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Geschichte Roms
in seinem Uebergange
von
der republikanischen zur monarchischen
Verfassung^
oder
POMPEJUS, CAESAR, CICERO
und ihre Zeitgenossen.
Nach Geschlechtern
und mit genealogischen Tabellen.
Von
rv. D H U 31 A N N,
Professor lUr Geschichte zu Königsberg-.
♦ <
Erster T h e i 1.
KOENIGSBERG 1834.
Im Verlage der Gebrüder B orn trag e r.
'O ()/, Ji'i' ^y(u nauar.fi.ivoiuut nf^t ai'iov %ovf
xai'J- tjiifl-;' — iüv ttiv y.utu mjo'tiaiv (i'ntqxo'jiii-
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7t<iu^'ftr't[uv.
Vorrede.
Zu keiner Zeit hat die Frage, welche an-
geblich die Sieben in Persien beschäftigte, ein leb-
hafteres Interesse erregt, als in der unserigen, und
nicht leicht hat man sich je so allgemein fiir Hi-
hig und berufen gehalten, sie zu beantworten.
Dem Unbefangenen und Unterrichteten wird es al-
lerdings durch einen häufigen Wechsel der Verfas-
sungen erleichtert, darüber zu urtheilen, welche
die beste sei; den politischen Stürmen der Grie-
chen verdanken wir zum Theil die politischen Sy-
steme ihrer Philosophen, obgleich wir sie nicht
um den blutigen Boden beneiden, wo ihre Erfah-
rungen reiften; jene Stürme wurden aber selbst
wieder dadurch befördert, dass jeder über die
höchste Aufgabe im staatsbürgerlichen Leben sich
nicht nur ein Urtheil anmasste, sondern sie auch
practisch zu lösen versuchte. V<n» den! Aberwitze
IV
der Menge und der Schwindler abgesehen kann
die Theorie der Philosophen, welche nicht durch
Geschichte und Erfahrung geläutert ist, das Wirk-
liche nicht berühren, ohne es zu ver\^irren; die
Geschichte ohne Philosophie besagt nun eben nur,
was geschehen ist, sie liefert Notizen, und dem
staatsbiugerlichen Sein eine bloss gescliichtliche
Grundlage geben, heisst aus der ^ ergangenheit mit
dem Guten auch das Schlechte heridjer nelnnen,
und das Gute in Schlechtes verwandeln, weil es
nicht an seiner Stelle ist. Dagegen ist die Ge-
schichte, mit einem philosophischen Geiste und vor
allem mit einem reinen, vorurtheilsfreien Gemüthe
aufgefasst, auch in dieser Hinsicht die beste Leh-
rerinn; sie zeigt die AVege und die Abwege, die
Ursachen und die Wirkungen, und je ferner die
Zeiten liegen, desto ruhiger ist die Betrachtung.
Die römische Geschichte beweis't, dass repu-
blicanische Formen sich nicht dauernd für die Men-
schen eignen, wie sie sind, dass sie bei einfachen
und unverdorbenen Sitten eine Zeitlang bestehen
können, aber von diesen Leben und Kraft empfan-
gen, nicht umgekehrt, und dass eine Nation zu
beklagen ist, deren Staatsschiff erst dann den Ha-
fen der Monarchie erreicht, wenn sie entartet
ist, welche sich nicht selbst sagt, sondern nach
V
der Raserei des Bürgerkrieges aus dem Munde des
Siegers verninnnt:
Niemals frommt Vielherrschaft im Volk ; nur Einer sei Herrscher,
Einer König allein.
Es ist meine Absicht, das Leben und den
Cliaracter der Römer zu sdiildern, welche den
Uebergang der republikanischen zur monarchischen
Verfassung vermittelten , oder das Bestehende zu
retten suchten. Mehrere ragten als Riesengestal-
ten über ihre Mitbürger hervor, wie ihr Staat über
die Staaten; Andere erhob das Glück; Alle aber
schalteten über Kräfte, welche eine grosse Vor-
welt geschaffen hatte. Dem Kampfe der Stände
war der Kampf um die Weltherrschaft gefolgt, die«
sem folgte der Kampf um die Herrschaft in Rom ;
Parteien machten sie einander streitig, und als
diese erschöpft waren, ihre Häupter; deshalb konn-
te Sulla nur Parteihaupt und Dictator sein, nicht
König, nnd Cäsar der Sache nach König, aber nur
ohne das Diadem.
Bei grosser Gährung insbesondere, wenn je-
der sich frei zu sein dünkt, unterliegen die Mas-
sen dem Einflüsse Einzelner; diese hat daher auch
der Geschichtsforscher vorzüglich ins Auge zu fas-
sen, und nach ihnen ihre thätigsten Werkzeuge;
er geht dann zu den Quellen der Erscheinungen
VI
zurück. Es ist in dieser Schrift versucht; sie soll
nicht eine Sammlung von Lebensbeschreibungen
sein, sondern eine auf Lebensbesclireibungen ge-
grinidete Geschichte Roms innerhalb der ange-
gebenen Gränzen, so dass manmit Ilidfe derXacli-
Aveisungen im Leben des Einzelnen ein Bild von
dem Gesammtleben der Römer erhält, so weit er
dabei betheiligt war. Das Wichtigste und Allge-
meinste ist in der Geschichte der Mäimer zusam-
mengestellt, welche am entscheidendsten wirkten;
so hier im Leben des Antonius, und im Folgenden
in der Geschichte des P. Clodius, des Cäsar und
Pompejus. Mit diesen Namen ist demnach zu-
gleich die Zahl der Bände angedeutet , auf welche
sich das Ganze beschränken wird, da eben eine
solche Einrichtung es möglich macht, in den an-
deren Abschnitten kurz zu sein , ohne etwas We-
sentliches zu übergehen.
Wenn es aber rathsam schien, das Sein des
Einzelnen, obgleich es nur ein Theil des Ganzen
ist, doch auch als ein in sich Geschlossenes dar-
zustellen, von der Abkunft, den häuslichen Ver-
hältnissen, der Persönlichkeit und dem Privatleben
genauer Kenntniss zu nehmen, als es eine allge-
meine Geschichte gestattet, so empfahl sich nun
auch die alphabetische Ordnung, weil sie für den
VII
Leser die beqiieitiste ist, obgleich die Zeitfolge
ihr aurgeopfert werden niusste, die Geschichte des
dritten Bürgerkrieges hier nun zuerst gegeben Avird.
Nicht alle Geschlechter, deren die Geschichte
in Ciceros Zeiten gedenkt, kommen in Betrach-
tung, und wiederum nicht alle Familien der Ge-
schlechter, welche aufgeführt sind, denn nicht alle
stehen in einer Beziehung zu meiner Aufgabe; über
manche sind die erforderlichen Nachrichten ■ einge-
schaltet. In den genealogischen Reihen ferner bin
ich nicht immer gleich weit zurück oder vorge-
gangen, weil es nicht immer von gleicher Wich-
tigkeit ist, die Ahnen und Nachkommen der Män-
ner zu kennen, um welche es sich handelt. Als
Quellen habe ich auch einige Schriften benutzt,
de-en Aechtlieit bezweifelt ist, namentlich mehre-
re von den Critikern angegriffene Reden Ciceros ;
ich Averde mich über die Gründe , warum ich je-
nen nicht beitrete, und dagegen die Briefe an Bru-
tus als untergeschoben verwerfe, am geeigneten
Orte äussern.
Die folgenden Theile sind vorbereitet und des-
halb ist dieser nicht schon früher erschienen; ich
hielt es für noth wendig, alle diese Römer so ge-
nau zu kennen, als es die Quellen und meine
Kräfte zulassen, ehe ich auch nur über Einen zu
VIII
schreiben wagte; insbesondere niusste mein Lrtheil
iiber Cicero feststehen, damit icli Avusste, was auf
das seinige zu geben sei. Das Opfer, welches ich
damit mir selbst gebracht liabe, wird micli gegen
den A orwurf der Ue))ereihnig sicliern, wenn auch
nicht gegen vielfachen Widerspruch.
Nicht wider aber ohne meinen Willen ist mein
Ruch eine Lobschrift auf die Monarchie, und ich
freue mich des nicht gesuchten Ergebnisses, wel-
ches sich mir nicht bloss in der römischen Ge-
schichte aufdringt, denn der Preusse, der Unter-
than eines Friedrich Wilhelm , kann kein anderes
politisches Glaubensbekenntniss haben, als:
JÜ^IS
A. Lepidi
3. M. TiepiihiH.
jir. 2IS — j3(i.
7. M. I.epidiis.
Cos. 187 — .IßT.
8. M. Le})i)his.
ros. löS — 5'Jß.
I. AEMILII.
1 . IM. Aemilius (Lepidus.)
Cos. 285 i;. C7/r. — 4C!t«. //.
2. M. Lepidus.
CV/j. 232 — 522.
4. L. Lepidus.
C. M. Lepidus.
pr. 213 — 541.
9. M. Lepidus Porcina.
Cos. 137 — 017.
5. Q. Lepidus.
JO. M. Lepidus. 11. (i- Lepidus.
"12. AL Lepidus — 13. .Appuleia. 14. IVIam. Lep. f.Iviainm.
Vos. 78—070. Cos. 77 — 077.
15. IM' Lepidus. — IG. Cornelia.
Co.v. 06— 088.
o — »I I
,/v
n. L. Aemil. P«ull.
Cos. 50 — 704.
21. AI. Leiniius — lö. Jiinia. ao. Coruel. Scip. Aemilian
111 rh
18. Pauli. .lein.Lep.— 19. Cornelia. 20. M. I^epidus. — 27. .latonia. 21t. ("({. Lepidus.;
CV(.t. 34 — 720. 28.Servilin. Tos. 2t— 733.
20. L.Aeni. Pauli. — 21. Julia. 22. M. Aem.Lepid. 23.,VeniiliaLepida.
Cos. l.n.C/ir. — 754. tvs^d.n. Chr. — 759.
I. Aemilii.
"atricisch ; ') ein altes und berühmtes Geschlecht. -)
Familien: A. Lepidi. B. Scauri,
Nur diese kommen hier in Betrachtung. Am frühesten
werden die Mamercini erwähnt, ivelchc seit 484 v. Chr. zu den
höchsten Elirenstellen gelangten,^) und zum Theil den Vor-
namen Mamercus hatten. Festus erklärt ihn aus dem Oscischen,
in welchem man Mamers für Mars gesagt liabe. Eben so ehren-
A'oU war die später erdichtete Abstammung von Mamercus. Er
1) Dionys. Hai. 8, 82. Liv. 22, 35. 39, 32. Pliit. Aem. V. '2. 2) Cic.
pro Se.\t. G8. 13 phil. 4. ad Fam. 15, 12. Sallust. Hisl. 1. p. 947. ed.
Cor«. Vellej. 2, 114. Plin. 7, 54. Tacit. Ann. 3, 22. 23. C, 27. 2!).
3) Dionys. L c. Liv." 2, 42. 49. 54.
Dniinann, Geschichte Roms I. \
♦i I. AEM[Ln. (I.)
war nacli Einigen ein Solin des P^thagoras, und wurde wegen
seiner Wohlredcnhcit (di uifddütv ).öyov) und wegen seiner ge-
fülligen Sitten Aemilius genannt,*) eine Bezeichnung, deren
Sinn man auili in den späteren Lepidus wieder findet. *«•) An-
dere hielten Mamcrcus für einen Sohn des Nunia. ^) Auch Ae-
milus, ein Sulin des Ascanius, <») und AmuliusOa.) wurden zu
Ahnherrn dieses Geschlechts erhoben. \ on der Bedeutiin"- des
o
Namens Scaiirus im FoI":enden. ~0
A. Lcpidi.
1. iM. Aemilius (Lcpidiis. ) Consui 285 v. Chr. Der Zu-
name ist ungewiss. ^)
2. M. Lepidus. M. F. M. N. Wenn er von dem Vorigen
abstammte, so kann er der Zeit nach dessen Enkel gewesen
sein. Augur und zweimal Consui. *■>) Cos. I. 232 v. Chr. Die
Zeit seines zweiten Consulats erhellt weder aus Livius noch aus
den Fasten ; dass er a. 220 an die Stelle eines Anderen ge-
wählt sei, '^) ist nicht zu beweisen.
3. M. Lepidus. M. F. M. N. Sohn des Vorigen, ") und
«war der älteste, wenn auch der gleiche Vorname nicht immer
dafür bürgt. Praet. 218 '-) und auch als Propr. so genannt. '3)
Er warb für 210 vergebens um das Consulat. i^) Pigbius läfst
ihn als Gesandten nach Aegypten gehen, ^^) und verwechselt ihn
also mit No. 7.
4. L. Lepidus. Bruder des Vorigen. '^)
5. Q. Lepidus. Bruder der beiden A origen. '^)
6. M. Lepidus. pr. 213. '8)
7. M. Lepidus. M. F. M. N. Vielleicht derselbe, welcher
sich im Felde hervorthat, ehe er die männliche Toga erhalten
hatte. ^8") a. 201 wurde er nebst zwei Anderen zu dem un-
mündigen Ptolemäus 5. nach Aegvpten geschickt,'"^ und zwar
4) Plut. I. c. Fest. V. Aeniil. 4 a.) Cic. ad AtCie. 10, 5. §. 3. ed.
Schütz. O dies in auspiciis Lepidi lepide descriplos. 5) Plut. Nuni. 21.
Unten Aerail. Scaur. No. 0. 0) Fest. 1. c. Cr/.) Sil. Ital. Pun. 8, 297.
7) Unten : Scauri. 8) Die Fai^ti Sic. Onuphr. u. CuBpin. nennen ihn Le-
pidus, Cassiod. nur IVI. Acn-.il. iXIarlian. Harhula. 0) Liv. 23, iO-
10) Pigh. Marlian. Ann. ad a. 533. a. h. 11) Liv. 1. c. 12) Ders.
21, 49. 51. 13) Ders. 22, 9. 33. 11) Der». 22, 35. l.i) 2. p. 138.
16) Liv. 23, 30. 17) Ders. 1. c. 18) Ders. 24, 43. 44. 18 a) Valer.
AI. 3, 1. 1. 10) Polyb. 16, 34. Liv. 31, 2. Tacit. A. 2, G7. lustin. 30, 2. 3.
LEPIDI. (8.) 3
als der Jüngste, '-"' ehe er Pontifcx oder gar Pontifex Maximiis
war. -') üass er auf einem Denar aus späterer Zeit so und zu-
gleich Vormund des Königs genannt wird,--) hat Pighius ver-
leitet, liier an Ptoleniäus 0. und 7. /u denken. -■^) Cos. I. 1S7
V. ("hr. -*^ nachdem er ZMeimal vergebens sich beworben hatte. -^)
Pontifex M. ISO. 2fi) Censor 179. ^Tj Cos. 11. 1 75. -»J Sechs-
mal princcps sen. -^) f a. 152. •''**)
8. M. Lepidus. M. F. M. N. Sohn des '\'origen. ■") Trib.
mil. im Kriege mit Antiochus M. •'-) Consul 158. •'■*)
9. M. licpidus Porcina. •'*• Vielleicht der Enkel von
No. G. Cos. 137. 35) und Augur. '^O
10. M. Lepidus. Cos. 12ß. ^t)
11. Q. Lepidus. M. F. M. N. 38) Er kann nicht, wie
Norisius annimmt, 39) der Sohn, sondern nur der Enkel A'on
No. 7. gewesen sein, welcher übrigens mehrere Sohne hinter-
liess. *^) (ilandorp übergeht unseren Quintus. Man Aveiss nicht,
ob er Aemter verwaltete, obgleich ^ aillant *') eine Münze auf
seine Aedilität bezieht, und Pighius *-) ihn bei d. J. 116 v. Chr.
als Priitor aufführt.
12. M. Lepidus. Q. F. M. N. «) Pr. 81. Schlechte Ver-
waltung von Sicilien. **) Cos. 78. Versucht Sullas Gesetze und
Einrichtungen aufzuheben, wird von Q. Catulus und Cn. Pora-
pejus vertrieben, und -|- a. 77 in Sardinien.*")
Val. IM. G, G. 1. 20) Polyb. 1. c. Liv. 31, 18. 21) Liv. 32, 7. 22) ürsin.
Vaill. Aemil. No. 17. Eckh. 5. p. 123. f. 23) 2. p. 403. 24) Poljb.
23, 1. Liv. 38, 42. Valer. M. 6, 6. 3. 25) Liv, 37, 47. 38, 35. 43.
40, 40. 26) Cic. 13 phiL 7. Liv. 37, 43. 40,' 42. 45. 41, 27. Polyb. 23,
1. 32, 22. Val. Max. 4, 2. 1. 6, 6. 1. u. oben A. 22. 27) Liv. 40, 45.
Val. M. 4, 2. 1. 28) Cic. de prov. cons. 9. Val. M. 1. c. Obseq. 65. Fast.
Sic. Cassiod. 29) Liv. ep. 48. Vgl. 40, 51. 41, 27. 43, 15. ep. 46. 47.
Polyb. 32, 22. Nach Meyer Orat. Rom. Fragm. p. GS. wurde ihm diese
Auszeichnung nur dreimal. 30) Liv^ ep. 48. Cic. de sen. 17. Vgl. Noris.
Cen. Pis. diss. 2. p. 345. 31) Liv. 37, 43. 32) Das. 33) Fast. Sic.
Cassiod. Plin. 34, 14. 34) Cic. Brut. 25. de er. 1, 9. Val. M. 8. 1. daran.
§. 7. Priscian. T. 1. p. 45G 35) Cic. Brut. 27. Oros. 5, 4. 36) Vellej.
2, 10. 1. 37) Cic. Brut. 28. Fast. Sic. Cassiod. 38) Unten No. 24. in.
39) Cen. Pis. diss. 2. p. 346, 40) Lir. ep. 48. 41) Aemil. No. 21.
42) 3. p. 95. 43) Unten No 24. in. 44) Cic. Verr. 3, 91. 45) S.
Pompeii. u. Corneh Cinn. im Folgenden.
1*
4 I. AEMILII. (13.)
13. Appuleja. Gem. des Vorigen, ihm untreu und deshalb
geschieden. *■• ^O
14. Mam. Lepidus Livianus. ^^J Durch Adoption aus dem
Geschlechte der Livii in dieses übergegangen, Cos. 77 ^^), nach-
dem er früher nicht gewählt war. ^^)
1 5. M' Lepidus. Seine Abkunft ist unbekannt. Auch wurde
die sublinische Brücke nicht Aon ihm als Quästor a. 78 von
Stein erbaut, 48a.) sondern von einem Quästor Aemilius in
späterer Zeit. Cos. G6. ''^^ a. C5 trat 'er als Zeuge gegen
C. Cornelius auf. *^ ") Einer der Pontifen, vor welchen Cicero
a. 57 seine Rede pro domo hielt. ^^) a. 52 erster Interrex,
und weil er als solcher, dem Herkommen gemäfs, keine Wahl-
comitien halten wollte, von den Candidateu des Consulats in
seiner Wohnung angegriffen. ^O Im Bürgerkriege a. 49 auf
der Seite der sogenannten Gutgesinnten, aber lau, auf seinem
Formianum, wo er fast täglich mit Cicero zusammen kam, den
Ausgang erwartend, und entschlossen, Pompejus nicht über das
Meer zu folgen. ^-) Er kehrte im März nach Rom zurück. ^•^)
16. Cornelia. Wegen ihrer reinen Sitten gerühmt.^*)
17. Lucius Aemilius PauUus. M. F. Q. N. Sohn von
No. 12. Bei den Annalisten, Genealogen und Numismatikern
findet sich in Betreff seiner Abstammung, seiner Verhältnisse
und Naclikommcn eine arge Verwirrung. Ausser P. Manutius ^^)
machte auch H. Norisius ^ß) auf das Richtige aufmerksam; Pe-
rizonius ^^) erwarb sich zuerst das Verdienst, einen grossen
Theil der Zweifel zu heben.
§1-
Die Alten tragen bei den vielen Missverständnissen die ge-
ringste Schuld. Sie nennen unseren Aemilius: L. Aemil. Paul-
45 a.) Plin. 7. 36. 55. (.53.) Plut. Pomp. IC. 4C) VaiU. Aem. No. 19. 20.
Val. RL 7, 7. C. 47) Fast. cap. Cic. Brut. 47. Val. M. 1. c. 48) Cic. de
off. 2, 17. V€rgl. Suet. Caes. 1. 18«) Plut. Num. 9. Ursin. Famil. Rom.
Aemil. p. 5. A'aiJI- Aemil. No. 21. Pigli. 3. p. 2S2. 49) Cic. 1. Catil. Ü.
Cassiod. 49//) Ascon. zu Cic. 2 Cornel. in. Val. Rl. 8, C. 4. S. Cornelii
iDj'Folg. 50) Cic. de bar. r. 0. Vgl. ad Attic. 4, 2. Rlacrob. Sat. 2, 9.
51) Ascon. zu Cic. Milon- 5. Claudii im Folg. ( P. Clodius tr. pl. a. 58).
52) Cic. ad Att- 7, 12. 23. 8, 1. ß. 9. 15. 53) Ders. ad Att. 9, 1.
51) Ascon. 1. c. 55) Comraent. in. ep. Cic. 5G) C€uot. Pisan. Diss. 2.
p. 340. 57) Anim. bist. p. 125. s.
LEPIDL (17.) 5
lus, •''^) oder L. Paullus, ^'■') Acniillus P. "*') meistens alter iiur
Paullus. •") Bei Dio •''^^ bezieht sich P. Acmil. Lepidus auf den
Sohn. Stets aber Mird Paullus, Cos. äO. der Krbaiier der Ba-
silica, der a. 43 Geächtete, als Bruder des Triumvir Lepidus
bezeichnet , ''•') und in dem Spottgesange der Krieger bei dem
Triumphe des Letzteren und des L. Plancus als leiblicher Bru-
der, ß*)
Indess hat die Verschiedenheit ihrer Namen zu der Mei-
nung verleitet, Paullus sei von dem Vater des Triumvir, von
M. Lepidus Cos. 78. adoptirt, und habe diess dadurch bemerk-
lich gemacht, da er in demselben Geschlechte blieb, und des-
halb nicht Aemilianus hcissen konnte, dass er sich statt Aemi-
lius P. Paullus Acmilius Lepidus nannte, seinen bisherigen Fa-
milien-Namen in den Vornamen verwandelte. *'>')
Bei den Römern bezieht sich der Ausdruck Bruder aller-
dings oft nur auf einen Adoptivbruder oder auf einen Vaters-
Brudersohn. ( frater patruelis) •'^ *•) Es ist aber schon befremd-
lich, dass einer solchen Adoption nirgends gedacht wird, und
diess erhält dadurch noch mehr Gewicht, dass der Vater des
Paullus Marcus hiess, 6'') ganz so, wie der Vater des Triumvir.
Ueberdiess geht man von der falschen Voraussetzung aus, dass
Paullus und der Censor a. 22 ^^J eine und dieselbe Person
sei, ^^) welches nachtheilig auf die Untersuchung gewirkt hat.
Was ferner jenen Spott der Soldaten betriift, so war der ge-
ächtete L. Plautius Plancus cutschieden der leibliche Bruder des
L. !\Iunatius Plancus,''^) und diess lässt auf ein gleiches Yer-
hältniss zwischen den Aemiliern schliessen, und zwar so, dass
58) Dio '10. ind. Coss. 50) Cic. ad Farn. 8, S. §.3. 13 Phll. (>.
Liv. 120. Flor. 4, C. 4. Oroa. C, 18. Dio 40, G3. 47, C. CO) Suet. taes.
29. App. 2. p. 443. Gl) Cic. ad AU. 4, 10. §. f». Vellcj. 2, 07. SueJ.
Oc(. 16. App. 4, 595. 010. Dio 47, 8. Plut. Cic. 40. Aiit. iO. n, s.
02) 49, 42. 54, 2. l iilen No. 18. 03) Cic. 13 phil. 4. ad All. 14, 8.
Liv. Veliej. Flor. Oros. App. Dio IMul. 11. cc. ii. App. 4, 592. Dio 47, 0.
Ol) Veliej. 1. c. Unten No. 24. 05) IJrsiji. Aemil. p. 7. Vaill. Aerail.
No. 10. Pigh. 3. p. 495. Eckh. 5. p. 127. zvveifel«. 05«) Eben so Soror.
Cic. 2. Phil. 38. Anfonii No. 32. 33. 60) üben A. 58. 07) Unten No. 18
68) Pigb. 3. p. 515. u. die Andern in No. 18. A. 18. 09) Auloitii
No. 14. §. 55. A. 14. S. Munatii.
6 I. AEMILII. (17.)
yXppuIeja Beider Mutter Mar, da sie und ihr Gemahl Lepidus,
so viel wir wissen, sich nur einmal vcrheirathcten. Die Be-
merkung folglich, ^"-'J auch Adoptivbrüder, oder solche, welche
nur A ater oder Mutter gemein hatten , habe man germani ge-
nannt, ist hier gar niclit anwendbar, und gründet sich eben
zum Tlieil auf jene unrichtig erklärte Stelle bei A'cllejus. "")
Endlich hat man übersehen, dass auch später leibliche Brüder
in diesem Geschlechte verschiedene Familien -Namen hatten. So
heissen die Söhne des P. Aemilius Cens. a. 22 Aemil. PauUus
und Aemil. Lepidus. ^-)
A\ ena also die Geschichte die Annahme einer Adoption
durchaus nicht unterstützt, so Avird man gern Perizonius darin
beistimmen, dass Lepidus Cos. 78 einen Sohn nach einem be-
rühmten Aemilicr, nach 1j. Aemilius PauUus benannte, welcher
Perseus überwunden, und durch die reiclie Beute das römische
Volk der Nothwendigkeit überhoben hatte, in den Scliatz zu
steuern. Auch Andere erinnerten auf diese Art an gepriesene
Männer ihres Geschlechts. ''- a )
Bei einer Vergleichung der Jahre, in welchen Paullus und
Lepidus zu Magistraten gewählt wurden, überzeugt man sich,
dass jener der Aeltcre war. "'■^^ In der Regel erhielt freilich der
Erstgeborene den Vornamen des Vaters, es finden sich aber
auch Ausnahmen; man benannte mitunter einen jüngeren Sohn
nacli einem älteren, Avenn dieser vor dessen Geburt starb oder
adoptirt wurde. ^*)
§ 2.
Paullus scliloss sich als Patricier von Anfang an die re-
gierende Faction an. Das Beispiel und unglückliche Scliicksal
des Vaters äusserte in dieser Hinsicht keinen Einfluss auf ihn.
Diess bewies er a. 03 gleich bei seinem ersten öff'entlicheu
Auftreten dadurch, dass er Catilina nach der lex Plautia de vi
belangte , ^^) nach Ciceros Urtheile ein grosses Verdienst um
die Republik. '"^) Indess wurde er auch bald von den Gegnern
70) Kulgers. Var. Lect. 1. c. 9. p. 41. 71) 2, 07. 72) llnteii No.
20. u. 22. 12 ft) Antonii. No. 22. 73) Gliind. Oiioin. Ruperti stemm,
u. A. führen ihn als den Jüngeren auf. 7-1) Perizon. I. c. 75) Sallust.
B. C. 31. 7ü) ad Farn. 15, 12. 13. in Valin. 10.
LEPIDI. (17.) 7
seiner Partei angefeindet; denn als er a. GO und 59 als Quästor
des Propr. C. Octavius ^^> in Macedonien stand, ''^) machte in
dem letzten Jahre, Mahrschcinlich auf Cäsars Anstiften, L. Vet-
tius die Anzeige von einer angehlichen \ erschwürung gegen
Pompejus, in welche auch Paulliis verwickelt sei. '''■*) Die An-
schuldigung eines Abwesenden trug dazu bei, dass Vettius kei-
nen Glauben fand, und als ein untüciitiges -Werkzeug mit dem
Leben biisste. ^o)
Nach Ciceros Verbannung a. 58 zerticl Pompejus mit
P. Clodius, welchem er im Interesse Cüsars ihn aufgeopfert
hatte ; er sehnte sich nun nach einer Stütze , wie der Senat
nach seinem Wortführer, für dessen Herstellung a. 57 daher
auch Paullus sich verwandte. ^')
a. 55 unternahm dieser als curulischer Aedil die Bauten,
welche so grosse Kosten verursachten , dass es Caesar möglich
wurde, ihn zu bestechen. Er stellte die Basilica Aemilia auf
dem Markte in der nachmaligen achten Region wieder her , ^2)
für deren Erbauer mit Recht L. Aemil. Paullus, der Eroberer
yon Macedonien, gilt. ^•') Die alten Säulen wurden beibehalten,
und schon a. oi Avar das Werk fast vollendet. ^*J
Einen grösseren Aufwand erforderte der Bau der Basilica
Aemilia am Markte, an der Stelle der Fulvia, ^*«) in der nach-
m.'iligen vierten Region , welcher um dieselbe Zeit von ihm
verdungen wurde, aber wegen Mangel an Gelde ins Stocken
gerieth. ^^)
Da Pompejus Gahrung und Unruhen wünschte, um die
Dictatur zu erschleichen, wobei die Bestechungen der vier Con-
sular -Candidateu a. 54 ihm willkommen waren, so begann das
J. 5.3 mit einem Zwischenreiche. Erst im Juli wurden die
Consuln dieses J. und dann die übrigen höheren Magistrate ge-
wählt, unter welchen sich auch Paullus als Prätor befand. ^^)
77) Cic. ad Atl. 2, 1. §. 13. ad Qu. fr. 1. 2. §. 4. Suet. Ocl. 3. Antonii
No. 31. A. 22. S. Octavii. 78) Cic. in Vatiii. 10. 79) Cu;. 11. cc.
80) S. Claudii. P. Clod. a. 59. Pompeii. 81) Das. u. Cic. ad Farn. 15, 13.
82) Cic. ad AU. 4, 10. 13 Pliil. 4. 83) .Sfat. Silv. 1, 1. v. 32. Vgl.
Sachse Rom. 1. S. 308. u. GIG. Unten No. 22. 84) Cic. ad Att. 1, c.
84«) Plut. Caes. 29. Vgl. Liv. 40, 51. 85) Cic. 1. c. 13 Phil, 4. Plin.
36, 24. (15.) P. Vict. u. Sex. Ruf. Reg. 4. S. unten §. 3. u. No. 18.
86) Cic. Milon. 9. Dio 40, 17. 45. S. Pompeii.
8 I. AEMILII. (17.)
Sein Mitbewerber 1*. Clodius trat zurück, weil er das Amt nicht
auf so kurze Zeit übernebiuen wollte. ^'')
Kaum war «lieser von Milos Banden getödtet, als ein Bür-
gerkrieg immer gewisser wurde. ])cshalb suchte Pompcjus a. 51
die AValil in den Consular - Comitien , über deren Zeitpunkt
man lange in Zweifel blieb , 8^) auf Männer zu lenken, Avelche
für Cäsars Feinde galten. **'-*) Im Juli wurden Paullus '-"') und
C. ]\Iarcellus '-"^ gewählt; M. Calidius, Melcher mit ihnen ge-
worben hatte, sah sich in seinen Hoffnungen getäuscht und
wegen Amtserschleichung angeklagt. '•'-) Mit grosser Besorgniss
erwartete Cicero damals in Cilicien einen Angriff" der Partlier;
er überschickte auch Paullus seinen Glückwunsch mit der Bitte,
eine A'erlängcrung seiner Statthalterschaft " zu verhindern. ^^)
Dieser konnte indess leicht erachten, dass er selbst, in anderer
Hinsicht einen schwierigen Stand haben werde. Denn der Senat
beschloss 30. September auf Betrieb des Pompejus, welclier
Cäsar (ilallien zu entziehen wünschte , dass die Consuln des
nächsten Jahres ] . Mäi'z über die Consular - Provinzen an ihn
berichten sollten. '••*i Paullus äusserte sich auch jetzt noch feind-
lich gegen Cäsar, und die Pompejaner rechneten ganz vorzüg-
lich auf ihn und auf den erwählten V. Tribun M. Curio. '■'^^
§ 3.
Allein er entsprach a. .50 als Consul '"'3 diesen Erwartungen
so wenig als der Tribun. Wie Cicero jetzt nichts wichtiger
war, als dass ihm ein Dankfest und so mittelbar ^^ »•) der
Triumph beschlossen wurde, und er deshalb Paullus '•'') und
dessen Collcjjen unter neuen Schmeicheleien und nicht oline Er-
folg um ihre Verwendung bat, so beschäftigte sich auch jener
vor Allem mit seinen eigenen Angelegenheiten. Durch die Bau-
ten ^^) war sein Vermögen zerrüttet, und seine Basllica zu
87) Cic. I. c. Claudii. 8S) Lic. ad Kam. 8, 2. 89) App. 2, 443.
Dio 1(1, 59. 90) Cic. ad Fam. 8, 1 u. 8. 15, 12. n. 13. Brut. C4.
Hirt. H. Call. 8, 48. Suet. Caes. 20. Pliii. 2, 57. (56.) Obseq. 125. App.
I. c. Dio 40, C3. yi) S. Clrtiidii Maroelli. 92) Cic. ad Fam. 8, 4.
93) ad Fam. 15, 12. 94) S. Tompeii. 95) Cic. ad P'am. 8, 10. 96) Oben
A. 90. 90») Die Siipplicatio halte nicht nothwendig diese Foljce. Aii-
toiiii No. 14. §. 47. A. 70. 97) ad Fam. 15, 13. u. 8, II. 9s) üben §. 2-
«
LEHDI. ri7.) 9
vollenden eine Ehrensache. So verfiel er Cäsar, welcher durch
ein Geschenk von 1 500 'J'alenten als Beisteuer zu einem höchst
verdienstlichen Werke '-'•'^ wenigstens erreichte, dass er schwieg
und nichts gegen ihn unternahm. ^"") Der Bau hatte nun seinen
Fortfang, er wurde aber bald von neuem durch den Bürger-
krieg unterbrochen , so dass die Weihe erst a. 34 erfolgen
konnte, und nicht durch Paullus. ^)
Dieser blieb während des Krieges in Italien. Er wird
nicht unter den Optimaten genannt, welche unter Pompcjus be-
fehligten oder ihm über das Meer folgten; -) aber eben so
wenig trat er als ,, erkaufter Friedensstifter" a. 49 im Senat
auf, um etwa Cäsars Vorgeben, er wünsche einen Vergleich,
zu unterstützen. ^) Während sein Bruder M. Lepidus sich offen
für den Sieger erklärte, lebte er in der Stille in Rom und auf
dem Lande. Als Leberläuier, wofür er den Meisten galt, fand
er bei keiner Partei Vertrauen. Als ein Mann ohne Ivriegsruhm
und von mittelmässiger Kraft konnte er auch nach dem Tode
des Dictutor a. 44 nicht selbstständig auftreten. Er zählte
nur in der Menge mit, und neigte sich daher wieder auf die
Seite des Senats, äusserte aber seine Gesinnungen anfangs nur
im Verkehre mit einzelnen Missvergnügten, welche auf ihren
Gütern wohnten. Am 14. April sprach er Cicero in Cajeta,
und gab ihm Nachrichten von dem Zustande Roms , so dass er
es erst nach jenem Ereignisse wieder verlassen zu haben scheint. *)
Auch zeigte er ihm Briefe von Lepidus , deren Inhalt Beiden
missfiel , weil er Feindschaft gegen die Mörder verrieth. ^)
Sie kehrten dann nach Rom zurück, wo Paullus dafür
stimmte, dass man D. Brutus im cisalpinischcn Gallien verstär-
ken, und ihm namentlich die Legion des 3Iars und die vierte
überweisen müsse. ^) Aber er wurde nicht Legat des Lepidus
in Gallien und unterhandelte nicht in dessen Auftrage mit Sex.
Pompejus über den Frieden, ^) sondern der Senat schickte ihn
90) Suet. Caes. 29. App. 2, 443. Dio 40, G3. Pluf. Caes. 29. Pomp.
58. JOO) App. 1. c. u. 444. ]) Dio 49, 42. Vgl. 54, 24. u. unten
No. 18. 2) Vgl. Cic. ad Atf. 8, 15. 3) Mohgault ist dieser Meinung,
Anrn. 4. zu ad Att. 10, 1. 4) Cic. ad Alt. 14, 7. 5) Das. 14, 8.
C) Ders. ad Fam. 11, 19. Antonii No. 14. §. 47. A. 87. 7) Garatonis
Verrauthung, zu Cic. 13 Pliil. 6.
10 I. AEMILII. (18.)
mit einigen Anderen erst später zu Ponipejus, als dieser schon
aus Spanien nacli Massilia gekommen war, und Brutus in Mutina
gegen Antonius Beistand leisten sollte. ^J Er gehörte zu den
Senatoren, welche 30. Juni 43 Lepidus wegen seines Abfalls 1
von Antonius für einen lleichsfeind erkliirten , '■'-' und wurde in
demsclhen .Tahre nach der Errichtung des Triumvirats proscri-
birt. "*' Die Soldaten gestatteten ihm, wohl nicht olme eine
geheime Weisung, sich zu M. Brutus einzuschiffen, nach dessen
Tode er nach Milet ging. '"^-^ Es scheint, dass er hier sein
Lehen heschloss, denn er kelirte nie nach Rom ziirück, obgleich
er von den Triumvirn begnadigt Murde; ") die Annahme, nach
welcher er a. 34 zum zweiten Alale das Consulat, und a. 22
die Censur verwaltete, beruht auf einem Irrthume. '-)
Das Lob, welches Cicero ihm spendet, '•'-' weil er seiner
bedurfte, verdiente er nicht. Er hat sich in einer Zeit, wo
sich vielfach Gelegenheit dazu fand, weder im Felde noch als
Staatsmann ausgezeichnet. Seiner Geburt, dem Glänze seines
Geschlechts und seinen Bauten verdankt er es, dass die Ge-
schichte ihn nennt.
18. Paullus Aemilius Lepidus. i«) L. F. M. N. '5) Sohn
des Vorigen. P. Aemilius "'-' und auch Aemil. Lepidjs P. '^)
genannt, und von ^leiireren mit seinem \ ater verwechselt, in-
dem sie Beide für eine und dieselbe Person halten, ^*) und folg-
lich No. 19. 20. 22. und 23. für Gemahlin und Kinder von
No. 17. Da dieser M. F. Q. N. war, so tadelt Marlianus ^V
Dio Cassius, welcher Beide nicht unterscheide:'-'^) ausführlicher
hat sich Perizonius darüber verbreitet. -'J Der Vater sah nach
seiner Aechtung Rom nie wieder, wie so eben bemerkt ist, und
der Einwurf des Pighius , --) dass der Sohn das Consulat nicht
schon sechszehn J. nach ihm habe verwalten können, ist ohne
8) Cip. 1. c. 9) App. 4, 595. Dio 47, 6. 10) Anlonii No. 11. §. 55. A.
4. f. 10«) App. 4, 010. Dio 47, G. 8. 11) App. 1. c. 12) Inten No. 18.
13) ad Fam. 15, 12. 13. in Vatin. 10. pro Mil. 9. 13 phil. 0. M) Dio
54, 2. 15) Fast. Cap. in Pigh. 3. p. 515. IG) Tab. Capuan. in Pigh. 3.
p. 494. Bei Suet. Oct. J6. Aemilius P. 17) Dio 49, 42. 18) Pigh. 3.
p. 495. u. 515. Gland. Oiiora. Aupustin. Fam. R. Strein. Fam. R. Rupert!
■temm. 19) Ann. a. 732. 20) 54, 2. 21) Anim. bist. p. 125. i.
22) 1. c.
LEPIDI. (19.) 11
Gewicht, da in diesen Zeiten das geset/miissige Alter oft un-
beachtet blieh.
Diu berichtet in der angeführten Stelle, PauUus, der Un-
serigc, Cens. a. 22 sei a. 13 geachtet; entweder nimmt er ihn
für den Vater, oder er irrt in der Sache, deren kein Anderer
gedenkt, und Perizonius versucht vergebens, ihn zu rechtferti-
gen. Wühl aber mag er mit dem Vater zu M. Brutus entflohen,
und von diesem mit der Vcrtlieidigung Gretas beauftragt sein. ^3)
Nach dem Tode des Brutus schiffte er in das ionisclie Meer,2*J
ohne jedoch an dem Kampfe gegen die Triumvirn ferner
Theil zu iielimen; vielmehr begleitete er Octavian im Kriege
mit Sex. Pompejus. -^)
So gelangte er a. 3 4 zum Consulat, aber 1. Juli als Cons-
suffectus , -'•-* und vollendete und weihte jetzt die Basilica seines
Vaters, ^^^ welche a. 11 abbrannte, und von Augustus unter
dem Namen eines Aemilius hergestellt wurde. ~^) Als Censor a.
22 lebte er mit seinem Collegen L. Munatius Plauens in Un-
frieden, -">' auch masste sich Octavian ihre Rechte an. '^^)
19. Cornelia. ' Gemalilinn des Vorigen.'''^
20. L. Aemilius Paullus. Sohn von No. 18. und 19.32;
Consul a. 1 nach Chr. mit C. Cäsar, dem Sohne des Agrippa. •^•^)
Er machte eine A erschwörung: ffcgen Augustus. '■^'^J
21. Julia. Gemahlinn des Vorigen, Tochter des M. Agrip-
pa von lulia, der Tochter des Augustus. '■^■^J
22. M. Aemilius Lepidus. Bruder von No. 20. ^''0 Consul
G nach Chr. '-^V Später Statthalter in Asia. ^s; Er starb a. 33. 39)
23. Aemilia Lepida. 4o)
23) App. 5, 672. 24) Das. 25) .Suet, Ocf. 16. 26) Tab. Capuan,
oben A. IG. Grut. Inscr. p. 1087. No. 2. Dio 49, 42. 27) Die 49, 42.
28) Ders. 54, 24. 20) Vellej. 2, 95. Sue(. Oct. 04. Piopert. 4, II. v. 67.
30) Dio 54, 2. 31) S. Caecilii. und die Münzen mit der Inschrift:
Pauli. Lepid. Concordia Puteal Scribon. Libo. welche an Scribonia, Cor-
nelias Mutter erinnern sollten. Lrsin. Aemil. p. 7. Vaill. Aemil. No. 38.
Eckb. 5. p, 129. Periz. Anini. bist, p. 100. 32) Suet. Oct. 19. 04.
Propert. 1. c. 33) Dio 55. ind. Coss. Fast. Sic, 34) Suet, Oct. 19.
35) Ders. l. c. u. 04. Tac. A. 3, 24. 4, 71. 30) Propert. 1. c.
37) j^o 55, 25. 38) Tacit. 4, 50. 39) Ders. 6, 27. 40) Propert.
1. c. V. 67.
12 I. AEMILII. (21.)
24. M. LcpuliLS. M. F. Q. N. '»U Sohn von No. 12.«^
Sein Grossvatcr konnte nicht Marcus heisscn , schon deshalh irrt
CJIandorp, welcher No. 10. dafür hält. ^2>' Er war nicht der
Urenkel , aber doch der Nachkomme von No. 7. und su ist Pro-
iiepos bei Cicero zu verstehen, n)
§ I.
Als cur. Aedil stellte er a. 52 mit seinem CoIIccren
M. Marcellus den Tempel der Diana auf dem y\ventin wieder her. ^■'J
a. 41) Priitor. '*'') Abkunft und Ileichthum verschafften ihm An-
sehn. Sein Vater war im Kampfe mit der Aristokratie unterge-
gangen; er erklärte sich für Cäsar, welcher seinen Einfluss und
seinen Hass benutzte , ohne dem schwachen Manne in Rom und
im Felde je anders als nur zum Scheine Wichtiges anzuvertrauen.
Indess konnte er auch als Prätor wirken, zumal da die Consuln
sich mit Pompejus entfernten. Schon im März äusserte Cicero,
welcher aus Klugheit mit ihm in Verbindung blieb, *^-> man
werde gegen Recht und Gesetz die Prätoren ermächtigen, Con-
sular - Comitien zu halten. ^*^) Cäsar fand einen Ausweff ; er
Stellte Rom bei seinem Aufbruche nach Spanien unter Lepidus
Obhut, in der That aber bürgte M. Antonius an der Spitze der
Truppen für die Erhaltung der Ruhe. *") Nach der Beendigung
des spanischen Krieges vernahm er zu Massilia, dass er unter
Lepidus Vorsitze durch einen Volksbeschluss zum Dictator er-
nannt sei; so hatte er es gewollt, um nun selbst die AVahlen
für das künftige Jahr veranstalten zu können. ^^)
a. 48 verwaltete Lepidus das diesseitige Spanien mit dem
Titel eines Proconsuls. ^U Im jenseitigen stand Q. Cassius Lon-
ginus, Avelcher durch Raubsuclit und Härte Meutereien veranlasste.
Die Missvergnügten wählten den Quästor M. Marcellus zum An-
41) Fast. Cap. a. 709. u. 710. Goltz Fast. a. 706. Vaill. Aemil. No.
23. 2J. 42) Vgl. Noris. Cen. Pis. Diss. 2. p. 31«. Peri/. Anini. hisl.
p. 131. Morell. thes. p. 31. 1". 13) Onoiii. p. 2.s. N) 13 phil. 7.
45) Goltz, a. 702. Vaill. Aemil. No. 22. Claudii No. 37. 46) Cae».
B. C. 2, 21. Dio 41, 3C. 47) ad AU. 8, II. 48) Das. 9, 9. §. 3.
49) Anlonii No. 14. §. 3. A. 12. 50) lulii. Caes. Dict. a. 49.
51) App. 2, 457. Dio 43, 1. Hirt. B. Alex. 59. Auf dem Denar Golta
a. 706. Vaill. Aemil. No. 24. propr.
LEPIDI. (24.) 13
fulircr, wogegen Cassius, von ihm in Ulia eingeschlossen, Le-
pidus um Hülfe hat.
Dieser kam a. 47 in der Absicht, den Streit beizulegen,
und die Provinz Cäsar zu erhalten. Er gestattete Cassius, wel-
cher sich voll IMisstrauen nicht mit ihm vereinigen mochte,
freien Abzug, und folgte ihm mit Marcellus, dessen Gesinnungen
gegen Cäsar zweifelhaft waren. Bald darauf ertrank Cassius in
der Mündung des Iberus, als er sich mit seinem Gelde einge-
schifft hatte, und sein Nachfolger Trebonius bereits angelangt
war. ^-) Ohne durch irgend eine Waff"enthat dazu berechtigt zu
sein , durfte Lepidus sich Imperator nennen , ^^) und noch a. 47
nach seiner Rückkehr aus Spanien triumphiren, freilich ohne
andere Trophäen als das in den Provinzen erpresste Geld. 5*)
Auch erhielt er jetzt, im Spätjahre, als Cäsar seine dritte Dic-
tatur antrat, die Würde eines Mag. Equitum. Es berührt diess
einen sehr schwierigen Gegenstand; ^^-^ schon bei den Alten ist
dadurch Verwirrung entstanden , dass man oft Cäsars Dictaturen
und Consulate für gleiclilaufend nahm, oder die erste Dictatur
wegen ihrer kurzen Dauer nicht mitzählte.
a. 46 wurde der Magister Equ. zugleich Consul mit Cä-
sar III. , und beide behielten diess Amt bis zum Ende des J.,
obgleich Sueton ^^) das Gegentheil sagt. Lepidus blieb in Rom,
während sein College in Afrika focht. In dem Maasse, als des-
sen Macht fester gegründet wurde, erschien er nur als sein
Client. Auch Cicero huldigte in dieser Zeit nicht ihm, sondern
Baibus und den übrigen Günstlingen des Dictutor. Dieser w.ir
zum vierten Male und allein zum Consul designirt und noch
Dictator III. , als er nacli Spanien abging, übernahm aber vor
dem Ende des J. die Dictatur , welche ihm während des afrika-
nischen Krieges auf zehn Jahre übertragen war, zum vierten
Male, und wiederum war Lepidus sein Magister Equ., ^^) er
sollte in seiner Abwesenheit mit sechs oder acht Präfecten die
Regierungs- Angelegenheiten in Rom besorgen.
52) Cassii. 53) Vaill. Aeitiil. No. 25. 26. lulii No. 21. Unten A.77. 54) Die.
43, 1. Vaill. Aem. 24. Goltz Fast. a. 706. In den Fast. Cap. ist nur sein
zweiter Triumph über Spanien v. J. 43. angegeben. 55) Ein Versuch, ihn
zu ^ledigen, folgt in der Geschichte Cäsars, wo auch über Lepidus das
Erforderliche bemerkt wird. 50) Caes. 7C. S. lulii. 57) Dio 43, 48.
14 I- AFAIIMI. (24.;
a. 45. AVie wenip^ er sich zu Leliaupten Mtisste, l»ewe!s't
die Anniassiins der Präfccten , weielie sich ihm auch in Befreft'
der Insisnien sleich stellten. ^*) Im Ausfust var er in .Antium,
von wo er Cicero einlud, 1. Sejttemlier sich im Senat einzu-
ündftn , weil man bis dahin Cäsar aus Spanien zuriick erwar-
tete. ^'' Als dieser gegen Ende d. J. seine fünfte und letzte
Dictatur antrat, wählte er Lepidus zum Alagister Equ. ^**^
■ § 2.
a. 41 gab er ihm sogar ohne Rücksicht auf die Verfassung
das narbonensische Gallien und das diesseitige Spanien. ^') Le-
pidus konnte hier seine Schätze vermehren , und er zeigte sich
dankbar. Seine Münzen verewigten das Andenken an die Ova-
tion seines Beschützers vom 26. Januar, ''-> und nur Cicero
konnte erdichten, als er seinen Schutz sejen M. Antonius be-
durfte , dass die Leberreichung des Diadems an den Lupercalien
(15. Februar) ihn empört habe. ^^) Als Statthalter entfernte er
sich nun zAvar aus Rom, aber nicht von dessen Thoren: viel-
mehr lagerte er vor der Stadt mit den Truppen, welche er für
seine Provinzen zusammenzog. Deshalb wurde unter den Be-
freiern darauf angetragen, auch ihn zu tödten ; zu ihrem grössten
Nachtheile beschränkten sie ihre blutigen Entwürfe auf den Dic-
tator,^^) Lepidus ahndete diese nicht; er bewirthete Cäsar
14. März, und Mar ohne Zweifel am 15. in der Curie des
Ponipejus am Marsfelde Zeuge des Mordes. ^5) Auf dem Markte
sich einzufinden '•*') war ihm als Befehlshaber nicht gestattet,
so lange noch einige Ordnung bestand, auch hatte er dort kein
38) Dio. 1. c. 59) Cic. ad Alt. 13, 47. CO) Dio 43, 49. App. 2,
495. nennt ihn unrichtig als Nachfolger des M. Antonius in dieser Würde.
Cl) lulii. Caes. Dict. a. 44. S. daselbst ül)er die angebliche Ernen-
nung von vier Mag. Eqn. 62) Vaill. Aemil. 20. 03) 5 Pbil. 14, 13, 8.
04^ lulii 1. c. Antonii Xo. 14. §. 7. A. 82. 65) Plut. Caes. 07. Nach
Dio 11, 22. u. App. 2, 5U2. war er nicht gegenwärtig; man sieht lein
Hinderiiiss, und der Gegenstand, über welchen man verhandeln wollte,
machte seine Anwesenheit für Cäsar sehr wünschenswerth. t)afi die
Mörder ihn nicht, wie den liihnen Antonius, zurüclzuhaKen such-
ten, erklärt sich aus seinem ihnen wohl bekannten Character. 66) App.
I. c.
LEPIDl. (24.) 15
Geschäft. In der ersten Bestürzung verbarg er sich , dann
kehrte er zu seinen Truppen zurück. "'^
Diese verschafften iliui ein Uehergewicht, welches bald die
Hoffnung in ihm erregte, Ciisars Stelle einzunehmen. Zu dem
Ende besetzte er in der Nacht vom 15. auf den 16. .^lärz den
Markt, und sprach am anderen Morgen zum Aolke, es gegen
die Mörder zu erbittern. Aber der klügere M. Antonius hielt
ihn nicht nur von (ie« altschritten ab — die von Cicero ge-
priesene Mässigung des Lepidus — *^^) sondern entriss ihm auch
völlig das Heft; er handelte unter dem Schutze seiner Krieger,
und belohnte ihn mit nichtigen Ehrenbezeugungen. Die Be-
freier äusserten gegen Beide das Verlangen nach Versöhnung.
Während man sich 1 7. März im Tempel der Tellus über ihr
Schicksal und die Gültigkeit der julischen Gesetze berieth, und
Antonius, der Consul, mit grösster Schlauheit die Aristocratie
mit sich selbst entzweiete, wurden die Zugänge von den Trup-
pen des Lepidus bewacht. Doch misslang der Versuch der bei-
den Freunde, das Volk aufzuregen; der Senat beschloss eine
Amnestie, und jene schickten nun ihre Söhne als Geissein auf
das Capitol, und luden die Häupter der Verschworenen zum
Mahle, Lepidus, schon gänzlich vom Consul beherrscht, seinen
Verwandten M. Brutus. *>V
Die Amnestie war mit der Bestätiguna: der Gesetze Cäsars
erkauft, welche Antonius vollzog, deutete und vermehrte. Er
Hess Lepidus an die Stelle des Ermordeten zum Pontifex Maxi-
mus wählen, ''"^ und zwar nicht durch das Volk, vie Cäsar
selbst verfügt hatte, ^') sondern durch die Pontifen , um des
Erfolgs gewisser zu sein. ~>-) Auch verlobte er seine Tochter
mit dessen Sohne. ''^^ Als er seiner Hülfe in Rom nicht mehr
zu bedürfen glaubte, Hess er ihn nach seinen Provinzen ab-
67) Plut. I. c. 68) 5 Phil. 14. 69) Aiilonii. No. 14. §. 9. A. 39.
43. 44. 58. §. 10. in. §. II. A. 8. 70) Cic. 5 Phil. 15, LS, 4. 7. ad Alt.
10, 5. §. 3. 16, II. §. 7. Liv. 117. Vellej. 2, 03. Dio 44, 53. App, 2,
511. Vaill. Aemil. No. 28. 30-37. Morell. thes. tab. II. III. 1. VII. 18.
28. X. 21. 71) Durch das Gesetz des V. Tribun T. Labienus a. 63.
welches die L. Cornelia Sullas aufhob und die L. Domitia v. a. 104
wieder in Kraft setzte. 72) Dio 44, 53. Vellej. 1. c. Vgl. Cic. 12 Phil.
5. Ä^Antonii No. 14. §. 9. A. 45. §. 14. A. 90. 73) Antonii. No. 20.
16 I AEMim. (24.)
gehen, und zwar mit dem Auftrage, sowohl in Gallien tu
bleiben, wo er ihm im Falle eines Bürgerkriegs ferner nützen
konnte, als Sex. Pompejus in Spanien durch Vertrüge zu ent-
waft'iicn. Demnach ging der Consular nur über die Alpen, und
vermittelte einen A ergleich zwischen Pompejus und Rom: jener
sollte nach Italien zurückkehren, und für seine Güter, welche
grösstcnthcils Antonius besass, A'om Staate entschädigt wer-
den. ^*) Wenn diess zur Ausführung kam, so war er ohne
Schwcrdtschlag überwunden; die Aristocratie aber, weniger
scharfsichtig als der Consul , hoffte diesen durch ihn zu zügeln.
Daher wurde Lcpidus A'on beiden Theilen geehrt. Sein AVerk
glich einem grossen Siege. Unter dem Vorsitze des Antonius
beschloss ihm der Senat 28. November eine Supplication, wo-
durch er die Anwartschaft zum Triumph' erhielt. ''^^ Dann ver-
liess jener Rom , um D. Brutus zu bekriegen.
§ 3.
Im Anfange des Januar a. 43 forderte Cicero in der Ab-
sicht, alle Streitkräfte gegen seinen Privatfeind Antonius zu
vereinigen , angeblich aber wegen jener Friedensstiftung eine
vergoldete Statue zu Pferde für Lepidus, und der Senat geneh-
migte es. ■'6J Nach diesen Beschlüssen nannte sich der Gefeierte
Imperator. '^) Der Senat, welchen er nicht einmal seine Dank-
barkeit bezeugte , '^) verlangte nun seine Mitwirkung zum Ent-
sätze von Mutina. In so verwickelte Angelegenheiten entschei-
dend einzugreifen, fehlten ihm Thatkraft und Muth. Er war
sich bewusst, dass er unter jeder Bedingung dem Sieger anheim-
fallen werde, schon deshalb, weil die Veteranen Cäsars, der
Kern seines Heeres , von dessen Erben oder von Antonius leicht
verlockt werden konnten, und suchte daher scheinbar parteilos
zu bleiben. Nur ein Theil seiner Truppen ging unter M. Sila-
nus nach Italien , welcher seine zweideutigen Befehle verstand,
und für Antonius, seinen Freund und Verwandten focht.'")
74) Ponipcii. Sex. Pomp. 75) Aiifoti. No. 11, §. 29. A. 43.
70) Das. §. 33. A. Ol. §. 30. A. 20. 77) (Iniper. II. Oben A. 53.) 13
Phil. 4. ad tarn. 10, 34. 35. Vaiil. AeniiJ. No. 3i. 30. 78) Cic. ad Fam.
10, 27. 34. 79) Anton. No. 14. §. 42. A. G6.
LEPIDl. (24.) 17
Zu gleicher Zeit empfalil er dem Senat den Frieden , Modurch
er eine heftige Aufregung veranlasste ; Cicero sprach dagegen,
und rieth ihm, sich mit solclien Dingen niclit zu befassen, ^oj
Seine Ünthätigkeit und sein Schwanken musste die senaturische
Faction um so mclir erbittern, da er dem Kampfplätze nahe
war, die Alpen beherrsclite, und die anderen Statthalter in den
jenseitigen Provinzen von Italien ausschloss. Man erfuhr, dass
er die Briefl)oten anhalte, welche zu ihnen gingen, und ihre
Truppen an sich zu ziehen suche. *'^ Indess ist Dios Nach-
richt ungegründet, dass man ihn durch die Anlegung einer
Coionie in Gallien beschäftigt habe, seit er verdächtig gewor-
den Mar. ^-J
In der zAveiten Hälfte des April unterlag Antonius bei Mu-
tina, und gerade dadurch gelangte er Mieder an das Ruder.
Denn seine Feinde zerfielen, als die Furclit vor ihm sie nicht
mehr zusammen hielt, er Murde einem Theile dadurch noth-
Mendig, seine Flucht nach Gallien gab Lepidus, dessen Unter-
hefehlshaber CuUeo die Alpenpässe rätimte , Vorwand und Ge-
legenheit, sich d. 29. .Alai mit ihm zu vereinigen , ^3) Morauf
sich Asinius PoUio , Statthalter im jenseitigen Spanien und
L. Munatius Plancus, Avelcher das jenseitige Gallien bis auf das
narbonensische verM altete , ebenfalls an ihn anschlössen , ^V und
Octavian, hätte er es auch nicht ohnehin gcMoUt, keine Wahl
blieb, als ihrem Beispiele zu folgen. Der Schwächste unter die-
sen Allen entschied das Schicksal Roms und das Ihrige.
Der Senat erklärte ihn d. 30. Juni für einen Feind der
Republik und befahl, seine Statuen umzuMerfen, ^^) aber Octa-
vian erzwang im August das Consulat und die Aufliebung der
gegen Antonius und Lepidus gerichteten Beschlüsse. 86J ßei sei-
ner Unbedeutsamkeit eignete sich dieser zum Unterhändler zwi-
schen den beiden anderen Feldherren, ^') mit welchen er gegen
Ende des October , m ahrscheinlich auf einer Insel des Lavinius,
das Triumvirat errichtete. ^^) Man gab ihm das narbonensische
80) Das. §. 41. in. u. A. 34. 81) Das. §. 51. A. 24. 82) Das. §. 51.
A. 27. 8.^) Das. A. 44. u. 6G. 84) Das. §. 52. 85) Das. §. 47. fin.
§. 52. A. 71. 86) Das. §. 48. fin. §. 49. fin. §. 52. A. 72. 8T) Das. §. 47.
A.^. f. §. 53. in. 88) Das. §. 53.
^DrHmann, Geschichte Roms 1. • 2
18 ' AEMIMI. (24.;
Gallien und Spanien, wclclic er jedoch abwesend verwalten
sollte, nni im nächsten Jahre als Consiil nnd mit drei Lcirlonen
Rom und Italien zu bcv.achen, während seine Collegen Brutus
und Cassius im Osten «lufsuchen würden. Zu dem Ende über-
liess er ihnen seine anderen Truppen, und erhielt demnach so-
gleich eine untergeordnete Rolle, und auch diese nur weil er
in ihr noch nützen' konnte. ^V Da er bloss "Werkzeug war, so
kann man ihm auch die Proscriptionen am wenigsten in Rech-
nung bringen, obgleich sein Bruder L. PauUus unter den Ge-
ächteten war. ""-^
Die Triumvirn begaben sich nacli Rom und übernahmen
Avährend der Verfolgung ihrer Mitbürger d. 27. Novenvbcr auf
fünf Jahre ihr angemasstes Amt. -"-^ Am 31. December trium-
phirte Lepidus in Folge der ihm früher vom Senat beschlossenen
Supplication über Spanien. ^-)
§ 4.
Ihm schien es ohne Zweifel eine Auszeichnung, dass er
a. 12 zum zweiten Male das Consulat verwaltete,"-') obcleich
er als Triumvir es herabgewürdigt hatte; überdiess^ stimmte ein
ruhiges und gefahrloses Leben zu seiner Schlaffheit. L. Muna-
tius Plancus , sein College , suchte der Raubgier der Soldaten
zu steuern und er selbst sprach tröstende Worte im Senat; aber
die Erpressungen der Machthaber dauerten fort, und die Rüstun-
gen zum Kriege mit den Befreiern , gegen welche Octavian und
Antonius sofort den Feldzug eröffneten, dienten zum Vorwande. ^*)
Die ferneren Unternehmungen und Schicksale des Lepidus
liegen ausser den Grunzen dieser Schrift. — Wie gross auch
die Zahl der Anzeichen war, welclie man im Spätherbste, zur
Zeit der Schlachten bei Philippi wahrnahm, ^^) so gab es doch
für ihn kein ungünstigeres, als dass man ihn vom Kriegsschau-
platze fern hielt, und er seinen ohnehin geringen Einfluss auf
das Heer und seine Ansprüche verlor, weil er nicht zur Unter-
drückung der gemeinschaftlichen Feinde beitrug, '•'•*) an welche
80) Das. §. 53. A. 18. f. A. 22. f. 90) Hier No. 17. z. E. 91) Anton.
No. 14. §. 51. A. 71. 92) Das. §, 53. A. «1. 93) Das. §. 50. A. 91.
91) Das. §. 50. 95) Dio 17, 40. f. Obseq. 130. 9(i) App. 5, 071. Dio
48, 1. 22.
t
LEPIDI. (24.) 19
seine Münzen erinnerten. ^^) Die Sieger befragten ihn nicht,
als sie hei Philippi zuiu zweiten Male theilten : sie entzogen ihm
seine Provinzen; irgend eine Unterhandlung zwischen ihm und
Sex. Ponipcjus in Sicilien sollte für Verrath erklärt, und nur
wenn sich auch kein scheinbarer Grund zur Anklage finde, ihm
Africa überwiesen werden. '^V
a. 41 kam Octavian nach Rom zurück. ^V Nicht Lepidus,
sondern Fulvia, die Gemaiilin des M. Antonius, welcher im Osten
blieb, leitete mit Manius, ihrem Vertrauten, die öffentlichen An-
gelegenheiten, und auch der Consul L. Antonius handelte nur
nach ihrem Willen. Ihr Ehrgeiz wurde die Ursache des perusini-
schen Kriegs, in welchen l^epidus gegen seinen Wunsch sich
verwickelt sah. Er übernahm, in der That als Legat des Octa-
vian, die Vertheidigung von Rom mit zwei Legionen , suclite
aber bald bei jenem Schutz, als der Feind dennoch hinein-
drang. io»J
Nach der Beendigung des Krieges a. 40 gelangte er end-
lich zum Besitze der alten und neuen Provinz Africa, oder des
ehemaligen carthagischen und nunüdischen Gebietes, ^) da man
ihn eines Einverständnisses mit Pompejus nicht überführen konn-
te, 2) Er verblieb ihm im Frieden von Brundusium , "wo Octa-
vian und Antonius nach den durch Fulvia veranlassten Irrunjren
sich über eine dritte Theilung einigten, '^^ ihn aber so wenig
zuzogen , als bei dem Friedensschlüsse mit Sex. Pompejus bei
Rlisenum a. 39. '*->
Obgleich er also der Sache nach längst nicht mehr zum
Vereine der Herrscher gehörte, so fehlte es doch noch an einem
Vorwande, ihn ausdrücklich auszustossen. Daher wird er in den
capitolinischen Fasten und auf den Münzen ^^ auch als Triumvir II
aufgeführt. Appian ^) und Dio ^^ übergehen ihn in den Nach-
richten von der Erneuerung des Triumvirats, dessen zweites
Quinquennium am 1. Januar 37 begann.^)
97) Goltz Fast. a. 711. Vaill. Aeniil. No. 3l. 98) Anton. No. IJ.
§. 57. A. 33. 99) Das. §. 58. A. 93. 100) Das. §. 59. A. 61. u. Ü7.
1) Vgl. Das. §. 53. A. 19. 2) Das. §. 59. tin. ,S) Das. §. CO. A. 64.
4) Das. §. Gl. A. 32. 5) Vaill. Aemil. No. 37. 6) 5, 727. 7) 48, 54.
Sue(. Ocf. 16. nennt ihn noch in der Geschichte d. J. 3C0ctavians Col-
le|en. 8; Anton. No. 14. §. 54. A. 74. u. §. 63. fin.
W o *
20 '• ARMini. (24.)
Im folffentlcn Jahre 30 endigte sich die öffentliche Laufbahn
des I^epidus. (Jctavian hatte in Tarent von Antonius Schiffe
gegen Landtriippen eingetauscht, '-'>' um Sex. Pompejus in Sicilien
zu bekriegen, '"' und auch.Lepidus Avurde von ihm zur Mitwir-
kung aufgefordert. ") Voll Unwillen über die Zurücksetzung,
Avelche er bisher erfahren hatte, riistcte er 12 nicht vollzählige
Legionen, 5000 numidische Reiter, 1000 Transport- und 70
Kriegsschiffe, und verliess Africa I. Juli 36. '-' Der Wachtposten
des Pompejus bei der Insel Cossvra fügte ihm keinen Schaden
zu, desto mehr aber ein Sturm. Dennoch landete er bei Lily-
büum, belagerte Plennius, welcher es vertheidigte, und unterwarf
sich die umliegende Ccgend. Hier war er vom Kriegsschauplatze
im Osten der Insel am weitesten entfernt, und seine Absicht,
den Gang der Dinge abzuwarten, und wenn man dort erschöpft
sein würde, Sicilien selbst zu nehmen, blieb nicht zweifelhaft. '^)
Es kränkte ihn , dass Octavian ihm wie einem Legaten Befehle
zugehen liess , und ihn nach Tauromenium zu Messala entbot,
um eine Vereinigung der Heere zu bewirken. '*) Vorerst hatte
er einen Vorwand, an der Westküste zu bleiben, da vier seiner
Legionen noch nicht angelangt waren. Seine Sorglosigkeit war
die Ursache , dass sie grossen Verlust erlitten. Sie hielten die
pompejanischc Flotte unter Papias für die eigene , welche ihnen
entffcijen geschickt sev, wurden seschlajren, und wichen nun auch
jener aus, als sie endlich erscliicn. An der Küste trieb Gallus
Tisienus sie zurück, so dass nur ein geringer Theil nach und
nach bei Lepidus eintraf. '^^
Dass dieser insgeheim mit Pompejus unterhandelte, ist nicht
glaublich, und wirA nur von Dio berichtet. •'') Eine Verbindung
mit ihm gleich im Anfange des Kriegs hätte Octavian verderb-
lich werden können. Als nun aber dessen Flotte unter Agrippa
bei IMylä und dann bei Naulochiis siegte, war auch über ihn
entschieden. Plennius gieng auf Befehl des Pompejus, welcher
9) Das. §. 04. A. 22. 10) Die Geichifhte die.ses Krieges s. in
Pompeii. 11) Vellej. 2, 80. Suef. Ocf. IG. Dio 19, 1. Vgl. 18, 16.
12) App. 5, 727. 72«. Dio 19, 8. Vellej. 1. c. Mv. 120. 1.3) Dio I. c.
14) Ders. I. c. App. 5, 731. 15) App. I. c. Dio weicht von ihm ab.
16) J. c. . .
i
LtPlIM. (24.) 21
ihn niclit erwartete, suiidern nach Asien entfloli, von Lilybaum
nach Messana zurück. '^^ Er verthei(iigte es mit aciit Legio-
nen '") gegen Lepidus, von Melcheni er belagert wurde, ^V nicht
auch von Octavian, ^"* denn dicsgr stand noch bei Naulochus.
Nur Agrlppa erschien, fand aber mit seinem Antrage, die Unter-
handlungen mit dem Feinde, welcher sich ergeben wollte, vor
der Ankunft des Triumvir nicht zum Schlüsse zu bringen, kein
Gehör. Lepidus beschleunigte vielmehr die Lebergabe durch das
Versprechen, den Truppen des Pompejus solle wie den eigenen
gestattet sein , .Messana zu plündern. Für diesen Preis öffneten
sie ihm die Tbore , und nahmen Dienste bei ihm. -'J Er hatte
nun zwanzig Legionen --J und eine zahlreiche lleuterei, und be-
zog auf die Na(;kiVt>t, dass Octavian sich nähere, ein festes
Lager vor der Sfadt. Dass sie durch Raub und Mord heimge-
sucht wurde, war jenem keineswegs gleichgültig, er konnte es
aber nicht verhindern, und erfuhr nun überdiess, die Besatzungen
in den Städten seien aufgefordert, ihn nicht zuzulassen. Auf
seine Beschwerden liess Lepidus ihm erwidern: er habe den
nächsten Anspruch auf die Insel, denn er sei zuerst gelandet und
habe die meisten Plätze erobert; auch verlange er die Herstel-
lung seiner Rechte als Triumvir
Bei einer persönlichen Zusammenkunft stieg die Erbitte-
rung; man rüstete zum Kampfe. Aber Lepidus fand bei seinem
Heere weder A ertrauen noch Achtung. Seine alten Truppen
zürnten ihm, weil sie die Beute mit den feindlichen hatten thei-
len müssen, und die Pompejaner fühlten keinen Beruf, für ihn
zu fechten. Octavian war davon unterrichtet; er gewann meh-
rere Anführer, und zeigte sich plötzlich, von Wenigen begleitet,
im Lager seines Gegners, seinen Abscheu vor einem neuen Bür-
gerkriege zu bezeugen, und die Missvergnügten zu ermuthigen.
Sie hörten ihn mit Beifall, besonders die Pompejaner. Zwar
17) App. 5, 741 18) Ders. läfst ihn 5, 727. mit einer Legion nacb
liilybäum aufbrechen, und 741. mit acht zurückkoninien; so viele waren
vielmehr nun in Messana vereinigt; es erhellt auch daraus, dafg Lepidus,
als sie sich an seine zwölf anschlössen, zwanzig^ zählte. S. unten A. 22.
19) App. 5, 738. 741. Dio 40, 11. Zonar. 10, 23. 20) App. 5, 738. fin
21) Ders. 5, 741. Dio Liv. Vellej. Zon. 11. cc. 22) Vellej. u. Suet. 1!.
cV^ OroB. 6, 18. App. 1. c. hat 22. S. oben A. 18.
c
22 l AEMILH. (24.)
eilte Lcpidus herbei, und nöthigtc ihn , sich zu seinen Reutern
vor dem Lager zurückzuziehen , wobei er von einem Geschosse
auf der Brust getrotten, jedoch nicht verwundet wurde ; er fülirte
nun aber sein Heer gegen die Schanzen, welche ihre Vertheidi-
ger vcriiessen; diese giengen in einzelnen Abtheiiungen zu ihm
über, Einige, nachdem sie zum Schein angegriffen wjxrcn, An-
dere ohne dieses Gaukelspiel. Lepidus wurde mit dem Tode be-
drolit, als er dem Verrathe mit Gewalt zu steuern versuchte,
und seine Reuter, welche am längsten bei ihm verharrten, er-
boten sich zuletzt, ihn zu ermorden; allein Octavian lehnte es ab.
Im Trauergewande kam Lepidus zu ihm , und wollte sich
vor ihm niederwerfen; auch diess Hess er nicht zu. Er nahm
ihm aber seine Provinzen , sein Heer un(^ die Würde eines
Triumvir; -^) nur sein Vermögen sollte er behalten und Pontifex
i\Liximus bleiben, -'^) und entfernt von Rom in Italien unter
Aufsicht leben, nach Sueton in Circeji. -"^) Als sein Sohn sich
um die Zeit der Schlacht bei Actium gegen Octavian ver-
schwur, -*'J wurde er selbst verdächtig und gezwungen, sich in
Rom aufzulialten. 2^>' Weder Unglück noch Schande machten
Eindruck auf ihn; aucli den Schimpf, dass Octavian ihn im
Senat unter allen Consularen zi.'otzt fragte, ertrug er mit Gleich-
muth, -^>' und starb a. 13 v. Chr., worauf seine Oberpontifen-
Würde auf jenen überging. -V
§ 5.
Lepidus war reich. •^*') Er besass mehrere Landgüter, bei
Tibuv, Antium, 31) wahrsclieinlich auch bei Circeji, und andere. -^'-J
23) App. I, 352. 4, C18. 5, 071. 7'13. 748. Dio 49, 12. 50, 1. 20.
IMut. Ant. 55. Liv. 129. Vellej. 2, 80. Tacit. A. 1, 1, 2. Suef. üc(. IC-
Seiicc. de dem. 1, 10. Oros. 0, 18. Obseq. 128. 24) Suelon. Oct. 31.
Seiier. 1. c. App. 5, 713. 740. Dio 49, 15. Cassiodor. Var. 0, 2: — ad
siiiiililudiiieni poiitiliraltis — (juia sacerdntiuni uon deponuiit, nisi quum
vitae inuiiera reliiiquunt. \'gl. 8ue(. u. Dio II. cc. u. App. 5, 740.
25) Suet. Oct. IC. Vgl. c. 54. Dio 49, 12. App. 5, 743. verwechselt die
spätere Zeit mit dieser. 20) Unten No. 20. 27) Dio 54, 15. App. 4,
018. 28) Dio 1. c. 29) Dio 54, 2". Mon. Aiic)r. tab. 2. v. 21. s.
Tacit. A. 1, 9. Seiiec. I. c. Suet. Oct. 31. Ovid. Fast. 3, 420. Orell.
Iiisciipt. V. 1. p. 73. No. 3C. Kckh. C. p. 100. 30) Cic. 13 phil. 4. 8. 21.
31) Ders. ad Att. 8, 14. 13, 47. 32) Dio 54, 15.
LKriÜI. (2i.) 23
Sein Bild auf den Münzen liisst auf ein gefälliges Aeusscre
sciilicsscn , Avodurcli sich auch sein Sohn Marcus auszeichnete,
und sein langes Jichen unter nianniclifuchcm Glückswcchsel auf
eine vorzügliche Korperkraft, obgleich aucli sein («eistiges An-
theil daran hatte. Denn er liel)te Ruhe und («eiaäcliliclikeit,
wodurch das Mährchcn veranlasst wurde, er liahe sich bei dem
Magistrate eines Ortes über den (»esang der Vögel beklagt, Aveil
er iini im Schlafe störte. •^•') Fast jeder Sciiriftsteller , welcher
seiner gedenkt, nennt ihn schlatf, trüge und sorglos. '''" Ohne
Würde und Avahres Ehrgefühl wurde er nur durch Eitelkeit ^■'J
und Geldgier •"') zu einer Thätigkeit gespornt, bei welcher es
dann stets fremder Leitung bedurfte. Und doch sollte sie iinn
das Höchste verschaffen. Obgleich Veliejus ihn aus Rücksicht
auf die regierende Familie tadelt, so ist es doch gewiss, dass
er nur in seinem Patriciat und in seinem Reichthnme einen Be-
ruf hatte , sich zur ersten Stelle zu drängen. Deshalb fiel er
mit seinen Hülfsmittcln immer Anderen anheim. Als Feldiierr
machte er sich nie durch eine glänzende Tliat bemerklich; seine
Truppen verachteten und verliessen ihn, weil sie unter seiner
Anführung am Siege verzweifelten. '■^'') Auch als Staatsmann
benutzte er die günstigsten Gelegenlieiten nicht, sich über seine
Nebenbuhler emporzuschwingen: er konnte nur vollziehen, was
ihm ffeboten oder «rerathen war.
Darnach ist sein sittlicher Werth zu beurtheilen, nicht nach
den Aeusserungen Ciceros , welcher ihn erliebt oder herabsetzt,
je nachdem seine eigenen Absichten es erforderten. '•^'^^ Er war
characterlos, ein Spiel der Umstände und der Menschen, welchen
er sich gerade hingab, wankelmüthig, treulos,'^"'.' unwahr, *'*>'
selbst grausam, ohne von Natur schlecht zu sein. Uebermuth
und Kleinmuth giengcn bei ihm Hand in Hand; leicht vermass
er sich über seine Kräfte, und eben tio leicht gab er sich auf,
und nie, ohne sich wegzuwerfen.
33) Pliii. 35, 3!S. 31) Veliej. 2, ()3. SO. Tat. A. 1, 9. App. 3, 5S0.
5,712. I)io 18, 4. 19, 12. Zonar. 10, 21. 35) Vell. 2, 80. 30) Flor. 1,
6. 2. 37) Vellej. 11. ce. App. 5, 7-12. 3s) ad Alt. 1), 9. §. 3. 5 l'liil-
11^5. 13, 1. 5. 3!)) Cic. ad Kam. 11, 9. 12, 8. u. 10. 10) Seine Biielc
an^icero und an den Senat, ad Farn. 10, 31. 35.
24 1. AEMILII. (25.)
25. Junia , Schwester des IM. Brutus , welcher Cäsar
tödtete. *')
20. M. Lepidus. Sohn der Vorigen. *-) Veliejus, welcher
alle Gegner des Octavian in ein ungünstiges Licht stellt, rühmt
ihn nur wegen seiner schönen Gestalt. Durcii das Schicksal sei-
nes Vaters, seines Oheims, M. Brutus, und seines Schwiegerva-
ters, M. Antonius, erhittert, Avurde er zur Zeit der Schlacht
bei Actium das Haupt einer Verschwörung , um den Herrscher
nach seiner Rückkehr aus dem Osten zu tödten. C. Mäcenas,
dessen Ohhut Rom anvertraut war, erhielt Kenntnis» davon;
er machte ihn durch scheinbare Sorglosigkeit sicher, und be-
mächtigte sich .seiner ohne Geräusch, Morauf er zu Octavian
geschickt und auf dessen Befehl hingerichtet wurde. Seine Mut-
ter sollte als ^litscliuldige Geissein stellen , aber aus Mitleiden
gegen seinen Vater, welcher nicht an der Meuterei Theil genom-
men hatte, wurde es ihr erlassen. *3) Servilia, seine zweite Ge-
mahlin tödtete sich selbst. **)
27. Antonia, erste Gemahlin des Vorigen, älteste Tochter
des Triumvir Antonius. '*5)
28. Servilia, zweite Gemalilin von No. 26. Ihre Abkunft
ist unbekannt. Sie starb sehr jung durch Selbstmord, als die
Verschwörung des Lepidus entdeckt Mar. ^'')
29. Q. Lepidus. Dass der Triumvir Lepidus mehrere Kinder
hatte, unterliegt keinem Zweifel, *'') obgleich über die jüngeren
nichts näheres berichtet wird. Quintus war nach einer Inschrift
M. F. **) und auch das Zcitverhältniss gestattet, ihn für den
Sohn von No. 24 zu halten ; doch fehlen entscheidende Beweise.
30. Cornelius Scipio Aemilianus. Sohn von No. 12 und
von einem Scipio adoptirt. Er ergab sich a. 77 in dem Kriege
seines Vaters gegen die Sullaner im ligurischen Alba an Pom-
pejus Magnus, welcher ihn tödten Hess. *V
41) S. lunü Brut. 42) Vellej. 2, 88. 43) Liv. 133. Vellej. I. c.
Senec. de dem. 1, 9, de brev. vit. 5. Suet. Oct. 19. Plin. 7, 40. (45).
App. 4, 018. 019. Die 54, 15. 44) Vellej. I. c. 45) Antonii No. 20.
46) Vellej. 1. c. 47) Cic. 13 Phil. 4. ad Fam. 10, 15. 48) Orellii In-
script. Vol. 1. p. 70. No. 50: IiiscripJio pontis Fabricil. 49) Oros. 5, 22.
SCALRI. (1.) 25
I. AEMILII.
B. Scaiiri.
1. M. Aemiliiis Scaurus. — 2. Caecilia.
Cos. \\ö V. Chr. — di'i.
I'rinc. Seil.
3. IM. Scaiinis. — 4. Wiitia. 8. Scan ms. 9. Aerailia.
pr. 56 — (!<)8. t iOl — C53.
5. IM. .Si-aiinis.
C. Mrtiii. Scamiis. — 7. Sextia.
t 34 H. Chr. — 787.
S c a u r i.
xliin Aetnilius erhielt den Namen Scaurus, welchen seine
Nachkommen mit Familien anderer Geschlechter, z. B. mit
Aureliern gemein hatten, tvegen der fehlerhaften Gestalt seiner
Füsse.^"-^ Obgleich von patricischer Abkunft^'-* wie die Lepidi,
gelangten die Scauri doch viel später zu den höchsten Ehren-
stellen, a. 190 im Kriege mit Antiochus d. Gr. stand ein
L. Aemil. Scaurus als Unterbefehlshaber bei der Flotte, ^--l
1. M. Aemilius Scaurus. M. F. ^3) Geboren a. 163. 54)
Unter seinen Ahnen erhob sich keiner -aus der Dunkelheit. ^•^^
Sein Vater trieb Kohlenhandel, ^ß) und hinterliess ihm sehr we-
50) Horat. Serm. 1, 3. v. 48: — Scaurum pravis fultum male talis.
Schol. u. Plin. 11, 105. (45). 51) Ascon. zu Cic. pro Scaur. ed. Peyron.
et Beier. p. 134. (A. V.) de vir. ill. 72. Oben Lepidi. in. 52) Liv. 37.
31. 53) Goltz Fast. a. 638. Vaill. Aemil. No. 42. 54) Ascon. 1. c. p.
133: Tum Q. Caepio — egit , ut Q. Varius — adesse apud ge Scaurum
iuberet anno LXXII. So alt war er zur Zeit dieser Klage oder a. 00,
S. unten A. 83 55) Cic. de or. 2, C4. pro Muraen. 7. pro Scaur. ed. 1.
p. 135. Ascon. das. u. p. 215. Plut. de fortun. Rom. 4. ed. Hutlen.
56) (A- Vict.) de vir. ill. 1. c.
26 I AEMILII. (I.)
iiig. ^^) Daher nährte er sich eine Zeitlang als Celdnechsler. ^^)
Er zeichnete sich als Krieger zuerst in Spanien aus, vielleicht
im numantinisclien Kriege, und diente dann, wahrscheinlich als
Profju. a. I2Ü unter dem Consul L. Aurclius Orestes in Sar-
dinien. •''^) Ais curulischer Aedil a. 123 glänzende Spiele zu
gehen, hinderte ihn seine Armuth. ^o) Prätor a. 120. Dass er
als Propr. Acliaja verwaltet hahe, schliesst Pighius '»') aus sei-
nen Münzen mit dem Kopfe des Apollo; *•-) sie heziehen sich
vielmehr auf die ApoUinar- Spiele, deren Feier zu veranstalten
den Prätoren ohlag. Aus Furcht vor der Schande nahm er die
Geschenke des Jugurtha nicht an, als Adherhal in Rom Hülfe
gegen ihn suchte. ^^)
a. 117 hewarh er sich ohne Erfolg um das Consulat; ßi)
bei der nächsten Wahl war er glücklicher. Cos. 115. ^'^) In
diesem Jahre erhielt man ein Aufwand -Gesetz und ein anderes
über das Stimmrecht der Freigelassenen von ihm. ^^^ Auch
wurde er jetzt Princeps Senatus. •'^) Als Consul ferner, nicht
erst als er niedergelegt hatte, befehligte er ein Heer in Gallien,
wo er strenge Kriogszucht hielt , ^^) und ebenfalls noch 115
triumphirte er über mehrere Völker, welche in und an den
Alpen wohnten, und in den Fasten Gallier und Carner genannt
werden. '''•*) Censor 109 mit Livius Drusus.'^") £j. stellte die
mulvische Brücke her,^'-* und erbaute die ämilische Strasse,
welche über Pisa und Luna bis Dertona führte. ^-) Nach dem
Tode seines Collcgeu sollte er dem Herkommen gemäss ^^^ sei-
57) Das. u. Val. Max. 4, 1. 11. 58) (A.V.) de vir. ill. 1. c. 59) Das.
Vgl. Liv. ep. GO. CO) (A. VIct.) 1. c. fil) 3, p. ^2. C2) Oben A. 53.
G3) SalluKt. H. J. 15. üi) Cic. pro Mur. 17. G5) Fast, triumph. in
Grut. Iiiscr. p. 298. No. 3. Plln. 2, 55. (54). 8, 82. (57) (A. Vict.)
I. c. CG) Plin. S, 82. (57.) (A. Viel.) 1. c. G7) Cic. pro Raliir. perd. r.
7. p. Deiot. 11. Hrut. 29. Ascon. arg. Or. Cic. p. Scaur. p. 121. Plin.
II. cc. u. 3ü, 24. §. 8. Val. IVl. 1, 1. 11. G, 5, 5. 8, 5, 2. 08) (A. Vict.)
u. Gruter. 11. cc. Front, slral. 4, 3. 13. GO) Ciut. 1. c. (A. Vict.) 1. c.
nennt Ligurer und Gantisker; iiim folgt IVlariian. Fat>t. Iriuiiipli. a. 638.
70) Plut. Quaesl. Rom. c. 50. (A. Vict.) 1. c. 71) Anim. Marcell. 27,
3. (A. Vict.) 1. c. Vgl. Mv. 27, 51. 72) Strabo 5, p. 217. (A. Viel.)
I. c. Eine andere ältere dieses Namens in Uberilalien , deren Krbauer
M. Lepidus war, (Cos. 187. Oben Lepld. NC 7.) nahm die llaministhe
auf. Liv. 39, 2. 73) Liv. 5, 31. 0, 27. 0, 34.
SCAURI. (1.) 27
ncni Amte entsagen, die Tribunen niussten ihm aber mit Ge-
fiingniss drolicn, ehe er sicli fügte. ''^^ Als der Consul L. Cas-
Kiiis gegen die Tiguriner iicl, Avurde er a. 107 Cos. 11 sutte-
ctus.'^'J .Mehrere haben ihn liier mit M. Aurelius Scaurus , Cos.
108 verwechselt. JSein Mitbewerber P. Rutilius, Cos. lOf) be-
langte ihn, weil er jetzt nicht gewählt wurde, wegen Amtser-
sclilcichung, worauf Scaurus nach seiner Freisprechung ihn we-
gen desselben \'erbrechcns vor Gericht zog. '^'»)
a. 101 veranlasste er durch eine strenge Rüge den Tod
eines seiner Sühne, welcher unter Q. Catulus am Athesis un-
glücklich gegen die Cimbern gefochten hatte. ^^) Gegen L. Sa-
turninus, an dessen Stelle der Senat ihm früher das Geschäft,
Getraide zu kaufen, übertragen hatte, ^^) ergriff auch er a. 100
die Waffen, um den Senat von dem Meuterer zu befreien. ^'•')
Indess wurde er selbst mehrmals angefeindet, und zwar meistens
aus Privathass. Er Avar Augur , und weigerte sich , Cn. Domi-
tius Aheuobarbus^'^) in das Collcgium aufzunehmen. Deshalb
klagte ihn dieser an, a. 104 als V. Tribun, dass durch seine
Schuld zu Lavinium die religiösen Gebräuche nicht gehörig be-
obachtet würden; das Volk sprach ihn frei.^O Auf einer Ge-
sandtschaft nach Asien bereiclierte er sich auf eine gesetzwidrige
Art, wenigstens wurde er von Q. Servilius Cäpio, seinem
Feinde, a. 91 wegen Erpressungen belangt; er sicherte sich
wieder durch eine Gegenanklage, ^-v* Servilius überredete im
folgenden Jahre den V, Tribun Q. Varius, ihn zu beschuldigen,
dass er die italischen Bundesgenossen zum Kriege gereizt habe;
als er es läugnete und als der Erste im Senat Glauben ver-
74) Plut. 1. c. Vgl. Llv. 9, 34. fin. 75) Cic. Brut. 30. de er. 2, CO.
70) Ders. 11. cc 77) Valer. M. 5, 8. 4. Fronlin. strat. 4, 1. 13. Plul.
de fort. Rom. 5. u. 10. L'nteii Nn. 8. 78) Cic. de har. r. 20. p. Sext. 17.
79) Ders. pro Rahir. perd. r. 7. Val. Max. 3, 2. 18, (A. Vict.) 1. c.
80) Cos. 96. S. Domitii. u. hier Lepid. No. 24. §. 2. A. 71. 81) Ascon.
zu Cic. p. Scaur. p. 130. Cic. p. Deiot. 11. Val. M. G, 5. 5. 82) Ascon.
1. c. p. 131. u. 133. Diese Processe hängen zum Theii mit wichtigen
Veränderungen in der Verfassung zusammen, mit der L. Dumitia de Sa.
cerdotiis v. J. lOJ, n. niil der L. Livia iudiciaria v, J. 91. Scaurus lie
stärkte Livius Drusus in dem Entschlüsse, das sempronische Gesetz durch
ein anderes zu Gunsten des Senats aufzuheben. Ascon. 1. c.
28 I- AE.MiLll. (2.)
langte, nahm jener die Klage zurück. *■'>) Diese Gcnugtliuung
erhielt er in einem Alter Aon 72 J.^*-' und bald darauf starb
er; denn a. 88 verniälilte sich seine Wittwe mit Sulla. ^^)
Obgleich von Natur ernst und stolz, ^^-' ein strenger Ari-
stocrat und deslialb von Cicero und Anderen gepriesen , ®^^ stand
er docli nicht bloss bei dem Senat im grössten Ansehn , sondern
auch bei dem Volke, wie zum Theil schon der Erfolg der ge-
gen ihn gerichteten Klagen beweis't. Die Höhe, zu welcher er
sich emporgeschwungen hatte, und der Reichthum eines Mannes,
welcher arm geboren war, erregten Bewunderung; seine Fehler,
seinen Ehrgeiz und seine noch grössere Habsucht Avusste er zu
verbergen. ^^) Seinen Reden fehlte es nicht an AVürde und
Nachdruck, aber an hinreissender Lebendigkeit: sie eigneten
sich daher mehr für den Senat, als für das Gericht. ^'■') Ausser-
dem hatte man ein Werk in drei Büchern von ihm, worin er
sein eigenes Lehen beschrieb. '•"'^
2. Cäcilia. '-»U
3. M. Scaurus. M. F. M. N. Sohn von No. 1 92) und Stief-
sohn des Dictator L. Sulla, '•>'^) mit welchem seine Mutter Cä-
cilia nach dem Tode seines A aters sich vermählte.
§ 1.
Wälirend der Proscriptlonen zeigte er sich enthaltsam, ^4)
dennoch brachten sie ihm grossen Gewinn , denn seine Mutter
erwarb als Gemahlinn Sullas viele Güter als Geschenk oder
durch Scheinkauf. Im dritten mithridatisclien Kriege linden wir
ihn als Quiistor in den Lagern des Ponipejiis und auf seine
Bereicherung bedacht. Jener schickte ihn nach Damascus. wel-
83) Ascon. 1. c. p. 134. Quintil. 5, 12. 10. Unrichtig erzählt von Val.
Max. 3, 7. 8. Vgl. Cic. \t. sext. -17. u. App. 1. p. 373. «o der Tribun
Valeriug genannt wird. 8-1) Ascon. 1. c. 85) Tnlen \o. 2. 86) Cic.
de Ott. I , 30. Asc. 1. c. p. 122. 87) Cic. p. Font. 7. \<. Mur. 7. 17. p.
Sext. 17. 47.de off. 1, 22. Val. M. 5, 8. 4. 88) Sali. B. J. 15. 89) Cic
Brut. 29. 30. 90) Voss, de bist. 1. p. 38. Kllendl Pioleg. zu Cic. Brut,
p. 4ü. Meyer Fragm. Orat. Rom. p. 128. 91) S. Caecilii. 9V) Cic. p.
Sext. 47. p. Scaur. pag. 215. ed. l'ejron. et Beier. Asc. das. p. 121. 122
u. 213. ad At(. 4, 17. Fliu. 36, 24. §, 8. 93) Asron. I. c. p. 121.
04) Ders. 1. c.
SCAURI. (3.) 29
ches er bald vcriicss , um in Judäa den Streit zwischen den
beiden Brüdern Hyrcan und Aristobul zu endigen. Beide boten
ihm Geschenke und er entschied für Aristobul , welcher dann
seinen Bruder und dessen Bundesgenossen, den arabischen Für-
sten Arctas, auf dem Rückzuge nach Arabien schlug. ''^J Scaurus
gieng wieder nach Damascus. Hier vernahm Ponipejus die Klage,
dass sein Quästor erkauft sei; dennoch übergab er ihm die Pro-
vinz Syrien mit zwei Legionen. '■"'>' Er blieb bis a. 59, wo
ihm L. Marcius Philippus folgte,''^) und unternahm in dieser
Zeit einen räulterischen Einfall in das Land des Aretas, welcher
ihn mit dreihundert Talenten abfinden niusste.'-'^-'
Nach seiner Rückkehr nach Rom bewarb er sich um die
curulische Aedilität, und verwaltete sie zufolge einer Angabe
Ciceros 9ä) in dem Jahre, in -welchem P. Clodius Tribun war,
mithin a. 58. Durch seine ädilinischen Spiele und durch seine
Vergehen hat er seinen Namen auf die Nachwelt gebracht.
Jene genauer zu schildern und die oft beschriebenen Bauten,
welche sie veranlassten, bleibt der Kunst- und Sittengeschichte
vorbehalten. Sie zeugen von dem Luxus der Römer und ver-
mehrten ihn; denn Aver später Aehnliches unternahm, musste
das Ungeheure zu überbieten suchen; '*'ö) die ererbten und im
Osten erworbenen Schätze des Scaurus reichten nicht dazu hin;
er gerieth in die Hände der Wucherer, '^ und erkaufte demnach
seinen Ruhm und eine gewisse Popularität -) sehr theuer. Zum
Behuf der Bühncnspiele erbaute er ein Theater von Holz, wel-
ches kaum einen Monat stand , V und gleichwohl so gross und
prachtvoll eingerichtet wurde, als wäre es für die Ewigkeit be-
stimmt. *-' Es fasste 80,000 Menschen. ^J 360 Säulen verzier-
95) Das Genauere s. in Pompeii. Porapej. III v. a. C4. u. 03. 96) Joseph.
A. J. 14, 3. § 2. 4. § 5. B. J. 1, 7. § 7. Hegesipp. 1, 18. App.
Syr. p. 119. B. C. 5, 077. 97) App. Syr. 1. c. 98) Joseph. A. J. 14,
5. § 1. B. J. 1, 8. § 1. Heges. 1. c. Vaill. Aemil. \o. 44. Eckh. 5.
p. 131. 99) pro Sext. 54. Pigh. 3. p. 301. Harduin, welcher Plin. 30,
8. mifsversteht, setzt seine Aedilität zwischen 78 und 74. welches schon
durch das Obige und durch die (A. 98) erwähnte Münze widerlegt wird,
denn sie beweiset, dafs er nach dem Feldzuge gegen Aretas Aedil war.
100) Plin. 30, 2. 24. § 7. 1) Ascon. arg. Or. p. Scaur. p. 122. 2) Cic.
ad Att. 4, 17. § 2. 3) Plin. 30, 2. Vgl. 34, 17. (7.) u. 30, 24. (15.)
§ 7. 4) Ders. 11. cc. 5) Ders. 30, 24. 7.
30 » AEMILII. (3.)
tcn in drei Ordnungen über einander die hintere Hühncnwand, '•'
deren unterster Theil aus ]\Iarmor, der mittlere aus Glas und
der oberste aus vergoldeten Brettern bestand. '') Zwischen den
Säulen bemerkte man 3000 Statuen. ^) Dazu kamen Gemälde,
zum Tlicil aus Sicyon , welches sie zur Tilgung seiner Schul-
den veräussert hatte, ^) die kostbarsten Gewänder, '^^ und über-
haupt ein so reicher Apparat , dass Vieles überflüssig Mar und
auf das Gut bei Tusculum gebracht wurde, wo Sclaven im
Zorne gegen ihren Herrn es mit der Villa verbrannten. "^
Ueber den Glanz dieser Spiele ist nur eine Stimme. '-)
Auch übrigens Avurde die Schaulust der Römer befriedigt.
Scaurus zeigte ihnen Thiere, welche sie zum Thcil nie gesehen
hatten, unter anderen fünf Crocodile und einen Hippopotamus
in einem eigends dazu angelegten EuripuSj'^J und angeblich
sogar die Gebeine des Ungeheuers, dessen in der Geschichte der
Andromeda gedacht wird, i^) 1 50 Panther traten im Circus
auf, ^^) und gleich überraschend war der Kampf der Athleten. "'^
§ 2.
Prütor a. 5G. Die Zeit ergiebt sich , wenn man die Be-
merkungen des Asconius '^) über die späteren Ereignisse im
Leben des Scaurus vergleicht. Dieser hatte den Vorsitz '^) in
dem Gerichte , vor Avelchem P. Sextius angeklagt Avurde , Aveil
er a. 57 als V. Tribun und als Gegner des P, Clodius bei
Gelegenheit der Verhandlungen über Ciceros Herstellung Ge-
Avaltthätigkeiten A'crübt hatte; er wurde A'on Cicero und A-on
Q. Hortensius A^erthcidigt und freigesproclien. ''••) a. 55 A'er-
waltete Scaurus Sardinien,-**) avo er Appius Claudius folgte, ^O
und auf Kosten der EinAVohner Aviedcr Geld sammelte, beson-
ders um bei der BeAverbung um das Consulat die Stinuuen er-
kaufen zu können. 22) Am 2ü. Juni 54 kam er als Candidat
G) Hers. 1. c. u. c. 2- 7) Ders. 30, 8. u. 21. § 7. 8) Ders. 34, 17.
30, 21. § 7. D) Ders. 35, 40. § 24. u. 30, 24. § 7. 10) Val. M. 2, 4. 0.
11) Pliii. 30, 24. 7. 12) Cic. p. Sext. 54. de oft. 2, 16. Aicon. u. Plin.
II. cc. 13) Pliii. 8, 40. (20.) Soliii. 32. li) l'liii. 9, 4. (5.) Soliii. 34.
15) Plin. 8, 24. (17.) 10) Val, M. 1. c. Vgl. Liv. 30, 22. 17) 1. c.
18) Cic. p. Sext. 47. 54. 19) S. Claudii. P. Clodius u. Sextii. 20) Cic.
p. Scaur. p. 130. ed. I. u. Ascon. das. p. 122. 123. 21) Cid. c. p. 185.
8. 195. Appius Cos. a. 54. S. Claudii. 22) Ase. 1. c.
SCAURI. (3.) 31
nach Rom. Er sprach für C. Cato, V. Tribun a. 50 und kaum
hatte dieser am /». Juii nach dem unvcrljcsscrtcn Kalender ein gün-
stiges Urtheil erhalten, als er selbst sich von P. Valerius Tria-
rius und drei Anderen auf den Antrag der 8arden, in der That
aber auf IJetrieb seiner Mitbewerber, welche ihn dadurch vom
Consulat auszuschliessen hofften , und angeblich sogar seinem
Stiefbruder Faustus Sulla nachstellten , am 8. Juli wegen Erpres-
sungen belangt sali. -^) Man beschuldigte ihn überdiess, dass
er in seiner Provinz Bostar vergiftet und den Selbstmord der
Gattinn des Aris veranlasst habe. 2^) Seine Sache war schlcclit,
eine grosse Anzahl von Zeugen war gegen ihn , -^) der Vor-
sitzende Prätor M. Cato unbestechlich und dem Triarius be-
freundet. 20)
Indess vereinigte sich Mehreres zu seiner Rettung. Er
hatte sechs Vertheidiger, eine nicht gewöhnliche Zahl, 27; und
unter ihnen befanden sich Hortensius und Cicero. -^) Man
glaubte ferner, obgleich mit Unrecht , 29) dass auch Pompejus
hier sowohl als bei seiner BeAverbung ^o) ihn begünstige. Die-
ser sah aber einen Vorwurf darin , dass er die von ihm ge-
schiedene Mucia geheirathet hatte, ^') und wünschte ein Zwi-
schenreich, folglich die Verurthcilung des Scaurus, um Dictator
zu werden. Mit Getraidekauf beschäftigt und deshalb und als
Proconsul Spaniens abwesend, obgleich er die Provinz nicht
selbst verw altete , begnügte er sich , eine Lobschrift einzuschik-
ken. ^2) So auch Andere unter den neun Consularen, Avelche
ausser Faustus Sulla sich als Lobredner für den Beklagten ver-
Avandten. ^^) Mehrere baten für ihn, T. Milo durch die Ver-
mählung mit Fausta sein Blutsfreund, C. Cato, welchem er so
eben einen ähnlichen Dienst geleistet hatte , u. a. Den meisten
Eindruck machten seine eigenen Worte , seine Thränen und sein
23) Ders. 1. c. p. 122. 126. 225. 226. Cic ad Att. 4, 16. §. 3. Quintil.
5, 13. § 11. ed. Spald. Val. M. 6, 1. 10. 2i) Cic. p. Scaur. p. 13G.
138. 150. 153 f. Quintil. 7, 2. § 10. 25) Cic. ad AU. 4, 15. fin. Valer.
M. 1. c. 26) Ascon. p. 125. 225 f. Val. M. 3, G. § 7. 27) Asc. p. 127.
28) Ders. I. c. Cic. ad Att. I. c. u. ad Alt. 4, IG, § 4. ad Qu. Fr. 2,
16. § 3. 3, 1. § 4. Quintil. 1. c. u. 5, 13. § 40. 29) Asc. p. 125.
30) Cic. ad Ali. 4, 15, § 7. 31) Asc. 1. c. u. unlea No. 4. 32) Ders.
p. 223. 33) Ders. 1. c.
32 I. AEMILII. (3.)
Trauergewand; man erinnerte sich an seinen Vater, an seine
Aedilitiit und an die dadurch erworbene Volksgunst , ^''J und er
Murde am '2. September •'••>' fast einstimmig freigesprochen. ^^> Aber
venige Tage später stand er wegen Anitsersclileicliung vor Ge-
richt. Die scliaainlosen Bestechungen der vier Candidaten des
Consulats, Cn. Domitius Calvinus, C. Memmius, M. Messala
und Scaurus erregten Aufsehn; alle Avurden angeklagt , '*^>' der
Letzte wieder von Triarius. 3^) Cicero vertheidigte ihn zum
zweiten Male ^V und das A'olk verlangte ungestüm seine Frei-
sprechung, ***) dennoch Avurde er zum Exil verurtheilt. *'^ Dem-
nach gelangte er nicht zum Consulat, zumal da Pompejus die
Hand von ihm abzog, *->' welcher nun die Genugthuung hatte,
dass man auch keinen anderen zum Consul Avählte.
An Stolz , Raubsucht und Verbrechen seinem Vater gleich,
stand er an Fähigkeiten und an Verdiensten im Sinne der Rö-
mer tief unter ihm. *^) Von allen Bessern verachtet, erwarb er
sich durch Spiele und Bestechungen die Gunst des Pöbels , in
der Hoffnung , das Consulat und dann eine einträgliche Provinz
zu erhalten, das gewöhnliche Ziel der gewöhnlichen Grossen.
Auch Kunstwerke waren ihm nur Mittel zu diesem Zwecke oder
zum Prunke, jene Statuen und sicyonischen Gemälde, und eine
Dactvliothek, die erste in Rom. ^*) Im Bewusstsein persön-
licher Unbedeutsamkeit liebte er äusseren Glanz. Nach dem
Geschmacke der Optimatcn seiner Zeit, welchem auch Cicero
hiildiu;te, wohnte er auf dem Palatin, wo er das Haus des Cn.
Octavius, Cos. 165 kaufte und umbaute.*^) Unter seinen Vil-
len scheint er vorzüglich die tusculanische verschönert zu ha-
ben, sie wurde aber von seinen Sclaven aus Rachgier grössten-
theils in Asche gelegt. *<>)
34) Ders. p. 127.223.225. Val. M. 8, 1. § 10. 35) Mannt, zu Cic.
ad Att. 4, 15. in. schlagt vor, 3. Sept. au lesen , statt IV. non. Hl. non.
weil der zweite ein difis nrfasliis gewesen sei, der dritte aber nicht ganz.
30) Ascon. p. 121. 225. Cic. ad Alf. 1, IG. § 4. Val. M. 1. c. 37) S.
Doinilil, Cn. Domil. Calv. Cos. 53. 38) Cic. ad Att. 1. c. u. 4, 17. § 2.
39) Quiiitil. 4, 1. § 09. 40) App. 2, 442. 41) Ders. 1. c. u, Cic. de
oflf. i, 39. 42) Cic. ad Qu. fr. 3, 8. § 3. App. 1. c. Vgl. Cic. ad Att.
4, 15. § 7. 43) Ascon. 1. c. p. 122. 41) IMIn. 37, 5. (1.) 45) Cic. de
off. 1, 39. Ascon. 1. c. p. 211. 46) Oben § 1. A. 11.
SCALRI. (4.) 33
4. Mucia. 47)
5. -M. Scaurus, Soliii von ]No. 3 und 4 *^) un«l folo-licli
Stiefbruder des Sex. Ponipcjus, welchen er aber a. 35 als er
Sicilien hatte räumen müssen, in Asien an die Feldlierrn des
M. Antonius verrieth. *'JJ Nach der Schlacht bei Actium wurde
er gefangen und nur aus Rücksicht auf seine Mutter .Mucia be-
gnadijjt. ^")
6. Maniercus Scaurus. Sohn des Vorigen, ein guter Red-
ner und Dichter,^') aber sehr ausschweifend. Unter Tiber
schon einmal wegen eines Majestüts- Verbrechens angeklagt 53)
wurde er a. 34 nach Chr. des Ehebruchs mit Livia und der
Zauberei beschuldigt; in der That aber verfolgte man ihn,
weil ein Privatfeind in sein Trauerspiel Atrcus Verse ein<re-
schol)en hatte, Avelche den Kaiser verletzten. Er kam dem Ur-
theile durch Selbstmord zuvor. ^4) Seneca nennt ihn den Letz-
ten seines Geschlechts. ^'')
7. Sextia. Gemahlinn des Vorigen. Sie überredete ihn,
sich zu tödten, und starb mit ihm. ^*')
8. Scaurus, Sohn von No. 1 und zwar der jüngere, da
No. 3 dessen Vornamen hatte, f a. 101. ^''J
9. Aemilia. Tochter von No. 1 und 2 mithin Stieftochter
des Dictator Sulla. Sie Avar mit Manius Glabrio vermählt und
von ihm schwanger, als Sulla a. 82 sie zwang, Cn. Pompejus
zu heirathen. ^^-) Ihr Sohn M' Glabrio bat für seinen Oheim,
M. Scaurus, als er a. 54 wegen Erpressungen angeklagt war. ^^)
Seine Geburt veranlasste ihren Tod, daher sie von Pompejus
keine Kinder hinterliess. ^'^)
47) Früher Gemahlinn Pompejüs M. S. Ponipeii. 48) Ascon. arg.
Or. Cic. p. Scaur. ed. Peyr. et Beier. p. 124. 40) App. 5, 752. 50) Dio
51, 2. 5G, 38. S. Antonii No. 14. § 69. A. jG. 51 ) Tacit. A. 6, 29.
Vgl. 1, 13. 3, 23. 31. fic. Seiiec. Controv. üb. 5. Praef. Dio 58, 24.
Meyer Orat. R. fragm. p. 231. 52) Tac. A. C, 29. Senec. de benef. 4,
31. 53) Tac. A. G, 9. Senec, Suasor. 2. fin. 54) Tac. A. 6, 20. Dio
1. c. 55) Suas. j. c. 5C) Tac. 1, c. 57) Oben \o. I. A. 77. 58) Pltil.
Süll. 33. Pomp. 9. 59) Ascon. 1. c. p. 223. 00) Plut. IJ. cc.
Drumanii, Gcscbicbte Roms I.
34 II AFHAMI. (1 )
11. AFRAMI.
I. C. Afranius Stellio.
pr. 185 V. Chr. — ÖO'J.
2. C. Afran. Mellio.
c. 16!) — 58Ö.
i. L. Afranius.
4. S. At'ianiiis.
ö. L. Afruniii>i. (I. Afraiii.i.
f OS. 60 — C!I4.
7. L. Afianiiis.
IL A f r a n i i.
Ir^lebejisch.
Vor dem zweiten Jahrhundert v. Chr. findet sich der Name
nicht. Auch gehörten die Familien , in Avelchen er vorkommt,
keineswegs zu Einem Geschicchte ; Titus Afranius z. B. , Avelcher
im marsischen Kriege siegreich gegen Pompcjus Strabo kämpfte,
und dann im Gefechte mit ihm fiel,'*'^ kann nicht für einen
Verwandten der hier erwähnten Afranier gelten. Üeberhaupt
muss man darauf Verzicht leisten, eine genealogische Folge
herzustellen, oder sie gar bis zur Kaiserzeit fortzuführen, wo
ebenfalls noch Afranier mit verschiedenen Beinamen und von
hohem und niederem Stande in der Geschichte auftreten : Poti-
tus unter Caligula, 02) Burrus , praef. praet. unter Claudius und
Nero , ^^) Quintianus , Senator unter Nero , <»*> Dcxter , Consul
unter Trajan. c-'J
1. C. Afranius Stellio. Prätor 18.) v. Chr. «''•) Triumv.
col. deduc a. 183. *•')
61) App. 1, 378. C2) Dio 59, 8. 63) Tacit. A. 12, 42. 13, 20.
u. a. a. O. Dio 61, 3. C2, 13. Gl) Tacit. A. 15, 10. 5G. 70. 65) Plin.
Ep. 5, M. Martial. 7. ep. 27. 60) Liv. 39, 23. 67) DeM. 39. 55.
IL AFRAMI. (2.) 35
2. C. Afranlus Stellio. Sohn des Vorigen. Er diente a.
169 fjegcii Pcrscus und gieng als (iesandter zu ihm. '»sj JSeine
Stellung beweiset, dass sein Vater, ein Prätorier und schon im
vorgerückten Alter, wenn er noch lebte, nicht gemeint sein
kann. .Pighius fiiiirt ihn a. 102 als V. Tribun, a. 159 als
plcb. Aedil und a. 15ö als Prätor auf, aber bloss nach Ver-
niuthung, obgleich Vaiilant ö9) und A. ihn auch hier gliiubig
ausgeschrieben haben.
3. L. Afranius, ''") im zweiten Jahrh. v. Chr. Dicliter und
Redner, aber wegen seiner AusschMcifungen verrufen. ^'^.
4. S. Afranius. Ob man die Bezeichnung .S' auf den Mün-
zen durcli Spurius ^-) oder durch Sextus ^''-' erklären will, ist
gleichgültig, da weder der eine noch der andere Vorname den
Afraniern fremd ist. ^*) Nach Pighius war der Lnsrige a. 93
Qu. prov. wir würden aber ohne die Münzen nicht einmal wis-
sen, dass er gelebt hat.
5. L. Afranius. A. F. Cicero, welcher ohnerachtet seiner
eigenen dunkeln Herkunft gern über Emporkömmlinge spottete-
nennt ihn Auli lilius ^•^>' in dem Sinne, Avorin er von einem
Terrae lilius spricht. ''^^ Sein Vater war also ein unbekannter
Mann. Dass er ein gleiches Bildwerk wie No. 4 auf seine
Münzen setzte, um an seine Verwandtschaft mit ihm zu erin-
nern , ^^J ist sehr zweifelhaft.
Sehr früli schloss er sich an Cn. Pompejus M. an, auf
dessen Geschichte in den betrefl'enden Jahren hier meistens ver-
wiesen werden muss. Er begleitete ihn a. 77 als Legat nach
Spanien zum Kriege mit Sertorius, und that sich im folgenden
Jahre in der Schlacht am Sucre hervor. '^J Die Grausamkeit,
68) Liv. 43, 18. G9) Afran. in. 70) Nicht Cajus. Cic Brut. 15.
71) Cic. 1. c. de fiii. 1, 3. Quinlil. 10, 1. § 101. Vellej. 1, 17. 2, 9.
Gell. 10, 11. 13, 8. Suet. Ner. 11. Horaf. Ep. 2, 1. h7. I eber die
Grammatiker, welche seiner gedenken, 8. Chr. Wase Anim. Norian.
Fabric. ßibl. 1. T. 3. Vgl. Rutgers. Var. Lect. 4, 19. und Stephan.
Fragm. Vet. Poet. 72) Ursin. Afran. Vaill. Afran. No. 1 — 3. 73) Eckb.
5. p. 132. 74) Gruter. Inscr. p. 6GG. No. 7. Eckh. 1. c. 75) ad Alf. 1,
16. § 7. u. 20., § 6, 2, 3. 76) Das. 1, 13. § 1. 77) Vaill. Afran. No.
1. II. 4. 78) Plut. Sert. 19. Pomp. 19. Sallust. Hist. 3.
3 *
36 il- AFRANII. (5.)
mit welcher er a. 72 Calaguris zerstörte, kommt zum Theil auf
lleclmung des Oberanführer^. ^"''
Auch im dritten mithridatischcn Kriep;c befand er sich in
dessen Lagern. Als Pompejus a. 60 nach dem Caucasus gieng,
blieb er mit einer Abtheilung des Heers in Armenien, ®") und
besetzte a. 05 Gordyene, eine Landschaft, auf welche Phraates,
König der Parther, Anspruch machte.^') a. 61 unternahm Pom-
pejus den Feldzug nach Syrien; auch Afranius musste dahin auf-
brechen, litt aber in Mesopotamien durch Mangel und Kälte, und
wurde nur durch den Beistand der Einwohner von Carrii geret-
tet, einer macedonischen Colonie. ^-)
Nach Beendigung der Kriege im Osten hatte Pompejus kei-
nen grösseren AVunsch, als dass man in Rom, vor dessen Thoren
er im Januar 61 Mieder eintraf, seine dortigen Einrichtungen
bestätigen und unter seine Truppen Aecker vertheilen möchte.
Er fürchtete in dieser Hinsicht insbesondere L. Lucullus, den
tief gekränkten, und dessen Anhang, und beschloss, Afranius
das Consulat zu verschaffen , um durch ihn zum Ziele zu kom-
imMi. ^^) Obgleich seine Gegner sich widersetzten und die AVahl-
comitien bis zum 27. Juli verschoben wurden, ^*^ so erreichte er
doch durch Geld und Einfluss seine Absicht. Aber Afranius,
Consul a. 60 mit Q. Metellus Celer, ^^) unternahm nichts für
ihn, ^^) sondern zeigte sich schlaff und unthätig, „wie ein Mensch,
welcher nicht wusste, warum er seine AVürde erkauft hatte," ^''i
und überliess es Cäsar, im nächsten Jahre die \ erlegenheit sei-
nes Gönners zu endigen.
