Phifipp von Mafedonien, der zweyte Sohn des
Königs Amyntas, und eben der, den Pelopidas als
Heißel mit nach Theben genommen hatte, und ber.jug,
eich mit dem Epaminondas in allen Künften des Krie⸗
es und Friedens war erzogen worden. Wenn das,
Stück diefen "außerordentlichen Mann auch darinn *) berr
yänftigte, daß es ihn zu einer Zeit geboren werden ließ,
vo die mächtigften Griechifchen Staaten geichwächt, ‚und.
yegen einander aufgebracht, und eben deßwegen wenigen.
fuͤhig und geneigt waren ſich mit gemeinichafftlichen Kräfsi
ten ihrem Fünftigen Bezwinger entgegen zu ftellen; ſo
feste es ihm auf der andern Seite faſt unuͤberwindliche
Hinderniſſe entgegen, die nur Philipp allein uͤberſtei⸗
pen, ober wegräumen konnte. Seine ganze. Geſchichte
ehrt, daß er feiner Klugheit, Thätigfeit, und Tapfer⸗
fie weit mehr, als unvorhergefehen glücklichen Zufällen
u verdanfen hatte, und ihn kann man immer als eins
we merfwürdigften Benfpiele anführen, wenn man bes
veifen will, wie viel ein großer Kopf auch über die une
inftigften Umftände vermöge. Ohne Philipp würbe
Makedonien, wohin bisher faft Fein Strahl Sriechifcher
Runft und Wiffenfchafft gedrungen war , noch w in
‘ „ſeiner
erwaͤhnten die Athenienſiſchen Redner des Stolzes ihrer
Vorfahren, die den Perdikkas nach dem großen Dien⸗
ſte, den er den Griechen geleiſtet, nicht einmal das
‚Bürgerrecht gegeben hatten p. 70. Demoltb, — Viel⸗
leichtedenft mancher, daß ber Perſiſche König auch uns
. ter benen hätte genannt werden miffen, tie damals
anf die Herrfchafft von Griechenland Anfpräche machen
‘ Sonnten. Allein folche verweife ich bier nur auf den
Iſokrates 1. p. 281. 282. und Diodor p. 75. 115. ©,
Vol. 1, x
#) Wie ſchon viele Schriftfleller bemerkt haben, Man fche
unter andern Juß. VIM. ı. | |
\
⸗
E ⁊ Piohle) ode
iron —* —
‚und ſie unterſoche y.anb bann ben König ber
| die buch einen blutigen Sies pörigte, ihm ai
sin ‚ bier von Mafedonien a
Pe ben **). ek — waren fü
n nur eig eiz un ternehmu
Are wurde, wie ——
und eine jede Eroberung
863 }), mar die. Shuffe zu giner neuen, ad
Veranlafimn, daß er an noch grüßere.umeb gefoͤhtl
dochte. Ohne ſich an den mit den Athenienſern gef
fen. Fri zu kehren, belagerte und nahm er.
it, Potidaͤa, und Pydna weg, und fehenfi
kegtere Stabt on dihnth —— jego noch zu.
‚sig war, das er aber doc) gerne
: wendig machen wollte T7). So wie Hilipp feinh
Stoͤdte eroberte und zerſtoͤrte, legte er. 2 feinem,
biete.neue an, ober erweiterte wenigſtens Die
verfaufte die Einwohner bezivungener Städte nich
mer als Sclaven, ſondern führte fie meiſtens ig,
Reich, und wies ihnen neue Wohnungen an: eine Mi
regel, die eine wichtige Miturfache der Entvoͤlkerung
Griechenland, aber auch zugleich des unglaublich fh
len Wachsthums und Flors des Makedoniſchen *
0) Wie die Athenienſer, denen er gleich Amphipolis ab
unm welcher Stadt willen er wuſte, dag fie einen
. benbnber auf feinen Thron ſezen wollten p.
, %#) DI. 105. 2. Diod, p. 84. 85.
2) pP 3
—* » 88. Diod, 105. Ol. 3.
en
Geſchichte von Ol. 98,2. bis Di.mo, 3. ' 377
putede *). Schon im dritten Jahre feiner Regierung
vergrößerte, ober erbauete er vielmehr Philippi, und
ing an, die biöher fait ganz vernachläfligten Goldberg⸗
verfe zu bearbeiten, die ihm jährlich über taufenb Tas
ente Goldes gebracht haben follen **). Die Ruhe und
Sicherheit, welche ihm der Krieg ber Athenienſer, dies
28 ihm immer furchtbaren Volks, mit den Bundesge⸗
roffen verfchaffte, nuzte er dazu, daß er Methone ers
berte ***), daß er ganz Theffalien fich fo gut, als uns
‚, indem er allen Städten ihm ganz ergebene vier
Männer vorfezte 7), baß er endlich dren Könige, vie
ſich wider ihn verfchworen hatten, die Könige der Paͤo⸗
wer, Thracier und Illyrier, fich zinsbar machte FF).
Der Krieg der Athenienſer mit ven Bundesgenoſſen,
jene hinderte, fic) den erften Unternehmungen Phi⸗
98 zu widerſezen, wurde Durch die Schwere bes Jochs
reranlaßt, Das fie den Infulanern aufgelegt hatten , und
Tür jedem Jahre noch unerträglicher machten. Die
Edßten Inſeln und Städte alfo, die bisher den Aches
Kenſern Tribut bezahle harten, verſchworen fich wider
Dre Unterbrücer, und rüfteten mächtige Flotten aus,
Sider weiche die berühmteften Feldherren der Acheniens
Ey mit abwechſelndem, nie entfcheidendem Gluͤcke ſtrit⸗
| | te,
amun
XXECXE
#) juſt. VIII. 5. 6.
**) Diod. 1.c. Juſtin redet anders von feinen Bergwerfen,
| als Diodor. Man fehe Juf. VII. 3.
. 0) Demofth. p.4. Diodor p. 106. fezt die Eroberung von
| Methone erſt in das 3te Jahr der 100 Olpmpiade.
.4) Demofth, in Pbilipp. III. p. 48. Diod. p. 93. ad Ol.
106. 4. erzählt die Sache anders, aber nicht fo glaub⸗
ti, als Demofthenes.
++) Diod. p. 98. ad Ol, 106, 1.
Zweyter Band, De
ie ee di 33*8
tan gegen biejankgen, bie fie Bare
1: nur re ne
ne
Pe gelieenen , abet armen Bull
R Satraven
em nur Unterhalt fuͤr ſeine Völker zu fm
858 — den ——
wuͤrden di
che auf dem en neigen 2
Teen möffen, / w entweder nicht noch mel
®) Diod. ꝑ. 97. H8. ‚Corn. Nep. in Timotheo e; 3
vornehmſten — waren Sauos, —
dus, Kos und Bpja
6°) Demofh. in Philip. We r $3..de corone p.
6er) Ifner, 1. 379. 424. 25; de Pack.
en
—
Geſchichte von DU. 98, 2, bis Ol. 110, 3. 579
Mac) diefem Kriege erhoßlten Die Achenienfer fich
> unglaublidy geſchwind wieder, daß fie bald nachher
ben fo große Heere und Flotten ausrüften und unters
alten, eben fo große Werke errichten, und noch größes
e Schaͤze ſammlen fonnten, als jie in ihren beften Zeis
em gethan hatten *). Allein ein neuer Krieg, ber von
en Griechifchen Schriftftelleen der Heilige genannt
zird, hinderte fie, auf die gefährlichen Fortgaͤnge Phi⸗
pps Acht zu geben, oder fich ihnen entgegen zu. fezen.
Die Urheber Diefes Krieges waren die Thebaner, welche
en Gedanken, die übrigen Öriechen zu beherrſchen, niche
aufgeben wollten, und das, was fie Durch offenbare Ges
oalt nicht erreichen Fonnten , durch Lift zu erlangen
uchten **). Sie fezten es im Rath der Amphictyonen
ech, daß die Phocenfer, wegen gewiffer heiliger Län
erenen, bie fie ſich zugeeignet harten, als Entweiher
er Befizungen eines Gottes, und die Spartaner wegen
er Wegnahme von Kabmea, als Störer der oͤffentli⸗
hen Ruhe, um folhe Summen geftraft wurden, die
je beyde unmöglich aufbringen Fonnten. Durch diefe,
enn auch nicht ungerechten, doch hoͤchſt unbefonnenen
Lusſpruͤche wurden die Phocenfer in eine fokhe Furcht
‚efezt, daß fie den Anfchlägen eines unternehmenden
Mannes, mit Namen Philomelus, Gehör gaben, dem
Kempel zu Delphi, von welchem vormals ihre Vorfah⸗
en die Beſchuͤzer und Vorſteher gewefen wären, zu bes
ezen, und bie ungerechten Urtheile, welche bie Amphi⸗
tnonen über fie gefällt hätten, auszutilgen. Sie er⸗
hiten eben diefen Philomelus zu ihrem Heerfuͤhrer,
und nahmen auch wirklich nach ber Unterſtuͤzung, Die ie
02 n
eo) Man (he meine Abhaudlung über den Luxus der Athe⸗
nienfer. | |
“e) Jußin, VIII. & fq, Piod. XVI. p. 499. ad Ol. 106, 2.
r)
J
pi I
Fu le te Verfprechen fo lange, daß man ui
F fein tafebämonier einer flrafbaten Gemeinfdyafft
v
re er
; möchtigften Griechifegen Staaten, und ließ fie nicht nik
in der Stille vom Yechldamus, Könige in Sparta, er⸗
Halten hätten , den Delphiſchen Tempel mit, Gewal
‚ein. Philomelus erwuͤrgte bie vornehmſten und reichften ||
Einwohner in Delbhi, die ſich ihm toiberfezt harten, |
und das Vermmdgent.der Erſchiagenen ſopohl als die ftat |
fen Eonteibutionen, bie ee von ben übtigen eintvieb, fe]
ten ihn in Stand, den fellen Kriegen, die damals In}
ze Dienfte den Meiftbietenden verfauften, einen halbınil
farkern Sold zugeben, als fie aaderswo erhalten Font
- (tens ein Mittel, wöburch er bald viele Taufende zufah
nen brachte *)., Er ſchickte zugleich Gefandten an
.. yum Benftande eimlaben, fonbern auch feierlichft wei
1 en, daß er bie —— Delphi nicht beruh
"und die genaufte Nechenfchafft davon vor dein T
Ieren riechenlanbe ablegen wolle, Der Phocen
an der Aufricheigfeie deffelßen zwenfeln Fat
Amb ohne Grund alfo klagte man anfangs bie Arhenie
“Zempeleäubern und Schänbern ber Gottheit an, wel
"fie einem Volke zu Huͤlfe eilten, dem man offenbar
"recht gethan hatre, und das alle Nechte wieder gültig
machen füchte ). Philomelus ſchlug ſowohl die tofı
welche den Gott zuerft zu befreyen fuchten, als audit
DThebaner, bie erft ein Jahr nad der Befezung des?
pels mit allen ihren Bunbesgenoffen auszogen.
) Diod. p. Ioo. 103 & 104.
“ Philomelus war wenigfiens ein Jaht imBeftz des Tem
pels, ehe er fih an den Schägen des Tempels #
Diod, p. 104. ad Ol. 106.3. Un einet andern
le p. 125. fagt Diodor, im MWiberfpruch mit fi) fe,
— deldherr ſich ganz von dieſen Schägen enthih
u habe.
Geſchichte von Ol. 98, 2. bis Ol,no, 3 gu
Sange nachher aber wurde das Haupt der Phocenfer vom
den Thebanern plözlich überfallen, und felbft im Treffen
getoͤdtet *). Der Tod diefes Feldherrn verfchlunmerte
nichts in der tage und den Angelegenheiten der Phocen⸗
fer. Vielmehr war fein Nachfolger Onomarchus ein
noch fühnerer und thätigerer Krieger, und erhob bie
Macht feines Volks in kurzer Zeit zu einer ſolchen Hoͤ⸗
be, daß er den Fünftigen Bezwinger von Griechenland
Haufen zu werfen, und fid) felbft die Herrfchafft
über alle Bölfer zu- erwerben drohte. Onomarch ließ
aus den filberien und goldenen Denfmälern in Delphi
Münzen fchlagen, beftach damit die Haͤupter der vors
nehmſten Staaten, und richtete Heere auf, dergleichen‘
‚nach Fein Griechiſches Bolt, und Fein Griechifcher Kd⸗
‚nig ind Feld geſtellt hatte. Er ſchickte feinen Bruder
‚seit ſieben tauſend Mann einem Theſſaliſchen Tyrannen
‚oa Huͤlfe, und als dieſer gegen den Philipp nicht Stand
‚halten fonnte , brach er felbfi mie einem Heere von
‚ehr als zwanzig taufend Mann nad) Theflalien auf**),
Er uͤberwand den Philipp in zwoen blutigen Schlachten,
Je brachte ihn fo weit, daß er faft von allen feinen
tegern verlaffen wurde F). Endlich aber behielt doch
die Klugheit und Tapferfeit des Mafedonifchen Königs .
je Dberhand. Philipp bewegte die Theffalier, alle ihre
Kräfte zu ihrer und feiner Vertheidigung aufjubieten,
ind mit diefee Hülfe fehlug er die Phocenfer aufs Haupt,
on, baß fechs tauſend Feinde, und unter diefen Onomars
hus felbft auf dem Mage blieben, und ſechs taufend ges
Angen wurden. Durch biefen Sieg rettete Philipp
sicht nur fein Neich, fondern erwarb fic) auch den Ruhm
90 3 eines
”) Diod. p. 108. ad 106 Ol. 3. Juſt. VIIL ı,
#4) &, 107. 109, ad Ol, 100. 4.
+) Diod, I. c.
si ea
Anes Rãchers bet Gbtter, und eines
tien en Ruhm, der ihm alle feine
ar her Plden Miederlage Hätte mar. gi
ach einer \
& fen, daß ein fo Kleines * als die Ph
en
a tel e
* ‚ äufgetieben worben, Allein Piayllu 2
5 Dienſte Te.
En r auch die Urfache,
; Pe aus welchen er und —
hatten, um deſto geſchwinder verſiegte
hielten es unterbeffen länger, als die Tpebaner und Di
tier aus ; die benden legtern Völker waren burch Die Drat
füle des Krieges, be Sefonders d ech die beftändigen An]
fälle und Berpeerungen , welche die Phocenfer von bie
in ihrem Gebiete eroberten Städten thaten und
richteten, fo muͤrbe gemacht, daß fie endlich den
Philipp zu Hülfe riefen }). _ Diefe Wendung der
chen hatten die Athenienſer ſchon ange zu verpüten (
fucht, Sie waren die einzigen, die dem Philipp
feinem Siege über den Onomarch das Eindringen
Griechenland verwehrt FF), und die aud) nach ka -
*) Diod, p. 110. und Juft, VIII. 2,
®*) Ol. 106. 4. Diod. p. 109.
#®*) Died. p. 109. 110. PM 106.4 & 107.
H Died.p. 127. Ol. 108. 2.
+h Ol. 107. 1. p: 110, Diod,
Geſchichte von Ol.98, 2, Bid Ol. 110, 3. 583
förung won Olynth, vom Xefchines und Demofihenes
sewedt, alle Sriechifchen Staaten zur Vertheidigung
Ihrer Freyheit gegen den gemeinfchafftlichen Feind aufge⸗
fordert hatten *). Allein die Achenienfer richteten nichts
aus, teil bie vornehmſten in allen Stäpten, und ihre
eigene Sefandten ſich an pen Philipp verkauft hatten""),
Makedoniſche König rückte alfo unvermuthet im
Brischenland und Das Phocenſiſche Gebiet ein, zwang
den Feldherrn Phalaͤkus zum Abzuge, berebete alle
Staͤdte, bie er nie mit Gewalt wuͤrde erobert haben,
e freywilligen Uebergabe ), und zerftörte fis alle wider
En gegebenes. Wort in wenigen Tagen. Er nöthigte
Be Einwohner, bie er nicht wegführte, in Kleinen Doͤr⸗
ee gu wohnen, bemächtigte ſich der Stimmen, welche
Die Phocenfer bisher im Rath der Ampphictyonen gehabt
arten, und fogar. des Vorſizes an den Pythiſchen Spies
fen }) oͤffnete fi) den Eingang in Griechenland, bereichers
Te die Thebaner , und nahm den Athenienfern eine ber ftärfe
ſten Gormauern , die fie fonft gegen ihn gehabt hatten TI).
Durch folche Treulofigkeisen und Grauſamkeiten mürbe
Gilipp zu einer jeben andern Zeit fich einen unauss
Sfehlichen und ihm ſelbſt verberblichen Haß zugezogen
haben; allein jezo brachten gerabe folche Mifferhaten in
| 904 den
Meo
*) Demoſth. de falf. leg. p. 201. & Diod. ©. 124. DI,
: a | 108. I.
0) An der Beftechung bes Aeſchines und ber Abrigen Athe⸗
. nienfifhen Gefandten kann man gar nicht zwenfeln,
wenn man bie Neben des Demoſthenes de felfa lega-
tione und de corona gelefen hat, au fehe beſ. ©. 208
bis 212. 218. 219. 222. 23, 28. Weines und feine
Gefährten erhielten Geſchenke ans den Befizungen ber
| Unglüdlichen , bie fie verrathen Hatten. S. 219,
WR S. 316. Demoſth.
T) .Demott. ib. Diod, G. 129. ad Ol, 108. 3.
rH Demoſth. P. 113.
5 tes Mich. Erſtes Eapilel,
°-&chäge, aus welchen er umd feine Do
hatten, um deſto geſchwinder verfiegee, Die DE
hielten es unterdeſſen länger, als die Thebaner
füle bes Krieges, beſonders dur
fälle und Berheerungen , welche die Phocenfer von
in ihrem Gebiete eroberten Städten thaten umd am
richteten, ſo muͤrbe gemacht, daß fie endlich den König
Philipp zu Hölfe riefen }). Dieſe Wendung der @u
hen hatten die Athenienfer ſchon Targe zu verhicen #
ſucht. Sie waren die einzigen, die dem Philipp
feinem Siege über den Onomarch das Einbringen fi
Griechenland verwehrt FF), und die auch nach ber 3;
*) Diod, p. 110. und Juft, VIL 2,
=) Ol. 106, 4. Diod, p. 109,
*®*) Died. p. 109. 110. Ol, 106, 4 & 107, I.
») Diod. p. 127. Ol. 108. 2.
+) Ol, 107. 1. p; 110, Diod,
Gefchichte von Ol. 98, 2, bis DI. 110, 3. 583
Förung won Olynth, vom Aefchines und Demofihenes
ewecdt, alle Griechiſchen Staaten zur Bertheidigung
hrer Freyheit gegen den gemeinfchafftlichen Feind aufge⸗
'orbert hatten *). Allein die Achenienfer richteten nichts
ws, weil bie vornehmften in allen Stäpten, unb ihre
ügene Geſandten fich an pen Philipp verkauft hatten”), -
° Mafevoniiche König rücfte alſo unvermuthet im
ischenland und das Phocenſiſche Gebiet ein, zwang
ven Feldherrn Phalaͤkus zum Abzuge, berebete alle:
Staͤdte, bie er nie mit Gewalt wuͤrde erobert haben,
ne freywilligen Uebergahe ), und zerſtoͤrte fie alle wider
iin gegebenes Wort in wenigen Tagen. Er noͤthigte
Die Einwohner, die er nicht wegfuͤhrte, in kleinen Doͤr⸗
ſern gu wohnen, bemächtigte ſich der Stimmen, welche
bie Phocenſer bisher im Rath der Amphictyonen gehabt
en, und fogar. des Vorſizes an den Pythiſchen Spie⸗
en P, , öffnete fich den Eingang in Griechenland, bereichers
te bie Thebaner , und nahm den Arhenienfern eine der ftärfe
ten Vormauern, die fie ſonſt gegen ihn gehabt harten TE).
Durch folche Treulofigkeisen und Graufamfeiten wuͤrde
iftpp zu einer jeden andern Zeit fich einen unauss
— 5 — und ihm ſelbſt verderblichen Haß zugezogen
jaben; allein jozo brachten gerade folche Miſſethaten in
| 994 den
GERERSEEHÄEDGHEEREENDEED
®) Demofth. de falf. leg. p. 201. & Diod. G. 124. DI.
A40 108. I
wu) An der Beſtechung bes Aeſchines uud ber Abrigen Athe⸗
nmiienfiſchen Gefandten kann man gar nicht zweyfeln,
wenn man bie Reden des Demoſthenes de felfa lega-
tione und de corona gelefen hat. au fehe bef. ©. 208
bis 212. 218. 219. 222. 23, 28. Leſchines und feine
Gefährten erhielten Geſchenke aus den Befizungen ber
Ungluͤcklichen, bie fie verrathen Hatten. S. 319,
wr) S. 216. Demofik. - -
T) Demott. ib. Diod. &, 129. ad Ol, 108. 3.
ft) Demofth, p. 112.
verrathen; fo konnte er doch eine jede Stadt,
hen Preis er wollte, erfaufen }). Und nicht
moſthenes und andere, fondern auch er felbft
daß nicht feine und feiner Heere Tapferkeit , fo
"Gold, und die Menfchen, vie ihre GSluͤckſeli
dem Pauche mäßen, ihm bie Städte erebert,
chenland unterworfen hätten FF).
®) De falfa legat. p. 209.
®) 1b. Demofthenes nennt bie Namen aller B⸗
vornehmſten Städte in Griechenlaud in Pl
p- 30. de Corona 319. 354. Ihre Zahl r
als fie ſouſt je gewefen war. de Coron.
Tluge yag vos fAnow, 8 row aA
— Deguv me:dorav nu dasgod:
ecıs ey Jeav ar Iewmar auvelßn Yeraa
Tosaurm, cur sdas ma TeoTegov
Yeryoyumav, 85 OUVEYAVITTES Kos GUVE
Bov. Uns fie dedten ihre Berrätherey unte
eundfchafft, bie viel mebr bemeii
Berl mmebe E00 du Dhiliom MT Loon
Sefchichte von OL. 98,2. bis DI. 110,3. 585
Die Haupturfache der färchterlichen Sittenverderb⸗
iß, welche die Griechifchen Stäpte zu Sclavinnen
hilipps machte *), lag in den häufigen Nevolutionen, -
seiche alle Staaten In den langwierigen oft abwechfelns
en Kriegen erfahren Hatten, oder noch eefugren ‚ und
a der Sraufamfeit, womit der in den Stäpten herr
chende Pöbel die Bornehmen behandelt hatte, oder noch
ehandelte. Durch diefe häufigen Ummälzungen‘, und
urch die Tyranney bes Pobels, wurden teben und Ders
ndgen, und das, was einem jeden ächten Bürger nody
leber, als benbes feyn mufte, das DBaterland unficher;
mb man Fonnte -alfo unmöglich Liebe gegen ein. Baters
and behalten, das manche fchon einigemale verloren
atten, das man in jeden Augenblicke wieder verlieren,
ind das niemanden weder gegen innere noch äußere Ges
saltthätigkeiten fchüzen Fonnte. Unter folchen Umſtaͤn⸗
en zog der größte Theil der vornehmern Griechen fichere
Bohrungen in Mofedonien dem unſichern und gefaͤhr⸗
chen Aufenthalt in ihren Vaterſtaͤdten **), und die
Jeſchenke oder Belohnungen Philipps dem Wohl ihrer
itbürger vor, von welchen fie fürchten muften, däß
g, vielleicht bald würden getödfer ober verwieſen und
epfündert werben, . Griechenland war zu der Zeit, als
dhHilipp es überwanb, einem Haufen von Mördergruben
Hnlich,,. in welchen ein jeder für. fich, Feiner für anders,
und Die Ungefehenen und Neichen am wenigſten für’s ges
neine Beſte forgten. Oder man. fan auch die riecht
hen Staaten mit folchen Stätten vergleichen, die ent
De 05 we⸗
X [U }
Ywonevov. unsere de Siam, X To O0.
"Auyyas ondırav ayesv. &c. befonders ©. 354.
nes. in Philipp. UL, & 331. de Co
©) p. 48. in Philipp. Ill, & 321. de Coron.
—8 Ifoer. ad Philipp,
40
u. Achte Buch. Erſtes Capifel.
fen abgewonnen hatte, in. Umlauf gebracht, eg];
auch ſogleich in bie, Tiefe des Meers hinab genetſu
. Mac) der. Vernichtung aller Phocenſiſchen hi
und dem fchimpflichen Frieden, den die Acherienffhk In
Sefandten bald darauf mit dem Philipp — J
konnten den Eroberer und feine Gierigkeit, wie 29 My,
mofthenes fagt **), weder. Grlechenland moch alle ai ka;
ber Barbaren faffen. (Er brach von neuem in Trail Kar,
ein., und zerſtoͤrte zwo und dreyßig Staͤdte mit eine |
hen Wuth, dag nicht einmal ihre Einwohner eine e
ober die Stellen wiederfinden fonnten, auf melden
ander patten F). Zugleich-fchich er fich in Orke
Jand ein,. und nahm die, vornehmſten Städte, before
auf Eubda und im Peloponnes, entweder mic Geh
ober Lift weg, und unterwarf fie Tyrannen ober Joh
nen, die ihm ‚gänzlich. ergeben waren, und die meßihkir
zu ihrem Schuge Makedoniſche Wachen um fi Mh;
ten ). Von nun an aber machten ihm der thaͤtigen
fuͤr das Wohl feiner Vaterſtadt beſtaͤndig wachende N
moſthenes, -und ber eben fo tapfere als kluge und tah ſ
ſchaffene Phokion jeden Schritt ſtreitig, ober —
ihn gar aus ben Staͤdten, wo er ſchon Fuß gefaßt Kt Ik:
Demofthenes wiederhohlte es ohne Unterlaß, daß PR je
Iipp von dem Tage an, da er die Städte der P I
zu Grunde gerichtet, ben Athenienfern ſowohl als Wii
üprigen riechen ven Krieg angekündigt hätte; und A dy:
Bald er fich alfo auf Eubda zeigte, ermunterte der Nam
feine Micbürger, den Einwohnern diefer ihnen fl
—8o
=
= oo =
b
Ri
mau
EEE GE GES ro
\
- .. %
%) Demofth. 222. 23. 28.
%#) pn, 47. m Philipp. UI,
7) Diod. ©. 139. ad Ol. 109. 2. & Demofth. 1, e.
++) Demofthenes nennt biefe Städte loc. cit. & 319.31.
pro Corona,
Befhichte don M. 98, 2; bie DL.110,3. "389
wen Inſel beyzuſtehen. Auf diefen Nach wurde
on mit einer hinreichenden Zahl von Voͤlkern auss
t, bie aber fo feige und ungehorfam waren, daß
3eiöheit und der Muth eines Phokion erforbere
n, um damit den Feind und alle feine Anhänger
ubda zu vertreiben *). Als Philipp im folgenden
in den Cherſones ober Sellefpont einfiel, und Pe⸗
und Byzanz belagerte, rüfteten die Achenienfer
als, auf den Math des Demoſthenes, zwo Flot⸗
ater einander wider ben Philipp aus, und fchloffen
eich mit Hülfe von Seeräubern fo ein, daß es
chts ausfchicken oder erhalten konnte **). Philipp
her plözlich die Belagerung der von ihm berann⸗
tädte auf, und ſchloß mic ben Achenienfern und
Bundesgenoffen einen Frieden }), ben er aber. nicht
bielt, als feine Furcht dauerte. Denn kaum
» er ſich der Theſſalier, Böotler und Thebaner
ert zu haben, als er umter dem Vorwand, auf
efehl der Amphietyonen, die Kirchäer als Entwei⸗
iger Laͤndereyen zu züchrigen, bis Elatea vors
um. den Muth feiner Anhänger in Theben zu
tr). Die Nachricht von Philipps Einfall verur
in Athen eine fo allgemeine Beſtuͤrzung, daß in
Stadt, bie fo reic) an Rednern, Schwäzern und
bern war, Fein einziger durch bie wiederholten
yerungen des Herolds, oder durch die Stimme
ıterlandes betvogen wurde, aufjutrefen, und zu
‚ was unter den gegenwärtigen Umſtaͤnden zu
| thun
emoſth. pro corons p. 324. Plus. IV. in Phoc. 313.
& Demoſih. p. 719. Diod. p. 139. ad Ol, 109. 4.
. 334. de eorona Demofth,
.Diod. ad to Ol, 1. p. 141.
Yemofib, ©, 337
Bo Acchtes Buch, Erſtes Capitel.
thun ſey, bis endlich Demoſthenes aufſtand, un
Volk, das ſich an ihn, wie an feinen Retter, anfchr
mit feiner über Furcht, wie über andere Leidenſe
herrichenden Beredſamkeit vorftellte, daß man bi
. alles Zagen und alle Kleinmuͤthigkeit ablegen, da
ferner, um bie Parthey der Ahenienfer in Thebe
Boͤotien zu befeftigen, alles Fußvolk und Reu
nach Eleufis hinaus ziehen laffen, und endlich Gef
nach Theben und andern Staͤdten ſchicken muͤſſe
dieſe zur Austreibung ihres gemeinſchafftlichen9
einzuiaden ). Demoſthenes, ſowohl von Pat
mus als von Eigennuz angefpornt **), Genies be
fer Gelegenheit einen Much und Thaͤtigkeit, derg
feine Feinde ihm nicht zugetraut hatten, und *
durch beyde, und durch feine Beredſamkeit auch
aus, als die Athenienfer gehofft, oder ‘Philipp gefi
atte. Ungeachtet er zu Haufe mit ver Verraͤ
nee Redner, mit den faunen des Volks um
ngeln der Staatsverfaſſung Fampfen mufte });
*) ib. & p. 398.
*) Plut, in ej. Vit. p. 726. Er ließ fi von den!
(dem Satrapen befledden, um bie GSriechen wi
Philipp, ber den Perſern ſchon furchtbar war, ı
bringen, und eben baburch von der Unternchmun
en Aflen abzuhalten. Alexander fand in Garkı
Rerzeichnig bee Summen, welche dem Demsfl
geſchickt worben waren ib.
+) p- 36. de Cherf. p. 346. de corona, Tode 73
AMWE, Eos ov nu 0 ayav, onebacde:
TERTEV HEY NONE Twy —WR
AUTONERTWE, 0 TV ess TV WoAepov un
25 ETWTaV I ET TOTAL ya m;
xegon Me. ERWTE KENKETWy auzmoge.
eo
Gecſchichte von Ol. 982 bis Ol.no,/ 3. sg‘
Angeachtet er in den übrigen Staͤdten die Beſtechungen,
Drohungen ind Verheißungen Philipps , bie Sangjam, 9
Wir in Entfchliegungen und deren Ausführungen, die
Worurtheile, Kleinen Feindſeeligkeiten und Eiferſucht fo
dieler Voͤlker zu überwinden Batte *)s fo fiegte er doch
Alenthalben über die Geſandten und das Gold Des Mas
Mbonifchen Könige **); er weckte noch einmal in ben
Mesgearteten Nachkommen det Kämpfer bey Marathon
unb Pfatäa die faft ganz erflörbene Siehe zur Freyheit,
rd brachte faft ganz Griechenland wider ben Philipp
if. Die Einwohner von Eubda und Achaja, die Kos
isschiet, Thebaner und Bhotier , die Megarenſer, leu⸗
bier und Korfyräet ſandten neben beträchtlichen Sun
men, und einer großen Menge tapferer Bürger, allein
taufend Neuter und funfzehn tauſend gemierhete
zidaten ***), und Demoftgenes ruͤhmte daher nicht
Be Grund von fich, dab et Athen mit großen Flotten
wmb Seren umgeben und befeftige habe 7). Dieſer all⸗
Beten va fezte den Philipp um defto mehr in
recken, da er ihm ganz unerwartet war, under auch
‚einigen Eleinen Treffen den kuͤrzern sog Tf). aan
: d
denn
- T'Ef
ergatin æ dogesev Aura, 8 ReoAsyay ev Fois
VnDdıcuacıw, sl To Daveon Banevonevoc,
al uno Tav dunodarrsyrov xeivomayos, Bde -
Yendas Pevyav TEOBEOEVORO 5 umeudwos
&v wer. aM MmÄas MuTos dEWoTns, Wye-
Hay, xueios mayTov. eya do Tess TaTov ur
"TEeTaypivod TWbS KUgIos nV; Ike.
®) p. 548. |
”*) p. 340.
"*.) p. 346.
PD) p- 355.
+1) ib. 344
392 Achtes Buch. Erſtes Capitel.
daher ben vereinigten Griechen Frieden an, ten abe |ı
Demoſthenes wider den Rath des Phofion Hinderte; & |
fa) nun, daß er vom Glanze des Perſiſchen Goldes gs |,
biendet war, oder daß er dein Muche der nach Streit |.
ſich ſehnenden Griechiſchen Jugend zu viel traute*), ode
daß er eine baldige Zerflörung des wichtigen Bunves f
vieler Griechiſchen Staaten durch die fift und
gen Philipps fürchtete *%). Auf das beftändige Au
reden biejes Redners noͤthigten endlich Die Gri
ihren Widerfacher zu einem entfcheidenben Treffen be
Cheronaͤa, in welcher fie aber ihrer bewiefenen Zar
keit ungeachtet aufs Haupt gefchlagen wurden +). 9
®) Plut. p. 724. in Dem, I
) Demoſth. p. 344. Flut. in Phocion. IV. p, yi®
Phofion, ber die Ueberlegenheit Philipps umd fa ja
geübten Heers Äber die toben Anführer, ums zwar Ike
shigen aber unerfahrnen Krieger der Griechiſchen Gras
ten kannte, vieth immer zum Zrieden. ib. Huf
das Herz, fagte einer von den mit ber Zunge Film
Spkophanten zum Phokion, den Athenienfern bie
fen zu entreißen, die fie ſchon in Häuben haben? 4
antwortete biefer, ungeachtet ih weiß, Laß, mer
Krieg iſt, ich über ih, und wenn Friede if, pm ik
mich zu gebieten bafl. Und als Demoſthenes mitm
Vorſchlage durchdrang, daß die Nthenienfer fo weit, d
möglid, von ben Öränzen ihrer Stadt mit dem P
lipp (lagen muͤſten, fagte er: Laßt ung, guter Frein
nicht darauf fehen, wo wir fechten,, fondern wie m
fiegen wollen. Nur der Sieg entfernt den Feind md
ben Krieg, und nach einer Niederlage iſt die @rfk
immer zu nahe. ib, Man fuchte den Demoſiha⸗
durch Götterfprüche des Apoll von dem Rath, &
Treffen zu liefern, abzubringen; allein er machte Ib
Drafelfprüche dadurch verdächtig, daß er fagte; N
Ppthia philippifire. Plut. p, 724.
%) Aeſch. p. 295. adv, Ctefiph,
€
Sf
“)
Geſchichte von Ol. 98,2. Bid Ol.i10,3. 593
iefer Schlacht fiel nicht nur die bluͤhendſte Jugend, form
ern auch die Srepheit, die Macht und der Ruhm von
anz Griechenland”). Die Nachricht davon **) brachte
s allen Sriechifchen Städten ein allgemeines Wehkla⸗
m, und eine ver Verzweyfelung nahe Eommende Vers
irrung hervor ***). Die Athenienfer glaubten fich
icht anders retten zu fonnen, als wenn fie den. Scla⸗
en bie Freyheit, den Fremdlingen das Bürgerrecht,
nd den Unehrlichen ihre Ehre wieder fchenften +).
ziele der angejehunften Bürger entflohen mit ihren Fofts
arſten Sachen, weil fie ben erzärnten Sieger an jedem
‚age vor hen Thoren erwarteten 77). Allein Philipp
egegnete den Athenienfern, wahrſcheinlich aus Hochs
tung gegen die Thaten ihrer Vorfahren und ben als
a Ruhm ihrer Stadt, ober aus einer gewiſſen Ruͤck⸗
choauf die Urtheile der Nachwelt, viel gütiger, ald man
ns feinem bisherigen Betragen gegen uͤberwundene
feinde, aus feinen biöherigen Geſinnungen gegen dieſes
| Volk,
— —
0 juſt. IXX. 3. Hic dies univerſae Gracciae & gloriam
dominationis & vetuſtiſſimam libertatem finivit,
Mit den Leibern der Helden, die bey Cheronaͤa fuͤr ihr
Vaterland ſtarben, ſagt Lykurg adv. Leoer. p. 132,
wurde bie Freyheit von ganz Griechenland begraben,
und ihr Ruhm ift ber legte Cranz, womit das Waters
land becränzt worden ift.
er) Philipp machte 10000 fehwerbewaffnete ‚Krieger und
tauſend Reuter zu Gefangenen. Demofth, p. 230. de
fall, leg. Die Arhenienfer allein verloren 1000 Todte
und 2000 Gefangene. Lyc. p. 192. & ap. Diod,
. 140.
u. Rau lefe die, Befchreibung des Lykurg ©. 127. 128.
b
+) ib.
A Dies that eben ber Leokrates, wider welchen Lykurg ſei⸗
me Rebe hielt.
Zweyter Band, Pr
396 Mchted Buch. Erſtes Capitel.
Bolt, ur aus der Gefahr, wotinn fie ihn kurz vorher
geftärge Hatten, Härte vermuthen Eönnen *). Er
toles denen, bie in ber Schlacht gefallen waren, die legte
Ehre, ließ ihre Gebeine durch den Antipater nach Athen
bringen, bamit fie in den Grabmaͤlern ihrer Vaͤter bey”
gefejt wuͤrden, gab die Gefangenen ohne föfegeld zurüc,
und befchenfte vie meiften umter hnen mir Kieivungefib
den **). Nichts deſtoweniger nafm er ihnen ihre 3
! —
*) Der Eindruck, den der Sieg bey Eheronda, ber
Ke unter allen, die er erfochten hatte, auf den Vn
machte, wirb von verſchledenen Schriftftellern au
janz entgegengefezte Art beſchrieben. Man ehe 1
luft, Diod. p. 149. und Plut. IV. in Demofth, Je
& Theop. ap. Athen. X. 10. p. 435. Die Erziili
gen der bepden leztern Gchriftfieller, worzig
des Plutarch, Halte ich für die wahr ſcheiuliche
le am meiſten mit dem Charakter Ppitipps übe
ſtimmen.
Polyb. V. 10. Juſt. IX, 4. Erfterer glaubte, fh arı
lipp bie Achenienfer aus angeboruer Milde fo gütig If, ihn
handelt, und daß er Überhaupt feine Feinde nur fo il, — *
ge verfolgt habe, bis er @elegenbeis erbaiten, ced
Beweiſe feiner Onade und Großmuth zu geben. Al
In dieſem Bilde iſt Philipp bie zur Undhnlichten
a
ſchoͤnert. Der Makedoniſche König gab gleih Mllche
der Schlacht bey Cheronda einen DWBeweis,
fein Zorn nicht mit der Niederlage und Demüthlä ne
des Zeindes aufhöre, und daß er den Athen!
wicht bloß als Äbermundenen Feinden fo gätig bay] ten
nete. Er verfaufte nicht nur die gefangenen Xhehafähder ,
fondern ließ ich auch die Erlaubniß, die Leichnam Mkirei
Erſchlagenen begraben zu dürfen, mit Gelde abhankik
Er befahl, die Häupter der Stadt, bie das Bolt gut
ihn aufgeniegelt harten, hinzurichten, oder ind Eid I—
au verroeifen, und ihre Guͤter augzuliefern, 1
führte er dred hundert Verwieſene zuruͤck, und bafıll *
fie zu Regierern ber Stadt, von denen ſogleich alle M Yyi
Feinde aus dem Wege geſchafft oder verjage murke) +9
Juſt. l. c.
Geſchichte von DI. 98, 3 bis Ol. ino3. 995
yaffe zur See und über die Inſeln, und mit diefen
n größten Theil ihrer Einfünfte, und beugte fie zwar
e den gegenwärtigen Augenblick nicht fo tief, als bie
partaner gethan hatten, aber mit einer fo ſchweren
and, daß die Stabt nie wieder zu ihrer vorigen Stärke.
langen konnte, und ihr ganzes übriges Leben weiter
his, als eine mit jedem Jahrhunderte fich verſchlim⸗
wende Entfräftung war *). Nach dem Siege bey
yeronda machte Philipp in Griechenland, was er wollte;
beſezte, pluͤnderte und zerſtoͤrte Städte nach feinem
zohlgefallen, und ließ fich zu einem Anführer aller
yiechifchen Staaten wiber bie Perfer erwaͤhlen*). Er
te ſchon die Zahl von Fußvölfern, Reutern und
zhiffen, welche eine jede Stadt zum Kriege wider die
arbaren hergeben follte, ausgefchrieben, und war eben
3. Begriffe nad) Afien 7), wohin er die größten unter
nen Heerfuͤhrern vorausgefchickt harte, ——
er an einem Feſte, an welchem er ſich ſelbſt den £
2 an die Seite fegen ließ, vor den Augen bes ganzen
a ihm eingelabenen Griechenlandes, als ein Schlacht⸗
‘er ber Freyheit, erwürgt wurde, und zwar burch bie
ind des anias, eines Fühnen Juͤnglings, den Ate
was auf die fchänblichfte Art gemißhandelt, und deſſen
sche. Philipp nicht nur immer aufgeſchoben, fondern
CH verfpoctet hatte FF). Auf Diefe Arc mufte Philipp
we Nuchlofigfeit mit demjenigen Theile des ihm zuge⸗
Iten tebens büßen, der wahrſcheinlich noch viel gläns
wWer, als der zurückgelegte geworden wäre. (Er war
ſtreitig der größte Feldherr 2 der glücklichfte Königs
Genus EEE EEE
ee
=) Pauf. 1. c. 25. p. 59. Ed. Kuhnil,
=, Diod, ©. 150. ad Ol, 110. 4. Juſt. 1X, 5.
+) ib. & Plut. IV. in Pboc. 320,
+4) ib. & Died, 151. QJ,CXL 1.
x
———
fo.vielet. großen Stänte, au bie
B ex beförberte, und an bie Nevolutionen, die «
Aaltee. Athen und Sparta ausgenommuen m
Erirchiſche Städte in Garıpa und Aften entw
tannen ober wenigen Di
Gefchichte von Ol. 98, 2. Did OF. 110,3. | 807
verächtlichften unter allen Griechenland begränzenden
ebaren zur reichſten, tapferften und mächtigften Ma⸗
ı des Erdbodens.- Er führte zuerft die armen, in
ierfelle gefleideten, und unter Thieren wehnenden
fedonier, bie mit Fleinen Heerden auf den Gebirgen
ım zogen, in die Ebenen herab *), lehrte fie große
aͤdte und prächtige Palläfte bauen, und machte fie
Siegern über alle Voͤlker, denen fie bisher hatten dies
möffen. Durch die Bearbeitung feiner Goldberg,
fe, noch) mehr aber durch die Eroberung von Thras
und der Sriechifchen Staͤdte an der Seekuͤſte vers
tete ee Handel und Reichthum unter feinem Unter⸗
en, zog Gewerbe, Handiverfe, Künfte und Wiſ⸗
Hafften in fein Reich, und machte Griechenland
hfam zu einem Anhange von Mafevonien, da dies
or ihm einer einzigen Sricchſchen Stadt zinsbar
fen war ).
Pp 3 Wenn
ı Alexand. ap. Arrian. VII. 9. de Exped. alex.
hy ib. Außer biefen Stellen findet man die Schiiberungen
der guten Seiten und Thaten Philipps beym Diodor
XVI. gi. & 154. 155. Juſt. IXX. 8. Bon feiner nach⸗
theiligen Seite "er mahlt ihn Feiner flärfer ald Theo⸗
pomp beym Athendus IV. 19. VI. e. 17. X. Io. Ich
will nur einige Züge nachzeichnen. Philipp war fo
verſchwenderiſch, daß er bey allen ben Reichthuͤmern,
die er aus feinen Bergwerten, und durch feine Erobe⸗
rungen gewann, dennoch flet6 arm und verfchuldet
war. Er hinterließ nad feinen Tode nur einige goldes
ne und filberne Gefäße, und nur 60 Talente baaren
Geldes, hingegen 500 Talente Schulden. Arrian. I. c.
Eben biefe Armuch zwang ihn oft zu den nieberteä tige
ſten Handlungen, felbft zu Seeräuberegen. Juſt. IX
Er war nicht allein ſelbſt Verſchwender, fonbern fonnte
auch Feine andere um fich leiden, als die es gleichfalls
waren, Theop, I. ee. Gerade alfe bie Ueäken .
j ⸗
598 Mhted Buch. Erſtes Capitel.
Wenn aber auch gar Fein Philipp gelebt, und vie
Griechifchen Städte zerſtoͤrt oder unterjocht, ober ihrer
errſchafft beraubt Härtes fo würde doch Feine umter
Ben , wenigftens Athen nicht, vie Doch die mächtigfe
unter allen war, fich auf dee Stuffe von Mache, Yufı
Märung und Reichthum, von weldyer fie Durch den Me
kedoniſchen König herabgeſtuͤrze wurde, Haben
Menſchen aus ganz GSriechenland verſammleten ih m
ihm, und waren ihm flets willlommen, wem fie uw
Laune und Munterkeit hatten, welche Gaben er cha
fo fehr als kriegeriſche Tugenden ſchaͤzte. Sein Hefim
fand aus achthundert Perfonen, bie, mie Theopemp
fagt, mehr beſaßen, und in den ſchaͤndlichſten Läßm
jährlich mehr herdurch brachten, als zehntanfend MH
reichſten Griechen nicht befaßen oder ausgaben. (ih
Ben Schwaͤnken war er ein fo großer Freund, MIR
den Pidelheeringen in Athen, bie einen Orden
ſechzig Perfonen ausmachten, und fi im Tempel ii
Herkules uns anderswo verfammleten, ein
ſchickte, um ibre Einfälle zu erhalten. XIV. p. 6u
Athen. Er war alle Tage betrunken, und altba ii
ſcheute er fi nicht zu tanzen, und aubere nicht Bin
eines Könige, fondern auch eines gemeinen Krigali.,
unmärbige Ausfchweifungen zu begehen. Laßt v m
trinken, rief er feinen Freunden zu X. 10. denn Ad
genug, daß Antipater nüchtern iſt. Gegen biefen #
nen Freund uud NHeerführer hatte er fo große Achtun
daß er einft, als Antipater ihn befuchte, in der U
Würfel und alle übrige Spielgeräthe unter das Mi I>
warf, um von ihm nicht betroffen zu werben. X.R
Seine Begleiter dienten und brauchten ſich unter cn
der als Beyſchlaͤferinnen und Liebhaber, und in fra
Heere wurden ftets ſchoͤne Knaben, wie in dem
ge morgenlänpifcher Könige Haufen von Weibern w
Kebsweibern,, hberumgeführt. Auch Philipp ums fir
Krieger find Beyſpiele, daß Tapferkeit mit der gräfa
Sittenverderbniß befichen koͤnne.
Seſchichte von Ol. 98, 2. bis Ol.i10,3. 509.
mrien. Sowohl vie Staatöverfoffung, als das Volfk
[6ft war in allen Ständen, Gefchlechtern und Altern
fürchterlich verdorben, daß nichts anders als ganze
he Bernichtung übrig zu fenn fehien. Die höchfte Ges
ale und alle Borrechte derfelben lagen in den Händen
ıe8 lieberlichen, niederträchtigen *) und unmiffenden
obels, der den öffentlichen Schaz, feine Mitbürger
id die Bundesgenoflen beraubte, und immer gewann,
mochte rathfchlagen, oder richten, oder ſich ergögen,
er in den Wettkaͤmpfen und Schaufpielen tanzen, ober
Dlich fiegen und laufen ”*). Diefes Näuberleben floͤßte
an unuͤberwindliche Trägheit ein. Daher fam es, daß
ven ber Poͤbel, der auf den Theatern in goldenen Klei⸗
ken prangte, an öffentlichen Pläzen in den elendeften
pen einherging, und zu Haufe im Elende ber aller⸗
* Armuth ſchmachtete 7). Ein ſolcher Haufe von
dichtswuͤrdigen wurde zu fehr von der Saft feines eigenen
fendes niedergedrückt , ald daß er warmer Vaterlands⸗
be, oder großer Entwürfe und Unternehmungen fähig
xefen wäre; und er befümmerte fich alfo auch weni⸗
> um die Wohlfart oder den Flor des Staats, als
e er fein tägliches Brodt und einige Obolen gewinnen,
b die Verfaſſung erhalten möchte, ohne welche er
Ehmenbig hätte verhungern mäflen T}). Die tafter
® das Elend der Armen zog die Verdorbenheit und
3 Unglück der Reichen und Bornehmen unvermeidlich
Pp a4 nach
| ⏑
Ariſt. de civ. VI. 2. 698. &c, 4. p. 716.
We) ec. 1.p. 575. de Rep. Athen. Xen.
MH Xen. J. Prov. e. I. Iſoer. IL. 338. & 353. in Arcope-
“ gitico p. 424. 25. de Pace. |
34) Iloer. 1. c. I. p. 354. Xen. de Rep, Athen, c.1. 572 p.
DPDemoſih. in Philip, I, p, 14. de Rep. ord. p. 68.
Ed. Wolßi.
Go Acchtes Buch. Erſtes Capitel.
nah ſich ). Ste muſten ſich nicht nur auf dem 3
ter öffentlich mißhandeln faflen **), fondern aud:
‚ verworfenften Bettlern fchmeicheln, ihnen aus dem‘
gehen, oder ihre Size einräumen 7); und ben allen!
QAufopferungen waren fie noch gezwungen, ihr Di
gen zum Bergnügen oder. Nuzen des Volks mi
größten Bereitwilligfeit herzugeben, weil der ger
Schein von Sparfamfeit ald Raub und Diebſt
ahndet wurde Fr). Kein Wunder alfo, wenn
Heiche ihr Vermoͤgen verbargen, und nicht fo brau
als fie es fonft zu ihrem und ihrer Mitbuͤrger Bi
[U
— —
*) Dies fagen Iſokrates de Pace und XRenophon
e. 4. P. 457. 458. Als id noch reich war, fagt
mibes beym lestern, mufle Ih im Mamen ber
unaufbörlih Aufwand machen, und burfte nid
mal ausreiſen, wenn ich wollte. Jezo bin ich v
hen Zumuthungen fiher, und kaun geben, wa
will. Vormals drohte und ſchimpfte mich ein
der nur Luſt hatte; jezo bedrohe und beſchimj
andere. Sonſt war ih ein Sclav von anbern,
muſte zu ihrer Unterhaltung Zeibut bezahlen, je
ih als ein Herr, und laffe mich vom Staate ern
Bormals litte ich immer entweder durch die Stadt
durchs Gluͤck Schaden, jezo fürchte ich nicht
nichts zu verlieren, ſondern ich hoffe vielmehr ern
erbeuten.
“*) TI. de Rep. Athen, Xen, p. 585,
+) Xen.l. e. p. 458.
t}) Xen. de Rep. Athen. L p. 570. 71. inp. Oeco
ec. 2. p. 279. MMorr. I. 424. de Pace, Wie ki
ber Aufwand belief, ben bie beguͤterten Ather
machen muſten, und bie Menge ber Belegent
bey welchen fie dazu gezwungen wurben, babe i
meiner Abhandlung vom Lurus der Athenienſ
einen merkwuͤrdigen Bepfpiele ans bem Lpfii
zeigt.
Geſchichte von DI. 98, a. bis OL. iio, 3. 601
a gebraucht häften; werm fie ihr Gelb entweder gar
ht, ober nicht anders, ald auf ungeheure Zinfen auss
hen, theild aus Furcht, daß man ihnen defto mehr
ften aufbürden möchte, am meiften: aber, weil
an den reichen läubigern "gegen einen elen⸗
nn Bettler Fein Necht fprach ; der leztere mochte
h fo bündig verfchreiben oder verbürgt haben, als
immer wollte *). Ungeachtet durch diefe Bedruͤ
ungen, Detriebfamfeit, Handel, Gewerbe und Cre⸗
€ fielen, und das Elend der Armen nur noch größer
wirde *"); fo trieb ınan fie doch noch weiter. Man bes
nubte die Reichen, in der Stadt fowohl, als auf den
fein oft auf einmal, ohne die geringfte Berfihuldung,
zres Berinögens ‚ihres Vaterlandes, oder ihres Lebens,
Benn Feine andere Quellen vorhanden waren, den hun»
migen Pöbel zu unterhaften, und ihm den fohn auszu⸗
ahlen, ben er für feine. Gegenwart in Öffentlichen Ders
amınlungen , oder für feine richterlichen Gefchäffte,
der für die Size bey den Schaufpielen erhielt T). Der
Nöbel und feine Schmeichler fahen, wie Iſokrates fagt,
a6 DBermögen der Reichen, als ein Eigenthum des
Staats, und diefes wiederum , als ihre eigene Guͤ—⸗
ee an Tr). Alle Würden des Staats flanden nicht
DPr5s mus
°) Ifocr. 1, 327. 328. in Areop.
“ib
4) Xen. de Rep. Ath. I. p. 575. 577. Plat. de rep. VIII.
212. Ed. Mail, Ifoer. de Pace J. 425.
+4) II. 254. Panath. Anch Ariſtoteles ſieht mit Recht bie
große Menge von Bettlern in Demokratifchen Verfaſ⸗
(ungen, undaen Lohn, den fie für ihre Gefchäffte in
Gerichten, und für ibre Gegeumart in Volkseverſamm⸗
Iungen erhalten, als die Urſache der Erpreffungen, bie
an den Reichert ausgeuͤbt werben, und biefe wieder
als
ee ")
Goa Achte Bud. Erſtes Capitel.
nur einem jeden ohne Ruͤckſicht auf Berbienft und '
mögen offen, fondern. wurden auch faft alle durchs
befezt, diejenigen ausgenommen, zu deren Fuͤhrun
wiſſe Kenntniſſe und Gefchicklichfeiten unumgaͤr
erfordert wurden, oder die mit großem Aufwande
bunden waren“). Durch dieſe Einrichtung bemaͤch
ſich ver Poͤbel aller eintraͤglichen Ehrenſtellen **),
alſo auch immer mit eben ſo unwiſſenden und uner
nen, als feilen und beſtechlichen Menſchen beſezt w
welche ihre Wuͤrden als Gelegenheiten anſahen, fi
bereichern, und ihre ganze Aufmerffamfeit darauf rı
ten, von ihren Vorfahren uneröffnete und ungen
Quellen des Gewinnites zu entdecken }). Selbſt fi
Würden aber, die mehr ehrenvoll, als einträglich
ren, und bie, wie bie Feldherren / und Anführer » Stt
nicht durchs Loos, fondern durch Wapl befezt ı
den FF), vergab man nicht an den Würbigften, fon
als bie Urſache bes Unterganges folder Republiken
VL. 5. p. 72628. de Civ, Ed. Heinſii. Alle ©
aber, die man durch ſolche Gewaltthätigfeiten zu
menbringe, um ben trägen Pöbel zu unterhalten, fi
meiter nichts, ale Waffer in durchloͤcherte @
Be geſchuͤttet. Denn eben die Bebärfniffe, bie ı
dadurch für einen Augenblick befriedige, entſtuͤnden gl
nachher von neuem wieber.
®) Ifocr. Areop. 1. 322. Als Zeichen ber Ochlokratie
auch hier Ariſtoteles wieder an. VI. 2. p. 6
To KAngwras vu Tas nexXas, n Tacas,
0004 un eumesgias deovras no rexvns. TO,
E70 TIUNMETOS ey TaS DEXaS, N ori
xęonœrs.
*x) de Rep. Athen, I. p. 570,
+) Ifoer. |. c.