Im Felde hatte er mehr geleistet, und es schien, als ob er
auch jetzt Gelegenheit dazu finden werde. Denn man fürchtete
einen Anjrriff der Helvetier auf das narbonensische Gallien und
den Abfall der Eingeborenen, besonders der Allobrogen; im
freien Gallien kämpften die Aeduer, Freunde Roms, mit den
79) Sallust. His(. 3. Juven. 15, 97. f. Val. Max. 7, 0. ext. 3. Flor.
3, 22. §. 9. ()ro8. 5, 23. Jul. Exsuper. ß. Civ. 80) Plut. Pomp. 34. Dio
37, 5. Zoiiar. 10, 4. 81) IMut. 1. c. 3(5. Dio 1. c. 82) Plut. 1. c. 39.
Dio I. c. 83) S. Pompeii. 81) Cic. ad A(t. 1, IG. §. 7. 85) Ders. ad
Att. 1, 18. fin. Pliii. 2, 07. Flor. 4, 2. 8. übseq. 123. Dio 37, 49. Zon.
10, 5. u. unten A. 87. SO) Dio 1. c. 87) Cic. ad Att. 1, 18. §. 7. 19.
§. 4. 20. §. 0.
11. AIUANNÜ. (5.) 37
Sequanero und Arvcrncrn. Deshall) sollten nach einem Scnats-
besclilusse, dessen Cicero im März gedenkt, Gesandte über die
Alpen gellen, und die Consuln das diesseitige und jenseitige
Callien unter sich verloosen, ein Heer rüsten, und auch diejeni-
gen atisheljcn , welche sonst vom Kriegsdienste frei Maren. ^^)
Mctellus sehnte sich nach einem Triumphe, Afranius dagegen
war die Nachricht erwünscht, dass die Gefahr nicht so dringend
sei, und es keines Feldzuges bedürfe. ^^^
Er verwaltete a. 59 das cisalpinische*Gallien, ''^>' welches
im folgenden Jahre Cäsar erhielt. Das gute ^'ernehlnen zwischen
ihm und Pompejus war nicht gestört. Dieser sehnte sich nach
dem Auftrage, mit freier Verfügung über Heer, Flotte und
Schatz Getraide herbeizuschaften, und Cicero unterstützte ihn,
während die meisten Consularen aus Furcht vor seiner Herrsch-
sucht und vor dem Pöbel sich zurückzogen. Im September 57
erschienen anfangs ausser jenem nur Messala und Afranius im
Senat, als darüber verhandelt wurde. ^') Dann verfolgte Pom-
pejus einen anderen Plan; er Avollte Ptolemäus II. Auletes, den
vertriebenen König von Aegypten, mit AVaftengewalt wieder ein-
setzen , obgleich der Consul P. Lentulus Spinther den nächsten
Beruf dazu hatte , weil ihm Cilicien zur Provinz bestimmt war.
Aber auch jetzt widerstand die senatorische Partei, und der Ei-
fer, mit welchem Afranius a. 50 den Triumvir in der Curie
vertrat, galt nur für einen Beweis, dass die Sache für diesen
ohuerachtet seiner A erstellung die grösste Wichtigkeit liatte. '•'-)
Nun übernahmen Pompejus und Crassus a, 55 nach einem
Zwischenreiche das Consulat, wie es im Winterlager Cäsars zu
Luca beschlossen war. Sie gedachten durch erzwungene Gesetze
ihre Macht fester zu gründen , und zu dem Ende insbesondere
die Prätur für dieses Jahr P. Vatinius und Anderen zuzuAvenden,
welche ihm gleichgesinnt waren. Damit aber Anklagen wegen
Bestecliungen die Wahlen nicht nutzlos machten , musstc der Se-
nat 11. Februar nach Afranius Gutachten einen Beschluss fassen,
Ük) Ders. ad. Att. 1, 19. §. 2. S. die Eiiileiluiig zur Geschichte der
Feldzüge Cäsars in Gallien in: Julii. 8!t) ad Allic. 1, 20. §. C. 00) ad
Alt. J, 19. §. 2. Mer^llus gieng in das jenseitige. Plin. 2, 07. 91) ad
Att. 4, 1. §. 2. 92) Cic. ad Fani. 1, 1. §. 2. u. 2. §. 1.
3S n. AFRAMI. (5.)
M'odurch Klagen der Art in diesem Falle verliütet Murden. °^)
Bald darauf crliiclt Poujpcjus durch das trcbonischc Gesetz beide
Spanien. Kr hatte nun, MJe Cäsar, Provinzen und Truppen,
und glaubte sich ilnu überlegen, da er vor Rom blieb, um zu-
gleich Senat und Comitien zu beherrschen. Unter dem Ver-
wände, dass die Sorge für die Zufuhr ihn zurückhalte, schickte
er gegen Ende d. J. Afranius und den Prätorier M. Petrejus
nach Spanien, welches sie vom J. 51 an, und dann M. Varro
mit ihnen, als Legaren in seinem Namen verwalteten. ^*)
Im Bürgerkriege hoffte ihre Partei eine Zeitlang, sie wür-
den mit ihren Heeren nach Italien zurückkommen; man ver-
breitete, C. Trebonius sei in den Pyrenäen von Afranius, wel-
cher im diesseitigen Spanien stand, geschlagen, und C. Fabius,
ein anderer Legat Cäsars, zu ihnen übergegangen, '■''*) sie muss-
ten sich aber 2. August 49 an Cäsar ergeben, und wurden un-
ter der Bedingung , nicht v ieder gegen ihn zu fechten , begna-
digt. '■"'^ Afranius hatte weit weniger Entschlossenheit sezei<rt,
als Petrejus , und war von ihm zuletzt als Untergebener behan-
delt und sogar gezwungen, Pompejus den Eid der Treue zu er-
neuern. Schwäche und Besorgniss für seine und seines Sohns
Sicherheit verleiteten ihn zu falschen Schritten, aber mit Un-
recht beschuldigte man ihn später im Heere der Aristocratie der
Verrätherci. '■^'O Nur dem Sieger brach er sein Wort, denn er
führte jenem einige seiner Cohorten zu , versuchte Krieger. '•'8)
Nach den Gefechten bei Dvrrhachium a. 18 stimmte er für
die Rückkehr nach Italien; mit ihm Averdc sich der ganze We-
sten unterwerfen; indess könne man dem Feinde mit der Flotte
Hülfe und Zufuhr abschneiden , um ihn dann mit verstärkter
Macht anzugreifen. Sein Rath, welchem die Alten ihren Beifall
gaben , wurde nicht befolgt, '-^^^ und nun äusserte er spottend
sein Befremden, dass man zögere, eine Schlacht zu liefern, da
03) Ders. ad Qu. Fr. 2, 9. PIul. Cafo 42. 94) S. Pompeii. 95) Clc
ad Att. 8, 2. u. 3. OG) Die Geschichte dieses Krieges s. in: Julii.
\ arro unterwarf sich etwas später, weil er westlicher stand. 97) Plut.
Pomp. (i7. Caes. 41. 98) Caes. H. C. 3, 88. Dio 12, 10. Plut. Caes. 30.
41. Pomp. Oü. 00) Plut. Pomp. Üü. Dio 41, 52. App. 2, 108. Vellej. 2,
52. Lucaii. ü, 31Ü. f.
IL AFRANil. (ö.) 39
Cäsar nur mit Gcldc zu erobern missc. '^o) £f durfte nach der
Niederlage bei Pharsauis nicht Avieder auf Schonung rechnen,
und cntflüli desliall» zu M. Cato nach Dyrrhachium und weiter
nacli Africa. ') Hier nahm er iiu Anfange des April 4G an der
Schlacht bei 'l'hapsus Tiicil, -) und als er sich mit Faustus Sulla
und etwa 1500 Reutern über Utica nach Mauritanien begab,
um bei den Söhnen des Pcmpejus in Spanien Schutz zu suchen,
wurde er Aon P. Sittius, einem römisclicn Abenteurer, ergriffen
und an Ciisar ausgeliefert , dessen Soldaten ihn wenige Tage
später, scheinbar ohne Befehl, in einem Auflaufe tödteten. ^)
Unter fremder Leitung, als Legat und Werkzeug des Pom-
pejus, zeigte er sich zuweilen brauchbar. Dio sagt, er sei ein
besserer Tänzer als Staatsmann gewesen, ^) und oft spottet
Cicero über seine Unfähigkeit und Schlaff'heit, ^) obgleich er ihn
einen grossen Feldherrn nennt, wenn er die Cäsarianer kränken
will. ") In der Zeit der ersten Kaiser hiess er als Gegner Cä-
sars ein Freibeuter. ")
6. Afrania. Ohne Zweifel die Schwester des Vorljen.
Cemaliiin eines Licinius Bucco , sehr processsüchtig, und keck
genug, ihr eigener Sachwalter zu seyn. Sie starb a. 48. ^)
7. L. Afranius. Sohn von No. 5. a. 49 in Spanien,
wo er durch Ser. Sulpicius über seine und seines Vaters Begna-
digung mit Cäsar unterhandelte. ^)
lOü) Eine Anspielung auf seine Feinde, welche behaupteten, dass er
in Spanien bestochen sei. Plut. Caes. 41. Pomp. C7. 1) Dio 42, 10. 43,
12. Flor. 4, 2. §. 90. 2) Flui. Cae.^. 53. 3) Die Meisten berichten, dass
Cäsar ihn tödten Hess. (Hirt.) B. Afric. 95. sagt das Gegentheil, und
Suet. Caes. 75. stellt es ins Ungewisse. Liv. 114. Flor. 4, 2. §. 90. Oros.
6, IG. (A. Vict. ) de vir. ill. 78. Dio 43, 12. Vgl. Cic. ad Farn. 9, IS.
Eutrop. G, 23. ( l'St) Plut. Caes. 53. App. 2, 488. lässt ihn mit Scipio
ein Schiff besteigen, um sich zur See zu retten. 4) 37, 49. Cic. ad Atl.
i, IG. §. 7. 5) Oben A. 87. C) 13 Phil. 14. 7) Tacit. A. 4, 34.
•S) Val. INI. 8, 3. §. 2. Digest. 3. lit. 1. fr. 1. 0) Caes. B. C. 1, 74.
40 ^ lll AxNNII.
III. A N N I I.
1. Titus Annius Luseiis.
r. 218 /'. CJiT. — 530.
2. T. .Vilnius Li.
c. 172 — :)82.
3. '1'. Anilins L.
fos. 153 — 601.
4. T. Annius L. Kufiis.
crnt. 128 — 626.
5. T .Vilnius Ij. 6. C .Vnnlus I.. 7. .'Vniiin.
8. -Viiniu. — 9. C. Pajiins Celsus.
10. T. Vnniiis iMilii i'apianiis. — II. Fniigta.
. Tr. jtl. 57. — 697.
III. A u 11 i i.
l^lebejisch.
Der erste dieses Namens, dessen Livius gedenkt,"'^ ist
L. Annius aus Setia , einer römischen Coionie, Prätor der La-
teiner 340 V. Chr. zur Zeit des grossen lateinischen Krieges.
Cn. Fiavius, Cn. F. '^^ curuUsclicr Aedil 30 t wird der Sohn
eines Freigelassenen Annius genannt. '-) Nach der Schlacht bei
Cannil 21 G gieng ein Annius mit Anderen als Gesandter nach
Rom, um im Namen seiner Vaterstadt Capua darauf anzutragen,
dass in Zukunft der Eine der Consuln ein Campancr sein solle. '^J
P. Annius hiess der Mörder des M. Antonius Orator , nach Ap-
pian ein Kriegstribun, '*) und C. Annius Cimber, Sohn des Lj-
sidicus, ein Trink- und Spielgenoss des Triumvir M. Antonius. '^)
10) 8, 3. f. 11) Liv. 9, IG. 12) Gell. N. A. G, 9. 13) Val. Max.
fi, 4. 1. Vgl. Liv. 23, G. 22. 14) Aiitonii \o. 10. A. 40. J5) Das.
No. 14, f. 72. A. 32.
ni. ANMI. (J.) 41
Man Hndet aucl» Andere olme Familien -Namen, bei den Meisten
aber fehlen diese niclit. "•) Für uns haben nur die Lusci ein
Interesse, in Beziehung auf Milo, den \. 'J'ribun v. J. 57, -weil
er von mütterlicher Seite und durch Adoption ihnen angehörte.
Die Jahre, in welchen sie Magistrate waren, können mit Aus-
nahme des Consulats selten ermittelt werden; die willkührlichen
Bestimmungen bei Pighius verdienen eben so wenig Billigung,
als das Verfahren einiger Genealogen, welche die Annii übergehen.
1, Titus Annius Luscus. Ein Consular C. Lutatius und
zwei Prätorier führten Colonisten nach Placentia und Cremona,
und wurden im folgenden J. 218 v. Chr. von den Bojern ver-
trieben. '^-^ Nach Einigen befand sich Annius unter diesen
triumv. col. deduc. dann ist er Prätor gcAvesen , und Livius '^)
scheint diess für das Richtige zu halten; er bemerkt jedoch,
dass die Annalen die Geführten des Lutatius verschieden bezeichnen.
2, T. Annius Luscus, Sohn des Vorigen, Avurde a. 172
mit Anderen zu Perseus geschickt und a. 1(J9 als triumv. col,
deduc. nach Atjuileja. ''•''
3. T. Annius Luscus. Sohn des Vorigen. -'*) Consul
a. 153.21) Censor vielleicht a. 136.--) Nicht ohne Beredt-
samkeit, -••) und Gegner des Tib. Gracchus , denn er wird von
Livius -*) bei dem J. 133. Consular genannt.
4. T. Annius Luscus Rufus. A orname und Zeitverhiiltniss
lassen nicht zweifeln, dass er der Sohn des Vorigen war. Con-
sul a. 128. 25)
IG) S. die Annalen der Magistrate, Grufer. 101. No. 5. 108. No. 3.
239. No. 3. 354 u. 0C8, Plin. u. A. 17) Polyb. 3, 40. 18) 21, 25.
19) Llv. 42, 25. 43, 17. 20) Nach Eckli. 5. p. 134. geben die Älünzeii
der Annii, welche entschieden äclit sind, keine Beinamen. Gleichwohl
findet sich bei dem unzuverlässigen Goltz Fast. a. 600, und nach ihm bei
Vaill. Ann. No. 1. ein Denar mit der Inschrift T. A. Luscus, welcher
sich auf die angeblich a. IGO. verwaltete Aedilität unseres Annius be-
ziehen soll. 21) Cic. Brut. 20. In den Fast. Sic. und bei den übri-
gen Aniialislen ist sein Name theils enlstelit, theils unvollständig.
22) Fest. V. Religionis. In den capif. Fasten sind die Namen der Cen-
soren dieses J. erloschen. 23) Cic. 1. c. Vgl. Meyer. Orat. Rom. Fragiii.
p. 100. 24) Ep. 58. Plut. Tib. Gracch. 14. Fest. v. Satura. Hiernach
ist Pigh, 3. p. 4. zu berichtigen, welcher hier bei d. J. C20. den folgen-
den Annius als Prätor und als Gegner des Gracchus aufführt. 25) Fast.
Sic. Cassiod. übscq. 88.
42 UI. ANMl. (5.)
5. T. Anniiis Luscus. -''^
0. C. Aiiuius Luscus. C'ajus und T. F. T. N. auf den
IVlünzcu, -^' und dalier avoIiI ein jüngerer Sohn von No. 1. Im
jugurtliinischen Kriege stand er a. 107 in Africa unter (i. .Me-
tcllus, Avelclier ihn mit einer Besatzung nach Leptis schickte. -8)
Dann gah ilim Sulla a. 81 nacli der Piiitur Spanien mit pro-
consular (Jewalt, um Scrtorius zu bekriegen. Er erzwang den
Uebergang über die P^'renäcn , nachdem Julius Saiinatur ermor-
det war, welcher die Passe besetzt Iiiclt. -^^ An diese Statthal-
terschaft erinnern die in Spanien geprägten Münzen mit den
Namen seiner Quästoren L. Tabius und Q. Tarquitius. ^^)
7. Annia. Zeitgcnossinn der beiden Vorigen, vielleicht
<leren Schwester ; es beweis't nichts dagegen, dass No. 6 Sulla-
ner war , denn in Bürgerkriegen ordnen sich die Parteien nicht
nacli der Verwandtschaft. Ihr Gemahl L. Cinna starb a. Si als
Consul IV; wegen dieser Verbindung war sie Sulla verhasst,
und M. Piso Calpurnianus, welcher sie heirathete, musste sich
bald wieder von ihr trennen. -^O
8. Annia. Gemahlinn des Folgenden und ^Mutter des
Milo. 32)
9. C. Papius Celsus, Gemahl der Vorigen und leiblicher
Vater des ^lilo. So Meit die Geschiclite die Abkunft der Papii
verfolgen kann, stammten sie aus Samnium, wo ein angesehener
Mann, Papius Brutulus, im zweiten Kriege mit Rom um 322
V. Chr. sicli hervorthat. ^^) Im marsischen Kriege linden wir
den Römern gegenüber einen samnitischen Heerführer C. Papius
20) S. \o. G. und 10. 27^ Eclh. 5. p. 131. I'rsin. u. Vaül. Ami.
•18) Sallust. B. J. 77. 29) Plut, Sert. 7. u. d. Leben des Sertorius in:
Pompeii. Poriipej. Triurav. 30) Oben A. 27. Eclih. 1. c. befrfindct es,
dass Rlänner mit den Naraen jener Quästoren als Anhänger des Sertorius
bei dessen Tode gegenwärtig waren; (Sallust. Hisl. 3. p. 980. ed. Corte.)
aber auch viele andere angesehene Römer giengen zu ihm ül)er und wur-
den deshalb geächtet. 31) VcUej. 2, 11. nennt l'iso, Cos. Ol. der Zeit
vorgreifend, Consular ; er hatte sich dadurch die Gunst des Dictalor er-
worben, dass er a. 83. sich weigerte, dem Consul L. Scipio als Quäslor
ins Feld zu folgen. Cic. in A err. 1, 11. 32) S. No. 0. u. 10. 33) I,iv.
8, 3'.'. l)io fr. 1 13. nennt ihn unrichtig Papirius, und ist dies Ceschlecht
häutig mit anderen verwechselt, auch mit den Pupii.
il
I[I. ANML (10.) 43
Mutilus; 3*) Stand, Tapferkeit und Reiclitliuiu verscliali'ten ' ihm
die Aufnahme in den römischen Senat, a. 43 wurde er als aclit-
zigjährigcr Greis proscribirt. ^•')
Man darf nicht zweifeln, dass diq, Papii Celsi in Lanuvium,
einem Municipium, zu welchen Milo gehörte, gleichen Ursprungs
waren. Auf jenen Ort, welcher oft mit Lavinium verwechselt, •'*'>'
und durch seinen Tempel der Juno Sospita berühmt geworden
ist, -^^^ beziehen sich der Kopf dieser Göttinn , die Schlange, ■'^^
der Adler und der AVolf auf ihren Münzen, -^V Uebrigens ist
dieses Geschlecht bis auf die Zeit der ersten Kaiser fast nur
durch Gesetze *") bekannt geworden , welche seinen Namen
tragen.
10. Titus Annius C. F. Milo ^0 Papianus , der leibliche
Sohn der beiden Aorigen,^-) und aus Lanuvium gebürtig, wo
er auch die AVürde eines Dictator erhielt, ^-^i wurde von T. An-
nius, dem Vater seiner Mutter, adoptirt. ^*) Dieser konnte nicht
Cajus heissen, wie Einige bei Asconius lesen, da er selbst Titus
genannt wird, und der Vorname des Adoptirenden auf ihn über-
ging. ^•^) Audi erlaubt das Zeitverhältniss nicht, T. Annius
Cos. 128. für seinen Adoptiv- Vater zu halten, sondern dessen
31) Veliej. 2, 16. App. 1, 375. Oros. 5, 18. Bei Diodor. Fr. 1. 36.
p. 180. ed. Argeiit. uiirichfig C. Aponius Motulus. Auch später werden
l'apii IMutili erwähnt, z. B. der Cos. suft. a. 0. nach Chr. nach welchem
die L. Papia Poppaea benannt wird. Vgl. Heinecc. ad L. Jul. et Pap. Popp,
lib. 1. c. 4. 35) App. 4, 003. wo Pap. für Statins zu lesen ist. Vgl.
Keferstein B. Marsic. p. 59. 30) S. Eckh. 5. p. 207. 37) Cic. de nat.
Deor. 1, 29. p. iVIur. 41. u. a. a. O. Liv. 24, 10. Ovid. Fast. 0, OÜ. f.
Reines. Inscr. Class. 5. No. 47. Orell. Inscript. \o!. 1. No. 1308. Vol. 2.
No. 4014. 38) Propert. 4, 8. in. 30) Urbin. Vaill. Papii. Eckh. 1. c.
40) Leber d. Wahl d. A'estal. Gell. 1, 12. üeber die Fremden von C.
Pap. V. Tr'ih. a. G5. u. über die Ehe, jene /ev Pr/pia Popp. a. 9. nach
Chr. 41) Der \ame kommt in der griechischen Geschichte mehrmals
vor. Am bekanntesten ist Milo , der Crofoniat, wie Cicero in einer ge-
heimnissvollen Miltheiliing den IJnserigen nennt; ad Atf. 0, 4. 5. ein
Anderer befehligle die Besatzung des Pyrrhus in Tarent; Fiontin. Pial.
3, 3. §. 1. anch unter den Anführern im Heere des Perseus befand sich
ein Milo. Folyb. 26, 0. ed. Schweigh. Der Unselige wird unter anderen
von Cic. p. Mil. I, Ascor. arg. Milon. in. Liv. 104 und Dio 30, 0. T. An-
nius Milo genannt. 42) Ascon. zu Cic. Milon. c. 35. 43) Ders. arg.
Mil. 44) Oben A. 42. 45) S- Meteilus Scipio Cos. a. 52. in: Caecilii.
44 HI. ANMI. (10.)
Sohn, So. 5. auf wcltlicn siel» vielleicht ilas Loh Ciceros in der
Rede für Clucntius bezielit. ***>
§ I.
.Milos öftciitiichc Laufliahn Avar sehr kurz, ein imnieruiih-
render, zum Theil siegreicher Kampf mit P. Clodius und dessen
Faction, Mclchen er durch einen Mord endigte und dadurch für
sich seihst nutzlos machte. *^J Nach der Verwaltung der Quä-
stur, deren Jahr unbekannt ist, wurde er a. 57 in sehr bewegten
Zeiten V. Tribun. ^^^ Aon den Optimaten als ein Abtrünniger
verlassen, und von Clodius an der Spitze des Pöbels gedrängt,
wünschte Pompejus Ciceros Rückkehr aus dem Exil, Meil er
Hülfe von ihm erwartete. Auch Milo begünstigte ihn, und eben
so wenig aus persönlicher Zuneigung oder aus Eifer für das
Wohl der Republik oder auch nur der Aristocratie, sondern le-
diglich vom eigenen Interesse geleitet. Der Triumvir konnte
ihm einst zum Consulat, und Mas bei einer untilgbaren Schul-
denlast das AViclitigste für ilin war, zu einer einträglichen Pro-
vinz A'erhelfen, und Hess es nicht an Versprechungen fehlen.*'-*)
Es ist sogar wahrscheinlicli, dass er auch Geld erhielt. Bei sei-
nem Character vermochte er unter allen Tribunen am meisten
zu schaden oder zu nützen, und in der That leistete er mehr
als die übrigen sieben, Avelche für Cicero Maren. ^") Diess hatte
aber auch noch einen ZMciten Grund : als Freund Ciceros wurde
er Clodius Feind, und nun entstand zMischcn ihnen ein Streit
auf Leben und Tod, wobei die Angelegenheit des Verbannten
nur den Namen herlieh.
Clodius verstärkte sich durch die Fechter seines Bruders
Appius Claudius; Milo führte als Tribun sie ins (iefängniss,
und Serranus, sein College, befreite sie. Die Klugheit rieth,
Milo zu schonen; allein Clodius bestürmte seine Wohnung, An-
niana, und Murde deshalb nach der L. Plotia de vi belangt, die
Klage jedoch durch seine Freunde vereitelt. Sein Gegner trat
•16) c. 28. '17) Das Genauere über das Folgende bis z. J. 52 s. im
heben des P. Clodius in: Claudii. It») fic. ad. Qu. fr. 1, 1. ad Farn. 2,
G. § 2. p. red. in Sen. 8. 12. p. Sext. 40. p. iMil. "i. Liv. 101. Dio 39, (i.
49) App. 2, 430. tili. 50) Oben A- 48, u. fic. p. Mil. 37.
ni. y\NM[. (10.) 45
mm au(^ mit einer zahlreichen Schaar von Fcclitcrn auf, und
Clodius sah sich von ii- Tlaccus in die Flucht geschlagen, als
er im November nach Ciceros RiVckkehr das Haus des Milo auf
dem Germalus angriff'. ^0 Um so mehr wünschte er Aedil zu
werden, und dadurch den Gerichten zu entgehen. Milo verhin-
derte die "Wahl durch seineu Einspruch , mehr noch durch seine
Bande.
Erst im Januar a. 5G wurde Clodius curulischer Aedil.
Seine Faction, und auch die Optimaten, welche sich in Cicero
getäuscht und ihn aus Furcht vor einem zAveiten Exil den
Triumvirn huldigen sahen, begünstigten ihn. Nach dem Bei-
spiele seiner Feinde und mit gleichem Rechte erhob er sich zum
Anwalte der Republik. Er zog Milo im Februar Avegen ver-
übter Gewalt vor Gericht, und brachte dadurch auch Cicero ins
Gedränge, Avelcher schwieg, weil Crassus auf der Seite des Klä-
gers zu sein schien. Pompejus wfir für Milo ; dieser vertraute
aber nicht ihm, sondern seinen Banden; sie reinigten den Markt,
und der Process ruhte. Auch C. Cato, der V. Tribun, empfand
seine Rache. Er hatte Clodius unterstützt, und sogar Fechter
gekauft, welche er nicht unterhalten konnte. Milo veranlasste
insgeheim einen Mann, sie zu kaufen, worauf der Tribun Raci-
lius sie in einem öffentlichen Anschlage als sein Eigenthum feil
bot, und als Catos Bande bezeichnete. ^-) Datresen misslano-
Milos Versuch, die Verurtheilung des Sex. Clodius zu bewirken;
die Richter vom Senator -Stande wollten in ihm Pompejus eine
Kränkung zufügen. ^V Nur Cicero blieb ihm immer ero-eben ;
er fühlte sich durch seine Macht und Verwegenheit gedeckt, und
nahm es wohlgefällig auf, dass Lentulus Spinther in Xilicien
ihm zu der Verbindung mit einem Menschen Glück wünschte,
der Gesetz und Ordnung mit Füssen trat. ^V
Warum Milo a. 55 vor Gericht stand, ist unbekannt, wie
der Ausgang des Processes. 5^) Da Cicero ihn vertheidigte, so
erhellt schon daraus , dass die in der Geschichte des vorigen
51) Milo wohnte nicht in diesem, sondern in dem früher genannten.
52) Cic. ad Qu. fr. 2, G. §. 4. 53) Ders. 1. c. u. p. Coel. 32. S. Sex.
Clodius in: Claudii. 51) Cic. ad Fam. 1, 7. §. 5. 55) Ders. ad Alf.
4, 12.
46 Hl. ANNII. (10.)
Jalircs erwähnte Klage niclit gemeint sein kann. Gegen Ende
«les jetzigen vcrniüliltc er sich mit Tausta-^'») Die Aedilitilt
übergieng er, Avelchcs gestattet Mar. ^^) Manutius glaubt, -"^j
er sei a. 51 cur. Acdil gew esen , und liabe als solcher glänzende
Spiele gegeben, dann aber ^''*) diese seien durcli eine Erbschaft
veranlasst, und darin irrt er nicht. i\'irgcnds findet sich eine
.Spur von jenem Amte, denn auch die Worte: potucrat magi-
strum se, non aedilcm putare,^"^ kann man so wenig darauf
deuten, als sie beweisen, dass der, welchen Milo beerbte, als
Aedil gestorben und bei den Spielen gleichsam von ihm vertre-
ten sei. Der Prätur konnte er sich nicht entziehen , wenn er
Consul werden AVoUte; es Avar von Anderen versucht, aber nicht
geduldet, ''') und von Sulla nochmals untersagt, 02) obgleich
man Pompejus Cos. 70 von der Beobachtung des Gesetzes zu
entbinden sich gezwungen sah. AVir wissen indess nicht, wann
3Iilo Prätor war; Pighius ß^) meint a. 54 und führt die Spiele,
deren Cicero gedenkt, als Beweis an; dieser sagt aber nicht,
dass er sie als Prätor, sondern dass er sie in Folge einer Erb-
schaft gegeben habe , und spricht 3.^54 nur von den Vorbe-
reitungen; demnach gcliören sie in das .Tahr 53, in welchem
er um das Consulat warb , und sich dadurch bei dem Volke
empfelilen "\vollte, dass er nach Ciceros übertriebenen Nachricht
zu dessen Belustigung drei Erbtiieilc verscliwendete , das A'er-
mögcn se! es leiblichen und seines Adoptiv -Vaters und das
Heirathsgut seiner Mutter, ö*) Diese Bewerbung lässt nun auch
darauf schliessen, dass er die Prätur vor a. 54 verwaltete, in
welchem er in dem Processe des M. Scaurus auftrat. ^^^
§2.
In der Meinung, dass seine Grösse von einem Titel, von
der Dictatur abhänge , beförderte Pompejus die Anarchie. Die
50) Dcrs. ad Alt. -1, 13. Unten No. 11. 57) Maiiut. zu Cic. p- Sexl.
53. (3. p. 57.) 58) A. zn ad Kam. 2, 0. 50) A. zu ad Qu. Fr. 3, 8.
Fr. 9. 00) ad Qu. Fr. 3, 8. Ol) S. C. Caesar .Stralio aedil. cur. a. 90.
in: Julii. Cic. Brut. 03. de h. rcsp. 20. Ascoii. zu p. Scaur. p. 140. ed.
Peyr. et Deier. C2) App. 1, -Jli. 113. 426. Vgl. Cir. 11. Phil. 5.
03) 3, 393. Cl) Cic. p. Älil. 35. u. das. Asc Vgl. B. C. 3, 21. 65) Aeinil,
Scaur. No. 3. § 2. A. 33. f.
HI. ANNII. (Ii>.) 47
I>c.sfcclninp;cn jenes Scaunis und der drei anderen Candidaten
des Consulats '^) waren ilnii erwünsclit, denn tim so gewisser
liciiann das J. 53 mit einem Zwisclicnreiche. Als endlich in
diesem, im Juli, Domitius und Mcssala gewählt Maren, be-
schäftigten ihn aus gleicliem Grunde die Wahlen für das nächste.
Milo warb um das Consulat , ''^) Ciodius um die Prätur, und
dieser begünstigte Plautius llypsäus und Mctellus Scipio, die
Nebenbuhler seines Feinoes, von Avelchem er das Acusserste
fürchten musstc , wenn er durchdrang. Auch Pompejus zog sie
vor, weil er durch sie Dictator zu werden hoffte, wenn es sich
nicht auf einem anderen Wege erreiclien Hess. Demnach fand
er sicli wieder mit Ciodius zusammen, von welchem er noch
vor Kurzem die empfindlichsten Kränkungen erfaliren hatte,
und nun w.igte Cicero um so Aveniger öffentlich für Milo thätig
zu sein. '>^) Dieser wirkte durch Bestechungen und Gladiatoren;
Ciodius stellte ihm die seinigen entgegen, und verstärkte sie durch
die Bande des Hvpsäus und durch Sclaven aus den Apenninen,
daher nun wieder in den Strassen von Rom gefochten wurde.
Es hatte im Anfange d. J. 52 weder höhere Älagistrate
noch einen Zwischenkönig. Die blutigen Raufereien dauerten
fort; sie hatten noch immer die Ausschliessung des CJegners
von den AVahlen zum Zweck, und nährten in Pcmpejus die
Hoff"nung zur Dictatur , als Ciodius am 20, Januar von Milos
Gefolge getödtet wurde. •*^) Rom gerieth in Gährung. Die An-
hänger des Ermordeten zogen den Pöbel in ihr Interesse , um
ihn zu rächen. Dennoch kam Milo, dessen Haus wieder an<re-
griff"en, aber von, seinen Bewaff"neten geschützt war, nach der
Stadt zurück. Er führte neue Söldner herbei, vertheilte Geld,
und setzte seine Bewerbung fort. Auch erschien er in Beglei-
tung des Tribuns M. Coelius vor dem Volke, um zu beweisen,
60) Das. A. 37. 67) Cic. ad Qu. Fr. 3, 8. § 5. 9. § 2. ad Fam. 2, 0. § 2.
68) Er erschien anfangs, sich für ihn zu verwenden, wurde aber von
Ciodius ■ogleich forlgescheuchl. p Mil. 11. u. das. Ascon. C9) Ascoii.
arg. Milon. lies't man richtig statt III. IV. Cai. Febr. (30. 29. Januar)
XIII. XIV. (20. 10. Jan.) XIII. hat auch Cic. p. Mil. 10. S. Ascon.
selbst im arg. Haec agebantiir etc. u. zu c. 25. u. Cic. ad Alt. 5, 13.
u. G, I. fin. Mehr darüber in: Claudii.
48 ^H ANNII. (10.)
dass er sich gegen Cloditis nur vcrtheidigt habe. Aber die ihm
feindlich gesinnten Tribunen unterbrachen ihn, und nöthigten
ihn unter Hlutvergiessen zur Flucht.
' Ponipejus verbreitete das Gerücht, dass er ihm nachstelle;
damit es desto nielir Glauben fände, Hess er ihn nicht vor,
als er kam, sich mit ihm zu vergleiclien; man sagte auch, er
habe sein Anerbieten, von der Bewerbung abzustehen, wodurch
Milo den Mächtigen, welchen er für Hypsäus Gönner hielt, ver-
söhnen wollte, mit stolzer Gleichgültigkeit vernommen. Er
selbst wurde am 25. Februar zwar nicht zum Dictator, aber
doch zum Consul ernannt, und zwar allein, nachdem er schon
vorher vom Senat ermächtigt war, Truppen auszuheben, und
mit dem Zwischenkönige und den Tribunen über die Sicherheit
der Republik zu wachen. Nun sollte Milo empfinden , dass man
nicht ungestraft seine Pläne durchkreuze. Seine Gesetze geiren
Gewaltthätigkeiten und Amtsersclileichung waren gegen ihn ge-
richtet, das Erste gab sich sogar entschieden als ein Privile-
gium kund, schien aber auch die Clodianer zu bedrohen. Poni-
pejus gefiel sich in solchen Zweideutigkeiten. Er gab sich
noch immer das Ansehn , als fürchte er Meuchelmord , und blieb
den Tribunicischen Umtrieben nicht fremd, wodurch man in der
zweiten Hälfte des Märzes die Menge gegen Milo zu stimmen
und Cicero von dessen Vertheidigung abzuschrecken suchte.
Seine Krieger standen bereit, das Uebrige zu thun.
So wurde Milo im Anfange des Aprils a. 52 wegen ver-
übter Gewalt, wegen Bestechungen und wegen verbotener Ver-
bindungen, welche sie bezweckten, vorgeladen. Cicero konnte
nicht umhin, in dem ersten Processe für ihn aufzutreten. Es
ist wahrscheinlich, dass es mit Pompejus Genehmigung geschah;
dennoch machte ihn der Anblick der Waffen und das Geschrei
der Clodianer bestürzt, und er sprach nicht, wie er nacliher^j
schrieb; ohnehin vermochte der geschickteste Sachwalter seinen
Clienten nicht von der Schuld zu reinigen, oder dem Consul
zu widerstehen. Da dieser angeblich für sein Leben fürchtete,
so wagte er auch nicht, wie später M. Brutus in einer nur
geschriebenen Rede für Milo, den Satz aufzustellen, der Mör-
der habe sicii um die Republik verdient gemacht, sondern er
suchte zu zeigen, dass der Mord Nothwehr gewesen sei, wel-
m. ANNir. (jo.) 49
dies l»ei weitem scliwlcriger oder vielmehr unmöglich wur. ''")
Milo erhielt am II. April ein gerechtes Urtheil tauf eine gesetz-
widrige Art. In den nächsten Tagen folgten die bis dahin aus-
gesetzten Klagen wegen Amtserschleichung und Südalitien, und
wegen Gewaltthätigkciten, >velche Clodius zunächst nicht an-
giengen. Kr Murdc abwesend verurtheilt und begab sich nach
Massilia ins Exil. ^')
§ 3.
Sein Scliicksal wurde auch seinen Gläubigern verderblich.
Zwar hatte er noch Besitzungen, ein Haus auf dem Capitolin,
Anniana genannt ,^->' zum Unterschiede von einem anderen auf
dem Germalus, ^"^^ mehrere Villen, unter anderen zu Ocriculum, ^*)
vieles Hausgeräth, und insbesondere eine grosse Anzahl von
Gladiatoren und anderen Sclaven nebst Waffen; er konnte aber
nichts sein Eigenthum nennen; denn die Unterhaltung dieser
Banden, die Spiele v. J. ^)3 und die Bestechungen, Avodurch er
sich das Consulat zu verschaffen suchte, hatten ihn unermess-
liche Sunnnen gekostet und in Schulden gestürzt , deren Tilgung
unmöglich war,''^^ zumal da seine Habe für einen sehr geringen
Preis verkauft Murde. ^^)
Cicero gericth in den dringenden Verdacht, dass er diess
benutzt und durch Philotimus, den Freigelassenen seiner Ge-
mahlinn,''^) und unter dessen Namen einen Tlieil erstanden
habe. Es erregte Aufsehn; Milo selbst bezeugte seinen Unwil-
len, ^^) und Philotimus musste dem entsagen, was er gekauft
hatte , wobei er falsche Rechnungen machte und Ciceros Vor-
haltung mit Trotz erwiederte. ^^) So gewiss dieser gegen Milo
nie Dankbarkeit empfand, da er am besten wusste, warum er
von ihm in Schutz genommen war , eben so wenig unterliegt
es einem Zweifel, dass er sich eine Handlung gegen ihn er-
70) S. Claudii. 71) Ascon. zu p. Mil. fin. Cic. ad Fam. «, 3. § 2.
Liv. 107. Caes. B. C. 3, 21. Dio 40, 5J, 72) Cic. p. Mil. 24. ad Alt.
4, 3. 73) ad Att. 1. c. 74) Cic. p. Mil. 1. c. Vgl. Cluver Ital. antiq. 1.
p. 039. 75) Piin. 30, 24. (15). Cic. ad Qu. Fr. 3, 8. § 5. 9. § 2. ad
Fam. 2, G. p. Mil. 35. u. das. Ascon. 70) Ascon. zu Cic. p. Mil. fin.
77) Cic. ad Att. C, 4. u. 5. 78) Das. 5, 8. 79) Oben A. 77.
Druniann, Gesrhichte Roms I 4
50 in. ANMI. (10.)
laubte , deren er sich zu schämen Ursache liatte. Jeder wusstc,
dass Philotimus sein Geschäftsführer Mar, und vermuthete so-
gleich , dass er hei jener Versteigerung nur den Namen herleihe.
Als Cicero a. 51 auf der Reise nach seiner Provinz Cilicicn
erfuhr , Mie sehr es ihm verargt werde , beauftragte er sowohl
Atticus als AI. Coelius, dafür zu sorgen, dass Milo Entschädi-
gung erhalte, sei es durch die Rückgabe des Gekauften oder
durch einen höheren Preis ; er habe Philotimus von Anfang die
Bedingung gemacht, sich nicht gegen dessen Willen in den Be-
sitz seines Eigenthums einzudrängen. 8") Dann folgten a. 50
räthselhafte Mittheilungen in griechischer Sprache, aus Avelchcn
Atticus entnehmen sollte, wie sehr er für seine Ehre fürchte,
wie sehr er aber auch Avünsche, dass der Freigelassene in dieser
und in ähnlichen Angelegenheiten mit Vorsicht und Schonung
behandelt werde, doch Mohl, damit er die wahre Lage der
Sache nicht zur öfl'entlichen Kunde brachte. ^O Bald stand er
auch mit Philotimus wieder in gutem Vernehmen , ^--^ obgleich
er dessen cpdoTifdu kannte und sehr gewünscht hatte, alle Ver-
bindung mit ihm aufzuheben. 83)
§ 4.
Die Hoffnung der Freunde Milos, ihn unter Cüsars Herr-
schaft hergestellt zu sehen, wurde nicht erfüllt. Dieser rügte
es, dass man ihn auf eine gewaltsame Art verbannt habe, aber
nur, um Pompejus herabzusetzen ; s*.) er rief ihn nicht zurück,
obgleich er schon a. 49 nach dem Feldzuge in Spanien anderen
Exilirten die Strafe erliess; ^^) denn Rom sollte nicht mehr der
Tummelplatz tollkühner Raufbolde sein , auch mochte Milo die
Massilier gegen ihn aufgereizt haben.
Indess wurden Neucrungssüchtigc imd Missvergnügte durch
seine lange Abwesenheit ermuthigt. M. Coelius machte a. 48
80) Cic. ad Att. 5, 8. ad Farn. 8, 3. 81) Oben A. 77. u. ad Alt.
0, 7. 82) ad Alf. 10, 5. 7. 83) Das. G, 9. § 2. 7, 1. § 1. u. 5. Vgl.
Antonii. No. 31. A. 17. 81) Cic. ad Aft. 9, 11. 85) Veliej. 2, 08.
App. 2, 458. Dio 41, 36. 42, 24. Nicht allen bis auf Milo, wie die
beiden Letzten sagen , unter Anderen jetzt noch nicht C. Antonius, Coi.
a. GS. Antonii No. 31. iin. nicht einmal allen, welche nach Ponipejui
L. de ambitu v. J. 52 verurtheilt waren, sondern nur einigen. Caei.
B. C. 3, 1.
I
111. ANiMl. (10.) 5j
als Prätor Anordnungen zu Gunsten der Verschuldeten und der
Senat nahm ihm sein Amt. ^''J Voll Erbitterung rief er insge-
heim Alilo nach Italien, denn keiner war geeigneter, das Werkzeug
seiner Rache zu sein. ]\Iilo zog in Campanicn einen Theil sei-
ner ehemaligen Fechter, Hirten, andere Sciaven und Verarmte
an sich, und erklärte sich für einen Sendling des Pompcjus,
fand aber wenig Anhang, und wandte sich nach Lucanien , wo
ihm bei der Belagerung eines Castells im Gebiete von Thurii
der Prätor Q. Pedius Widerstand leistete , und ein Steinwurf
von der Mauer ihn noch a. 48 tödtete. ^'') Bald nachher wurde
auch Coelius von der Besatzung von Thurii erschlagen.
Beide hatten ilir Vermögen verschwendet. ^^J Da man
Milo fast immer an der Spitze der Gladiatoren findet, und seine
Sache mit der Faust verfechten sieht, S'-*) so ist der Scliluss
nicht zu kühn, dass er den Muth eines Samniten besass und
an Gestalt und Körperkraft dem Crotoniaten seines Namens
ähnlich war. ^^^ Von geistigem Talent hat er keine Beweise
gegeben, und nicht Ein Verdienst kommt auf seine Rechnimg;
selbst als Beschützer Cjceros diente er sich selbst, und was er
bewirkte, war kein Glück für Rom, wie sehr er auch von je-
nem in öifentlichen Reden gepriesen wurde. '■*'-* Aristocrat,
weil sein Feind Democrat war , und mit seiner Entschlossenheit,
Unerschrockenheit und Beharrlichkeit der senatorischen Faction
86) S. Coelii. 87) Cäsar, der Zeitgenosse, nennt hier wiedertolf
das Thurinische; (B. C. 3 , 21. 22.) die nähere Bezeichnung des Ortes
bei ihm, Cosa , beruht entweder auf einem Irrthurae des Vf. oder der
Abschreiber. Das Letzte nimmt Cluver an; (Ital. ant. 2. p. 1205) wel-
cher trefflich entwickelt, dass Cäsar Cassanum geschrieben habe, oder
doch hätte schreiben sollen; es lag in jenem Gebiete, (jetzt Cassano') ii.
ist auch von Plinius gemeint, (2, 57. ( 5ü. ) bei welchem in den Hand-
schriften: cdstellitm Carissanum für Cassanum sich eingeschlichen hat;
ein Cosa in dieser Gegend war den Abschreibern , welche nun einmal so
bei Cäsar lasen, nicht bekannt, sie verwandelten das Wort bei X'ellej.
2, 68. in Compsa , und fügten nun: in Ilirpim's hinzu, eine IVillkühr,
welche der schlechte Zustrnd der Urschrift gestattete. Nach Dio 42,
25. starb Milo in Apulien und nach Oros. 6, 15. mit Coelius vor Capua.
Vgl. Liv. ep. III. u. Euseb. Chron. ed. Seal. lib. 2. p. ]52. SS) Oben A.
72. f. 89) Vellej. 2, 68.: Vir inquies et ultra fortem teraerarius.
90) Oben A. 41. 91) Post. red. in sen. 8. de har. r. 1. p. Sext. 40. n. s-
4*
52
III. ANNIl.
(11.)
willkommen, fiel er zuletzt in die Rolle des Catllina, um durch
eine allgemeine Umwälzung sein Vermögen herzustellen , seinen
Ehrgeiz und seine Rachgier zu befriedigen. — Nachkommen
werden nicht erwähnt.
11. Fausta. Tochter des Dictator Sulla. 92J Milo heira-
thete sie am Ende des J. •')5. '^^J
92) S. Cornelii Süll. 03) Oben No. 10. § 1. A. 56.
IV. ANTISTIl.
53
IV. ANTISTIl.
1. Sex. Antistius.
tr.pl. i22v. (7ir. — 332a.u.
2. L. Antistius.
tr.m.c.p.aiSi' C/ir. — 316.
3. iVI. Antistius.
tr.;</. f. 320 — 434.
4. M. Antistius.
c. 218 — 536.
5. Sex. Antistius.
c. 208 — 54G.
6. Antistia.
— Ap]iiiii Clnud.
Cos. 143 — 611.
7. P. Antistius.
tr.j;/. 88 — 666.
— 8. Calpiirnia.
9. Antislia.
— Ifi. FoDipej. M.
10. T. Antistius.
^j*. 50 — 704.
11. Antistins Vetng.
Prpr. c. 68 — 686.
12. C. Antist. Vetns.
tos. 30 — 724.
13. C. Antist. Vetus.
Cos. 6y. tV/r. — 748.
14. C. Antist. La)>eu.
c. 167 — 587.
15. Q. Antist. Lalieo.
42
712
16. Antist. Labe». J7. Antist. Labeo.
c. 35 — 719. ICtui.
18. C. Antist. Keginus.
c. 58 — 6'J6.
IV. A n t i s t i i.
Plebejisch. 9*)
Inschriften und Münzen haben häufig Antestii , ^'^) welches
bloss die ältere Form desselben Namens ist, und sich in In-
schriften auch mit der neueren zusammen findet.'-*^) Es scheint,
dass man auf Denkmälern der späteren Zeit nach Laune die
eine oder die andere Mahlte, während man sich übrigens nur
der neuern bediente, wie Cicero und Livius beweisen.
In den ersten Jahrhunderten der Republik werden keine
Zunamen erwähnt, und auch im letzten fehlen sie mitunter,
ohne etwa nur der Kürze wegen übergangen zu sein. Es gilt
9J) Liv. 6, 30. Mehrere waren V. Tribüne. 05) Ursin. u. Vaill-
in: Antestii. Eckh. 5. p. 135. Orell. Inscr. Vol. 1. No. 1528-
C) Ursin. 1. e.
54 IV. ANTISTII. ( I . )
demnach wenigstens nicht von Allen, welclie in gerader Linie
von der ältesten Familie abstammten, dass sie sich Vetus nann-
ten, um sich von den Nebenzweigen zu unterscheiden. Diese
bildeteh sich nach und nach, und lebten zum Tlieil in Muni-
cipien und in anderen italischen Städten , welches durch manche
Zunamen angedeutet wird, z. B. bei C. Antistius Rejrinus. ^^->
Uebrigens geben die Inschriften eine so grosse Anzahl von Zu-
namen, dass es ungereimt sein würde, eben so viele Familien
zu unterscheiden, und nicht bei den meisten an Bezeichnungen
Einzelner zu denken. Die Antistier stehen in der politischen
Geschichte im Hintergrunde; in dieser erregt die ilirige nur
ein Interesse, so fern sie die Geschiclite anderer Geschlechter
erläutert, und eben, weil sie nur gelegentlich erwähnt werden,
ist es unmöglich, auch nur den Zeitgenossen des Pompejus und
Cicero, welche uns hier allein angehen, mit Sicherheit eine
Stelle in der Stammtafel anzuweisen.
1. Sex. Antistius. V. Tribun 422. v. Chr. »«J
2. L. Antistius. Trib. nül. cons. pot. 378. v. Chr. ^^)
3. M. Antistius. V. Trib. um 320. i^^»
4. M. Antistius wurde 218 zu dem designirten Consul
C. Flaminius nach Oberitalien geschickt, ihn zur Rückkehr
nach Rom zu bewegen, damit er hier und nicht im Felde sein
Amt anträte. 0
5. Sex. Antistius gieng 2U8 als Gesandter nach Gallien,
die Bewegungen Hasdrubals zu beobachten. -)
6. Antistia , Gem. des Appius Claudius Cos. 113 und
Schwiegermutter des Tibcrius Gracchus. ^)
7. P. Antistius. Bei einigen Neueren, aber ohne Grund,
Labeo.
Er widersetzte sich a. 88 als V. Tribun C. Cäsar Strabo,
welclier um das Consulat warb , ehe er Prätor gewesen war. *J
Dadurch Avurde man auf ihn aufmerksam , und er erschien seit-
dem oft als Sachwalter vor (icriclit, und niclit ohne Beifall und
Erfolg, obgleich zum Theil nur, Mcil er keine ausgezeichnete
97) Nicht Rheeinus. OI>en A. 95. ii. Cacä. B. G. C , 1. 7. 83. 90.
98) Liv. 4, 42. 99) Liv. 0 , 30. 100) Ders. 9, J2. 20, 33. 1) Der«.
21, 63. 2) Dtrs. 27, 3«. 3» IMuf. Tih. (Jraccb. 4. 4) S. Julii u. die
Stellen in Aiiiiii. No. lU. .\. Gl.
IV. ANTISTII. (8.; 55
Nebenbuhler liatte.^J Von ihm, anr^eblich V. V. P. N. '') unter-
Hcheideii Pighius und Andere, welche ihm gefolgt sind, P. An-
tiNtius, angeblicii C. F. C. N. Laheo, ^-^ Priitor a. 8ö Schwie-
gervater des naclimaligen Triumvir Pompejus, und a. 82 von
L. Üamasippus in der hostilischen Curie ermordet, weil er eben
wegen dieser Verwandtschaft für einen Sullaner galt. ^) Aus-
leger und Genealogen sind nicht einig «larübcr, welcher der
von Cicero geschilderte Redner sei, zumal da beide denselben
Vornamen hatten und Zeitgenossen waren.
Vergleicht man zunächst die angeführten Stellen im Brutus,
so war nach Cicero der Redner, V. Tribun a. 88 und Gegner
des C. Cäsar mit dem Antistius, Avelchen Damasippus tödtete,
eine und dieselbe Person. Der Ermordete ferner war Pompejus
Schwiegervater , '■>) und hatte folglich auch den Vorsitz in dem
Gerichte, vor welchem Pompejus a. 86 erschien. Hier eben
lösst sich der Knoten; Plutarch hielt ihn deshalb für einen
Prätor, obgleich er als Aedilitier starb; ^"^ auch Cäsar ^*) und
Andere, welclie Aedilcn gewesen waren, vertraten den Prätor in
Gerichten , Avenn er selbst nicht erscheinen konnte ; ihnen wurde
die quaestio übertragen, sie waren judices quaestionis, hatten
den Vorsitz , '-) welches Vellejus in unserem Falle nicht irre
führte, wohl aber Plutarch. Antistius konnte auch a. 82 als
Greis sterben, '-^^ obgleich er wenige Jahre zuvor V. Tribun
gewesen war , da er nach Cicero sich sehr spät den öffentlichen
Geschäften zuwandte. •*)
8. Calpurnia, Gemalilinn des Vorigen. '5)
9. Antistia. Tochter der beiden i'origen. Pompejus M-
verlobte sich a. 86 insgeheim mit ihr, um durch ihren Vater
in einem Proccsse ein günstiges Urtheil zu erhalten, welches
er erreichte; a. 82 verstiess er sie auf Sullas Betrieb, und ver-
mählte sich mit dessen Stieftochter Aemilia. ^^)
5) Cic. Brut. 49. '63. 90. 6) Pigh. 3. p. 233. 7) Ders. 3. p. 239.
8) Cic. Brut. 90. p. Rose. Am. 32. Liv. 80. Vellej. 2, 20. App. 1,
403. Plut. Pomp. 9. Cornelii Süll. 9) Plut. Pomp. 4. 9. Cic. p. Rose.
Am. 1. c. wo er mit Beziehung auf diese unglückliche Verbindung seiner
Tochter Priamus genannt wird. 10) Vellej. 1. c. 11) Suet. Caes. 11. u.
das. Casaub. Cic. Brut. 70. 12) Cic. u. Suet. 11. cc. 13) Cic. p. Rose.
Am. 1. c. M) Ders. Brut. 03. 15) A ellej. I. c. S. Calpurnii Best.
IG) Oben A. 9. u. Plut. SuU. 33.
56 IV. ANTISTII. (10.)
10. T. Antistius. Quastor in Macedonien a. 50. Im fol-
genden J. erschien Ponipcjus, elie er einen Nachfolger erhalten
hatte. Nach Ciccros \'ersicheriing diente er ihm nur, ucil er
es nicht vermeiden konnte; er Hess in Apollonia Geld für ihn
schlagen, zog sich aber bald in das Innere von Macedonien zu-
rück, um nicht weiter am Kriege Theil zu nehmen, und nach
der Schlacht bei Pharsalus nach Bithynien. Hier sah und be-
gnadigte ihn C'iisar. Er starb auf der Rückreise in Corcyra
und hinterliess ein nicht unbedeutendes Vermögen. '^-'
11. Antistius Vetus. Proprator im jenseitigen Spanien '^)
a. 69 oder ü8 aber nicht später, wenigstens war Cäsar, sein
Quästor, M elcher mit Auszeichnung von ihm behandelt wurde,
und dafür seinen Namen auf die Nachwelt brachte, a. 67 wie-
der in Rom.
12. C. Antistius Vetus, Sohn des Vorigen. Quaestor a. 61
im jenseitigen Spanien unter dem Propr. Cäsar, welcher ihn
aus Erkenntlichkeit gegen den Vater in seine Provinz zog. ^^^
V. Tribun a. 56 -•*) a. 45 kämpfte er in Syrien mit Q. Cäcilius
Bassus, welcher früher Pompejaner gewesen war,-') und be-
lagerte ihn in Apamea, ohne jedoch seine Unterwerfung zu be-
wirken. 22* Cos. suff. a. 30 Aom 1. Juli bis zum 13. Septem-
ber. --0 Als Augustus in Spanien erkrankte , setzte er a. 25
den Krieg mit den Cantabrern und Asturern fort. -*)
13. C. Antistius \ etus. Sohn des Vorigen. Consul 6 v.
Chr. -'') Auch seine beiden Söhne wurden Consuln. -'')
14. C. Antistius Labeo. Auch Römer aus anderen Ge-
schlechtern, Atinii, -^'' Fabii, -^^ hatten diesen Zunamen, wel-
cher sich auf ungewöhnlich grosse Lippen bezieht. -^) Antistius
gieng a. 107 als Gesandter nach Macedonien. 2'^-'
1 5. Q. Antistius Labeo. Unter Cäsars Mördern war ein
17) Cic. ad Fam. 13, 29. 18) Veliej. 2, 43; Suet. Cae». 7. Plut.
Caes. 5. 19) Plut. I. c. 20) Cic. ad Qu. Fr. 2, 1. wo die Lesart Se-
vcrus für J'etus mit Recht verworfen wird. 21) S. die Geschichte seiner
Unternehmungen in: Cassii, C. Cassius pr. 44. 22) Cic. ad Att. 14, 9.
Diu 47, 27. 23) Tabul. Capuan. hei Pigh. 3. p. 495. 24) Veliej. 2, 90.
Dio 53, 25. Flor. 4, 12. §. 51. 25) Veliej. 2, 43. Dio 55, 9. 20) Veliej.
1. c. 27) Liv. ep. 59. 2S) Die Münzen bei Eckh. 5. p. 207. u. a.
29) Piin. 11, CO. 30) Llv. 45, 17.
IV. ANTISTH. (16.) 57
Labeo, ^') und dieser ohne Zweifel derscllie, welclier a. 42 bei
Philippl als Legat des Brutus nicht in der Schlacht fiel , 3-)
sumlcni nach der Schlacht sich durch einen Freigelassenen tödten
Hess. •''•'J Der Legat war alier ein Antistius, denn er wird von
Appian ausdrücklich als A ater des Rechtsgelehrten Antistius
Labeo bezeichnet.
1 (j. Antistius Labeo. Der Vorige hinterliess eine Gemah-
linn und Kinder, welche nicht bei ihm waren, als er starb. ^4)
Es fehlt nun wieder an bestimmten Zeugnissen darüber, ist
aber sehr glaublich, dass der Antistius, welcher mit Sex. Pom-
pcjus a. 36 aus Sicilien nach Asien entfloh, und bei dessen
tollkühnem Versuche, hier den Krieg fortzusetzen, zu M. An-
tonius übergieng , sein Sohn war. ■'•'*)
1 7. Antistius Labeo , der berühmte Rechtsgelehrte unter
Augustus, ■"') Sohn von No. 15.
IS. C. Antistius Reginus. Legat Cüsars in Gallien. 3^)
31) Plut. Brut. l'i. 32) Ders. Brut. 51. 33) App. 4, 009. Vgl. Dio
47, '10. fin. In den untergeschobenen Briefen ad Brut. II. wird ein
Antistius Vetus als Anhänger des Brutus erwähnt; obgleich nichts darauf
zu gehen ist, so Itönnen doch leicht mehrere dieses Geschlechts sich in
seinem Heere befunden haben. 3J) App. 1. c. 35) Ders. 5, 750.
30) Heineccii Hist. jur. civ. 1. §. 179. 37) Caes. B. G. 6, 1. 7, 83. 90.
Lrsin. Anlist. Vaill. Antist. No. 5. Eckh. 5. p. 137.
58
V. ANTOMI
V. ANTOMI
1. T. Antonius Mercnda.
Xiir 450 r. Chr. — 304 a. u.
2. Q. Antciniiis Merenda.
Ir. m. c. j). 422 v. Chr. — 332.
3. M. Antonius.
m. eq. 33:j — 421.
4. L. Antonius.
Seua(. c. SOG — 44S.
5. Q. .Vntonius.
c. J9ü — 564.
C. A. Antonius.
i: 168 — 586.
7. M. .\ntnnius.
Ir. ])/. 167 — 587.
S. L. .'VntoMiiis.
c. 146 — CüS.
9. C. .Intoniiis.
c. 143 — 611.
10. M. Antonius Orator.
Cos. 99 — 655.
11. M. Anton. (Jreticus. — 12. Auniitoriu. 31. C .Antonius. 34. Anlonia.
pr. 75. — 679. 13. Jnlia. Cos. 63 — 691.
14.M. Antonius. — I5.Failia. 2i». C Aiiloii. 30. L. Anton. 32. Autonia. 33. .Vnlouia.
IJlvir. 16. Antonia. pr.44— 710. C'üS.4[— 713.
17. Fulvia.
18. Ootavia.
19. (Cleopatra).
20.Anlonia. 21 . .>I. .Vntoii. 22. .Tulus Aul nn. 24. .Vrilonla. 25. .Vntoaia. 26. ( Alexander. )
(.iutquus.) -' ~""' ^ — ' ^ maior. minor. 27.(('leo|ialra)
23. L.Antonius. 28.(Ptoleni.
Philad. )
y. A 11 1 0 11 i i.
Iraü'icisch und plcbcjiscli.
Familien. Die patricischen Antonier, deren die Geschichte
gedenkt, haben den Zunamen ]\Ierenda; die plebejischen werden
bis auf Augustus nicht durch Zunamen unterscliieden , Q. Anto-
nius ausgenommen , wclclier zu Sullas Zeit Propr. in Sardinien
war, und auf den Münzen Baibus heisst. ') Desto häufiger fin-
1) I.iv. cp. SC. Vaill. Anloii. \o. 7.3. Oline prenügende Gründe bezielif
Eckb. 5. (i. 110. diese M. auf elueu älteren Ualbug.
V. ANTONII. 59
den sich nähci'e Bezciclirnuigen in der Kiaiserzeit, ' ") sie können
aher nur dann für Zunamen gelten, wenn sie forterbten, und
beziehen sich zum Theil auf Freigelassene. ' ^'^
Es ist hier nicht der Ort, Niebuhrs Behauptung zu würdi-
gen , nach welcher es in Rom Geschlechterstiimnie und Orts-
stämme gab , und ein verwandtschaftliches ^'erlüiltniss zwischen
ihnen nicht Statt fand; auch ist sie bereits anderweitig wider-
legt , und gezeigt , dass und warum Cicero ' '^) den Begriff der
Gentilität nicht genau angiebt. ' ''>* Je jünger und einfacher die
Einrichtungen eines Staates sind, desto mehr wird das einfachste
und natürlichste Band der Gesellschaft, ihre Urform, das Fami-
lienband festgehalten. Die Familie erweitert sich zu Geschlech-
tern und Stämmen, und je mehr sich diese von ihrem Ursprünge
entfernen , desto schMerer wird es , ihre V erw andtschaft nachzu-
weisen. Im Folgenden wird A'on Antoniern zu Ciceros Zeit die
Rede sein, welche ohne Zweifel so wenig' wussten als wir, ob
und wie fern sie dem TriuuiA'ir befreundet Avaren.
Indess berechtigt der gleiche Gentilname nicht immer , auf
eine gleiche Abstämmling zu schliessen, denn von den friihesten
Zeiten an übertrug man ihn auch auf Clienten und auf Freige-
lassene. ^ ^' So sehr dem Genealoffen das Geschäft dadurch er-
Schwert wird, so erklärt es doch nebst der Adoption eine andere
Erscheinung wenigstens zum Theil, die Vereinigung A'on Patri-
ciern und Plebejern in demselben Geschlcchte.
Als man anheng, seine Ahnen in den Mythen zu suchen,
galt Anton, der Solin des Hercules für den Stammvater der An-
tonier; -^ Marcus, der Triunn^ir fuhr auf einem mit LöAven be-
spannten AVagen, 2) deren Bild er auch auf seine Münzen setz-
te, *J um daran zu erinnern.
1») Grut. 51. 7. 89. 11. 108. 7. 115. 1. 120. 3.35C. 1.3.5. 357. 1.2.3.5.
9. 13. 358. 1. 3.4.5. 1'') Tacit. Hist. 5.0. 1 c) Topic. G. l'l) Schunck
Jahrb. f. jur. Lif. 1827. 2. B. 1. II. S. 25. f. 1 e) Liv. 3. 41. Cic. Clueiil.
14. Tacit. 1. 0. 2) Plut. Ant. 4. 3G. CO. App. 3. 530. 538. Vaill. Anton.
Nb. 3. Auch die Fabier leifeten ihr Geschlecht von Hercules ab. Sil.
Ifal. Punic. 2. 3. 6. 627. u. a. a. O. Vaill. Fab. No. 8. 3) S. unten
Ko. 11. § 3. Anra. 22. f. u. § 5. Anm. 46. 1") Vaill. Aritou. No. 21. 41.
42. Eckh, C. p. 38. u. 44. cfr. Cic. ad Altic. 10. 13.
CO V. ANTüNII. (I.)
1. Titus Antonius Mereiula. 5) Patricier. ^^ Decemvir 450
und 41!) V. Clir. und im Aigidus von den Acquern geschlagen. ^)
2. H. Antonius Mcrenda. Nach Zeitverliultniss und Vor-
namen ein jüngerer Sohn des Vorigen. Trib. mil. cons. p. 422
V. thr. ^'"
3. M. Antonius, mag. eq- 333 v. Chr. 8) Mit ihm beginrrt
die Reihe der plebejischen Antonier, welche durch ihre Ehren-
stellen nicht bloss adelig wurden, sondern auch für die Geschichte
weit mehr Wichtigkeit erhielten, als die Vorigen.
4. L. Antonius. 30(i v. Chr. von den Censorcn aus dem
Senat gestosscn. ^''
5. H. Antonius. 190 v. Chr. im Kriege mit Antiochus
d. Gr. befand er sich auf der Flotte, welche der Prator L. Aemi-
lius Regillus befehligte. ^")
G. A. Antonius. I(j8 vom Consul Aemilius Paullus mit
zwei Anderen zu Perseus geschickt, als dieser geschlagen Mar. ")
7. M. Antonius. V. Tribun 167. Er that mit einem
seiner Collegen Einspruch, als der Prätor M'. Juventius auf eine
Kriegserklärung gegen die Rhodier antrug , welclie man des
Verraths beschuldigte , um ihre Ansprüche für die gegen
Perseus geleisteten Dienste zu beseitigen. '-)
8. L. Antonius. M. Cato Censorius vertheidigte ihn um
die Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. vor Gericht. '•')
9. C. Antonius. Nach den Münzen '*>> der Vater des Red-
ners, übrigens unbekannt.
10. M. Antonius, der Redner. C. F. i^) Geboren 143 —
611 a. u. '•'>' Quästor, und zwar für Asia bestimmt, 113.
Die Zeit ergiebt sich aus der Geschichte der Klage, in welche
er während seiner Reise in die Provinz verwickelt wurde.
5) Durch prandium erklärt. Fest. u. Non. p. 28. Auch Cornelier hat-
ten diesen Zunamen. Liv. 22. 35. 34. 42. Plin. 33. 11. 6) Dionys.
Hai. 10. 58. 7) Id. 1. c. u. II. 23. 33. Liv. 3. 35. 38. 41. 42.
7 a.) Liv. 4. 42. 8) Liv. 8. 17. 9) Val. Max. 2. 9. §. 2. Liv. 9. 43.
10) Liv. 37. 32. cfr. 45. 22. II) Id. 45. 4. 12) Id. 45. 21. 40.
13) Priscian. 9. p. 868. eJ. Putsch. 14) Unten No. 10. in. 15) Vaill.
Ant. No. 1. u. 2. Der Grossvater, bei l'igh. III. 178. IM. bei Anderen
eben so wiliicührlich C. genannt, wird auch in dem Senats -BeRchlutae
Gell. 4. C. nicht erwähnt. IC) Cic. Brut. 43.
V. ANTONÜ. (10.) Qi
Obwohl nicht dazu verpfliclitet kam er von ßrunduKium zurück,
inn sirli vor dem I'rätor L. Cassius gegen die Beschuldigung
des Incests oder verhotenen Umganges mit ^ estalinnea ''') zu
vertlieidigen , und wurde freigesprochen. '^^ Sein V. 'l'rihunat
wird nicht erwähnt, und die Aedilitiit scheint er übergangen
zu haben, Mclches gestattet war. ''■•' Prätor lüi,-"' denn im
folgenden J. finden wir ihn in der Provinz. Er erhielt mit
dem Titel eines Proconsuls -'^ Cilicien, um die Seeräuber zu
bekriegen. Auf der Reise nach Asien verweilte er Mcgen einer
Windstille in Athen, und hörte Redner und Philosophen, wie
dann später auch in Rhodus. --) Aber Rom hatte ihm zu geringe
Streitkräfte gegeben, weil diese Feinde noch für unbedeutend
galten;--') daher weiss nur Obsequens,^*) dass sie jetzt aufge-
rieben Avurden; die Meisten nennen Antonius nicht einmal , Avena
sie eine übersichtliche Darstellung der Kriege mit den Piraten
geben, -•'^ und bald nach seinem Triumphe 102-*'^ bemächtigten
sie sich seiner eigenen Tochter in Italien. -^)
Als Rom sich a, 100 gegen den \. Tribun L. Appulejus
Saturninus bewaffnete, musste Antonius mit einer Schaar ausser-
halb der Stadt den Zudrang des Gesindels verhindern. -*) Er
war bereits zum Consul gewählt, und dem Gesetze des jüngeren
Gracchus gemäss hatte der Senat schon vor der AVahl entschie-
den, welche Provinzen die künftigen Consuln erhalten sollten.
In unruhigen Zeiten blieben diese in Italien, wenn nicht die
Gefahren in einer Provinz dringender waren. So scheint es
auch jetzt gewesen zu sein , da sich von einer Provincial-
verwaltung des Proconsuls Antonius und seines Collegen ausser-
halb Italiens keine Spur findet.
Consul a. 99 '-■*) und als solcher Gegner des V. Tribuns
Sex. Titius, weither die Rolle des Saturninus übernahm, und
durch ein Ackergesetz sich die Gunst des Volkes zu verschaffen
17) Liv. 63. Ascon. zu IMilon. 12. Oros. 5. 15. IS) Val. Max. 3. 7.
§. 9. 6. 8. §. 1. 19) cfr. Manut. zu Cic. Sext. 53. 20) Vaill. I. c.
21) Cic. de or. 1. 18. Liv. 08. 22) Cic. I. c. u. 2. 1. 23) Strabo 14.
669. 24) Prodig. 104. 25) Pompeji. Pomp. Triurav. a. 67. 26) Plut.
Pomp. 24. Vaill. Anton. No. 2. 27) Unten No. 34. 28) Cic. p. Rabir.
Perd. 9. cfr. 7. 29) Id. p. red. ad Quir. 5. de er. 2. 11. 3. 3. 1 Phil.
11. Piin. 8. 7. Gell. 4. 6. Obseq. 106. cfr. Liv. 70.
62 V. ANTONir. (10.)
suchte, aber verurtlicilt wurde. 3*') Die Beute, mit welcher er
a. 97 als Ccnsor •*'-' die Rostra sclimückte, -^2) hatte er ohne
Zweifel aus dem Kricj^e niit den Seeräubern zuriicksrebracht.
M. Duronius, m elcher im vorigen J. ein Gesetz gegen den Auf-
wand hatte aufheben lassen, und deshalb von ihm und seinem
CoUegen aus dem Senat gestossen wurde 2-^), klagte ihn zur
Vergeltung wegen Amtserschleichung an,'^''>' aber ohne Erfolg
denn die Fasten berichten nicht, dass er niedergelegt habe.
Der Proccss beweisst, wie die gegenseitigen Anklagen des Cen-
sors App. Claudius und des Aedils M. Coelius a. 50 , dass man
allerdings auch Magistrate vor Gericht belangen konnte, ^j) Im
marsischen Kriege a. 91 f., in welchem er einen Theil des rö-
mischen Heers anführte,"^''; scheint er sich nicht ausgezeichnet
zu haben.
Bald nachher a. 87 wurde er als Sullaner auf ^larlus und
Cinnas Befehl getödtet. •'V Der Zusammenhang lehrt, was
Plutarch bestätigt,^*-* dass er nicht auf einer Villa, ■*'•*) sondern
in Rom selbst im Hause eines Bekannten sich verbarg, dessen
Sclav beim AVeinkauf Avider AVillen ihn verrieth. Die Krieger, i
welche sich seiner bemächtigen sollten, wurden durch seine
Anrede erweicht, aber ihr Tribun P. Annius schlug ihm den
Kopf ab und überbrachte ihn Marius.*"^ Dieser ergötzte sich
an Tafel an dessen Anblick und Hess ihn auf der Rednerbühne
ausstellen. ^'^ Auf fast gleiche Art verfuhr der Enkel des Er-
mordeten gegen Cicero.
Was er als Redner und Sachwalter leistete, ist in einem
andern "NVerke ausgeführt. -) Seine politischen Grundsätze , in
welchen er mit seinem berühmten Zeitgenossen L. Crassus ein-
11
30) Cic. de er. II. cc. p. Rabir. perd. 9. Val. Max. 8. I. damn. §. 3.
Obseq. 1, c. 31) Fast. cap. Cic. de er. 2. 48. 08. 3. 3. Val. Max. 2. 9.
§. 5. 32) Cic. de er. 3. 3. 33) Val. Max. 1. c. 34) Cic. de er. 2. C8.
35) Claudii. S. auch Val. Max. C. I. §. 7. ii. Gell. X. A. 13. 13. 36) Cic
Brut. 89. 37) Id. I. c. u. p. Scaur. u. das. Ascon. ed Peyr. et Beier. p. -j
114. u. 140. 1 Phil. 14. \Av. 80. Vellej. 2. 22. §. 3. Plut. Ant. 1. Dio
45. 47. 38) Mar. 44. 39) App. 1. 391. 40) Plut. Mar. 1. c. Val. Max.
9. 2. §. 2. unrichtig 8. 9. §. 2. Antronius. cfr. Vellej. u. App. 11. cc.
41) Cic. de or. 3. 3. Liv. 1. c. Lucan. 2. 123. Flor. 3. 21. §. 14. Val.
Max. 9. 2. §. 2. üros. 5. 19. 42) EUcndt Proleg. zu Cic. Brut, cfr-
Orat. Rom. Fragra. ed. Meyer, p. 139.
V. AXTONII. (11.) 63
verstanden war, ^V beurkundet sein Tod. Er -war Aristocraf
sali alter voraus, dass seine Faction sich nicht behaupten werde.**)
Der Name seiner (Jemalilinn , von welcher er zwei JSöhne und
eine Tochter hiiiterliess, ist unbekannt.
II. M. Antonius Crcticus. M. F. C. N. Der ältere Sohn
des Vorigen und Vater des IIIv. *^X Wir besitzen keine ^liin-
zen von ihm. Quästor SO — G74 a. u. als nach Sullas Ge-
setze 20 gewählt wurden. Dass er im nächsten J. proqu. im
narbonensischen (Jallien gewesen,*'') folgt aus Livius *^J nicht.
Die Aedilität übergieng er wahrscheinlicJi wegen ^langcl an
Vermögen. Pr. 75. Durch den Einfluss des P. Cethegus*^) und
des Consuls Cotta erhielt er a. 74 als propr. den Oberbefehl
an allen Küsten und damit über die ganze Flotte, um das Meer
von den Seeräubern *^^ zu reinigen,'**'-' welches schon sein
Vater versucht hatte. Alan wusste , dass er unfähig w ar , sich
mit Hülfe dieser I\Iacht die Herrschaft anzumassen.^U Aber er
missbrauchte sie, um in den Provinzen, besonder.s in Sicilien,
für seine Rechnung zu plündern; ^~) es entstand sogar der Ver-
dacht, dass er nach einer geheimen Uebereinkunft die Beute
mit den Räubern getheilt habe. ^^) Der Zweck seiner Sendung
wurde nicht erreicht, obgleich er den Feldzug gegen die Cre-
tcnser mit grosser Zuversicht eröffnete. Zum Vorwande diente
ihre Verbindung mit Rlithridat. Sie Miesen seine Gesandten
mit A'erachtung zurück,^*) und siegten, obgleich er von
Byzanz ^•'') und von andern Seestädten unterstützt wurde. Ein
grosser Theil seiner Flotte gerieth in ihre Gewalt; die Ge-
fangenen wurden an den Tauen ihrer eigenen Schiffe aufge-
knüpft , und er selbst rettete sich wahrscheinlich durch einen
schimpflichen A^ertrag. ^'') Bald darauf starb er von Schaam und
Kummer aufgerieben, ehe er noch wieder in Italien eingetroffen
43) Cic. de or. I. 7. 44) Id. Faniil. G. 2. 45) Plut. Ant. 1. App.
de leg. 30. 40) Pigli. 3. p. 273. u. die, welche ihm iiacbschrieben, Vaill.
Anton. No. 21. cfr. Eckh. G. p. 39. u. 40. 47) ep. 90. 48) Cornel.
Ceth. No. 11. 49) Porapej. No. 16. a. G7. 50) Cic. div. in Caecll. 17.
Verr. 2, 3. 3, 91. Ascon. 11. cc. Vellej. 2. 31. Tacit. Ann. 12. G2. App.
I. c. Lactant. Inst. 1. 11. §. 32. 51) Vellej. 1. c. 52) Cic. u. Ascon.
II. cc. 53) Sallust. bei Non. Marcell. de var. sign. serm. p. 260. ed.
Lipa. 54) App. 1. c. 55) Tacit. 1. c. 5G) Diod. Sic. Fr. L. 38. 39.
f
(54 V. ANTONII. (12. §. 1.)
war. ^^) IMan nannte ihn aus Spott Creticus. ^8) Weniger
schlecht als leiclitsinnig , räuberisch, um auf eine sinnlose Art
zu verschwenilen , und in jeder Hinsicht untüchtig , machte er
Rom zuirleich verächtlich und verliasst, ^'•*) Seinen Kindern
liinterliess er weder Ruhm noch Reichthuni. ^^)
12. Nuniitoria. Tochter des Q. Numitorius Pullus, <>') wel-
cher seine Vaterstadt Fregellae A-errieth , ''-) als sie zur Zeit der
ffracchischen Unruhen das Bürgerrecht erzwingen MoUte. L. Opi-
niius cos. 121 nöthigte die Stadt 125 zur Uebergabe , und zer-
störte sie. **•*) Numit. hatte keine Kinder.
13. Julia. «*)
14. M. Antonius. M. F. M. N. ^5) Aeltester Sohn des
Anton. Creticus von Julia ; ^^) Enkel des Anton. Orator. ^''O
Das Jahr seiner Geburt ist aus den Münzen von Lugdunum
mit seinem Namen und den Zittern 40 u. 41 nicht zu ermit-
teln, ^^) da man diese nicht mit Sicherheit auf sein Lebensalter
beziehen, und eben so wenig verbürgen kann, dass die Münzen
gerade a. 43 u. 42 geprägt wurden. Sonst führten sie auf das
J. 83 , und um diese Zeit wurde Antonius geboren. Plutarch
fand in einigen seiner Quellen, dass er a. 30, als er getödtet
wurde, 53 J, alt gewesen sei , '•'•'J und mehr zu dieser Angabe,
als zu der andern, nach welcher er 56 lebte, ''^) stimmt die
Nachricht, er sei als vierzigjähriger Mann mit Cleopatra a. 41
in Cilicien zusammen getroffen. ^'^
§ 1.
Von Natur lebhaft , sinnlich und für äussere Eindrücke
höchst empfänglich , wurde er von seiner ersten Kindheit an
57) Cic. Verr. 3. 91. Ascon. zu Div. in Caecil. 17. u. Verr. 1. 23.
Plut. Ant. 2. 58) Plut. Aiil. 1. App. 1. c. 59) Sallust. bei Ascon. zu
Verr. 1. 23. Plut. Ant. 1. 60) Plut. Comp. Deiuetr. c. Aiit. 1. Cic. 2
Phil. 18. 19. Dio 45, 47. 40, 11. Gl) Cic. 3 Phil. G. 02) Das. 03) Cic.
He iiivent. 2. 34. 2 agr. 33. Liv. 00. Vellej. 2. G. Plut. C. Gracch. 10.
G4) Julii. No. 28. 05) Auf d. Münzen Eckh. 0. p. 35. u. in d. Fasten.
6(j) Plut. Ant. 2. 67) Cic. 1 Phil. Jl. 14. 2 Phil. 17. 42. Plut. Ant.
1. Diu 45. 47. Vaill. Anton. No. 1. nennt ihn dessen Sohn; berichtigt
es aber No. 2. fui. 0«) Vaill. Ant. No. 21. Kckh. 0. p. 38. 69) Anf.
80. 70) Das. 71) App. 5. 675.
V. AxNTONII. (14. §. I.) 65
auf AbweffC geleitet. Das Bei.spiel seines Vaters blieb nicht
ohne >Virkung, obgleich er ihn früh verlor. Noch Meniger
eignete sich sein Stiefvater P. Lentiiliis,''^) ihm eine gute Rich-
tung zu geben, und Julia machte ohnerachtet ihrer Tugenden
die Erfahrung, dass es Müttern selten gelingt, ihre Söhne zu
erziehen.^"'-' Wie viel man auch darauf abrechnen mag, dass
wir die Gescliichte seiner ersten Jugend vorzüglich durch Ci-
cero kennen, seinen Feind, so wurde er doch früh ein Opfer
der Wollust und der Laster, m eiche sie begleiten. Seine schöne
Gestalt, sein Witz, der Reiz, welcher überhaupt in seinem Um-
gange lag, zog reiche Wüstlinge an, und er gab sich ihnen
hin zum schändlichen Verkehre, weil er, ohne eigenes Vermögen,
zum Lebensgenüsse Geld bedurfte. ^*) Dann trat er ausschliess-
lich mit dem jüngeren C. Curio ^■"'>' in ein Verhältniss, welches
mit der Ehe verglichen wird. ~^^) Sie überliessen sich gemein-
schaftlich groben Ausschweifungen; Antonius borgte, und Curio
verbürgte sich mit Benutzung des väterlichen Credits. "i^) End-
lich entschloss sich Curio, der Vater, unter Ciceros Vermittlung,
zur Zahlung der Schuld , nachdem er vergebens Gcm alt ange-
M'endet hatte, die Freunde zu trennen, welche Eigennutz und
Neigung an einander fesselte, und Cicero übernahm es auch,
den Sohn zu bessern. ''^>>
Antonius fand nicht für gut, sich irgend Zwang anzuthun.
Gegen das Gesetz des Roscius nahm er ohnerachtet seiner Ar-
muth im Theater seinen Platz auf den Ritterbänken. ''V Die
Hinrichtung seines Stiefvaters Lentulus a. 63 niusste ihn gegen
Cicero und die Aristocratie noch ungünstiger stimmen. Rach-
gier und Vorliebe für ein ungebundenes Leben führte ihn a. 58
dem V. Tr. P. Clodius zu. Er unterstützte ihn bei seinen Unter-
nehmungen, wandte sich aber bald von ihm ab, Avohl weniger
I aus Furcht, in sein Schicksal verwickelt zu werden, als weil
I er schon damals zum Verdruss des Clodius ein A'erhältniss mit
i dessen Gemahlinn Fulvia anknüpfte,^") welche er später heira-
ij thete. Auch gieng er noch in diesem J. von seinen Gläubigern
.j 72) Cornelii Lent. 73) Pluf. Ant. 2. 74) Cic. 2 Phil. 18. 19. 14
l Phil. 3. Die 45, ,26. 75) Scribonij. 76) Cic. 1. c. u. 2 Phil. 20 fin. ad
|Att. 1, 14. 77) Cic. 1. c. Veliej. 2, 48. Pluf. 1. c. 78) Cic. 2 Phil. 18.
I Famil. 2, 1. 79) Ders. Phil. 1. c. 80) Der». 2 Phil. 19. 20. Plut. 1. c.
Druniann, Geschichte Korns I. 5
00 V. ANTOxNll. (14. §. 2.)
t^eilrängt, nach Orierhenlantl, wo er kaum nngefangcn hatte,
rhilosophcii und Redner zu hören,''') als am Knde des J.
A. (iabinius, Proc. von Syrien, ihn abrief, und zum Anfiilirer
seiner lieutcvei ernannte. Mit «lieser bildete er in den I-cldzii-
gen in Palästina gegen Aristobul a. 57 f. und auch a. 5.5^ bei
der Herstellung Ptolcmiius II. Auletes in Aegypten meistens die
Vorhut, und nicht, ohne sich durch Einsicht, Muth und .Mensch-
lichkeit auszuzeichnen , ■welches Plutarch^-^ herA'orhebt und Ci-
cero übergeht. ^•^.'
]Noch besass er indess nicht Geld und Ansehn genug, um
seine Gliiuhiger abzufinden, oder den Senat zu beschwichtigen,
gegen dessen Willen der Krieg in Aegypten unternommen war;
deshalb begab er sicli nicht nach Rom , sondern zu Cäsar nach
Gallien. ^^>' Gabinius erschien am 20. September 54 vor Rom;
Antonius fand Cäsai-s Heer nach dem zweiten Zuge gegen Bri-
tiinnien und dem Kampfe mit Ambiorix, in dessen Geschichte
er nicht erwähnt wird, im nördlichen Gallien in den Winter-
quartieren.
§ 2.
a. 5.3. War er bis dahin in seinem öffentlichen Lehen
vom Zufalle bestimmt , so trat er nun unter Cäsars Leitung. f
Die 'J'liaten des l>oberers von Gallien begeisterten ihn, den
verschuldeten Schwelger lockten die Schätze des freigebigen
Helden, sein Einfluss, sein Glück, ein Bürgerkrieg, welcher
nicht mehr zweifelhaft war, Hessen hohe Ehren, einträgliche
Provinzen, Vernichtung der Schuldbücher hoften. Cäsar dage- ^f
gen erkannte in dem kühnen und leidenschaftlichen Manne aus
einer angesehenen aber verarmten Familie ein tüchtiges Werk-
zeug, ihn da zu ersetzen, wo er nicht selbst sein konnte, und
nie hat er sich weniger geirrt. Ohne Zweifel kam Antonius
auf seine Einladung; aufsein Geheiss, mit den erforderlichen Sum-
men und mit Empfehlungen, besonders an Cicero, gieng er a. 53
nach Rom zurück, sich um die Quästur zu bewerben. So fühlte
sich Cicero geschmeichelt; er fürchtete ein zweites Exil, wenn er
den Triumvir beleidigte, und verwandte sich für Antonius, »5) ^el-
81) Plut. Ant. 2. 82) An(. 3. 83) D. Genauere in: Gabinü.
«4) Cir. 1. c. 85) Das.
ti
V. ANTONII. (14. §. 2.) 67
eher zur Vergeltung und von seinem Beschützer in Gallien wohl
belehrt, Clodius zu tödten versuchte. s**)
a* .52 Quästor. ^''J Der ihm gewordenen Weisung gemäss
kehrte er in dieser Eigenschaft nach Gallien zurück, ohne eine
ßestimmung des Senats, des Volkes oder des Looses zu erwar-
ten, ^^) Der Feldzug gegen die Gallier, Avelche vergebens kämpf-
(cn , das römische Joch wieder abzuwerfen , Avar noch niclit
beendigt, und er nahm Theil daran. s^) Im Winter war er mit
Cäsar zu Bibracte, im Lande der Aeduer, und erhielt hier den
Oberbefehl, als jener durch die Rüstungen des Feindes genöthigt
Murde, sich am 31. December in ein anderes Lager zu besc-
ben. '••")
Auch a. 51 blieb er in der Nähe des Proconsuls, oder da,
wo es einer vorzüglichen AVachsamkeit und Entschlossenheit be-
durfte.'-*') Demnach bezog er mit drei Legaten die Winterquar-
tiere in Belgien, wo er Comius, den Atrebaten, zur Unterwer-
fung zwang, und auch Cäsar sich einfand.'-*-^ Dieser hielt ihn
so viel als möglich in seiner Umgebung fest , ihn persönlich
noch mehr zu fesseln und zu der Rolle , welche er übernohmea
sollte , zu Aveihen. Niemand verstand es besser , Andern im
eigenen Interesse zu dienen; dadurch, dass er die Wünsche sei-
nes Quästor erfüllte, befähigte er ihn, die seinigen zu erfüllen.
Für den Augenblick hatte die Geldnoth für Antonius aufgehört,
was auch Cicero sagen mag; ^■^^ der nächste Zweck der Feld-
züge war für ihn erreicht; er sollte nun in Rom wirken.
o. 50 ehe noch der Winter vorüber war, schickte ihn
Caesar nach der Hauptstadt, um für Q. Hortensius Augur zu
werden. ^'^) Dann eilte er selbst nach dem oberen Italien und
verpflichtete ihn durch das Vorgeben, es gescliehe nur, ilun die
Stimmen der Municipien und Colonien zu gewinnen; zugleich
setzte er seine Partei in Rom in Bewegung. Er hatte die
Alpen noch nicht überschritten , als er vernahm , dass insbeson-
dere durch den V. Trib. C. Curio, dessen Anhänger sogar Ge-
86) Claud. P. Clodius a. 53. 87) Cic. 2 Phil. 20. 29. 13 Phil. 16. ad
Ait. 7, 8. Nicht Qu. Cäsars in Spanien Die 45, 40. 88) Cic. 2 Phil. 20.
j| ad Att. 6, 6. 89) Caes. B. G. 7, 81. Das Weitere in: Julii , Caes. Dict.
a. 52. 90) Hirt. B. G. 8, 2. 9l) Das. 24. 38. 92) Das. 46. 48. 93) 2 Phil.
20. 94) Hirt. B. G. 8, 50.
.5 *
6S V. ANTONII. (II. §. 3.)
walt gebrauchten , ^5) sein Plan ausgefiilirt sei. '•**') Schon da-
durch erhielt Antonius einen grossen politischen Kinfluss;^')
die Aristocratie , welche seinen Mitbewerber L. Domitius Ahen.
einen Consular, unterstützte, erlitt eine Niederlage,'-'*) und
Cicero hatte einen Collegen, der gegen Hin und seine Faction
mit gleichen Watten kämpfen konnte, wenn er sich nicht zum
Ziele legte,"'-') und später sogar rühmte, er habe bereits a. 53,
als noch das Collcgium , nicht das Volk wählte, statt seiner
\uirur werden können. ""^^
Als Augur wurde er V. Tribun , nicht umgekehrt , wie
Plutarch sagt, aber in demselben Jahre und wieder vorzüglich
durch den bestochenen Curio. *) Die Darstellung seines öffent-
lichen Lebens kann von jetzt an bis z. J. 44 von der Geschichte
des Ponipejus und Cäsar nicht mehr getrennt, und hier nur
übersichtlich aufgenouinien werden. -^ Dort finden sich auch die
Gründe, warum manche Zeitangaben der Alten verworfen sind.
Vor dem 10. December dieses J. , mit welchem sein Tribunat
begann, konnte er Cäsar in vieler Beziehung nützen, aber nicht
im Senat sich dem Cos. C. IMarcellus widersetzen, als dieser
arglistig die Frage theilte, ob Cäsar und ob Pompejus Heer
und Provinzen abgeben sollte; Plutarcli nennt ihn statt Curio. •*)
Da Pompejus zum Oberfeldherrn in Italien ernannt war, so ver-
iiess er Rom vor jenem Zeitpunct, weil er deshalb einen An-
griff der neuen Tribunen Antonius und Q. Cassius erwartete.
Dieser erfolgte; Antonius entschleierte 23. Dcc. vor dem Volke
sein unlauteres Treiben von der Zeit an, wo er zuerst öffent-
lich aufgetreten war. *)
§ 3.
Am I. Januar 49 erzwang er es mit Q. Cassius, dass der
Brief Cäsars , welcher scheinbar billige Forderungen aber auch
95) Cic. 2 Phil. 2. 90) Hirt. 1. c. Cic. I. c. u. Pliil. 13, 5. Kaniil.
8, 14. App. 3, 530. Plu<. Ant. 5. Vaiil. Anf. No. 4. f. Kcfch. 0. p. S6. f.
Morell. thes. tab. 3. 97) Cic. 2 Phil. 3. 32. 33. 98) Ders. Faniil. 8, 14.
DoniiU No. M. 99) Ders. Famil. 12, 22. ad At(. 10, l6. 5 Pbil. 4.
100) Ders. 2 Phil. 2. Horteiis. No. 7. a, 53. 1) Cic. ad Att. 10, 8. 2
Phil. 2(t. l-iv. 109. Plut. 5. l3io 45, 27. 2) S. Poiupej. Pomp. Triumv.
a. 30 Julii I. c. a. 49. f. 3) Pomp. I. c. 4) Das.
V. ANTONII. (II. §. 3.) 69
Droliiingen cntliielt, in der Curie vorgelesen wurde. Plutarclis
Nachricht , er liahe ihn selbst Aorgelese« , ist falsch ; es geschah
später in der \'ülksversanHnIung. ^^ Er erklärte aber mit An-
deren seiner I'artei: Pompejus möge nach Spanien gehen, in
seine Provinz, dann sei aller Streit geendigt. Die Entschei-
dung stand nicht mehr bei dem Senat; für Cäsar bezweckten
diese Verhandlungen nur einen günstigen Eindruck tiuf die
öftentliche Meinung. Als verlangt wurde, er solie als Privat-
mann und in Person um das Consulat Averben, mit andern Wor-
ten , sich wehrlos seinen Feinden überliefern, widersprachen die
beiden Tribunen, und nicht weniger dem Besclilusse, durch An-
legung der Trauer die Menge aufzuregen. '^) Wegen ihrer Hart-
näckigkeit verwies sie der Cos. L. Lentuius am 6. Januar aus
der Curie. Daliin sollte es kommen; selbst Cicero hatte es im
Nachhall einer Unterredung mit Pompejus vorausgesagt, 'J und
nennt deshalb Antonius die Ursache des Krieges; ^) Cäsar hatte
es gewollt, denn er wollte Krieg, Vorwand zum Kriege, eine
Verletzung geheiligter Personen; sie verliessen Rom am 7. Jan.
und geberdeten sich hier und in Cäsars Lager als A'erfolgte. ")
Der Tribun, welcher die Probe so meisterhaft bestanden
hatte, wurde einstweilen Legat. Mit 5 Cohorten vertrieb er
Scribonius Libo aus Aretium, wovon Cicero am 29. Januar zu
Capua unterrichtet war; Sulmo nahm ihn als Freund auf. '^^
Als Pompejus am 17. März aus Italien gewichen und Cäsar am
Ende des Monats als Gebieter nach. Rom zurückgekehrt war,
musste er wünschen, dass die Stadt als der Sitz der Regierung
erschien, deren Beschlüsse er nur vollzog, um den Frieden her-
zustellen. Demnach traten Antonius und Cassius wieder als
Tribunen auf. Sie beriefen den Senat, wahrsclieinlich am 1.
April, ausserhalb der Thore, damit er gegenwärtig sein konnte,
und ohne Zweifel Avaren sie es auch , Avelche ihm das Volk ver-
sammelten. ")
Gegen die Mitte des April gieng er nach Spanien. Zuvor
ernannte er den Prät. M. Lepidus zum Präfecten von Rom und
5) Das. a. 49. C) Das. 7) ad Att. 7, 9. cfr. H. u. Tuiislall ep. ad
MJddl. p. 147. 8} '2 Phil. 22, 28. 29. u. a. a. O. Die 45, 27. 4C, 12. 15-
Plut. Ant. 6. 0) Pomp. 1. c. 10) Julii 1. c. a. 49. IJ) Jui. 1. c.
70 V. ANTOML (11. §. 3.)
Antonius mit dem Titel eines Proprätor '2) gum Befehlshaber in
Italien. Foliilich vertrat ihn Antonius. Er blieb Cäsar in
dessen Abwesenheit unverbrüchlich treu, und förderte sein Inter-
esse durch eine sjenaue Aufsicht über die V'erdächti'fen und
Lauen und durch die Liebe und Popularität, welche er sich im
Heere erwarb. '■^) Um das Urtheil der Uebrigen kümmerte er
sich nicht; ein wüstes Leben, welches zugleich seinen Neigun-
gen zusagte, verbarg ihnen seine Wachsamkeit, und seine Will-
kü!ir erbitterte sie. Er rief aus Gunst und wohl meistens für
(leid Verbannte zurück , und hob auch andere Strafurtheile auf,
mit Ucberijehune: seines Oheims C. Antonius cos. 63. ^*) So
■weit sein Verhalten ihm vorgeschrieben war, zeigte er Ernst
aber auch Milde. Niemand sollte Italien verlassen , und er war
dafür verantwortlich gemacht. '^) Auf eine verbindliche Art
vieth er Cicero ab, sich zu entfernen."'^ Dieser versicherte
wiederholt, dass er nur nicht in Italien sein, nicht aber sich zu
Pompejus begeben wolle, und erhielt nun eine zwar kurze, aber
doch gemässigte Antwort, welche ihn an Cäsar verwies. '^) Seine
Hürtnuiig, mündlich darüber zu verhandeln, wurde nichterfüllt.
Antonius kam in den ersten Tagen des Mai in seine Nähe,
nach Misenum, wo er ein Gut hatte, ^^^ ohne ihn zu besuchen;
docli entschuldigte er sich, als er am 10. IMai weiter nach
Capua reis'te: er habe gefürchtet, dass Cicero ihm zürne. ''•')
Für eine solche Zartheit hatte dieser keinen Sinn , so we-
nig als er den Zweck der Reise begrift". Sie führte den Tri-
bun nacli Campanien, weil gerade hier ausser Cicero, Servius
Sulpicius, C. Marcellus und viele andere MissAcrgnügte auf
ihren \ illcn und in den Municipien lebten, und die Anstalten
zur Verhütung der Flucht an den Küsten zu untersuchen waren.
Jene wollte er beobachten, gewinnen oder schrecken.-") Aber
Cicero sah nur den Triumphzug des Cäsarianer, und sein In-
grimm darüber ergoss sich sogleich in Spöttereien, in einer Zeit,
von welcher er später behauptete, er sei nicht in Italien ge-
12) Cic. ad Att. 10, 8. cfr. Aenill. Lep. No. 24. §.1. 13) PIul. c/
14) Cic. 2 Phil. 23. n. 38. Dio 15, 25. u. 47. 4G, 13. irnten §. 14. Ann.
33. u. No. 31. A. 35. f. 15) Cic. ad Att, 10, 10. 10) Das. ep. 8. 17) Da«.
10. u. 12. 18) Cic. 2 l'Uil. 19. 29. 19) DerB. ad AU. 10, 9. 10. 12.
13. l.*;. 20^ I)a8. ep. 15.
V. ANTONII. (11. §. 4.) 71
wesen. ^O Allerdings verrieth der Aufzug nicht den Hüter des
ReicIiK , aber er sollte es auch nicht. Nach Pliniiis '--' spannte
Antonius nach der pharsalischcn 8chlacht zuerst Lihvcn vor sei-
nen Wasen , an seine Abkunft von Hercules zu erinnern.-')
Dass CS jetzt schon geschah, folgt nicht, weil Cicero scherzend
Atticus vor den Löwen des Tribuns warnt;'-^'*) dieser konnte sie
jetzt schon unterhalten und abrichten, und gerade die Stelle in
den Philippiken , -■'>' welche Einige für jene Annalinie anführen,
zeugt gegen sie , denn darnacli liiitten sie nicht den Wagen des
Antonius, sondern einen andern gezogen, welches widersinnig
ist. ües Anslössigen gab es ohnehin genug; denn ausser den
Lictoren mit ihren Lorbeeren bildeten die Mime Cythcris, -'')
andere Buhlerinnen, Lustknaben und Possenreisser -'') das Ge-
folge des Antonius, und zwar neben seiner Mutter.-^) Neun
Uhr Morgens war er noch nicht in der Verfassung, Gehör zu
geben , -^) aber ihm blieb doch zu Geschäften Zeit und Beson-
nenheit, wie schon jener nur zu nüchtern, angeblich im Rau-
sche geschriebene zweite Brief an Cicero beweis't. '■^^>) Deshalb
rügte Ciisar nach seiner Rückkehr aus Spanien seine Ausschwei-
fungen nicht. ■^^^
§ 4.
Im Anfange d. J. 48 folgte Ciisar seinem Gegner über das
Meer. Antonius sollte ihm Truppen aus Brundusium nachführen,
und überwand mit eben so viel Muth als Klugheit die Schwie-
rigkeiten , welche damit verbunden waren. Auch die Bewegun-
gen , wodurch es ihm möglich wurde , sich mit seinem Feldherrn
zu vereinigen, zeugen von seiner Tüchtigkeit. Bei Dyrrhachium
focht er mit Auszeichnung, avozu sich in der pharsalischcn
Schlacht, am 9. August nach dem unberichtigten Kalender, keine
21) 2 Phil. 23. 22) 8, 21. (IC). 23) S. oben Anton. Einleit. 24) ad
Alt. 10, 13. 25) 2, 24. Set/uebalur rlieda cum leonihuSy wofür schon
ältere Kritiker richtig lenonibus lasen. Unten Anm. 40. 26) Cic. 2 Phil-
24. 25. 28. 31. ad Att. 10, 10. 10. 15, 22. Plin. I. c. Plut. 9. §. 12.
a. 48. 27) Das. Plut. 6. Unten §. 72. A- 17. f. 28) Cic. 2 Phil. 24. ad
Att. 10, 10. 29) Ders. ad Att. 10, 13. 30) Das. ep. 10. Plut. 7
%\) Plut. 1. c.
72 V. ANTONll. (14. §. 4.)
Gelegenheit fand, denn die Entscheidung war dem rechten Flü-
gel vorhchaiten, und er hcfchligte den linken, und Truppen,
■welche früher sehr gelitten hatten. Er gieng darauf mit einem
Theile des Heers nach Italien, um es gegen innere Feinde und
die noch immer furchthare Flotte der Aristocraten zu verthci-
digen. '^-^
In Brundusium traf er mit Cicero zusammen, welcher jene
nach ihrer Niederlage verliess. Sie hatten ihre Gefangenen
meistens ermordet; Cicero Murde von Antonius mit einer von
ihm seihst anerkannten Grossmuth hehandelt , ^"^^ schilderte ihn
aher dennoch als einen Blutgierigen, der ohne Wissen seines
Gehieters dessen Gegner tüdtete. '^'*) Sein Anblick war ihm vcr-
hasst, der Anblick seiner Krieger, das fröhliche Tändeln ihres
Anführers mit Cytheris, welche ihm bis Brundusium entgegen-
gekommen war. 3Jj Dann machte er eine wohlverdiente, aber
ihm sehr widrige Erfahrung. Gegen ein ausdrückliches Verbot
war er aus Italien abgereis't, und ohne Erlauhniss, wie man
glauben musste , war er aus den Lagern des Feindes zurückge-
kehrt. Antonius meldete ihm mit höflicher Entschuldisunw und
mit Bezugnahme auf seine Verhaltungsbefehle, wovon er sogar
eine Abschrift beilegte, dass er nicht bleiben könne, und jetzt
erst wurde er von dem Schreiben des Dolabella in Keniitniss
gesetzt, nach welchem Cäsar den Aufenthalt des Consulars in
Italien gestattet hatte. Diess beuierkte er sofort in einem Edict
mit namentlicher Erwähnung des Cicero, nicht aus Emptindlich-
keit, oder um den Ueherläufer zu züchtigen, sundern auf Be-
trieb des Atticus, welcher seinen Freund dadurch noch mehr
zu sichern hoffte. Es war aber Cicero unangenehm; das Edict
wurde für ihn eine Urkunde , worin er sich öffentlich von sei-
ner Partei lossagte, deren Rache er nun um so mehr fürchten
musste, wenn Cäsar im Osten oder in Afrika unterlag, und
schon jetzt litt sein ohnehin tief gesunkener Ruf In den
Schreiben an Atticus vom 19. December und aus späterer Zeit
giebt er freilich andere Gründe an. ^^)
Die äussere Würde , auf welche er einen zu hohen Wcrth
32) Julii Caes. Dict. a. 48. 33) 2 Phil. 3. 24. Dio 40, 22. 34) Cic
I. c. 29. 35) Das. 25. 3C) 11, 7. u. 9.
m
V. ANTOMI. (14. §. 5.) 73
legte, war Antonius gleichgültig. Diess bewies er schon in
Brundiisiiiin , ohne mit Cicero zu glauben, dass er, ein Mann,
welcher Cäsars Vertrauen, den Ruf der 'l'apferkeit und die
grösste Macht besass, in den iMunicipien oder im Heer' an
Achtung verlieren werde. ■^^) In Erwartung feindlicher Landun-
gen besetzte er die Städte, vorzüglich an der Küste, eine
drückende, aber nothwendige Massregel, und Rom steuerte zu
seinen Festen. ^^^ Sie hinderten ihn aber nicht , seine Pflichten
gegen Cäsar zu erfüllen.
Dieser wurde etwa in der Mitte seines jetzigen zweiten
Consulats abwesend Dictator II. und zwar auf ein Jahr. Schon
die Alten haben häufig die Anfangspuncte dieser Aemter nicht
unterschieden , welches auch in der Geschichte des Antonius
seinen Einfluss äussert. ^^) Nicht ohne Wissen des Dictator,
wie Cicero sagt, sondern n;'.ch Verabredung erhielt Antonius
die Würde eines Magister equ. und ebenfalls auf ein Jahr , ob-
gleich die Auguren die Zeit auf 6 Monate beschränken wollten
und er die Prätur noch nicht verwaltet hatte *") Die Titel
waren republikanisch, und der Stellvertreter des Herrschers**)
verstand ihn. Mit dem Schwerdte umgürtet , von Lictoren um-
geben und die Legionen im Hintergrunde Hess er Senat und
Magistrate der Form naih in ihrer Wirksamkeit, und ergötzte
das Volk auf Kosten Cäsars d. h. des Reichs mit Spielen, bei
welchen mancher Vornehme, der lieber auf seinen (Jfütern ge-
grollt hätte , sich einfinden niusste. *-) Uebrigens wurden füi*
das folgende Jahr nur Tribunen gewählt.
§ 5.
a. 47. Antonius setzte die gewohnte Lebensweise fort.
Er nahm das Haus des M. Piso in Besitz '^^^ und verwandelte
hier, Avie später im Hause des Pom pejus, bei seinen Trinkge-
lagen Nacht in Tag. Die Wirkungen wurden einst sogar be-
merklich , als er zum Volke sprach. **) Seine Genossen waren
Cytheris, die Mimen Hippias und Sergius, Musiker und wer
37) Cic. 2 Phil. 25. 38) Das. 39) Julii I. c. 40) Das. Dio 45,
28. 40, 13. 41) Plut. 8. 42) Dio 42. 27. 28. 45, 29. 46, 16. 43) Cic.
3 Phil. 25. 44) Das. u. c. 34. Pluf. 9. Dio 45, 28. Unten §. 72. A. 14,
74 V. ANTONII. (14. §. 5.)
irgend den Reiz der Orgien zu erhöhen vermochte. '^■0 Sie beglei-
teten ihn auf einer Reise; die achtbarsten Familien mussten sie
aufnehmen und ehren , und jetzt sah man auch Löwen vor sei-
nem Wagen,'*'') und bei den Mahlen, welche er oft im Freien
unter Zelten hielt, die kostbarsten Gefässe. *'0 Lai die .Mittel
zu diesem Aufwände war er nicht verlegen ; er masste sich
fremdes Erbe an, *S) und bald auch die reichen Vorräthe des
Pompejus, wovon nachher.
Seine Feste wurden schon im Anfange des J. durch die
Unrulicn unterbrochen, welche der V. Tribun P. Dolabella er-
regte , um sich seiner Schulden zu entledigen. Aus mehrern
Gründen leistete er ihm eine Zeitlang nur schwachen AVider-
stand, bis eine persönliche Beleidigung hinzukam, und das
Üebel zu gross wurde. '^'0 Früher durchzugreifen hinderte ihn
unter andern eine Meuterei der Legionen, welche mit ihm nach
Italien zurückgekehrt waren. Obgleich er nach Ernennung des
L. Caesar zum Stadtpräfecten sich selbst zu ihnen begab , so
gelang es doch erst Cäsar , nach seiner Ankunft im Septemlier,
die Ordnung herzustellen. ^^) Auch verlicss Cicero nach einer
Unterredung mit ihm Brundusium ; vergebens hatte er bis dahin
durch Briefe , durch Baibus u. a. seine völlige Begnadigung bei
Antonius zu bewirken gesucht. ^0
In Ciisars dritter Dictatur, welche um diese Zeit begann, ^^^
Avurde Antonius als Mag. equ. durch M. Lepidus ersetzt. Man-
cher trug Bedenken , bei der Versteigerung der Güter des Pom-
pejus sich ^Is Käufer einzufinden; nicht so Antonius. Er er-
stand das Haus, welches er von jetzt an bewohnte, die Gär-
ten vor der Stadt u. s. w. , aber er kaufte nicht allein, eine
von den vielen Unwahrheiten, durch welche Cicero ihm zu
schaden suchte. Es war nicht Cäsars Absicht, ihm die Zahlung
zu erlassen, wie er sich schmeichelte, vielmehr ergriff er ernst-
liche Massregeln, ihn dazu anzuhalten; so viel wir indess wis-
sen, erfolgte sie nie, sondern nur eine vorübergehende Span-
nung. •''3) Auch war bald oUcs von ihm verbraucht, abgenutzt
15) Hut. Dio U. CO. Unten §. 72. 4G) Plul. 1. c. Oben Anm. 22. f.
47) S. Anm. 44. 48) Tic. 2 Phil. 25. 29. 39. 49) Cornel. Dolab.
Unten No. 32. 33. 50) Julii 1. c. 51) Cic. ad Alt. 11, 18. 52) Julii
I. c. 53) Das. unten Anm. GO.
1
V. ANTON». (11. §. (I.) 75
oder A'erscheiikt , was sich dazu eignete,^*) wobei insl)esondere
Cytheris für sich sorgen mochte; doch erhielt sie sich nicht in
seiner Gunst, ^^) als er sich im folgenden Jahre mit i'ulvia
vermählte.
§ 6.
a. 40 verwaltete er weder eine Provinz noch nahm er am
africanischen Kriege Theil. Er blieb nicht aus Feigheit zurück,
oder um zu schwelgen, ^^) sondern nach seiner eigenen Versi-
cherung aus Unwillen, weil ihm mit Undank Aergolten sei; ''^^
es scheint aber, dass er wegen der Anmassung, mit welcher er
den Erlass der Kaufsumme als ein Recht forderte, niclit zu
Kriegsdiensten eingeladen wurde und voll Erbitterung sich auch
nicht darum bewarb. Seine Verbindung mit Fulvia, der Witt-
we des P. Clodius und C. Curio, gereichte ihm in sittlicher
und politischer Hinsicht zu grossem Nachtheil; sie begieng un-
ter seinem Namen Verbrechen oder verleitete ihn dazu , und
erstickte seine natürliche Gutmüthigkeit. ^^)
Im Juli nach der unrichtigen Jahrform traf Cäsar wieder
in Rom ein. Antonius fühlte keinen Beruf, ihm nach dem
Beispiele Anderer entgegen zu gehen , ^'^^ denn die Misshellig-
keit zwischen ihnen war noch nicht gehoben. Bei seiner Un-
fähigkeit, jenes Geld zu erlegen, welches ihm in der Absicht,
den Schwelger zu bessern und zu demüthigen, fortwährend zur
Pflicht gemacht Avurde , stellte Antonius zum Schein eine Auction
an; sie hatte aber keinen Fortgang, weil er abgenutztes Gut
des Pompejus oder fremdes feil bot, ''<''' so dass er nun angeb-
lich, nach einem von Cicero begierig ergriffenen Stadtgespräche,
durch die Ermordung seines Drängers sich zu retten versuchte. '•')
Seine Stimmung gegen Cäsar hielt ihn ab, ihm gegen Ende
des J. nach Spanien zu folgen, 6-) eigener Entschluss also, nicht
ein Verbot, da er es später unternahm.
a. 45. Es musste ihm mit der Zeit fühlbar werden , dass
er bei dem Streite mit dem Herrscher im Nachtheil war , zumal
54) 2 Pljil. 29. 55) Das. 28. u. 31. 56) Das. 29. 57) Das. Plut. 10.
58) Claudii. 59) Julii Caes. Dict. a. 46. CO) Cic. 2 Phil. 29. 61) Das-
02) Das. Pluf. 10.
76 V. ANTÜNII. (14. §. 0.)
da er sich um das C jiisulat bewarb.''^) Deshalb trat er die
Reise an, kam aber nicht iilicr (»allien hinaus, unter dem Vor-
vande, dass die Strasse unsiclicr sei, *»*) obgleich ihm , dem
Besitzer pompejanischer Güter, der Ausgang des Krieges nicht
gieicligiiltig sein konnte. Seltsam ist es, wenn Cicero darüber
spottet, welcher zum Theil unter einem ähnlichen Vorgeben
a. 49 gezögert hatte, sich an Pompejus anxuscliliessen. Er
verweilte eine Zeitlang in Narbo , und kam dann plötzlich in
der Nacht nach Rom zurück, mo er Fulvia mit einem Scherze
überraschte. ^-^^ Seine Erscheinung erregte Aufsehn und Schrek-
ken,''**) besonders bei Cicero und den Uei)rigen, welche bisher
schon nach jedem FeMzuge Cilsars erwartet hatten, er werde
die I\Iaske abwerfen und wütlien. Sie glaubten, der Kampf in
Spanien sei geendigt und Antonius vorausgeeilt , die Proscription
einzuleiten. Oppius und Balbus suchten als Vertraute des Dicta-
tors Cicero zu beruhigen, wofür ein Danksagungsschreiben bei
ihnen eingieng,**^^ und auch Atticus kam so oft tröstend auf
diesen Gegenstand zurück, dass er endlich betheuerte, er habe
gar keinen Eindruck auf ihn gemacht. ^^) In den Philippikenöö)
riichte er sich für diese Tage der Angst durch Schmähungen
und schmutzige Anspielungen. Indess war auch das Volk auf-
geregt; es schloss auf wichtige Ereignisse, bis Antonius ihm
sagte, er sei in eigenen Angelegenheiten gekommen, im Munde
eines Verbuhlten eine zweideutige Aeusserung, über welche man
lachte. ^"-> Und doch hatte er Recht, obgleich er nicht aus
Sehnsucht nach Fulvia kam, ^') und noch weniger auf das Ge-
rücht, Cäsar sei todt und der Feind im Anzüge, wie Plutarch
sagt , ^-J der diese Reise nicht einmal von der folgenden unter-
scheidet, sondern aus Besorgniss, der Prätor L. Plancus , von
Cäsar mit dieser Angelegenheit beauftragt, möge seine Güter
aus dem Nachlasse des Pompejus, oder die Güter seiner Bürgen
verkaufen. ^•^-^
Als man gegen den Anfang des September Cäsar aus Spa-
nien erwartete , rcis^te ihm aus den angegebenen Gründen auch
03) Cic. 2 Phil. 30. (31.) 04) Da». 05) Das. 30. 31. Plut. 10.
06) Cic. 1. c. 31. 67) Der«, ad Att. 12, 19. 6») Da», u. ep. 20. 69) l. c.
70) Cic. 2 Phil. 31. 71) Das. 72) Aiit. 10. 73) Cic. I. c. u. ad Att. 12, 18.
V. ANTONII. (14. §. 7.) 77
Antonius entgcn^en. In Narbo suchte C. Trehonius zu erforschen,
ob und in welchem Grade er noch gegen den Dictator erbittert,
und ob er geneigt sei, sich in eine \crbindung gegen ihn ein-
zulasNcn; er gieng auf nichts ein, niaclite aber auch keine An-
zeige, nacli seinem späteren Verbalten zu scblicssen, weil man
mit grösster \'orsicht zu ihm gcsproclicn hatte. Nach Cicero
freilich wurde hier mit seinem Wissen und Willen der Mordplan
«reschmiedet. ^*)
Cäsar hatte die ihm früher geleisteten Dienste nicht ver-
gessen; es genügte ihm, dass Antonius eine Anerkennung nicht
mehr ertrotzen wollte, dass er sich nicht an die Missvergnügten
angeschlossen und Meutereien gestiftet; seine eigene Stellung
Avar nach dem Siege in Spanien von der Art, dass er in einem
öffentlich gewordenen Streite die ihm zur Versöhnung gebotene
Hand annehmen konnte, und bei seinen Plänen gegen die Par-
ther bedurfte er tüchtiger und zuverlässiger Männer, vor allem
aber, um König zu werden, eines willigen und geschickten
Werkzeugs: er nahm Antonius mit offenen Armen auf. wies ihm
den Ehrenplatz in seinem Wagen an, nach Cicero, ^5>' weil
Nichtswürdige und Verschuldete ihm stets am willkommensten
waren, und Hess ihn im Besitze der erstandenen Güter, ohne
des Geldes, wie es scheint, weiter zu gedenken.
Antonius vergalt diess mit einer unbegrenzten Treue, wenn
auch nicht immer mit Gehorsam, Er wurde Flamen des neuen
Jupiter, und trat in die neu errichtete dritte Classe der Luperci,
in die der Julier ein. '^6)
§7.
a. 44 Consul mit Cäsar, ''^) und nach dessen Tode mit
P. Dolabella. ^^) Dem Letzten hatte der Dictator das Consulat
ebenfalls für dieses Jahr zugesagt ; er übernahm es aber selbst
und wollte ihn dann vor dem Feldzuge gegen die Partlier an
seine Stelle wählen lassen. Antonius widersetzte sich im hefti-
74) Julii Caes. Dict. a. 44. d. Geschichte d. Verschwörung. 75) 2 Phil.
32. cfr. Plut. 11. 70) Julii 1. r. a. 45. u. hier §. CO. A. 7.5. 77) Cic.
2 Phil. 5. 32. 34. 3 Phil, 5. 13 Phil. 8. ad Farail. 1 1 , 2. 3. 7. 28. Liv.
116. 117. Vcllej. 2!, 56. 58. App. 2, 405. Dio 43, 49. 4G , 17. Plut. Cic.
42. Ant. 11. 15. Eutrop. 7, 1. u. a. 78) S. unten.
78 V. ANTONII. (14. §. 7.)
gen Wortweclisel mit Dolabella schon am 1. Januar im Senat,
und dann auf den Grund ungünstiger Auspicien , über deren
Gültigkeit Cäsar an seinem Todestage in der Curie verhandeln
uoUtc, in den Wahlcomitien. Dass er den Gegner eines straf-
baren Umganges mit Antonia beschuldigte, von welcher er sich
deshalb schon früher getrennt hatte, Mar nur Vorwand der
Fcindscliaft; er wollte, wie bereits in andern Verliältnissen, in
Cäsars Abwesenheit allein schalten. ''^) Den eitcin M. Lcpidus
fürchtete er weniger, welcher mag. ecju. war, obgleich nicht als
sein Nachfolger, wie Appian Avill, und mit Truppen vor den
Thorcn von Rom stand. ^^)
Er durfte viel wagen , Aveil er in den eigenen Angelegen-
heiten des Herrschers den CoUegen nur geltend machte, um
ihm zu dienen. S') So lange jener gebot, blieb ilim der Ehr-
geiz fremd, der nach dem Höchsten strebt. Diese Huldigung
erzwang Cäsars persönliche Grösse ; man fühlte , dass nur er
der Erste sein konnte, so lange er überhaupt Mar. Auch der
Cäsar der neueren Zeit hat in Männern, Avclche Cäsaren gcM'e-
sen wären, wenn sie sich nicht in seinen Bahnen bewegt hätten,
Diener und Werkzeuge gefunden. Ein Königthum, und zMar
ein erbliches, hielt der Dictator nicht nur für möglich, sondern
auch für nothw endig , um den Staat zu retten. Antonius Mar
im Gehcimniss; es handelte sich nicht mehr um die Saclie,
welche schon vorhanden Mar, sondern um Namen und Zeichen,
d. h. um Anerkennung, und der zMcite Consul sollte sie ver-
mitteln. Er eignete sich dazu, Meil er schlau, kühn und ge-
wandt war. Aber das Volk , in dessen Auftrage er nach seinem
Vorgeben auftrat, unterstützte ihn nicht; die Luperealien wur-
den die Vorfeier des fünfzehnten Märzes. Wie alles in der Ver-
schM'örung gegen den Machthaber Verruchtheit oder Aberwitz
war, so Mollte man anfangs Antonius hineinziehen, und ver-
schonte dann ihn und Lepidus gegen Cassius liath, Meil M. -
nicht D. -Brutus es verlangte. ^2) Vom Standpunkte der Mörder
und ihres Anhanges betraclitet Mar dicss ein grosser Felilcr,
welchen Cicero nicht müde wird zu rügen, obgleich ihn nur
79) Cornel. Dolab. 80) Julii I. c. a. 44. Aemil. Lepid. No. 24. §.
81) Cir. 2 Phil. 32. fin. 82) Julii I. c.
V. ANTONIL (11. §. 7.) 79
Furcht und persönlicher Hass dazu bestimmt ; ^'-^ der Tyrann,
sagt er, ist todt, die Tyrannis leht; aber die Ursache lag nicht
in Antonius , sundern in llom.
Während der Wehrlose in der Curie fiel , hatte die feige
Rotte seinen CoUegcn ausserhalb bescliilftigt, das genügendste
Zengniss für meinen Muth und seine Treue. Ueberdiess standen
die Gladiatoren des D. Brutus mit Benutzung des Festes der
Anna Perenna in der Nähe, im Theater des Pompejus, in Be-
reitschaft, s*) Doch hoffte man, dass man ihrer nicht bedürfen,
dass der Senat lauten Beifall zollen und dadurch das Verbrechen
heiligen , dass das V olk sich erheben werde , jeder Feind Cäsars
und jeder seiner Anhänger , dem seine Herrschaft eine verhasste
Zugabe zu seinen Wolilthaten gewesen sei. Im Gefülile seiner
Wichtigkeit, und ohne Thräncn nach einer Handlung, welche
ihn unter jeder Bedingung hätte erschüttern sollen, versuchte
M. Brutus die Gemüther zu beruhigen und zu gewinnen. ^•')
Seine Worte verhallten ungehört. Der Senat ermannte sich
nur, um sich zu retten ;S''>' seine Flucht belehrte ihn über den
geringen Umfang der Verschwörung, und das Volk, dass Cäsar
durch Meuchelmord , nicht nach einem öffentlichen Beschlüsse
gefallen sei.
Betäubt durch das Schreckliche und Unerwartete, völlig im
Dunkel über die Absichten, Verbindungen und Hülfsmittel der
Mörder, ungewiss also, und um so mehr , da sie Männer von
den verschiedensten Parteien unter ihnen sahen, ob sie nur das
Haupt oder auch die Glieder zu vernichten gedachten , ob sie
stark genug seien, die Freunde zu schützen, und die Feinde
zu zügeln, und nicht eine allgemeine Umkehr Alle A'erschlingen
werde, ^'') sollten die Senatoren das blutige Werk aufnehmen
und weiter fördern, sie, die ohnehin einem grossen Theile nach
nur durch Cäsar Senatoren waren. 8^) So hatte es die Einfalt
der Verschworenen vorausgesetzt. Die Bestürzung verbreitete
sich schnell über die ganze Stadt; denn auch die Sclaven und
83) ad Att. 14, 4. 11. 12. 11. 15. 17. 21. 15, 1. 4. 11. 12. 20. ad
Farail. 10, 28. 12, 3. 4. 28. 2 Phil. 14. 13 Phil. 10. cfr. Flor. 4, 3.
§. 2. C. §. 1. 9. §. 1. 84) Julii I. c. 85) Plut. Brut. 18. Cae8. 07.
86) Plut. 11. cc. Suet. Caes. 82. App. 2, 502. 503. Dio 44, 20. Zon. 10,
12. 87) Dio 44, 20. 88) Cic. de div. 2, 9. Julii a. 47 u. 40.
gO V. ANTONII. (14. §. 8.)
Freigelassenen Cäsars, welche ihn nach der Curie begleitet
hatten, entflohen bis auf wenige, seine Lictoren und die Zu-
schauer im Theater des Ponipcjus. Man verschluss die Häuser,
die Buden und Wechselbänke, und schickte sich zur Vertheidl-
gung an, obgleich sich nirgends Verfolgende zeigten; denn die
Nachricht Appians, dass in der ersten Verwirrung Mehrere,
auch Senatoren, verwundet und selbst getödtet seien, bestätigt
sich nicht. ^'^) Am meisten glaubte sich M. Antonius in Gefahr,
weil man ihn vor Anderen zu fürchten Ursach hatte; denn er
war Consul, sein Bruder Cajus war Prätor, der zweite, Lucius
V. Tribun: Lepidus , von Cäsar zum Statthalter im narbonensi-
schen Gallien und im diesseitigen Spanien ernannt und mit der
bewaftneten Macht noch vor Rom, konnte seinen amtlichen
Handlungen leicht Nachdruck geben; dass er nicht zu den Un-
dankbaren gehörte, welche den Mord preiswürdig fanden, 9") wie
Seneca will,^') sondern den Todten rächen werde, welchem er
im Leben so viel gewesen war, liess sich leicht erachten.^-)
Deshalb Avarf er das Consular- Gewand von sich, als er durch
die Flucht und das Geschrei der Senatoren die grässliche That
erfuhr, und entkam in einer Vermummung in sein Haus, wo er
Massreo-eln zu seiner Sicherheit nahm. "-'•^J Hätte er die wahre
Sachlai-e , die Verzagtheit der sogenannten Befreier und die
o-eringe Zahl ihrer Anhänger gekannt, so würde er noch an
diesem Ta<re das Capitol angegriffen und die Meuterei mit Einem
Schlage geendigt haben, denn ausser den Truppen des Lepidus
w ürden auch die Veteranen in der Stadt , die nur eines Führers
bedurften, '•**) seinem Rufe gefolgt sein.
§ 8.
Verlassen standen die Mörder neben der Leiche; für die
Rede, welche ihr Werk krönen sollte, fanden sich keine Hörer:
ihr Werk sprach selbst, und so furchtbar, dass Rom sich von
ihnen lossagte; zuerst der Senat, sofern es wenigstens galt, den
89) App. ß. Dio u. Plut. 11. CO. 00) Tac. Ann. 1 , 8. fin. 91) de
benef. 5, 10. 92) App. 3, 548. 93") Cic. 2 Phil. 35. App. 2, 502. Dio
44, 22. Plut. Brut. 18. Ant. 14. Caes. 07. Zon. 1. c. 94) Flor. 4, 7. 2.
App. 2, 504.
V. ANTONII. (lt. §. 8 ) 81
Fluch mit ihnen zu theilen; (Hess bezeugte ilie Oede um sie
her; dann auch das Volk; es regte sich nicht, als sie gleich
einer Rotte entlaufener JScIaven unter Vortragung des Hutes,
des Sinnbildes der Freiheit, von ihren blutigen Dolchen und
von den Fechtern geschirmt, über den Markt zogen und seinen
Beistand forderten, da nach dem Tyrannen kein Anderer sterben
solle. Am wenigsten erschien Cicero, welchen M. Brutus als
den Vater des Vaterlandes namentlich rief. Angeblich den Göt-
tern zu danken, entwichen sie auf das Capitol. ^^)
Das zunächst Folgende ist einer von den Abschnitten in
der Geschichte, wo es ohncachtet der Aushülfe des Cicero vor-
züglich drückend wird, dass die Alten mit den Zeitangaben
kargen, Dio sogar nach einer Andeutung'-"') aus Grundsatz,
oder doch nicht genau darin sind. Oft hängt die richtige Be-
urthcilung eines Ereignisses und aller anderen , welche mit ihm
in Verbindung stehen, davon ab, dass wir den Tag kennen,
welchem es angehört. Wie kein Anderer unter denen, welche
hier in Betracht kommen, hat Appian die Charaktere durch-
schaut und die Erscheinungen auf ihre Quelle zurückgei'ührt;
wo Dio schwatzt, und Plutarch als ein guter Beobachter schil-
dert, da bewährt er meistens den tiefen Denker, aber die Zei-
ten hat er mehr als einmal verwechselt. Trefflichen Aufschluss
über Jahr und Tag erhält man in einzelnen Fällen durch die
Inschriften , aber eben auch nur selten , und bei der Benutzung
der Münzen fehlt es an Sicherheit, wenn man sie nicht selbst
sieht. Auch Eckhel, welcher Goltz Consular- Münzen verdächtig
macht , wie schon Andere vor ihm , und den Mangel an Critik
an ]^Iediobarbus, Vaillant, Morellius, Havercamp u. A. rügt,
hat die Münzen mitunter nach falschen Voraussetzungen ge-
ordnet. ^^)
Man überzeugt sich leicht, dass die Verschworenen nicht
die Absicht aber auch nicht die Macht hatten, die Stadt mit
Plünderung und Mord heimzusuchen. Nichts war von ihnen
95) Cic. 2 Phil. 12. Liv. IIG. Veliej. 2, 58. 2. App. 2, 503. 507,
4, 022. Dio 44, 20. 21. 26. Plut. II. cc. Flor. u. Zon. 11. cc. Oros. 6,
17. 90) 51, 1.. 97) Es konnte z. B. nicht ohne Einfluss bleiben, wenn
er glaubte, Antonius sei schon vor der Schlacht bei Mutina für einen
Reicksfeind erklärt. Vol. 6. p. 35.
Drumaun, Geschichte Korns I. O
82 V. ANTONII. (14. §. 8.)
vorgesehen oder vorbereitet.'"^^ Die Factioiien dauerten fort;
sie nahmen nur eine andere Gestalt an, weil ihre Elemente sich
vermiscliten. Wer zu schwach war, sclbststiindig aufzutreten,
der eiferte für Freiheit und Republik, d. h. für die durch Sulla
verjüngte Aristocratie, mochte früher Pompejus oder Cäsar sein
Loosungswort gewesen sein: wer Ciisars Stelle einzunehmen
hüfl'tc, der warf sich zu seinem Rächer auf; selbst das Schick-
sal schien es nicht zu wollen , dass man mit ungelieucheltem
Schmerze ihm Todtenkränze flocht , denn Helvius Cinna wurde
ihm nachgeschickt.
Wer waren die Römer, welche am Abend des 15. Märzes ^^>'
bei den Befreiern auf dem Capitol sich einfanden, als sie diese
geborgen und stark genug glaubten , den Dingen eine AVendung
zu geben? Cicero mit dem glühenden Verlangen, nun wieder
als Sachwalter auf dem Markte und durch sein Gutachten im
Senat zu herrschen, *^'"-' und Andere, von den Mördern selbst
nicht für würdig gehalten, in ihren Reihen zu stehen, und
jetzt voll Begierde , für ihre Genossen zu gelten , und Ehre und
Lohn mit ihnen zu theilen. Sie theilten aber grösstentheils nur ihr
Schicksal, wurden benutzt und verachtet. *) Dahin gehören
P. Lentulus Spinther, der Sohn des Consulars P. Lentulus, -)
und frech genug , noch später auf diese Lüge Ansprüche zu
gründen; 3) Favonius, unfähig, etwas anderes zu wollen, als
was sein Vorbild Cato gewollt hatte; *-^ M. Aquinus, ^) auf den
Münzen so, nicht Aquinius genannt, 6) und ohne Zweifel der-
selbe , welcher von Cäsar in Afrika begnadigt war ; V C. Octa-
vius, *J mit dem Beinamen Baibus, da der im J. 43 geächtete
wohl nicht von ihm verschieden ist;*) Murcus,^^') nicht der
bekannte L. Statins Murcus , welchen Cäsar nach Syrien ge-
schickt hatte und Cassius dort fand ^'); Patiscus, '-) und meh-
98) Julii No. 40. a. 44. 99) Die 44, 21. 100) regnare et guber-
nare; ad Att. 14, 10. 2 Phil. 35. l) Cic. 2 Phil. 11. App. 2, 503.
Die 1. c. Plut. Caes. G7. Brut. 12. Unten §. 19. A. 35. 2) App. u. Plut.
11. cc. Vaill. Cornel. No. 49. 3) Cic. ad Fani. 12 , 14. 4) App. I. c.
5) Ders. C) Vaill. Cags. No. 19. 7) Hirt. B. Afric. 89. 8) Plut. I. c.
9) App. 1, GOl. Val. Max. 5, 7. 3. 10) App. 2, r)(«3. 11) Ders. 4, G23.
cfr. Cassii. 12) Ders. 2, 503. Der Name ist wahrscheinlich entstellt,
wie der ähnlich lautende des IMannes , welchen Cicero unter den Genos-
■en des Antonius aufführt. 13 Phil. 2. u. das. die Grit.
.J
V. ANTONH. (II. §. S.; 83
rere Andere, welche aus mfissiger Neugier«Ic oder aus Hass
gegen die bisherige Verfassung erschienen. '•''' Dass auch Dola-
hclia sich hier finden Hess, und dass er sich durch die Mörder
Ciisars eine von Cäsar verliehene Würde sichern M'ollte , ist ge-
wiss und bedeutungsvoll; aber eben so gewiss kam er erst am
folgenden Tage ; wenn man diess mit Appian und üio übersieht,!*)
so ist das Nächste ohne Sinn.
Nachdem nämlich ein Theil der kostbaren Zeit mit Glück-
wünschen und Danksagungen verschwendet war , trug Cicero
darauf an , dass M. Brutus und Cassius als Prätoren unverzüg_
lieh den Senat im Capitol versammelten; man müsse den freu-
digen Muth der Gutgesinnten und die Bestürzung ihrer Gegner
benutzen, um zu handeln, '^3 d. h. die Einrichtungen des Dicta-
tor aufzuheben und den zu ächten , welclier sie A'ertheidigen
werde. Der Consul Antonius hielt sich verborgen und Dolabella
hatte noch nichts gethan, seine Rechte als dessen College zu
behaupten, von welcher Art sie auch sein mochten; er war
noch nicht anerkannt. Aber Cicero benutzte diess nur, um
eine anarchische Massregel zu beschönigen. Antonius war weder
seines Amtes entsetzt, noch hatte er ihm entsagt; man kannte
aber seine Gesinnungen, mau wusste , dass Dolabella ohnerach-
tet seiner Feindschaft gegen ihn nicht der Freund der Befreier
sein könne, deshalb gedachte Cicero sie auszuschliessen. Mit
Recht glaubte er , dass mit dem Morde nicht alles gethan , dass
eine Einigung mit den Anhängern des Ermordeten nicht mög-
lich sei, dass man nicht säumen dürfe, sie zu unterdrücken,
da man sie nun einmal nicht auch getödtet hatte, aber er irrte,
•wenn er diesen Erfolg von Senatsbeschlüssen erwartete, wenn
er etwas anderes handeln nannte, als das käufliche Volk gewin-
nen, den Golddurst der Veteranen stillen, der ihre Liebe zu
Cäsar weit überwog, und sich vor allem und ohne Förmlich-
keiten der Mittel dazu , des Schatzes bemächtigen , mit Einem
AVorte , Gewalt der Gewalt entgegensetzen , und dann den Frie-
den gebieten, welchen Volk und Krieger Avünschten. Er drang
niclit durch , nicht weil man voll Misstrauen gegen das Ansehen
und die Absichten des Senats kräftiger einschreiten, sondern
13) Plut. Brut. 18. 14) S. unten Anm. 15) Cic. ad Atf. 14, 10.
6*
84 V. ANTüNir. (14. §. 9.)
weil man nicht mit einer Auflehnung gegen das Gesetz dessen
Herstellung heginnen Mollte. Der Consul, Antonius, sollte die
Dinge wieder in das rechte Gefüge bringen. Dafür stimmte
M. Brutus, überzeugt, auf den Vorgang der Befreier werde
auch er den Weg der Pflicht und Ehre Mühlen "•) und sich an
ihre Spitze stellen. Ihn dazu aufzufordern wurde Cicero ersucht;
er lehnte es aber ab, nicht bloss weil es widersinnig, '^) son-
dern auch, Aveil es gefahrvoll war. Der Consul hatte sich in
seinem Hause auf Vertheidigung angeschickt, vielleicht sich
schon mit ^ eteranen umgeben, welche einen Sendung aus der
Mörder- Höhle übel empfangen, und ihn zu spiit an seinen
Grundsatz erinnern konnten, überall erst nach dem Kampfe zu
kommen. Daraus also, dass der Eine durch Decrete wirken
und der Andere die Verfassung ehren wollte, Allen aber Klug-
heit und Muth zum Handeln gebrach, folgte diess „Stilisitzea
auf dem Capitol." ^ä)
§ 9-
Von hier an führen uns die Alten in ein Labyrinth , in
welchem man nur einen Ausweg findet, wenn man den Zeitpunct
der Senats -Versammlung im Tempel der Tellus feststellt, und
mit Hülfe einiger Fingerzeige davon zurück und weiter rechnet.
Der Senat A'ersammelte sich, Avie Avir sehen Averden, am 17.
März. In der Nacht vom 1 5. auf den 1 ö. blichen Brutus und
seine Genossen auf dem Capitol, l^) Avährend Antonius durch das
Geld und die Papiere Cäsars ihnen überlegen Avurde. Appian
lässt es in der Nacht vor jener Sitzung, -"' dann aber sogleich
nach dem Morde geschehen, ^i) In einer Rede auf dem Markte
am 16. klagt Brutus über die ^'crAvaltung Cäsars , Aveil er schon
wusste , dass der Schatz leer, aber noch nicht Avic später, als
er die sogenannte capitolinische hielt, Avas die Ursache sei.--)
Die Aeusserung Ciceros, er sei noch Avährend seiner AuAvesen-
heit in Rom Zeuge des FreA'els gewesen, -•'^ Antonius habe
zwischen dem 15. März und 1. April seine Schulden bezahlt,-*)
10) l»l>i(. I.e. 17) Cic. 2 Phil. 35. U) Tic. ad XU. II, 14. 19) Dio
44, 21. Vlut. Caes. C7. 20) 2, 507. 21) 3, 537. 22) App. 3, 502.
23) ad Alt, 14, 14. 24) 2 l'hil. 37.
V. ANTONIL (14. §. 9.) 85
kann nicht entsclieulen; aber nichts spricht mehr für sich selbst,
als dass Calpurnia nur im ersten Schrecken , als sie noch Ver-
folgung für sich und die Plünderung ihres Hauses fürchtete,
den sehr gewagten Schritt thun konnte, den Nachlass ihres Ge-
mahls einem Andern, einem anerkannten Wüstling anzuvertrauen,
und dass dieser nicht sobald das Feld geräumt sah, als er sich
auch des öttentliclien Schatzes bemächtigte. Er nahm ihn aus
dem Tempel der Ops, angeblich, nach den Ilechnungsbüchern, ^5)
700 Million Sestertien , 26) behauptete aber später gegen Octavian,
er sei leer gewesen, ^^) und trug selbst auf eine Untersuchung
an, so dass der Senat für den Nachweis, wohin das Geld ge-
kommen, den zehnten Theil zur Belohnung bestimmte. -8) Es
wurde von dem Consul nicht bloss zu Schwelgereien und zur
Befriedigung seiner Gläubiger verwendet, ^'^) sondern gewann
ihm auch Dolabella 3") und andere einflussreiche Männer , ^') Ve-
teranen und Pöbel. Weder der Groll und die Witzeleien
Ciceros, ^2) noch die Drohungen seines Neffen, ihn wegen Pe-
culat zu belangen, ^'^) konnten ihm seinen Vortheil wieder ent-
reissen.
Durch eine Uebereilung Calpurnias, welcher sein Haus
sicherer schien, als das Ihrige, erhielt er auch den Privatschatz
Cäsars, 25 Millionen Denare, ^*^ oder in einer runden Summe
4000 Talente, •^^) und Avas sich sonst an Dingen von Werth
vorfand ; '■^'^) seitdem verfuhr er als Erbe , und nahm selbst die
Statuen und Gemälde aus Cäsars Garten , obgleich dieser dem
Volke vermacht war.^^J Aber eine unversiegliche Quelle des
Reichthums und das wirksamste Mittel, seine Gegner zu Boden
zu schlagen, war der schriftliche Nachlass des Dictator, sein
Denkbuch, welches seine Verfügungen und Entwürfe für die
25) Cic. 2 Phil. 37, 5, C. 2G) Ders. 2 Phil. 37, 5, 4. 8, 9. 12,
5. 13, 5. cfr. 1, 7. 6 , 2. 7, 5. Veliej. 2, CO. 4. App. 3, 5G0 u. 5G2.
Dio 45 , 24. 27) App. 3 , 538, 28) Das. 562. 29) Cic. 2 Phil. 14 u.
37. Dio 45, 21. 30) S. unten §. 14. Anm. 23. 31) Cic. ad Attic.
14, 14. 32) ad Att. 14, 18, wo in : ope?n ab eo petierit , offen-
bar ein Wortspiel liegt. 33) ad Att. 16, 14. 34) Plut. Cic. 43.
35) Ders. Anton. 15. App. 2, 507. 3, 537. Dio 40, 23. Flor. 4,
4. 2. 36) Cic. 2 Phil. 41. 3, 12. App. 3, 537. 37) Cic. 2 Phil. 41-
3, 12.
86 V- ANTONII. (l-l. §. 9.)
Zukunft enthielt, oder doch enthalten konnte, und von seiper
AVittwe ebenfalls dem Consul übergeben wurde. ^^-^
In derselben Nacht führte M. Lepidus, der Mag. Equ.^ö)
Truppen in die Stadt, nicht erst in der folgenden.^".' Die Ge-
schichtschreiber, -»velche berichten, er habe den Markt besetzt,
sobald er den Tod Citsars vernommen , bei Melchem er ohne
Zweifel in der Curie am Marsfclde gegenwärtig war, nähern
sich wenigstens der AVahrheit, und ihr Irrthum liegt mehr darin,
dass sie am nächsten , nicht am dritten Tage den Senat im
Tempel der Tellus sich berathen lassen. *'>' Er stellte weder
seine Krieger zuerst auf dem Marsfelde auf, als er es Avagte,
sich wieder zu zeigen, noch wollte er Antonius unterstützen,
und sich ihm , als dem Consul unterordnen , *-^ sondern er er-
schien auf dem Markte, in der Absicht, Cäsars Stelle einzu-
nehmen, und Antonius in den Hintergrund zu schieben, und
dort M ar es , wo er sich dem Volke als den Radier des Ermor-
deten ankündigte , ^'^^ am Morgen des 16. denn am 17. war er
schon mit dem Consul einverstanden.
Dieser Avollte selbst das Ruder ergreifen. Er sah ein,
dass ein falscher Schritt in so entscheidenden Augenblicken ihn
für immer davon entfernen werde, und nichts war jetzt mehr
dazu geeignet, als oft'ene Gewalt, da man die Stimmung des
Senats, des Volks, die Kräfte der Gegner noch nicht kannte,
und Lepidus an der Spitze der Truppen stand ; wie er auch
endigen mochte, konnte ein Kampf ihm nur verderblich sein.
Deslialb warnte er den Schwachen , **) dessen Ehrgeiz stets
grösser war, als sein Muth , und Mahrscheinlich versprach er
jetzt schon dessen Sohne die Hand seiner Tochter ^^) und ihm
selbst das durch Cäsars Tod erledigte Amt eines Obcrpontifen.
Sein Nebenbuhler, ohne welchen er nicht hätte öffentlich auf-
treten können , wurde sein Werkzeug und er verfügte über die
beHattncte flacht.
Jetzt regten sich auch die Flüclitlinge auf dem Capitol.
38) App. 2, 507. 3, 529. Dio 14, 53. Plut. I. c. 30) Suet. Caeg.
«2. App. 2, 502. 40) App. 2, 507. 41) Dio 44, 22. Zon, 10, 12.
42) App. 2, 502. Plut. Cae». 07. 43) Dio 1. c. u. 44, 34. 44) Der».
1. c. 45) Aeniil. Lepid. No. 24. §. 2. \o. 2G. u. 27. u. hier §. li.
Anin. 91. §. 04. A. 20.
V. ANTOML (14. §. 9.) 87
Sie mussteu •wissen, ob Rom, •wenn es von seiner Betäubung
envachte , sie als Befreier oder als Verbrecher empfangen werde.
Zum Volke zu sprechen schien ihnen aber das Nächste; nur
nach einer günstigen Aufnahme auf dem Forum konnte sich
ihnen die Curie öfiiien , deren Beschlüsse ihr Werk vollenden
sollten. Demnach erkauften sie eine Anzahl Schreier, welciie
am 16. auf dem Markte im Namen des Volks Frieden und Ver-
söhnung und damit Straflosigkeit für die Verschworenen forder-
ten , ohne jedoch ein Lob hinzuzufügen. '*•') Der Prätor Corne-
lius Cinna hielt diesen Versuch, sie zu erforsciien, für einen
Ausdruck der öflentlichen Meinung, einer der Elenden, welchen
die Person nichts , das Verhältniss alles ist. Er schmähte Cäsar,
seinen Verwandten, warf die Insignien seiner Würde von sich,
jetzt das (»eschenk eines Tyrannen, und verlangte die Cregen-
wart und Belohnung seiner Mörder. ^"^J Aber die xMenge war
stumm, eine Mahnung für die Gedungenen, nur Herolde des
Friedens zu bleiben. '*''J
Das Unternehmen scliien misslungen und doch brachte es
den Gewinn, dass Dolabella es wagte, gegen den AVillcu des
Antonius , oline gesetzmässig gewählt oder Prätor gewesen zu
sein , ^'JJ sich als Consul der Fasces zu bemächtigen, jetzt, ehe
man Brutus w ieder auf dem Markte sah , und vor der Sitzung
im Tempel der Tellus. ^"J Es mag sein, dass er im A'ertrauen
zu dtr Macht der Befreier, und um sich neben seinem Collcgen zu
behaupten, in einer Rede an das Volk darauf hindeutete, er
liabe um die Verschwörung gewusst, wohl gar daran Theil ge-
nommen ;'''^ unter keiner Bedingung gieng er schon am 15.
mit den Uebrigen , w eiche sich als Cäsars Mörder gcbchrdeten,
auf das Capitol , •'-) v»ohin er sich erst jetzt begab, '^^^ und als
Cäsarianer erst nach einem solchen Schritte sich mit Sicherheit
begeben konnte.
Zwei IMagistrute vom ersten Range, Magistrate durclj Cäsar,
'lü) App. 2, 50.^ u. 504. 17) Deis. 2, 501. 507. 521. Suet. Caes.
85. Die 41, 50. riut. Caes. 08. IJrut. 18. Zoii. 10, 12. 48) App. 2<
505. 10) ffr. F.iv. 32, 7. Plut. Flamin, in. 50) Vellej. 2, 58. 3. Cic.
1 Phil. 13. Diu 44, 22. ifr. Plin. 2, 31. Flor. 4, 3. 7. Obseq. 128.
51) App. 2, 505. 3, 54y. 52) Uers. 2, 502. Oben §. 8. Auni. l.
53) Uio 1. c.
88 V. ANTONII. (14. §. 9.)
hatten dessen Mörder gleichsam entsündigt; ein Consul , ein
Feind des Antonius, trug sich ihnen zur Stütze an, und for-
derte dafür nur seine Anerkennung, ein Vergessen der Gesetze,
welche sie so eben mit dem Dolche vertreten hatten , und da
nun auch die Erkauften nicht mehr Bedenken trugen , sie auf
den Markt zu rufen , so giengen sie mit Dolabella und den
Vornehmsten hinunter. ^*) Diess Gefolge sollte eben Eindruck
machen und Schutz gewähren; M. Brutus und Cassius erschie-
nen nicht allein; Appian^^) behauptet es, er giebt auch keinen
Aufscliluss über ihren Rückzug, M'ie Plutarch , welcher überdiess
den Tag richtig bestimmt, während Dio^ö) ihn mit dem 15.
verwechselt. Wenn Brutus sprach, wie Appian berichtet, so
war er schlecht berathen; nach Ciceros Urtheil verstand er es
nicht, auf die Menge zu wirken; es bestätigte sich: er musste
vorerst nur die Regungen in ihr ins Gleichgewicht bringen,
ihr Verlangen nach Frieden, den Abscheu vor neuen bürger-
lichen Unruhen zu seinen Verbündeten machen ; mehr wollen,
hiess über das Ziel hinausgehen und es verfehlen. Er pries
eine That, welcher noch nicht einmal V^erzeihung gewiss war;
verdammte Cäsar im Angesichte seiner Veteranen und beleuch-
tete dessen Verwaltung bis zur Zerstreuung der öflFentlichen
Gelder; ^^) er drang auf die Rückkehr des Sextus Pompejus,
und zog damit eine Scheidewand zwischen sich und Antonius,
der dessen Güter besass, den zu schonen die gemeinste Klug-
heit rieth, und ohne den Römern zu schmeicheln, denn noch
hinderte jener die Zufuhr nicht. Das Volk schwieg, ein Tri-
but persönlicher Achtung, worin seine Verurtheilung lag. Es
genügte, Cassius vom Reden abzuschrecken, obgleich Appian
das Gegentheil sagt, und wenn Cinna, der Prätor, mit thö-
richtem Eifer abermals auftrat, und gegen ihn die Erbitterung
sich rücksichtslos kund gab , so erklärt sich um so mehr , warum
man wieder auf das Capitol entwich: doch scheint Plutarch
V'crgangencs einzumisclien, und es bedarf dessen nicht.
Die Handlung, welche nach Cicero die Mörder zu Heroen
erhob, war nicht populär; darüber hatten sie nun Gewissheit.
54) Plut. Caes. C7. Brut. 18. 55) 2, 505. 50) 44, 21. 57) App.
3, 502.
V. ANTONII. (14. §. 9.) 89
Sie fürchteten einen Angriff. Denn leicht konnte Antonius mit
Hülfe des Lepidus und der Y^ctcranen den glininiendeu Funken
«ur Flamme anfachen; was ihn davon abhielt, erkannten sie
nicht. Auf ihren Antrag entfernten sich die Freunde zu ihrer
Sicherheit. ^^) Dann giengen Abgeordnete zu Antonius und
Lepidus. Sie sollten im Namen der Freiheit und des Vater-
landes sprechen, mit Schonung des Erschlagenen den Verdacht
entkräften, als ob er 'für persönliche Interessen gefallen sei,
und also Verzeihung erbitten. In der Antwort erinnerte Anto-
nius an den Schwur, worin Alle für das Leben Cäsars einzu-
stehen sich verpflichtet, doch möge der Senat entscheiden.
Diess war verfassungsmässig und sofern der Consul der Stärkere
war, eine Vergünstigung; man freute sich dessen, denn des
Richters glaubte man sich gewiss. ^^) Aber Antonius hatte sei-
nen Plan schon entworfen, und die Befreier giengen in die
Schlinge. Wie sehr auch Cicero in den Philippiken sich abmüht,
jenen als einen verächtlichen Betrüger zu schildern, so kommt
doch alles darauf hinaus, dass man sich auf das ärgste von
ihm habe täuschen lassen , weshalb er bei dem schimj.flichen
Geständnisse sich selbst auszunehmen nicht verfehlt, ^o)
Die Aristocratie hatte ihr Heil von den Verschworenen
erwartet; diese erwarteten jetzt ihr Heil von ihr, und sie lehnte
sich wieder an Antonius an, bis sie entdeckte, wohin er sie
geführt, und nun nach Ciceros eigener Versicherung nur durch
Octavian aus seiner Gewalt errettet wurde. Diess ist eben die
Bedeutung seines Wirkens, dass er, Fax et turbo sequentis se-
culi, 60 die Monarchie gegen die Republik vertrat und die
Herstellung der ersten vermittelte; denn von ihm überlistet und
gedrängt suchte die Aristocratie Schutz bei Cäsars Erben, wel-
cher in ihrem Dienste erstarkte, dann im Bunde mit Antonius
sie vernichtete, und zuletzt, als nur noch die Person des Herr-
schers in Frage katn, auch ihn überwand.
Schon den folgenden Tag bestimmte der Consul zur Be-
rathung in der Curie. In der Nacht vorher gebot er, die Häu-
ser zu erleuchten, und den Magistraten, wechselnd auf ihrem
58) Plut. Brut. 18. 59) App. 2, 506. cfr. 510. 511. 519. Suet.
Caes. 84. 86. Cic. 2 Phil. 35. fin. CO) 2 Phil. 35. 36. (37). Cl) Flor.
4, 3. 2.
90 V. ANTOXII. (11. §. 10.)
Tribunal zu sein. Durch jene Gesandtschaft war er in seiner
Würde anerkannt; die Dinge standen wieder, wie unter Cäsar,
wenn er die Kraft besass , ihn zu ersetzen : man musste vom
neuen anfani^en. Die Befreier, jetzt Beklagte und Flehende,
entsandten ihre Freunde zu den Senatoren mit der Bitte um
einen gnädigen Spruch; die Veteranen tobten drohend durch
die Stadt, die Beschlüsse über ihre Versorgung gültig zu er-
halten; ganz Rom war in Bewegung. C2J Es vereinigte 'l'ausende
von Kriegern, welche vom Dictator mit Lündereien ausgestattet,
oder in Erwartung dieses Lohns und im Begriff, an den Ort
ihrer Bestimmung abzugehen, ihre bewegliche Habe veräussert
hatten. Die Freigelassenen und Fremden, deren Aufnahme in
die Tribus erschlichen oder erzwungen war, und die erwerblose
Meno-e, welche die Getraide- Spenden nach der Hauptstadt lock-
ten , waren mit ihnen einverstanden. Doch w usste Antonius,
dass sie alle nur ungestörten Genuss und Besitz begehrten ; er
erregte Besorgnisse in ihnen, weil der nächtliche Lärmen Für-
Sprecher und Senatoren in Furcht setzte; als Rächer Cäsars
sollten sie später auftreten, c^)
§ 10.
Der Senat versammelte sich demnach, und zwar XVI Kai.
April, am 17. März. Obgleich die Alten die Zeit zum Theil
gar nicht c*) oder unrichtig angehen, als sei die Sitzung am Tage
nach dem Morde , 6^) oder erst nach der Bewirthung der Ver-
schworenen im Hause des Antonius und Lepidus gehalten,'''')
so ist doch jene Bestimmung über allen Zweifel erhaben. Denn
Cicero bemerkt, am Todestage des Dictator habe er Antonius
nicht gesehen, auch nicht am folgenden, am dritten sei er in
den Tempel der Tellus gekommen,''') an den Liberalien,''»-'
folglich am 17.,''^) an welchem im vorigen Jahre Cäsar bei
Munda gesiegt hatte. Aus Furcht vor den Gladiatoren auf dem
Capitol zog der Consul einer diesem nahe gelegenen Curie den
Tempel der Tellus vor, ^'*) welcher von seiner >Volinung, dem
62) App. 2, 507. C.^) Ders. 2, 504. 512. Dio 14, 51. 64) Veliej.
2, 58. 3. Plut. Cic. 42. 05) .App. 2, 511. Dio 44, 22. Zon. 10, 12.
60) Plut. Ai.t. 11. 07) 2 Phil. 35. CS) ad AU. 14, 10 u. 14. 09) Ovid.
Fag(. 3, 713. 70) Cic. 1 Phil. 1 u. 13. 2, 35. ad Attic. 16, 14. App.
2, 507. Dio 44, 22. 4t«, 28. Plut. Brut. 19.
V. ANTONII. (14. §. 10.) 91
Hause des Pompejus in den Carinen, nicht ■weit entfernt war,
in der nachmaligen vierten llegion. "")
Früh am Morgen begab sich Cornelius Cinna nach dem
Tempel, nun wieder im Prätor -Gewände. Er gcrieth in Ge-
fahr, von den Veteranen gesteinigt und dann, mit seinem Zu-
fluditsorte verbrannt zu werden, eine Weisung für den Senat,
im Eifer für die Befreier sich zu massigen, und daher Antonius
sehr erwünscht, wenn nicht von ihm veranstaltet. Lepidus
sah nicht so weit; er steuerte dem Unfug ^-), aber an einem
Verwände, die Zugänge zum Tempel sclieinl)ar zum Schutze
der übrigen Senatoren mit Bewaffneten, mit Ituräern zu be-
setzen, fehlte es nun nicht. ^'^ Konnte diess Besorgniss erre-
gen, so wurde man doch beruliigt, als Dolabella mit den Con-
sular-lnsignien eintrat, und noch melir dadurch, dass Antonius
ihn nicht hinderte, den curulischcn Stulil einzunehmen. ^*J Nur
Gewalt hatte man gefürchtet: da der Consul sich so fügsam
zeigte und Berathung zuliess , so hoffte man mit einem Redner
wie Cicero jeden Vortheil über ihn zu erhalten. Die Faden des
Gewebes, worin er sieh verwickeln sollte, wurden etwas unge-
schickt angeknüpft. Auf seinen Antrag, die Beschlüsse zu
fassen , welche die Umstände erforderten , ''^^ drangen Einige auf
die Gegenwart der Befreier, auf Sitz und Stimme für die Be-
klagten unter den Richtern, nicht aus Liebe zu ihnen,''*') son-
dern weil mit der Billigung ihrer That die jetzige Verfassung
verschwinden musste, und der Spruch nicht zweifelhaft sein
kann, wenn die Vollziehung vorausgeht; Antonius war sogleich
einverstanden; er wusste , dass sie nicht wagten, zu kommen,
und sie kamen nicht. ^^)
Die Sache betreffend brachte Tiberius Nero, der Vater des
nachmaligen Kaisers, ^^) Belohnungen, ein Anderer eine öfTent-
liche Belobung, ein Dritter nur eine Amnestie in Vorschlag.
Diess veranlasste vieles Hin- und Herreden , '''•'>' und gab dem
Consul Gelegenheit, die Blossen seiner Gegner zu erspähen und
71) Suet. de ill. grarani. 15. App. 1. c. Plut. Ant, 21. P. Vict. de
reg. urb. 72) App. 1. c. 73) Cic. 2 Phil. 35. 13, &. ad Att. 14, 14.
74) Ders. 1 Phil. 13. 2, 33. U, 1. App. 2, .511. Die 44, 53. 75) Dio
44, 22 u. 32. Zori. 10, 12. App. 2, 511. 76) App. 2, 507. Eutrop. 7, 1.
77) App. 2, 507 u. 508. 78) Suet. Tiber. 4. 79) Dio 44, 22.
92 V. ANTON». (14. §. 10.)
sie anzugreifen. Sie riethcn endlich auf die Bemerkung, mehr
als Verzeihung zugestehen heisse Cäsar für einen Tyrannen
erklären , schlau genug , wie sie wähnten , zu einem Todtenge-
richte; mit dem Urtlieil über den Ermordeten erledige sich dag
Uebrige von selbst. Auch dagegen lehnte sich Antonius
nicht auf; nur meinte er, wenn es zweifelhaft sei, ob Cäsar
Tyrann oder rechtmässiger Magistrat gewesen , wenn darüber
erst entschieden wer(',n solle, so gezieme es sich, zunächst den
Aemtern zu entsagen, welche man ihm verdanke, und der von
ihm gegebenen Anwartschaft. Diess traf die Mehrzahl derer,
welche verdammen wollten, und nun ihre AVaffe gegen sich
selbst gerichtet sahen. Sie hatten zum Theil das gesetzliche
Alter noch nicht erreicht, oder die niederen Stufen übersprun-
gen, und durften daher von neuen Wahlen nichts hoifen, welche
sie einstimmig verwarfen, und mit ihnen aus gleichem Grunde
der Consul Dolabella. Andere wollten, dass man das Opfer
nicht scheue , weil sie persönlich nicht dabei litten ; aber ihre
Versicherung , es handle sich bloss um eine Form , das V^olk
werde Alle bestätigen, bewog nur Wenige, ihre Insignien ab-
xulegen. ^'^^
Die Feinde waren getheilt und mit einander im Kampfe;
bei einem Angrifte von aussen war ihre Niederlage gewiss. Zu
dem Ende eilten Antonius und Lepidus auf den Markt, wo nach
Verabredung ihre Besoldeten sie vor Nachstellung warnten. Der
Consul zeigte seinen Harnisch, zu beweisen, dass er ihre Be-
sorgnisse theile, ein nicht empfehlendes Zeugniss für die Ver-
sammlung , welche er so eben verlassen hatte , deren Einver-
ständniss mit den Mördern damit zugegeben wurde, und eine
Erinnerung an den, welcher bereits in ihrer Mitte gefallen war.
Nach dieser Einleitung vernahm man Rachegeschrei. Aber mäch-
tio-er wirkte das Geld der Verschworenen und der Wunsch, den
Lohn für die Kriegesdienste nicht durch neuen Bürgerzwist ge-
fährdet zu sehen: die Meisten forderten Frieden. Seinen An-
häno-ern eröft'nete Antonius , dass auch der Senat Frieden wolle,
und er als Consul nur dessen Beschlüsse vollziehen könne; den
Uebrigen, dass er nicht zu hoffen wage, was er mit ihnen
80) App. 2, 509 u. 510.
J
V. ÄNTONII. (14. §. 10.) 93
wünsche, so lange der Dolch gezückt sei, der ohnerachtet der
Eide selbst Cäsar nicht verschont habe; dann zog er sich in
die Curie zurück. Der Streich war verfehlt, obgleich Lepidua
das Gaukelspiel fortsetzte, und seine Rotte ihn unter der Zu-
sage der höchsten Priesterwürde zum Anführer begehrte; Friede
blieb die Loosung, und allein kam er wieder zum Consul.
Dieser verlor indess das Heft nicht aus der Hand. In sei-
ner Abwesenheit hatte der Streit über die Aemter fortgedauert,
obgleich man sich dessen durch die Bemerkung überheben konnte,
dass das Todtengericht auch darüber entscheiden werde, dass es
also vorausgehen müsse und Antonius von der Sache abgelenkt
habe. Man mochte diess einsehen, allein die Betheiligten Maren
gegen das Gericht, seit es ihnen so nahe gelegt war, dass sie
in Cäsar sich selbst verurtheilen würden. Jetzt nahm Antonius
das AVort: allerdings sei es schmerzlich, sich selbst einer Ehren-
stelle für unwürdig zu erklären; Avenn aber diese Angelegenheit
den Senat so sehr aufrege , so möge man bedenken , dass es
ausser den Ernennungen noch gar viele Gesetze und Verfügun-
gen des Dictator gebe, die für Italien, für die Provinzen, für
Nachbaren und Bundesgenossen von Wichtigkeit seien, die man
durch eine Aechtung Cäsars nicht aufheben könne, ohne jene
alle zu verletzen. Er wolle nur fragen, ob man glaube, dass
die Veteranen auf ihre Güter Verzicht leisten und es dulden
werden , dass man den Körper ihres als Tyrann verurtheilten
Feldherrn durch die Strassen sclileife, und die Männer, welclie
ihn erschlagen , ehre und belohne ? Nach den Ereignissen der
vorigen Nacht sei es nicht wahrscheinlich. Deshalb trage er
darauf an , dass man die Anordnungen Cäsars bestätige und
seine Mörder aus Erb.irmcn, aus Rücksicht auf ihre Verwandte
und Freunde, lediglich begnadige. ^0
Einen Theil der Senatoren hatte er durch ein persönliches,
andere durch das Interesse ihrer Partei sich dienstbar gemacht,
da er bewies , dass kein Beschluss die Befreier schützen werde,
Mcnn man nicht die Gesetze und Einrichtungen des V erstorbenen
in Kraft erhalte und dadurch die Gemüther beschwichtige, mit
andern Worten, wenn man nicht Allem entsage, was der Mord
81) Ders. 2, 510 £. Plut. Brut. 19. Cic. 42. cfr. Cic. 1 Phil. 1 u. 13.
94 V. ANTONII. (14. §. 10.)
bezweckt, und ihn, den Inhaber der Papiere Ciisars, zum un-
nmscliränkten Herrn von Rom erhebe. L. Munatius Plancus,
welcher zwei Jahre .später Consul wurde, unterstützte den An-
trag, und nach ihm Cicero. ^->' Die Rede des Letzten giebt
l)io nach eigener Erfindung ; ^^J von Appian M'ird .sie nicht
einmal erwähnt, wogegen Cicero ihrer lobend gedenkt, ^*J in
einer Zeit, wo er schon über die Gültigkeit der julischen Ge-
setze klagte, und also sich selbst gestand, dass er in der voll-
kommensten Verblendung gehandelt habe. Er fügte den Namen
zur Sache, empfalil das Beispiel Athens und das griechische
Wort Amnestie. S-*)
Der Senat beschloss demnach, dass keine Untersuchung
über die Ermordung Cäsars Statt linden, und alles, was er
gethan oder verfügt habe, des allgemeinen Besten , der Eintracht
wegen , ^^■> gültig bleiben solle. ^''^ Durch den Zusatz Hess man
es ungewiss, ob er rechtmässiger Herrscher gcMesen sei, und
gern gönnte Antonius der senatorischen Faction diese Genug-
thuung , nur musste sie den Veteranen , den Bürgen des Ver-
gleichs , deren AViderspruch er zu fürchten vorgab , die ihnen
angewiesenen Ländereien noch besonders zusichern, sie gleich-
sam bestechen , und sich damit beschimpfen. ^V Nicht bloss
Matius Mar der Meinung, dass es nicht so abgehen könne;
auch Andere wurden durch die Amnestie an Antonius irre , ^^^
welcher dadurch vor allem für seinen eigenen Vortheil gesorgt
aber doch auch die Rache nur verschoben und vorbereitet hatte.
Den Gegnern wurde diess schon fühlbar, als er Cäsars schrift-
liehen Nachlass zu jeder Art von Willkühr benutzte, ^'*) und
Cicero dachte an den Beschluss dieses Tages , welcher es ihm
möglich machte , nur mit Unwillen zurück. ^'^
Die Veteranen hatten sich nur aus Eigennutz für den Frie-
82) Plut. II. cc. Zon. 10, 12. 83) 41, 23. cfr. 46, 28. 81) 1 Phil.
1. cfr. Dio 45, 23. 85) Das. Vellej. 2, 58. 4. Dio IG, 28. 86) Cic.
2 Phil. 39. (38.) 13, 5. App. 2, 513. 87) Cic. 1 Phil. 1. u. 7. 3, 12.
."i, 4. ad Alt. 14, 6. !). 10. 14. 17. 1."., 4. IG, 14. Liv. IIG. Vellej.
1. c. Dio 44, 34. 45, 23. App. 1. c. 3 , 533. 550. 4, C22. 643. Flut.
Caes. C7. Brut. 19. Cic. 42. Anl. 14. Zon. I. c. 88) App. 2, 513.
rfr. Cic. ad Alt. 14, 14. 1 Phil. 2. fiii. 89) Cic. ad Alt. 14, 1. u. 22.
App. 3, 535. 548. 90) Hier §- 91) üben Aiiin. 87.
I
V. ANTONII. (14. §. 11.) 95
den erklärt; ihre Wünsche waren jetzt erfüllt, aber um so
leichter konnten die bisher unterdrückten Gefühle sich ihrer
betiiächtigen. Deshalb wandte man sich nach geendigter Sitzung
an L. Piso mit der Bitte, ein öffentliches Begrübniss Cäsars
und die Bekanntmachung seines Testaments zu verhindern. Das
Letzte hatte der Dictator am 13. Sept. d. vorigen J. auf einem
(iute bei Lavinium aufgesetzt,"-^ und der Sitte gemäss^'*) der
ältesten Vestalinn , *■**) nicht, "wie Appian sagt, 9») L. Piso an-
vertraut; man nahm diesen nur als Schwiegervater in Anspruch.
Er war weit entfernt, sich dem Begräbnisse zu widersetzen, '•"')
wie Atticus, für welchen alles Oettentliche nur in Beziehung
auf seine Schätze ein Interesse hatte, bloss aus Gefälligkeit
gegen Cicero äusserte: die Feier werde Alles verderben."^)
Vielmehr eröffnete Piso den Senatoren, bei welchen die Consuln
ihm Gehör verschafften, mit grosser Entrüstung, was man ver-
lange.'•'^^ Es griff wesentlich in Antonius Pläne ein, dass man
Cäsar die letzte Ehre erwies, wogegen er als anmasslicher Erbe
die Unterdrückung seines Testaments wünschte. Aber mehr als
Einer im Senat rechnete auf ein Verraächtniss, und nun machte
er ohne Zweifel die Leichenfeier zur Bedingung , unter welcher
er mit dem geheimen Vorbehalte, nicht zu zahlen, das Andere
zugestand; so wurde Beides beschlossen. ''"^
§ 11.
Während dieser Verhandlungen entboten Brutus und Casslus
das Volk auf das Capitol. Es war darauf abgesehen, die Ve-
teranen zu beruhigen, welche sich einfanden. Brutus versprach
ihnen im Namen seiner Faction, dass der Acker, welchen Cäsar
ihnen angewiesen habe, ihnen nicht nur verbleiben, sondern
durch eine Entschädiguna: der früheren Eigenthümer aus dem
Schatze der Besitz ihnen auch gesichert Averden solle. Denn
dieser Lohn gebühre ihnen für ihre Feldziige in Gallien und
Britannien; dass Cäsar, dem ihr Lagereid sie verpflichtet, sie gegen
ihre Mitbürger geführt habe , sei nicht ihre Schuld. Selbst den
92) Julii Caes. Dict. a. 45. 93) Suet Oct. 101. Plut. Anf. 58. 04) Suet.
Caes. 83. 95) 2, 513. 96) Lactant. Ins*. 1, 15. 30. 97) Cic. ad Att.
14 , 10 u. 14. 98) App. 1. c. Suet. I. c. 99) App. 1. c. u. 3, 548.
96 V. ANTONII. (14. §. II.)
Acker vor dc.n zwanzigsten Jahre zu verlvaufen , welches ge-
setzwidrig war, sollte ihnen gestattet sein. Diese Rede fand
Beifall.'"") Sie wird oft mit der vom vorigen Tage verwech-
selt, ') und ist dieselbe, welche Cicero zur Durchsicht erhielt,
aber unverändert zurückgab, worauf sie bekannt gemacht wurde.
Gedanken und Ausdruck missHclen ihm nicht, aber er verraisste
den Schwung und das Feuer seiner catilinarischen Reden , ^) und
überhaupt seine Art der Darstellung. •*) So urtheilte nun auch
Atticus und forderte ihn auf, eine andere unter Brutus Namen
zu schreiben, ein Scherz, von welchem er wusste, dass sein
eben so ängstlicher als leidenschaftlicher Freund ihn wieder
ernst nehmen werde. Dieser fürchtete Brutus zu verletzen,
noch weit mehr aber Antonius und dessen Partei durch eine
Rechtfertigung des Tyrannen -Mordes; jetzt, erklärte er, sei zu
einem solchen Unternehmen nicht die Zeit. *)
Das Loos der Befreier war nicht beneidenswerth. Sic
mussten zugeben, dass ihre Feinde stützten, was sie erschüttert
und wieder einrichteten , was sie aus den Fugen gebracht hat-
ten. Ihre Hand war nur zu Dolchstichen stark genug, nicht
aber, die Schicksale Roms abzuwägen. Statt bewundert zu wer-
den , mussten sie bei den Göttern ein Asyl suchen , und sich
Glück M'ünschen, als man ihnen — verzieh. Sie fanden nicht
einmal Theilnahme , nicht ])ei der Menge, welche sie nur schonte,
weil sie Ruhe wollte, nicht bei ihren Feinden, da nur Muth
und Klugheit, nicht aber feiger Mord dem Gegner Achtung ab-
gewinnt, selbst nicht bei der eigenen Faction, denn diese fieng
schon an , sie als untüchtige Werkzeuge gering zu schätzen.
Indess zeigte sich noch kein Anderer, welchen sie vorschieben
konnte, wie später üctavian, und auf der andern Seite blieb
nichts übrig, als die Männer wieder aufzunehmen, da ihnen die
Strafe erlassen war. Nach Appian kamen sie am 18. März vom
Capitol herab; ■"') es geschah aber noch am 17. ^) und in der
'J'hat musste man dem Volke sobald als möiclich die Gewissheit
verscliallen , dass kein Bürgerkrieg zu fürchten sei. In einer
100) App. 2j 514 — 517. 3, 527. 530. fin. Dio 44, 34. Zon. 10,
12. 1) ülien §. 9. Anm. 54. f. 2) — de flamma ., de ferro ^ nosti
Was Xti^ifO-ovi ad Alt. 1, 11. 3) ad Att. 15, 1 u. 3. cfr. 14, 20. 4> ad
Alt. 15, 1—4. 5) 2, 517. C) Cic. 1 Phil. 13.
V. ANTONII. (14. §. II.) 97
zalilrcichen Versanimhing wurden ihm auf Befehl der Consuln
die Beschlüsse des Senats vorgelesen, worauf Cicero sie ihm
anpries. Zum ersten Male erliob er an diesem Tage seine »Stim-
me wieder als freier Repuhlicaner in der Curie und auf dem
Markte; er war sich selbst wieder gegeben, und voll Freude
darüber sprach er ohne Zweifel mit grosser Begeisterung. ^) Die
Meng-e hörte ihn gern und verlana^te die Begnadigten zu sehen.
Aus diesen machte aber das Gewissen auch jetzt noch Feige,
obgleich alles ihnen entg(?gen kam; sie forderten Geissein. An-
tonius., der Wiederherstcller des Friedens, krönte sein Werk;
er schickte ihnen seinen jungen Sohn mit dem Sohne des Le-
pidus, und lockte sie damit aus ihrem Schlupfwinkel, um sie
leichter aus Rom zu verscheuchen^ Auf dem Markte anjjelangt
wurden sie vom Volke mit Beifallsgeschrei empfangen und auf
dessen Gcheiss zum Zeichen aufrichtiger Versöhnung von den
Consuln umarmt, s) Lepidus bewirthete sogar M. Brutus, den
Bruder seiner Gemahlinn, und Antonius lud Cassiüs zu sich
ein, welchem er als ein gewandter Weltmann mit einem Scherze:
Du hast doch nicht etM a ein Stiletchen unter dem Arme , die
tiefste Verachtung ausdrückte, und dessen Antwort: auch für
Dich habe ich einen Dolch, wenn Dich gelüstet, Tyrann zu wer-
den, er bei der ihm wohlbekannten Einfalt, Selbstsucht und
Hülflosigkeit der Mörder wohl nur mit Lächeln vernahm. *•) Die
Uebrigen assen bei ihren Freunden , und scheinbar endigte sich
der Tag mit einem allgemeinen Freudenfeste. '")
Am folgenden, am 18. März, erschienen sie zum ersten
Male wieder im Senat. Er hatte die julischen Gesetze schon inl
Allgemeinen genehmigt, und also auch die Verfügung über die:
Provinzen, Avelche M. Brutus i\Iacedonien, Cassius Syrien, Tre-
bonius Asia, Tillius Cimber Bithynien, D. Brutus das cisalpini-
sche Gallien u. s. w. zusicherte; ">* dennoch wurden sie jetzt noch
insbesondere bestätigt, Aveil es für die Aristocratie wichtig war,
dass die Verschworenen als Statthalter die Macht besassen, ihre
7) Das. tutri denique libcrati. 8) Ci'c. 1 Phil. 1, 13. 2, 3ß. Li Vi
116. Vellej. 2, 58. 3. App. 2, 517. 518. 3, 535. 4, 622. Die 4J, 34^
|| Plut, Brut, 19. Ant. 14. Zon. 10, 12. 0) Dio 1. c. 10) Plut. Brat. 19; Pio-
41, 35. II) Julii Caes. Dicf. 44*
Driimann, Gcsrliiclife Konis I. *
98 V. ANTONIl. (II. §. 12.)
Cegner zu unterdrücken. '-) Das Zeup;niss des l'lutarcli allein
würde nicht cutschcitlen, da er über Tag und Länder niclit mit
sich einig ist, zwischen dem J 7. und IS. schwankt, und statt
jener ersten Provinzen Creta und Africa nennt, welche viel spä-
ter in FrasiC konuuen. '''^ Wenn man I. Juni sicli wiederum
über diesen Gegenstand berathen sollte, ^*) so hatte dies nur den
Zweck, Antonius und DolabcUa die Provinzen des M. Brutus
und Cassius zuzuwenden. Es gelang, wenn auch nicht im Se-
nat; die Befreier wurden mit Creta und Cyrenc abgefunden;
desiialb konnte Cicero nach dieser Zeit behaupten, dass jene zur
A'crwaltung von Macedonieu und Syrien an sich nicht berechtigt
seien. ^^)
§ 12.
Die Arlstocratle glaubte sich zu den schönsten Hoffnungen
berechtigt; in der Curie, ihrer Rüstkammer, vernahm man nicht
mehr das Machtgehot des Herrschers; die Menge lief folgsam
wieder am Gängelbande, alle Gefahr schien fern, weil Aller
Wünsche erfüllt zu seyn schienen, inid die Urheber dieser Ver-
änderung, zwar öffentlicli nur begnadigt, aber im vertraulichen
Verkelne als Helden und Erretter gepriesen, ruhten auf ihren
Lorbeeren: "•' da schritt Antonius zum Angriffe, die Amnestie
nutzlos zu machen, '^-^ und Rom von seinen Befreiern zu be-
freien. Es begünstigte ihn, dass Lepidus für ihn und Dolabella
nicht gegen ihn war, dass sein Bruder Cajus die Prätur, und
der jüngere, Lucius, das Volkstribuuat verwaltete, und Octavian
sich noch in ApoUonia befand; aber mehr als alles wirkte
das Mittel, welches er früher im Senat, und jetzt mit gleicliem
Erfolge bei der Menge anwandte; befriedigte Habsucht sollte zur
Trauer über den Tod des Wolilthäters stimmen, die Trauer sich
in Rachgier und Wuth gegen dessen Mörder verwandeln. '■'*)
Es vcrricth keine Absicht, war nur Nachgiebigkeit gegen L. Piso,
den Schwiegervater des Erblassers, nur \'üllziehung eines Sc-
12) riul. 1. c. Anloii. 11. Cic. 42. Caes. 07. Stiel. Ott. JO. App. 3,
541. 519. 13) Oiess iiirlil uiilerKcheiden, welclics setlist Wetzel ('ic. ad
Div. \t. 42. begegnet isl, lieissl allen verwirren. S. uiifeii §. 17. 11") Tic.
ad AU. M, 1. u. M, 5. unten § Uo. A. 1!. 13) II Phil. 12. IG) App. 3,
5IÜ. nio I. c. Flui. Caes. 07. 17) App. 1. c. ii. 559. 18) Ders. 3, T)!'».
V. ANTONir. ni. §. 12.) 99
iiatsbcsclilusses, '") als er das Testament Ciisars in seiner Woh-
niinfr in den Carinen croftnen und vorlesen Hess, -"J Böses zum
Vortlieil zu kehren; denn die Vernichtung der Urkunde war
ihm eben so crspriesslich als aus andern Gründen den ^'erschwo-
renen, unter welchen Cassius sie verlangt und M, Brutus sie ver-
hindert hatte. 2")
Die Erben Cäsars waren drei Enkel seiner Schwestern:
C. Octavius, dem Sohne von Atia, einer Tochter seiner jünge-
ren Schwester Julia und des M. Atius Baibus, hatte er drei Vier-
tel seines Vermögens bestimmt, ^-^ und Q. Pedius nebst L. Pi-
narius, den Enkeln seiner älteren Schwester Julia, das Uebrige. ^'')
Am Sclihisse des Testaments nahm er Octavius an Kindes Statt
an, -*^ und um so wahrscheinlicher ist es, dass der, welcher
seinen Namen tragen sollte , nicht bloss die Hälfte seines Ver-
mögens erhielt. -^) Der Dictator lebte in einer kinderlosen Ehe;
gleichwohl juachte es ihm sein Ehrgeiz und der Zustand des
Reiclis zur wichtigsten Angelegenheit, eine Dynastie zu stiften;
dcsh.ilb ersah er Octavius zu seinem Nachfolger und behandelte
ihn von seiner ersten Jugend an mit Auszeichnung. Es ?cliien,
als ob die Natur den Römern eine erbliche Monarchie und darin
das einzige Mittel zu ihrer Rettung versagte , denn auch Augu-
stus musstc zur Adoption seine Zuflucht nehmen. Als Antonius
mit diesem zerfiel, gab er ein schändliches Verhältniss zu Cäsar
als die Ursacli seiner Begünstigung an. -'') Andern verschaffte
19) §. 10. fin. 20) Suet. Caes. 83. Vellej. 2, 50. App. 2, 518. Dio
44, 35. Plut. Caes. 68^ Brut. 20. Flor. 4, 4. Zon. 10, 12. cfr. Cic. 1 Phil. 1.
21) Vellej. 2, 58. Plut. Brut. 20. 22) Suet. Caes. 83. 88. Oclav. 8. Cic. ad
Atl. 14, 10. 15, 12. App. 3, 532. Dio 44, 35. 45, 4. 5. Plut. Cic. 44. Aiit. 16.
Brut. 22. Flon 4, 3. u. 4. Oros. G, 18. Eutrop. 7. 1. (A. Vict.) de Vir.
111. 79. 23) Suet. Caes. 83. App. 3, 540. 541. 580. Plin. 35, 7. Unten
§ 15. A. 37. § 48. A. 93. 24) Suet. 1. c. u. Octav. G8. 04. Cic. ad A«.
14, 12. 15, 12. lAv. 110. Vellej. 2, 50. CO. App. 2, 518. 3, 532. 533.
534. Dio. n. cc. u. 46, 47. Plut. Brut. 22. Flor. Oros. Eutr. A. Vict. 11.
cc. Züfi. 10, 13. und die Münzen, welche August. Diyi Jul. F. nennen.'
Die Annahme Vaillants, welchem Havercarap gefolgt ist (Morell. tlies.
August, tab. 1. f.) dass Oclav. sich erst nach der Eroberung von Aegyp-
ten a. 30 so genannt habe, ist von Eckhel VI. p. 74. durch Münzen des
M. Agrippa u. n. aus früheren Zeiten widerlegt. 25) Liv. 110. 20) Cic.
3 Phil. G. Suet. Oct. 68. Unten § 20. A. 29.
100 V. ANTONII. (14. §. 12.)
ein Anzeichen auf dem Schlachtfclde von Miinda, ein Palmbaum,
wclclier schnell emporwuchs, den gewünschten Aufschluss. -''>
Da Cäsar nicht erwartete, so früh zu sterben, und Octavius be-
reits a. 03 geboren war, so ernannte er M. Antonius, I). Brutus
und andere seiner Mörder nicht zu \ ormündern des adoptirten, -*»-•
sondern seines leiblichen Sohns, wenn ihm ein solcher geboren
würde. -•'' Diess durfte er kaum hoffen; wenn aber nach der
Versicherung des Tribuns Helvius Cinna ihm ein Gesetz nach
seinem Abgange von Rom nacli dem Osten Vielweiberei, und
selbst mit Nicht- Römerinnen gestatten Sollte, damit er Nach-
konmien erhielte, so hat entweder seine Sinnlichkeit und sein
Verlangen nach Erben ihn verblendet , oder seine Feinde haben
eine Verordnung zur Sprache gebracht und auch wohl entworfen,
welche zu arg gegen die römische Sitte verstiess, um nicht ihren
Zweck zu verfehlen und ihn A'crhasst zu machen. Dass Cleo-
patra keinen Antheil daran hatte, und er Cäsarion , welchen sie
für seinen Sohn erklärte, den Römern nicht aufdringen wollte,
beweiset sein Testament. ^^)
Für den Fall , dass die Erben mit Tode abgiengen oder
sonst verhindert würden oder sich weigerten, in jener Eigen-
schaft aufzutreten, sollten D. Brutus,-*') M. Antonius ^->> nebst
Anderen, welche nicht näher bezeichnet werden, als sogenannte
zweite Erben sie ersetzen. Aber 1). Brutus wurde nicht adop-
tirt, Avie Appian meldet, ^'^^ welcher sich auch zweideutig dar-
über äussert, dass Antonius diesen \'orzug nicht erhielt; indess
erkennt man den Sinn seiner Worte aus dem Zusanimenbange;^*-^
er lässt jenen nur eingestehen , dass Cäsar ihn nicht an Kindes
Statt angenommen habe, welches er zu anderen Zeiten keck ge-
nug war zu behaupten. '^^)
Indess fielen den Erben mclirerc Legate zur Last. Cäsar
vermachte dem \'olke seine Gärten jenseits der Tiber,"*'') in
welclien Cleopatra gewohnt iiatte, •*^) und ausserdem jedem römi-
27) Suet. Oct. 94. Dio 43, 41. 28) Dio 44, 35. 20^ .Suef. Caes. 83.
30) Ders. 52. nio 44, 7. 31) Suet. 83. App. 2, 518. Dio 44, 35. Pliit.
Caes. 04. ,32) »io I. c. ti. c. 30. Flor. 4, 4. 33) 2, 518 u. ftlO. 34) 3,
53S. .^5) Cic. 2 Phil. 29. 3U) Surl. 1. c. Tac. Ann. 2, 41. App. 2, 518.
Dio 41, 35. Plut. Brut. 20. de lorJ. Koni. 5. 37) Cic. ad Alt. 15, 15. Dio
43, 27.
V. ANTONII. (11. §. 12.) 101
sehen Kiirgcr eine vSumme Geldes, ■*^) 75 Denare, •*'*) oder, welches
dussclbc ist, 300 Scsterticn; ■*") so viel betrug das Geschenk
nach Octavius eigenem Berichte; *') in seinen Coninientareii
nannte er nur 30 Denare oder 120 Sestertien , wenn Dio niclit
irrt, '^-■> vielleicht uju seine Freigebigkeit hervorzuheben. Das
Metali hatte zwischen Antonius und der Menge einen Bund ge-
stiftet; WAS sie längst wusste erfüllte sie jetzt mit Abscheu, der
Undank des D. Brutus und seiner Genossen, ^'•^) und der Cousul
süumte nicht, sich der ersten Aufwallung zu bemächtigen. Der
Ankündigung der 75 Denare folgte der Anblick des Mannes,
welcher sie gab , seines wie von Bestien zerrissenen , selbst im
Gesichte zerstochenen Körpers."
Der Plan der Befreier, ihn in die Tiber zu schleppen, Cä-
sar als Tyrannen di|,^ Bcgrübniss zu versagen, welches insbeson_
dcrc Cassius zu ihrer llechtfertigung nöthig fand , ^*J war durch
ihre Flucht auf das Capitol vereitelt. *^) Aber nur drei edle
Diener des Erschlagenen hatten es gewagt, die öde Curie zu be-
treten und seinen Leichnam zu Calpurnia zu tragen, ^''^^ die
Hülle eines Geistes, Avie ihn das Alterthum nur einmal walten
sah, welche von Blödsinn und Selbstsucht zerstört jetzt nach
kalter Bereclinung zu einem Gaukelspiele diente, und dadurch
mehr noch entweiht wurde, als durch ein Grab in der Tiber,
Ein Herold pflegte das Leichenbegängniss der Vornehmen
anzusagen; so geschah es auch jetzt; auf dem Marsfelde, wo
nur Hochverdiente oder Gefeierte ihre Ruhestätte fanden, *'')
wurde für Cäsar neben dem Grabhügel seiner Tochter Julia ein
Scheiterhaufen errichtet, und i)ei der Menge derer, welche ihn mit
ihren Gaben schmücken wollten, den Weg dorthin zu wählen
jedem überlassen. ^^^ Die Leichenrede hielt man aber in solchen
Fällen auf dem Forum. ^'O Hier also, und nicht auf jenem
38) Plut. Caes. 08. App. 3, 534. Unten § 15. A. 30. §. 4<l. A.
39) Dio 44, 35. App. 2, 518. Plut. Brut. 20. Anf. IG. Zori. 10, 12.
40) Säet. Caes. 83. 41) Mon. Anqr. tab. 3. v. 8. in Cliisli. Aiit. p. 1T3.
42) 1. c. u. Zon. 1. c. 43) App. Dio Plu(. Zon. II. cc. 44) Plut. Brut.
20. 45) Suet. Caes. 82. App. 2, 509. 512. 3, 537. Dio 44, 35. LaHanf.
1, 15. 30. 46) App. 2.503. Cic. de divin. 2, 9. 47) Liv. ep. 90-
100. 119. App. 1, 418. Plul. Luculi. 43. Dio 39, 04. 48) Suef. Caes.
81. 4a) Ders. Oct. 100. App. 1, 417. fin. Dio 1. c.
102 ' V. ANTONIL (14. §.12.)
Platze, wie Siieton bcriclitct, stellte man auf ein Gerüst neben
der Ucdncrbiihnc eine vergoldete Capelle als Naclibildung des
Tempeis der Venus (Jcnctrix und mit Säulen ohne Wände , da-
mit das Volk das elfenbeinerne, mit golddurchAvürktem Purpur
bedeckte Ruliebett in ibreni Innern sehen konnte, und an dessen
Kopfende eine Trophäe mit dem Gewände, in welchem der Dicta-
tor ermordet war. L. Piso führte den Trauerzug und Magistrate
des jetzigen oder der früheren Jahre trugen die Leiche, ^^) und
setzten sie unter dem Klaggeschrei einer unzähligen Volksmenge
und der Veteranen auf dem Gerüste nieder.
•letzt nahm Antonius als Consul und College des Verstor-
benen das Wort. ^'^ Fälschlich meldet Sueton, dass er Avenig
gesprochen, keine Rede gehalten habe, welches ausser Andern^--*
Cicero bezeugt, '^'^^ der sie hörte und deml|jichst las, ^*J aber er
sprach nicht im Zusammenhange, sondern unterbrach sich durch
die Mittheilung von Urkunden oder durch Handlungen , welche
er gleichsam nur beleuchtete, und durch die Leichenspiele. Diess
deutet auch Dio an, ^^^ obgleich er nur eine Declamation giebt,
während Appian diese Vorgänge nach dem, was wir sonst dar-
über erfahren, im Wesentlichen treu und geistvoll aufgefasst hat.
„Wie viel dieser Mann dem \'atcrlande gewesen , und wie
sehr diess von ihm anerkannt ist, möge es euch selbst sagen."
— Mit linsterem Blicke und starker , feierlicher Betonung las
er ^^) die Ehren -Beschlüsse: er ist der Vater des Vaterlandes —
hier seht ihr, wie man ihn geliebt hat; ist unverletzlich —
liier liegt er erwürgt : der Senat schwört mit seinem Leben für
das Seinige einzustehen; verflucht sei, wer in Gefahren ihn
nicht vertheidigt oder rächt — ich, ihr Götter , bin zur Rache
bereit, wie ich geschworen habe ; doch diese hier haben es vor-
gezogen, zu verzeihen. Zeichen des Unwillens von Seiten der
Senatoren. Nun wohl, nicht Menschen, sondern das Schicksal
trägt die Schuld; fern sei von uns neuer Bürffcrzwist, nur möge
dem Geheiligten die letzte Ehre werden. Er tritt zur Baiire,
50) Suel. II. er. App. 1, 118. cfr. Tar. Ann. 1, 8. 51) Dio 14, 30.
App. 2, ."JIS. 52) App. 2, 618. .3, 53'). Dio I. c. Plut. Aiit. 14. Braf. 20.
Zon. 10, 12. 5.S) 2 IMiil. .Sü. ail All. 14, 10. 51) ad Alf. 15, 20. u. 14,
II. 5.")) 44, 49. fin. 5«) Naih Suel. Caes. 84. ein Herold, welcher »eine
K'ilif iiiclit 8o gut gespielt halieii würde.
V. ANTON [[. (Jl. §. 12.) 103
sieht auf sie herab, preis't Ciisars Thateii, heweiiit den Freund,
entfaltet cndlicli das blutige und zerfetzte Gewand. ^''') Wehkla-
gen und lautes IVIurren Aerkiindigen den nahenden Sturm. Kine
sanfte 'IVaueruiusik und das Spiel der Mimen beginnt: man hat
die Stellen aus Panuvius und Attilius Electra gewühlt, die eine
Beziehung zulassen; die Milde Cäsars gegen seine Mörder, die
bis auf Wenige für Pompcjus einst gefochten, und Avas sie sind
nur ihm verdanken, wird erhoben, und dann hinzugefügt : begna-
digt hätt' ich sie, durch ihre Hand zu fallen ! Da schw cht über
dem Sarge ein Bild A'^on AVachs empor," ^^J es zeigt das Opfer
des schnöden Undanks mit seinen 23 Wunden, seihst im Ge-
sicht' entstellt. Die Gemüther Avaren erschüttert^ der Freunde
und l'.rkauften des Antonius bedurfte es nicht, die Furie zu ent-
fesseln, sie leiteten nur die ersten Ausbrüche der AVutli , wcl('l)e
gegen die Mörder gerichtet waren. Doch hatten diese sich be-
reits entfernt. Auch wurde das Vorhaben vereitelt, die Leiche
auf dem Schauplätze ihres Verbrechens, in der Curie, ^^) und
dann, sie in der Celle des Jupiter im Capitol zu verbrennen,
worauf zwei Bewaffnete, offenbar auf höheren Befehl, den Sarg
mit iliren Fackeln auf dem Markte anzündeten, das Zeichen für
die Menge, mit allem was zur Hand war, mit Reisig , Tischen,
Banken der Tribunale und Buden einen Scheiterhaufen herzu-
stellen, in welchen die Minien ihre Prachfgewänder warfen, die
Veteranen ihre Waffen und Ehrengeschenke, den Lohn ihrer Ta-
pferkeit, und selbst Frauen und Kinder ihren Schmuck. ^^') Ob-
gleich man den Flammen zu wehren suchte , in welchen Cäsars
Körper nach dem unedlen Ausdrucke des Cicero angesengt wur-
57) Die Leiche war nicht mehr darin eingehüllt, und wurde wedt-i
jetzt noch vorher dem A'olke siehlbar. Appian 2, 520. Dio 44, 35. Flui.
Caes. 68. sieht das ausdrückliche Zeugniss des Sueton entgegen. 58} Den
Absichten des Antonius so angemessen, dass man Appian nicht einer Krdicli-
lung beschuldigen wird. .S. überdiess Plut. Sulla 38. 59) Appian irrt;
die Curie w urde nicht in Asche gelegt ; Octavian Hess sie später schlies-
sen. Suet. Caes. 88. Dio 47, 19. Hier widersetzten sich die Krieger,
auf dem Capitoi war wohl das Ansehn der Priester hinreichend. App.
2, 521. Dio 44, 50. CO) Suet. Caes. 84. Cic. ad Atl. 14, 10. Tac. Ann.
1, 8. App. Dio II. cc. Plut. Caes. 08. Ant. 14. Brut. 20. Zon. 10, 12.
üros. ü, 17.
104 V. ANTONII. (lt. §. 12.)
de, ^'^ so gcricth doch auch das Haus des L. Bellieiius in
Brand, <•-) und nicht durch Zufall, da er ohne Zweifel der Frei-
gelassene ist, welcher im Bürgerkriege als Pompejaner sich ver-
hasst gemacht hatte. ''^)
Die IMürder -wollte Anto;iius nicht schützen , so lange jeder
Frevel noch tiuf Rechnung des Pöbels kam ; sie sollten sterben
oder fliehen, der Zweck der Feier. Als aber eine Sobaar mit
Feuerbrjlnden vor ihren Wohnungen erschien, war hier schon
alles zum Widerstände vorbereitet; überdiess baten die Nach-
haren um Schonung und jene zog sich unter Drohungen zu-
rück. •'*-' Im Zorn' erschlu"; und zerriss sie auf dem Wejre
nach dem Forum den Tribun Helvius Cinna, Avelcher krank her-:
beigekommen war, dem grossen Todten seine Huldig-ungen zu
bringen , und für die Verwandtschaft seines Namens mit dem
des Prätor Cinna ^'^) büsste. 0'') Es griff wenigstens trefflich in
Antonius Pläne ein, und selbst der Anschlag des Tribuns Cajus
Casca , welcher seine Verwechslung mit P. Casca verhindern
sollte, war eine Achtserklärung für die Mörder. ^'') Indcss sam-
iiiclten die Freigelassenen Cäsars seine Asche, und bargen sie
wohl nicht in seiner Väter Gruft, ^^) sondern auf dem Mars-
felde, wie ihm bestimmt war. '''•'^ Doch endigte sich die ord-
nungslose Feier, welche Cicero in seiner Entrüstung als solche
ein Begraben ohne ßegräbniss nennt, ^*^) damit noch nicht; denn
ganze Nächte unterhielt und umlaserte das Volk trauernd den
Scheiterhaufen, wobei auch Fremde und insbesondere die Juden
grossen Eifer zeigten, denn Cäsar hatte sie an Pompejus, dem
Eroberer ihrer heiligen Stadt, gerächt, und sie in Alexandrien
und sonst begünstigt. ^^-* Aber Gewaltthätigkeiten sollten nicht
mehr Statt finden; sie konnten Antonius nur schaden, welchen
Ol) 1 Phil. 36, u. das, Abraham. C2) Das, u. Dio 45, 2.^?. 63) C!c.
sd Fani. 8, 15. Ea gab auch Konier seines Namens aus vornehmem Ge-
schlecfate. £ineu L. U. Olieini des Calilina erwähnt Ascon. zu t'ic. Ürat, in
tog. cand. g. E. 04) Cic. 2 Phil. 30, ad Att, 14, 10. Suef. Caes. 85. App. 2,
yil. 3, 520. 535. 519. 4, 022. Dio 44, 50. Plut. U. cc. C5) Oben §. 0. Anm.
47. u. §. lU. Anm. 72. CO) Su»ä(. I. c. App. 2, 321. Dio II, 50. 52. 45,
6. 47, 11. Piuf. Zon. 11. cc. \ul. .\la\. 9, U. 07) Diu 44, 52. (is; Ders.
44, 51, 09) Tac. An, 1, 8, Sede deslinala. 7ü) 1 Phil. 2, 71j üuel. u.
App. I, c. Julii Caei, Dict, a, 47.
V. ANTONII. (14. §. 13.) 105
ohnehin jeder als den Urheber dieser Stürme bezeichnete: ^-)
dalicr liess er lünige zum Schein bestrafen, er erlaubte nur den
Kriegern, \Vairen zu tragen, und gebot den Veteranen, nach
ihren Colonien abzugehen, '''^)
§ 13.
Die Ruhe wurde hergestellt. Antonius glich einem Strome,
welcher nach grossen Verheerungen sich plötzlich •wieder in
seine Ufer einscliliesst. Doch Cicero sagt mit einem andern
Bilde, er habe den Russ von sich gethan; ^*) das von ihm an-
geschürte Feuer hatte lange genug gebrannt, und er erschien
nur rein, Aveil er die Maske wieder anlegte. Sofort auch
bei der Aristocratie schneller Uebergang von der Bestürzung
zur Hoffnung; der Arge ist doch wohl nicht so arg, nur muss
man freilich nun als Gnade nehmen, was er giebt; Flammen
und Schwerdt haben furchtbar gemahnt, ehe der Senat sich jetzt
wieder berathen darf, und Cicero fühlt nicht, was er sagt, als
er das A'erdienstliche der Beschlüsse auf dem Capitol dem Con-
sul zuschreibt. ''•'^ Er hielt mit Vielen den Anfang für das
Ende, und träumte bald, dass jener mehr auf Gastgelage als auf
Böses denke; '^'^) als der Trug entschleiert war, hatte er alles
vorhergesehen. "^) Bis zum ersten Juni gieng nach seiner Ver-
sicherung Antonius mit dem Senat Hand in Hand, dann aber
wandte er sich zu dem Volke, verachtete Recht und Gesetz, und
der Redner schiffte sich ein, weil er an der Republik verzwei-
felte. ^^) Die AVahrheit ist, dass .jener schon vor dem Juni
durch untergeschobene Gesetze Cüsars durch die Provinzen, wel-
che er Dolabella und sich selbst verschaffte, ^^'0 und durch eine
Reise in Italien einen neuen Angriff auf die Gegner vorbereite-
te, und Cicero gar bald nach der Begräbniss -Feier zu seiner
Sicherheit sich auf das Land begab, und mit den übrigen „Gut-
gesinnten," welche ebenfalls auf ihren Villen schmollten und
schwatzten, die Dinge gehen liess.
72) Cic. 2 Phil. 3G. 3, 12. App. 3, 520. 549. 73) Dio 44, 50. 51.
Plut. Brut. 21. Ueher den Tod des falschen Marius und die Zerstörung
der Säule auf dem Markte s. unten 5;§ 13. u. IG. 74) 2 Phil. 30. 75) 1 Phil,
1. 13. 2, 3G. 3, 12. 70) ad Alt. 14, 3. 77) 2 Phil. 36. 78) 1 Phil.
2. 13. 781)) § 20, A, 22, u, 31,
106 V. ANTONII. (M. §. 13.)
Antonius stand noch nicht auf festem Boden. Wie man
die Minder nadi der Flucht aus Rom in Italien und in den
Provinzen aufiielimcn, Avelchen Anhang Octavius als Cäsar Octa-
vianus hei den Veteranen ünden werde, war ihm unhekannt;
•\vohi wusstc er, dass man den Erben des Herrschers in der Curie
nicht liebte, dass aber in zu hartem Drange ihr kein Ausweg
blieb, als zu ihm. Daher berief er ihre Häupter, die Consula-
ren, voll Eifer für das Heil der Republik, »in seine Wohnung,
und Aviederholt zu gleichem Zwecke die Väter auf das Capitol.
Sie hatten die Verordnungen Cäsars bestätigt und fiirchleten
deshalb einen Missbrauch seiner Papiere; der Besitzer beruhigte
sie; man fragte nach dem Inhalt — er besagt nichts, als was
man allgemein schon weiss; ob Verbannte darin hergestellt seien?
— nur Einer; ^'■'3 ob irgend jemand von Abgaben befreit wor-
den? — Keiner. Doch wünschte man eine Bürgschaft und An-
tonius gewährte sie dadurch , dass er das Gutachten des Ser.
Sulpicius : nach Cäsars Tode solle nichts melir als seine Ver-
fügung oder Schenkung durch öft'cntHchen Anschlag bekannt ge-
macht werden, zu einem Senatsbeschlusse erhob. ^^0
Ein anderer gieng unmittelbar von ihm aus und wurde als
höchst Avillkommen ohne Abstimmung genehmigt, dass nämlich
die Dictatur bei Todesstrafe für den , Avelcher sie auch nur an-
nclimen oder beantragen werde , für immer abgeschafft sein soll-
te. ^0 Dem geachteten Namen galt die Freude nicht, mit
welcher der Senat in einem besonderen Beschlüsse dem Consul
feierlich dankte, ^-) aber Cäsar war gebrandmarkt, es wurde aus-
gesprochen, der Name sei durch ihn entweiht und die Bezeich-
nung fluchwürdiger Gewaltherrschaft geworden ; in w elchem
Lichte mussten nun seine Gesetze und seine Mörder erscheinen!
Antonius maclite diess nicht verlegen, auch begehrte er den Ti-
tel nicht, obgleich Quintus, der ungcratliene Nefi"e Ciceros, nach
einiger Zeit behauptete, dass er die Dictatur ihm habe verschaf-
fen sollen. 83) Als das Volk a. 22 v. Chr. Augustus sie auf-
70) Sex. Clodius; nnlen 5. M. A. 28. 80) Tic. II. ec. Dio M, 53,
45, 23. Unten § 11. Aiiin. 54. ül) Cic. 1 IMiil. 1. 2. 2, 11. 5, 1. Liv.
IIG. Api). 3, 512. 550. 500. Dio 44, 51. 45, 24. 32. 40, 21. 47, 15,
Zou. 10, 12. 82) Cic. 1 Phil, 1. 83) Ders. ad Att. 15, 21.
^ V. ANTOxMI. (14. §. 13.) 107
dringen wollte , wies er es mit Zeichen des Abscheus zu-
rück. 8«)
Nicht lange nach jenen Beschlüssen, ^^) und ehe er noch
im April die Reise zu den \'eteranen antrat, erfreute der Con-
sul die Aristocratie mit einem neuen Beweise seines Eifers für
Ordnung und Rcchf. Es wurde Avührend der bürgerlichen Un-
ruhen nicht schwer , sich in die Listen der Tribus und in Fa-
milien einzudrängen. ^'>) Unter Anderen benutzte diess ein Ross-
arzt, welcher wahrscheinlich aus Grossgricchenland stammte und
in Rom seinen Namen Herophilus ^''J anfangs in den sinnverwand-
ten Amatius ^^J verwandelte. Dann nannte und schrieb er sich
C. Marius C. F. C- N. und behauptete, der Sohn des jüngeren
Marius, ein Enkel des berühmten, und folglich ein Blutsfreund
Cäsars und Ciceros zu sein, und durch seine angebliche Mutter
Licinia ein Enkel des Redners L. Crassus. ^'■^J Als Betrüger an-
geklagt und von Cicero mit seiner Bitte, ihn zu vertheidigen,
verlacht, '■"*) nahm er gleiclnvohl die Huldigungen des Volkes an,
welches in ihm den democratischen Ahnherrn und wohl auch Cä-
sar ehrte; Colonien der Veteranen, Municipien und Zünfte wähl-
ten ihn zum Patron. Bei seiner Rückkehr aus Spanien in dem-
selben J. 45 bemerkte der Dictator diesen Unfug, er sah den
Mann selbst in seinen Gärten von solchen umlagert, welche in
ihm einen Fürsprecher suchten, und verbannte ihn aus Italien. ^0
Dennoch unternahm er es, seinen grossen Verwandten zu rä-
chen. Er erschien wieder in Rom, bedrohte Mörder und Se-
nat,'-'-) und errichtete unter starkem Zulauf auf dem Markte
an der Stelle des Scheiterhaufens einen Altar, Cäsar als Gott
zt* opfern, s-^) Cicero war schon auf dem Lande; er las in den
ersten Briefen des Atticus nur von neuen Unruhen , für deren
Urheber Cäsars Freigelassene galten, wie aus seiner Antwort
vom 11. April erhellt; '■>'^) es überraschte ihn, dann von Marius
zu hören, Avelchen er im Exil glaubte, ^^) und schon am 15.
84) Suet. Oct. 52. Vellej. 2, 89. 5. Die 54, 1. nach welchen Flor.
4, 12. zu berichtigen ist. 85) Cic. 1 Phil. 2. 80) Val. Max. 9, 15.
87) Das. 88) Liv. IIG. App. 3, 527. 549. 89) Cic. ad Alt. 12, 49. u. 14, 8.
90) ad All. 12, 49. 91) Val. Max. 1. c. Cic. ad Att. 14, 0. 92) Cic.
l Phil. 2. 93) App. 3, 527. Dia 44, 51. Zop. 10, 12. cfr. Cic ad Famil.
11, 2. 94) ad Alt. 14, 5. 95) Das. 14, C. u. 7.
108 V. ANTONII. ^U. §. 14.)
gieng ihm die Nachricht von dessen Bestrafung zu. '•"') Als sein
Treiben zu viel Aufschn erregte, wurde er auf JJcfehi des Anto-
nius ergriffen, und ohne Verhör hingerichtet, '■^'0 vielleicht, ein
Einverstiindiiiss zu verbergen, welches bei der Keckheit des Be-
trügers ohnehin nicht von Dauer sein und nur den Zweck ha-
ben konnte, die Gegner vom neuen zu sclirccken. Sic freuten
sich dieser Massregel, -'^J aber der Altar blieb, bis Dolabeila in
Abwesenheit seines Collegen ihn zerstörte. '-"^J
§ 14.
Dieser hatte durch seine Strenge gegen Amatius dessen An-
hiinirer treffen sich erbittert. ^^^0 Man wurde irre an ihm; er
selbst schien besorgt , und der Senat gestattete seinem Anwalte,
sich aus den Veteranen in Rom eine Schutzwache zu errichten.
Ihre Stärke wuchs bald auf GOOO , grösstentheils kriegskundige
Ccnturionen, 0 durch welche seine Wohnung sich in eine wohl
verwahrte Burg verwandelte. '^) Doch w ar er sehr bereit , der
Forderung des Senats gemäss sie bis auf eine bestimmte Anzahl
zu entlassen , so bald die böse Rotte sich beruhigt haben •werde.
Ohne die Aristocratic sofort gewaltsam anzufeinden, verfuhr
er ganz nach Willkühr, und Hess es Rom empfinden, dass die
Tyrannis den Tyrannen überlebte. ^) Die Zeit der Erndte war
gekommen. Er ■wucherte schaanilos mit den ihm anvertrauten
Schriften, als habe er Cäsars Geist zu seinem Dienste herauf
beschworen, und er hätte nicht Antonius sein müssen, um anders
2U handeln ; denn theils bedurfte er Geld , viel Geld zu seinen
Orgien und zum Kriege, welcher unvermeidlich war, theils wa-
ren die Mittel, es zu nehmen, in seiner Hand. Im Anfange des
Aprils hatte er sich nocli nicht geregt, ■*) bald aber war er in
voller Tliätigkeit, worüber Cicero am 22. sich beklagt, jeiloch
vorerst nur gegen Atticus und aus der Ferne. •') Rom wurde
mit Verordnungen Cäsars überschwemmt , und alle waren dem
90) Das. 14, 8. 97) Cic. l Phil. 2. App. 3, 527. 53G. 519. 563. Liv. I. r.
Nach Val. Max. I. c. Hess der .Senat ihii im Gefängnisse tödten. 08) Cic.
8d AU. 14, 8. App. 3, 527. 5(;3. 00) Knien § IC. Anm. 73. lOo) App.
3, 527. 528. 1) App. 3. 528. 520. 5 15. 551. cfr. Cic. 1 Phil. 11. 2) Ders.
3, 559. 3) Cic. ad AU. 14, 11. ad Fani. 12, 1. Liv. 117, App. 3, 533.
Dio 45, 25. Plut. Brut. 21. 4) Cic. ad Att. 14, 3. 5) ad AU. 14, 12.
V. ANTONII. (14. §. 14.) 109
Consul vortheilhaft. An Urkunden feliUc es nicht; jeder Zettel
von der Hand des Dictator, jedes Blatt, auf -vvelcheni er zur
Hülfe für das Ccdiichtniss oder als Einfall des Augenblicks et-
was angemerkt hatte, zählte mit; •"-• im Drange der Zeit, hcL
den eiligen Rüstungen gegen die Parther hatte er vieles nur
andeuten können, aber Antonius war in seine Pläne eingeweiht,
ihn, seinen Collegen und Stellvertreter, hatte er sogar mit man-
chem nur mündlich beauftragt, ^-' und dieser sorgte, daSs seine
Worte und Gedanken nicht vergessen wurden. ^)
Doch blieb eine schriftliche Beglaubigung immer wünschens-
werth, und diese lieferte der Schreiber Cäsars, Faberius. ")
Durch seinen Griffel entstanden Gesetze, welche das Volk nie
bestätigt, die es nicht einmal im Entwürfe gesehen hatte; Se-
natsbeschlüsse, von welchen irt der Curie nie die Rede gewesen
' CT
war; ^^) Edicte^ AVechsel, ^0 Gnadenbriefe, was jeder als Gunst
begehrte oder bezahlen konnte. So wurden Urkunden in uner-
messlicher Menge untergeschoben , oder durch AVeglassungen und
Zusätze verfälscht. '-) Man sah Dinge ausführen, welche offen-
kundig dem Willen des Verstorbenen entgegen waren, ^'^) und an-
deres, was er sogar durch Senat und Volk hatte genehmigen
lassen, nicht beachten, i*) auch das von Antonius selbst bean-
tragte Gesetz , dass die römischen Spiele im September ihm zu
Ehren um einen Tag verlängert werden sollten, '^) das Testa-
ment mit seinen Vermächtnissen , ^^) die A'ertheilung der Pro-
vinzen , besonders in Beziehung auf Cassius und die beiden
Brutus, überhaupt alles, was den eigenen Plänen und Interessen
entgegen AVar. In der Officin des Faberius hätte man keinen
Einspruch eines Tribuns und keinen Augur zu fürchten; Senats-
beschlüsse und Gesetze waren da, so bald der Consul es gebot;
man grub sie in Erz ein und stellte die Tafeln auf das Capi-
C) Ders. 1 Phil. 7. 8. 7) Das. App. 3, 529. 8) Cic. ad Aft. 14,
10. 9) Ders. ad Att. 14, 18. App. 1. c. 10) Cic. 1 Phil, 10. 2, 3. 3,
:12. 5, 4. 12, 5. 11) Ders. 5 Phil. 4. 12) Ders. 2 Phil. 14. 38. 39.
[3, 12. Veliej. 2, GO. Die 44, 53. 45, 23. 25. 13) Cic. ad Att. 14, 13.
j§. 2. ep. 14. ad Fam. 12, 1. 1 Phil. 7. 5, 3. 14) Ders. l Phil.
|7 — 10, 2, 41. 5, 3. 8, 9. Die 45, 23. 15) Cic. 2 Phil. 42. (43.) Un-
kten §. 27. A. 72. u. §. 60. A. 84. 16) Ders. 2 Phil. 41.
110 V. ANTONII. (11. §. 11.)
toi, ''') und über ihren Inhalt durfte niemand murren, denn sie
trugen Cäsars Namen. '^J
Auf diese Weise wurde es Antonius möglich, seine Feinde
zu bestechen, seine Anhänger durch Belohnungen zu fesseln,
über Italien zu schalten , und Provinzen und Bundesgenossen
durch theucr bezahlte Zugeständnisse zu besteuern. Er be-
schenkte die Centurioncn, Melche seine Leibwache bildeten, aus
dem Schatze, ''-•) oder ernannte sie zu Richtern; durch ihn ge-
langte man in den Senat, -'^) und zum Besitze von Provinzen,-')
Priestertlüuuern und andern Aemtern,22j ^J^^ immer hatte Cäsar
schon die Anwartschaft gegeben. Auch als er Dolabella , den
tief Verschuldeten, mit Gelde aus dem Tempel der Ops unter-
stützte, weil die Zerstörung des Altars auf dem Markte eine
Hinneigung zum Senat in ihm verrietli , ^3) als er Gefangene
aus dem Kerker entliess-*) und Verbannte zurückrief, -^) vollzog
er nur den Willen des Verstorbenen. Deshalb nannte man diese
Alle, welche angeblich der Verfügung eines Todten ihre Beför-
derung oder Befreiung verdankten, aus Spott Orcini, Charo-
niten.26)
Unter denen, welche aus dem Exil zurückkamen, befand
sich auch Scxtus Clodius. Er Avar a. 52 nach der Ermordung
des P. Clodius, seiucs Gönners, als Unruhstifter verbannt und
von Cäsar nicht begnadigt. -'') Jetzt erinnerte sich Antonius,
oder vielmehr seine Gemahlin Fulvia, die Wittwc des P. Clodius,
dass jener in Folge seiner Verwendung die Absicht gehabt habe,
ihn zu begnadigen, und seine Papiere dicss bezeugten. Doch
bat er Cicero, den Todfeind der Clodier, im April um die Er-
laubniss, ilm herzustellen, und Cicero erwiederte diese zarte
Aufmerksamkeit mit einem verbindlichen Schreiben, um darauf
Brief und Antwort mit bitteren Bemerkungen Atticus zu übcr-
17) Ders. 2 Phil. 37. 38. 3, 12. 5, 4. 12, 5. Dio 44, 53. 40,
23. 18) Cic. ad Fani. 12, 1. App. 3, 529. 19) App. I. c. 20) Ders.
1. c. u. 533. Siiet. üel. 35. IMut. Aiit. 15. 21) Cic. 5 Phil. 4. 22) Der«.
12 Pliil. 5. Dio Plut. 11. cc. Zon. 10, 12. 23) Cic. 2 Phil. 41. ad Att.
14, 8. 16, 15. Unten §. IC. 21) Plut. 1. c. 25) Cic. 1 Phil. 10. 2, 38.
3, 12. 5, 4. 7, 5. ad Farn. ,12, 1. Dio 44, 53. 45, 25. 40, 15. Plut.
Zon. 11. cc. 26) Suet. Oct. 35. Plut. Anl. 15. cfr. Cic. 1 Phil. 10.
27) Claudii.
V. ANTONII. (U. §. 14.) 111
schicken und alles für Betrug zu erklären. ^8) Antonius dankte
ihm für seine Milde, -'•') vermehrte aber seinen Zorn nicht we-
nig, als er Scxtus 24)00 Jiigera vom leontinischen Acker steuer-
frei anwies, dem Rlictor, wie jener ihn nennt, als habe er
den Consul im llcden geübt. "*"^ Dieser übergieng unter den
Verbannten kaum drei oder vier. ^0 Aber Licinius Lenticula,
einem verrufenen AV ürfelspieler erliess' er nicht jetzt, sondern
sclion a. 49 in Cäsars Abwesenheit, die Strafe, ^-) und damals,
nicht jetzt, versagte er seinem Oheim C. Antonius die Rück-
kehr, welche dann der Dictator ihm bewilligte. '■^'■^)
Durch andere Massregeln, bei welchen der Todte den Na-
men lieh, litten Ansehn und Einkünfte der Republik nocli weit
mehr. Zwar übertreibt Cicero in seinen Schmühreden, der
Vorwurf, dass Antonius nicht bloss Einzelnen, sondern ganzen
Nationen und Provinzen das römische Bürgerrecht gegeben habe,
ist auf einige Fälle zu beschränken; •**) aber diese linden sich
allerdings. Denn Creta sollte nach der VerAvaltung des M. Bru-
tus, welchem es für Macedonien angewiesen wurde, ^^) frei
sein,^") und denselben Vorzug gestand er Sicilien zu, obgleich
Cäsar ihm nur das lateinische Recht gegeben hatte. *^^3 Andere
erliielten die Immunität von ihm, ^^) Avelche Cicero stets von
der Civität unterscheidet ; denn diese schloss die Befreiung von
der Grundsteuer in sich, aber nicht umgekehrt; Antonius ent-
band indess auch von anderen Abgaben, je nachdem man ihm
zahlte. Er trieb ferner nach dem Ausdruck in den Philippiken
28) Cic. ad Att. 14, 13. l4. cfr. 1 Phil. 1. 29) ad Att. 14, 19.
30) 2 Phil. 17. u. 39. 3 Phil. 9. 8 , 8. (9.) Dia 45, 30. 46, 8. 31) Cic.
2 Phil. 38. 32) 2 Phil. 23. Dio 45, 47. Oben §. 3. 33) Dass Cicero
V. J. 49 spricht, erhellt schon aus den Worten: In eodetn vero tribunata»
2 Phil. 23. cfr. c. 38. Aus der Verwechselung der Zeiten entstehen die
Schwierigkeifen und Widersprüche, welche die Ausleger hier gefunden
haben. S. oben §. 3. Anni. 14. 31) 1 Phil. 10. 2, 30. (37.) 3, 12. 5,
4. 7, 5. Dio 44, 53.45, 23.25. Zon. 10, 12. 35) Unten §. 20. 30) Cic.
2 Phil. 38. Dio 45, 32. 40, 23. 37) Cic. ad Att. 14, 12. Seine Worte
in d. ang. St. Statutl/tr — ?ie si't provi/tcin^ liberavil^ pronfncias de
p. rom. imperio si/stuh't, lassen über die Natur dieser Begünstigungen
keinen Zweifel, lieber die Wirkungen der libeftas H. Dirkscn Versuche
zur Kritik u. s. w. S. 140 f. 3») Cic. 1 Phil. 10. 2, 14. 36. 3, 12. 5,
4. 7, 5. 12, 5. ail Farn. 12, 1. Dio 44, 53. 45, 23.25. Zon. I. c.
\
112 V. ANTOMl. (14. §. 9.)
einen Handel mit Königreichen. 3^) Dejotarus, dem Dynasten
in Galatien, war es nie gelungen, den sonst nur zu milden
Beherrscher Roms mit sich zu versöhnen; dieser hatte ilim einen
Tlieil seines Jleiches entrissen, Klein- Armenien Ariobarzanes,
Könige in Cappadocien, *"^ und die Tctrarchie der Trocmer
Mithridat von Pergamus verliehen; *0 als jetzt ein Anschlag
auf den Grund seiner Commentare dem Könige das Verlorene
zurückgab , erregte es Lachen bei dem Volke und in Cicero den
grösstcn Unwillen, *-) obgleich er selbst bei Cäsar für ihn ge-
sprochen hatte und später seine \'erdienste um Rom erhob , ihn
gegen Dolabella zu gebrauchen. *'>•
Er belehrt uns nun auch über die Ursache dieser Freige-
bigkeit. Das Haus des Consuls glich einem Markte ; für Geld
war alles feil, ^*) das ganze römische Reich, wie Avir nun auch
bei Vellejus lesen ; ^^-^ wer etwas suclite, drängte sich hinzu;
Matius , welcher als Freund des Cäsar und Antonius sich häufig
zu dem Letzteren begab, fand selbst republicanische Eiferer,
und schrieb es Cicero.*'') In demselben Hause trieb Fulvia ihr
Geschäft für sich. Ohne zu wissen, dass Dejotarus auf die
Nachricht von Cäsars Tode seine Provinzen bereits wieder ge-
nommen habe,*^) stellten Hicras, Blesamius und seine übrigen
Agenten ihr einen Wechsel auf zehn Millionen Sesterfien aus,
und erhielten dafür jenen Anschlag. *^) So wurden nach Cicero
grosse Summen aufgehäuft, ja er versichert, man habe das Geld
zuletzt nicht mehr gezählt, sondern gewogen , ^^^ obgleich nicht
Alles haar eingieng, und der Bürgerkrieg bald manche Schuld-
verschreibung tilgte.
Der Senat fühlte sich durch diese Hingebung an Cäsars
AVillen lind an den Beschluss vom 17. März empört. Aber mit
Nachdruck einzuschreiten fehlte ihm die Macht. Er nahm vom
neuen zu einem klägliclicu Mittel seine Zuflucht: eine Com-
. 39) 5 Phil. 4. 7, 5. 12, 5. App. 3, 529. 40) Dio 41, G3. cfr. Cic. de
dtv. 2, 37. 2 Phil. 37. 41) Cic. de div. I. c. pro Dejot. 13. S. Jul. Caes.
Dict. a. 47. 42) 2 Phil. 37. ad Alf. Jl, 12 u. 19. Liiteii Aiim. 47.
43) 11 Phil. 13. 41) 2 Phil. 14. 30. 37. 39. (38). 3, 4. 12. 5, 4. Dio
II. cc. 45) 3 Phil, 4. Veliej. 2, 00. 46) ad Fam. 1 1 , l28. 47) Cic.
2 Phil. 37. 4S) Ders. 1. c. ad Att. U, 12. cfr. ad Att. IG, 3. pro
Dejof. 15. 49) 2 Phil. 48. 3, 4. 5 , 4. ad Fam. 12, 1.
V. ANTONU. (14. §. 14.) 113
mission aus seiner Mitte sollte unter dem VorsUzc der Consuln
vom 1. Juni an untersuchen, was wirklich Gesetz und Verfü-
gung Cüsars sei. ^^) Dieser Beschluss wurde am 2. Juni vom
Volke bestiltigt. ^') Obgleich nun Cicero in der zweiten Phi-
lippika behauptet, ^V Antonius habe die Comniission nie zuge-
zogen, welches Dio ihm nachschreibt, so erhellt doch aus sei-
nem Briefe an Capito über die Buthrotier das Gegentheil; •*^)
aber der Consul vereitelte dennoch den Zweck dieser Verord-
nung, welche mit einer früher erwähnten ähnlicher Art nicht
verwechselt werden darf. ^*)
Nicht alle Gesetze , welche Antonius Macht und Reichthum
verschaffen, und die Aristocratie oder Octavian in Nachtheil brin-
gen sollten, traten als julische ins Leben; bei einigen wählte er
scheinbar den A'erfassungsniässigen Weg , und befragte selbst oder
durch Andere das Volk, ^5) freilich so, wenn Cicero die Wahrheit
sagt, dass er die Anspielen veraclitete und Alles mit Gewalt
erzwang, ^c) Durch die ersten , deren hier gedacht werden muss,
wollte er sich in der Gunst der Veteranen und des Volks befe-
stigen, luu bei dem steigenden Ansehn des Octavian, welcher schon
von Apollonia zurückgekommen, aber noch nicht in Rom war, ein
Gegengewicht zu erhalten. ^'0 Bevor er im April die Reise in
Italien unternahm, brachte sein Bruder, der Tribun Lucius,
ein Ackergesetz in Vorschlag , welclies durchgieng, obgleich wäh-
rend der Veihandlungen ein Gewitter entstand, ^8) und den
Consul zu einer freien Verfügung über einen Theil der öffent-
lichen Ländereien in Italien , oder nach Ciceros AVoi'ten über
die ganze Halbinsel, über alles öffentliche und Privat -Eigen-
thum ermächtigte. Wir kennen seinen Inhalt nicht genau, doch
nannte es die pomptinischen Sümpfe nur zum Schein, ^''>' deren
Austrocknung zuletzt Cäsar beabsichtigt hatte, ^o; jgj. arbeits-
scheuen Menge ein unwillkommenes Geschenk. Man wollte bes-
50) 2 Phil. 39. (38). Die beiden Briefe an Plancus und der an Cu-
piennius in ad Att. IG, IG. ad Alt. 15, 14. Dio 44, 53. 45, 23. Unten
§. 20. A. 51. 51) Cic. ad Att. 16, IG. an Capito. ed. Schütz. VI. p. 134.
52) 1. c. 53) 1. c. 54) §. 13. Anm. 80. 55) Cic. 1 Phil. 10. 56) 5 Phil.
4. 6, 2. 12, 5.. 13, 3. 57) Dio 45, 9. 58) Cic. 5 Phil. 3 u. 7. li, 6. Dio
1. c. 59) Cic. 5 Phil. 3. Dio I. c. 60) Cic. l. c. Suet. Caes. 44. Plut.
Caes. 58. Dio 44, 5.
Diumann, Geschichte Roms I- §
114 V. ANTOMI. (14. §. II.)
ser für sie sorgen; jedoch auch für sich, für Freunde und Hel-
fer. Dicss beweis't die Art, wie man die Commission der Sie-
ben zusammensetzte, welclie beauftragt wurde, den Acker zw
vertheilcn. '•') Ihre Mitglieder, A'on Cicero auch schlechthin
Feldmesser genannt, ^''^^ waren die Consuln M. Antonius <••*) und
D'dabella, '•*^ Lucius Antonius,''^) Nucula,'»''^ Lento , <*') und
xwei Andere, deren Namen sich nicht finden. '''^)
In mehr als einer Hinsicht ist es erwünscht zu wissen,
dass Antonius, der Consul , unter den Septemvirn war. F,s
<ricbt Anfsehluss über sein Verfahren in Campanien Aviilirend der
Ueise im April und ]Mai , wo er Jiiit Kenutziing und willkühr-
licher Deutung des Beschlusses, welcher den Veteranen den von
Cäsar anscwiesenen Acker sicherte, '•'■'J unter Kriefyer und tJünst-
lino-e viel Land vertheilte, aber auch in den schon ansässi^ren
Veteranen heftige CJegner fand. ''^ Die Hauptleitung des Ge-
schäfts hatte Lucius , und da Cicero für seine eigenen Güter
besoro-t wurde, '^) so hasstc er ihn seitdem wo möglich noch
mehr als Marcus, und konnte ihn nicht mehr nennen, ohne zu
scliimpfen. Er fürchtete besonders für das Tusculanum, unter
seinen „Augäpfeln" ihm der liebste, jedoch auch für die übri-
gen; das Schicksal Anderer, auch seines Freundes Varro, von
dessen Villa bei Casinum Antonius Besitz genommen, schien
ihn zu warnen. '->> Mochte Lucius in einem Briefe ihn beruhi-
gen und der Erfolg bestätigen, dass man ihn nicht verletzen
wolle, es veränderte seine Gesinnungen nicht. ''•') In seinen
Reden kam nun noch die Absicht hinzu , ihm in der öffent-
lichen xMeinung zu schaden und durch die Mittel, welche der
catilinarische Farbentopf bot, einen grossen Eindruck zu ma-
chen. „Er schätzte unser Geld, zeiclinete unsere städtischen
und ländlichen Besitzungen auf — vertheilte Aecker, welche
61) Cic. 5 Phil. 7. G, 5. 62) 13 Fhil. 1«. 0.1) 5 Phil. 12. 8, 9.
11, 6. 64) 8 Phil. 9. 11, 6. 05) 5 Phil. 7. 7, 6. II, 0. 13, 18.
60) 6 Phil. 5. 11, 0. 12, 8. l.'l, 2. 12 u. 18. 07) Das. ti. unten §. 72.
A. 37. u. 38. 08) Denn 11 Phil. 0. berechligt nicht, an (.'. Anfonius zii
denken, und Decidiiis Saxa wird M, 4. cfr. 11, 5. in einer anderen
Beziehung deccnipeda genannt. OO^I ()l>en §. 10. Anm. 88. 7(i) §. 10.
71) ad Atf. 15, 3. 72) 2 Phil. 30 ( 10). 10. (41). Inten §. IC. Aiiiii.
71. 73) ad Alt. 15, 8. 12. 10, 3.
V. ANTOmr. (14. §. 14.) 115
iiinl an wen er wollte; da galt kein Privatbesitz, keine Rück-
sicht der Billigkeit; wo fand sich ein Gut, auf welclies er, ein
Strudel, ein alles verschlingender Aijgrund , nicht schamlos seine
gierigen Blicke warf! Nur noch das Marsfeld war zu verthcilen,
als er mit seinem Bruder die Flucht ergriff." '*) Wir hören fer-
ner, wer bei diesen Riiubereicn des Lucius am meisten gewann,
und wie man ihn belohnte, wie stirnlos er auch jede Huldigung
als wohl verdient entgegennahm, während Cicero, der nun
schon zwanzig Jahre mit den gottlosen Bürgern Krieg geführt, ^^i
vergessen auf dem Lande lebte. Man sah eine A'ergoldete
Reiter -8tatue auf dem Maikte mit der Inschrift, die 35 Tribus
ihrem Patron; auch die Ritter ehrten ihn, weil sie Aecker durch
ihn erhalten, mit einer Statue, welche ihn als ihren Patron be-
zeichnete; eine dritte errichteten ihm die Militär -Tribunen aus
Cäsars Heer, unter welche er das semurische Feld vertheilt
hatte, und die Wucherer, bei dieser Umkehr eine Zuflucht der
Verarmten, bezeugten ihren Dank durch ein kleineres Bild, auf
welchem man die Worte las : dem Patron des mittleren Janus. ^"^
Am 1. Januar 43 bestand dieses Gesetz noch, aber gleich nach-
her wurde es auf den Antrag des L. Caesar vom Senat aufge-
hoben, und man hoffte, dass die neuen Besitzer willig weichen
würden. '''O
Populär war auch das Gesetz des M. Antonius, welches die
Gerichte betraf. C. Gracchus hatte sie den Rittern, Sulla dem
Senat, und das aurelische Gesetz v. J. 70, welches Pompejus
a. .')0 mit einigen A eränderungen erneuerte, den drei Ständen,
Senat, Rittern und V'olk, übertragen, worauf Cäsar a. 46 die
Beisitzer aus dem letzten, die Schatztribunen ausstiess. ^^>> Durch
die Rogation des Antonius, welche das Volk bei Sturm und
Blitz bestätigte, '^9) -»vurde Avieder eine dritte Decurie der Rich-
ter eingeführt, und die Aufnahme nicht, wie im Gesetze des
Pompejus, von einem gewissen Vermögen abhängig gemacht,^'')
so dass er nach Belieben ernennen konnte. ' Die Abtheilunge be-
stand nach seiner Versicherung aus Centurionen, welche an sich.
74) 5 Phil. 7. 6, 5. 11, 5. 13, 18. 75) 6 Phil. 6. 76) Cic. G Phil.