Tt) Xen. lc,
Seſchichte von DI. 98, 2. bis OL.no, 3. 603
n den, der am meiſten dafuͤr bezahlte *); eine Folge
leſer Schaͤndlichkeit war, daß Beſtechungen von bey⸗
erley Art, ſowohl diejenige, modurch man andere ver⸗
arb, als wodurch man ſelbſt verdorben wurde, fo ofs
nbar, und fo allgemein wurden, daß kuͤhne Boͤſewich⸗
e fie ſelbſt eingeftanden **), daß man, wenn man bie
[ben aud) entdeckte, fie entweder gar nicht, ahnbete,
ad nur mit einem lauten muthrilligen fachen aufnahm,
yer daß man fie höchftens mit einigen Drachmen, oder
Rinen beftrafte, da die Gefeze einen jeden Beſtecher,
nd DBeftochenen zum Tode, ober doc zum Berlufte
inter Ehre, oder auch zur zehnfachen Erfezung verur⸗
yellten. Ungeachtet die meiften Aemter mit Menſchen
us dem Poͤbel befezt wurden; fo fehränfte man doch
us einer der Bolfstyrannen, wie allen übrigen Tyran⸗
chen Negierungsformen eigenthümlichen Furcht und
Eiferfucht die Zeit und den Ilmfang der Macht von
Magiſtratsperſonen fo viel als möglich ein **"), erlaubte es
nur felten, daß diefelbige Perfon diefelbigen Aemter mehr⸗
nalen befleivete }), und riß alhınälich die wichtigften,
fe aber auch die unbedeutendſten Angelegenheiten, bes
fonbers Diejenigen, die offentliche Ergözungen zum Ges
yenftande harten, an fich TI). Hieraus entſtanden ur
er
D
” 1
vj de Pace i. 386. 387. Iſoer.
we) Mie Timarch p. 186. Aeſcb.
#4) Ariſt. VI. 2. deCiv. p. 699. To oAsyoxeoviss Tas
GEXS, m Maas 4 00us sVdegeren. — aexmv
de undenv undeves, 9 071 eAıyısav, 9 Toy
7 MeYyITw@Vy HUIV. | |
D ib. To pn dis ToV RUToV SEN Andenuær, 7
oAsyaxıs y oAIYaSs.
+7) Xen, de rep. Athen. e. 3. p. 587,589. wo er «im
Verzeichniß der Gefchäffte gibt, deren Entſcheidung
ober Durchficht man allmaͤlich word ganze Wolf gezogen
hatte.
Ga Mhted Much. Erſtes Capca.
erft Verwirrung, Anhäufung und Sangfanafeit in
ſchaͤfften *), dann Beſtechungen bes Volks und be
gierenden Raths, wern man gewiſſe Sashen abg
baben wollte, und endlich bie Nothwendigkeit,
Volksverſammſungen zu halten, dutch welche der ‘)
immer muͤſſiger, und der Staat, der ihm feine 9
bezahlen mufte, immer mehr und mehr erfchöpft
de?*). Demoſthenes wirft es den Athenienfern in
len feiner Reden ver, daß fit durch ihre Langſamkei
Nachlaͤſſigkeit in Entfchließungen ftets Die glüdi
Augenblicke und Lagen der Dinge vorüber gehen
Gen ***): daß fie das einzige Volk wären, welche
mer erft nach geſchehenen Sachen rathfchlagte F),
daß fie furchtbar und hizig in ihren Berfammiu
‚aber feige und Falt in der Ausführung ihrer Ent
feyen TF): lauter unverbefferliche Mängel eines St
in welchem ber unerfahtne, und von feinen Demag
nach entgegengefezten Richtungen hingetriebene Poͤb
les entſchied, und die Ausführung feiner Entſchluͤſſe
fo unerfahrnen, oft beſtochenen Männern auftrug
welchen die weifeften und rechtſchaffenſten Bürger
verrätherifchen Schmeichlern zu fämpfen, und ı
fie diefe auch überwanden, und das Volk auf ihre!
te brachten, dennod) die Berlaumbungen von €
phanten, und falſche Anklagen wegen verberblicher
ſch
®) ib. & Iſoer. I. 324. Sogar, ſagt der leztere, in
Iigiensfahen. Bald unterließ man Dpfer 4
und bald brachte man auf einmal drey hundert Di
bar. |
#*%) Xen. J. e. & Arift. VI, 5. p. 726, de Cir,
%**) In Philip, 1. p. 19.
“ 7) De pace p. 2T.
H De Cherfoncfo p. 37. 38.
Geſchichte von Ol. 98, 2. bis Ol.ı1o, 3. 605
ige zu fürchten hatten *). Selbſt das Anſehen des
renden Raths, der meiftens aus tem Poͤbel erwaͤhlt
de, und unter allen hohen Eollenien am meiften des
ratiſch gefinnt war, wurde beträchtlich gefchinälert.
n nahm nicht nur, wider Solons Bererdnungen,
eze und Entwürfe an, die dem Senat nicht waren
yefegt worden, fondern man unterfuchte von neuem
» folehe Sachen, die er ſchon entſchieden hatte, um
defto öfter Gelegenheit zu erhalten, fich zu verſamm⸗
‚ und einige Obolen zu verdienen **) Am aller
ten aber verloren in den festen Zeiten der Dchlofratie
migen Collegiq, die nach den Abfichten ihrer Urhe⸗
wider ein unumfchränftes Volksregiment errichtet
en. Die Xreopagen und Archonten wurden faft
z Überfläffig und unmirffam, nachdem der Poͤbel
erſtern ihrer hoͤchſten Aufficht äber die Sitten, und
ve des gröften Theils ihrer alten Gerichtsbarkeit bes
5£ hatte}), So wie. die Aufhebung des Sitten⸗
teramts felbft eine Wirkung der Berdorbenheit bes
aatsverfaſſung gewefen war; fo wurde fie wiederum
Urfache der Höchften Ausgelaffenheit, und einer ganz
| . lichen
) Demofih, p. Corona p. 346.
#) Xenoph, I. 3. de rep, Athen. Demoßh. VI. c. 2. p.
699. Mur allein bie Größe des Reichs, und ber ers
ſtaunliche Reichthum von Privatperfonen, die ben Poͤ⸗
bei fo ernährten, wie er fih in Atben vom Staate ers
nähren ließ, waren in Rom bie Urfachen, daß man
weder dem Pöbel für feine Gegenwart in Volkever⸗
fammlungen oder für öffentliche Luftbarkriten Geld reich
te, noch den Richtern und andern Wagiflratsperfonen
Lohn und Befoldungen gab.
) Ifoer, ı. 329. Areop. und Arlft.. VI. 2. p. 699. als eins
der unterfcheidenften Merkmale ber Ochlokratie wennt Arts
ſtoteles Diefes Te’ dinafen TAYTas Ka ex TayTav
vos TEL TAYTW@Y.
606 Alchtes Buch. Erſtes Capitel.
lichen Vermiſchung und Gleichheit aller Staͤnde, Ge
ſchlechter und Alter in Athen ). Söhne und Vaͤter,
Meiber und Männer, unge und Alte, Sclaven uib
Freye, Bürger und Sremdlinge, Vornehzme und Gerin
ge hatten und maßten fich alle gleiche Vorrechte an "9
Manche Sclaven gingen viel ftolzer und prächtiger ge
kleidet einher, ald arme Bürger , und es war eben
wenig erlaubt, den Sclaven eines andern zu züchtigm,
als einen freyen Achenienfer zu fchlagen ***), .
Der Poͤbel, noch nicht damit zufrieden, ſich ui I
ehe Dundeögenoffen, und alle Magiftratsperfonen unte Ih
worfen zu haben, unterjochte zulezt Die Geſeze ſelbſt, da ||
mit er gar Feine Herren mehr über ſich hätte 7). El
feste feine Freyheit darinn, zu thun, was er wollte Hy I
und hielt Yusgelaffenheic für Deimofratie, Gefezlofigtat ||
für —— unbändige Unverſchaͤmtheit in Worta
und Neben für Freymuͤthigkeit, und die Erlaubniß, 4 |
les zu thun, was ihn beliebte, für die hoͤchſte Such
— — — — —— —
®) Iſoer. 1. e. P. 335. Xen. de Rep, Athen. I. p. 573.74
Plat, de Rep, VIII, p. 206. Ariſt. de civit. VI, «£
‘ 1) Plat. p. 208. de Rep. VIIL TeAeuravres ya m
ug orı 2de Toy vorn Dewrilscs, veyen
pevav n ayeadav, iva dy yundasey undas dura
2 deoworns.
+}) Ariſt. VI. ce. 2. 698. - To cn ws Baierams
TETO yap Tns eheudegias zoyov emwos Dam,
wrse T8 daAs wros, To (nv un ws Bader,
Geſchichte von DI. 98, 2. bis DI. uo, 3. 607
ifeit ). Sein Wille war das ae Geſez, und feis
Schluͤſſe galten mehr als die fen und heiligſten
jazungen **). Weil er ‚gleich einem unartigen Kinde
ufig in den Volksverſammlungen billige, was er vorher
tabelt hatte, und auch gleicd) wieder verwarf, fo bald
nach Haufe gegangen war ***); fo wurben feine Ges
e, oder die für Geſeze geltende Schhäffe auch eben fo
Derfprechend, als feine plözlich entftehenden und wieder
ſchwindenden Einfälle zu verſchiedenen Zeiten wa⸗
ı.}). Für diefe Bemerfung fann man fein auffallens
es Beyſpiel anführen, als bie Geſeze über die Auss
tung von Kriegsſchiffen, welche ben reichften Buͤr⸗
sr aufgebrungen wurden. Denn bald waren vierhuns
ge t}), bald zwoͤlf Hundert dazu beftimme fff), die nd»
gen Kriegsfchiffe zu bemannen, und. in fegelfertigeg _
tand zu fezen, und bald muften.zwo, bald vier, bald
| — zehn,
Iſoer. I. 321. Plat. VIII. 200. 202.
#*) ib. & Ariſt. VI. 2. p. 699. Tav exxAnoicer Kugschy
avec mayTa). & Demofih, contra Leptinem
p- 373.
“4s) Iſoer. de Pace I. p. 387. Euzaeo ro de Ao-
Yav nos TeRYuaTav Ovres, BTWs eAoyızas
EXOMEV, WIE TER Tau MUTay TAS MUTNS negœs
8 TRUTE Yıraonouey. AM WV MEY, Kow as
zw ennAnoıav avalnyas, KaTmyopBuev, Tourc
oweAdovres Xesgorovamev. 8 MoAuv de Xeovov
Öaramovres , TuS evraude YnoicIacı,
>. EWR TTIOMEV, WAANY ETITIKWMEV. i
4) Ior. Il. 255. in Panatb., & Demoſih. 1. ec. contra
Lept,
++) Xenoph. de Rep. Athen. c. 3. p. 589. U
+) Tlegı oumpogiov Demoſib. p. 72. & iq, & pro
Corona. 327. 338? |
bad ſe Perſonen ein Kriegsfchif
** Unter Sefezer
wenche, von kaum hoͤtte glauben fo
fie in einem ausgebruͤtet,
enoumen dieſer
1.2) DemoAk. eont ‚p- & Ulp. ad hunc
«®) Demoftb. p. II. in Philip. IL. Petit, Leg, Art,
& Meuf Led, Att. Va Pr i
Pro Corona p. 328. Demoſtheues befkinmmte
» zehn Talente als dasjenige Vermögen, von:
man gehalten ſeyn ſollte, ein Kriegeſchiff aus
and verordnete, daß unter den zwälfhmubert :
deubi „ bie mehr oder weniger befäßen,
dem Berhältuiffe mehr oder weniger beptragen
in weldem ihre Güter Über ober unter biefer |
“ wären. Nicht viel beffer, als bie angefährten
waten die zregs wvrıdocens, uugtalitet fie
leichterung derer gegeben waren , die durch Ihre
ge zu ben Bedärfuiffen des Staats zu fehr ı
waren. Man fehe den Demofigenes, aber u
> ver Verfaffer dieſer Rebe ift,.adverf. PI .
658. & ex hoc Petit, Lei. Akt, p. 281.
2
u \
Geſchichte von DI. 98, 2, bis Ol. no, 3. 609
Faſt noch verberblicyet, als die Gefezlofigfeit des
hels, war die unumfchränfte Gerichtsbarfeit, welche
derfelbe allmaͤlich aumaßte. Er zog nicht nur alle.
reitigfeiten dit Bundesgenpffen nad) Achen Hin, ſon⸗
ı: brachte auch alle Sadjen, Die vor andern Tribus
n waren anhängig gemacht worden, vor bie zahlrei⸗
; Gerichte, die aus feinem Mittel beſezt wurden, ers
‚te wenigftens Appellationen an die feztern, und ents-
d fogar den Grund oder Ungrund mancher Klagen
‚ffentlichen Bolfsverfammlungen *). Durch diefe
on | uns
a
X
ſen Geſezen konnte ein jeder Trierarch oder Anfuͤhrer
eines Chors (Xen. c, 7. Oecon.) von ber Laſt, bie er
- tragen mufle, frey werben, fo bald er einen andern
Meichern an feiner Stelle zu nennen wufle. Wenn als⸗
dann der angegebene laͤugnete, daß fein Vermögen
größer, als bas feines Angebers fen; ſo konnte dieſer
jenen zwingen, ihre bepderfeitigen Güter (die Antheile
in ben Silberbergwerken allein ausgenommen) gegen
einander auszutaufchen. Ließ der Angegebene ſich dies
fen Taufch gefallen; fo gaben die Gefeze dem andern
dad Recht, die Guͤter des von ihm vorgefihlanenen an
demfelbigen Tage zu verfiegeln, und beyde muſten bins
nen drey Tagen ein vollftändiges Verzeichniß aller ihrer.
berveglihen und unbeweglichen Haabe angeben und
beſchwoͤren. Alle diefe Gefeze vereitelte man durch
mehrerley Betrügereyen und Raͤnke, wie man and der
angeführten Rede ſieht. Man brach die Siegel von
den Kellern, Böden und Schränken weg, und ſchlepp⸗
te fort, was man wollte, aud gab man eine Menge
son Schulden an, bie man nicht hatte. Aus eben dies
fer Rede ©. 656. erhellt, daß oft die reichſten Leute
Mittel fanden, ſich allen Abgaben zu entzichen, und
es abzuwenden, daß fie nicht In bie Zahl ber Trierare -
Ken gefezt wurden.
) Xen. de Rep. Athen. I. p. 575. Aefch. contra Ti-
march. p. 182. Demofth, cont. Midiam p. 383, Plut.
IV. 716. in Demofthene, z
Zweyter Band. Ma
ithaͤter und Beſchuͤzer, weil fie die Mei
Dar — bald als Freunde der Sparta
bald als Goͤnner der Oligarchie anklagten, und
durch deſto mehr Bettlern ihren Richterlohn
zen *). Dies große Anſehen mißbrauchten d
phanien dazu, von Unſchuldigen wie von S
große Summen herauszupreſſen, weil der unt
fie Wandel nicht gegen bie äußerften Strafen fd
Die Heilfamen Geſeze, nach welchen falfche 1
die nicht den fünften Theil von Steinchen für
ten, ober die eine angebrachte Anklage finfer
am taufend Drachmen beftraft wurden +), fo
Angeber nicht abſchrecken, weil diefe Geſeze
voliſtreckt wurden, und weil Syfephanten eb
über Unſchuldige fiegten, als diefe frengefproc
den.
Weil die Athenienfer von ihrer Kindheit
woͤhnt wurden, und fogar eine Ehre darinn
ihre Obern und Borgefezten zu verachten; fi
Mangel von Zucht und Gehorfam fie zum K
tächtig gemacht haben, wenn fie auch noch fo v
Geſchichte n DI. 98, 2. bis Ol no, 3. Sr
und Tapferkeit befeflen Härten )). Die gemeinen
Soldaten vernachläffigten nicht bloß die Befehle ihrer
Inführer und nahmen andere Glieder und Piäze ein‘,
8 ihnen angeiviefen worden waren; fonbern verließen
Ogar ihre täger und Heere, ohne daß die Felöherren
je deßwegen zur Rechenfchafft ziehen konnten **), Dies‘
en ihrem Ungehorfam kam nichts , als ihre Weichlich⸗
Kt und Feigheit gleich; denn fo furchtbar fie unſchul⸗
gen Mitbärgern und in öffentlichen Berfammlungen
aren; fo kleinmuͤthig und verächklich waren fie, wenn‘
? gegen den Feind ziehen follten ***). Ungeachtet ver
Bel für ſich die prächtigften Gymnaſien hatte erbauen '
ten +); fo vernachläffigten doch die Athenienfer alle
Besuͤbungen gänzlich, und füchten es fogar zu hindern,
5 aud) nicht die Bornehmern ſich auf Friegerifche Les °
zigen legten, damit fie von dieſer ihrer Stärfe und *
efchicklichfeit nichts zu fürchten hätten t). Sowohl
Bangel von Patriotismus, ald von Uebungen und Abs -
ztung hielt jie ab, gleich ihren Vorfahren für ihr Das
>jand zu fechten; und eben dieſe phyſiſche Ausartung
tar die Urſache der fonft unbefannten und unnatürs
Eyen Erfcheinung, daß Heere, die aus gemietheren
remblingen beftanden, Heeren von Bürgern vorgezos
m wurden HH). Die Athenienfer hatten nicht einmal
13 Herz, den Feinden gleich) außer den Thoren ihrer
Stadt entgegen zu gehen; und wenn fie es mwagten, fo
saten fie ed in Gefellfehafft von Barbaren, von Phry⸗
wen, Lydiern, Syrern und andern, die allemal ven
Da 2 größten
©) Xen. Memotab. Socr. III. 5. p. 152. 153,
“#) ib, & Blut. in Phoc, IV. 314. 334. 37.
“**) p. 37. 38. Demofth. de Cherfonefo,
‚+) Xen. de Rep. Athen, c. 2. p. 582.
++): Xen. Ill. 5. p. 152. de Rep. Athen. I, c. p. 574.
+) Jafon. ap. Xen, Hallen; Vi, 1.P.357.
—J ee a5
N i Ach⸗
alle ihre Siege der t und Tapfer
— und uͤch von dem GI
a nichts. zueigneten, fo wle fie auch
daran hätten +}). ** Zah
einge, Seren denen die Athenienſer die p
die ern —2 Zerruͤttungen *
I D
— auch gleich eine der Haupturſachen
zung von Öriechenland. Wie viele Städte ann tb
durch Empdrungen, oder auch durch feindliche Ga
umgeworfen werden, bevor in einem Ländchen, wie
henland war, das fehon fo viele Jahre durch die. m
ckigſten Kriege gelitten hatte, eine ſo große Zahl von ha⸗
umziehenden Flüchtlingen entftand, daß es — v
#) de Prov. c, 2. Xen, p. 597. & Iſoer. de Pace
a) — Pace I. p. 385. Bäter Zee
hatte das Begenteil Statt —— ws %& Thu,
€, 121.
# P. 17. in Philip, I,
M Do repordinanda, p. o.
® —
Geſchichte von Ol. 98, 2. bis Ol. no, 3. 6
Heere aus ihnen als aus anſaͤſſigen Buͤrgern zu errich⸗
ten ®),, und daß eben dieſe Fluͤchtlinge den Griechen ſo⸗
wohl, als Barbaren furchtbar werden konnten **).
Dieſe Ebentheurer hatten weder Vaterland, noch unbes
wegliche Güter, und nur fehr felten Familien; oder wenn
fie dergleichen hatten, fo fcheuten fie fich nicht, ihre
Weiber und Kinder an einem Orte zu verlaffen, und
an einem andern nee twieder zu nehmen, und wieder zu
zeugen ***). Ihre Dienfte verfauften fie an den Meiſt⸗
‚bietenden , und fie gingen alſo gleich zum Feinde über,
‚gegen ben man jie gedungtn⸗ atte, wenn ſie von ihm
‚mehr zu erhalten hoff esiehn Sie übten allenthalben
„unter Sreunden und Fein. ..e größten Gewaltthaͤtigkei⸗
ten ar, und zwangen diejenigen, die fie unterhielten,
* namentlich die Athenienſer zu gleichen Ungerechtig⸗
Feiten gegen die Bundesgenoſſen, um nur ben Verraͤ⸗
en und gemeinfchafftlichen Feinden aller Griechiſchen
caaten ihren Sold reichen zu Fönnen }}). Wir find, -
. 3
q | ru⸗
——
.%) Iſoer. ad Philip. I. 278.
#8) ib, p. 292. Daß ber Redner nichts Äbertreibt, erhellt
fowohl aus ben großen Heeren, welche die Phocenfer
fo viele Jahre unterhielten, ald ans ben eben fo großen
Armeen, welche ber König von Perfien, und alle dies
jenigen, bie von ihm abfielen, aus biefen Nichtswuͤr⸗
digen errichteten. Man lefe bas ganze ſechszehnte
Buch bes Diodor, bef. ©. 26. imp. Cyrop. in fine,
Es ift bekannt, daß ähnliche Banden von Näubern
und Mierhlingen im Igten und ben folgenden Jahr⸗
bunderten in Italien, Frankreich und Deutſchland here
_ umzogen.
ww) Ifocr, II, 522. Aeginet. inp. I. p. 363. 364. de Pace,
$) ib. & Demofth. adv, Timocr. p. 446,453. Plut. in
Pelop. II. 378. |
+H Hoc. Le
”.
⸗
= er en “ *
ofen gheraier und Dewoſthen⸗ ey a⸗,
‚unter unſere Vorfahren berabgejunßen, daß wir,
‚Außerften Duͤrftigkeit, die lezten Reſte des Der
BE Stadt ſowohl, als der Bundesgenoſſen an
Vandſtreicher verſchwenden, und uns wohl ger |
| omg m —— daß fie bie mit uns verbunden
fer beraubt haben , anſtatt daß unfere Bäter in-t
‚ten der Höchften Macht, da die ganze Burg mi
und Silber angefüllt war, nicht mus ihre Stat
„dern auch bie Bundes gehoſſen mit ihtem eigenen
und Lehen vertheibigten 9, a
Nicht aber bloß der
‚foren, bie aud dem Poh iR Inmen wurben,
auch Heerführer und Redner Kir Demmagogen, |
z allein durch freye Wahl —** beſſern T
Bürger aushob, waren im höchften Grabe ver!
‚den einzigen Phofion und Lykurg ausgenommen.
‚ber Wiedergewinnung ver Herrſchafft zur See I
vor der Schlacht ben Cheronaͤa zeichneten ſich um
Arhenienfern mehrere Feldherren, vorzüglich Iph
Timotheus, Chabrias und Chares, aus, bie
fcheint, einen größern Eriegerifchen Ruhm als
GE EEE
*) l,e
np 7. de rep. ord,
D Als Beweiſe und Wirkungen ber Berborben
. Volks und des Pöbels kann man auch Biefe «
baß fie ſowohl bad Vuͤrgerrecht, als bie ehn
Belohnungen großer Verdienſte, Cronen, I
u. ſ. w. an Unwuͤrdige verſchwendeten. Dem
rep. ord. p. 20. adv. Ariſtoer. p. 437. cont
lidem p. 542. Aefch. contfa Ctefiphontem
300. 301. und daß Feine Treue und Glauben
Volke, und weder Eide noch Verträge heilt
.defch,in Tim. p. 186. lſoer. reameg, u. p
Geſchichte von DI. 98, 2. Bid DL. 110, 3. 615
erhielten. Unter .allen dieſen Heerführern war aber,
wenn man den Phokion ausnimmt, feiner, den man
mit Den älteren Helden der Athenienſer, oder auch mıe
mic dem Agefilaus, Epaminondas, und Pelopidäs vers
Hleichen fonnte. Ihre gröften Berbienfte beftanden dars
kan, daß fie ihre Krieger zu einer außerordentlichen Fers
Sigfeit in allen Arten von Waffenübungen gemöhnten,
oder den Seind durd) irgend eine neue unerwartete Wen⸗
‚dung überrafchten *). Selbſt die Erfindungen , die dem
Zphikrates fo viel Ruhm brachten, waren vielmehr Ders
fimmerungen ald Berbefferungen der Kriegsfunft, und
rläffige Peweife der abnehmenden Stärke, Tapfere _
3 und Friegerifchen Erziehung unter-dven Griechen *").
machte nämlich die Schilde und Panzer. Fleiner und
leichter, und die Degen und Spieße lähger, als fie vors
er waren, und verwandelte dadurch das, ſchwerbewaff⸗
were Fußvolk in leichte Truppen, bie dem Phalanx der
Makedonier nicht widerſtehen konnten. Sowohl Iphi⸗
Rrates, als die übrigen Feldherren dieſes Zeitalters, (den⸗
zenigen ausgenommen, den ich vorher ſchon von den
Abrigen abgeſondert habe,) liebten alle ihr Vergnuͤgen
enehr, als ihr Baterland, und mieden deswegen Athen,
Fo viel fie nur konnten, um ihre Lüfte defto ungejlörtee
Qq 4 be⸗
| A]
®) Corn, Nep, in Iphicrate,
ar) ib, Auf eine. ähnlihe Art ſank die Kriegskunſt unter
den Römern. Vegetius de Re Milit. ı. 20. Ab ur-
be enim condita ufque ad tempus D, Gratiani, & ca-
taphraltis & galeis muniebatur pedeftris exercitus,
Sed cum campeflris exereitatio interveniente negli-
gentia, defidiaque ceflaret, gravia videri arma coe-
perunt, quae raro utique milites induebant, Itaque
ab imperatore poftulant, primo cataphradias, deinde
eaflides deponere, &c,
Achtes Buch. Eupen ea
befriedigen zu koͤnnen ®). febte meift
Thracien, Timocheus in fesbos, - Chats in S
und Chabrias in andern Stäbten*”). Wenm bie
ger von ben Athenienfern ausgefandt wurden, ſo
‘ten fie weniger daran, tie fie dem Feinde ſchade
"wie fie fü ch auf Unkoſten ver Bundesgenoffen *
wollten ꝰ*). So bald alſo die leztern hörten, d
Athenienſer einen ihrer Feldherren zu irgend einer‘!
nehmung ernannt hatten, fo verfchloffen ſie ihre
und Thore, und brachten ihre Weiber und
re Sciaven und ihre Heerden in Sicherheit,
: fie den Ueberfall von dem gefährlichften Beine
fürchten gehabt Härten****). Die Raubſucht diefer
führer und der unbezaͤhmten Schaaren, mit den
umgeben waren, war den vereinigten Städten (of
lid), daß fie lieber einen Seind, von dem fie war
lagert worden , als Huͤlfsvoͤlker von ben Acheni
aufnahmen 7). Doch. machten fie ſich diefe 9
gerne mit großen Summen geneigt , Damit fie mu
ihren Handel zerfiören,, und ihre Schiffe plünde
. wegnehmen möchten ‘Ff). Kein XBunber alfo,
die meiften wegen ihrer Erpreffungen in Athen am
und als ungerechte Bedrücker verurtheilt wurden
2) Athen, XI. 8. 532 p. Corn. Nep. in Chabri
“+, i
„er, Demofth. de Rep. ordinanda. p.68. & Diod,
XViI. p. 78.98. 107. 180. Plut, IV, 406. in!
°s, Plat. IV. 313. 317.
DR. 254. Iſoer. Panathen,
tt) Demofth, de Cherfonef. p. 38.
+}r) So Dinardy contra Philoclem p. 87.
41619. 8. vom Kimorhend, —R — *—
>
Geſchlchte von Ol. g8.2. bis Ol.nıe, 3. 617
Den Feldherren vollfommen ähnlich, und des Poͤ⸗
, den fie leiteten, vollkommen würdig, waren vie
Redner, die in den lezten Zeiten der Freyheit jaͤhr⸗
als Führer und Nathgeber des Bolfs erwaͤhlt wurs
und wenn fie redeten, eine Drachme eınpfingen ”).
je Gewohnheit, jährlich zehn Sprecher des Volks
vählen, fteigt weder bis zum Solon, noch in alte
en hinauf, wie der gelehrte, aber unfritifche Ges
htſchreiber der Achenienfifchen Geſezgebung glaub
*); ſondern entſtand gewiß erſt nach dem Frieden
Antalkidas, aber vor dem Ende des Krieges mit
Bundesgenoſſen. Mehrere alte Schriftſteller reden
der Trennung der Perſonen des Feldherrn und Red⸗
die noch im Perikles, Nikias, Alkibiades, Thra⸗
lus und andern vereinigt waren, als von einer neuen
heinung, und als einem zuverlaͤſſigen Merkmale des
falls des Staats ſowohl, als der Nichtswuͤrdigkeit
neuern Demagogen ***) ; umd Plutarch ſagt daher
Phokion, daß er wider die Gewohnheit feiner Zeit⸗
fen , die Künfte und Kenntniffe des Redners und
‚herru in fich zu verbinden gefucht habe +). Auch
Geſeze alfo über die Nebner, die manim Dinard) }})
Das und
ans Sum —— — ——— —— —
anders, aber wie faſt immer unrichtig. c. 3. in Ti-
motheo. Aus dieſer Stelle ſieht man aber doch, daß
bie Arhenienfer damals, wie zu Sofrates Zeiten Feld⸗
herren erwählten, bie nicht bie geringften Erfahrungen
und Kenntniffe haften. Memorab, Socr. IE 5.
. 154.
) pe. Leg. Att. 259. ſeq.
») Anch Aeſchines 274. contra Ctef. nennt unrecht ben &es
Ion den Urbeber der Geſeze über die Redner.
vs) Ifocr. 1. 389. In Pace & Ariſt. V. de Civ. c, 5,
) IV.p.306.inPhoc, |
V Adv, Demoſth. P. IoI.
618 Achtes Vuch. Erſtes Capitel. | |
und Aeſchines findet *), waren, wie die Würde feihk,
neu, würden aber doch vielleicht einen Theil diefer chat
lichen Einrichtung verbeflere haben, wenn fie nur genau
wären beobachtet worden. Dieſen Gefezen zufolge fl‘
ten die Öffentlichen Redner verheirathet ſeyn, und unbe‘
wegliche Güter in Attika befizen. Keiner follte zur Ein:
eines Demagogen fommen, ber feine Eltern gemißken
delt, oder verfloßen, oder der dem Vaterlande die ſhu
digen Kriegsdienſte verfagt, oder der feinen Schild me
geworfen, der endlich fein vaterliches Erbe herdurd g
bracht, und feine Unſchuld preis gegeben, oder bie Is
ſchuld anderer geſchaͤndet Härte *). Wenn jemand d
nen Redner folcher Berbrechen und laſter ſchuldig w
ſo hatte er das Necht ihn zu belangen, und auf fa
Abfezung zu dringen ***). Andere Geſeze gaben fon,
bem regierenden Rath die Madıt, einen Dolförebanf,
aber nur bis auf funfzig Drachmen, zu ſtrafen,
er zweymal von berfelbigen Sache zu denfelbigen
nen geredet, oder jemanden fälfchlid) angeflagt,
ſich fonft ungebührlich aufgeführt hatte F). ‘Der Pill
übertrat aber felbft zuerft alle diefe Geſeze, und vertah
feine Redner, damit er von ihnen wieder verdorbennef :
be t}). Weil der große Haufe eben fo wenig, alsch
übrige Tprannen, unangenehme Wahrheiten Kira,
oder Widerſpruch und Gegenfaz gegen feine bofen Ei
wuͤrfe und Begierden erfahren mochte; fo wählte er 4
lein oder größtentheils nur folche zu feinen Rathgeben,
von welchen er weder das eine, noch das andere zu b
find
— —— —— —
») Adv. Timarch. p. 174. 175.
*®) Script, cit.
wer) ib,
+) ib.
}H) Ioer. 1. 362. 63. 67. de Pace Demofth, p, 39. 4
Cherfonef, & p. 44. in Philipp. ILL,
Geſchichte don Ol. 08,2 bis Ol. 1o, 3. 619
chten hatte. Die Verwaltung ver öffentlichen Ge⸗
äffte war daher in den Händen ber nichtswürdigften
enfchen, denen Feiner feine häuslichen Angelegenheiten
rde anvertraut haben. Man zog wahnfinnige, uns
ißige, und verfthwenberifche Menfchen, Flugen, nuͤch⸗
nen, und gegen ben Staat freygebigen Perſonen vor,
il man bie erfteren für größere Freunde der Demofras
hielt ). Da die Demogogen wuſten, daß ber
3bel alle Diejenigen vom Nednerſtuhle berabwürfe,
ſich feinen Abftchten widerſezten, ' oder ihn frens
ithig tadelten ; fo fchmeichelten ſie feiner Kitels
e, unb feinen verwöhnten Ohren, wie den Oh⸗
ı eines verzärtelten Kindes, riechen nicht das
efte, fondern das, wovon fie wuften, daß es Ihren
choͤrern am angenehmften feyn würde, verflagten Reiche
D Bornehme, um den Raub mit den Nichrern zu theis
I, und reisten zum Kriege an, wenn fie wuften, daß
8 Volk Freunde und Seinde geplündert wünfchte **).
ageachtet fie aber die fchändlichften Schmeichler, und
die
®) Ifocr. p. 367. 389.
ss) Plat, de Rep. 210, 212. Gorg. 324. Iſoer. I, c,
379 p. & 425. 26. Die einzigen, bie biefes nicht
thaten, waren Phokion und Demoſthenes, und lezter
rer fagte daher, daß bie Atbenienfer es ibm Dan
wiffen möäften, daß er fie gewöhnt habe, bie Wahrheit
zu bören. p. 69. derep. ord. Die Namen der Des
magogen in den lezten funfzig Jahren vor ber Schlacht
bey Cheronda findet man ap. Pfeudo Plut, in vitis
Rhetorym, ap. Dinarch, p. 97. Ifoer, I, 398. Plut,
IV. 698. in Vit. Demofth. & 740. & in Vit, Phoc. IV,
205. 339. 347. 353. In den leztern Stellen finder
man Schilderungen des ruchlofeften unter allen, des Des
meas. Die Urtheile des Dionys von Halikarnaß über
die Griechiſchen Redner führe Ich nicht einmal an, da
ich voraus feze, daß fie einem jeden bekanut find.
2
620 . Achtes Buch. Erſtes Capitel.
die Sclaven aller Einfaͤlle und Launen bes Pöbels wa
ren; fo hatten fie doch auch wieder das Gluͤck von Odape
lingen: fie bebertfchten naͤmlich ven Poͤbel, der Yaa
und Bergnügungen von ihnen erhielt und ermortigk,
unumfchränft, behandelten ihn oft wie einen Finbiff
oder blödfinnigen Alten, und ließen ihn befchließen e 3.
verwerfen, was fie befchloflen oder verworfen haben
ten ”). Die Redner tödteten daher ober verjagten ski,
beraubten, gleid) Tyrannen, wen fie wollten **), m
thaten bie wichtigften Gefchäffte für fich ab, wehwus
auch Könige und Staaten ſich nicht mehr an das
fondern an deſſen Führer wandten **%). Beſtechu
waren unter ihnen jo gemein, daß nur Phokion und
kurg allein: unuberwindlich gegen Gefchenfe, umd ı
von unrecht erworbenem Gute blieben ****). Krieg
für fie Friede, und Friede Krieg, und ihre Eigennuz mg
alfo mit dem allgemeinen Beften in einem befländis
©treite, in welchem aber das leztere nicht anders d
gerlieren Fonnte }). ie liegen fich von den Feloherm
beftechen, um fie zu begünftigen, oder um ihnen m
nicht zu fehaden rt), und zwangen die vornehmften une
Bürgern und Bundesgenoffen, fie mit Gefchenfen a
überhäufen, damit fie ihre Namen nur nicht dem Prxl
verdächtig machen möchten tft). Dutch folche Erf
—
RR
——— nd —
#) Demofth, p. 71. de rep. ord. & Aefch. contra (ıd
p. 309.
**) Plat. in Gorg. p. 310. II.
wre) ib, & Acfch. J. ce.
#se*) Ifocr, 1.379 & 423. de Pace Demofth. p. 458. ad.
Timarch. p. 458.
7) Pbilippi Maced. Regis Epift. inter Demofth. op. p. 64
Tr) Ehares ließ deßwegen auf allen feinen Kriegsjign
große Eummen für die Demagogen zuruͤck.
tr?) ib, Man ſehe das Bepfpiel des Harpalus beym Dis
tarch IV, 331. in Phocione,
Geſchichte von DI. 98,2, Bid Ol.no, 3. 621
gen, die nicht weniger ungeſezmaͤßig, als die ber
dDherren waren, . brachten die Redner in Furzer Zeie
Ge Reichthuͤmer zufammen *), führten vom dieſen
ichthuͤmern Palläfte auf, welche die Zempel ver Goͤt⸗
an Pracht Übertrafen, verfchwendeten fie, wie die
dherren, an Buhlerinnen, Foftbare Kleider, Gerärhe
> Salben, oder an fchöne und Funftreiche Knechte,
= an üppige Saftmäler, deren Genuß und Beſiz fie
die höchfte menfchliche Gtückfeeligfeit hielten **).
Henn man Dies von mir entworfene Gemälde der
ten und Staatsverfaflung der Athenienſer gelefen
>> fo fieht man bald ein, daß in einer fo gänzlich) vers
henen Stadt, mo alles fich unter einander verzehrte,
myheit, Handel, Gewerbe / Wohlſtand, Kuͤnſte und
iſſenſchafften unmoͤglich noch lange ſo fortbluͤhen konn⸗
, vie fie bisher gebluͤhet hatten.
) Hocr.J. 423. de Pace Demoſth. p. 458. adv. Ariſt.
Be) Die Zenghiffe zu biefen Bemerkungen findet man in
meiner Abhandlung Über, des Luxus dee Mihenienfer,
Lemgo 1782. 8.
Zweytes Eapitel.
Von den Schülern des Sokrates, d
ausgenommen,
L
Zenopfon.
ech die Sopiften, noch mehr aber
Sokrates, harte die Philgfophie fo ı
zeln gefaßt, daß fie weder durch die ungerech
tung des legtern, noch) durch die fürchterliche ı
derbniß und Entfräftung des Athenienfifchen V
auch durch drohende Volksſchluͤſſe *) auf eim
ausgerottet werden. Es zeigte ſich hier, wie
ligen andern Fällen, daß ber menſchliche Ge
er einmal einen ftarfen Stoß empfangen hat,
wegten Chrpern, noch eine ganze Zeitlang
wenn gleich die bewegende Kraft lange zu wir
Käre far Mile Miflenfchafften hanerten na.
\
j ⸗
Bon den Schülern des Sokrates. 623
iſchenalter in Athen fort, und wurden noch immer
itert, ungeachtet ſie viel mehr Hinderniſſe, als Auf⸗
terungen fanden. Selbſt die Zoͤglinge der Schu⸗
die Euklides in Megara, und Phaͤdon in Elis ſtif⸗
, kehrten wieder nach Athen zurück, gleich als wenn
Nhilofophie eine Dem Artifchen Boden eigenthuͤmliche
ht geweſen wäre, bie in feinem andern Erdreiche
» fortfommen koͤnnen. |
Sofrates hatte Zuhörer aus allen Ständen und
allen Gegenden von Griechenland, von deren größtem
fe wahrfcheinlich nicht einmal die Namen erhaltet:
ven find *). Unter diefen feinen Freunden begnüg»
fich die meiſten damit, die tehren ihres Meifters
h ihr teben auszudrücken, andere trugen fie auch in-
riften oder Reden vor, oder wurden wenigſtens
h den Unterricht des Sofrates in Stand gefest, ans
wieder zu lehrer. Dieſe lezteve theilcen fich wieber
iele fehr ungleiche Familien ab: einige blieben den:
nbdfäzen des Sokrates getreu: andere übertrieben.
verfälfchten fie: und noc) andere verdarben ober
eßen fie gänzlich **). | Ä Ä
Unter ven Schülern des Sofrates, bie nicht von
r Lehre wichen, hatte Feiner eine größere und edlere
| Seele,
denpuibee GE
Die Äbrig gebliebenen Namen findet man beym Zenes
phon Memor, Socr. I. c. 2. p. 10 & 28. c. 4. p. 43.
IV, 1& 8c. Plat, Apol, p. 9. 13. & Phaed. p, 22.
" & ap; Diog. lib. II, imp. S. 121. & ſq.
N De orat, Cie. Il, 16. Nam cum plures orti eflent
fere a-Socrate, quod ex illis variis & diverfis, & in
omnem partem diffufis difputationibus alius aliud
apprehenderat, profeminatae funt quafi familiae dif-
Tentientes inter fe, & multum disjundtse, & disps-
res, quum tamen omnes. fe philofopbi Socratich &
dici vellent & efle arbitrasentur. n
624 Achtes Buch, Zweytes Eapitel,
Seele, und feiner war ihm in Anfehung der Sprach,
der Gemuͤthsart, und aller Tugenden und
ten fo ähnlicd), als Xenophon von Athen. Dieſer wel!
treffliche Mann hatte ſchon den größten und fchönßefl
Theil feines tebens im vertrauten Umgange mit dem Soſi
krates, und in einer glücklichen, aber ruhmloſen Dahl
verlebt, als er zuerft Gelegenheit erhielt, feine vom Br
Erates gebildeten außerordentlichen Kräfte und die in ed
Stille bisher geübten Tugenden auf einem glänzenem ii
Schauplaze wirfen zu laſſen, als auf welchem bank
irgend ein anderer Griechiſcher Weltweiſer und Fe
elte *). Proyenus, ein vornehmer Tpebaniäiuki
üchtling und alter Gaftfreund des Renophon, batlaggen
nach Sardes zu fommen, weiler ihn mit dem jünger ge!
tus, dem Bruder des damaligen Königs von Veit
und Gouverneur von ganz Borderaiien, als einem Di
befannt machen wolle, deflen Freundſchafft ihm her
cds fein Vaterland fey **). Xenopdon folgte der &
ladung feines Freundes auf ben Nach des Delphine
Apoll, an den ihn Sofrates gewieſen hatte, und
auch wirflich im Gefolge, und als ein Freund des Audit
mit dieſem jungen Helden den Zug in’s innere Aſien al
ohne zu wiffen, daß er gegen den König der Perjer fait,
ten follte ). Dies erfuhr er nicht eher, als die Me]R
gain
— _.._
°) Zenophon wurde DI. 82, 3. geboren, ging ohne
im funfzigfien Jahre zum Kyrus nad Afien, DI. 9]
und flarb Ol. 105, 1. vid, Hutchinf, Vic. Js
|
[U _ REDE
. 1-4
#%) Anaba, HT, 1.
+) Als Xenopbon den Brief des Prorenus erhalten hi
und den Sokrates fragte, was er thun follte, wird W
fer ihn an den Bott zu Delphi, weil es ihm bebeafd
ſchien, zu einem fo erBlärten Feeunde der Kapebämenk
ale Kyrus war, zu reifen. XRenophon erfundige N
Von den Schuͤlern des Sofrated, 625
Griechen, da ſie,ſchon in Cilicien angekommen, und
biel ſicherer war, dem Kyrus zu folgen, als ihn wi⸗
feinen Willen zu verlaſſen ). Nach dem Tode
ſes edlen Perſers, und der meuchelmoͤrderiſchen Hin⸗
ſtung ber vornehmſten Anführer und Hauptleute des
iechifchen Heers, welche Die Perfer unter den heiligs
ı Betheurungen in ihe tager gelockt und getoͤdtet hat⸗
, fanden fich die Mitftreiter des Kyrus in der vers
pfeltften Sage, worinn fich jemals ein Heer gefunden
Sie waren nicht nur in einem feindlichen Sande,
mit zahllofen Feinden umringt, fondern auch ohne
rer und Wegweiſer, ohne lebensmittel, und Reu⸗
y, die ihnen das Nothwendige hätte verfchaffen und
Feind verfolgen Fonnen, und was das fürchterlichfte
:, mehr als zehn taufend Stadien von ihren Vaters
ten entfernt, von denen fie durch viele reißende und
» Ströme, durch faft unerfteigliche Berge, durch
Ihnen unbefannte tänder, und durch eine Menge
ver DBölferfchafften getrennt waren, die mit allen
igen Menfchen in einem beftändigen Kriege waren,
für ihre Härten und Nahrung, wie für ihr teben
ıpften. Durch die Borftellungen aller diefer Gefahs
‚, und durch die Sehnfucht nach ihren Eltern oder
ibern und Kindern und väterlichen Wohnungen, was
die Griechen, die kurz vorher unter dem Kyrus die
fer beſiegt hatten, fo gänzlich niebergefchlagen ,
ie
aber nicht, ob es beffer für ibn ſey, nach Aflen zu zies
ben oder zu Haufe zu bieiben, fondern wie er am beften
zum Kyrus bintommen könne? Hieruͤber tabelte ihn
Sokrates, wie er ſelbſt mit einer einnehmenden Offene
herzigkeit erzähle J. e.
) ib.
Zweyter Band. Re
gen Mitcel feyen, einem unvermeiblichen Verl
enteinnen ). Ungeachtet er nur ein freywoillig
ger, und im Heere faft gar nicht befannt war
er doch die Hauptleute feines ermordeten Freu
fammen, und flößte anfangs nur diefen, und
auch dem übrigen Heere aufrichtende Hoffnun
gluͤcklichen Ruͤckkehr nach Griechenland ein. €
fie vor den verrätherifchen Anerbietungen der
und fehlug ihnen die Maafregeln vor, die fie
Stelle zu faffen hätten **). Durch feine Klug
Tapferkeit entgingen die Griechen in kurzer Zeit
folgungen der eben fo feigen, als-weichlichen Peı
befiegten auch) alle übrigen Feinde, unter wel
Hunger unftreitig der gefährlichfte war. Dur
phons Vorſicht vermieden fie die Beruͤckungen i
derfacher, und bereiteten denen, bie ihnen naı
Fallen, worinn fie gefangen wurden. Zenor
immer ber erfte, wenn gefährliche Höhen und
erfteigen und durchzuſchwimmen, ober Feinde
fen und abzuhalten waren. In Gefahren ober
falen unterftügte er bie teidenden und Ohnmaͤch
Dub Baflenn ana Mameka. . 5—
Bon den Schülern des Sokrates. 627
‘, flrafte die Uingehorfamen und Raubfüchtigen, und.
fte die Murhlofen und Ermattenden durch das Bey»
I feiner Standhaftigkeie *). Oft hielt er die wuͤthen⸗
: Krieger mit tebensgefahr von Frevelchaten und Uns
schtigfeiten zurück **), und forgte flets, wie ein wah⸗
Borgefezter nach der Vorſchrift feines Lehrers follce,
ye für das Wohl feines Heers, als für feine eigenen
rtheile **). Er kam deßwegen aud) fo arm aus
en zurück, Daß er ohne eine gänftige Wendung, bie
Gluͤck nahm, fein Pferd Hätte verfaufen müffen,:
‚nur wieder nach Haufe zu fommen }). Wegen dies
großen Verdienſte nannten und verehrten ihn bie
Maren als ihren Vater und Wohlthaͤter, und waͤhl⸗
ihn zu ihrem oberften Anführer, welche Stelle er
© ftandhaft ausfchlug, um nicht fic und feiner Bas
ſtadt den Haß der Spartaner zuzuziehen FF). Nichts
toweniger mufte Zenophon mehrmalen ſowohl mit dem
ide anderer Hauptleute, als der plözlichen Wuth der ges
inen Krieger fämpfen, Die alle nur gehorchten, fo
ge Feinde und Gefahr da waren, und hingegen in
Zeiten der Sicherheit aud) die heilfamfte und noth⸗
tdigfte Strenge ihrer Führer mit dem Tode zu ſtrafen
Rr 2 geneigt.
[U 07 [|
) Anab. IV. 4. p. 214. Einſtens wurbe das Heer fe tief
befchneit, daß viele Soldaten Mühe hatten, fich unter
dem Echnee berauszuarbeiten. Hierauf fand Een
phon nadt auf, und fing an, ohne alle Bedeckung
Holz zu hauen, um fich zu erwärmen, und den Abris
gen Much zu machen. Man fehe ferner Lib. V. Cop.
ult. p. 315, 319.
Mt) IV. 6. 311. & Cleonis Epift, de conferv, a Xenoph,
Byzant. | j
“) Vi. 6 & 7. p. 431. 450151,
P -ib.p. 456.
TH VLı p 827. VII. 437.
von den Warthern erfählagen gu werben, ein
Das andere in die Worte ausbrach: O bie r
‚ Griechen!
: Die Verrärheren eines Wahrfagers ,
phon. fich anvertraut hatte, zerſtoͤrte den Int
den er gefaßt hatte, der Gründer einer neu
am ſchwarzen Meere, und der Begluͤcker uni
ber von Menfchen zu werden, deren Erretter ı
führer er Sieger er geroefen war **). Allein w
noch andere Verbindungen Fonnten ihm das
des Heers rauben. (Er führte es daher, um
im bevorſtehenden Winter Unterhale zu vı
zum Seuthes, damaligen Könige von Thraci
chem er fein väterfiches Neich wieder eroberte u
terte; und hierauf übergab er es dem Thimbro,
lezt dem Agefilaus , der durch feinen Unter:
Beyſpiel die Tugend und Kriegsfunft üben |
Durch die Begänftigung dee Spartaner for
ber ihm ergebenen Hauptleute, ‚erhielt Zenopf
fo beträchtlichen Theil ber zulezt in Pprngien 9
Ponte. ha er nicht nur fiir (ich honnom lokon
wu
Bon den Schülern des Sofrated. 629
ch andern wohlthun Fonnte”). Ohngefaͤhr um biefe
it aber verwiefen ihn die Achenienfer wegen feiner ges
uen Verbindung mit dem Kyrus, und nachher mie
n Spartanifchen Feldern. Er blieb alfo eben fo
ige in Alien, als Agefilaus, und zog mit diefem Kös
je nach) Koronea, wo bie Thebaner überwunden wur⸗
1). Bald nachher ließ Kenophon fi) in Sifillus,
em Fleinen Städtchen, nieder, welches die Lakedaͤmo⸗
r ohngefähr zwanzig Stadien von Olympia erbaut .
ten. Hier Faufte er von vemjenigen Theile der Beute,
Ichen er der Diana gelobt. hatte, beträchtliche Laͤnde⸗
en, erbaute der Göttinn einen Tempel, der dem
heſiſchen ähnlich war, und feierte ihe zu Ehren ein
tliches Feſt, zu welchem alle Einwohner ber Stadt,
y) auch viele Sremblinge eingeladen wurden 7). Cr
ſſte aber zulezt diefen feinen geliebten Aufenthalt vers
en,. und gegen Korinch vertaufchen, weil Sifillus
ı den Eliern überfallen und faft gänzlich zerſtoͤrt
rde.
Zenophon glaubte zwar nicht, wie Sokrates, daß
von einem Dämon begleitet werde; allein er gab doch,
n wie fein Lehrer, auf die Dffenbarungen des Willens
Götter in Träumen, oder in andern Zeichen, wie
efen, am meiſten aber in den Eingeweiden der Opfers
ve, Acht. In der Auslegung der leztern glaubte er
felbft nicht unerfahren, und er ließ daher feine wich⸗
fen Entfchliegungen ftets auf Die Ausſpruͤche der Goͤt⸗
durch die Eingeweide von heiligen Opferthleren ans
oo Nr 3 | kom⸗
) Xenoph. I. c. p. 462.
*) V. 3. p. 27%
).ib,
Yuıyrıs ver yEIUEIUEIE SOELIBEIL UVELKUE 44
> So wie Eenophon in dem furzen Abfchn
‚gefchäfftigen !ebens mehr Menſchen durch
Thaten begluͤckte, als man mit einiger Wahr
feit von allen übrigen Freunden des Sokrates v
kann, eben fo nuzte er auch durch feine Schrif
Zeitgenoffen mehr, als irgend einer ber übrige
tifer. Er ließ feinen Zroeig von Kenntniffen,
*, 3.8. bie Errichtung ber Stabt am ſchwar;
loc, fup. eit. und die Annahme oder Ablehnur
führerftelle, die man ihm anbot. Vi. ı. p. 3:
#) Diogenes IT. 54. erzählt no vom Kenophon
feine beyden Söhne den Aehenienſern, a
E partanern bey Mantinea Hülfe geleiſtet,
babe, und daß einer von beyden, Gryllus
Held gefallen, und von unzähligen Dichter
worden ſey. Zenopbon erhielt, fagt e
Schriftſteller, die Nachricht von dem Tode fü
nee gerade, als er opferte. Er nahm def
Cranz von feinem Haupte, fezte ihn aber «|
auf, als er hörte, daß fein Sohn tapfer
ann mio rintar faaten Gel ken Inamina
Bon den Schlilern des Sofrated, 63
fingen und Männern nuͤzlich und unentbehrlich war, uns
bearbeitet, und machte die Griechen nicht nur mit den
Berfaffungen ihrer Staaten, mit der Gefchichte und
den Begebenheiten ihrer Zeit befannt: fondern lehrte
‚fe autch durch Regeln und Mufter, wie fie Leib und
Seele bilden, und durch Weisheit und Tugend eben fo
"glücklich, ale Sofrates werben fönnten; wie fie ihre
Haͤuſer und Baterftädte regieren, ihre Feinde übers
winden, und ihre Bürger im Kriege anführen müs
fen. Freylich haben mehrere unter feinen Werken
ben größten Theil ihres Intereſſe, und ihrer Brauchbars
Reit für uns verloren; allein man muß den Zenophon
Boch immer noc) für einen lehrreichern Schriftfteller,
s den Plato erflären, oder doch wenigſtens zugeben,
br er viel Fräftiger zue Tugend erweckt, als diefer fein
itſchuͤler.
Die Schreibart des Zenophon hat nicht fo große
amd mannigfaltige Schönheiten, als die des Plato, aber
ft dagegen auch von den Fehlern ber leztern frey.
wie entſpricht vollkommen der Schilderung, die Alki⸗
blades im Gaſtmale des Plato von der Sofratifchen Bes
redfamfeit macht, und man kann fie alfo mit Necht eine
genauften Abdrücfe der leztern nennen. Sie if
ein, und fehon, ruhig und edel, wie die Seele ihres.
Ichebers; auch erhebt fie fich bisweilen, aber doc) nie
> fehr, daß fie fich felbft ungleich, oder der Sprache der
Dichter ähnlich würde, wiewohl Zenophon nicht felten
Detifche Wörter braucht *). Ihr Wohllaut hatte für
Zriechiſche Ohren etwas fo unbefchreiblich Süßes, daß
Rr4 man
* Dieſes bemerkt auch Hermogenes, ber den Xenophon,
meiner Meynung nach, richtiger als Dionys beurtheilt.
Man ſehe die Zeugniſſe anderer Schriftſteller vom
Kenophon, oo u
—“
m,“ m,..-...„, .. w 2.7077, vv [4 wews we, — — * m...
‚eigenehümfiche Grazie, woburd) Dionys von Ha
die aͤchten Werke dieſes Mannes von den undd
terfchied. Wenn-ich ander Sprache des Tenophe
tadeln ſollte; ſo waͤren es einige froſtige Scherz
den aͤltern Kyrus oder ſeine Gefaͤhrten vorbring
and einige Spuren von Rednerfiguren des Gor—
ich in feinem Agefilaus finde. Dieſe tobrede ift
telding von hiftorifcher Erzählung und panegyrif
clamation. Zenophon wollte darinn den Redn
flimmen; allein ee konnte die Pracht und R
neriſcher Perioden nicht erreichen, und fiel darı
fonders in den leztern Abjchnirten, in ganze R
UnritHefen, die man nirgends im Plato fü
findet.
Inter feinen philoſophiſchen und politiſchei
ten, wenn man die Geſchichte des Altern Rp
mit darunter rechnet, find feine Haushaltı
0}
— —ü—— ——
Man ſehe die Zeugniſſe der Alten beym
p. 14.
Bon den Schülern ded Sofrated, : Gäs
glich aber fein Hiero die vollenderfien. In der ers
ı faßt er alles vollftändig und in einer vortrefflichen
aung zuſammen, was einem Sriechifchen Hausvater
>iffen nöthig war, und in dem andern Auffaze mahlt
te Defchwerden bes fo fehr beneideten Tyrannenle⸗
>, und bie Vortheile einer milden, mit den Geſezen
einſtimmenden Regierung mit fo lebhaften Farben
daß man, glaube ich, weder zu der einen: noch der
ern Schiiverung etwas beträchtliches hinzuſezen kann.
ine Denfwürdigfeiten find dem Inhalte nach viel wich⸗
x, als die beyden vorher genannten Schriften, und
zrere einzelne Abfchnitte, befonders die Fabel des
Yifus, find von einer Meifterhand ausgearbeitet
eden; allein das Ganze fünnte beffer geordnet und in
an genauern Zufammenhang gebracht worden fen.
feinen Betrachtungen über die Verfaffung der Ather
nfer macht Zenophon feinen Mitbürgern zwar feine
verdiente Vorwürfe, ungeachtet der Ton bisweilen
ttend fcheint *); allein in dem Gegenbilde derfelben,
der Deichreibung der Spartanifchen Negierungsform
d Sitten fchilvert er offenbar, zur Kraͤnkung der
henienfer, nicht die ausgearteten Spartaner ſeiner
it, und alle Gebrechen ihrer tyrannifchen Verfaffung,
ıdern die Gefeze und Menfchen aus dem Zeitalter Ly⸗
rgs; und er bemerft nur kurz und faft mit Wider⸗
len, was er nicht ganz verfehmeigen Fonnte,. daß die
ten den leztern unähnlich germorben ſeyen **). Das
oͤßte Meifterftück des Lenorhon iſt ſeine Geſchichte des
| es
ältern
©) Daß Kenophon, feiner Vermweifung ungeachtet, gegen
fein Vaterland nicht aufgebracht war, zeigt feine, Ab⸗
. handlung über die Einfünfte von Athen, in welcher er
bie wohlgemeynteſten Worfchläge zur Vermehrung ber
Jestern thut. |
u) c. 14
Den DET ZANDER, Dcipio, OET Croverer VOR!
und $ucull, dee Ueberwinder des Michridat,
vieles ſchuldig zu fenn befannten, als Cicero
moſthenes geftanden, daß fie dem Plato zu
hätten, Wenn bie Thaten und Begebenpeiter
nophon vom Kyrus erzäplt, auch nicht den N
aller übrigen Geſchichtſchreiber widerſpraͤche
wenn aud) nicht mehrere der größten €
fer verfiherten, daß Zenopfon den Inh
. MWerfs nicht aus Urkunden und Ueberli
geſchoͤpft, fondern daß er das Ideal eines volll
Regenten habe entwerfen wollen; fo wärde
untadelhafte Betragen des Kyrus von feiner er
heit an vis an fein leztes Alter, und die Ueb
mung feiner Neben, Grundſaͤze und Handlunge
Vorſchriften des Sokrates mid) auf das fefteft
gen, daß ber Kyrus des Kenophon nicht der
dereiher eine rohen ungebildeten Bolfs, und
. berer von Afien, fondern ein Bohn ber Einbilt
des Schrif ſtellers, und nach Sofratifchen M
ſammengeſezt worden ſey. Selbſt aber die M
bieler grohen Gelehrten, daß bie Kenophontifi
kung ter Thaten des Kyrus wahre Geſchichte feı
wie wahrſcheinlich und täufchend Zenophon
"Won den Schüleen.des Gofratt. 0695
leztere ift. Xenophon fezt feinen Helden, als Kna⸗
t und Süngling, ald Mann und Greis, als Sohn
bBater, als Freund und Feind, als Bundesgenoſſen
d Eroberer, als König und Feldherrn in alle nur ers
Ifbare tagen, um durch Benfpiele zu lehren, wie man
‚ in jedem Falle nach den Geſezen ver Klugheit und
gend zu betragen habe. Man findet daher feine
kwuͤrdigkeiten des Sokrates faft ganz in der Ges
chte des Kyrus wieder, und außer biefen noch mans
Bruchſtuͤcke Sofratifcher Weisheit, die er in ven ers
nn anzuführen vergeffen hatte Am meiften Fleiß
int Zenophon auf die Epifoden verwandt zu haben;
en dieſe find nicht nur fo vertheilt, daß fie Die Theil
ↄmung an der Hauprperfon und Haupthandlung ers
ſchen und verftärfen ; fondern fie find auch lehrreicher,
» fchöner gefchrieben , als die Übrigen Theile des
u |
6.
Unter ſeinen beyden eigentlichen hiſtoriſchen Schrif⸗
rn har die Geſchichte des Zuges und Ruͤckzuges der Grie⸗
en fo große Vorzüge vor der Fortfezung der Bücher
6 Thukydides, daß, wenn ic) nicht vom Gegentheil
yerzeugt wäre, ich eben diefe eigenthümlichen Vorzüge,
6 Deweile der Meynung einiger Alten brauchen würs
., daß diefe Arbeit nicht vom Zenophon, fondern von _
nem Sprafufaner Themiftogenes herrüßre. Die Ers
ihlung ift in der erſtern viel munterer, und die Reden
nd viel feuriger , als in der Griechiſchen Gefchichte ;
orzuͤglich aber find die Zeichnungen von Charafteren,
ergleichen man in der leztern gar nicht antrifft, fo meis
erhaft, daß man den großen Menfchenfenner und
Selbftbeobachter nicht darinn verfennen kann *), Es
- =) Man lefe die Schilderung des Kyrus J. q. Anab. II. 6,
die des Klearch, Prosenus und Menon p. 122,126,
zz
oem Wohijiuiioe VER WITIEUNNYEN Voirer DOT
daß nur felten die Lrfachen und Wirfungen
. Eräugniffe bemerft, und Begebenheiten ſowohl
lungen faft im Geſchmack von Chronifen, ode
gebüchern aufgezeichnet find, aus denen fie er
sechte Gefchichte hätten verarbeitet werben fol
I,
Euklides und Phaͤdo.
Megariker, oder Dialektiker, oder Eriſtiker, uı
und Eretriſche Weltweiſen.
an, unähnfich dem Xenophon und feinem &
ren Euflides, Phaͤdo, und Ariftipp , Die zwar:
dem Sofrates umgingen, aber weniger in die
pfen diefes Weltweifen, als indie ter Soppifte
Die beyden erften diefer vom Sofrates abw
Schüler ergriffen die Eriftif oder Zanffunft,
leztere die Sittenlehre der Sophiften. Weber t
noch die andern hatten viel eigenthuͤmliches,n
Bon den Schülern bed Sokrates. | 637: .
n alfo von ihren ſehr kurz handeln, wenn man bie
chichte der Sophiften recht vorgetragen hat *).
. Euflides gab nicht nur, der Warnungen des So⸗
es ungeachtet **), gerade diejenigen Unterfuchungen
, von benen fein tehrer urtheilte, daß fie allein den
nfchen. weifer und beffer machen fonnten, fondern er
varf auch die ihm eigenthümliche kehrart Durch Bey⸗
le und Sleichniffe 7). Eins von beyden, faäte er...
B nothmendig ftatc finden. Entweder werden im
ichniffen Dinge mit einander verglichen, die fich wirk⸗
ähnlich find; oder nicht. Im erftern Kalle wäre.
yeffer, daß man bey den Dingen felbft, vie man durch
Bufammenpaltung mit andern zu erläutern ſucht, ftes
‚bliebe. Im andern Falle hingegen hört der ganze.
ek der Vergleichung auf, und die Bergleichung ſelbſt
d uͤberfluͤſſig. — Euflives verband die Spizfindigkei⸗
der Sophiften mit den Grübeleyen der Eleatiker,
redete, wie diefe, von einer Einheit, ober fagteroe«,
tens, daß nur das, was einzig und fich ſtets aͤhn⸗
und gleich) fey, guf genannt zu werden verdiene; man.
te es Sort, oder Weisheit, oder mit noch andern
men nennen 771). Man that alfo ihm und feinen
yülern, bie von ihm die Megarifchen Weltweiſen ges
nt wurden, Fein Unrecht, wenn man fie mil dem
men der Eriftifee, den die Sophiften fehon getras
no gen
ED ——— ———— ——————————————————— —— —
) Die Zeitrechnung aller dieſer Männer iſt nicht genau
beſtimmt. Man kann aber ale wahrfheinlich auneh⸗
men, daß vielleicht einer ober Der andere vor bem Ker
nophon farb, daß aber Peiner Über den Plate hinaus
lebte.
8) JI, Diogen, 30,
) II. 107.
+) Cic, Ac, quaefi. IV. 43. Diog, U, 106...
mv Ute EnENUNNg VEV Iyues UUCE au
Fe die Stoiker auch ſehr oft Dialeftifer gen
Die unnuͤzen Künfte des Euklides b
in Griechenland nod immer den großen Benfa
Soppiften ihnen erworben hatten. Der Megari
weife zog und erhielt alfo auch viele Schüler,
nicht in kn Baterftadt & fehren fortführen
fich in andere Griechifche Städte und felbft au
chenland zerftreuten. Die Bornehmften war
lives, ein Schüler des Euflives, Diodor un
bende Zeitgenoffen, die den Euflives gleichfi
Tonnten T}), und endlich Alexinus Ft). Unte
‚ fen Männern war Stilpo der einzige, deflen
“Ger, als feine Kunft war, und deſſen Kräfte ı
®%) 1. 106. Diog. To de ya evrexvov,
Plato In feinem Theaͤtet ©. 99. xas re,
AUTav no adınav, nos eg Toy a)
arQıßnrer, we’ 8x egısınov wu Ar
9m. :
Bon den Schuͤlern des Sokrates. 639
Feinheiten der Euklidiſchen Dialektik befriedigt wur⸗
).
Er machte eine Zeitlang Megara zum Haupt⸗
der Weltweisheit in Griechenland, und entfuͤhrte
ch ſeine Beredſamkeit nicht nur den beruͤhmteſten
Uoſophen ihre Zuhoͤrer, ſondern machte auch viele
ı denjenigen wieder zu feinen Schülern, die ſchon
pe vorher Lehrer gewefen waren. Er fchmeichelte
em von den Königen, die um feine Freundſchafft
eiferten **), und verlor nichts von feinen Gütern,
‚er. bey der Zerflörung von Megara durch den Sohn
Antigonus fein ganzes Vermoͤgen einbüßte. — So
Euklides und feine Schüler einen beträchtlichen Theil
falſchen Weisheit der Griechifchen Sophiften vers
Imgen hatten; fo wurde ihre Dialeftif wiederum von
Dialeftif ver Stoifer verzehrt. Die Megarifer daus
u höchitens vier Menfchenalter fort, und verſchwan⸗
nachdem Chryſipp feine Dialektik gefchrieben,, und
Stoiker ſich ganz allein in den Beſiz diefer Wiſſen⸗
It geſezt hatten.
*Euklides und feine Nachfolger thaten eben das, maß
Sophiſten gethan hatten. Sie madıten die erften
andſaͤze anderer Weltweiſen, und felbft die Götter
Religion ihres Volks lächerlich 7): er
= L
®
Fü nn te nn — mann
Wil. 113,120.
NX. 603 p.Plut.
So fpottete Alexinus des Schluſſes des Zeno: daß bie
Melt nothwendig ein vernünftiges Weſen ſeyn muͤſſe,
weil ſie das vollkommenſte Weſen ſey, und dieſes ohne
Vernunft nicht ſeyn koͤnne, burch folgenden Gegen⸗
ſchluß: Die Fähigkeit zur Dichteunſt und Auslegung
alter Dichter, fagte er, iſt unflreitig befler, als das
Begentheil davon: nun iſt die Welt das vollkommen⸗
fie Weſen: alfo muß fie eine Dichterinn und in des
— — ————2
des Stilpo, welche Diogenes anführt: IR U
va, fragte er jemanden, die Tochter Juph
@ott? Und als diefes bejahet wurde, erwl
Wllein diefe ift doch vom Phidlas, uud nicht ı
ter, und alfo auch fein Bott. — Stilpo w
Aber vor ben Areopag gefordert, wo er ſich
Verdacht der Gottesläugnung duch eine ©
au retten ſuchte: daß er nur gelängnet habe,
nerva ein Gott, nicht aber, daß fie eine @
116. IL Allein der Areopag nahm feine
gung, wie feine Spoͤtterey, doch fo Abel auſ
. Ihn, feines großen Ruhms ungeachtet, aus
verwies.
©) 11.112. Diodor farb darüber, daß er ein So
Stilpo nicht gleich hatte auflöfen können, u
gen vom Ptolemdus den Namen Keovos erhi
@e) So behaupteten fie, daß nur das Kraft befize
der That wirte, und daß mit der Wirkung fid
‚Kraft verliere. Keiner ſey alfo ein Baumei
wenn er wirklich baue. (Met. Ariſt. cap. Y.
So befritt Diodor auch die Wirklichkeit der |
und des Todes. Wenn ſich etwas bemegen
er, fo bewegt es fich entweder in ber Stelle,
oder wo es nicht iſt; «num iſt weder der ein
andere Fall möglich; alfo eriflirt aud gar &ı
jung, und wenn feine Bewegung iſt; fo if
Ko und fein Untergang. Denn fo wie de
Kur mmol IE mail nd nn
Von den Schülern des Sokrates. 648
se bemuͤhten ſich fogar, unſere wichtigſten Begriffe, und
gewoͤhnlichſten und nothwendigſten Arten zu urthei⸗
und zu ſchließen, übern Haufen zu werfen *).
Stilpo beftritt die allgemeinen oder abgezogenen
egriffe obngefähr eben fo, wie im eilften und den fols
den Jahrhunderten die Nominaliften. ‘Der allgemeis
Begriff vom Menfchen, fagte er, drückt weder dies.
I, noch jenen, noch irgend. einen andern einzelnen
tenfchen aus, und iſt alfo erdichtet **). Waßs man.
a3
ober einen Saufen ausmache, und alddann zog er
ı Schluß, daß ein einziges Körnchen, oder eine eins
» (Einheit aus wenig viel, oder eine Menge mache FF).
efe Art zu fragen brauchte er nicht bloß bey den Des
ffen und Wörtern viel ober wenig, fondern auch
» dem größten Theil der , übrigen Derpälenißbegeife R
y
») Cic. L. c. quaeft. IV.24. Atqui habebam moleftos vo-
bis, fed minutos, Stilponem, Diodorum, Alexie
num: quorum funt contorta, & aculeats quaedam
fophifmata. Sie enim appellantur fellaces conclu.
fiunculae, |
II. 119.) Diog.
2 —*8P
+) 11. 109.
) IV. 29. Acad. Quacft, Ciceron,
Zweyter Band, ©s
643 Achtes Buch. Zweytes Kapitel,
bey | Reich und Arm, Klar und Dunkel, Groß un
Klein, Lang und Kurz u. ſ. w. und hieraus ſchloß e,
daß die Natur uns die Kenntniß der Graͤnzen ber Die
“ge verfage Habe. Chryſipp brauchte ein ſehr unzuläny IR
arın und reich u. f. vo. nahe kam; umd fezte alttal
auf einmal mit e
benfen lafle, als bis der Begriff, auf. den er fich
. bekannt ft, oder angegeben wird. nr
Die Richeigkeit aller unferer Urtheile glaubten I
Megariker dusch Die Bemerkung umzuſtoßen, daß milk,
von feinem Subject etwas bejahen oder fügen fi]
wenn nicht Das, was man bejahe, mit dem, wo
man es beiahe, völlig einerley fey. Man dürfe alfe p
fügen: der Menfch iſt Menfh, Sur ift Sur, *
*) ib, Platet enim Chryfippo, fi gradatim interroget,
verbi caufa, tria, pauca fine, anne multa? alique +
to prius, quam ad multe perveniat, quiefcere, il ı
eft, quod'ab iis dicitur, yougadev. Per men
ftertas Hicet, inquit Carneades, non modo quicks
Sed quid proficit? Sequitur enim, qui te ex fons
excitet, & eodem modo interroget. — Si habs
quod liqueat, neque refpondes; füperbis. Si m
babes; ne tu quidem perfpieis, — Si id tantumer
‚do, ut taceas, nibil affequeris, quid enim ad illes
qui te captare yult, utrum tatentem irretist ie, 5
loquentem?.
Won den Schülern des Sokrates, 643
mfen; aber niche: der Menfch ift gut: das Pferd
9 Wenn man biefes thue, fo bejahe man vom
ſchen und Pferde etwas, was von ihnen verfchieden
Denn wenn Gut mit dem Menfchen, und faufen
yet Pferde einerley wäre; warum man das -eine
von Nahrungsmitteln und Arzneyen, und das ans
son Hunden und Loͤwen fagen fönne? Diefen Trugs
5 entlehnten die Megarifer von den Sophiften,
Sokrates wunderte fich ſchon, wie felbft alte teure
Armuth an Verftande fo etwas bewunbern , und
rfinder davon für weiſe Leute halten koͤnnten **),
eicht aber drehten die Megariker zuerſt das Sophism
und fagten, daß alles, wovon man verfdhiebene
icate.behaupte, auch verfchieden feyn müffe, und
alſo, wenn man fage, daß Sofrates weife, und
dhaft, und dic geweſen fen, Sokrates eben fo viels
‚ ald die von ihm bejahten Eigenfchafften , feyn
pP).
Einer der Grundfäulen der ganzen Kunſt zu ben
), und den richtigen Gefegen des Schließens ftells
e eine Menge von mehr lächerlichen, als ſchwer zu
Ss 2 wider⸗
Plut. adv. Colat. X. p. 603 506.
) In Sophift. p. 109,
Simpl. in Phyf. Aufe. Arift. 26. fol. «.
) Nämlih: Omne quod enuntietur, aut verum efle,
aut falfum IV. 29. Ac. quaeft. Cic. & Sext, adv. Math,
Vili. 112. & fg. Diefen Saz länugnete Epikur cben
deßwegen, weil er bie Folge fuͤrchtete, die Diodor
Darauf 309: daß nur dasjenige möglich fey, was ent⸗
weder ſchon geſchehen fey, ober noch gefchehen werde:
Er'quidquid fieri poflit, id aut efle jam aut futurum
eſſe: nec magis commutari ex verisin falfa ea poſſe,
futurs ſuht, quam ca, quae falta funt, fie in
Tai immutabilitatem apparere, Cie. de fat c, 19%
Arsiani diſſ. Epicteti U, 19.
datz du HUHN, UND Die ahrtheit ja
Nun ſagſt du, bb bu oft, und fag|
fügft du. Entweber
Schluß wugeben , ;
zu ſchließen, und ben Grundiap aufgeb
jeder Saz wat ober falf) fen *).
Durch diefe, und ägnliche ——
gen die — bie Vertheidlger der
süglich den Ariſtoteles, und die heile u u
Ei beſonders den Chryſipp, bie Befeze bei
die Gegenmittel gegen Trugfchläfle zu
Pat: diefe Bernühungen wurden der w
nachteilig. Denn dadurch artete 1
der Griechen in eine Sammlung unerträgliu
digfeiten aus, mit deren Huͤlfe man fich zn
der Erit fonnte, bie aber f
brauchbar wurden, fobald die Thoren v
welche fie nothwendig machten, und bie ı
nichts zus Ausbildung der Erfenntnißfräfte
He
Bon den Schlilern bed Sokrates. 645
ung der Wahrheit, und zur richtigen Beobachtung
ver felbft und anderer beytrugen *).
Bon den Megarifchen Weltweifen waren bie Elis
m und Eretrifchen fo ‚wenig verfchieden, daß: ich fie
ht einmal anzuführen brauchte, wenn fie nicht als
e Sekten von mehreren Schriftfiellern genannt würs
. Phaͤdo, das Haupt der erftern, und Menedemus,
Stifter der andern, ſtimmten mit dem Euklides und
en Machfolgern fo genau überein, dag man faum
: einzige ihnen eigenthümliche Lehre aufgezeichnet fins
Die Elifchen oder doch die Eretrifchen Weltwei⸗
beftritten eben die Arten zu urthellen, und zu fchlies
, welche die Megarifer- angegriffen hatten **). Sie
ten nur von einer einzigen Tugend, die aber mehre⸗
tamen habe ***), und fezten diefe einzige Tugend im
yarfjinn oder eine vorzügliche Fähigfelt, die Wahr,
zu erfennen 7). Bey einer folchen Armuth am
ıen Gedanfen oder neuen Wahrheiten ift es leicht zu
Iren, wie diefe beyden Fleinen Schulen Faum drey
afchenalter fortdauerten, und.alfo noch früßer, als
Diegarifer untergingen FF).
’ Ss 3 IL.
Nach dem Diogenes handelte ein gewiſſer Klinomachus
von Thurium, einer der Nachfolger des Euklideſs, zus
erſt von ben verfchiedenen Arten von Saͤzen, nub von den
Kategorien; allein Ich zweyfle ſehr daran, daß man bie
Saͤze erft fo fpät follte eingetheift, und vor dem Ariſto⸗
teles von den Präpicamenten gehaubele haben; wies
wohl man, es ach gefonnt hätte, ohne fie fo auseinan⸗
der zu fegen, ale der Gtagirit gethan hat.
‚ Diog. II. 139. & Simpl. in Arift, Phyf, fol. 20, a.
) VII. Plut. de virt. mor. p. 734.
II, Cicer. Ac. quaefi. IV, 421.
, 1. 105. Ich fann nicht längnen, daß Ich ſchon manch⸗
malen gezwepfelt habe, ob ich dem Phaͤdeo den Bann,
0)
ver ur
feine lehren;
zu werden.
Ariſtipp hielt es für Thorheit, fich m
Tegenheiten des Vaterlandes zu befangen,
{yon fo viele De fofte, fi aleb Dasjeni
ober aber ben abtrännigen SchAlern dei
zählen follte. Wenn man ihn von ben
fondern wollte; fo koͤnnte man fagen,
Sqriftſteller nur den Menebemus und
Philoſophen als diejenigen nennen, w
Hnbigteiten der Megariker und Sophifte
hätten: baß eben diefe erzählen, daß I
Stilpo vor allen andern beroundert habe
durch biefen Zuhörer des Stilpo der N
fen Weltweifen entftauden feg. II. Di
135. Fuͤr die entgegengefezte Meyn
manı bieled worhrinaen. hafı man herl SI
Von ben Schlileen des Sokrates. 647
ft brauche, zu verfchaffen *). Ihm ſchien es laͤ⸗
rlich, fich vieles zu verfügen, was man gerne hätte
sen oder genießen mögen, um bie Wuͤnſche eines wars
rüthigen Volks zu befriedigen , oder ſich um einen
bel verdient zu machen, der oft feine größten Wohl⸗
fer tödte, oder fie, wie ein harter Herr feine Scla⸗
behandele, ober wenigſtens von feinen Haͤuptern
Arten von Gluͤck erwarte, und zugleich verlange,
fe an denen von ihnen erworbenen Gütern feinen
si nehmen ſollten *). Ariſtipp verlangte eben. ſo
ig Konig oder Bölfsfüprer, als Knecht zu ſeyn;
entfagte fogar allen Borrechten eines Bürgers, um
auch der oft unangenehmen Pflichten deſſelben übers
en zu werden T). Er zog gleich den Soppiften in
ı Sriechiichen Stäbten umher, hielt fich aber nirs
zs länger auf, als er von feinen Bortheilen und Ver⸗
gungen gefeflelt wurde, und. füchte ald ein ewiger
mbling die Sreuden einer jeden Stadt zu genießen,
e von ben Laſten, womit ihre Einwohner fie erfaufs
‚ etwas auf fich zu nehmen. m war ed nichs
m zu thun, fein Gluͤck in ben Gluͤcke anderer zu
en, und durd) Dienfte und Aufopferungen für feine
yennmenfchen fic) Schaͤze von Seelenfreuden ſowohl
fein irrdiſches als für eim befleres unvergängliches Le⸗
zu fammlen; fein ganzes Beſtreben ging vielmehr
n, unbefümmert um die Bergangenheit und Zufunft
a gegenwärtigen Augenblick, fo viel er konnte, zu
2, von allen Seiten fo viel Freuden, ald möglich,
utreiben, und alle Sinne mit den ausgefuchteften
Ss 4 Ders
Xen. Mem. Socr. 1. ı, .
>) ‘en. Il. ı. pP. 67.
-ib, |
Mel und Gefahren dulde “, '
"ich zwar niemals (und dies war die einzige!
‘die er aus der Sofratifchen Philoſophle ih
fehre der Soppiften hineinbrachte) irgend «
telbenfchafft in eine fo gänzliche Dienſtba
“Ihe nachher wider feinen Willen haͤtte folgen
r fonnte alfo bie kais bejizen, ohne von
und in’s DBerberben gezogen zu werben F).
es ihm feine Ueberwinbung, drey Mädchen
ihm ſchenkte, und die mit den Görtinnen
"um den Preis der Schönheit geftritten £
ruͤhrt zu entlaffen F}). Er warf Schäge t
®) Ael. varias Hiſt. XIV. 6. Luclan, Vit,
To dexedarmo vns reoaDerews
TaeDeoren, dmacı xenodeu, rar
vigeoYas Tv hdornv. & Ari, ap.
Memor. Socr. p. 68. Euxurov 1
ar vas BuAouerss y ons was mæ
®*#) Hor. I. Epiſt. 1. Nunc in Ariftippi fi
relabor. & mihi res. non me rel
Von den Schülern des Sokrates. 649
6m ober nur feinen Selaven befchwerlich wurden *),
end verlor beträchtliche Güter, ohne den Troft eines
Breundes zu brauchen, der weniger befaß, als er übrig
rebalten hatte *). a er verlachte diejenigen, die ger
wg hätten, um bequem zu leben, und doch immer mehr
erlangten, alö Thoren, und verglic) fie mit ven Kan⸗
len, vie beftändig äßen und tränfen, ohne jemals ges
ttigt zu werben ). Nichts deſtoweniger duldete er
Me größten Unwuͤrdigkeiten, und fehmeichelte Tyrannen,
um entweder an ihren Freuden Theil zu nehmen, ober
bon ihnen aud) Neichthümer zu erhalten, wofür er Ders
nögungen faufen fönnte 7). Wenn alſo eben viefer
Ariſtipp fich vor Uebermaaß nicht weniger, als vor peins
Uchen Enthaltungen in Acht nahm FF); fo that er die⸗
in feiner andern Abficht, als um eben die finnlichen
nuͤgungen, in welche er fein höchftes Gut fezte,
befto länger genießen zu Fönnen ; denn er zog bie Freu⸗
Den der Siebe und der Tafel, den Beſiz prächtiger oder
veichlicher Kleider und Geräthe, den Genuß Föftlicher
Wohlgeruͤche und Balfame und anderer Süßigfeiten
res Jebens, allen Entzuͤckungen vor, welche die Erfor⸗
chung der Wahrheit , und die Ausuͤbung der Tugend
jewähren koͤnnen 111). Ge bie eigennüzige Klugheit,
85 die
”) ib, ſ. 77. & Horat. Serm, II. 3, |
“#) Plut. de Animi trang. tom. VII. p. 8356. _
###) VII 79 p. de divitiarum cupid. Wahrſcheinlich aber
bat Plutarch hier einen Gedanken des Antifthenes dem
Ariſtipp zugeeignet.
+) Diog. 67. 78 8. & ibi Menag. . j
am IL 75. Ere To ngaren nu un nrraodu n-
0vav , aeısov, & To un Xenedau.
+++) Erunterbrach fein Wohlleben auf der Inſel Aegina kei⸗
nen Augenblid, um feinem Lchrer in ben Gefahren
und
Eonne, ju endigen, weil fie niemals ofne
Verdruß unterhalten werden fönnten }).
er die fönigliche Kunft, die Sofrates lehr
Kunſt en zu Bu und —
verachtete; ſehr fand und ſchaͤzte
Kunſi des Wohllebens }}), bie Gefchidlic
alle Zeiten und Menſchen zu fehicen; eine:
die feinem nothwendiger und wichtiger iſt,
welche die Menfchen fo nuzen wollen, wie
“
mb ber Stunde des Todes beuzufchen,,
nur nm zwey Ennbert Stadien von ihm
Dieg, 655. & ibi Menag.
® Acl. Var. Hi. XIV. 6. Ilavu ode
vos eunes Aeyen 6 Agısımmos, ee
Te Tus aa duon ermapven ,
emınrav Teer eußumas *
Ta TuwTo. ns iNew diavesas amwede
“4 Du bafl, fagt er zn Icmauben, die Erlan
pien, fo lange, als du willſt; ich aber &
eben nicht anzuhören. 70 1. Diog.
D Ras feinem ganzen Übrigen Eharafter fa
Bon den Schülern bes Sokrates. @gı
zen bie Abficht Hatte ). Kein Griechiſcher Welt⸗
e gefiel daher dem launichten Dionys fo fehr, als
ipp, und felbft die Feinde dieſes Welnveifen muften
ven, baß er den Purpurmantel eben fo gut, als dem.
ſerſtab zu fragen wife »*). Er hatte einen nie
fchöpfenden Reichtum an Einfällen, und Wen⸗
en, um die Beleidigungen des Wohlftandes und
erträchtigfeiten, die er fich erlaubte, zu rechtfertis
oder zu entichuldigen. Henn man ihm vorwarf,
x fich vom Dionys geduldig habe in's Geſicht fpeien
; fo antwortete ee: bejubeln fic) doch Fiſcher, um
elende Fiſche zu erhafchen; warum follte ich mich
nicht einmal beſchmuzen laflen, um einen reichen
zu hun)? Tadelte man ihn aber, daß er üppig
verſchwenderiſch lebte; fo erwiberte er, daß man
die Götter an ihren größten Seften durch Pracht
Verſchwendung ehre, oder daß er nicht ſchwelge⸗
fey, wenn er feltene Fiſche oder Voͤgel theuer bes
, fondern daß vielmehr andere, die diefes nicht thaͤ⸗
karg ober geizig wären Tf). Als einer feiner Schuͤ⸗
ı feinem Namen errörhete, da.er ihn in ein beruͤch⸗
3 Haus hinein gehen ſah; fo fagte er, daß nicht das
ingehen, fondern das Nichtherausfinden Fonnen,
Dios. 1. 621. Hor. Lib. I. Ep. 17. .
Omnis Ariftippum deeuit color, & Ratus & res.
) ib, Auch bie Bevſpiele von Freymuͤthigkeit, die man
von ihm erzähle, find fo beſchaffen, daß er vorausſehen
konnte, baß die wizigen Einfälle des Dienys mehr ers
gözen, als bas Salz, was darinn lag, ihn beißen wer⸗
de. Dean fehe ſ. 73. 82. Diog. & ib. Comment. War
ren boch von jeher Kofuarrens freamhrhiger , als die es
fien Minifter, und zwar mis viel geringerer Gefahr!
Diog. ſ. 67,
, (68. 75.
a Acchtes Buch. Zweytes Eapitel.
Schande bringe *). Klagte man ihn endlich an, daße
ſich gleich den Sophiſten für feinen Unterricht bezan
ifäffe, oder daß er, wie die übrigen Schmeichler, vol,
dem Dionys getanzt Habe; fo war er fehon shit ber Me
“wort ba, baß er das erftere nicht ſowohl um feines Yale
theils willen thue, fondern damit die Dienfchen wſchn
“wozu fie ihr Geld brauchen follten, und daß er fi Wie
dem andern nicht zu fchämen brauche, weil, wie Gin
pibes finge, ein weiſer Mann nicht aufpöre weiſe zug
ſelbſt alddann, wenn er den Thyrſus trage *%), M
kann alfo den "Ariftipp zwar ald das Mufter eine W
‚ nen Weltmannes: und eines weifen Wohlluͤſt
aufftellen, in fo fern es einen foldyen giebt; allein wii
man glaubt, daß mit feinee Wohlluft Tugend un Th
terlandsliebe vereinbar waren; fo fennt man ent
die Gefchichte des Mannes, oder man kennt auch
Menſchen nicht +). u |
k
GEHE SET GE GE
) L. e. ui
=) f, 72. 78. Beym Diogenes kann man noch
Repartien des Ariflipp Iefen, vie ich Fir Acht ha I
weil fie dieſes Weltweiſen vollfonmen wuͤrdig fi
und vom Diogenes, wie vom Athenaͤus, aus end
tern Schriftſteller, Hegefianar, gefhöpft find. XILi=
Athen. An der Aechtheit der von ihm erzählten U ,
ten und Einfälle kann man um fo weniger zwejſchl
wenn man bie Titel feiner Schriften gelefen bat, 6A '
widmete zwey feiner Werfe, und unter biefen eins u
Spiegel, der Lais. Im andern vertheidigte cr Ü
gegen diejenigen, bie ihm Borwärfe darüber mahnt
daß er einen prächtigen Tiſch führe, daß er alte Bi
und fchöne Buhlerinnen beſtze, und daß er fi dır d
gemeinen Verachtung ausfeze ſ. 84. Diog.
3) Einer der lächerlihften Lobrebner des Ariftipp iſt Me
zius in feinem Arifiippus pbilofophus Secratich
welchen elenden Auffaz man kaum ohne Unmillen Ida
nu.
Ben den Schülern des Sokrates. 653
Bon einem Weltweifen, deflen teben und Lehren fo
nic den verdorbenen Sitten der Zeit übereinftimms.
iſt es nicht zu verwunbern, daß er Schüler, fons
daß er nicht mehr berühmte Schüler Hatte, als von -
Schriftftellern genannt werden. Kaum findet mar
tamen von zwölf Ariſtippiſchen, oder. Korenäifchen,
Poilofophen des Bergnügens (fo wurden die Nach⸗
° des Ariſtipp genannt *),) aufgezeichne. SBon-
n derjelben weiß man genau die Zeitrechnung ‚und
ſelbſt ihre Folge ift ungewiß**). Nur einer dieſer
ner milderte die Grundſaͤze des Ariftipp; Die uͤbri⸗
rieben fie in eben dem Maaße weiter ,-, in welchem.
Sitten der Griechen verborbener wurden. ‘Diefer:
‚ wider Sitten und Religion befehleunigte aber den:
ber Nachfolger des Ariftipp; denn öffentliche lehrer
Infittlichfeit und des Unglaubens fünnen felbft bie
ofeften Bölfer und Zeitalter nicht ertragen: So
ie Stoifer die Megarifchen Zänfer aufriebens fo
we Epikur die Ariftippifche Philofophie, die er eben
ye als die Demofritifche plünderte, oder befler vers
erte, und eben dadurch auch weniger abſchreckend
te. Ä
Ä Ariſtipp
ann
Diog. I, e. & Cicer, III. 33. de of, on
y Es if gewiß, daß Ariſtipp feine Tochter Arete, und
diefe ihren Sohn Ariflipp unterrichtete. (XIV. i8. Eu-
feb, Praep. & Diog. II. 86.), allein über die Zolge
der übrigen widerfpricht fid Diogenes, der aus Vers
fdiedenen Quellen ſchoͤpfte, deſſen firelteude Nachrich⸗
ten aber boch bie einzigen Quellen fine, fiche I. c. &
ſ. 98. Am wahrſcheinlichſten iſt es mir, daß Annice⸗
ris, ben Menage ohne Noth verboppelt, den Axiſſipp
gehört habe, daß auf dieſen Theobor, und auf den Theo⸗
dor Hegeflad, Evemerns und Bion Borpfihenites ge
folgt feyen. Ä |
er."
a und adrigen Asıytenichafften,
Sefnmung ober Erweiterung fid) die &or
fen Ruhm und fo große Verdienſte ei
den Handlungen, von ben Ürſachen, unt
Beyfall FF). In dem Abfchnirte von den
men wahrſcheinlich nur einige Betrachtung:
gion und Tod vor; denn eigencliche phnfifch
gen hat Fein Schriftfteller dem Kyrenaͤiſche
wugeeignet. Der fünfte Abſchnitt enthielt
Ten über die Natur unferer finnlichen Erke
che Sebanfen unftreitig die richtigften und «
fien unter wei — welche Ariſtipp und |
ger vorgebracht
Unfere Empfindungen, ſagten dieſe Bel
®) Bul. XV. 12. Melleg. & Clit, ap. Diog, p
7 S. 71. Diog.
) S. 79.
}) Arifot. Mer. Lib. I. c. a. Er nem
ſelbſt einen Geptiften.
Bon den Schliern bed Sokrates. 655
‚ie einzigen Kriteria oder Negeln dee Wahrheit und
trethums, und aud) allein untruͤglich; unter den
nftänden hingegen, die diefe Empfindungen in uns
ebringen, ift feiner, deſſen Wefen over Ei
ie richtig erfennen können”). Wir Ebnnen es
alle Gefahr des Irrthums fagen, daß wir die Ems
ng vom Süfen oder von etwas Weißen haben‘
wir fönnen nichts darüber entſcheiden, ob dasjes
was und diefe Empfindung verfchafft, Süß oder
j, oder etwas unferer Empfindung entiprechendes
Wir Fönuten eben diefe Empfindungen aud) von .
en erhalten, die weber füß noch weiß wären, fo
Jerfonen, die an den Yugen oder dem Verſtande
, alles dunfel oder roch oder doppelt jehen. Dieſe
icklichen haben allerdings die Empfindung von etwas
m oder rothem oder doppelten; allein fie irren fich,
fie glauben, daß das, was fie afficire, blaß oder
oder doppelt ſey. Nennt man alfo unfere Empfins
n finnliche Erfcheinungen; fo find vie feztern alle
Gibt man aber dieſen Namen ven Urſachen uns
Empfindungen; fo find fie alle falſch, oder doch fo
ıffen, daß wir ihre Wahrheit nicht erfennen und
fen fonnen. Unſere Empfindungen beweiſen nichts
e, als fich felbft und ihe Daſeyn; und das, mas
uns ift, und unfere Empfindungen veranlagt, iſt
icht etwas wirkliches, aber nicht fo, daß wir es
nehmen fonnten. In Anfehung umferer eigenen
findungen Fönnen wir und daher gar nicht irren,
nfehung ihrer Urfachen aber oder deren Defchaffen,
rren wir ung alle, indem Wir unmögfich beftimmen
mn, welche unter den verfchiedenen Empfindungen,
on denfeldigen Gegenftänden nad) der Ve
VII. 191. Sext,
Awınayenn av Sepyupjuugy vyige any ge]
Muͤtſeligkeiten und Gefahren dulde **).
"fich zwar niemals (und dies wardie einzige
‘die er aus der Sofratifchen Phitofopkte I
lehre der Soppiften hineinbrachte) irgenb
Lidenſchafft in eine fo gaͤnzliche Dienſtbe
x nachher wider feinen Willen haͤtte folgı
"Er fonnte alfo die fais bejizen, ohne vor
und in's Verderben gezogen zu werben F).
es ihm feine Ueberwindung, drey Maͤdch
ihm fehenfte, unb die mit den Goͤttinne
"um ben Preis der Schönheit geſtritten
ruͤhrt zu entlaffen F}). Er warf Schäze
®) Ael, varlao Hit, XIV. 6. Lucien, Vi
To deneDarmıov vns wen Derews
TeeDeoven, aimanı Kenodas, mwucı
vigeodas rm Hdovnv. & Ari, ap.
Memor. Soer. p. 68. Eucurov
as T8s Beropass 2 177 nd
ws) ib. 1.
®e®) Hor. I. Epif. 1. Nunc in arimppi
enlehne 8 mihi mu um un.
WVon den Schuͤlern des Sokrates. 649
m ober nur feinen Selaven beſchwerlich wurden *),
id verlor beträchtliche Güter, ohne den Troft eines
*eundes zu brauchen, der weniger befaß, als er übrig
halten hatte *"). a er verlachte diejenigen, die ges
g hätten, um bequem zu leben, und Doch immer mehr
»langten, als Thoren, und verglich fie mit ven Kran⸗
z, die beftändig aͤßen und tränfen, ohne jemals ges
tigt zu werden *"*), Nichts deftoweniger duldete er
größten Unmürdigfeiten, und fehmeichelte Tyrannen,
u entweder an ihren Freuden Theil zu nehmen, oder
ra ihnen auch Reichthuͤmer zu erhalten, wofür er Ber»
ügungen faufen fünnte 7)). Nenn alfo eben viefer
siftipp fich vor Uebermaaß nicht weniger, als vor peins
Ben Enthaltungen in Acht nahm FF); fo that er dies
> In feiner andern Abſicht, als um eben die finnlichen
ergnügungen, in welche er fein Höchftes Gut feste,
ſto länger genießen zu Fonnen ; denn er zog bie Freu⸗
nn der Liebe und der Tafel, den Beſiz prächtiger oder
eichlicher Kleider und Geraͤthe, den Genuß Föftlicher
Zohlgeräche und Balfame und anderer Süßigfeiten
8 febens , allen Entzuͤckungen vor, welche die Erfors
yung der Wahrheit, und die Ausübung der Tugend
währen koͤnnen 111). hen die eigennüzige Klugheit,
58 5 die
*) ib. ſ. 77. & Horat. Serm. II, 3.
“®) Plut. de Animi trang. tom. VII, p. 86. _
“##) VIII 79 p. de divitiarum cupid. Wahrſcheinlich aber
bat Plutarch hier einen Gedanken des Antiſthenes dem
Ariſtipp zugeeiguet.
+) Diog, 67. 78 8. & ibi Menag. . j
ft) I. 75. Eros To ngarev,! nos un nrraodau N-
0vov, agısov, 8 To un XKeneIau.
+++) Er unterbrach fein Wohlleben auf der Inſel Aegina kei⸗
nen Augenblid, um feinem Lehrer in ben Gefahren
und
Ir mn I en en
dan⸗ zu endigen, weil fie niemals ohn
Verdruß unterhalten werden Ehnncen )
‚er bie Königliche Kunft, die Sofrates Iehı
Kunft Menfcyen zu regieren und gluͤcklick
verachtete ; fo fehr verftand und ſchaͤzte
Kunſi des Wohllebens }}), die Geſchickli
‚alle Zeiten und Menſchen zu ſchicken; eine!
die feinem nothwendiger und wichtiger iſt
melche die Menfchen fo nuzen wollen, wiı
»
amd ber Stunde des Todes beyzuftchn,
nur um zwey hundert Stadien von ihm
Diog, 65 S. & ibi Menag.
®Ael. Var. Hi. XIV. 6. Navu 0Qe
vas eunes Aeyey 6 Agısımaos, rei
Te Tas nageAdscw emmauven ,
emiovrav TEoREUVeN eufumas ı
To Toısro. nu iNew Öinvorus aode
ft, fagt er zn Iemanben, die Erları
mge, als du willſt; ich aber u
reden nicht anzuhören. 70 f. Diog.
N Nach feinem aanzen Äbriaen Charakter fa
Bon den Schülern des Sokrates. Gsı
zzen bie Abficht hatte *)., Kein iſcher Wele⸗
r gefiel daher dem launichten Dionys fo fehr, als
ipp,, und felbfi die Feinde dieſes Weltweiſen muften
ben, daß er den Purpurmantel eben fo gut, als den
ferftab zu tragen wife ”) Er Hatte einen nie
‚fchöpfenden Reichthum an Einfälen, und Wen⸗
en, um die Beleidigungen bes Wohlſtandes und
erträchtigfeiten,, die er ſich erlaubte, zu rechtfertis
oder zu entichuldigen. Wenn man ihm vorwarf,
re ſich vom Dionys geduldig habe in’s Geſicht fpeien
3 fo antwortete er: beſudeln ſich doch Fiſcher, um
e elende Fiſche zu erhafchen; warum follte ich mich
nicht einmal beſchmuzen laſſen, um einen reichen
z zu thunt)? Tadelte man ihn aber, daß er üppig
verfchwenberifch lebte; fo erwiderte er, daß man
die Götter an ihren größten Feften durch Pracht
Verſchwendung ehre, ober baß er nicht fchwelges
fey, wenn er feltene Fiſche oder Voͤgel theuer bes
, fondern daß vielmehr andere, die dieſes nicht thaͤ⸗
farg oder geizig wären Tf). Als einer feiner Schuͤ⸗
ı feinem Namen erröthete, da.er ihn in ein beruͤch⸗
3 Haus hinein gehen ſah; fo ſagte er, Daß nicht das
ingehen, fondern das Nichtherausfinden ——
| ats
LU} XRRRRXX
Diog. II. 621. Hor. Lib. I. Ep. 17. .
Omnis Ariffippum deeuit color, & Ratus & res.
) ib. Auch bie Bevſpiele von Zreymäthigkeit, die man.
von ihm erzählt, find fo beſchaffen, daß er vorzusfehen
Eonnte, daß bie wizigen Einfälle deu Dionys mehr ers
gözen, als das Salz, was darinn lag, ihn beißen wer⸗
de. Mean fehe 1.73. 82. Diog. & Ib. Comment. War
ren boch von jeher Hofuarren —— , als die er»
ſten Miniſter, und zwar mit Viel geringerer Gefahr!
Diog ſ. 67: |
) ſ. 08. 79.»
dem andern nicht zu (chämen brauche, w
rides ſinge, ein weifer Mann nicht aufpörı
ſelbſt alsdann, wenn er den Thyrſus tray
Fann alfo den Ariftipp zwar als das M
nen Weltmannes und eines weifen OO.
aufftellen, in fo fern es einen ſolchen giebı
man glaubt, daß mit feiner Wohlluſt Tu
terlandsliebe vereinbar waren; fo fennt ı
die Gefchichte bes Mannes, ober man A
Menſchen nicht +).
„le
“*) ſ. 72. 78. Beym Diogenes kann maı
Repartien bed Ariſtipp leſen, vie ich
weil fie biefes Weltweiſen vollfommei
and vom Diogenes, wie vom Athendus
tern Schriftſteller, Hegeſianar, geſchoͤpf
Athen. An der Aechtheit ber von ihm
ten und Einfälle kann man mm fo we
wenn man bie Zitel feiner Schriften gel
widmete zwey feiner Werke, und unter |
Spiegel, der Lais. Im andern vert
Bon den Schhlern des Sokrates. 653
Don einem Weltweifen, beffen teben und Lehren fo
nit den verdorbenen Sitten der Zeit: übereinftimms.
ift es nicht zu verwundern, daß er Schüler, ſon⸗
daß er nicht mehr berühmte Schüler hatte, als von
Schriftftellern genannt werden. Kaum findet man
Tamen von zwölf Yriftippifchen,, oder: Kyrenäifchen,
Philofophen des Bergnügens (fo wurden die Mache:
r des Ariſtipp genannt *),) aufgezeichnet. SBen-
m derſelben weiß man genau die Zeitrechnung ‚und
ſelbſt ihre Folge ift ungewiß"*). Mur einer dieſee
mer milberte die Örundfäge des Ariftipp; die uͤbri⸗
rieben fie in eben dem Maaße weiter, in welchem:
Sitten der Griechen verborbener wurden. Dieſer
) wider Sitten und Religion befchleunigte aber den
ber Nachfolger des Ariftipp; denn öffentliche tehxer
Infittlichfeit und des Unglaubens koͤnnen felbft bie
ofeften Bölfer und Zeitalter nicht ertragen: So
ie Stoifer die Megarifchen Zänfer aufriebens fo
rte Epikur die Ariftippifche Philofophie, die er eben
ye als die Demofritifche plünderte,, oder beffer vers
erte, und eben dadurch auch weniger abſchreckend
te.
Ariftipp,
Diog. l. e. & Cicer. II, 33. de of. In
) Es ik gewiß, daß Ariftipp feine Tochter Arete, und
diefe ihren Sohn Ariflipp unterrichtete. (XIV. i8. Eu-
feb. Praep. & Diog. Il. 86.), allein über die Folge
der übrigen widerfpricht fild Diogenes, ber aus Vers
ſchiedenen Quellen ſchoͤpfte, deſſen fireltende Nachriche
tem aber doch bie einzigen Quellen find, fiche 1. c. &
f. 98. Am wahrſcheinlichſten iſt es mir, daß Annices
sis, den Menage ohne Roth verdoppelt, den Uriflipp
gehört habe, Haß auf dieſen Theodor, und auf ben Theo,
dor Hegeflas, Evemerns und Bion Borpfibenites ge⸗
folgt ſeyen.
27⸗
und adrigen Asıyjenichafften,,
55 oder a fich die Sn
und fo gr
ten — ganze Philoſophie —*
fünf Abſchnitten: aus der lehre von ben
Uebeln, von den Empfindungen und febenf
den Handlungen, "von ben Ürfachen,
Beyfall 11). Im dem Abſchnitte von m
men wahrfcheinlicy nur einige Betrachtunge
‚gion und Tod vor; denn eigentliche — ſiſch
gen hat fein Schriftfteller dem Kyrenaͤ
gugeeignet. Der fünfte Abſchnitt em e
Een über die Natur unferer finnlichen Exfeı
& Gedanken unftreitig die richtigften und e
fien u un I I, welche Ariftipp und fi
ger vorgel
Unfere Empfindungen, ſagten dieſe Wel
Buf. XV. 12. Nellez.& Clit, ap. Diog,
Kin p- Diog. p.
+} Arißor, Mer. Lib, I. c. 4. Er nem
feld einen Gephiften.
Bon den Schülern des Sokrates. 655
d die einzigen Kriteria ober Regeln dee Wahrheit und
Irrthums, und aud) allein untruͤglich; unter dem
genftänden hingegen, die diefe Empfindungen in uns
vorbringen, ift feiner, deſſen Weſen oder Ei |
wir richtig erfennen könnten”). Wir Ebnnen es
e alle Gefahr des Irrthums fagen, daß wir die Em⸗
dung vom Süfen oder von etwas Weißen haben’
in wir koͤnnen nichts darüber entfcheiven, ob dasje⸗
:, was und diefe Empfindung verfchaffe, Süß oder
iß, oder etwas unferer Empfindung entfprechendes
e, Wir koͤnnten eben diefe Empfindungen aud) von :
zgen erhalten, vie weder füß noch weiß wären, fo
Perfonen, die an den Augen oder dem Berftande
en, alles dunkel oder roch ober doppelt fehen. Dieſe
glücklichen haben allerdings die Einpfindung von etwas
Tem oder rothem oder doppelten; allein fie irren fich,
ın fie glauben, daß das, was fie afficirt, blaß oder
) oder doppelt ſey. Nennt man alfo unfere Empfins
igen finnliche Erfcheinungen; fo find vie leztern alle
jr. Gibt man aber dieſen Namen den Urjachen uns
x Empfindungen; fo find ſie alle faljch, oder doch) fo
haffen, daß wir ihre Wahrheit nicht erfennen und
veifen fonnen. Unſere Empfindungen beweiſen nichts
ter, als fich felbft und isr Daſeyn; und das, mas
jer uns ift, und unfere Empfindungen veranlaßt, ift
leicht etwas wirkliches, aber nicht fo, Daß wir es
hrnehmen koͤnnten. In Anfehung umferer eigenen
npfindungen Fönnen wir uns daher gar nicht irren,
Anfehung ihrer Urfachen aber oder deren Pefchaffens
t irren wir uns alle, indem Mir unmögfich beftimmen
ınen, welche unter den verfchiedenen Empfindungen,
von denfeldigen Gegenſtaͤnden nach der er
) VII 191. Sext,
arı, vor ya cum un eiyeuupuuıuye
Keiner kann beurtheilen, ob er vom Weil
Empfindung erhalte, die ein anderer em
teiner fich die Empfinbung eines andern ver
die feinige ihm mittheilen kann. Da es
meinfchafftliche Empfindungen, das heißt
pfindungen gibt, an welchen mehrere Di
men ; fo iſt es auch übereilt , entfchei
0b das, was wir auf eine gewiſſe Art wahr
einem andern eben fo vorfomme. Denn
felben Em;
Tann man fagen, br} den Jingen
ſchafftliche Namen geben, daß aber doch
eigenthuͤmliche Eindräde von ihnen erhalte
. Bon den Schülern des Sokrates. 657
Ariftipp und feine Zußdrer hielten die Empfinduns
I nicht nur für die Kriteria der Wahrheit, und für die
unblagen unferer wahren Kenntniffe, fondern auch
: die Kriteria oder Richter von Gütern und Lebeln,
n Glückfeeligfeit und Elend *). Alle unfere Empfins
ngen find entweder angenehm, oder unangenehm, oder
ch gleichgültig, das heißt, weder das eine noch andere,
je feztern verglich Ariſtipp, der Sohn der Arete, mit
em ftillftehenden Waſſer; die angenehmen mit einem
fr bewegten, und die unangenehmen mit einem wil⸗
on Stürmen empörten Meere **). ‘Der Zuftand
chgültiger Empfindungen, fuhren die Philofophen
Vergnuͤgens fort, In welchem man weder Vergnuͤ⸗
noch Schmerzen wahrnimmt, iſt dem Zuftande eines
Hlafenden ähnlich, und für fich gar nicht wuͤnſchens⸗
ech. Denn Abweſenheit von Schmerz gewaͤhrt eben
wenig Vergnügen, als Abwefenheit von Vergnügen
Hmerz verfchafft. Gegenwaͤrtiges Vergnuͤgen hinges
; {ft das einzige und hoͤchſte Out, fo wie gegenmwärtis
Schmerz das einzige und höchfte Uebel }). Dies
©. uns feloft die Natur zu, indem wir von unferer
adheit an den Schmerz mehr als alles andere fliehen,
d das Vergnuͤgen durch einen unwillkuͤhrlichen Trieb
Fischen, und wenn wir eö gefunden haben und genies
®, befriedigt find. Das Wergnügen bleibt immer
Gut; die Gegenftände, die es geben, und die Hands
agen, wodurch ed erworben wird, mögen fo ſchaͤnd⸗
> feyn, als fie immer wollen 77). Einft genoffene Ver⸗
- | gnuͤ⸗
——— —
=) Cie. 1. e. Sext. VII. i90. Diog. II. 86,
w*) XIV. ı8. Eufeb. Praep. Evang,
4) S. 88. 89. II. Diog,
Hd 5
Zweyter Band. Te
der gegemmoärtige Bergnägungen verfchafft,
Schmerzen von uns entfernt. Seibſt die
Zeit iſt nur um der einzelnen Bergnügungen '
welchen fie errwächft, ein Gegenftand menſch
ſche und Beftrebungen. Alle Vergnuͤgung
Dreyerlen Art. Vergnuͤgungen des Cörpe
Seele, wie die Freuden über unfere eigene,
Vateriandes Wohlfart, oder endlich gemifd
chen wir bey den Vorftellungen von Trauer|
den glücklichen Nachahmungen der Wehflay
Menfchen empfinden **), Diefen verfchie
von Vergnuͤgungen find eben fo viele Arten v
gen entgegengeſezt, und unter dieſen Sch
Vergnuͤgungen werden bie der Seele ohne $
von denen des Eörpers übertroffen. Dies
andern daher, daß ınan Miffethäter am teib
ander Seele ftraft }). Freunde, Reicht
ſelbſt Tugenden find nur wegen ihrer Müzli
von uns befeffen und erworben zu werben FF}
uns weder Freuden verſchafften, noch Sci
uns abwendeten; fo wuͤrden fie eben fo wei
Bon den’Schlilern ded Sokrates. 659
jegentheil, unfere Beftrebungen verbienen. Es if
inlich fehroer, Vergnuͤgungen fo an Vergnuͤgungen
üpfen, daß daraus eine ununterbrochene Glückjees
tentſteht. Selbſt Weife alfo find nicht alle gleich
‚mmen, und nicht beftänbig glücklich, fo wenig als
Thoren gleich tugenbleer oder ſtets elend find *).