5. 7, (.-. 7T) 5 Phil. 7. 6, 5. 11, 6. 13, 15. 78) Pompeji u. Julii bei
den ai.ir^f. Jahren. 79) Cic. 5 Phil. 6. cfr. 1 , 10. 80) Ascon. zu Cic.
in i'ison. iO. 1 Phil. 8.
8*
116 V. ANTQXII. (14. §. 11.)
■»vetm i'if Censiis genützte, aueli frülier nicht ausgesclilossen
Maren, ■\vesliall) der Name keinen Anstoss gab;^^^ nach Cicero
aber vorharg er unter ihm das verächtlichste Gesindel, gemei-
ne Soldaten, Verbannte, Griechlein, seine Spiel- und Trink-
genossen, Cydas aus Creta, Lysiades aus Athen, den Auswurf
unter den Römern, M. Curius und seines Gleichen.^-) Um diese
Arcopagiten noch mehr herabzusetzen , Avird die Legion der
Alaudae als ihre Pflanzschulc bezeichnet, ^■^) Melche von Cäsar
ri.iis Ti'ansalpinern errichtet und mit dem Bürgerrechte beschenkt
•Aar. ^^.^ Als Wahrheit bleibt, dass Antonius auf diese Art Ve-
teranen und andere Anliiinger beförderte, und unter ihnen auch
viele Unwürdige. Er verlangte im Lager vor Mutina, dass sein
ficsetz nicht aufgehoben Avürde;^-^^ es hatte aber das Schick-
sal der übrigen, ^^) und beweis't die vierte Decurie unter
Augnstus^^^ nichts dagegen, wie Manutius -will , '^^^^ sondern nur,
dass die der Schatztribunen schon vorher hergestellt war, zu
"welcher nun Richter mit einem geringeren Census hinzukamen.
Ein anderer Gesetzentwurf des Consuls gestattete die Pro-
vocation an das Volk, wenn man wegen verübter Gewalt oder
M;ijcstäts - Verbrechen verurtheilt war. Er schmeichelte der
Menge, sollte aber in der That Untersuchungen dieser Art gänz-
lich verhindern , weil nicht leicht ein Kläger sich in den Co-
miticn einer erkauften Rotte preis geben mochte, und war nicht
nur der lex Plautia de vi und der lex Cornelia des Sulla de
maiestatc entgegen, sondern selbst den Gesetzen Cäsars, welche
solchen Vcnirtheilten Feuer und Wasser untersagten. ^'J)
Nur bedingt also war Antonius der Wille des Dictator
beilig, und .auch dem Volke huldigte er nur bedingt: er entzog
ihm das Recht, die Priester zu wählen, velches jener ihm durch
81) Cic. 1 Phil. 8. S2) 5 Phil. 5. 6. 8, 9. 83) 1 Phil. 8. 5, 5.
^^, 2. 18. 81) .Tulii Caes. Dict. a. 58. Unten §. 28. A. 20. 85) Cir.
S Phil. 9. HO) 13 Phil. S. 87) Suet, Oct. 32. 88) De legllt. p. 41. h.
'^O) Cic. I Phil. 9. u. das. Ferrafius u. Ahram. Um die Schuld seines
Feindes mehr hervorzuheben, deufet Cicero auf jene alleren Gesetze hin,
;«l)gleich sie nicht bis auf die jiilischen gültig blieben, und er selbst a. 03.
r. P.abiriuB wegen perdiiellio ror dem Volke vertheidigt hatte; Mnnut.
glaubt de legib. 50 b. bei dicKom schwersten Majestät» -Vergehen habe
schon vorher Prn\orntion tfecrolten und Anioiiius sie nur auch 8nf die
übrieen ausgedehnt.
V. ANTONIL (M. g. 15.) 1 17
ein Gesetz des Labienus wieder gegeben hatte, ^i^^* uud crniiich-
tigtc wie einst Sulla die Priester -CoIIegien, sich durch Coopta-
tion zu ergänzen. Seine Absiclit, die Wahl des M. Lepidus
zum Ober-Pontifcn an Cusars Stelle zu erleichtern und zu
sichern, wurde erreicht, uud der eitle Mann, mit dessen Sohne
er auch seine Tochter verlobte, weil er seine Freundschaft be-
durfte, durch den Titel noch mehr gewonnen. *")
Auf ähnliche Art war Ciisar, sein A'orbild, mit Pompcjus
verfahren, und auch sein Beispiel, durch den langen Aufentlialt
in einer günstig gelegenen Provinz und bei dem Heere seine
Herrschaft vorzubereiten, blieb niclit unbenutzt. Nun aber hatte
jener eben aus Besorgniss, Nachahmer zu finden, die Statthal-
terschaft in Consular- Provinzen auf zwei, und in prätorischeu
auf ein Jahr beschrankt, '■*-) Daher Hessen jetzt Volkstribunen
im Auftrage des Consuls eine Rogation bestätigen, weiche die
Dauer der Verwaltung in Consular -Provinzen auf sechs Jahr
bestimmte. "-^) Man glaubte, dass Antonius sich am 1. Juni
zunächst an den Senat wenden werde , es ist aber sehr wahr
scliciiilich, dass es nicht geschal» ^'''J; das Cesetz wurde ent-
schieden nach jenem Tage gegeben. '^^)
§ 15.
Durch diese Unternehmungen "wollte Antonius sich sowohl
gegen den Senat und die Befreier als gegen Cäsars Erben sichev
stellen. Einen andern Gegner, Sex. Pompejus, hatte er mit
M. Lepidus durch einen Vertrag vorerst unschädlich gemacht ^
durch einen Beschluss des Senats, welchen er veranlasste, war
dieser beschwichtigt, Lepidus vor einem Kriege in seinen Prü=
vinzen bewahrt, und Pompejus in Spanien in Unthätigkeit vei'-
setzt, ohne nach Rom zurückkehren zu können. ^f*)
9ü) Julii Caes. Dict. a. 63. 91) Aemil. Lepldf. No. 21. §. 2 «. 4.
a. hier §. 0. Anm. 45. 02) Julii 1. c. a. 46. 93) Cic. 1 riiil. S. u. 10.
2, 41. (12.) 5, 3. 8, 9. öl) Ders. ad Att. 14, 14. Unten §. 20. A. }<2e
05) 2 Phil. 41. (42.) 9Ü) Pompeji. Aemil. Lepidi. No. 21. §. 2.
118 V. ANTONII. (II. §. 15.)
Hier aber erschien indcss Octavian. Er war im September
a. 45 mit seinem Gross- Oheim aus Spanien {gekommen, uiitl
bald darauf mit dem llhctor ApoUodor zu seiner Ausbildung nach
Apollonia in lllyricn geschickt. Sein Aufenthalt in dieser Stadt
war nicht auf eine lange Zeit berechnet, denn er sollte Cüsar
auf den Feldzügen gegen die Gcten und Parther begleiten, bis
dahin aber sich auch in der Kriegskunst vervollkommnen. Zu
dem Ende wurden abwechselnd einzelne Abtheilungen der Trup-
pen, welche über das Aleer voraus giengcn, ihm zugeführt, und
er erhielt dadurch Gelegenheit, sich ihre Liebe zu erwerben,
;:umal da auch ausserdem viele Krieger sich einfanden, ilim ihre
Achtung zu bezeugen. '-^''J Noch war er nicht ganz sechs Mo-
nate an dieser Küste, als statt Cäsar die Nacliricht von dessen
Tode eintraf. Sie besagte nichts darüber, ob er das AVerk des
Senats oder einiget Verwegenen sei, und wie das A olk sich
äussere. Sobald man nach dem ersten Schrecken ihm Näheres
schrieb, bcschloss er, nach Italien zu gehen, und zwar gegen
den Rath seiner Gefährten , des M. Agrippa und Q. Salvidien,
ohne die Legionen, Avelche sich ihm antrugen. Er wusste noch
immer nicht genug, kannte die Stimmung des Senats, des
\ olks und der Veteranen zu wenis: , um eine so entschiedene
Massregel zu nehmen, obgleich er hoffte, dass Antonius, der
(ȟnstling und College des Erschlagenen, bereit sein werde, ihn
zu rächen. ^S) Als Privatmann und mit einem geringen Gefolge
schifl'te er nach Lupia,*-*^) einem Orte nicht Aveit von Brundu-
sium; denn an dem gewöhnlichen Landungs -Platze konnte ihn
der Dolch der Verschworenen erwarten, und die Besatzung für
sie sein. Doch wurde er bald von dem Testamente Cäsars, von
dessen Inhalt, von der Bestätigung seiner Anordnungen und
von der Ohnmacht seiner Mörder in Kenntniss gesetzt, und
nun von den Truppen in Brundusium als sein Sohn empfangen.
Dadurch ermuthigt nannte er sich Cajus Julius Cäsar Octavia-
I
97) Liv. 117. Vellej. 2, 59. Suet. Oct. 8, 89. App. 3, 531. Dio 45,
3. Plut. Brut. 22. Cic. 43. Zoii. 10, 13. cfr. Quintil, 3, 1. Strabo 13, 4.
98) App. 3, 532. Vellcj, u. Suel. II. cc TeLer Salvidien S. unten §. 58.
A, 41. f. DO) So Appiaii, während die rebrigrcn in ihrem wenijrer ge-
nauen Oller bloss übersichtlichen Berichte ihn sogleich in Brundusium
ftiiüon lassen.
V. ANTONII. (II. §. 15.) 119
nus,''^') uiul erklärte damit dem Senat, den Versclnvoreucn und
Antonius, wclclier sich zu ihnen hinzuneigen schien, was seine
Absicht sei. Aucl» V^)lk und \'cteranen waren nach diesem po-
litischen Glaiihenshckcnntniss nicht mehr über ihn in Unjrewiss-
heit; durch den „grossen Namen" ') wurde der Knabe plötzlich
zum Manne, es lag ein Zauber in ihm, welcher ztigleich anzog
und zurückschreckte, mit Vertrauen und mit Furcht erfüllte. 2)
Von allen Seiten strömten Anhänger Cäsars und seine zahlreiclien
Freigelassenen und Sclaven herbei, und es stand nur bei Octa
vian, sich des Geldes zu bemächtigen, welches über Brundu-
siuni von Rom zum Heer' in Macedonien oder aus den Provin-
zen nach Rom gieng. Aber auch jetzt wollte er nur als Pri-
vaterbc, nicht als Nachfolger des Regenten erscheinen.
Mit wenigen Begleitern setzte er seine Reise fort. Diess
bestätigt sowohl Dio '•^■) als selbst Cicero, Avelchcr bald Gelegen-
lieit hatte, ihn zu sehen,*) und Appian scheint nur das Gegen-
theil zu sagen, da er hinzufügt, dass er die Veteranen, welche
von den Colonien zu ihm stiessen , den Mord mit ihm zu rä-
chen, beruliigt und auf eine andere Zeit verwiesen habe. Da-
gegen war es ihm sehr wichtig, die Gesinnungen dieser Krieger,
der Municipien und der Grossen auf dem Lande kennen zu ler-
nen , und deslialb und um genauere Kunde über die Lage der
Dinge in Rom zu erhalten, verlängerte er die Reise.
Cicero war am 11. April auf seinen Gütern von seiner
Ankunft unterrichtet, welche anfangs keinen besondern Eindruck
auf ihn machte. ^J Dann hörte er, dass er am IS. jenes Mo-
nats Neapel erreicht, und gegen Baibus und Andere geäussert
habe, er Averde die Erbschaft antreten; eine erfreuliche Aussicht
zum Streite zwischen ihm und Antonius. <») Bald sprach er ihn
100) Api). 1. c. Die 45, 3. 46, 47. Zon. 10, 13. 15. Er
bekannte sich allerdings auch in Rom, wo Plut. (Cic. 43. cfr. Corradt
Quaeit. p. '127.) ihn sogar erst im Sept. eintreffen lässt, vor dem Prätot
zu den ererbten Rechten, daraus folgt aber nicht, dass es nicht schon
früher geschah. In den meisten Quellen sind die Zwischenereignisse
übergangen, welches vor Allem Ciceros Briefe beweisen, cfr. Liv. 117.
Vellej. 2, 59. Suet. Oct. 8. Flor. 4, 4. Oros. G, 18. l) Plin. 2, 2S.
Flor. 1. c. 2) Cic. ad Attic. 15, 12. Plut. comp. Dion. c. Brut. 4. 3) 46,
5. 4) S. unten. 5) ad Alt. 14, 5. G. 0) Das, e^u 10.
120 V. ANTONIL (14. §. 15.)
selbst. Denn Octavian kam nach Puteoli auf die Villa seines
Stiefvaters L. RIarcius Philippus und besuchte Cicero, dessen
Nachbar. Er bezeugte ihm die grüsste Ergebenheit, eine kind-
liche Ehrfurcht, und schien auch den Verschworenen nicht ab-
geneigt. Seine Umgebung nannte ihn Cäsar, Philippus nicht,
auch Cicero konnte es noch nicht über sich erhalten , ''^ und
höchst vcrhasst war ihm dicss Gefolge , welches voll Feindschaft
gegen die Mörder den jungen Mann zu verderben drohte. ^)
Dieser wollte weder jetzt sclion mit Antonius das V'erbre-
chen bestrafen, Avie Cicero fürchtete, noch aus Scheu vor dem
mächtigen Consul seinem Erbe entsagen, wie Philippus rieth. ^^^
Er reis'te längs der Küste weiter, verweilte einige Zeit in
Tarracina, und gieng nach Rom. Gross war die Zaiil derer,
welclie ihm entgegen kamen , und ein Regenbogen , welcher bei
seinem Einzüge , um die dritte römische Stunde sich zeigte,
verhiess ihm Glück. *") Aus dem Vorigen ergiebt sich , dass
diess in den letzten Tagen des April oder ini Anfange des Mai
geschah; folglich konnte- Octavian nicht sofort Antonius besu-
chen, ^') welcher damals nicht in den Gärten des Pompejus,
sondern in Campanien war,^->' und eben so wenig konnte er
am 21. April an den Parilien in Rom Spiele geben, bei wel-
chen Ciceros Neffe, Quintus auftrat, ^'^) da er sich am 22. noch
auf dem Puteolanum befand, i*) Auch wird diess von den Alten
nirgends behauptet, sondern Dio gedenkt des Festes in einer
anderen Beziehung und man hat ihn , und in ihm Cicero miss-
verstanden ; ^5) es folgt nur , dass Octavian abwesend die Kosten
trug , weil Andere zurücktraten , welche sich unter Cäsar ver-
pflichtet hatten, die Spiele zu besorgen.
In einem Alter von noch nicht 19. Jahren ^^) zeijjte Octa-
vian die Mässigung und schlaue Besonnenheit eines geübten
Staatsmannes. Die aufgeregte Menge war ihm gewärtig; er
7) cfr. ad Farn. 12, 25. u. 3 Phil. 2. 8) ad Alt. 14, 11. 12. 15,
12. Plul. Cic. 43. Brut. 22. 9) Vellej. 2, GO. App. 3, 533. Suet. Oct. 8.
10) Liv. 117. Vellej. 2, 59. Suet. Oct. 95. Pliii. 2, 28. Senec. Nat. Qu.
1, 2. Dio 45, 4. Obseq. 128. Zon. 10, 13. Plut. Ant. IG. Brut. 22. Cic. 43.
11) App. 3, 533- 534. 12) Unten §. IG. 13) Cic. ad Atf. 14, 14. u. 19.
Dio 45, 0. 14) ad Att. 14, 12. 15) Unter andern Manul, u. HIonga«U.
IC) Ueb. am 23. Sept. G3.
V. ANTOXri. (11. §.15.) 121
durfte nur das Zeichen zum Bürgerkriege geben, und gab es
niclit. Mit der gliickliclistcn Verstellung A'crbarg er seinen
Raclieplan gegen die Mörder, Avelcbcr seinem Elirgeize später
zur Folie dienen sollte, und täuschte selbst Ciceu. '^'O Eine
Uebercilung konnte ihm den Untergang bringen , weil sie seine
Feinde gegen ihn vereinigen konnte, so sehr sie sich auch
hassten. Er durfte nicht zugleich gegen die Rcpublicaner als
Rächer Cäsars, gegen Antonius als dessen Solin, und gegen
Sex. Pompejus als Erbe einer alten Fehde in die Schranken treten.
Bei dieser Verwickelung der Dinge hätte der Senat ein-
schreiten , und die Ruhe erhalten sollen, llim fehlte aber die
sittliche und materielle Kraft, wie jeder Regierung, welche sich
herabAvürdigt, Partei zu sein, und gerade daraus, dass er in
der Achtung der Römer so tief gesunken Avar, erklärt sich die
Möglichkeit und Nothwendigkeit neuer Bürgerkriege. ^^^
Octavian befolgte den Grundsatz Roms, dem Schwachem
beizustehen, als er diese verächlliche und selbstsüchtige Aristo-
cratie unterstützte; sie musste ihm dafür Opfer bringen; sie ge-
nehmigte als Regierung seine Rüstungen, obgleich er nicht dazu
ermächtigt war , erhob seinen Streit mit Antonius zur Sache
der Republik und machte D. Brutus zu seinem Verbündeten.
Als Antonius gezähmt und gezwungen war, ihn neben sich zu
dulden, reicliic er ihm die Hand zum Bunde gegen sie; ihr
Undank, da sie nach dem Siege und in dem V^alme, nun stark
genug zu sein, ihn zur Seite schieben wollte, und die Pflicht,
die Ermordung des Vaters zu bestrafen, lieh ihm den Vorwand.
Wäl)rend er nur die Verschworenen zu verfolgen vorgab , be-
mächtigte er sich mit seinem neuen Freunde des ganzen Reichs.
Bescheiden überliess er diesem den reichen Osten, und bejrnüfi-te
sich mit Ländern, welclie durch Krieg und Proscription erschöpft
waren und Aon Pompejus mit einer furchtbaren Flotte ihm strei-
tig gemacht Avurden; aber im Vvesten war Rom und ein Senat,
der leicht Antonius zum zweiten Male ächten konnte.
So gelangte er auf den Thron , indem er jedem andern den
Zugang sperrte , so lange er selbst noch nicht genug erstarkt
war, ihn einzunehmen, und " immer etwas anderes zu suchea
17) ad Farn, 15, 12. Dio 45, 11. 18) Veilej. 2, 61.
122 V. ANTONH. (14. §. 15.)
schien, weshalb er immer Hülfe fand. Doch förderte ihn auch
das Glück: seine Jugend, welche die Kurzsichtigen sicher machte;
die Verkehrtheit der Optimaten, die Feindschaft Ciceros gegen
Antonius, die Unfähigkeit des Pompcjus, seine Maclit zu ge-
brauchen, der kraftlose Klirgciz des Lepidus und der Leichtsinn
des Antonius, welcher im Anscliaun einer gekrönten Bulilcrinn
versunken und von ihrer Sirenen -Stimme verlockt nicht sah,
nicht hörte, und in der öttentlichen Meinung sich selbst zu
Grunde richtete. Da aber bei dem Allen zuletzt in Schlachten
zu entscheiden war, worin er Avenig und zur See gar niclits
leistete, so ist es noch als eine besondere Gunst des Schicksals
hervorzuheben, dass ein Agrippa ihm zur Seite stand.
In Rom erneuerte Philippus, welcher ihm gefolgt Avar , die
Bitte, nichts zu Avagen; Atia , seine Mutter, schwankte, ''•' er
selbst blieb fest; aber er heuchelte auch im Kreise der Seinigen
und nannte den ersten Versuch, sich emporzuschwingen, Pllicht
geo-en Cäsar und gegen sich ; ein theurer Verwandter , Avelcher
ihn allen Andern A'orgezogen, sei ruchlos erAVÜrgt, er Averde
diess rächen und nicht durch feiges Zurücktreten sich selbst
entehren. Am andern Tage erklärte er A'or dem städtischen
Prätor Cajus Antonius , dass er Erbschaft und Adoption annehme,
worüber sofort eine Urkunde A'erfasst Avurde.
Dann liess er sich von L. Antonius, dem Tribun, dem
Volke vorstellen. Atticus erAvähnte es in einem Briefe aus La-
nuvium vom 9. Mai, avo er selbst noch ohne nähere Nachrich-
ten Avar;-'^>' auch am II. Avar Ciceros Verlangen, über Inhalt
und Wirkung der Rede mehr zu erfahren , noch nicht befriedigt ;
bald nachher, am 18. hatte er sie gelesen, und zAvar mit Miss-
fallen; mehr sagt er niclit. -0 Nach seinem AVunsche, scheint
es, sollte Octavian das Unmögliche thun, seine Rechte aufge-
ben, und doch Antonius anfeinden. Ohne ZAveifel kündigte er
sich dem Volke unter grossen Lobeserhebungen Cäsars als dessen
Erben an, der die A'ermächtnisse zahlen und zunächst Spiele
geben Averde; --) des Tribunats gedachte er wohl nicht, da es
als ihm nicht gebührend ein freies Geschenk sein sollte und
19) V^ellej. 2, GO. Suel. Oct. 8. App. 3, 531. 20) Cic. Bd Att. 14,
20. 21) ad AU. 14, 21. 15, 2. 22) Diu 45, 6.
V. ANTüNII. (14. §. 15.) 123
Andere für ilia M'irktcii , -') aber er konnte sich nicht besser
empfehlen, als auf diese Art. Seine Rede ist nun aber liäufig
und schon von I)io mit einer andern verwechselt, welclie er
später hielt, als der Tribun Tib. Canutius ilm vor das Volk
führte, und worin er schon kühner auf sein Anrecht an die
Gewalt des Vaters hindeutete , -*.* nicht am 2. Octobcr, denn
an diesem Tage gab Canutius niclit ihm, sondern Antonius das
Wort, obgleich er dessen I'cind war. -"0
Auch die Nachricht bei Appian von seinem Streite mit
Critonius steht mit den Zeitbestimmungen bei Cicero im AVi-
derspruche. Cäsar hatte a. 44 zu den vier Aedilen zwei plebe-
jisclie hin/.ugcfügt, Cereal -Aedilen , weil sie für die Zufuhr
sorgten.-''^ Als solche gaben L. Critonius und M. Fannius-^J
Spiele zu Ehren der Ceres. Es geschah aber um die Mitte des
April, -^J wo Octaviaa noch nicht in Rom war. Gleichwohl
erzählt Appian, -'■*) dass dieser nach einem Beschlüsse aus frühe-
rer Zeit 3*') den vergoldeten Sessel und den K-.anz Cäsars im
Circus zur Schau stellen wollte, und Critonius zum Consul
führte, weil er es verweigerte. Auch Antonius war dagegen
und verlnndcrtc es zuletzt mit Gewalt. Bei der Gährun«- in
Rom konnte die Feier bis zur zweiten Hälfte des Mai verscho-
ben sein, CS ist aber viel wahrscheinlicher, dass Appian auf sie
übertrug , was er so<i^leich selbst von den Spielen zu Ehren der
Venus meldet, zumal da der Aedil Cäsarianer war.
Nach der Mitte des Mai kam Antonius nach Rom zurück. ^0
Ihm als dem älteren Manne und als Consul war es nicht zu
verargen, dass er Octavian nicht zuerst begrüsste; ^-) er unter-
liess es aber aus anderen Gründen. Der Sohn Cäsars, welchen
er selbst schon beerbt hatte, dessen Testament gültig war, des-
sen Herrschaft leicht auf den übergehen konnte, "welcher seinen
Namen trug, war ihm keine erfreuliche Erscheinung, und er
verbarg diess nicht. Octavian wurde in den Gärten des Pom-
pejus nicht sogleich vorgelassen, i'r führte sich als Cäsar ein,
'iS) Unten Anm. 52. 24) Cic. ad Att. 16, 15. Dio 1. c. Unten §. 31.
A. 37. u. 38. 25) ad Fam. 12, 3. Inten §. 28. A. 1. 20) Julii Caes.
Dict. a. 44. 27) Vaill. Criton. Eckh. V. p. 19Ö. cfr. Cic. ad Att. 13, 21.
28) Ovid. Fast. 4, 389. f. Cic. ad AU. 2, 12. 29) 3, 544. 30) Julii
No. 40. a. 45. 31) Unten §. 20. 32) Apy. 3, 531.
124 V. ANTONII. (14. §. 15.)
und damit war alles gesagt. Sein Dank für die dem Vater er-
wiesene Ehre scliicn eine Anniassung; ihr folgten durch einiges
Lob gemilderte Vorwürfe über die Nachsicht gegen die Mörder,
und zuletzt nach Appian das Aergste , Forderungen. Dem
Sclimuck und den übrigen Kostbarkeiten des Vaters wolle er
entsagen, worauf sich, wohl Dios Nachricht bezieht, er habe
nichts verlangt; "^■^) das baare Geld bedürfe er zu den Legaten,
doch werde er sich vorerst mit einer Summe zur Befriedigung
von 300000 Bürgern begnügen, und das Uebrige durch eine
Anleihe bei dem Consul oder unter dessen Bürgschaft bei dem
Schatze und durch den Verkauf seiner Güter herbeischaften.
In seinem Innersten empört verlor Antonius die Haltung
nicht. Er erwiederte: Octaviau Rechensciiaft zu geben, sei er
nicht verpflichtet; dass seine Adoption nicht mit allen andern
Verfügungen des Dictator aufgehoben sei, verdanke er ihm, sei-
ner ihm missfalligen aber von den Umständen gebotenen Nach-
£riebi<''keit. Der Schatz sei leer, denn Cäsar liabe die öffeut-
liehen Gelder in seiner Casse niedergelegt; aus dieser sei ihm
weni"" überbracht, und von diesem Wenigen nichts mehr vor-
handen, weil man es als Tvraunengut vertheilt habe; übrigens
rathe er, Avohl anzuwenden, was er so eben auf der Schule,
auf einer griechischen, von der Veränderlichkeit des Volkes ge-
hört haben werde. "^^ — Im Wesentlichen konnte er nicht anders
sprechen, ohne sich selbst aufzugeben, und es wird vielfach be-
stätigt, dass er seinen jungen Nebenbuhler verächtlich emptieng
und auch später beleidigte. 2^')
Indess verstand auch dieser seine Rolle zu spielen. Er
entfernte sich unter Anrufung seines Adoptiv- Vaters im höch-
sten Unwillen, als sei ihm Unerwartetes begegnet. Volk und
Veteranen sollten in seinem Feinde den Ihrigen erkennen, der
ihn zu zahlen hinderte, und seine Ehrfurcht gegen Cäsar, seine
Liebe zu den Mitbürgern um so glänzender hervorleuchten, wenn
er dennoch und vom eigenen Vermögen zahlte. Die jlassregeln,
Avclche er in dieser Hinsicht traf, waren geeignet, grosses Auf-
sehn zu erregen , und stets erinnerte er gern an solche Opfer
33) 45, 5. 31) App. 1. c. 35) Liv. 117. VcHej. 2, 60. Dio u, Plul.
11. cc. Flor. 1, 4. Obstq. 128.
V. ANTONIl. (M. §. 15.) . 125
Tom PrlvatLcsItze. ^"^ Er Lot die Güter des Cäsar, Pliilippus,
seiner Mutter feil, und mit Genehmigung des Pcdius und Pi-
narius auch ihren Antheil an der Erbschaft, und übergab das
Geld den Tribus. Seine Absicht wurde erreicht, und Antonius
nur noch verhasster, als er ihm Einhalt that. Auf sein An-
stiften sah sich Octavian in Rechtshilndel verwickelt; man nahm
einen Theil der Güter Cäsars für Privatpersonen , besonders für
solche, welche er verbannt oder sonst bestraft hatte, und für
den Staat in Anspruch ; Octavian braclite Urkunden über den
rechtmJlssigen Erwerb, und die Gerichte wiesen sie zurück;
die sonst heilig geachteten Papiere des Dictator hatten in dicT
sem Falle keine Gültigkeit. Auf die Beschwerden der beiden
Miterben bemerkte der Consul: man müsse den Senatsbcschluss,
der hier in Frage komme, mehr dem Sinne als den Worten
nach verstehen ; nie sei es die Absicht gewesen , zu Gunsten
eines jungen Mannes so viele Bürger zu berauben, welche wäh-
rend der innern Uarulien ihr Eigenthum verloren haben. Daher
nahmen jene ihren Antheil zurück, jedoch nur, um ihn zu
retten und dann dem Haupterben zu überlassen. •^^)
Eine Bestätigung der Adoption durch ein Curialgesetz ver-
hinderte Antonius durch tribunicischen Einspruch, und mit um
so besserem Scheine, da sie in einem Falle, wie dieser, nicht
nothwendig, nicht einmal gebräuchlich war, und nur als eine
feierliche Handlung Eindruck machen sollte. Sie erfolgte erst
nach der Schlacht bei Mutina. ^sj
Dem Senat gereichte der Zwist zwischen dem Consul und
Octavian zur Beruhigung , und dieser störte ihn in seinen Träu-
men nicht, schien nur auf die Erfüllung lästiger Pflichten be-
dacht, Cäsar gelobte vor der Schlacht bei Pharsalus der Stamm-
mutter seines Geschlechtes, der Venus Genetrix einen Tempel;
ihr Name: Venus Victrix war das Feldgeschrei, und nach dem
Siege lös'te er sein Wort, '^•*) Ein Collegium , zu welchem
Octavian gehörte , sollte zu Ehren der Göttin , der Victoria,
wie sie in dieser Beziehung auch genannt Avird,^") Spiele
30) Mon. Ancyr. tab. 3. v. 7. 34 u. s. w. bei Chishull. S. §. 12.
A. 38. §. 49. A. 14. 37) App. 3, 539. f. 580. 38) Dio 45, 5. Unleu
a, 43. §. 49. in. 39) Julii Caes. Dict. a. 4S. n. 4ö. 40) Cic. ad Frih.
11, 2ti.
126 V. ANTONIE. (14. §. 15.)
geben ;*'^ es scheute alter jetzt den Aufwand und den Zorn der
Aristocratie, deren Werkzeug Pompejus gewesen war. '*'^) Desto
mclir imisste es bei dein Volke empfehlen , wenn Octavian für
Alle eintrat und die Kosten trug. ^-^J Einige Freunde, der edle
Matius, Postuniius und Saserna übern.ihnien es, das Erforder-
liche zu besorgen, oder vielmehr nach einem Schreiben Cicero«
vom 18. Mai, den Bürgerkrieg zu entflammen, die Mörder
gegen die Uefrcier aufzuregen. ^*J Seine. Aeiisserungon über
Matius blieben diesem nicht unbekannt, und da er ihn eben so
sehr fürchtete als liasste , so entschuldigte er sich, aber mit
den künstlichsten Wendungen: dass er Ciisar, den Freund, auch
noch nach dessen Tode liebe, müsse er billigen, obgleich Ciisar
Tyrann gewesen und Mancher der Meinung sei, die Freiheit
des Vaterlandes sei mehr als das Leben eines Freundes. Matius
erwiederte: man mache ihm den Schmerz über das Schicksal
eines Mannes, welchem er nalie gestanden, zum Verbrechen,
als ob schon erwiesen sei, dass sein Tod dem \ aterlandc Heil
gebracht. Bis dahin habe sein Scharfsinn nicht so weit ge-
reicht, diess zu entdecken. Den Bürgerkrieg habe er nie ge-
billigt, und die Gunst des Siegers nie für sich benutzt, woiil
aber für Andere, -welche es Cäsar verdanken, dass sie im Lande
geblieben, und jetzt sich seines Todes freuen. (Cicero). Fs
sei unerhört , dass der Verbrecher sich des V'crbrcchens rühme,
und Andern nicht einmal gestattet werde, es zu beklagen. Aber
diese Befreier, die ihren .Mitbürgern selbst die Freiheit des
Sclaven nicht zugestehen , drohen vcru-cbcus : nichts werde ihn
bewegen , seine Pflicht zu vergessen oder das menschliche Gefühl
zu verläugnen. Warum sie ihm zürnen, Avenu er wünsche,
dass sie ihre That bereuen , dass sie schwer dafür büssen mö-
gen? Die Besorgung der Spiele sei eine Privatsache; er habe
dadurch einen geliebten Todten geehrt und einem wackeren
Jünglinge einen Dienst geleistet. ^^)
Von einer andern Seite betrarhtete sie auch Antonius,]
Atticus konnte seinem Freunde am 21. Mai die erfreuliche Nach-j
41) Pliii. 2, 23. (25). Obseq. 128. 42) Suel. Od. 10. Dio 4.«;, r>.
cfr. Cic. ad AM. 15, 2. 43) Mon. Anryr. lab. 4. v. 31. Chish. p. 17.^>.
Suet. I. c. 11. Caes. 88. App. 3 , 514. Dio 1. c. 44) ad Att. 1. c. ffr. ad
Fain. Ü, 12. u. B. Afrio. 10. 13 Phil. 13. 45) Cic. ad Farn. 11, 27. 2«.
V. ANTONII. (J4. §. 15.) 127
riclit geben, dass jener durch Tribüne die Ausstellung des Ses-
sels und der Krone Cäsars verbindert habe. Die Eifersucht
verbarg sich unter der Sorge für die öffentliclie Ruhe und der
Beleidigte erklärte Cäsar für beschimpft, •»orin die Menge voll
Erbitterung ihm beistimmte. ^^) Auch verschaffte ihm der Zufall
eine glänzende (lenugthuung. Denn während der Spiele, uciche
mehrere Tage dauerten und unter Augiistus regelmässig alle Jahre
wiederholt wurden, ^'^^^ erschien um die eilfte römische Stunde
ein Comct, und blieb sieben Tage sichtbar. Octavian deutete
diess als ein Zeichen, dass Cäsar unter die Götter versetzt sei,
und errichtete ihm im Tempel der Venus eine eherne Statue
mit einem goldenen Sterne über dem Kopfe, 4^) welclier auch
auf Münzen*") und Gemmen ^o) abgebildet ist.
Zugleich aber fuhr er fort, Antonius in öffentlichen Reden
anzuklagen, dass er ihm sein Erbe vorenthalte, und ihn dadurch
hindere, das Testament des Vaters zu vollziehen. Der Consul
Hess ihn nüt («efängniss bedrohen und endlich durch die Licto-
ren von der Rednerbühne herabreissen, da er aber die Gunst
des Volks bedurfte, um statt des D. Brutus das diesseitige Gal-
lien zur Provinz zu erhalten, so bequemte er sich zu einer
Versöhnung. Denn diese forderten Veteranen und Volk, und
seine eigene Leibwache , um nicht bei einem Zwiste zwischen
den Anhängern Cäsars zu verlieren, was sie ihm verdankten. ^O
Aber eben dadurch, dass die Menge aus Eigennutz Octavian
begünstigte , veranlasste sie neuen Streit. Als er bei der Wahl
eines Tribuns an die Stelle des ermordeten Helvius Cinna^^^
sich für Flaminius verwandte, wollte sie ihm die Stimmen ge-
ben, in der Meinung, dass er es v/ünsche. Dass er zu jung
46) Ders. ad Ait. 13, 3. App. Dio 11. cc. Plut. Ant. 16. 47) Dio
45, 7. 49, 42. 48j Suet. Caes. 88. Pliii. 2, 23. (25.) u. das. August.
Senec. Nat. Qu. 7, 17. Dio 45, 7. Plut. Caes. 69. Zonar. 10, 13. Val.
Max. 3, 2. 19. Obseq. 12S. cfr. Virg. Eclog. 9, 47. u. das. Serv. welcher
hier an Leichenspiele dachte. Horat. Od. 1 , 12. 46. Ovid. Metam. 15,
51. 49) Urain. Jul. p. 123. Vaill. JuIIi No. 44. Morell. thes. Caes. tab.
1 u. 2. Eckh. 6. p. 11. Paruta Sicil. numism. Catan. tab. 32. No. 52.
50) Lipperf. Dacfyl. 3. Abtb. 2. Cap. No. 569 — 572. Verzeichniss d.
geschnitf. Steine in d. K. Museum d. Alterth. zu Kerlin, 4. Classe 2,
Abth. No. 194. 5n App. 3, 544 f. Dio 45, 7. 8. Plut. Ant. 16. §. 2Ü.
A. 71. r>2) Oben §. 12. Anm. CO.
128 V. ANTüNlI. (14. §. lü.)
■vvar, und ilnrcli cmc Verfügung Cäsars wie durch seine Adoption
Patricier, wclclics nur Sueton hervorhebt, kam nicht in JJetracht.
Der Senat hielt dicss für veranstaltet, damit er die .Mörder
verfolgen könne, und Antonius untersagte die Wahl als gesetz-
widrig, und Aveil sich eine heftige (Währung kund gah , auch
jede andere; die Zahl der Tribunen wurde nicht ergänzt. ^3)
§ 1«.
So hielten diese Nebenbuhler sich das Gleichgewicht, Octa-
vian durch seinen Namen und die Cunst des Volkes, Antonius
durch das Anschn, welches er persönlich und als Consul hatte.
Zu seinem Nachthelle war er abwesend, als jener von Apollonia
nach Rom kam, denn er durchzog in der zweiten Hälfte des
April und in der ersten des Mai ^*) die Colonien der Veteranen
in Campanien , sie durch Geschenke und Belohnungen sowohl
geo"en die Faction der Befreier als gegen Cäsars Erben zu ge-
winnen. Sie sollten anerkennen und beschwören, was ihm für
Gesetz und Einrichtung des Dictator zu erklären beliebte und
zwei Männer in jeder Colonie die Urkunden in Absclirift er-
halten, um darüber zu wachen.''-') Doch misslang manches,
weil er zu viel erreichen Avollte. Ohiierachtet des Ackergesetzes seines
Bruders ^'') konnte er niclit allen noch unversorgten Kriegern
Ländereien geben; Viele wurden übergangen und deshalb miss-
Tere-nüo-t. •''') Die Veteranen, welche schon von Cäsar Acker
erhalten hatten und ihn jetzt mit anderen thcilcn sollten, fühl-
ten sich ebenfalls verletzt , •'^^) zumal da er auch Günstlingen
Güter anwies.
Die Beschreibung seiner Reise hei Cicero , ^^^ ein Seiten-
stück zu einer anderen, welche sich auf das J. 49 bezieht, <»?
hat offenbar den Zweck, ihn lächerlich und verächtlich zu ma-
chen. Zwar können die Thatsachen nicht ersonnen sein, sie
sind aber von der Hand seines Feindes in das ungünstigste
Licht gestellt, %vohei der Leser der Briefe Cicerns sich erin-
53) Suet. Oct. 10. cfr. 2. u. Dio 15, 2. 6. App. 3 , 546. Zou. 10, 13.
Unten §. 28. A. 03. 54) ( ic. 2 Phil. 38. cfr. 1 , 2. App. 3. 304. in.
55) Cic. ad Att. M, 21. Plut. Ant. IG. 5ü) üben §. 14. \niii. 38.
57) Cic. ad AK. 15, 3 u. 5. App. 2, TiOl. 515. 5S) Dio 45, 12. Julii
Caes Oict. a. 50 u. 45. 50) 2 Phil. ^0 f. CO) Oben §, 3. Anm. '20.
V. ANTONlf. (14. §. lö.) 120
nert, dass Antonius ihn auch in dieser Zeit mit der grösstcn
Schonung und Achtung hchandelte, es übersah, dass er ilim
auswich, selbst gegen den Wunsch des Atticus, Aveichcr ilui in
Betrctt' der Kuthrotischen Besitzungen um sein Fürwort hat, ihn
vor der Herstellung des Sex. Clodius ^0 und sogar über die
Ansiedelung neuer Colonisteu in Capua befragte, ^-j und ihn
mit seinem Misstrauen dadurch beschämte, dass er ihm von Kei-
nen Gütern nichts entzog.'''') Man erinnert sich ferner, dass
dieser wüste Trunkenbold, Avelcher aucli jetzt, auf der Reific,
mit Schauspielern und Schauspielerinnen, mit Würfelspielern und
anderem leichtfertigen Gesindel Tage und Nächte durchschwelgte, ''^)
nach seiner Rückkehr in Rom eine Macht entwickelte, vor wel-
cher die Aristocratie» und auch Cicero auf dem Lande zitterten,
und dalier wohl freie Augenblicke behielt, zu denken und zu
handeln; ja, es ist mehr als Avahrschcinlich , dass er durch den
bacchantischen Aufzug seine Pläne vor seinen ohnehin uitlit
scharfsichtigen Geo-nern im Senat verbergen wollte.
OD O
Schon vor dem 4. Mai war er in Capua, wo er mehrere
Tage blieb. *'^) Er machte hier unangenehme Erfahrungen , oh
aber in dem Maasse, als Cicero in der zweiten Philippika ver-
sichert, ist zu bezweifeln, da sich in den Briefen an Atticus
nic'jts darüber findet, sondern nur die einfache Nachricht, er
sei weiter nach Misenum und dann nach Samniuin gereis't. ''*')
Auf sein Befragen warnte ihn Cicero, aber vergebens, der Co-
lonic in Capua nicht eine neue aufzudringen , sondern nur noch
freien Acker zu vertheilen. Die alten Ansiedler geriethen in
Aufruhr, und er musste sich schnell entfernen. Dennoch han-
delte er eben so zu Casilin 'm in Campanien, wohin Cäsar kurz
vor seinem Tode Veteranen geschickt hatte. ^''^ Durch die Aus-
stattung Anderer, welche nicht zu den Kriegern gehörten, ver-
kürzte er deren Antheil noch mehr; er gab Sex. Clodius 2000
Jugera vom leontinischen Felde, *'^J auf Fulvias Betrieh, seinem
Arzte 3000, und auch mancher Mime und Tischgenoss mochte
Gl) §. 14. Ainii. 28. 02) 2 P> . 39. (lO). C3) Oben §. 14. Anm. 73.
G4) Cic. 2 Phil. 39. 10. (41). 65) Uers. ad Atf. 14, 17. 19. 20. 06) ad
Att. 14, 20. 07) Julii 1. c. a. 45. 2 Phil. 39. (40). ad Att. 16, 8.
Vellej. 2, Gl. App. 3, 552. C8) Oben §. 14. Anm. 30.
DiMimann, Gosrliichl" Reni3 I. Q
130 V. ANTONll. (11. §. 16.)
bei dieser Gelegenheit bedacht -werden. '^^) Puteoli dagegen und
Teanum Sidicinnm empfanden seinen Zorn, Aveil sie die beiden
Brutus und C. Cassius zu Patronen gewählt hatten. ''") Dann ruhte
er auf einem («utc des M. Varro bei Casinum. Er hatte es an-
geblich Mährend des alexandrinischcn Krieges durch Abgeordnete
von Cäsar gekauft, da A'arro Ponipejaner war. Nach Cicero»
Versicherung war ihm vielmehr geboten, den Raub zurückzu-
geben. Der Sitz der Gelehrsamkeit Avurde durch Orgien ent-
weiht, und niemnnd aus Casinuin und den benachbarten Orten
vorgelassen. '') Eben so verfuhr er auf der Rückreise, ül)gleich
auch Menschen, welche nicht an der Strasse wohnten, herbei-
kamen, den Consul zu begriissen ; in Rom aber sah man ihn
mit Schrecken von einer zahlreichen Schaar von Bewaffneten
umgeben. ^-)
Hier hatte sich indess manches ereignet, was ihn verstim-
men konnte. Octavian war angelangt und Dolabella eifriger
Aristocrat geworden. Zwar hatte er selbst den falschen Marius
tödten lassen,^'; nicht aber sollte mit dem Meuterer auch die
Meuterei verschwinden, der von ihm errichtete Altar Cäsars,
das Schreckbild der feindlichen Faction , blieb unverletzt. Eine
geweihte Säule aus numidischem Marmor und von fast zAvanzig'
Fuss Höhe war schon von ihm oder wurde von Anderen hinzu-
gefügt, mit der Inschrift: dem Vater des V'aterlandes. ^^J Sie
diente dem Müssiggange , der Raub - und Neuerungssucht zum
Vereinigungs-Puncte, und crliielt die ,, Gutgesinnten", die Feinde
des Gefeierten in steter Furcht. '^^) Dem Consul Dolabella war
diess sehr erwünscht; wenn er einschritt, so bewies er dem
kargen Collegen, dass er die Macht habe, seine Pläne zu durch-
kreuzen. Er reinigte den Markt, und gestattete nicht länger,
dass man hier dem neuen Gotte Opfer und Gelübde brachte und
mit einem Schwur bei seinem Namen Streitigkeiten entschied. ^C)
69) 2 Phil. 39. 8, 9. 70) 2 Phil. 40. (41.) 71) Das. 39. 40. Varro
de re rusl. 3, 5. 72) Lnleii §. 20. A. 12. 73") §. 13. Anni. 87. 71) Suet.
Cacs. 85. crr. Plin. 5, 2. (3). Alfar und Säule werden oft Eins für dai
Andere genannt, und das Ganze heisst auch liei Cicero aber ungenau
bustum ; jene standen nur auf der Stelle des Scheiterhaufens, ad .\tt.
14, 15. 1 Phil. 2. 2, 41. 75) Cic. ad Fam. 12, 1. 1 Phil. 2. 12.
76) Suet. I. c.
V. ANTONII. (14. §. IG.) 131
Selbst die Statuen des Dictator Hess er in Andere verwandeln,
und als der l'öbel die AVerks(ätte verbrannte, ^^) zerstreute er
ihn mit Gewalt. Mehrere Helen ; die Verhafteten wurden vom
Tarpejischen Felsen gestürtzt oder gekreuzigt, je nachdem sie
Freie oder Sciaven waren, Morauf er Altar und Säule niederzu-
reisscn und den Platz zur Pflasterung zu verdingen befahl. ^^)
Eine Hede, Avorin er das Volk zur Ruhe ermahnte, wurde gün-
stig aufgenommen; man begleitete ihn nach seiner Wohnung
und empHeng ihn im Theater mit Beifall.^") Aber am lebhaf-
testen äusserte sich die Freude der Grossen, welche ,, ihrer Ge-
sundheit wegen" ^'0 auf dem Lande waren, jetzt in der unheim-
lichen Nähe des Antonius, und am 1. Mai schon Nachricht
liattcn. ^'J Die Villa Ciceros wurde ihr Sammelplatz, um in
wiederkehrenden Gesprächen über das Hochwichtige zu — schwa-
tzen , welches ganz andere Zwecke hatte, und ganz anders en-
digen sollte , als sie ahndeten. Nun erhob sich Cicero wieder
als Anwalt der Republik , in deren Namen er nicht nur Brutus
und Cassius und jedem Andern, den es angieng, meldete, was
geschehen war,^-) sondern auch ein Dank- und Glückwunsch-
schreiben an Dolabella erliess. ^■^^ Es zeugt von einem gänzli-
chen Mangel an Haltung und Selbstachtung, und musste den
Mann um so mehr befremden, Avelcher seine edle Tullia un-
glücklich gemacht hatte, an die Rückgabe der Aussteuer oft und
bitter von ihm erinnert, und seiner nichts weniger als republi-
canischen Gesinnungen sich wohl bewusst war. Allein alles
Andere wurde jetzt vergessen. Es kam nur darauf an, dass
der Bruch ZAvischen ihm und seinem Collegen unheilbar wurde,
dass er entschieden das Interesse der Aristocratie verfocht, wie
Cicero hoffte, ^*) die Befreier nach Rom rief, wo sie nun wohl
77) App. 3, 527. 528. wo nur die Cons. verwechselt werden.
78) Ders. 1. c. Cic. ad Att. 14, 15 u. 16. 1 Phil. 2. 2, 41. Dio 44, 51.
Zon. 10, 12. Lactant. Inst. 1 , 15. 30. Sowohl Foggini zu Verr. Flacc.
Fast. p. 128. als Wolf und Baumgarten haben Suet. Caes. 85. missver-
atanden. Säule und Altar wurden zerstört 5 das: longo tctnpore bezieht
sich auf die Zeit von dem Auftreten des Marina bis zu dieser Handlung
des Dolabella. Lactant. dessen übrigens nicht gedacht wird, kann Ciceros
Zeugniss nicht entkräften. 79) Cic. ad Fam. 9, 14. fin. ad Att. 14, 16.
1 Phil. 12. 80) ad Fam. 1. c. 81) ad Att. 14, 15. cfr. 1 Phil. 2. 2, 41.
82) ad Att. 14, 17. ad Fam. 12, 1. 83) ad Fam. 9, 14. 84) ad Att. 14, 20.
9 *
132 V. ANTOMI. (14. §. lö.)
schon gcfalirlos „mit einem goldenen Kranze über den Markt
"•cheu konnten", ^■') und mit ihnen Antonius stürzte. Diess
wollte der Lolircdner befördern; daher die Anspiclun-jen in sei-
nem Briefe und zu einer Zeit, wo er au Tiro schrieb, dass
jener ihn nicht beleidigt habe. ^'') Indess blieb er selbst noch
auf dem l^ande, den Ausgang zu erwarten, und sollte es ratli-
sam Avevdcn, nacli Griechenland sich einzuschiffen. ^^>' Sein Ent-
zücken über ein Blutbad, Aveldies ihm persönliche Vortlieile ver-
hiess, erinnert an sein Verlialtca bei und nach der Erwürgung
der, Genossen Catilinas, Er begehrte sogar für den Urheber zu
"•eltcn , damit man in ihm den Vertheidiger der Republik wieder
erkenne, der auch auf seinen Gütern über sie waclie. Dolabella
thcilt er nur die Meinung Anderer darüber mit; auch gegen
Atticus rühmt er anfangs nur, er liabe nun seine Pilicht gegen
Brutus erfüllt, dann aber unverliohlen, von ihm sei alles au.s-
gegangen.^**-*
Ganz andere Sorgen beschäftigten Atticus in Rom; er fürch-
tete für seine buthrotischen Besitzungen. ^^) Indess konnte er
niciit umhin, auf Ciceros leidenschaftliche Mittheilungen einzu-
gelien. Wie immer trieb er seinen Scherz mit ihm. Er stimmte
in das Lob des Dolabella ein und fand es durchaus angemessen,
dass Cicero ihm schrieb; als es geschehen Avar, schien es ihm
wieder bedenklich, ihn zu sehr zu erheben, und er fuhr fort,
zu warnen , obgleich er auf seine eigenen Worte vcrw ieserj
wurde. Zuletzt folgte von der anderen Seite das Gestandniss,
das Lob sei ja nicht ernstlich gemeint, woAon der Consul sich
bald selbst überzeugen konnte, als er wieder „stachelige" Mahn-
briefe erhielt. '■"')
Denn die Blutsaat brachte die gehofftc Erndte nicht. Man-
cher billiirte die Zähmuns; des Pöbels aber nicht die Grausam-
keit gegen ihn, zumal da es folgerecht schien, dem zu opfern,
welchen der Senat zum Gott erhoben liatte; Andere wollten sein
Andenken geeiirt wissen, wenigstens durch die Männer seiner
Partei und durch die Behörden, ihrer eigenen Ehre und der
85) Das. 14, IC. cfr. App. 3, 528. 80) ad Fam. IG, 23. 87) ad
Att. 1. c. üV) ad Fam. 0, M. ad Alt, I. c. u. IC, 15. 81») S. Poniponii-
00) «ir. ad Alt. 14, IS. 10. '20.
V. ANTONII. (II. §. J(i.) J33
Ordmiiifi^ wejTcn, «Icnn sie hatten ihn in der Curie als Gesetz-
geher anerkannt; aus diesem tlrunde äusserte namentlich ]\insa
sein Missfaileii, und zwar auf dem Pompejanum gegen Cicero
selbst. '-"J Auf Antonius konnte die Nachricht, -welche er auf
der Heise erhielt, ebenfalls keinen günstigen Eindruck machen, '■'-)
aber sie setzte ihn nur augenblicklich in Verlegenheit. Er
kannte das Mittel, einen Nichtswürdigen zu beschwichtigen,
welcher den Namen eines ehrlichen Mannes längst verloren, und
in Schulden versunken, sich wahrscheinlich nur gegen ihn ge-
regt hatte, um erkauft zu Averden, obgleich er ihm schon Sy-
rien verdankte; '-^-^^ Eaberius^^) lieferte eine Urkunde, w'orin
ilim von Cäsar Geld aus dem Schatze angewiesen war, und
dadurch „zog Antonius ihn vom Himmel herab." y*^' Dass er
auch jetzt Cicero nicht befriedigte , ist sehr erklärlich , weniger,
dass der Verfasser des W'>''ks über die Pilichten ihn gerade jetzt
zu drängen beschloss, wo man entweder Rachsucht darin erken-
nen niusste, oder das Verlangen, mit den Spenden der Ops die
Schuld getilgt zu sehen. '■^■^)
Nach seiner Rückkehr nacli Rom hatte Cicero den Verdruss,
dass Antonius eine Statue Cäsars mit der Inschrift: dem hoch-
verdienten Vater des Vaterlandes, auf die Reduerbühne stellte, '•"'>
ihm an sich sclnncrzlich , da er einst selbst diesen Titel erhal-
ten liatte und ihn noch immer in Anspruch nahm, und übcr-
diess wurde der Pöbel dadurch gerechtfertigt und die That der
Befreier von neuem für Vatermord erklärt. Auch erbaute später
Octavian, um diess hier zusammenzufassen, auf der Stelle des
Marktes, wo Cäsars Körper verbrannt war, eine Capelle, und
gab ihr das Recht des Asyls. 'J'^ Aehnliche Heiligthümer ent-
standen auf seine Veranstaltung in Ephesus und Nicäa. ^^^ Die
Curie des Pompejus befahl er zu schliessen, weil sie der Scliau-
platz des Mordes gewesen war, *■''•') und weihte a. 29 am Comi-
91) ad Alt. 14, 19. 20. 92) 2 Phil. 41. {)2a) Unten §. 20. A. 22.
93) §. 14. Anm. 9. 94) 2 Phil. 41. cfr. 1, 12. ad AU. 14, 18. 10, 15.
ad Fam. 12, 2. 95) ad Att. IG, 15. üü) ad Farn. 12, 3. 97) Mon.
Aiicyr. tab. 4. v. 2. Chish. p. 174. Calend. Aniitern. et Antiat. August.
bei Verr. Flacc. ed. Foggin. p. 112 u. 128. Plin. 35, 10 u. 30. §. 15.
Slrabo 14, 2. 19. (p. 057), Sex. Ruf. reg. 8. Dio 47, 18. 19. 51, 19.
54, 35. App. 2, 521. Unten §. 59. A. 94. 98) Dio 51, 20. 90) Ders,
47 , 19. Suet. Caes. 88. *'
134 V. ANTONII. (14. §. 17.)
tium die julisclie , welche zu Ehren Cäsars diesen Namen er-
hielt.'""^ Auch verordnete er scliun als Triumvir, dass man
die Idus des Märzes in den Fasten als den Tag des Vatermordes
bezeichnete, an welchem der Senat sich nie versammeln sollte; ')
dass man am ersten Januar jedes Jahres die Gesetze und Ein-
richtungen des Dictalor beschwur, dass die Beschlüsse, worin
man ihn geehrt, gültig blieben, dass der Tag seiner Geburt
und jedes Siegesfest zugleich zum Andenken an seine Siege
gefeiert wurde. '■^^
§ 17.
Bei dem rastlosen Streben des Antonius und Octavian nach
der Herrschaft blieben die Verschworenen fast müssi^e Zu-
schauer. Wir haben sie seit dem Tage des Leiclienbcffänenisses
o
jgangi
aus den Augen verloren, "^) und kehren zu ihnen zurück. Den
Zeitpunkt ihrer Flucht aus Rom zu bestimmen, wird uns mög-
lichst erschwert. Freigebig mit fremdem Blute und ohne ein
Zeichen der Reue, welche sonst den Verbrecher am leichtesten
anwanilelt , wenn der Zweck verfehlt ist, waren sie auf ihre
Sicherheit bedacht. AVie aber M. Brutus und C. Cassius nach
der Amnestie versucht hatten , wieder als Prätoren aufzutreten, *'
so entfernten sie sich nicht unmittelbar nach dem Angriffe auf
ihre AVohnungen und der Ermordung des Hclvius Cinna, ob-
gleich diess fast allgemein behauptet wird. ■') Denn Cicero,
welcher früher entflolien war, bezeugt am 11. April seinen Üu-
Avillen über die Nachricht, dass sie sich nicht öffentlich zeigen
dürften, und gedenkt am 12. einer Unterredung zwischen ihnen
und Antonius; am 15. meldet er, man habe Brutus in der Nähe
von Lanuvium gesehen, und wünscht zu wissen, wo er ver-
weilen werde. ^) Nun aber befand sich Antonius damals in Rom,
und gerade in dieser Zeit setzte er den falschen IMarius, dessen
100) Die 51, 22. cfr. 44, 5. 45, 17. 47, 19. Plin. 35, 10. (1.)
Gell. 11, 7. u. die Münzen bei Kckli. G. p. 85. 1) Suet. Caes. SU. Uio
17, 1!). Val. IMax. 1 , 8. 8. 2) Dio 45, 7. 47, 18. Inten §. 50. A. 11. f.
3) §. 12. Anin. 04. 4) App. 4, 022. Dio 47, 20. 5) App. 3, 521. 549.
1, 022. Dio 44, 51. 47, 20. Pluf. Cic. 42. Brut. 21. Anl. l.i. nur im
<;aeij. 08. sagt er, wenige Tage nachher, cfr. Vellej. 2, 02. C) ad At(.
'-*14, 5. G. 7.
V. ANTONII. (14. §. 17.) 135
Tod Cicero am 15. April erfuhr, gegen die Verschworenen in
Bewegung. Demnach vcrliessen jene die Stadt gegen die Mitte
des Monats, und zwar früher als Decimus Brutus. Denn er
schrieb ihnen nacli einer niündliclien Verhandlung mit llirtius
ott'enitar aus Ruui , wo seine Gladiatoren ihm einigen Schutz
gewährten : Antonius habe crklilrt, er könne ihm keine Provinz
geben, und bei der Erbitterung der Krieger und des Pöbels
nicht für die Sicherheit der Verschworenen bürgen; er selbst,
Decimus, Mcrde um eine freie Gesandtschaft nachsuchen. Nach
einer abermaligen Zusammenkunft mit Hirtius wollte er für sich
und seine Genossen um eine Wache bitten , zweifelte aber am
Erfolge. ^>' Am 1 9. April meldete Atticus seinem Freunde , dass
er im cisnlpinischen Gallien, in der von Cäsar ihm bestimmten
Provinz, angelangt sei. ^^ Appian ist daher im Irrthume, wenn
er ihn sogleich nach dem Morde in die Provinz versetzt. ^)
Hier stand er nun aber mit einem Heere in der Nähe von
Rom, und man hoffte eine Zeitlang sehr viel von ihm. ^^) Wenn
die Municipien, die Colonien und alle Anderen ihn unterstütz-
ten, "-* ganz vorzüglich die Transpadaner, die Clienten des
C. Cassius, '-) so geschah dicss aus Zwang, nicht aus Erge-
benheit gegen den Senat oder gegen ihn als Befreier, wie Ci-
cero es darstellt, denn später nahmen diese Städte Antonius so
bereitwillig auf, dass er fürchtete, es werde ihm keine übrig
bleiben; '■'^ indess hatte er jetzt an Allem Ueberfluss und konnte
sich schnell verstärken. '^^ Seine Faction vergab ihm gern,
dass er aus eigener Machtfülle handelte, ^^) wenn er nur half.
Er half aber nicht, und darauf, nicht auf die Verschonung des
Antonius bei dem Morde bezogen sich die Klagen des Cassius
in Antium. ^^) Dieser wurde durch seine Unthätigkeit selbst Cicero
verächtlich, und war am wenigsten berechtigt, ihn zu tadeln:
wenn es ihm und Brutus nicht gelang , die Veter.inen Cäsars
und die Legionen in Macedonien in ihr Interesse zu ziehen, su
konnte Decimus die seinigen, deren Treue er in diesem Falle
7) Cic. ad Fam. 11, 1. 8) ad Att. 14, 13. 9) 2, 500. 3, 527.
529. 530. 10) Cic. ad Att. 11, 13. 15, 11. ad Kam. 12, 5. App. 3, 520.
11) Cic. 3 Phil. 15. 5, 13. 8, 2. 10, 5 u. 10. 12, 4. 12) 10 Phil. 5.
ad Fam. 12, 5. 13) App. 3, 558. 14) 5 Phil. 13. 12, 4. 15) ad Fdu.
11, 7. IG) ad AU. 15, 11. Oben §. 7. A. 82.
136 V. ANTONII. (14. §. 17.)
nicht einmal gewiss war, nicht gegen Rom führen. Aber er
war an sich unfähig, ein grosses, gemeinsames Ziel ins Auge
zu fassen, und darauf liinzuwirken. Siclierlieit, eine Provinz,
Geld und ein Triumph, diess war es, "worauf seine Plane sich
beschränkten. Er bekriegte Alpenvölker, angeblich, die Trup-
pen durch Beute zu fesseln; den wahren Grund verrieth sein
Schreiben an den Senat, ihm ein Siegsfest zu bewilligen, eine
Bürgschaft für den Triumph, und die Bitte an Cicero, seinen
Einfluss für ihn zu verwenden. ^^) Seitdem nannte er sich Im-
perator, ^^) und jener bezeugte ihm im nächsten Jahre vor dein
A'olke, dass nur die Rücksicht auf die Republik, d. h. die Waf-
fengewalt des Antonius, ihn bewogen habe, lieber seine Pro-
vinz zu vcrtheidigen, als den Aufzug zu halten. '^)
Auch andere Verscliworene nalimen die ihnen von Cäsar
angewiesenen Provinzen in Besitz; C. Trebonius, welcher am
22. Mai in Athen war, gieng nach Asia, Tillius Cimber nach
Bithynien, -") und man konnte mit Cicero sagen, dass der Staat
in seinem Sinne da sei, wo sie sich befanden , wenn sie für die
Aristocratie gerüstet hätten , wie er verlangte.
Die Häupter der Verschwörung blieben bis zum September
in der Nähe von Rom. Sie rechneten auf Wechselfälle als Folge
einer Sinnesänderun<j im Volke oder in Antonius. Seine Strenäje
gegen den falschen Älarius um die Mitte des April, wodurch er
sich ihnen zu nähern schien, hatte ihren ganzen Beifall. -0
Doch zweifelten sie noch an der Aiifriclitigkeit seiner Bekeh-
rung, und Brutus gieng nach Lanuvium , ganz gegen Ciceros
Wunsch, wie aus einem Briefe vom 19. April erliellt , -->' denn
sie sollten dem Gegner unter die Augen treten. Dieser ver-
siclierte, dass alles günstig endigen werde, wenn sie Volk und
Veteranen Zeit gönnten, sich zu beruhigen, durch Rüstungen
sie nicht A*om neuen reizten, und sie folgten ihm nur zu sehr.
Denn sie suchten Avedcr eine Verbindung mit Octavian, noch
sammelten sie Streitkräfte, um D. Brutus zu unterstützen, son-
dern cutlicssen ihre Anhänger in den Municipicn und behielten
17) ad Fam. 11, 4. IS) Das. u. 11, C. f. 19) G Pliil. 3. Vgl.
uiifoii §. 17. A. 81. 20) ad Fam. 12, IG. ad Alt. 14, 10. 21) ad Alt,
11, 8. üben §. 13. 2'2) ad Alt. 11, 10.
V. ANTONII. (14. §. 17.) 137
nur eine Schutzwache."-') Und doch regte sich dort eine Partei
für sie; Putcoli und Teanum Sidicinum wählten sie sogar zu
Patronen, aber sie hatten nicht den Muth, es zu benutzen, ^4)
und Avandten sich lieber an den Consul. ^'-^
Nach der Zerstörung des Altars durcli Dolabella-") ■wünschte
Cicero, dass sie nach Rom zurückgehen und n»it Hülfe des
Senats oder mit Gewalt die alte Verfassung herstellen möchten;
ein Brief des Brutus belehrte ihn im Anfange des Mai, dass
dieser vielmehr auf eine Auswanderung daclite.'-^^) Dann wollte
er am 1. Juni nicht im Senat, sondern auf dem Markte auf-
treten. Cicero fand diess ungereimt, du das Eine durch das
Andere bedingt wurde, -^^ und weigerte sich, eine Rede an das
A'olk für ihn zu entwerfen, wie Atticus verlangte. Als Grund
gab er die Eitelkeit des Brutus an , welcher schon ein Edict
von seiner Hand zurückgewiesen Jiabe; -^) er mochte sich aber
nicht zu sehr verwickeln, die Machthaber nicht beleidigen, wenn
er sich auch verpfliclitete , auf seiner Villa die gute Sache Hir-
tius, dem künftigen Consul, zu empfehlen. Diess forderten so-
wohl Brutus als Cassius auf das dringendste als einen Avichti-
gen Freundschafts -Dienst; denn von Anderen erwarteten sie das
Heil, von Cicero, der nichts wollte, als sicli selbst, "ton Hir-
tius , der ihm offen gestand , er fürchte sie eben so sehr als er
Antonius fürchte , ^"J von diesem endlich, der mit ihrer Einfalt
sein Spiel trieb.
Er hatte auf den 1. Juni eine Senats -Versammlung ange-
setzt , und sie plagten sich und Andere mit der Frage , ob sie
erscheinen sollten. Seine Vorkehrungen, die Gegner zurückzu-
schrecken oder zu zügeln, waren bekannt, und um so mehr
darf man glauben, dass sie nur einen Vorwand suchten, ihrea
Aufenthalt in Italien zu verliinjjern. Nach Ciceros Meinung
waren sie überall sicherer, als in der Curie; -^0 aber er wünschte
ihre Gegenwart, damit sie ihm den Weg bereiteten oder doch
einer quaalvollen Ungewisslieit ein Ende machten. Nur sollten
sie ohne ihn handeln , ihm fern bleiben , damit er Antonius und
Octavian nicht verdächtig würde. Brutus bat ihn indess um
23) ad Farn. 11, 2. u. nd Att. 15 , 1. 24) 2 Pbil. 40. (41). 25) ad
Att. 14, 15. 20) §. IG. A. 74. 27) ad Att. 14, 15. IC. 19. 28) ad
Att. 14, 18. 29) Das. 14, 20. 30) Das. 15, 1. 5. 6. 31) Das. 14, 22.
138 V. ANTONII. (14. §. 17.)
eine Unterredung, und er konnte nicht ausweichen: ganz kurz
gedenkt er der Freude, ihn gesehen zu haben. ^-) Nun eine
ärgere Zumuthung: er soll nach Lanuvium kuinmen; das wird
ein Gerede geben! es ist verhasst, kein Ausweg zeigt sich;
also zu Brutus, und dann nach Rom. ■*"*) Der Entschluss der
Verzweiflung wurde augenblicklich aufgegeben; es scheint aber,
dass er noch vor dem I. .Tuni mit Atticus zu den lüstigen
Freunden gieng. ^*-' Auch schrieb er ihnen, dass er keinen Ge-
danken habe, als sie und die Republik, erhob die blutige That
des Dolabella, und erbitterte sie gegen Antonius, welcher als?
Vollzieher ächter und unächter Decrete die Ihrige nutzlos ma-
che, ^^) und beschloss endlich, auf ihre immer erneuerte Bitte
um guten Rath nicht mehr zu antworten. ^6)
Durch die Nachrichten beunruhigt, welche sie während der
Reise des Antonius und später erhielten, dass er die Veteranen
nach Rom entbiete, und bis zum 1. Juni viele folgen werden,
dass es dort wieder gähre und sogar von der Herstellung des
Altars die Rede sei, und auf der andern Seite von den Opti-
maten , welche sie vorschieben wollten, aufgefordert, an jenem
Tao-e im Senat zu sein, befragten sie den Consul selbst, ob sie
ohne Gefahr sich einfinden könnten. So viel A'ertrauen hatte
er wohl nicht erwartet. Seine Antwort ist unbekannt; doch
mochte er theilnehmend vor den Kriegern warnen, welche er
nicht zu zälimen vermöge, und sich darauf beziehen, Mas Cicero
und Atticus zu Lanuvium von ihnen hörten. ^'^ Sie kamen
nicht, obgleich man glaubte, der Senat werde über ihre Pro-
vinzen verfügen. ^SJ
Je grösser die Zahl ihrer Rathgeher wurde, desto mehr
schwankten sie, und desto weniger mochte Cicero sich mit ihnen
"befassen. Denn ausser Servilia, der Mutter des Brutus, welche
den meisten Einfluss auf ihn hatte, ^^^ waren auch seine Ge-
mahlinn , Porcia , bei ihnen, Tcrtulla, die Gcmahlinn des Cas-
sius , Favonius und Andere, *^>' zum Theil durch Cato mit den
Lehren der Stoa wohl vertraut, mit welchen jedoch auch der
ftäXa atftvöq zu vereinigen wusste, dass seine Mutter das Gut
32) Dai. 15, 1. 3. 33) Da». 15, 4, 3t) Anva. 37. 35) ad Fam.
12, 1. 30) ad AU. 15, 5. 37) Das. 15, 20. 38) Das. 15, 5. Uuten
§. 20. 39) Das. 15, 6. 10. II. 12. 17. 24. 40) Das. 15, 11.
V. ANTüNII. (11. §.17.) 139
eines Mitverschworenen, des Pontius Aquila, behielt, ein Ge-
schenk Cäsars. *')
An Gegenständen der Berathung fehlte es nicht. Auch von
ihrer i'action ahgesehen, welche nach dem Ruder gelüstete, bo-
ten die persönlichen Verhältnisse des Brutus und Cassius Stoff
genug. Als Prätoren durften sie nicht ülter zehn Tage von
Rom abwesend sein, und als Vertheidiger des Gesetzes und der
Ordnung konnten sie nicht vor dem Ende ihrer Prätur Provin-
zen verwalten; Syrien war übcrdiess vom Volke Dolabella, und
Macedonien vom Senat Antonius überwiesen.*'''^ Sie mochten
weder als pflichtvergessen noch als verbannt erscheinen, und
der Ausweg, welchen ihre Freunde in Rom wählten, entsprach
den Plänen des Antonius so sehr, dass er ihnen gern entgegen-
kam. Demnach sollten sie Rom mit Getraide versorgen, und
Provinzen erhalten, welche sich dazu eigneten. Man glaubte
anfangs, der Senat werde am 1. Juni darüber verhandeln,
allein erst später, am 5. wurden sie auf Antonius Antrag von
der Pflicht, in der Hauptstadt zu sein, entbunden, und die
Provinzen bestimmt. *-) Auch über diese giengen Cicero und
ihnen selbst falsche Nachrichten zu, nach welchen Brutus in
Asia und Cassius in Sicilien Getraide kaufen sollten. ^V Aus
diesem Grunde, und weil der Beschluss nie vollzogen wurde,
kann es nicht befremden, wenn die Schrift.steller aus späterer
Zeit von einander abweichen. In Betreff des Brutus ist es über
allen Zweifel erhaben, dass ihm nicht Bithynien angewiesen
wurde, wie Appian in einigen Quellen fand, **) sondern Creta ;*■"•)
aber eben so richtig nennt jener beharrlich Cyrene als Cassius
Provinz, **•) nicht Creta und Cyrene, *^) oder Bithynien, ^^^ oder
Afrika.*-'^ Er hat hier das Vorurtheil für sich, weil er in dem
Anderen sich bewährt; die Erwähnung Siciliens in Ciceros Brie-
fen beruht auf falschen Gerüchten, obgleich in den Philippiken
nur die andere Angabe ausdrücklich berichtigt wird; dass Cicero
nicht mit Cassius sich einschiffen wollte, weil er nicht über
41) Das. 14, 21. 15, 12. 41 '>) §. 20. A. 22. 23. 42) Das. 15, 5.
0. 2 Phil. 13. Nepos Attic. S. Unten §. 20. A. 60. 43) ad Att. 15, 9. 11.
44) 3, 531. 45) Cic. 2 Phil. 38. 11, 12. App. I. c. u. 3 , 533. 536. 550.
4, 622. Die 43, 32. 46, 23. 47, 21. Plut. Brut. 19. 46)11. cc. 47) App.
3, 531. 48) Die 47, 21. 49) Flui. Brut. 19.
i40 V. ANTONIL (14. §. 17.)
die Meerenge der Insel hinaus mit ihm reisen konnte, beweiset
nur, dass sie ■\veiteiliin nicht Ein Weg f ührte ; ^'^^ nach Bithy-
nicn war bereits Tillius Cimher abgegangen, und in Afrika
stand Corniticius; sie waren Freunde des Senats, welcher sie
nicht A'erdräncccn mochte.
Es war ferner nicht seine Absicht, dass die beiden Ver-
schworenen durch diess Geschäft ihr Anrecht an prätorische
Provinzen verloren; man hat in den Beschluss hineingetragen,
was Antonius wünschte und dadurch vorbereitete. ^'^ Daher
klafft auch Cicero in den Briefen aus dieser Zeit nur über das
Schimpiliche des Auftrags, welcher die Herren zu Getraidehänd-
lern erniedrige; er sei einer Verbannung gleich zu achten, und hin-
dere Brutus, bei seinen Spielen in Rom gegenwärtig zu sein,
selbst seine Aeusserung, das Stillsitzen in Lanuvium sei freilich
noch ärger, beweis't, dass er nur an die nächste Zukunft, nur
an dieses Jahr dachte,^-) nicht an den Eintausch kleiner Pro-
vinzen ohne Heer gegen grosse mit zahlreichen Truppen. ^^-^
Für ihn lag das Widrige darin, dass es ihn wieder mit
den Befreiern in Berührung brachte, weil er nun auch darüber
seine Stimme abgeben sollte. Wozu konnten sie ihm noch
nützen? Sie waren nicht nach Rom gegangen, hatten nicht ge-
rüstet, und jetzt Avar ihnen Antonius auch schon zu stark. ^*J
Doch Hess sich das Verhältniss nicht sogleich abbrechen, und er
reis'te am 8. Juni zu ihnen nach Antium, wo er Brutus rieth,
anzunehmen, denn er habe jetzt nur noch auf seine Sicherheit
zu denken. Dasselbe sagte er Cassius, welcher später eintrat
und ungestüm erwiederte , er werde nicht gehen , sich nicht
einem schmachvollen Auftrage unterziehen, den er gar noch als
eine Gnade betrachten solle. Nach vielem Hin- und Herreden
wollten endlich beide sich dem Senatsbeschlusse fügen, wenn
der Getraidekauf erlassen werde, und diess verbürgte Servilia.
Cicero aber hoftte, dass seine Rechnung mit den „Antiaten'S
welche er höchst albern fand, nun geschlossen sei, denn sie
zogen darauf Schifte zusammen, um Italien zu verlassen.^-')
Nur wollte Brutus zuvor für seine Spiele das Erforderliche
50) Cic. ad Att. IG, 4. 51) App. 3, 533. 53G. cfr. Cic. ad Att. 15,
D. 52) Das. u. ep. 10. 53) App. 3, 550. 54) Cic. ad Att. 15, 10.
55) Das. 15, H. 12.
1
I
V. ANTONII. (H. g. 17.) 141
anordnen. Er gicng dtilier mit Cassius vieder nacli Lanuvium,
und am 25. Juni sogar noch tiefer ins Land, nach Anagnia. ^*')
Ciccrp scliricb ilun zwar auch in dieser Zelt, erwartete aber
mit Sehnsucht die Nacliricht von seiner Einschiffung, ^'^) und
war sehr überrascht, als am 30. ein Brief aus Anagnia ihn
einlud, den Spielen beizuwohnen. ^^^ Auch er wünschte, dass
sie eine Bewegung zu Gunsten der Befreier veranlassen und
bewirken möchten, was zu verhüten nach den Philippiken Bru-
tus nicht erschien, ^^) ihn aber, der selbst ausserhalb der Stadt
die Verbindung mit ihm geheim zu halten suchte, auf eine sol-
che Art mit seinem Ansehn in Anspruch nehmen, nannte er
gegen Atticus unvernünftig, und unter dem Vorgeben, dass der
Aufenthalt in Rom jetzt mit seiner Würde unverträglich und
er überdiess im Begriff sei , sich einzuschiffen , lehnte er dea
Antrag ab. ^^) Zu Putcoli, an der Küste, wo er am 7. Juli ein-
zutreffen gedachte, wollte er die Ereignisse erwarten, und.
Atticus wurde ersucht, ohne Verzug und recht oft zu berichten. ''O
Brutus war in der Nähe , auf dfer Insel Nesis , 02) ebenfalls
voll Verlangen , den Erfolg der Apollinarspiele zu erfahren,
welche er als städtischer Prätor zu geben verpflichtet war. Sein
College, der Prätor C. Antonius führte am 7. Juli und bis zum
Ende der Feier die Aufsicht , die Kosten aber trug er selbst.
Er hatte die Schauspieler gedungen, viele fremde Thiere ge-
kauft, und auch übrigefis nichts gespart, um sich beliebt zu
machen. ^"^^ Durch den Wetteifer , mit welcheni die Häupter
der Parteien sich um ihre Gunst bewarben, durch Geld, Acker-
gesetz und Spiele , wurden Volk und Veteranen noch übermüthi-
ger. Aber Antonius beunruhigte in der Mitte seiner Bewaffne-
ten der Andrang der Menge nicht, ''^) und er hatte manches
veranstaltet , Avas Brutus schaden oder ihn doch kränken musste.
Denn in der Ankündigung seiner Spiele wurde der Monat nicht
Quintilis, sondern nach dem Tyrannen Julius genannt,''^) und
man gab nicht den Brutus des Atticus , wie er gehofft hatte^
50) Das. 15, 17. 24. 57) Das. 15, 20. 23. 26. 58) Das. 15, 26.
Plut. Brut. 21. 59) ad Att. 15, 20. 10 Phil. 3. App. 3, 510. 60) ad
Att. 1. c. Gl) Das, u. ep. 28. 16, 1. 02) Das. 10, 1. C3) 1 Phil. 15.
2, 13. 10, 3i App. 3. 540. 541. Dio 47, 20. Plut. Brut. 21. 64) Cic.
ni\ Att. 15, 29. 65) Das. 10, 1.
142 V. ANTONir. (14. §. 17.)
sondern dessen Tereus. ^oj Mochte das \'olk einzelne Stellen
mit Beifall aufneliiiien , Aveil es sie auf ihn und seine That be-
zog, '•') es waren nur Aeusserungen befriedigter Schaulust; der
Theil der Spiele, uelclier an sich nicht reizte, Murde vernach-
lässigt, *'*'J und von einer Bewegung zu fjunsten der Befreier
zeigte sich keine Spur, obgleich einige Besoldete schrieen, man
müsse sie zurückrufen. <'3)
Indess begab sich Cicero am 8. Juli nach Nesis, wo er
Brutus den AVunsch eröffnete, ihn auf der Reise zu begleiten.
Dieser gieng wenig darauf ein. Er hielt zwar wie Cassius eine
hinlängliche Anzahl von Schiften in Bereitschaft, angeblich zum
Behuf des Getraidekaufs, erwartete aber zunächst Berichte aus
Rom. ^•'>' Der ,, Julius" empörte ihn, und seine Geschäftsträger
sollten das Tiiiergefecht nach den ApoUinarspielen auf den 13.
„Quintilis" ankündigen; sein Vertrauen zu der guten Sache,
welcher diese Massregel sehr erspriesslich schien, wurde nicht
erschüttert. Er wollte ihr Zeit gönnen, zögern, langsam schif-
fen , oft anlegen, um nicht zu fern zu sein, Avenn man in Rom
seiner begehrte. ")
Als Cicero am 10. Juli Briefe von Atticus erhielt, eilte er
wieder nach der Insel, in der richtigen Voraussetzung, dass
jener auch an Brutus geschrieben habe, dessen Freude über die
Aufnahme des Tereus er übrigens nicht theilte, da das römische
Volk seine Hände zu etwas Besserem als zum Klatschen gebrau-
chen könne; erfreulich sei nur der Aergcr der Antonier. '^J
Dann lief auch Cassius in die Bucht ein, in welcher Nesis lag;
er gieng nach Neapel, und Brutus blieb auf der Insel, einem
Eigenthume des Lucullus, um mehr zu hören. ^'^^ Ihr Zögern
Avxirde Antonius lästig. Um sie fortzuscheuchen, erliess er gegen
Ende des Juli ein drohendes Edict voll Schmäliungen, und
schickte ihnen Briefe von gleichem Inhalt. In ihrer Antwort
töm 4. August ist manches dunkel. Die Forderung, deren sie
gedenken, kann sich nicht auf die Erlaubniss beziehen, von
Rom a^bwesend zu sein, wie Manutius u. A. glauben, denn sie
eC) Das. IG, 2. 5. 1 Phil. 15. CT) 1 Phil. 15. 2, 13. 10, 3.
CS) 8.1 Att. 16, 5. C9) App. 3, 511. 70) Cic. ad Alt. 10, 1.4. 5.
10 Phil. 4. 71) ad Alt. IC, 4. 72) Das. 10, 2. 73) Das. u. ep. 3.
10 Phil. 4.
V. ANTOMI. (14. §. 17.) 143
war ihnen mit dem Auftrage gegeben, Getraide zu kaufen. ''*)
Sie erklärten, dass es dem Consul nicht gelingen werde, sie zu
schrecken, I;iugn«»ten , dass es ihre Absicht sei, einen Hiirger-
krieg zu erregen, und riethen ihm, niclit Männern gerieten zu
wollen, •welchen auch er die Freiheit verdanke, und sich zu
erinnern, wie bald Ciisars Herrschaft sicli geendigt habe. ^•'''
Im (ianzen war der Brief, welchen sie in Neapel sclirie-
ben, ^''^ friedlicher Art, und auch in einem Edict wieilerholten
sie, dass sie gern auf immer sicii verl)aiinen würden, wenn
diess die Ruhe erhalten könne. ^^^ Cicero war schon in See
gegangen, aber am 6. August nach Leucopetra verschlagen,
in dessen Nähe er sich auf der Villa eines Freundes aufhielt.
Hier theilten ihm llheginer, welche kürzlich in Rom gewesen
waren, eine gemässigte Rede des Antonius mit, und die Nach-
richt, am Ersten werde der Senat zusammenkommen, Brutus
und Cassius haben Consularen und Prätorier ersucht, gegen-
wärtig zu sein, und man hoffe eine Einigung. Diess bezieht
sich nicht auf den 1. September, Avie man glauben möchte,
sondern auf den ersten Sextil oder August. Cicero nennt ihn
zwar, aber so, dass es nicht gleich deutlich wird, er I.fsse die
Rheginer von einer Sitzung sprechen, welche noch bevorstand,
als sie von Rom abreis^ten , deren E!rfolg sie noch nicht kann-
ten und er selbst erst später erfuhr , ''^) von w elcher sie aber
viel erwarteten. Bald wurde ihm auch jenes Edict überbracht,
und er trat die Rückreise an. ^'') Am 17. August errciclite er
Velia. Brutus, dessen Schiffe in der Nähe, an der Mündung
des Haies, 8^) vor Anker lagen, kam zu ihm und bezeugte ihm
seine Freude über seinen veränderten Entschluss; er erhob
L. Piso zum Himmel, weil er am Ersten in der Curie frei-
müthig gesprochen hatte, und hoffte, dass nun auch Cicero
kräftig eingreifen werde. Dieser rcis'te weiter nach dem Pom-
pejanum, und vertrauete Atticus, er habe diese Absicht nicht. ^O
Er war am 1. September zwar in Rom, aber nicht im Se-
nat, und Antonius trug auf Supplicationen für Cäsar a_n._ Da-
-■ .". i i:
74) Oben Anm. 42. 75) Cic. ad Farti. 11, 3. 76) ad Alt. 16, 7v
17) Das. 1 Phil. 3. Vellej. 2, 62. 78) 1 Phil. 4. 79) ad Alt. 16, 7.
1 Phil. 3. Plut. Cic. 43. Unten §. 19. A. 6. 80; cfr. ad Fam. 7, 20,
81) ad Att. I. c. 1 Phil. 4. 10, 4. • •'^ •' -
144 V. ANTONII. (14. §. 18.)
mit scliicn alle IIofFnung vereitelt und jeder Vorwand zu län-
gerem Zögern benonuucn, daher Brutus mit Ziirücklassung sei-
ner Familie ^-^ nun endlich von Velia nach Athen abgieng, und
Cassius wenige Tage spater folgte, nicht um Cetraide zu kau-
fen, sondern um Macedonien und S^Tien zu nehmen, und nicht
einen Bürgerkrieg zu verhüten, 8^) wozu ihnen die Kräfte gänz-
lich fehlten , sondern diese Kräfte zu sammeln. Zu schwach,
Antonius und üctavian zu w iderstehen , verfielen sie in die
Rolle des Ersten ; sie vollzogen Verfügungen Cäsars , w elclie
Senat und Volk, was auch die Ursache sein mochte, aufgeho-
ben hatten, ^^) und verletzten die Verfassung, selbst wenn jene
gültig blieben , dadurch , dass sie jetzt schon die erwähnten
Provinzen verwalten wollten. ^'^)
§ 18.
Sic waren nach Cäsars Tode noch in Rom, als Cicero sich
auf seine Güter begab. Es erhellt aus dem Vorigen,^'') obgleich
er in den ersten Briefen, welche er jetzt an Atticus schrieb,
die Zeit nicht bemerkt hat; der fünfte ist vom II. April. 8^)
AVenn er öffentlich sprach , gieng er über diesen Rückzug leise
hinweg ; ^^-^ auch Atticus, ja sich selbst suchte er über die Gründe
zu täuschen, welche ihn dazu bestimmten; doch gelang es nicht
immer. Es würde ermüden , ihm überallhin nachzugehen , wo
er seine Selbstsucht verbergen will ; besser wird als Ergcbniss
einer genauen Beobachtung sogleich zusammengestellt, was Hin
wirklich und was ihn nur sclielnbar bewog, Rom und Italien
zu verlassen. Dicss aber muss hier besprochen Mcrden , w eil
es in mehrfacher Hinsicht in die allgemeine Geschichte dieser
Jahre eingreift.
Cicero hatte zwar an dem Morde nicht Thcll genommen,
aber er hatte dadurch, dass er zu den ]\Iördern auf das Capitol
gieng und eine Amnestie empfahl,^") sich zu ihren Grundsätzen
82) Flut. Brut. 23. 83) Cic. 10 Phil. 4. 84) Unten §. 20. 85) Cic.
1. c. Vellej. 2, 02. Säet. Oct. 10. App. 3, 511. Dia 17, 20. 21. Plut.
Brut. 23. 24. Flor. 4, 7. Oios. G, 18. Unten §. 39. A. 80. 80) §. 17.
Aiim. 6. 87) ad Alf. 14, 5. 88) 1 Phil. 2. 89) üben §. 8. Aiim. 99.
§. lU. A. 82.
V. ANTONII. (14. §. IS.) 145
bekannt. Man wusste olincliin, wie er {gesinnt war. Aus Furcht
und weil er schien Kinfluss nicht wieder gewinnen konnte,
rcis'te er auf das Land, wo er sonst gern, jetzt aber aus Noth
verweilte. ^^■) Nach seiner Behauptung war ihm das Leben
gleichgültig, denn er war alt, und hatte genug gethan für sei-
nen Ruhm; '■'0 dalier lilclt ihn auch nicht die Gefahr, sondern
die lliicksiclit auf seine Würde von Rom entfernt. '•'-) Indess
machte es die wilde Wuth des Pöbels bei und nach dem Lei-
clienbegangnlsse rathsam, ihm auszuweichen, das Rachegeschrei
der Veteranen, welche Antonius in die Hauptstadt zog, ihnen
nicht zu nahen. '•>-^) In Italien überliaupt war keine Sicherheit
inehri, denn schrecklich droheten die Freunde des Erschlagenen,
selbst in seiner Umgebung, ^^J und wem konnte es mehr gelten,
als ihm , der seine Freude über den 1 5. März so laut geäussert
hatte ; '''"^) den man einen Undankbaren nannte, weil er von
Cäsar begnadigt und mit Auszeichnung behandelt Avar , den
Matius, selbst dieser, dessen AVerth und Mässigung er aner-
kennen musste,*-"*) mit seinen schönen Wörtern Freiheit und
Vaterland zurückwies und auf das Unwürdige seines Benehmens
aufmerksam machte. '-^^^
Ohne Zweifel sprach er in den Versammlungen auf den
Villen , wie er an Atticus und die Verschworenen und selbst an
Dolabelhi schrieb , und eben so gewiss ist es , dass diess kein
Ceheimniss bleiben konnte. Nach jeder trüben Betrachtung kam.
er auf jenen Tag als auf das Einzige zurück, was ihn freue
«nd aufrichte, ^8) und es verletzte den Parteigeist und in einem
Matius auch das sittliche Gefühl um so mehr, als er sich selbst
sagen musste, dass der Mord, das herrliche Gastmahl, zu wel-
chem nicht geladen zu sein er bedauerte,^'-') völlig nutzlos ge-
wesen, dass dadurch nur ein Schlechterer an das Ruder gelangt
und daher eben die Freude über den Tod des Herrschers, die
Befriedigung des Hasses als der einzige Gewinn zu betrachten
sei. ^"'') Ein ähnliches Mahl konnte man auf seine Kosten be-
90) Cic. ad Fam. 16, 23. 9]) ad Farn. 10, 1. 92) ad A(t. 15, 5.
26. 93) Das. 15, 5. 94) Das. 14, 4. 21. 22. 15, 18. 95) Das. 14, 13-
22. 15, 5. 2 Phil. 9. 96) Das. 14, 4. 97) ad Fam. 11, 28. 98) ad
Alf. 14, 4. 6. 14. 22. ad Fam. 9, 14. 99) ad Fam, 10, 28. 12, 4.
100) ad Att. 14, 12. 14. 18. 22. 15, 4. ad Fam. 12, 1.
Urumanii) CTeschiclite Roms I 10
140 V. ANTON II. (14. §. 18.)
reiten; er fürchtete für sein Leben; ') Antonius, meinte er,
habe ihm den Tod schon angekündigt, und so wenigstens mochte
er nicht sterl)en , er wollte fliehen. -)
'Ueberdiess sah er voraus, dass Krieg sein werde. Antonius
rüstete; schon waren nach einem Gerüchte die Heere Ciisars
aus Callien im Anzüge; das spanische konnte folgen, auch
Sex. Ponipejus mit dem seinigen und mit der Flotte aus Spa-
nien kommen: ^) wohin sich wenden? Nicht zu D. Brutus und
den übrigen Befreiern, denn ihnen fehlten I\Iuth, Verstand,
Geld tmd Truppen; *) nicht zu Sextus, ^) dessen Bruder ihn
schon Avegen Abfall vom Vater hatte tödten wollen; nicht zu
Antonius, dem Beneideten und Verhassten , an welchen sich an-
schllcssen, den eigenen Ruf morden hiess; und konnten die
Verscliworenen nicht dennoch siegen?") ,, Weder hier noch dort
zu sein, wie Cäsar gestattet hatte," würde jetzt nicht gestattet
Averden. ') Also Partei nehmen. Wiire aber auch der Ausgang
des Krieges nicht imgewiss gewesen, so brachte ein Feldzug
doch immer Gefahr; er war dem Alter, den Neigungen Ciceros
niclit angemessen, welches ja auch Atticus zugab; lieber tau-
sendmal sterben, als in den Lagern sein; daher fort! ^) Aber
Frieden wünschte er nicht; nur sich selbst wollte er bergen.
Servius Sulplclus, Avelcher die Gemüther zu versöhnen suchte,
umherzog , als gebe es einen Rechtshandel zu schlichten , erwarb
sich bei ihm den Spottnamen Vermittler. ^) Sextus Pompejus,
unschüdlich, Avenn er an der Seite der Verschworenen auftrat,
sollte die Waffen nicht niederlegen , denn ohne Bürgerkrieg
auch keine Freiheit, und bestätigen sollte es sich, dass Muna-
tius Plancus aus Gallien zum Beistande des D. Brutus herbei-
eilte. 1»)
Zur Furcht gesellte sich der Schmerz über die vereitelte
Hoffnung, nach Cüsars Tode im Senat und auf dem Markte die
alte Stelle wieder oinzunehmen , oder Avie Cicero es ausdrückt,
die Republik hergestellt zu sehen. Frevler hatten mit A'crrucli-
ten Waffpn Senat und Tribunale A-ernIchtet, und das Haupt
1) ad AU. J4, 13. 15, 18. 2) Das. 15, 20. 3) Das. 11, I. 5.
15, 19. 20. 21. 1) Das. 14, 4. 15, 20. S. unten §. 19. A. 82. 5) Da».
14, 13. (i) Das. I. r. 7) Das. 1. c. u. .15, 20. 8) Dai. 14, 13. 19. 21.
22. 15, Ml, 20. !>) Das. 15, 7. 10) Das. 15, 29. IG, 1.
V. ANTONII. (14. §. 18.) 147
dieser Frevler war Antonius. DesTialh konnte zwisclien ihm iin«1
Cicero nie Friede sein; die eine Beleidigung, dass er von dem
Steuer des Staates abermals rerdrängt ivar, schloss für diesen
jede andere in sich. Er mochte die Pclopiden , ") welche CR
statt seiner führten, nicht sehen, nicht einmal von ihnen hö-
ren, und entfernte sich.'--* Zuweilen beliebte es ihm, selbst
gegen Atticus nicht diese Gründe, sondern einen andern anzu-
geben, die Sehnsucht nach seinem Sohne in Athen, dessen Stu-
dien er leiten wollte, ^'-^f
Schon lange hatte er diesen Wunsch gehabt , '*) und um
80 mehr könnte es befremden, dass er die aufgedrungene Müsse
nicht da/u benutzte. Sein Sohn lieh aber nur den Namen bei
einem Reiseplane, ,, welcher ihm wahrlich niemals Freude mach-
te." ^^) Wie manches ihn auch trieb, ihn auszuführen, so
mächtige Bande hielten ihn zurück. Jeder Vernünftige musste
einsehen, ,,dass es nicht eine Legation sondern Desperation
war", wenn er als Ijcgat in andere Länder gieng. ^6) JJ„|. j^
Rom fand er sich selbst Mieder, konnte er wirken und glänzen;
lieber dort mit Gefahr, als mit völliger Sicherheit in Athen. ^^'
Unheimlich Mar es ihm schon auf den entfernteren Villen; sein
Tusculanum , ihm stets vor anderen Mcrth , stieg jetzt durch
seine Lage bei ihm im Preise, '^) obgleich die Furcht ihm sel-
ten erlaubte, es zu bcMohnen. Die erste Nach-icht von einer
günstigen Veränderung, rom Sturze des Antonius, von einem
Vergleiche, Menn es sein musste, ^^) sollte ihn nach Rom zu-
rückführen; kaum hielt er sich ohnehin, mochte Merden vas
wollte. 20) Er zögerte also; bis er das Schiff bestieg, blieb ihm
die Freiheit, nach den Umständen zu handeln. -0 Anfangs ge-
dachte er am 1. Juni im Senat zu sein, aber die Veteranen
erregten Besorgniss, ^^J y^d Brutus sollte versuchen, Mas er
selbst nicht Magte; erhob sich das Volk für ihn, hörte, duldete
es ihn auch nur, so war der Sieg gewiss; -^) aber auch Brutus
11) Da». 14, 12. 15, 11. cfr. ad Fam. 7, 30. 12) ad Alt. 14, 4.
6. 10. 13. 17. 15, 5. ad Fam. 10, 1. 12, 25. 1 Phil. 2. de offic. 2, 1.
«. 3, 1. Topic. 1. 13) ad Att. 14, 7. 13. 10. 16, 3. 14) Das. 14, 13.
15) Das. IG, 7. 16) Das. 15, 20. 17) Das. 10, G. 18) Dai. 15, Iß.
17. 19) Das. IG, 7. 20) ad Fam. 16, 21. 21) ad Alt. 15, 18. 23
l«, 2. 22) Da«. 14, 14. 22. 23) Das. 14, 20.
10*
148 V. ANTOMI. (11. §. IS.j
wagte nicht. Noch durfte man nicht ganz verzweifeln; die
Spiele des Brutus konnten den Dingen einen Umschwung ge-
hen; aher das Volk, statt darein zu scljlagen, sclilug nur in
die Hände. -^^
Ausserdem war die öffentliche Meinung zu heaehten , mit
dem Leben der Ruf zu retten, und auch deshalb dachte Cicero
ungern au die Reise. Ihn sollte der Vorwurf nicht tre'Fen,
dciss er die Republik in der Gefahr verlasse; --0 das Cieredc
scheute er , nicht das Unrecht. Es bestimmte ihn zum Theil,
die ZerstöruiiiT der Säule durch Dolabella für sein Werk zu
crkliiren, dunüt er dann mit Ehren sich zurückzuziehen schiene, *^)
und die unerschöpiliche Ceduld des Atticus wurde durch stete
Erkundiirunjren nach dem U'rtheile der Welt über ihn auf eine
harte Probe gesetzt. Es war nicht Ueberdruss , sondern nur ein
muthAvilliger Scherz , wenn jener dem Geängstigten den Rath
gab, Staat Staat sein zu lassen, und sich einen guten Tag zu
machen nach der Regel des Eipicur, oder wenn ihm das Wort
entschlüpfte, man müsse sich dem Sieger unterwerfen, sein
Grundsatz, aber ein schrecklicher Missklang für den Freund. -'-*
War er doch sonst in Allem mit ihm einverstanden, besonders
dann, wenn er ihm Avidersprach , weil er etwa mit allen denk-
baren Gründen bewies, dass er etwas thun müsse, Mas er nicht
gern that. Um nicht als Abtrünniger zu erscheinen, versicherte
Cicero, er werde am 1. Januar -^), unter den neuen Consuln,
in welche er übrigens nicht das mindeste Vertrauen setzte, -•''
wieder in Rom sein, und äusserte seine Freude, dass er nach
den Bestimmungen des überpontifeu Lepidus auch als Augur in
dieser Zeit nichts versäume , -^^^ Avorauf Atticus ihm schrieb,
sein Vorliaben, eine Reise zu unternehmen, werde gebilligt, ge-
lobt, täglich mehr gelobt, zum Himmel erhoben, wofern er am j
1. Januar sich wieder einlinde, und unter dieser Bedingung sei
auch er dafür. ^') Als er sich eingeschifft hatte, rief er ihm
nach: komm zurück; erinnere dich, was du von einem ruhm-
vollen Tode gesagt hast ; ^-^ willst du das Vaterland verlassen i
21) Oben §. 17. A. 72. 25) ad Ait. 11, 5. 13. 15. 15, 25. 10, 2.
20) Das. 11, IC. Olien §. Ifi. A. 8S. 27) ad At(. 14, 20. 15, 3. 28) »a».
IG, 1. 5. e. 7. 1 IMiil. 2. lMu(. Cic. 43. 29) Unten §. 19. A. G4. 30") ad
AU. IG, 5. 11. 31) Das. 15, 29. 16, 1. 2. G. 7. 32) Tusc. Qu. 1, 4r)
V. ANTOMI. (14. §. 18.) 149
«leinen Gläubigern entlaufen? ja er verlangte eine Sclirift von
ifmi, Avoria er sich rechtfertigte. Cicero erstaunte über diese
>Vi(lerspriichc und fand die JSchrift überflüssig, da er bereits
auf dem Rückwege sei, doch wollte er sie liefern, ^^f) ISein
Freund hatte entweder nicht geglaubt, dass er die Reise antre-
ten werde, oder durch den Versuch die Sache ihm verleiden
wollen; er wusste, dass niclits für ihn zu fürchten war, wenn
er ruhig blieb, und dass er gern zurückkam. Bei den Optima-
ten hatte sein Ruf ohnehin schon durch seinen Neffen gelitten,
welcher sich eine Zeitlang an Antonius anschloss , und an den
Parilien Cäsar zu Ehren mit einem Kranze erschien. ^^)
Von allem Oefl'entliclien abgesehen , war es ihm höchst
schmerzlich, sich auf diese Art ,,A"on seinen Augäpfeln, von sei-
nen kleinen Villen zu trennen , welche so schön gebaut , so au-
niuthig gelegen waren,'' ^^) auf deren Ankauf und Anbau er su
viel verwendet hatte , um sich den Grossen gleich zu stellen,
welche über ihre Fischteiche die Republik vergassen. '^''>' Es ist
■ sehr erklärlich, dass der Mann beim Scheiden vom Vaterlande,
von welchem er glaubte , dass die Flammen des Bürgerkrieges
über es zusammenschlagen würden , auch an sich dachte , und
nicht weniger, dass er nur an sich dachte; in den Philippiken
trat die Republik in ihre Rechte. ^^^
Was ihn nacli seinen Briefen sonst zum Zögern und zur
Rückkehr bestimmte, war entweder Vorwand oder Nebengrund.
llv hatte Schulden und mochte nicht in den Verdacht gerathen,
als reise er in böser Absicht ; ■^^) sie zu tilgen war schwierig,
weil bei der Erwartung eines Bürgerkrieges der Gcldverkehr
stockte. ^^^ Ueberdiess bedurfte er Geld zur Reise und zur Un-
terhaltung seines Sohnes, Avelcher in Athen an Aufuand keinem
andern jungen Römer naclistehen sollte. ■*") Doch hatte er mehr
«u fordern als zu zahlen , ^') er liess Güter und Geschäftsträger
zurück, und für seine Reisebedürfnisse wurde gesorgt; daher
konnte er weder üble Nachrede, noch A^erlegenheiten ernstlieh
fürchten.
33) ad Att. IG, 7. .'54) Das. 14, II. 19. 35) Das. 16, 3. C. 36) Das.
I, 18. §. 3. 19. §. 6. 20. §. 4. 2, 1. §. 0. 9. §. 2. 37) Uni-en §. 19. A-
II. 38) Cic. ad Att. 15, 15. 17. lö, 2. 7. ad Farn. IG, 21. 39) ad
Att. 16, 7. 40) Das. 15, 15. 17. 20. 41) Das. lü , 2. G. S. Tulüi.
150 ^'- ANTOMf. (14. g. lü.)
Aucii ilie Getuhreii »ler Heise kamen bei ihm in lictracht.
aber keineswegs in dem .Maasse, als er vorgab, wenn gerade
kein anderes Hinderniss sich darbot, oder wenn er die Gründe
^^ das Bicilien zu verstarken wünschte. Leber Brundusium zu
sehen wunle bedenklich, weil dort nach einem Gerüchte auf
Antonius Befehl die Legionen aus Macedonien landeten, ^-) und
nie liebte er es, sich dem ^[cere anzuvertrauen, am wenigsten
jetif5t in seinem Alter ^■^J und bei den Räubereien der Dymäer.
welche Pompejus im Piratenkriege gefangen genommen und nacli
Achaja versetzt hatte. ^*) Atticus endlich war ihm zu werth,
als dass man zweifeln könnte, er habe ungern au die Trennung
von ihm ffedacht;*^>' die Einschiffung wurde aber deshalb nicht
einen Augenblick verschoben. Er zeigte sich wie zu Pompejus
Zeit, als es in Frage kam, ob er ihm folgen oder bleiben
sollte; wie damals schwankte er jetzt, war eben so wenig um
Gründe und Scheingründe verlegen, um einen Wortschwall,
ohne welchen er nie handeln konnte, aber er war auch eben so
unglücklich.
§ 19.
Versetzen wir uns in seine Lage. Die sthmerzlicheri Ge-
ftihle , mit welchen er einst die Tage des Exils verlebte, er-
neuerten sich in ihm, und manches drückendere kam hinzu.
Es war jetzt nicht eine äussere Gewalt, Avelclie ihn von Koni
und Italien entfernte, sondern freier Entschluss , obgleich von
Furcht und Üeberdruss der Ohnmacht eingegeben. Schwer
niusste es ihm werden, zu beschliessen, was seinen Wünschen
und Plänen und auch, wie eine geheime Stimme mahnte, der
Ehre und der Pflicht so gänzlich widerstrebte. Seine Versuche,
sich zu rechtfertigen, waren Selbstanklage, dass er nicht da
sei, wo er sein sollte. Zwar richtete er die Künste des Sacl»-
walters gegen sich selbst, sich einzureden, es handle sich nicht
um Pflichten gegen Staat und Partei, welclien er vollkommen
genügt habe, sondern nur um seinen Huf, und war darin so
glücklich, dass er es über sich erhielt, die Lauen und Müssigen
42) ad Alt. 16, 2. 4. 43) Dai. 16, 3. cfr. 15, 2.-). 41) üai. IC.
I. 2. App. Rlithrid. p. 237. Strah. ä. p. 38S. Plut. Pomp. 28. 4i) ad
\U. 16, 3. 6.
V. ANTONH. (U. ij. ly.) 151
meines Standes zu hclmialien ; ^^^ aber niituiiter tauctiteu doch
auch andere Gedanken auf. Dann gab er zu, dass er es nicht
dürfe au sich fehlen lassen, wenn das Lebel durch ihn geheilt
werden könne; dass Ereignisse denkbar seien, welche es ihm
möglich macliten, der Republik zu nützen; '^''^ dass Brutus das
Bewusstsein einer herrlichen That, ihm aber nichts übrig bleibe,
als auch nach dem Tode des Königs Sclav zu sein, wie er
hinzufügte, um zu verbergen, was er fühlte. '^^-> In dieser
•Stimmung war ein Lob ihm ganz vorzüglich willkommen; es
nahm ihn gegen sich selbst in Scliutz. ^'-"^ Aber, sagt man,
was sollte er thun ? Sich seiner Ansprüche begeben, oder Farbe
halten, redlich wollen und mutiiig wagen; nicht Andere vor-
schieben, zum Kampfe spornen, und im Hintergrunde auf die
Beute lauern; nicht die Mörder „die Lusrigeu'' '^'■^) und CJötter
und Heroen nennen, und sich zwischen beiden Parteien durch-
winden, um mit keiner zu unterliegen, und mit jeder Sieger
zu sein; nicht Miinner , welche handelten, wie er, verdammen;
die Umstände würdigen und seine Kraft; in einem eisernen
Zeitalter nicht nach einer Stellung streben, für welche er kei-
nen Beruf hatte, als seine Eitelkeit, avo es der Waffen bedurfte,
nicht der Worte. Der Mann , At elcher aus reinen Bewegungs-
grünJen, des allgemeinen Besten wegen gegen den Sturm an-
kämpft, und mit edler Sclbstverläugnung in ihm untergeht, war
Cicero niclit. ^*)
Mehr noch als die Innern Vorwürfe folterte ihn das Gcfülil
des Nichts, in welches er versunken war. Nur vorübergehend
ivurde ihm nach Cäsars Tode das lang entbehrte Glück, über
Senat und A olk durch Ansehn und Beredtsamkeit zu herrschen;
bald folgte wieder eine dunkle Zurückgezogenheit. Der Reu-jr
wurde zum Rhetor herabgewürdigt, seine Kunst aus dem Leben
in die Schule verbannt; ^^ statt aufzuzeichnen, was er vom
Beifalle begeistert öffentlich gesprochen hatte , beschäftigte er
sich mit Bücherschreiben und mit der Philosophie, die lästige
Zeit zu tödtcn. ^^) Er schrieb in diesen wenigen Monaten mehr,
40) Unten A. 75. 47) ad Att. 14, 5. 13. 48) Das. 14, II. 12.
49) Das. 15, 7. 5ü) Das. 14, 1. 4. 15, 1. 4. C. 51) Das Weitere in
der Geschichte Beines Lebens. Vgl. unten §. 21. A' 92 t. 52) Aiiui. ä6.
3i; Cic. de omc. 2, 1. 8. 3, 1.
15'i V. ANTONII. (14. §. 19.)
als vorher in Jahren, 54) wobei jedoch sein zweiter Aufentlialt
auf dem Lande A'oni October bis zum Anfanj^e des December
mit in Rechnung kommt. ^^) Während sich niemand zeigte , von
welchem er seine Herstellung hoffen durfte, da das Volk nichts
gegen Antonius unternalim, Doiabella von ihm bestochen wurde,
die Befreier Getraide kaufen wollten, Octavian zu jung und
als Cäsar verdächtig war, Sextus Pompejus als Rächer einer
Ton ihm verlassenen Partei nur Furclit erregte, war er mit
seinem Schmerze nicht einmal allein. Baibus und die Consuln
des nächsten Jahres, Hirtius und Pansa, Freunde Cäsars, such-
ten ihn im April und einem Theile des Mai auf seinen Gütern
zu Puteoli und Pompeji heim , mit dem Ansinnen, sie im Reden
zu üben, und er konnte sich ihnen nicht versagen, so sehr
auch „diese Schüler" ihm verhasst Maren, ^O) Hirtius noch ins-
besondere wegen seiner Schwelgerei. Seine Verlegenheit wurde
grösser, als das Ackergesetz des L. Antonius ihn für seine
Güter fürchten liess, '^'0 und in der zweiten Hälfte des April
Octavian, ^^) und dann auch Antonius^**) in diesen Gegenden
erschienen; den Mördern konnte sein doch unabweislicher Ver-
kehr mit Cäsars Sohne, und diesem seine Verbindung mit ihnen
nicht gefallen, und Atticus drang auf eine Unterredung mit dem
Consul, weil er für seine Besitzungen in Epirus besorgt war.
Die Männer seiner Partei, mit welchen er in Berührung
kam, waren ihm ebenfalls nur lästig; die Befreier, deren Un-
tüchtlgkeit er erkannt hatte , und deren Freundschaft ihm An-
tonius und Octavian verfeinden konnte, und nicht Aveniger die
missvergnügten und verzagten Grossen in den Muuicipien und
Villen. Sie besassen Güter auf der reizenden Küste von Puteoli,
Cumä, Neapolis und Bajä, oder besuchten sie ihrer Schönheit
und ihrer Bäder wegen , und weil sie eben einander hier zu finden
hofften. Schon im April klagte Cicero über den starken An-
54) de offic. ad Aft. 15, 14. 21. 16, 11. 14. de senect. ad Alt. 16,
3. 11. de gloria ad Att. 15, 27. 16, 2. C. de fato, de fat. 1. Die topica
verfasste er auf dem .Schiffe, ad Farn. 7, 19. und seine geheime Ge-
schichte, anecdota , welche noch nicht bekannt werden lollte , wurde
ütterarheitet. ad Alt. 14, 17. Es ist hier nicht der Ort, diess weiter
auszuführen; b. Tullii. 55) Unten A. 5«) ad Att. 14, 0. 11. 12. 20. 21.
32. 15, I. de fato. 1. Plut. Cic. 43. 57) §. 14. A. 71. 58; §. 15. S'J) J. lü.
V. ANTONII. (14. §. 19.) 153
drang, und er nahm zu. ''"J Das Leben in der Gesellschaft
dieser Männer hcfricdigte ihn nicht und raubte ihm Zeit zu
besseren Beschäftigungen. Auch sollte es nicht das Ansehen
gewinnen, als bilde sein Landhaus zu Putcoli einen Vercinigungs-
Punct für sie, wie sehr es ihm auch schmeichelte, dass sie dort
und sonst bei jedem wichtigen Anlass zu ihm kamen, sich mit
ihm zu freuen , oder seine Meinung zu vernehmen. ^*) Er wollte
parteilos scheinen, aus der Ferne und unbemerkt das Feuer
schüren und sich zugleich den Rücken decken. Daher sein
Briefwechsel mit aller Welt, mit Freund und Feind, nur Sextus
Pompejus ausgenommen, so weit Ton den Parteihäuptern die
Rede ist. 02;
Seine Sehnsucht nach Curie und Markt und sein hülfsloser
Zustand vermochten ihn dazu, und er entschädigte sich durch
Spott und bittern Tadel für den Zwang, welchen er sich dabei
anthun musste. Am glimpflichsten verfuhr er mit Octavian,
■weil er ihn am wenigsten durchschaute; er war noch Knabe,
ein Kind; man musste ihn nur dem Einflüsse des Antonius und
der Veteranen entziehen, damit er es sich nicht etwa beigehen
liess, als Erbe Cäsars eine Rolle zu spielen. ^3) Ueber die an-
deren Freunde des Dictator ergienff ein härteres Gericlit und
insbesondere über Hirtius und Pansa, die designirten Consuln,
,,wenn man sie so nennen konnte", da jener sie erwühlt hatte. ''*)
Cicero liebte sie nicht. ''■^) Mochte Hirtius die Willkühr des
Antonius missbilligen, in der Sache war er mit ihm eiuAerstan-
den; ^^) denn als Verehrer Cäsars missbilligte er den Mord noch
weit mehr,**^) und während er den Frieden auf den Lippen
trug, wünschte er Krieg gegen die ^efreier, ihren Untergang;
unmöglich >var es , ihn umzustimmen. ^^) Pansa war sein Ver-
trauter und ihm gleichgesinnt, '''■') von seinem Consulat nicht
mehr zu hoffen. "^^^ Audi er zeigte sich friedliebend und den
Verschworenen zugethan; aber wer mochte ihm glauben? AVas
unternahm er gegen Antonius , und welche Ursache hatte er,
CO) ad Att. 14, 9. IG. Gl) Das. 14, 6. Fam. 9, 14. 62) Der
Sextus, welcher ihn nach ad Att. 15, 7. lobte, konnte schon deshalb
niclit Pompejus sein. 63) ad Att. 14, 10. 12. cfr. ad Farn. 10, 28.
4 Phil. 1. G4) ad Att. 14, 6. 9. G5) Das. 14, 12. 06) Das. 15, C.
07) Das. 14, 22. C8) Das. 15, 1. 5. C9) Dai. 15, 22. 70) Das. IC, 1.
154 V. ANTOMI. (14. §. 19.)
dessen Feind zu sein?^') Als sie bei Mutina entscheiden sullten,
•wurden Beide als Freunde der Freiheit und der Republik von
Cicero gepriesen,''-) dessen Bruder sich noch verächtlicher über
sie geäussert hatte, gewohnt, seinen Griffel in Galle zu tau-
chen. ^"^'' Dass Baibus kein \ertraueu fand, die Versicherungen
seiner Ergebenheit für Verstellung galten, kann nicht befrem-
den, der geschmeidige Hofmann war bekannt,^*-' und noch
weniger, dass Antonius, das Haupt der Pelopiden, und mit
ihm sein treuestes Werkzeug, sein Bruder Lucius, der Gegen-
stand eines tödtlichen Hasses waren.
Aber Cicero schonte auch seine Parteigenossen nicht, veil
sie jene nicht zu stürzen versuchten. Selten erwies er den
„Gutgesinnten" auf den Villen von Latiura und Campanien die
Ehre, einigen Muth bei ihnen vorauszusetzen. ^^-^ Ihre Schlaff-
heit ~^^ wurde nur von ihrer Furcht und Dummheit übertroffen.
Als einfältige Menschen, bruti, Avelche sich weise zu sein dünk-
ten , zeigten sie sich schon auf dem Capitol , als sie den Bru-
tus Glück wünschten und nicht blieben. ") Dann lauschten sie
in den Municipien auf Nachrichten von Rom, schmollten und
jubelten, und indess wurde in der Curie nichts beschlossen; so
Cicero zu Fundi, als der Nachtisch aufgetragen war. ^^>' Am
schändlichsten benahmen sich die Cousularen ; ''^) nicht Einer
unterstützte L. Piso , als er am 1, August im Senat die Stimme
für die Republik erhob, S") — und Cicero zu Sj-racus war, ^O
sich nach Athen zu retten.