Weiſe ift eben fowohl, als der Thor, der Traurigs
ber gegenwärtige, und der Furcht vor Fünftigen
n ausgefest, (denn dieſe Empfindungen find von
hierifchen Natur unzertrennlich) allein ver erftere
fcheidet fi) von andern dach darinn, daß er weder
en eingebildeten Schrecken des Todes und Aberglaus
gefoltert, noch von unvernünftigen teidenfchafften,
18 falfchen Begriffen und Urtheilen entftehen, übers
gt wird. Ungeachtet ver Weiſe überzeugt ift, daß
n Natur weder Steche noch Unrecht gebe, daß die
‚und Nichtgüte menfchlicher Handlungen ganz allein
) die abweichenden Gewohnheiten und Gefeze vers
ener Bölfer beftimme werde; fo hüter er fich nichts
weniger, dieſe Geſeze zu übertreten, um nicht in
Schande und Strafe zu fallen, welche den Belei⸗
n berfelben unausbleiblich bevorftehen **),
Diefe Grundfüze, die eines tehrers der Lleppigfeit
ymmen würdig, und weiter nichts, als eine- Wie⸗
hlung der Sittenlehre der Sorbiſten waren, ſchraͤnk⸗
t 2 ten
[0 U y |
S. 91. 92.
) ib du in den Abfchnitten, in welchen Diogenes bie
Lehren und Meynungen der Ariſtippiſchen Weltweiſen
erzaͤhlt, kommen mehrere Widerſpruͤche und falfche
Nachrichten vor. Zu dieſem ‚gehört auch folgender
Ausſpruch: Mn 1a Decesv ndovnv ndovns , unde
ndesov Tı esvos. Dieſe Lehre iſt Epikuriſch; aber nicht
Ariſtippiſch. | Ä
beftoweniger wird der Weiſe für feine Fi
Eitern und fein Vaterland willig Vergn
Vorthelle aufopfern, Beſchwerden übern
dennoch) bey dem Genuffe weniger Freuden
Die Freundfchaffe ift zwar nicht um ihrer
wuͤnſchenswerth, man muß fie aber doch au
abbrechen, wenn fie aufhoͤrt nüzlic) zu |
man muß fie vielmehr um der alten Siebe voi
wenn fie uns auc) gleich) zur Uebernehm
ſchwerden aufforderee. Uebrigens ftimmt«
ner mit dem Sofrates und ihren Gegnerr
fern, ‚überein, wenn fie fehrten, daß J
Machdenfen allein uns nicht gegen die €
Todes und Aberglaubens ftärfen Fonne,
anhaltende Uebung Hinzu fommen mäffe, ı
die gehörige Feftigfeit zu geben. -
Eben die Saͤje, bie Arifkipp niche i
zen Geſtalt zu zeigen gewagt, und. Annifer
gefücht hatte, trugen Hegefias und Theot
Verſchleierung in einer fo empörenden Haͤn
fie, ſcheint es, nichts als den lebhafteſten
Bon den Schülern des Sofrated, 661
ebfeder aller feiner Handlungen. Der Weife thut
etwas, als um ſeiner ſelbſt willen, weil ſeine Ver⸗
iſte ihm gar nicht koͤnnten vergolten werden. Dank
keit, Freundſchafft und Wohlwollen ſind leere Woͤr⸗
wenn ſie keinen Nuzen bringen. Von Natur iſt
ts angenehm oder unangenehm, ſondern Seltenheit
Neuheit machen, daß dieſelbigen Gegenſtaͤnde eini⸗
gefallen, und Saͤttigung hingegen, daß ſie andern
| erregen. Reichthum und edle Geburt, Freyheit
Ruhm tragen eben fo wenig zur Beförderung, als
Begentheil zur Verminderung der menfchlichen Gluͤck⸗
Feit bey. Die Gluͤckſeeligkeit felbft iſt vollig unmögs
weil der Coͤrper einem zahllofen Haufen von Leiden
eroorfen ift, an welchen allen die Seele Theil nimmt.
yet eimmal Hoffnungen einer Zufunft fonnen
Elenden aufrichten; denn die Zufunft ift fo unges
‚ daß fie die feiden eben ſowohl vermehren, als vers
ern kann. Der Weife bemüht fich daher mehr,
zegen Schmerzen zu verwahren, als DBergnügen zu
‚gen, und dies erreicht.er am meiften dadurch, daß
4 gleichgültig gegen folche Dinge zu machen fucht,
Jergnügungen gewähren. Hegeſias faßte alle Wis
‚ärtigfeiten des menfchlichen tebens in einem befons
Buche zufammen, und trug fie feinen Zuhörern
einer fo hinreißenden Beredſamkeit vor, daß viele
Verzweyfelung an Glückfeeligfeit, wie an Tugend,
das teben nahmen. Er erhielt daher von einem ber
emaͤer den Befehl, feine Anklagen des menfchlichen
18 einzuftellen, und wurde von feinen Zeitgenoffer
leberredner ober tobrebner des Todes non, >
Tt 3
Diog. 1. e. & Cicer. Tufc, quaeſt. I. 34. Nah bes
Diogenes behauptete er, daß nach Beſchaffenheit ve
\
verband nämlid) die Sittenlehre der Sophiſt
Dialektik, und vertheidigte die größten Ver
Schaͤndlichkeiten mit folchen Sopifinen, al
Megarifer die Bernunftlehre zu verwirren gel
Er war ftolz darauf, die. Götter der Erbe fc
die des Himmels zu fheuen, Religion, 9
Wohlſtand mit Fügen zu treten, alles das z
mas andern groß und ehrwuͤrdig fchien, uni
dem zu fürchten, wovor fonft die menfchlich
bebt. Er fpottete ver Könige, die ihn m
bebroßeten **), und verlachte feine Mitbuͤ
als die Athenienſer, daß fie ihn ausgemorfi
wie er fogte, feine Große fo wenig, als
Semele länger härter tragen Fönnen P).
für lächerlich oder unvernänftig, wenn einı
fürs Vaterland fterben wolle. Nicht eineeir
fagte er, fondern die ganze Welt ift des U
land; und es iſt nicht der Mühe werth, ba
Umſtaͤnde bald das Leben balt der Top n
anal LT
Mei machen Leläe na
Bon den Schülern des Sokrates. 663
n eines Haufens von Thoren willen verloren gehe,
Zeder Ehebruch, Hoch Diebftahl und Tempelraub find
a Natur fehändliche Handlungen. Nur das Urtheil
e Thoren hat fie dafür erklärt, und der Weiſe wird
n Dedenfen tragen, fich alle diefe Handlungen zu ers
ben, wenn er es ungeftraft und mit Bortheil thun
nn. Freundfchafft ift ein Unding; denn Thoren find
:er nicht fähig, und Weife find fich felbft genug, und
bärfen ihrer nicht. Wenn wir eine jede andere Sache
zu brauchen, wozu fie nuͤzlich iſt; warum follen wie
6 eines fchönen Knabens nicht eben fowohl , als eines
dnen Mädchens zu unferm Bergnügen bedienen *)?
id wenn ed erlaubt iſt, einen Sreund los zu faufen,
rum nicht auch eine Geliebte? — Der Sohn des
jofion hörte diefes Sophism, und fezte fogleich eine
ne Buhlerinn in Freyheit, die bisher in einem lieder⸗
en Haufe gedient hatte ”*),
Theodor begnügte fich nicht damit, die Sitten fels
: Beitgenoffen zu verderben; er fuchte auch die Nelis
n feines Volks zu zerftören. Er mufte Athen meis
tz weil er der Myſterien, oder wenigftens des Hiero⸗
inten geſpottet hatte }), und wurde ver Gotteslaͤugner
r ber Sort genannt, weil er die Griechifchen Goͤtter
> ihren Dienft in einem eigenen Werfe angegriffen
te, das aber doch nur wenig von alten Schriftftellern
Tt 4 an⸗
LU || 770
) Diog. 1. c.
Plut. IV. 358. Mit dem bisherigen und mriter fi ſtrei⸗
ten die Säge, die Diogenes dem Theodor zueignet ſ. 98.
daß das haͤchſte Gut und Uebel Freude und Traurigkeit
Aber Weisheit und Unmiffenheit fey: daß Weisheit und
- Gerechtigkeit Güter, und ihre Gegenfäge Uebel: Ver⸗
gnuͤgen und Schmerzen hingegen gleihgältige Dinge
ſeyen.
S. 100. Diog.
U LE Buh, Zwevtcs Eapiie,
engefoͤhrt wird ). T or war gewiß bee nl:
vie Görter inet Wäter Menrich bekriegcei — 2
Yägın Hatten Schriftfheller. über bie Matur ber Gbtteraw|ier:
gezweyfelt, und Sophiſten hatten. ihren —— 1
in geheimen Unterredüngen mitgetheilt. Wahrſcheu
wuͤrde auch Theodor nicht ſo kuͤhn gemein fein, N!
einem öffentlichen Widerſacher der Gottet aufzin *
wenn er nicht an ben verdorbenen — —D
Schuz gegen bie ohnmaͤchtige Wuth bes allenthat
vdemuͤthigten Poͤbels und. feiner Prieſter bon! I
In wizigen Spoͤttereyen über bie. Religion Überwap
noch fein Schüler. Bion B miles, ber aher /n
—— Schickſal von Freygeiſtern hatte, und |
naͤherung bed Todes nicht wur * firofbarn is:
willen bereute, fondern auch zu allen / den Bi
Zuflucht nahm / welche der, Aberglaube de G * e
zur Abtreibung von Krankheiten erfunden ini |
Den ernftlichen Krieg des Theodor wider die Gite
fein: zweyter Schuͤler Evemerus in. feiner be
‚heiligen "Mefehichte fort, wodurch er fich geh
Dennamen bes Gotteslaͤugners erwarb })..
‚bemühte fich zu beweiſen, daß bie Keetrgeiten *
fer, vorzͤslich d der Griechen, maͤchtige oder
*) Cicer. I. 23. de Nat. Deor. Sext. IX. 51. 55. 2
Pabr. Diog. 1. 97.
**) Diog. IV. 46,48. inp. 84. Seine Spöttereyen
: sen. nicht, daß fie in einer ſolchen Geſchichte, A
meinige iſt, angeführt werden. Gie ſtehen beyn
“genes I. c. Seneca VII, 7. Plut, de Sera Num.
J .dida VIII. 168.
H Cicer. I, 42. de Nat. deor. Sext. IX. VI. 34. 51.
| de Ifide VII, 490. & ſq. & ipl. Evemeri fr
Diod. II, Vol. in excerpt. p. 633. Ed, Weſſel. &
Colonnanı i in frag. Ennil.
Bon den Schhilern des Sokrates. 66
Koͤnige, Helden und Geſezgeber geweſen ſeyen, die
entweder ſelbſt zur Vermehrung und Befeſtigung
Anſehens goͤttliche Vorzuͤge angemaaßt, oder auch
ihrem Tode durch die Dankbarkeit derer, welche ſie
ckt, goͤttliche Ehrenbezeugungen erhalten haͤtten.
achtet Evemerus die Geburten, den Tod und die
aͤbniſſe der Griechiſchen Goͤtter ohngefaͤhr fo erzählte,
le in ben Myſterien der Gottheiten, denen derglei⸗
geheime Feſte geweiht waren, vorgeftellt wurben.”),
verfprad) feine Meynung doch ſowohl den alten Lies
ferungen feines Volks, als auch der Gefchichte und
Religionen unzähliger anderer Bölfer, und felbft als
Baprfcheinlichkeit *%). Er nahm daher zu Erdich⸗
en feine Zuflucht, wogegen man den Evemerus uns
as.‘
kwuͤrdig ift es, Daß die meiften Kiechenvärer einen
dor und Evemerus, als muthige Beſtreiter des
glaubens, In ihren Schuz nahmen, oder gar lob⸗
nr, als wenn diefe verabfcheuungsmwürdigen Mens
einerlen Abfichten mit ihnen gehabt hätten. Beyde
ıeten nicht bloß das Daſeyn Griechifcher Götter,
en der Gottheit oder göttlicher Naturen übers
t 77). Allein wenn fie diefes auch nicht gethan,
en nur die Meligion ihrer Bäter verworfen hätten,
eine beffere an ihre Stelle zu ſezen; fo würde man
ych mit Recht Gotteslaͤugner genannt haben.
Tt5 | IV.
———— ⸗1—— — (|
Cic. l. c.
) Sext. IX, 34»
Diod, |, e.
) Fabr. ad Sext. I. e.
‚PHle erblickt.
Antiſthenes war einer bet wären 9 8
&ofrates, und ein Mann von fo herkuliſ
ftätfe, daß er die ganze taft der Sehre feines
tragen fonnte *). Er war nod) ſtrenger geg
amd noch unerbirtlicher gegen bie Thorheiten
feiner Zeitgenoffen, ald Sofrates, aber di
einſchmeichelnd und Herzen gewinnend **).
alfo nicht fo viele Schüler erhielt, als anb
des Sofrates ***); fo lag die Urfache geı
einer muͤrriſchen Gemuͤthsort / fondern in
Forderungen, die er an feine Zuhoͤrer mad
figenes lehrte ſchon bey dem Seben des Sokr
wurde ber Cyniſche Weltweiſe genannt, weil
meiften.in einem Gymnafio, Ennofarge ger
hielt Ff). Ex hatte diefelbigen Abfichten und
2 Vl. 1. & ſq.
) Diet Sa * ihm ſelbſt Xheopomp a
14 Sokrates Sympof, Xenoph
- Bon den Schülern ded Sokrates. 667
mit dem Sokrates, ungeachtet er die leztern bisweilen
uͤbertrieb, und zur Erreichung ber erftern andere Mittel
wählte. Er verwarf alle übrigen Künfte und Wiffenfchaffs
ten, denjenigen Theil der Philofophie ausgenommen, bey
den Menfchen lehre, glücklich) zu feyn; und *) enthielt fich
nicht nur von öffentlichen Gefchäfften, ſondern führte
auch ein ebelofes Leben, wahrfcheinlid) um deſto unge
Bunvener zu feyn, und weil er glaubte, daß es wichtis
ger fen, alle Menfchen zu beffern, als einige Kinder
Yon zweydeutiger Natur in die Welt zu fezen, ober ſtets
‚mit einem unvernünftigen Pöbel zu Fämpfen **),. Ue⸗
zerigens flimmte er darinn mit dem Sokrates überein,
Maß es einen einzigen Schöpfer Himmels und der Erbe,
aber viele Bolfsgotter gebe ***), daß die Tugend allein
ren Menfchen glücklich) mache, und nicht viel Wiflens,
aber anhaltende Uebung und Sofratifche Stärfe braus
She +), und daß Reichthum und Armuth nicht in einem
Pfeinern oder groͤßern Vorrath von Gluͤcksguͤtern, fon
Bern von Tugenden der Seele beftehe FF).
Ich fehe, fagt Antifthenes beym Zenophon, viele
Menſchen, die einen Ueberfluß von Schäzen befizen,
Mund dennoch fo arm find, daß fie alle Muͤhſeeligkeiten
amd Gefahren übernehmen, um nur noch mehrere zu
Erhalten. Eben fo oft habe,ich bemerft, daß unter nd
ern Brüdern, die gleiche Theile ihrer väterlichen em
- | cha
"an
4“) VI. 103. 104.
" 00) Diefe Gründe gibt Epiktet vermuthlich ans dem Anti⸗
fihenes an, warum ein ächter Cyniker weder heirathen,
noch fid mir öffentlichen Geſchaͤfften befangen muͤſſe.
II. 22. Diff. Epict. p. 461,465.
.. 08%) Vell. ap, Cic. de Nat, Deor, 1, 18, .
4) VI. 11. 105 ſ. Diog,
+) Xen. l. cs. 34; & ſq.
-
608 Achte Bud Bidet apite.
en 3 Haß immer fo Diet yu een ui 16 Ci
tragen kaum zu erwecken bin. Finde ich es endlich m
nem Ehrper zuträglich, auch einmal der Siehe zu pf
fo beginige ich mich mit. dem erſten dem beften Geamfk
fande, der fich mir darbieter, fo, daß Diejenigen, WIR
ich um ihre Gunſtbezeugungen bitte, es, mir Dant
fen,, und mid) mit_tiebfofungen. überhäufen , weil fi
anderer ſich mehr um ihre Siebe bewirbt. Alles bil
ſcheint mir fo angenehm, daß ich nicht mehr Veran)
⸗ von
HLucian. in Cyn, IL, 54x. Ed,;Reitzil. ., Ych Tege it
den Antifthenes in,den Mund, was Zucian feinen I
ten ge vortragen läßt, „weil, daß leztere ganz h
bie Gebanken des Antifthenes; deym Eenophon einpaß,
und mit demjenigen genau uͤbere iuſtimmt, was Arria
oder vielniehr Epiftet III. 22 & 24. p. 501. IV, cıl
663. IV. 8. 640 p. und Julian Orat. VII. dem
ſthenes und Diogenes zuſchreiben.
Bon den Schülern bes Sofrated. 669
Anfchte, und daß einiges mir mehr Luſt bringt, als
' für zutraͤglich halte *). Der größte Vortheil des
stchthums , auf welchen ich ftol; bin, iſt dieftr, daß,
kin mir auch alles das Meinige genommen wird, doch -
Bts fo fchlecht erfunden werden Fann, wovon Ich niche
en wollte. Gerade diefe Genuͤgſamkeit aber macht
in mir zum Vorwurf, und rechnet fie mir zu einer
Aflichen Berachtung ver Gaben der Naturan **). Die
de, fagt man, bringt aus ihrem fruchtbaren Schooße
Ht nur alles hervor, was zu unferer Nothdurft, fons
n auch was zu unferm Dergnügen dient, und anal
diefen Sefchenfen nimmſt du eben fo wenig Theil als
8 unvernünftige Vieh. Du trinkt Waſſer, wie die
yiere, ißt und fchläfft, wie die Hunde, was und wo
auch iſt; und trägft ein Gewand, das fein Bettler
Techter wählen kann. Wenn du mit deiner Genügs
mefeit Recht haͤtteſt; fo wuͤrde die Gottheit Unrecht
ben , daß fie uns mit Wolle bekleidete Schaafe, daß
uns faftreiche Weinftöcfe, daß fie uns Del und Hos
3 und eine unbefchreibliche Menge anderer Bequems
hfeiten gegeben hat, damit wir mannigfaltige Spei⸗
1, füße Getränfe, weiche Betten, und ſchoͤne Häus
erhalten möchten. Gelbft die Werke der Kunft find
iben der Görter; und aller diefer beraubt zu ſeyn,
re ſchon traurig, wenn ed durd) andere gefchähe; aber
H trauriger ift es, wenn jemand fich aller Sin und
reu⸗
ne ro
) Wenn daher der Ausſpruch marvesmy narov n naIesnv
(VI. 3. Diog.) auch vom Antifthenes herrährt, fo muß
man unter bem noIesnv ein befländiges Wohlleben
und einen ſchwelgeriſchen Genuß finnlicher Vergnuͤgun⸗
gen verftchen.
44) Lucian. |, c. p. 542.
670 Achte: Bud. Zweytes Eapitel
Freuden bes Lebens felbft beraubt. ‘Dies Fan man f
nichts, als offenbaren Wahnfınn halten.
Hierauf antworte ich aber in einem Gleichniſſe
Henn ein reicher Mann eine große Anzahl von M
ſchen aus allen Ländern, und von allen Altern, freu
li) und reichlich bewirthete, und alsdann ein ein
gefunder Gaſt alles verfchlänge, was nicht blog fürig
fondern aud) für andere, felbft für ſchwache und Krudl
aufgetifcht wäre, würdeft tu ein folches gefrägiges U
gebeuer wohl mäßig und weife nennen? Wenn nusı
eben biefem Tiſche ein anberer fi) um bie große
nigfaltigkeit der übrigen Gerichte nicht befünnmerte,
been von demjenigen, das vor ihm flünbe, fo vid,
er zur Stillung feines Hungers brauchte, gu fich nö
wuͤrdeſt du ihn niche für einen beffern und
Mann, als jenen, halten? — Die Gottheit iſt j
zeichen Dianne ähnlic), ter Kranfe und Arme rei
und gütig bewirthet, nicht, damit wir alles ver
fondern damit ein jeder fo viel nimmt, als er nörhig
Die Reichen Hingegen find einem räuberifchen und
fättlichen Vielfraß gleich. Sie reißen alles, und u
allen Seiten an ſich. Sie begnügen ſich nicht mir id
was ihnen fuft und fand, Ströme und Meer ing
Nachbarſchafft liefern, fondern fie laſſen fich ihre SA
gnügungen von den Enden der Erde zufahren un
ben das Fremde dem Einheimifchen, das Koftbare
Wopffeilen, das Seltne dem Beſſern und leichter j
erhaltenden vor. Wenn ich mid) einmal recht erjre
will, Eaufe ich Feine foftbare Sachen vom Marfte, i
dern ich fchöpfe meine Freuden ohne Unfoften aus #
ſelbſt. Ich weiß, daß ed zum Dergnügen weit P
%) Lue. L. e.
Bon den Schlilern ded Sofrated, . 678
ragt, die Zeit ded Genuffes abzuwarten, als Foftbare
eltenheiten zu genießen, wie ich zum Beyſpiel dieſen
afifchen Wein trinfe, ohne durftig zu ſeyn. Dieſe
nügfamfeit bewahrt mich auch vor allen böfen Bes
den und ungerechten Thaten: denn je weniger man
ucht, deſto weniger trachtet man nach fremden Guͤ⸗
ı; je mehr man aber andere beeinträchtigen will, bes
mehr Sorgen muß man fie) und andern machen.
hwelger und Woplläftlinge mäffen daher die Werks
ze und Gegenftände ihrer Leidenſchafften, ihre fo ſehr
uͤnſchten Schäge, ihre Eoftbaren Kleider, ihre prächs
nr Häufer und Geräthe mit unfäglichen Beſchwerden,
veiten, Gefahren, und dem Blute und Untergange
er Menfchen erfaufen. Denn nicht nur das Aufſu⸗
a, Herbenfahren, und Berarbeiten der Dinge, nah
en fie ſtreben, ftürze viele Menfchen in Unglück, fons
= auch felbft der allgemeine Werteifer, womit alle
> ihnen trachten, bringt Freunde gegen Freunde,
ider gegen ihre Eltern, und Weiber gegen ihre Mäns
auf. Und alles dieſes gefchieht, ungeachtet die
baren Kleider nicht mehr erwärmen, die vergoldeten
uſer nicht mehr gegen die Kälte ſchuoͤzen, bie elfen⸗
were Betten nicht mehr zum Schlaf einladen, bie fils
nen und goldenen Gefäße nicht mehr den Durft, und
feltenen mannichfaltigen Speifen nicht mehr ven
viger ftillen, als die gewöhnlichen, ſondern vielme
&örper verderben. |
Zulezt kann ich auch dieſen Bortheil der Gnuͤgſam⸗
: und Mäßigkeit nicht vergeffen, daß ich dadurch frey⸗
und unabhängiger, als die mächtigften Schwelger
Ede. Sich bin weder durch) meine Leidenſchafften und
duͤrfniſſe, noch durch Gefchäffte und andere Men⸗
en eingefchränft; ich werde nie zu etwas genüthigt,
rw von etwas abgehalten, was ich gerne laſſen oder.
in möchte. Ich genieße ber füßeften Muße, fan
| alles
—
urtheuen, uiuſen VIE WYULIET FOL) eiender
ze ſeyn, denn fie bedürfen gar nichts.
aber recht darauf Acht gibt, was das v
bebärfen bedeute, und wen es zufomme,
dag Kinder mehr als Erwachſene, We
Männer , Kranfe mehr als Gejunde ,
unvollfommenere Geſchoͤpfe mehr als diet
brauchen. Die Götter, als die vollfomn
hen daher nichts , und diejenigen find a
goreäpnlichften , welche am menigften nör
. .Selbſt die Veränderungen ber Jal
die Unbequemlichkeiten der Witterung ,
meine Gemuͤthsruhe, noch fchränfen fie ı
ein. Ich ertrage Hize und Kälte, und |
ſelbſt harten, Schickungen der Götter zı
ic) daran gewöhnt, ober darauf vorbereitı
Reichen und Släclichen murten über alled
begegnet, fonnen das Gegenmwärtige nicht
fehnen fich frets nach der Zukunft. Im
ſchen fie Sommer, und im Sommer win)
ter; in der Kälte fehnen fie ſich nach W
der Wärme nad) Kälte. Sie find, wie
Mon den Schuͤlern des Sokrates. 673
von einem heftigen Strom fortgeriffen werben. So
e dieſe folgen müffen, wohin der Strom fie führe;
muͤſſen dieſe flets: folgen, - wohin ihre Begierden fie
eppen. Es begegnet ihnen eben das, was jemanden
Ha , der fi) auf ein wildes Pferd geſezt hatte,
rın als das Pferd mic ihm davon lief, und er vom“
m Voruͤbergehenden gefragt wurde, mohin er wolle,
wortete er, indem er aufs Pferd hinwies, wohin es -
em gefallen wird. Wenn man den Reichen und
hwelgern die Frage vorlegte, wohin fie jezo gedaͤch⸗
„ fo wuͤrden fie, wenn fie anders aufrichtig ſeyn
ten, antworten muͤſſen, wohin es unfern Begier⸗
gefallen: bald alſo, wohin unfer Durſt nach Ders.
gungen, bald wohin unfere Ehrbegierde, bald wohin
er Geiz, oder unfere Furcht, oder unfer Zorn, oder
nd eine andere Selvenfchafft uns führen wird. Sie
:eigen nicht bloß ein, ſondern mehrere wuͤthende Pfer⸗
werben alfo auch ‚von ihnen in. Abgründe Hineinger
er und wiffen nicht ‚eher f) dag fie fallen werben,
Bis fie wirklich gefallen find, :
Dieſe Grundfäze und Geſinnungen lehrte Antiſthe⸗
"nicht bloß; fondern er übte fie aud) aus, und fuchte
ſelbſi durch fein Aeußeres an den Tag zu legen. In
fehung des leztern unterſchied en fich ſowohl von den
(gen Griechen, als auch von den Griechifchen Welt⸗
fen; und um biefes ipm und feinen Nachfolgern eis
thuͤmlichen Aufzugs willen fönnte man die Cyniker,
aa man fchergen wollte, einen philofophifchen Bettler⸗
en nennen. Dieſer Aufzug war darnach eingerich⸗
um den audgearteten Griechen ihre Weichlichkeit,
achtliebe und Schwelgerey vorzuwerfen, um. ihnen
eigen, mit wie wenigem bie menfchliche Natur zufrie⸗
fey, um ihnen die Tugenden und vorzüglich die
Annheit ihrer Borfahren zuruͤckzurufen, und fich ſelbſt
Männer anzufündigen , welche die Gottheit, dis
Zweyter Band. Un VDeten
674 Achtes Buch. Zweytes Capitel,
Boten und Zeugen der Wahrheit und Tugend, als Auf |.
ſeher ihrer Nebenmenſchen, als Rächer von Thor!
ten ımd Laſtern, und als Erretter aus der Anechriheß ||
der Seidenfchafften auf die Erbe Herabgefanbt habe Yıı
Antifthenes ging gleich dem Sokrates, und den Heat
des Alterthums, unter welchen er ſich vorzüglich Ef
‚ Herkules zum Mufter vorfezte , beftändig baarfuß, uöfn
wuͤnſchte daß ſeine Fuͤße eben ſo hart N) als die | ‘
von ‘Pferden werden möchten, fo wie er eben fo wei
Molfter, ald die tüwen, und’ Leckerbiſſen ſo wenig, ii
die Hunde, braucht **). Er legte das Oberkleid (+
ab , deſſen ſich vie übrigen Griechen Bebienten, um
ckelte ſich in ein einziges- Gewand ein’, (res) dab
1
tl
) Arrian, Diff. HI; cap. 22. p. 448. 461. Luc. L$
549. Einige Schriftfieller glaubten, daß niät
ſthenes, Tondern Diogenes, bie Iufiguien bes Cyuiih,
eingeführt habe. VI. 22. Diog. Allein biewiter ,
ten nicht nur viele Stellen und Nachrichten im Di,
nes f. 2. 4. 6.8. bef. f. 13. & ibi Menag. (mi.
anch die ganze Beſchreibung, die Antiſthenes von Meſ
ſelbſt beym Kenophon macht. — Ehemais fand HR
wahrfcheinlih, daß eine ber Urſachen, warnm be
niker ſich fo fehr von den übrigen Griechen audac r
net hätten, bie Sorge für ihre Sicherheit gemefen Mh.
denn indem fie In der Geflalt von Bettlern erfäleh
erhielten fie auch das Recht derſelben, grängeniofe®
müthigfeit, welche diejenigen ,. die nicht zum |
gezaͤhlt wurden, oft mit dem Leben bezahlen
Nach abermaliger Ueberlegung aber koͤmmt mir mi
Bermuthung nicht fo annehmlich vor, als wofür i
fonft gehälten habe. Hätten nämlich die Cynika
Bettler und Menſchen vom Pöbel gehalten fen
Im; fo würben fie ſich dadurch zwar gegen dad ©
| fal des Sofrares in Sicherheit gefezt, aber ih!
gleich ihren Reden alles Anſehen genommen hab FR)
®°) Luc, Cyn. 1. c, p.'546. 547. In)
Bon ben Schäleen des Sokrates. 675
ntee dem rechten Arme zufammen zog, und mit ver
ıhaut des Herfules verglich *). Er ließ ſowohl fein
thaar, als ſeinen Bart wachlen,. weil er. glaubte,
ie Gottheit beybe dem Manne zum Schmuck, wie
Dferde und töwen feine Mähne gegeben habe, uud
as Schaben und Glaͤtten dee Haut, das damals
den Griechen allgemein zu werden anfing, eine
dung des männlichen Sefchlechts fey **). Alm
thenienfer beftändig daran zu erinnern, daß er wi⸗
ie Ungeheuer der firtlihen Welt einen eben fo nach⸗
lichen Krieg ald Herfules wider phnfifche Ungeheure
n wolle ***), nahm er einen Staab, oder vielmehr
Reule in die Hand, welche fonft unter den Griechen
für eine nothwendige Stüge, oder unentbehrlichen
ath, fondern für eine Beleidigung ber allgeineinen
yeit und Sicherheit galt 7). Endlich hing er ſich
everne Taſche um, in welcher er etwa ein Bud),
Becher, womit er Waſſer fihopfen Fonnte, und
ſchlechte Lebensmittel mit fich herumführte 77).
e gewöhnliche Nahrung war Brod und ungefochte
je, felten gefochte. Gemüfe, und fuͤſt niemals
hſpeiſen Fr). Wenn Flötenfpieler und Schaufples
ge eigenthümliche Kleidung haben, fragte Antiſthe⸗
warum foll jid) dann auch nicht der rechtfchaffene
in von dem großen Haufen verdosbener Menichen
ſſcheiden, und eine folche Kleidung anlegen, die ver
| Una Laſter⸗
& brauchte es auch bie Nacht Äber, als eine Dede -
l. e. | |
"ib.
"5 ib,
Menag. ad f, 13. VI. Diog.
» ib, |
h3 ib. a
Safterpafte am meiften veraßfiheit, und Igem zugi
groöſten Vorwurfe gereihe 7: |
Micht minder eigenthuͤmlich, als die K
war dem Antiſthenes und den übrigen Cynikern
eingefchjeänfte Srenmißrhigfeit , welche fie al6. bau
Kleinod des weifen Mannes und als das weſe
Vorrecht —— — anſahen
Vorrecht uͤbten fie in einem viel groͤßern Umfan
Sodkrates, und ſelbſt als die Dichter der alten 9
aus. Sie griffen alle Thoren und Laſterhafte,
nen. aufftießen , zu. allen Zeiten, an "allen Orte
ne Unterfihleb der Perforien ai fo'seie fie aut
jeden Ihren Rath mirtgeiften, 8 bey entſta
gen nicht blog Scharfſinn, Beredſamkeit und
ſchaffenheit, Fol uf |
um widerſpenſtige Thoren Ind Verbrecher
und zum Stillſchweigen bringen zu koͤnnen. =
A Sal; in Griechenland das durchdrin
fo kann mag fügen, Daß unter dem Attiſchen das
fehe für dad beißendfte gelten fonnte. WBiele t
dieſe Sremäthigfeit der Cyniker vorzüglich au
Grunde, meil fie fid) an alle gewagt, und eben de
fo oft ihres Zwecks verfehlt, und ihrem Sport u
del das Gewicht genommen hätten. Allein wem!
nifer Durch ihren Spott aud) niemand beffercen; f
gen ſie wenigftens fehr oft Thorheicen und Laſter
verftecken, und hinderten, daß fie durch einen |
chen Triumph fich nicht fo fchnell, und fo allgem
Breiten Fonnten, als bey einer völligen Duldung
hen wäre. Unterdeſſen zog ihnen ihre Freymuͤ
ſehr oft Mißhandlungen zu, aus welchen Grund
— —
) 8. 48. 1. Lueian, in Cynico, ,
Don den Schülern des Sotrates. 677
t unter den Ennifchen Tugenden auch Unempfindlich⸗
it gegen Hohn, und felbft gegen Schläge aufzähle *).
in ächter Cyniker, fagt er, muß dem großen Haufen:
gefuͤhllos, als ein Stein zu fenn fcheinen: er muß .
> ertragen fonnen, daß man auf ihn, wie auf einem
ſel losfchläge, und muß, als der Bater und Bruder
* allen, ſelbſt diejenigen lieben, von denen er gegei⸗
t wird.
Der groͤßte und beruͤhmteſte Freund des Antiſthe⸗
es war Diogenes von Sinope, welchen Epiktet und
Senefa **), ald das vollfommenfte Mufter eyniſcher
tsgenden ſchildern, von welchen aber das Gerücht, und
e Schriftfteller, denen Diogenes folgte, fo entgegen,
feste Dinge erzählten, daß, wenn alles, was von dem
eunde bed Antiſthenes herum getragen und aufgezeich⸗
E wurde, wahr wäre, er zugleich ver weiſeſte und recht,
saffenfte Mann, und ber verächtlichfie Thor und vers
ſcheuungswuͤrdigſte Boͤſewicht müfte geweſen feyn *"*).
je. Menge von Gerüchten und Fabeln, dergleichen
on keinem andern Cyniker fo viele als vom Diogenes
zumgingen, und erhalten worden find, beweift, daß
„unter allen Weltweifen feiner Schule die großte Aufr
xrkſamkeit erregt habe, und aus den Nachrichten hin⸗
gen , bie entweber feinem ‘Berftande , oder feinem
erzen nachtheilig find, kann man, veie aus ben ihm
Bgedichteten Briefen F), und Traueripielen FF), weis
Enichts fchließen, als daß es entweder einfältige Des
W Uu 3 wuns
®) III. 22. 457. 71. |
ni) In Arrian. Diſſ. III, 22 & 24c. IV. 8 & ız, Senec, de
tranq. c. 8. -
ee) VI. 20,81. Diog.
p) IV. 1. Arrian,
b+) Orat. VII. p. 310. Julian,
*
die dem Diogenes und feinem Zabel durch gi
laͤumdungen ige Anſehen nehmen wollten.
‚nicht Parehenlichkeit, fondern Gehorſam gegı
ſeze der gefunden Kritif, und der Billigfeit,
die Urtheile und Erzählungen weifer und red
Männer namenlofen, und ſich ſelbſt mwider|
Nachrichten vorzieht, und feine angeblichen
ſterungen, feinen Umgang mit ver tais, de
unuͤberwindliche Schwierigkeiten der Zeitrech
gen ſich hat *), feine fchändlichen, allen |
und Sittſamkeit beleivigenden Handlungen, e
zuchlofen Grundſaͤze von der Erlaubtheit d
Berbrechen, fuͤr unglaubwuͤrdige Erdichtungen
Diogenes hatte ſeltſame Schickſale; allein er
unter allen Umftänden, als einen Weltbuͤrge
gends aufhören müffe, ein Diener der Sort
und das Glück der Menfchen, als feiner Br:
fördern. Er fiel in die Hände von Sreraͤt
ihn als einen Selaven verfauften 7), und ı
Ppilipp, als ein verdächtiger Kundſchaffter g
der Sohn diefes Königs ihn als einen Weiſen b
Von den Schülern bed Sokrates. 679
hatte weder Baterland noch Eigenchum, weder Weib
h Kind, weder Haus *) noch Knecht; und er pflegte
daher im Scherze mit einem von den Furien getrie⸗
en zu vergleichen **); allein zu gleicher Zeit rühmte
wie Sokrates von ſich felbft, daß er dem großen
tige der Perfer an SGtäckfeligfeit nichts nachgebe*"*),
Seneca glaubte, daß man an feiner Gläckfeligfeit
ı jo wenig, als an der Gluͤckſeligkeit der unfterblichen
ter zweyfeln koͤnne 7). Er war ohne Traurigfeit
Furcht, ſtets heiter und frey, und hatte nie das
zlück, daß ihm etwas begegnete, was er häfte vers
den mögen, oder DaB er etwas nicht erlangte, was
ewuͤnſcht hätte. FF). Er war weber mit der Gott,
, noch mit den Menfchen unzufrieden, fürchtete und
underte feinen von denen, welche andere zu fürchten
zu bewundern pflesten, und ging mit einem jeben
‚ ald wenn er fein Here und Meifter gewefen waͤ⸗
77). Ungeachtet er feine Beduͤrfniſſe fo.viel als
lich einfchränfte, und fein teben durch Die einfach»
Uu 4 ſten
dem Alexander gegeben haben ſoll, halte ich für eben fü
erdichtet, ale bie ungereimte Vergleichung zwiſchen fidh
und dem Diogenes, bie man dem Alexander in ben
Mund legt. Es laͤßt ſich aber deßwegen nicht gleich
laͤugnen, daß er mit dem Alerander zufammengefoms
men fey. ib.- -
Seine Wohnung in einem Zaffe halte ich nicht ganz für
eine Zabel, ungeachtet ich nicht glaube, daß er befläns
dig darinn gelebt habe. Die Gründe für und wider
daß Faß des Diogenes findet man im Auszuge beym
Bruder in vita Diog. j
) VI. 38. Diog. Arr. p. 640. 664. imp. 455.
#) Arrian, p. 459. & Cicer, Tufc, quaefi, V, 32.
de trang, e. 8. |
) Arr. p. 501.
ib
+ ⸗ -
7 uwe ——
mehr
—ã und tadelte die Gebrechen d
wie einzelner Bürger. Es war fein Stand,
zon Menſchen, deren herrfchende Thorheiten
ruͤgt und lächerlich gemacht haͤtte 7). €
felöft den Aberglauben , oder die heiligen Bo:
Sriechen nicht, und verlachte Sieinigen, m w
beiten ihres Berufs, und die Geſchaͤffte des
nachläffigten, und fid) mit einem jeden lecı
ſoaleich an betruͤgeriſche Traumdeuter wen!
die den Göttern opferten, um bie $ı
fundpeit zu erhalten, und bie ſelbſt an ben
ihre Geſundheit durch Unmäßigfeit verduͤrb⸗
endlich glaubten, daß Raͤuber und Diebe
— Waſchungen und Einweihung
Mofterien fi) der Gnade der Goͤtter und
lichen Lebens nach dem Tode bes Eörpers ver]
- Bon den Schülern des Gokrates. "68:
je gottesbienftlichen Handlungen vernachläffigt hatten,
in dem Pfuhle des Tartarus waͤlzen mäften *).
ıchdem er fein’ teben in dem ‘Dienfte ber i
d in einem beſtaͤndigen Kampfe wider Vorurtheile,
orheiten und laſter hingebracht hatte; ſtarb er endlich:
einem hohen Alter, und ſuchte auch ſelbſt feinen Top
h lehrreic für feine Mitbruͤder gu machen. Er fezte
) ben der Armäßerung feines Todes an dem Wege
ch Olympia hin, und forderte diejenigen auf, welche
Neugierde zu den Spielen trieb , doch einige Augen»
fe zu verweilen, um zu ihrer.eigenen Stärfung und
bauung den Streit eines. Greiſes mit der plözlich zus
menden Krankheit zu betrachten *).
Diogenes erhielt mehrere Nachfolger, als man
‚ der allgemeinen Weichlichkeit und Sittenverbersnig
damaligen Zeit hätte erwarten follen*”*). Linter Dies
Nachahmern zeichneten fich vorzüglich Oneſikritus,
Begleiter umd Gefchichefchreiber Alexanders, und
ates von Theben aus. Lezterer wird von den glaubs
rdigſten Schriftftelleen,, als ein wuͤrdiger Freund des
jogenes geſchildert, und man fann daher die Fabel,
n dein Öffentlichen Genuſſe ber ehelichen Siebe in ber
men der Hipparchta, ohne Bedenken verwerfen, fo _
hrſcheinlich es iſt 7), daß diefes ſchoͤne Frauenzimmer
) in den rechtſchaffenen, wenn gleich haͤßlichen Krates
liebe, und fich Durch Feine Drohung und Dorftellung
n der Verbindung mit ihm habe abfchrecken laſſen +}).
Uus Nach
N | LU |? U)
+) ib, Rates wurde ff. allgememn geliebt, und allenthalben
fo gerne aufgenommen, baß man ihn Daher den Ahär»
es
geboren, in welchem der. unglüdliche Pe
Krieg zwiſchen den Achenienfern und ben
ausbrach *) Das AHeſchlecht, ‘ans wel
ſtammte, war eins der edelſten in Attika,
ſich bis zum Solon und Kodrus, ja ſegat
Goͤttern hinauf **). Viele angeſehene €
und unter dieſen Speuſipp, ein Nachfolge
in der Akademie, wagten ed, die Sage zun
daß Plato nicht vom Arifto, fondern vom A
und daß jeine künftige Größe, vorzüglich |
famfeit, durch wundervolle Zeichen verfün
ſey t). Er erhielt ven forgfältigften Unter:
to im Unfange 4 Veirppounchiäre Kr
worden fep. sp. Menag. ad f. 3. III. D
farb DI. 108, I. Digg. f. 2.
“) Diog. IL Tr.
) Dun erzaͤbite, daß ein Bienenfäwerm bı
feiner Kindheit Honiafeim in den Mund.
Geſchichte des Plato und feiner Phil. 685
Kuͤnſten, wodurch in Athen die $eiber und Seen
Knaben und Sünglingen aus den erften Haͤuſern ger
»t wurden; er zeigte ſich deßwegen ſchon früh im
rern Dichrungsarten, felbft in Trauerfpielen, und
eben im Begrif, einen Wettkampf mit andern tra⸗
yon Dichtern einzugehen, ald er mit dem Sokrates
inne wurde, und die Dichtfunft niche nur verließ,
ern ihr auch fogar einen Krieg anfünbigte *). Mie
| Sofrates lebte und forfchte ee acht Jahre **), und
) deffen Tode bereifte er Aegypten, befuchte den Ma⸗
natifer Theodor in Kyrene, den Euflides in Megara,
die legten berühmten Pyehagoreer in Sttalien, um
len diefen Gegenden und von allen dieſen Männern
iche Kenntniffe einzuſammlen, wie er fie vom &o«
ed, und noch früher vom Kratylüs, einem Hera⸗
(chen Philofephen, empfangen hatte }). - Mac) ber
flehr in feine Baterftadt kaufte er ein: Fleines Gaͤrt⸗
1, das an die Akademie, ein vom Kimon verſchoͤ⸗
es Gymnaſium, in einer ber Vorſtaͤdte Achens
azte, und fing an, in dieſem Gymnaſio zu lehren,
ches er bis in fein höchftes Alter, und nahe bis an
Zeitpunct fortfegte, wo die Achenienfer vom Paripp
bers
) Diog.l,e. | | .
") Diog. f. 6. Er war zwanzig Jahr alt, als er diefen
feinen Lehrer keunen lernte. ib,
) Arift. Met, X. cap. 5. p. 15. Ed. Sylb. gr. Cicer. de
Fin. V. 29. Tuſe. quaeft. 1. VI. Apul. de dog. Plat,
. 250. Diog. III. 6. Ueber bie Folge ber Reifen des
lato, und die Ordnung, worinn er die angeführten
Meltweifen gehöret hat, find bie meiften Schriftfteller
niche mit einander einig; es ift aber nicht ber Mühe
werth, dieſe unbedeutenden Streitigkeiten zu ſchlich⸗
ten. J
en Haube, dag Mäuher u Die
püngen, Weaſchungen und Einweigur
- Won ben Schliern bed Sokrates. "68:
tefe gottesbienftlichen Handlungen vernachläffige hatten,
ich) in dem Pfuhle des Tartarus waͤlzen muͤſten *).
ſtachdem er fein teben in dem ‘Dienfte der fe.
and in einem befländigen Kampfe wider Borurcheile,
Thorheiten und tafter hingebracht hatte; ſtarb er endlich:
n einem hohen Alter, und fuchte auch ſelbſt feinen Tod
roch Iehrreich fir feine Micbrüder zu machen. Er feste
Rh) ben der Amaͤherung feines Todes an dem Wiege
Nach Olympia hin, und forderte diejenigen auf, welche
bie Neugierde zu den Spielen trieb , doch einige Augen⸗
ge verweilen, um zu ihrer eigenen Stärkung und
uung den Streit eines Greiſes mit der plözlich zu
Behmenden Krankheit zu betrachten *"),. Ä
Dinvgenes erhielt mehrere Nachfolger, ale man
en ber allgemeinen NWeichlichfeit und Sittenverderbnig
er damaligen Zeit hätte erwarten follen”*"). Unter dies
a3 Nachahmern zeichneten fich vorzüglich Onefifritus,
> Begleiter und Gefchichtfchreiber Aleranders, und
dwates von Theben aus. Lezterer wird von den glaubs
Vrdigſten Schriftftelleen,, als ein würbiger Freund bes
Diogenes gefchifdert, und man kann daher die Fabel,
can dem öffentlichen Genuſſe ber ehelichen Siebe in ben
Ermen der Hipparchia, ohne Bedenken verwerfen, fo _
pe abefcheinlich es iſt 7), daß dieſes ſchoͤne Frauenzimmer
ch in den rechtſchaffenen, wenn gleich haͤßlichen Krates
werliebt, und fich Durch Feine Drohung und Vorſtellung
mon der Verbindung mit ihm babe abfchrecken laſſen +}).
Uus Nach
—
) VI. 85.
9 ib. Krates wurde ſe allgemein geliebt, und allenthalben
fo gerne aufgenommen, daß man ihn daher den Thaͤr⸗
ers
mer aus, wie Menebemus }), der in.eben t
in welcher die Zurien duf den Griechifchen T
fhienen , umherwandelte,. um, wie er fagte
ten der Menfchen zu beobachten, und fie di
ſchern der unterirdifchen Wohnungen zu vi
Aechte Cyniker muften zu viele Tugenden ur
befizen, muſten ſich zu viel verfagen und zu t
als daß fie fich in folchen Staaten, als die C
nach dem Alerander waren, hätten erhalten Fü
eröffner nannte. Als Schriftfleller vergli
mit dem Plato, und es find noch mehrere |
mente ſowohl beym Diogenes als dem Jr
bie diefe Vergleichung beftätigen.
“) VI. 095. Diog,
®*) S. 99. 100,
9) ib. 102.
+) Es iſt vergebens und uundz, bie Beitredinm
fhen Weltweifen genan beflinmen zu wol
weiß genug, wenn man fid gemerkt hat
fihenes zroifchen der 100 und ITO, und Krı
zwiſchen der 110 und 120 Olympiade geb
Mihore Reltimminaen har Doitrohnuna had
Achtes Buch.
Drittes Capitel.
Geſchichte des Plato und ſeiner
Philoſophie.
I allen Sreunden des Sofrates war Plato zwar
nicht der größte Mann, aber gewiß der feinfte
vpf, der tieffinnigfte Gruͤbler, ver ſchoͤnſte Schrift.
ler und der gluͤcklichſte Erzieher großer Männer, des
ı aus feiner Akademie mehr, als aus den Schulen als
übrigen Sofratifer hervorgingen. So wie man bie
ofratifche Philofoppie mit einem. mächtigen Stamm
gleichen Fanrı, aus welchem viele fruchtbare, über
nz Griechenland, fich verbreitende Zweige entſtanden;
n fo kann man die Werke des Plato eine reiche Duelle
inen, aus welcher alle nachfolgende Weltweiſen, und
ft diejenigen gefchopft haben, die fich von ihm trenns
|, oder ihn befiritten und ‚lächerlich machten. %
Ungeachtet Plato zu einer Zeit lebte, in welcher
Ben der einzige Siz von Künften und Wiffenfchafften
r, . ungeachtet er. unter allen Weltweiſen am meiften
n Sefchichefhreibern und Rednern gefchäzt und geleſen
wde, und viele berühmte Märner gleich nach) feinem
»de fein teben befchrieben, fo wiffen wir doch‘ von feis
e Perſon, feinem Charafter und feinen Schickſalen
| nicht
geboren, in welchem der. unglüdliche Pelopo
Krieg zwifchen den Athenienfern und den Sp
ausbrach ) , Das,Befchlecht, aus welchen
flammte, war eins der edelſten in Attika, ur
ſich bis zum Solon und Kodrus, ja fogar bis
Goͤttern hinauf *). Viele angeſehene Schri
und unter dieſen Speuſipp, ein Nachfolger de
in der Akademie, wagten es, die Sage zu wiede
daß Plato nicht vom Ariſto, ſondern vom Apoll
und daß ſeine kuͤnftige Groͤße, vorzuͤglich ſeine
famfeit, durch wundervolle Zeichen verkuͤndigt
fey +). Er erhielt ven forgfälsigften Unterricht
9 91. 87. 2. Meiftens fezt man feine Gebur
Sabre fruͤher; allein meinem Urtheile nach |
dius mit überzeugenden Gruͤnden bargetban, t
to im Anfange bes Pelopponneſiſchen Krieges
worden fey. sp. Menag. ad f. 3, III. Diog.
farb DI. 108, I. Diog. f. 2.
u) Diog. I. .
Man erzählte, daß ein Bienenſchwarm dem $
feiner Kindheit Honigfeim In den Mund geleg
Geſchichte des Plato und ſeiner Phil. 685
Kuͤnſten, wodurch in Athen die Leiber und Seeken
Knaben und Juͤnglingen aus den erſten Haͤuſern ge⸗
et wurden; er zeigte ſich deßwegen ſchon fruͤh in
rern Dichtungsarten, ſelbſt in Trauerſpielen, und
eben im Begrif, einen Wettkampf mit andern tra⸗
jen Dichter "einzugehen , ald er mit dem Sokrates
inne wurde, und die Dichtfunft nicht nur verließ,
ern ihe auch fogar einen Krieg anfünbigte *). Mie
Sokrates lebte und forfchte ee acht Jahre **), un
) deffen Tode bereifte er Aegypten, befuchte ben Mas
natifer Theodor. in Kyreite, den Euflides in Megara,
die legten berühmten Pythagoreer in Stalien, um
llen diefen Gegenden und von allen dieſen Männern
iche Kenntnifle einzufammlen ; wie er fie vom &o«
ed, und noch früher vom Kratylüs, einem Hera⸗
chen Philofephen,, empfangen hatte 7). Mach ber
kkehr in feine Vaterſtadt kaufte er ein: Fleines Gaͤrt⸗
1, das an die Afabemie, ein vom Kimon verfchdr
ed Gymnaſium, in einer ber Borftäpte Arhens
ste, und fing an, in dieſem Gymnaſio zu lehren,
hes er bis in fein höchftes Alter, und nahe bis an
Zeitpunct fortfezte, wo die Athenienfer vom Palin
Ä Ä er⸗
‚ Diog.l,e. .
x) Diog. f. 6. Er war zwanzig Jahr alt, als er dieſen
feinen Lehrer keunen lernte. ib,
y Arift. Met, X. cap. 5. p. 15. Ed. Sylb. gr. Cicer. de
Fin. V. 29. Tufe. quaeft. 1. VI. Apul. de dog. Plat.
p. 250, Diog. III. 6. Weber die Folge der Reifen des
Plato, und die Ordunng, worinn er die angeführten
Weltweiſen gehoͤret bat, find bie meiften Schriftfteller
nicht mit einander einig; es iſt aber nicht ber Muͤhe
werth, dieſe unbebensenden Streitigkeiten zu fchliche
ten. Zu 0 0
wegmugeen gern eye regen wa ge
Lidenſchafften blenden, noch von der Einbi
verführen Heß, der eine jede Sache rußl
Seiten betrachtete, und bey jedeni Schli
machte, auf die Erfahrung zuruͤckblickte **
daher auch felten aus dem Gebiete der Wahi
tabyrinthe des Irthums verloren, und feine €
©) Ueber die Atademie fiehe Diog. I. 7 &
Comment. Pauf, I. 28. Schol, ad Nubes
unter den Neuern Midleton Life of Cic
Diogenes erzählt eine Antwort bes Plate,
man fliegen müfle, daß er feinem Ba
Krieger gedient habe. f. 24. Allein alle
ſchweigen von den Kriegszügen des Plato
Tann e8 auch aus der Gefhichte und We
Athenienfifhen Staats im Zeitalter diefes
hoͤchſt wahrſcheinllch machen, daß er nicht
tes unter feinen Mitbärgern gefochten habı
#8) Plato läßt den. Sokrates feine Worficht im
and Eutſcheiben vortrefflich in folgenden 5
brüden: Aonas nos Xenvas ambvacı
Tı ua Asvm. To van eben.
Geſchichte des Plato und feiner Phil, 687
den gefährlichften Feinden zu den treuften Dienern
ee Seele machte, indem er fie.faft alle Dinge ſchoͤn
haͤßlich, angenehm und unangenehm empfinden
|, tote er fie für gut und boͤſe, fir nuͤzlich oder ſchaͤd⸗
etfannt hatte. Plato befaß mehr Tieffinn als hellen
den Derftand, ımb war weniger fcharffinnig ale
findig; eine Eigenfchafft, die fehon unzählige male
einer lebhaften Phantafie verbunden war, fo unvers‘
zar fie auch Damit zu fenn ſcheint. Unterdeſſen war
ito doch Immer dem Sofrates in Anfehung feines
ftesfräfte viel ähnlicher, als in Anfehung feiner: Ges
hsart und feines Charafters. Zwar find von leztern⸗
einige dunfle Zuͤge zu uns gefommen, allein auch
reichen ſchon Bin‘, "uns zu überzeugen, daß Plato,
Menſch betrachtet, noch ſehr weit: von der Sofratis
ı Bollendung entfernt war. : Er war nicht heiter,
rund einladend, wie fein Lehrer, fonbern eher: ver⸗
ſſen, muͤrriſch und abfthrecfend , und daher entfland
reitig die Sage, daß er den Gott des Lachens und
Froͤlichkeit aus feiner Akademie: gänzlich verbannt
e*). Vielleicht wär es eben dieſe bittere uinfreunds,
Gemuͤthsatt, die ihm den Eichein des Stolzes und
Berachtumg anderer gab **), und ihn zur Mißgunft,
Neide und allen damit verbundenen Schwachheiten
> geneigter machte 7). WWenksitens fiel es dem gans
Alterchume auf, dap er mit keinem der großen Freunde
| und
! Diog. III. 26. Ael. III. 35.
Y VI. p. 756. Dionyf. de Plat, Edit. Lipſienſ.
| Allein der Tadel des Lyſias in feinem Phaͤdrus, und die
Anſtrengung, womit er biefen großen Redner zu uͤber⸗
treffen ſucht, beweifen, daß Plato nit freu, vom
Meide, oder einem am, Neid gränzenden Wetthifer
war. —
un mieten fen nn Gichen, und nf
Seen
ältern oder juͤngern
. IT. 34036. & ibi Menag. id. ad IL 57. n
I ach Bir. prim. p. Fri sr
®%) I. de Rep. VI. p. 16. Vol. I. Ou yag
su nam voruroov dead
uz' aurs, sderas copurirı Tas vor aM
Yveas nm. oA ö Taro woneugauee et
aaro. Er fßelte Gier auf dep Meikipp, den‘
daR le Eürtifide, ve je Eicitisen wel
aſt al ⸗
n Plata erwähnen, wiberſprechen ſich ennoeder in
\
Geſchichte des Plato und ſeiner Phil. 689
Buhlerinnen, die ihm zugeeignet werben, kann man
e Vorwuͤrfe hernehmen, weil fie zu verdaͤchtig find *).
darf aber auch nicht verfchtwiegen werben, daß er
t wie Sofrates verheirarhet war, und feinem Bas
ınde feine rechtmäßige Buͤrger hinterließ. Wenn
to übrigens die Genuͤgſamkeit, Mäßigfeit und Gleich,
higkeit feines Lehrers auch nicht erreichte; fo war er
, gewiß in Ruͤckſicht auf dieſe Tugenden für den
jten Theil feiner Zeirgenoffen ein unnachahmliches
fter. Wenn er aufgebracht war, fo flrafte er fich
t mehr, als diejenigen, die ihm gereizt hatten "),
‚eachtet-er die reichften Könige, und die größten Felb⸗
en und Staatsmaͤnner unter feinen Schülern und
unden zählte; fo ftarb er doch) arm, und hieraus für:
I ald aus dem beftändigen Tadel der Gewinnſucht
Sophiften muß man fchließen, baß er nicht, "wie
:, umd Gelb gelehrt habe 7). Er verabicheute die
| ” fehwel
— En ne GESEREED un
bung ber Zahl, oder ber Zeit, ober ber Bewegungs⸗
gründe derfelben, ober auch in ber Erzählung der Ges
fahren des Lebens und der. Freyheit, denen er anf einer
berfelben von dem beleibigten Tyrannen ausgefezt wur⸗
be. Man fehe Cic. pro. Rabirio Pofth, e. 9. Diod,
XV. p. 8. ad Ol. 97. 3. Athen. VII. 5.p. 279. XI.
cap. ult. 505:509 Biog. III. 18. 21. & ibi com,
Apul. p. 251. de dogm, Plat. Wenn ich irgend einen
Nuzen davon erwartete, fo würde ich mich bemühen,
dieſe Widerſpruͤche fo. viel als möglich entweder ſelbſt zu
heben, ober audere dazu aufzumuntern.
) 111. 29. & faq. Diog. :
*%). Plutarch. VE. 178: E
) Suibas im Worte Plate, und Apulejus 252 p. fagen
beyde, daß Plato arm geweien fen Hiemit ſtimmt
fein Teflament überein, wenn es anders aͤchtiſt
Diog. II. 441. Satyrns hingegen machte ihn reich ib.
ſ. 9. und erzählte, daß er achtzig Talente vom Dionys
Zweyter Band, Er erhal⸗
von zu entfernen. Er verglich das Atheni
Bald mit einem abgelebten Alten, der wiebeı
Schwachheit und Unverftand zuruͤckgefallen
mit einem Haufen von wilden Thieren ,
man, wenn man fich barunter wage, alle
in Gefahr fen, gerriffen zu werden: bald ab
unfruchtbaren Acker, der nur Unfraut tray
nuͤzliche Pflanze erſticke f). Ihm fehlen es
feon, fich den Einfällen eines unbänbigen
allen uzen, entgegen zu fegen, und fich
Verderben zu ſtuͤrzen, bevor man feinen 3
Vaterlande gedient Gabe: und DBüberey «
—
erhalten habe. Wilehs diefe Nachricht fe
weniger erdichtet, als eine andere eben |
fiellers, daß Plate Vptpagoreife Gchril
lolaus um 100 Minen gekauft habe.
®) Cicer. Tuſc. quaeß, V. 35. .
®%, Id enim jubet idem ille Plato, quem egı
außtorem fequor, tantum contendere
quantum probare tuis civibus poffis: v
Gefchichte des Plato und feine Phil. 691
hien es ihm, mit dem großen Haufen zu pluͤndern,
Ber fein Baterland mit Gewalt zum Guten zu zwingen.
er hielt es für viel vernünftiger, in dem heftigen Wiss
elroinde, der faſt alle feine Mitbürger mit dem Unrath
er Lingerechtigfeit beſchmuze, fich Hinter eine ſichere
Band zu fielen, dem Getümmel und Wuͤthen ver
dosheit von ferne zuzuſchauen, und fich felbft von allen
ftern rein zu erhalten, um mit defto ruhigerem Ges.
wach und deſto frölichern Hoffnungen das Ende diefes
diſchen, und ben Anfang eines beflern Lebens erwars
en zu koͤnnen *). |
Als Weltweiſer flimmte er barinn mit dem So⸗
Pates überein, daß er die Sophiſten unabläffig in ſei⸗
en Schriften verfolgte, und faft alle Grundfäze feines-
brers benbehielt und vertheidigte; allein in Anfehung:
Izer tehrarc, feiner Sprache, und des Umfangs ſo⸗
BH! als des Inhalts feiner Philofophie wich er eben fo
etc vom Sokrates ab, als viele von denjenigen, die‘
eſer am febhafteften beftritten hatte. Er unterrebete
Ey nicht, wie fein Meifter, mit einem jeden, der ihn
Eike, oder ihm aufftieß, zu allen Zeiten, an allen Or⸗
w und über 'alleriey Gegenſtaͤnde, fondern ee lehrte
Eh den Sophiften an einem gewiſſen Orte über be⸗
zmınte Segenftände und für gewiffe Perfonen. Seine
Syrache war nicht ein Kind bee einfachen unverborbenen
datur, fondern eine Tochter der Kunft, und fie zeigte
H daher auch unter fo mannichfaltigen Geſtalten, umb
ig fo abwechfelnden Puz, wie eine ſchoͤne Buhlerinn,
e mehr durch äußere erborgte Reize blenden, als durch
BR Tugenden feffeln will. Beine Rebe floß nicht ru⸗
B, wie ein filberpeller Bad) über weißen Sand, ober
. Xi2 . grüne
H Plat, & Cicer. 1, <,
Machahmer, und um feiner Beredſamkeit u
wan ihn vorzugsweiſe den Großen, den Gh
Sort und Fürften unter den Philofoppen
gingen in der Bewunderung derſelben fo wr
fagten : ſelbſt der König der Gotter wuͤrde
eben, wenn er fich einer menfchlichen Spro
follce **). Die größten Kenner des Griech
thums hingegen tadeiten an ber Schreibart
ohne ihre Vorzüge zu verfennen, mehrere |
fein unparthepifcher Nichter uͤberſehen kann,
rade ben Tugenden der Sofratifchen Rede
entgegengefezt waren. Ihrem Urteile na
oder erreichte Fein anderer Weltweiſer oder
Plato in der Kunft, die Ohren feiner, Sefe
Wohllaut der Sprache zu begaubern , und rn
größere Perioden, ſondern aud) in einzelne k
der entzüchende Muſik zu legen }). Wenn ‘
Dionys ferner FI), in die Fußſtapfen fei
—
9) Man fehe unter anbern I. 11. de ar: Cirer.
Beſchichte des Plato und feiner Phil, 693
fe, und fich ohne allen Zwang oder mühfeelige Arts
engung ausdrückt; fo wird feine ungefünftelte Schreib⸗
unausfprechlich füß und anziehend. Sie ift alsdann
ver und richtiger , als die ausgearbeiterfte Sprache
yerer, deutlich und klar, wie der Tag, und mit Fels
n einzigen überflüfligen Beyworte befehwert. Unge⸗
tet fie hin und wieder mit dem Moofe des —
ht bewachſen iſt; ſo bluͤht ſie doch voll unwiderſtehli⸗
n Reizes, und von ihr: duften dem Leſer, wie von
menreichen Srühlingswiefen, die herrlichfien Wohle
üche entgegen. Sobald aber Plato die tragifchen
huhe des Thukydides, oder die Mebnerrüffung des
rgias anlegt ; fo finft er weit unter fich ſelbſt hinab *),
[er zu fehr an feinen Werfen puzte. Dies fezte er
ans Ende feines Lebens fort, "und man fand daher
) feinem Tode ein Erempfar feiner Nepublif, in wel⸗
n er den Anfang bes erften Buchs auf mehrere Ace
verfeze hatte, um einen größern Wohllaut hineinzüs
gen **). Plato fuchte eine größere Ehre darinn,
n zu fchreiben, als richtig zu denfen; und er verhehlte
uch gar nicht, daß et weit mehr Sorgfalt auf fchöne
ter und Sprache, ald auf wahre Gedanken wendete.
XRx 3 | Er
VI. Dionyf. 762. 64. 972. 73. 1032⸗44. V. 208.
) Dionyf. de Comp. verb. V. p. 208. 209. O ds
IlMarwv Tas Euurts deAoyss arevicav x Bo-
Seuxslav us MAVTE TOomov uvamAenav, 8 die-
ATSEV sydennovra vevovoc ETN. TOACs Yarp on
RB Tas QDiAcAoyoıs Vagina TE Weg Ts Qi-
Aomovias Tavdeos isoguueva, nos
dm no Fo ee TNV deArov, NV, TEAEUTNCAYTOS
caurs, Asyaaı EvpeInvos, WOoiÄwS. HETONEE-
KEVHV TR EX TE TOATRS, Tmvde &c,
5 dcchtet Bud. Drittes Cape,»
———
‚ ‚ber Goͤtter rede, und daß er nicht auf der ebenen d
= ser, in ber Hervorziehung nd, dem Gebra
aber Fraftvoller Ausdrücke, im
‚erhabener Bilder, Gleichniffe, Alegorien
endlich in der, Pracht und Größe feiner, B
chen Vorrath von Wörtern und
und daß fie nicht in den finftern
nicht ungerne zu
lechter Profe ruhig fortwandfe, . ſondern mit ini
ich. Ja die beyben größten Mebner, bie je J
geſtanden, daß fie ihm vı den anerfch
2* —— 064. 972. 1032,34. VI.
**) ib. 1083.
» Cicer, Orat. V. 3. 4. Ego autem & me faepe
videri dicere intelligo, cum pervetera dicam,‘
inaudita plerisque: & fateor, me oratorem, f
do fim, aut etiam quicunque fim, non ex
officinis, fed ex Academiae fpatiis exſtitiſſe.
enim funt curricula multiplicium uberlorumau
monum, in quibus Platonis primum imprels
veftigia; fed & hujus, & aliorum philofop
— & exagitatus maxime orator
adjutus. Omnis- enim ubertas & quafi fylva
di, du&ta ab illis et, — Quod idem Fa
ne exiflimari poteft: cujus ex epiftolis Ani
quam frequens fyerit Pl —— ayditor,
Geſhichte des Plato und feine Phil. 695
barbariſche, die Philoſophie entehrende Pracht und
sppigfeit ausarte, daß er nicht ſelten feine Gedanken
einer Fluth von leeren, aber raufchenden Wörtern ers
ıfe, daß feine Bilderfprache bald unerträgliche Weite
weifigkeit, bald undurchbringliche Dunkelheit, odee
Iyrambifchen Schwulft erjeuge, daß feine neuen
Orter manchmal ungeheuer, feine alten geſucht und
wwungen, feine Befchreibungen überladen, feine Gleich⸗
je und Allegorien unzeitig, ober froftig, oder unwahr⸗
einlich, oder gleich Ammenmaͤhrchen gedehnt fenen,
ã er in gewiffen Augenblicfen von erfünftelter Begeiftes
29 von den geringfügigften Dingen mit Pindariſchem
ımpe, und wenn diefe Begeifterung nachlaffe, von
a erhabenften Gegenftänden mit einer beleidigenden
ılte und Mattigkeit rede, ja daß er fogar über dem
Zaͤndigen Suchen nach ſchoͤnen Worten, ober auch
ech fruchtiofe. Anſtrengung ermüder bisweilen die erſten
sfeze der Sprache und des Numerus verlege, und fich
bärteften Wendungen und Soldcismen erlaube *).
le ſtimmten darinn überein, daß feine Schreibart mehr
sefie als Profa fen, daß fie wenigftens zwiſchen beyden
der Mitte fiehe, und daß vielen Stellen in feinen
hriften nur allein abgemeßner Rythmus fehle, um
Pindarifche Oden verwandelt zu werden“) Uber
Ex 4 eben
”) Dion. VI. 957. 64. 972. 1032034. 1038. 1043. Auch
Longin. reeı udes peflim. Beym Dionys findet
man Beyſpiele der getäbelten Zchler aus allen Schrife
ten bed Plato.
4) Arift, ap. Diog. III. 37. Cicer. or. c.26. Dionyf, VI,
972 p. Quint. X, 1. p.m. 578. Philofophorum, ex
uibus plurimum fe trazifle eloquentiee M, Tullius
confitetur, quis dubitet Platonem eſſe praecipuum,
five scumine differendi, five eloquendi facultate
quadanı
696 Acchtes Buch, Drittes Capitel.
eben hierinn liege auch der Grund, warum Plato feihi
mehr ſchoͤner Schriftfteller, als großer Redner fen, mw kt
auch mehr die erftern als die leztern bilden koͤnne)
Wenn Plato alfo ven Rednerſtuhl befteige, und ein
Verſuch mache, entweder die Unſchuld zu vercheivig
ober die Tugenden gefallener Helden zu erheben; fo fuͤſ
man gleich, daß er niemals weder vor den Richten
noch zu dem verfammleren Volk geredet habe**), Pa
dürfe nur feine Schuzrede für den Sofrates, und fi
‚sobrede auf die fürs Vaterland geftorbenen Krieger m
ähnlichen Reden des Demofthenes vergleichen, um
zu überzeugen, ‘daß fie eben fo fehr won einander
fchieven feyen, als die Waffen und Ruͤſtungen eines $ü
gers von folchen, die nur zur Schau auögeftellt w
oder als wahre lebhafte Empfindungen von leer Zn
men, oder als Cörper, die durch Hize und Kälte:
härtet worden, von folchen, die fic) durch Weichliihä.
verborben Härten. Plato's Neben feyen allein fük
‚die des Demoſthenes hingegen auch Iehrreich und nal
Jene koͤnne man mit einer lieblichen Wiefe verglei
die Durch Furz dauernde Annehmlichfeiten ergoge;
bingegen mit einer fruchtbaren Flur, deren Anblid nd
nur das Auge ergoͤze, ſondern die auch reichlich die
wenbdigfeiten des tebens liefere }). .
BR
x
m
quadam divina & Homerica? multum enim fa
profam orationem, & quam pedeftrem Graeci voca
furgit: ut mihi non hominis, -fed quodam Delp®
videatur oraculo inftindus,
e Cie, or, c,4. Dionyſ. VI. 102. 5. & fq. & 1056. &h.
* ib,
7) Dion. VI. 1056. Alle Tugenden fowohl als Fehle
Schreibart des Plato finden fi nirgends in größe
Mange, als in.feiner Republif, die daher *
Geſchichte des Plato und feiner Phil. 697
So wie ſeine Bewunderer, die ihn uͤber die ange⸗
en Helden ihres Volks weg, und den Goͤttern gleich
Xxr5 ſez⸗
ganzen Alterthume als ſein groͤßtes Meiſterſtuͤck bewun⸗
dert wurde. Dieſer folgen ſein Gaſtmaal, ſein Phaͤ⸗
drus, ſein Gorgias und Timaͤus. — Weil Plato unter
den. Weltweiſen das war, wofür Homer unter den
Dichtern, und Demofihenes unter den Rednern gehals
ten wurde; fo erhielt er auch, wie diefe, eine Menge
von Auslegern, welche bie Dunkelheiten feiner Schreib⸗
art erläuterten, ihre Eigenthämlichkeiten anzeigten,
und ihre Schönheiten in's Licht fezten. Unter biefen
ift nur allein das Werk eines gewiſſen Zimäus, näms
lich ein Verzeichniß Platonifher Wörter, zu und ges
fommen, das Hr. Ruhnken herausgegeben, und mit
Anmerkungen verfehen bat, bie weit mehr, ale ber
Text ſelbſt, werth find. In dieſem bärftigen Lexikon
ſucht man die wichtigſten dem Plato eigenthuͤmlichen
Wörter vergebens, und hingegen findet man anberg,
die ihm mit unzähligen andern Schriftfiellern gemein
find, ober gar nicht einmal in feinen Werken vorfoms
men. — Man kann fi kaum einer Anwandlung von
Beratung gegen bie neuere Kritif enthalten, went
man bedenkt, daß fie über den elendeſten Schriftſtellern
ganze Wälder meiftens unzweckmaͤßiger Gelehrſamkeit
zufammengefchleppt, und hingegen bie größten Schrift
ſteller, und unter biefen ben Plato, faſt ganz vernachs
läffigt, und wenig oder gar Peine Hälfsmittel geliefert
. bat, wodurch der Jugend die Benuzung ber ſchaͤzbarſten
Dentmäler des Alterthums erleichtert würde. Wer
bat es noch verfudht, alle vom Plato erfundene oder
ihm eigenshämliche Wörter zu ſammlen, und die dunk⸗
fen ober von ihm erneuerten zu erPlären? er bie
ihm eigenthämlihen Wortfügungen, und bie bewuns
bernswärdige Kunft in dem Gebrauch ber Verbindungs⸗
wörter, wie den Wohllaut in allen Theilen feiner Mer
De ins Licht zu ſetzen? Wer den Werth und Unwerth
feiner Bilder, Oleichniſſe, Beſchreibungen und Zirtios
non, und bie Wahrheit ober Unwahrheit feiner Eralhe
' u gen
gen des Heraklit und der übrigen Phnfiki
Ufchen Betrachtungen der Pythagoreer,
ten ber Mathematiker , endlich die Weis
tier, und wie viele glaubten, aud) der ©
net, und alle diefe zerftreuten Glieder de
und barbarifchen Philofophie gefammiet, t
in einen einzigen ſchoͤnen Eörper vereinigt |
viel ich aber urtheilen kann, verdient Pl
über lob/ daß er die Reden des Sofratet
und die Gedanken deſſelben weiter fortfuͤht
bie feztern gewaltfam mit folchen zufanmm
mit ihnen unvereinbar waren; daß er L
aufnahm, die Sokrates verworfen, unt
von Dingen nachgrübelte, die diefer für
erklärt hatte. Plato chat faft keinen &ı
Sränzen der Sokratiſchen Philofoppie Hiı
bangen und Gedanken zu präfen? Wer
— zu beſtimmen, wo er ſeine
Eyarater gemäß, oeruiht gemäß,
Seſchichte des Plato und feiner Phil, 699
ht in unnize Spisfindigfeiten, oder in eitle Träume,
er in ungereimte Irrthuͤmer bineingeführt Härte *).
Zeil er die Meynungen von Männern annahm, deren
hrart und Grundfäze einander entgegengefest waren;
ı konnte es faft nicht fehlen, daß nicht feinen Gedan⸗
m oft die gehörige Drbnung und Zufammenhang gefehlt
itte, daß er nicht häufig in Widerfprüche gefallen, und
2 Inhalt feiner Schriften eben fo verfchieden, als feis
Schreibart und feine fehren geworden wäre. Man
san daher die Meynungen des Plato nicht, wie bey ans
wen Schrififtellern, aus einer einzigen Stelle abnehmen,
rsdern man muß nothwendig alle Stellen über dieſel⸗
ze Materie zufammenpalten, weil man fonft in Gefahr
anmt, ihm etwas zugufchreiben, was er nicht wirklich
Hauptete. Noch ſchwerer aber, als die Ausfinvung
= wahren Meynungen bes Plato, ift die Auseinanders
gung deſſen, was ihm felbft und was andern und wen
& gehört; denn fo wie er oft feine Gedanken andern in
en Mund legte, fo eignete er fich auch ſtillſchweigend
56 Gedanken anderer, felbft dee Sophiften, zu, deren
Werke verloren gegangen find. Unterdeffen kann mar
wc aus Zeugniffen des Ariftoteles, aus einzelnen Wins
mn bes. Plato felbft, und aus der Vergleichung feiner
Schriften mit denen bes Xenophon, bey manchen wich»
Egen Lehren, mit großer Wahrfcheinlichfeit angeben,
was Des Plato, und was des Sokrates, ober eines ans
>ern Altern Miloſophen fen.
, Plato
pe
4 Die Vermiſchung ganz ungleihartiger Lehren wirft Ihus
auch der Merfaffer ber Briefe vor, bie dem RXenophon
äugefchrieben werden p. 671. Asyuzts nexo9y-
0av u vn Tudayoes Teeurodas voßıns.
Diefet Vorwurf war gegrändeter, als der andere von
Pareg Schlemmerey, den man in chen dieſer Stelle
ude
tifer es thaten, manche von jenen 2
m von Gefprächen einfleiven, weil
fen des Sofrates entweder umveı
doch mır mit fleinen Veränderungen auf
diefer fein tehrer fich nicht anders als in
mitgetheilt harte *). Dieſe Sofratifche I
Plato audy in den Schriften nicht verlaff
er feine eigenen Begriffe und Unterſuchi
) Diefen Grund gibt er felbft im Anfange
Ich habe, läßt er ben Euklides fagen
des Sofrates nicht bloß erzählt, fon
nes Geſpraͤchs gebracht, damit ich di
fagte, und er antwortete; er längnete
gab es zu, überhoben würde. p. 69. -
ten ben Plato den Erfinder von phils ſo
Gen III. 48. Diog.; allein biefen Ne
nicht verbienen, wenn auch nicht ein gı
mus von Xeos Sokratiſche Gefpräde
kannt gemacht hätte Aril. ap. 4
Plato that in feinen Geſpraͤchen weiter
er die Unterredungen bes Sokrates
Gefchichte des Plato und feiner Phll. 7er
wuͤrdegzdadurch dad, was ihm, und dad, was dem
rated ‚gehörte, zu fichtbar unterfchieden, und ents
er die Beſchimpfungen feines Lehrers durch feine eige⸗
widerlegt, oder aud) den Eindruck der lestern durch
Unfehen der erftern gefchwächt haben. Gleichwie
Plato genöthige war, feinen Werfen auch alsdenn
Sofratifche Form zu geben, wenn ber Stoff fich
gen fträubte; eben fo wurde er gezwungen, in ſei⸗
mündlichen Unterrichte die tehrart der Sophiſten
nehmen, wenn er auch ächte Sofratifche Gedan⸗
vortrug. Er beftrire nicht, wie Sokrates gethan-
e, die Sophiften und deren Schüler in ihrer Ges
art, redete nicht mit alleriey Perfonen zu allen Zeis
und über allerley Gegenſtaͤnde, hatte andere Abfich«
. andere Perſonen, andere-Materien, zu welchen:
über welche er redete, und Eonnte alfo auch nicht
Methode beybehalten, dig durchaus unanmwendbar
, wenn man nicht in alle die Umſtaͤnde eintritt, im.
hen ſich Sofrates gefunden hat ”).
Durch die Nachahmung der Sofratifchen Unter⸗
ngsfunft in feinen Schriften erreichte Plato manche
eile, die er ben einem fchlichteri Didaftifchen Bars
nicht erreicht haͤtte; allein ich weiß nicht, ob fie
dantit verbundenen Nachtheilen felbft alsdann das:
gereicht halten, wenn er feinen $ehrer glücklich
ahmt, und die Perfonen, die er einführe,. ihrem.
| &
2
Ich kann zwar kein ausdruͤckliches Zeugniß irgend eines
alten Schriftſtellers dafuͤr beybringen, daß Plato nicht
wie Sokrates, ſondern wie die Sophiſten geichtt babe.
Allein die Sache läßt ich meinem —**— nach kaum
anders denken; mb dann lehrten feine erſten Nachfol⸗
ger, wie ich aunehme, daß er gelehrt habe, ünd wie
anch alle ſpaͤtern Weltweifen Tehrten. Diog. IV. iß.
oa Achtes Buch. Drittes Eapitel.
Charakter und ihrer Denfungsart gemäß reven UA
Plato erregt durch feine Dialogen Anfangs ein lebhaftahg‘
Intereſſe, ale man vom gewöhnlichen Bortrage in gi!
terrichtenden Schriften erwarten Fann. Auch beme
man nicht felten mit Bergnügen, wie ber gefchäifi
Geiſt Wahrheit fuchender Juͤnglinge von verworte
unvoliftändigen und falfchen Begriffen allmaͤlich bu ſ
hellen und richtigen Ideen binanflimmt, oder wie de
bildete Perfonen viele fruchtloſe Berfuche wagen, die
ihnen fliehende Wahrheit zu erhafchen, und role fe
nach öfteren vergeblichen Anftrengungen ganz erfä
nicht weit vom Ziele liegen bleiben: oder endlich nie
phiften erſt, ohne es felbft zu merfen, und nachher
ihren Willen in die augenfcheinlichften Ungereim
gezogen werden; allein zugleich kann man es doch
verhehlen, daß man auch oft durch die Weitſchu
keit, welche Gefpräche über wiſſenſchafftliche Mod
umvermeidlich nach fich ziehen, ober durch die dem‘
eigenthämliche Spüsfindigfelt, womit er die fei
Materien ſchwer macht, in feinen Erwartungen getä
und gänzlich ermuͤdet, und noch öfter Icre gemadkn
was man für Wahrheit, oder Doch für ernftliche M
nung des Plato und Sofrates halten oder nicht WE
fol *). Dieſe Unbequemlichkeiten werben noch 9
®) Verdrießliche Weitfchweifigfeit finde ich in feinem 1
= get, Sophiſtes, befonders aber in feinem zer 9
Getaͤuſcht wird man burch feinen Eutyphron, De
e &harmides, Lpfis, Hipparch, Hippias Meiner, u
nen man gar Peine Aufſchluͤſſe Äber Die aufgeweri
Fragen findet, nud au deren Eube man noch m
hafter wird, als man Aufangs war. Sein Man
vilele irre geführt‘, beſonders Bebdes in feinem Ü
os the compolition and Manuer of Weiting.d
Au
Geſchichte des Plato und feiner Phbil. 703
8 vergrößert ‚, wenn Plato feine Perfonen wider ihre
mein bekannten Grundſaͤze reden, ober fich ſelbſt
tfprechen, oder auch auf frembe mit der angefanges
Unterfuchung gar nicht verwandte Materien abſchwei⸗
ober über Dinge ſich unterreben läßt, über welche
ünftige Perfonen fi) nie fo unterreden würden *).
fagte fich felbft **) feierlich von ollen Geſezen des
logs los, denen die Dichter unterworfen waren:
:Eannte Feine Richter und fürchtete feine Zufchauer
yiefe, und geftand felbft, daß er eine jede Unterredung
Unterfuchung nicht als eine Beherrfcherinn, ſon⸗
als eine ‘Dienerinn feines Willens betrachte.
Schon unter den Sriechen theilte man die Plato⸗
ven Dialogen auf -mannichfaltige Arten, bald. nach,
n Anhalt, bald nach ihren Abfichten, ober *
Antients, particularly of Plato p. ‚106. Dieler Särife
fteller glaube, daß Plato bie Tugend als eine Volks
Fommenbeit augefehben babe, die gar nicht erworben
werde, unb bloß vom Himmel herabkaͤme. Eben fo
febe als Geddes wuͤrde man ſich irren, wenn man mie
Den Diogenes III. 52. aunähme, daB Plato feine:
Mepnung flets durch den Mund des Sokrates, des
Tim dus des Athenienſiſchen und Eleatifchen Fremdlings
vorgetragen habe
ie gefihicht häufig In feinem Theaͤtet und So⸗
> in Theset. p. 81. Tlovu vœgo EU TETO IENKOS,
oT EX HRS 0 © Tw Tode KOREUOITEE Toy
Ay UTNEETER , N 7 Ayo oͤ⸗ —R
—A
oemoreise9nvas, Örav Au denn. were yu dm
Kusns, 878 Jeorns, worree ROMTS CU ITE
prcoy Tex agker ur wu. Yun
704 Achtes Buch. Drittes Capitel.
nach ihrer Manier und Behandlung ein *). Alle du
Eintheilungen aber bringen, fo viel ich ſehe, keinen M
zen, ven nicht auch die bloßen Ueberſchriften der Geſ ſ
che leiſteten. Die genaue Verbindung, die mian ml |
Denfelben zu finden geglaubr hat, iſt entweder eingdll 4
bef, oder wenn auch biefes nicht iſt, fo teäge fie
N
wenig oder gar nichts zur gegenfeitigen Aufflärung
cher Dialogen bey **). Wichtiger aber kann es für
jungen tiebhaber der Griechiſchen Philoſophie fenn,
man ihm fagt, daß er fich Anfangs nicht an vie a
&efpräche machen folle, in welchen: Plato die Ep
Digfeiten der Eleatiker und Sophiſten entweder wi
hie, und nachahmt), oder auch bloß widerlegt,
hre Meynung zu Äußern }), oder worinn er al
feine eigenthuͤmlichen der Sofratiichen Weisheit ı
forechenden Spefulationen vorträgt FF). Unter l
Gefprächen find nur wenige, die felbft der Kenne
wuͤrde, wenn er. bloß zum Vergnuͤgen laͤſe, und a
die auch der gröfte Kenner der Sprache, und beim
ßigſte leſer des Plato nicht ganz verſtehe - Ale Mike
Dialogen würden ben in Die Geheimniſſe det Geichiiil
Sprache und Philofophie noch nicht eingerveihten Fi
ling entweder durch ven neuen , von dem aller din
Griechiſchen Schriftftellee verfchiedenen Ausprud,
durch die fremden unverftändlichen Grillen, ober ll
durch die ſeltſamen Träume, die fie enchalten, d
> kan“
4!
*) III. Diog. 49-52. Ä E
“) Man fehe Geddes 1. c. p. 104. & fa. ) Wi
auna) Wie im Parmenides und Krathlus.
.D Wie im Dieno und den Äbxiage wertet genau ©) 5
nern Dialogen. | .
+) Wie in feinem Theaͤte guiket, 7eäJα
und mehrern Buͤchern ei set. An
N |
k a
hte des Plato und feiner Phil, 708
lato abſchrecken. Viel rarhfamer alfo ift
Hejprächen anzufangen, in welchen viefer
Grundſaͤze feines tehrers in der Manier
aͤgt *), oder worinn ee mit den größten
»Rednern feines Volks um den Preis
er in welchen er auch die mit der Sofratis
13 unvereinbarten Theile feiner Philoſophie
Der größte Theil dieſer Geſpraͤche hat
> Reize ver Sprache und des- Inhalts,
weder ungewöhnliche Borbereitungen und
och muͤhſame Anftrengungen, um verflans
Zergnügen gelefen zu werden. Unter allen
Weltweiſen verliert Feiner fo fehr in Les
nd Auszügen, und alfo auch in einer all
chicyte feiner vornehmften Gedanken, als
ihm find Gedanfen und Ausdruͤcke fo zus
nolzen, und in einander gefügt, dag man
Derlesung over Zerftörung der erſten von
ten Fan. Auch wird der Werth der Ges
die Schönheit und den Wohllaut Dee Spras
yohr,, daß manihnen ihr Kleid nicht neh⸗
hne vaß fie, wie e8 bey allen großen Dich⸗
nern geſchieht, faſt ganz unfenntlich wer⸗
n biejelbigen zu fenn fcheinen. Hiezu kommt
daß im Plato diejenigen Gebanfen, die
vorhergehenten Weltweiſen am meilten uns
nd die auf die Denfart foigender Geſchlech⸗
ter
er Upologie, Krito, Alfibiades, Gorgias, dem
ı Theile bes Phaͤdo.
feinem Epitophio, feinem Gaſtmaale, Phaͤdrus,
inchen Stellen feiner Republik.
3. in feinen Büchern von den Gefezen, -
Band. Y y
7066 Achres Buch, Dritted Capitel.
ter bie meiften Einfläffe gehabt haben, die lächerlid
Irrthuͤmer find, und daß man hingegen bie unzäh
abgeriffenen eben fo neuen ald wahren Bemerkunger
durch jeine Schriften zerftreut find, nicht alle auffi
und mittheilen kann.
Die Griechiiche Philofophie war fchon vor um
den Zeiten des Plato in eben jo viele Abſchnitte zeri
als worinn fie nachher abgerheilt blieb; allein die Gr
diefer großen Abfchnitte waren noch nicht genau beſtin
und fie ſelbſt auch noch) nicht mit den Namen belegt,
Zenofrates zuerft erfand, und die auch.alle fpätern®
weiten beybehielten *). Unter allen den Kennmiß
die man in der Folge unter dein Namen der Diold
oder Logik begriff, rechnete Plato die unnüzen Er
digfeiten zur Eriftif, oder Sophiſtik; und die
rihtig zu erflären und einzutheilen zur Dialektif
Die Unterfuchungen, die man nachher in der
vortrug, nannte er noch mit feinen Zeitgenoffen die
fenfchafft görtlicher,, oder himmliſcher, oder überi
Dinge 7), fo wie die Erhif oder Sittenlehre des
krates und feiner Nachfolger , eine Wiffenfchaffe mal!
licher Dinge oder menfchlicher Weisheit FF). Died
nung, in welcher diefe verjchiederre Theile der ‘
pbie in Plato's Kepfe geordnet waren, ging von
Hronung, welche tie uͤbrigen Welrweifen beobadı
gänzlich ab. Anſtatt dag die leztern die Dialeftif
ausſchickten, auf dieſe die Phyſik folgen liegen, ım)
Phyſik endlich mit der Sittenlehre befchloffen, fo i
Plato von den Unterfuchungen über Sort, Mater
uäihntndnise unten emseusientunen Selen
*) Sext, Emp. VII. 16.
*®) Siehe bef. Sophift. 110, 113.
7) Siehe Apol, Soer. pafl,
th ib.
Gefchichte des Plato und feiner Phil. 707
elt an, ging alsdann zu feiner Seelenfehre und Dias
if fort, und endigte mit feinen moralifcyen und poli⸗
hen Grundſaͤzen. Sch mache zwar feinen Anjpruch
auf, die Gedanfen des Plato in eine ganze genaue,
gends unterbrochene Verbindung, oder in gefchlaffene
ihen zu bringen; allein ich ſchmeichle mir doch, ſie
uemer zu flellen, als man fie in feinen Schriften
rdnet antrifft, oder als fie felbft in feiner Seele geord⸗
waren, ohne daß fie etwas anders dadurch gewoͤn⸗
ı,'als den Vortheil leichter überfehen zu werden. —
Nirgends offenbart fich bie große Verſchiedenheit
Geiſtes des Plato und feines !ehrers deutlicher, als
ber Art, wie beyde, jener in feinem Timäus, Diefer
den Denfmwürdigfeiten des Zenophon Ihre Gedanken
r Welt, Gottheit und Vorſehung vortragen. In
Betrachtungen des Sokrates herrſcht durchgehende
t und Ordnung; auch die ſchwerſten und erhabenſten
abrheiten werben einem jeden tefer von eingefchränfter
flungsfraft begreiflich, und alle überzeugen nicht nue
Verſtand, fondern rühren auch zuglelch das Herz.
r Timäus des Plato hingegen ift srößtentheils mit
aurchdringlicher Finſterniß, oder mir dichtem Nebel
eckt, und nur hin und wieder heben fich einzelne ers
Htete Flecken hervor, die aber meiſtens durch ihrerk
ebhaften Glanz und zu Helle Farben blenden. Die
yeeften Unterſuchungen werden fü fehwer, als wenn
to mit Fleiß fie hätte verfinftern wollen, und die fer
ben Wahrheiten werden, durd) die Bermifchung mit
aıdiofen Vorausſezungen und Raͤthſeln, ungewiß.
e Ausfprüche Plato's über den urfpränglichen Zujtand
Materie, über die Natur des fie bewegenden vers
raftlofen Wefens , Über die Schöpfung ver Elemente,
Weltſeele und der menfchlichen Seele, find fo uns
greiflich oder unverftändlich, dag nur ſolche Maͤnner,
‚ die neueren Platonifer & deren Kopf nach dunkler *
ya
708 Achhtes Buch. Drittes Kapitel,
die dunfelften Stellen des Timäus waren, fich ſchm
chein konnten, fie zu verftehen, und andern erflären
fönnen. In feinem andern Gefpräc hat Plaro ver
tete ‘oder dichterifche Wörter, mit einer folchen U
ſchwendung, oder vielmehr Unmäßigfeit gehäuft, «
in feinem Timäus, und zwar wahrfcheinlich in der A
ſicht, feiner Abhandlung dadurch das Heilige und Eh
würdige der Geſaͤnge oder Werke der alten Goͤtterlehn
zu geben. Wenn diefes wirklich feine Abfiche war, |
verfehlte er fie gänzlich, menigftens bey Leſern, die
denken und urtheilen als ich. Denn anftatt das &
wicht und den Eindrud feiner Betrachtungen, uf
den von ihm gewählten Bortrag zu verftärfen,
er ihnen vielmehr alle ihre überzeugende Kraft, i
er fein ängftliches Beftreben nach feierlichen Wo
und prächtigen Bildern zu fehr durchfcheinen lieg.
end iſt es unläugbar, daß in feinem Timäus bie
Pen Ihm eigenthümlichen, wenn gleich nicht bie rihgf
fen Gedanfen enthalten find. ;
Wir mögen um uns herblicken, fänge atdh
feinem Timäus an *), wohin wir wollen, fo ndeefx
wir allenthalben zufanmengefezte und veränderliche 20] m
ge wahr, bie eben fowohl dem Untergange untermoriäf «
als eritftanden find, und die alsdann untergehen, na
fie in ihre Beſtandtheile aufgelöft werden. Ale
wandelbaren Naturen fonnen unmöglich ewig, und oe
Urfache da feyn, und es muß alfo nothwendig eine
entftandene und unwandelbare Urſache geben , me
fie find hervorgebracht worden. Wir entdecken fen
wohin wir auch unfere Blicke werfen, mannicfail
Arten von Bewegungen *“). Ein Eörper ſtoͤßt in
v
®) p. 476. 477.
**) de Leg. X. 605. 607 1439.
Geſchichte des Plato ud feiner Phil. 709
andern, oder erhäft auch Bewegling von andern; und
Age fich nicht anders denken, als daß eine ſelbſtſtoͤn⸗
Urſache aller Bewegung eriftire, die fich ſelbſt und
übrigen Dinge in der Welt bewege .“ Dieſe ewige
ache aller Bervegung und Entftehung- kann weder: ein
bes Gluͤck und Ohngefähr, noch eine vernunftlofe
tur fenn; denn forwopl;die erftaunliche Schönheit der
miifchen Corper und die Ordnung Wer Bewegun⸗
, als die regelmäßige Folge -der Fahrögeiten ‚ und die
fmäßige Einrichtung aller Dinge auf'der Erde, zeu⸗
für das Daſeyn eines verftändigen Urhebers ber
ſt *). Es iſt freylich ſehr ſchwer j; Veh Water und
yoͤpfer Des Ganzer zu erforſchen, undunmöglich, ihre
mein befannt zu machen, odet ſeinen Namen allen
aſchen zu verfündigen *"*); WHein-feine- Werke "bes
tigen uns doch anzunehmen )- daß er Weisheit,
che und Güte, und alle übrige Vollkommenheiten in
hoheren Graben befize, als wohin wir uns mic uns
Gedanken erheben fönnen }). -Wanpel und Ver⸗
rung, Bergangenheit und Zukimft finden in dieſer
ommenften Nature gar wicht ſtatt. Sie war vöts
3 nicht jünger, und wird auch niemals älter werben,
ie jezt iſt, ſondern bleibt fich immer felbft gleich FF).
e Unwandelbarkeit {ft von der vollfommenften Natur
993 unzer⸗
ib, & in Phaedro p. 202. BE
) de Leg. X. 609 p. Die Seele," und Üdre Kräfte uns
Berrichtungen find daher, fließt Plate, Alter, als
Cärper und die Eigenfchafften und Verrichtungen bera
felben 608 p. Uniet Seele verfland er ein ſelbſtſtaͤndi⸗
es Principlum von Bewegung. ib, & in Phacdre
. 202. |
*) in Tim. p. 477. UL.
ib. & de Rep. Il. p, 144. 148. 150, Bd, Mafleg,
) in Tim, p. 489, -: ' . Silo Fe
1}
J2
zıo Achtes Buch. Drittes Capitel.
ungertrennlich; denn ſchon unfer ben vergaͤnglichen Die
gen leinen diejenigen, welche.die beften und vollfomme
‚sten ſind, am wenigften .Beränderungen, und fh
Jen. am wenigfien die ‚Wirfungen der Zeit, wi
‚wie follte alfo die allervollfommenfte Subftanz Berne
Belungen unterworfen feyn? Es laͤßt fich nicht eiumi
denken, daß -fie ſich felbft verwandeln *), das kei,
vervollkommijen, ‚oder verſchlimmern fonnte. Der
kommnen nicht, weil · alsdann das vollfommenfte We
‚noch eines Zumachfes an Werrrefflichkeiten fähig, m
alfo nicht, das Pollkommenſte wäre. Derfchlimmm
‚auch nicht; Denn kein verſtaͤndiges Weſen kann feine des
guͤge zu:stnftiwen.oder zu verwindern fuchen **).
vo. Gore ſchuff aber, fuhr Plate fort, die Wein
‚aus Nichts, oder aus der’ Fülle feiner eigenen Nougftı
Benn Diefe konnte gar nicht zhereoͤrpert werden, fon te
aus einem rohen unentftandenen Lirftoff, der von dl »
‚Ewigfeic her neben. ihm fortdauerte. Einen folhenm | k
‚entftandenen Urſtoff behauptete Plato zuerft, opel a
Wirklichkeit deffelben, darzuthun, befegte ihn zueria
dem Namen von Materie F), und fagte, daß dieſe %
terie urfprünglich weder Feuer noch fuft, weder We
noch Erde, aber fähig war, alles diefes zu werden,
‚alle Geftalten und Eigenjchafften anzunehmen. #
nannte fie daher die Mutter und Säugamme de
„Cu om
*) p. ı50. de Rep.
. %*) ib, Ich that alfo dem Plato Unrecht, wenn ih G.
meiner Hiftoria doctr. de deo fagte, daß er bie llume
delbarkeit Gottes ohne allen Beweis angenommen Hi
Aus diefer Unmwandelbarkeit folgte, nach Ylato’s Or
fäzen,.daß die görslihe Subflanz nicht zufammmadd
fey; denn wandelbar und auflöslich war , feiner Dr
nung nach, nur das, mas aus heilen bean). 3
Tim. p.477, Ä
») Siwpl. in Pbyf. Ariß, fol, 2. a,
Geſchichte des Plato und feiner Phil, 7u
19€, und die allveränberliche Aufnehmerinn aller &es
ten und Beichaffenheiten, fprach ihr aber den Na⸗
ı von Eörper ab, weil fie vor ihrer Bearbeitung
feine beftimmte Form, und feine von den Eigens
fften gehabt Habe, die wir mit unfern Sinnen inden
pern wahrnehmen *). Dieſer unförmliche Grund⸗
lag nicht ruhig und unbewegt, wie die Homoio⸗
ien des Anaxagoras; ſondern er wurde von einem
beywohnenden Principio von Bewegung, ober von
r vernunftlofen Seele wild und ungeftüm nach aller
tungen herumgetrieben. Dieſe vernunftlofe Seele
ichnete Plato mic mehreren Namen; er nannte fie
tie Unendlichfeit, und eine gänzliche Deraubung ber
monie und Bernunft, ‘bald ein Wefen, das in Zwie⸗
ht und Ungleichheit weder Maag noch Ziel beobach⸗
bald das Theilbare und ſtets Ungleiche, bald Noth⸗
Digfeit, und bald die zügellofe und unvernünftige Sees
9; allein’ nirgends erflärt er die Natur biefer Urs
le von Unordnung 7). Für Beweiſe ihres Wirklich
994 keit
—— —
in Tim. 484. 485. Plato widerſprach ſich aber bier,
wie bey vielen andern Gelegenheiten. Bisweilen nann⸗
te er fie unſichtbar: Alo vv Te Yeyovoros PATE,
Ko TOVTwS UOINTE UNTeEa Tı urodexm , unm-
TE Vynv Mure —X KANTE VE, ANTE udwe As-
Yonev, umTe 0oW er. TaTay, unre a& av TaUTE
Yeyıvev, a woeaTov esdos TI nah soo Dev
mavdexes. An einer andern Stele hingegen nannte
Wi; ne bas Sichtbare: — eos — re % av 00V
nv —W magaraldarv. p. 4A
) Siche meine Abhandlung über ie Materie im erſten
Theile meiner philofophifhen Schriften & 40. wo
man alle Stellen, Meynungen und Musleguugen bey⸗
ſammen finden wird.
Am beſtimmteſten aber * in Politie. p- Isb,. 321. in
Phil, p- 160. de Leg. X P. 608,
um fie,
Ben eſe — thwendig Die beſte ne
ie.ans. einem ſolchen Stoffe fe sehen werden fi
"weil Gott die befte der Urfachen, und gar Feines N]
„fähig war. "Ev ergriff * den nackten Utof) —
bildete ihn zuerft, tim ihm zu einer De {
Er zu machen, in Feuer und Erde un,
IE das erſte nichts fichtbat, und ohne die and⸗
lbar iſt¶ Hätte die Weit ———
follen, fo würde ein einziges Miccelte
m Feuer und Erde zur bereintig
K eine —— ei a
——
Si: a = RM are,
‚sah .q % Fee u"
w5
Geſchichte des Plato und feiner Phil, .7m
d wurden zwo Mittelnatimwen erfordert, um die beyden
eften Elemente zuſammen zu-binden. Gott ſchuff deß⸗
pegen noch Luft und Waſſer, und zwar fo, daß das
Beuer ſich eben-fo zur Luft, wie die Luft zum Waſſet,
ind wiederum die Luft zum Waſſer, wie das Waffer zur
Erde verhielt *)., Aus diefen vier Naturen wurde bie
Welt nad) harmonijchen Verhaͤltniſſen auf eine ſolche
Mrt zuſammengeſezt, daß fie einer jeden andern Macht,
als der Macht deßjenigen, der fie gebaut hatte, unaufs
loslid) oder unzerftörbar wurde **). Zu diefen vier Elemen⸗
ten verbrauchte die Gottheit allen vorräthigen Grundftoff,
d ließ außer der Welt, die fie hervorgebracht harte, nichts
brig, woraus Feuer, oder Erbe, oder Luft, over Waſ⸗
fer hätte werden fonnen. ie that diefes, theils um
asi Ganze fo vollſtaͤndig, als-nur möglich, zu machen,
Heils aber auch, damit die Welt weder Alter, noch
Branfheit-erfahren möchte, die alsdann hätten entſte
önnen, wenn gewifle Reſte des Urftoffs, fie Yon I
we Unzeit angefallen, und Verwuͤſtungen in ihr anges
»ichter hätten 7). Nach der Schöpfung der Grundeoͤr⸗
per gab Sort der Melt eine Seftale, die ihrer Beftims
mung am angemeffenften war, und fte ihm am ähnlich»
Blei machte 77). Er drehte fie nämlich in eine Fugels
. Y5 runs
m lieber bie. Schöpfung der Elemente aus geometrifchen —*
guren ſehe man Tim. p. 486 und 497.
2 *) ©. 478. Was Plats bey allen dieſen Saͤzen gedacht
J „aber bat er gewiß felbfl nicht genau gewufl. .
2 ib, :
- FF) KumAoreges auro erdeveuouro Kabray TEAER-
v FORTOV „ OMOIOTETOV TE AUTO EBUTW CXNAETEN.
_ p. 478. Tim, Nach biefen. Worten. gab (Diogen
dem Platonifhen Bott eine ſphaͤriſche Sigug. 1
4
s
ds
EDaueoesdn de, dia ro xe⸗ rToꝛ Nevıne os Papa
Tov exe OKNAMR:
weil.fie allein von fich leidet, und in fic
und fich gleichfam von ihrer eigenen Wert
Mod) weniger hatte die Welt Füße und :
weil außer ihr nichts zu ergreifen, und zu
welche die Gottheit ihr mitcheilte, gar ke
ſchen ähnliche Gliedmaßen erfordert wurd«
Aller diefer Vorzüge ungeachtet wi
doch nicht das vollfommenfte Werk gemorb
die Gottheit ihe nicht eine vernünftige €
hätte. Ihr Urheber ſah ſelbſt ein, daß
beſſer, als das Seelenloſe fen *), und «
den Entſchluß, der Welt eine vernuͤnftig
zu fehenfen. Weil es aber unmöglich wa
Vernunft und Verſtand unmittelbar mit
bunden würde, ſo vereinigte Sort-eine ſei
Bollfommendeicen, feinen Berftand, mit d
tigen in der Marerie wohnenden Seele,
durch diefe mit der Chrperwelt **), ober
die unıheilbare fich ſtets gleiche Narue mic
der in ven Coͤrpern wohnenden theilbaren,
biefe Verbindung ſich ſtraͤubenden Subſtan
.
Geſchichte des: Plato und feiner Phil. 5
y gleichfam mit allen chrperlichen Weſen bekleidete *).
ın wurde diefe göttliche Seele die Königinn und Fuͤh⸗
inn der Welt, und die Welt felhft- ein- vernünftiges
ier, ober eine feelige und unfterbliche Gottheit, die
alle Ewigkeit ohne den geringften Wandel ihrer Gluͤck⸗
igfeit fortdauren follte **). Ä |
Mach der Weltſeele brachte die Gottheit den Him⸗
| und die Geſtirne, und mie ihnen die Zeit und alle
fchnitte der Zeit, ‚Tage und Wochen, Monathe und
hre hervor, die fonft nicht waren. Er zuͤndete den
wohnern der Erde im Monde und in der Sonne, die
en am nächtten find, zwey große kichter an, und
‘e fie und die übrigen himmlifchen Coͤrper als die ur
oo. er
⸗
m
') Die zweyte Stelle, in welder Plato von der Schoͤpfung
der Weltfeele rebet ©. 478. Ins aueeıse un ae
KETE TUT EXETNS BIS KU TOHS au TEp
Ta GWUETE Yyıyvoneva nseisus. u. ſ. w. behält im⸗
mer etwas Unerklaͤrliches, indem er nicht nur fagt,
baß Bott das Untheilbare und Theilbare unter einanver,
ſondern auch mit der Miſchung, die aus ihnen entſtau⸗
ben, wieder vermifcht babe. Noch dunkler find bie
Eintheilungen der Weltfeele,. die er gleich darauf ans
führe, und die man cher einem Bewohner des Narren⸗
baufes als dem Plato zutrauen ſollte. Zur Probe
will ich nur den Anfang mit den Worten des Cicero
herſezen: Jam partes fingulas ex eodem, & ex al-
tero, & ex materis temperavit. Fuit autem talis il.
la partitio. Unam principio partem detraxit ex toto:
fecundam autem primae partis duplam: deinde ter-
tiam, quae effet fecundae fefquialters, primae tri-
pla: deinde quartam, quae fecundse dupla effet:
quintam inde, quae tertiae tripla, tum fextam, oQu-
plam primae: poftremo leptimam, quae feptem &
"yiginti partibus antecederet primae,
##) p. 480.
ARUMACHE mcyt ganz zu vanoıgen vermomt
die Vollendung des Kreifes, den der I
Sonne durchlaufen , einen Monat und e
machen; fo wird ein großes Himmelsjahr
ſeyn, wenn alle himmliſche Corper an ebe
von welchen fie zuerft auegingen, zuruͤck
denfelbigen Stand, den fie urfprünglid) Hi
erhalten werben .
Nachdem die Gottheit die Geſtirne gı
feelt und zu jichtbaren Göttern gemacht h
fie aud) die unfichebaren göttlichen Daturı
Zwar überfteigt es, fast Plato, unfere
Entſtehung und Matur der leztern recht zu
w" u
#) ©. 480. 81. Plato hatte äber bie Eni
Bewegungen der Grftirne noch fehr irı
“gen. — Ita vim fusm, fagteer aut
D Ex, aber mit deu Worten ‚des Cicero
- vertit, ut terram lunae curfus proxim
que fupra terram proxima folis eireu
Lucifer deinde. & fandta Mercurii fie
Geſchichte des Plato und] ſeiner Phil. 7.7
ugeben; allein es iſt auch fehwer, den göttlichen Maͤn⸗
ra nicht zu glauben, die ihre Schickſale und Thaten
ıngen haben, und wiffen konnten, weil fie ihren Er⸗
zern am nächften waren. Am ficherften atjo iſt es,
väterlichen Geſezen zu gehorchen, und ven Söhnen
Götter ſelbſt alddann zu folgen, wenn fie feine hins
Hende Beweiſe beybringen. Plato erzählt daher den
drung der Griechiſchen Götter , wie Homer und Hefios
> ihn befungen harten, und behält auch die Namen und
ritheilungen goͤttlicher Naturen bey, Die er unter feinem
life vorfand. Er redet mit den alten Dichtern von
stern, Damonen, Halbgottern und Helden *), nahm
>e außer den Geftirnen oder fichtbaren Göttern nur
e einzige Claffe höherer Wefen, nämlich die der Daͤ⸗
nen an, aus deren Mittel die Seelen der Menfchen
E diefe Erde herabgefommen feyen, und zu welchen fie
ch wieder hinauf fteigen würden **). Bon diefen Däs.
nen glaubte er, daß fie in Anfehung ihrer Kräfte,
enntniſſe und übrigen Vollkommenheiten weit unter dem,
Öttern und von fich ſelbſt verfchieden, daß fie aud) alle
Ibar und unordentlichen Negungen unterworfen, aber
von Dosartigfeit und Begierde zu fehaden frey
ven 7). Sie wären alle, lehrte er ferner, in feine
. oder
®3 Apol. p. 13. Cratyl. p. 52.53. Tim. 485. Dod dus
Bert er fih über den Rang der Dämonen, Halbgoͤtter
and Selden nicht immer auf biefelbige Art. Man fer
be die beyden zuerſt angeführten Stellen, mo er bald
de Dämonen, bald die Halbgoͤtter und Helden für
- Söhne und Töchter der Götter ausgibt,
Bey }l,cc. & Symp, 187. Epin. 639. bef. in Crat. p.53.&
de Rep. 420. An den legten Stellen fagt Plate,
dag man alle rechtſchaffene Maͤnner, fie möchten leben
oder geftarben fegn, Dämonen nennen müffe.
3) Man fehe die Allegorie in Phaͤdrus in der erſten Bepla⸗
ge, und Eutyph. p. 6. und de.Rep, Vol, U. p. 391.
baren ſowohl, als die unfichtbaren Götter *
tief, und ſie folgendergeſtalt anredete. Ungeachtet
mas entſtanden und hervorgebracht iſt, feiner 9
‚”) ib,
*®) ib, & Eutyphr. p. 6. de Rep, Vol.IT. p. 391. in
» Plato gab einem jeden Menſchen einen Dämon
Auffeher, deſſen wichtigſtes Gefchäfft er dark.
te, die Seelen zu den Dertern der Reini
v und Strafe zu führen. Mit einem jeden neuen
erhielt die Seele, feiner Meynung nach, auh
neuen Dämon. in Phaedr. p. 43 & 45. de
P- 549.
19.6, 481.82. in Tim,
Geſchichte des Plato und feiner Phil, 59
ch nicht unvergänglic) und unauflöstich iſt; fo werber
doc), meine Kinder, durch meinen gnädigen Willen
zrals den Tod fehen, indem es untecht ſeyn würde,
efen zu vernichten, die fo ſchoͤn und harmonifch gebaut
D zufammengefeze find. Es müffen aber nod) außer
H dren andere Gefchlechter fterblicher Naruren wirk⸗
» werden, ohne welche die Welt nicht ein ganz vollen
es und meiner wärdiges Werk fenn würde. Dieſe
eblichen Gefchöpfe fonnen nicht aus meinen Händen
vorgehen, well fie alsdann unfterblid), und euch,
sine Söhne, gleich werden würden ”. Damis alſo
ſes nicht geſchehe; fo übernehme ihr die Schöpfung
-fer Thiere, und ahmt meine zeugende Kraft und
sine Werke nah. in fo ferne fie aber unjerer Nas
E verwandt feyn follen, will ich euch vorarbeiten, und
folle alsdann dem unfterblichen Beftanprheile den vers
mglichen anknuͤpfen, den ihr erzeugen, aufziehen, und
nn er flirbe, wiederum aufnehmen werdet. Als der
ott der Götter dieſes gefagt hatte, miſchte er in eben
u Becher, in welchem er die Seele der Welt gefchafs
! hatte, die Ueberbleibſel derfelben abermals, doch mit
em größern Zufaze des Theilbaren und Ungleichen zus
amen, fäete die Seelen, die hieraus entſtanden, über
Seftiene aus, und machte fie mit der Natur des
angen und ben unwandelbaren Gefezen des Berhängs
" niſ⸗
[U U}
puma EEE
) Eicero hat den Plato manchmal, und auch an bier
fer Stelle, nicht verflanden. Er Aberfezt folgende
Worte dieſes Weltweifen: Aseus de TaUTa& Yevo-
neva, cu Bis neraoxovra Secs ıvafaır az
fo: Quae a me ipfa effecta fint, quod deorum vi.
tam poflit adaequare. Anſtatt, daß er hätte fagen
follen: Quae fi a me ipfo efficerentur, deorum vitam
adaequarent, Be
De Aucchtes Buch. Dritted Capitd.
ni oder vielmehr Nachfchlüffen feines Willens We.
a Keine, fagte er, würde fich über ihr Schill] ı
oder über Beeinträchtigung beſchweren können, ing Ih
thnen allen diefelbige Zeugung oder Verwandlung badj a
fliege. Denn nachdem jie eine jede über die ihr di &
fprechende Werkzeuge der Zeit ausgefaet worden, u
aus ihnen ein Gore verehrendes Gefchöpf, nämlich m %
Menſch, entitehen *). Da nun die Mienjchennuuik
in zwey Sefchlechrer getheilt jey**), fo würden tr ER
len zuerſt in der Geftalt des männlichen, als des bl
erfcheinen. Gleich mit dieſer Einpflangung in veräd ei
#) @icero überfezt wiederum einigemal wicht zecht. 3
Worte: Ors Yevscu TEOTN MEV ETOSTO TETER |
vn Mio 70V, ÄyOe kn TISs EARTTOND uze a
gibt er fo: , Et aftendit primum ortum unum
omnibus, eumque moderstum atque config
neque ab ullo imminutum. Won ortus, modern
conitans, neque eb ullo imminutus, ftekt im fi
nichts, und ich kann mir auch nicht einmal etwas
deuten. Eben fo wenig finder ſich im Driginal cl
Beſchreibung der Schöpfung der Menfchenferlm #
Sufaz: fed a diis fecundum fumebat, atque tertisk
Uebrigens merke ib no an, daß bad, mas Plato M
faat, dem widerfprict, mas er in feinem Pit
vorgetragen hatte. Denn anflatt, daß er in ff
Timaͤus allen Dämonen nach den Gefezen dei BR
bängniffes auf eine Zeitlang die Einwanderung 3
difche Leiber verfiindigt, behauptet er im Prleu
daß nur einige Seelen, und zwar zur Strafe für #
reine Begierden, die fie gehegt hätten, in mmidid
Coͤrper wandern follten. (Man febe die erfte Bey.)