Die Mörder cadlich, deren That über alles Lob erhaben
war, fehlten doch gleich anfangs sehr, als sie nicht auch An-
tonius mordeten. 82) Und was leisteten sie nachher, M. Brutus,
Cassius, die Häupter? Sie lustwandelten in der persischen Halle
in Lanuvium,83j wussten sich nicht zu rathen, und wagten nichts,
so dass auch Andere ihnen nicht rathen konnten,^*'' und es
fast lächerlich Avar, wenn ihre Gegner fürchteten, sie möchten
71) Das. 14, 20. 15, 22. 72) ad Fam. 12, 4. 3 Phii. 14. 73) »d
Farn. IG, 27. 74) ad Alt. 14, 21. S. Cornelii Balbi. No. 1. 75) ad
Alt. 14, 20. 70) Das. 14, 6. 77) Das. 14, M. 78) Das. 14, 6. 79) cfr.
ad Fam. 12, 4. 80) ad Alt. IG, 7. S. unten §. 21. 81) 1 Phil. 3.
82) Olien J. 7. A. 83. 83) ad Alt. 14, 10. 15, 9. 84) Dat. 15, 4. 10
11. 20.
V. ANTONir. eil. §. 19.) 155
r.n den Waffen greifen. ^^) Und das Ende ? Sie wollten Getraide
kaufen , sich scUist cnteliren und verbannen. ^'')
in Cüsars Leben ist ihre That vom 15. März zu würdigen.
Sie hatten nicht über den Ausenblick des Dolchstosses hinaus
gedacht, einem wankenden Gebäude die Stütze genonunen , ohne
sie durch eine andere ersetzen zu können. Doch hiitte es ihnen
nicht an Macht, sondern nur an Mutli und Willenskraft dazu
gefehlt, so fragt es sich , ob Cicero berechtigt war, sicli über sie
und über Andere zu beklagen, welche nacli seiner Meinung ihre
Schuld theilten. Wie er selbst dachte und handelte, ist bereits
bemerkt; es bleibt nur übrig, ihn auf seiner Reise zu begleiten,
welche ihn belehrte , dass man auch mit ihm keineswegs zu-
frieden war. Er dachte bei Zeiten darauf, mit Anstand und
unter einem scheinbaren Vorwande Italien zu verlassen , wenn
er nun einmal nicht Avürde bleiben können. Eine alberne Scheu,
schreibt er am II. April, habe ihn abgehalten, schon früher
um eine freie Gesandtschaft nachzusuchen ; man sollte nicht
glauben, dass er den politischen Stürmen ausweiche; dieselbe
Rücksicht Hess ihn auch nachher lange zu keinem Ents-hlusse
kommen, s^) Oft wurde von Senatoren ein Gelübde als Grund
angegeben, wenn sie mit einem ößentlichen Character, als Ge-r
sandte, in Privatangelegenheiten zu reisen wünschten. ^^-> Cicero
sollte es ebenfalls zum Vorwande dienen. ^^) Doch ein Gelübde
für die Erhaltung der Republik nach ihrem Falle zu erfüllen,
war ungereimt, ^^) und ein Gesetz Casars untersagte des häufi-
gen Missbrauchs wegen solche Schein -Auftrage auf langer als
fünf Jahr zu geben ;^'>' überdiess hatte doch Mancher gelesen:
anders als im Staatsdienst' als Gesandter reisen, sei schändlich, ^2)
und weltkundig war es, dass Cicero als Consul heftig dagegen
geeifert, die vorher ungemessene Zeit auf ein Jahr beschränkt
hatte, und nur durch den Einspruch eines Tribuns gehindert
war, die Ungebühr ganz abzustellen. ^2) Jetzt waren ilim an-
geblich fünf Jahr nicht genug, war eine solche Gesandtschaft
ehrenvoller, als die Stelle eines Legaten bei einem Statthalter, 9*)
und diese nur deshalb vorzuziehen, weil man die Dauer der
85) Das. 15, 6. 80) Das. 14, 18. Oben §. 17. A. 55. 87) ad Att.
14, 5. 13. 88) Das. 2, 18. 89) Das. 14, 22. 15, 8. 90) Das. 15, II.
»1) Das. I. c. 92) de legib. 3, 8. 93) I. c. 94) ad Att. 15, 8.
i56 V. ANTONII. (14. §. 19.)
Abwesenheit leichter selbst bestimmen konnte. ^^) Er beschloss,
sich beide AVege zu öffnen, und wandte sich deshalb an üola-
bella; Antonius, -»vclchen er davon in Kcnntniss setzte, uru
nicht anzustossen, war nicht dagegen, denn jener ernannte ihn
am 2. Juni zu seinem Legaten. '•"•>' Geschäfte wollte er nicht
übernehmen , aber freies Fulirwerk sich A^on ihm erbitten ; ^^i *
grössere Schande Avurde ihm dadurch erspart, dass er ihn nicht
begleitete, denn sein Schwiegersohn endigte im Osten mit Raub
und Älord. ^^) Doch findet sich in seinen Briefen auch keine
Spur, dass der Senat ihn zum Gesandten ernannte, wie er
. später behauptete. ^V
Bei der Unsicherheit des Meers wollte er sich nun an das
Cesclnvader des M. Brutus anschliessen, welchen er am 8. Juli
und einige Tage nachher auf der Insel Nesis sprach; doch zö-
gerte dieser wegen seiner Apollinarspiele zu lange, ^ö*'-^ Er er-
sah aus den Briefen des Atticus , dass die Menge ohnerachtet
der Spiele nichts gegen Antonius unternahm , und schiffte sich
ein. Am 17. Juli verliess er sein Pompejanum mit drei kleinen
Fahrzeugen; einen Tag hielt er zu Velia an, und am achten,
dem 24. jenes Monats, kam er zu Sica nach Vibo. ') Hier
blieb er wieder einen Tag; am 28. Juli war er zu Rhegium, V
und am I. August (Sextil) zu Syracus, ■wo er nur übernach-
tete. ^) Dann führten ilui die AVinde nach Leueopetra, einem
Vorgebirge 12000 Schritt von Rhegium. ^) Als er am G. August
weiter fuhr, wurde er nach jener Landspitze zurückvcrschlagen.
Er Avartete auf der Villa eines Freundes, des P. Valerius, auf
günstigen AVind , ^) vernahm nun aber, dass Antonius sich ge-
bessert habe , dass die Rückkehr der Versclnvorenen nach Rom
zu hoffen sei,'') und zugleich, dass man ihn dort vermisse,
und sein Vorhaben tadle, "^i Mehr bedurfte es nicht, um es
aufzugeben. Hatte er doch sonst schon geäussert, es hänge
alles davon ab , dass jene in Rom sein könnten. AVind und
Ruder förderten ihn niclit scluicll genug, bis er am 17. August
95) Das. 2, 18. 00) Dai. 15, 8. 11. Pluf. Cic. 43. 97) ad AÜ.
15, 18. 19. 98) S. Coriielii Dolab. 90) 1 Pliil. 2. lOO; Oben §. 17.
A. 70. 1) ad Alt. IG, C. 2) ad Kam. 7,10. 3) 1 I'hil. 3. 1) Das. ad
-\(t. IG, 7. Pliii. 3, 10. (5.) 5) Cic. 11. cc. ad Faiu. 12, 25. 6) übeu
§. 17. A. 79. 7) ad AU. IG, 7.
V. ANTONII. (14. §. 19.) 157
zu V^elia wieder mit Brutus zusammentraf. 8) Dieser machte
ihm aber eine Rlittlicilung, welche ihn fast zu Boden schlug:
man sage sich, er reise nach Griechenland, um die olympischen
Spiele zu scheu; zu allen Zeiten, schreibt er an Atticus , eine
Schande, jetzt aber ganz unverzeihlich! er danke dem Winde,
der ilin vor einer solchen Schmach bewahrt habe, ^) Es war
also nur zu gewiss, was er mehr als alles gefürchtet liatte;
er war ins Gerede gekommen , Avar sogar lilcherlich geworden,
er, dem die Behauptung seiner Würde stets für das Höchste
galt. Selbst seine Freunde waren unzufrieden; Brutus äusserte
es durcli das Lob des L. Piso , welcher am 1 . August gegen
Antonius auftrat, durch das Bedauern, dass nicht auch Cicero
im Senat gewesen sei, und Atticus im näheren Verhältniss un-
umwunden.'o) Also nicht nach Athen, aber auch nicht nach
Rom, wie Brutus Meinung war, der ja selbst nichts wagte;
noch als er am 19. August bei dem Pompejanum landete, war
diess sein Entschluss. ''>* Hier aber gieng er noch einmal mit
sich zu Rathe: mau regte sich, und er war nicht auf seinem
Platze ; ein Anderer drohte ihn einzunehmen ; L. Piso wurde
bewundert und er im Stillen angeklagt, verspottet; vor dieser
Rücksicht musste jede andere schwinden, und am 31. August
war er nach einer Abwesenheit von mehr als fünf Monaten
wieder in Rom. ^-)
Seine Freunde und die Anhäns;er seiner Partei kamen ihm mit
einer grossen Volksmenge entgegen , Avelche in ihm ein Unterpfand
des Friedens sah, und begleiteten ihn vom Thore bis zu seiner
Wohnunc;. 3J Er brachte Krieor. Seit er es über sich erhalten
'»•
leg
liatte , dem Manne , welcher ihm sein Theuerstes , Ansehn und
Einfluss raubte, unter die Augen zu treten, konnte er wohl
noch einmal vor ihm entweichen, aber einem Kampfe auf Tod
und Leben nicht mehr entgehen. Es galt nun , seine Sache
zur Sache des Staats zu machen; daher die Hartnäckigkeit, mit
8) Das. 1. c. Faniil. 1. c. 1 Phil. 4. 10, 4, 9) ad Att. 1. c. 10) Das.
11) Das. 12) Plul. Cic. 43. Nach Cic. ad Fam. 12, 25. könnte es
scheinen, als sei er am 1. Sept. angekommen, den Tag zuvor, ehe er
die erste Philipp, hielt; er wurde aber schon am ersten von Antonius
bedroht, weil er sich nicht im Senat einfand. Unten g. 2G. A. 16, u, 1«.
13) Plut. 1. c.
158 V. ANTONII. (14. §. 20.)
welcher er die Acchtunn: seines Feindes vom Senat verlanjrtc.
und die Versiclicriing , die Stimme der Republik habe ihn zu-
rückscrufen, im kräftiü^en Alter habe er schon A'or zManziir
Jahren mit Gcfalir des Lebens sie vertheidigt , und Averde als
Greis sie nicht verlassen, i*)
§ 20.
Er kam allein ; Antonius war im Älai von seiner Reise zu
den Colonien der Veteranen mit vielen Bewaffneten zurückjre-
kehrt; denn Rom sollte ihn jetzt durch Senats- oder Volks-
beschlüsse ermächtigen, nach dem Beispiele Cäsars ein Heer in
Obcritalien aufzustellen. Dieser Theil seiner Geschichte gehört
in Betreff der Zeitfolge zu den verwickeltsten; nur Ciceros
Briefe geben einigen Aufschluss. Auch müssen wir nachholen,
was diesem Abschnitte vorbehalten ist, um den inneren Zusam-
menhang der Ereignisse deutlich zu machen, und die Schlau-
heit, mit welcher Antonius verfuhr. Er wünschte den Oberbefehl
über die Legionen in Macedonien, welche Cäsar zum Kriege
mit den Geten und Parthern vorausgeschickt hatte , und die
Verwaltung des cisalpinischen Galliens , mit dessen Truppen er
jene gleichsam vor den Thoren von Rom zu vereinigen gedachte.
Um diess einzuleiten, verschaffte er Dolabella vom Volke Syrien
mit der Befugniss, die Parther zu bekriegen, und das mace-
donische Heer, wie es der Kürze Avegen genannt M'ird. In
einem geheimen Vertrage wurde es ihm bis auf einen Theil von
seinem CoUegen abgetreten, und der Senat bewilligte ihm Ma-
cedonien , eine Provinz ohne Besatzungen. Nun aber raubten
hier die Geten, während an der syrischen Gränze alles ruhig
war; die Truppen mussten bleiben; als der Senat auch diess
zugestanden hatte , brachte Antonius einen Tausch in Vorschlag;
D. Brutus sollte Macedonien ohne Heer gegen das cisalpinischr
Gallien erhalten, welches vom Senat verworfen und vom Volke
genehmigt wurde. Jetzt zum Einzelnen.
Nach Appian ^^) wurde Syrien, Avelches Cäsar C. Cassiu^
bestimmt hatte, früher Dolabella überwiesen, als jenem Cyrenr.
folglich, wenn nichts Genaueres zu ermitteln wäre, vor der,,
14) ad Fam. 10, 1. 2 Thil. 45. 0, G. 15") .1, r..?(;
V. ANTONII. 14. §. 20.) I59
5. Juni. "•-> Diess bestätigt Cicero. Er äussert in einem Briefe,
dessen übriger Inhalt auf den April deutet, Pacorus, der Par-
tber , sei in Syrien eingefallen und also dort ein Krieg zu er-
warten; doch niögeDolabclla sorgen; ^^) im Mai ersuclite er ihn um
die Stelle eines Legaten, und am 2. Juni wurde sein Wunsch
erfüllt. '**) Demnach überredete Antonius seinen Collcgen bald
nach dem Tode des Dictator, sich um Syrien und den Ober-
befehl gegen die Partlier und über die macedonischen Legionen
zu bewerben. Doch rieth er ihm nicht, den Senat zu über-
gehen, weil dieser die Verordnungen Cäsars bestätigt habe,
und dadurch gebunden sei. '") Appian selbst erwähnt die Ver-
handlungen in der Curie , wo man sich zu Gunsten des Cas 'jis
auf Cäsar bezog, und Dolabella erwicdcrte, über den parthi-
schen Krieg sei nichts festgesetzt. -''-' Jetzt erst, da er liier
nicht durchdrang , wandte er sich an das Volk. Man sieht auch
keinen Grund, warum Antonius ihn veranlassen mochte, von
dem verfassungsmässigen Wege abzuweichen , da er ohnehin
seine Absicht erreichte, ihn und die Väter einander zu verfein-
den, und diese für seine eigenen Anträge fügsamer zu machen.
Ihre W^eigerung war zu erwarten. Die Befreier sollten eben in
den Provinzen Kräfte samme'ii, sie nochmals zu befreien. Sie
gewannen den Tribun Nonius Asprenas, 21) in den Comitien
Einspruch zu thun, in der Meinung, Antonius, welcher noch
für Dolabellas Feind galt, werde als Consul und Augur ihn
unterstützen. Er erklärte aber die ungünstigen Anzeichen für
erdichtet; die Abstimmung wurde auf seinen Befehl beendigt
und hatte den gewünschten Erfolg. ^2)
Hiernach konnte es der Senat, dessen man nicht bedurfte,
nur als eine freiwillige Huldigung betrachten, dass Antonius
Macedonien von ihm forderte. Er war ihm um so weniger
entgegen, da das Land sein Heer verlor und daher auch für
M. Brutus, welcher es nach Cäsars Willen verwalten sollte,
wenig W^erth zu haben schien. ^3) Als Octavian am Ende des
16) Unten A. CO. 17) ad Att. 14, 9. 18) Das. 15, 8. 11. 19) App.
3, 530. 550. 20) Das. 530. 21) Das. I. c. cfr. Suet, Oct. 56. 22) App.
3, 531. 530. 541. 513. 550. 4, C22. Cic. 11 Phil. 12. Vellej. 2, CO. Dio
45, 15. 47, 21. 29. 23) App. II. cc. Cic. 1. c. Vellej. 2, 62. Dio 45,
9. 20. 25. 4G, 23. 47, 20.
160 V- ANTONII. (14. §. 20.)
April nach Tarraclna kam , -*^ wusste er ohne Zweifel, •welche
Provinzen die Consuln erhalten hatten, aber "weder jetzt noch
hei der ersten Unterredung mit Antonius konnte er von der
Entscliädi<run<r des Brutus und Cassius unterrichtet sein , -■'^ denn
diese erfolgte später. Eben so wenig Avar Cicero ein stummer
Zeuge dieser Verhandlungen,-*^ da er auf seinen Gütern lebte. -'0
Obgleich Cäsar ein grösseres Heer gegen die Parther ge-
rüstet hatte , ^^^ so standen doch in Macedonien nur sechs Le-
gionen mit der gewöhnlichen Anzahl Reuter und vielen leichten
Truppen.-^) Dazu stimmt, dass eine Legion zu dem jüngeren
Cicero als Befehlshaber des M. Brutus übergieng, ^^) dass Anto-
nius eine an Dolabella abtrat und vier nach Italien rief. "^'^
Seine Mässigung war nur scheinbar; jener liatte sich gegen ihn
verpflichtet , nicht mehr als eine Legion und die Reuterei nach
dem Osten zu führen, 2-) wo er sich in Asia durch die Truppen
des Trebonius zu entschädigen hoffte. Doch sollte der Senat
genehmigen, was insgeheim bedungen war. Daher verbreitete
man plötzlich das Gerücht, dass die Parther nichts unternäh-
men, wohl aber die Geten, welche durch Cäsars Tod ermuthigt
Macedonien verheerten. Man konnte es nun nicht von Truppen
entblössen, Avie Antonius in der Curie bemerklich machte, und
überdiess war es auch Cäsars Absicht gewesen, sie zunächst
gegen diese europäischen Barbaren zu verwenden. Die Erdich-
tung war augenfällig; aber man dachte an das Volk und suchte
Zeit zu gewinnen; Gesandte sollten über den Zustand der Pro-
vinz berichten. ^^) Sie fanden nun zwar keine Geten, man
niusste sie aber erwarten, sobald das Heer sich entfernte. Schon
dieser Zusatz, Avelcher sonst keinen Zweck hatte, und offenbar
von Antonius eingegeben war, lässt vermuthen , dass der Senat
ihm die Truppen niclit vor der Rückkehr der Gesandten , w ie
Appian will, sondern nachher überwies.^*) Cicero schreckten
jene als Räclier ihres ersclilagenen Feldherrn; aber nicht alle
seine besorglichen Aeusserungen bezi.^'jen sich auf diesen Be-
24) Oben §. 15. A. 9. 25) App. 3, 533. 53G. 20) Dio 46, 23. 25.
20. 27) §. 18. A. 87. 28) App. 2, 497. 29) Das. 3, 541. 30) Cic.
10 I'liil. 0. 31) Ders. ad Faiu. 12, 23. App. 3, 554. 32) App. 3, 542.
554. Cic. 10 Phil. G. 33) App. 3, 542. 550. 34) App. 11. cc 500. 507.
Dio 45, 0. 20. 25. 40, 23. 24. 25.
V. ANTONII. (14. §. 20.) JGl
schluRs; er fürchtete anfangs, dass auch die Legionen aus Gal-
lien und Spanien kümnien möchten, und dann allerdings, der
Consul werde die ihm gegehene Jßefugniss benutzen, um in der
Nähe von Rom Streitkräfte zu sammein , welches ihm auch bei
seinem Plan, nach Griechenland zu entfliehen, sehr unbequem
war. •^^)
Der Annahme Eckhels ferner, Antonius sei bei dieser (üc-
Icgenheifc zum ersten Male Imperator geworden, liegt ein mehr-
facher Irrtlium zum Grunde. Denn die Worte Appians, deren
er gedenkt, besagen es nicht, 3^) und können es nicht besagen,
weil man jenen Titel nicht vom Senat, sondern vom Heere
erhielt. Auch haben wir Briefe an und von Antonius aus der
zweiten Hiilftc des April und selbst Aom 4. August, in welchen
er nur Consul heisst, ^^^) und unter keiner Bedingung gehört
der Senatsbeschluss über die Legionen in eine spätere Zeit, wie
der berühmte Numismatiker glaubt. Dass jener a. 43 berech-
tigt war, den Titel zu führen, bezeugt Cicero, obgleich er
andeutet, dass das Rcclit erschlichen sei,'^^''^ ein in diesem
.Tahrhunderte nicht seltener Fall. Damit eröffnet sich ein weites
Feld zu \'crmuthungen. Wahrscheinlich wurde er Imperator,
als er D. Brutus gezwungen hatte, sich in Mutina einzuschlies-
sen ; denn auf das glückliche Gefecht mit Pansa konnte Cicerc»
in der 13. Philippika sich noch nicht beziehen, und dass Mc-
diobarbus ihn mit C. Antonius cos. 63 verwechselt, wenn er
an die Besiegung des Catilina denkt, sah vor Eckhel doch auch
schon Vai!lant.3''c)
An der Nachgiebigkeit des Senats hatte die Hoffnung eini-
gen Antheil, dass D. Brutus und dessen Freunde die herrschende
Partei leichter stürzen w ürden , w enn ihr Haupt sich jenseits
des ionischen Meers befände. Allein Antonius v/ollte D. Brutus
Macedonien gegen das cisalpinische Gallien aufdringen, und die
Truppen aus jener Provinz in diese versetzen , welcher die
Ihrigen verbleiben sollten. Seit man nicht mehr fürchten durfte,
dass ein Hannibal, oder Gallier und Cimbern über die Alpen
35) ad Alf. 14, 5. C. 15, 2. 21. 16, 2. 4. 5. §. 18. A. 42. 30) 3,
542. — f^nfO-ri — ilvui arqwvriyii; avtoxQÜiioQ. S. tcVh. Vf. p. fi(j.
36 a) Cic. ad Att, 14, 13. ad Fam. 11, 2. u. 3. 30 1)) 13 PuiI. 10,
3Gc) Anton. No. 8. Dio 37, 40, t'nten §. 3U. A. I.
OrumaDTii Geschichte Romn I. 11
162 V. ANTONII. (14. §. 20.;
stica;en, war das obere Italien nicht sowohl eine Bure: für das
übrige, eine Schutzwehr für Rom,^^^ als ein Waffenplatz für
Ehrgeizige, in der Nähe der Hauptstadt gegen sie zu rüsten.
Dicss lehrte die Geschichte Ciisars, dessen Beispiel Antonius
nachzuahmen gedachte. Das transalpinische Gallien forderte er
jetzt noch nicht, sondern erst später für das diessscitige; "^8)
dort war Lepidus im narbonensischen, und Munatius Plauens
im übrigen, und hier D. Brutus von Cäsar zum Statthalter
ernannt. Indess sagte man sich schon gegen Ende des April,
dass er auf beide Anspruch machen, und am 1. Juni darüber
an den Senat berichten werde. -''■') Cicero war deshalb in Sor-
gen, und wünschte, er möge sich an das Volk Avcnden, damit
jener sich nicht genöthigt sehe, dem Interesse der Befreier und
der Aristocratie selbst entgegen zu handeln. '^^^ Am 23. Mai
war noch nichts in der Sache geschehen, auch am 5. Juni
nicht, denn Cicero äussert nur noch Besorgnisse, als er be-
reits den Beschluss A^on jenem Tage kannte , welcher den Ver-
schworenen aufgab, Getraide zu kaufen. ^')
Antonius kam um die Mitte des Mai von der Reise nach
dem Süden mit A'ielen Veteranen zurück, nach einer übertrie-
benen Schilderung nicht mit verborgenen Waffen , sondern in
Schlachtordnung, wodurch in Rom grosse Bestürzung entstand. *2)
Diese „Advocaten" bedurfte er angeblich zu seiner Sicherheit. ^^)
Er hatte auf den 1. Juni eine Versammlung des Senats ange-
sagt, **^ über deren Zweck verschiedene Gerüchte umliefen,
als solle jener Brutus und Cassius Provinzen anweisen,*^) ihm
selbst beide Gallien, und zwar auf länger als auf die von
Cäsar festgesetzten zwei Jahre, *") und eine Commission ernen-
nen, um mit den Consuln den Inhalt der Papiere des Dictator
zu untersuchen. *^) Allein schon vor dem Ersten entfernten
sich viele Senatoren, aus Furcht, oder um nicht zu bcschlies-
sen, was sie niclit billigten; selbst Hirtius, der designirte Con-
37) Cic. 3 Phil. 5#5, 10. 13. App. 3, 543. 500. 3S) 7 Phü. 1. 8,
«). Unten §. 38. A. 20. 39) ad Alt. 14, 14. 1 Phil. 3. 10) ad Alt. 15,
4. 10. 41) II. CO. 42) 1 Phil. 2. 2, 41. (42). cfr. ad Farn. 11, 2. u.
§. 10. A. 72. 43) 1 Pliil. 7. II. ad Alt. 15, 17. 41) 1 Phil. 2. 2, 41.
(42.) 45) ad At«. 15, 5. 40) Das. 14, 14. 47) 2 Phil. 39. (38.) §. 14.
A. 50.
V. ANTONII. (14. §. 20.) 1G3
sul vcrliess Rom, unter dem Vorgehen, dass seine Gegenwart
überflüssig sei , da Cäsar schon auf mehrere Jahre über die
Provinzen vcrlTurt habe. ^^) Man -Harnte einander auf den
Villen, in der Curie zu erscheinen, zugleich ■weil jeder durch
die Abwesenheit der Uebrigen gerechtfertigt zu werden wünsch-
te, ^^J und sprach insbesondere von dem Plane, Brutus und
Cassius in Rom zu eriuorden; sie fragten deshalb bei Antonius
an , weil er am besten darüber Auskunft geben konnte. ^^^ Der
Schrecken Aller waren die Veteranen, welche man schon im
(iciste um den wieder errichteten Altar Ciisars sich versammeln
sah. ^0
So mochte der Senat am 1. Juni nichtsehr zahlreich sein;
wir wollten kommen, sagt Cicero, als hätte er sich nicht schon
Monate vorlier zurückgezogen , aber von Furcht ergriffen flohen
wir plötzlich aus einander.^-) Dem Consul, welchem die Be-
waffneten nur den Erfolür seiner Anträge verbürgen sollten,
war es nicht angenehm , dass so viele der angesehensten Sena-
toren sich ihm versagten; er Hess Cicero selbst, welcher das
Gcgentheil behauptet, am 1. September diese Erfahrung nnchen.
Seine Absichten blieben aber dieselben; er gestand nur Einiges
zu, um die Missvergnügten herbeizulocken. Denn er lös'te sein
Wort in Betreff der erwähnten Commission;^-'^ der Senat musste
sie am 1. Juni ernennen, und das Volk diesen Bcschluss am
folgenden Tage I)cstätigen. ^*J Dadurch verlor er nichts ; das
Meiste, was ihm frommte, Avar unter Cäsars Namen schon aus-
geführt, und von den ihm beigegebenen, unter seinem Einflüsse
gewählten Senatoren nichts zu fürchten.
Auf eine Besänftigung des Senats war es ferner berechnet,
dass M. Brutus und Cassius für Macedonien und Syrien durch
andere Provinzen entschädigt wurden, freilich auf eine Art,
welche sie unschädlich machte und erniedrigte, denn jener sollte
in Creta, und dieser in Cj-rene Getraide kaufen. ^^) Ihre Freunde
veranlassten Antonius, darauf anzutragen, damit sie nicht als
Verbannte ausserhalb Roms zu leben schienen ; allein jene be-
48) ad Att. 15, 5. ". 1 Phil. 2. 40) ad Alf. It, 22. lö, 5. 8.
50) ad Atl.'l4, 22. F.tinil. 11, 2. §. 17. A. 37. 51) ad Fam. I.e.
ä-X) 2 Phil. 41. (12.) f.;;) A. 47. 54) ad Att. 16, IG. an Capito ed.
Schütz. VI. p. 1,^1. 55) §. 17. A. 42. f.
11 *
IG4 V. ANTONir. (i4. §. 20.)
traclilctcn es .iiirh nur als ein Zwiscliengcscliäft, nach welchem
sie am Ende des Jahrs und ihrer Priitur priitorische Provinzen
erhalten sollten. ''''^ Bei Dio '^'') findet sich wenig darüber, und
der Angabe Appians, ^V dass der Senat über Greta und Cyrenc
verfügt liabe , ehe Octavian nach Rom kam , folglich vor dem
Ende des April, widerspricht Cicero. Denn dieser erAvähnt den
Beschluss in den ersten Tagen des Juni als ein Ereigniss der
neuesten Zeit; ^'■^^ Hirtius nennt den fünften dieses Monats als
den Tasr , an welchem man über die Provinzen verhandeln
werde , *'*^' und Baibus schreibt kurz vor der Sitzung, der Senat
werde an den Nonen beschliessen, dass Brutus in Asia und
Cassius in Sicilien Getraide kauften, ß') Daraus erhellt nun
auch, obgleich er in den Namen der Länder irrt, *»-) dass der Senat
die beiden Verschworenen nicht mit der Zufuhr beauftragte,
während sie noch in Rom waren, damit sie es auf eine eliren-
volle Art verlassen konnten,*'"') und ihnen nicht später als den
Auftrag die Provinzen gab. ''*) Selbst Servilias Versprechen,
zu bewirken, dass der Theil des Besclilusses, welcher den Kauf
betraf, als schimpflich zurückgenommen werde, bewcis't, dass
von ihm und von den Provinzen zu gleicher Zeit die Rede
war. ''^) Die Bemerkung Appians endlich, nach wclclier man
in der Curie die Verschworenen gleich nach dem Morde nach
Macedonien und Syrien schicken wollte, damit sie Rom von
dort versorgten, bedarf der Widerlegung nicht. 66j
Jetzt geschah, was man lange gefürchtet hatte. Antonius
verlangte voui Senat das cisalpinische Gallien, für Avelches er
Macedonien an D. Brutus abtreten wollte. Auch dem Kurz-
sichtigsten musstc nun der Zusammenhang und Zweck seiner
Unternehmungen deutlich Avcnlen , und der Antrag wurde ver-
worfen. ^^) Der Senat genehmigte ihn so wenig , wie Dio
Fufius Calenus sagen lässt, ß^.) dass er vielmehr daran dachte,
iencn Theil von Italien für frei zu erklären, und damit die
Statthalterschaft ganz aufzuheben , ^'■'^ und in Privatschreiben
50) Cic. ad Atf. 15, 9. App. 3, 530. 57) 44, 51. 46, 23. 47, 20.
58) 3, 533. 59) ad Alt. 15, 10. II. 12. CO) Das. 15, 6. cfr. 11, lt.
15, 5. Gl) Das. 15, 9. 62). §. 17. A. 43. f. f.3) App. 3, rviO. i , 622.
(,-') Dcrs. 3, 531. 4, tiOfi. (T5) Cic. ad AU. 15, 12. 00) 3, 549. 4,
ti-i2. C7) App. 3, 513. 515. 558. 08) 4«, 23. 24. 09) App. 3, 545.
V. ANTONII. (11. §. 20.) 165
mclir als eine Aufl'ortleriing an Brutus ergieng, unter keiner
Bedingung zu wciehcn. ''"-> Dem Cousul war diese Weigerung
uiclit unerwartet, und um desto gewisser bei dem \'olke durdi-
zudringcn , versöhnte er sich mit Octavian, Avelchcr sich als
Erbe Cäsars durch Freigebigkeit beliebt gemacht und bisher
nianclie Ursach gehabt hatte, sich über ilm zu beklagen. "")
Schon in der Nacht vor den Comitien wurde der Markt be-
setzt;^-) die Tribunen waren theils bestochen, theils wagten sie
nicht, Einspruch zu thun, und OctaA'ian verwandte sieh bei
der Menge, um die Partei der Mörder und das Ansehn des
Senats zu schwachen.''^ Das Gesetz gieng durch, ^*) und ge-
stattete, Brutus im Fall des Ungehorsams zu bekriegen, auch
mit den macedonischen Legionen, wenn die Geten sich nicht
regten. ^•'^ Dass Cicero auf dem Lande war, wussten auch
Calcn und Piso , sie kennten ihm also wohl den Vorwurf ma-
chen, dass er die Republik ihrem Schicksale überlasse, nicht
aber, dass er gegenwärtig gewesen sei und geschwiegen habe; ~^J
er äusserte dann die lioffnung, Antonius verde grossmüthig
Gallien eutsan-en und vom 1. Aujjust an sich dem Senat nicht
mehr widersetzen. ''"')
.Man hatte ebenfalls schon im April erwartet, dass er am
J. Juni uebst Gallien auch die Befugniss fordern werde, es
fiinijer zu verwalten, als Cäsars Gesetz erlaubte. ^^) In der
Curie kam diess aber wohl nie zur Sprache; nicht früher als
der Tausch, welcher dann noch Aveniger gebilligt sein würde,
und nicht nachher , weil man nicht da um eine Verlängerung
der Statthalterschaft nachsuchen konnte, wo diese selbst ver-
weigert war. Demnach machten Volkstribune einen Gesetzent-
wurf bekannt, nach welchem die Verwaltung der Consular-
Provinzen niclit zwei Jahr dauern sollte, wie Cäsar verfugt
hatte, sondern sechs. ^'•') Man verfuhr mit grosser Eile; die
Rogation wurde von Veteranen und einem bestochenen Volks-
70) App. 3, 513. 550. 551. 71) §. 15. A. 51. 72) App. 3, 545
Liv. 117, 73) App. 3, 510. 74) Das. u. 558. 559. 560. 5C2. 505. 507
Dia 45, 9. 20. 22. 34. 4ü, 23. 75) App. 3, 502. 507. 70) App. 3,
502. Dio 40, 23. 24. 25. 77) 1 Phil. 3. ad AU. IG, 7. 78) ad AU.
14, 14. 7 9) 1 Phil. 8. 10. 2, 4!. (i2.) 5, 3, 8 Phil. U. furderl Anto-
nius das jcus. Gallien auf fünf Jahr. §. 14. A. 92 f.
IGG V. ANTON«. (14. § o|.)
Jiaiifcn^") friilier Itcstäti^t, als gesetzlich darüber gestimmt wer-
«Icii durfte, '*U aber keineswegs schon am 1. Juni, wie Alanu-
tius glaubt. '^->'
§ 21.
Antonius hatte erreicht, vas er vorerst wünschen konnte;
das Volk war ihm gewärtig, der Senat unterdrückt, Octavian,
wie er -ji;laubte , hcsclnviohtigt, und eine (icgenwirkung der
VcrscIiAvorencn nicht zu fürclitcn; denn man hatte ihnen die
l'rovinzcn genommen oder abgesprochen, wo sie zu schaden ver-
mochten, und ihr Anhang in Rom war gering, welches sich im
Juli vom neuen hei den Apollinarspielen zeigte. ^^) Mit Ilulie
sah er dem Ende seines Consulats entgegen, und doch wurde
er bald von grossen Gefahren bedroht. Die freimüthigen Reden
oder Sclimühungcn einiger Consularcn, des L. Piso und Cicero
hctten keinen Tlieil daran, sondern es war lediglich das Werk
des Octavian.
Indess mochte ilim ein Angriff des Piso unerwartet sein.
Dieser hatte nach dem Tode Ciisars, seines Schwiegersohns,
seine Plane begünstigt, aber nicht, um ilim zu nützen, son-
dern um jenen zu ehren. ^^^ Am 1. August trat er im Senat
ah sein Ocgncr auf, ohne je<loch Unterstützung zu finden,
v.cshalb er am nächsten Tage nicht wiederkam. ^V Genaueres
wisr;en wir nicht. AVie abschreckend aber auch das Bild sein
mag, welches Cicero nach seiner Art von ihm entwarf, als sie
iii Folge seines Streits mit Clodius Feinde waren, ^C) go sclieint
CS <lüc!i , dass er auf Frieden drang, auf die Erhaltung der
Aujnestie, und dcmnacli die Anmassungen des Antonius nicht
sowohl an sidi, als nur in sofern rügte, als sie die Absicht
verriethen , die Faction der Verscliworcnen, und zunächst
1). Ijrutus zu bekriegen. Appian verliert daher nicht an Glaub-
würdigkeit, ^^) wenn er ihn später gegen Cicero sprechen lässt,''^;
denn dieser verlangte die Aechtung des Antonius, einen Krieg
80) et aMcntc ijopvln et invilo. 1 PMl. 2. 81) 5 Fhil. 3. 82) A.
zu ad AU. 11, 14. 83) §. 17. A. 03. 81) §. 10. A. 08. 85) Cic. 1
IMiil. 1. r.. 5, 7. nd Ad. 1(5, 7. a^ Fnm. 12, 2. 8C) pro Sext. in Piuon.
.1. s. «7) Al.raiii. in I l'liil. 4. 88) 3, 5ü2. f.
V. ANTONII. (II. §. 21.) 167
auf Tod 1111(1 Lcljen , und er empfahl vcrs'jlinende .Massregcln.
Keine Rede vom 1. August wurde bald auch ausserlialb RumK
bekannt, und von Brutus und andern Feinden des Consuls ge-
priesen, ^^^ doch bewirkte sie nur, dass Cicero aus Scliaam,
und weil sein Lob ihn eifersüchtig machte , nun um so mehr
zur Kiickkelir nach Rom sich entschioss, wo er ilim am 2.
September im Namen der Republik öffentlich dankte. '•'^^
Es ist an einem andern Orte bemerkt, dass Antonius in
diesen Tagen drohende Briefe und ein Edict voll Schmähungen
gegen lirutus und Cassius erliess, deren Abreise von Italien er
beschleunigen wollte, und dass sie ihm am 4. August eine
stolze aber kraftlose Antwort schickten. ^'^
Heftiger wurde der Zwist zwischen ihm und Cicero, wel-
cher am 31. jenes Monats wieder in der Hauptstadt eintraf. 'J-J
Die Zeit der Philippiken Mar gekommen. Rede und SchMcrdt
kämpften um den Aorrang; gewaltig ertönte jene, als Octavian
ihr mit den Veteranen Nachdruck gab , und sie verstummte,
jils er seine Haud zurückzog. Bestand also vielleicht der un-
bewehrte Arm einen eiirenvollen Kampf gegen die Uebermacht ^
Bestand ihn ein edler Republicaner mit glühendem Kifer für
Freiiielt uml Recht, ein weiser Staatsmann, welcher nur das
Unglück hatte, in eisernen Zeiten nicht auch Krieger zu sein?
Vv'ar es die gute SacJje , wenigstens die bessere, welche er ver-
focht? Oder wollte er, was sein Gegner wollte, der Erste im
.Staate sein, nur durcli andere Mittel, weil etwa das Schwerdt
ihm zu schwer wog, und die Lager ihn schreckten? Sollten
Senat und Volk nur gelten, weil er durch sie, und nur durch
sie regieren konnte, und war es also nicht weniger als auf der
anderen Seite die Selbstsucht, welche ihn beseelte, war es die
Eitelkeit, welche die Feigheit zum Schweigen brachte, und
zuletzt, als er aucli untergeordnet nicht mehr neben Antonius
bestehen konnte, die Verzweiflung? AVer öffentlich liandelt,
unterwirft sich dem öffentlichen Urtheile; der Zeitgenoss ist
berechtigt, und der Geschichtschreiber verpflichtet, das sciuige
abzugeben, nur nicht nach einer einzelnen Erscheinung.
%9) ad AK. 10, 7. 90) 1 Phil. 7. §. 19. A- 10. 12. 91) §. IT-
^. 75. 02) S. A. 90.
1C8 V. ANTONII. (14. §. 21.)
Cicero versio' ort, dass nur das Verlangen, Rom Vur der
Knechtschaft zu bewahren, ihn gegen Antonius in die Schran-
ken führe. Die Stimme der Republik rief ihn zurück; '•'•*.' sie
ist ihm thcurer als das Leben ;*J*J ihre Herstellung, das Glück
und die Freilicit seiner Mitbürger das grosse Ziel, welches zu
erreiclicn er alle seine Kräfte aufbietet, und Tag und Nacht
sich abnulht. *-*■') Nur in ihrem Interesse fordert er auch An-
dere auf, Antonius Widerstand zu leisten. Nichts ist rühmli-
cher, als sich um sie verdient zu machen; ^*^) dieser Ruhm aber
gebiilirt denen, ivelche Antonius!*'^ und seinen Genossen ^^J
Aviderstehen, denn er will sie unterdrücken, '■''♦) es gilt, die
Tempel der unsterblichen Götter g'gen ihn zu retten, die
Mauern, die Behausung, die Wohnsitze des römischen Volkes,
die Renaten, die Altäre, den Hcerd , die Gräber der Vorfahren,
die Gesetze, die Gerichte, die Freiheit, die Gattinnen, die
Kinder, das Vaterland. 'oo) Seine Erbitterung ' gegen Cicero
beweis't , dass dieser als Vertheidiger der Republik sich immer
gleich bleibt; seit zwanzig Jahren ist niemand gegen sie auf-
gestanden, der nicht auch ihm die Fehde angekündigt hätte. 0
\^'ie ungereimt, wenn Antonius den Streit mit ihm als einen
persönlichen, oder als eine Parteisaclie darstellt! wenn er be-
Ijauptet, er wolle die so oft abgethane Sache der Pompejaner
wieder ins Leben rufen! wenn sie abgethan war, wie konnte
sie wieder erstehen, und der Unsinnige sollte wissen, dass auf
dem Markte und in der Curie von Parteien die Rede ist, hier
:iber von seinem ruchlosen Kriege gegen das ^'aterland , -) dass
der Ausdruck Parteikampf überhaupt keine Anwendung mehr
leidet. ^J
Da nun also Ciceros Absichten so rein und ausschliesslicli
auf das Beste der Gesammtheit gerichtet waren , so verrieth
mau bösen AVülen, oder Mangel an Einsicht oder an Muth,
wenn man ihm nicht unbedingt beistimmte, oder gar versöhnliche
Massregcin empfahl. Diess begegnete ihm im Senat, und gerade
93) ad Famil. 10, 1. 94) Das. 10, 12. 11, 5. 95) Das. 0 ,' 2-1. 10,
19. 12, 22. 21. 14 Phil. 7. 90) ad Farn. 10, 5. C. 12. 97) Das. 10,
JO. M. 96) Da*. 12, 7. 99) 12 Phil. ü. lin. lOU) 8 l'hil. 3. 1) 2 Phil.
1- 12, 10. 2) 13 Phü. 11 fiii. 18. Vgl. d. Lob der Pompejaner 2 Phil,
in. 14 Phil. 8. 3) 13 l'hü. 20.
V. ANTONII. (14. §. 21.) 169
die Coiisulaven, vor Anderen zum Scliutze der Republik beru-
fen, unterstützten ibn am wenigsten. Nur Einige unter ihnen
konnte man als Avahre Consularen betrachten: L. Piso, P. Ser-
rilius, L. Cütta, L. Cäsar, Ser. Sulpicius, die Uebrigen nann-
ten sich so, aber sie waren schlecht gesinnt, oder gleichgültig,
oder ohne 'Festigkeit, oder sie spraclien ohne Rücksiclit auf
den Staat, was Hoffnung oder Furclit ihnen eingaben, sie be-
günstigten wohl gar den Feind, verbreiteten seine Briefe, und
läiimten durch falsche Nachrichten Muth und Kraft. *) Zum
Tlicil wurden diese Schändlichen , welche die Senatoren niederen
Ranges beschämten, vom Neide gegen diejenigen verblendet,
deren Eifer Anerkennung fand. ^) Nach dem Tode des Sulpicius
konnte Cicero sogar nur noch L. Cäsar ein gutes Zeugniss geben,
und auch dieser trat als Oheim des Antonius zu leise auf; ^)
Piso's Ansprüche auf Beifall erloschen, seit er sich zum Frie-
dens-Gesandten herlieh. ^^^ Kurz, der Senat wurde von seinen
Häuptern verlassen und das \ olk verachtete sie. ^)
Bei einem solchen Mangel an Ehrenmännern ^) hielt es
Cicero für angemessen, obgleich Privatmann, den Srnat zu
bevormunden. Sollte Antonius unterliegen , so war es an sich
wünschenswerth , dass Einer alles leitete, wenn er dazu tüchtig
war. Sobald jener das Feld geräumt hatte, nahm Cicero die
gewohnte Stellung wieder ein. Er weckte am 20. December
durch seine 3. und 4. Philippika den erschlafften Senat, be-
lebte die Hoffnungen des Volks, gründete von neuem die Re-
publik, und kündigte sich als den Ersten in der Curie, als
Vertheidiger der Freiheit an, während alle Andere es an sich
fehlen Hessen, ^0) Diess war kein strafbares Streben nacli einem
Vorrange, nach einem Ucbergewichtc; man kann durch treue
Gesinnungen gegen das Vaterland sich auszeichnen, und des-
halb von Anderen ausgezeii'huet werden , ohne dass ein Princi-
pat besteht. Einst gab es Consulare, welche diess begriffen,
und es gern duldeten, dass er der Erste und Angesehenste un-
ter ihnen war. ^') Jetzt beneideten sie ihn, statt sein Brifipiel
4) ad Fam. 12, 2. 1 Phil, G. 7, 2. 11, 7. cfr. ad Farn. 10, 28.
5) ad Faoi. 12, 4. 5. C) Das. 10, 28. 12, 5. 8 Phil. l. 7) 8 Phil. 10.
8) Das. 7. u. 11. 9) ad Farn. 10, 3. M Phil. 7. 10) ad Fam. 10, 2S.
12, 24. 25. 11) 14 Phil. 7.
170 ^- ANTONI I. (14. §. 21.)
nadizualimcn , ^-) weil die Gutgesinnten sich au ihn anschlös-
sen, sein Gefolge bihleten, ueil das Volk mit seinem richtigen
Blicke den Werth und die Festigkeit seiner Grundsätze und die
Wichtigkeit seines Wirkens kannte und ehrte, '^-^ ihn zu sich
auf den Markt rief, i*) und er allgemein für den Mittclpunct
und die Seele der Unternehmungen gegen Antonius galt. ^^)
Seine Feinde und Neider eniblödetcn sicli niclit, zu verhreiten,
die Herrschsucht mache ihn zu dessen Nebenbuhler; er werde
mit den Fasces auftreten, in der Rolle des Catilina, als
Tyrann. '^J
Seine Aeusserungen und sein Verhalten mussten wenigstens
die Meinung erregen, dass er an der Spitze der Regierung
stehe. Die öffentlichen Gesciiäfte nahmen alle seine Zeit hin-
weg, und drohten, seine Kriifte zu erschöpfen, ihn zu erdrük-
ken. ^^^ In ihm schützte oder verletzte man Senat und Voik, ^8)
und sie verkannten seine Verdienste nicht; das Volk lehnte in
seinem Namen die gefährliche Gesandtschaft au Antonius ab, !!>)
der Senat, jetzt wieder sein Werkzeug, ^o) Hess am 19. März
43. seine Minerva, die Beschützerinu der Stadt, aufstellen,
welche der Sturm umgeworfen hatte. -0 Die beiden Consuln
verlor man zu ungelegener Zeit, doch er fuhr fort, über die
Republik zu Avaclieu, als Steuermann das Staatsschiff mit Ge-
schick zu lenken, --^ der nuithige Führer des Senats zu sein, -^)
und die Anschläge der Feinde zu vereiteln. -^3 Antonius kannte
ihn; er erwartete keine Friedensboten. -■*)
Auch in seinen Briefen an die Statthalter zeigte er sich
als das Haupt der Republik. Er scla-ieb ihnen ohne Auftrag,
was der Staat von ihnen fordere; schickte ihnen in Form der
Belehrung oder des g",teu Ralhes Verhaltungs- Befehle ; -''-' be-
12) S Phil. 10. H, G. 13) 8 Phil. 10. 12, 12. M, 7. ad Fani. 10, 12.
12, 5. 1 1) 7 Pliil. 8. cfr. 14, 5. 15) ail Fani. 12, 4. IG) U Phil.
5. C. 17) ad Fam. 10, 19. 28. 12, 25. 30. 18) 11 Pl.il. 8. 19) 12
Phil. 10. 20) ad Fam. 11, M. 21) Das. 12, 25. cfr. ad Att. 7, 3.
Unten §. 35. A. 40. §. 40. A. 84. 22) ad Fam. I. c. 23) Das. 11, 18.
24) Das. 11, 14. cfr. 12 Phil. 8. 25) 13 l'liil. 21. Man verfehlt den
Sinn dieser Worte, in welchen eine grosse Ai:massung liegt, wenn man
mit IVlanutius nur an eine Sendung Ciceios denkt; dieser gjiricht von
tiner tiesandlschall iiu Allgemeinen. 20) ad Fam. II, 5. 24.
V. ANTONII. (11. §. 22.) 171
zeuste ihnen im Namen des Senats und des Volks seine Zu-
fricdcnlicit , -^) oder sein Missfallcn, und nicht selten so, dass
ein <lcrber Verweis darin lag; -ä) beklagte, dass er wegen der
Leere des Schatzes niclits für sie thun könne, 29) oder ver-
sprach, ihrer Gcldnoth abzuhelfen ,3*^) und zu ihren Gunsten
die Wahlen oder die Ackervertheilung zu verzögern. ^0 Wie
ein Türst seinen Feldherrn verhiess er ihnen Belohnungen , un-
ter der Bedingung, dass sie ihre Pflicht erfüllten,'^"-) und ver-
bürgte sich, dass d^r Senat alle ihre Schritte genehmigen
verde. -ä^) Die Statthalter nahmen ihn, Avie er sich gab. Sie
berichteten an ihn,*^*) und ersuchten ihn oft, ilire Berichte an
den Senat, -welche sie ihm zu dem Ende überschickten oder
durch Freunde vorlegen Hessen, zu lesen, auch wohl, sie nach
Gutdünken zu verandern. •^•^) Auch übrigens trugen sie ihm
ihre Bitten und Wünsche vor, und versicherten ihn ihrer Treue
gegen die Republik. "^^'^ D. Brutus insbesondere schrieb ihm
als dem Manne, welclier das Heft des Staats in der Hand halte
und alles bewirken oder veiduudcrn könne, dem man also auch
Rechenschaft geben müsse, '^^^ und Cassius, nicht der Befreier,
aber ebenfalls im Osten , stattete ihm nach der Niederlage des
Antonius seinen Glückwunsch ab, und nannte ihn den besten
Bürger, den grössten Consular, der als solcher den grössten
Consul in sich selbst übertrolTen , und aucli jetzt w ieder in der
Toga mehr vermocht habe, als Aller Waffen. ^S) Von gleichen
Gefühlen durchdrungen begleitete ihn das Volk nach den ersten
Erfolgen bei ]\Iutina auf das Capitol , und die^s w ar einmal
nach seiner Ansiclit ein gcrcciiter und wahrer Triumph, ^^) Aveun
auch für Senat und Feldhcrrn nicht sehr schmeichelhaft.
§ 22.
Wenn der Kampf Ciceros gegen Antonius ein Kampf für
Freiheit unt. Verfassung war, so erklärte er nun auch jedes
Mittel für erlaubt, den Feind zu unterdrücken. Auch ein
27) Das. 10, 6. in. 28) Das. 10, 6. 27. 11, 12. 14. 18. 29) Das.
12, 30. 30; Das. 1), 14. 24. 31) Das. 10, 20. 11, 21. 32) Das.
10, 10. ]2, 10. 33) Das. 10, IG. 34) Das. 10, 12. 31. 33. 11, ID.
12, 11. 12. 35) Das. 10, 12. 11, 10. 12, 12. SC) Das. a. d. a. 0.
37) Das. 11,0. 13. 20. 20. 3S) Das. 12, 13. 39) 14 Phil. 5.
172 V- ANTONir. (14. §. 22.)
Mann neuerer Zelt forderte unbedingt jedes Opfer für einen
Zustand, Avclclien er Freiheit nannte. Die («escliichte bezeugt
ihm, dass er unter seinem Eifer nicht eine unedle Selbstsucht
vcrharg, und dcnnocli hat sie ihn gebrandmarkt. Olinc die
Macht, Uebcis zu thun, würde er nur auf der Rednerbühne
gemordet haben; im Besitze dieser Macht erbauteer seinem Idole
folgerecht Altüre A^on Leichen. Man entdecke, dass die Freiheit nur
dem Ehrgeize die Maske lieh , und man nimmt ihm das Einzi-
ge, was seine Schuld mildern, fügt das Einzige hinzu, was
ihre Furchtbarkeit vermehren kann.
Seit Cicero sich über die Menge erhoben und mannichfach
angefeindet sah, vernahm man von ihm, es sei nicht nur kein
A erbrechen, sondern ehrenvoll und verdienstlich, wenn ein Pri-
vatmann aus eigner Bewegung einen Bürger todte, durch Avel-
chen der Staat gefaiirdet werde ; in ihm handle der Staat
selbst.*") Dieser Grundsatz, welchen die Aristocratie gegen die
Gracchen befolgte, Marius gegen die Ar stocratie, Sulla gegen
die Marianer, die Faction des Pompejus, Avie Cicero selbst
kla'i-t, gegen Alle, welche gegen sie oder nur nicht für sie
waren, Antonius und üctavian gegen die sogenannte Faction
des Pompejus, war nach Cicero in Rom Aon jelier zur Amven-
dung gekommen und durch grosse Beispiele geheiligt. Denn so
erschlug Servilius Ahala Sp. Miilius, P. Scipio mit seinen Be-
gleitern Tiber. Gracchus, Opimius die Genossen des C. Gra-
cciius; so handelte Marius gegen die Hotte des Saturninus,
und Cicero gegen die Rotte des Catilina; '^O so würde jeder
die Ermordung des P. Clodius gebilligt liaben, wäre sie auch
von Seiten Milos nicht Nothwehr gewesen, ^~) und so war Cä-
sar mit Recht getödtet, welches Cicero einst ausführlich zu be-
weisen gedachte. ^•'^
Gerade desiialb erschien die That des 15, Märzes um so
rühmlicher, Avcil kein ötlcntlicher Beschluss sie veranlasste,
sondern die Mörder aus eigenem Antriebe alle Gutgesinnten ver-
traten.'^^^ Nur darin fehlten sie, dass sie diese nicht auch
40) pro domo 34. p. Milon. 28. Brut. 27. 28. 58. 1 Phil. 14.
41) i>. Milon. 30. 8 Ihil. 1. 5. 42) p. Milon. 2S. 43) ad Att. 15, 3.
Unten §. 25. A. 70 f. 44) ad Faw. U, 7. 2 l'liil. 12.
V. ANTONII. (14. §.22.) 173
von Antonius befreiten ;*5^ Cicero hätte an ihrer Stelle nicht
hloss einen Act, sondern das ganze Stück zu Ende gespielt, ^^j
Docli wnr wenigstens ein gutes Beispiel gegeben. *''J Als man
erzählte, üctavian habe Antonius nachgestellt, wurde es von
dem besseren Theile der Bürger geglaubt und gebilligt. ^V
Welciier (jute mochte nicht der Urheber seines Todes sein, da
die Wolilfahrt und das Leben der Besten, die Freiheit und die
Würde des römischen Volks davon abhicng ! ^'•^.' Man hatte die
Götter anzuflehen, dass ihn und sein Haus die Strafe des >Va!in-
sinns ereilte,^") und durfte es hoft'en ; denn -wackern Männern
genügte es, zu wissen, wie schön es sei, einen Tyrannen zu
tödten; Cäsar hatte man nicht geduldet, und konnte noch we-
niger Antonius dulden, sot»dern nur wetteifernd zum Werke
schreiten, ohne die träge Gelegenheit zu erwarten. ^0
Es fragte sich nach Cicero, ob der für einen Bürger oder
nucli nur für einen Menschen zu halten sei, der einen Bürger-
krieg wünschte. ^V Indess wünschte er ihn selbst, da der
Meuchelmord doch immer ungewiss war. Aber es sollte nicht
so scheinen. Legionen waren von Antonius abgefallen, Octa-
vian und D. Brutus hatten gegen ihn gerüstet; gefahrlos konnte
der Senat sie zu dem ermächtigen, was ohne ihn bereits ge-
.schehen war , und zu fernerem Widerstände , und es war noth-
wendig, denn v»enn Antonius für einen Reichsfeind erklärt und
damit einem auswärtigen gleich gestellt wurde , so bebten ängst-
liciie Gemüther nicht mehr vor dem Gedanken an einen Bür-
gerkrieg zurück, und ein Friede, welcher unter jeder Bedin-
gung dem Staate nur verderblich werden konnte , wurde un-
möglich. Eine Kriegserklärung zu bewirken war der Haupt-
zweck der Philippiken und der Briefe Ciceros aus dieser Zeit.
Sie allein konnte ihn berechtigen, alle Kräfte des Reichs ge-
gen Antonius in Anspruch zu nehmen , besonders als dieser
noch Consul Avar, und für die Streiter jede Belohnung, um sie
zu spornen, auch Dankfest und Triumpli; und nur, wenn er
seinen Wunsch erfüllt, einen Kampf auf Tod und Leben ange-
kündigt sah, war er gesichert, dass man sich nicht wieder auf
45) Oben §. 7. A. 83. 40) 2 Phil. 11. 47) Das. 43. (44.) 48) arl
Fam. 12, 23. Unten §. 28. A. 0."). 49) 3 Phil. 7. (8.) 13, 19. 50) 4 Phil.
4. ni) 2 Phil. 15, 52) 13 Phil. 1.
174 V. ANTONII. (14. §. 22.)
seine Kosten verglich , wie vor seiner Verbannung. Deshalb
nannte ihn Antonius einen Lanisten, welclier die Bürger wie
Gladiatoren gegen einander hetze, ja auch die Freunde Cäsars,
weil Aller Untcrirans: für ihn Gewinn sei. ^■^J Als er selbst sein
vT O
Leben habe daran setzen sollen, sei er unter dorn \ orwande
der Verniitdung in den Lagern des Ponipejus zu spät erschie-
nen , und deshalb übel empfangen. ^*)
Cicero gab zti, dass er damals jeden Frieden dem Bürger-
kriege vorgezogen habe. ^^>' Süss tönte ihm auch jetzt noch
der Name des Friedens, ohne welchen es keine Curie, keinen
Markt, keine Gerichte gab, dem er alles verdankte, Avas er
war und besass. ^'') Aber ein Vergleich mit Antonius Mar un-
möglich. Im Anfange konnte man ihm vielleicht einiges be-
willigen, wenn er bat; ^'') seit er aber sogar die Anträge des
Senats übermüthig zurückgewiesen, durfte man sie nicht er-
neuern. ^^-' Ja Cicero, welcher seinen Hass gegen ihn, gegen
seine Anhänger in Rom und im Lager , und gegen sein ganzes
Haus stets frei geäussert hatte, ^'') war der !\Ieinung, dass man
keinen Frieden mit ihm schliessen müsse, Menn er sich auch
fügte, wenn er auch die Belagerung von Mutina anfliob, und
dem diesseitigen Gallien entsagte, selbst nicht, wenn er sich
ertrab:*'") denn Tod und Knechtschaft Mar das Loos Aller, mcI-
che sich ihm anders als mit den AVafVen nälierten. ^'^ Oder
durfte man ihm vertrauen , Menn er seine mit Bürgerblut be-
fleckte Hand zum Sclnvur erhob? Würde Lucius, sein Bruder,
ihm gestatten, Wort zu halten? Würde er den Staat nicht
auch in Flammen setzen, wenn man ihm das jenseitige Gallien
oder Macedonien überliesse ? 62) u,j^ ^q^j^ klagte man , dass
Cicero immer in die Kriegstrompete stosse ! ''•^>' Und doch dran-
gen Pansa, L.' Piso und Fufius Calcnus auf einen Vergleich,
der Letzte insbesondere, vielleicht, um an der Herrschaft Theil
zu nehmen, und zM'iefach irrend, Mcnn er den eigenen Vortbeil
dem allgemeinen Besten vorzog, und vergass dass angemasste
Herrschaft nie von Dauer ist.*»*)
«t
53) Das. 10. 51) 1 Phil. 15. 55) I. c 50) 7 Phil. 3. 8, i. 12,
10. 13, I. 57) Das. 5, I. 58) Das. 8, C. .5'J) Das. 12, 7. GO) Da».
7, 1. 12, 2. 13, 17. 21. Gl) Das. 12, 7. 13, 1. C2) Das. 7, I. 13, 2.
t»3. Das. 7, l. Gl) Das. Ü , 4. 12, 1. G. 7.
V. ANTONII. (14. §. 22.) 175
Bei den Hindernissen, •welche Cicero in Rom fand, suchte
er um so mehr durch Briefe und Boten auf die Statthalter zu
wirken, ^^) die Nalicn zur Thätigkcit zu spornen, und die Fer-
nen heranzuziehen, oder sich einen Zufluchtsort hei ihnen zu
sichern. ''*') Am meisten hoffte er von den Befreiern, deren ei-
genes Interesse es erforderte, Antonius und nach ihm auch Octa-
vian zu stürzen. Deshalh riihmtc er ihre That , nicht ohne Oc-
tavian, welcher mit ihnen und für sie handeln sollte,^ in ehen
dem IMaasse zu l)eleidigen, als er ihnen schmeichelte. ^Zugleich
machte er ihnen und den Uehrigen in den Provinzen I\Iitthei-
lungen, ^vodurch sie gcgert Antonius und gegen die Ersten im
Senat erbittert werden mussten. Er eröffnete Cassius: durch
die Inschrift an Cäsars Statue, dem hochverdienten Vater, habe
Antonius ihn für einen Vatermörder erklärt; '''') dass jemand
seinen Sohn für ihn als Consul einschieben wolle, und deshalb
jenes Bandenhaupt begünstige, sei unerträglich; ^8) man tadle
es, dass Dolabella ihm in Syrien folge, wo er kaum dreissig
Tage gewesen sei; '^V er habe im Senat und vor dem Volke ge-
sprochen , ihm den Oberbefehl gegen jenen zu verschaff'en . aber
Pansa, der Consul, habe seine Anstrengungen vereitelt ; ^oj
alle Hoff"nung beruhe auf seinem Consulat, aber es werde ihm
entgehen , wenn er sich nicht Dolabellas entledige und mit
M. Brutus zum Beistande gegen Antonius herbeieile, welcher
in Lepidus eine neue Stütze gefunden habe. ''^)
Am dringendsten schrieb er an D. Brutus, von welchem
in dieser Zeit das Äleiste abhieng: er möge unter keiner Be-
dingung Antonius seine Provinz übergeben, '''-) und ganz nach
eigener Ueberzeugung handeln, denn der Senat sei von Furcht
gelähmt und lau ; ohne ihn würde nicht einmal auf Anlass sei-
nes Edfcts, worin er versprochen habe, sich zu behaupten, seiner
grossen Verdienste in der Curie gedacht sein. "^^ Nach der Er-
öffnung des Feldzugs von IMutina und später spornte er ihn auf
alle Art zur Thätigkeit: ^*) wenn Antonius entkomme, oder
Avieder mächtig werde, so sei es um seinen Ruhm geschehen, '^^)
C5) Das. 14, 7. öG) ad Fam. 12, 6, 8. 67) Das. 12, 3. 08) Das,
12, 2. C9) Dag. 12, 4. 70) Das. 12, 7. 7i) Das. 12, 9. 10. 72) Das,
11, 5. 73) Da«. 11, 6. 7. 71) Das. 11, 8. 15. 18. 24. 75) Das. 11, 12.
176 V. ANTONII. (14. §. 22.)
und auch um sein Consulat, welches Cüsar ihm und Plancus für
das J. 42 hestimiiit hatte. ''^'^ Indess wurde Brutus dieser \er~
handiungen überdrüssig, bei Avelchcn Loh und 'J'adel, Schmei-
cheleien und Verheissungen wechselten ; er meldete kurz und mit
dürren Worten, was er verlange, ''^) und eben so verfulir zuletzt
auch Cassius. ^^)
L. Munatius Plancus, dessen Vater Ciceros Freund gewesen
war, '^'■^^ sollte als Statthalter im jenseitigen Gallien M. Lepidua
im nai'honensischeu beobachten, und dann in Verbindung mit
D. Brutus sowohl jenem als Antonius widerstehen. Daher be-
wies ihm Cicero schon vor dem Kriege und fortwährend eine
lebliafte Theilnahme, voll Sehnsucht nach seinem Consulat, und
bekümmert, niclit mehr für ihn thun zu können , so lange man
in der Curie mehr von Soldaten als von Senatoren gehört wer-
de. ^^^ Seine ausgezeichnete Stellung verdanke Plancus der
Gunst Cäsars; man habe einst geglaubt, dass er sich zu sehr
in die Zeiten geschickt; jetzt sei es an ihm, sich der höchsten
Ehre, des Consulats, würdig zu zeigen, und dazu gebe es nur
Ein Mittel ; es sei unglaublich, wie sehr man Antonius hasse. *')
Noch immer liabe er sich nicht genug von der gottlosen Rotte
losgesagt, sonst würde er nicht mit l^epidus zum Frieden rathen;
diess sei nicht der Weg, ein grosser Consul und Consular zu
werden. ^-) Er möge thätig eingreifen in das Werk der Be-
freiung, und jeden andern Ruhm als eitel und vergiinglich ver-
achten; eine glänzende Belohnung sei ihm gewiss; ohne den
Widerspruch des P. Servilius würde der Senat schon jetzt seiner
auf das ehrenvollste gedacht haben. ^■') Das Wichtigste lag ihm
ob, als Antonius nach Gallien entflohen war; ihn unterdrücken
hiess den scheuslichsten und gefährlichsten Krieg endigen. *>')
Selbst Furnius , der Legat des Plancus , wurde über seine
Pflichten belehrt. Zu den Wahlen nacii Rom zu kommen, sei
jetzt nicht die Zeit, auch wenn er schon Aedil gewesen wäre;
oh er in diesem oder im folg'cnden Jahre die Prätur erhalte, sei
7G) Das. 11, 21. 25, cfr. 15. 77) Das. 11, 21. 25. 26. 78) Das. 12, 0.
70) Das. 10, ^. 5. 80) Das. 10, 1. 2. 81) Das. 10, 3. 5. 82) Dag. 10,
0. clr. 27. 83) Dai. 10, 10. 12. 84) Das. 10, 13. 14. Ifl. 19. 20. 22.
V. ANTONII. (14. §. 23.) 177
sehr gleichgültig, das Rühmlichste aber, den letzten Funken der
Kricgst'ackcl auszulöschen. **•'•>'
({. CorniKcius, Statthalter in der alten Provinz Afrika, er-
sah aus Cireros Briefen, wie sehr Antonius verabscheut Merdc,
und dass er Calvisius nicht weichen dürfe, welchem jener Gla-
diator seine Provinz bestimmt habe. ^'') Vor Allen aber musstc
sich Trebonius, Statthalter in Asia, berufen fülilen, Cicero bei
seinen Entwürfen zu unterstützen, denn er hatte Antonius an
Cäsars Todestage bei Seite geführt, und dadurch diese Pest er-
halten. ^'' Doch er Avar fern, und aus diesem Grunde sclicint
auch Asinius Pollio im jenseitigen Spanien wenig beachtet zu
sein , denn er beklagte sich , dass ihm aus Rom selten Briefe
zugiengen. '^^J
§ 23.
Demnach hatte Cicero nur Ein Ziel vor Augen: Senat und
Heer sollten sich vereinigen, um Antonius zu stürzen. Selbst
revolutionäre oder anarcliische Massregeln schreckten ihn nicht.
Es durfte nicht in Betracht kommen, dass jener im Anfange des
Krieges Consul war und bei manchen seiner Forderungen Se-
nats- oder A olksbeschlüsse für sich hatte, dass der Senat nicht
jeden Vorschlag genehmigte, welcher seinen Untergang bezv.eckte,
und zur Vcrsöljnung die Hand bot; die willkührlichen lland-
luuijen gegen den Consul, eine Wirkung des Ehrgeizes oder der
llabsiicht, niusstcu sich durch eine öfTcutliche Autorität aus Ver-
brechen in Verdienste verwandeln.
Schon früher hatte er bewiesen, dass sein besonderes In-
teresse ihm mehr galt, als die Wünsche und die W'ürde der Cu-
rie; er hatte unter andern das manilische Gesetz empfohlen,
«ind den Tribun C. Curio aufgefordert, gegen die Verlängerung
seiner Statthalterschaft in Ciliclen Einsprucli zu thun. ^^^ ^^ah-
rend seines Schwankens zwisclien der aristocratisrhen und deiuo-
cratischen Faction, oder nacli seinem späteren .Sprachgebrauflic,
zwisclien der Republik und ihren Feinden, begegnete es ihm oft,
dass er mit der einen Hand niederriss, was er mit der anderen
85J Das. 10, 25. 20. 80) Das. 12, 22. 23. 24. 28. 29. 3f». ü?) Das.
10, 2s. IT), 20. S)*) Das. 10, 31. HO) Das. 2, 7.
Uruiuuuii, Gesi'Uii'lite Uoiug !• 12
178 V. ANTONII. (11. §. 23.)
Laufe: so auch jetzt, -vvo er sich längst entschieden hall»;: oin
Theil seiner Werkzeuge fühlte sich hclei(lijj;t , -wenn er den an-
dern pries, und die rücksichtslose Verfolgung des Antonius un-
tcr5;ruh das Ansehn des Senats, ohne Mclchca er nichts vav.
Kr gic'ig davon aus, und stellte es gleichsam als obersten
Crundsatz auf, dass Antonius der Feind des Staats und dalicr
jeder im Staate A'erpfliclitet sei, ilini Widerstand zu' leisten.
Ein Privatmann ächtete den Consul, und er Avar geächtet, und
■mit rückwirkender Kraft. Der Senat hatte ihm Macedonicu und
die macedonischen Legionen gegeben;'***) und dann jcuu Pro-
vinz seinem liruder Cajus; '•'^) diess Mar ungültig. Wenn
der Senat halbe Massregeln nahm , so musste man sie ergän-
zen, Avenn er zögerte, ihm zuvorkommen, wenn er Beschlüsse
verweigerte, so sprechen und handeln, als habe er beschlossen.
Alle Versuche , ihm eine Kriegserklärung zu entlocken , w aren
bis zur Schlacht bei Mutina fruchtlos; ^-) er wollte Antonius
nur Cegner, nilcersarius , den Kampf mit ihm nur Tumult ge-
nannt wissen; ^■^) gleichwohl nannte Cicero nicht nur jenen fort-
während Feind, /loafis^ und diesen Krieg, fjellum ^ sondern er
machte auch auf sein Verfahren aufmerksam, ^^) und behauptete,
dass er dazu berechtigt sei: denn dadurch, dass man Heere und
Anführer, w eiche gegen Antonius fochten , belobt, Werbung ver-
anstaltet, die Consuln gegen ihn geschickt, und die Anlegung
des Krieffsjrewandes verfügt habe, sei er als Feind bezeichnet. '•*■')
Durch die ersten Erfolge bei Mutina noch kühner geworden,
versicherte er, dass dort viele Feinde getödtet seien, ja Feinde,
wiederholte er, obgleich die Feinde in Rom anderer Meinung
sind. '■'«)
Ueberhaupt aber behandelte er in den Philippiken den Se-
nat wie eine Versammlung von Schwachköpfen oder Verräthern,
und setzte ihn dadurch in den Augen des A'olks und der Heere
lierab , da er sich auch auf dem Markte keinen Zwang anthat,
und seine Reden bekannt machte. Er warf ihm Feigheit vor.
Als L.Piso am 1.- August Antonius angrift", — und Cicno auf der
90) Oben g. 20. 91) I.'nfen § 29. A. 49. 02) § iJ. S. f.2. f.
93) 12 Phil. 7. 11, 8. cfr. 8, 1. L'iitcii § 35. ,\. 87. 94) VI I'hil. 7.
9")) Das. 4, 2. 13, 10. 90) Das. U, 5.
V. ANTONIL (11. §.23,) 179
Flucht in SjTacus war — stimmte ilim niemand auch nur mit
einer IMienc bei, eine freiwillige Sclavcrci. '•'^) Am 1. September
beschloss man aus Furcht Cäsar eine Supplication, was die Göt-
ter verzeihen mögen. '•***^ Die llüstungen gegen Antonius bilü-
gen, und dann Gesandte an ihn schicken, war Wankelumth,
Wahnsinn, und man liatte Ursach, sich vor den Legionen zu
schämen, welche Avürdigcrc Beschlüsse fassten. ^^) Unerträglich
war die Antwort, mit welcher jene zurückkamen; jetzt wenig-
stens musste das Aeusscrste geschehen; Pansa, der Consul, w ^r
dagegen, L. Cäsar als Oheim des yintonius ebenfalls; seid ihr
Andern denn auch Oheime, rief Cicero, die ihr ihnen bei-
stimmt? '"") Ganz anders würde der Erfolg der Botschaft ge-
wesen sein, wäre Servius Sulpicius nicht gestorben, denn er
übertraf seine Gefährten Fhilippus und Piso an Alter, und an
Weisheit Alle. O Man hatte ihm nun eine Statue zu errichten;
denn nicht nur Antonius hatte ihn gemordet, sofern er die Ur-
sach seines Todes war, sondern aucli der Senat, weil er seine
Entschuldigung, er sei krank, nicht gelten Hess. Aus einem
solchen Denkniale konnte man dann auf ewige Zeiten ersehen,
für wie wichtig dieser Krieg gehalten und wie schnöde der Frie-
deusantrag verworfen sei. -) Wider Wissen und Willen sollte
also der Senat der Kriegserklärung um einen Schritt näher kom-
men, und so erkennt man immer in dem Redner nicht eins sei-
ner Riitgliedcr, welches sein Gutachten abgab, sondern den Mei-
ster, welcher belehrte, tadelte, züchtigte, '^J und ihn für unfähig
hielt, seine wahren Absichten zu entdecken.
Er zeigte sich ferner auf dem Markte, durch ein aufgereg-
tes Volk den Senat einzuschüchtern. Zweimal rief es ihn nach
seiner Versicherung einmüthig und einstimmig iu seine Mitte, V
und er erschien öfter. Unter Bedingungen hatte er es sonst
schon für erlaubt erklärt, sich aus dem Hafen in den Wogen-
drang der Menge zu begeben; 5) so hatte er selbst und fast je-
der Gegner der Aristocratie bis auf Cäsar und Antonius hinab
97) Das. 1, 6. 98) 1. c. Unten § 2G. A. 11." 00) 5 Phil. 2.
100) Das. ,8, 1. 1) Das. 9, 1. 2) Das. ü, o. i. 0. S) Das. 7, ö.
4) 4. u. G. l'hil. 7 Phil. 8. Unten § 39. A, 73. 5) de prov. cons. IC.
ofr. 5 Phil. 18.
12*
IgO V. ANTONIl. (14. §. 23.)
gehandelt, und es var wesentlich dasselbe, ob man wider den
Willen des Senats einen Gesetzentwurf an das A'olk brachte,
oder es in eine für ihn beunruhigende Stimnuing versetzte, um
ihn nachgiebig zu machen. In der Curie bedauerte Cicero die
Consularcn, welche durch ihr Schweigen bei den ^ crhandlungeu
ül)er Antonius bei dem Volke den Verdacht erregten, dass Furcht-
samkeit oder wohl gar etwas Anderes die Ursacii sei; auch
bezeugte er, wie sehr es den Beschluss über die Supplicationen
missbiilige, welcher Cäsar den Göttern gleichstelle. *»-* Auf dem
Markte deutete er, was in der Curie besprochen war: Antonius
hatte aufgehört, Consul oder auch nur Bürger zu sein; denn
durch die Belobung derer, welche die Watten gegen ihn ergrif-
fen, war er vom Senat geächtet, und das Beifallsgeschrei, mit
welchem der Redner empfangen wurde, bewies ilm» , dass auch
das Volk ihn ächte. ^) Der Senat gab nun aber seinem Be-
schlüsse einen anderen Sinn, und versuclite, den Streit durch
einen Vergleich zu endigen. Sofort empfahl Cicero dem Volke,
die Rückkehr der Gesandten ruhig zu erwarten, 8) obgleich er
wohl einsehe, dass es diese Massregel verwerfe, und mit Recht;
denn dadurch Averde nur die Niederlage des Antonius verzögert,
und D. Brutus gefährdet. Noch nie habe jener einer anderen
Stimme Gehör gegeben , als der Stimme seiner Leidenschaft ;
er werde nicht gehorchen. Darum möge das Volk das Kriegs-
gewand in Bereitschaft halten; es habe den Senat schon durch
sein Ansehn im Guten bestärkt, und berufen, die ganze Welt
zu beherrschen, werde es nicht die Herrschaft des Antonius dul-
den, welcher nicht wie ein Mensch, sondern wie ein wildes
Tlücr zu betrachten sei. '■'> Dann vernahm der Senat: das \olk
gehe nicht mehr mit ilim, sondern voran; es verlange Freiheit, '"^
uiid später \vur<lc Calenus gefragt, ob es ihm denn ganz gleichgültig
sei, dass man sein Gutachten ausserhalb der Curie erfahre, und
Avie man dort darüber urtlieilc, dass er, und wie man hoft'cn
dürfe, er allein, Antonius vertheidigc. '•) Bei dem Allen hatte
Cicero die Nebenabsicht, auch dem Volke eine Stellung zu ge-
ben, worin kein Rückschritt möglich blieb; deshalb deutete er
0) l Phil. C. 7") Das. 1, 1. 2. 3. G. S) Das. C, C. 9) 0 Phil.
10) 7 Phil. 8. 11) Das. 10, 3.
V. ANTONII. Cli. § 24.) 181
sein Scliwclgen wie sein Geschrei, in Beiden lag eine Kriegser-
kiilrung gpgen seinen Feind.
Gegen Dolahella erfolgte sie wirklich, als er Trehonius ge-
tödtet hatte. Den Überbefehl, welchen die Coss. Pansa und
Hirtius in Anspruch nahmen, forderte Cicero für Cassiiis, ^-)
damit jene dem Kampfe gegen Antonius nicht entzogen Avürden.
Als er seine Absicht insbesondere durcli Pansa vereitelt sah, Hess
er sich vor das Volk führen, ihm Cassius zu empfehlen, und
von dem Consul gedrängt, welcher auch hier gegen ihn auftrat,
erklärte er, Cassius werde sich an keine Beschlüsse binden.*"')
So oft er aber auf dem Markte Beistand gegen die Curie suchte,
So sollte doch nie von den Gesetzen die Rede sein, worin Do-
lahella Syrien, und Antonius das cisalpinische Gallien voift Volke
erlialten hatten; *^J der Scnatsbcschluss vom 20. December, ^^-^
welcher sie aufhob, war allein als gültig zu betrachten.
§ 24.
Am verderbliclistcn waren die Lehren, welche Cicero den
Truppen und ihren Anführern gab, in einem Staate, wo ohne-
hin seit Marius und Sulla der Soldat gebot. Mochte alles aus
den Fugen gehen , Avenn er nur stand, und Antonius liel. Das
Heer will Krieg, daher darf der Senat nicht Frieden wollen; ^<')
diess ist im Wesentlichen der Grundsatz, Avelcher in seinen Re-
den und Briefen aus dieser Zeit immer wiederkehrt, und ihn
doch seinem Ziele nicht näher brachte. Denn im Felde geschah
nichts, weil Er es wollte, und nichts unterblieb, weil Er dage-
gen war, sondern jeder bedachte seinen eigenen Vortheil; man
folgte ihm scheinbar, um Hülfe und Ehrenbeschlüsse durch ihn
zu erhalten; für beide Theile war Republik das Loosungswort,
und beide wussten, wohin es führen sollte.
Es verdiente nach Cicero Billigung und Dank, dass D. Bru-
tus ohne Auftrag das cisalpinische Gallien übernommen, und
Antonius, den Consul, als Feind empfangen hatte; '^) dass M. Bru-
tus und C. Cassius nicht nach Creta und Cyrene giengen, wo-
hin der Senat sie geschickt, '**) sondern nach Mucedonien und
VI) 11 Phil. 13) ad Faip. -12, 7. 14) Oben § 10. \. 22. u. 74.
15) § 34. A. 11. u. 29. 10) 12Fliil.4. IV) Das. 5, 13. 1») Oben jj 17. A. 45-
182 V. ANTONII. (M. §. 24.) S
Syrien, Provinzen, auf ■welche sie an sich keinen Anspruch ma- :
clicn küimtcii, wohl al»cr nach dem höchsten fJcset/c, nach AVelchcm \
Alles reclit untl gerecht ist, Avas dem Staate nützt; ''•*) dass ferner
Octavian aus freiem, hochlierzigcm Entschlüsse, als Privatmann,
wenn auclt mit Genehmigung Cicero's, -•') ein Heer uarh; -0
dass die Legion des Mars und die vierte Antonius, den Consul,
unter dessen Befclilc der Senat sie gestellt,---^ verliessen, die
himmlischen, göttlichen, Avclchc noch im Tode durch ein Denk-
mal zu ehren heilige Pflicht -war. -^) AVenn nun aber die Geg-
ner Cicero's der Krieger ebenfalls gedachten, wenn sie warnten,
die Veteranen Cäsars nicht durch eine zu sichtbare BenrünstiiTuns:
seiner i\Iörder und eine übertriebene Strenge gegen Antonius,
ihren ehemaligen Anführer und Waftengeführten, zu reizen, so
crwiederte er: wie können die Veteranen sich erkühnen, dem
Senat vorzuschreiben; lieber sterben, als sich einem solchen
Zwange unterwerfen! nichts blüht ewig; die Blüthezeit der Le-
gionen Cäsars ist vorüber; auf die neu geworbenen, auf die
Tironen muss man seine Blicke richten. -*)
Dass also der AVeg , welcher ihm der geradeste zu sein
schien, wenigstens sehr sclilüpfrig war, konnte er nicht verken-
nen; aber es irrte ihn nicht; er billigte niclit bloss den Unge-
horsam gegen den Senat, sondern er fordevte auch dazu auf,
und wusste es zu rechtfertigen. Er bedachte, dass die Verhal-
tungsbefehle zu spät oder gar nicht an die Statthalter gelang-
ten, moclite ihre Entfernung die Ursach sein, oder die Schläfrig-
keit in der Curie, oder äussere Gewalt, welche eine freie Be-
rathung nicht zuliess; dass ferner auf Betrieb der Schlechtge-
sinnten auch wohl Schädliches beschlossen würde : daher empfahl
er Allen, Avelche er gegen Antonius und demnächst gegen Octa-
vian gebrauchen wollte, das Beste der Republik als die einzige
Richtschnur; es sei genug, zu wissen, dass auch der Senat nichts
anderes avoIIc; seine Anordnungen müsse man nicht erwarten,
sondern sich selbst Senat sein. ~'0 So verfuhren die Meisten
19) 11 Phil. 12. cfr. 10, 11. u. ad Fnm. 12, 7. 20) 5 Phil. 8. ad
Fam. 11, 7. 21) 3 Phil. 1. 2. 15. 4, 1. cfr. Die 46, 22. 22) App. 3.
5G3. Oben § 20. A. 34. 23) 3 Phil. 1. 2. 15. 4, 2. 5, 10. 14, 12. iiilea
§ 32. A. 52. f. 21) Das. 10, 9. 11, 15.12, 12. Unten § 39. A. 21. u. 07.
25) ad Fam. 10, IG. 11, 7. 12, 4. 7. 28.
V. ANTONII. (11. §. 24.) 183
auch oliüc seinen Rath, IJrutiis und Cassius insbcsonJcve, wclclic
er (Icshall) öücntlicli lobte. -•'-* Indess war es doch Münschens-
•»vertli, dass man in Rom ihre Handlungen genehmigte, ihnen
nacliträglich die Vollmacht dazu gab, um sie in ihrer Stellung
zu bcl'pstigcn. -^) So erhielt der Krieger durch Cicero die Zü-
gel der Regierung, folgercclit wurde von diesem alle bürgerliche
Ordnung zerstört.
Auf der anderen Seite konnten nach seiner Erklärun<r An-
tonius und dessen Anhänger nicht für Magistrate und Heerfüh-
rer gelten, weil sie Feinde der Republik Avarcn. Um ihnen zu
schaden , lertheidigte er die Auflehnung gegen die Rcliörden
und die Verachtung der Kriegszucht. Sein Versuch, Antonius
als Consul sogleich nach Cäsars Tode zu verdrängen , und die
Prätor<*n für ihn einzuschieben, war misslungcn. -^J Jener wurde
die Ursach, dass die Aristocratie n^cht Mieder an das Ruder ge-
langte, und verleitete sie, seine Pläne selbst zu begünstigen.
Es bedurfte daher niclit erst seiner Rede A'om 19. September, -'■')
um Cicero zu erbittern, welcher sie nur benutzte, um als belei-
digter Consular ihn nun auch nicht mehr als Consul zu Lehan-
deln, eine Würde nicht mehr anzuerkennen, auf welche t ohne-
iiin l^c'in Recht hatte, sei es wegen seines Privatlebens, oder
wegen seiner Verwaltung, oder wegen der Art seiner Ernen-
nung, oder wegen der Ueberrcichung des Diadems an den Luper-
ealien. ^^^ Wenn Cicero diese Ansicht geltend machte, so be-
seitigte er ein Haupthinderniss einer Kriegserklärung, und jetzt
schon konnte er nach einer solchen Voraussetzung für diejeni-
gen Belohnungen fordern, welche den Consul anfeindeten oder
verliessen. Er forderte sie nicht nur, sondern er wagte auch
die fast unglaubliclie Zumutliung an den Verstand seiner Zuhö-
rer, in dieser Anfeindung selbst einen Beweis zu linden, dass
Antonius nicht Consul sei, weil sie sonst strafbar sein, nie-
mand sich erlaubt haben würde, so zu handeln; Privatperso-
nen also und Soldaten erhob er zu Richtern über den ersten
Magistrat, ^i)
20) 11 Phil. 11. 12. 27) Das. 3, 2. 5. 15. 11, 12. 28) Üben § S.
A. 15. '.'.!)■) §. 30) 2 Phil. 5. 3, 5. 31) Das. 3, 5. 4, 3. 5, 2. 0, 3
ail Farn. U, 7.
184 V. ANTONII. (14. §. 24.)
Audi seine Sclimährcilcii gegen Antonius, viihreud seines
Consulats und später, ycruiinderten die Achtung gegen die Be-
hörden. Calcnus warf ihm Aor , dass er mit Leidenschaft sjtre-
che, und er liiugnete diess in so fern mit Recht, als die un-
würdigen Ausfalle weniger eine augenhückliche Aufwallung iiefti-
ger Gefühle, als eine Folge der ßereciinung Maren; '-^-J er wollte
Keinen Feind dadurch auf ewige Zeiten hrandmarken, '■^■^) durch
Scliinipfiiamen den Consul und Consular herabwürdigen , die
wiillvührlichen Rüstungen gegen ihn und seinen Antrag auf Aech-
tuug rechtfertigen, auf die Aechtmig eines w üthenden Gladiator, "*J
eines Spartacus, ^ä) eines Bau.Iciifährers, •^''■' eines Erzräuhers, -^^.^
eines scheusslichen Ungeheuers,"'*^ welches sich erfrechte, mit vier
Consuln Krieg zu füiiren, mit den jetzigen, Pansa und llirtius,
und mit den künftigen, Plancus und D. Brutus. ^'^) AVas dieser
nebst Oftavian sich gegen Antonius als Consul erlaubt liatten,
das war ihm nicht erlaubt, denn er focht gegen die Republik,
und was für oder gegen die Republik fechten hiess, darüber
stand aur Cicero die Entscheidung zu, wie über die Frage,
ob jemand Consul sei oder nicht. Unumwunden cröfl'nctc er
Pansa im Senat, er werde ilin nicht dafür ancrkeinien, wenn er
nicht seine Pflichten erfülle, ^'^) etwa ferner eine Berathung über
die appische Strasse oder über die Münze veranlasse, vahrend
viel Wichtigeres zu besprechen sei, *•) einer Kriegserklärung ge-
gen Antonius sich widersetze und auf Unterhandlungen dringe.*-)
Denn über diess alles rechtete er mit dem Consul auf eine un-
geziemende Art, so dass er dessen Einsicht oder Vaterlandsliebe
in Zweifel zog, und wenigstens andeutete, was sein Bruder,
jedoch nur in einem Briefe, über Pansa und Hirtius geäussert
hatte. *■*>>
Noch Aveniger schonte er die niederen Behörden, und unter
ihnen die Brüder des M. Antonius, Cajus, den Prätor, und Lucius,
den V. Tribun des J. 44. Unerschöpflich, wenn es galt, einen
Feind zu erniedrigen, überschüttete er insbesondere den Letzten
mit einer solchen Masse von Sclimähungen , dass man seine Er-
32) 8 Phil. G. 33) Das.lS, 19. 34)nas.3,7. G,2. 13,7.9. 3.i) Da».
13, 10. 30) nag. 12, 10. 13, .'i. 7. 0. 11, 3. 37) Das. 13, 8. 3«) Das.
7, 9. 8, 1. 13, 10. 30) Das. 13, 7. 14, 3. 10) Das. 7, 2. 41) Da». 7, 1.
4'i) Das. 8, 1. 12, 7. 14, 7. 43) ad Fani. 10, 27. >
V. ANTONII. (14. §. 24.) 185
findiingslfraft bewundern miisste, wenn der Gegenstand weniger
veräclitlich wäre. '^*J
Wie den Senat und die Magistrate so verachtete Cicero
auch Gesetz und Verfassung, um seiner Versicherung zufolge
die Republik zu vertheidigen. Als er a. 54 aus Furcht vor
Cäsar und einem zweiten Exil für Vatinius sprach, dessen hefti-
ger Gegner er gewesen war, schrieb er Lentulus, welcher sein
Befremden darüber äusserte: ein Staatsmann dürfe nicht hart-
näckig bei Einer Meinung verharren; er müsse sein Ziel im
Auge behalten, wie der Schift'er den Hafen, um es aber sicher
zu erreiclien, nicht immer dieselbe Sprache füliren, so wenig als
jener immer in derselben Richtung fahre; man habe ilim Gutes
und Böses erwiesen, deshalb denke und spreche er so, wie es
sowohl sein eigenes als das Interesse der Republik erfordere.*^)
Auch jetzt Mar er in mancher Hinsicht anderer Meinung, als
sonst. Octavian sollte ausserordentlich und als Privatmann er-
mächtigt werden, ein Heer anzuführen, Proprätor sein und mit
diesem Range in der Curie stimmen. Er war noch nicht Quä-
stor gewesen, und nicht im gcsetzmässigen Alter; aber die ganz
alten Römer hatten keine Annalgesetze , und dann starb Man-
cher, ehe er mit seinen Gaben dem Staate nützen konnte, da-
her man jene sonst schon unbeachtet Hess; hätte Alexa;ider das
consularische Alter erwarten müssen, so würde er nicht so grosse
Thaten verriclitet haben, ^f») AVie, sagte Cicero später, als er
Cassius den Krieg gegen Dolabclla zuwenden wollte, und L. Cä-
sar dagegen P. Sorvilius vorschlug, einen Privatmann? Dann
kann jeder Senator daravif Anspruch machen, dann wird man in
der Curie werben, wie in den Comitien, und man muss Stimm-
tafeln vertheilen; er selbst, fügte er entschuldigend hinzu, habe
zwar für einen jungen Mann, für Octavian, eine ausserordent-
liche Befugniss verlangt, Heerführer zu sein, dieser liabe ihm
aber auch einen ausserordentlichen Dienst geleistet, ihm, das
heisse dem Senat und dem römischen Volke. *''-*
Nichts verderblicher und strafbarer als Ackergesetze. Cicero
hatte diess gegen RuUus und noch kürzlich gegen L Antonius
44) S. unten L. Antonius. No. 30. 45) ad Fam. I. 9. § 2. u. 7.
46) 5 Phil. 16. 17. 47) Das. 11, 8.
186 V. ANTONII. (11. §. 25.)
ausfrcsproclicn. *8) Ein kluger Steuermann riclitct sich nacli
dem Winde. *3^ Er selbst trug darauf an, den Kriegern, wel-
che Antonius verlassen oder gegen ihn gefochten liatten , Acker
anzuweisen, so reichlich, als es jemals der Fall gewesen,^")
und war mit D. Brutus ganz einverstanden , dass er und Plan-
cus unter ihre Truppen Ländercicn A'erthcilen müsstcn, wogegen
ihnen oblag, ihn von aller Furcht zu befreien. 5')
Fünfzig Tage war er in Sicilien gereis't , um gegen Ver-
rcs Stoff zur Anklage wegen Erpressungen zu sammeln , ^-) und
seine eigene Verwaltung Cilicicns war nach seiner Versicherung
musterhaft gewesen ; ^3) Cornificius, welcher Afrika gegen Cal-
visius den Anhänger des Antonius, behaupten sollte, und kein
Geld hatte, empfahl er, da jetzt im Senat nicht darüber ver-
handelt werden könne, das Fehlende zu leihen und beizutrei-
ben, also zu erpressen, als sei er dazu ermächtigt. 51)
Im Bürf-erkriege wurde der Sieger nicht Imperator und
nicht mit einem Dankfestc belohnt. Cicero gab diess nicht
bloss zu, sondern er hob es geflissentlich hervor, che er nach
den ersten Gefechten bei IMutina die diesseitigen Feldherrn als
Imperatoren anerkannte und auf eine Supplication von fünfzig
Tao-en antrug. Durch einen solchen Beschluss sollte man eben
gestehen, es endlich einmal aussprechen, dass Antonius nicht
mehr römischer Bürger und folglich der Kampf mit ihm kein
Bür"-erkrieg und kein Tumult sei. ^'^)
§ 25.
Die Wahl solcher Mittel erregt den Verdacht, dass Cicero
seinem Unternehmen gegen Antonius nicht gewachsen war, und
er seine eigene Lehre vergass, die Kräfte wohl zu prüfen, ehe
man handle, und nicht von der Leidenschaft verblendet sich
über sie zu täuschen. ^ej Dass die seinigen gering waren, ver-
barg er sich nicht. Wir bedürfen Geld und Truppen, schrieb
er in seinen Briefen, und wir haben weder das Eine noch das
Andere. 5 'J Mit unserem Ansehn ist's nicht gethan ; vielleicht
48) Oben §. M. A. 58. 49) ad Fani. 1. 0. 50) .-i Phil. 19. 51) ad
Farn. 11, 20. 21. 52) in Verr. Act. 1, 2. 53) Ol. sie e8 wirklich war,
wirü sich in der Geschichte seines Lehens zeigen. 54) ad Farn. 12, 28.
.W. 55) 11 rhil. 8. 9. 11. 11. 5C) de oinc. 1. 21. 57) ad Attic. 14, 4.
V. AXTONII. (14. §. 25.) 187
kann man mit den Waffen helfen, aber ich Avciss nicht, auf vie
viele wir zu rechnen haben. ^^) AVas ist in einem Staate
zu hotten, worin Alles mit dem Schwerdte zu Boden gedrückt
wird, und Senat und Volk gleich olinmächtig sind?^'*') AVas
vermag man, wenn man nicht Gewalt der Gewalt entgegen-
setzen kann? *••') Wir kämpfen mit Antonius unter ungleichea
Bedingungen, mit Worten gegen Waff'cn. Alles ist unterdrückt,
die Guten haben keinen Führer, unsere Tyrannen- Mörder sind
fern; ich weiss durchaus nicht, was werden wird. ''')
Diess Gestündniss überrascht, da er sich kurz zuvor im
Senat mit seiner Wachsamkeit und Voraussiciit für die baldige
Herstellung der Freüieit verbürgt hatte. ''-J Aber die Leiden-
schaft riss ihn fort, über seine Kräfte zu wagen; er erklärte
den Rath des Atticus, sich aus dem öftentliclieii Laben zurück-
zuziehen, für seiner unwürdig,"^) obgleich er sich einst selbst
unter Cäsar Schweigen und Stillesein empfahl, ö*>' und bedachte
den weisen Spruch des Crassus nicht, dass man im Staate auf
mannichfache Art sich Ruhm erwerben könne. ^^^ Kühn sagte
er Antonius die Fehde an, und bekannte darauf unter über-
schwänglichen Dankbezeugungen gfgen Octavian , dass man ganz
wehrlos gewesen, und nur durch ihn, und ganz unerwartet
durch ihn gerettet sei. ^^^ Ciceros Werk war es nicht; er hatte
den nimmer Nüchternen nicht in das Garn des jungen Cäsar
geworfen,''^-' wohl aber hatte er mit seinem Anhange das Schick-
sal der Völker, welche unfähig, sich selbst zu helfen, jeden
Feind ihres Unterdrückers als Befreier empfangen , und deshalb
aus einer Sclaverei in die andere gerathen.
Von einem Bunde zwischen dem Erben, den Freunden und
den Mördern Cäsars konnte er Avohl augenblickliche Erfolge, alter
liicht den Sieg hotten. Nur bis zu dem Schlachtfelde, auf
welchem Antonius unterlag, führte sie Ein Weg, und jeder
Theil wusste , dass der andere ihn gebrauchen und dann ver-
derben wollte. Cicero behauptete , dass diess Misstrauen unge-
gründet sei, dass es auch nicht Statt finde; ^'^) er selbst trug
58) Das. 14, 14. 59) ad Fam. 10, 1. CO) Das. 12, 3. Gl) Das.
12, 22. 02) 3 Phil. 14. G3) ad AU. 14, 20. ü I) Das. 13, n.
C5) 14 Phil. C. 06) Unten §. 31, A. 4. f. 07) ad Fara. 12, 25.
08) 10 Pkii. 7. 8. '<v(^-
ISS
V. ANTONII. (U. §. 25.) 1^
j]azu he\ , es zu nälircn, denn fast jeder Streich, ivcldier auf
Antonius Hei, traf auch den Sohn, die Feldherrn und die \'e-
tcniiicn Cäsars. Dadurch hcwirkte er nicht den ohnehin he-
schlossenen Ahfall Octavians, aber er beschleunigte ihn. Denn
vcU'hen Eindruck musste es machen, Menn er das Gefolge des
Antonius, nach seiner Schilderung eine Rotte von Verworfenen,
die Triinimer aus dem Sclütfbruche Casars nannte, und bald
darauf rühmend bemerkte, dass weder die kindliche Liebe für
Octavian , noch ihre genaue Verbindung mit Cäsar für die Coss.
Pansa und Hirtius ein Hinderniss sei, die Republik zu ver-
theidi"-en? *'^J Stets bezeichnete er den Zustand Roms während
der letzten Dictatur als Kncclitschaft, deren Urheber nur ein
Antonius das Diadem antragen,'^") für welchen nur er eine
Supplication^^-* und den Titel Vater des Vaterlandes fordern
konnte. ^-) Er wusste, dass nicht jeder gern von Cäsars Tode
hörte und wollte deshalb A-^on der grössten unter Cassius Thaten
schweigen; ^^) wie er sie aber in dcr.iseliien Augenblicke pries,
80 lobte er auch andere Verschworene als solche , AI. Brutus, '*)
Trcbonius,''^^ Casca, ^Oj Serv. Galba,^^) und selbst D. Brutus
nicht bloss, weil er Antonius widerstand. Für Cäsar konnte
nichts Besseres geschehen, als wenn man vergass, wie er ge-
endigt liatte;''^) aber diese Nachsicht bewies Cicero nicht;
schon in der zweiten Philippika, welche bald allgemein gelesen
wurde, erhob er seine Ermordung zu der rulimwürdigsten
Handlung, welche man nie vergessen, sondern nachahmen
müsse ;^'-'^ dann erklärte er es für einen Widerspruch, dass man
zu"-ebe, er sei mit Recht erschlagen, und doch seine Gesetze
und Einrichtungen beibehalte. ^•^.*
Octavian wurde also zugleich beleidigt und gewarnt; er
sah, dass nach dem Falle des gemeinscliaftlichcn Feindes die
Befreier Cicero auch von ihm befreien sollten, und dass dieser
sie deshalb nicht bloss lobte, sondern auch so viel als müglich
zu heben suchte, vorzüglich M. Brutus in Macedonicn, ^U und
6!)) Das. 13,2. 20. 70) Das. 3 , 5. 13, 15. 71) Das. 1 , G. 72) Das.
13, 11. 73) Das. 11, 14. cfr. 11. u. 12. 71) Das. 10, 3. 75) Da«.
11, 1. 4. 76) Das. 13, 15. 77) Das. 13, 10. 7») Das. 13, 18.
70) Das. 2, 11. 12. 13. 43. 8ü) Das. 13, 1. 81) Das. 10, 7.
V. ANTONII. (14. §. 25.) 189
C. Cassius in Syrien. ^-) Machte man ihm den V'orwurf, dass
er sie zu sehr ehre und ihnen die Herrschaft zuzuwenden schei-
ne, so ehrte er in ihnen nur die Zierden des Staats, 83J und
vergebens rügte Antonius sein Verfahren in einem Schreiben an
Hirtius und Octavian, denn diese duldeten es gern, dass die
besten und edelsten Manner, welche sich zur Vertheidigung der
Republik verbunden hatten, auch mächtig waren. 8*)
Selbst die Art, wie er Octavian seinen Beifall bezeugte,
inusste diesen von ihm abwendig machen, wenn er je die Ab-
sicht gehabt hätte, ihm zu dienen. Er schilderte ihn als einen
unerfahrnea jungen Mann,^'^>' welcher sein Ansehn seiner Adop-
tion und dem Senat, das heisst ihm verdanke, und unter einer
umsichtigen Leitung, unter der seinigen, wohl zu gebrauchen
sei. ^'') Mit allen Gedanken des Jünglings vertraut konnte er
Versichern, dass ihm nichts theurer war, als die Republik,
nichts heiliger, als der Wille des Senats, nichts wünscliens-
werther und süsser, als die Zufriedenheit aller Guten und der
wahre Ruhm, ^^) dass kein Glanz des väterlichen Namens, keine
kindliclie Liebe ihn auf Abwege verleitete, da er wusste, dass
die grösste Pietät sich in der Erhaltung des Vaterlandes zeige. ^*'J
Nach der Schlaclit bei Mutina, wo er mehr leistete, als man
von seinem Alter erwarten konnte, ^'^^ wurde er so zweideutig
behandelt, dass er auch zweideutige Aeusserungen Ciceros, wel-
che man ihm mittheilte , für acht hielt. '•>^)
Es war also nicht das Verdienst des Redners, dass man
diese Hülfe fand, wohl aber geschah von seiner Seite sehr viel,
um sie zu verlieren. Und wie lös'te er übrigens sein Worc,
die Republik zu retten? Durch ihn Avurden nirgends Streitkräfte
in Bewegung gesetzt: man widerstand Antonius im eigenen
Interesse oder gar nicht; die Befreier im Osten überliesscii
Cicero, D. Brutus und Rom ihrem Schicksale; Lepidus, Piancus
und Asinius PoUio erwarteten den Ausgang und fielen ab, als
man ihrer am meisten bedurfte; Cicero musste sie kennen, als
er seinen Feind zum Kampfe auf Tod und Leben forderte. Er
konnte nicht einmal im Senat durchdringen, so viel er sich
«2) Das. 11, 14. 83) Das. I. c. 84) Das. 13, 11. 85) ünl.ii
§. 31. A. 13. 80) 14 Phil. 10. 87) Das. 5, 18. 88; Das. 13, 2ü.
ii9) Das. 14, 10. 90) Lnlen §. 47. A. 10.
190 V. ANTOxNIL (14. §. 25.)
auch von den Philippiken versprach,"') deshalb sandte er sich
iviedcrliolt an das \'ülk, und empfahl den Statthaltern, nach
eigener Ueberzciigung zu handeln. Es Mar sclion kränkend
und liindcrlich für ihn, dass der Consul Pansa a. 43 nicht
ihn , sondern seinen Schwiegervater Calenus immer zuerst frag-
te, den Freund des Antonius ;ä2) g^j^ Antrag, diesem den Krieg
anzukündigen, wurde bis zur Schlacht bei Mutina verworfen,
und eben so wenig erfüllte man seinen Wunsch , dass Cassius
statt der Consuln den Oberbcfebl gegen Dolabella erhalten möge;
er eiferte gegen den Frieden , und dennoch gieng eine Friedens-
Gesanil tschaft ab, man beschloss sogar eine zweite, an welcher
er selbst Theil nehmen sollte.
Um kurz zusammenzufassen, was sich aus dieser Einleitung
in die Pliilippiken ergiebt, so war der Streit zwischen ihrem
Verfasser und Antonius rein persönlich und von jenem veran-
lasst. Er überti-ug seinen Hass von Ciisar auf den neuen Macht-
haber, welcher seine Hoffnung vereitelte, dass von jetzt an die
Rede wieder mehr sein werde , als das Schwerdt. Um das
höchste Ansehn kämpften Beide , und Beide bedienten sich , so
viel es jeder vermochte, gefälirliclicr und blutiger Mittel. Nach
dem Nutzen , Avelchen Menschen und Dinge ihnen in dieser
Hinsicht verschafften, bestimmten sie deren AVerth. Sie ver-
langten unbedingte Ergebenheit A'on Senat und Magistraten, und
trieben mit Gesetzen und Grundsätzen ein verderbliches Spiel.
Dadurch untergruben beide den Staat, und Cicero stumpfte
zugleich die einzige Waffe ab, welche ihm zu Gebote stand,
er riss seine Schutzwehr gegen jeden andern Antonius nieder.
Des Rechts, von der Herstellung der Republik und der Gesetze
und von seiner Fürsorge für die Mitbürger zu sprechen, machte
er sich verlustig, da er den Senat verhöhnte, als Privatmann
einen Consul ächtete, den Abfall von ihm heiligte, die Enipö-
run"- rechtfertigte, die Gesetze verdrehte, einst von ihm be-
kämpfte Missbräuche empfahl, seine Mitbürger gegen einander
hetzte, sich und sie mit der Sopliisterei abfand, diess sei kein
Bürfcrkrieffj und den Meuchelmord öffentlich in Schutz nahm.
Es macht einen ungünstigen Eindruck, dass er Andere
I
ftl) ail Farn. 12, 2. 14 rUil. 7. 02; 5 l'Uil. 1. 10, I. 3. (2.)
V. ANTONII. (11. §. 25.) 19 [
vorschob, ■vvührcml Antonius seihst sein Leben duran setzte; iii-
dess Avar er nicht zum Krieger geschaffen,'-*'*'^ und man kann
in dieser Hinsicht bloss tadeln, dass er eine Rolle übcrnalim,
welche nur ein Krieger durchzuführen vermochte. Allein er
■wollte auch nicht für die Republik oder mit ihr untergehen;
er wollte ihr überhaupt nichts aufopfern, niclit einmal seine
fiütcr: mit Entsetzen daclite er daran, dass ihr Verlust gewiss
war, wenn Antonius zurückkam; ö*) er verpfändete, verkaufte
sie nicht, wie seine Reden erwarten liesscn, als die Heere
Sold forderten, und es galt. Anderen ein Beispiel zu geben;
Tribut wollte er aussciireibon , '•'^) und jene wies er auf die
Provinzen an. '■"'J Sein Leben aber in Gefahr bringen hiess
ihm den Zweck zum Mittel machen. Auch ohne seinen Ausruf
zu kennen: lieber tausendmal sterben, als in den Lagern sein, '-^'0
konnte man seine Versicherung würdigen: gern würde er sich
für D. Brutus einschlicssen , wenn es im Kriege Stellvertreter
gäbe, ^^) wobei er, wie immer, ein schwaches Gedächtniss bei
seinen Zuhörern voraussetzte , da er ihnen so oft die V/ichtig-
keit seiner Erhaltung für den Staat und die Nothwendigkeit
seiner Gegenwart in Rom bcAvies. Er gedachte den Sieg zu
geniessen, und wenn dieser dem Feinde A'erblieb, sich in die
entfernteste Gegend, nach Syrien, zu Cassius zu retten.^'-')
Denn von Antonius durfte er keine Gnade oder Versöhnung
hoffen; er hatte ihn zu arg verletzt, und gross war die Zahl
seiner anderen Feinde aus der Zeit des Catilina und des Clo-
dius, welche alle auf Rache sannen. Zwar hatte die Republik
die Genugthuung, dass die Verbrecher büssten, welche ihm seit
zw'anzig Jalircn nachgestellt, und dass er ihr nicht entrissen
wurde; aber er sagte es nicht ohne Furcht, denn er wusstc,
was dem Mensclien begegnen kann. ^^'^) Ein Tod ohne SLirter
aus der Hand des Antonius würde eine AVohlthat sein, ^) und
L. Piso sprach ein ti'effliches AVort, als er erklärte, er werde
auswandern, wenn jener siege ; 2) das grauenvolle Schicksal
93) Das. 7, 3. 8, 4, 12, 10. ad Att. 14, 13. Luc. Pbars. 7. 65.
94) 8 rhil. 3. 05) ad Fani. 12, 30. 96) Das. 12, 28. 07) Oben §. 18.
A. 8. 98) 12 Phil. 2. 99) ad Fani. 12, G. 8. 100) 12 Phil. 9. 10.
cfr. 2, 1. 13, 21. 1) Das. 11, 1. 13, 19. 14, 9. 2) Das. 12, G.
192 V. ANTONII. (14. §. 20.)
des Trebonius warnte; 3) jener war der Schreckliche, Melcher es
veranlasst und es auch allen Anderen beschieden hatte. *)
Wie würde Cicero als Sieger gehandelt haben, mit seinen
Freunden, den Mördern Ciisars, mit seinem (Grundsätze, dass
jeder das Leben verwirke, welcher wider ilin sei, mit seiner
durcl» lange Erniedrigung und einen angstvollen Zustand bis
zum tüdtlichsten ilasse gesteigerten Erbitterung, mit der Ge-
fühllosigkeit, mit welcher er als Consui seine Mitbürger sterben
sah, Clodius und Cäsars Ermordung feierte und die Verschonung
des Antonius beklagte? So fragte auch dieser ia einem Schrei-
ben an Hirtius und Octavian. ^)
§ 26.
Die Zeit, in welcher Cicero nach Rom zurückkehrte,^)
war nicht glücklich gewählt. Denn Antonius liatte jetzt so
viel erreicht, "^J dass er es wagen konnte, durch einen ent-
schiedenen Schritt Freund und Feind zu sondern, der einen
Partei zu beweisen, dass er bisher nur aus Noth und Klugheit
der anderen Zugeständnisse gemacht habe, und dieser, dass er
sie nicht fürchte. Er trug am 1. September *) im Tempel der
Concordia , '•'J von Kriegern umgeben und bei verschlossene!!
Thüren, '") bei dem Senat darauf an, dass zu den Supplicatio-
nen ein Tag zu Ehren Cäsars, zur Erinnerung an seine Tha-
ten hinzugefügt und ihm an diesem läge als (jiott geopfert
werden möge. "^ Bei Lebzeiten des Diclator hatte man be-
schlossen, an den Tagen seiner Siege zu opfern, ^-J in Zukunft
sollte man ihm selbst wie einem Gott Dankopfer bringen.
Allerdings handelte der Cousul nicht aus Ehrfurcht gegen ihn,
denn er gestattete, dass man schon vorhandene Beschlüsse ähn-
licher Art nicht vollzog, und Hess sich selbst nicht als Priester
des zum Gott erhobenen Herrschers weihen;'-^) wer aber für
seinen Vorscliiag stimmte, der brach öifcntlicli mit der Aristo-
3) Das. 11,2. 1.^, m. 21. 14, 3. 1) Das. 11,3. 5) Da«. 13, 20.
rfr. Dio 40, 21. 25. ü) Oben §. I«. A. 12. u. §. 21. A. 92. 7) §. 20.
k, I i'hil. .1. j. 5 Fliil. 7. riut. Cic. 43. 9) 5 IMiil. 7. 10) Das. I. c.
H; Das. I. r. u. 1, 5. (>. 2, 12. (13). Dio IT., 7. 12) App. 2. iOl. cfr.
5. 745. Dio 43, 44. S. Cäuar. 13) 2 Phil. 42. (43). 13, lü. Dio 44. 0.
V. ANTONII. (14. g. 26.) 193
cratie, wer dagegen war, verfeindete sich die Veteranen, wer
bei einem solchen Anlasse nicht kam , gesellte sich den Gegnern
au. Es blieb kein Ausweg ; diese Erfahrung machte Cicero,
und auf ihn insbesondere war es abgesehen; er sollte sich für
besiegt erklaren oder gegen den Machtigen offen in die Schran-
ken treten. Die Sorge um seinen gesunkenen Ruf hatte ihn
nach Rom geführt; im Tempel konnte er sich nur widersetzen, '*)
und wer schützte ihn dann vor dem Schicksale des HclviuH
Cinna?
Der Consul war schon im Senat, als er seine Entschuldi-
gung empfieng: er sei von der Reise ermüdet, sei krank. '^)
Auch Andere fanden sich nicht ein, aber keinen vermisste
jener so ungern, und bei keinem war es so gewiss, dass er
nicht kommen wollte. Antonius wusste, wie er auf seinen
Gütern sich über ihn geäussert, den Achselträger gespielt, sei-
nes Falls geharrt und sich bemüht hatte, ihn zu bewirken;
diess Ränkeschmieden im Verborgenen sollte aufliören, und da
sein Gegner einen öffentlichen Bruch auch jetzt vermied , so
begnügte er sich nicht mit der gesetzlichen Strafe, mit Pfän-
dung oder einer Geldbusse, sondern gebot, in Gegenwart des
Senats, Ciceros Haus niederzureissen , das Haus, in dessen
Besitze er sich glücklich fühlte , zu dessen Herstellung nach
seinem Exil der Senat das Geld bewilligt hatte. Doch gelang
es, ihn zu besänftigen; die Berathung wurde fortgesetzt und
sein Antrag genehmigt. ^''J
Am folgenden Tage, mithin am 2. September, i'^) nicht
schon am ersten, dem Tage nach seiner Ankunft, oder am
dreissigsten nach der Rede des Piso, ungenaue Angaben, ^^) er-
schien Cicero in jenem Tempel im Senat. Er konnte nicht
wissen, dass Antonius nicht kommen i^) und nur Dolabella den
Vorsitz führen werde , -"-* auch wurde dadurch die Gefahr nicht
vermindert, wenn er überhaupt zu fürchten hatte. Andere
Gründe also bestimmten ihn, heute zu thun, was er gestern
gescheut hatte : mit der Person zu hadern , ohne in ei-
14) 1 Pbil. 5. 7. 15) Das. 1 Phil. 5. 11. Plut. I. c. 16) I Phil
4 — 0. 5, 7. Plut. 1. c. 17) 1 Phil. 4. 5. 5, 7. 18) ad Farn. 12, 2.
25. 5 Phil. 7. In Corradi Quaest. p. 220. zu grundlosen Einwürfen ge-
gen Plut. 1. c. benutzt. 19) 1 Phil. 7. 13. 5, 7. 20) Das. 1,1!. 12.
Dnimaniii Gegcbiclite Roms J. |3
194 V. ANTOMI. ( 11. §. 2G.)
ncm förmliolieii Ciitarhton die Saclie zn verwerfen, votlarch *r
die A eteranca jjercizt haben viirde . Avar ihm jetzt, nieht aher
am vorigen 'J'at^e gestattet; es fehlte ilini nicht an Stoff zu
Klagen über Antonius, und niclit an (iVwandtlieit , sich auch
ülier die Sache zu äussern. Man erkennt in der ersten Phi-
lippik.'i oder Antoniana -0 alle anderen wie im Keime; sie deu-
tet an, vas diese schoinmgslos ausführen: wer für Cicero sei,
sei für die Hepuhlik: --.' es werde /um Kriege kommen, und
dieser tnls ein Krieg mit einem auswärtigen i'cinde zu betrach-
ten sein:-''-^ ja man tiiulet sclion Anspielungen auf das Privat-
leben, auf die Trink- und Spielgenossen , welche bald mit ihrem
In Laster versin)kenen Heschntzer am Pranger stehen sollten. '*)
AVarum dieser nicht kam, ist schwer zu sagen, eben weil sich
sehr viel dariilier sagen lässt; der Streich vom gestrigen T.ige
war einmal verfeliK , und der Gegner Avurde lieute nicht von
ihm erwartet.