Aus der Verſchiedenbeit der Ausſpruͤche des Platt *
die Urfachen der Einchrperung der Seelen entf
bie flreitenden Meynungen der nenen Platoniket IF
eben dieſe Trage.
.. P. 482.
[4
q
t
Gefchichte des Plato und feiner Phi. 7ar
e Coͤrper, die Theile verlören ‚ und wieder erhielten,
ven fie mit einer zarten Empfindlichfeit, der Urſache
beftigften Erfchätterungen, nicht weniger mit Sreube
Traurigfeit, mit Furcht und Zorn und andern hef⸗
n teidenfchafften verfnäpft werden, deren Bezaͤhmung
Ausrottung fie in ihre urfprünglichen Wohnungen,
Seftirne, hinaufpeben, deren Herrfchafft und Sieg
: ihnen eine zwote Strafe und Verwandelung zuzie⸗
werde. Sie würden nämlich zue Strafe ihrer Ders
ingen abermals in menfchliche, aber weibliche Coͤrper
efchloffen, und wenn auch diefe Züchtigung fruchtlos
ve, in folche Thierfeiber verwiefen werden, bie ihrer
orbenen Gemuͤthsart am ähnlıchften feyen *). Side
Ä arte
mn. rr
Hier finden fi in Plaro Worte, die Cicero nicht uͤber⸗
fezt bar, weil er fie nicht verfland, und bie ich auch
eben fo wenig verfiehe: AuAsosw de eres auDore-
go aDinvapevas ETWI KÄNGWTW, Ko duescw TE
surees Bis, uıeavros ov av &IeAn [ov Enası,
29% de ss Ingie Biov o,Iewzmn Yuxy Qi
AVESTOL. JAN TAUOMEVOS ÖE EV TETOIS ETI HKIOE
TEOBOVz 09 HOKWOITO, KARTE TNV OMOIOTNTOR
rusc TE TECHE YEVETEwS, EIS Trab TOILUTNV O6
peraßone Ineis Quvaw. Dies Überfezt Cicero
- fo: Et ſi ne tum quidem finem vitiorum faciet: gra-
vius etiarh jactabitur, & in fuis moribus fimillimas
figuras pecudum & ferarum transferetur. Das, was
Cicero ansgebrädt bat, ift das einzige Wernänftige
oder Verfländlihe, mas ſich in den Worten des Plato
findet. Ich wenigſtens fehe gar nicht, wie er auf eine
mal vom XıAsosw eres, das er gar nicht vorbereites
Hatte, reden konnte, worauf fih das au Doreoas
bezieht, und wie die Wahl eines Lebens mit dem ges
zwungenen Aufenthalte in Thierleibern vereinbar iſt.
Zepter Band. 33
za Achtes Buch, Dritted Capitel.
Wanderungen in häßliche ober reißende Thiere wi
nicht eher aufhören, als bis die Seelen fich von allem
rathe der Materie, welche ihnen .anflebe, fren gem
ätten. — Nachdem die Gottheit ven ‚Seelen dieſe
Fi in der Abſicht befanne gemacht hatte, damit fe
von allen den Fehltritten und Uebeln, in welche fr
Ien fönnten, nichts zur Laſt legten, fo füete jie vie
über die Sonne, den Mond und die übrigen Gai
aus, und gab ven Görtern Befehl, ſterbliche Leiber
die noch fehlenden Theile und Kräfte der Sek
bauen *), damit der Ffünftige Menfch, fo angenche
ns;lich, fein teben hinbringen, und fich felbft fd
Schaden zufügen möchte. Die Söhne der Go
horchten dem Willen ihres Vaters, entlehnten aus!
und Erde, aus Waſſer und tuft, fo viele Beft
als fie brauchten, lotheten diefe mit unfichtbaren,
nicht unzerſtoͤrbaren Heften, in einen Cörper
———————
*) Dies widerſpricht nicht nur dem Vorhergehenden,
bern auch den Flaren Worten des Phaͤdrus.
fagte Plato, daß Gott die Seelen oder Dämenai
gleichem Stoff mit der Weltfeele, aber noch mit
größern Zujaz des Veränderlichen gefchaffen W
Mit dieſem Veränderlichen empfingen die Gedni
aus den Haͤnden der Gott felbfl und vor ihrer Pei
gung mit ben irrdifchen Leibern den Saamen her &
lichkeit und Verderbniß, aus welchem auch, wird
Phädrus beißt, noch im Dämonenzuflaude ud
DBegierden bervorbrahen, um derentroillen bie &
auf die Erde kerabgefchickt wurden. Wenn alle
mit ſich ſelbſt Hätte übereinflimmen wollen; fo Kia
behaupten müffen, daß nicht die Goͤtter, font!
hoͤchſte Gottheit felbft ven Dämonen den Sau d
Leidenſchafften, oder bie unvernünftigen Thak!
Seele, und zwar nicht erſt bey ihrer Cinchrem
fondern bey ihrer. Entſtehung, gegeben haͤtte.
Geſchichte des Hlato und ſeiner Phil. 73
en, und banden bie unfterbliche "Seele an den ſterbli⸗
nı Leib feſt. Hierauf arbeiteten fie in. den Coͤrper
ch zwo unvernänftige Seelen hinein, die von der cörs
lichen Natur unzertrennlich, und gleich ihrer Murs
; der unvernünftigen Beherrfcherinn der Materie,
ech) die Verbindung mit einer höhern und. beffern Na⸗
* gemildere, und in Harmonie gebracht werden folls
*). Die erfte diefer unvernünftigen Seelen wurde
Siz, nicht nur von gefährlichen in’s Verderben los
nden Vergnuͤgungen, und von peinigenden, vom Gus
: abfchreefenden Schmerzen, fondern auch von Kühns
e und Furcht, diefen unvernünftigen Nachgeberinnen,
n unbezwingbaren Zorn, von ber verführerifchen Hoff⸗
ng, ber alles überwältigende Liebe, dem raſtloſen
prgeize, dem verzehrenden Weide, und andern aus Dies
. abftammenden Ungeheuren. Damit aber die götts
ye Seele, die im Haupte wohnte, nicht durch die Ges
infchafft mit der unvernünftigen befleckt wuͤrde, fo
Ben die Götter die feztere in die Bruft, und fonderten
ducch den Hals, als eine Scheidewand, von der ers
en ab **), Noch weiter entfernten die Götter vie
5 2. zweyte
——
%) p. 492. in Tim. Qomeo yug 87 nos Kuricon.
Xus eNeXIn, TEUTa aranTws eXortde6 eos,
EV EROS@ TE UUTW MEOS GUTE no MEOE nA,
: GUMMETEISS EVEROMCTEV, 0CaSs.TE no ON duve-
rroy nv avaAoya uch Cummergos esse. Die wich⸗
tigſten Stellen über die beyden unvernüänftigen Seelen -
End außer der angeführten folgende : in Phacd. p. 202,
205. ©, 495. in Tim, und de Rep, Lib. IV. p. 292.
302. 306. 308. Lib, IX. Vol. Il. p. 228. 252. 268.
wu) Sie offenbare fih, glaubte Plato, durch heftiges Herz⸗
-Mopfen, und werde durch die Lungen abgekühlt, die
hauptſaͤchlich deßwegen gebant worden, Blato’d Bes
ſchreibung
724 Achtes Buch. Drittes Eapitel.
zweyte unvernünftige Seele von der Negiererinn vegan]
zen Menfchen. Sie banden naͤmlich diefe Mutter W]j
heftigften Begierden nach Spelfe und Trank, nach ie la
Genuſſe finnticher tiebe, und felbft nach’ Neichthüme ſn
wodurch die erften Begierden befriedigt werben, aBdlfi
wildes Thier, in dem Unterleibe feft, damit fe h
‘weniger Geſchrey und Aufruhr machen möchte ln
ik
/
iſt um deſto gefährlicher, da fie gleichſam die $
oder die Aufnehmerinn und Verarbeiterinn aller NA
rungsmittel ift, und alfo unaufhoͤrlich genaͤhrt wer
muß”). Mach diefer Hineinwirkfung der unverniie
gen Seelen in ven Cörper, wurbe die vernünftige Wi
fangs wie von einem reißenden Strudel herumge
den, und die ganze Menfchennatur unter den heftif
Anfällen und Kämpfen erſchuͤttert. Die betaͤube
1 \
l
Gun
ſchreibung bes menſchlichen Corpers if faſt eu Me
fo roher Anfang von einer auf Beobachtung gepif
ten. Phpfiologie, als die Kosmogonie des KHefiodl ii
roher Verfuch von Betrachtungen über das Well:
de if. Plato, und felbft Ariftoteles, muften sk.
wendig die Beflimmungen mancher Theile bes nl
hen Cörpers verfehlen, weil fie beyde noch vortaig 9)
fien eigentlichen Zerglieberern in Griechenland lebta
#) Daß diefe Lehre von den beyden unvernünftigen ©
dem Plato eigenthümlih war, kaunn man nit
baraus abnehmen, baß fie bloße Folgerungen mi
famen Behauptungen von einer in der Mater
Ewigkeit her mohnenden Seele war, ſondern bafet
auch zuerft benannt bat de Rep. p. 253. Di
drädte er durch To Yunoesdes oder @ Yuusra |
Iewzsos aus: bie andere naunte er To ezdup
xov esdos Tns \uxns: erıduunrınov yag ei
KEHÄNKOUEV , dia ODodeoTyTa Twy TE ed
Nv ERIFUMIDV HC TEOOW, Ko Deodıcm,
arı TETOs uroABIa &c,
Geſchichte des Plato und feiner Phil. 725
druͤcke, die von aͤußern Gegenſtaͤnden in den Sinnen
orgebracht, und von dieſen bis zur Seele fortgepflanzt
den, nicht weniger die zufließenden Nahrungsſaͤfte,
wie gegen einander laufende Ströme aufbrauften,
jen den Menfchen nad) allen Richtungen, und machs
daß fein befferer Theil zwar nicht ganzlic) fortgeriſſen
de, aber auch nicht leicht Siegerinn über ihre Teins
verden fonnte *).
Es gibt viele Menfchen, fährt Plato in feinen Ges
ı fort, die zwar glauben, daß ed Goͤtter gebe, und
diefe die Welt hervorgebracht Haben, die aber die
eftraftheit amd das langwierige Glück fo vieler laſter⸗
en Menfchen und ungerechter Unterdruͤcker zwey⸗
machte, ob die Götter fic) auch) um die Menfchen
ihre Angelegenheiten befümmern. Unterdeſſen laͤßt
ich leicht darthun, daß die Gortheit alles, ſowohl
je und wichtige, als Pleine und unwichtig fcheinende
ienflände mit ihrer Borforge umfaſſe. Unlaͤugbar
ie ein Inbegriff der hoͤchſten Vollkommenheiten, und
_. 343 fey
Ich will nur noch einen Fall anmerken, wo Cicero in
der Veberfezung gefehlt hat. Folgende Worte bes Plato:
Ey s£ oamuırav ameeyalemevcs Two Eol-
sov, Tas ens alavare \buyns Teeidas sven
dev 05 ETIEEUTEV OWwUR Kos. ereggurer, brädk
er fo aus! — unum efliciebant ex ommibus cerpusz
itemque in eo influente atque efluente animo divina
ambitus illigebant, anflatt, daß es heißen felltex
itemque immortalis animae ambitus fluzo. atque ea-
duco eorpori illigahant. Kicere 309 bie Beywoͤrter.
die. Plato vom Coͤrper brauchte, auf die Seele. Ue⸗
brigens vereinigt Plato unvereinbare Bilden, weun en
fagt:. du. de es BOTRL0Y —XRX AT)
in Tim, P» 432.
726 Acchtes Buch. Drittes Capitel.
r
frey von allen Mängeln, am meiften aber von folche, h
die wir am Menfchen, als kafter, tadeln und ſtra
Meder Unwiſſenheit alfo, noch Ohnmacht, meer T
beit, Weichlichfeit, noch die Unterliegung unter
gnügungen und Schmerzen, viehweniger Bosheit, f
die Gottheit abhalten, die Welt zu regieren, und
Gluͤck aller Sefchöpfe, und alfo aud) der Menſchen pi
brforgen. Schon unter uns ſchwachen Menſchen ſh
man Telbherren, Steverleute, Hausvaͤter und anggenl
jeden andern um defto höher, je mehr er in feinem I
ruf und Gefchäfften nicht bloß das Große, fondern
das Kleine beforgt, ohne welches das Große nicht ke
ber. kann; und von der Gottheit wollte man vermut
daß fie weniger aut, als ihre Geſchoͤpfe ſeyn, und
bein fonnte? Auch Darf dic) (fo redet Plato feinen!
an) diefes nicht zum Zweyfel an ber göttlichen Borfeg
bringen, daß du bisher unverdiente Leiden geduldet
oder noch duldeſt. Die Gottheit fchuff die Weit
ber größten Vollkommenheit und Gluͤckſeeligkeit de
zen willen, und du Fannft alfo überzeugt ſeyn, da ¶
bir Dein befchiedenes Theil zufallen werte. Mur fr‘
du nicht mit aufrührerifchem Murren Flagen, ober OR kn
bern, daß die ganze Welt für dich allein da ſeyn, dpi
arbe.ten, dich allein mit Seeligfeiten überfchürten, —
von allen Trübfalen befreyen folle. Unter allen Tagr
wärtigfeiten, die dich treffen, Fannft bu dich imma pt
dem Gedanfen aufrichten, daß das, was du leidet, &
Wohlfart der ganzen Welt, und am Ende alſo «
gewiß Die deinige befürdern werde. Geſchichte und ð
fahrungen führen dic) beyde auf die ewigen Gegen 9
Natur, oder auf die Nathfchlüffe der Gottheit hin: W
bie Tugend zulezt über das Safter fiege, und daß ®
jede Seele finfe und fteige, und einen befferm oder ſchee
tern Pla; behalte, je nachdem fie fich ſelbſt verber
oder vetfchlimmert. So feſt als du überzeugt fenn fand
| N
[.
in
“
Geſchichte des Plato und ſeiner Phil. 77
6 bu, wenn du ben Willen der Gottheit ausgeuͤbt haſt,
n ihre nicht werdeſt vernachlaͤſſigt werden; eben fo feſt
anft du glauben, daß du weder fo tief fallen, noch fo
h fteigen Fonneft, daß bu dem Auge und dem Arme.
. Gottheit entfinfen oder entfliegen Fonnteft *).
Saft eben fo gefährlich und verberblich, als die Abs
gnung der Gottheit, oder der Vorſehung, iſt ber
aube, daß Geſchenke, Opfer oder gottesdienſtliche
modlungen, die man mit ungebeflertem oder verborbes
AHerzen verrichten Fann, die Götter verfühnen koͤnne.
ann man von der Gottheit glaubt, daß fie um gemwifs
Sefchenfe willen fich felbit vergeflen, und. die. Tugend
r die Wohlfart der Welt verrathen Fonne; fo bat
m fchlechtere Begriffe von ihr, als von guten Hirten,
euerleuten, und felbff Hunden, von welchen feiner-
eines elenden Gewinſtes willen fein Schiff oder feine
erden verräth *”). Und was fünnen wir benn bee.
etheit darbieten, mas fie und nicht felbit geſchenkt
? ft fie nicht die Geberinn aller guten Gaben, und
auch derer, womit man fich einbilder, fie beftechen
Önnen? Der wahre Gottesdienſt beſteht gewiß ‚nicht
nem auf Eigennuz gegründeten Handel, oder in eis-
Austaufch von Geſchenken und Opfern gegen Wohl⸗
en und Gluͤck, ſondern in einer Bereitwilligkeit, den
len der er Sotthei zu erfuͤllen, und ſich und andere
IE durch
es iſt faſt unglaublih, daß ein Mann mit foldden
Grundſaͤzen glauben fonnte, daß der Regierer ber
"Welt bisweilen fein Gefchäfft ausfeze, und daß alsdann
ſogleich die vernunftlofe nicht ganz bezaͤhmte Seele deu.
Materie in ihre alte Wuth ausbreche, und alles in bie
a Unordnung zurädzufürgen ſuche. In Polie
) de Leg. 1 e.
TUO)L DIE ZUGEND DRIDDHEN, UV DAS Zapler ı
bern ihre Gnade in eben dem Verhaͤltniſſ
wenden, in welchem man gegen fie mehr
frengebig ift **), fo fehänder man die Go
ſehr, als wenn man ihr Dafeyn und ihr
iaͤugnet. In einem jeden wohlgeoroneten
ten alſo Geſeze vorhanden fenn, nach wel
Gottloſen und Schaͤnder der göttlichen Mı
und beftraft würden }). Sowohl die ein
deren fonne man wiederum in zwo Clafi
Einige läugneten zwar das Dafeyn der
Vorſehung, und-fpotteten aller Eide, Opfe
gottesdienftlichen Handlungen, allein fie ha
ſtow eniger alle böfen und ungerechten That
eben fo gut, als die frümmiten Derehrer
und Tugend nur thun fönnten, Andere |
mit ber Ablaͤugnung derfelbigen Wahrpeiteı
von Unmäßigfeit und Nuchlofigfeit,, verft«
bey ihren Unglauben, und mißbrauchten fı
gläubigfeit der Schwachen zu ihrem Bor:
fie mic heuchelnder Scheinheiligfeic vorgaͤ
durch gewiſſe Opfer und geheime Feſte di
Berichte bes Plato und feine Phil. 729
die Schuld von Sünden tilgen, und ein unver
ch glückliches teben nad) dem Tode dieſes Coͤrpers
affen Fonnten. Unter diefen benden Arten von Un⸗
gen müften, glaubte Plato, die erjtern fünf Jahre
»r Gemeinichafft ihree Mitbuͤrger, die fie fonft vers
ı fönnten , ausgefchloffen, und durch richtige Bors
igen zur Wahrheit zurück gebracht werden. Wuͤr⸗
e alsdann geheilt, fo Fonnten fie wieder in Die Ges
afft ihree Mitbürger zuruͤckkehren. Beharrten fie
n ihrem Unglauben, oder fielen fie wieder in den⸗
zuruͤck; fo müften fte als verdorbene Glieder von
Staatscoͤrper abgefchnitten und vernichtet werden.
yiel gefährlichern Betruͤger ganzer Städte und reis
dänfer hingegen muͤſten nicht zur Beſſerung, fons
ur Strafe auf ewig in das finfterfte und graufens
Gefaͤngniß geworfen, von. allem Umgange mit
ı Menfchen abgefchnitten, und nach dem Zope
die Gränzen gemorfen werden, damit auch nicht
ıl ihre vermodernden Gebeine das fand und feine
hner beflecken fonnten *).
Nachdem ich bisher die wichtigften Gedanken des
‚ über Gott, über Schöpfung, und Regierung der
vorgetragen babe, fo muß ich nur noch kurz feine
von den ewigen Muftern oder Urbildern nachholen.
: diefen Urbildern oder Muftern dachte ſich Plato
neine Begriffe von Gattungen und Arten, vie alle
tlihe Eigenfchafften oder das Mefen der Dinge
ten, und ausdruͤckten, und die fi) von Emigfeit
ı Gottes Berftande gefunden hätten **). Auf dies
bilder fchaute feiner Meynung nad) die Gottheit bey
355 ber
ee DD Le nn a rn]
ib.
Timae, p, 477. etiam p. 3, in Eutyphr, & 116 p.
Polit, De,
Tre. Mhked Bach, Doitpb-kenris 5
her Schöpfung, dee. Welt, wie. ber ‚Kunftier De
Weal hin, und nach ignen wurden..alfe alle Arten
Sartungen von Dingen hervorgebraht.*).. . Diefe
tem und Gattungen eörpeslidher. Dinge feyen in fe *
ae voltklich, in fo. ferne fie an biefen ihren Urbide
nähnen **), und man.Ebnns alfo Chrpe, Ba
(en uns Handlungen nur in fo ferne fehön oder hä
* 2 — recht. oder. ungerecht gennen, Inn >
vn kr uftern , DR welchen ſie — ir
nn hnlich und encſprechend wären *** J
per Ürbifder allein machten das XBefen ber Dip
m ihrem Vater, bis einzige Gattung aller unberg
en, und unmandelbaren Dinge aus }). n
aber. thunten: nur in einer umelgendichen Beben
wirkliche —— wen, weil fie alle. bef
gen: Berwanblunden, ober gar dem Untergange u
morfen wären fh). Die erfteen feyen ber einzige 2
Kenntniß Er
— ai Ace Beige f
2
H ib, & de Rep. Lib, VI, Vol. II. p. 4. ö
#*) in Phaed. p. 40. in. Perm. p. 140. 4f.' imp. igı.k
Conv, . Yu diefer legten. Stelle fagt Plats, dap ck
ſchoͤne Gegenftänbe auf ber Erde nur beßiwegen (die
feyen, weil fie an bem unmandelharen San 2
nähmen. Um und zu ber urſpruͤuglichen Schoͤnhen g
erheben , möften wir allmälig vom Edrperlich. Sch
nen sam Sitilich · and Verftändlich » Schönen fm
geben. Er unterfheibet diefe drey Arten des Chin
an mehrern Stellen. feiner Schriften, vorzüglich ds
in feinem Gaſtmaale. 1. e.
u, jb,
9 in Tim, L.c. & in Phaed. p. 29. 40. .
rt) ib,
tt) in Phaed. p. 40, in Theaet. p. 82. in Parm, p. 1.
bef. de Rep. V.Vol. I: p."402+406. & Vol, II, 1A.
VI. p. 60. 70, 88, VIL 94. 98. 114.
Seſchichte des Plato und feiner Phil. 731
leztern Hingegen koͤnnten nur der Gegenſtand von
en und falfchen Meynungen feyn, und niemals
gewiſſe und zuverläffige Erfenntniß geben, weil fie
en dem Augenblicke, in welchem man fie wahrnähs
ſich fehon wieder verwanbelten, und anders würs
), Mit Necht fagte aljo Plato von fich felbit, daß
'n Heraflit mit dem Parmenides vereinige **) (Er
uptefe, wie jener, daß alle cörperlichen Dinge in els
beftändigen Fluſſe feyen, und läugnete doch auch
:, daß es Dinge gebe, die ſtuͤnden, ober fich ftets
h und unwandelbar feyen 7). Micht weniger richtig
die Demerfung des Ariftoreles FF), daß die Lehre
Herafliteer von dem beftäridigen Fluffe aller coͤrperli⸗
Dinge, die Plato von feiner Kindheit an als eine
brheit angenommen, und die hieraus folgende Un⸗
eiflichfeit allee Dinge ihn auf die Gedanken gebracht
., daß die.allgemeinen Begriffe von Arten und Cats
ven, und die Erklärungen, bie Sofrates zuerft von
elben gegeben habe, die einzigen unwandelbaren Dins
ind den Vorwurf der wahren Kenntniffe des Mens
3 ausmachten. Kaum darf ich hinzuſezen, daß Aris
ftoteles
———— (EEE EEE u ED CE
) ib, & in Cratyl. p. 68. ..
*) in Tbeaet. p. 83. 86. in Soph, p. 108.
) Auf diefe Art zu reden des Parmenides und bed Zeno
deutete Plato, wenn er von feinen Ideen fagte, daß fie
KALRderyuaTa Ev T@ ovTı P. 82, in Theaet. oder
ev ry Duos Eswra feyen. p. 141. in Parm. Aus⸗
druͤcke, bie man wider feinen Sinn fo auslegte, "als.
wenn er fie für wirkliche von Gott und den cörgerlichen
Naturen verfchiedene Subſtanzen gehalten Hätte.
}) Met. @. cap. 5. p. 15. Ed, Sylb. Gr. & Lib: p- cap,
Mac. p. 217 220. Ber
7 ' Achte Buch, Drittes Capitel.
ftoteles die Ideen bes Plato für leere Erbichtungen ode
öchftens für dichterijche Bilder gehalten Habe *).
Diefe tehre von den Ideen und einem vorhety
henden Zuftande ver Menfchenfeelen find die Gruntpfe
fer der ganzen Platonifchen Philofophie, aber auch &
erften Irrthuͤmer, aus welchen faft alle übrige folk
Speculationen diefes Mannes entfprangen, und bie fen |
meiften Auöfpräche über die Natur und DBeftinmmujf !
des Menfchen, über Wahrheit und Gluͤckſeeligkeit, mel !
über die Mittel beyde zu erreichen, verdrehten oder ein 3
tig machten. i
Ungeachtet, fagt Plato, alle Menfchen one % fi
nahme görclichen Urfprungs oder himmlifche Plays
und heilige unverlezliche Weſen find **), ungeachte ä
Menfchenfeelen vormals feelige Dämonen waren, d
‚noch jego Dämonen genannt werben Fönnen }); ff
den fich doch unter den Menfchen, fo wie fie aus W
und Seele beftehen, unendlich viele urfprängliche Um
ſchiede. Schon von ihrem Anbeginn an waren i
alle Seelen gleich rein und flarf, und ihrem Schi
ähnlich. Auch ftrebten fie in ihrem Daͤmonenlebenk
Gottheit nicht alle mit gleichen Eifer nach, und fie
ten die ewige Wahrheit nicht gleich) lange, und mit®
felbigen Aufmerffamfeit an. Selbſt nachdem fie me
—— — —
———— —— —⏑⏑
*) Siehe Beplage.
#%) Plat. in Tim. p. 500. in Minoe p. 510.
H in Tim. lc. Ns ex auro dasuova Jess is
sw dedsxe Tseto, 0M Dapev osmesv ev ru
ER AND Tu TWUATI. TECOS de Tv Ey 8m
CUYYEVerRy TO YNS NOS cupesv ws ovras Wi
Tov an eyyaoy, am wgviov oe$oraTe, Are
Tas.
Geſchichte des Plato und. feinge Phil. 733
Gottheit entfernten, fielen fie nicht alle gleich tief,
rden alfo auch nicht alle. gleich fchuldig, und machten
auch nicht alle ihre Strafe im irrdifchen Leben, und
Ruͤckkehr zur verlornen Seeligfeit in gleichem Srabe
ver *). Mach dem Maaße ver Schuld, die eine jes
Seele auf fig) geladen har, ‚werben ihnen auf diefer
‚e Eörper ausgetheilt, deren verfchiedene Einrichtung
Miſchung, verbunden mit der Arc, wie fie gezogen
den, den Fortgang des Menfchen auf dem 83 der
ihrheit und Tugend ſo ſehr befoͤrdern oder zuruͤckhal⸗
‚ daß man mit Zuverſicht behaupten kann: ber
eth ober Unwerth des Fünftigen Menfchen hänge
“ganz allein von. ihnen ab: der. Menfch werde nur
ch fie verdorben: und wein er verdorben ift, ſo muͤſ⸗
nan immer mehr die Erzeuger und Erzieher, als
Verdorbenen felöft anflagen **).. Anden meiften
nfchen finder fich ein gefährliches. Mißverhältniß. zwi⸗
n Leib und Seele, indem diefe für jenen entwebet
ſtark, oder zu ſchwach iſt. Im erften Fall treibt
Seele den, Coͤrper fo gewaltſam umher, verehen ig
ch das maͤchtige Feuer, das fie ihm mittheilt, fo unheil⸗
und erfchöpft ihn durch) die unaufhorliche Thaͤtigkeit
Anftrengung, worinn fie ihn unterhält, fo fchnel
er darüber zu Grunde gehen muß. Im andern Sal
» die ſchwache Seele entweder vom Coͤrper und ſei⸗
Degierden , wie eine gefeflelte Sclavinn, -fortges
ppt, oder wenn dieſe eben fo Falt find, als fie felbft
‚ach ift, fo Fann fie die ſchwerfaͤllige Maſſe des Coͤr⸗
‚, unter welcher fie erliegt, nicht anders, als mit
aͤußerſten Mühe und doch nur langſam beroegen,
m me
HOleruͤber fche man bie Allegorie im Phäbrus,
) in Tim, p. 499.
734 Achtes Buch. Drittes Capitel.
Ein zu großes Uebergewicht der Seele über den Cine
bringt zwar ſcharfſinnige und wirffame, aber auch p
gleich veränderliche und unzuverläflige Menfchen herog
Die gute wie böfe Eindrücke und Borfäze gleich leicht w
lieren und abändern. Das Uebergewid)t des Corel
ingegen ü.er bie Seele erzeugt entweder ſchwache m
ächrliche Menſchen, die, wie ein ſchwankendes Noke,
von jeden, auch dem leifeften Winde des Vergnügen
oder Schmerzes, der Hoffnung oder Furcht bewegt me
den; ober fräge unbewegliche Gefchöpfe , Die man nik
anders, als durch heftige Erfchütterungen aus ber Sick
fortbewegen kann *). Biel feltener find die glüdtidg
Sterblichen,, in welchen Seele und Leib fo mit dm
der harmoniren, und in einem fölchen Sleichgewicteh
it, daß die eine über den andern herrſcht, om
R 3 dren, und der leztere der erſtern willig ig
vhne fie zu uͤberwaͤltigen, oder In ihren Berrichtugg
aufzuhalten ). Dur folche Menſchen, im welchen
a fte der Seele und des Leibes gleichſam gegen ein
abgerogen find, kann man vollendete Menfchen
nen, indem fie weder durch einen ſchaͤdlichen Lieb
von Theilen gebrechlich, nocd) durd) den Mangel vonw
entbehrlichen verſtuͤmmelt find. Solche Menfchen y
währen das fhönfte Schaufpiel, weil man in ihren WM
vollfommenfte Ebenmaaß wahrnimmt, was den men
Uchen Geift nur ergoͤzen oder befriebigen kann. Sieh
es auch, welche ven Namen gläclich geborner Mo
fchen, und philofophifcher Naturen verdienen }). S
hal
“ib, ”
au) ib,
}) EvuQviw und euQuns fagten weit mehr, als &
nie In unferer oder ber franzäfifhen Sprache. Bu
drückte dadurch nicht nur vorzäglihe Geiftes ni
&
Gefhichte des Plato und feiner Phil. 735
haben nicht nur eine außerordentliche Begierde nach als
len nüzlichen Kenntniffen, fondern ergreifen auch fchnels
4er, als andere Menfchen, behalten dauerhafter, ſchlie⸗
Ben und erfinden mehr aus dem, was fie gelernt haben,
‚Iaffen fich weder durch Beſchwerlichkeiten noch Gefahren
on der Erforfehung der Wahrheit und von wichtigen
Unternehmungen abfchrecfen, und verbinden mit der Aus
herſten Thärigfeit und euer ihrer Natur, eine uner⸗
chürterliche Feftigfeit des Eharafters, und die. liebenss
wuͤrdigſte Sanftheit der Gemuͤthsart, die mit jenen
Borzügen fo felten vereinigt find *).
* Selbft aber in folchen vollfommenen Menſchen muß
Die Seele durch Künfte und Wiffenfchafften, und ber
Beib durch Gymnaſtiſche Uebungen beftändig und gleich,
Foͤrmig geftärft, und bewegt werden, wenn fie nicht aus⸗
weten follen **). Auch die vortzefflichften Naturen ver⸗
ſehlimmern fich, wenn die Seele durch herrſchende Sit⸗
zenverderbnig mit unteinen Begierden, und ver Leib
Burch Weichlichfeit oder Unmäßigfeit mit fcharfen frefs
—* Saͤften erfuͤllt und entkraͤftet wird. Dieſe leztern
zeugen nicht nur unzählige Krankheiten im Coͤrper,
‚fondern werfen fich auch auf die Seelen und Size der
Seelen, und bringen in ihnen tangfamfeit und Unfaͤhig⸗
Aeit des Geiftes, Verdrießlichkeit oder. Niedergeſchlagen⸗
sheit,, wuͤthende Kühnheit oder weibifche. Furcht her
| dor.
Erfenntnißfräfte, fondern auch Anlagen zu großen
— — Tugenden und Thaten aus. Die Roͤmer brauchten
für das Griechiſche eudvix die Redensarten bone,
»7 , egregis, eximia, praeclara natura, |
®) Plat. de Rep. V. Vol. I. 336. 394. Lib. VI. Vol. II. p. 8.
p. 54. 56. VII. p. 136. 138.
“#) de Rep. Vol.I. p. 236. in Tim, p. 484. 499.
06 Men, Drink Eapieke
. licht weriger. nachtpeilii die Gef ]
33 ie bes *5 woche allge
Verdorbeuheit des unter, wel an
we vᷣlrd. Denn ohne eine befondere Seitung.de I
ift es faſt unmöglich, daß auch der befte, Di
quftecht und unbefledt erhält, wenn er von
KFindheit an, gs es a a Ole to
. ‚ugei au en ver] Y
ae ebhten kan und —
‚ga emppe fleigen , und belohnen und die fchändiid]
Be, als die einzigen wahren Guter; Igen
Augerorbentliche n aber ſind, wenn HG ver
—— bean gef ———
Maturen wegen ihfer geringen Kräfte m
"fh: aber auch kt Fehr (haben Fönnen Pre "u Oi
au: "adj den ‘Piato find daher ‚ie wichtigftn]
chen der Derfchlebeneit der Menfchen Die-ge
in on —
Do FOR: i
” 4 p. 499. in Tim. Ors yag avy rau üf
Tov Aura DAeyuzray, zo door ringe
—R XuMos KOT To GW And
. PA nev ah Außacı uvmvon, evros dei
I. pa TV Pau rue vr Tas Ve
"Pop ounubarres wvaneenoduns , mar
Fa vonura Yuyns euzrascı — Treos he
Tess TORBS wexyderre vns Wuxns reos 5
. Erossov Murav Teoomımey. &c. Es wer
5 ber Zolge noch mehr Stellen vorfommen , uw
man fieht, daß Plato wie Descartes glanbte, dıf
Sörper unmittelbar auf die Seele, uud biefe af
Lorper wire, umb daß beyde Beflandtheile der R
{hen gegenfeitige Veränderungen in einandrr
brächten,
®*) de Rep, Lib, VI, Vol, U, p. 26734.,
Geſchichte des Plato und’feiner Phil. 737
jere Vollkommenheit der Seelen gleich“ bey ihrer
öpfung, der ungleiche Gebrauch oder Mißbrauch,
fie von ihren Kräften im DämonenftchVe gemacht
n, die urfprünglich verſchiedene Einrichtung der Cor»
womit fie verbunden, und dann Die mehr oder we⸗
e vortheilhaften Arten, worauf Leib und Seele ger
n und gebildet wurden. u nn
So wie die Seele, fährt Plato fort, der edelſte
1 des Menfchen ift, fo ift der Kopf wiederum
evelfte Theil des Coͤrpers ). Beweiſe feiner. Mops
lichkeit und Herrſchafft Über alle übrigen Gliedmaßen
feine Erhabenheit, feine volltommne Geftäte, und
Bereinigung faft aller Sinne, welche die Götter in
hineingearbeitet haben. Unter dieſen Sinnen ift ber
Geſichts der vorzäglichfte und gewiß eines der groͤß⸗
Sjefchenfe der Sotcheic*"). Ohne unfere Augen würs
wie nie bie leuchtenden Cörper des Himmels und
Hrdnung und Bewegungen, nie den Gang und bie
e der Stunden: und Jahrszeiten, nie die übrigen
ofen Schönheiten der Welt wahrgenommen, und
alſo auch den Gedanfen eines weifen, gütigen, und
htigen Gottes erhalten haben 7). Alle Empfinduns
gen,
EEE EEE En
j in Tim, P. 483.
) ib. & p. 484.
Plato's Erklärung bes Sehens und ber Sehkraft der Ans
gen ift eben fo ſeltſam, ale die des Gchörs p. 491.
Er glaube naͤmlich, daß wir nur alsdann fähen , wenn
ein eigenthünmliches Licht aus unſern Augen auefiröme,
fi mit dem Tageslicht, das in uns hereindringe, im
Innern des Auges vermifche und gleichſam gerinne,
und alsdann einen einzigen Cörper ausmache 487 p.
Wenn alfo das Zageslicht verſchwinde, fo ſaͤhen wie
nichts mehr, weil alsdann das eigenthuͤmliche Licht uns
Zweyter Band. Ya "Me
Er 2 ——
Ge nm ee —
len; ‚nämlich in angenehme u ehme,. in q
& vermilchte, ngen die entweder
* je affelich
ergnäguingen als Schim
Anderung
alle B n
den Abfichten und Gefezen der Nanır gemäß fin
Wenn, wir aber werer Vergnügen noch Schmeia]
1- ferer Yan vergebene aueflleße, ohne ſich Im W|
‚alten,
—J Vol, * Lib. IX, '360,270, Phileb. p. 1
Br 166.
. perl 64. ,
2
Geſchichte des. Plato und feiner Phil, 739
iden, fo find wir im. Zuſtande der Gleichguͤltigkeit,
zroifchen beyden in der Mitte ift *) Dieſer
and fcheine oft ein‘ Zuftand des Vergnuͤgens,
» zwar bes lebhafteften Bergnügens zu ſeyn. Alle
nfe und übrige Perfonen, vie heftige Schmerzen
ofunden haben, oder noch empfinden, flimmen dahin
rein, daß nichts füßer, als die Deränderung ober
Verſchwinden von Schmerzen ſey). Man täufche
‚aber doc), wenn man eine gänzliche Abweſenheit
Vergnuͤgen und Schmerz für einen behaglichen Zus
id hält; denn unmöglich kann das, mas weder
rgnuͤgen noch Schmerz iſt, dennoch beydes zugleich
i. Der Zuſtand der Gleichguͤltigkeit ſcheint nur als⸗
n wuͤnſchenswerth, wenn man ihn mit einem pein⸗
en Zuſtande, und hingegen unangenehin, wenn man -
mic wirklichem Vergnuͤgen zufammen haͤlt. Wollte
ı alfo den Zuſtand des Nichtleidens einen angene
ı nennen; fc müfle man ben bes Michtfreuens ch
n unangenehmen halten: das heift, man müfte von
felbigen Zuftande in demfelbigen Augenblife ganz
egengefezte Dinge behaupten. on
Nichts deftoweniger , fährt Plato fort F), bat «6
: weile Männer FF) gegeben, welche nur zween Zus
de, nämlichden Zuftand des Vergnuͤgens und des
merzend im Menfehen behauptet, und dafür gehals
haben, daß alles Bergnügen in dem Aufhoͤren bes
ymerzes, und Schmerz in dem Aufhoͤren bes Vergnuͤ⸗
| Yaa a gend
) de Rep. II. V.p. 260. & in Phil, p. 167. Diefen Ins
fland, den nachher Epikur noovw naerasınarıunv,
voluptatem flantem ‚nannte, nenne Plato yeuxiosy,
oder Ruhe. .
YdeRep.hke |
) de Rep. Il. 262. imp. in Philebo p. 167,
P Unter dieſen verſtand er die Sophiſten
Ten, umo oie :Seftievigung DON veyoen
fände find, in welchen biswellen die Berg
Schmerzen, oder die Schmerzen von *
uͤberwogen werben, ober ſich auch ohngefaͤ
gericht halten **). Die Sättigung des
Durftes, das Reiben oder Kragen von TE
chen ſich ein heftiger Kigel oder Jucken fin
Genuß der finnlichen fiebe, gewähren ung
oder angenehme mit Schmerzert verfezte C
in welchen das Vergnügen um deſto lebhaft
. licher die Bedärfniffe oder Schmerzen we
durch geftille wurden f). Da mun die 9
in gleichem VBerhälmife mit den Schmerzei
deren Tilgung fie entjtehen, und ſolche
welchen ver Abgang, gewiffer Dinge peinlid
ſchmerzhafte Bedärfniffe erzeugt, unleugt
ten find; fo fann man es für ausgemacht
annehmen, baß die gemifchten Empfindung
die größten Vergnuͤgungen find, und daſ
Vergnuͤgungen nicht von gefunden, fonde
fen Seelen und Görpern genoffen werde
wie fieberhafte Perfonen mit ardierem Bi
Gefäichte des Pape pub feiner il. 741
en, als geſunde, weil fie einen heftigeren Durft haben;
» genießen auch unmäßige lebhaftere finnliche Bergnäs
ungen, als mäßige und enthaltfame, wenn fie ihre
Begierden mehr, als dieſe genährt, und bis zur Fiebers-
ige entzündet haben *). Dieſe lebhafteften unter allen
venfchlichen Freuden, welche ver Wolläftling allen uͤbri⸗
en vorzieht, und vor welchen der IBelfe, ber in allen
Ningen Maaß beobachtet, ſich am meiften huͤtet, find
nmer gemifchte Empfinpungen, in welchen der Schmetz
Ibſt zum Stachel des Vergnuͤgens wird **). So wie
tabe und Enitfernung den Werth von DBergnügungen
nd Schmerzen verwandeln; fo auch ihre Vermiſchung
nd Aneinanderreibung ***). Denn Vergnuͤgungen
erben durch die. Beymiſchung von Schmerzen erhößt,
nd Schmerzen Bingegen durd) die Bereinigung mit
tergnügungen vermindert }),._ Selbſt folche Empfin⸗
gen alſo, in welchen das Vergnügen vom Schmerze
erwogen wird, verurfachen zwar unfägliche Pein,
er auch unfägliche Freuden, wodurch Menfchen außer
> geſezt, und in Seuer und Waſſer getrieben wer⸗
x 17) Dies ift der Ball in gewiſſen Ruben
welchen fi) ein ftarfer innerer Neiz durch das‘ Rels
& der äußern Theile nicht ganz vertreiben läßt. Wenn
=r in den Becher der Freuden nur einige Tropfer von .
sin gegoffen werben; fo entiteht daraus ein Kizel, ber
EFreudenwuth, die Menfchen, mie Thiere zur Zeit
> Prunft, vor Freuden fehreyen und fpringen, fie
e in ben heftigften Krämpfen auf taufendfälcige Arten
Uaa.g ., fich
=) ib, |
we) ib, & p. 168.
es) 1b. p. 166. & deRep. V; IL 268.
+» ib. v
sa m ni are
BE Se Bere ha
Kane en ib) —— a Me,
ich aus der ange en gun
Fe ee a ‚a ne
. ‚fen wird, und iſt alfo ein gewifthter, Kpeils ange
FPyp 168.) Ouxev Omorev u rem Hdem
L FolduTa MEYTE OUmix IN, To ner umens
vov Tas Amis, Yagyanıfa re nu neeuail h
vanren mo; To diaurns adevns mer
ERKEXUMEVOY, ı GUTEN TE Ka SVIOTE
zus, Ks ara ner Xewuure, man
je OXnMaTee, Movreie de mVeumore em
goneva , wasav enzAnEm neu Bes era
Guns Tre; Er, m He Asyen mem
Te = Faura Tier neu aRov, ws Ta
Tas ndavaıs TERTOMEVOS dv EESYHEHEn
#*) in Bhilebo p. 165 164
nalen a6,
Geſchichte des Plato und ſeiner Phil. a3
18 unangenehmer Zuſtand. Eben dies fan man
b von allen Hoffnungen md Befuͤrchtunen, von Als
Borempfindungen fünftiger Huͤter und Uebel ſagen,
entweder aus dem Gefühl eines gegenwärtigen Mans
3, und dem Vorgenuß eines fünktigch, Gut‘, oder
1 Gefühl eines gegenwärtige; Säcke, amd det Per
hruma eines Fünfeigen Unfals fiffamnien gejgat find *),
dlich iſt es von allen unvernänftigen —
Fuͤrcht und Zorn, von Sehnſucht iind Miederges
agenpeit, van kiebe und Eiferfucht, yon Neid und
ern Rranfheiten ber Seele, und deten erriebfadits
wahr, daß fie aus Honig und Wermuth gemilcye
ı, und nicht bloß Schmetyert „ fonderu anch Derätiiis
gen gewaͤhren **). So If} ber Neid zwar ei
eit über dad Gluͤck anderer Menfchen, aber aueh, jı
4 mit Freude über “ihr Uhghie® verbunden.’ Unt
m wir alfo in Luſtſpielen über ſolche Fehler und
hwachheiten unſerer Deberimerifchen Iochen, ‚Lie ans
unſchaͤdlich find, (uud nur foiche find — fo
—3
ih, jüs
iegen wir eine Miſhung von, Verghifguiigen ui
hmerg, bie derjenigen aͤhnlich tft, yberid wir" in
wiıjpielen einen zugleich wonnevollen und peinlichern
geil an ben feiden anderen nehmen. dleſes gen
he nicht bloß bey theatraliſchen Vorftefungen‘, fons
rt aud) in dein großen tuft+und Trauerfpiele des Le⸗
3 felbft,, und mit Recht alſo kann man behaupfen,
fowohl der Leid, als die Soele allein, und auch
B ao 4 beyde
) Ounan ka olı weg Mehorrun Tara VαÂα
ones yıyvomeos eos Inces Te x meoAU-
ænoeis ꝓcero TaUTa EX8cı de Rep. H. Lib. X.
p. 262.
9 p. 168. 169. in Phil,
744 Achtes 26. Deitesfeapit,
Pun.d
en find, .
zen — groͤßen Menge aber und auch Lebhaftigkeit de
gemiſchten Empfindungen ungeachtet, bleibt es doch in
mer wahr, ‚daß nicht alle angenehme Empfindungen a
diefer : Art gehören , und daß man wahre Dergnügungs
unfer ihnen, nicht. ſuchen muͤſſe *). Alle DBergnügm
sw. welche uns, fehone Sarben und Sormen von &&
pen, angenehme Geruͤche und Töne, noch mehr ok
die Erweiterung unſerer Kenntniſſe und die Bewure
ung und Ausübung edler Thaten geben, find rein m
Angewiſcht „ ‚entftehen nicht aus der Defriebigun > ie
wmerkb rer peinlicher Begierden, und laſſen auch, ns
fie gufhoren, feinen Schmerz oder ſchmerzhafte G
ſucht zuruͤck. Solche reine Vergnuͤgungen find ala
währe, oder E ächte Sreuden, und die mit Schmerar
“mifditen reuben hingegen falſch und unächt, ode
‚se Schattenbilver von Bergnügungen, die etıwal
ders ſcheinen, als fie find, und durch Gegenſtaͤnde
r gt werden, Die nicht find, die nie waren, und nie
werden, oder wenigſtens das nicht find, wofür malt
zu haften pflege. Um die gemifchten und ungenids
Vergnuͤgungen richtig zu fehägen, und mit einane?
vergleichen, muß man nicht bloß aufihre Lebhaftigkeit, ®
dern auf den innern Gehalt von Dergnügen fehen, =
ſich in ihnen finder, und wenn man diejes thut, for
fich bald zeigen, daß in den angenehmen gemifchten ®
pfindungen meiftens Sreude gegen Schmerz aufgeht, }
-bingegen in den angenehmen ungemifchten alles ı“
Gewinn von Freude if. Diejenigen alfo, welde:
land
GE GE»
‚ie
*%) de Rep. I. c. & in Phil. p. 165. 169.
Geſchichte des Plaso und feiner Phil. 2745
utern Freuden der Wahrheit und Tugend nicht fennen,
id nur diejenigen angenehmen Empfindungen für Ver⸗
wigungen halten, die mit unangenehmen ' vers
ifche find, oder aus dem Auf hoͤren fehmerzhafter
jebürfniffe entftehen ; ; find folchen Perfonen gleich, bie
npor gehoben werden, und die Höhe erreicht zu haben
aubten, ungeachtet fie nur nech in det Mitre find,
ser folchen, die etwas Gelbliches für weiß halten, weil
ſo gegen etwas Schwarzes erfcheint, was fie vorher
— *8 haben *).
Wenn man die Empfindungen in Nücficht auf
yre Urſachen betrachtet; fo kann man fie, fagt Nato,
yiederum auf mehrere Arten, vorzüglich in wirkliche
nd unächte,. in dunffe und hefle oder Flare eintheilen.
Wirkliche Empfindungen ſind nur ſolche, die von ge⸗
enwaͤrtigen auf unſere Sinne wirkenden Coͤrpern in
ind hetvorgebracht werden. Unaͤchte hingegen erhalten
3ir glsdann vber wir werden getaͤuſcht, wenn wir Ge⸗
enftände "alß wirklich oder gegemwärtig zu empfinden
Lauben, die gar nicht find, oder wenigftens nicht ges
enwärtig fi find **) Unter ven Empfindungen ferner,
ie von wirflichen- Gegenftänden hervorgebracht werben,
ind einige fo ſchwach, daß wir ſie gar nicht wahrneh⸗
nen , indem fie gleichfam im Eörper abfterben, ebe fie
ur Seele gelangen; andere hingegen dringen durch ben
Loͤrper bis zur Seele durch, . und bringen in beyben zus
jleich geroiffe Erfchütterungen hervor. +) Weder bie
Aaa5 einen
—* p. 165. in Philebo.
+) p. 168. in Phil, Oec Twv ea To owua nuwy
ENESoTe TAINUETOV, TA MEV Ev TO OWUETI
aurwaßewunere mw emı vnv \yuxw dieger-
en,
7 den umaufpörlich . Unfere Gew;
t: 21 — Veral h
9 anfere wiffenfhafftlige tuiffe bleiben wicht et].
a
Denznotbete u Zutee, Te ka 8 I
han »
ale ie Re, isn en und —5*— a
a
ten, Meynungen, Begierden,
© diefelbigen; (ben abeit. ift ber, Untergang
fers Wiffens, ſo wie Arbeiten und Lernen ein Ertl
die verſchwuudenen Keuntniffe if, Wir find alfe
— in ber Bedeutung ſtets biefelbigen, wie es die &P
beit iſt; fondern wir find im jedem machfolgensen
genblide etwas anders, als wir in allen werke?
ben waren. So wie aber das menſchliche Gefäld
dadurch erhalten, und gleichfam unfterblich wire, hd
in die Stelle von ®i immer Neugeborue ©
An 3 fo re euer ‚einzelner 2
als eine fon fort, «indem abgegangenen
ſtets durch nene erſezt werden,
Geſchichte des Plato und ſeiner Phil. 747
inne ſo ſtumpf und ſchwach, und wir werden von zu
len und zu deftigen Leidenſchafften verblendet und her⸗
zgetrieben als daß wir in das Weſen der Dinge eins
ngen koͤnnten *). Linfere Seele irrt beſtaͤndig: ſie
windelt gleichſam, und wird gewaltſam herumgewir⸗
c wenn ſie in Geſellſchafft des Coͤrpers die Narur
: Dinge zu erforſchen ſucht. Alle unſere Sinne truͤ⸗
ı und unaufhoͤrlich, und alle Empfindungen und
orſtellungen, die mir durch ſie erhalten, find falſcher
chein, dem wir nicht trauen fonnen**). Vergebens
o hoffte man, durch die Sinne von der Cörpermelt
heige und wiffenfchafftliche Kenntnig zu erlangen 7),
d diejenigen, die dieſes glaubten irrten eben ſo ſehr,
Protagoras, welcher einen jeden Menſchen ven
aafftab allee Dinge nannte, und behauptete, daß
die abweichenden oder widerſprechenden Empfinduns
1, bie verſchiedene Menſchen v von denfelbigen Gegen⸗
ſtaͤnden
— — —— — —
) in Phaed. p. 25 & 31. & Cic. Acad, quaeſt. 1. 8.' Sen-
ſus autem omnes hebetes, & tardos eſſe arbitraban-
tur, nec porcipere ullo modo res cas, quae ſubjectae
fenfibgs viderentur5 quae effent aut ita parvac, ut
fub fenfüm cadere non poffent; aut ita mobiles &
concitatae, ut nihil unquam unum eflent conflans;
ne idem quidem, . quia eontinenter leberentur &
fluerent omnia. |
) Plat, & Cie. li. ce,
H Plato nannte baber bie Coͤrperwelt vo Jokaucen,
oder opinebilem rerum partem „ zum Unterſchiede von
Ywasoy, und bie unzureichenden ſchwankenden Kennt:
niffe, die wir von ihr erlangen koͤnnen, dofx,
zum Unterflebe von Yymoss ober ezrisupn. Man
ſehe vor allın andern das Ende des fünften. Buchs der
Republif in dee Maffepfhen Ausgabe S. 398)
406.
Em ſehen / und denken, gleich Abdruͤcken von
gen, ein; und das, was ſich eingepraͤgt har,
Ka ‚fo fange, als bie: Bilder fortauren,
iefe verwiſcht ober außgelöfcht werben,
dann, daß wir etwas n hab
ten Bilder, ober die Abdruͤcke der ı
niß, koͤnnen nicht anders rein und tief er
‚werben, als wenn das Wachs der Seele ſelbſt *
rein J und in großer Menge vorhanden daben n a
y 83.
? Er Een Folge una. 0.10
\ Geſchichte des Plato und feiner Phil. - 749
ch noch zu hart bereitet it”). Menſchen, in wel⸗
n biefes Statt findet, find nicht nur gelehrig, und
fen nicht nur leicht, fondern behalten auch fange, und:
‚en fich das, was fie einſt empfunden haben, fehe:
haft zuruͤck. Iſt Hingegen das Wachs zu weich oder
Hart, zu dürftig oder zu verfälfcht; fo finder das
gentheil Start. Zu weiches Wachs macht den:
enfchen zwar gelehrig und fehnell faflend, allein uns
ig, die empfangenen Eindrücke zu behalten. Zu hars
bingegen macht Menfchen zwar langfam im Begreis
', aber ausbaurend in der Erhaltung deſſen, was fie
ı einmal eingeprägt haben. - Wenn endlich das Wachs
fließend oder zu irdiſch und fteinige iſt; fo werden die
>rücke nicht allein ſchwach und dunfel, fondern aud)
t vertilgbar, und folche Perfonen koͤnnen weder leicht
en noch) lange behalten. Ste fließender, ober unlautes
» ober fleinigter das Wachs ift, deſto mehr iſt man
Sefahr, in falfche Mleynungen und Irrthuͤmer
afllen””) Sn folche falfche Meynungen faͤllt man als⸗
Er, wenn man die Abdrücfe oder Bilder von Gegens
iden, bie man im Gedaͤchtniſſe hat, unrichtig auf
genftände anwendet, bie man empfindet, aber wegen
x Sleinheit oder Entfernung oder plözlichen Ver⸗
oindung nicht Elar und lebhaft wahrnimmt 7). Ach
e alfo zum DBenfpiel falfche Meynungen, wenn ich
Pild des Theodor auf die Perſon des Sokrates,
w das Dild des Sofrates auf die Perfon des Theos
anwende, wenn fich der eine oder andere meinen
gen darbieten. Yalfche Mennungen find alfo nicht in
apfindungen, auch nicht in Begriffen und Gedanfen
u | allein,
j——, —
) in Phil. p. 189.