Eben so wenig ist man davon unterrichtet, an welchen
Antrag Cicero seine IJede anknüpfte. Ihr Zweck ist nicht zu
verkennen: er AvoIIte <ladurch bewirken, was ihn zur Rückkehr
bestimmt hatte, seinen Ruf herstellen, beweisen, dass er noch
der Alte sei, und sicli da finden lasse, wohin er gehöre, so-
b.ild er hoffen dürfe, zu nützen; dieser Tag sollte Aon seinen
unveränderten und unveränderliclien Gesinnungen gegen das \ a-
terland zeugen,-'') dessen Dienste er sich fast ein halbes Jahr
entzogen hatte, und einen Krieg mit y\ntonius vorbereiten.
Niclit kleinlaut , sondei-n mit Aiunassung und Zuversicht nahm
er das ANort, als ob ein Herrscher die Verwaltung einer A'on
ihm eingesetzten Regentschaft beurtheile. L. Piso hatte am 1.
August freimüthig gesprochen, und enipfieng seinen Dank; den
Senat tadelte er Avegen der an jenem läge beAviesenen Feigheit,
mit der Remerkung, auch gestern habe ersieh einschüchtern
lassen und seiner linvürdiges beschlossen, Avcshalb der Redner
nicht auf seinen Rcistand rechne, sondern nur (iehör A'eriange.-''-'
Die Mörder Ciisars A\urden gel(d»t, -•' und die Consuln über ihr
\ erhalten seit dem April zur Jfechenschaft gezogen, nicht ohne
Ankündigung der Strafe, Avcnn sie sich nicht besserten. -'^^
20 Gell. N. A. 1.1, 1. 22) c. II. K.. cfr. r> , 7. 23) r. 0. 21) 1.3.
§. 72. A. 17 f. 25) 4. 15. 20) 1 — 7. 27) 2. 3. l'u 2S) 12, H.
I
V. AXTONir. (IJ. §. 2(5.) J95
OJ)gIcuh Ticero gestehen iniisste , «lass Antonius ihn als
Frennd verpfliclitet habe, und ilim gesagt Avnrile, sein Freund
werde auch durch eine Hede oline Scliuiähungen sehr verletzt,
wenn sie seinen AViinsc!ien entgegen sei, der Poujpojaner dürfe
nicht die Nachsiclit von ihm hofien, -wie Piso , Ciisars Schwie-
gervater, -'^>' so konnten diese wohlgcnicintcn Warnungen und
die G'cfalir, worin er sich so eben befunden hatte, ihn doch
nur bestimmen, weniger freimüthig als gewöhnlicli zu spre-
chen,-"') d. h. nacli den folgenden Philippiken zu schlicssen,
er schimpfte niclit, übrigens machte er jetzt schon solche Aus-
falle, ^') dass er sich an diesem Tage den einzigen Freien in
der Curie nennen konnte. ■'-^ Zwar lobte er die Verwaltung
des Antonius bis zum 1. Juni,''') und man sollte daraus zu-
gleich den gerecliten Richter erkennen , Aviilirend er ilim nur
Arglist und \erstcllung vorwarf, wie in der scheinbar harmlo-
sen Krziihlung, dass die Nachricht von seiner Rückkehr zur
Cesetzliciikcit und Ordnung ihn bewogen habe, wieder nacl»
Rom zu kommen, der härteste Tadel lag. '**)
Als er ins Einzelne gieng, Avähltc er äusserst schlau einen
AngrifTspunct , welcher ihm selbst Schutz gewährte. Er benutzte
den ihm verhassten •'•') Scnatsbeschluss, worin Cäsars Verfügun-
gen bestätigt waren, um auf eine für die Veteranen und die
übrigen Freunde des Ermordeten nicht anstössige Art die Ver-
I brechen des Antonius aufzuzälilen , sie als Handlungen darzu-
stellen, welche sich tlieils auf eine ^ erachtung jener Verfügun-
gen, theils auf deren Verfälschung gründeten. Unter dem
Reell tst i te 1 : Auflehnung gegen den Willen Cäsars, fasste er alle
Rügen zusammen; trug das Ganze eine gute Farbe, so konnte
er es im Einzelnen nach Belieben ausmalen, wie Beiwerk an-
bringen, was ihm das Wichtigste war, und seinen Feind an-
schwärzen , war er doch als Gegner der Verordnungen hin"-e-
stellt, von deren Erhaltung Einige den ferneren Besit?; ihrer
Güter, Andere Geldgewinn, Andere die Fortdauer des Friedens
oder Aemter und Provinzen erwarteten. AVas ihn also schon
jetzt als strafbar , als einen fluchwürdigen Tyrannen bezeichnen
20^ ■!. 11. ?.n^ ■) Phil. 7. .^1) ad Kam. 12, 2. 32) Dag. 12, 25.
S.'t) l Fhil. 1. 2. 34) 3. 35) 7.
196 V. ANTONd. (14. §. 27.)
sulltc, Avar nicht «lic Willkühr, mit welcher er die julischeii
Gesetze und Einrichtungen verachtete oder veränderte, sondern
seine Willkühr an sich; nicht der Ungehorsam gegen jenen
Seuatsbeschluss, sondern gegen den Senat ülicrhaupt, die Macht,
velche er sich durch List und an der Spitze der Veteranen
zum Nachtheile der Aristocratie verschafft hatte, und -wodurch
CS Cicero unmöglich wurde, in ihr und durch sie zu herrschen,
mit Einem Worte, die Fortdauer des Zustandes, welcher am
15. JMiirz hatte aufliören sollen. Antonius hatte sich der Fäl-
schung schuldig gemacht, sich des Schatzes bemächtigt, ■^'•) durch
die Aussicht auf Beute die Veteranen aufgeregt, ^'0 seinen Col-
lesen Dolabclla bestochen, ^^) seit dem I. Juni ohne den Senat
geliandclt, durch Volksvers.immlungen, welche diesen Namen
nicht verdienten , weil Banden sie bildeten oder schreckten,
Gesetze gegeben, ^^^ den Gerichten ihr Anschn genommen,'"'.'
und sich das cisalpinische Gallien angemasst. '*')
§ 27.
Im Staate wurde durch diese Rede und durch Ciceros Ge-
genwart überhaupt nichts verändert. Er hatte sich ausgespro-
chen, mit Todesangst^-) seinem Rufe und seinem Hasse ein
Opfer gebracht, um sich bald wieder fast zwei Monate zurück-
zuziehen , weil der Bruch zwischen ihm und Antonius nun unheil-
bar wurde. Nicht eher trat er wieder auf, als bis jener aus
ganz anderen Gründen als aus Furcht vor ihm sich von Rom
entfernte, und die Rednerbühne durch das Lager des Octavian
gesichert war. Antonius, welcher nicht ihn,*^) sondern den
er zum Streite gereizt hatte, setzte auf den 19, September eine
Senatsversammlung an, und Hess ihn wie alle anderen Senato-
ren dazu einladen. ^*) Ohne Beweis behauptet Cicero , dass er
ihm an diesem Tage habe nachstellen wollen;*-') er Avar mit
solchen Beschuldigungen sehr freigebig, um seinen Groll zu
äussern, oder seine Furchtsamkeit zu beschönigen; zu einer
andern Zeit und an einem andern Orte konnte man ihn ver-
36) 7. 37) 2. 38) 12. 39) 2. 4n) 8 f. 41) 3. 10. S. t^. Ge-
nauere in §. 11 II. 20. 42) 1 Phil. 7. l.T. 4.1) Das. 2, 1. 5, 7.
44) nas. r,, 7. l.")) Dn» 2. 43. (11). .^, 13. 5, 7. ad Fam 12. 2. 25-
V. ANTONII. (14. g. 27.) 197
daclitloser iiisgeliciiii aus dem Wege räuiiieu. Es erinnert fer-
ner an die persönliche Feindschaft, wenn er sogar im Senat
berichtete, der Consul habe sich 17 Tage auf dem tihurtini-
sclien Landgute des Metcllus JScipio zum Angriffe gegen ihn
Torbereitet, zugleich um durch die Redeübungen den Durst zu
wecken ; er nahm nicht Avie ein Scliulknabe bei dem Rhetor
Sex. Clodius Unterricht, **») sondern schwelgte auf jener Villa, *7)
welche er sich zugeeignet und mit Kunstwerken aus den Gärten
Ciisars verschönert hatte. ^^^ Mit einigem Scheine gab er vor,
dass er eine Wache zu seiner Sicherheit bedürfe , *^>' denn leicht
konnten die Befreier durch Gedungene das Versäumte nachho-
len , und Cicero , der Lobredner des Tyrannenmordes , war in
Rom. „In Schlachtordnung" also rückte er am 19. September
in den Tempel der Concordia ein , ^") dessen Thiflren verschlos-
sen wurden. ^0
Sein Gegner wollte sich stellen, aber die Freunde Hessen
OK nicht zu, und auch ihm schien es rathsam, sich der Repu-
blik zu erhalten.^-) So lös'te er sein Wort, und ein solches
Rcispiel gab er den Senatoren , deren Feigheit er gerügt hatte.
Wozu Antonius herausfordern, wenn er ihm nicht unter die
Augen treten mochte, und welchen Zeiten konnte er sich auf-
sparen , da die Aristocratie im Todeskampfe lag ? Der widrige
Zank verlängerte sich; denn Antonius, „nicht mit einem AVortc
von ihm verletzt, mit Mässigung, ohne Schmähungen und ohne
Einmischung von Persönlichkeiten von ihm gewarnt , ^•^>' erzürnt,
weil er sich dem Mordstahie nicht preis gab , und noch nicht
nüchtern nach den Orgien auf dem Lande," ^*) bewies ihm,
dass er mit Bitterkeit und Spott zu vergelten wusste , und die
wunden Stellen kannte. Das Wahre musste dem Falschen zur
Folie dienen, und obwohl der Angegrift'ene sich vertheidigte,
so geschah es doch nicht sogleich, der erste Eindruck blieb,
und vieles haftete, weil es traf.
Er wurde beschuldigt, dass er zuerst das gute Vernehmen
40) 2 Fhil. 17. Dio 45, 30. 46. 8, Oben §. 14. A. 30. 47) 2 Phil.
17. 5, 7. ad Fam. 12, 2. 48) 2 Phil. 41. (42). ad Att. IC, 11. 40) 1 Phil.
1!. üben §. 14. A. 1. 50) 5 Phil. 7. cfr. 2, 7. 8. 39. (40). 42. (43.)
43. (14.) 3, 13. 13, 8. 51) Das. 2, 43. (44.) 52) Das. 3, 13. 5, 7
?»3) Das. 2, 1. 3. 54) Das. 5, 7, ad Faiu. 12, 2. 25.
198 V. ANTOMl. (M. §. 27.)
iwischcn ihnen gest«»rt , und steh dabei uucli uiidunktjar LeAvie-
«eii \i'dhe^-'-'J denn Adtoiiius sei (a. 53) bei der iieweibuiig um
das Augurat zurückgetreten, um ihm nicht liindcrlich zu ucr-
deu — der Vcrdienstlu.se dem Ketter der Republik ^''J — und
habe ihn (a. 48) in Brundusiuin nicht getüdtet, wo/u er gegen
den PoMipejaner und Leberlaufcr bercclitigt gewesen. '•''') Ein
Brief voll Versicherungen der innigsten Ergebenheit, m eichen
Cicero im April d. J. in Angelegenheiten des Sex. tlodius an
den Consul geschrieben hatte und dieser jetzt vorlesen lies«,
diente zum Beweise seiner Zweizüngigkeit. ^^J' Dann wurde
sein öffentliches Leben beleuchtet und sein Verfahren während
seines Cousulats als eine Reihe von A'erbrechen dargestellt : im
Tempel der Concovdia, in demselben Tempel, in dessen Nähe
er jetzt kciift liewaftnete dulden wollte, habe er den Senat
durch bewaffnete Sclaveu gezwungen , in .seine blutigen Ent-
würfe zu Avilligen , ^'■'j noch im Tode habe er verfolgt und
P. Lentulus, dem Stiefvater des Antonius, das Begräbniss ver-
sagt,'•"j um dann diese Thatcn , durch welche er sich nach sei-
ner Meinung zum Ersten unter allen Römerji erhoben, in
schlechten \ ersen zu besingen, den Sieg der Toga über die
Watten.''') Auch später liabe er Blutvcrgiesscu veranlasst , denn
F. Clodius sei auf seinen Rath ermordet, und Pompejus durch
ihn mit Cäsar entzweit, der Krieg zwischen ihnen sei sein
Werk. *'-^ Keinem habe er treu gedient, nicht l'ompejus, in
dessen Lagern er den Possenreisser gespielt und den er durch
Achselträgcrei sich verfeindet, ''•^J und nicht Cäsar, dessen Tod
eine Eolge seiner EinlUisterungen sei. ^^) Wie allgemein er sich
durch ein solches Benehmen vcrhasst gemacht habe, könne mau
unter anderem daraus ersehen , dass uicmaud ihn zuiu Erben
einsetze. ^•')
In dieser Rede wurde Cicero als Mensuh und als Staats-
mann So tief hcrai>'rewürdi"'t, dass er sich eine öttentiichu
Rechtfertigung schuldig war. Er wagte sie nicht; was ihn da-
von abschreckte, mochte es eigene Zaghaftigkeit, die Feigheit
55) 2 Phil. 1. .S. 56) Dan. 2. Brut. 1. 57) 2 TWl. 3. 24. 5S) Da».
i. ad Alt. M, n. 50) 2 Phil. 7. cfr, 5. ad AU. 1. 17. CO) 2 Pbil.
7. (.fe), Ol) Da». S. Ju\en. 10, 121. liidcinlii pncmala. G2) 2 Phil.
«. iO. ÜZ) Uai. IJ. lü. fcl) Üak. 11. 12. hJ Ka.i:. 12. 2. Ö5) 2 Phil. 16.
V. ANTUMI. ( Jl §. '17.) i(j9
des Setiuts , die IJcbermaclit des Gegners, oder dicss Alles zu-
gleich sein, war ihm vorher Lckuniil. Wnriim also die Dinge
bis KU einem l'nncte treilien , wo der Aiifantc des RiickziiirS
sein luusste^ Als Antonius auftrat, vcrlicss er die Bühne, auf
welcher er sich mit der ersten Philippika wieder cinget'iilirt
hatte. An Schmähungen konnte er den Consul iiherijietcn ;
er sclirieh sie ahcr nur, die zweite I'hilippika, um niclit die
Antwort durch die \ eterunen zu eriialtcii , '''V und ehe jener
nadi dem cisalpiuischen (iallicii zog, und die Furcht ciniger-
masseu schwand, dass er Sieger bleiben \\erde, theilto er sie
nur einigen Freunden mit. ^'*) Mit Ungeduld erwartete er den
Zeitpunct ihrer Bekanntmachung und fand bis dahin Avenig
l'Veude an liir. '^^) Doch hatte er um so mehr Müsse, sie zu
feilen und in eine „göttliche" *'^) zu verwanileln, zumal da er
wieder auf seine Güter gieng. '^) Atticus, auf dessen Rath er
Einiges veränderte, sah sie zuerst, und wurde beauftragt, sie
audi Sextus l'educeus vorzulesen, jedoch nur, wenn Calenus
und Matius, die Freuudc des "Cousuls , uicht gegenwärtig
wären. ^')
Dadurch, dass Cicero so schrieb, als Averde nur von ihm
auf";ezeichnet, Avas er Antonius unmittelbar in derselben Sitzunir
des 19. September, am fünften, Cäsar gcAvidmeten, Tage der
römischen Spiele, ^-^ im Tempel der Concordia^-*' erwiederfe
habe, erhielt die Rede die- frische Farbe des Lebens, und zu-
gleich erschien sie nun als der augenblickliche Ei"guss des gereizten
Zorns, nicht als das Erzeugniss einer im Fiustern schleichenden
Rache, oder als das Gekläft' eines Feigen, aa elcher sein Versteck
verlässt, als er den Feind auf der Flucht sieht. Talent und Üebung
machten es ihm leicht, sein eigener Amvalt zu sein;^^J überdiess
hatte sein Gegner einige Beschuldigungen ortenbar ersonnen und sich
dadurch Blossen gegeben, Avelche er benutzte, um die seinigen z«
verbergen und sich auch da als Sieger zu gebchrdeu, w o er es nicht Avar.
Wenn sich die Ansicht geltend machte , dass sein Streit
ein persönlicher sei, nur im l'rivathasse und ia unbefriedigtem
— - *..•
OG) ad Fani. 1. c. C7) ad Alt. 15, 13. 16, 3. 6S) Dag. 15, 13.
16, II. 69) Jnven. 10. 125. 70) Unteii A. 80. 71) ad Att. 15, J3.
lii, 11. li. 72) 2 rUil. 42. (43.) 73) Dab- 7. 8. 43.(14.) 71) üas. l.
200 V. ÄNTONIL (14. §. 27.)
Ehrgeize seine Quelle liabe , so war es um ihn geschehen,
denn dann konnte er den Consul nicht als Feind der Republik
behandeln, und Senat und Volk nicht zum gemeinschaftlichen
Kampfe gegen ihn auffordern. Daher die meisterhafte Wendung,
wodurch er die Hauptwaffe des Antonius gegen ihn selbst kehrte:
seit zwanzig Jabren habe sich niemand gegen den Staat erho-
ben, ohne auch ihm den Krieg anzukündigen; früher habe er
diess dadurch veranlasst, dass er als Vertlieidiger des Staats
aufgetreten sei, jetzt greife ihn Antonius an, ohne gereizt zu
sein, weil er wisse, dass er sich dadurch den Schlechtgesinnten
empfehle, und nichts gegen das Vaterland nnternehmen könne,
ohne auf ihn zu treffen. ''^) Allein der Zorn erlaubte ihm nicht,
im Hintergrunde zu bleiben und bloss der Republik die AVorte
zu leihen. Er bat um Nachsicht, wenn er den nicht als Con-
sul behandle , w elcher ihn nicht als Consular behandelt habe,
wenn er sich nun auch mit seiner Person beschäftige und ihm
beweise , wie schonend er in der ersten Rede gegen ihn ver-
fahren sei. ^'') Dann entwarf er ein Bild von seinem Leben,
worin jeder Zug eine Nichtswürdigkeit bezeichnete. So findet
man , dass Leidenschaft und Berechnung sich gleichsam in seine
Rede theilten. Statt mit Ruhe und Würde darzuthun, was er
jetzt schon darthuu Avollte, dass Antonius nicht als Consul zu
betrachten sei, benutzte er dessen wirkliche oder angebliche
Verbrechen als Stoff zu Schmähungen, machte dadurch seinen
Eifer für die Republik verdächtig und beraubte sich des Rech-
tes, mit dem Tvrannen-Tode zu drohen, ^^) es auszusprechen:
wäre ich unter Cäsars Mördern gewesen , ich hätte auch dich
gemordet. ■'Sj Er wollte ihn ferner mit Dolabella entzweien, ''ä)
und konnte sich doch nicht enthalten, diesem ein Lob zu spen-
den, worin der bitterste Tadel lag: dreimal hat Cäsar mit sei-
nen Mitbürgern geschlagen, und treuer als du hat Dolabella
jedesmal Theil genommen ,s>J) „eine schöne Ironie." *0 Wie
die Berechnung, so wurde auch jedes Gefühl vom Hasse über-
wältigt, denn um Antonius zu kränken, wollte er selbst Sica,
den Freund, s->* mit seiner Familie dem Gelächter preis geben,
«
75) c. 1. 76) 3. 5. 77) 1. -14. (15). 15. (IG). 78) 14. 79) 32. 3i.
SO) 3u. Sl) ad Att. 1«, 11. 82) Das. 16, G.
V. ANTüNII. (14. §. 28.) 201
welches Atticus mit Mühe verhinderte, ^3) Diess gereicht eben
Cicero zum grössten Vorwurfe, dass seine Rede nicht gehalten,
sondern nur geschriehen und während der Abfassung vielfach
besprochen wurde ; das Unbedachtsame und Verkehrte kann nicht
mehr für Ucbereilung , das Unsittliche nicht für eine vielleicht
bald bereute Aufwallung gelten.
Vom 2. September bis zum 20. December Hess er sich
nicht wieder in der Curie betreffen, wo man mehr von Krie-
gern als von Senatoren gehört wurde, und daher weder mit
Sicherheit noch mit Würde erscheinen konnte. 8*J Nur Ein
Consular, P. Servilius , versuchte nach ihm, die Republik zu
vertheidigen; L. Cotta kam selten; L. Cäsar war krank, Ser,
Sulpicius abwesend , und auf die Uebvigen nicht zu rechnen. ^5)
Die Art, wie Cicero darüber schreibt und in demselben Briefe
über die Ereignisse des 19. September, setzt es ausser Zweifel,
dass er sich damals noch in Rom befand. ^^) Er war selbst
dann noch in der Stadt, als Antonius am 2. October zum Volke
sprach ^^.^ und am 9. sich zu den Legionen nach Brundusium
begab. 88) £§ scheint, dass eben diese Reise, die Furcht, der
Consul werde mit dem Heere zurückkommen und seine Feinde
verfolgen, die seinige veranlasste, welche er jedoch mehrere
Tage später unternahm, wenn sein Brief an Atticus vom 25.
October unter denen, welche er jetzt auf dem Lande an ihn
schrieb, wirklich der erste und kein älterer für uns verloren
ist. 89) Am 9. December war er wieder in Rom. ^"^
§ 28.
„Der Staat war unter der Herrschaft des Antonius erstarrt,
Unwille und Schmerz allgemein, Kraft zum Widerstände nir-
gends, als L.Cäsar — ein Privatmann, von höherem Muthe beseelt
als der Senat , sich zur Vertheidigung der Republik erhob." »O
Bei seiner Schlauheit gelang es Octavian, ^2) sich zwischen zwei
Klippen hindurchzuwinden : Antonius Uebermacht forderte eine
83) Das. 16, 11. 84) ad Fam. 10, 2. 12, 2. 85) Das. 12, 2.
86) Nach Mongault A. 4. zu ad Att. 16, 11. verliess er die Stadt so-
gleich nach dem zweiten Sept. S~) ad Fam. 12, 3. Unten §. 28. A. 1.
88) Das. 12, 23. «9) ad Att. 15, 13. 90) Unten §. 33. A. 83. 91) Vellej.
2. 61. 92) Ohcn §. 15.
202 V. AMOMI. (14. §. 2S.}
Verbliuluiig mit der Partei der Mörder, das Kachegcselirei der
\'cterancu eine \ erbiiiduiii,'' mit Aiitunius ; aus Eigeimutz, um
sich zu sichern, was der erschlagene l'eldlierr ihnen verliehen
oder verlieissen Jiafte, drangen sie auf Rache und auf Einigkeit
unter Denen, Avelclic dazu berufen waren. Auf ihr \ erlangen ver-
Kühnten sich die beiden Nehenhujiler , durch die Tribuneuwahl
von ncuciu entzweit, '•'■'^ auf dem Capitol. '•**) Beide bedurften
den Krieg, der Kino, Aveil er mit dem Consul noch nicht auf
gleicher Höhe stand, und dieser, um sich zu behaupten; aus
jenem Grunde gab sich aber jeder das Aiisehu, als ob er sich
uur verthcidigc.
Kurz zuvor, ehe er hu Anfange des October nach Brundu-
fiium ""ienu;, verhaftete Antonius in seiner AVolinun<r Einiife von
Keiner Lcibwaclic, als liaLc Octavian sie gegen ihn gedungen. ^^J
Der bessere Thcil der Kömer glaubte nach Cicero, dass ihm
uachgcstellt sei , und billigte es , die Menge hielt es für erson-
nen, für einen Vorwand, um Ciisars Geld an dessen Erben iiicht
zurückzuzahlen, wogegen Appian richtig bemerkt, dass jeder
Vernünftige einsah, dieser könne den Tod des Consuls nicht
w ünschen, well er seiner gegen Senat und Befreier bedurfte, ge-
gen soinc gefährlichsten Eeinde; denn diesen genügte nichts als
V'erzichtleistung auf die väterliche Maclit, während Antonius im
Gedränge sich entschliessen musste , sie mit ihm zu theileu.
Auch wurde kein Beweis geführt, die Sache ruhte, wie Cicero
selbst schreibt, und um so weniger entsclieidet das Zeiigniss
der Späteren, welche die Beschuldigung für gegründet halten. ^"^
Das Verbrechen des JMyrtilus, dessen nach dieser Zeit und nur
mit wenigen Worten gedacht wird, ist gar nicht hieherzuziehen;
er wurde in Koni bestraft, und daher walu'schcinlich angeklagt,
dass er von D. Brutus zur Ermordung des Antonius erkauft sei,
nicht umgckelul. '^''^ Indess war es für Octavian nicht leicht,
sich zu reclitfcrtigen; was am meisten für ihn sprach, durfte er
niclit neiuien; um so mehr trug er seinen Zorn zur Schau, um
den beabsichtiurten Eindruck zu schwächen. Er stürzte wütlieud
o
U3) Das. A. 53. 91) App. 3. 546 — 551. 553. Plut. Anton. U.
95j Cic. ad Fani. 12, 23. App. 3. 551. 552. VcUej. 2. 60. üio 45. 8. üt.)SueJ.
«Jet. lü. Seuec de dem. 'J. 'J?) Das I.tUto glaiihf iMoiig. in d. Anm. «i
ad AU. 1.1, li, IG, Jl.
V. AiNTOMl. (i-1. §. l>8.) 203
unter die Menge, ilir zu betlicueni, «lass AntuuiutJ vielmehr iliia
nachstelle, da er ihm ilae Liebe, seine einzige Stütze, ciit/iclicu
wolle; dann hcscinvur er auch vor dessen Hause seine Un-
schuld, nnd verlangte eine Untersuchung vor Gericht oder auch
durch die Freunde des Anklägers. Da dieser ihm nicht öfl'neii
liess, so entfernte er sich mit dem Zurufe an das A'olk: wenn
ihn ein Unfall trefte, so Avisse es, durch Aven. '■^^J
Mancher sah in dem Allen mit Unrecht eine verabredete
Tausclumg, Avodurch mau die gemeinschaftlichen Feinde sicher
maciien Avollte. '•''■'■) Das Gaukelspiel Avar auf die A eteranen be-
rechnet. Selbst dass Antonius nun mit gutem Sciiein seine
"Wache behalten und vei-stärken konnte, Avar nur Folge, nicht
ZAVeck. Jene sollten sich iibcrzeijgcn, dass er nicht die Ursacli
sei, Avcnu die Partei Cüsars mit sich selbst zerfalle, und beson-
ders, dass er ohnerachtet seines Streites mit dem Sohne doch
nie die Mörder des Vaters begünstigen und sich mit ihnen ge-
gen das Interesse der Krieger Aerbinden Averde. Daher stellte
er Cäsars Statue mit der Inschrift: dem hochverdienten Vater
d,es A atcrlandes auf die Rednerbühne , und erklärte damit dio
Helden des 15. Märzes für Vatermörder;''^"^ um jeden, noch
übrigen Zweifel zu lieben, liess er sich am 2. October Aon den»
Tribun Tib. Canutius, .seinem Feinde, A'or das \ olk führen,
Avclchem er die Befreier als Verräther schilderte, sie und den
Tribun als >\ erkzeugc Cieeros; so lange er lebe, fügte er hin-
zu, Averde Ilom sie nie Avieder aufneluneu. Dass (Janutius, wie
es scheint, gegen ihn sprach, schadete ihm weniger, als die
Freigebigkeit des Octavian.
Dieser Avurde A^on der Menge vorgezogen, und hoffte durch
dasselbe Mittel aucli das Heer zu gewinnen. Da Antonius da-
von unterrichtet Avar, so eilte er am 9. October V mit seiner Ge-
mahlin Fulvia '•'') nach Brundusium den A^er macedonischen Lc_
gionen entgegen, av eiche ihm der Senat überwiesen hatte, ''-' der
Legion des Mars, der zAveiten, A'ierten und fünf und dreissig-
sten. ^) Er AvoUte sie sobald als möglich aus dem Bereiche des
98) App. 3. 552. 09) Ders. 1. c. lUü) ad Faiu. 12, 3. J) Da».
I. c. u. 12, 23. cfr. 3 Phil. 9. Vellej. 2. ül. 2) ad Fain. 12, 23.
3) 3 Phil. 2. 5, 8. 13, 6. Dio IG, 13. -J) übeu §. 20. A. 28. ä) §. 30.
A. Gl.
2U4 V. AMONII. (14. §. 28.)
Verführers nach der Cräii/c des cisalpliiischcn (üalliens seliickeii. ^)
Der Verläuiuduiig Ciceros, dass seine Absiclit gewesen sei, sie
zum Blutbade nach Rom zu führen und üctavian diess verhütet
habe, V widerspricht schon Appian in einer Rede des Piso; **)
zum Morden war er A'orhcr stark genug , und selbst als ein
grosser Thcil seiner 'JVuppen ihn verlassen hatte, kam er unge-
hindert nach der Hauptstadt zurück. Auf der Reise verübte er
angeblich grosse Grausamkeiten, das Vorspiel zu den Gräueln in
Rem ; mau ersielit aber aus dem Zusammenhange , dass er in
Suessa Aurunca Unruhstifter hinrichten Hess, welche schon vor-
her A^erhaftet waren, weil sie unter den Colonisten in diesem
Muuicipium und auch wohl in der Urcg'egend für üctavian war-
hen. ^) Dieser suchte insbesondere in ßrundusium durch seine
Seudlinge zu wirken; sie verbreiteten Schriften, worin der Con-
sul angeklagt wurde, dass er den Verschworenen eine Amnestie
und Provinzen bewilligt und das Beste der Krieger vernachläs-
sigt habe, forderten die Legionen auf, Cäsar zu rächen, gabea
deu Verwegensten Geld und inachten den Lebrigeu Verspre-
chuusren. '"^
Die Lcsrionen bestimmten sich für den Meistbietenden und
fanden in jenen Beschuldigungen einen V^orwand zum Abfalle,
Venn Antonius zu wenig bot. Er galt für reich, weil er sich
des Schatzes bemächtigt hatte, ^0 seine Verschwendung war aber
grösser als seine Hülfsquellen, und den Gehorsam wollte er nicht
erkaufen, wo er ihn zu fordern berechtigt war. Die Klugheit
vciliess ihn; vor allem im Bürgerkriege schweigt das Gesetz.
Man emptieng ihn kalt, ohne Zeichen der Auflehnung, aber auch
ohne Zuruf, und seine Rede war nicht geeignet, diese Stimmung
zu verbessern: das Heer stehe in Italien, statt an der parthi-
schen Gränze, und er vernehme kein Wort des Dankes ; es folge
den Eingebungen eines unbesonnenen jungen Mannes und ver-
berge die Aufwiegler; er werde sie zu linden wissen; man habe
sich zum Aufbruche nacli seiner Provinz Gallien anzuschicken,
und jeder ein Geschenk von liuudert Denaren zu gewärtigen. ^2j
6) ad Alt. lü, 8. 7) 3 Pliil. 2. 1, 2. 5, S. 10. ti, 2. 13, ü. ad
Fain. 12, 23. 25. App. 3. 553. 8) 3. 501. 0) 3 l'hil. 1. 1, 2. 13, S.
10) App. 3. 51ü. 552. 551. 555. Üio l5. 12. 11; Üio 15. 13. 12) Apt».
3. 5&1. Hiu 1. c.
V. ANTONII. (14. §.28. 205
Dies erregte Gelächter, denn es war bekannt, dass Octavian das
Fünffache gab , und als der Consul in Zorn gerieth, wurde er
verlassen. '•'^) Er rief den Meuterern nach , so will icli euch
Gehorsam lehren. Nach den Gesetzen konnte er den Zehnten
zum Tode verurtheilen; aber sein erbittertster Feind bezeugt,
dass er die Strafe auf die Rädelsführer beschränkte, ,,auf die
Ccnturionen , welche am besten gegen die Republik gesinnt wa-
ren," ja auf Centurionen der Legion des Mars, '*) weil er hoft-
te, dass diess genügen werde, die Ordnung herzustellen. ^^^ Nur
durch Ausmalen mit Farben aus ,,dem catilinarischen Topfe'*
Hess sich die gesetzmässige Handlung in ein schaudervolles A'er-
breclien verwandeln: dreihundert Centurionen, wackere Krieger,
treffliche Bürger, wurden in Antonius AVohnung, zu seinen Füs-
sen, in Gegenwart Fulvias, deren Gesicht ihr Blut befleckte,
grausam enuordet, und ohne Octavian würde die guten Bürger
in Rom ein gleiches Schicksal getroffen haben. ^'^)
Indess bewiess jede Züchtigung, auch die mildeste, dass
nur von der Pflicht der Truppen die Rede sei; weder Drohun-j
gen noch Belohnungen konnten sie bcAvegen, jene Verführer zu
ergreifen , welche um so geschäftiger waren. ^^) Die Gährung
Avurde grösser, und auch die Gefahr von aussen, denn Octavian
fieng schon an, die Veteranen zusammenzuziehen. Deshalb suchte
Antonius die Gemüther zu beruhigen; er erklärte die 100 De-
nare für ein vorläufiges Geschenk, fügte aber nichts hinzu, und
erinnerte nochmals an den Kriegseid. Zugleich veränderte er
die Anführer und verstärkte durch die Zuverlässigsten in den
Legionen , Avelchen er einzeln längs der Küste nach Ariminuni
vorauszugehen befahl, seine prätorische Cohorte, in der Absicht,
dem Heere über Rom zu folgen. ^^) Im Anfange des November
erfuhr Cicero durch Octavian , dass der Consul mit der Legion
der Alaudä in Schlachtordnung gegen Rom vorrücke, dass er in
den Municipien Geld erpresse und drei Legionen an der Küste
des adriatischen Meers hinaufschicke, ^^) Jene erste hatte Cäsar
ursprünglich im transalpinischen Gallien geworben und mit dem
13) App. 1. c. Cic. ad Att. 16, 8, 14) 3 Phil. 12. 5, 8. 12, 6. 13,
8. App. 3. 555. 570. 15) App. 3. 554. 555. .501. 503. Liv. 117. Die 1. c.
Zon. 10. 14. 10) 3 Phil. 2. 4. 4, 2. Dio 4.>. 35. 17) App. 3. 555.
18) App. 1. r. .501. 504. 19) ad Aft. IC, 8.
206 V. AXTOXir. (11. §. 10.)
Riirgerrcclite Itcsclicnkt; 2*>) olmo Zweifel hcstand sie mich jVtzt
noch frrösstPTitlicih ans Niclit- Hörnern , Avesliali) Antonius auf
sie rechnete; zu den niaocdonischcn gehörte sie nicht, denn
diese werden anders hczeichnet, -' ' auch wurden Mehrere aus
ihr in diesem Jahre in die dritte Dccurie der Richter aufgenom-
men: --' sie mag den Consul nach Brundiisium heglcitet hahen,
oder auf dem RitekMcge zti ihm gestosserr sein.
r.ine starke Bedeckung Itcdurftc er um so mehr, da er durch
Campanien gleng, wo zwar Cicero und die übrigen Crossen
tinschiullich waren, und sich nur an («erachten von ^leutcreien
in Keinem Heere ergötzten, -•') die Wer1)epl;itzc seines Gegners
iiher Besorgniss erregten. Seine Nähe war besonders Cicero
verhasst, welcher einen Angrift' auf seine Cüter oder ein zu-
fälliges Zusammentreften auf der liandstrasse , wie zwischen
Milo und Clüdius, fürchtete, und ihm aiif alle Weise auswich.-*'
Er Avurdc am 7. November in Casilinum, nicht weit von Capua,
erwartet,-''^ und seine Ankunft in Rom auch in Briefen, wel-
che Cicero am 11. erhielt, noch nicht erwähnt.-'") Den gröss-
ten 'l'heil der Truppen, welche mit ihm zogen, Hess er in
Tibnr zurück, und die Reuterei vor den Thoren von Rom;
die lebriiren foistcn ihm in die Stadt, wo er in seiner Woh-
Hung eine förmliche Lagerwaclic einrichtete. -^)
§ 29.
Octavian hatte seine Pläne durclikrcuzt und er rächte sich
vorerst durch Schmähunircn. In Edicten warf er ihm ein un-
züchtiges Jicben vor, -^) eine schnöde Hingebung an Cäsar als
Ursach seiner Afloption , -''^ von mütterlicher Seite eine dunkle
Herkunft aus Aricia,-'") einen Acltervatcr, welcher aus Afrika
stamme uml sich in jenem Municipium bald als Salbenhändler,
20) Siief. Cacs. 21. das. RniiniEr. - rrusiiis. Jiilii No. 40. n, 5S.
21) rillen §. 30. A. (il. u. r.r.. 22) §. 11. A. P."?. 23) ad Att. 10, 1?.
II. 21) Das. 10, 10. 2rO Das. I. r. 2G) Da«. Ifi, M. 27) 13 Phil.
S. 0. App. 3. fif)."). r)50. r>(il. 28) 3 rhu. r>. 13, f>. 20) Siiet. Ocf. GS.
Ol.en §. 12. A. 20. 30) 3 Phil. 0. Suel. ücl. 4. S- Octavü.
V. ANTOxMf. (II. §. 29.) 207
Itald n!s Afüllcr genülirt lialto,*"^ von vätprlldirr Soltc pincn
Arltorvator ans der Gej!;cnil von Tliurii, der Freitrelassoner und
f^cilcr, und einen (Jrossvater, der Wechsler gewesen sei; ""'V ihn
selbst nainite er einen Thuriner , •'^* ein Banilcnhanpt, einen
Rpartacus. '''') Noch selimerzi icher verwundete er Cicero; er he-
Kcliiildigtc ihn, dass er als Coiisiii der Henker seiner Mitbürger
gewesen sei, und seinen Neuen (Juintus, Avclclier sich ihm sehr
ergeben gezeigt und ihn dann ei)en so lei<lenscliaftlicli ange-
feindet liatte, er habe Vater und Oheim ermorden wollen. '^■'>
Als er in einem Ausschreiben den Senat auf den 24. No-
ven»bcr l»crief, um eine Ilerathung über die Angelegenlieiten des
Staats, d. h. Beschlüsse gegen Octavian zu veraniasseJi , drolitc
er die Nicht -Erscheinenden a'.s seine persönlichen l'einde, als
Urheber der gegen ihn gerichteten l nternehmungen zu hehan-
delii. Auch diess bezog Cicero auf sich , und er Avar vor An-»
deren dazu berechtigt. '"^^O Indess verlegte Antonius die Sitzung
auf den 28. nach Cicero, wegen eines CTastgelags , und eben-
falls nach Cicero, weil er zu seinen Truppen nacli Tibur
gieng, **^) Avarum ? ist unbekannt; es seheint wegen 3Ieiitereien,
da er eine Rede hielt, deren jener mit Abscheu gedenkt.
Nach der Rückkehr von dieser Reise, welche nicht mit
einer späteren verwecliselt werden darf , •*^) begab er sich am
2S. November auf das Capitol in den Senat, um gegen Octa-
vian als Hochverrätlier wehren seiner unerlaubten Riistunn:eii
und Avegen der Aufwiegelung der Truppen gegen den Consul
eine Achts- und Kriegscrklürung zu bewirken. ■^'') Ein Consular
winde A'on ihm veranlasst, ein («utachten darüber aufzusetzen,
um es vorzulesen, und den Tribunen L. Cassius , D. Carfulenus
und Tib. (anutius, deren Einspruch er fürchtete, der Zutritt
nicht gestattet; er selbst, A'ersiclicrt Cicero, schlich Avie die
Callier den Hügel hinauf in eine Versammlung A'on vSenatoren,
Avelche ihre Würde Aergassen , als sie sich einfanden.*"^ Das»
die Legion des .Mars sich gegen seinen Befehl in Alba gesetzt
31) Siiet. I. c. 32) Ders. 2. 3. 33) Ders. 7. 34) 3 Phil. S.
35) 3 I'-hil. 7. 30) Das. 7. (8.) 0. 37) Das. 8. u. 13, 0. Ol.en
§. 28. A. 27. 38) Unfen §. 30. A. 53. 30) 3 Thil. 8. 5 , 9. 13, 0.
App. 3. 556. 40) 3 Phil. 8. 9. 5, 0.
208 V. ANTONII. (14. §. 29.)
hatte, um zu Octavian überzugehen, Avar ihm schon gemeldet; *')
jetzt erfuhr er den Abfall der vierten, ''2) deshalb verschob er
den entscheidenden Schritt gegen Octavian, zumal da er nun
die Zeit nicht mit Berathxingen verlieren durfte. Um indess
seine Verlegenheit zu verbergen, liess er in Eile, durch Zu-
Bammentreten, M. Lepidus für den Vergleich, welchen er zwi-
schen Rom und Sex. Pompejus vermittelt hatte, eine Supplica-
tion beschliessen ; '^^-^ Lepidus stand in Gallien, in der Nähe des
künftigen Kriegsschauplatzes, seine Freundschaft konnte ihm
daher nicht gleichgültig sein.
Was er von jetzt an unternahm, wird von Cicero äusserst
dunkel und verworren dargestellt, weil dieser nur die Absicht
hatte, ihn von der verächtlichsten Seite zu zeigen. 4*J Er be-
gab sich nicht sofort in seine Provinz, sondern nach Alba, um
der Meuterei zu steuern , und als er mit Pfeilschüssen von den
Mauern empfangen wurde, reis'te er nicht unmittelbar nach
Tibur, wie Appian sagt, sondern wieder nach Rom, wo der
Senat am Tage seiner Rückkehr, am Abend, zu einer Zeit
also in welcher er sich gesetzlich nicht versammeln durfte,
mehrere Anträge genehmigen niusste. *5) Sie betrafen die Ver-
loosuno- der Provinzen. Für die Consuln war schon gesorgt,
und auch für M. Brutus und C. Cassius;^^) ausser diesen gab
es noch vierzehn Prätoren; *^) obgleich aber jedem angeblich
ano-eAviesen wurdet 'was er wünschte, so nahmen doch L. Len-
tulus, P. Naso, L. Philippus u. A. nicht an, und erklärten
damit nach Cicero die Vertheilung für ungültig; dagegen war
C. Antonius erfreut, Macedonien zu erhalten, C. Calvisius
Afrika, 4*<J M. Iccius Sicilien, Q. Cassius Spanien. 4^) Nur diese
nebst L. und M. Antonius zeigten sich zufrieden, s*^) die Letz-
ten nicht etwa, Aveil Ijucius, welcher V. Tribun und schon bei
dem Heere in Tibur war, eine Provinz bekam, und der Senat
seinen Bruder als Statthalter im cisalpinischen Gallien bestätig-
41) Das. 13, 9. cfr. 3, 3. Unten. 42) 3 Phil. 9. 5, 9. 13, 9, App.
I.e. Dio 45, 13. Zon. 10, 14. 43) 3 Phil. 9. App. 1. c. Aemilii Lep.
No. 21. § 1. A. 71. Unten §. 55. A. 83. 44) 3 Phil. 10. 5, 9.
45^ 3 l'hil. 10. 13, 9. App. I. c. 46) Oben §. 20. 47) Dio 43, 49. 51.
4h) ctV. ad Faul. 12, 22. 25. u. unten §. 40. A. 79. 49) 3 Phil. 10.
50) Das.
V, ANTONII. (14. §. 30.) 2(H)
te, denn beides war nicht der Fall, sondern M'eil ihre Wünsch«
in Betreu" ilirer Freunde erfüllt "wurden. ^U Auch das Volk vet-
sammolte Antonius auf dem Markte am Tempel der Dioscuren;
aus seinen AVorten ergiebt sich, dass er die Rede jetzt, nicht
vor der Reise nach Brundusium hielt, denn er kündigte sich
als Beschützer der Stadt an, der vor dem I. Mai mit einem
Heere zurückkommen und die Empörer züchtigen werde. ^-)
§ 30.
Nach dem Widerstände , welchen er in Alba gefunden hatte,
beschenkte er seine Truppen, den Mann mit 500 Denaren, wi«
Octavian. ^^) Dennoch war ihm ihre Treue und der Sieg un-
gewiss , wenn er sie nicht so bald als möglich gegen D. Brutus
führte. Sie hassten den Mörder ihres ehemaligen Feldherrn
und vielleicht gelang es aus demselben Grunde, seine Veteranen
zu gewinnen; jedenfalls musste man ihn zu entVatfnen suchen,
ehe Octavian seine Rüstungen vollendete, und die Consuln des
folgenden Jahrs ein Heer aufstellten. Demnach zog Antonius
mit seinen Kriegern zu den Legionen in Tibur; Senatoren,
Ritter und die Angesehensten vom Volke kamen nach , ilin zu
besänftigen und einen Vergleich zu stiften. ^*>^ Wäre diess ge-
lungen, so würden Ciceros- Hoffnungen vereitelt sein; ihm er-
wies daher L. Antonius einen grossen Dienst, wenn er sich
widersetzte , dennoch machte er es ihm vor dem Volke zum
Verbrechen, und erzählte: er habe seinen Bruder, den Consul,
mit dem Tode bedroht, als er ihm zu wanken geschienen. ^^)
Jenes Ehrengefolge stimmte in den Schwur der Truppen ein,
als sie Antonius Treue gelobten. ^^) Er wurde also nicht von
Cicero und dessen Partei aus Rom vertrieben ; ^'') Octavian hin-
derte ihn nicht, und konnte ihn nicht hindern, dorthin zurück-
51) Ferratias Epist. 6. 1. §. 3. ist %'on Garatom'us zu Cic. I. c. wi-
derlegt. Beiden giebt es Anslosg, dass Lucius vor seinem Bruder, dem
Consul, genannt wird; es erklärt sich vollkommen ans den Gesinnungen
des Redners, welcher seit dem Ackergesetze des Lucius (Oben §. 14.)
diesen unter den drei Brüdern am meisten hasste, und ihn gern voran-
Btellte, wenn nach seiner Meinung Schändliches von ihnen zu berichten
war. 52) 3 I'hil. 11. 5, 8. 53) App. 3. 556. 54) Das. u. 564. 55) 6
Phil. 4. 5Ü) App. 11. cc. Dio 45. 13. 57) Flut. Cic. 45.
Druntoun, Geschiclite Uoins I. 14-
210 V. ANTÜMl. (14. §. 30.)
zukeliren, sondern nur durch Bestechungen und Rünke auf seine
Truppen ■wirken und dadurch den Feldzug in OLeritalien be-
sclileunigen; nach dem Norden entfloh er nicht schimpflich wie
ein Verzweifelader, ^^) sondern er brach mit einer so bedeu-
tenden -Maclit auf, dass die Ersten Roms sich veranlasst fanden,
in seinem Lager zu erscheinen und ihm gleichsam das Geleit
zu geben; selbst die Nachricht, er habe vor seinem Abgange
nicht die üblichen Opfer gebracht und keine Gelübde gethan, ^^)
ist darauf zu beziehen , dass er diese Pflichten nicht zur ge-
Möhnlichen Tageszelt erfüllte. ^^)
Aber das Heer, welches er nach Ariniinuni führte, ^'^ war
allerdings ,,verstümmelt";ß-^ denn vom macedonischea waren ihm
nur zwei Legionen übrig , ^•^'' die 2. und die3ö. •''>' Dazu kam
die Legion der Alaudü, nach ihrer Nummer ohne Zweifel die
fünfte, welche Asinius Pollio mit Beziehuns auf die Gefechte
bei Mutina erwähnt; •'•'-' ferner eine neu ausgehobene; sie war
noch nicht vollzählig, und Lucius Antonius sollte mit ihr von
Tibur folgen. ^^^ Diese „Bande" des Consuls ^'J verstärkten
die Veteranen, Melche von ihm im April und Mai auf der Reise
nach Campaaien in den Colonien geworben waren, und wohl
grösstentheils seine prütorische Cohcrte bildeten. ^^^ Lu folgen-
den Jahre berechnete er seine Macht vor der Schlacht bei Mu-
tina mit Ausschluss dieser Cohorte und einer sehr zahlreichen
Reuterei auf 6 Legionen. ^^J
Nach dem Berichte seines Feindes war er weniger darauf
bedacht, Streiter zu sammeln, als die nichtswürdigsten Römer
und Nicht- Römer in seinem Gefolge zu vereinigen, 'uncrsätt-
liehe Räuber, unter m eichen Lucius, sein Bruder, stets die erst«
Stelle einnimmt: ''^) seine Gefährten beim Becher und beim
Würfelspiel, ^Menschen, welche die Gewöhnung an ein ruchlo-
ses Leiten, Schulden, Verbrechen, selbst Brudermord,*') und
58) 3 Phil. 4. 10. 11. 5, 9. 11. 10, 10. 13, 0. ad Farn. 10, 28.
59) 5 Phil. 9. CO) 3 PhiJ. 1. Gl) App. 3. »5C. 62) 3 Phil. 12. 63) App.
I. c. nennt unrichlig drei. S. §. 42. A. 53. 04) ad Faiu. 10, 30.
Ca) Das. 10, 33. cfr. Grulor. Inscr. p. 403 u. 544. Xo. 2. Keines. Inscr.
p. 410. class. 0. No. 35. Ohen §. 2S. Ä. 20. üf.) App. 1. c. 3 Phil. 12.
C7) e Phil. 2. 68) ad Fani. 10, 30. Plut. Ant. 16. 09) 8 Phil. 8. f».
ad Fani. 1. t. lOj 11 Phil. 5. 7J) Aunius Philailelphus IJ Phil. 12.
ifr. 11; 0.
V. ANTOxNII. (14. §. 30.) 211
die IFofl'iiiinfj, unffcstraft zu bleiben, auf Kosten der Mitbürjrer
zu steij^ou und sich zu bereidiern , ihm zuführten, "'-i Ihre
Stiitzc, ihre Zierde und Burg war der gewesene Aedil L. Varius
C'otyla ; '3) doch l)lieb dieser vci-'rst in Rom und erschien spä-
ter von neuem als Kundschafter. '''*)
Obgleich Antonius nach der Schilderung in den Philippiken
fast immer berausclit war, so handelte er doch sehr besonnen.
Er Hess nicht nur Fulvia, seine von Cicero vielfach gereizte,
rachgierijre und ränkcvolle Gemahlinn mit ihren Kindern und
seiner Mutter in Rom zurück, ''^^ sondern auch ÄlUnner, welcho
über die Beredtsamkeit des Gegners oft den Sieg davon trugen,
seinen l'lan, Antonius zu ächten, bis zur Schiacht bei Mutina
vereitehen, und sowohl dadurch, als durch die Beschuldigung,
er strebe nach der Dictatur und durch ähnliche Gerüchte, ihm
grossen Verdruss verursachten, insbesondere Q. Fufius Calenus,
der Gesohiifisträger des Consuls , bei welchem Fulvia wohnte, ""f')
und L. Piso, v/elclier mit dem Abwesenden einen steten Brief-
wechsel unterhielt, weil er nicht Avolltc , dass die Aristocratie
die Gesetze Ciisars, seines Schwiegersohns, aufhob. ^^) Auch
Salvitis, der W Tribun des folgenden Jahrs, war anfangs für
ihn, ''^) und Andere erregten durcli ihre Lauheit Ciceros Missfallea
oder gar den Verdacht des Einverständnisses, wie selbst Pansa. ''V
L. Cäsar, ein wankendes Rohr, wurde von jenem entschuldigt,
wenn er als Oheim eine Zeitlang Rücksichten nahm , ^^^ aber
Cicero sah sich doch immer dadurch behindert, und unerwartet
auclj von Anderen, z. B. von P. Servilius, bei Massregeln,
welche seinem Feinde mittelbar schaden sollten. *')
Mit Lepidus und Plauens im jenseitigen Gallien blieb An-
toniu.s ebenfalls in Verbindung, obgleich vorerst ohne sichtbaren
Erfolg, und im diesseitigen war man keineswegs so feindlich
gegen ihn gestimmt, wie Cicero behauptet. ^V Dieser lässt ihn
und Lucius auf dem Zuge nach und in der Provinz so viele
72) 11 Phil. 5. 6. Unten §. 72. A. 17. f. 73) 8 Phil. 8. li, 12,
§. 72. A. 80, 71) Das. 5, 2. 8, 10. 11. TJnten §. 53. A. 91. h. 75) Dag.
12, 1. 12. App. 3. 500. 564. irnten §. 30. A. 45. 70) 12 Phil. 1, 7,
§. .'58. A. 40. 77) 12 Phil. 1. App. 3. 559. 5C2. 7S> App. 3, 559. .»iCO.
4. 598. 79) 8 PhiJ. 1. 12, 1. 80) Das. s, 1. ad Farn. 10, 2i. 81) aä
laiii. 10, 12. 82) Oben §. 17. A. 10 f.
14 *
212 V. ANTONH. (14. §. 30.)
(jewaltthätigkeiten begehen, dass .sich daraus ein allgcmf-iiier
Hass gegen sie erklären würde ; ^''J er giebt aber nicht Einen
Beweis, dass mehr geschah, als was auf dem Kriegsschauplatxe
unvermeidlich ist, zumal im Vinter und bei einer langwierigen
Belagerung. Im Bürgerkriege bestraft überdiess jede Partei eine
wenn auch erzwungene Unterstützung der anderen als Hoch-
verrath , jede AVeigerung, mit ihr zu sein, daher das Schicksal
der Parmenser durcli Lucius, welches die Philippiken mit siclit-
barer Uebertreibung schildern.^*)
Der Forderung des Antonius, bis zu einem bestimmten
'J'age ihm Provinz und Heer gegen Macedonien zu übergeben,
wie das Volk geboten hatte, ^-"'^ setzte D. Brutus den Beschluss
des Senats entgegen , s**) worin Cüsars Verordnungen bestätigt
waren , und folglich auch seine Ernennung zum Statthalter in
diesem Theile von Gallien, s^) ,,ein göttliches Verdienst."^*'
Mehr als ein Brief Ciceros vom Deccmber machte es Brutus
selbst im Namen des römischen Volkes , welches den Tausch
beschlossen hatte, zur Pflicht und Ehrensache, nicht zu wei-
chen. ^'■*-> Ohne das mindeste persönliclie Interesse für einander
beförderten s'<; gegenseitig ihre Pläne. Denn dem Befreier war
es erwünscht , dass man ihn in Rom als Vertlieidiger der Re-
publik rühmte, und er versprach in einem Edict, welches dem
Senat am 20. December vorgelesen und auch dem Volke bekannt
gemacht wurde, ihr seine ProA'inz zu erhalten. ^") Cicero be-
durfte Hülfe gegen seinen Feind, und folgerte aus jenem Wi-
derstreben gegen ein Gesetz und gegen den Consul, „welchem
in allen Provinzen Gehorsam gebührte,"'-") dass Antonius nicht
Consul sei; er wandte sich an den Senat mit der Zunnithung,
dem Urtheile des Brutus mit einem förmlichen Beschlüsse ledig-
lich beizutreten,'-''-) wenigstens dann, wenn jener in das dies-
seitige Gallien eingerückt sein werde, ^vorüber am 20. Decem-
ber die Nachrichten noch fehlten. "•')
Den mutinensischoH Krieg, welcher damit begann, nennt
83) 5 Phil. 9. 7, 5. 13, 9. 81) Das. 3, 12. 14, .S. 4. S.'i) Oben
§. 20. A. 74. 8G) §. 10. A. 87. 87) App. 3, ."iSS. Dio 4.'), 11. 38.
Zon. 10. 11. 88) ad Fani. II, G. 13 Phil. 9. 89) ad Farn. II. 5 — 7.
9ü) Das. II. C. 3 Phil. 4. 1, 3, .'") , II. cfr. 3, 5. 15. Ol) 4 Phil. 4.
92) Das. 3, 5. cfr. ß , 3. 93) Das. 3, 13.
V. AiNTONH. (14. g. 30.) 213
er den fünften bürgcrliclien , und rergleiclit ihn mit den frü-
heren, welche Sulla gej^cn Siilpicius, Ciuna gegen Octavius,
Sulla gegen Carho und den Jüngern Marius geführt hahen, —
über den letzten, zwischen Poiupejus und Ciisar, mag er sich
nicht äussern — um zu beweisen, dass der jetzige sich von
allen unterscheide, denn in ihm zeige sich nicht ein Zwiespalt
unter den Bürgern, sondern ein Einverständniss Aller gegen
Einen, dessen Anhänger mau nicht als Bürger betrachten
könne. ^*)
Auch Octavian sammelte ohne Auftrag ein Heer, seinen
Vater zu räclicn, wie er dessen Veteranen sagte, Antonius zu
rügein, wie er der Aristocratie versicherte, die Herrschaft an
sich zu reissen , wie jeder bcgrifi'; auch er sollte für seinen
Hochverrath belobt werden, Aveil er Cicero nützte; aber die
beiden Nebenbuhler, welche einander aufreiben sollten, kannten
ihre gemeinscliaftlichen Feinde, sie reicliten sich im Felde die
Hand, um zunächst diese zu unterdrücken; es war nicht Zu-
fall, dass Octavian unter seinen fünf Bürgerkriegen, dem mu-
tinensischen, philippischen, peru§inischcn, siculisclien und acti-
scheu, '•''') den ersten und letzten gegen Antonius führte; in
jenem schwang er sich zu ihm hinauf, in diesem stürzte er ihn.
D. Brutus stand anfangs Antonius allein gegenüber' und
hatte nacli Appian *-*'^) ausser einer grossen Anzahl von Gladia-
toren drei Legionen, unter welchen eine neu ausgehoben war;
wenn aber auch sein Heer erst nach der entscheidenden Schlacht
auf zehn anwuchs , ^'') so scheint jene Angabe doch zu gering
zu sein. Indess wünsclite Antonius ihn anzugreifen, elie Octa-
vian und die Consuln des künftigen Jahrs herankamen; ein
Sieg würde auf die Stinnnung aller Heere geAvirkt, ihn einev
Belagerung im Winter überlioben, den Krieg vielleicht mit
Einem Streiche geendigt haben. Brutus räumte aber auswei-
chend eine Stadt nach der anderen, und diese nahmen den
Feind so bereitAvillig auf, dass er voll Furcht, überall ausge-
schlossen zu werden, das Gerücht verbreitete, er sei auf dem
Wege nach Rom , w ohin der Senat ihn mit dem Heere zurück-
04) Dag. 8. 2. 3. (3). 95) Suet. Oct. 9. Oros. G. iS. 90) 2, 506.
8 , 529. .'Säg. 5fiö. 07) Cic. ad Farn. 10, 21. App. 3. 587.
214 V. ANTOMl. ( M. §. 31.)
gerufen, und sich dann, im December o**^ plützllcli in .Mntina
warf, welches sich sicher glaubte. '^^^ Diese blühende C'olonie
llom.s, wegen ihrer Lage und Festigkeit dessen Schutzwehr ge-
nannt, war überdiess so reiclilich mit \'orräthen verseJien', dass
er nun ruliig den Entsatz erwartete. '""^ Durch seinen Rück-
xug Iiielt sich Antoniu.s walirscheinlich für berechtigt, den Ti-
tel eines Imperator anzunehmen , '>» und noch vor dem Ende
des Jahrs begann die Eclagerung, -) welche bis zur Mitte des
nächsten April und folglicli etwa viei* Monate dauciie.
§ 31.
In Rom athmetc man freier , da die Gefahr nicht mehr so
dringend war, und man verdankte es der Kaufüclikcit der
Krieger und Octavian. Cicero ehrte ihn vor Senat und Volk
mit den übertriebensten Lobsprüchen, um ihn zu spornen und
über seine Absichten zu tauschen. ,,Der junge Mann oder viel-
mehr Knabe,"-*) welcher diese Absichten gar wohl kannte und
die Aristocratie als Werkzeug benutzte, errichtete aus eigenem
Antriebe und mit Aufopferung seines Vermögens aus den un-
überwindlichen Veteranen ein Heer, als man in llom Antonius
unheilvolle Rückkehr von Brundusium fürchtete. ** Dieser wollte
die Gutgesinnten nicht bloss tödten , sondern zu Tode mar-
tern; ^) dass es noch eine Republik gab, ^) dass ihre Freunde
noch frei , noch im Besitze ihrer Güter waren , dass sie noch
lebten, ^^ war das Werk Octavians, und die Rettung um so
erfreulicher, weil sie so plötzlich, so unerwartet kam,^) eine
Fügung der Götter. '') Für göttliche und unsterbliche Verdien-
ste gebührten ihm und seinem Heere auch unvcrgiingliclie Eh-
98) ad Farn. 11, 6, CO) App. 3. 558. Liv. 117. 100) 5 Pliil. 0. 10.
7, 5. 13, 9. Ap[). 1. c. cfr. Liv. 39, .=)"). Piin. .^. 20. (15. 'i Der Entsatz
erfolgte viel spnler, als er erwartet liatto, wcshall) er deuiiücli zulet/l
Mangel litt. 1) üben §. 20. A. 30 c. 2) 5 Pliil. 0. 10. ü, 1. 2. 3. 7,
5. 8. 8, 2. 0. 13, 9. I,iv. 118. Vellcj. 2. Gl. Suet. Ort. 10. App. I. c.
Dio 13, 30. 40, 35. Flor. 4, 1. Oios, 0. 18. Zon. 10, 11. 3) 3 Thil. 2.
4) 3 I'hil. 2. 12. 15. 5, 11. ail Farn. 10, 28. .5) 14 l'hil 0. ad Faiii. 1. c
«•>) 3 rhil. 2. 3. 5, Ifi. 17. 7^ 3 I'hil. 11. 4, 1. 5, IG U, II. II, Ö
Dio 45, 3S. t<) 3 Phil. 11. 1, 1. U, 8. 9) 3 Phil. Jj. 5, 8. 13, 20
14, 9.
V. ANTüMl. (II. §.31.) 215
rcn, "'J mit Recht wurde er zum Himmel erhohen,") zumal
<la er tlana aus Liebe zum Vaterlande den Ituuslichcu Unfall-
vcrgass und nach Mutina zog, um einen der Urhcher jenes
Unfalls, D. Brutus, zu befreien. ^2) So Hess sich denn von
dem herrlichen Knaben '^-l das Uebrige hoUcn , von ihm, wel-
chen Antonius sich nicht entblödete, einen Knaben zu nennen,
obgleich er schon empfunden hatte , und noch mehr empfinden
sollte , dass er ein Mann sei. '*>
Octavian begab sich im October nach Campanicn , zti den
Colonicn seines Vaters,'^) als Antonius nach Brundusiura , den
Legionen entgegen gieng ; denn die Ansprüche , welche er als
Cäsars Erbe machte, und die Gesinnungen der V'eteranen und
des Volks gegen ihn Hessen erwarten, dass der Consul ihn
jetzt mit Gewalt unterdrücken Averde. Um Gründe, seine Rü-
stungen scheinbar zu rechtfertigen, konnte er nicht verlegen
sein. Die Krieger in den Colonien ehrten die kindliche Liebe,
welche ihn bewog , sie zu den Waffen zu rufen : er wollte Cä-
sar rächen und dessen Gesetze gegen seine Mörder xind gegen
Antonius vertheidigen; ^^) dadurch wurde es verdienstlich ^ ihm
zu folgen , und die Beschuldigung entkräftet , dass nur sein
Geld sie bestimme und der Wunsch, ihre Besitzungen zu be-
haupten und neue zu erwerben. Für die Feinde seines Neben-
buhlers bedurfte es kaum der Versicherung, dass er die Republik
herstellen und den Uebermüthigen zähmen wolle , ^V aber sie
konnten nun sein eigenes gesetzwidriges Verfahren billigen und
ihn loben, weil er die Pflichten gegen das Vaterland höher
achtete, als die Pflichten gegen den Vater, *^) sich für die
Mörder erhob , wobei gern übersehen Avurde , dass er auch an
sich und zuerst an sich dachte, ^^) denn seine wahren Absichten
liüffte man leicht zu vereiteln. Man war also gefällig genug, ihm
zu glauben, weil der Zweck die Mittel heiligen, weil es nicht als
eine strafbare Anmassung, sondern als ein preiswürdiges Unterneh-
10) 4 Phil. 2. 13, 9. 19. 11) 4 Phil. 3. 12) 11 Phil. 2. 13) &i
Fam. 10, 28. 12, 25. ad Att. 16, 11. plane puer. cfr. ad Att. 16, 15.
14) 13 Phil. 11. 15) App. 3. 552. Liv. 117. 118. Plut. Ant. 16. Cic. 44'
Brut. 23. Dio 45. 12. IG) Tacit. A. 1, 10. Suet. Oct. 10. Dio 1. c'
Zoll. 10. 14. 17) Tac. u. Snet. II. ce. 5 Phil. 10. Mon. Ancyr. tali. 1,
in. üio 15, iS. Plut. Auf. lü. l^i) 13 Flui. 20. 10) »d Fam. 12, 25,
216 V. ANTOMl. (14. §. 31.)
mca erscljelnen sollte, dass er ohne Auftrag Truppen warb. 20)
Kr fühlte selhiit, da.ss er ausser dem Gesetze sei, und schmei-
chelte Cicero, um durch ihn nachträglich die Ernennung zum
Fcldherrn vom Senat zu erhalten;-'^ auch Cicero fühlte es und
sprach es sogar aus, dass ohne Vollmacht vom Staate niemand
ein Heer belcliligen oder Krieg führen könne , —) er wollte aber
dadurch nur beweisen, dass der grosse Zweck der Rüstungen
ohne die Vollmacht nicht zu crreiclien sei, und hatte die Stirn,
im Senat zu behaupten, Octavian habe mit seiner Genehmigung
gerüstet. -■^) Ein Privatmann also , welcher sich auf seinen
Gütern verbarg, erlaubte einem anderen, den Consul zu be-
kriegen.
Octavian zog die Veteranen aus Casilinum , Calatia-*) und
aus anderen Colonien Campaniens zusammen, auch solche, wel-
che Antonius nach dem Ackergesetze seines Bruders versorgt
hatte. -^-' Er erkaufte sie, denn diese Evocaten , -ö^ welche die
Philippiken wegen ihres Eifers für die Republik rühmen, Avareu
jedem feil, ^'') und Cicero erklarte in A-ertraulichen Mittheilun-
gen ihre Bereitwilligkeit daraus, dass jeder 500 Denare er-
hielt,-^^ zugleich eine Lockung für die Legionen des Consuls.
Gegen Ende des October betrug ihre Zahl etwa 3000 , 2!>) nicht
10,000;'^'') sie waren unvollständig gerüstet und nicht regel-
mässig abgetheilt. ^O Wenn sie ihren Feldherrn in den Stand
.setzten, über Habe und Gut seiner i\Iitbürger zu schalten, so
konnte er sein Geld nicht vortheilhafter anlegen, welches er
angeblich der Republik zum Opfer brachte. ^-)
^^ie aber seine Macht verwenden ? Er konnte nach seiner
Versicherung Antonius in Capua erwarten und ihm den AVeg
nach der Hauptstadt versperren, oder dessen Legionen an der
Ostküste von Italien aufsuchen und au sich ziehen, oder nach
20) Mon. Ancyr. 1. c. 3 Phil. 1. 2, 4, 1. 2. 5, 8. IC. 14, 2. ad
Farn. Jl, 7. Vellej.2. Gl. Suet. 8. 10. Dio 46, 22.20. Flor. 4, 4. Zon.
1. c. cfr. oben A. 4. f. 21) ad Att. 10, 8. 0. 11, 22) 5 l'hil. 10. 23) 5
riiil. 8. cfr. ad Fain. 12, 25. 21) ad AU. 10, 8. Veliej. 2. Ol. App. 3,
552. 555. Dio 45. 12. 38, /oiiar. 10, 14. 25) Oben §. 14. 20) Dio 45,
12. 55, 24. 27) Tac. A. 1, 10. Suet. 10. App. 3. 552. Pliit. Brut. 22. 23.
28) ad Att. IG, 8. 29) Das. u. App. 3. 504. 3ü) App. 3. 552. cfr,
t64. 31) Ders. 552, 504. 32) Mon, Ancyr. I. c. 3 Pbil, 2, 4, 1.
V. ANTONII. (14. §. 31.) 217
Rom gehen. Cicero wurde um seine Meinung hefracrfc, und er
enij)fahl das Letzte, weil vor Allem in Rom freie Bahn Averden
sollte. ^'0 Zufällig stimmte dicss zu den Entwürfen seines jun-
gen Freundes, welcher noch einige Tage in Capua verweilte,
seine Schaar zu ordnen,«^*) und dann Campanien verliess, des-
sen 3Iunicipien ihm die grösste Ergebenheit bezeugten und ihn
in seinem Vorhaben bestärkten, namentlich Cales und Teanum
Sidicinuni. *^^) Die Nachricht von seiner Annäherung machte
die Römer bestürzt; sie glaubten ihn mit Antonius einverstan-
den, dessen P'eind, der Tribun Tib. Canutius, ihm entgegen
gieng , und mit der Nachricht zurückkam , dass er nur zum
Schutze Roms erscheine. ■^'') Der Tribun führte ihn in die
Stadt, nach dem Tempel der Dioscuren, wo er zuerst selbst
voll Erbitterung gegen Antonius sprach , und dann Octavian,
von Veteranen mit verborgenen Dolchen umgeben, an Cäsars
Verdienste erinnerte und an die Beleidigungen , wodurch der
Consul ihn gezwungen habe, zu seiner Sicherheit und zur Ver-
theidigung des Vaterlandes die Waffen zu ergreifen. '^'0 Diese
Rede las Cicero auf dem Lande; höchst entrüstet schrieb er
darüber an Atticus, er möge keinen Befreier, Avelcher die Rechte
nach der Statue Cäsars ausgestreckt und geschworen habe: so
wahr er zu den Ehren seines Vaters zu gelangen hoffe. ^^)
Aus einem andern Grunde zürnten die Veteranen ; gedun-
gen , die Feinde Cäsars und seiner Einrichtungen zu verfolgen,
vernahmen sie jetzt, dass man sie gegen Antonius, den Con-
sul , ihren ehemaligen Feldherrn , und gegen ihre alten Waf-
fengefährten führen wollte. "^^>' Indess warfen sie mit den öffent-
lichen Verliäl (issen nicht so unbekannt, dass es sie über-
raschte; sie forderten ihre Entlassung, um mit grösseren Sum-
men erkauft zu werden; Einige klagten ohne Hehl, dass sie
getäuscht seien , Andere wollten angeblich ihre AVaffen holen.
Octavian war überzeugt , dass sie um so eher bereuen würden,
je weniger W'erth er auf ihren Beistand legte; er dankte ihnen
daher für ihr Geleit, heschenkte und entliess sie mit der Ver-
33) ad Att. 16, 8. 34) Dag. 16, 9. 11. 35) ad Att. 16. 11.
36) App. 3. 553. Ueber Canutius vgl. Periz. Anim. bist. p. 53. f. u.
unten §. 59. A. Öl. 37) Das. ii. Dio 45, 12. Zon. 10, 14. 38) ad Alt.
Iß, 15. ^9) 13 Phil. 16.
218 V. AiNTONII. (14. §. 32.)
sichcrunnr, dass er sich in Zukunft noch erkenntlicher beweisen
und stets zu ihnen als seinen väterlichen Freunden seine Zu-
flucht nehmen werde. Die Uehrigen führte er nach Etrurien
und bcstiiinnte für Alic, welche er hier und in der Umgegend
ausiioh, Arctium zum Sammelplatze. Auch die Missvergnügten
kamen zurück; sie hatten nur die gewohnte Rüstung nicht ent-
behren wollen, mochten aber lieber von der Beute und von
(jcldspcndcu als von der Arbeit ihrer Hände lebcu.^^J
§ 32.
Das Heer Octavians erhielt bald einen neuen Zuwachs,
eine Folge seiner Ränke und seiner Freigebigkeit. Schon in
Apüllonia war er mit den Truppen jenseits des Meers und be-
sonders mit ihren Anführern in eiu näheres Verhältniss getre-
ten. *'J Nach ihrer Ankunft in ßrundusium liess er ihnen An-
träge machen; Geld, Versprechungen und die Nachricht, dass
er ein Handgeld von 500 Denaren zahle , Antonius Karglieit
und Strenge verschafften ihnen Gehör. Kaum hatte dieser sich
entfernt, als die Legion des Mars nicht nach Ariminum, son-
dern nach Alba gieng, um sich an Octavian anzuschliessen. *--'
Nach Dio empörte sie sich in der Nähe der Stadt; er dachte
also an Rom, und irrte nicht, da Alba ihm nahe lag; man hat
aber seine Worte auf Alba Pompeja in Liguricn bezogen, ^"*>
obgleich auch Cicero den Ort einen (Rom) nahe und günstig
gelegenen nennt, und nie irgend auf jenen Theil von Italien
deutet. Die Legion wollte sich nicht von Octavian entfernen,
sondern sich ihm nähern, und hatte im Norden der Halbinsel
jetzt kein Geschäft; sie konnte ihn auch in s , kurzer Zeit
nicht erreichen, und noch weniger Antonius an demselben Tage
vor dem ligurischen Alba und wieder in Rom sein. *^^ Ganz
unpassend wäre dann ferner der Ausdruck , dessen Cicero sich
wiederholt bedient: die Legion habe Halt gemaclit, sei nicht
weiter gezogen. Antonius war davon unterrichtet, als er am
28. November im Senat erschien; jetzt meldete man ihm, dass
die vierte unter der Anführung des (^uästor L. Egnatuleius
40) App. 3. 553. 554. 504. Dio 15. 12. 11) App. 3. 531. 5.^2.
(»hcM §. 15. A. !17. 12) 3 1'hil. 3. 15. I, 2. 13, '.». II. 12. App. 8. »iS.
13) Kaliiic. rii Did 45, 13. i I) Obwii i. 2J. A. lä.
V. ANTOMI. (11. §. 32.) 219
ihrem Beispiele gefolgt sei, '*•') und sein Versuch, sie zum Ge-
horsum zuriickzubriiigcii , misslaiig. ^''-' Sic vereinigten sicli in
Etrurien mit Octuvian, und erhielten dieselbe Sununc, Mciche
er den übrigen gegeben hatte. ^'0 Auch die Eiephanten gcrie-
then mit iieuteru und Bügcnscliiitzen in dessen Gewalt. ^8)
Ohne Zweifel hatte Cäsar jene in Afrika bekommen und dann
«um Parther -Kriege über das ionische Meer geschickt ; demnacli
gehörten sie zu dem Heere des Antonius, zu der Abtheilung,
mit Avclchcr sein Bruder Lucius von Tiljur folgen sollte; ''■'-'
noch vor der Schlacht bei Mutina führten die Reuter sie ihm
wieder zu. -'^i
Wenn also ausser der Habsuclit und dem Unwillen gegen
Antonius noch ira-end etwas die J^eo-ioncn bcstiuimte, so war
es nicht Achtung A'or dem Senat, und nicht das Verlangen, das
Volk zu befreien, nicht einmal Anhänglichkeit an Cäsars Sohn. ^')
Der Senat hatte sie initer Antonius Befehle gestellt; ihren Ab-
fall konnte Cicero nicht luugnen , aber er rechtfertigte ilin,
und zwar im Wesentlichen eben so, wie das Verfahren des
üctavian. Der Soldat darf den Consul, seinen Feldherru nicht
verlassen ; er ist in diesem Falle als ein Feind der Republik
zu betrachten, ja mit Stockpriigeln zu bestrafen; ^-) Avenn aber
der Feldherr die Truppen, welciie alle dem Staate verpflichtet
sind, gegen den Staat gebraucht, so verwirkt er den Oberbe-
fehl; ^^) dicss haben die Legionen erkannt und ausgesprochen."'^)
Es ist eine göttliche Fiifrunc«:, dass die Legion des Mars nach
dem Gotte benannt wird, von weichem das römische Volk
stanuut, denn sie hat sich zuerst von Antonius losgesagt, und
Rieh dadurch ihres Namens würdig gezeigt. ^V Die vierte hat
ihr nachgeeifert; ^''J durch sie, die himmlischen, göttlichen, ist
•15) 3 Phil. 3. 15. 4, 2. 5, 8. 19. 14, 2, App. I. c. Der Ahfall
beider wird erwähnt: 3 i'hil. 12. 5, 2. 11. 1". lU, 10. 11, 8. 12, 3.
13, 1(5. ad Fani. 11, 7. 10, 28. Liv. 117. Veüej. 2. Gl. Dio 45, 13.
Zon. 10, 14. 4G) Oben §. 29. A. 45- 47) Dio 1. c. 48) 5 Phil. 17.
Dio I. c. u. 42. 49) Ol.en §. 30. A. 06. 50) Dio 4C, 37. S. Gish. Cu-
per, de clephanl. exerc. 2. cap. C. in üalleiigre Nov. thes. aiil. lom. T.
3. p. 172 f. 51) 3 Phil. 4. Vellej. 2. Gl. 52) 3 Phil. G. 4, 2. 5 , 2.
HS) lu Phil. .j. 54) 10 Phil. 10. 12, 3. ad Faiu. 11, 7. 55) 4 PhJl. 2^
U, 12, 5Ci) Das. 12, 3.
220 V. ANTONIL (14. §. 32.)
das Anselin des Senats, die Freiheit des Volks gerettet, Rom
vor der AVuth des Antonius geschützt und seine Rückkelir ver-
hindert; es verdankt ihnen mehr, als den Heeren, welche ge-
gen die Carthager und Gallier fochten, und grössere Ehre ge-
bührt dalier auch den Braven , welclie in diesem Kampfe fal-
len. ^~0
Als Cicero am 20. Decemher den Senat zu dem Beschlüsse
überredet hatte, sich über ihre Belohnung zu berathen, sagte
er ihm am 1. Januar, er habe Antonius zwar noch nicht mit
"Worten, aber der Sache nach den Krieg angekündigt, und
diess war es, was er erreichen wollte; 58J einen Rückschritt ge-
stattete er nicht, kein Widerstreben gegen den Spruch der be-
waffneten Macht, welcher auch dem Volke heilig sein, und des-
sen Vollziehung es nöthigenfaüs erzwingen musste. ^'-*) Auf je-
dem Wege wusste Cicero zu demselben Ziele zu gelangen: An-
tonius w ar nicht Consul , weil D. Brutus sich weigerte , ihm
Heer und Provinz zu übergeben ; ö*^) er war nicht Consul, weil
ein Theil seiner Truppen von ihm abfiel; er war nicht Consul,
■weil Octavian gegen ihn auszog , und wenn man diese Alle als
die Vertheidiger der Republik zu betrachten hatte, so folgte
von selbst, dass er der Feind der Republik war. Anders ur-
tlieilt Appian: die Legionen giengen zu Octavian über, nicht
zum Senat, welcher seine Unzufriedenheit darüber nur nicht zu
äussern w.igte; auch war die von Antonius verhängte Strafe
nicht Mord, wie Cicero behauptet, sondern gerecht, und der
Senat musste sie billigen , weil er die Truppen ihm übergeben
hatte. «')
Den Kern des Heers, welches Octavian bei Aretium, niclit
bei Alba, vereinigte, ^-) bildeten die Legion des Mars und die
vierte; zwei errichtete er aus den Veteranen in den Colonien
und ergänzte sie durch Tironen , und eine bestand aus Neuge-
worbenen. ^V Dem Senat war es erwünscht, dass er ihm seine
Dienste antrug, da man keine andern Streitkräfte hatte und
ohne Consuln keine Aushebung veranstalten konnte; ^*) aber
auch er bedurfte den Senat, denn ihm fehlte als Anführer eine
57) Das. 5, 11. 17. II, 12. 58) Das. 5, 2. 11. Dio 45, 38. 39.
59) 4 Phil. 3. 5, 2. 6, 7. GO) Das. 0, 3. (JI) App. 3. 557. 5C3.
02) Der«. 554. 557. G3) Ders. 557. 5C8. 04) Ders. 557.
V. ÄNTONII. (14. §. 33.) 221
gesetzHclie Gewalt, imperium. Um sie gewisser zu erhalten,
Hess er sich durch die Truppen den Titel eines Proprütor mit
Fasces und Lictoren antraten , und lehnte dann Alles ab,
auch ihr Anerbieten, sich bei dem Senat für ihn zu vcr^vcn(Icn:
man werde nun ohnehin seiner gedenken. Damit sie ferner Seine
Truppen blieben, jener sie nicht etwa verlockte, so gab er bei
einer schicklichen Gelegenheit jedem, wohl nicht bloss den Ue-
bcrläufcrn , welches Eifersucht erregt haben würde, abermals
500 Denare, mit dem Versprechen, nach dem Siege 5000 zu
zahlen. ^^^)
5 33.
Für Cicero war der ersehnte Zeitpunkt gekommen, wo er
seinen Feind verdrängt und sich wieder in der Curie und auf
dem Markte sah. Er hatte Rom um die Mitte des October ver-
lassen, als er fürchtete, Antonius werde die Legionen von Brun-
dusium nach Rom führen. ß**) Konnte er als Redner seine Mit-
bürger nicht schützen , so mochte man doch nach seiner ersten
Philippika mehr von ihm erwarten , als dass er auf dem Puteo-
lanum das Werk über die Pflichten vollendete, *'^^ der Küste, dem
rettenden Schiffe nahe blieb, und mit Octavian, welcher gegen
den Feind der Republik aufzutreten gedachte, sich nicht befas-
sen wollte, Aveil es ungewiss war, wer siegen werde. ''^-^ Jenem
war sein Rath sehr gleichgültig, c^) nicht aber seine Verwendung
im Senat, Avelcher ilin zum Befehlshaber ernennen sollte ;'•*) des-
halb schrieb er ihm oft, einst an Einem Tage zweimal, ''O und
hat ihn gegen Ende des October um eine Unterredung in Ca-
pua oder in dessen Nähe, „kindisch genug, wenn er glaubte,
dass diess geheim bleiben könne; " sein Gesuch wurde abgeschla-
gen; Cicero rieth ihm nach Rom zu gehen "^^^ und konnte nun
rühmen, er habe ihn gespornt, und Antonius in sein Garn ge-
jagt. "^3) Aber seine Verlegenheit dauerte fort; denn auch er
sollte in Rom erscheinen, und den Unerfahruen in der Curie
65) Ders. 1. c. 558. 574. fin. Plut. Anton. 23. S. §. 36. A. 39. f. ir.
§. 42. A. 78. §. r)3. A. 30. 66) Oben §. 27. fin. 67) ad Äff. 15, 13.
16,. 14. 68) ad Att. 16, 0. 60) 3 Phil. 7. 70) 5 Phil. 16. 71) ad Alt.
16, 9. 72) Das. 16. 8. 73) 3 Phil. 7. ad Fam. 12, 25.
222 V. ANTOKn. (Ji. §. 33.)
iwil mit seinem Ratlic UI1^orsti■i^zen. At:f (!as Erste war zu or-
wicilcrn , dass <lcr Senat in Abweseiilieit <!er ("oiisuJn uihI der
gutircsiniiten l'riitoren vor dem I. Januar sir'i nicht versammeln
Ivönnc — die, 'l'rümneu l>ericfeu ilia freilich donnoeh am 20.
Decemiter — al)cr das Zweite Hess keinen Auswet^;' es Avnrdc
also iihcrhürt; seihst die schmeichelhat'tc Auftbrderung , wieder-
um der Ketter der RcpuMik zu werden, konnte den Consular
nicht von seinen (iiitera locken. ''*)
Er hlie^h sich gleich, imd gerieth daher auch immer wie-
der in dicsclhe J^age; wie im Sommer den Befreiern' so- stand
er jetzt Octavian gegenüher. Die Ungewissheit des Ausganges
niaciite es gefalirlich, sich ihm hinzugeben, aber auch, ihn zu-
riickzustossen, zumal da leiclit ein anderer Consular für- Cicero
eintreten, und dann sein ohnehin zweideutiger Ruf noch mehr
leiden konnte. ^'0 Seine Unterredun-jen jait \ arro und mit an-
deren Crossen auf den Villen führten ihn zu keinem Entsclilus-
se, und abermals sollte Atticus entscheiden, ob er nach Rom
kommen oder auf dem Lande bleiben , und welches Gut er im
letzten Falle als das sicherste wählen solle. ^'') In der That
wünschte er A'on ihm das Unmögliche, eine Bürgschaft für Anto-
nius Niederlage: er theilte ihm mit, was ilun dafür und dage-
gen zu sprechen schien: Octavian habe eine bedeutende flacht,
er besitze die Liebe der Municipien, aber er sei zu jung: es
fehle iiim nicht an Muth, aber an Anschn; er rechne auf den
Senat, aber niemand werde sich einfinden oder gegen Antonius
.stimmen, so lange die Dinge ungewiss seien. ^^^ Auch Atticus
zeigte sich wie immer; er antwortete mit griccliischen Floskeln,
mit Stellen aus Homer, und bemerkte, dass der Sieg Octavians
die julischen Gesetze un'.imstösslich machen und diess Brutus
schaden werde, dass es unter jeder Bedingung xathsam sei , wie
wacker auch der junge ALinn den Kampf begonnen, den Erfolg
zu erwarten. Nun meinte zwar Cicero, unerträglicher als Alles
werde Antonius sein, wenji er siege, jener Rath aber schien ihm
das Klügste, was sein Freund je in Staatssachen vorgebracht
Isatte."^*^)
74) ad Atf. IG, 0. 11. 75) Das, 16, 8. 0. 12. 13. 70) Djw. IG, 8.
10 77) l)a.s. K;, 0. 11. 14. 7.s) Das. lii, J3. M, i:,.
V. ANTONIL (14. §. 34.) 223
Er gicng in den ersten Tagen des November von Puteoli
nach seinem Geburtsorte Arpinuni, wo er ohne Gefahr verweilen
KU können glaubte, und am 11. dcu ersten Brief an Atticus
schrieb. ^^^ Als Antonius den Feldzug gegen Brutus erölVnetc,
konnte er nacii Rom zurückkehren, und Octavian fulir fort,
deshalb in ihn zu dringen. Sein Wunsch war es nicht, und
das V. Tribunat des P. Casca gab einen Vorwand, zu zögern;
wenn jener dem Mörder Cäsars am 10. rcccmber gestattete, es
zu iiliernehmen, so hatte man ein Unterpfand für seine Gesin-
nungen. Oppius, welclier mündlich und schriftlich im Interesse
üctaviaus mit ihm unterhandelte, war damit einverstanden, ver-
sicherte aber, dass für die Befreier nichts zu fürchten sei. So
konnte er es nicht länger vermeiden, ,,sich mitten in die Flammen
zu stürzen," wozu ihn „nicht die Republik sondern seine Geld-
angelegenheiten bestimmten," s*'^ denn Andere waren ihm und er
war Anderen schuldio;. f^elbst segen seinen vertrauten Freund
verstellte er sich. Er kam zurück, weil der Senat nicht mehr
unter dem Banne des Antonius war, ^0 mcü er also keinen \ or-
wand mehr hatte , nicht zu kommen , weil es verführeriscii war,
in den alten Verhältnissen zu glänzen, und notliwendig, kräfti-
ge Massregeln gegen seinen Feind zu veranlassen ; mit dem Mu-
the der VerzAveiflung rief er sicli zu: ehrenvoller ist es, mit
seinen Mitbürgern als allein zu fallen, ^-^ und war am 9. De-
cembcr in Rom. ^^
§ 34.
Am folgenden Tage traten die neuen V. Tribunen ihr Amt
an, unter welchen Einige der Aristocratie ergeben waren, P.
Servilius Casca, einer der Verschworenen,^*) über dessen Zu-
lassung Antonius Octavian und Hirtius Vorwürfe machte, ^^) P.
Appulejus ^^') und M. Servilius ,^^>' später aucli Salvius.^s) Cicero
wünschte , dass sie in Abwesenheit der höheren Magistrate so-
gleich den Senat beriefen, damit das Erforderliche gegen Anto-
79) Das. 16, 8. 13. 14. 80) Dag. IC, 15. 81) ad Farn. 10, 28. 5
Phil. 11. 82) ad Att. I. c. S.^) ad Fam. 11,7. 84) ad Alt I. c. Dio
44, 52. 16, 10. 85) 13 Phil. l.i. Unten §. 49. A. 28. SO) G Phil, l-
14, 0. App. 3. 585. 87; ad Fam. 12, 7. t Phü. C. 88) üben §. 30. A. 78.
224 V. ANTONII. (14. §. 34.)
nius eingeleitet würde. ^^) Zu seinem grössten Vcrdrusse zöger-
ten sie bis ziuii 20. üecember ,*-•") wo M. Servilius , zugleich
im Namen seiner Collcgen, darauf antrug, Massregeln zu er-
greifen, dass die neuen Consuln am 1. Januar den Senat ohne
Gefahr vcrsaiiuneln könnten. '•") So frei wie Cicero rühmt wa-
ren die Berathiingen nicht. Zwar sah man sich nicht mehr von
Söldnern umlagert , aber den Freunden des Consuls wurde es
denn doch fühlbar, dass sein Gegner mit einem Heere in der
Nüiie stand, und das A^olk , dessen Gesinnungen gegen den jun-
gen Cäsar jeder kannte, in grosser Anzahl auf dem Markte. '*-)
Auf der anderen Seite vermisste man die ernannten Consuln
Pansa und Hirtius , obgleich nur der Letzte durch Krankheit
entschuldigt wurde; ^"*) es war nicht geeignet, Cicero und des-
sen Faction zu ermuthigen, doch wurde er nun zuerst befragt,
während sonst jene vorgegangen Avären. ^*)
Er hielt seine dritte Philippika. Der Antrag der Tribunen
war ihm Nebensache, ^^) ja er war ihm missfällig, denn nicht
im nächsten Jahre sondern sogleich sollte man entscheidende Be-
schlüsse fassen, niclit zögern, Avährend der Feind handelte, '•'ß)
Jene gestatteten ihm indess, sich über den Zustand des Staats
KU verbreiten, und er benutzte es, um seinen Feind als den
Feind des Staats darzustellen. Den Statthaltern und Feldhcrrn,
D. Brutus, ^^-' Cornificius, ^8J Octavian ö^-* und Anderen, welche
sogleich gegen Antonius kämpfen oder einen Rückhalt gewähren
sollten, meldete er, dass er aufgetreten sei, um ihren Verdien-
sten Anerkennung zu verschaffen , oder ihnen ihre Provinzen zu
erhalten, und er verwandte sich wirklich für sie,!"^**^ aber nur,
weil er nicht wünschte, dass Antonius und Männer seiner Par-
tei sie ersetzten, er forderte für Einige unter ihnen und für
ihre Truppen Eiircn und Belohnungen, weil er den „trägen und
erschlaft'ten Senat" ^) mit sich fortreissen, und durch einen öf-
fentlichen und unzweideutigen Schritt zwingen wollte, die Aech-
89) 3 Phil. 1. 5, 11. 90) ad Farn. 10, 28. 11, G. 12, 22. 25. S
Phil. 1. 2. 11. f), 1. 7, 2. 10, 11. 11, 7. 91) ad Fam. 10, 28. 11,
(•). 3 Phil 5. 10. 15. 4, C. 92) 3 Phil. 13. 93) Das. 5, 11. S. Hirtii.
91) Das. 5, 13. 95) ad Fam. 10, 28. 3 Phil. 15. 9G) 3 Phil. 1. 97)
ad Fara. 1 1 , G. 98) Das. 12, 25. 99) 3 Phil. 7. (8). lOO) Das. c. 15.
1) ad Fara. 10, 28.
V. ANTONII. (14. §. 31.) 225
tung des Antonius folgen zu lassen. '^^ Er also, der weder am 1.
und 19. September noch 28. November gewagt hatte, jenem un-
ter die Augen zu treten, und es für schändlich erklärte, damals
nicht zu fürchten, ^^ kam jetzt, nach ,,dcr schmachvollen Flucht"
des Gegners,*) früher als Andere, und bewirkte dadurch, dass
die Versammlung äusserst zahlreich Murde. ^)
Für diese Zeiten hatte er sich aufgespart , so hatte er im-
mer gehandelt, oliiic jedoch je seine Würde zu vergessen, sich
zurückgezogen, wenn er nutzlos gefallen v^;re. Jetzt vermochte
er zu nützen, der erste Tag der Freiheit war erschienen, und
Taec und Naclit wollte er nun über die Freiheit des Volks und
über das Ansehn des Senats wachen , Freiheit oder Tod sollte
der ^Wahlspruch sein. Denn — Dank den Göttern — Octavian
scliirmte die Stadt und Brutus Gallien; das Ungeheuer war in
die Grube gestürzt, man durfte nur dafür sorgen, dass es nicht
wieder entschlüpfte, nur keine Zeit verlieren, um es im Rük-
ken, von vorn und von den Seiten festzuhalten; begeistert bo-
ten Rom und Italien ihren Beistand an , denn öffentlich hatte
Antonius die schreckliclie Drohung ausgesprochen: wer nicht
siege , werde nicht leben. 6) Jndess war er vom Volke ermäch-
tigt, das cisalpinische Gallien zu übernehmen, und Brutus mit
Gewalt zu vertreiben, wenn er es nicht räumte; V selbst wenn
man diesen Beschluss verwarf, konnte man ihn jetzt noch nicht
verdammen, da noch nicht verlautete, dass er über den Rubi-
con gegangen sei; wenn diess geschehen sein wird, sagt Cicero,
müssen wir ihn nicht bloss mit den Waffen, sondern auch mit
unsern Decreten verfolgen; *) jetzt also Avar er unter jeder Be-
dingung noch Bürger und Consul und jede Auflehnung gegen
ihn strafbar. Mit einem geschickten Fechterstreiche kehrte Ci-
cero die Dinge um; er erhob die Schuldigen zu Richtern und
machte ihr Verfahren zur Richtschnur für den Senat. D. Bru_
tus, Octavian und die Legionen, welche abgefallen sind, haben
sich die grössten Verdienste um die Republik erworben; sie er-
scheinen aber als Verbrecher, so lange Antonius als Consul an-
erkannt wird; mit Worten kann mau noch nicht erklären, dass
2) 3 Phil. 6. 14.4, 1.5,11. 3) 3 Phil. 8. 4) Das. c. 10. 5) adFam.11,6. 6)
3 Phil. 11. 13. 14. 4, 5. 5, 8. G, l. 7) Oben §. 20. A. 75. 8) 3 Phil. 13.
Diamvin, Gcschi'lite K-hus I, \^
226 V. ANTOXII. (14. §. 34.)
er CS nicht sei, soiuleni ein Feind des Reichs, wohl aber durch eine
Thiitsuchc, dadurch dass man jenen Dank und Belohnung beschliesst. '-^i
1). Brutus verspricht in seinem Edicte , Caliien Senat
und Volk zu erhalten. In dem Maasse, als Antonius Tar-
«jHin an Schlechtigkeit ühertrirtt, ist üecimus grösser, als Lu-
cius Brutus: man muss heschliessen, dass er sich um die R^-
[tuhlik verdient mache. '"* Die Vertheilung der Provinzen, wel-
che Antonius vor seinem Abgänge bewirkt hat, ist ungültig;
der Senat muss dalier heschliessen, dass l). Brutus, L. Plauens
und die übrigen Statthalter nach der Verfügung Cüsars im recht-
mässigen Besitze sind und darin bleiben sollen, bis er ihnen
Nachfolger ernennen wird,"-* mit anderen Worten, dass er die
\ olksbcschlüsse nicht anerkennt, welchen Antonius das diessei-
tige Gallien und Dolabella Syrien verdankt. Octavian hat au«
eigener Bewegung und auf seine Kosten Truppen geworben, und
dadurch Rom und die Republik gerettet; dass der Senat sich
heute zum ersten Male wieder frei berathcn kann, ist sein Werk;
dieser muss ihm daher sogleich heute Vollmacht geben, den
Staat zu vertlieidigen und ihm Ehren und Dank zusichern. '-)
Die Legion des Mars und die vierte haben Antonius verlassen,
um die Republik herzustellen; noch heute muss der Senat he-
schliessen , dass er unter den neuen Consuln sogleich darauf be-
dacht sein wolle, sie zu belohnen, i-^)
In dem Antrage der Tribüne seihst ist die Nothwendigkeit
dieser Beschlüsse ausgesprochen; denn wenn der Senat eine
Schutzwache bedarf, so ist man nicht einmal in Rom vor An-
tonius sicher. '*J Was ist von einem Menschen zu fürchten, der
sich schon als der Feind aller Gutgesinnten zeigte, ehe er ge-
reizt war ^ von ihm als Sieger, da er schon vorher so überniii-
thig verfuhr P"'> von ihm, der in einem drohenden Kdicte den
Senat berief und dann Avegcn eines Trinkgelags nicht erschien? '^^
der den Tribunen , den Unverletzlichen, zu erscheinen untersag-
te?'') den Senat dann Mieder in einer ungesetzlichen Zeit ver-
sammelte, seinen Mitbürgern im Fliehen den Tod ankündigte
und mit seinem Bruder auf der Flucht die grösstcn Griiuel ver-
0) c. 0. 1(1) 10. 15. Oben §. .30. A. 90. II) 10. 15. cfr. Oi»
4f), 20. 10 l'hil. II. lin. 11, 12. (in. 12) 2, 15. 13) 3, 15. 14) 5.
15) 12. IC) 7. 8. 17) iL
V. ANTOMI. (14. §. 34.) 227
übt?^*) Solche Beschlüsse sind aber auch erlaubt, denn seit den
Liipercalicn, wo er Cäsar das Diadem antrug, ist Antonius nicht
mehr Consul, ist er niclit zu den römischen Bürgern, nicht zu
den Freien, nicht einmal zu den Menschen zu i'echnen. ^^j Des-
halb hat Cicero Octavians Rüstungen gegen ihn jefördert und
er selbst am 28. November niclit gewagt, sich im Senat über
diese Rüstungen zu beklagen. -") Sein ganzes Leben verdammt
ilin, welches aus Unzucht, Völlerei, frechem Muthwillen, Ver-
•\v<'gcnheit und Grausamkeit zusammen gesetzt ist, und insbe-
Kondere der vielfache Frevel , dessen er sich seit Ciisars Tode
schuldig gemacht hat. ^O
Nur Varius Cotyla —) versuchte es, den Abwesenden zu
vcrtheidigcn; 23) er wurde nicht unterstützt und der Senat des-
halb spiiter von Cicero gelobt, -*^ welcher übrigens keineswegs
damit zufrieden war, dass man die weitere Berathung bis zum
J. Januar hinaussetzte.-^^ Der Senat beschloss, die erwählten
Consuln sollten dem Antrage der Tribüne gemäss, dessen aucli
Cicero der Schicklichkeit Avegen in seinem Gutachten gedachte, -^J
dafür sorgen, dass er sich am 1. Januar gefahrlos versammeln
könne; 27) er billigte das Edict des D. Brutus, worin er sich
verpflichtete, seine Provinz zu behaupten , 28) yj^j genehmi'>-te
Ciceros Vorschlag in Betreff der Provinzen ; 20) ^fj^j. jjg Ernen-
nung des Octavian zum Heerführer und über die Belohuuno- sei-
«er Veteranen und insbesondere der beiden Legionen, welche
zu ihm übergegangen waren , sollten die künftigen Consuln so
bald als möglich an ihn berichten, ^o)
An demselben Tage wurde das Volk durch Cicero davon in
Kenntniss gesetzt, welcher sich unmittelbar aus der Curie auf
den Markt begab, ^i) Mit Beifallgeschrei empfangen, "2) ver-
kündigte er nach einigen leichten Entschuldigungen über seine
letzte Flucht: Antonius sei für einen Reichsfeind erklärt, zwar
• j
noch nicht ausdrücklich, aber durch die That, und diess sei
18) 10 — 12. 19) 5. 20) 7. 8. 21) C. . 11, 12. 22) Oben §.
30. A. 73. 23) 5 Phil. 2. 3. 24) Das. c. 1. 11. 25) Das. c. 11. 12.
2ü) 3 Phil. 15. 27) Dio 45, 19. 22. 4G, 20. 28) 5 Pl.il. 11. 10, 11.
29) ad Fam. 12, 22. 25. cfr. Dio 40, 29. Unten §. 30. A. 04. 30) 4
Phil 2. 5, 2. 11. 10, 11. Mon. Anc^r. tab. 1, v. 3. App. 3. 557. 31) 4
Phil. 1. 6. ad Fam. 11. C. 32) 1 Phil. 1. 5, 1.
15*
228 ^' ANTONII. (1 1. §. 34.)
sein "Werk. ^^) Endlich wieder auf seinem Ehrenplatze, voll
llass gegen diejenigen, welche ihn davon verdrängt hatten, und
erfreut, wieder üficntlich von seinem Consulat und von Catili-
na sprechen zu können, wollte er die Menge aufregen, seine I
Saclie gänzlich zu der ihrigen machen und den Senat einschüch-
tern damit der 1. Januar zum Ziele führte. Er schilderte
daher Antonius als einen Mordgierigen , welchen nur Octavian
•rehindert habe , seinen Rachedurst im Blute 'seiner Mitbürger
zu stillen; nicht von einem verbrecherischen Menschen, sondern
von einem scheuslichcn Avilden Tliiere sei die Rede, dessen man
sich aber doch entledigen könne; denn selbst Catilina sei über-
wunden, inid diesem gleiche er nur an Frevel, nicht an Thä-
ti'i-keit und Kraft. Gntmüthig hörte das Volk unter den schon
im Senat vorgebrachten Gründen, nach welchen er nicht Con-
sul war, auch den, dass Brutus die Provinz nicht räume, wel-
che es zu räumen geboten hatte, dass ausser jenem und Octa-
vian, den Legionen, Gallien, ganz Italien, dem Senat es auch
selbst durch sein Geschrei ihn seiner Würde für verlustig er-
kläre* dass die Götter durch Anzeichen, durch die von ihnen x
bewirkte Uebereinstimmung Aller ihn richten, und einem sol-
chen Feinde gegenüber Unterhandlung, Friede undenkbar sei,
denn es frage sich nicht , unter welcher Bedingung man leben,
sondern ob man überhaupt leben, oder auf eine marter- und
schmachvolle Art umkommen werde. 3*>>
Ein Vergleich zwischen den Parteien hatte Cicero einst
ins Exil geführt, und liess jetzt, wo er seinen Feind feierlich
dem Unterfange geweihet hatte, 35) noch weit mehr fürchten.
Für ihn «i-ab es keinen Stillstand, keinen Rückschritt, und der
Senat sollte die Ueberzeugung gewinnen, dass diess auch seih
Fall sei , d:iss ihm nach den Beschlüssen des 20. December
nichts übrig bleibe, als eben das Letzte, die Kriegserklärung,
ja dass diese bis auf eine unwesentliche Förmlichkeit mit jenen
Beschlüssen bereits erfolgt sei. ^ß) Dcslialb rühmte er, nicht
ohne Beziehung auf sein Consulat, die Republik an jenem Ta-
ge von neuem gegründet zu haben. ^V
33) 4 Phil. 1. 3. 0. 14, 7. 34) l Phil. 35) 4 PhiL 4. 30) 4 Phil. 2.
5, 2. 11. 10, II. 37) 4 Phil. 1. 5, 11. 6, 1. 14 Phil. 7. »d Faro. 10,
28. 12, 25.
V. ANTOMI. (11. §35) 229
§ 35.
fui Anlange des J. 43., in welchem C. Vibius Pansa unJ
A. Ilirtius Consulu waren, dauerten die Anzeichen fort, welclic
schon gegen Ende des vorigen die Oemüther geschreckt hat-
ten, •**-• feurige Lufterscheinungen, Stürme, Erdheben, Ueber-
schweinniungcn und Seuchen. '■^'•^) Diese Lehel stehen in einem
natürlichen Zusammenhange und waren daher öfter vereinigt,
als man den Alten geglaubt hat, weil sie nach ihrer Weise er-
klären. Für Cicero schien es insbesondere eine unglückliche
Vorbedeutung zu sein, dass der Wind die Statue der .Minerva
umwarf, welche er vor seinem Exil auf dem Capitol aufgestellt
hatte. ^^>' Auch ereigneten sich plötzliche Todesfälle; ein Lictoi
starb, während Pansa am Morgen des 1. Januar opferte. *') Ge-
schah nun auch, manches, die Götter zu besänftigen, so bli»*b
doch bei dem Aufruhr im Staate nur eine trostlose Aussichf.
Der Bürgerkrieg hatte begonnen und der Senat noch nichts ge
than, ihm zu steuern; denn die Beschlüsse vom 20. December
beurkundeten nur seine Ohnmacht und das Verlangen einer Par-
tei, den Krieg zur Unterdrückung des Antonius zu benutzen.
Dieser war vom Volke ermächtigt, D. Brutus anzugreifen, wenn
er das cisalpinische Gallien nicht räume,'*-) und Brutus vom
Senat, in seiner Provinz zu bleiben; '*•'>> Octavian "war aus ei-
gener Machtfülle ins Feld gerückt. Unter den neuen Consuln
sollte der Knoten sich lösen. Wenn Senat und Volk Widerspre-
chendes beschlossen hatten, so war es an ihnen, sich zu einigen.
Das Volk schwieg zwar, als die Curie am 20. December seine
V^erfügung über Gallien durch eine allgemeine über die Provin-
zen aufhob , aber es nahm sie selbst nicht zurück , und Anto-
nius betrachtete sie als gültig. Dem Senat genügte dieses
Schweigen ; er scheute Erörterungen über einen Punct des Staats-
rechts, welcher mehrmals thatsächlich zu seinem Nachtheile erle-
digt war, und nun blieb ihm nichts übrig, als für sein Decret
Gehorsam zu fordern. Da indess Antonius nicht wusste, oder
3S) 4 Phil. 4. Obseq. 128. 39) Dio 45, 17. 40) Das. Nach Obseij.
I. c. geschah es noch a. 44. üben §. 21. A. 21. 41) Dlo 1. c. 42) Oben
f. 20. A. 74. 43) §. 34. A. 11. und 29.
230 V. ANTONII. (14. §. 35.)
sicli (la.s Ansehen gehen konnte, nicht zu wissen, dass das be-
treffemle Gesetz erloschen sei, so musstc man ihn davon benach-
richtigen, nicht aber sogleich mit dem Schwerdtc darein schlagen.
Allein es handelte sich nicht um Recht und Billigkeit und
um das Wohl des Ganzen, sondern um das Interesse der Factio-
nen , und die Kräfte waren sich in der Curie ziemlich gleich,
so dass jeder Tlieil einen Triumph feierte und eine Niederlage
erlitt, Antonius bekriegt und doch bis zur Schlacht bei ^lutina
nicht für einen Staatsfeind erkliirt wurde. Die verschiedenen
ßestandtheile der Factionen machen sich im Folsenden ebenfalls
bemerklich; denn unter den Gegnern des Antonius waren die
Octavianer, die Freunde der Verschworenen und Cicero, welcher
jene wie diese nur gebrauchen Avollte und nicht vergessen durf-
te, dass sie bei jedem Schritte gegen den gemeinschaftlichen
Feind auch ihre Stellung gegen einander im Auge behielten ;
auf der anderen Seite nahmen Manche Antonius nur in Schutz,
M eil sie fürchteten , dass nach seinem Untergange auch die juU-
sehen Gesetze nicht bestehen werden , insbesondere L. Piso , Cä-
sars Schwiegervater, In einer solchen Aersammlunsc den Vor-
sitz zu führen, war ein undankbares Geschüft; seLbst unbefan-
gene Vermittlung musste für Parteilichkeit gelten. Hirtius, für
dessen Talent und feine Bildung schon sein Verhältniss zu Cä-
sar zeugt, ^*) war kränklich und gieng bald zum Heere; die
Leitung der öffentlichen Geschäfte Avar »rrösstentheils seinem Col-
legen überlassen, welcher länger in Rom blieb. Ohne so schwach
au sein, wie Q. Cicero sie schildert, ^^) waren sie doch unfähig,
sich über die Parteien zu erheben, und nun befanden sie sich
in dem peinlichen Falle , nicht nur zwischen Antonius und den
llördern des Mannes, welchem sie alles verdankten, sondern
auch zwischen Antonius und Octavian , dem Freunde und dem
Sohne Cäsars , Avählen zu sollen. Deshalb suchten sie den Krieg
z)i verhindern, und auch als sie im Felde standen, eine blutige
l'^ntscheidung so lange als möglich abzuwenden , ein Halbhan-
deln, welches ihnen auf keiner Seite Vertrauen erwarb, und
dessen Folgen sie nur durch den Tod entgiengen.
Sie beriefen den Senat sogleich am 1. Januar*") und unter
44) S. Hirtii. 45) ad Faiu. IG, 27. IC) 5 l'hil. 1. 6, 1. App. 'i
SiS. Diu 45. 17.
V. ANTON». (14. §. 35.) 231
dem Sclnitzc von Bewaffneten,''^) Avie es am 20. December fest-
gesetzt var,'*''^ in «Icn 'l'cmpel der Concordia,'*'0 um eine Bc-
rathung iiber den Zustand des StaJits im Allgemeinen •'''*) und
ober die Ehren und Belohnungen der Anführer und Truppen zu
veranlassen, Avelche gegen Antonius sich erhohen hatten.^')
Ihre Rede erhielt wenigstens öfFentlich Ciceros Beifall. ^-^ Die-
sen lässt Dio sein Gutachten zuerst abgehen , 53j vozu er den
Stoft', so weit er dem Redner überhaupt angehört, aus den er-
sten sechs Pliillppiken, zum Theil selbst aus späteren entlehnt, ^^)
lind so willkührlich und flüchtig, dass wenn Cicero äussert, er
höre, dass man das jenseitige Gallien für Antonius fordern und
vorschlagen Avolle, während der Unterhandlungen die Rüstungen
fortzusetzen,'^-'') bei Dio gesagt wird, man wolle auf Unterhand-
lungen antragen, und dann Calenus einen \'erweis erhält, als
habe er den Antrag schon gemacht. ■'"''') Dadurch ferner, dass
Calenus hei Dio später spricht, ^'^) wird alles verschoben; denn
als Erwiederung wird seine Rede Selbstvertheidigung, und als
solche Anklaa:e des Cicero, ^^-J eine Nachahmungr der zweiten
Philippika. Spottend und verdammend geht er das Leben sei-
nes Gegners durch; er gedenkt seiner verächtlichen Verwandt-
schaft und seiner Schwächen mit der gehässigsten Deutung, dich-
tet ihm Laster an, um durch. Gegenheschuldigungen Antonius zu
rechtfertigen, und tadelt ihn wiederholt, ^'J) dass er nicht zu
rechter Zeit gesprochen und die von ihm gerügten Verbrechen
xn verhindern gesucht habe. Nach dieser Abfertigung stimmt er
dafür , man möge Allen befehlen, die Waft'en niederzulegen, und
den Erfolg erwarten. Appian, welcher ihn bei dieser Gelegen-
heit nicht erwähnt, berichtet ganz kurz, dass Cicero am I. Ja-
nuar auf eine Kriegserklärung gedrungen, und L. Piso ihm wi-
dersprochen habe; er giebt damit den Text zu den Reden, wel-
che er beide am dritten Tage halten lässt. '"'•J) Bei dem Allen
ist es keinem Z^veifel unterworfen, dass die Verhandlungen vier
47) Dio 45, 19. 22. 46, 26. 48) §. 34. A. 27, 49) Dio 4C, 28.
50) 5 Phil. 12. fin. 51) Das. c. 2. 11. 13. 19. 52) c. 1. 53) 45, Is
— 47. Zoiiar. 10, 14. 54) cfr. c. 18. u. 3 Phil. 13; c. 20. u. 5, 9;
c. 26. u. 2, 18; c. 35. u. 5, 8; c. 39. u. 3 , G. c. 41. u. 3, 5; c. 45. ii«
7, 3. u. 8, 4. u. 8. f. 55) 5 Phil. 2. 9. 50) c. 43. 46. 57) 40 , 1 —
28. 58) c. J. u. 27. 59) c. 10. 10. 23. 25. 60) 3, 558. — 500".
232 V. ANTONH. (J4. §. 35.)
Tage dauerten, dass man sich am ersten gar nicht, am zwei-
ten nur üher die Ehren und Hclühnungen einigte, und endlich
am vierton gegen den Vorschlag Ciceros , welcher Krieg forder-
te, eine Gesandtschaft an Antonius zu schicken heschloss, wor-
auf jener an deinsclhen Tage vor dem Volke auftrat. *•') Es
stellt ferner fest, dass nach den Consuln Q. Fulius Calenus,
cons. suß". a. 47. zuerst sprach, dann Cicero, dessen Aeusserung,
schon nehmen selbst Consulare Antonius in Schutz, sich eben
auf diesen im Gegensatze des Cotyla bezieht. <*-) Mehrere ver-
ßucliten nach ihm, wie er erwartete , •'"'>' seine Absicht zu verei-
teln, und es kam bald zu einem heftigen Streite , so dass nicht
bloss er selbst, sondern auch seine Anhänger und Gegner in
diesen Tagen wiederholt das Wort nahmen.