) |,c.
) ib,
an I ah’ ————
— — —
T
wenns 75005 dkievoucey.
oder richtige Mepnungen, die
ſqcafftlich erkennen, um fifenge beiveifen A
uunterſcheidet fie von Wiſſenſchafft bloß dadurch,
nicht durch richtige Demonftrarion zuſammei
find. in Theaet. Apeancı av — M”⏑———
706 Aoya ezzisnumv eweri, ib. ps 87. Eben h
Menone p. 344 & in Timaco p, 485. Eben
befändig iſt er im dem Gebrauch des Wortes Y
Bald verſteht er darunter Die Vernunft und da
fand des Menfchen, welchen er deßwegen, mel
die Wahrheit erkennt, oe9os Aoycs nennt: ein
das die Stoiter, wie einen großen Theil ihrer
Kunffprache, ans dem Plato genommen haben,
fehe Phaed, p. 28. & Phileb. p. 167. ald brüfit]
durch Aoyos Dentonftra aus, wi h
vorher angeführten Stelle, und
dofoss, wenn fie in Worten a,
Geſchichte des Plato und feiner Phil. 751
tem Buche, und das Gedaͤchtniß und die Empfindung
it einem Schreiber vergleichen, der etwas in viefes
uch richtig einträge Wenn wir aber Gegenſtaͤnde
r etwas anders halten, als fte find; fo find Gedaͤcht⸗
3 und Empfindung einem Schreiber ähnlich, der, ets
as falfch in ein Bud) einzeichnete *), Aus dem“ bis⸗
rigen erhellt, Daß ſowohl wahre als falfche Meynun⸗
nein Mittel zwiſchen gänglicher Unmiflenheit und wah⸗
> Wiffenfchafft fenen **), daß fie beyde in gewiffen
ıterredungen der Seele mit fich felbft beſtehen, und
ß fie nur ben Gegenftänden Statt finden, die wir
rmals empfunden haben, von welchen wir Abdruͤcke
Gedaͤchtniſſe befizen, und die wir jezo wieder empfins
t, denn es ift unmöglich, daß jemand Gegenftände,
er kennt, und deren Bilder er im Gedaͤchtniſſe Hat,
E andern verwechfelt, Die er gleichfalls fennt, und des
. Bilder er im Gedächtnifle hat: ober daß er etwas,
5 er kennt, für etwas anders hält, was er nicht
nit, und wovon er gar fein Bild im Gedaͤchtniſſe bes
3 oder daß er das, was er nicht kennt, für etwas.
>ers hält, was er gleichfalls nicht Fennet, oder was er
= fennt: oder daß er das, mas er empfindet, für ets-
S anders hält, was er. gleichfalld empfindet, oder -
‚8 er nicht empfindet; oder was er nicht empfindet,
> etwas anderd, was er nicht empfinder, oder auch
‚pfindet. Mod) unmöglicher, als alles dieſes, wenn
an jo etwas anders fagen kann, ift es, daß jemand
Das, was er kennt und empfindet, und fich bewußt
/
ri
Stelle drädt er Aoyos durch diwvorz aus, and nennt
die Empfindung eines gegenwärtigen Gegenſtandes
Doasvreci.
®) de Republ. V. Vol. 1,308. & ſq. in Theaet, p. 86,
®s) in Phi, 165, & in Theaet. I, c,
mit etwas, mas er nicht empfindet. — 7
find fo beſchaffen, daß ſich unmöglich jem«
ten fann ®).
Vom Gedaͤchtniſſe, fagt Plato, muy
Erinnerungsfraft als Phantaſie unterſcheid
erſtere beiteht in der Fähigkeit der Seele
von Gegenftänden , die fie zugleich) mit
eınpfunden hat,» bervorzurufen, oder au
und Gedanfen, die fich fehon aus dem Sei
Toren haben, zu erneuern und herjuitellen.
kraft hingegen ift die Fähigfeit, Bilder v
Gegenſtaͤnden anders zu ordnen, und zu ve
wir fie erhalten haben, oder aud) Bilder vo
den zu fchaffen, die noch nicht find, und v
niemals feyn werden 7). So wie man daı
mit einem Schreiber vergleichen kann, der
*) ib. Mit Fleiß habe ich die lezten Räfo
dem Plato abgefchrieben, theild um die
ben Wohlgefallen diefes Mannes an fı
tionen mit einem neuen Bepfpiele zu ber
Geſchichte des Plato und feiner Pfil. 753
& and nur das eintraͤgt, ‚was ihm vorgelegt wird; fo.
u man ‚die Pharitafie einen Mahler nennen, der off.
pirfliche Dinge darſtellt, bie nicht find, die nicht wa⸗
und auch nicht fegn werden *).. .
In ſoferne die Seele bloß Gedaͤchtniß und Eins
ungsfraft befize, ift fie eier Mienagerie ähnlich, im
cher Bögel von allerley Art, "bald in großen, bald in
i kleinen?
=
) Plato neunt den Zuſtand, worinn Menfchen fih Dinge
vorftellen, - die nicht find, und folhe, von denen. fie
umgeben werben; nicht wahrnehmen, way, ın Phacdr,
p. 201. 209. Dieſe Berrüdtheit ift von einer doppels-
- ten Art eine natuͤrliche, die durch Krankheiten her⸗
vorgebracht wird, und dann eine uͤbernatuͤrliche oder
goͤttliche. Die leztere iſt wieberum viererley: Die hei⸗
lige Entzuͤckung oder Raſerey der. Miigagenden, in
welde die Sibyllen und die Priefterinnen zu Delphi
und Dodona durchidie Begeiſterung des Apollo fielen,
oder noch fallen. Zweytens die der Bakchauten und
der Bakchantinnen. Drittens bie dichterifche, in
welche Poeten und Rhapfodiften burch die Mufen vers
"eye werden, wenn fie die eigne Wirkſamkeit der Sees
lenfräfte eine Zeitlang aufheben, und die Seelen ber
Degeifterten ale ihre Werkzeuge und Diener brauchen.
(in Jone p. 362.) So wie Weißager und Weis
Bagerinnen im Zuſtande heiliger Entzüdungen, wo
fie fih ihrer felbft nicht bewußt waren, vieles vers
Piindigt haben, was den Voͤlkern Griechenlands Heil
und Seegen brachte; fo finden auch Dichter, wenn fie
son den Mufen aus ſich felbfl weggeruͤckt werben, bie
fhönften Oefänge, ohne ed zu wiſſen, und wenn ſie
nachher wieder zu fi felbft Fommen, fo find fie nicht
im Stande, mir der Anftrengung aller ihrer Kräfte,
ſolche Werke zu liefern. Die vierte Art goͤttlicher Mas
ſerey ift die der Liebenden, die Plate für die beſte und
erhabenfte unter allen estlärt.
zweyter Band. Bbb
*) in Theaet. p. 90
* 31. in Theaet. p. 82. in Phucii
im. 485 & 500. deRep. Vol. 1. Li.
394. 90. |
D N. cc. imp. de Rep, II. 286,290. Plato nf ı
wendig ein Schauen in Bott annehmen. Nur in W
fanden (ich, feiner Meynung nach, die ewigen Uri
aller Dinge; und von dieſen Urbildern konnten P
die Seelen In ihrem Dämonenflande Beine Ad
als durch bas Schauen in Bott erkalten, I, «!
J im. p. 485 u
. tb) in Phaed, p. 29 & 338. & 344. in Menen, Un
| Ien allgemeinen Ideen ſchreibt Pinto ber des €
®e) in Phaed, p. 25
204. in 7
Geſchichte des Plato und feiner Phil, 755
een uns nur, ober erneuern Erinnerungen, wenn
der Wahrheit und der Natur der Dinge nachfors
Dies erhellt am meiften daher, daß Perfonen,
h dem Schaven des Meno, den Sofrates über die
ur und Berhältniffe von Zahlen und Figuren fragte,
ig auf Fragen über Dinge antworten, von denen fie
twas gehört haben: daß alle Begriffe und Bilder
re ſowohl ihnen ähnliche als unähnliche aufwecken,
denen fie vorher nicht verbunden waren: daß endlich
unfere Begriffe von dem, was Schön, was Gleich,
Gut ift, viel vollfommner find, als die Dinge,
vir mit diefem Namen belegen, und dag wir alfo
niemals von Dingen, die weber vollfommen gleich,
gut und ſchoͤn find, würden erhalten haben, wenn
ticht, als Maafftäbe der Dinge in unferer Seele.
yanden gewefen wären *). Bevor wir diefe in uns.
immernden Begriffe und ewigen Wahrheiten erwe⸗
und anſchauen, find wir Gefchöpfen gleich, die in
e unterirdiſchen Höhle an den Beinen und Hälfen
Bbb 2 ſo
die wundervollſten Wirkungen zu. Die Idee des Gu⸗
ten, fagt er Vol. II. Lib. VI. p. 60. de Rep. iſt das
ſchwerſte und erhabenfte, was der menſchliche Geiſt nur
ertennen kann. Sie gibt uns felbft Kraft, Wahrheit
zu erkennen, und unfern Kenntniffen theilt fie Wahr⸗
beit, wie allen Dingen das Seyn und Fortdauern mit.
Sie iſt das lezte in der verfländlichen Welt, was man
erkennt: allein wenn man fie erkannt hat, fo breitet
fie über alles Sichtbare und Unfichtbare Licht aus,
and wird die Quelle von allem Schönen und Guten,
von Wahrheit und von Wiſſenſchafft. vid. & 70 & 72,
& VII. p. 88. & in fine Philebi. Wegen diefer Lob⸗
rede haben viele geglaubt, daß Plato unter bear Outen
die Gottheit verfianden habe,
) in Phaed, & Menone H, cc, -
—n
gend, bald redend, vorbengingen, und a!
and Statien von Menfchen und Thiere
"gen; fo würben folche Gefangene, die an
ſtehenden Wand ſich darftellenden Scharı
für wirfliche Dinge halten, die ſich mit e
tedeten, und außer diefen Schattenbilberı
wirkliche Weſen argwöhnen. Wenn abe
Ungluͤcklichen ploͤzlich einer von feinen B
und gegen das licht gekehrt wuͤrde; fo fonn
ders ſeyn, als daß er durch den auf einma
gen fallenden Glan; geblendet, und außer
wuͤrde, bie Dinge felbft zu betrachten, v
Bisher nur die Schattenbilder fh. Say
alsdann, daß er bisher nur bloß täufchen
Geſtalten wahrgenommen habe, und jego |
Dingen näher jey, fo würde er gewiß an !
diefer Verjicherung jwenfeln, und eher gla
vormals, als deß er jego wirkliche Dinge
Nichts wäre fogar nacürlicher , als daß
Uchte verwundeten Augen wegwendete, un!
ſcheinungen zuräctflöhe, deren Anblick er e
te. Wenn man num einen folchen mis G
ner Höhle an's Tageslicht heraufjöge, ſo
Kabein nich un van ham Gchrlbunltan
Shsihted des Plato und feiner Phil, 757
f! (ine Augen füllten, unfägliche Schmerzen leiden.
wuͤrde Anfangs von den Dingen, die ihn umgäben,
Ht6 wahrnehmen; und gewiß lange Zeit brauchen, bes
r en fie recht betrachten fonnte. Er würde erſt "die
chattenbilder von Menſchen und andern Gegenftänden
ruhigen Genffern, dann das Schauſpiel des nächtlis
n Himmels, und das Licht der Sterne und des Mons
| anfthauen muͤſſen, bis er die Sonne und ihren Glanz
ragen koͤnnte. Wenn aber endlich ein fölcher Erloͤſe⸗
die Sonne ſelbſt in ihrer Pracht bewundert, und
nerkt hätte, baß ſie die Urſache der Tags und Jahrs⸗
en, und faſt aller uͤbrigen Dinge und Erſcheinungen
dieſer Erde fen; würde er ſich nicht alsdann gluͤcklich
en, wenn er fich. mit feinen ehemaligen Mitgefi
ien und ſeine gegenwärtige tage mit feiner vormaligen
gliche? Ja wenn er auch wuͤſte, daß in ſeinem vor⸗
ligen Gefängniſſe denjenigen Ehre und Ruhm und
lohnungen bevorſtuͤnden, welche die ſich ihnen zei⸗
den Schattenbilder am ſchaͤrfſten ſehen, und aus de⸗
, bie zugleich, oder vor einander, oder hinter ein⸗
er erfchienen, am beiten die Reihen Fänftiger Erſchei⸗
igen errachen Fonnten, würde er wohl ein Verlangen
h diefen Borzügen und Belohnungen. empfinden, und
je vielmehr. mic dem. Achilt fagen ,. daß der Dienff bey
r ärımflen Mamie auf der Erde der Herrſchafft über
ganze Unterwelt vorzuziehen en ® Nimmt man noch
st an, daß eine folche Perſon ploͤzlich in ihre ehemas
Wohnung zuruͤckgeſezt wuͤrde; ſo laͤßt es ſich kaum
ers denken, als daß fie, am das helle Licht des Tas
gewoͤhnt, alles mit Finſterniß bebeckt finden, und
nicht geringe ‚Zeit brauchen würde, ehe fie wieder
as erblicden fonnte. Die Übrigen Bewohner der
e würden ihrer fpotten, würden Ihr vorwerfen,
fie ihre Augen verderben hätte, und würden nicht
n gar fein, Verlangen Kara ‚, die Höhern Gegenden
b 3 su
758 Achtes Bud. Drittes Eapitel.
beſuchen, fondern vielleicht denjenigen, der. fie wm
Seren Banden befrenen wollte, umbringen,. wenn fiel
ner habhaft werden koͤnnten *). Auch wir find.gefeh
te Sclaven in unterirdifchen Kerkern, fo lange u
bloß in und für den Eorper leben, und die Natur ie
Dinge durch unfere Sinne zu erforfchen fuchen. Ah
uns foftet e8 Ueberwindung und Mühe, den fteileng#
‚der Wahrheit zu erfteigen; allein wenn wir ihn einn
‚erftiegen haben, fo verachten wir von feiner Hoͤhe
vergänglichen Güter und Freuden, um welche die
blendeten Sterblichen ald um die einzigen und
Guͤter mit unabläffigem Eifer ſich zu bewerben wtj
kämpfen pflegen.
Michts erleichtert den Menfchen das Hi
men zur Wahrheit fo fehr, als das Studium ve’
len, und Größenlehre, und der Sternfunde, wernu
dieſe Wiffenfchafften nicht bloß in der Abſicht treibt, m
fie für den Ackerbau, die Sciffart, den Handdd
andere Theile und Bedürfniffe des menfchlichen I
zu nuͤzen **). Dieſe Wiffenfchafften reinigen unD
ug m m @ um Ran DE CB TE RB LE rn
—
r
* Siehe dritte Beylage.
**) Vol. II. Lib. V1.74»80. VII.IIOs 116 & 120, %
to wiederhohlt die angeführte Bedingung vorzägiät
ben lezten Stellen, und fällt darüber in die laͤchau
fien Ungereimtheiten. Die Schaufpiele, fagt us
andern ©. 120. de Rep, VII. welche ung die Bm
gungen und Ordnungen der himmliſchen Coͤrper da
ten, find die ſchoͤnſten in der fichtbaren Welt, allen
find doch noch weit unter denen, welche uni!
wefentliche Bewegung und Langſamkeit im ber mul
Zahl und den wahren Figuren darbeut: “As rei
Taxos, aan 800 Beudurns ev Fw aAnen
127770 zo Racı ToIs aANJEOH owunyacaı G:ä
TE MEOS RAMNAa Degeraı Ko To Ta F
= WEy)
Geſchichte des Plato und feiner Phil. 759
ben die Seele, ftärfen und üben das Auge des Verſtan⸗
des, das fonft im Unrath oder Pfuhle ver Sinnlichkeit
Vergraben ift,. bereiten e8 vor, daß es das Licht Der
Wahrheits ſonne ertragen kann, und find das ſchicklichſte
Werkzeug, wodurd) der Dienfch aus der fichtbaren We
Ss die unfichtbare Hinaufgewunden wird *)., Sie be,
ſchaͤfftigen fich nicht, wie die übrigen Künfte, mit vers
gänglichen ‚. fondern mit unmandelbaren Dingen **),
wurd gehen auch nicht von Erfahrungen , oder truͤglichen
Erfcheinungen der Sinne, fondern von allgemeinen Er⸗
klaͤrungen der Zahlen und Figuren aus, die fie ald uns
seiberfprechlich vorausfezen 7). Don dieſen Vorausſe⸗
zungen oder Erflärungen gehen fie zur Unterfuchung
wicht cörperlicher Größen und Figuren, fondern folcher
Fort, die man nur allein mit dem Berftande fehen kann,
und brauchen Linien und Figuren, die fie entweder feteft
-gichnen, oder in der cörperlichen Natur finden, yur
als Bilder und Benfpiele, nicht als Beweiſe oder ald Ges
Benftände ihrer Unterfuchungen. Mit Necht alfo kann
man die mathematifchen Wiflenfchafften einen wichtigere
Abſchnitt der verftändlichen Welt nennen FF), allein
te. bleiben doch auch immer nur ein Uebergang vom
Sichtbaren zum Unfichtbaren, ein Mittel zwifchen finns
chem Schein und Wahrheit, und mehr ein Vorhof
and Annäherung zur Wiflenfchafft,, als ächte Willens
Bbb4 ſhafft
Er machte den Pythagoreern feiner Zeit Vorwarfe dar⸗
über, daß fie die Meßkunff verduͤrben, indem fie dies
ſelbe von uncörperlichen Dingen ableiteten, und auf
eörperliche auwendeten. Plutarch, in Marcelli Vita IL _
\
Geſchichte 808 "Plato und feiner Phil. 76:
ſt die hoͤchſte Zinne oder Gipfel menfchlicher Kent,
Iber welche feine andere Wiſſenſchafft hervorragt *). Eife
illein durchdringt das Weſen der Dihge, und geh,
yer Erklaͤrung und Eincheilung derſelben mit einem Mi
uͤglichen Schrirr fort **). Mur fie allein gewährk
wahre Wiſſenſchafft, aͤchte Weisheit oder Kiugheic***y,
ind feiner verdient den Namen eines wahren Welmyer
ſen, als wer fich mit ihr, oder mit dem deſtaͤndigen Ani‘
hauen unfichtbarer Dinge und ewiger Wahrheiten bp
schäfftiget ****). Die Dialeftif allein enthält reine Wat‘
„Jeit; tie Mathematik nur einen Schimmer oder Ruͤck⸗
arg verfelben ; ©. alle übrige Wiffenfchafften aber nın
‚tüglic en Schein 7), over aud) Folgerungen. un
Schluſſe, die fich auf einzelne Fälle gründen, oder aus
ithnlichen Faͤllen abgezogen und afafogifch gebildet
end 77). Plato glaubte alſo, daß es eine noch größere
Sjemwirheit gebe, ald ſich in. der reinen Marhemarif firk
"et, und bag man zu diefer Gewißheit gelange, werm,
xian von gewiffen unläugbaren Grundfäzen ausgehe;
ingegen verwarf er Die Erfahrung oder Induction, u
"te analogifchen Schluͤſſe TFT) entweder gaͤnzlich ober
“ OB hide
— — — — A
%) de Rep, VII. 134, RE Fr
ib
ss a in
#s*) ib. & VII 72. in Phaed. p. 3r. .in Theset. p. 82.
Anderswo fagte Plato, daß nur die Kunſt, Voͤlter
und Menfchen zu begläcden, den Namen der Weisheit
: verdiene. Vol. I. de Rep. Lib, V. 272. 274.
»ssr) de Rep. VI, Vol. Il. p. 2-8. |
7 +) So nanute Plato Erfahrungen,
‚. +p Vi. 78. VI 138 p. Plato belegt,.diefe vier Stufen
| menſchlicher Kenntniffe mit verfhiedenen Namen, bie
“ erfienannte er erssngen, die andere drosvoice, bie dritte
“ Fizıs, und die vierte euuzosa. ib.
++) Die einzigen Mittel, deren Sofrates fi} bedient hatte,
am felbfi die Wahrheit zu finden, und andere davon
zu überzeugen.
763 Achtes Buch... Dritte Eapitel.
At fie wenigſtens für-fehr unfichere Wege, auf nd
‚hen man fich leicht verirren koͤnne *).
. Nachdem id) jezo die wichtigften Puncte der &e
lenlehre des Plato vorgetragen habe; fo will ich, ba
ch weiter gebe, feine Gedanken über Die Sprache mi
Kratylus nachhohlen, welches für die Geſchch
der philofophifchen Sprachlehre wichtige Geſpraͤch ma
bisher gänzlich) mißveritanden hat. Man war namih
in der Meynung, daß Plato der Parthey derjenn
Weltweiſen beytrete, welche lehrten, Daß die articuln
Sprache nicht eine Erfindung des Menjchen,. fona
ein Geſchenk der Götter, oder daß gie doch nicht =
Sammlung von wiuführlichen, fordern von natürlide
das heißt, von foldyen Wörtern fen, auf welche vie %
tur felbft den Menfchen hingeführt habe, und die
auch das Weſen aller Dinge, oder ifte eigenchümlihe
Eigenfchafften ausbrüdte **), Allein gerade dieſe ᷣ
hauptungen find e&,. die Plato beſtritten, um ie
"meinem Urtheile nach auf die buͤndigſte Arc voiddg
kat. Er fchrieb feinen Kratylus in einer doppeltenb
icht; theils um Die gewaltfamen PWBortakleirungen W
Prodifus und anderer lächerlich zu machen, und (m
zu zeigen, daß er diejelbigen Wörter eben fo gut, m
fo wahrſcheinlich, als fie, und doch auf ganz ander
ten ableiten fonne: theils aber aud) um dem Kart,
einen Heraflitifchen Philoſophen, zu widerlegen, melde
behauptete, daß alle Wörter richtige Abdruͤcke ober &
mi)
—
von en mn DEE DI DI EDDIE I en
*) Il. cc, & in Phaed. p. 37. Eyo de roic dıa 1»
ssuoray Tas anodesferss Foispevoss Aoryoss, Eur
dx a0w wAnlonı, ns av Tıs durss an Dura:
TNTa, Eu Mara efanarunas. &c,
) Duaes enı Ts onouars, Cratyl, p. 49. zo,
Geſchichte des Plato und feiner Phil. 763
mälbe und Nachahmungen ver Dinge feyen, daß bie abs
geleiteten felbft durch ihre Zufammenfezung und Ablei⸗
fung, und bie.einfachen ober Wurzelwoͤrter felbft dur
ihre Elemente die Eigenfchafften der. bezeichneten Gegen
fände unsdrückten,; daß man alfo die Natur der Dinge
in ˖ ihren Benennungen auffuchen Fonne und müffe, und
bag man, wenn man biefes thue, in dem Grundſaze
bes Heraflit von der Wandelbarfeit aller Dinge beftärkt
werde, indem bie Ableitungen der wichtigften Wörter.
alle auf ven Gedanken hinführten: daß alles in einens
amaufbörlichen Fluſſe ſey. Die erfte Hälfte des Kratys
lus *) enthäle lauter Ableitungen ver Wörter und Nas
men von Perjonen, Göttern, Dämonen, Helden, Ges
ſtirnen, Elementen, Seelenfräften, Tugenden und $eis
Henfchafften, die alle dem Scheine nach beweifen follen,
dab bie angeführten Denennungen ber Natur der bezeich⸗
‚weten Gegenftände entjprechend feyen, und daß die Ep
er der Sprache, gleicd) dem Heraklit, an die Veraͤn⸗
— aller Dinge geglaubt haͤtten. Damit man
Aber feine Abſicht nicht verfennen möge, macht Plate
fo gegwungene Ableitungen, als fie vielleicht Fein So⸗
phift oder Herafliter gemacht hatte, gefteht dieſes afles
ſeibſt ein, und träge alle die Gegengruͤnde vor, die fich
feinem Verfahren nur ‚entgegen ſezen ließen, ohne fie
Durch den Sofrates, dem er feine Gefinnungen in bey
Mund legt, zu beantworten und aufzulöfen. Unter
Den gewaltfamen Ableitungen, wodurch er ähnliche der
Sopsiften oder des Kratylus lächerlich zu machen fuchte,
oder die er-ihnen gar abborgfe, hebe ich nur biejenigen
Beyſpiele aus, in welchen feine Abfichten. unverkennbar
find. Der Name des Bafchus (Asovueos), jagt Plato,
heißt
*) Von G. 4761. a
„64 Achtes Buch. Drittes Capitel.
Heiße fo viel, ald der Geber des Weins (5 dıdas rer zo
über Adnuscs P. 56.). Diefen Namen erhielt Batdı
tin Scherze; denn auch die Götter fcherzen gerne. Ve
Bu aber, fährt Sofrates zum Hermogenes fort,
ernjtliche Abfeitung dieſes Namens wiſſen willſt, fo nad
du andere fragen. — Der Mond Bat feinen Nam
aeAmn oder seAwzves& daher erhalten, daß er haufig fe
fiche verändert. Man nannte ihn seAx evreczem, m
de GeAus veov Te naı evvev exe, und dies Wort 4
man in seAareıe zufammen. — Beym Himmel, nf
Hermogenes aus, ein dithnrambifches Wort! —3
fein wie entſtanden bie fchönen Wörter Klugheit, Yo
ftand, Tapferfeit, und andere *)? In ber That, ab
wortet Sekrates, machſt bu ba eine nicht ummicie
Caſſe von Wörtern rege. Unterdeſſen weil ich einzd
Die Loͤwenhaut umgethan habe, fo muß ich nicht mp
gen, und ihren Sinn und ihren Urfprung zu erforie
fuchen. Ein jeder diefer Namen, mein Freund, &
daß die Erfinder der Sprache alle Dinge als beit
fließend angejehen, und als folche benannt haben. Tas f 5,
Klugheit oder Verftand (Decvnsis) heiße fo viel, ci:
Wahrnehmung des Fluſſes oder der Bewegung (2:5
veso e3i aaıcz yonsis), und Wahrnehmung fo vie. 3
die Ergreifung oter Demerfung deſſen, mas befiin
neu iſt, oder entſteht *). Das Wort Wiffeniht
(errısnpn) bedeutet die Seele, die ben fich fters ver»
NND
S Atmn 122e DD NM HEN —
U | 7)
2 ©. 57. 58.
“*) H r enec TB ves esw erıs. To de ver EHUTIT
TE, TNURNE YIYvcHEva a eo. TyrER
eDıecIas TTY Yuxm. KMUe To crcc 6 Yeuns
TNY VECETW. 8 YALE YCHaIs To XEXascy EX
AR ayrı TEN, ee edes Asyen receonm.
— — —
Gefchichte des Plato und feinge Phil. 765.
einden Dingen folge"), und Weisheit die Ergreifung,
‚Der Berührung des Tluffes der Dinge (von cas, tele
hes fo viel ald ogyen bedeutet, und vonez&@n). Tapfer⸗
Bit (avdesc) zeigtein Streben gegen den Strom der Ges
echtigfeit an, und man darf nur einen einzigen Buchſtaben
erauswerfen, um die urfprüngliche Geſtalt dieſes Wort
sieberzufinden (avgsa). Kunft (rexvn) bedeutet fo viel, ale:
ine Fertigkeit des Berftandes ; man braucht nur das hegs,
ars zu nehmen, und zwiſchen = und dem x, ein y, und.
em und 7 ein o fezen, um exeven herauszubringen. —
Bey biefer legten Ableitung Fann Hermogenes ſich nicht,
wiebrechen, die Anmerkung zu machen, daß fie. fehe:
uͤnſtlich und unnatürlich ſey; und. Hierauf antwortet,
Bofrates, wie alle Etymologiften, dag die meiſten,
Wörter durch Verfezungen, Wegwerfungen und Zufäs;
e.von Buchſtaben fo fehr verwandelt, und fich felbfk,
ingfeich geworden wären, daß fie nicht anderd, als
urch gewaltfame Operationen auf. ihre urjprängliche
form Fünnten zurück gebracht werben., Freylich fey e8;
ey der Freyheit, aus Wörtern wegzunehmen und Hins,
azufegen, was man wolle, nicht ſchwer, ein jedes
Bort einem jeden Gegenflande -anpaflend zu man
yes, allein du muft eö, ſagt Sofrates zum Hermoge⸗
es ; fo genau nicht nehmen, wenn du mich nicht abs
hrecken willft, eine der Fühnften und glüclichften Ablei⸗
angen vorzubringen ”*), Nachdem er dieſe und andere.
nen ähnliche Etimologien mitgerheilt hat, gefteht er
Ibft ein, daß man unmöglic) über die Bedeutenheit der
bgeleiteten und zufammengefezten Wörter, ober ihre
Vebereinftiimmung wit. den bezeichneten Gegenftänden.
etwas
*) Os Degopeos Tas mewyması dmonens Ti
Luxus N) u
e0) ©,89.
—
„66 Achtes Buch. Drittes Capitel.
etwas befriedigendes fagen fönne, mern man nicht %
Bedeutung der WWurzehwörter, aus welchen fie zufes
mengefezt, oder von welchen fie abgeleitet worben, #
kannt und dargethan Habe *). Alle Unterfuchungen &
ſo über die abgeleiteten und zufammengefesten Werk
fegen eitel und fruchtlos, fo lange man nicht bevoide
be, daß die urfpränglichen Wörter: ver Sproia
efbft bedeutend, und die Elemente, aus denen fie ie
ſtuͤnden, gleichfam von der Natur beftellte und allgeme
verſtaͤndliche Dolmetſcher der Eigenfchafften ver Dig
ſeyen. Man müfle denn annehmen wollen, daß ie
Soͤtter ſelbſt den Menfchen die erfien Wörter geh
vet, oder daß diefe von den Barbaren abflamms
‚ober daß auch) ihre wahre Geftalt und Bedeutung mew
es hohen Alterchums unerforfchli fen, welcher Is
ehte fich diejenigen zu bedienen pflegten, vie über ie
Matur und Bedeutung der urfpränglichen Wörter ii -
Rechenſchafft geben möchten. Es fomme ihm pe
ſelbſt Tächerlich vor, daß Buchfiaben und Spibenw
tũrſiche Auspräce und Nachapmungen wirflicher Dig
ſeyn folkten, und das, was er darüber fügen fin
fcheine ihm gezwungen und feltfam zu feyn; er nd
aber doch feine Gedanken vortragen, in der KHoffnmy
daß Hermogenes und Kratylus, wenn fie etwas beſſca
wüften, ed ihm nicht verfchweigen wuͤrdan. Er ie
merkt hierauf, daß der Buchftabe e dag natürliche Wat
zeug aller Bewegung, das , der Ausdruck vor Zeinke
dad A von Weichheit und Schlüpfrigfeit, das cv und f
und y und £ von zifchenden und raufchenden Dings
und eben fo alle übrige Buchflaben eben fo viele natin
che Zeichen, für eben fo viele wichtige oder wegentiikt
E
7 yo
*) S. 63.
ar) ib,
1
J
Geſchichte des Plato und feiner Phil, 36%
Eigenfchafften der Dinge feyen *). Nachdem er bie
Bedeutenheit der einzelnen Buchftaben erflärt hat, ſezt
n feine eigene Kunſt in Erftaunen; unterdeffen muns‘
tert er fich felbft zur Vorſicht in einer Unterfuchung auf,
wo es fo leicht fen, von fich ſelbſt hintergangen zu wer⸗
Seh **) Er fraͤgt hierauf den Kratylus, ob er bie
Sprache für eine menfchliche Erfindung halte; und ale
er biefes mit Ja beantwortet, fo fräge er weiter, ob
Kratylus glaube, daß es fich mit den Sprachfünftlern
wder den Erfindern von Wörtern eben fo, wie mit
Mahlern, Bildhauern und andern Künftlern verhalte,
waß fie nämlich einige ihrer Werke gut, andere mittele
#häßig , andere fehlecht gemacht hätten. Kratylus will
Dtefes Anfangs nicht zugeſtehen, fondern behauptet, daß
alle Wörter bedeutend, und den Gegenſtaͤnden, die fie
Vezeichneten, entſprechend wären, daß alfo Hermogenes
ft, eine der rebenden Perſonen, diefen Namen nicht
wuͤrde erhalten haben, wenn er nicht etwas von der Er⸗
errgung des Mercur an ſich hätte. Allein zulezt kann
Hratylus es nicht länger läugnen, daß es mit den Wor⸗
ers wie mit VPorträten fey, und daß jene bald mehr bald
veniger glückliche Abbildungen von Gegenſtaͤnden, wie
dieſe von Perfonen feyen 7). Dies werde, fagt So⸗
Prates, ſowohl durch die verfchiedenen Wörter, womit
efelbigen Gegenſtaͤnde belegt, und durch die verſchiede⸗
en Arten, wie diefelbigen Wörter ausgefprochen wuͤr⸗
ben als auch Durch die entgegengefesten Buchſtaben be⸗
miefen, aus welchen man biefelbigen Woͤrter gemifche
wurd zuſammengeſezt fände FF). So werde bas Abort,
- wom
+4) ©. 66.
3
nr ME, Deittei Karl
womt fe Atzonienſer Härte und Routhait aysbeh
zuAngerne, bon bei Einwohnsen von —2 or
TR — ‚und. in a Borte,.
Buchſtabe As;,der etwas glapteß- Aid geſchnie
Sie, „mit,den.tibrigen Elementen urik, ber Dede
des Worts,, ı Hieraus zieht, Sotatea den Cihluß
Gewohnheit und Verabredung (dos. per aurIing
fowopl, als Rackſicht auf die Matur der Dinge,
heil, an der Bildung von Wörtern, gehabt hätten,
ng man, diejenigen nicht ſiechtweg, bes um
Konbiaum fh, die, wie Herm und viele,d
jehaupteten,, ne Geliche oder j
ge Zufanmenfezungen ſeyen, bie in Des alöfüche
worden, um benjenigen, welche Gegenftände
ten, diefe Öegenftande anzudeufen, Daß. alfo auch
Yaran gelegen fey, ob Wörter Auf Diefa ober eine ı
Art gebildet ſeyen ). en on auch ai
wolle ‚daß die erſten Erfinder upb Fortbilder der
he bey der Bezeichnung aller. Gegenſtaͤnde auf die
tur. und Eigenſchafften derjelben, Rücficht genau
und die Beſtandtheile der Wörter, Buchftaben ı
Sylben, darnad) gewählt hätten, um dadurch ihr]
genfchafften auszubrüdten; fo müfle man. doch auf;
geben, daß bie Schöpfer von Morten fehlbare #
fehen geweſen fegen, welche die Gegenftände unndl
hätten anjehen ,.. und alfo auch unrichtig bezei
oder in ihrer Begeichnung ſich Hätten ef
' nu
r —
®) p. 66. ZvvInnure eva Tu ovenaroe, uou dy
Tois ourgeuevöis, medeides Tu Fre Yun
x eıvas Taurw 0edornre: svoumros, un
din Oegeu de adev, zu ve vis oynäutes, im
YUY OUYHESTEN, EMy TR Ka TEYRYTION.
Geſchichte des Plato und feiner Phil. 769
men *). So viel Wörter auch Kratylus und andere
führen pflegten, um zu beweifen, dag Woͤrter den
sgenfländen entfprächen, ober daß ihre Erfinder alle
inge für fließend gehalten hätten; eben fo viele Bey⸗
sfe koͤnne man ihnen entgegenfezen, wo Wörter ven
eichneten Gegenitänden wiberfprächen, oder auch auf
ı Gedanfen Hinleiteten, daß ihre Erfinder an’ die Uns
ndelbarfeit von Dingen, ober wenigftens an unwan⸗
bare Dinge geglaubt Hätten. So fünne man emı-
um viel bequemer daher ableiten, daß Wiſſenſchafft
fere Seele gleichfam auf den ‘Dingen. befeftige, als
5 fie diefelbe ihnen ſtets folgen mache, und eben fo
ienen die Wörter Brßasov, isopiw, nun, und
fe andere, auf das Stehen oder die Unmanvelbarfeit -
: Dinge hinzudeuten, Die Wörter hingegen, womit
ın im Griechifchen Umwiſſenheit ausdruͤcke, muͤſten
em Urfprunge nad) etwas ganz anderd bedeuten.
enn osuosIiee fen dem Scheine nach fo viel, ald'n re
© Tw Jew sovros Roeea, und aroAucıa ſo viel,
‚ anoAsdın ros menynacı. Wenn man alle dieſe
emerfungen zufammennehmes fo Fünne man nich
hr, wie Kratylus, hoffen, daß man das Weſen ver
inge aus der Zufammenfezung ihrer MWörter zu erfens
n im Stande jey, welcyen Einfall man auch noch
is dem Grunde verwerfen müfle, weil daraus folge,
ß die Erfinder ver Sprache die Natur der Dinge gar
cht Hätten erkennen koͤnnen, indem ihnen der Spiegel
efelben, die Sprache, gefehlt hätte. — Aus dieſem
zen Auszuge des Kratylus ſieht man nicht nur, dag
dato denjenigen nicht beyſtimmte, welche bie —
2.67. |
Zwenter Band. Ecc
770 Achtes Buch, Drittes Eapitel, '?
für eine Sammlung natürlicher Sebanfenzeichen hieta
deren Elemente die Eigenfchafften der bezeichneten &
genftände ausdruͤckten, fondern daß man auch vor u
zu Plato's Zeiten mehr über die Natur, Enrftehunga.
Beſtandtheile der Sprache geforfcht Harte, als fet is
MWievderherftellung der Wiffenfchafften bis Fur; vorm
fer Zeitalter gefchehen iſt. Ungeachtet die ne
chriftfteller über die Sprache ven Kratylus wenig ne
‚gar nicht genuzt haben; fo iſt nichts deſtoweniger E
wiß, daß er alles enthält, was fich über die Frage m
Der eigentlichen DBefchaffenheit und Natur articdin
Wörter fagen läßt.
Eben die Urfachen, lehrte Plato ferner, uch N
uns hindern, während unſers Aufenchatts auf Wir,
Erde, dem Schauplaze aller Vergaͤnglichkeit, die BI],
heit rein und vollfommen zu erkennen, eben dia] 1
dern uns auch, eine reine und vollfommne Süd | y,
keit zu erlangen, Unſer irdifches eben ſelbſt iſt #% kt
ftand der Zuͤchtigung und eines beftändigen Kuh: |,
unſer Leib gleichfam ein Grab oder Gefängnig it
fterblichen Seele, in welches fie herabgeftoßen mr
oder eine Schaale, und Felsſtuͤck, wodurch fie nt
ter Erhebung zurückgehalten und zur Materie fer] =
sogen wird *). Unſere Sinne, und die Bergnügmf
und Schmerzen, vie fie uns geben, find die Dial
oder Naͤgel, wodurch ber Geift an das Irdiſche?
Dergängliche gefeflele und gehefter, und die Begiertnd
feidenfchafften find gefährliche Kranfheiten , wer
der Geiſt vercörpert und dem Fleiſche dienftkur ?
ma
—
#) in Phaed. p. 25. 26. in Pbaedro p. 204. de
Vol. II. Lib. X, p. 330. Ilegıngac9esen m?
TO xc⸗ 05LE:
Geſchichte des Plato und ſeiner PHil. 1773 .
ht wird ). Wenn wir uns alfa einer reinen, oder
rer vormaligen Gluͤckſeeligkeit wieder nähern: wollen;
nͤſſen wir es auf oben dem Wege thun, auf welchetft
der ewigen Wahrheit entgegen geben Fonnen.: Miie
en uns bemühen, von der Erde ſo geſchwind als
lich zu entfliehen, ihre Freuden und Guͤter zu ver .
n, die Seele von bet Gemeinſchafft des Jeibes und
Sinne ‚: fo viel old möglich, zu trennen, und in ſich
F zu verfammien, bie ewigen Wahrheiten unauß⸗
ich zu betrachten, und endlich von ben Begierben
feidenfchafften, die durch Beduͤrfniſſe des Corpers
je werben, die nicht nothwendigen gaͤnzlich auszu⸗
'n, und nur die nothwendigen Auf:eine folche Art zu
edigen, daß weder ihre Nichtbefriebigudg Schmerz,
ihre Ueberfüllung unbändigen blebernſuth hervor⸗
gen Fontte **), In diefer Flucht des Irdiſchen, in
r Abziehung der Seele vom Chrper, und ver bes
jigen Anjerauung der ewigen Wahrheit, beſteht die
re Reinigung und Einweihung ber Seele.in bie er⸗
nften Geheimniſſe }), die wahre Aehnlichwerdung
| &ea =: 0:00 und
— — —
p. 33. in Phaedone. Or Enası] ndown Ka) Au
WOTFEL nAoy ENETH , MEOCnAol curnv eos To
Om , Roy WEOS WELVE, Kos Woiet doperoedn,
bofufscay raur& dAnIn ev, dirfeb ev Ku To
Guux Dr. er Yag TE önodofei Tu Tonarı Kay.
Fols RUTOIS.XOALENy- Ava YHRLeTe OO Cplo-
Hoöros TE Kos cuorRoDes yıyveodays Ks dich
undenöre es de vadagus wDıreodcir, aa νν
AvonNe TE CwuaTos ekıkvals u
1) Phaed. p: 26. & ſq. Theaet. p. 82. de Rep, Vill,
Vol.It. p. 196. IX, p. 238: en
) p. 26. 27, Phaed, |
vie re. 5*8*
#9) . . de, Rep. Vol. IE. Lib, VIER
Yu der erfern Stelle allärt er die Dom iih
Orav de ye aurn xad iur oxoaı, Wü
GBGereu ER To wavegov TE xcus cces av zen Al &
a. > NORTON ROH GORUTWS EXor. Rs ws auyyengik:.
“ " Burö, ed meriinene Te Yoyverag, orm
wu KT auriv yanrıı, xös Rekaure Gr
AVB, Kos Tepı exesva abs zoter TauTE
J Tas EX, ws Tosrav EDERTogern. Xu
" . worns To Ban Peovanis xenAnren
" Tr soPecourw, to mea Tas es Iuws fl.
„._ .enromeYar. p. 26. in Phaed.
2 +) Po xoe —ero de Denndews — un auf
u, PIBTIE MN TOTEN BKETN, Kos To or
da zrodwdus ke nis uder vus Bd’ Fe Tage
1) ib. & p. 82. in Tieaet, H pay ya vera,
..
.
u
a a “
Fu):
Ru: ;
4%
Geſchichte des Plato und einer Phil. .773
einer Freuden und Leiden iſt es nicht moͤglich, wahre
Seelengroͤße, Tapferkeit und Standhaftigkeit zu beſizen
and auszuüben 5); denn ſo lange man dem Corper ans
hängt, und ben Tod als eins der groͤßten lebel fuͤrch⸗
tet, ſo kann man die Furcht vor demſelben nur durch ei⸗
Me größere Furcht uͤberwinden, und Unerſchrackenheit
ft iſt eine Wirkung von Furcheſamkeit. Auf eine
nliche Arc entſtehen in allen Menſchen, die nicht wah⸗
e Weiſe find, Maͤßigkeit und Enthaltſamkeit aus dem
hnen entgegengefezten taftern. Man verlagt ſich gewiſ⸗
Vergnuͤgungen, um nicht groͤßere dadurch zu verlie⸗
m, und uͤbernimmt kleinere Beſchwerden und Uebeh,
A viel größerer überhoben zu werden %%),. Man bes
egt alſo Begierdeu durch andere Begierden, Befuͤrch⸗
zıgen durch andere Befuͤrchtungen, Schmerzen durch
Bere Schmerzen. Man tauſcht immer nur die Groͤ⸗
ers gegen vie Kleinern, und die Kleinern gegen bie
Fößern aus, und entbehrt ber einzigen wahren Achten
Unze, der Weisheit, um weldye man allein Stands
Tigkeit, Mösigkeit, Enshaltfomfeit, ‚und alle uͤbri⸗
k Tugenden faufen kann |). Der wahre Weifetrachtes
> nad) unvergänglichen Guͤtern, weiche des große
‚Üufe nicht kennt, und Hehe dingegen wit Verachtung
” diejenigen herab, nach weichen. bie übrigen Men⸗
2... ec ZZ. tm fcheu
dis, 00Dis nes ogery rd, N de ayvorc,
u Üıos nora nacnıcs avcopyus , obs. da mike desvo»
anres Te bonsons vs 0oPıca au Ev, FOÄıTınang
Önvasesuus yryvonevas Doerıncus, av. ds TEXYOAE
yauaol -
2 de Rep. Vol. I Lib, VL p: 8. p haed, pP 26.
mn) . |
Dik
714 Where Minh. Mifttes Caditel.
fen ſtreben. Tr bekuͤmmert ſich von feiner ce
Rindhelt an nicht um bie Wege, die zu Gericratäe
“oder Narhhänrferw, oder: andern. bffentlichen Verjum
hungsplaͤßen fühten. : Er hoͤtt amd ſieht nichts vo
ſchriebenen und ungefchriebenen Gefezen oder Zah
chluͤſſen, und: alles Wetteifern: marı öffentliche Ar
und Chrenftallen wied m, wie große Gaftmähler m
froͤliche Zuſammenkuͤufte, nicht einmal im Traumb
kannt. Er weißinichts weder von der neuern noch
der aͤltern Geſchichte feines. Vaterlandes, und mat
‘nieht eiämal; vaß · er nichts davon weiß, Er zieht
a nice res nee niche in der
Pelbſt mit feiner Unwiſſenheit zu prahlen, zurüd,
Ni er fie fuͤr nichtbwuͤrdige Kleinigkeiten Hält, bei
erkſamkeit nicht einen Augenblick verdienen.
»Weiſe vermeilt wir. allein feinem teibe nach une
Sterblichen; fein “Beift fehwebt- allenthalben ut
und ſenkt fich eneweder unter bie Erde hinab, oh
Nich auch über: alle Himmel.empor, um die Nail
‘jeden Weſens nuszufpähen, - Wenn er fich eis ®
Gerlcht verantworten , oder vor dem Wolke rein ik
fo ift er in der groͤßten Derlegenheit, und wir, a
Thales, da er in eine Grube fiel, fogar barbaite
Sclavinnen und vom elendeften Pöobel zum Gele
weil er von allem, mas zum gemeinen Leben aht
oder gewöhnlichen Menfchen vor den Füßen liegt, n#
weiß. "Er verachrer Hoheit des Standes, unermelt
durch mehrere Ständer fortlaufende Befizungen, ®
Ind Alterthum des Gefchlechts, ungeheure von enie
fen Voreltern Aufgehäufte Schäge, als Spielwert‘!
Kindern, worauf Fein großer himmliſch gefinnter &
ſtolz ſeyn koͤnne. Er fporter aller übrigen Künft 9
Wiffenfchafften, als unnüger Weibermäbrchen , ti
ge ausgenommen, die {hit lehrt, wie er fo gejit*
als moͤglich, im eine befiere Welt entfliehen fer
g
SIESFHZEETZS PETE _ _
Geſchichte des. Plato und feiner. Phil. 2735
Feine Verwandlung, keine Entſtehung und Unter⸗
ig mehr iſt *).
Das ganze irdiſche Leben des weifen Mannes iſt
jer, faͤhrt Plato fort, eine Vorbereitung zum Tode,
r ein Beſtreben zu ſterben, das heißt, die Seele
n Leibe abzuſondern **). Der Top ift nicht ein Un⸗
zang des ganzen Menſchen, ſondern nar eine Tren⸗
ig der. Seele vom Leibe, und weit entferne:alfo, daß
Zod-bem wahren Weiſen furchtbar ſeyn koͤnnte, iſt
hm vielmehr erwuͤnſcht, indem er ihn auf einmal
"allen Uebein befreyt,“ won welchen er fich während
es febens nicht ganz los "machen konnte, und ihm
verfchafft, wornach er biäher nod) immer vergebens
bre, naͤmlich eine voflfommne Erfennrniß der Wahrs
„ und einen ungeflörten Genuß ber reinften Gluͤck⸗
gkeit. Der Weiſe wuͤrde jelbft mit eigner' Hand bie
nden- zerreißen die feinen unſterblichen Geiſt an den
blichen Coͤrper feſſeln, wenn er nicht uͤberzeugt waͤre,
der Herr der Götter und Geiſter ihn zu feiner Beſ⸗
ng auf diefen Poften geftellc hätte, und daß er ala
Gigenthum und Diener der Sortheit:viefen Poften .
ergangener. Aufforderung eben jo wenig ohne Verbre⸗
ı verlaflen, als ein Selave ohne den Willen feine&
rn enrfliehen, oder ein Krieger von dem ihm ange⸗
ienen Poſten ohne ben Befehl, feines Feldherrn fich
ernen koͤnne.
Cec 4 + &chen
ı in Theaet. p. 81. 82.
) Phacd. p. 26. ho Keäeruua QuTre TETa ası Tan
- QiAoaopwv, Ausus nos Xweiapos \yuxns aa TR
awuaros. Siehe auch p. 32. Tota enim pbilofo-
phorum vita, ut ait idem, commentatio mortis of.
Tufe, Quaeſt. Cicer, I, 30.
” Eoninten ?).« Caift ein allg
MPlato in Phaͤdon an**), dag alles; mas
au untergeht, auͤs dem ihm entgegengefegten
‚bracht un: She 2 das ihm
Beiden, I feib. entftund.
—8 Past ine ai ac 3
pi N igften ©
— —— —
loͤnge ——— Ba koͤnnte, wenn fein nu
- den, die einfehliefen, wiederum erweckt würde;
‚fo wenig Fonnte etwas tebenbes übrig bleiben, n
les, —* — in einem Ce ZTodesfehlin
graben bliebe,
*) Cicer, Tufc, Quaeſt. T17. — ferunt, o
— — im Italia veniffe, &3
— de anims#
aeternitate non —— Kam den, —— quod
ras, ſed rationem etiam attuliſſe.
“) 6.27.28.
Geſchichte des Plato und feiner Phil. 779
WEben die Gründe, fährt Plato fort, womit matt
beweiſen kann, daß die Seele fchon lange vor dem
per eriftict hat, machen es im höchften Grabe wahr⸗
ſcheinlich, daß fie auch nach feiner Zerftörung fortdau⸗
ren werde. Denn ba bie Seele vor ber Bereinigung
mit dem Eörper, und ohne Huͤlfe deſſelben gedacht, ges
wollt und gehandelt hat, fo muß man Hieraus fchließen,
Daß fie aud) nach der Trennung von ihm gleichfalls werde
venfen, wollen und wirken können *),
Die Seele ift in ihren Wirfungen von den Cr
„ern und allen Aeußerungen cörperlicher Kräfte **)
‚gänzlich verfchieden, daß man fie unmöglich als gleiche
artige und benfelbigen Geſezen des. Untergangs unters
worfene Weſen anfehen kann. _ Alle wirkliche Dinge
fallen in zwo Hauptgattungen: in fichtbare und vers
»Önderliche, und in folche, die ven äußern Sinnen uns
wahrnehmlich, fich ſtets gleid) und unmandelbar find.
Zur eriten Gattung gehören unfere fterblichen Leiber,
"und alles, was in ver Natur aus mehrern Beſtandthei⸗
len zufammengefezt if. In die andere muß man bie
Sottheit, und die im göttlichen Berftande von Emigfeit
Ber vorhandenen Urbilder aller Arten und Gattungen
Yon Dingen fegen. Mit den leztern find unfere Seelen
entweder gleichartig, ober ihnen boch näher verwandt,
als dem vergänglichen Coͤrper. Alle ihre eigenthuͤmli⸗
chen Borzüge und Kräfte zeugen von einem höhern Ur⸗
fprunge, ober von einer göttlichen, wenigftens von einer
Der göttlichen mehr, als der eörperlichen fich nähernden
Natur. Das Gedaͤchtniß, welches eine Unendlichkeit
von Vorſtellungen umfaßt, Verſtand und Vernunft,
Cee5 wodurch
——— —ee e [U rrr
%) Phaed, p. 30.
“") ©, 31. in Phaed,
»-
‚ah ing 4
ETF Boß ——
ai a a ee
uͤrfe vorbringen ——— —
g ih Den kl Dr Seen le ter ke
‚Seele mit der Harmonie einen: te
ier vergleichen,
saledann annehmen, daß die Seele, die in, einer Hu
‚nie. oderivollfommenen — aller Beſ
theile des Cotpers beſtehe, mit dem Cörper —
eyes. und alſo auch mit dem Ehrper untergehen
—68 wie die Harmonle einer feier, fo entzuͤckend, go
imnd unſichtbar fie auch immer fen, dennoch *—
Genie feiet,;gerbrochen werde. +». Ein. anderer Eimun
iſt dieſer, daß die Seele zwar ı eine viel rosa
und, auch dauerhaftere Natur, ale der Corper fen.de
‚Mman:fie aber deiwegen nicht gleich für ein auwvergän
ches Weſen erklären koͤnne *). BEER —
— — — — —
Nn Phacd, ©. 34. 35. kai
⸗ñi
Gewichte des. Plato und feingr. Phil. 79
ſich mit ver Seele und dem teibe; wie mit einem Weher
and den: Kletvungsftüden, die er für fich verfertigt.:
Der Leber fen unitreitig beffer und dauerhafter, alß
ein jedes der Kleider, das er mache; allein nichts deſto
meniger werbe er, nachdem er viele Kleider verbraucht hapg,
von dem lezten gleichyfam überlebt. Auch die Seele konne
alfo vollfommner und ausdaurender, als der, Körper
ſeyn, aber doch von irgend einem festen Körper; aufgerie
ben werben, nachdem fie vorher viele ‚andere aufgerir⸗
ben hätte. — Den erften Einwurf wiberlegt Plato mit
bren Gründen *), Man: fonn zwar, fagt er,. ‚dei
Coͤrper mit einer feier, :aber die Seele nicht mit bar
Harmonie einer teier vergleichen; benn Die Seele iſt yi
kiter, als der Eörper, da die Harmonie eines feier 4
mit ber feier ſelbſt entſteht. Waͤre die Seele des Men
ſchen weiter nichts, als eine gewiffe Harmonie des Chr
pers; fo würde eine jede Seele, fo lange fie forthauert,
Feiner Disharmonie oder Berfchlimmerung fähig, und
Alle Seelen wuͤrden gleich gut feyn. Auch würde alss
bann ihre Gefundheit und Harmonie nicht darinn beſte⸗
ben, daß fie fich den Bewegungen des Corpers entge⸗
genfezte, fondern daß fie mit ihnen übereinftimmte,
welche Uebereinſtimmung aber mit den Regungen des
Coͤrpers ihre gefährlichfte Krankheit ausmacht. n
- Den zweyten Einwurf hebt Plato durch feinen 6%
zühmten Beweis, daß die Seele ein felbftjtändiges Prinz
eipium aller Bewegung und des tebens fey; ein Gedanke,
ben die meiften alten Weltweiſen fehon gehabt, abet
nicht fo angewandt und gebraucht hatten **), Mur das⸗
jenige, fließt Plato, Fann aufhören zu leben und bey
| wegt
*) S. 360 33. |
#*) in Phacd. p. 42, inPhaedro p. 263. Cicer. Tufe. quasff,
1, 23. de Senedt, c. 21. Somnium Scip. c. 8. M
795: Metes Buch, Drittes Capitel
wegt zu werden, was bon etwas anderm bewegt und be
ſeelt wird, ober den Grund feines Lebens und feiner B
wegung außer fich felbft hat. Die Seele des Menſqh
Kann alfo nie aufhören zu leben und thärig zu far
‚weil fie die Duelle des tebens und der Thaͤtigkeit, M
—— von allen Dingen außer ihr unabhängige
Vrincipium der Bewegung in fich ſelbſt hat. Alle Ce
‘per, in denen Feine Seelen wohnen, find ohne teben mb
Thaͤtigkeit, und beyde finden fich) Hingegen in Denen p
farnmen, welche durch Seelen :beivegt werben. M
folche felbftftändige Principia von Leben und Thäriet
Mröffen Seelen nothwenbig ewig und unbergänglich far
—* ſich ſelbſt nicht verlaſſen, aus ſich feibſt mi
rausgehen, und Coͤrper ihnen das nicht nehmen fie
ten, was fie ihnen nicht gegeben, ſondern von is
—8ñ erhalten haben, und noch ümme 8
.:. Die legten, und wie ich glaube, dem Plato
‚Kgenthämlichen Gruͤnde für Die Unſterblichkeit der Ex
find diejenigen, welche er im zehnten Buche feiner %
publik vorgetragen hat *). Nicht einmal unfer Corm,
bet er, leidet durch) die Verderbniß von Luft, ar
ahrungsmitteln, ober andern äußern Gegenftänte,
wenn diefe ihm nicht ihre Verderbniß mitcheilen. ad
Die Seele alfo kann weber durch die Krankheiten, md
durch den Tod des von ihr verfehiebenen Coͤrpers leiden
wenn diefer ihr nicht fein Berderben mittheilt, das heik,
wenn er fie nicht Franf und lafterhaft macht. Nun he
aber noch Fein Menfch geglaubt, daß Krankheiten ode
der Tod des Eörpers die Seele verfchlimmern oder
flechaft machen; allein wenn man dieſes auch zugehen
wollt,
Runen eususssausnansun gu
*) Lib. X, 324328.
zo ma u urn DD TAT I BD m on m
Gefchichte des Plato und feiner Phil. 788
offte, fo würbe doch baraus niche folgen, daß bie
jeele durch die in ihr hervorgebrachte tafterhaftigkeie
sich dem Körper vernichtet werde. Denn mit bee
jgele ift es nicht, wie mit allen cörperlichen Dingen,
durch innerliche Uebel und Verderbniß allmälich aufs
rieben und zulezt vernichtet werden. en
er innere Derderbnig der. Seele vernichter fie allein
ht, fondern gibt ihr meiftens eine gewiſſe Thaͤtigkeit
d Munterfeit, die man felbft in den gefundeften und
jendhafteften Seelen nicht bemerkt. Da alfo bie
eele weder durch innere noch) äußere Uebel und Ders
:bniß zerflört wird; fo folgt hieraus, daß fie ganz uns
ftörbar und unvergänglich fey. |
Nirgends ließ Plato feiner Einbildungskraft einen
yern Lauf, als in den Schilderungen der Schickſale
jefchiedener Menfchenfeelen, Die er unter mancherley
Ideen und Allegorien vorftellt,. welche zwar in Klel⸗
Feiten von einander abweichen, aber doch in ben
Htigften Puncten zufammenftinmen. Sch habe aber
on zu viel Platoniſche Fietionen, und felbft von des
t, in welchen er die Belohnungen und Strafen ver
eſchiedenen Seelen darſtellt, einige weitläuftig anges
et, und ich will daher die noch nicht berührten von
em fchönen oder muftifchen Gewande entfleiden, und
: die Hauptgebanfen, bie bey ihnen zum Grunde lies
‚ mittheilen *). Pilato bringt alle abgefchiebene
elen in Näcficht auf ihren Werth oder Unwerth,
‚auf die Belohnungen und Strafen, die je zu ges
warten
) Man fee Phaed. p. 32. 33. 43. 45. Phaedr. p. 203.
Gorg. 332. 33. Tim. p. 482. vor allen andern aber
de Rep. Lib. X, Vol, IL 33. & fq. Ohne bie leztere
— wuͤrde vieles in ben uͤbrigen unverſtaͤndlich
u.
Mn tDıin.Phacdı pr 38 34: 49: impu as·
mu
—
der Gotter aufgenommen, weil volkommen
ten, wie die Gottet, nur mie vollko munen ra
aturen Gemeinſchafft Haben kdnnen “Solche
Seelen werden nach ihrer Trennung von
tweder auf bie wahre Erde, oder auch im ander ie
ige Wohnungen verſezt, wo ihnen das Gute, marfl
than haben, Fehnfach vergoſten wird, Mady ent
I aber von tauſend Jahren dem zehnfachen 20
im bes längften menfchlichen tebens , Fommen fie jet
Mahl eines neuen irdiſchen febens, wo fie alsdann Fe
— —— an
N ep .· 32.
Geſchichte des Plato und feiner Phil. 7837
ens in die teiber fleißiger und fanfter oder arbeitfamer
biere einfahren, deren Natur mit ihrer Gemüthsant
am meiften übereinftimme. In viefen ober äh
lichen Eörpern verweilen fie fo lange, bis fie von aller
Anhänglicyfeit an der Materie garız befrent find. - We⸗
tiger glücklicy find die Seelen ſolcher Menfehen ,- die
Während ihres irdiſchen Lebens ohngefaͤhr gleich viel Cs
tes und Pofes ausgeübt haben. Diefe Seelen wohnen
"am Ucherufifchen See, und empfangen für ihre böfen
Thaten Die Strafen, und für ihre guten die Belohnun⸗
"gen, die fie verdient haben. Unter den lafterhaften
Seelen hingegen werben dirjenigen, die heilbare obe®
derföhnliche Verbrechen begangen Haben, in den Tartas
zus geworfen, und fo lange gequälc, bis ſie von denje⸗
migen, Die fie einftens unglücklich machten oder beleidige
zen, Dergebung erhalten haben *), Alsdann kommen
auch fie, wie die tugendhaften und zweydeutigen Sedien,
ur Wahl eines neuen lebens, und kehren meiflens in
Wie teiber von geilen oder reißenden Thieren ein. Diss
weilen aber nehmen fie durch die Martern, die fie aus⸗
geftanden haben, gewarnt, ein befleres Loos, als fie in
ihrem vorigen .teben hatten, fo wie tugenphafte Seelen
nicht felten aus Uebereilung ein ſchlimmeres ergreifen,
Die Seelen folcher Boͤſewichter aber, die viele unfchuls
Dige Mienfchen getoͤdtet, oder Städte zerſtoͤrt, oder
Tempel beraubt haben, werden auf ewig **), und ohne
Hoffnung des Erldfung, in den Tartarus geſtuͤrzt. Auch
Ä dieſe
®) in Phaedone p. 45. In der Republik ſagt Plato, daß
fie zehnfache Strafen für Ihre Vergehungen leiden
muͤßten, und dag fie alfo erſt nach taufend Jahren
wieder vom Tartarus audgeworfen würden. |, c.
—
unier uutu er dat feine (Oft Pa ı
wahrſcheinlich, ober hat feine als Fi
tet, jo wenig aniegenbes für die Einbildu
das Ideal eines vollkommnen Staats, de
Republik **) entworfen hat, und von wel
"de Rep. 342 ©.1.c.
®*) Seine zwölf Bücher von ben Gefezen er
"falle das Ideal eines wohleingerichteten
aber, wie er felbft fagt, viel weniger vı
als dasjenige, was er in feiner Mepul
habe. (deLeg.V. 552.) Dies weniger ı
iſt meiſtens nach Kretifchen und Spartani
gebildet, umd hauptſaͤchlich in der Abſich
feat worden, um die Mängel der Atheı
feje zu zeigen. In dem Gtaate, den $
Befezen beſchreibt, duldet er fefte un
Ehen, Eigentpum, und fogar Ungleichhı
ungeachtet er alle Ländereyen in 5460 gi
veräußerlide Abſchnitte zerlegt, und an
Bürger oder Zamilten austheilt. Nach
nen Ungleichheit der Güter nimmt er vie
Bürgern an; gebietet aber zugleich, di
hoͤchñ ens viermal fo viel als der geringfte
554, p.) , Er unterfagt zwar Känfte
Gefchichte de Plato und feiner Phil, 785
fteht, daß es fich vielleicht nur im Himmel, aber nies
als auf der Erde wirklich finden werde *). Kein ans
rer Weltweiſer fah die Mängel und Mißbräuche der
ruͤhmteſten Staacoverfaſſungen jeiner Zeit, befonders
r Krerifchen, Spartanifchen und Achenienfifchen volle
mmner und richtiger ein, als Plato: feiner ſchilderte
treffender , und lebhafter, als eben er; aber Feiner
r auch unglücklichee in Entwürfen einer untabelicyen,
er doch befiern Regierungsform, als die verdorbenen
difer Öriecyenlanves in feinem Zeitalter hatten. Geis
Republik wurde daher in den folgenden Jahrhundere
ı ein philofophifches Mährchen, und eine fprichwörts
ye Redensart für unmoͤgliche Entwürfe und Unternehs
ingen. Plato cheilte die Bewohner feiner Nepublik in
y Claſſen ab; in den regierenden, in den Eriegerifchen
d den arbeitenden Theil. Don den Häuptern verlangs
er, daß fie wahre Weltweiſe, das heißt, beftändige
Weber die Erziehung der Weiber redet er eben fo, wie
in feiner Republik; (575 579.) gegen bie Dichter iſt
er aber nachgiebiger. Wenigſtens nimmt er Luft» und
rauerfpiele auf, wiewohl er fie einer fehr ſtrengen
— Pruͤfung unterwirft. II. 523. Die Regierungsform,
. die er in feinen Geſezen als die beſte billige, iſt eine
ſtrengere Ariftofratie, als die Selonifhe, aber doch
nicht fo nahe an Diigarchie graͤnzend, als die Spartas
nifche zur Zeit der hoͤchſten Gewalt der Ephoren war.
(VI, 557. & fq.) Zu den fchönften Abfchnitten feiner
Geſeze gehört der Anfang des dritten Buche, in wel⸗
chem er von den Revolutionen bes menfchlichen Bes
ſchlechts, beſonders von der NBicberentfichung bürgerlis
her Geſellſchafften nach großen Revolutionen der Nas
tur vortreff lich handelt.
Lib. IX, in fine p. 282, Vol. Il,
Ä *
Zweyter Band. Dooe
E FERN wie, im ige "_ ‘
786, Achtes Buch. Drittes Capitel,
Beſchauer ber. himmlifhen und VBerächter ver irdi
Dinge feyn follterr, und daß fie jich zu Iren (in
—— ———— der
säıb Groͤßenlehre anderer Mathemati W
Wofften vorbereiten möften ). So — un
Ausforuc) Flingt: daß Bölfer nur alsdann glüdicy
den würden, wenn ihre Regierer entweder wahre Wa
weiſen, ober Wehweiſe die Negierer von Mationen wi
den; fo enthoͤlt er nichts deſtoweniger eine. der ehe
Ungereimtheiten des Plate, wenn man das Wort Wi
weiſer in. der Bedeutung nimmt, in welcher es von
. genommen wurde. Plato begnuͤgte fich niche
in der Geburt zu erfiiden; fondern er fü
der Guͤter,
der ein, damit alle Mitglieder des Staars ſich ⸗
einander, als Vaͤter und Kinder, als Brite
Schweſtern, als Männer und Weiber, oder als
verwandte lieben möchten **). Er verwies alle blogub
ahmenden Dichter, das heißt, diejenigen, Die we
and Trauerſpielſchreiber alleriey Menſchen in ihren
Een erfcheinen und veven liegen: nicht weniger vi
gen, die gleich ven Epijchen Dichtern,
und Erzählung mit einander vermifchten, oder hai
ährem eigenen, bald in anderer Namen redeten; wer
behielt nur ganz allein die bloß erzäplenden ben, mh
entweder Loblieder auf die Sortheit, oder vie mufehe
TEE MM TE ER m —
=
1
a
®) Vol. I. 388. II. 94. 98. |
®*) ia Tim, p. 473. deRep.Il, Vol, 334,
J
Geſchichte des Plato und ſeiner phil. 787
Thaten großer Männer, oder auch die fehren der
gend fangen *). Plato glaubte die erftern deßwegen
ht dulden zu koͤnnen, weil fie Götter und Helden auf
e ihrer unwärdige Art reden und handeln ließen, und
Seelen der Menfchen mit verderblichem Aberglauben
»Irrthuͤmern erfüllten, ober weil fie dadurch, dag
ſich in den Charakter böfer Menfchen verfezten, ihren
nen Charakter verbürben, oder weil fie endlich durch.
Doarftellung der Heftigften Ausbrüche von leidenſchaff⸗
in außerorbentlichen Menfchen eben dieſe ſchaͤdlichen
muͤthsbewegungen in ihren Zuhörern oder fefern naͤhr⸗
und ftärften. Plato unterfagte auch allen übrigen
nftlern das Vergnuͤgen, ſich den: Gränzen feines.
aats zu nähern, und nahm felbft die Muſik nur als
nuͤzliche, Seelenbildende Kunft auf **). Za er vers.
nte fogar die Aerzte, welche Kranfheiten durch Arz⸗
on heilten, und fezte es als eine Regel feſt, daß es
diejenigen, deren Geſundheit nicht durch, Diaͤt und;
ungen erhalten und: wieberhergeftelle werben koͤnnte,
vfey, zu fterben, als zu leben, indem fe ſich ſelbſt
Laſt und unbrauchbare Mitglieder des Staats
nt). Aus eben ven Gefinnungen floß das Gefez
‚ daß man nur die fehönen und gefunden Rinder-ere
en, und die ungeflalten oder. Fränflichen ausfezen
e tt). Endlich befahl Plato, den Maͤdchen einerley
Dopd2- - rn. Es
ı de Leg. II. p. 523. de Rep. Vol. I, 140. 164. 170»
192. Vol. Il. 220. 296. 300. 306. 312. '316. las
to brauchte alſo in feiner Mepublit dag Wort kuunass
iu einer fehr augen Bedeutung; in ben Geſezen bins
gegen nimmt er es Im gewöhnlichen Sinn, U, 526, 37.
) Vol. I. 19% u
I. Vol. p. 216, Ä rn
) 354. ib,
falle in einer Schrift, im welcher er fei
ad den Neichthum feiner Phantafie ı
Waptheirsliebe zeigen wollte, vorgetrag⸗
wöögt ſelbſt für wahr und ausführbar gef
mer weniges zu verwundern, als daß er
einen Pläz-yeberer habe, wo er eine M
ter Art errichten fonnte, oder daß er e:
dögefchlagen, ihr Gefesgeber zu werden
nicht vorläufig verfprächen, Gemeinſchaf
Weiber unter ſich einzuführen **).
neh wunderlichen Träumen zog Plato doc
Stäatömärmer‘, Gefesgeber , Heerfü
freyer ihrer Vaterſtaͤdte }), wiewoht
vorwarf, daß nicht weniger Verraͤther u
®) ib. 340. & ſq. Seine nuͤzlichen Geſez
den Wottesdlenft. Er unterfagte a
prächtige Opfer und Geſchenke foge
Gottesdienſt, und gebot, daß man
meiften durch Reinigkeit des Herzens
Opfer ehren folle. de Leg. X. 413. X
ee) Diog. II. 21. &ibiMenag. Ich haft
Geſchichte des Plato und feiner Phil, 789
ree Mitbürger aus feiner Akademie hervorgegangen
ären *).
In dem Zeitraume nun, den ich in diefem zwey⸗
n Bande befchrieben habe, machte ver menfchliche Geiſt
größe und fehnelle Fortgänge, als er nur jemals wies
r gemacht hat, und machen wird. Die Theorien aller
onen Künfte, die Beredſamkeit, Staatsfunit und
;prac)funde wurden nicht nur zwifchen der achtzigften,
id hundert zehnten Olympiaden erfunden, fondern ers
ichten aud) beynahe ven höchften Grad ihrer Bollfoms
enheit. Die Medicin empfing durch den Hippofrates
te wiſſenſchafftliche Geſtalt **). Faſt alle Theile der
. ODdd3 Mas
”) Atben. XI. c. ult. p. 508. 500. Wahrſcheinlich iſt das,
was Athendus an biefer Stelle dem Plato vorwirft,
eben fo wenig ganz wahr, ale was er ibn an andern
zur Laſt legt. Aus Mangel von zuverläffigen Nach
richten kann man aber doc die Falſchheit einer jeden
Beſchuldigung nicht daran, . -
“*) Unter den Schriften, bie den Nameg pre Hippofras
tes tragen, find mehrere, bie philoſophiſche Mey⸗
nungen enthalten. Sicher gehoͤren beſonders folgende:
Tleeı wexwv 7 oagrav, Treeı Ducews gvIewrs,
und 7regı dieurns. . Die bepben erftern halte ich fir
ächt, indem. bie Schreibart ſowohl, ald bie darinn vot⸗
kommenden Gedanken fp befhaffen find, wie man fie
von einem großen Manne aus bem Zeitalter des Hip⸗
pokrates erwarten Pany. Der Verfaſfer dieſer Bücher
redet vom Jeguov oder Feuer, und von einer gemeine
fhafftlihen oder allgemeinen, und von einer bes
fondern Vernunft ganz im Heraklitiſchen Sinn.
Ilee; xexay cap, 1, & mes Bvorus wrYgume
e. 1. Außer dem Teuer nimmt er noch Elemente an,
bie er moseacs nennt, und aus welhen er glaubt „ daß
alles entflanden fey, als zu einer gemiffen Zeit durch
eine
-
"oo Achtes Buch. Drittes Kapitel.
Mathematik erhielten beträchtlichen Zumachs : worzügkh
die Erd, und Sternfunde, die Mechanik, und Chrom
logie, welche Wiffenfchafften Meton von Achen , Arte
tas von Tarent, Eudorus von Knidus, Timaͤus w
vokri, und andere Pythagoreet mit den wichtizie
Entdeckungen bereicherten *). Am -meiften aber mu
| *
eine Kraft oder Natur, die er nicht nenut, berwik
Urftoff in Bewegung geſezt wurde, oͤrn era;
Sn narre. Das dritte Wert E01 dans
ſcheint mir aus mehrern Gründen untergeichobe, #
den Sprache ſowohl, ald Gedauken von denen a
übrigen Hippofratifhen Schriften ganz verfäuk
ud. Der Berfaffer, der vielleicht gleich nad is
Hippofrates lebte, nimmt nur zwey Elemente, un
Zeuer und Wafler, an. Lib.I.c.4. Das ans
hebt er eben fo fehr, als Kippofrates Lib. I. «nl
12. und hält es fär einen Hauptbeſtandtheil, im
aller Äbrigen Dinge, alfo audy der Seelen, übrwk
er feltfame und widerfprehende Mepynungen bie
(Lib. I. c. 8.18. 22.23.) Ungeachtet ee fie aufs
fer und Teuer gemifcht glaubt, und die Verſchiecze
ihrer Mifhungen für die Urſache der Berfhidc
ihrer Faͤhigkeiten und Anlagen hält, ungeachtet c
gar behauptet, daß bie Seelen wie die Cörper wica
und genährt würden; fo fagt er doch zugleich, 1:3 %
Seelen in Menſchen und Zhieren gleich, und vun
Bern Begenfländen unabhängig feyen.
*) Die Berdienfie diefer Männer , die alle Zuiteer
fen des Sokrates oder ‘Plato waren, muß mann!
Geſchichtſchreibern der Sternkunde und der Mittm
tif Äberhaupt aufſuchen. Die drey leztern waren ®
thagoreer, wie Philolaus , und zugleich beriks
Weltiweifen, bie mehrere eigenthuͤmliche Meyume
hatten, von welchen aber nur wenige erbalten we
find. Die Ausfpräde des Archytas, eines gi
Keerführere und Staatsmannes, der aber zuglid iz
up
Geſchichte des Plato und feiner Phil. 791
e Wiſſenſchafft des Menſchen erweitert. Sowohl die
Sophiften, als Sokrates und Plato erforſchten die
datur der Empfindungen, die Unterſchiede und das
ſtaaß menſchlicher Kräfte, die Entſtehung und Des
yaffenheit der Begierden und Letvenfchafften, den Werth
id Unwerth der verfchievenen Dergnügungen und
schmerzen, endlich vie Nuͤzlichkeit und Schädlichfeig
er Tugenden und tafter fo richtig und tief, daß über
ehrere dieſer Punete den nachfolgenden Gefshlechtern
che viel neues zu beobachten und zu ‚fagen übrig ges
eben if. Am wenigften gewann in dieſem Zeitraume
: Kenntniß der Natur und des menfchlichen Corpers.
enn ungeachtet man in benden Ordnung, Schoͤnheit
d Zwecmäßigfeit genug wahrnahm, um daraus eine
erfchütterliche Weberzeugung von dem Dafenn einer
ifen, gütigen und mächtigen Gottheit zu ſchoͤpfen,
blieben dennoch dem Plato und feinen Zeitgenoflen die
hren Größen, Entfernungen und Bewegungen. ber
ftirne, die Urfachen ver merkwuͤrdigſten Naturerfcheis
Ddd 4 uunger
ungen Mitbuͤrger buch Rath und Lehren auftlärte
und befferte, (Arift. ap. Achen. XII. ı2.) über bie
Bewegung ded Ganzen und bad Leere ſtehen beym Arts
ftoteled M. Probl. ı5. 3. p. 127.. & Simpl. in Arift.
Phyf. p. 108. Eudoxus hielt das Vergnügen für da&
hoͤchſte Our, und den Schmerz für das hoͤchſte Uebel,
und zwar aus eben den Gründen, welche Ariſtipp un
bie Epikuräer für diefe Meynung vorbrachten. X. 2.
Ariſt, Ethic. Keinem andern aͤchten Pythagoreer ſcheint
Plato ſo ſehr gefolgt zu feyn, als dem Philolaus, der
die Präeriftenz der Seelen behauptete, und das irdiſche
Leben für einen Zuſtand der Strafe biele, den mar
aber doch nicht ohne den Willen des Gottheit verlaffen
bie. Clem. Alex, Lib. Ill. 518. & Plat. in Phacd,
t. |
“
793 Achtes Bud. Dritted Eapitel,
nungen und die Beftimmungen ober Gefchäffte der wi
tigſten Theile des menfchlichen und der übrigen the
Coͤrper unbefannt. Wenn man nun den Gm
der Griechen an Aufklärung mit ihrem Verluſte an is
genden und Gluͤckſeeligkeit zuſammenhaͤlt, fo kann na
feinen Augenblick jwenfeln, daß die Griechen um ix
achtzigfte Olpmpiade ohne alle Bergleichung glüdlihe
und mächtiger waren, als um die hundert und zem,
und daß alle Volker Griechenlandes weit mehr geſchoh
und ihre Sitten weit mehr verborben , ald Künfte m
Wiſſenſchafften vervollfommnet wurden,
Erfie Beylage.
Hı ©eele, fagt Plato, (in Phaed, p. 202. &H)
ft einem Wagen gleich, der mit geflügelten Pferub
fpannt ift, und von einem Fuhrmann geleitet wirt. %
Pferde ver Götter find eben ſowohl, als die Tut
untadelih. Allein in unfern Seelen find fie un»
milchter Natur. Die Sührer des Wagens find #1
ohne Sehl; und das eine Pferd ift auch von guie =
edler Art, allein das andere ift wild und unbezähmt. e?
eben bewegen wird uns das Fahren fo befchmeik
So lange unfere Seelen noch unverdorben und wis
gelt waren, durchführen und regierten auch ſie un
allerley Geſtalten den ganzen Himmel mit. Yir
aber ihre Fluͤgel verloren, fanfen fie fo fange, b#W
an vie Materie oder Coͤrperwelt gelangten. Hier a
men fie einen irdiſchen Leib an, theilten ihm Leben we
Bewegung mit, und wurden mit demfelben zu eins
fterblichen Gefchöpfe zufammengehefter. Ihre Filz
aber verleren die Seelen auf folgende Art. — 3
Kraft der Flügel, wodurch die Seelen fi) bis zu ?
a
a u en rn En ET OP TH u 3 ER —
=
Geſchichte des Plato und ſeiner Phil. 793
sohnungen der Goͤtter emporheben, wird durch dag,
18 göttlich und ſchoͤn, mas weiſe und gut iſt, geftärft
id genährt, und hingegen durch das Häßliche, Boͤſe
f. m. vermindert und geſchwaͤcht. Der große Fuͤh—⸗
e des Himmels nun, Jupiter, fährt mit feinem gefluͤ⸗
en Wagen um die Welt, die er regiert, und ihm
Igt das ganze Heer von Göttern und Dämonen in elf
stheilungen nah. Mur die Befta allein bleibt in der
ehauſung der Götter zuruͤck; die übrigen Götter und
oͤttinnen aber, die zu ben zwolf regierenden gehören,
hren ein jeder Diejenigen Seelen an, denen fie vorge⸗
t find. (Plato will hiemit weiter nichts fagen , als
ß die Seelen ſich mit den Geftirnen, über welche fie
rtheile waren, durch Die Räume der Himmel beweg⸗
1.) Auf diefer Weltreiſe bieten ſich den unfterblichen
oͤttern taufend überjchwenglich fehöne Gegenftände und
uftritte des Himmels dar, an welchen fie eine jebe
'eele, Die ihnen nachftrebt, ohne alle Mißgunft Theil
hmen laffen. Wenn fie aber zu einem wahren Gaft
ale gehen wollen, fo feigen fie zu dem oberfien Gewoͤl⸗
des ‚Himmels empor , wohin fie auch wegen der
chtigkeit und des Gleichgewichts ihrer Wägen, und
r tenkfamfeit ihrer Pferde ohne Mühe gelangen. Die
rigen Seelen hingegen ftreben nur mit der aͤußerſten
eſchwerde nad), weil das bofe Pferd, wenn es vom
uhrmann nicht gut gehalten worden ift, den Wagen
ıch der Erde hinab zieht; und fie müffen alfo alle ihre
räfte anwenden, um den. Göttern nachzufonımen,
Zenn die unfterblichen Götter die Höhe des Himmels
reicht. haben ; fo ftellen fie fich auf den Nücten des -
mmliſchen Gewoͤlbes, und laffen ſich von feiner Des
egung herumführen. In diefen uͤberhimmliſchen Ges
den erblicken fie Schönheiten, die Fein Dichter bes
ngen hat, und würdig befingen wird, und von denen
an alfo auch nur fehüchtern und unbefriedigend lallen
Ddd 5 kann.
fann. Hier wohnt namlich das Wefen ver Wein,
was weder Farbe, noch Figuren, noch Feftigkeit he,
das nur allein vom Derftande, dem Megierer der Se,
‚angefchaut werden, und auch der einzige Vorwurf ib
ter Wiffenfchafft feyn fann. Die vollfommnen Gerda
der Götter und eine jede andere Seele , die von den,
mas fie fehen foll , nicht zurück geftoßen wird, meh
ſich fo ange an der ewigen Wahrheit, bis der Himmd
fic) eininal herumgebrehr hat. Hier [hauen fie diem
ge Gerechtigkeit, Weisheit, Klugheit und Wiffenfhoff
nicht diejenige, welcher Vergänglichfeic anklebt, m
die in andern anders iſt, fondern die eigentliche um
delbare Wiflenfchafft an. Wenn nun die Götter I
Weſen ver Wefen gefchaut haben, laſſen fie fich Die
des Himmels nieder , binden ihre Pferde an Ara
feft, und nähren fie mit Vteftar und Ambroſia. I
ter den übrigen Seelen fonnen felbft die beften, den
Göttern am ähnlidyjten find, wegen ihrer unrua
Pferde nur kaum ihre Häupter über den Himmas
por heben, und das Weſen der Dinge betrachten. &
nige heben fich bisweilen empor, fallen aber gleiche
ber zurück , und fehen daher nur einiges, indem im
eben fo vieles unbefannt bleibt. Der größte Thin
müdet unter den Beftrebungen in die Höhe zu fommuf . °
geräth darüber in Unorönung, und im dieſem Gem
mel werden viele verwundet, und ihrer Flügel berak
Sie müffen daher des Anſchauens des Weſens ver We
fen entbehren, und fich mit einer fchlechten Mahrım:
nämlich mit bloßen Meynungen, oder ungewiffen Kam
niffen, befriedigen. Um diefes Unglück zu vermeiden, be
eifern fich alle Seelen fo ernftlich, das Gefilde der Kir
heit zu fehen. Dann nur auf diefen finden fie Jahr
für ihren beſſern Theil, wodurch, die Kraft ihrer File
geftärft wird. Nach einem unvermeidlichen Gefge f
Nothwendigkeit verharren alle Seelen, die das Seldx
BUT
Geſchichte des Plato und ſeiner phil. 795
zahrheit recht betrachtet haben, bis zur naͤchſten
ahrt, ungeſtoͤrt in dem Genuſſe ihrer Freuden und
orzüge, und koͤnnen auch, wenn fie ſich nicht ernie⸗
igen, in dein Genuſſe verfelben beftändig fortdauren.
3enn aber Seelen aus Ohnmacht das Gefolge ver Goͤt⸗
r verlaffen, wenn fie die ewige Wahrheit nicht lange
nug anfchauen, und mit dem Verluſte ihrer Flügel,
d mit Unwiſſenheit und unreinen Begierden erfüllt zur
ıde herabfinfen‘; denn find fie ben ber erften Ders
andlung zwar dafür gefichert, nicht in den Leib eines
nvernünftigen Thiers zu wandern; fie muͤſſen aber doch
gend einen menfchlichen Eörper auf der Erde beleben.
Siejenigen, welche am meiften gefehen haben, wandeln
ı den Leib irgend eines tiebhabers der Weisheit , oder -
es Schönen und der Tonfunft; eine andere Claſſe in
ie $eiber großer Könige, oder Staatsmänner, ober
Jelden; eine dritte in die von Demagogen, oder fparfas
ten Haushaͤltern, oder fleißigen Erwerbern; eine vier⸗
in die von Kämpfern oder Aerzten; eine fünfte In die
yn MWeißagern , oder Vorſtehern von Geheimniffen ;
ne fechfte in die von Dichtern ; eine fiebente in die von
Neß s oder andern Künftlern ; eine achte in die von So⸗
hiſten; und bie feste endlich in die von Tyrannen.
Belche von diefen Seelen ben ihrer erften Geburt, oder
Zincorperung die Geſeze der Gerechtigkeit treulich beobs
chtet, wird nad) dem Tode ein befferes Schickſal ers
alten; diejenigen hingegen, die fich in Laſter und Vers
rechen ftürgen, werben noch tiefer fallen. An eben
ie Gegenden aber, woher die Seelen abftammen, fehre
eine vor zehn tauſend Jahren zurück; denn fo lange Zeit
raucht es, bis den Seelen die Flügel wieder wachfen.
Doch find von diefem Geſeze Die Seelen ächter Welt
veifen und tiebhaber ausgenommen, bie fchon nach eis
wem Umlauf von dren taufend Jahren wieder beflügelt:
verden, und in ihre ehemaligen Wohnungen zurück
Ä kom⸗
796 Achtes Buch. Drittes Eapitel.
fommen. Die übrigen Seelen werden nach der Volla
dung ihres erjten tebens gerichtet, und einige in ums
irdiſche Derter der Strafe Hinabgefchickt ; andere ins
ner befondern Gegend.des Himmels verſammlet, woh
den Sohn der Thaten, die fie in ihrem menfchlichen $
ben verrichter haben, eınpfangen. Mach taufend I
rer kommen bende zur Wahl eines neuen febens ; m
eine jede wählt alsdann, welches Leben fie will. Ein
Menichenfeelen fahren in Leiber von Thieren; und w
dere, welche Thierleiber bewohnten, kehren in merk
liche Eörper zurück, welchen nur folche beleben Finn
‚welche vormals die Wahrheit gefehen Haben. (Pia
nahm alfo auc Seelen von Thieren an, bie vorm
weder Dämonen, noch Menfdyenfeelen geweſen wara)
Unter Menſch mu$ man hier den weſentlichen Menke
verfiehen, der aus vielen Sinnen durch Bernunft z#
nem Ganzen vereinigt wird. Dieſer Begriff fe
von den Erinnerungen derjenigen Dinge, welche —e
Seele fah , als fie mic den Göttern die ganze M
durchfuhr, als fie fic) zum Wefen der Weſen bad
ſchwang, und alle die Gegenftände verachtete, mi
wir jezo wirflid) nennen. Mit Recht alfo wird m
die Seele des wahren Weltweifen beflügelt. Dem ſ
erneuert ftetd Diejenigen Kenntniſſe', Durch deren %
ſchauung felbft die Gottheit Gottheit iſt. Wenn jemit
dieſe Erinnerungen braucht und bearbeitet, wie er il:
fo wird er ftets in die erhabenften. Geheimniffe cinp
weiht, und durd) diefe Einweihung wahrhaftig velm
ber. Indem er fich aber von den Gefchäfften und de
ftrebungen anderer Menfchen entferne ,- und jid m
der Gortheit und dein, was göttlich iſt, vereinigt, m
er von andern als ein Verruͤckter angeſehen, und ſe
heiliges Entzuͤcken mit wirklicher Raſerey vermeci
In einen aͤhnlichen Zuſtand gerathen Diejenigen, wei
ſich bey der Erbiickung cörperlicher Schönheit der undt
m
3
— —— —— — —
Gefchichte des Plato und feiner Phil. 797
rlichen erinnern, die fie einftens wahrgenommen has
n. Auch foldye Seelen werben beflügelt, fehen wie
oͤgel immer aufwärts, vernachläffigen das Irdiſche,
d kommen daher gleichfalls in den Verdacht des
zahnſinns. Dieſe verliebre Entzuͤckung oder Schwärs
erey ift unter allen die befte und heilfamfte, ſowohl
mjenigen, der ſelbſt hineinfälle, als welcher die Ver⸗
laffung davon ift, und Theil daran nimmt. Nicht
en Seelen wird es gleid) leicht, fich dasjenige zuruͤck
rufen, was fie in ihrem ehemaligen Zuftande gefehen
ben. Einige betrachteten das ‚een der Wefen zu
rze Zeit, und in andern wurden die Erinnerungen
rch allerien Unfälle, am meiften durch Vergehungen,
welche fie durch verführerifche Benfpiele verleitet wur⸗
n, verbunfelt. Es bleiben alfo ‘nur wenige übrig,
welchen die Reſte ihrer vormaligen Kenntniſſe recht
haft find. Wenn diefe etwas. demjenigen, was fie
nit geſehenn haben, ähnliches erblickenz fo werden fie
Heinen Echauer überfallen ; fie bleiben. nicht bey fich
bſt, und wiſſen doc) nicht recht, ‚wie ihnen gefchiehr.
Jon Oerechtigfeit, Mäßigkeit, und allen Vollkommen⸗
iten der Seele finden ſich kaum einige Spuren‘, oder
„wache Schattenbilder in der ganzen Coͤrperwelt wier
r. Auch die Schonpeit ſahen wir nur da in ihrem
llen Glanze, als wir unter den glücklichen Choren der
törter in die feeligiten unter allen Geheimniſſen einger
eiht wurden, und fren von allem Ungemach fpäterer
eiten, und von dem trägen Eörper, ven wir jezo wie
ne Schnedenfchaale mit uns herumtragen, im: rein,
en tichte die ſchoͤnſten und erhabenften Schaufpiele ges
offen; allein vie Schoͤnheit firalt uns doch aus allen
‚heilen. der irdifchen Schöpfung entgegen. Ihr himm⸗
[cher Abglanz wird von dem ebelften umferer Gimme,
m Gefichte, aufgefangen, Das für Die Stralen firtlicher
ugenden feine Empfindlichkeit hat. Wie unausfprech
‘
5
u —A Rus 213
TEE - Mies Bach. Deitted Capitel
— nn en
fich nicht vor dem Rufe eines zu
chuͤckens fürchteten.n Un N
der Fluͤgei werden durch die 0%
\ und ‚alle 3
die ihren Wachschum bisher zuruͤckhielten. Die
‚gender. Flügel fangen an, durch Wie Nahrung, deß
arbalten / aufzuſchwellen/ und mächtig zu treiben, a
ſachen an allen. Seiten der Seele durchzubrechen. NM
genftan
Gefchichte des Plato und feiner Phil v⸗
ſieht ſie auf die ehemaligen Gegenſtaͤnde ihrer heftigſten
Wuͤnſche herab. Weltliche Größen, und Reichthuͤmer
verlieren fich in eben dem Grade aus ihrem Gefichtss,
sreije, in weichem Citelfeit und Geiz abfterben, und
son der herrjchenden Empfindung verſchlungen werben.
Sie ſucht fich ihren Geliebten, den jie fletS aus dem.
Sefoige oder ben Micbegleicern ihrer Gottheit waͤhlt,
ſo viel als möglich, zu nähern, und ſanft ‘an feiner,
Seite zu ruhen. — Diefer Zuftand, mit allen feineg:
Befchriebenen. Aeußerungen iſt es, ben die Sterblichen
liebe nennen. |
Sch theilte oben, fährt: Plato fort, die Seele
gleichfem in drey Theile, namlich in den Fuhrmann und.
awoen Pferde ab. Sch fagte ferner, daß das eine Pferd
gut, und das andere bofe. fen; allein ich beſtimmte hi
wörinn der Adel des erjtern, und die-Bösartigfeit de
Menten bejtehe. Das gute alfo iſt gerade und ſchoͤn
ebaut, hat einen erhabenen gewoͤlbten Hals, eine gebo⸗
dene Naſe, ſchwarze Augen, iſt weiß von Sarhe, und,
ben fo verfehamt und enthaltfam, als ehrgeizig, laͤßt
ãch nicht leicht überrafchen , und gehorcht allein ver Vers,
aunft und vernünftigen Borftellungen. Das. andere iſt
ſchwerfaͤllig und verdreht von Gliedern, hartnaͤckig und
kurzhalſig, harthoͤrig und unbaͤndig, ſchwaurz von Farbe,
rothaͤugig, und nur kaum durch Gebiß und Peitſche be⸗
raͤthmbar. Wenn alſo der Fuhrmann einen ſchoͤnen Ges
genftand erblickt, und die ganze Seele von einem fößer
Gizel gerührt, und vom Stachel des Derlangens gereizt
woird; denn wird das edelmüthige Pferd von Schaam
zurücgehalten, nicht gleich auf den Geliebten loszufprins _
gen. Das andere hingegen läßt fich weder durch Zuͤ⸗
gel, noch durch Schlaͤge baͤndigen, ſondern reißt viel⸗
mehr feinen Genoſſen und Fuhrmaun mit Gewalt zum
Berufe feiner teidenfchaffe hin, Dieſe ber en
jamreit vereinigren WOuongen auf. 20€
Fänge er vor Ehrfurcht an zu zittern, u
gel auf einmal mit einer foldyen Gewalt: «
Pferde auf ihre Hinterbeine zuruͤck ftir
ohne Wiverftreben, das andere mit der 5
ſpenſtigkeit. Das gute wird vor Scha
mit Schweiß überdedt; das böfe hinge
es fich nur ein wenig verſchnaubt, und dei
gewaltfamen Zurücziehens verwunden hat
den Fuhrmann, wie auf feinen Begleiter,
wieder vorwärts, und läßt ſich nur mit
auf eine kurze Zeit zur Ruhe bringen. U
verfloffen ift, fo hebt und frümmt es
Schweif; beißt-mit Wurh in den Zügel,
faſt unaufhaltſamer Wildheit zur Befri
ruſt hin. Alsdann widerſezt fich iym aber
mit noch größerem Nachdruck, als vorher
ihm dur) das Anhalcen der Zügel Maul u
tig. Wenn er biefed mehrmalen gerhan
es allmälich fehächtern,. und ber keitung u
feines Führers gehorfam.
Geſchichte des Plato und ſeiner Phil. gas
Zweyte Beylage.
b. p. 219. Man bat dem’ Plato in after und neuer
3eit fo viele faljche und ungereimte Meynungen über
eine Ideen aufgebürdet, daß ich nicht umhin fann, dieſe
Meynungen noch, furz in einer Anmerkung zu prüfen,
eren inhalt man vielleicht ein Jahrhundert früher in
n halb Duzend Tangmweiliger Dijpurarionen oder Pros
rammen ausgeſtreckt hätte. Seneca unterfcheibet sdebs
an ed Jene iſt, fügt er, nad) dem Plato das
Mufter, nach welchen etwas gemacht; dieſes hinges
in die Form, die nad) dem Ideal einem Werfe einges
uckt wird. Ep. I. 58. Alterum exemplar efl, al-
rum forma ab exemplari fumpta & operi impo-
a, alterum artifex imitatür, alterum facit, Ha-
t aliquam faciem ftatua? haec eft Idos. Habet
quam faciem exemplar Ipfum, quod intuens
afex, ftatuam figuravit: haec Idea eft.
tamnum aliam defideras diſtinctionem? Idos in
re eft; Idea extra c-pus, nec tantum extra opus
„ fed ante opus. Von diefem Unterſchiede der Per
Tungen der Wörter sdew und esdes weiß Plato nichts.
nennt die ewigen Urvilder bald esxevas, bald ech,
D sdeus, bald maeenderynare, bald re naera raure,
ccaurws eyevra, bald endlich novedas, I.c.
D. 472. Tim. & 155. in Plut. und gibt den Arten
> Gattungen ter Dinge, die nad) ihnen hervorges
ht worden, gleichfalls den Namen escy. Plato
ie zwar die Ideen unter den Urfachen ber Dinge auf,
:in er nahm der leztern nicht fo viele an, ale mehrere
Shriftfteller ihım gegeben, und hielt fie noch vielwenl⸗
- für wirfliche Subftanzen, wie viele Gelehrte gealaube
sen. Geneca (Ep. 65.) und Simplicius (in Phyſ.
it. fol, 3. a) eignen ihm fünf Arten von Urfachen
Zweyter Band, Ere u,
BAchtes Buch. Drittes Capitel.
zu, die ich mit den Worten bes Seneca anführen wi
Quinque ergo caufae ſunt, ut Plato dicit, ida
qup, id aquo, id quo, id ad quod, id prom
quod noviffime id, quod ex his el. Ta
in ſtatua (quia de hoc loqui coepimus) id exe,
zes eft: id a quo, artifex eft:
{md propter quod nennt, erbichtet find, |
kannte nur vier, die Materie, die Ideen , die
und die Cörperwelt, die aus biefen und durch dig
ftanden ift, in Philebo p. 160. zewrev un m
‚azesgov (hierunter verfteht er die Miaterie) Äryu, b
reeov de meei (die Ideen) ewesr ern Turoy m
puurmy Kate YEYEynEvnY 80V, Tv de ns ne
WITIOy Ho YEWETEwE TETLETW Asryav. |
ließ er die Gorcheit weg, tie im Timäus p. 441
dw rw TAGOvTs on Yeyn ÖkosvonYnvers T TTra.np
Yeyvousvov, Tod ev m Yryvers, Tod odev ec
pevov, Duvsras To Yıryvomevov. Ko ON Hoss 7reos
TEEnE, TO EV beXomevov unreı, Tod cIew
"mw de perafu TaTay Quo enyovm vonaas TI
Es mar immer feltfam, daß er’die Ideen, nad)
‚alle Dinge feiner Meynung nad gebildee worden, w
mehr aber,. daß er bie hervorgebrachten Dinge ſch
:die doch ganz Wirfung waren, für eine eigne Ar
Urfachen hielt. Mehrere Platoniker nahmen daher s
die Gottheit, die Materie und die Ideen als Gruss
ſachen an, (Apul, p. 281.) und hätten eigentlich #
die benden erſten dafür gelten laffen follen. Dick %
ählung der Ideen unter den Grundurfachen, ferne)
Mißdeurung ber oben angeführten Medensarten,
b
aaa 3 Uno rt s3S ul EOLFRTOUR ur on vu one —
Gedichte ded Platp und feiner. Pl. 803.
prung und Anfplelapg man niche fühlte, endlich bi die.
‚ähligen ©tellen,. „in welchen Plato die Ideen We⸗
» wos , und ynyanbelbare,eroigg, Dinge neunt, nu
allem nach die Baupsgränbe,. welche eis, .
€ Uusleger des Pato und mehrere berähinte Gelehre:
neuen Zeit auf die ns füge „Rab Mato
aigftens bisweilen unget. Ideen nicht, El im Cote
verftande, fonbern: — beſtehende Ina 5
ı habe. (Man ſehe qußer 75 — lo of.
R origin of er Cha. ‚9, a *
il. ex Cic. colleca p.i8. 9
zer dem Verſtande erij
ten und Gatingen ber Fr One Ele Eier
schenbes und undenfbares, daß man, IR ha Am
le nach) feinem verftändigen Mann.of
u. — in ſeinen bi le En 1
Zeugniffe hat man Dis heyoet und,
v 4 auch gewiß niemals au; „för, Hinge⸗
widerſprechen dieſer —e gen bien stellen Bi
110, wo er die eigen Mufier mir sn; dealen
uftern vergleicht, nach welchen, Küujtier, Yu
tan ſehe de Rep. vol; Il. p. 4. & "and 290.
unter den größten alten Schriftſtellern nicht Fer
1er dem Plato die Behauptung von für ſich befteheng,
Urbildern zugefchrieben, fonbern fie.gaben auch alle
se Seen für ewige —A in Gottes Verſtande ge⸗
ten. (Man ſehe Ariſt. 1. c. Cic. Ac. quaeft, 1% &
nec. Ep. 58. 65. Arıl. & ass, Attic. ap. Euſ.
vep. Euang. XV. nblich Plutarch — die
sen Platonifer an un; Fihe Stellen.) Herr Gedicke
ubt in folgenden Worten des Ariſtoteles eine Beſtaͤti⸗
ng der Megnung derjenigen zu finden, welche bie
seen des Plato für wirkliche Subſtanzen halten: «A
46V Zungeerns Tor "ug oA2, 8 Xagıza eroes,
5 ecuv. & D exmpırav, ns ‚Ta TOUTa Tay
ee 2 rar
BE Achte Buch. Drittes Capitel.
evrav ıdens inkoriyogeutäh, Me. &p.20r. %
lein die Wörter ra 9" das Ind'res öous zeigen, Dj
eẽ unter deil Ideen des Plats kenie Subftangen, ſonden
Iftracte Begriffe wit Erfläringen’ Heifeiben Sean
site, BSie Aüedrdcke — 8 age
sie, bebeuteii weiter hichrs, "Als daß Sofa de
Algemeinen arte nicht ale etwas von den Arten m
er Dinge) und den Ideen, bie fen
verfehiebenes” berrachtet habe. =
5 rote wi — Bee Zelt alles, was min m
bon ben Ay Hayoteerıtäbfeitere, fo glaubten
Ha us ehre des erſtern von den Yen,
"Hort berberffändlichen und fihnfichen‘ Dingen im im&%
mus gu entdecken II. 10 &fg. Diog) Zum Städte
Fe it ägitienre. — uf welche &
ns ſith , umb’man Fantı fich daher ſelbſt die
ut ‚daß in .diefent Feagımienteit war etwwas vonke
it allet Dinge "aber durchaus nichti wm
Iatoniſchen Ideen Yorfönmt, Außer dem Affimat
5 feinen andern, wenigſtens feinem berügmten Sc
ſteller eingefallen," dle fehre von den Ideen einem dm
Weltweifen —E Ariſtoteles, der dieſe Erdh
tungen feiries lehrers lächerlich machte, wiirde es ge
nicht verſchwiegen gaben, wenn Plato fie dem Cpiden
mus, ober einem andern Pythagoreer geraubt hätte,
Ariſtoteles zeige aber ausführlich die Unterſchiede da
Ideen des Plato und ber Zahlen der Pythagoreer, (Met.
&.5.p.15.) und gibt aud) die Act und Weranlaffunn
an, auf und durch welche der erſte auf feine Meynm
gefommen fen.
Geſchichte des Plato und einer Sal veg
Dritte Beylage. ka
Zr
Die aus ber Republik mitgetheilten Fiction iſt ein⸗
andere im Phaͤdon ſehr ähnlich; von welcher ich glaube,
„bag man A au megreen Urfachen nicht ungern leſen
wird. — ſagt Sokrates, hat viele und: *
——ãâ— — ze imd Abtheilungen, und — r
ich von jemanden gehört habe, weber von. der Groͤße
noch von der Beſchaffenheit, wie diejenigen, welche no
reden und fchreißen , ſich einzubilden pflegen. Mein te
. bein reiche zwar niche mehr Hin, ‘euch alles das wieber
‚ u fagen, was mir jemand erzähle hat; ich will euch
„ aber doch Fürzlich mit der Geftalt der ‘Erde und ihren
Abtheilungen befanne machen. Sie ift alfo, (fo bin ich
wenigſtens ar N worden) Fugelförmig geftaltet, mb
= gevabe in der Mitte des Himmeld, wegen welcher ts
„ ftalt und tage‘ fie weder Suft noch eine andere Stäge
Brauche. Dem ein jeder ſich ſelbſt im Gleichgewicht
haltender Gegenſtand, der genau in die Mitte eines an⸗
„den fid) völlig gleichen Dinges geſtellt wird, hat nicht
wehr Urſache, ſich nach der einen als der andern Seite
5 pin zu neigen: und bleibe alfo unbeweglih. Die Erbe
# if ferner viel größer, als bie meiften Menfchen glauben.
9 Der Fled vom Phaſis bis an die Kerfulifchen Säulen,
ven wir Fennen und bewohnen, ift, mit der ganzen Er⸗
$ de verglichen, nur ein: Ameishaufen, oder eine kleine
! Froſchpfuͤze. So wie bie erfte noch viele andere Bewoh⸗
# mer trägt; - fo p bat fie auch nod) ‘viele andere Bertiefins
⸗ gen und Plaͤze von verſchledenen Groͤßen und Geſtalten/
" im welche Waſſer, und Nebel, und Luft, zuſammen ges
floffen find; : Die Erbe felbft iſt rein, und liegt in eben
dem üungetrübten Himmel, in welchem die Sterne fich
bewegen, und welche diejenigen, bie von felhen Din
gen zu reden pflegen, den Aether nennen. Die Vertle⸗
fungen der Erde find gleichſam ber Boden dieſes Ae⸗
Eee 3 tbers,
BE. Achte Buch. Drittes Eapitel,
thers, ober ber Sumpf ber luft, und eben Daher kommt :
auch, daß fich alle Unreinigfeiten In Vemfelben verfams |
fen. Auch wie wohnen, ‚ohne #8 zu.merfen, nicht ad
her Oberfläche ber Erde, ſondern in irgend. einer ie
Höhlen. Es geht uns chen fo, wie es Geſchoͤpfen ep
gen würde,. bie im. Srunde bes x6 wohnten, wa
Aurch bad Meer die Sonne, den Mont und die übrigm
eſtirne erblickten. . Solche Geſchoͤpfe wiürben dei
fetbft für den Himmel halten indem fie fich nie
mals aus dem Waſſer empor gehoben, und gefehen hät
gen, wie viel reiner und heiterer ed oben, als ben ikum
Eben fo glauben auch wir, die wir in ber Tufe
wohnen, auf ber Höhe zu wandeln, nennen unferelft,
jenfeitö welcher wir nicht hinausblisfen koͤnnen, tm
Himmel, und glauben, daß bie Sterne fich in unfer
Luft bewegen. Wenn wir aber. Die Graͤnzen uns
guft überfliegen, oder wie die Fiſche aAaus Dem Mack,
fo aus der Erdiuft Heraus fehauen fännten, fo wire
wir alsdann erſt entdecken, welcher der wahre Himmel,
das wahre kicht, und bie wahre Erbe ſey. Denn de
Erde, die wir bewohnen, die Steine und übrigen Ci
per, die wir fehen, find alle verfault, ober verborbe,
wie die Gegenftände, vie auf dem Grunde bes Men
liegen, wo man nichts, ald Sand und Schlamm fin
det, und nichts Schönes und Nuͤzliches Hervorgebract
wird. Die wahre Erde aber übertrifft Diejenige, de
wir fo nennen, noch weit mehr, als die leztere ven Dur
den des Meers uͤbertrifft. Denn wenn jemand bie
wahre Erde von oben herab fähe, fo würde fie in m
Ihönften und mannichfaltigften Farben glänzen; un
man würde bald goldene, bald purpurrothe, bald weiße
ober gemifchte Streifen von unbeſchreiblicher Schoͤnhei
wahrnehmen. Diefer Farben Pracht wuͤrden Blumen,
Pflanzen, Bäume, Berge und Steine entfprechen, g
gen weldye leztere man unſere Tafpife, Simaragde
u. ſ. w.
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w.- m
Geſchichte des Plato und feiner Phil. 807
u. fi w. für nichts rechnen würde: Die Lrfache der
groͤßern Schönheit der erftern ift diefe, daß fie unver⸗
dorben, und nicht von ber Faͤulniß und dem Unrathe
angegriffen find, die in unferer Erdhoͤhle Menfchen und
Thiere, und auch leblofe Gegenftände franf und Häßtich
machen. Die wahre Erde ift daher em entzuͤckendes
Schauſpiel für ihre glücklichen Bewohner , deren fie vie⸗
fe Arten, und unter dieſen auch Menfchen hat. Ein
Theil derfelben wohnt mitten im tande, andere an bee
Luft, wie wir. am Meere; noch andere auf Inſeln, bie
von der Luft umfloffen werben. Weberhaupt ift ihnen bie
Luft eben das, was uns das Meer, und der Aether
eben das, was uns bie fuft if. Die Stunden find fo
gemifcht, daß die Bewohner der wahren Erde niemals
von Krankheiten angefochten werden, und viel länger
leben, als wir. Sie übertreffen uns an Feinheit ber
Sinne und des Derftandes eben fo fehr, als die uft
das Waſſer, und der Aether die Luft an Neinigteit übers
trifft. In ihren Heiligen Hainen wohnen und wandeln
Götter, deren Stimmen fie hören, deren Geftalten fie
anfchauen, und mit welchen fie ald ihres Gleichen ums
gehen, Endlich fehen fie Die Sonne, den Mond und
die Geftirne ohne Schleier, eben fo erhaben und gläns
jend, als fie wirflich find. — So ift nun die wahre
Erde befchaffen. Es gibt aber außer der Höhle, in
welcher wir wohnen, unzählige andere Fleinere und groͤ⸗
Gere, engere und weitere Bertiefungen, in welche viele
Ströme einsund wieder ausfließen, und nicht bloß
Ströme von Waſſer, fondern auch von fließendem
Schlamm und von Feuer. Dir größte unter dieſen
Sclünden it dee Tartarus, der durch die ganze Erbe
geht, in welchem ſich alle Gewaͤſſer verſammlen, und
aus welchem fie auch alle wieverum ausfließen. Die
Urfache diefes Eins und Ausfluffes aller Gewäffer liege
darinn, daß ber Tartarus Feinen Grund ober vom
at,
808 Achtes Buch. Drittes. Capitei.
hat, auf welchen das Waſſer ſtehen bleiben Fonnte,
Unter den Strömen, welche vom Tartarus verfchlum
werben, find vier vor allen andern merkwuͤrdig:
sämlich der Ofean, der Acheron, der Phriphlegeren,
and. mdlich der Kokhtus, unter welchen der Dfean da
größte, und der Acheron, oder vielmehr der Acherufiike
ee, der aus diefem Strome entfteht, der Samımd
plaz der abgefchievenen Seelen des größten Theils da
Menfchen iſt. — |
Ende des zweyten Bandes,
Im Verlage der. Meyerſchen Buchhandlüng
zu Lemgo find. dieſe Michael-Meſſe 1782 fol-
gende neue Bücher Heraus gekommen :
\
Em Chr. Wilh. Materialien für bie Statifid
und neuere. Staatengeſchichte, Ate Lieferung,
gros 8.
Ewalds, Johann Zudwig / edachtnispredigt gros 8.
Faſciculus ſententiarum, hiſtoriarum et fabularum
in ufum tironum editus et notis adjectis il-
luftratus, 8.
Schr, 3,6. 9. Unterfuhungen Aber ben menſchlichen
Willen, deffen Naturtriebe, WBeränderlichkeit,
Verhältnis zur Tugend und Gluͤckſeligkeit, und
die Brunbregeln, die menſchlichen Gemüther zu
erkennen und zu regieren, 2ter Theil, gros 8.
Haſſe, 3. Be. 3. bie in ben Apotheken aufgenems |
menen Chemiſchen Zubereitungen für Anfänger
erklaͤrt, mit einer Voͤrrede von C. Crell, 8.
—
Par
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