Als Schwiegersohn des Calenus <**) hatte Pansa einen er-
wünschten Vorwand, ihn, den Freund des Antonius, zuerst zu fra-
gen , ein Vorzug , welcher ihm nun nach der Sitte für das gan-
ze Jahr zugestanden war. ^^) Cicero kommt mehrmals darauf zu-
rück;'*'') es kränkte ihn, und war ein Beweis, dass der Consul
seine Pläne nicht begünstigte. Gegen die am 20. December
Ton ihm beantragten Ehrenbeschlüsse hatte Calenus nichts ein-
zuwenden, desto mehr aber gegen seine Folgerung, da.'s der Se-
nat Antonius damit für einen Feind erkläre , und nur noch
übrig bleibe, diess auszusprechen; er stimmte dafür, dass man
zunächst versuchen müsse, sich durch Gesandte mit ihm zu ver-
ständigen. ''^) Cicero schien bestürzt; ß^) er erhob sich sogleich,
am 1. Januar, ''9J das verderbliche Wort zu entkräften. Im er-
sten Theile seiner Rede ^'') verbreitete er sich dem Antrage der
Consuln gemäss über die öffentlichen Angelegenheiten im Allge-
meinen, über die Verhältnisse des Staats zu Antonius, und im
zweiten über die Belohnung der Krieger. Durcli diese hatte er
eine Kriegserklärung zu erlisten gehofft, da er sie nicht zu er-
zwingen vermochte, und am 20. December war alles trefflich dazu
vorbereitet. Calenus Rede überzeugte ihn, dass seine Gegner ihn
geM'ähren Hessen, aber sein Ziel verrückten, dass sie erlaubten,
Cl) G Phil. C2) 5 Phil. 2. C3) c. 2. 9. Gl) 8 Phil. 0 fin. 10, 3
(*2.) C5) Suet. Caes. 21. CG) 5 Phil. 1. 10, 1. 3. (2.) cfr. ad Att. 1-
13. G7) 5 Phil. 1. 2. G8) c. 1. G9) Das. n. 6, 1. 70) 5 Phil. 1 — 12.
V. ANTONII. (14. §. 35.) 233
die AVaffen zu schmücken lind zu Avcihen, niclit aber, sie ge-
gen Antoniiis zu gebrauchen; er jÄiisstc also jenes feststellen,
che er auf «lein von ihm eingeschlagenen Wege weiter fortgicng;
«Iciin wozu (las Mittel, wenn es den Zweck nicht erreichte? Der
Senat hatte sich durch seil, Verhalten gegen die Heere so ver-
wickeln sollen, dass er den Krieg böSchliessen musste; jetzt hör-
te man nun aber, dass man den Eifer für die Republik ehren,
und ihr doch den Frieden erhalten könne, ja dass der Senat
selbst zuerst die Hand dazu bieten solle , Avodurch sich die Be-
lohnung in ein Nichts, in einen Spott verwandelte. Eine Frie-
dens-Gesandtschaft bewies Qttavian, dass die Partei des Anto-
nius noch stark sei, dass er nicht unbedingt auf den Senat und
die Hülfe der Cousuln rechnen dürfe, welches ein Schwanken
in seine Unternelimungen bringen, ihn wohl gar bestimmen
konnte , sich mit seinem Gegner zu versöhnen. Im ersten Fal-
le wurde Cicero noch mehr gefährdet, im zweiten war er ohne
Rettung. Seine Aufgabe wurde daher in dieser Senatssitzung
eine ganz andere, als er erwartet hatte. Nach seiner Behau-
ptung hatte der Senat bereits am 20. December alle Unterhand-
lungen ausgeschlossen; sie dennoch zu lassen, sie sogar selbst
anzuknüpfen werde Leichtsinn, ja Wahnsinn sein;^^) er werde
sich dadurch herabsetzen, Furcht verrathen und Uneinigkeit. '^2)
So lange Antonius die Waffen in der Hand habe, sei gar nicht
mit ihm zu reden; wenn er sie niederlege und um Gnade bitte,
könne man vielleicht Einiges zugestehen. ^^3 Und wozu ein so
unwürdiger Schritt? fragt der Redner; will man Unterwerfuno*
fordern? er wird sich nicht unterwerfen, und wenn er es woll-
te , werden Lucius und seine anderen Genossen es nicht gestat-
ten;''*) will man ihn abfinden, ihm etwa , wie verlautet, das
jenseitige Gallien geben ?'^>' wo er auch sein mag, und dort be-
sonders , wird er Rom geführlich sein. Er hat bereits als Con-
sul gezeigt, wessen er fiihig ist; unter schrecklichen Drohun-
gen hat er sich entfernt, und dass er sie vollziehen Avird, verbüro-t:
seine Reise nach Bruudusium, sein Rauben und Morden auf dem
Wege nach Mutina. Wenn er so an Menschen handelt, welche
71) c. 1. 2, 11. 72) c. 9. 10. 12. 73) c. 1. (2.) 74) c. 9. H. 75)
2 34 V. ANTONII. (14. §. 35.)
ilin niclit beleidigt liaLen, wie •wird der Senat für die gegen
ilm gerichteten Beschlüsse Uüssen? Die Güter der Senatoren
sind schon aufgezeichnet, sind schon vcrtheilt. '''') Und an An-
tonius will man Gesandte schicken? Kann man ihn, selbst wenn
er gehorcht, wieder in Rom aufnehmen?'^)
Die (Gesandtschaft wird also nutzlos sein^ sie wird nur
grosse Nachtheile bringen , was man auch antragen oder gebie-
ten mag, denn sie wird die Truppen und ihre Anführer entmu-
thigcn, den Eifer der Rlunicipien und ganz Italiens schwächen
und einen unersetzlichen Zeitverlust bewirken, nachdem schon
im vorigen Monat nur zu viel Zeit verloren ist. '8) Aber,
konnte man erwiedern, Antonius hat das cisalpinische Gallien
vom Volke erhalten, und die Vollmacht, Brutus zu bekriegen. '''•')
Obgleich der Senat diess Gesetz aufgehoben hatte, ^'') so war
Cicero doch vorsichtig genug, den schwierigen Punct so zu be-
seitigen, dass er als der Vertheidiger des Volks erschien: 8iJ es ist
nicht an die Gesetze des Antonius gebunden, weil er sie auf eine
gewaltsnme Art und mit Nichtachtung der Auspicien hat bestätigen
lassen. ^-) Antonius ferner machte den Streit zur Sache der
Parteien; welcher Parteien? fragt Cicero; die eine ist über-
wunden, IMänner der andern, die Consuln, der Sohn Cäsars,
erheben sich gegen den , Avelclier einst ihrer Partei angehörte,
um seine ruchlosen Entwürfe zu vereiteln, ^V Also kein Ver-
zug mehr, keine Gesandte; nicht mit Worten muss man ihn
angehen , sondern ihn mit den Waffen zwingen, Gallien zu räu-
men; man muss zum Kriege schreiten, ja zum Kriege, f/jellumj
und sogleich , ihn nicht mehr als Bürger anerkennen , ihn äch-
ten , auf immer ausstossen aus dem Staate, er hat sich selbst
durch seine Verbrechen geäclitet, der Senat ihn am 20. bereits
für den Feind des Staats erklärt. ^*) Cicero verlangte demnach:
man solle einen Tumult beschlicsscn, Gerichtsferien ansagen,
das Kriegskleid anlegen , in ganz Italien -isheben und nieman-
den vom Kriegsdienste entbinden;*^) damit nicht täglich neue
Bcrathungen nöthig würden, den Consuln unbedingte Vollmacht
geben, das Heil der Republik walirzunchmen , und den Truppen
70)8.9.11.12. 77)0.10.11. 78)2. 9. 10. 11. 12. 19. fin. 79) 0»>en
A. 42. 80) A. 13. 81) Nicht so hei App. 3. 558. ii. bei Dio 45. 20.
y-l) 5 rhil. 3. 1. 83) c. J2. >>1) c. S —12. 85) c 11. 0 IMiil. 1. .«:, 2
V. ANTONII. (14. §. 35.) 235
des Antonius Bcgnatligiing zusichern, wenn sie ihn vor dem
J. Februar verlicssen. ^"J
Nur in der Stelle , -welche die Fassung des Senatsbesclilus-
ses unuiittcUiar betraf, bediente er sich des Ausdrucks : Tumult,
•weil er wusste, dass er mit seinem Vorschlage sonst gar nicht
durchdringen Averde, übrigens nannte er jetzt und später den
Kampf mit Antonius nie anders als Krieg, und ihn selbst Feind,
(hostis) ^^) als sei er scIjou vom Staate geächtet, schon nicht
mehr Bürger, folglich nicht vom Bürgerkriege, von streitenden
Parteien, 8^) sondern von einer durch die Gesammtheit beschlos-
senen Vertheidigung gegen einen Nicht -Römer die Rede.
Wegen der Einmischung des C'alenus konnte er nur erst
auf seine Anträge vom 20. December zurückkommen, nach de-
ren Genehmigung er dem Senat zuzurufen gedachte : ihr habt
den Krieg beschlossen. Doch sollten dadurch auch die Krieger
in ihrem Vorhaben bestärkt und zu dessen Ausführung befähigt
uerden, vor Allen Octavian, denn von ihm hieng das Meiste
ab, und er war am wenigsten zum Kampfe befugt und konnte
am leichtesten wieder abspringen. Um aber diese Absic];t zu
verschleiern und ihm nicht selbst ein gefährliches Gefühl von
AVichtigkeit zu gehen, wurde nur zum Voraus bemerkt, dass er
der Verdienteste sei,^'-*^ und dann zunächst für Andere Lob und
Belohnung in Anspruch genommen, deren Hülfe man auch be-
durfte, und deren Anhang im Senat günstig gestimmt werden
musste. Man bemerkt in Ciceros Vorschlägen eine Steigerung
bis zu Octavian , bei welchem er auch am längsten verweilt.
D. Brutus, dessen man in seiner Lage ohnehin gewiss war, geht
aus einem wenig schmeichelhaften Grunde vor, als „erwählter
C'onsul;" man soll es billigen und loben, dass er Senat und
Volk die Provinz Gallien erhalten, in Kurzem ein Heer aufge-
stellt und von seiner Provinz unterstützt der Republik in einer
sehr schwierigen Zeit Beistand geleistet habe. Ohne ihn wäre
Antonius in das jenseitige Gallien eingedrungen, und dann mit
grosser Macht, mit wilden Barbaren vor Rom erschienen.^*')
M. Lepidus soll der Senat bezeugen , dass er viel Vertrauen in
8G) 5 Phil. 12. cfr. Dio 46, 29. 31. Unten §. 36. A. 63. u. §. 38.
A. GG. 87) Oben §. 23. A. 93. f. 88) 14 Phil. 8. 89) 5 Phil. 11.
90) c. 13.
23G V. ANTONII. (14. §. 35.)
ihn setze und seiner Verdienste gedenken werde, und ihm ein*;
vcriroldete Statue zu Plcrde auf der Ilednerbiihne oder in einer
andern Gegend des Marktes errichten. ^0 Diese Auszeichnung
hatte Ser. Sulpicius stets als übertrieben getadelt, '•'2) und der Se-
nat, so lange er frei war, nie bewilligt,'-'*-' daher auch nach
Sulpicius Tode nur eine elierne Statue zu Fuss sein Andenken
verewigen sollte, nicht eine vergoldete zu Pferde, welche Sulla
als Herrscher erhielt. '-^^J Auch Andere waren zu Pferde auf
dem Markte '■'^) und selbst auf der Rednerbühne '■^^J abgebildet,
noch vor nicht langer Zeit Ponipejus, '■'^) und ohne Zweifel auch
Cäsar, da man ihn auf alle Art durch Statuen ehrte; '"Oj „„^
also nicht mit Manutius in den Nachrichten des Cicero und
Vellejus einen Widerspruch zu finden, muss man die Vergol-
duno- in Rechnung bringen, auf welche jener zugleich anträgt.
Seine wahren Gründe sind schon erwähnt. Er war eben so er-
finderisch, Verdienste als Verbrechen zu ersinnen oder hervor-
zuheben: Lepidus hat sich immer für die Freiheit des i'ömischen
Volks erklärt, unter andern, als Antonius Cäsar das Diadem
überreichte, Avelches bei dieser Gelegenheit in Erinnerung ge-
bracht Avird: er hat nach dem Tode des Dictator grosse xMässi-
o-un"- bewiesen, und den Frieden mit Sex. Pompcjus ') herge-
stellt. 2)
Nun gieng Cicero zu dem Wichtigsten und Schwierigsten
über, wobei er den meisten Widerspruch erwartete, •*) weil es
weder den Anhängern der Befreier ,^*) noch den Freunden des
Antonius, noch denen gefallen konnte, welchen eine schnöde
Verachtung der Gesetze und der Verfassung nicht gleichgültig
•H'ar ^^ oder der Sohn Cäsars dem Staate gefährlicher zu sein
schien, als Antonius, <») zu dem Ehrenbeschlusse für Octavian.
Eine Uebersiclit seiner Verdienste bereitete ihn vor, ^-^ uud
91"\ c. 15- ^"t y" o^^'" '*""" ffi foro vellct {Lepidus) ; ein Zusatz,
welcher ihn sehr ehrte. Plin. 34. 11. (C.) Unten §. 4 7. A. 42. 02) 9
Phil. 6. 95) 5 Phil. 15. 90) A. 92. u. App. 1. 410. Die 42, 18. 43,
49. 97) Liv. 9. 43. S. unten §. 30. A. 34. 98) pro Dejot. 12. fin. 99)
Vellej. 2. Gl. Dio 42. 18. S. Pompeji. 100) Vellej. 1. c. App. 2. 491.
Dio 43, 14. 45. S. Julii. 1) Aeniilii Lep. No. 21. §. 2. 2) 5 Phil. 11.
15. 3) c. 10. fin. 4) c. 18. 5) Oben §. 24. A. 21. u. 46. C) c. 18.
7) c. 10. üUlu §. 25. A. 66. §. 31. in.
V. ANTONII. (H. §. 36.) 237
Worte der BeruMgung folgten. 8) Octavian war Privatmann,
ein Bandcnfiilircr, ein ilini geleisteter Eid nicht verpflichtend,
er selbst als .Majcstäts - A'erbrecher dem Gesetze verfallen, so
bald man es gegen ihn geltend machen konnte oder wollte, und
dalier die Berechtigung, ein Heer zu befehligen, ein Titel, ivel-
chcr sie in sich schloss, Bedürfniss für ihn. '■*) Längst liatte
Cicero sie ihm verschaffen sollen, "^^ Avelcher jetzt vorschlug,
man möge ihn zum Proprätor ernennen, ihm Sitz und Stimme
im Senat mit prätoriscliem Range und die Befiigniss geben, um
die höheren Ehrenstellen sich so zu bewerben , als sei er im
vorigen Jahre Quästor gewesen. ^^) Für den Quästor L. Egna-
tulejus, welcher Antonius die vierte Legion entführt hatte, '2)
forderte er das Recht, drei Jalir vor der gesetzlichen Zeit
höhere Würden in Rom zu suchen und zu übernehmen, ^•^) und
endlich für die Truppen Octavians folgende Belohnungen: so-
wohl die Veteranen in seinem Heere, als die Legion des Mars
und die vierte, und die Soldaten der zweiten und fünf und
dreissigsten, welche von Antonius abgefallen waren, sollten vom
Kriegsdienste frei sein, sie und ihre Kinder, mit Ausnahme ei-
nes Tumults in Gallien oder Italien, die Consuln Acker unter
sie vertheilen, die Legionen nach geendigtem Kriege entlassen
werden und so viel Geld aus dem Schatze erhalten, als Octa-
vian i"*) ihnen versprochen hatte, i^) Mehrere widersetzten sich
Cicero, sofern er auf Krieg drang, insbesondere L. Piso, weil
man niemanden verdammen könne, ohne ihn gehört zu haben; "»)
dennocli hatte jener eine starke Partei für sich, '") als die Zeit
der Sitzung an dem ohnehin kurzen Tage 'S) verflossen war.
§ .36.
Am andern Morgen wurden die Bcrathungen fortgresetzt. '")
Dio dachte bei der Nachricht, dass der Senat voll Besorgnis»
8) c. 17. 18. §. 25. A. 86. f. Ö) c. 16. fin. 10) §. 33. A. 70. 11)
c. 17. 12) §. 32. A. 45. 13) c. 19. 11) §. 31. A. 28. §. 32. A. 47.
15) c. 19. Unten §, 30. A. 30. f. 10) App. 3. 559. 17) G Phil. I. 7, 4
App. 1. c. Dio 46. 29. 18) cfr. ad Att. 1, 17. §. 3. 19) App. n, Dio
11. er.
238 V. ANTüNH. (li. §. 30.)
wegen des Kriegs und wegen der Anzeichen sich auch an un-
glücklichen Tagen versammelt habe, ohne Zweifel an den 2.
Jauuar.2<>) Wenn aber hr Tag nach den Nonen , Iden und
Calenden in Beziehung auf Schlachten und Comitien für einen
unglücklichen galt,-'^ so scheint es doch nicht, dass sich diess
auch auf den Senat erstreckte und man etwa nur aus Noth eine
Ausnahme machte; denn es werden auch sonst Sitzungen vom
Zweiten eines Monats erwilhnt und als etwas Gewöhnliches, wel-
ches gegen keine Vorschrift der Pontifen verstiess. '-) Die
Consuln und die anderen Gegner des Kriegs würden gern einen
Vorwand benutzt haben, die Verhandlungen zu unterbrechen,
denn sie fürchteten den Ausgang, das Ergebniss einer Abstini-
munc:, und verhinderten diese durch den Einspruch des Tribuns
Salvius. --^J Der Ehrenbeschluss , welcher A'on Cicero beantragt
war, wurde dagegen genehmigt; man bewilligte sogar mehr,
als er gefordert hatte, von der einen Seite, um die Gemüther
zu beruhigen, von der anderen aus Liebe zu Octavian -*) und
weil man hoffte , dass eine Kriegserklärung um so gewisser fol-
«■en werde. D. Brutus wurde belobt, -^) und M. Lepidus eine
vergoldete Statue zu Pferde auf der Rednerbühne mit einer
ehrenden Inschrift beschlossen, 26j -wofür er dem Senat gar nicht
und Cicero sehr spat und nur gelegentlich und lau seinen Dank
bezeugte, weil er die unlautere Absicht erkannte und nicht ge-
bunden sein, sondern nach den Umständen handeln wollte.-^)
Die grösste Auszeichnung war Octavian vorbehalten. -^J Ob-
gleich Privatmann wurde er ermächtigt, -O.' mit dem Titel eines
Proprätor , ^^^ mit Lictoren , Fasces und den übrigen Insignien
20) 45, 17. 21) Liv. 6, 1. Macrob. Sat. 1 , 15. fin. 16. 22) ad
Altic. 1, 17. u. 4, 2. 23) App. 3. 559. 5C0. 5G1. 4, 598 (in. Cic. 0
Phil. 1. 7,4. 14, 7. Er gebot nach Appian, sie auf den folgenden Tag
zu verschieben; cfr. Cic. pro Sext. 34: nrc aitsus est {Atiliits liic Garia-
nus) cum esset empti/s, intercedere; nnctem slhi ad dcUheraiidum jiostii-
lavit. Clnmor senalus — Ille se iifjirmare poslero die mororn nuUain
esse facturntn. Creditum est. 24) Nach den unäch(en Briefen Cic. an
Brutus ep. 15. bewirkte sein Stiefvater I/. Pbilippns, dass er eine Statue
erhielt, und Ser. Sulpicius nebst Servilius den Tbeil des Beschlusses,
welcher seine Bewerbung um Staatsämler betraf. 25) App. 550. 20) 13
Phil. 4. 27) ad Fam. 10, 27. 34. 28) 7 Phil, 3. 29) 11 Phil. 8. im-
penu/n cxtraordinarium. 30) Üben §. 32 fin.
1
V. ANTONII. (11. §. 3G.) 239
das von ihm geworbene Hce/ anzufülircn, ") mit dem Range
eines Consuiars in der Curie zu stimmen,"*-) und ze!in Jahr
vor der gesetzlichen Zeit sich um das Consulat zu bewerbeu ; '^^^
ül)erdiess Mollte man ihm eine vergoldete Statue zu Pferde auf
der Rednerbühne errichten. •**> Seinen Trupjjen versprach man
nach Ciceros Vorschlage Freiheit vom Kriegsdienste, Aecker und
Geld. '•^J Jener unterschied die ^'eteranen und die Legionen,
welche übergegangen waren; den Ijctztern sollte man so viel
Geld zahlen , als Octavian ihnen zugesichert hatte. ^'') Darin
lag etwas Unbestimmtes, vielleicht eine Arglist; denn die Be-
günstigung des einen Theils konnte den Neid der Uebrigcn und
Uneinigkeit erregen, •'^) und es einst erleichtern, den Anführer
KU stürzen. Auch blieben die Legionen ungewiss, ob ihnen
nur 500 Denare zugedacht waren, das von Octavian gebotene
31) 8 Phil. 11. 11, 8. 13, 10. 18. 14, 8. 10. Mon. Ancyr. tab. 1.
Jn. Liv. 118. Vellej. 2. Gl. Tacit. A. 1. 10. Suef. Oct. 10. App. 3. 559.
508. Dio 40. 35. Plut. Cic. 45. Anlon. 17. Zon. lU. 14. Obser. 128.
S2) App. 559. Darnach hat ChishuU Mon. Ancjr. talt. 1. v. 4. ergänzt
und Antiq. Asiat, p. 182. benierlit, dass Dio 46, 29. zu der irrigen An-
galie, Oct. habe unter den gewesenen Quästoren stimmen sollen, wahr-
scheinlich durch Ciceros Vorschlag (5 Phil. 17) verleitet wurde, ihn zu
höheren Aemtern zuzulassen, als sei er Quästor gewesen. Füi* Appian
spricht, dasa man auch übrigens in diesem Sen. Beschl. mehr gewährte
als verlangt war. Vgl. Dio 40, 46. 33) App. I. c. u. 582. Dio 4G, 29.
34) App. 1. c. u. 568. Vellej. 2. 61. Eckh. 6. p. 73. Mit .Statuen zu
Pferde belohnte man nach Plin. 34. 13. (6.) schon sehr früh, wie Cloe-
lias Beispiel beweis't; cfr. Liv. 2. 13. 338 v. Chr. setzte man den Coss.
Camillus u. Maenius Statuen dieser Art auf dem Markte Liv. 8. 13. n.
306. dem Cos. Marcius Iremulus ebenfalls auf dem Markte Liv. 9. 43.
Plin. 34. 11. (6.) Cic. 6 J'hil. 5. Diese alle waren nicht vergoldet; die
erste vergoldete Statue liess M' Acilius Glabrio a. JSl für seinen Vater
verfertigen, welcher bei Tbermopylä über Antiochus gesiegt hatte. Liv.
40. 34; später wurden berühmte Römer häufig in vergoldeten und auch
zu Pferde auf Kosten ihrer Nachkommen oder Verwandten abgebildet.
Cic. ad Att. 6. 1. §. J4. Demnach deutet Vellej. 1. c. in der Bemerkung,
30O Jahr vor Octavian sei bis auf Sulla, Pompejus und Cäsar niemand
vom Senat mit einer Reiterstatue auf der Rednerbüline geehrt , auf jenen
Marcius, wie Cicero 5 Phil. 15. behauptet, eine vergoldete dieser Art
■ei von einem freien Senat bis dahin niemandem beschlossen, cfr. Noris.
C«not. Pis. diss. 3. c. 8. 35)- 7 Phil. 3. 14, 11. 14. App. 3. 560. Dio
40, 29. 30) 5 Phil. 19. 37) App. 3. 508.
240 V. ANTONII. (14. §. 36.)
Handgeld , 38) oder 5000 , der von ihm verheissene Lohn des
Sieges, -'S) Die schreibt, man habe ihm die Summen ersetzen
wollen, welche er von seinem Privatvermögen den Soldaten
gezahlt habe,*") ein entschiedener Irrthum, denn es handelte
sich nicht um eine Entschädigung für ihn, sondern um eine
Belohnung seines Heers; nach Appian liatten nur die Legionen,
•\velclie von Antonius abgefallen waren , Geld zu erwarten , *')
■und zwai" 5000 Denare. ^-J
Die Frage über Krieg tind Frieden war nicht erledigt,
ahcr die Feinde des Antonius, welcher diese Beschlüsse Lob-
hudeleien und giftige Geschenke , Bestecliungen und verderblich
für die Kriegszucht nannte, ^■^>' hatten doch den Senat noch
mehr verwickelt, und hofften, dass der Tribun am folgenden
Tage sie nicht hindern und dann die Mehrzahl für den Krieg
stimmen werde. '**J Li der Nacht vom 2. zum 3. Januar bega-
ben sich Julia und Fulvia, die Mutter und Gemahlinn des Be-
droliten, mit seinem noch sehr jungen Sohne und seinen Ver-
wandten und Freunden zu den angesehensten Senatoren , um
ihren Schutz zu bitten, und am Morgen des 3. erschienen sie
in Trauerkleidern und mit Klaggeschrei am Eingange des Tem-
pels, in welchem der Senat sich versammelte. 4j) Sie gewan-
nen wohl niemanden, der nicht ohnehin im eigenen Literessc
für sie w ar , aber sie fürchteten , und diess bestätigt Ciceros
Versicherung , dass er auch jetzt noch grosse Hoffnung zum
Siege hatte. '^'^)
Seine Rede für den Krieg, worin er seinen Antrag vom
1. Januar vertheidigte und Salvius von fernerem Widerstände
ahrieth , wenn auch nicht mit den Worten , w eiche Appian ihm
in den Mund legt, wurde von seiner Partei mit ungestünieni
Bcifalle aufgenommen.'^) Kein Anderer konnte sich Gehör ver-
schaffen, bis L. Piso auftrat. Dieser sprach nicht, wie berich-
tet wird, ^s; denn er hätte Falsclies gesagt, z. B. Antonius habe
in Ciceros Gegenwart das cisalpinische Gallien vom Volke er-
halten, aber seine Rede trägt das Gepräge seiner persönlichen
38) Oben §.31. A. 28. 39) §. 32 fiD. 40) 1. c. 41) 3, 500. 501.
507. 508. 571. 42) 500. 574. 579. 43) 13 Phil. 17. App. 507. 44) App.
500. 45) Das. u. 504. fiii. Oben §. 30. Anm. 75. 40) G Phil. 1. 7,4.
47) App. 501. fin. cfr. 7 Phil. 4. 48) App. 3. 502 — 500.
V. ANTONII. (14. §. 30.) 241
\'erhältn!ssc, welche ihn zum Gegner der Verschworenen mach-
ten. Er äussert sein Befremden, dass Cicero einen Zeitjtunct
zur Anklage wiihle, wo Antonius abwesend sei, und die \'erur-
thcilung sogleich wolle folgen lassen, oline die Vertheidigung
zu erwarten;*''^ dass er auf eine gesetzwidrige Strafe antrage,
selbst M'enn die Beschuldigungen gegründet seien, denn wer
öffentliches G'cld untergeschlagen oder einen Mord begangen
habe, werde nicht für einen Staatsfeind erkliirt; dass sich aber
durchaus kein Grund zur Anklage finde, und die Vorgänge im
diesseitigen Gallien zu vertreten dem Volke obliege, besser
aber ihm nicht zugcmuthet werde, weil es sich leicht erinnern
könne, dass es einst allein berechtigt gewesen sei, über Krieg
und Frieden zu entscheiden.^"^ Cicero AvoUe sogar ungeschehene
Dinge bestrafen, ..ie Absicht des Antonius, Herrscher zu wer-
den; dieser begehre die Herrschaft niclit, sonst habe er längst
dazu gelangen können, auch bürge sein A'erfahren dafür, die
Strenge gegen die Krieger, die Aufhebung der Dictatur u. s. f.
Man möge ihm daher Gallien überlassen, welches ihm das Volk
gegeben habe, D. Brutus nach Macedonien schicken, seine
Truppen zurückbehalten, auch die Legion des Mars und die
vierte von Octavian abrufen , dann könne der Senat frei und
furchtlos beschliessen. Piso nahm in der Angelegenheit des An-
tonius die Ehre und die Gesetze seines Schwiegersohns in Schutz,
dessen Mörder durch jenen unterdrückt werden und büssen, und
bei dem Sohne des Ermordeten nicht Hülfe finden sollten. Er
empfahl den Frieden, was sein Gutachten auch übrigens besa-
gen mochte , und fortwährend widersetzte sich die andere Par-
tei. ^O Aber auch jetzt Hessen die Consuln nicht über Cicero«
Antrag stimmen, ^->' sei es, dass die Reden die Zeit hinweg-
nahmcn , oder dass Salvius bei seinem Einsprüche beharrte.
Endlich einigte man sich am 4. Januar, ^^^ an demselben
49) 6 Phil. C. Nunc e?ii/n sunt — qui ila loquatitur: ne legatos
i/tiiihm e.rprctabimus ? 50) Liv. 4. 3Ü. cfr. 45, 21. sagt nur, dass der
.Senat seit 327 au— 427 v. Chr. diess Recht nicht mehr aHein ausge-
übt habe, sondern sein JJeschluss zur Genehmigung an das Volk gelangt
sei. 51) App. 3. 5GG. 52) 6 Phil. 1. 14, 7. 53) 6 Phil. 1. flaque
lincc senletttia — per tn'dtium ealitit, — Hodierno autcm die etc.
Driiin.-iiin, Gesrl:itlilp Knm» J. ] (>
242 V. ANTONU. (14. §. 3Ü.)
Tage, nn weichem (Hcero darauf zum Volke sprach.''*^ «Sehr
geschickt hatten seine. (Jegner den Streit dem (.Jebiete der l'ü-
litik entrückt und in eine llcclitsfragc verwandelt, wobei feie
sich an die liilligkeit, an das Gefühl wenden konnten, wie es
in Criminalfiillen Sitte war , ein Kind , Frauen und Verwandle
in Traner vorführen, und selbst als Anwälte erscheinen, wah-
rend Cicero sich als Richter darstellte, der seine Hrust dem
Mitleiden versdiloss, verurtheilcn wollte, ohne gehört zu hüben,
und zum A erderben des ganzen röuiisclien Volks, denn die Verurthci-
lung w.ir Kriegscrklürung, war die Loosinig zum Bürgerkriege
Um also nicht für ungerecht, für unversöhnlich und blut'lürstig
zu gelten, willigte er in die (.Jesandtschaft , ^''.' bemerkte aber,
dass er sich nun eben auch nur darin füge, und sie auch jetzt
noch für zwecklos, für unnützen Zeitverlust lialte; ^'^) ja die
Üebcrzeuijuna:, dass sie nicht zum Frieden führen werde, hatte
einen we.sentlichea Antheil an seiner Nachgiebigkeit, und trö-
stete ihu-^^^* Darnach konnte aber der Senat ihn nicht beauf-
tragen , die Forderungen aufzusetzen , w eiche die Gesandte»
überbringen sollten, und Cicero sich nicht damit befassen, wel-
ches Appian ^"»J meldet vuul mit der Beschuldigung, er liabe will-
kührlich, um des Kriegs gewiss zu sein, zu viel gefordert.
Durch eine solche Mitwirkung würde er sich des Rechts bege-
ben haben , den Schritt des Senats zu tadeln , und dieser Jiättc
das Geschäft nicht in schlechtere Ilünde lea:en können. Doch
es bedarf keines anderen Beweises gegen Appian, da Cicero
ausdrücklich sagt, die Botschaft sei nach dem Gutachten des
Ser. Sulpicius abgefasst , ^'•*.) und unmittelbar nach der Sitzung
dem Volke crötl'nete, was man Antonius zur l'tlicht maclien
wolle, und folglich während der Sitzunsr darüber entschieden
wai'. ^'•"') In dieser konnte man sich aber seines Einflusses nicht
erwelu'en, uiul er trug ohne allen y^weifel ganz vorzüglich dazu
bei, dass man gegen seinen Feind so strenge verfuhr.
Der Sen.it verfügte nur, sagt Appian, dass Antouius statt
54) G Phil. 1. 3. G. 55) Das. c. (i. IMinus conlendi, tni/ius laboravi.
50) Dag, c. 3. 4. C. 7 PhH. 1. 8, 7. 12, 5. 13, 0. 11, 7. 57) 8 Phil. 7.
58) 5flG. 59) 9 Phil. 3. 5'.) '•) « Phil. 2. cfr. 7 Phil. .1: misset inim
legatoa omnes vidaU ; deciili vcstri non omnes verOa nuvcruHl,
V. ANTOML (14. §. 36.) 243
(«alliens (las ihm früher überwiesene Macedonien ^^'> verwalten sollte,
und erniäclitigtc Cicero, das Uebrige zu bestimmen; Macedoniens
wurde aber nicht gedacht.''') IJci J)io, welcher die Provinz in
derselben Beziehung erwähnt , ''-) werden die Truppen des Anto-
nius aufgefordert, bis zu einem gewissen Tage ihn zu verlassen,
und die von ihm ernannten Stattlialter abgesetzt; das Erste
hatte vielmehr Cicero am 1. Januar vorgeschlagen, <'•') und das
Andere der Senat bereits am 20. December beschlossen. <»*) Die-
ser gebot Antonius , die Belagerung von iMutina aufzuheben,
D. Brutus und das cisalplniscbc Gallien niclit ferner zu beun-
ruhigen , die Provinz zu räumen und zu dem Ende über den
Rubieon zurückzugehen, sich aber auch Rom auf 200,000
Schritte nicht zu nähern , die Rüstungen einzustellen ,. den Ge-
sandten Zutritt zu Brutus und dessen Truppen zu gestatten,
welchen sie das Bclobungsdecret vom 2. Januar einhändio-en
sollten, und sich den Beschlüssen des Senats und des römischen
Volks zu unterwerfen. ^'^'> Man kam überein, von den Waffen
Gebrauch zu macheu, wenn er nicht gehorchen werde, und zu
dem Ende in ganz Italien auszuheben. Keinem den Kriegsdienst
zu erlassen, und die Cousuln, Einen oder Beide, ins Feld zu
schicken. '*'') Die Consularen Scrvius Sulpicius R-fus, L. Piso
und L. Philippus, der Stiefvater des Octavian, wurden zu Ge-
sandten gewählt. *''') Sulpicius, der Aelteste , und nach Ciceros
Urtheil auch der Einsichtsvollste, entschloss sich bei seiner <re-
schwächten Gesundheit nur auf die dringende Bitte des Senats
und des Consuls Pansa, und weil er selbst für die Unterhand-
lungen gestimmt liattc, eine solche Reise im Winter zu unter-
nehmen. ^^)
Als der Senat entlassen war, spracli Cicero mit Genehmi-
gung des Tribuns P. Appulejus zum Volke, 69) welches sich voll
Verlangen, das Ergebniss der langen Berathungen zu erfahren,
in grosser Anzahl auf dem Markte versammelt hatte. ''^) Mit
CO) Oben §.20. A. 23. 61) Unten §. 39. 62) 46, 29. Zon. 10, 14.
63) §. 35. A. 80. r,i) §. 31. A. 29. 65) 6 Phil. 2. 3. 7, 9. 8 , 7. 12*
5. 14, 2. App. 3. 500. Die 1. c. 66) 6 Phil. 3. fin. 7, 4. S, 2. Unten
§. 37. A. 78. 67) 8 Phil. 6. 10. 9, 1. 13, 0. 11, 2. ad Farn. 10, 28
12, 4. 5. 68) 9 Phil. 1. 3. 4. 7. Oben §. 18. A. 9. 69) A. 54. 70) 6
Phil. 7. 7, 8.
16 *
244 V. ANTOMl. (14. §. 37.)
wetiigen Worfen Itefricdigfc er Keine Neugier, um «lann über
•Ich Senat und über seinen Feind (Jlericht zu lialten. Er suclite
zu beweisen , dass der Krieg aucl» jetzt nuch eben so notliwen-
dig als geAviss sei, 'weil zu fiircbtcn war, dass der Kifer der
Menge erkaltete, wenn ilir die Küstungen als überflüssig er-
schienen, ^') und weil iln'c Stimmung auf den Senat zurück-
wirken sollte. Drei Tage bindurcit sei die Melirzalil seiner
ÄIcinuMg gewesen, dass man einem Menschen, welcher sich in
ürtencm Kriege mit der Hepublik befinde, nicht Legaten, son-
dern Legionen sciiicken müsse , ''--' heute sei gleichwohl das Er-
ste beliebt. Dem Volke sei es missfallig, und mit Hecht: der
Senat verläuanc seine Würde und verliere eine kostbare Zeit
olinc alle llolVnuiig, seine Absicht zu erreichen, denn Antonius
habe nie gehorcht , und werde auch jetzt nicht gehorchen.
Dann gebe es keinen A'orwand mehr, von zu grosser Strenge
zu sprechen, der einzige Vortheil , welcher von dieser Mass-
rcgel zu erwarten sei;^') denn wenn auch Antt^nius sich fügen
wolle, so werde seine Umgebung, sein Hnider Lucius es nicht
ffcstattcn. !\Ian möjie also das Kriea;skleid in Bereitschaft lial-
ten , und dem Redner vertrauen , Avelcher von Dankbarkeit durch-
drungen und von einer reifen Erfahrung geleitet über die Erei-
lieit des Volkes Avache.
§ 37.
Die Parteien hatten sich nicht verglichen, sondern einan-
der nur gestattet, ihre Wege in entgegengesetzter Richtung zu
verfolgen, Avobei der Senat in einer seltsamen (lestalt erschien,
da er beiden den Namen lieh. Indess Avaren die Gegner des
Antonius im Vortlicile, sofern sie den Krieg Avollten. Seine
Freunde Avussten Avie Cicero, dass es niclit mehr bei ihm stand,
dem Senat zu gchorclien; über den Rubicon zurückgehen hiess
sich für besiegt crkliiren , seine Legionen aullösen, welche ihn
ohnehin schon zum 'i'licil verlassen hatten, die schAvankcnden
Entschlüsse der Statthalter jenseits der Alpen entscheiden, und
Ocfavian und Rrutus die Vei-einigung möglich machen; Avic
einst Cäsar koinite er niclit iiachijcbei) , sich nicht vor Gericht
71) §. 35. A. 78. 72) Ü l'hii. I. 3. (In. 73) c. C. <|
V. ANTONH. (14. § 37) 243
«stellen, Ulli sicii über Bcir» Cousuliit zu reclitfcrtij^en , ohne seiu
liuupt zum Blocke zu tragen, denn sein Todesuvtlicil war längst
gefüllt. Der Krieg wurde also durch die Cesand tschaft nicht
■»erijütct, er wurde nicht einmal dadurch verzögert; denn hei
der Lauheit der Consuln gaben die Jahrszeit und die unvollen-
deten Rüstungen schon Vorwand genug, den Entsatz von Mutina
nocli nicht ernstlich zu versuchen. Man schadete also Antonius
nur in der öttcntlichcn Meinung; er konnte siel» nicht mehr
ai4||das Gesetz berufen, welches ihn zum Kampfe mit Brutus
ermächtigte, seit ihm feierlich eröffnet war, dass Senat und
Volk den Kampf untersagten; er erschien nun nicht in einem
günstigeren Lichte als Angegrift'ener , wie Dio glaubt, '''^) son-
dern als llochverrütlier, wenn er nicht gehorchte. Doch war
er klug genug , die Botschaft nicht wie einen Befelil , sondern
wie Vorschlüge zu einem ^'ergleiche entgegen zu nehmen.
Diese Wendung fürclitete Cicero , dasLS Antonius ihn und
seine Anhänger als Parteigenossen des Brutus und Octavian be-
handelte, während sie als Senat zu gebieten gedacliten, dass er
seine Rechte gegen die Ihrigen in die Wagscliaale legte, Ge-
genforderungen machte, dadurch den Zwist in der Curie un-
terhielt, bis Mutina gefallen war, und sich dem Seheine und
der Strafe des Ungehorsams entzog. Deshalb sollten nach sei-
nem Wunsclie die Gesandten den Beschluss des Senats lediglich
übergehen, und mit einem einfachen Ja oder Nein zurückkom-
men , ^^J und diess ihnen nochmals nachdrücklich zu empfehlen,
gab er ihnen am .Morgen des 5. Januar, dem Tage ihrer Ab-
reise,^*'-' mit anderen Senatoren das Geleit.''')
Sofort rückte Hirtius ins Feld, um sich mit Octavian zu
vereinigen und den Oberbefehl zu übernehmen. Er litt an den
Folgen seiner Krankheit , aber das Loos entschied. "'V Pansa
war noch in Rom, als Cicero die zwölfte Philippika hielt, *^)
und hatte das Geschäft, die Rüstungen fortzusetzen, Geld her-
74) 4G, 30. 75) 8 Phil. 7. 8. 10. 70) 9 Phil. 4. cfr. 7, 1.4. 14,
2. ad Fani. 11, 8. 12, 2J. Liv. 118. App. 3, 5GG. Dio 4G, 29. 7,on. 10^
14. 77) 0 Phil. 4. 78) 7 Phil. 1. S, 2. 10, 10. 11, 10. 14, 2. ad Fam
11, 8. 12, 5. App. 3, 5ljb. Dio 4t>, 3tt. Plut. Cic. 45. Ant. 17. Zou, 10»
14. Oros. ü, 18. Unten §. 42. A. Sl. 79) Luteu §. 10. A. 2. ui^-i
$. 43. in.
246 V. ANTONir. (11. §. 37.)
bciz«schafFen , und die erforderlichen Senats- und Volksbeschliisse
tu veranlassen. S"-> Die Kriegs -Partei -war zu stark, als dass
er sich nicht hätte fügen müssen, obwohl er gleichzeitig für
die Erhaltung des Friedens Avirkte und Antonius mehr sclirecken
und zur NacJigiebigkeit bewegen, als sich des Sieges über ihn
versichern wollte. Er errichtete Waffen - Werkstiitte in Rom,
warb sowohl liier als in dem übrigen Italien, und suchte den
Schatz zu füllen, ^^) wobei man ihm angeblich mit der grössten
Bereitwilligkeit entgegen kam, so dass kaum von einer A|ib«-
bung die Rede sein konnte , weil man sich antrug. ^-) Doch
erschien er nicht ohne Bewaffnete , ^^3 und bald musste man die
Bürger besteuern, um die Kosten des Kriegs zu bestreiten.^*)
Auch Cicero war auf seine Weise thütig; er sprach und
schrieb, um die Gesandtscliaft, welche Krieg ankündigen, nicht
um Friede bitten solle, ^^^ in das rechte Licht zu stellen. Denn
leicht konnte Antonius bei den Statthaltern Gehör finden, wenn
sie glaubten, dass man sich ohnehin einige, oder Brutus daran
verzweifeln, entsetzt zu werden; deshalb versicherte ihn Cicero,
dass man überall günstig für ihn gestimmt sei und die grössten
Anstrengungen mache , ihn zu befreien , dass er nur selbst dazu
mitwirken und Hirtius und Octavian die Hand bieten möge. ^'0
Am meisten beschäftigten Cicero die Umtriebe in Rom, wodurch
n)an jene Anstrengungen zu vereiteln suchte , insbesondere Fu-
tius Caleaus, „weicher einst wegen seines Leichtsinus in einer
80) 14 Phil. 2. Der Behauptung Havercamps, dass alle Münzen mit
der Inschrift C. Pansa, welche sich in grosser Anzahl finden, dem Con-
8ul u. diesem Jahre 43 angehören, wo er sie zur Bestreitung der Kriegs-
kosten habe schlagen lassen, ist von Eckhel V. p. 341 aus Gründen wi-
dersprochen, obgleich der Mangel an Münecn von Hirtius aus diesem J.
nichts dagegen beweis"! , da hier so viel vom Zufalle abhängt. Die De-
nare mit den Namen des C. Pansa u. Albinus Brutus ( Dec. Br.) u. zwei
in einander verschlungenen Händen sind oftenbar in der Zeit dieser
Rüstungen geprägt, und geben deren Zweck an. V'aill. Gens Vibia No.
14. Goltz Fast. a. 710. Kckh. I. c. «1) 7 Phil. 4. 8,2. 10, 10. 13, X.
14, 2. ad Farn. 12^ 5. App. ii. Dio 11. cc. &2} ad Farn. 11,8. cfr. ad
Famil. 10, 5. 7 Phil. 4. 8. 9. 8 , 2. 12, 3. *3) 7 Phil. 4. 84) Unten
§. 40. A. 31. 85) ad Farn. 12, 24. 86) ad Famil. 11. 8.:
V. AMONIL (M. §. 37.) 247
rorTt'crflichcn Saclic für populär galt,^'^) und jetzt in einer
fluchst populären dcui \'olke entgegen war, und den Namen
fMnes C'onsulars niclit verdiente." ***) Er und seine Freunde
«•mpfalileri den rriedeu ; nur aus I*rivatliass und Racligier erliebe
iJicero mit der Factiun der \ erschuovenen das Kriegsgesclirei;
der Staat sei in (»efahr, das Opfer ihrer Wuth zu werden. S'-*-^
Durch erdichtete Antworten des Antonius bestärkten sie die
Menge in der Meinung, dass man ihm nicht Befehle überschickl,
sondern Lnterhandlungen angeknüpft habe, '•*'^) um dann, wenn
er darnach überliaupt Forderungen machen konnte, die seinigen
als gerecht und gemässigt darzustellen, da er eine allgemeine
Entwaffnung und das jenseitige Gallien als Ersatz für das cisal-
pinische verlange, welches ihm vom Volke überwiesen sei; ihm
darin nachzugeben, sei billig, den verwegenen Mann und seine
Genossen nicht auf das Aeusserstc zu treiben, der Klugheit an-
gemessen. Seine Briefe , worin er seine siegreichen lintcrneh-
niungen meldete, wurden vorgelesen und in Abschriften bekannt
gemaclit, damit auclj die Furcht zur \ ersöhnung stimmte '"^
l'ansa nahm öffentlich keine Kenntniss davon; erwünschte,
dass die Parteien einander das Schwerdt in der Scheide hielten,
zumal da er als Consul dem Kampfe nicht fern bleiben konnte.
Auch vermochten weder er iioch der Senat die Freunde des An-
tonius zum Schweigen zu bringen; es auch nur zu versuchen
wäre unter ihrer AVürde gewesen, denn sie hatten geboten, und
mussten voraussetzen , dass man gehorchen und sich damit alles
erledigen werde; der Reibungen in der Curie und der Ausfälle
gegen Antonius hatte man schon genug gehabt. Dalier berührte
der Consul diese Anicelejjenheiten nicht, als er nach der Abreise
der (Jcsandten und des Hirtius'-'-J den Senat berief: er trug auf
die Ausbesserung der appischen Strasse und des Münzgebäudes
an , ein V. Tribun berichtete über die Luperealien , deren Feier
Ü7) Manul, bezieht diest auf d. J. 52, wo Calen als V. Tribun nach
Clodius Tode Milo angefeindet habe; er war aber a. Gl Tribun, und
weil er sich <;lodiu8 nach dessen Vergehen gegen die Bo/ia l)ea günstig
«eigle , nach Ciceros Urtheiie /fjvissimus. ad Att. 1. 11. cfr. ad Farn. 5.
6. u. 8 Phil. 6. fin. 88) 7 Phil. 2. cfr. §. 30. A. 7G. Man hat hier an
(,. Piso gedacht, welcher jetzt nicht in Rouf war, 89) 7 Phil. 1, 3.
90) Das. 1. u, 1. (in, Öl) Das. 1. 2. 92^ 7 Phil. 1. 1. 9.
248 V. ANTOMl. (II. §. 37.)
am 1 5. FcbriKir bevorstand. '••^^ Ohne Zweifel sprach Calcnus
wieder zuerst,'-**) ihm folgten P. Servilius und A.,!*^) Avorauf
Cicero mit verstecktem aber wiederlioltem Tadel des Pansa, -»vcl-
chcr über Unl)edeutendes das AViclitigstc ausser Acht lasse, ^"^
die Notliwcndigkeit des Kriegs erwies. Schon hatte er sie in
der .'). und ü. Philippika erwiesen, er erschöpfte sich aber auch
in der 7. nicht, denn in der 12. kam er nochmals darauf zu-
rück. Angeblich wollte er verhüten , dass der Senat durch
Schmeicheleien oder Bitten, durch eine erheuclielte Billiffkeit
des Antonius sich täuschen liess , und ihm irgend etwas ein-
räumte, bis er allen Forderungen des Senats genügt hatte; ^'^^
in der That aber erstrebte er etwas ganz Anderes , nicht Krieg,
wenn jener nicht gehorchte, sondern Krieg unter jeder Bedin-
gung, einen Kampf auf Leben und Tod. '^^)
Seine Gründe sind dieselben, mit welchen er sich der er-
sten Gesandtschaft widersetzt hatte und sich später einer zwei-
ten widersetzte; er suchte darzuthun, dass der Friede schimpf-
lich sei, weil man Antonius bereits für einen Staatsfeind er-
klärt habe und einen durch Laster und Verbrechen Gebrand-
markten nicht wieder in die Curie aufnehmen könne; ^^) dass
er gefährlich sei, weil die Antonier und insbesondere Lucius,
der Verworfenste unter ihnen, "^"J) mit Hülfe des Gesindels,
welches sie im vorigen .Tahre durch das Ackergesetz und durch
andere Einriclitungen gewonnen, alle Macht an sich reissen,
rauben und morden würden; ^) dass er unmöglich sei, "weil man
einander zu sehr verletzt habe, um sich versöhnen zu können,
auf der einen Seite Antonius, auf der anderen der Senat, die
Ritter, das Volk, die Municipien, Octavian, D. Brutus;-)
sich selbst übergeht der Redner, obgleich er nur an sich denkt
und seine Bcluiuptung nur von ihm gilt, 3) auch erwähnt er
niclit, dass er eben von Anfang planmüssig dahin gewirkt hatte,
jene Alle zu feindlichen Schritten gegen Antonius zu vermögen.
Am merkwürdigsten wird seine Rede durch die Umstände,
unter welchen er auftrat. Mit diesen war es vereinbar, wenn
er darauf drang , die Rüstungen fortzusetzen , w enu er vor Si-
93) Das. c. 1. S. §. 42. A. 5. !)1) Oben §. 35. A. üG. 95) 7 Pbil.
0. OG) c. 1 u. 9. 97) 9. 98) 5. C. 99) 3. 4. 5. lOÖ) g. 14. A. 71-
I) 0. 7. 2; 8. 9. 3) 12 Phil. 7. f.
V. ANTOXII. (II. §. 38.) 249
clierheit warnte iiiid für den Fall, dass der Friede niclit erhal-
ten verde, JMutli einsprach; die Erklärung aher, dass er den
Frieden nicht wolle, unter keiner Uedingiing wolle, '*^ Avar günz-
iich ausser der Zeit, war so unerhört, dass er eine besondere
Einleitung über seine Friedensliebe vorausschickte, dass er er-
wartete , unterbrochen zu werdfen , und sich selbst öttentlich
(iiück wünschte, als er über diese „geführlichste Stelle" ohne
Anstoss hinüber war. Er fragt, wozu diese Rede, da wir dcu
Erfülsr der Gesandtschaft noch nicht kennen? ^J und so frajreu
wir mit ihm. üurch dcu Antrag „das scheusliche Ungeheuer"
wie auch die Antwort sein möge, zu vertilgen, gritt' er wili-
kührlich und gewaltsam in die Entwicklung der Dinge ein, mit
der Zumuthung an den Senat, seinen Bescliluss ohne den min-
desten rechtfertigenden Anlass zurückzunehmen, sicli durch die
Ankündigung des Kriegs, eines Bürgerkriegs, einer furchtbaren
Verantwortlichkeit zu unterziehen und jedem Anspruch^ auf
Schonung zu entsagen. Aber gerade diess war Ciceros Absicht;
sich wohl bewusst, dass man sich nicht einigen konnte, ohne
von der einen Seite seinen Untergang zu fordern und von der
anderen ihn zu bewilligen, wollte er durch eine Beleidigung,
die zugleich Verhöhnung war , zwischen Rom und Antonius eine
ewige Kluft befestigen,
§ 38.
Unter deh drei Consularen, welche als Gesandte des Senats
zu Antonius giengen , erreiclite Ser. Sulpicius dessen Lager
niclit; die Beschwerden der Reise im Winter und auf schlech-
ten Wegen verschlimmerten seine Krankheit, *^) und er starb ia
der Nähe von Mutina. ^) Cicero beklagte diess als ein grosses
Unglück, wodurch der Zweck des Unternehmens vereitelt sei;
er rühmte den Todten, um die Lebenden, seine Geführten , her-
abzusetzen, und tadelte diese, um die Anmassung des Antonius
4) 7 Phil. 3. cfr. 12 Phil. 7. 5) 7 Phil. 9. G) Oben §. 3ß. A. 68.
7) 9 Phil, 1. wo die Worte: fjuum iam ad cofigressurn , coUoquium eius
{.4/tlonii) perrenissrt etc. nach dem Folgenden u. nach c. 3. 7. so zu
verstehen sind, dass er nicht weit mehr vom Lager entfernt war. cfr.
8 Phil. 7. 13, 14.
250 V. ANTONir. (14. §. 38.)
«lest«) l)cnicrklicher zu hiucIumi, dessen freche Antwort zu über-
bringen Sulj)Lt'ius sicli nie würde liergelielien haben. *")
Für Aiituniiis war dieses Ercigniss vorthcilhaft, weil da-
durch A erziig entstand ; in sofern konnte er Freude darüber
eniptinden. '■*) Er gab Piso und Philippus Gehör, erlaubte
ilincn aber nicht , sicli auch ihres Auftrags an Brutus zu
entledigen, "'-' dessen Belagerung er in ihrer Gegenwart fort-
setzte. ") Nach Ciceros Ansicht mussten sie sicli aujrenblick-
lieh entfernen, denn sie hatten ihre Antwort, sie lautete: Nein,
und der Krieg war entschieden; als Abgeordnete des Senats,
und selbst Senatoren, konnten sie nicht langer in einem Lager
verweilen, wo der Aufruhr erklärt war. Allein Piso, angesehe-
ner als sein Begleiter, welcher als Stiefvater des Octavian ein
anderes Interesse hatte, war für den Frieden, und Antonius
klug genug, ihm entgegen zu kommen. Seinen Henkern wollte
er sich nicht überliefern, aber auch in der öffentlichen Meinung
sich nicht des Ungehorsams schuldig machen ; er empfieng daher
den Senatsbeschluss als Bedingungen, unter welchen man sich
vergleichen w'olle, und setzte Gegenforderungen auf, welche
nach seiner Versicherung sehr billig waren , *-) einen neuen
Zündstoff in die Curie Averfen, sie in Unthätigkeit erlialteu und
nöthigen sollten, durch die Ankündigung des Kriegs als dessen
Urheber zu erscheinen. Demnach unterhandelte er, und er un-
tei'handelte mit den Waffen in der Hand; das forste bezeichnete
seine Gegner als Partei und das Andere fand in ilireni eigenen
Verfahren seine Rechtfertigung, denn ihre Heere rückten heran. '•' '
Wenn es einmal zu Erörteruns-en kam, so konnte es Cicero
nur frommen, wenn Antonius mit grösster Keckheit auftrat,
denn desto gewisser war auch jetzt noch der Krieg. In seiner
Antwort an den Senat finden sich nicht zu hebende Widersprü-
che, wenn man übersieht, dass Cicero die Sätze verstellt, um
für Witz und Vorwürfe mehr Spielraum zu gewinnen, und dass
er insbesondere nacli den Bedincnnsen, unter welchen Antonius
die AVaff'en niederlegen will , den Ucbergang zum Folgenden
8) ad Farn. 10, 2,«t. 12, 5. 8 Phil. 7. 9, 1. S. unten A. Gl, u 02.
0) 0 IMiil. .1. 10) 8 |>hil. 7. cfr. 0, .1. 11) S Phil. 7. 12, 5. 13, 0
atl tarn, ii, 1. 12) IJ I'hil. J7. IS- 13) 8 Phil. 2. ÜIjcii J. 37. A. 7S
V. ANTOXIf. Ol §. 38.) 251
mit der spottenden Bemerkung macht: doch, er lüsst schon et-
was nach, statt die Worte aus dem Schrcihen anzuführen: wenu
der Senat diess nicht genehmigt, so entsage ich zwar ehenfalls
dem diesseitigen (Pallien, verlange aher das jenseitige u. s. w. '4)
Dio's Nachricht, das Schreihen habe das Consulat für M. Bru-
tus und C. Cassius in Anspruch genommen , um bei ihnen den
Angritt' auf I). Brutus ins Vergessen zu bringen, beruht auf
einem Missverständnisse, ^^) und nicht weniger irrt Appian, "•)
wenn er Antonius nach dem Versprechen , aus Liebe zum Va-
terlande zu gehorchen, gegen Cicero insbesondere hinzufügen
lässt: er werde dem betreffenden Gesetze gemäss D. Brutus auch
mit Gewalt aus Gallien vertreiben und ihn statt aller Mürdcr
züchtigen, damit der Senat endlich entsündigt werde, welcher
dadurch seine SchuUl thcile, dass er auf Ciceros Betrieh ihm
Beistand leiste. Wohl mag der Imperator über diesen im Ver-
kehre mit Piso Klage geführt haben , dass er so plötzlich Bru-
tus Freund geworden sei, ihn im Besitze einer angemassten
Provinz erhalten wolle, die Truppen durcli Belohnung dei Meu-
terei von ihrer Pflicht abwendig mache , ihn und Dolaoella für
Staatsfeinde erkläre, er, der den Mördern Cäsars, von welchem
er begnadigt sei, eine Amnestie bewilligt habe; er werde diese
Amnestie, die ihnen nicht genüge, zu vereiteln wissen; '^) diess
konnte er gegen Piso äussern , welcher die Mörder seines Schwie-
gersohns und Cicero eben so wenig liebte , aber sein Schreiben
konnte solche Drohungen nicht enthalten.
Er erklärte sich bereit, auf Macedonien, welches ihm vom
Senat, '^^ und auf das cisalpinisehe Gallien, welches ihm vom
Volke überwiesen war,'^^ Verzicht zu leisten, "") das Heer ab-
zugeben, in den Privatstand zurückzukehren, Alles zu vergessen
und sich mit seinen Feinden zu versöhnen , -i) wenn man seinen
sechs Legionen, seiner Reuterei und prätorischen Cohorte
H) 8 Phil. 9, 13) 40, 30. 35. cfr. Cic. I. c. IG) 3, 567. 17) App.
.3. 5G15. 5Ü7. 18) Oben §. 20. A. 23. 19) §. 20. A. 74. 20) 8 Phil. 8.
(0.) Ulramquc procincium remilto. Die falschen Auslegungen de« Ma-
nut. u. A., welche hier an beide Gallien dachten u. s. f. , sind schon v<j!i
Ferrat. bei d. St. u. von Fabric. bei Uio 4li, 30. beseitigt. 21) Vgl.
App. u. Dio II. cc.
252 V. ANTONir. (li. §. 38.)
ücutc ") lind Ackur -''v gebe; wciiii diejenigen, welche von ihm
und Dolabellft Acker erhalten Iiahen , im Besitze bleiben;-''
wenn in dein, was von ihm und seinem Collegen Dolabella auf
den (jJriind der Papiere CiisarS im C'onsiilat beschlossen sei,
nichts verändert werde; -•''• wenn man von der Verwendung des
(Feldes im Tempel der ups keine Reclienschaft fordere ;2C^ wenn
den Sieben nicht zum N.ichthcil gereiche, was sie gethan ha-
ben;'-'^ wenn man verspreche, diejenigen, welcliebei ihm seien,
auf keine Weise wegen irgend eines Vergehens in Anspruch 7\x
nehmen; wenn sein Gesetz über die Gerichte gültig bleibe. -*-'
Für den Fall, dass der Senat diess verweigerte, und tr also
jetzt nicht mit Sicherlieit nach Rom zurückkehren konnte , ver-
langte er das jenseitige Gallien als Entschädigung für das cisal-
pinische, mit Beibehaltung seiner sechs Legionen, welclie aus
dem Heere des D. Brutus ergänzt werden sollten, und für die
Zeit, wo M. Brutus und C. Cassius Consuln sein und als
22) .'raedam, nicht praemia , wie Garafoni will. In der Ueber-
zeugung, dass man ohnehin auf nichts eingehen werde, erlaubt sich
Antoniua hier und im Folgenden eine bittere Anspielung auf das Ver-
fahren des Senats. Octavian hatte den Truppen, und zwar dem Ein
zelnen, für den Fall des Sieges 5000 Denare verheissen, (§. 32 fm.)
und der Senat auf Ciceros Antrag vom 2. Januar auf eine übrigens zwei-
deutige Art dieselbe Summe. (§. 35. A. 15. u. §. 3(j. A, 3ü.) Nach dem
Siege erhielten die Truppen Beute, oder Geld statt der Beute, und An-
tonius, auf dessen Niederlage gerechnet war, fordert einen Theil für die
seinigen. Die Spitze liegt in dem scheinbar Ungereimten ; in den Worten
Dios (IG, 30): wenn man seinem Heere eben so viel gebe, als di'ui
Heere Octavians beschlossen sei , vermisst man sie. 23) Cicero und des-
sen Faction hatten das Ackergesetz des L. Antonius von a. 41 heftig
getadelt (§. 11.) und dann den Kriegern, welche gegen Antonius fechten
würden, selbst Acker versprochen. (§. 35. A. 15.) Jener verhöhnt den
Senat, indem er scheinbar unl)efangen und absichtslos daran erinnert
und für sein Heer verlangt, was zum Lohn für dessen Vernichtung be-
stimmt war. 24) Diess bezieht sich auf das Ackergesetz seines Bruders
Lucius. (§. 14. A. 58.) Antonius und Dolabella gehörten zu der Com-
raission der Sieben, welche die Ländereieu vertheilen sollten, (Jus. A.
G3 u. 64.) und der Erste >ersorgle bei dieser Gelegenheit seine .Splel-
nifil Trinkgenosseii. (§. lü. A. C8. f.) 25) §. M. A. 3. f. 12 Phil. :». 13,
12. 18. 2C.) §. 9. 12 Phil. 5. 27) Hier A. 21. 13 Phil. 18. 28; $. 14.
A. 78. f. u. Cic. 1. c.
V. ANTOMI. (14. §. 38.) 253
Proconsuln Provinzen verwalten würden, mithin auf fünf
Jahre. ^V
Mit dieser Antwort kelirten Piso nnd Plillippu.s am Ende
des Januar oder im Anfange des folgenden Monats nach Rom
zurück, wohin L. Varius Cotyla •'"') sie als Botschafter und
Kundschafter des Antonius hegleitete. 2') Da der Krieg nicht
erklärt war, so konnte er in Uom und als ehemaliger Aedil
auch in der Curie erscheinen, und C'alenus ihn wie schon frü-
her Fulvia hei sich aufnehmen. ^-) Seine Gegenwart war Cicero
20) Cäsar ernanule vor dem Feldzuge, welchen er gegen die Par-
ther unternehmen wollte, Pansa und Hirtius für a. 43 und D. BrutuR
uud 1.. Plancus für a. '12 zu C'onsulu. (Julii. Caesar dictat. a. 14.) Nach
diesen, a. 41 konnten M. Brutus und Cassius Consuln werden, da sie
ct. 44 Prätoreu gewesen waren. Sie hassten Antonius, und obgleich er
nur zum Scheine unterhandelte, weil er nichts hoffen durfte, was er
nicht erzwang, so sollte es doch nun eben auch mit gutem Scheine ge-
schehen, und man musste es billig finden, dass er nach einer Verwei-
gerung jeder anderen Bürgschaft für seine Sicherheit nicht Privatmann
sein wollte, so lange jene vermöge ihrer Stellung im Staate Einlluss
hatten. Nach Cäsars Bestimmung, dass niemand eine Consular- Provinz
länger als zwei Jahre verwalten sollte, mussten sie die Provinzen, wel-
i:he ihnen nach dem Consulat zufielen, a. 38 abgeben, und früher endigte
»ich auch Antonius Statthalterschaft im jenseitigen Gallien nicht, wenn
er es auf fünf J. erhielt, das J. 4.3. in dessen Anfange man lebte, mit-
gerechnet, auf so lange, als es einst Cäsar übertragen war, ihm, der
den Dictalor gern nachahmte, erwünscht, eine übele "Vorliedeutung für
seine Gegner. (13 Phil. IS.) Des von ihm veranlassten Gesetzes vom
vorigen Jahre, welches die Verwaltung der Consular -Provinzen auf sechs
Jahre verlängerte, ( §. 14. fin. ) gedenkt er nicht, und gründet keinen
Anspruch darauf, weil IM. Brutus uud Cassius es sonst auch für sich gel-
teud machen konnten, und er im Falle der Geuebmigungp seiner Artikel
seine Absicht ohnehin erreichte.
Keineswegs forderte er für jene das Consulat, um sie etwa nach
dem An^'riffe auf D. Brutus zu besänftigen, und in der Voraussetzung,
dass Uctavian ihre Wahl nicht zulassen werde. ( [)io 4G, 30. 31. 35.)
Die dunkelen Worte Ciceros , 8 Phil. 9: Iluius rotnitiis C. Fruler ^ eins
est enim iam frnniis, ut repuham lu/il, hat Ferratius richtig dahin er-
klärt, dass Cajus Antonius, praet. a. 44 mit M. Brutus und Cassius, mit
ihnen für d. J. 41 sich um das Consulat bewerben konnte, und sein
Bruder als gewiss anniuimt , er werde durchfailen, worülter Cicero spot-
tet. 30) üben §. 30, A. 73. 31) 8 Phil. 8. 10. 11. Dio 4G. 30. Zon.
10. 14. ri"^ S Phil. 10. üben §. 30. A. 76.
254 V. ANTOMf. (li. §. 38.)
äusserst verhasst , an sich, weil er zu «tcii Krcundcn seiiios
l-ciiidcs gehörte , uiul weil der Zweck seiner Sendung sich nicht
verkennen liess: sie sollte öft'entlicli hcurkunden, dass man un-
terhandle, und d.iss Antonius hereit sei, sicli zu vergleichen,
sollte seine Anhänger spornen, und die Furchtsamen schrecken,
da die Nachricht v»(n den \ erhandlungen unniittelhar nachiicr
durch einen genauen Beobachter in das Lager gelangte. Je mehr
man indess in der Wohnung des Calenus sich berieth, desto
lueiir drängte sich zu Cicero , wer für einen Freund der Repu-
blik gelten wollte. ■^•^J
Ganz Rom Iiefand sich in einer furclitharen Aufren-uni, wie
leicht zu erachten ist, als Pansa in den ersten Tagen des
Februar -^^ ' den Senat versammelte , ihn von dem Erfolge der
Gesandtschaft zu unterrichten und einen Rcschluss zu veran-
lassen, welclier nacli den früheren Bestimmungen nur noch in
einer Kriegserklärung bestehen konnte. •^■'^ Die GutacJiten der
Wortführer wichen aber sehr von einajuler ab. Calenus empfalil
den Frieden und eine zweite Gesandtschaft; ihn leite nicht Vor-
liebe für Antonius, welcher ihm einst mit Undank Aergolten
Lalie , sondern er wünsche den Frieden, jetzt wie immer, weil
er die Bedingung der allgemeinen Wohlfahrt, und das Glück
und das Leben seiner Mitbürger ihm niclit gleichgültig sei.
Die meisten Consularen waren seiner Meinung. •'*') Für Cicero
schwand die letzte Hoffnung, wenn die Verhältnisse mit Anto-
nius auch jetzt niclit abgebrochen wui'den, und die Truppen,
welche ihn angreifen oder sich gegen ihn vertheidigen sollten,
fürchten musstcn, dass er bald im Besitze einer grossen Pro-
vinz und eines zahlreichen Heers Gelegenheit finden werde,
sich zu rächen. Er bewies, dass der Streit sich jetzt noch
weit mehr als früher nur um Worte drehe. Wenn Antonius
vor den Augen der Gesandten , durch welche der Senat es ihm
untersagt, die Belagerung von Mutina fortsetze, und statt zu
gehorchen, übermüthige Forderungen mache, venn auf der an-
deren Seite ganz Italien zum Kampfe aufgeboten werde, der
eine Consul rüste, und der andere bereits im Felde stehe, su
33) ad Famil. 12, 4. 34) Unten A. r.3. 35) g. 36. A. 66. 8 Pliil. 7.
3G) 8 I>Lil. 4. 0. 7.
V. ANTONI!. (Jl. §. 38.) 255
sei dicss Kriet^, und Krieg müsse man es nennen,'*^' und Va-
riiis, dem Späher, nicht gestatten, zum Feinde zuriickzukoli-
ren. •^^) Alan i.-iiignctc nicht, dass der Staat sich in diesem Zu-
stande befinde, '^'•'^ die Kriegserklärung M'iirde alter dcnnocli ver-
worfen. Da zeigte 1j. Cäsar einen Ausweg; als l'reund der Ari-
storratie ■!",) und als Oheim des Antonius eiirncte er sich zum
Vermittler, obgleich er sich keinen Dank ciwarl), am wenigsten
hei seinem Neuen, denn er gedachte hei dem \orschlage, die
Ansdrücke Krieg und Feind ( Äe//Mw , hosfis') zu vermeiden,
und dafür Tunnilt zu sagen, seiner A'erwandtschaft, und gah
damit zu erkennen, dass er ohne dieses Verhältniss anders stim-
men werde; diess wurde auch sogleich von Cicero aufgefasst,
und Cäsar mit Blutsfreundschaft und — Krankheit entscliul-
digt. '»O
fJIeichwöhl fand seine Meinung den meisten Beifall , auch
bei Pansa , welclier am Frieden auch jetzt noch nicht verweifcl-
te, ^-) aber als Consul und bei dem Verfahren des Antonius sich
vorerst begnügen musste, das Aeusserste abzuwenden. Ei Hess
nur über Cäsars Vorschlag stimmen, welcher angenommen Avur-
de, ''•'*) und zwar so, dass man Varius nicht an der Rückreise
hindern, ^*^ aber am dritten Tage nach diesem das Kriegskleid
anlegen wolle.*^-' Selbst Appian meldet hier, was bei anderen
Schriftstellern zu lesen weniger befremdet,*''^ Antonius sei für
einen Feind der Republik erklärt*^) und ihm also der Krieg an-
gekündigt.
Pansa berief den Senat auch auf den folgenden Tag,'*^.^ da
nach der Eiitsclieidung des Wichtigsten noch Manches zu erledi-
gen war. Fir theilte ein Schreiben des Hirtius mit, worin die-
ser die ersten kriegerischen Ereignisse bei Claterna meldete,*"-*
und berichtete unter andern über die Massilier. ^") Sie hatten
37) c. 1. 2. 7. 38) c. 10. 11. 39) c. 1. 40) ad Farn. 10, 28. 12,
5. 41) c. 1. 7. ad Farn. 10, 28. 42) 12 Phil. 1. 43) 8 Phil. 1. 2. 12,
7. 14, 7 fin. 8. semel et saepiiis sententiam meam de ninnrro se?itenh'annn
susti/ferunt. Dio 46, 2U. 44) 8 Phil. 11. lö) Das. 2. 11. 10 Phil. 9.
12, 7. 13, 10. 14, C. Liv. HS. Dio 40. 2!». 31. 40) Dio 4G , 31. Zon.
10, 14. Gros. 6, 18. 47) 3, 507. 48) 8 PhU. 1. 7, 10. 49) c. 2. Tu-
ten §. 42. A. 89. 50) c. G.
256 V. ANTON». (14.*§. 38.)
längst die Herstellung ilirer Rechte gewünscht, welche ihnen
a. 49. von Cäsar entrissen waren. ■'''-) In aufgeregten Zeiten
wird Alles Parteisache; bei der Möglichkeit, dass der Krieg
nach Gallien verlegt Avurde, wollte Cicero die IMassilier durch
die Gewährung ihrer Bitte dem Senat gewinnen , Antonius und
Calenus w ai-en eben deshalb dagegen , und weil Cäsars Einrich-
tungen bestehen sollten. ''^-^ Doch bestimmten Cicero ganz andere
Gründe, das Wort zu nehmen. Seine achte Philippika •'•*-^ war ein
Krguss seines Zorns über die Sitzung des vorigen Tages, seines
Unwillens gegen den Consul, die Cousulare und die Gesandten,
ein Versuch , nicht sowohl die halbe Massregel des Senats durch
einen Zusatz zu ergänzen, als ihre Nichtigkeit, die NothMen-
digkeit einer Kriegserklärung darzuthun. Er begann mit Vor-
würfen gegen Pansa, dessen Schlaftheit es zuzusclirciben sei,
dass man so verkehrt gehandelt habe. Den Senatoren eröftnete
er , L. Cäsar habe es ihnen nahe genug gelegt , dass sie ih|a
nicht beipflichten sollten; ob sie auch Oheime seien? Ob sie bei
einer völligen Sach - und Begriffs - Verwirrung nicht einsehen,
dass der Tumult den Krieg in sich schliesse? Jener sei nichts
anderes , als ein Krieg , welcher wegen seiner Nähe in Rom
grosse Furcht und Unruhe errege, dalier man auch nur von ei-
nem italischen oder gallischen Tumult spreche. ^*-* Einmüthig
und mit Eifer rüste Alles gegen Antonius; umgehe man den rech-
ten Namen, so werde Alles stocken und erstarren; man habe
auch gar nicht mehr die Wahl; die Sache spreche selbst, denn
schon sei Blut geflossen, und auch jene Einmüthigkeit bezeich-
ne den Kampf als Krieg, da nicht Bürger gegen Bürger, son-
dern Alle gegen Einen stehen, solclie ausgenommen, welche
nicht werth seien, Bürger zu heissen. ^^) Auch vertheidige man
51) ad Alt. 14, M. Julii Caesar Dict. a. 49. 52) 8 Phil. 2. 13, 15.
53) Er sprach im Anfange des B'ebniar, nicht 15 Mär/, Wetz, vila Cic-
p. 40. wie schon daraus erhellt, dass er c. 11. bis zu diesem Tage eine
Amnestie bewilligt. 54) S l'hil. 1. lelicr die Anordmiiigeii , welche in
diesem Falle gemacht wurden, s. Liv. 3, 27. 4, 2G. und Cicero selbst 1.
c. u. oben §. 35. A. 85 — S8. 55) c. 2. 3. Deshalb also ereiferte sich Ci-
cero. Antonius sollte aus der Zahl der Bürger ausgestossen, einem aus-
wärtigen Feinde gleichgestellt, geächtet werden, damit keine A'ersohnung
Statt rinden , die Gegenpartei nicht die Aufreizung zum Bürgerkriege rü-
V. ANTONII. (14. §. 38.) 257
sich nur, und das Heiligste, Hecrd und Altar, und locke die
Truppen nicht, wie Antonius, durch die Aussicht auf Raub
und Mord, sondern sichere ihnen die edelsten Güter als Lohn.
Es bedürfe Calenus Lobrede auf den Frieden nicht, um S5u be-
weisen, dass dieser dem Kriege vorzuziehen sei; niemand fühle
diess mehr als er, der Zögling des Friedens. So aber nenne
jener die Sciaverei. ,,l)u hoft'st wohl, mit Antonius zu herrschen?
Dann bist du ein Selbstsüchtiger, und vergissest, dass Herr-
schaft weder Bestand hat, noch Freude bringt; liat sie dir frü-
her genützt, ^^) wird es nicht immer so sein. ^^) Du hast stets
das Beste deiner Mitbürger gewollt? Wenn aber der, dessen
Bestes du willst, Bürger des Staats durch die Geburt, den Ent-
schluss fasst, dessen Feind zu sein, welcher Unterschied ist dann
zwischen dir und ihm? Von mir unterscheidest du dich dadurch»
dass ich wünsche, es möge kein Bürger ein todtwürdiges Ver-
brechen begehen , und du den Verbrecher in Schutz nimmst.
So hast du auch Clodius einst iu Schutz genommen," ^^)
Nach dieser Abfertigung des Calenus traf die Reihe die
übrigen Consularen. ^^3 „AVelche Schande hat der gestrige Tag
über uns Consulare gebracht ! abermals Gesandte , nachdem An-
tonius die ersten in seinen Werken umhergeführt und zu Zeu-
gen der Belagerung gemacht hat! ist euer Schrecken noch nicht
gross genügt Je frecher und übermüthiger jener, desto schlaffer
wir. Senatoren! die Haupter des Senats verlassen uns."*"^) Unter
diesen wurden Piso und Philippus noch insbesondere mit harten
Worten gezüchtigt, weil sie Bedingungen, welche der Redner
durchgieng, von Antonius überbraclit haben, ein Auftrag für ei-
gen und der Redner zur Vertheldigung des Vaterlandes auffordern, Be
lohnuDgen verheissen konnte, welche im Bürgerkriege nicht geslatlet wa-
ren. Ein Tumult konnte auch Bürgerkrieg sein, und war es off; der
Character dieses Kampfes sollte daher durch das Wort bellum auf da»
bestimmteste ausgedrückt werden, 11 Phil. 8. §. 35. A. 87. 88. 50) Un-
j ter Cäsar. 57) Eine Bitterkeit überbietet die andere, und doch spricht
Cicero als Freund, nur mit Schmerz, ohne Zorn. c. 4. in. 5. G. 58) c
4. 5. §. 37. A. 87. 59) cfr. §. 21. A. 4. f. 60) c. 7. cfr. 13 Phil. 14.
ad Farn. 10. 28. Habemus fortem senatum, consiilares partim timidos,
partim tnale sentientes. ad Fara. 12. 5. Reliqisi partim inertes, partim
tnprobi etc.
Dnimann, Go8v.hicbte Rnnis I. \^
255^ V. AXTOMl. (14. §. 38.)
nen Variiis CutvIa, «leii jciii'v einst bei eiiteiu (Instinuhle lialic
•Tcisselii lassen."" „Diese Hediiif^uiiircn ''-' liaht ihr auch nur
anhören können! \crnuithlich Mar ilcr Schrecken die Ursach;
und docli sieht man ehen nicht , dass ihr [sehr erzürnt seid,
welches wohl eurer AVeisheit zuziischreihen ist."" ß^) Zuletzt äus-
serte Cicero den Verdacht, dass die Consularen aus Neid ge-
gen ihn, der wegen seines beharrlichen Eifers für die Republik
den Beifall des Senats und des Volks erhalte, Antonius begün-
stigten, und enipfalil, ihn lieber nachzuahmen."'') Er werde
das Kricgskleid anlegen , obgleich er als Consular nicht dazu
verpflichtet sei, denn das Benehmen der Consularen in diesem
Kriege "•') sei von der Art, dass der Anblick ihrer Insignien
das Volk empören müsse. Ucbrigens trug er darauf an, dass
man Allen, Avelche Antonius vor dem 15. IMärz verlassen wer-
den, Begnadigung zusichere, ""^ dass wenn jeuiand unter denen,
welche bei ihm seien, sich einer elirenvollen Auszeichnung wür-
dig mache , "'^ die Consuln sobald als möglich über ihn berich-
ten , und dass es als eine feindliche Handlung gegen den Staat
betrachtet werde , w enn jemand nach diesem Scnatsbeschlusse zu
ihm gehe, L. Varius ausgenommen. Diess wurde genehmigt."**'
Cicero war es nicht gelungen , durch eine Kriegserklärung
zwischen Rom und Antonius eine Scheidewand zu ziehen , aber
er war doch seinem Ziele nälier gekommen. Nur auf l niwe-
gen konnte er es erreichen ; er fuin* daher fort , den Senat zu
Schritten zu verleiten, welche nicht gegen Antonius gerichtet
schienen , und ihn doch verletzten , und wenn sie nicht sofort
einen Bruch bewirkten, doch die Versöhnung erschwerten. Da-
zu fand sich sogleich eine erwünschte Gelegenheit in dem An-
trage des Pansa, der Senat möge sich mit einem Ehrenbesclilus-
se für Ser. Sulpicius beschäftigen, welcher als Gesandter auf
der Reise nach Mutina gestorben war. "**) Ohne allen Zweifel
hatte Cicero Antheil daran; er preis't den Consul ''^'> und die-
01) c. 8. cfr. 13 Phil. 12. C2) Intolcrahilia postulala. ad Fam. VI.
4. 8 IMiil. G. 7. 8. 9. 10. 11. 13, 21. 03) c. 10. cfr. 7 fin. 9 Phil. I.
C4) c. 10. ad Fam. 12. 5. C)) c. 11. Hoc hello. S. §. 23. A. 94. CG) c.
11. App. 3. 507. Die 40, 31. Am 1. Januar eetzle er eine Frist bis zum
1. Februar. J. 35. A. 80. 07) d. Ii. ihn ermorde. §. '22. A. 40. f. 68|
App. u. Dio. II. cc. 09) Ol.en A. 7- 70) 9 Phil. 1. J
V. ANTONII (14. §. 38.) 259
ser , der es doch für ratlisam hielt, auch auf ihn und die mit
ihm verhuiidene Partei der Verschworenen Rücksicht zu nehmen,
mochte ihm nicht abermals cntjj^egen sein, ahndete auch nicht,
warum es sich handle. Kr hraclite ein Begrübniss auf Kosten
des Staats und eine Statue in Vorsclilag. P. Servilius bemerk-
te, und bewies aus der Geschichte, dass Rom stets nur den
Gesandten eine Statue bewilligt habe, welche in ihrem Berufe
getödtet , nicht, wie Sulpicius , zufällig auf der Reise gestorben
seien; man möge sich also auf das Begrübniss beschränken.''"'
Aiisser Stande, ihn zu widerlegen, nahm Cicero zu Spitzfindig-
keiten seine Zuflucht. Seine Absicht, ein öftentliches, Aufsehn
erreerendes Denkmal der Feindschaft zwischen Antonius und dem
Senat zu errichten, welches nicht auf die Nachwelt, wie er
sagte, sondern auf das Bediirfniss des Augenblicks berechnet
"War, jene mehr von einander entfernen und wenigstens ein«-
ZAveite Gesandtscliaft verhindern sollte, verbarg sich unter der
Dankbarkeit gegen den Todten, unter dem Eifer für seine Ehre
nnd für das Wohl des Staats, aber so, dass sie überall erkannt
•ward. „Auch die künftigen Geschlechter müssen wissen, wie
der Senat über diesen Krieg (de hoc hello ) gedacht habe ; die
Statue werde bezeugen, man habe ihn für einen so schweren
Krieg gehalten , (bellum tarn gravej dass ein Gesandter , dessen
Tod er bewirkt, auf diese Art geehrt sei." ^-) „Man möge da-
durch auch die verbrecherische Kühnheit des Antonius rügen,
welcher einen verruchten Krieg führe , alle Zeiten daran erin-
nern, dass er die Gesandten mit Hohn zurückgewiesen habe." ^^'
Aber das Herkommen ist dagegen. Die Vorfahren sahen
nicht sowohl auf die Art, als auf die Ursach des Todes; starb
jemand in Folge einer Gesandtschaftsreise, so erhielt er ein
Denkmal, Anderen zur Ermunterung. ^^) Wenn Cn. Octavius
und andere Gesandte getödtet Avurden, und Sulpicius nicht, so
wusste dieser dagecen vorher, dass er die Reise nicht überleben
werde, dennoch reis^te er. Daraus ergiebt sich schon, dass
71; c. 1. 6. Plin. 34. 11. (C). 72) c. 3. Sic sollte Sulpicius den
(lesandleii gleich stellen, welche an auswärtige Feinde geschickt waren,
Antonius diesen Feinden, und den Senat nöthigen, die förmliche Kriegs-
erklärung folgen zu lassen. 73) c. 6. Die Statue möge neue Unterhand-
lungen als etwas Nutzloses und Unwürdiges bezeichnen. 74) c.^1.
17.*
260 V. ANTONII. (14. § 38.)
man seinen Tod nicht zufällig nennen darf; wäre der kranke
Mann unter der Pflege seines Sohns und seiner Gattinn in Rom
geblieben, oder auch nur auf dem Wege bei Castfreunden, so
lebte er noch. Er ist also getödtet, und zwar von Antonius,
denn dieser ist die Ursach seines Todes, '^^) und dasselbe gilt
vom Senat, so fern er seine Entschuldigung nicht annalim. Se-
natoren! gebt dem das Leben Avicder , welchem ihr es geraubt
habt; macht ihn unsterblich; ihr vermögt es durch eine Statue;
er bedarf ihrer nicht, denn sein ganzes Leben ist ein Denkmal
für ihn, aber eure Dankbarkeit, der Ruf seines Sohns, welcher
in eurer Mitte ist, '•'*) und damit den Tribut der Ehrfurcht ab-
trägt. Wenn ihm daher eine Statue gebührt , so entspricht
eine eherne zu Fuss seinen Grundsätzen mehr, als eine vergol-
dete zu Pferde; denn er lobte es sehr, dass die Vorzeit im Be-
lohnen Mass gehalten habe, und tadelte die Uebertreibung in
der jetzigen. ^^^ Das Gutachten des Servilius kann nur für
ßeistimmung gelten; in dem Höheren und Bleibenden hat er
auch das Geringere und Vergängliche bewilligt; Statuen verge-
hen mit der Zeit, das Grab bleibt mit dem Boden; was Cn.
Octavius nicht zugestanden wurde , gesteht er Sulpicius zu, wie
könnte er ihm versagen, was jenem geworden ist? Cicero schlug
darauf vor, dass man dem Verstorbenen auf Kosten des Staats
eine eherne Statue zu Fuss auf der Rednerbühne errichtete und
ringsum einen Raum von fünf Fuss seinen Kindern und Nach-
kommen anwiese, die Fechter- und anderen Spiele zu sehen,
weil er im Dienste der Republik gestorben sei; man sollte diess
in einer Lischrift auf dem Fussgestelle als die Ursach angeben,
Sulpicius auf das ehrenvollste zur Erde bestatten, der Consul
Pansa zu dem Ende auf dem esquilinischen Felde, oder wo man
sonst wolle, ein Stück Land von dreissig Fuss nach allen Sei-
75) c. 2. 3. 76) cfr. c. 4. 77) c. 4. 5. 78) c. 6. Cicero hatte im
Anfanj^e des J. auf eine vergoldete Statue für I^epldus angetragen , 5
Phil. 15, §. 35. A. 91. und eine gleiche Auszeiclinung wurde Octavianj
§. 3ü. A. 34. üiese sollte nicht dadurch herabgesetzt werden, dass Meh-
rere sie theilten; der Lebenden bedurfte man noch, daher die Anspruchs-
loiigkeit des Todtea.
V. ANTONII. (14. §. 39.) 261
teil anweisen, und diess Begriihniss der Familie verMeiben. "')
Auf einen Bcscliiiiss des Senats wurde diess ausgeführt. ^)
§ 39. ,
Bald nachher, als M. Antonius noch vor Rlutina stand, ^0
und sein Bruder Cajus in ApoUonia eingeschlossen, aber noch
nicht gefangen war, ^2) gieng bei dem Consul Pansa ein Be-
richt des M. Brutus ein, der erste, seit er Italien verlassen hat-
te. Im Besitze von Heeren und Provinzen befand er sich in
einer ähnliclien Lage, wie früher Octavian: er bedurfte die Ge-
nehmifjunc' des Senats. Seine Verhältnisse kommen hier nur in
Betracht , so fern sie mit dem Kriege von Mutina in einer Be-
üiehung stellen, ^V Er war a. 44. mit C. Cassius Prätor; im
nächsten sollte er Macedonien und Cassius Syrien verwalten.
Nach dem Tode des Dictator suchte M. Antonius diess zu ver-
hindern, und leicht gewann er Dolabella, seinen Collegen im
Consulat. Dieser erhielt vom Volke Syrien und den Oberbefehl
gegen die Partlier und über die sechs Legionen, welche Cäsar
zum Kriege mit ihnen nach Macedonien vorausgeschickt hatte, ^'^)
und Antonius vom Senat Macedonien und bald auch diese Trup-
pen; denn bis auf eine Legion und die Reuterei hatte sie ihm
Doldbella insgeheim abgetreten. 8^) Dann bestätigte das Volk
einen Gesetzentwurf, nach welchem D. Brutus ihm das cisalpini-
sche Gallien für Macedonien überlassen , dessen Heer aber ihm
verbleiben sollte, s*")
Den beiden Prätoren M. Brutus und C. Cassius gab man
den Auftrag, einstweilen in Creta und Cyrene Getraide zu kau-
fen, und damit einen Vorwand zur Abwesenheit von Rom, wo
Antonius sie verscheucht hatte. Die Verwaltung prätorischer
Provinzen nach dem J. 44. nur nicht IMacedoniens und Syriens,
blieb ilinen dabei vorbehalten. ^^^ Dennoch schifften sie im
September 44. nach Athen, um sich dieser Provinzen zu be-
79) c. 7. 80) Poniponius de orig. iur. Sufpicius cum in legalioKC
periissct, slatuam et pop. ront. pro rostris poauit, /lodieque exslat pro
raslris Aupusti. 81) 10 Phil. 2. 4. 82) c. C. 83) S. lunii. 81) §. 20.
A. 15. u. 28. 85) §. 20. A. 23. u. 32. 86) §• 20. A. 71. 87) §. 17. A.
43, }.
262 V. ANTOMI. (14. §. 39.)
mäclitigen , *'^) wozu sie niclit berechtigt waren. ^^>' Auch I). \
Brutus fügte sich nicht; er verwarf ilcn Tausch, und Antonius
bewirkte kurz zuvor, ehe er nach Oberitalieu abgicng, ihn zum
Gehorsam gegen das Gesetz zu zwingen , dass Macedonien als
eine für das nächste Jahr erledigte Provinz durch einen Senats- j
beschluss seinem Bruder, dem Priitor Cajus, als Naclifolger des \
Q. Hortensius 'J'O verliehen wurde. '•'O So lange Senat und Volk
diese Verfügungen niclit aufhoben, hatten sie Gültigkeit, wie
sie auch entstanden sein mochten. Aliein die Verschworenen wa-
ren nacli Ciccros Ausdrucke sich selbst Senat. ör^j.M. Brutus
erkainite die Rechte des C. Antonius nicht an, -als dieser in
seine Provinz kam , "3) und verfuhr eben so , w ie dessen Bruder
im italischen Gallien, nur hatte dieser ein Gesetz für sich, und
er nicht; als Mörder Cäsars konnte er sich nicht einmal auf
dessen Verordnungen berufen. Ohne Anstrengung gelangte er zum
Besitze Griechenlands und des grössten Thcils von Macedonien un«J
Illyrien. ^*) Viele Krieger \fln Ponjpcjus Heere,' 1 rümmer derr
pharsalischen Schlacht und in diesen Gegenden zmuckgeblieben».
kamen zu ihm, '■^•^) die Legion, welche M. Antonius -nicht nach
Italien bescliicden hatte , '^''^ und die Reuterei vom nuicedoni-
schen Heere; statt Dolabella nach, Asien zu folgen, gieng ein
Theil in Thessalien zu Brutus über, ein anderer fiel in Mace-
donien unter der Anführung des Cn. Domitius ah. '-''^ Q. Hor-
tensius, der Sohn des Redners, ein sittenloser Mensch ohne Cha-
racter , welcher Macedonien mit dem Titel eines Proconsuls ver-
waltete, nahm Brutus als seinen rechtmässigen Nachfolger auf, ^^-^
und auch das Heer in Illyrien erklärte sich für ihn, und zwang
den Statthalter der Provinz , P. ^■atinius , ihm Dyrrhachium zu
öffnen. "'■') Mit Gelde versorgte ihn gleich anfangs der (Juä-
SS) §. 17. A. 82. S9) 10 Phil. 5. 1 1 , 12. Liv. 118. Vellej. 2. 02.
App. 3. 541. 4. G22. Dlo 47. 21. IMüt. Brut. 24. f. Flor. 4, 7. 90) 10
l'hil. .'i. Die 47. 21. 01^ §. 20. A. 48. 92) 11 IMiil. 11. 12. 03) 10
IMiil. 5. Üio I. c. Zoiinr. 10, li>. 94) 10 IMiil. 4. C. 95) Dio u. Zoii.
II. cc. IMul. Hiul. 2.3. 0(i) 10 Pliil. 0. cfr. 3. App. 3. 570. 4. 032. §. 20.
A. 30. 07) Cic. l. c. u. Jl. l'lul. 12. üio u. IMiit. II. cc. 9«) 10 IMiil.
5. 11. Diu u. Plut. 11. cc. 90) 10 I'hil. 0. Liv. llS. App. 4. 032. wei-
cher diess, wie Cicero, als eine freiwillige l eborgabe darstellt, laust
Unitii« iluilurcii um drei, \ ellej. 2. (iO. ül>erlriel>eu um sielieii liegiuneii
.sich versiiirkeii. cl'r. lllyr. r. 13. u. Dio I. r. IMut. Brut. 2J. hat: iia/>iniu$.
■i
i
V. ANTONÜ. (14. §. 39. ) 263
stör M. Aiij)iileius, mit lOUüO Talenten vom Tribut iu Asien.'""'
\ oll \ cizweifluiig über die Fortschritte seines Gegners uiul übei
die iMeutcrci unter den eigenen Truppen warf sich C. Antonius
iu Apullonia , wo jener ihn cinschloss, als er nach Rom bericli-
tcte. '>'
Nach dem Empfange dieses Sclireibens berief Pansa -> so-
gleich den Senat. Er theiltc es ihm mit und hielt einen Vor-
trag, worin er die Unternehmungen des Brutus billigte und ihm
zu bestätigen rieth , was er aus eigener Machtfiille sich angc
masst hatte. •*) Als Consul konnte er nicht anders handeln, nicht
C Antonius öft'entlich und amtlich begünstigen, nachdem der
Kampf gegen dessen Bruder beschlossen war , obgleich nach sei-
nem Wunsche die Verschworenen so wenig als dieser zur Herr-
schaft gelangen, sondern Beide einander schrecken, zum Frie-
den geneigt machen, und ihn zunächst der NothAvendigkeit über-
heben sollten , im Bürgerkriege und gegen Anhänger Cäsars zu
fechten. Das Geschäft, Cicero entgegen zu Avirken, überliess
er seinem Schv iegevAater, Fuüus Calenus, welchen ei wieder
zuerst befragte. *J Dieser las seine Rede, Avodurch jede Aeusse-
rung als wohl überlegt melir Cewicht erhielt. ■"') So schon sei
ne ersten Worte: der Bcriclit des Brutus sei richtiff und «jehö-
rig abgefasst, nach Ciceros Bemerkung ein Lob für seinen Schrei-
bor , Avelchem ein harter Tadel des [nhalts folgte. Denn er
Aerlangte , der Senat möchte das A erfahren des Brutus
für eine gesetzAvidrige Willkühr erklären und ihm zur Ptlicht
machen, Antonius und A^atinius ProA^inzen und Truppen
zurückzugeben. '') Wenn es nicht geschähe, so A'erschAvinde alle
Hoffnung zum Frieden, dessen Herstellung jetzt noch möglich
100) 10 Phil. 11. 13, 10. App. 1. f. u. 3. 5Ü7. Dass er Geld na«li
Korn überbrin/en füllte, sagt Tlul. Brut. 25. welcher ihn Ahlistius nennt;
nach Dio l. c. schickte es Trebonius, Statthalter iu der Provinz Asia;
glaiibliclier ist es, dass {{rutus es nahm, als es durch <.'ripchenland gieii^.
1) 10 l'hil. C. 11 Phil. 11. \/u. US. Dio 47. 21. 22. App. 3. 57r>. 57:-
'/«n. 10. IS. Plut. Brut. 2ü. 2) 10 Phil. 1. Also nicht am 13. April, wit'
in d. Anm. isu Vellej. 2. CO. 5. ed. J///i/ el Krause nach Cic. ad IJint. 11
7. iiesagt wird, gundern \iel früher. AAäien diese Briefe nicht unacht,
so würde an emen anderen Bericht aus dt-r Zeit zu denken sein, wo bereilit
nach l'ansRS Aliiiange d. Prütor «'ornulus dessen Stelle vertrat. 3) 10
rhil. 1. 8. 11. 4) c. 1. 3. (2.) 5) c. 2 6) c. 3.
264 ' V. ANTOMI. (14. §. 39.)
sei ; M. Antonius werde sich aufs neue beeinträchtigt glauben,
auch durch den Senat, und Brutus zur Unterstützung des Deci-
nius und seiner Faction über das Meer kommen. "^^
Dagegen war Cicero von dem Gedanken durchdrungen, dass
sich im Osten Alles auf das Beste gestalte. Brutus auf der Vor-
hut, ^) und Cassius liinter ihm als Rückhalt '•*) schienen ihm den
Sieg über Antonius oder doch ein AsjL zu sichern, und
verschafften zugleich ein erwünschtes Gegengewicht gegen Octa-
vian. Er nalim Pansa , wie er sich gab , als Freund des Bru-
tus ^"J und als Gegner des Calcnus, welchem er empfahl, sich
öfter mit ihm zu besprechen und seine Grundsätze sich anzueig-
nen;") selbst der Schwiegersohn, sollte man glauben, wandte
sich von Calenus ab, dieser stand allein mit seinem Hasse ge-
gen die Befreier und seiner Vorliebe für die Antonier, wodurch
er bestimmt wurde, sich stets den heilsamsten Vorschlägen zu
widersetzen. Mit gleicher Klugheit umgieng Cicero die eigent-
liche Rechtsfrage, denn sie konnte nur auf den Grund der Ge-
setze und Beschlüsse aus Antonius Consulat erörtert werden, wel-
che noch gültig waren, und für dessen Bruder entschieden; sei-
ne Beweisführung, nach welcher dieser Aveichen sollte, drehte
sich um allgemeine, scheinbar höhere Gründe. Darnach kamen
die A crdienste des Brutus in Betracht — das grösste, wodurch
er unsterblich geworden war, konnte noch kaum genannt M'cr-
dcn, weil es noch keine öffentliche Anerkennung gefunden hat-
te, ^-) — und die Frevel der Antonier, des Marcus, von wel-
cliem Cäsar das Diadem empticng, und des Cajus, welcher dem
Alter nach zwischen seinen Brüdern in der ]\Iitte, an Schlech-
tigkeit mit ihnen wetteiferte. '^) Es wurde ferner hervorgeho-
ben, dass die streitigen Provinzen im Besitze des Brutus Italien
ihren Schutz verhiessen , in der Gewalt des Cajus dagegen für
Italien verloren Avaren, ein "Waffenplatz für dessen Bruder zum
7) c. 7. (G.) 8) c. 4. 11. 0) ad Fara. 12, C. 8. 10) 10 Phll. 1. 8.
11) c. 3. (2.) 12) c. 3. 7. cfr. 11 Phil. 11, Cicero fühlte also die Nolb-
weiidigkeit, Oclaviaii u. die \'eteraiieii zu schonen, er konnte es nicht
über sich erhalten; er trennte feindliche Klemenle noch mehr, während
er sie vereinigen wollte; die höchste Aufgabe in dieser Zeit versuchte er
durch Mittel zu lösen , deren eins die Wirkung des anderen aufhob.
U) c. 3. 5. (I) Unten A. 25.
V. ANTONII. (14. §. 39.) 265
Angriff, ein Zufluchtsort nach seiner Besiegung. '*) Daraus
folgte freilich kein Anrecht des Befreiers an Macedonien ; Cice-
ro wusste es, er rühmte die Geschwindigkeit, mit welcher je-
ner seinem Nebenhuhler zuvorgekommen sei, und versetzte seine
Zuhörer sogleich nach lUyrien, mit der Frage: was hatte Ca-
jus mit dieser Provinz des Vatinius, mit dessen Truppen ge-
mein? Nur ein Schlechtgesinnter konnte chen so in Beziehung
auf Brutus fragen , denn alle Legionen gehörten der Republik,
wer sie gegen die Republik gebrauclitc, verwirkte den Oberbe-
fehl.^'') Also Cajus; aber von dessen Eingriffen in die Rechte
des Vatinius war die Rede; um jenen anzuklagen, verwandelte
Cicero diesen in seinen Widersacher, während er vielmehr An-
tonius Beistand leisten wollte , und von Brutus entwaffnet wur-
de. War Vatinius gegen den Senat, so konnte nach Ciceros
Lehren Antonius ihn vertreiben, war er es nicht, so war auch
Brutus nicht dazu berechtigt. Doch Cicero erfreute sich der
Nachsicht des Senats , welcher ihn entweder unbefangen oder
doch nur lächelnd seine Sachwalter -Kunst üben Hess, nnd ihn
selbst dann nicht unterbrach , als er die Thatsache des Besitzes
als Beweis des Rechts anführte, den Besitz als Folge einer von
Hortensius und den Soldaten ausgegangenen Entscheidung', und
diese Entscheidung als Regel für den Senat, i»)
Das Schwierigste hatte er beseitigt; er gedachte nun der
Folgen, welche das Verfahren des Brutus haben konnte. Maa
fürchtete, er werde das Heer nach Italien führen und seine
Gegner bekriegen. ^''^ Ein unwürdiger Verdacht, erwiedert Ci-
cero , gegen den Gemässigten , den Freund des Friedens , der
als Prätor lieber sich von Rom entfernen, als unter dem Schutze
von ganz Italien Gewalt gebrauchen , lieber Italien verlassen,
als die Eintraclit der Bürger stören wollte, ^^^ der nur zu viel
Geduld bewies, und erst dann, als diess nutzlos war, Gewalt
der Gewalt entgegensetzte. ^'■^) Von einem solchen Manne durfte
14) 4. G. 11. 15) 5. IG) C. 17) c. 7. 18) c. 3. 4. 7. (ß.) 11.
Er verliess Italien, als alle Versuche, das Volk zu Gunsten der Ver-
schworenen unter die Waffen zu bringen, niisslungen waren. §. 17. A.
C9. n. 82. 1!)) c. 1). Wer griff ihn denn an? Warum gieng er nicht naeh
Crela, wohin er beschieden war?
'i66. V. ANTÜNU. (14. §. 39.)
man keinen Krieg fürchten. -^) Ungereimt und unerträglich war
vollends der Einwurf, die ^ Veteranen werden nicht gestatten,
dass er ein Heer habe. ~^) „Sie gestatten es Decimus Brutus,
welcher nach ilirer .Meinung weniger als Marcus an der rühuili-
cliea That hiitte Tlieil nehmen sullen; --) sie sind sogar ausgc-
z^ügen, ihn zu befreien; uiiil wcf führt sie au? Solche, glaube
ich , welche Cüsars Acte umstosseu , die Sache der \ etcranen
veiTathen werden? Hirtius , der eifrige ^ ertheldiger dieser Acte,
der Solin Cüsars selbst, ist ins Feld gerückt, Decimus zu ent-
setzen, und mit Veteranen, wie könnte ihnen ein Heer des Mar-
cus verdiichtig sein? Wer sieht mehr in die Zukunft, als Pan-
sa^.Er'ist unbesorgt. -''J Man höre endlich auf, die Veteranen
/Ol. nennen', wenn man das Cute verhindern will; sollen wir die
Fesseln der Sclaverci nicht zerbrechen , weil jemand spricht,
jene wollen es nicht? Sind wir auf sie allein angewiesen? Lud
endlich, um es frei herauszusagen, Avenu die \ eteranen über
den Senat gebieten, so lieber den Tod. -*^ Aber dem ist nicht
SU ; von allen Seiten eilt man herbei, den Urand zu löschen,
die \'eteranen zuerst haben die Anschläge des Antonius verei-
telt; er allein ist der Feind, Aller; mit ihm ist Lucius, sein
Bruder, nur geboren, wie es scheint, um ihn an Schändliclikeit
zu übertreffen , -•"') und Trebellius und Andere , voll \ erlangen
nach dem Raube, welchen er ilinen zugesichert und tlalier aul
die Erlialtung seiner, nicht der julischen Gesetze bedacht. Lud
es könnte missfallen , dass M. Brutus Truppen hat , diese l'est
zu A'ernichteu ? '' ~'0
Zum Schlüsse bewies Cicero, dass der Senat, ohne ujige-
recht zu sein, und sich selbst zu widerspreclien, Marcus Bru-
tus nicht versagen könne, was er am 20. December des v. .1.
im gleichen Falle Decimus und üctavian bewilligt habe, -'> und
20) So eben war deV Vorthei! , dass er fn IXIacedonien seine Recbfe
über Ilslieii ausstrecken und ihm zu Hülfe eilen konnte, ein t;run"l, ihn
zu bestätigen, c. -1. 21) c. 7. Inten A. 67. 22) Weil er Casaiianer und
von Cäsar vorzüglich begünstigt war, post Poinprjuin dnninn Pomprjanii^
Scnrc. de ira 3. U). App. 2. 100. ^3) c. 7. &. tir. II l'hil. 14. IT). 21)
<i 9. Nach c. 6. See rrro i/os clc. doch nur, wenn sie nicht im liiteres
se Ciceros geboten, cfr. 11 IMiil. 15. 25) c. lü. 2U) c. II. »och nur
durch Krieg, und Krieg will er ia nicht, c. 7. {^ü. lin.) 2/) t. 11. Oben
ä. 34. A. 11. 12. 28. 30-
V. AMONIl. (M. §. 30.) ^67*
dass man auch tles Ilortensius lobend getlenken müsse. Ueber
Appulejus -V üollte der Consul besonders bericliten. -^) Er schlug'
demnach vor, zu beschliessen: Senat und; Volk, genehmigen und,,
seien daiül)er erfreut, dass der Proconsul ''^J- Brutus Macedoniej^,,
Uhricn und Griechenland, und die Truppen in diesen Proviu}^,
zcn ihnen erhalten habe, und ermächtigen ihn, . in ) diesen Pro-
vinzen zu bleiben und sie zu vertheidigen , das von ihm er-
richtete Heer zu bel'chligen , die ött'cntlichen Gelder zu desseU;
Unterhaltung zu verwenden, zu demselben Behufc .Anleihen zu
machen und .Getraidc - Lieferungen auszuschreiben; ^ie empfeh-;
len ihm, sich mit seinem Heere Italien so viel als mi^glich zu".
nähern. Dcf Proconsul Q. Hortensius, dessen Verfahren ßeir;
fall verdiene, solle die Provinz Macedonien verwalten, •"-* bi$.
der Senat ihm einen Nachfolger schicken Averde.^-J Clceros
Wunsch wurde erfüllt , "^"^j er verschaffte Brutus eine Vollmacht..
Avelche er bei einer andern Gelegenheit als sehv überflüssig her',
zeichnete, sofern jener ohnehin that, was il^im, gut schien, '^^J die-
aber doch; den Heerfülirer zum Feldherrn und Statthalter der,
Rcpuhük erhob. Für Octavian lag eine grosse .Genugthunn**
darin, ein Beweis, wie richtig er gerechnet !ia,tte, und eben des-
halb eine Auffonlerung, bei. seinen Entwürfen zu beharren. Der
Osten in der Gewalt der Befreier, im Westen Statthalter ohne
Willen und ohne Kraft, Rom im Begriffe, jene herbeizuziehen,
und dann gewiss, auch diese zu gewinnen, diess war es, was
dem Kriege in Italien seine Bedeutung gab; bei Mutina musste
Octavian das Rad des Scliicksals, welches auch ihn fortzureisseu,
droJjte. zum Stehen bringen, Antonius au den Abgrund führen
und .ihm dann die Hand reichen, um mit seiner Hülfe den bcirei'.i
ten Brutus und die übrigen Helden des 15. März hinabzustürzen.
.28) Oben A. 100. 29) l'iid iiher Valinius? Er hatte nur in der Re-
de Ciceros, welcher ihn iioch iiiiiiier hasste , der guten Sache gedietif; in
einem. Sehalsbeschlnsse konnte man dfe lächerliche Mummerei nic-lit fort-
setzen; auch hätte man ihn dann bestätigen müssen. 30) üben ^ 9«..
31) Also als Untersfatthalter. 32) c. 11. cfr. Oben §. 34. A. 11. u. II
Phil. 12. lin. 3;{) 11 l'hil. II. AV Biiitum colligrrssemus etc. VeWej. 2.
C2. u. 73. u. Dio 40, 40. 47, 22. Flut. Brut. 27. Zonar. 10. 18. setzen
den Keschlu>.8 nach Rl. Antonius Niederlage, App. 3. £(37. 4. C22. cfr.
<>2'.>. (>:J2. l>43. Sllyr. c. 13. bemerkt, dass Mutina noch belagert wur-
de, welche* (JiCevo bestätigt. S. oben A, 81. 82. 34) Cic. 1. c.
268 V. ANTONII. (14. §. 39.)
Bei der Rolle, welche C. Cassius bestimmt war, beunru-
higte es Cicero, dass man keine Nachricht von ihm erhielt.
Jener schrieb ihm am 7. März aus Tarichea in Palästina, er sei
nach Syrien gpa;angcn , wo ihm L. Statius Murcus und (J. Mar-
cius Crispus ihre Truppen freiwillig übergeben haben, auch die
Legion des (}. Cäcilius Bassus sei zu ihm gekommen, und das
Heer, welches A. Allienus, der Legat des Dolabella für diesen
aus Aegypten herbeifiilirte, in seiner Gewalt; er ersuche ihn
nun, im Senat für ilin zu wirken, ihn als Statthalter und Be-
fehlshaber bestätigen zu lassen. ^'0 Der Brief und Bericht an
den Senat selbst , dessen er am 7. Mai gedenkt , ^^^ hatten Rom
jetzt noch nicht erreicht; ^T) nian Avusste nur, dass er nicht
nach Cyrene,38J sondern nach Asien geschifl't sei, um gegen
das Gesetz, worin sie Dolabella^'-') zugesichert war, die Statthal-
terschaft in Syrien zu übernehmen. Dagegen hörte man , jener
habe den Proconsul der Provinz Asia, C. Trebonius, axif dem
Durchzuge nach Syrien sicher gemacht und dann im Februar
oder im Anfange des Älärzes in Smyrna auf eine quaalvolle Art
getödtet. '^^^ Es erregte bei den Feinden des Antonius grosse
Besorgnisse, denn es drohte in den Plänen des Cassius auch die
ihrijren zu vereiteln: dieser sollte sie verstärken oder im ausser-
stenFalle aufnehmen, beides durfte jetzt Antonius von Dolabella hof-
fen, die Aufmerksamkeit desM. Brutus wurde von Italien abgelenkt,
und die Aussicht, an der Spitze eines von den Verschworenen
beschützten Senats das Ruder zu fiiliren , für Cicero sehr unge-
wiss. Aus denselben Gründen mussten die Vorgänge in Snn'rna
Calenus und dessen Anhange erwünscht sein. Sie durften Do-
labella nicht vertheidigen , nicht darauf hinwirken , dass man
ihn gewähren Hess, denn seine Schuld war zu gross; er hatte
einen römischen Statthalter gemordet, die öftentlichen Cassen
beraubt, Geld erpresst, und diess alles unter sehr erschwerenden
Umständen; sie wussten aber auch, dass keine Verfügung des
Senats ihm zu schaden vermöge, und beschlossen deshalb auf
die härteste Ahndung anzutragen, um mit seinen Verbrechen für
35) ad Kam. 12, II. Daa Genauere 8. in CaisÜ. 36) ad Fani. 12,
12. 37) ÜaH. 12, 7. 11 l'hil. 12. 13. Üio 47, '29. fiu, 38) üben A. S7.
3!)) Ol. eil A. 81. 40) (JoriiL-Iii Uulab.
V. ANTONIL (14. §. 30.) 269
Antonius zu w'ucliem. Die Kräfte, welche gegen diesen aufge-
boten waren, sollten A'on ilim abgelenkt, und ihm dadurch der
Sieg oder der Friede gesichert werden.
Pansa ^0 versanuneite um die Mitte des Märzes den Senat,
während Antonius noch vor Mutina stand , *-) Dolabella in der
Provinz Asia, ^•') und M. Brutus, so viel man in Rom wusste,
Tor Apollonia.'^'*-' Nach dem Vortrage des Consuls stimmte Ca-
lenus, man müsse Dolabella für einen Feind der Republik er-
klären und seine Güter einziehen; selbst Härteres werde er bil-
ligen. *5) Der ganze Senat trat ihm hei. **•) Ein desto lebhaf-
terer Streit erhob sich am folgenden Tage , als es in Frage
kam, wer diesen Feind bekriegen solle. Es war kein Geheim-
niss , dass die Parteien sich hier wieder scheiden würden, dass
Calenus, von Pansa unterstützt, und Cicero denselben Beschluss
benutzen wollten, um sehr verschiedene Absichten zu erreichen^
aber ohne Erfolg wurde Cicero von Servilia, der Schwieger-
mutter des Cassius, ^''>> von dessen Mutter und von seinem Bru-
der Lucius ersucht, den Consul nicht durch Widerspruch gegen
die Befreier im Osten zu erbittern. ^8) Calenus trug darauf an,
dass die Consuln Pansa und Hirtius Asia und Syrien *9-> und
den Oberbefelil gegen Dolabella erhielten, dass sie aber jene
Provinzen durch Legaten verwalteten, ^^) bis sie D. Brutus ent-
setzt haben würden. ^^) Wenn diess bestätigt wurde , so war
das Interesse und die Aufmerksamkeit der Consuln getheilt, sie
mussten dann um so mehr auf einen Vergleich mit Antonius
bedacht sein , damit sie ihre Kräfte für den Osten sclionten
und desto früher dahin abgehen konnten. Aus den Gründen,
41) II Phil. 9. ad Fam. 12, 7. 42) 11 Phil. 9. 10. 15. Dio 47, 29.
43) 11 Phil. 2. 10. 44) c. 11. Oben A. 1. 45) c. G. 7. 4«) c. 4.
47) Oben §. 17. A. 39. 48) ad Fam. I. c. 49) Nach einem Schreiben
des P. Lentnlus Spinther» Proqu. dpa TreLonius, könnte es scheinen,
als haben beide Consuln Asia erhalten sollen, weil man etwa glaubte, es
werde zunächst der Kriegsschauplatz sein, :-d Fam. 12. 14. §. 3. Calenus
Wollte aber, dass jene nach der Fntsclieidung des Looses Asia und Sy-
rien verwalteten. 11 Phil. 9. 10. 50) Jener Lentulus , ein Sohn des
F. Lentulus cos. 57. bat Cicero in einem Briefe aus Parapbylien v. 2. Juni,
ihn zum Stellvertreter der Coss. in Asia ernennen zu lassen, als Dola-
bella es Lsreits geräumt hatte, und die Coss. nicht mehr lebten. 1. c. efr
11 Phil. 9. 51) 11 Phil, 9.
•270 (^ V. ÄXTOKlU (14. §. 39.J
«
«
welche wiederholt anges;chcn sind, wriiiKchte Pansa ohnehin,
tfineni Kampfe hei Miitina auszuweichen , und er durfte es eher
hotl'en, wenn der Senat Calenus folgte und dann die Krics-
partei voll Besorgniss über den Ausgang dieses Kampfes ge-
neigter Avurde, sich zu Versöhnen. Auch sollten die Verschwo-
renen nicht jenseits des Meers gehisten, und sich die ^littel
•verschaiVen , Gebieter von Rom zu werden. Jetzt konnte man
Cassius unter dem Vorwande des Kriegs mit Dolabella, und selbst
ohne ilin zu nennen, Syrien entziehen, welches ein (Besetz ihm
absprach, und damit zugleich M. Brutus in eine abhiingige
Lage versetzen. So begegneten sich Calenus und sein Schwie-
gersohn in ihren Entwürfen; wenn Cicero sie zu vereiteln suchte,
welches nicht zweifelhaft Avar, so musste diess eine noch grös-
sere Spannung und wenn er siegte, eine Feindschaft zwischen
ihm und dem Consul bewirken, und auch diess war Gewinn
für Antonius, wie die Verspätung des Feldzugs, als Folge die-
ser neuen Verhandlungen.
Abermals übernahm L. Cäsar, der Oheim des Antonius,
die xmdankbare Rolle des Vermittlers im Senat. ^-) Er wollte
die Parteien dadurch beschwichtigen, dass er für den Krieg
mit Dolabella weder die Consuln noch einen der Verschworenen
in Vorschlag braclite , sondern F. Servilius Isauricus , cos. a.
48.53)
Allein auch Cicero war nicht gesonnen, sich auf diese Weise
ahfinden zu lassen; er erklärte sich für C. Cassius. Das blutige
Ereigniss in SniATna sollte dem Kriesje im Westen keinen Ein-
trag thun, sondern Rom und Italien zu grösseren Anstrengungen
spornen, und Gelegenheit geben, Cassius im Oberbefehle gegen
Dolabella auch die Bestätijiuns: der antremassten Statthalterschaft
in Syrien zu verschaffen. Wenn es nicht gelang , so konnte
leicht in dem Angriffs- und A'crtheidigungs- Systeme jenseits
des Meers ein grosser Riss entstehen. Ciceros Rede Avar also
gegen Antonius gerichtet: sie bezweckte den Untergang des
Feindes und die eijjene Rettuncr , und seine Kunst musste sich
darin bewähren, dass er die Absicht verbarg und doch die Wir-
52) cfr. Oben §. 38. A. 40. :>3) 11 l'hil-, 7. s. 10, Oben §. ;<«.
A. 71.
V, ANTOXII. (14. §. 39.) ^27A
kuiig liervorbrachfe, dass er in Dolabella Antonius als ein blut-
«lürstiges Ungeheuer schilderte, die eigene Angelegenheit zur
Angelegenheit des Cassius, uud diese zur Sache «les Staats
machte. Trebonius war vom Schauplatze abgetreten und daher
dem Redner gleichgültig; das einzige wahre Gefühl, welches
sein Schicksal in diesem erregte, war eine bange Ahndung.
Es galt nun el)en , die schreckliche That in ein Sckreckbild
für Rom zu verwandeln, sie so auszumalen, dass die Missfar-
ben verstärkt auf Antonius zurückfielen, damit man ohne nach-
zulassen im Kampfe mit ihm beharrte. Ohne diesen Zweck
war die Schilderung müssig, ja ohne Sinn, wozu die Anklage,
da man den Verbrecher schon verurtheilt hatte? Nicht ohne
Grund also geht Cicero davon aus, dass er Antonius mit jenem.
in Eine Classe wirft; sie sind an Unmenschlichkeit und aa
Frevel einander gleich , ein ruchloses Paar. ^*) Nun hat Dola-
bella Trebonius nicht nur gemordet, sondern auch ZM'ei Tage
gefoltert, und ihn noch im Tode beschimpft, seinen Kopf auf
einem Wurfspiesse umhertragen, und seinen Körper zerreisseii
und ins Meer werfen lassen. Darin ist er Antonius Rath ge-
folgt ;^-^) er hat es nur gewagt, weil er meint, dieser wüthe
auch schon in Rom, und er wird eben so Avüthen gegen alle
Freunde und Vertheidiger der Freiheit , ein Tod ohne Quaalen
wird eine AVohlthat sein, ^'>) Man vergegenwärtige sich also
nochmals recht lebhaft die kläglichen und beweinensMcrthen
Auftritte in Smyrna, den nächtlichen Angrift' auf die Stadt,
den Einbruch der Bewatfneteu in die Wohnung des Trebonius
u. s. w. So wird auch Antonius handeln; und er ist noch ge-
fjihrl icher, denn er hat mehr Raubgesindel um sich, welches
nach dem Blute und Vermögen der Römer gelüstet; da ist sein
Bruder Lucius , dann Censorinus u. s. w. ^'0 Was w ird werden,
wenn schon Dolabella ohne eine so zahlreiche Bande solche
Gräuel verübt hat?
Ihm ist deshalb der Krieg erklärt , und es bleibt übrig,
den Anführer zu wählen. ^^) In den beiden Gutachten , welche
der Senat darüber vernommen hat, ist das Reclite verfehlt.
54) 11 Phil. 1. 2. cfr. 13 Pliil. 3. 19. u. ad Farn. 9. 14. 55) cfr,
13 Phil. 17. 18. 10. u. M, 3. 50) 11 Phil. 1 — 3. 5:) c. 5. G.
58) c. 7. . /
272 V. ANTONir. (14. §. 39.)
Denn einmal ist Scrvlllus zwar ein Ehrenmann, alier doch nur
Privatmann, und einen Bürger ausserordentlich zum Heere zu
schicken, sehr bedenklich. Die \orfahren suchten es zu ver-
meiden. AVird Berechtigung durch ein Amt nicht dazu erfor-
dert, so kann sich jeder Senator bewerben, die Curie verwan-
delt sich in Wahlcomitien , und es bedarf nur noch der Stimm-
tafelii. Zwar ist Octavian auf den Antrag des Redners ausser-
ordentlich zum Befehlshaber ernannt, er hat aber auch ausser-
ordentliche Dienste geleistet. Wann hat der Senat einem müs-
sigen Privatmannc ein Heer gegeben ? Servilius begehrt es selbst
nicht, er lehnt es sogar ab. 59)
Gegen Calenus spricht das Unzeitige seincis Vorschlags,
welcher überdiess mit der Würde der Consuln streitet. C") Aus-
ser dem Redner würde jeder glauben, dass er durch Pansa ver-
anlasst sei, f»') dass dieser voll Verlangen nach der Provinz die
nahe und dringende Gefahr der Republik vergesse, dass ihn
wohl gar noch unedlere Gründe bestimmen. <•-) Zwar sagt
man, die Consuln sollen zuvor Brutus befreien; sie werden
aber ihre Sorgen und Gedanken zwischen Asien und Mutina
theilen, während man wünschen möchte, dass sie mehrere See-
len hätten, und diese nichts dächten als I\Iutina. Im Heere
wird der kriegerische Geist erlöschen; der Krieg im Osten wird
sich verzögern, Dolabella Asia zur "Wüste machen, ehe die
Consuln erscheinen. Sie können sich durch Andere vertreten
lassen; wenn aber der Senat sich ausserordentlicher Sendungen
enthalten soll, wie viel mehr der Einzelne?
Nachdem Cicero sich auf diese W^eise Bahn gemacht hat,
rückt er seinem Ziele näher. Es bedarf eines Mannes, Avelcher
schlagfertig ist und die Rechte eines Anführers besitzt, <'3) der
ausserdem Anschn, einen Namen und ein Heer hat, und dessen
Eifer für die Befreiung des Staats nicht zweifelhaft sein kann.
59) c. 8. 9. 10 fin. CO) c. 7. 9. Gl) c. 10. Der Consul war eben
nicht liemiiht, Cicero in diesem Glauben zu bestärken, l'nten A. 62) c.
9. 10. in. Der Wunsch, I). Hrutus , den Älördcr des geineinschafllichcn
WobllhäterB, fallen zu sehen. C3) DIess war bei Cassius so wenig der
FaU, als bei Servilius, er war Privatmann, und sein Angriff auf Syrien,
von Cicero als Grund benutzt, ihm die Trovin^ ru geben, ein Majesläts-
verbrechen.
i
V. ANTONII. (14. §. 39.) 273
Die Wahl muss also auf M. Brutus oder auf Cassius fallen,
oder auf Beide. Der Erste ist schon an Griechenland gefesselt:
er kann sich nicht von C. Antonius ahwcnden, ohne «lie Pro-
vinz preis zu gehen, auch ivill der Senat liehcr, dass er iti
Italien als dass er in Asien hilft; ivenn er einen Feldzug gegen
Dolabclla für zweckmässig hält, so wird er ohnehin nicht Be-
fehle erwarten. *•*) Cassius ist zur Stelle. Er hat Italien in
der Ahsiclit Acrlasscn, Syrien gegen Dolabella zu hehaupten,
wozu ihn zwar kein geschriebenes Gesetz , desto mehr aber das
göttliche ermächtigt, nacli welchem alles recht ist, was dem
Staate frommt. Um ihm indcss auch eine Vollmacht vom Se-
nat zu verschaffen , wird auf folgendes Decret angetragen : da
Dolabella und Alle, welche an seiner That Theil genommen
haben, für Feinde des römisclien Volks erklärt sind, so be-
schliesst der Senat, dass C. Cassius als Proconsul die Provinz
Syrien, als vollkommen dazu berechtigt, verwalten, die dort
hefindlichen Truppen von ihren Anführern übernehmen, und
Dolabella bekriegen soll; dass er hefugt ist, in Syrien, Asia,
Bithynien und Pontus zum Behufe dieses Krieges Schiffe,
Schilfsmannschaft, Geld und was sonst dahin gehört, auszu-
schreiben; dass in jeder Provinz, wohin der Krieg ihn führen
wird, der Statthalter unter seinen Befehlen steht; dass Senat
nnd Volk es gern bemerken und nicht unerkenntlich sein wer-
den , wenn die Könige Dejotarus, Aater und Sohn, und die
übrigen Fürsten ihn unterstützen; dass die Consuln Pansa und
Hirtius nach der Herstellung der Republik sobald als möglich
über die consularischen und prätorischen Provinzen berichten,
und die jetzigen Statthalter in den Provinzen hleiben, bis sie
von dem Senat Nachfolger erhalten. ''5)
Die Redner pflegten in der Curie mit dem EntAVurfe zu
einem Decret zu endigen; Cicero fand sich veranlasst, noch
einmal auf seine Gründe zurückzukommen, ^^) Avomit er ihre
Schwäche und seine Willkühr eingestand. „Einige behaupten,
dass ich Brutus und Cassius gar zu sehr auszeichne, Cassius
zum Herrn und Gebieter von Rom erhebe. Wen zeichne ich
04) Nach den menschlichen Gesetzen war er dazu verpflichtet, aber
Cicero nennt sogleich ein höheres, c. 12. 65) c. 12. cfr. §. 34. A. ll-
66) c. 13 — 15.
Driiinaun, Geschichte Roms I. 18
274 V. ANTONII. (II. §. 39.)
aus? Doch nur die, welche durch sich KcUist die Zierden der
Republik sind. Man ■\varnt mich, die Veteranen zu beleidi-
gen.*'^^ Die Veteranen, -welche sich für die Republik bewaff-
net haben, oder ruhen, verdienen Belohnung um! Lob; wer
M'ird aber die fiefährtcn des Antonius in Schutz nehmen, dio
den künftigen Consul belagern und Rom mit Feuer und Sclnverdt
bedrohen? Doch von allem Amlerem abgeselien , wie lantre sol-
len die Veteranen noch bestimmen, was in der Curie gespro-
chen wird? Welche Anmassung, Mcnn wir sogar die Fcldherrn
nach ihrem Cutdünken wählen sollen ? Nach meiner Meinung
— um zu sagen, was ich denke — haben wir nicht sowohl
auf die Veteranen zu achten , als auf das Ürtheil der Neuse-
worbenen , der Blütljc Italiens, und auf das Urtheil Italiens
überhaupt. Denn nichts blüht ewig; ein Geschlecht folgt dem
anderen. Lano^e haben Cäsars Lcijionen in Kraft und Anselin
gestanden: jetzt stellen die Legionen des Pansa , Hirtius, des
jüngeren Citsar, des Plancus in Kraft und Ansehn; sie sind
jenen an Zahl und durch ihr kräftiges Lebensalter überlegen,
und wohl auch an Ansehn. Denn sie führen den Krieg, wel-
cher von allen Völkern gebilligt Avird. Djiher sind diesen Be-
lohnungen versprochen, jene haben sie bereits erhalten; jene
mögen genicssen, was sie haben, diese mögen erhalten, was
ihnen versprochen ist. •'^^
Cicero schreibt selbst an Cassius , Pansa habe sieh ihm in
C7) Oben §. 39. A. 21. f. 68) ArL'lislisre und zweideutisre Worte,
aber für Oclaviaa nur zu verständlich. Schon mit mehr Kühnheit ala
10 Phil. 9. werden die Tironen gegen die alten Krieger hervorgehohen,
welche den Kern seines Heers bildeten, und so bald als möglich mit ihm
von der Kühne verschwinden sollten, wie Alles, was an Cäsars Herr-
schaft erinnerte, sie geschaffen halte oder herstellen konnte. Diese \e-
teranen hal)en ihren Lohn dahin, sie liabcn ilin von dem enipfangen,
dessen Werkzeuge sie gewesen sind,' die Republik zu unterdrücken; der
Senat hat nur Verpflichtungen gegen die Legionen, welche er selbst
errichtet hat, damit sie, jedem anderen Interesse fremd, für ihn, für die
Sache der Republik fechten. Beklagte sich Octavian, ehe man ihn mit
Gewalt zum Schweigen bringen konnte, so erwiederle Cicero, er habe
wiederholt auf die Belohnung der Veteranen angetragen ( §. ."? J. A. 30,
§. 35. A. 15.) und alio jelzt nur von den Gefährten des Anlouiui ge-
it(iro('hen.
V. ANTOXII. (II. §. 40.) 275
der Curie widersetzt, d. Ii. üljcr seinen Antrag nicht abstimmen
lassen,'''-') und er sei darauf an das Volk gegangen.'") Schon
diese dcniagogisclic Massregel bcweis't, dass er nicht durch-
drang, sondern der Senat die Provinzen Asia und Syrien und
den Krieg mit DolahcHa den Consula beschloss, welclie jedoch
erst nach dem Entsätze Aon Mutina sich nach dem Osten be-
geben und bis dahin durch Andere vertreten werden sollten.^')
Was in der Curie verfehlt war, liofl'te Cicero auf dem
Markte zu erreichen. Nach dem Beispiele des Marius, Cäsar
und — Antonius wandte er sich mit Hülfe eines Tribuns,
M. Servilius , ^2) a,^ Jq^ Volk, "*•') g^g<^'^ '^d Willen der Ser-
vilia. *^) Pansa folgte ihm und erklärte, dass sein Antrag vom
Senat verworfen und von den eifjenen Verwandten des Cassius
gemissbilligt werde, wodurch er auch diesen Versuch vereitelte. "^-^
Mochte die scheinbare Begünstigung der Consuln von Seiten
seiner Familie dazu beitragen, dass man gegen Cassius nichts
Härteres bescliloss , so schonte man ihn doch vorzüglidi aus
Rücksiclit auf die Verschworenen , welche Heere und Provinzen
hatten , und weil die Gemässigten , zu welchen aucli Pansa ge-
hörte, dem Bürgerkriege nicht neue Nahrung geben wollten.
Man Hess ihn gewähren. Ciceros Rath, auf keinen Senatsbe-
sehluss zu achten, war überflüssig;^*'.) er blieb in Syrien und
nannte sich Proconsul, selbst in Briefen nach Rom.'*)
Ii
§ 40.
In dieser Zeit, am 17. März, erhielt der Consul einen
Bericht von Q. Cornificius^ welcher zugleich an Cicero schrieb. '^^-'
C9) cfr. 8 Phil. 1. 11, 7. 70) ad Farn. 12, 7. 71) Dies« erhellt auch
aus I.entulus Briefe an Cicero, ad Farn. 12, 1 1. und aus Dio 47, 29. Dass
Manutius durch Vellej. 2. 62. irre geführt ist, hat Fetratius bemerkt.
(Argura. XI. piiil. ed. Wernsd.) Auch Cassius wurde als .Statthalter in der
Provinz anerkannt, deren er sich hemächtigt halte, aber erst dann, als
Cicero durch Antonius Niederlage und den Tod der Consuln freie Hand
erhielt, folglich später als M. Brutus; Vellej us u. Appian (3. öfiT. 568. cfr.
570. u. Dio 17, 2^ fin. ) verwechseln nur dl*: Zeiten; jener lässt Beide
nach der Schlacht hei ^^fuUna b-sfätiaen, dieser R^ide, nicht bloss BrutuN,
vorher. 72) üben §. 34. A. «7. 73j §. 23. A. l. 7 J) üben A. 17. 7ö,i ad
Kam. 12, 7. 70^ I.e. 77) ad Fam. 12, 12. 7b) Das. 12, 25.
18*
270 V. ANTOMl. (14. §. 4U.;
Kr Avar Statthalter in «Icr alten Pi-uviiiz Afrika , auf dem elic-
lunligen cartliagisdieii Cebiete. Nach einem Senatsbesclilusse
vom vorigen Jahre sollte er sie C Calvisiiis übergeben, einem
Anhänger des Antonius. "'•♦) Dieser war aber kaum nach dem
cisalpinischen Gallien abgegangen , als der Senat am 20. De-
ceniber auf Ciceros Antrag die Statthalter bis auf Weiteres be-
stätigte, und die neue \ ertheilung der Provinzen für ungültig
erklärte.^'') Durch Cicero selbst davon in Kenntniss gesetzt, *'J
behauptete sich Corniticius gegen die Legaten, durch welche
Calvisius die Provinz abwesend zu verwalten gedachte, *'->' und
der Senat billigte es, als Pansa am 19. März seinen Bericht
vorlas: Einige verlangten sogar die Bestrafung der Legaten,
welche der Consul verhinderte. Denn er wollte , dass die Ge-
müther sich beruhigten, und holfte noch immer, einen Ver-
gleich zu stiften, wie aus anderen Gründen Calenus mit den
übrigen Antonianern seit der Rückkehr der Gesandten von Mu-
tina auf neue Unterhandlungen sann. Um Cicero nachgiebiger
zu machen, veranlasste Pansa an demselben 19. März, am Feste
der Minerva, ^^) auf eine für ihn sehr schmeichelhafte Art einen
Beschluss, nach welchem die Statue der Minerva, welclic er bei
seiner Verbannung als Beschützerinn der Stadt auf dem Capitol
aufo-estellt und der Sturm im Anfange dieses Jahrs oder am
Ende des vorigen zertrümmert hatte , wieder aufgerichtet wer-
den sollte. ^^) Es erinnerte an \iie glänzendste Zeit seines Le-
bens , an sein Consulat, sofern darin eine Anerkennung seiner
Verdienste lag, und der Brief an Cornificius beweiset, Mie sehr
er darüber erfreut Avar.
Doch mussten gcAvichtigerc Gründe hinzukommen, ihn wenn
auch nur für einen Augenblick dem Frieden zu gewinnen. Er
war in den Kämpfen in Rom nicht Sieger geblieben, aber auch
nicht besiegt. Um dem Aeussci'sten auszuweichen, welches er
von Anfang forderte, der Aechtung des Antonius, der Kriegser-
klärung, hatte man ihm manches Andere zugestanden, wodurch
man sich vom eigenen Ziele entfernte, sich die Untcrhandlun-
70) 3 Phil. 10. §. 29. A. 48. u. Corniflcii. 80) §. 34. A. 11. u. 20.
81") nd Fam. 12. 22. 82) Ihre Namen ad Fain. 12, 30. cfr. 3 Phil. 10.
^:l) (/iti/iq/taliifnis ad Fam. 12. 23. 81) Cic. 1. c. ad Att. 7. 3. Diu 3a
,V7 .«:., 17. tH)eii §. 35. A. 40-
V. ANTONIT. (11. §. 40.) 277
gen mit jenem erschwerte, mocliten sie ihm mm Kräfte und
Frist ;5ur Eroherung ]\lutinas verscliaft'en sollen, oder den Frie-
den lic/weckcn. Der Zugeständnisse waren bereits so viele,
dass Cicero in der 12. und 13. Philippika die Aufhebung der
(liesetze und Einrichtungen vom vorigen Jahre, deren Urheber
sein Feind war, als ein Haupthindcrniss des Friedens bezeich-
nen konnte.^'') Man darf aber nicht an einen allgemeinen Be-
schiuss denken, wodurch alle Acte des Antonius vernichtet wur-
den, obgleich I)io diese Ansicht begünstigt; ^''0 damit würden
auch die Verordnungen über die Amnestie, über die Dictatur
und andere unKÜltic: geworden sein. Vielmehr beseitigte man
jene Acte einzeln und zwar dadurch, dass man sie nicht vollzog
oder das Cegentheil verfügte , worüber Antonius in seinem
Schreiben an Hirtius und Octavian sich beklagt. ^'0
Unerwartet gewann es das Ansehn , als ob Cicero die
mühsam errungenen Vortheile aufgeben werde, eine Zeit harter
Prüfung und grosser Demüthigung für ihn. Nach der Rückkehr
des Piso und Philippus von Mutina stimmte Calenus fiir eine
zweite Gesandtschaft, Cicero dagegen für den Krieg; <lie Mehr-
zahl hielt sich in der Mitte, und nannte den Kampf einen Tu-
mult. ^^) Die Freunde des Antonius Hessen sich dadurcli nicht
abschrecken, und jetzt, glaubten sie, sei die rechte Zeit ge-
komtuen , ihren Versuch zu erneuern. Denn Hirtius und Octa-
vian sahen den Verstärkungen unter Pansa entgegen, und dieser
hatte die Rüstungen beendigt; sie gaben so wenig als die vor-
gerückte Jalireszeit länger einen A^orwand, ernstliche Unterneh-
mungen weiter hinauszusetzen. Auf der anderen Seite hatte
die Belagerung von Mutina ihren Fortgang ; für Antonius war
der Winter kein Himlerniss, und D. Brutus befand sich dui'ch
seine Angriffe, durch Hunger und Geldmangel in grosser Gefahr.
Man musste dem Entsätze zuvorkommen und diese Verlegeaheit
benutzen. Olinerachtet der persönlichen Unbedeutsamkelt des
Brutus hieng jetzt das Schicksal Ciceros und seiner Partei,
oder, wie sie es nannte, das Schicksal der Republik, von dem
seinigen ab. söj Calenus und seine Vertrauten, wohl wissend,
85) 12 Phil. 5. 6. 13, 3. 8C) 40, 30. Tiiteii §. 10. A. Gl. f. 87) 11
Phil, 10. f. cfr. §. 14. A. 77. 88) Oben §. 38. A. i4. 89) 12 Phil. 2.
cfr. ad Fam. 12, 6.
278 V. AMUMl. (11. g. 38.)
wie besorgt man um ilin v.ir, nalimcn plötzlich ein gelicliuniss-
vollcs und zugleich ängstliches und gedrücktes Wesen an; die
ßetrühniss Fulvias und ihrer Kinder , M'elchc l)ci jenem -wohn-
ten, ihr Weilklagen, ihre Seufzer schienen zu bestätigen, dass
Antonivis irgend ein Unfall gctrofien habe oder bedrohe, und er
sich (j'liick uünsciien Mcrdc, venu man ihm verzeihe.^") Nach
dieser Vorbereitung sprachen Calenus und Piso im Senat Avicder
vom Frieden, und Pansa stimmte ein. Auch dann, sagte der
Erste, AvoUen wir Antonius nicht hören, vcnn er die Belage-
rung aufgehoben, auch dann nicht, ■wenn er erklärt liat, dass
er dem Senat gehorchen uerde?'-^^ Es blieb kein Zweifel übrig,
dass eine Wunde, -welche nur jene kannten, ihn so fügsam
machte , dass nur seiner Ehre wegen der erste Schritt zur Ver-
söhnung wieder von Rom geschehen solle , und man niclit mehr
Forderungen, sondern Bitten, nicht Bedingungen, sondern be-
sclieidcnc Wünsche von ihm vernehmen werde. Da vcrc;ass Ci-
ccro die Reden, worin er die Unmöglichkeit des Friedens selbst
für den Fall bewiesen hatte, dass der Feind sicli unterwerfe; ^-)
desto Icbliaftcr ergriff ihn der Gedanke, dass der Ausgang des
Kricixes docli immer ung-ewiss sei, und in Mutina oder in einer
Schlaolit unter seinen Mauern alles verloren werden könne, und
— die Friedenspartei sah ihn in ihrer Mitte. ^^^
Nach der Genehmigung ihres Antrags war er nicht mehr
Herr seines Willens. Er fühlte, dass er sich einem Strome
anvertraut hatte, auf welchem er eben so leicht untergehen als
den Hafen erreichen konnte, und musste sich schon zu einem
neuen und grösseren Wai>;nisse entschliessen, damit ihm das
Ruder nicht entschwand. Es Mar von der grössten ^^ iclitigkeit,
dass die Gesandten aus der vermeintlich hülfslosen Lage des
Feindes jeden möglichen Vortheil zogen, und diess war nur
verbürgt 5 wenn Cicero selbst mit ihnen gieng; er gab aucli
dazu seine EiuAviUiijuna:. Die fünf Consnlarc , '•**^ welche nebst
Pansa mit den Unterhandlungen beauftragt Avurdcn, vertraten
alle Parteien: Fulius Calenus, L. Piso, wegen seines Hasses
gegen die Mörder seines Schwiegersohns zu Antonius Freunden
90) c. 1. 91) c. 2. cfr, c. I. u. 7. 02) §. 37. A. OD. f. 03) c. 1.
1) 13 l'hil. 17.
V. ANTONII. (14. §. 40.) 279
gcreclinet, L. Cäsar, des Letzten Olicini, alier als gcmässio-t
bekannt, P. Sei'vilius, welchen Cicero als Gegner des Antonius
rülinit , '''^) und Cicero selbst, von den Antonianern Avie jener
lingern zugelassen. ^''^ Pansa Avar ohnehin im Begriffe, zum
Heere abzugehen, und sollte, Avie es sclieint, als Consul das
ganze Unternehmen leiten. AVclche Gefülile mochten Cicero be-
stürmen , Avährcnd er sich da finden licss, avo jeder, der auch
nur entfernt \'on ihm gehört hatte, ihn zuletzt suchte, in einer
Rolle, Avelclie von ihm Acrpönt, gebrandmarkt Avar ! das stärkste
unter allen AAar die Todesangst, obgleich seine Gegner ihn
nicht verlockten, um ihn zu opfern , ö^) und Antonius ihn noch
nicht ungestraft ermorden konnte, zumal Avenn er als Gesandter
erschien.
Als man sicli über die Gesandtscliaft geeinigt und die Ab-
geordneten ernannt hatte , ^^'j zerstörten die Urheber ihr eigenes
Werk. Sie äusserten iln-e Freude zu früh und erregten dadurch
Verdacljt; ^'•') ihre Reden bestärkten darin; sie sollten sich mit-
theilen, die Gemüther beruhigen, und soAVohl Piso als Calenus
hielten zurück: ,, Antonius zieht also Aon Mutina ab? Ich Aveiss
es nicht. Er gehorcht dem Senat? Ich glaube es, doch ohne
Nachtlicil für seine "NVürdc." "^'^'-' Der Nebel vor Ciceros Auo-en
verschwand; er erkannte sich in den Reihen der Antonianer
und in ihrem Dienste , und augenblicklich nahm er Avieder ihnen
gegenüber seine vorige Stellung ein , überdiess durch Briefe
,des Hirtius und Octavian ermuthigt, Avelche den Sieg A'erhiessen
und sehr gelegen gerade jetzt iiim überbracht Avurden. ^) Mehr
als eine Spur in der 12. Philippika führt darauf hin, dass die
Stadt in eine heftige BcAvegung gerieth, dass Aon Ränken und
von Verrath die Rede Avar, und der Consul selbst beschuldigt
"Wurde. Er konnte nicht un\Jiin, die Sache in der Curie zur
Sprache zu bringen , wo er sicli Aveitläuftig darüber rechtfertigte,
dass A'on seiner Seite keine Täuschung Statt gefunden habe , -J
aber auch überhaupt läugnete , dass man nicht aufrichtig A'er-
fahren sei, denn er trug nicht darauf an, den Beschluss zurück-
zunehmen. 3) P. Servilius bezeugte , die Seinigen seien betrübt
95) ad Fain. 12, 2. 12 Phil. 2, 7. 06) 12 Phil. 7. 97) Welche»
Dio 40, 32. andeutet. 98) 12 Phil. 1 fin, 2. 99) c, 7. 100^ c. 2.
n c, 4. 2) c. 2. 3) c. 7.
280 V. ANTON». (14. §. 40.)
redliche Männer und Freunde erstaunt und unwillin', dass er
sich mit einer solchen Botscltaft befassen wolle. *)
Nach ihm sprach Cicero, um zu bewirken, dass man dem
Beschlüsse überall keine Folge gebe, oder doch niclit in Bezie-
hung auf ihn, oder, wie er des guten Scheins wegen hinzu-
fügte, ihm die Gewissheit verschatt'e, dass er auf der Reise
nicht in Gefahr sein werde. Der Beschluss beruhe auf falschen
V'oraussetzungen ; man sei getäuscht, und besser sei es, dies«
zu gestehen, als im Irrthume zu beharren. Also keine (Gesandt-
schaft, kein Friede! ^) es sei dem Staate verderblich, es sei un-
gerecht, ja unmöglich, sich zu vergleichen. ,, Es wird die rege
Thätigkeit, welche sich jetzt überall kundgiebt, zum Erstarren
bringen; das Volk und die Municipien , die Colonicn, ganz
Italien werden es bereuen , dass sie sich gegen Antonius erklärt
und dem Kriege mit ihm bereits so viel aufgeopfert haben. Was
ist ungerechter , >»ls ohne Wissen der Streiter den Frieden zu
beschlicssen? <») Das SchM'erdt wird ihrer Hand entgleiten , wenn
sie vernehmen, dass der Senat das Zeichen zum Rückzüge
giebt und ihnen den Sieg entreisst. ^^^ Und wie, wenn der
Friede unmöglich ist? Der Erfolg der ersten Gesandtschaft hat
diess schon ausser Zweifel gesetzt, und seitdem haben sich die
Schwierigkeiten vermehrt , denn der Senat hat die Verordnungen
des Antonius aufgehoben und ihn wegen seiner Verbrechen ver-
urtheilt; will man widerrufen? Antonius verlangt es; nicht er
will sich dem Senat, sondern dieser soll sich ihm unterwerfen.
Jeder Vertrag mit ihm führt also zur Sclaverei; es giebt nichts,
was man ihm ohne Gefahr bewilligen könnte; das jenseitige
Gallien und ein Heer? Diess wäre mehr als den Krieg bloss
aufscliieben, es hiesse ihm den Sieg zugestehen; auf welche
Art er auch wieder nacli Rom kommt, er wird immer als Sie-
ger kommen." 8) Cicero zeigt darauf, dass wenn man dennoch
unterhandeln wolle, er sich am wenigsten zum Gesandten eigne.
Et habe sich stets so stark gegen Antonius und gegen dessen
4) c. 2. 5) Die allgemeinen Gründe, welche folgen, waren von Cicero
schon oft gebraucht, s. insbesondere die 7. Philipp, in §. 37. A. 09. f.
0) Es ist Frechheil, wenn sie dem Senat den Frieden gebieten, $. 39.
A. C7. 68. ihr Verlangen nach Krieg muss beachtet werden, dcuii Cicero
bedarf dea Krieg. 7) c. 3. 1. 5. ») c. 5. 0.
V. ANTONH. (14. §. 40.) 281
ganzes Haus geäussert, dass seine Gegenwart ihn nur erbittern
und das üntcriiehnicn vereiteln werde; ilun selbst sei es auch
nicht füglich zuzuiuuthen, dass er Antonius unter die Augen
trete. Sein Leben sei ihm gleichgültig, wenn mau ihn nur
nicht nach dem Beispiele des Dolabella zu Tode martere, aber
dem Senat, dem Volke könne es nicht gleichgültig sein, denn
eben als Schutzwehr des Staats gegen alle Frevler sei er der
Gegenstand ihres Hasses. '•'^ Nicht einmal in Rom gebe es Si-
cherheit für ihn, wie viel weniger auf einer Reise. Jede Strasse,
welche er auch wühlen möge, führe ihn mit seinen Feinden
zusammen; die cassische mit dem Siebenmanne Cäsennius Len-
to ^^) in Etrurien , welchem es wahrscheinlich nicht genügen
werde, bloss Einen Kopf abgeschlagen zu haben; die flaminische
mit Ventidius, denn es verlaute, dass er schon in Ancona
stehe; die aurelische berühre die Güter des P. Clodius, -wo
alte Freundschaft ihm die beste Aufnahme sichere. "-• Er werde
daher nicht gehen. In der Stadt, nicht im Lager sei sein Ge-
schäft. Furcht kenne er nicht, aber niemand übertreffe ihn an
Vorsicht; diess lehre die Erfahrung: seit zwanzig Jahren von
Verbrechern aller Art angefeindet, sei er dem Staate erhalten
und jene haben gebüsst. So wolle er auch jetzt vorsichtig sein,
nicht verschulden , was man an Trebonius tadle. In der Stadt
könne er um sich sehen; auch in den Apcnninen? Selbst ange-
nommen, dass hier keine Gefahr sei, werde der Gedanke daran
ihn gar nicht an seinen Auftrag denken lassen. Und wenn
nun die Gebirge hinter ihm liegen , Avas erwarte ihn ? Eine
Zusammenkunft mit Antonius. Er frage , wo er ihn treffen
solle? Ausserhalb des Lagers? da werde denn auch sein Grab
sein; er kenne den Wüthenden. ^V Dem diesseitigen Lager
werde Antonius, er werde sich dem seinigen nicht anvertrauen;
es bleibe nichts übrig, als schriftlich zu verhandeln. Was er
zu sagen habe, könne er sogleich hier sagen, er werde Anto-
nius mit allen Forderungen an den Senat verweisen ; mehr sei
auch nicht gestattet , denn der Senat habe den Gesandten keine
Vollmacht gegeben. Sage er diess im Kriegsrathe, so werde
0) c. 7. 8. 10) cfr. §. 14. A. 67. u. §. 42. A. 02. Er tödtete Cn.
Pompejus nach d. Schlacht bei Munda. Julii. Caes. Diclat. a. 45. 11) c
n. 12) c. 10. II.
282 V. ANTONU. (14. §.41.)
die unwissende Menge ilia für das Hindcrniss des Friedens hal-
ten, nicht die Ncugcworlicnen, und niclit die Legion des Mars
und die A'icrte, alier die übrigen \ ctcranen , m eiche man gegen
ihn eingenommen und das Bewusstscin ihrer Tliaten übermüthig
'gemacht habe. AVenn er aber dem Allen entgehe, so Merde er
doch nach seiner Rückkehr den .'Inreindungen derer nicht ent-
gehen, Avclchc ihn liassen und beneiden. Man möge ihn also
der Republik erhalten. Indcss wolle er reisen, obgleich die Ge-
sandtschaft, um das Mildeste zu sagen, überflüssig sei, Avenn
es ohne Gefahr geschelien könne.
Diese Gefalir kannte der Senat, als er ihnwälilte; da aber
Cicero das Gewebe dei* Lüge und der Arglist öffentlich ent-
sclileiert liatte , so konnte man nicht mehr mit Ehren einen
Beschluss vollzielien, •welciV-r dadurch veranlasst war, ^V und
Pansa rückte in der zweiten Hälfte des Märzes mit seinen Le-
gionen ohne Gesandte ins Feld. ^^^
§41.
Als Cicero endlich den Krieg, wenn auch nicht unter die-
sem Namen, heraufbeschworen hatte , Hessen die Statthalter
jenseits der Alpen, L. Plauens und M. Lepidiis sicii beigehen,
dem Senat den Frieden zu empfehlen. '•') Ihre Briefe wurden
vor dem 20. März übergeben , denn an diesem Tage schrieb
Cicero an Plauens, dass sie im Senat vorgelesen seien. •''' Pan-
sa, welcher sich am 19. noch in Rom befand, ^'') war nicht
dabei geijenwärtii; , sondern schon mit dem Heere aufirebrochen. 'S)
Daraus fols-t. dass entweder die Lesart in der Zeitangabe unter
jenem Briefe unrichtig ist, oder dass dieser demselben Tage
angehört, an welclicm über den Vorschlag verhandelt Mar, und
Cicero die 13. Philippika gehalten hatte, dem 20. und diess
ist das wahrscheinlichste. Die Consular- Geschäfte waren bereits
dem städtischen Prätor M. Curnutus übertragen. ^V
Bei dem grossen Ansehn des Lepidns in Rom und bei sei-
ui-v jrt/igcn Maclit und Stellung schien es rathsam, seine Wün-
13^ Dio 40, 32. fni. 14) Inteii §. 41. .\. 18. 15) ad Fani. 10, C.
; . 11 , It:. 13 Pliil. 4. lt>; ad Kam. I. c. 17) Oben §. 40. A. 83.
I <) 1.1 Phil. 7. 10. 18. 20. §. 43. in. 19; ad lam. 10, 12. IC clr. 10,
1. 14 Phil II Val. Max. 5. 2. §. K . 'r.ipn § iS. .\. SC.
V. AXTOxMI. (11. §. 41.) 283
sehe nldjt unLeaclitet zu lassen; sie gaben Mcnigstcns der Par-
tei des Antonius einen Vorwanil, das riclfacli Hesprocheuc noch-
mals zur Sprache zu bringen, an die Wcchselfalle des Kriegs und
an die Möglichkeit zu erinnern, dassLepidus sich mit den Belagerern
von Mutina verbinde. -") Wenn sie nicht einen Stillstand in den
diesseitigen Unternehmungen heuirkte, uelches siewolilkauni noch
hoffte, so bewies sie doch Freund und Feind , dass sie noch nicht
ganz überwunden sei, sie hinderte Cicero am Angriffe, da er sich
vertheidigcn , an einer Kriegserklärung, da er gegen den Frie-
den kämpfen musstc, und nöthigte ihn zugleich, von neuem in
einer gehässigen Rolle aufzutreten. Cornutus fragte nach Pansas
Beispiele-'^ P. Servilius vor Cicero, und er stimmte gegen den
Frieden. --J Nacli einer langen Rede erklärte Cicero, dass er
derselben Meinung sei, und den Senat nur veranlassen wolle,
auch des Sex. Pumpejus zu gedenken. F.r fühlte, dass der He-
rold des Kriegs, des Bürgerkriegs, der Rechtfertigung bedürfe, -^)
und -wiederholte deshalb, dass der Friede mit Antonius Sclaverei
sei. Der Beweis liege in seinen Gesinnungen und Handlungen,
in der A erzweifhing seiner verarmten und raubsüchtigeu Ge-
sellen, in den Beschlüssen, v.orin man seine Gesetze und Ein-
richtungen vernichtet, ganz Italien gegen ihn aufgeboten, und
üolabella, seinen Collegen , geachtet habe, und in der Erbit-
terung, ■welche durch diess Alles in ihm und in seiner Bande
entstanden sei. -*) Man spreclie von dem ungewissen Ausgange
des Kriegs: vom Senat verde Muth und Kluglieit gefoi'dert,
jener treibe zum Kampfe, diese geliiete Vorsicht, dürfe aber
nur dann gehört werden, Avenn sie warne, Leben und Gut
höher zu achten, als die Freiheit. Darnach bestimme sich nun
auch das Urtheil über den Antrag des.Lepidus, eines um üea
Redner und um den Staat hochverdienten Mannes, welchem
mau insbesondere durch die Vermittlung des Friedens mit Sex.
Pompejus A-erptlichtet sei, und freilich auch reichlich vergolten
habe , -■'^ eines Mannes, der wolil irren, aber nie absichtlich
der Republik schaden könne. Er sei aber im Irrthume , wenn
er glaube, dass die Antonier als Bürger Pompejus gleichen wer-
20) 13 Phil. 3. 8. 21) §. 37. A. 95. §. 38. A. 71. §. 10. A. 4. cfr.
§. 44. A. C4. 22) 13 Phil. 21. 23) cfr. §. 38. A. 5j. f. 21 13 Phil.
I — 3. 25) §. 35. A. Ol. u. I.
2S4 V. ANTOXir. (^14. §. 41.)
den; ja die AiifnaliinR des Imiicii l)cdmjre die F.nffcniuna: der
Anderen; denn der Senat habe Punipejiis eine (leldcntschüdij^inig
für die viiterliclien Güter bewilüjrt; diese, jetzt grösstoiitlieils
im Besitze des Antonius, werde er wieder an sich kaufen; der
liedner werde ihn zum Augur vtählcn, und das Volk iiel»er ihn
als Antonius bestätigen; 2'*>' er habe auch in Massilien geäussert,
dass er nur aus Besorgniss, den V^eteranen nicht wiilkümmen
zu sein, nicht nach iMutina gehe.
Doch davon abgesehen möge Lepidus sich A'or Anmassung
liüten. Wenn er etwa glaube, durch sein Heer zu schrecken,
so vergesse er, dass es nicht ihm, sondern dem Staate gehöre;
CS stehe freilich zu seiner Verfügung , aber niclit zu schänd-
lichen und unerlaubten Zwecken. Eine Veruiittlung ohne Waf-
fen sei überflüssig, wenn auch weniger zu tadeln. Weder er,
so angesehen er auch sei, noch irgend ein Anderer besitze An-
sehn genug, um in Senat und Volk das feurige Verlangennach
Freiheit zu ersticken, und an Truppen und Avackeren Anführern
fohle es nicht. Aber, wende man ein, es ist zu fürchten, dass
wir unterliegen. 2^) Diese Besorjjniss sei unercfjründet; als ein
reicher Mann wünsche Lepidus Ruhe und Ordnung im Staate,
als ein verständiger und besonnener Mann habe er sich an den Lu-
percalien gezeigt, denn er habe bei dem Anblicke des Diadems,
welches Cäsar von Antonius angetragen wurde , Thränen ver-
gossen; er wolle also keine Sclavcrei , und Antonius sei, w.is
Cäsar gewesen. Er sei ein noch ärgerer Z^vinghcrr, habe die
Curie mit Barbaren besetzt, brave l\riegcr gemordet u. s. w.
Durch Cäsar (üctavian) an der Ausführung seiner blutigen Ent-
würfe gegen Rom gehindert sei er nach (lallien entflohen, wo
er Brutus, den Consul des nächsten Jahres belagere, und die
drei Consulare, welche man gegen den Willen des Redners zu
ihm geschickt, verächtlich zurückgewiesen habe. Könne noch
ein Zweifel an der Unmöglichkeit einer (iemcinsriiaffc zAvischcn
Rom und diesem Ungeheuer übrig sein , so werde er durch des-
20) c. 5. cfr. §. 2. A. Ol. u. §. ül. A. 9. '11) c. S. üass der Ver-
mittler sich in einen Bundesgennusrn des Antuniu8 verwamlelt, und die-
ser dadurch die Uebermacht erhall. Cicero deutet es nur an, um Le-
[liduB zu schonen. Kr hat so eben versucht, den schwachen Mauii ein
zuschiichlcrn , jetzt wendet er sich an seine Eitelkeit.
.. V. ANTON». (14. §.41.) 285
sen Brief an Hirtius und Cüsar (üctavian) gehoben. Cicero
las ilin vor, und fügte Anmerkungen hin/u, deren Inhalt im
Wesentlichen folgender ist: -^) er giebt von neuem ein \'cr-
zcichniss der Avirkliclien und vernicintlichcn Laster und Verbre-
chen seines Feindes, spottet über seine Familien- Verbindungen,
und verfolgt seine Brüder und Anhänger mit dem bittersten
Hohne. ANäljrend er den Senat gegen seine ^ orwürfe rechtfer-
tigt, stellt er die Consulare in ein naciitheiliges Licht und er-
hebt sich als den Einzigen, welcher angeblich an der Spitze
des Senats den Uebermuth und die Macht des Antonius gebro-
chen habe. Wie sehr er Lrsach hatte, es zu vermeiden, äussert
er seinen Hass gegen die A cteranen Cäsars, und seine Vorliebe
für dessen Mörder, insbesondere aber eifert er wieder gegen die
Ltnauptung des Antonius, dass der Streit zwischen ihm und
Rom bloss Parteisache sei , hervorgegangen aus dem AVunsclie
der Ponipcjaner, die Cäsarianer zu unterdrücken, dass Cicero, um
diese durch einander selbst aufzureiben, Octavian und die Consuln
durch Schnicicheleien und verderbliche Geschenke zum Kriege mit
ihm sporne, -*-') und Allen das Schicksal des Dolabella bereite. '-'^'J
Ferner läugnet er, dass Lepidiis sich mit Antonius verbunden habe,
welchem bei dieser Gelegenheit ein Sprachfehler verbessert wird, -"^
und dass Plancus mit ihm einverstanden sei, und kommt zuletzt
auf den Hauptgegenstand seiner Rede zurück mit der \'ersicherung,
dass niemand ohne Gefahr zu ihm reisen könne, und niemand zu
ihm werde reisen wollen, nachdem er den ersten Versuch, sich mit
ihm zu einigen, vereitelt habe, dass jetzt kein Friede mehr,
niclit einmal seine Unterwerfung zulässig sei. „Eher werden
Feuer und Wasser sich vermischen, als dass die Republik sich
mit den Antoniern versöhnt; besser, dass diese Stadt ihrem
Boden entrückt Avird, und in einem Lande, wo man nie den
Namen der Antonier gehört hat, wieder ersteht, als dass sie
jene in ihre Mauern aufnimmt. Wer nicht das Leben über die
Ehre setzt, dem bleibt nur übrig zu siegen, oder für die AVürde
und Freiheit des Vaterlandes jedes Missgescliick zu erdulden."
Demnach tritt Cicero dem Gutachten des Servilius bei, und
trägt überdiess auf ein Belobungsdecret für Sex. Pompejus an,
28) c. 10 f. Uel.er den Brief sell.st vgl. §. 42. A. 99. 29) §. 21.
A. 2. 3. 30) c. 17. l'J. 20. 31; c. 19.
2S6 y- ANTOXir. (11. §. 11.
welches entweder mit dem ScnatsLesclilussc verbunden oder be-
sonders abgefasst Avcrdcii könne. •'-)
Es war mehr Folge der Umstünde als seiner Rede, dass
der Senat nach seinem AVunsche die Entschcidiinfj den Waffen
iibcrllcss. Sogleich setzte er die beiden Statthalter davon in
Kenntniss, L. Plancus mit freundlicher Zurechtweisung,^')
M. Lepidus in einem kurzen Schreiben des Inhalts: er würde
besser gethan haben, dem Senat fi'ir die ilnu beschlossenen
Ehren zu danken, als sich mit Dingen zu befassen, welche ihn
nicht angiengen. ^*^ Offenbar sollte dieser zuversichtliche Ton
ihn überzeugen , dass er nicht unentbehrlich und Rom stark
genug sei, den Ungehorsam zu bestrafen. Cicero entfernte sich
stets von seinem letzten und höclisten Ziele , wenn er sich ihm
zu nähern glaubte. Er suchte Parteien gegen Antonius zu ver-
einigen, welche sich tödtlich hassten ; '•'>' die Begiinstigung der
Einen war Beleidigung für die Andere, und wenn er sich das
Ansehn gab , als solle der Lohn sich nach den Thaten bestim-
men , , so lüftete die Leidenscliaft jeden Augenblick den Schleier
der V^erstellung , denn auch er empfand gegen eine dieser Par-
teien einen tödtlichen Hass. Diese Philippika zeugt wie die
Uebrigen von der Ungeduld , mit welcher er dem Zcitpuncte
entgegen sah , avo er sich des Erben und der Krieger Cäsars
entledigt und die letzte Spur seiner Gesetze vernichtet haben
würde, Pompejus, hörte man von ihm, sei ein vortrefflicher
Mann und Ciisars Herrschsucht die Ursach des letzten Bürger-
krieges gewesen;*^") als Antonius durch Ueberreichung des Kö-
niffsschmucks sich zum Sclaven seines Colles;en bekannte, habe
Lepidus geweint und das Volk geseufzt. •'') Ciliar sei mit Recht
getödtet; für seine Elire werde am besten -gesorgt durch Ver-
sessen und Schweisjen; ■'^) Antonius habe* ihn den ^ atcr des
Vaterlandes genannt, darüber lasse sich Manches sagen; den
Senat nenne er das Lager des Pompejus; es sei zu bedauern,
dass nicht alle Consulare des pompcjanischen Senats noch lebten,
die Prätorier und die Uebrigen, würdige, ausgezeichnete Män-
ner, deren sich so viele eingefunden, dass diejenigen gar sehr
3'2) c. 21. 33) ad Farn. 10, G. .31) Das. 10, 27. rfr. ep. 31.
Z5) §. 25. A. CS. f. 30) 13 riiil. 1, 1. Ü. 37; c. S. 15. 19. 2^) e.
1. In. ,
V. ANTOXir. (M. §. 11.) 287
der EntscliuMlGliing: Lciliirftcn, wclclie nicht in jenes Lnfrcr rrc-
kommen seien ;'''-'^ er erwähne das Gesetz des Hirtitis, welches
die Pompejaner von Elircnstellen ausschliesse; llirtius bereue es,
und wenn es für ein Gesetz gelten könne, so falle es doch ihm
nicht zur Last. ^">^ Nur der Eintracht Avcgen lasse man die
Verordnuniicn eines Mannes bestehen, dessen Ermorduns: man
billige; an sich sei es ungereimt.*') Musstc jedes dieser Worte
den Erben seines Namens, und, wie er hofltc, seiner ]\Iaclit,
und seine Veteranen auf das tiefste Aerletzen , so niclit Avcnicrer
Ciccros Verwendung für Sex. Pomprjus. Er liebte ihn nicht,
er fürchtete ihn; schon der ältere Bruder, Cneus, hatte ihn
nach der pharsalisclien Schlacht als einen Abtrünnigen und Verrä-
ther tödtcn wollen; aber Sextus sollte als Freund der Eaction
erscheinen, in deren Namen er sprach, ein Gegengewicht geben
gegen Octavian, und Lepidus das Schwerdt in der Scheide hal-
ten. Nach dem Siege und der Herstellung der Verschworenen
konnte man den jungen Mann unschädlich machen. Aber er er-
füllte Ciceros Hoft'nungcu nicht, und die Römer, welche seine
väterlichen Güter besassen , als Anhänger Cäsars ihm verhasst
waren oder ihn selbst als den Sohn seines Feindes hassten, *2)
wurden besorgt und erbittert, \
Lepidus war verdäclitig und um so wünschenswerther dei*
Beistand des L. Plancus, welcher zwischen jenem und Asinius
Püllio in Spanien in der Mitte eine wichti<re Stcllunir hatte,
und wie alle Stattlialter nur auf den eigenen Vortheil dachte, die
Republik als seine grosse Schuldnerinn betrachtete, wenn er
nur nichts gegen sie unternahm und sie seiner Ergebenheit ver-
sicherte. *■') Diess machte Cicero verlegen, denn von ihm ins-
besondere erwartetc-i man die Befriedigung solcher Ansprüche.
Er schrieb Plancus i^ni 30. März: ehrenvoll seien nur Belohnun-
gen für schon erwätbcnc, nicht für künftige Verdienste; auch
könne man die Vollziehung keines Ehrenbeschlusses verbür^i-cn,
so lange der Staat wanke; daher möge er diesen zu befestigen,
D. Brutus zu retten suchen; der Lohn solle ihm nicJit entste-
39) Oder zu spät und als sie es durchaus nicht mehr vermeiden
konnten, wie Cicero, welcher daher bei der erliitzlen Aristocralie , dem
Buswärligen Rom, keine Eiilschuluigung fand. c. 11 lin. 13. 14. JO) Son-
dern Cäsar, c. 10. 41) c. 1. 5. 42) c. 5. G, 43) ad Farn. 10, 7, 8.
288 V. ANTONII. (14. §. 42.)
lien; nur die Abwesenheit der Consuln sei die Ursach, dass sein
"Wunsch nicht jetzt sclion crlüllt werde. **) Bahl darauf, am 7.
April, erliiclt Cicero abermals einen Brief von ihm, welchen
ein Beridit an den Senat begleitete, und jetzt mass jener dem
Prätor Cornutus und P. Servilius die Schuld bei, dass er ihm
nicht zu nützen vermöge. AVenn er die AVahrheit meldet, so
zeigte sich Cornutus stets als Gegner des Plancus, *^) entweder
aus persönlicher Abneigung, oder Aveil die That dem Anerkennt-
nisse vorausgehen sollte ; eben so Servilius , welcher schon nach
dem Tode des Sulpicius empfohlen hatte, bei Belohnungen Maass
und Ziel zu halten. '*'') Cicero dachte wie sie , aber niclits war
ihm zu theuer, Avodurch er Antonius Fall befördern konnte.
Daher entstand ein Streit, welcher zugleich über seine Verhält-
nisse in der Curie Aufschluss giebt. Cornutus berief den Senat
in das Capitol, und las zwar jenen Bericht des Plancus vor,
verscliob aber die Verliandlung darüber Avegen ungünstiger An-
zeichen. Am folgenden Tage Avandte er sich Avicder zuerst an
Servilius ;^^) dieser erklärte sich gegen ein Belobungs - Decret,
und als Cicero dafür Avar und der Senat ihm beistimmte, ver-
mochte er den Tribun P. Titius, Einspruch zu thun. Am hef-
tigsten Avurde der "Wortwechsel am dritten Tage, ohne einen
bessern Erfolg zu haben.***)
§ 42.
Doch nicht das Capitol Avar der Oii der Entscheidung.
Die innere Geschichte Roms in diesem Jahre ist bis zu dem
Zeitpuncte fortgeführt, avo man „der Einen Schlacht entgegen
sah, A'on welcher das Scliicksal der ganzen Republik abhieng." '*'-')
Im Anfange des December a. 14. Avar Antonius von Rom nach
dem cisalpinischen Gallien aufgebrochen, um A^on D. Brutus die
Llebcr<''abe der Provinz und seines Heers zu erzwingen. Die-
ser Avagte keine reldschlacht, sondern Avarf sich in Mutina, und
wurde hier seit dem December belagert.^") Der fünfte Bür-
gerkrieg nach Ciceros Berechnung begann, ■"''>' der erste unter
44) Das. 10, 10. 45) Das. 10, 12. IC. 22. 4ß) Das. 10, 12. Ifi.
cfr. §. 38. A. 71. 47) cfr. A. 21. u. ad Fani. 10, IG. 18) ad Faiu. 10,
12. 40) Das. 10, 10. 30) Oben §. 30. 51) 8 Pbil. 3.
V. ANTOxNIl. (11. §. 12.) 289
den fünf des Octavian,^^; welcher durch das Aufgehet der Vete-
ranen und die Verlockung der Legion des Mars und der vierten
Antonius nöthigte, früher zu den Waffen zu greifen, als er ge-
wollt hatte. Dauer waren nicht sofort alle seine Truppen verei-
nigt; ein Theil erreichte ihn sogar erst nacli seiner Niederlage.
Mit ihm giengen die 2. und 3-'>. Legion, weiche ihm von den
niacedonischen übrig l>lieben, die 5. oder die Alaudii, ferner Ve-
teranen aus Cäsars Colonien, ohne Zweifel seine priltorische Ge-
hörte, und Reuterei. Eine Legion wurde jetzt erst errichtet
und ihm von seinem Bruder Lucius von Tibur zuseführt. ^^)
Die Reuter, wahrscheinlich ]\Iauren , ■''^>' welche ihm mit Ele-
phanten folgen sollten, geriethen in die Gewalt des Octavian,
kamen aber vor der Schlacht wieder zu ihm. Willirend der Be-
lagerung verstärkte er sich durch 2 neu ausgehobene Legio-
nen, ^^^ denn als die Consuln erschienen, hatte er überhaupt 6
ausser den Evocaten, dem leichten Fussvolke, 2 prätorischen Co-
horten , deren eine Lepidus gehörte, und einer sehr zahlreichen
Reuterei.^'') Octavian und Hirtius fanden nicht seine jranze
Macht vor Mutina vereinigt, sondern ein Theil hielt nordwest-
lich Regium Lepidi (Reggio) und weiterhin Parma besetzt, iiml
ein anderer südöstlich Bononia an der ämilischen Strasse, aut
welcher er den Feind erwartete , ^^) ein Posten wurde auf die-
ser Seite bis Claterna vorgeschoben. ^^) Dalier war Cicero un-
zufrieden, dass Brutus nicht durch einen Ausfall den Krieg za
endigen versuchte. •''^^) Mit grosser Sorgfalt bewachte Antonius
die Scultenna, welche östlich von Mutina und in dessen Nähe
jene Strasse durchschnitt. ^>^J Jenseits des Padus streiften eini-
ge Abtheilungen , Mannschaft auszuheben, und Geld und Lebens-
mittel herbeizubringen; in Patavium und wo man sonst stark
genug war , trieb man sie zurück, aber keineswegs aus Anhäng-
lichkeit an Brutus oder an den Senat. *'^) Auf der cassischen
52) §. 30. A. 95. 53) §. 30. A. G2. f. 54) ad Fam. 10, 30. Dio
40. 47. nennt sie Gallier. S. §. 32. A. 50. 55) ad Fam. 10, 33. fin.
50) §. 30. A. 60. 57) ad Fam. 1. c. u. 12, 5. 10 PhiJ. 5. 14, 3. 1.
58) 8 Phil. 2. 59) ad Fara. 12, 5. 00) Dio 40, 30, App. 3. .573. Die
Stellen, worin der Fiuss ohne Beziehung auf diesen Krieg erwähnt wir-.l,
sind schon von Anderen gesammelt, S. unleii A. 95. 61) 12 Phil. 4. Um-
ten §. 50. A. 3.
DtuOiiUm. Geschichte Rums 1. JO
'200 V. AXTOXFf. (14. §. 12.)
Strasse In Etruricn stanil Cäseunius Lerito, welcher schon unter
Ciisar j^edient hatte , *'-' und auf der flaniiiiischen, oder auf dem
AVege von Rom nach Ariuiinium P. Ventidius. Man glaubte ihn
zu der Zeit, wo die 12. Philippika gehalten wurde, zu Ancona
im Picenischen, ^^^ und Appian erzählt, *•*) er habe in Cilsars
Colonien zwei Legionen geworben, und diese gegen Rom ge-
führt, um Ciceros Willkiihr zu steuern, welcher nebst Allen,
die mit ihm fürchteten, entflohen sei. Nun habe er sich mit
Antonius vereinigen Avollen, aber durch Octavian und Htrtius
von ihm abgeschnitten, sich nach Picenum gewaiult, wo er noch
eine liCffion aushob und das Weitere erwartete. Nach dem Zu-
sammcnhange gehört diess in die erste Hälfte des April; es
scheint, dass er Rom nach Pansas Abgange bedrohte und auf
die Nachricht, dass dieser eine Legion zum Schutze der Stadt
zurückgelassen habe, sein Vorhaben aufgab. Er entkam später
über die Apenuinen , und erreichte Antonius auf dessen Riickzii-
ge nach Gallien. '••'•) Einigen Ersatz erhielt dieser vor der
Schlacht durch Truppen des l^epidus , unter welchen sich die
prätorische Cohorte befand. Lepidus war der Befehl zugegan-
gen, die Consuln zu unterstützen, und er entsandte M. Silanus
mit unbestimmten Aufträgen , deren sich dieser nach seinem
Wunsche zu entledigen glaubte, als er sich an Antonius an-
schloss. «0)
Der Belagerer von Mutina liess hiernach nichts unbeach-
tet, was einen Entsatz oder Uebcrfall verhindern und den Rück-
zug sichern konnte. Indess wurde die Stadt von einer bedeu-
tenden Macht vertheidigt, von 2 Legionen alter Truppen, wel-
che schon unter Cäsar von D. Brutus befehligt und ihm erge-
ben waren, von einer neu geworbenen, einiger Reuteroi und
von Gladiatoren. ^''0 Diese, unter deren Schutze Cäsar getödtet
war, hatten Brutus von Rom in die Provinz begleitet. ^^^ Ei-
ner der Mörder, Pontius Aquila, jetzt Legat des Brutus und
sehr reich, lieh ihm, wie viele Andere, Geld zur Besoldung der
62) Das. c. 9. §. 40. A. 10. §. 72. A. 37. (53) Cic. I. c. 64) 3,
569. 05) Unten §. 51. A. 19. ü(i) Die 10, 29. (in. 38. 51. Zon. 10, 15.
cfr. Cic. ad Farn. 10, 30. 34- S. §. «1. A. 13. (i7) §. 30. A. 96. 68)
App. 2. 502. 3. 558. Dio 44, IG. S. Julii Caes. Dict. a. 44.
V. ANTONII. (11. §. 42.) 291
Truppen,"'-'^ wozu die aus den Alpen zurückgebrachte Beute
bald nicht zureichte;^") er focht ausserhalb der Mauern, so
lange es möglich uar, und sciilug T. .Alunatius Plancus, "") dessen
Zerrbild sich mehr als einmal in den Philippiken findet. Durch die
Gegenwart der Consulare, welche im Januar als Gesandte des
Senats erschienen, wurden die Belagerungs - Arbeiten nicht un-
terbrochen; Antonius erlaubte ihnen nicht, in die Stadt zu "-e-
hen, ^-^ und obgleich seine Versuche, hier durch Sendlinge Meu-
tereien zu stiften, misslangcn , so wurde die Gefahr doch im-
mer grösser, dass er durch Uebergabc oder Sturm zum Ziele
gelangte. ^"^)
Von aussen beeilte man sich nicht, Mutina zu retten. Octa-
Tian hatte sich mit Veteranen Casars zuerst gegen Antonius ei*-
hoben und dann durch Ucberliuifer , durch die Legion des Mars
und die vierte , seine Macht vermehrt. Aus jenen erricJitete er
zwei Legionen, welche durch Neugeworbene ergänzt werdeii
nuisstcn, und eine aus Tironen. Der Sammelplatz für Alle war
Aretium in Etrurien. '^*) Doch wandte er sich nach Umbrien,
um nicht allein mit dem Feinde zusammen zu treffen, und zo^
o
hier auf der flaminischen Strasse nach dem Norden, als er zu
Spo'etium '^^ den Senatsbeschluss vom 2. Januar erhielt, wel-
cher ihm mit dem Titel eines Proprätor den Oberbefehl über
sein Heer verlieh. ''^■^ Nach einem alten Marmor übernahm er
diesen mit den Insignien und unter den üblichen Opfern am 7.
Januar, "'''■> wobei er es nicht an günstigen Anzeichen und an
der Erklärung fehlen Hess , dass er diese Ehren seinen Truppen
verdanke , welche sie ihm früher angetragen ''^) und dadurcli
den Senat vermocht haben, sie ihm zu bewilligen, dass er
nach der glücklichen Beendigung des Feldzugs ihnen vergelten
69) Dio 46, 40. Cic. ad Fam. 11, 10. fin. Julii 1. c- 70) §. 17. a.
17. 71) Dio 46, 38. Zonar. 1. c. cfr. Cic. 11 Phil. G. 13, 12. S. $. 45.
A. 92. 72) §. 38. A. 11. 73) Dio 46, 30, 71) §. 31. A. 15. §. 32.
75) Plin. 11, 73. (37.) 76) §. 35. A. 11. §. 30. A. 28. 77) Marm.
Narben. Lei Gruter. p. 229 : VII. Idus. lanuar. 5?/« die primuiu impcrium
orliix terrarum auspicatus est. Bei Plin. I. c. priino potestatis suae die,
cfr. Fast. Verr. Place, p. .'5. n. das. Foggiai. Tacit, Ann. I. 10. u. Ecfche!
Vf. p. 70. 78) §. 32. fin.
19*
292 V. AXTONII. (14. g. 42.)
wcrflo. "^^i Diiiin überschritt er tlen RnMcon , *V\c Cränze des
cisal])inischen Gtillicns, und erwartete die Ankunft der Coii-
suln. 8">
In diesen Tagen setzte sieh Hirtius in Bewegung;, um sich
mit ihm zu vereinigen, obgleich er von seiner Kranklicit noch
nicht hergestellt war. ^') Ausser der prütorischen Coiiortc 8-*
begleitete ihn die 7. Legion , Avelche aus Veteranen l)estand, ^''^)
A1.S er bei Octavian anlangte, ül>ernahm er als Consul ilan Ober-
befehl 84) unJ die Kegion des Mars nebst der vierten. ^*') So
hatte es der Senat verordnet, die Faction, wc'clie mit Cicero
dem Erben Cäsars die Waften zu entreisscn MÜnschte, ehe er
sie noch gebraucht hatte, und den Ehrenbeschluss in eine l*os.se
verwandelte; tief gekränkt schwieg er und gehorchte. ^''^ Die
beiden Fcldherrn bezogen darauf die AVinterquartiere, Octavian
zu Forum Comelium (Imola),^^) und Hirtius etwas Aveiter "ge-
gen Norden zu Clatcrna , '^'^) wo er die Besatzung des Antonius
vertrieb.^'*) Hier standen sie noch im Februar;'-"') die Jahrs-
zeit und Pansas Rüstungen dienten den Consuln zum Vorwande,
nichts zu thun, und verschafften Octavian mehr Müsse zum Le-
sen, Schreiben und Declamiren, als ihm angenehm war. '■")
Der AVinter näherte sich seinem Ende und immer grösser
wurde die Noth in Mutina; ^~) Pansa wurde vergebens erwartet;
seine A^orkehrungcn zum Aufliruclic , die Verhandlungen im Se-
nat, und vor Allem sein Wunsch, durch einen Vergleich dem
K'ampfe zu entgehen, hielten ihn in Rom zurück; da konnte
Hirtius nicht länger zögern; er rückte mit Octavian gegen die
feindliche Stellung vor, um die Belagerten zu ermuthigen und
79) App. 3. 508. Die 46. 35. Suef. Ocf. 05. wo diese Anzelclien in
eine spätere Zeit gesetzt werden. Plin. 1. c. Obseq. 129. (Inten §. 49.
A. 2. 80) Dio 1. c. 81) §. 37. A. 78. 82) ad Kam. 10, 30. 83) 14
Phil. 10. Daher isl 11 l'hil. 11. nicht VII. sondern VI. el VUl. leg. za
lesen. S. das. (iaratoni. u. unten §. 51. A. 10. 84) 12 Thil. 3. fin. 85)
14 Phil. 10. ad Fani. 10, 30. cfr. 11, M. App. 3. 5ÜS. 574. (in. 80)
App. 1. c. u. 574. 575. cfr. Vcllej. 2. Gl. Suel. Oct. 10. üio 16, 2».
Eutrop. 7. 1. Oros. G. IS. Zonar. 10, 14. 87) ad Fani. 12, 5. Dia 16,
35. 88) ad Fani. J. c. 89) 8 Phil. 2. 90) ad Farn. u. Philipp. 11. cc.
91) Dip I. c, Suet. Octar. 84. 92) üio 4ü, 35. 36. App. 3. 368, cfr. ad
Farn. 12. 6.
V. AXTONII. (il. §. 42.) 29;i
fiinen Tlieil von Antonius Heere von iliiien al»zuziehcn. Ohne
Schwerdtsclilag wurde Hunonia besetzt, weil der Feind es räum-
te ;'-*'*^ auch i'uruiu Gallurum, /wiscliea dieser Stadt und Mutina,
versuclite Antonius nicht zu hehaupten , aber westlich bis zu»
Scultcnna hielt seine Reuterei, n»it welclier man viele, nicht«
entscheidende Gefeclite hatte, und die Reuter, welche früher
von üctavian gefangen genommen waren, sich wieder vereinig-
ten. 9*) Da es dem Consul nicht gelang, sich Brutus durch
Feuerzeichen bemerklich zu machen, so schrieb er ihm auf ei-
ner bleiernen Platte, mit welcher Taucher in der Nacht durch
die Scultenna schwammen; auf dieselbe Art erhielt er Antwort. '•'•''^
Auch liess er Salz, woran es vorzüglich fehlte, und einiges
Schlachtvieh den Fluss hinab in die Stadt bringen, '■"'>' und als
der Feind, in jenem Netze ausspannte, wurden Tauben als Hriel-
boten gebraucht. '■'^^
Nach der Ankunft des Hirtius im cisalpinischen Gallien
hatte Antonius ihn und Octavian aufgefordert, als Cüsarianer
sich mit ihm zu verbinden, oder doch den Verschworen3n und
deren Anhange keinen Beistand zu leisten, weil diese aucli ih-
ren Untergang beschlossen hätten. Sie verwiesen ihn an den
Senat mit der Bemerkung, man wünsche in Rom einen Vergleich
und werde zu dem Ende fünf Consulare zu ihm schicken, docii
sei die erste Bedingung, dass er Brutus freien Abzug oder Zu-
fuhr gestatte. ^^J Dadurch veranlassten sie ein anderes Sclireibeu,
worin er mit weniger Sclionung rügte, was ihm in ihrem Ver-
fahren schlecht und verkehrt zu sein schien. ^'•>) „Die Nachricht
von dem Tode des C. Trebunius hat mich eben so sehr erfreut
als betrübt. Dass der Verbrecher für sein Vergehen gegen den
berühmten Mann gebüsst, und die Rache der Götter ihn ereilt
hat, ehe noch ein Jahr verflossen, dass der Mord, welcher an
dem Vater des A'aterlandes verübt worden , bestraft ist , oder
gewiss bestraft werden wird, erregt Freude. * Dass jetzt Dola-
bella für einen Staatsfeind erklärt ist , ^^^) weil er einen Meu-
93) Dio 40, 30. 94) Dio 1. c. u. c. 37. App. 3. 509. 95) Dio 46^
36. Frontin. Strat. 3, 13. §. 7. Zonar. 10, 14. 90) Frontin. 3, 14. §.
3. u. 4. 97) Plin. 10, 53. (37). Front. 3, 13. §. 8. 98) 13 Phil. 11.
17. §. 41». A. 94. 09) 13 Phil. 10. f. Ueber die Schreibart de« AHton. s.
unten; «Jharaeleristil. 100) Oben §. 3'.' A lö.
294 V. ANTONH. (14. §. 42.)
«helmörder gctödtet, und der Solm eines Posscnrcisscrs 'V dem
römlsclicn Volke thcurcr zu sein scheint, als C. Ciisar, der Xa-
ter des Vaterlandes, -) erpvcsst Seufzer. Am sclinierzliclistcn aber
ist CS, dass ihr, du, Hirtius, der du von Ciisar mit Gnaden-
hezeugungen überhäuft und so erhoben bist, dass du selbst über
dich erstaunst, und du, junger ^lann, der du seinem Namen
alles verdankst, darauf ausgeht, die AVclt cluuben zu machen,
Dolabclla sei mit Recht vcrurtheilt, diesen Giftmischer von der
Delagerung zu befreien, Cassius und lirutus zu grosser Mucht
zu verhelfen. Diess ist der alte Wahn: das Lager des Ponipe-
jiis nennt ihr Senat. Cicero, den Besiegten, habt ihr zu eurem
Anführer erkoren; ihr sendet Heere nach Maccdonien: ihr habt
Afrika dem zweimal gefangenen Varus anvertraut , •') Cassius
nach Syrien geschickt, Casca zum Tribunal zugelassen, ** den
jtilisclicn Lupcrci ihr Einkonuncn entzogen,^) und die nach Ge-
.setz und Senatsbeschluss ausgeführten Colonien der \'etcrancn
aufgeliobcn. '') Den Älassiliern versprecht ihr dagegen wieder
zu geben , ivas sie nach dem Kriegsrechte verloren haben. '^)
Das Gesetz des Hirtius, nach welchem kein Pompejaner zu Ehren-
stcllen celansen soll, wird nicht beobachtet. ^) Brutus ist von
euch mit dem Gelde des Appulejus ausgestattet, ^> die Hinrich-
tung des Pätus und Mencdcmus, der Gastfreunde Casars, welche
1) S. Trebonii. 2) §. 16. A. 90. 3) Sex. Qiilnctiiius Varus wurde a.
'19. zu Corfinium aefaiigeii um) von Cäsar begnadigt, focht ab^-i dann in
Afrika von neuem gegen ihn. Caesar B. C. 1, 23. 2, 2S. 4) §. 24. A.
81. 5) Unter Cäsar und ihm zu Khren lam zu den beiden Classen der
l-uperci, den Fabicrn und Quintiliern, eine dritte hinzu, die Julier, wel-
chen der Dictator FJiikünlte anwies und der Senat nach dessen Tode
wieder entzog-. Zu den Juliern gehörte auch Antonius. Die 45, 30. Ja-
lii Caes. Diel. Der Antrag des Tribuns, dessen Cicero 7 Phil. 1. gedenkt,
(§. 37. A. 93.) war nicht gegen diese Classe gerichtet, sonst würde jener
ihn nicht als etwas l'nzeitiges oder dorh Gleicligiiltiges erwähnen. C)
Nicht bloss Veteranen waren in Folge des AcVcrgesetzes versorgt, wel-
«•hes Lucius Antonius im vorigen Jahre als Volkstribun bestätigen Hess,
(§. 11. A. 58. f.) und der Senat in diesem fliif den \orschlag d'-s L_
Cäsar für ungültig erklärte. (Das. A. 77.) Antonius hatte gute Gründe,
seine im Namen der Veteranen erhol)ene klage allgemein zu fassen,
nnd Cicero, eben so allgemein zu erwiedern, man habe die (von Cäsar
gegründeten) Colonien anerkannt. 7) §. 3S. A. 50. f. 8) Hiilius halle
dabei unter Cäsar den Namen hergeliehen, welcher dann selbst viele
Vomiiejaiicr ber«»rderte. 9) §. 39. A. 100.
V. ANTONII. (14. §. 12.) 295
diesev mit dem Bürgerrechte Ijcsclienkt hat, Ist von euch ge-
loht, und das Scliicksal des Thcopompus, '"^ Melchcr von Allem
enthlösgt vor Trebonius hat nach Alexandricn entlliclicn müs-
sen, nicht heaclitet. Scr. Galha seht ihr mit demselben Dolche,
mit welchem er Cäsar durchbohrt hat, in euerem Lager. '0 An-
geblich gegen die Mörder Cäsars haht ihr meine Soldaten oder
Veteranen zusammengezogen und sie dann unerwartet gegen
mich, ihren ehemaligen Quiistor oder Feldhcrrn und gegen ihre
Kampfgenossen geführt. Habt ihr nicht gebilligt und gethan,
Avas nur irgend Cn. Pompcjus seihst thun könnte, wenn er noch
lebte, oder sein Sohn, wenn er in Rom sein dürfte? Der Frie-
de, sagt ihi-, sei uniuöglic!i , wenn ich nicht die Belagerung
aufhehe oder Brutus mit LebenvSmittcln versorge; wird diess den
Beifall jener Veteranen erhalten, welche noch immer Aviihlcn
können?'-) Denn ihr habt euch für Schmeicheleien und ver-
giftete Ehrengeschenke verkauft. Aber ihr kommt, den Bela-
gerten zu helfen. Mögen sie unverletzt ahziehen , Avohin ihr
wollt, wenn sie nur gegen dessen Tod nichts einwenden, der
ihn verdient hat. Ihr schreibt, im Senat sei von einem Ver-
gleiche die Rede gewesen, und fünf Consulare werden sich als
(■esandte bei mir einfinden; es ist schwer zu glauhen, dass die-
jenigen, welc])e mich auf das Aeusserste gel)racht liabcn, wäh-
rend ich die hilligsten Bedingungen machte und nocli davon
nachzulassen gedachte, irgend gemässigt oder mensclilich han-
deln können , oder dass man da, wo man wegen einer durchaus
rechtmässigen That Dolabella geächtet hat, mich schonen werde,
der ich ehen so denke. Ucherlogt dahei: wohl, was geziemender
und unserer Partei, zuträglicher, ist, den Tod des Trehonius oder
Cäsars zu rächen, uns zu hekriegen, damit die Pompejaiicr,
welche schon so oft abgethan sind, wieder aufleben, oder durch
Einigkeit zu verhüten, dass wir niclit ein Spott unserer Feinde
werden. AVer von uns auch unterliegen mag, diesen hleiht im-
mer der Gewinn. Bis dahin hat Cicero, der Aufwiegler, das
Schauspiel noch nicht gehaht — Dank sei dem Schicksal —
10) Er gehörte zu Cäsars f^ünstlrngei) , daher im Folgenden Ciceros
verächtliche Aeusserung über ihn. cfr. ad Attic. 13, 7. IDcfr. ad FaDiil.
10, 30. u. Sulpicii. 12) Sich für die eine oder die andere Partei er-
klären.
206 V. ANTONH. (li. §. 42.)
ilass zwei Ilecre, (lücder Eines Körpers, mit einander kämpfen,
er, der so glücklich ist, euch durch dieselben Ehren zu täu-
schen, Modurch er Cäsar getäuscht zu haben rühmt. Bei mir we-
nigstens steht es fest, keine Schmach zu dulden, sie treft'e mich
oder die Meinigen, die Partei nicht zu verlassen, welche Pom-
pejus vcrhasf-t war, nicht zu gestatten, dass die Veteranen ihre
Accker verlieren und einzeln zur Folter geschleppt werden, mein
Dolabella gegebenes Wort nicht zu brechen, den Bund mit Le-
pidus, einem Manne, welcher nie seine Verpflichtungen ver-
gisst , '3) nicht aufzuheben, und Plancus, der mit mir einver-
standen ist, nicht zu verrathen. Wenn die Götter mich bei
meinen Bestrebungen für die gute Sache begünstigen, wie ich
lioflTe, so werde ich gern leben ; erAvartet mich aber ein anderes
Schicksal, so habe ich die Freud^, vorauszusehen, dass dann
auch ihr gcAvaltsam endigen w«rdct; denn wie werden die Pom-
pejaner als Sieger sein, da sie besiegt so übermüthig sind ! Mit
Einem Worte, ich kann die Beleidigungen, welche Männer mei-
ner Partei mir zugefügt haben , vergeben , weiin sie entweder
vergessen wollen , wie sie an mir gehandelt , oder bereit sind,
Cäsars Tod mit mir zu rächen. Dass dahin Gesandte kommen,
wohin der Krieg kommt, '^) glaube ich nicht; doch wenn sie
kommen, Mcrde ich hören, was sie fordern."
Hirtius und Octavian antworteten nicht, sondern schickten
den Brief nach Rom, wo Cicero ihn am 20. März im Senat
vorlas und erörterte. ^^) So blieb Antonius nur übrig, sie mit
Gewalt zu entfernen , und bald , ehe auch Pansa erschien. Nur
mit List konnte er sie aus den Schanzen locken ; in einem Ge-
fechte, welches sie anfangs kaum beachteten, weil sie es für
ein gcAvöhnliches Scharmützel hielten, entwickelte ier immer grö-
ssere Massen, und nöthigte sie dadurch, die Ihrigen ebenfalls
7.U verstärken. Sie waren nicht vorbereitet und wurden geschla-
gen. Seitdem beschränkten sie sich auf die \ ertheidigung ihres
Lagers. ^^) '• urz vor dem 20. April erhielt man in Rom Kun-
J3) Pii'ssimi hominis^ gegen das Vaterland, gegen Cäsar oder gegen
AntoniüM< Dieser läsit die Wahl. 14) Bellum qu» venfui. c. 21. Ohne
/.wcifel nicht Worte Cicerus, suiiderii deü Antonius^ der ganze Brief ist
in einem gesi:liraul>ten »Stil al»g«litt>st, «Jiiii reich aii-ge.s|ichten_(i.et;;eniälzen.
l^) 13 Phii. 20. Oben §. 4). A. 26. JO) Dio 46, 37. Apf. *. 61.9, in.
V. AXTüNlI. (11. §. 13.') 297
de ilavon: die Freunde des Siegers iibcrti iel»en , so dass die
Stadt in die heftigste Bewegung gerietli und die Partei C'iceros
verzweifelte, ^^^ bis bald darauf andere Nachrichten sie beru-
higtca.
§ 43.
Pansa hatte nach langen Rüstungen''^) und angeblich unter
ungünstigen Anzeichen ^^) am 20. März oder an einem der näch-
sten Tage Rom verlassen, ^^) zu dessen Schutze eine Legion zu-
viickblieb. -0 Mit vier neu geworbenen , von welchen man we-
nig erwarten durfte, und die noch weniger leisteten,--) zog er
»ach dem Norden; -^) denn längeres Säumen drohte Hirtius oder
Brutus , oder Beiden verderblich zu werden. Er erreichte Bo-
nonia am 14. April, und am 15. entspann sich ein dreifacher
Kampf,-*-* der erste und zweite bei Forum Gallorum (Castel
Franco) einem Flecken südöstlich A'on Mutina, 60 Stadien von
ihm entfernt, ^j) und der dritte in der Nähe dieser Stadt selbst,
das blutige Vorspiel zu der nach ihr benannten Schlacht. -'') Um
Pansa Eile zu empfehlen, schickte Hirtius ihm etwa 100,000
Schritt den Verschworenen Ser. Galba entgegen, -'') und damit
17) 14 Phil. 4. G. Unten §. 44. in. 18) §. 37. A. 79. f. 19) Dio
40, 33. Oliseq. 120. 20) §. 41. in. 21) App. 3. 584. Dio 40, 44. Ob-
seq. 1. c. 22) App. 3. 571. 575. 23) ad Fam. 10, 30. 24) 14 Phil. 3-
0. 10. 14. 25) App. 1. c. 26) Der Bericht des Ser. Galba über das er-
ste Gefecht , an welchem er selbst Theil nahm , und über das zweite, in
einem Briefe an Cicero , ad Farn. 1 0 , 30. ist sehr verworren und aus
Appian 3. 5G0. f. zu ergänzen; er will offenbar seine eigenen Verdienate
hervorheben, und verschweigt deshalb den Namen des Carfuleniis, welchem
er untergeordnet war; auch der Verwundung des Pansa gedenkt er nicht,
obgleich er am Tage nachher und aus dessen Lager schrieb. Aber wich-
tig sind die Zeitangaben in seinem Briefe, nach welchen Ovid. Fast. 4.
625. die Gefechte um einen Tag zu früh setzt, auf den ersten nach den
IduB, = XVni. Cal. Maii, = 14. April. Diö 46, 37. berührt diese Er-
eignisse nur. 27) ad Fam. 10, 30. cfr. 13 Phil. 16. Cluver. Ifal, ant. 1.
p. 286. findet diesen Raum zu gross, welcher selbst bei Eilmärschen 5 Tage
erfordert habe; hier ist aber von einem Einzelneil die Rede, von wel-
chem wir nicht wisse;», wKnn er Hirtius verliöss ; Carfillenus brach spä-
trt-ilüf'nnd mit einer betracKllii hon Schatrf;' tr konnte allerdings nicht
fo weif vordrinsren,'^^ '
29S V. AMoMI. (14. § i;j.)
er gefahrlos den Weg durcli die AViilder und Sümpfe bei Forum
(j.'illorum zurücklegte, entsandte er in der Nacht vom 14. zum
15. die Legion des Mars mit der prätorisclieri Cohorte des Octa-
vian und der eigenen unter 1). Caifulenus. -S) Dieser war ein
persönlicher Feind des Antonius, und einst von ihm aus der
Curie verwiesen. -'■') Sein Unternehmen blich Antonius verl)or-
gen, welcher seinen Bruder Lucius zur Beobachtung des Brutus
und Hirtius zurückliess,''*') und die 2. und 35. Legion mit der
prätorischen Cohorte des Silan luid der seinigen nebst einem
TJicile der Evocaten nach Forum Gallorum führte. Oestlich
vom Flecken, zu beiden Seiten des hohen aber schmalen Damms,
auf welchem sich die ämilische Strasse gegen Bononia hinzog,
in einer sumpfigen, mit Gebüsch und Scliilf bewachsenen, und
zur Austrocknung mit Gräben durchschnittenen Gegend, legte
er die Legionen in einen Hinterhalt. Vor ihm zeigte er nur
Keutcrei und leichtes Fussvolk, um Pansa mit seinen Tironeii
herbeizulocken. '^')
Ohne Gefahr zu alinden näherte sich der Consul mit den
Truppen des Carfulenus ; zwei seiner eigenen Legionen folgten
in einiger Entfernung, die beiden andern sollten unter dem
Quästor Torquatus mit dem Gepäck aus dem Lager nachkommen.
Dass man sich niclit weit von den Linien eines schlauen und
entschlossenen Feindes befand, war bei dieser Anordnung verges-
sen, und noch verderblicher ivurde sie durch den Ungestüm der
Legion des Mars, welche beim Anblicke der Antonianer sich
auf sie stürzte, ohne Befehle zu erwarten, und die prätorischen
Coliorteu mit sich fortriss. 2^) Jene wichen bis zum A ersteck.
Plötzlich bracli ihr Fussvolk auf drei Seiten hervor, und nö-
thigte den Consul, seine kleine Schaar in eben dem ISIaasse zu
theilen: auf dem rechten Flücrel fochten acht Cohortcn unter
Carfulenus und Galba gegen die 35. Legion, in der Mitte auf
der ämilischen Strasse, welche die Flügel trennte und einander
unsichtbar machte, ^^) die prätorischc Cohorte des Octavian
28) App. 3. 569. nennt Ihn Carsuleiiis. 20) 3 Phil. 0. cfr. ad Fain.
10, 33. ad Att. 15, 4. 30) Dio 40, 37. Zonar. 10, 14. 31) ad Fam.
. c. App. Dio U. cc. Front. Slrat. 2. 5. §. 39. Cicero giebt li Phil. 10.
Antonius drei Legionen, damit Hirtius als Sieger desto grösser erschien.
32) ad I-ani. 1. c. 14 IMiilipp. 0. 14. 33) App. 3. 570.
V. ANTONIi. (14. §.43.) 299
gegen die beulen feindlichen, und auf dem linken Flügel zwei
Cohorten nebst der prätorischen des Hirtius unter Pansa selbst
gegen die zweite Legion, Beide Theile fühlten die Wichtigkeit
des Tages, denn in Pansa, schien es, siegten oder unteiiogeu
auch die, welche er retten sollte; beide kämpften zugleicli für
ihren Ruhm: die Legion dos Mars wollte ihren Ruf daduich aufs
liüchstc steigern , dass sie Zwei Legionen überwand , und diese
setzten Alles dar;in, um nicht A'or Einer zu fliehen; beide end-
lich hatten Beleidigungen zu rächen, denn jene zürnte, dass
ihre ehemaligen Waffengefahrten nicht die Bestrafung der Meu-
terer aus ihrer Mitte in Brundusium verhinderten, "'J und diese
gedachten, sie für den Abfall zu züchtigen. So führte jeder
seine eiffene Sache. Lautlos kreuzten die Krieger aus Cäsars
Schule ihre Waifen; es bedurfte keines Zurufs, keiner Leitung;
künstliche Bewegungen erlaubte ohnehin das Oertliche nicht;
man foclit in der Niilie, Mann gegen Mann, kein Streich fehl-
te, jede Lücke war sogleich wieder ausgefüllt, und nur oüf Au-
genblicke trennte man sich wie nach Verabredung, um üen er-
matteten Arm zu neuer Blutarbeit zu stärken. Da nahm Anto-
nius seinen linken Flügel um mehr als 500 Schritte zurück;
freudig verfolgten Carfulenus und Galba, als hinter ihnen die
feindliche Reuterei erschien, und Antonius mit einer anderen
Schaar von vorn sie drängte, so dass sie nur mit grossem Ver-
luste zu der herannahenden Legion der Tlronen sich duiclischlu-
gen. Auf der ämilischen Strasse widerstand die Cohorte des Octa-
vian , bis sie vernichtet war, und auch der schwache linke Flü-
gel des Pansa räumte das Feld erst dann, als er von den Reu-
tern umringt und der Consul schwer verwundet wurde. ■'^) Sein
Lager hatte Torquatus während des Gefechts, dessen Erfolg er
voraussah, noch mehr befestigt, und diess sowohl als die Hai»
34) Oben §. 28. A. 14. App. 1. c. 35) Mit einem Wurfspiesse in den
Weichen. App. 3. 571, Oros. 6. 18. cfr. Liv. 119, Cic. ad Farn, 10. 33i
Suet. Oct. U. Dio 40, 39. Zonar. 10. 14. Frontin. Strat. 2. 5. §. 39.
übseq. 120. Die ersten Naclir-cbten in Rom besagten , er habe zwei
Wunden, 14 Phil. 9. 14. u. Plutarch Anton. 17. ]äs8t es ungewiss, ob
er nicht auf dem Schlachtfelde endigte. Er wurde nach Bononia gebracht,
ad Farn. 11, 13. App. 1. c. wo er gleich nach der Schlacht bei Mutina
starb, etwas spater als Hirtius. S. unten.
300 V. ANTÜNII. (14. §. 13.J
tung der Legion des Mars, uciclie sicli ausserhalb wieder auf-
stellte, machte es Antonius unmöglich, mit den l'üeKenden hin-
ein/udriiigcn; zu einem regelmässigen Angriffe fehlte die Zeit;
er gicng zurück, nachdem ein grosser Thcil der Tirouen unter
dem iSchwerdte seiner Reuter gefallen war.
Schon neigte sich der Tag, als sein Heer unter Siegsge-
süngen, aber ohne Ordnung und vom Kampfe und den Hin-
und Herzügen erschöpft wieder auf der Wahlstatt bei Forum
(jaüorum eintraf. Hier begegnete ihm, Avas es so eben Ande-
ren bereitet hatte. Es sah sich einem neuen Feinde mit fri-
schen Kräften gegenüber, 20 Cohorten oder der 4. und 7. Le-
gion "''*-' unter Hirtius, welcher auf die Nachricht, dass Pansa
gedrängt werde, ihm zu Hülfe eilte. Der Consul nahm den
Adler der 4. Legion und gieng voran; -^ ) aber ohne Anstren-
gung Avurden die Ermüdeten bei dem ersten Anlaufe geschlagen
und zersprengt , und verloren 2 Adler und 60 Fahnen, ^s) j^jp
warfen die AVaffeu weg und irrten in der Dunkelheit kraftlos
und verwundet in den Sümpfen umher, avo Antonius sie durch
die Reuter sammeln und fortschaffen Hess. ^'■>) Zu dem Ende
blieb er in Forum Gallorum; erst gegen Morgen brach er nach
Mutiua auf. Hirtius hinderte die Nacht, die Gegend und der
Mangel an Reuterci^*^) seine Vortheile zu verfolgen; er wandte
sich nach dem Lager des Pansa, in Avelchem er ausser den
Flüchtlingen die beiden neu errichteten, noch ungeschwächten
Legionen fand. Auch von den Seinigen vermisste er wenige, *'>
nach Cicero nicht Einen Mann,^-.* aber das Heer seines CoUe-
gen und das feindliche waren um die Hälfte aufgerieben. "^^^
Im Zorne über seine Niederlage verbreitete Antonius, Octa-
vian sei im ersten Treffen ohne Feldherrnmantel und ohne Pferd
entflohen, und zwei Tage hindurch nirgends sichtbar gewor-
den; **) Dio berichtet,*^) er habe am 15. April gar nicht ge-
focliten. Beides ist falsch; denn er blieb in Hirtius Al)wesenhcit
im Lager bei Mutina, und A-ertheidigte es mit Avcnigen Cohor-
ten gegen Lucius Antonius , freilich nur gegen einen Scheinan-
3G) ad Fam. 10, 30. 14 Phil. 10. 12. 37) 11 Phil. 10. 38) adFam.
I. c. 39) App. 3. 571. 572. 10) 11 l'hil. 10. 41) App. 3. 572. 42"^
14 Phil. 12. 14. 43) Vgl. Dio 40, 37. Zonar. 10, 14. lär. 119. Oros.
6. IS. 44) Suel. Oelav. iO. 45) 4ü, 3i.
1
V. ANTONir. (II. §. 41.) 301
griff, wodurch jener das Unternehmen Beines Bniders rerhcrgen
wollte. Ciceros Ahsicliten erforderten, den Kampf als eine drit-
te Srhlacht zn hezeichnen. ^'0 Anch die Truppen untersehiedet»
nicht; sie begrüssten die Ijeidcn Consiiln und Octavian als Im-
peratoren,''^) und zwar erhielt dieser den Titel, welclien er 21
mal annahm, ^^) jetzt zum erstenmal.
§ 44.
Drei oder vier Taoje zuvor, ehe Cicero nm 22. April sei-
ne letzte Philippika hielt, meldete man aus dem Lager des An-
tonius, dass er Hirtins gesehlagen habe. ''^) Diess kann sich
nur auf das früher erwähnte Gefecht an den Ufern der Sculten-
na'^") beziehen, nicht auf die Niederlage des Pansa; denn da
Galba schon am folgenden Tage nach Rom schrieb, am 16.
April, und also noch viel mehr Hirtius, so ist es unmöglich,
dass man dort die Ereignisse des Morgens so viel früher erfuhr,
als die Flucht des Antonius am Abend. Die Nachricht also,
dass dieser in einem Kampfe mit Hirtius Sieger geblieben sei,
wurde von seinen Anhängern und seiner Familie zu einem Ver-
suche benutzt, Cicero zu stürzen. Nach ihren Aeussernngen
war dessen Partei auf das Höchste gefährdet; um so leichter
sollte man ihnen glauben , dass er sich am 22. April zum Dic-
tator aufwerfen werde. ^U Calcmis und Fulvia, von welchen
ohne Zweifel alles ausgieng, veranstalten Versammlungen in der
Curie des Pompejus; ^-) man wollte Cicero an jenem Tage die
Fasces überschicken, als geschehe es mit seinem AVillen, und
ihn dann durch Gedungene als Tyrannen tödten , während An-
dere Capitol, Markt und Thore besetzten. So wurde ihm we-
nigstens hinterbracht. Dass er als ein Catilina endigen sollte,
war ihm das Schmerzlichste, ^^j Der Tribun P. Appulejus, be-
rief das Volk am 21. April, ihn zu rechtfertigen, und es er-
40) 14 Phil. 3. 10. 14. Gros. 6, 18. cfr. Dio 40, 37. 47) Dio 46,
38. Zon. 10, 15. 4S) Tacit. Ann. 1, 9. Dio 52, 41. Darnach ergänzt
Chishull Ani. Asiat, p. 172. u. 183. richtig monuiu. Ancyr. 1. v. 19. ob-
gleich N'oris. Cenot. Pis. Dlss, 2. c. 17. zu beweisen sucht, dass Auga-
stus nur 20 mal Imp. gewesen sei. 49) 14 Phil. 4. G. 50) §. 42. fin-
51) 14 Phil. 5. 52) Das. c. G. Sie wird nicht genannt, aber die Beschrei-
bung lässt sie nicht verkennen. 53) c. 5.
302 V. ANTONIf. CM- §• 44.)
klärte, «lass er stets ei« aufriclitiger Freund der Republik ge-
wesen sei. Zwei bis drei Stunden später erschienen die Sie-
gesbüten und verschaftten dem tief Gekränkten eine noch glän-
zendere Gcnugthuung. ^*' Denn gleichsam als das Haupt und
der Retter des römischen Staats begab er sich auf das Capitol,
den Göttern für dea Erfolg seiner Anstrengungen zu danken,
und die müssige Menge, welche noch auf dem Markte vcnveilte,
und die Neuigkeit von ihm hörte, schloss sich an, und beglei-
tete ihn von Freude berauscht nach dem Tempel uud nacii sei-
ner Wohnung zurück , so dass er am anderen Tage im Senat
dieses Gaukelspiel als einen Triumpli erwähnen konnte, ''■'J als
einen Tribut, welchen das V^olk mit seinem richtigen Blicke
uud unbefangenen Ürtheile dem Verdienste gebracht habe.
Da Pansa tödtlich verwundet Avar, und Octavian bei Mu-
tina stand, so berichtete Hirtius am 16. April aus dem Lager
des Ersten, ^^^ als er bereits die glückliche Vertheidigung des
eigenen erfahren hatte. Er schrieb aber zugleich im Namen
der beiden anderen Feldherrn ^^^ und gedaclite ihrer auf das
Ehrenvollste, seines Collegen, welcher vorankämpfend zwei
"Wunden erhalten habe, und des jüngeren Cäsar, durch dessen
Entschlossenheit ein grosses Lager mit weniger Mannschaft be-
hauntet sei; auch seine eigenen Thaten liess er nicht uner-
wähnt, ^^^ und bat zuletzt, die Sieger durch die Anordnung
eines Dankfestes zu belohnen, ^^^ welches dem Triumphe vor-
ausgieng.
Der Rrätor M. Cornutus verlas diesen Bericht "oj ani 22.
April''''' im Senat. Auf seinen Antrag, sich über dessen Lihalt
und insbesondere über die Forderung der Feldherrn zu bera-
51) c. G. 55) c. 5. vgl. c. 7. 5C) §. 43. A. 40. 57) c. 8., 58) c.
9. 10. 50) c. 8. fin. 60) c. 1. 4. 14. Vgl. §. 41. A. 19. Ül) c. 5. Per
■i(f//s Q/n'ntifrf!, welches die Handschriften haben, giel)t hier keinen Sinn.
Ferrarius schlug vor, pridie l'ifialia zu lesen, und IMuretus fand darauf
in einer Handschrift in Venedig: prid. fiiiin. worin zur Herstellung d.
richtigen Lesart nur Ein Buchstabe ausxusto88en ist. Plinius 18, 09. §.
3 u. 4. (29) unterscheidet rinalln priorn und allrra fr?/slir(r) ; jene
•wurden nach seiner Angabe IX Cal. Mali = 23. April gefeiert, (Ovid.
Fast. 1. 8G4.) die anderen, welche hier nicht in Betracht kommen, im
August.
V. ANTONir. (11. §. 41.) 303
(hen, "-^ p;al>en sich die Antoniancr das Ansehn, als hielten kic
Alles für geendigt und daher den Kriegszustand, in welclie^i
man Rom versetzt hatte, für üherfli'issig; sie verlangten, dass
man das Kriegsgewand wieder gegen die Toga vertauschte, v/o-
diirch der Senat dem A'olkc erklärt haben würde, dass es keiner
Opfer und Anstrengungen mehr bedürfe. ^^) Zur Sache be-
merkte P. Servilius, veldien der Prätor auch jetzt vor
Cicero aufrief, "*) dass wegen des Sieges ,,der Consuln und des
Proprätor über schlechte und verwegene Menschen" ein Dank-
fest zu beschliessen sei.^'*-' Da der Senat die Ausdrücke: Krieg
und Feind verworfen, und den Kampf mit Antonius als Tunmlt
bezeichnet hatte, ''"^ so war es nicht nur folgerecht, dass Ser-
vilius die Sieger nicht Imperatoren, und die Besiegten nicht
Feinde nannte, sondern das Gegenthcil würde strafljar gewesen
sein. Aber auch ein Dankfest feierte man nur im Kriege mit
einem auswärtigen Feinde, nicht im Bürgerkriege; ß^) dadurch,
dass die Consuln selbst es wünschten , weil es die Bedingung
zum Triumphe war, dass der Vorsitzende Magistrat es zur Spra-
che brachte, und der Senator, welcher zuerst stimmte, es be-
willigte, wurde Cicero zu der Huftnung berechtigt, dass nun
endlich die Kriegserklärung erfolgen Averdc. Diess zu bewirken,
und die Kampflust in den Heeren zu entflammen, sprach er also:
,,Aus den vorgelesenen Briefen erhellt, dass der Feind ^'^)
geschlagen, aber auch, dass Mutina noch nicht entsetzt ist.
Vor dem Ende des Krieges können wir das Kriegesgewand nicht
ablegen, und sein Ende ist die Befreiung des Brutus, diese
der Zweck aller bisherigen Anstrengungen. *'^) Die Schwerdter
der Unsrigen sind in Blut getaucht, oder vielmehr nur erst be-
netzt; wenn mit dem Blute der Mitbürger, so sind die Unsri-
gen A'erbrecher. Wie lange wird man anstehen, den einen
Feind zu nennen , welclier alle Feinde an Verbrechen übertrift't f
Ihr beschliesst ein Dankfest und nennt den Besiegten nicht
62) 3 Phil. 9. (Antonius) fugfire festinans S. C. de suypUratione
V f r dis c esstone m fecit, cum id facliitn esset antea nunquam. C3) S.
A. 69. C4) §. 41. A. 21. G5) c. 3. De improbis et andacihus. c. 4.
u. 8. 9. CG) §. 38. A. 40. u. 43. 07) 14 Phil. 8. CSl c. 1. 5. — I,o-
stimn dien' ita., inquam ^ hoslium ^ quamvis hoc ist? hostes domestici
■nolini. 7. ücmper illum hoslem ^ setnper hoc bellum, 09^ C. 1. 2.
304 V. AXTONII. (11. §. 41.)
Feind. „Schlechte, verwegene Menschen!'' so redet man vor
CJericht, aber nicht in einem Kriege auf Leben und Tod. Der
verruchteste aller Bandenfiihrer bekriegt vier Consuln,'*<0 den
Senat, das rüinische V^oik, kündigt uns an, dass er unsere
fiüter verwüsten und uns quaalvoll morden wolle , bezeugt, dass
DoIabcUa bei seiner unmenschlichen That seinen Eingebungen
gefolgt sei, verübt durch seinen Bruder Lucius, den Schand-
buben, das Ungeheuer, an den Parmensern Griiuel , "welche mir
7,\i denken die Seele zurückbebt und er auch in Rqju verüben
•wollte, tmd man steht an, ihn Feind zu nennen? ^') Nichts
kann gerechter sein, als dass wir den Heerführern, welche uns
Tor Sclaverei und Tod bewahrt haben, ein Dankfest beschliesscn;
ich werde sogar auf mehr Tage antragen, als Servilius, zuvor
aber den Imperator- Titel für sie in Anspruch nehmen. Denn
seit zwanzig Jahren ist Niemandem das Eine ohne das Andere
bewilligt, wenn er auch nur Unbedeutendes oder meistens gar
nichts gethan hatte; ^-) also entweder keine Siegesfeier oder
auch die übliche und gewöhnliche Ehre für die, -welchen wohl
mehr als diese gebührt. ^2) Von dem Tage an, wo zur Her-
stellung der Freiheit von mir die Bahn gebrochen wurde, habe
ich Antonius immer Feind, den Krieg mit ihm immer Krieg
genannt; hätten die Consuln über mein Gutachten abstimmen
lassen , so wäre die Bunde schon längst entwaffnet. Doch was
damals nicht gestattet war, das ist jetzt nicht bloss gestattet,
sondern auch nothwendig, dass wir die, welche unsere Feinde
sind, auch dafür erklären. Diess ist gegen seinen >Villen schon
von Servilius geschehen, denn nie ist im Bürgerkriege ein
Dankfest beschlossen. Wir müssen es daher den Feldherrn ver-
weigern, welches ausser Gabinius Keinem begegnet ist, oder
auch die Besiegten als Feinde ächten. ''^J Als Feinde ächte ich
sie , und füge nur den Namen zur Sache hinzu , wenn ich die
Sicher Imperatoren nenne, avozu ihre Thaten berechtigen. '^^J
70) D. Rrulns und L. Plancus war diese Würde für das naclislt-
Jahr bestimmt, und der l<elzle geht nur der Zaiil wegen mit, denn An-
tonius hatte noch nichts gegen ihn unternommen. 71) c. 3. !. 72) Vgl.
ad Att. 5. 20. Itnprralores npprl/ati sumns , vom Heere, aber die ße-
«fäligung und die Supplicalion wurde vom Senat begehrt, ad Karail. 15.
5. miiti//ns rebus grslin aut nuUh. 7 3) c. 4. 74) c. 7. S. 7J) c. 9. 10.
V. ANTONII. (14. §. 41.) 305
Möge also der .Senat zu Ehren der Drei ein Dankfest von
fünfzig Tagen bcschliessen , und ihren Truppen das Versprechen
erneuern, dass sie nach Beendigung des Krieges die ihnen frü-
her vcrhcissencn '"') Belohnungen erhalten sollen. Auch der
Todten werde gedacht, ihnen einen ewigen Ruhm zu sichern,
und den Schmerz der Ihrigen zu mildern. ^^-> Man errichte den
Tapferen aus der Legion des Mars und den Uehrigen, welche
mit ihnen gefallen sind , ein glänzendes Denkmal. Jene Legion
hat sich zuerst von Antonius losgesagt; der Sieg hat ihr einio-e
Opfer gekostet; die vierte, welche ihrem Beispiele gefolgt ist,
vermisst niemanden. Ihr aber seid zum Heile des Vaterlandes
geboren, ihr, die man nach Mars benennt, dass man glauben
muss, derselbe Gott habe diese Stadt für die Welt, und euch
für diese Stadt geschafien. Die Feinde des Staats, welche ihr
erschlagen liabt, werden auch in der Unterwelt büssen, ihr, die
ihr euern Geist im Siege ausgehaucht, seid in die Wohnungen
der Guten aufgenommen. Ein prachtvoller Bau mit einer In-
schrift bezeuge für alle Zeiten euern göttlichen Muth! ''^) Doch
lasst uns auch die Ihrigen trösten; könnten unsere Reden, un-
sere Beschlüsse ihre Thränen trocknen! Den grössten Trost
wird ihnen ein Denkmal gewähren, welches an die Tapferkeit
und Vaterlandsliebe der Gefallenen, an die Treue des Senats
und an den grausamsten Krieg erinnert, worin Antonius vater-
mörderisch den Namen des römischen Volks vernichtet haben
würde, hätte ihm nicht ein so muthiges Heer widerstanden; '^9)
zugleich aber muss man ihnen die Belohnungen anweisen, wel-
che den Gebliebenen, ihren Verwandten, bestimmt waren." so)
Diess alles fasste Cicero in dem Entwürfe zu einem Senatsbe-
schlusse zusammen , nach welchem die Consuln oder der Prätor
Cornutus wegen der Thaten, welche die Consuln und Cäsar
. (Octavian), die Imperatoren, in diesem Kriege verrichtet, ein
76) §. 34. A. 13. «. 30. §. 35. A. 14. 15. §. 3G. A. 35. Vgl. §. 46.
A. 49. 77) c. 11. 78; c. 12. cfr. 11 Phil. 15. fin. 79) Durch einen
Schritt, welcher grosses Aufsehn erregte, sollte der Senat sich selbst
zwingen, den letzten zu thun, Antonius den Krieg anzukündigen. 80) c.
13.
Druiuaua. GescLIcIite Kouis I. OQ
30G V. ANTOMl. (14. §. 4r>.)
Danlvfest von 50 Tagen anordnen, ^^J die Legionen die ihnen
früher vom Senat versprochenen Belohnungen nach Beendigung
des Krieges erhalten, die Consuln die Errichtung eines Denk-
mals für die Todten der Legion des iMars, welche vorange-
kumpft, und für die Üehrigen verdingen, die Quästoren das
erforderliche Geld zahlen , und die Familien der Erschlagenen
deren Lahn empfangen sollten. ^~)
Der Sieg der Gefeierten hewirkte, was keine Bercdtsamlceit
vermocht hatte; denn der Senat hewilligte nicht nur das funf-
zigtitgige Fest, den Imperator -Titel, die Belohnungen für die
Lehenden , und ein öffentliches Begrähniss für die Todten, ^•'-^
sondern er erklärte nun endlich auch Antonius mit allen seinen
Anhängern für Feinde des Staats, ^^J und kündigte ihm damit
den Krieg an. ^^>
§ 45.'
llirtius kehrte am 16. April mit seinen Truppen und dem
ffrössten Theile des anderen Consular- Heers nach !Mutina zu-
r5
81) App. 3. 571. setzt diess wie Die 4G, 39. welcher sechzig Tage
angiebt, nach Antonius Niederlage bei Mutina, und bemerkt, dass nie,
weder in einem gallischen Tumult, noch in einem Kriea;e, eine Suppli-
cation von dieser Dauer beschlossen sei ; man hatte Cäsar a. 40. nach
dem afrikanischen Kriege vierzig Tage bewilligt, Die 43, 14. und im
folgenden Jahre nach dem spanischen fünfzig. Dio 43, 42. 82) c. 14.
.^ueton. Octav. 12. spricht v. einem in diesem Kriege errichteten Denk-
male, welches in eine spätere Zeit gehört. S. das. Casaub. u. Dio 48.
J3. 83) Dio 40, 38. Zon. 10, 15. 84) Jetzt, wo es beantragt u. besprochen war,
wurde diess Alles beschlossen, nach den Gefecliten bei Forum Gallorum,
nicht erst nach der Schlaclit bei Mulina, wo Hirtius hei, und üctavian
mit Beineu V^eteranen , wie man glaubte, entbehrlich wurde, Ei ist schon
angedeutet, wie willkührlich die Alten die Kriegserklärung in den ver-
schiedensten Zeiten, grösstenlheils vor jenen Gefechten, oder gar wie-
derholt erfolgen lassen; Manche gedenken ihrer nur gelegentlich, oder
doch ohne Zeitangabe. Die Philippiken beweisen, dass Cicero seine Ab-
sicht erreichte, ehe Antonius geschlagen war. Agl. Liv. 119. NepoB
Attic. 9. Vellej. 2, 03. 04. CO. fin. App. 3. .^07. 4. 508. 611. Dio 40, 39.
41. Plut. Anton. 17. Zonar. 10, 14. 15. Plin. 7. 31. (30). Gell. N. A.
15, 4. Flor. 4, 0. F.ulrop. 7, 1. Uros. 0, 18. 85) In dieser Zeit, ehe
man den Tod des Consuls erfuhr, wurden die Denare mit der Inschrift
(;. Pansa. Libertalis. und mit dem Bilde der Roma geprägt, welche die
Siegesgüttinn bekränzt. Vaill. Gens Vibia No. 13. Eckh. V. p. 341.
i
V. ANTONU. (14. §. 45.) 307
rück, ^^) wo Octavian allein der feindlichen Macht nicht hätte
widerstehen können. So waren jetzt alle Streitkräfte vereinigt
welche man gegen Antonius aufzubieten vermochte. Er hatte
sie einzeln aufreiben wollen; diess war misslungen; dennoch
blieb sein Plan im Wesentlichen unverändert; seine Reuterei
sollte den Consul umsch« armen, und in steter Erwartung eines
Angriffs erhalten, damit er selbst nichts gegen die Belagerer
unternähme, und indess der Hunger ihnen die Stadt überlieferte. *^)
Aber Hirtius und Octavian erkannten seine Absicht, als sie
ausrückten und er sich ihnen versagte; ^^J sie wussten, dass in
Slutina die Noth bis zur Verzweiflung gestiegen war, und wenn
es wider Erwarten des Feindes zu einem ernstlichen Gefechte
kam, sie die Uebermacht haben und entscheiden Avürden, ehe
er sich sammelte. Sie setzten sich nach einer anderen Seite
der Stadt in BeAvegung , wo grössere natürliche Hindernisse den
Zugang erschwerten und Antonius eben deshalb seine Linien
vernachlässigt hatte. Der Listige wurde überlistet; zwar folgte
ihnen anfangs nur seine Reuterei, als sie dieser aber auch nur
die ihrige entgegenstellten und weiter zogen, so fürchtete er,
sie möchten Verstärkung und Lebensmittel in die Stadt werfen,
und aus diesem Grunde , nicht weil die Ankunft des Silanus
ihn ermuthigte, ^^■> welcher schon bei Forum Gallorum gefochten
hatte, führte er zwei Legionen hinaus. Kaum zeigten sie sich,
als sie angegriff'en und geschlagen wurden , und dasselbe Schick-
sal hatten die übrigen, so wie sie nach einander aus den weit-
läuftigen Werken erschienen. Der Kampf '■^'^) glich einem Leber-
falle ; denn von der einen Seite war alles , von der andern
nichts vorbereitet. Bald drangen die Sieger mit den Fliehenden
in das Lager und hier wurde auf dem engen Räume und bei
dem Zuströmen frischer Streiter das Blutbad noch grösser als
ausserhalb. Man schlug sich schon am Feldherrnzelte, als Hir-
tius fiel ; 91) der Verlust des klugen und tapferen Anführers,
86) App. 3, 572. §. 43. A. 40. u. 46. 87) App. 1. c. 88) Ders, «.
Dio 4G, 38. 89) Dio 1. c. Zonar. 10, 15. S. §.43. A. 31. 90) Praeliunt
Mulincnse. ad Fam. 10, 14. 91) App. 1. c. u. 575. Cic. ad Fam. 10, 17.
33. 11, 9. 10. 13. 12, 25. Liv. 119. Veliej. 2. 61. G2. Suet, Octav. 11.
Dio 46, 39. Plut. Ant. 17. Cic. 45. Eutrop. 7. 1. Oros. G. 18. TibuU. 3.
i. 18. Ovid. Tribt. 4. 10. 6. S. Hirtii.
20*
308 V. ANTOXII. 04. §. 45.)
mit welchem ausser vielen Andern auch Pontius Aquila seinen
Tod fand , '■'->' vermehrte die Erbitterung , doch konnte üctavian
erst nach neuen Anstrengungen, wobei nach einem (ierijchte
fast die ganze vierte Legion von der fünften des Antonius (den
Alaudii) niedergemacht wurde, ^3) sich des Lagers bemächtigen.
Er selbst stürzte sich in das Getümmel, nahm den Adler aus
den Händen eines Sterbenden und trug ihn voran gegen den
Feind. ^) Dass dieser ihn dennoch zuletzt wieder aus seinen
Schanzen vertrieben und erst am anderen Tage nach gehaltenem
Kriegsrathe den Rückzug angetreten habe , berichtet der Schrift-
steller , welcher allein diese Ereignisse mit einiger Ausführlich-
keit erwähnt. ^^^ Dem Aviderspricht alles, was Andere wenn
auch nur kurz über die Schlacht, und genauer über die Flucht
des Antonius bemerken. Sie bezeichnen jene nicht als unent-
schieden, sondern als eine vollständige Niederlage des Consu-
lars* wie könnten sie es, wenn er die AVahlstatt behauptet
hätte? Wenn diess ferner ihm möglich war, so verfügte er noch
über eine bedeutende Masse von Fussvolk ; die Beschreibung
seiner Flucht beweiset aber, dass es grösstentheils zersprengt
oder doch ohne Waffen war, und er seine Rettung nur seiner
Reuterei verdankte.^*''' Appian giebt demnach hier wie im Fol-
genden , wo er von den Unterhandlungen zwischen Brutus,
Octavian und Pansa spricht , was die Parteien zur Rechtfertigung
ihrer Häupter erdichteten.
Die Sage aber von dem Ausfalle des D. Brutus, wodurch
dieser an"-eblich das schwankende Gefecht entscliied, ist nicht
durch sie entstanden, sondern findet sich zuerst in einem der
unächten Briefe ,,an Brutus ,"^^J dessen A'erfasser bei Cicero
las,^^-* das ruIimvoUe Hervorbrechen des Decimus aus Mutiaa
habe in Rom die Hoffnung erregt, dass alles geendigt sei, sein
Aufbruch nämlich zur Verfolgung des Feindes zwei Tage nach
der Schlacht, '■''•') bei welcher er ,, Zuschauer gewesen Avar,"^"*»)
92) ad Farail. 10, 33. 11, l3. Dio -16, -10. Vgl. §. 42. A. 69 — 71.
Ö3) ad Farn. 16, 33. 94) Suet. Orlav. 10. Flor. 4. 4. Nur dieser er-
zählt, dass er verwundet sei; wahrscheinlich hat er Sueton missverstan-
den. In .Spanien glänzte man anfangs, er sei getödtet. ad Fam. I. c.
Pö) App. 3. 572. 573. 9Ü) §. 51. 97) ep. 4. 98) ad Fam. II, 14.
U9) ad Fam. 11, 13. liilen §. 50. A. 7G, 100) Dio 4(/, )u.
V. ANTONII. (14. §. 45.) 309
so (lass er es nur „Anderen verdankte, wenn er noch lebte." '>
Er selbst !retlt;nkt in seinen Briefen nie einer Mitwirkung zum
Entsätze , und eines dabei unvermeidlichen Verlustes an .Mann-
schaft, obgleich er alles hervorsucht, um sich wegen der ver-
späteten Verfolgung zu entscliuldigen. V
Uebrigcns sind die Briefe, welche er während derselben an
Cicero schrieb, schon wegen der Zeit- und Ortsangaben von
Wichtigkeit. Sie gewähren zunächst einigen Aufschluss über
den Tag der Schlacht. In Beziehung auf die Zeit ist sie nur
zu oft mit den früheren vom 1 5. April verwechselt. 3) Am 1 6.
kehrten die Heere von Forum Gallorum nach Mutina zurück,
und am 29. HI. Cal. Maii stand Brutus nach seiner Befreiunij
bereits zu Regium (Forum) Lepidi. ■*) Innerhalb dieser (Jränzen
also ist der Tag zu suchen, an welcliem er frei wurde. Fr
brach zwei Tage später auf, als Antonius, ^) und einen bedurfte
er, um nach Kegium zu gelangen, welches etwa 17 Milliaricn,
nicht völlig vier deutsche Meilen, von Mutina entfernt war;
wenn er dort sogleich nach seiner Ankunft an Cicero schrieb,
wie man glauben muss, so ist der 27. April der J'ag der
Schlacht.
Kein gemeinschaftlicher Feind trennte länger Brutus und
Octavian; zum ersten Male, seit jener der Mörder und dieser
der Sohn Cäsars war , sollten sie sich w iedersehen ; eine schwere
Aufgabe. Wer ire;end den Charakter des Octavian und die Um-
stünde erwog, dem konnte es nicht zweifelhaft sein, wie sie
gelös't werden würde, aber sie war verführerisch für die Ein-
bildungskraft derer, welche der Zeit oder dem Räume nach fem
standen, und bot Anderen eine erwünschte Gelegenheit, sich
und ihrer Partei durch falsche Erzählungen einen Dienst zu
leisten. Dahin gehört, was Appian berichtet: Brutus vernich-
tete nach der Schlacht vor Tagesanbruch die Brücken der Scul-
tenna, und ersuchte darauf Octavian unter Dankbezeugungen
für den Entsatz, am jenseitigen Ufer zu erscheinen, und seine
Rechtfertigung in Betreff des Mordes zxi vernehmen. Heftig
erwiederte der Andere: den Dank erlasse er; denn um Antonius
n Vellej. 2. G2. Vgl. L'v. 119. Flor. 4. 4. 2) S. insbes. ad Fam.
n, 10. u. 13. 3) ü. a. V. Eckh. G. p. 70. 4) ad Farn. 11, 9. 5) Das.
11, 13.
310 V. ANTONII. (14. §.45.)
KU bekriegen sei er hieher gekommen , nicht um Brutus zu ret-
ten; einer Lntcrredung mit ihm widerstrebe sein Gefühl, übri-
gens wolle er Rom nicht vorgreifen. Da trat Brutus an das
Ufer, rief Octavian mit Namen, und untersagte ihm, nachdem
er mit lauter Stimme den Senatsbeschluss verlesen hatte, wel-
cher ihm das cisalpinische Gallien überwies, ohne die Consuhi
über den FIuss in seine Provinz zu kommen, oder Antonius zu
verfolgen , denn dazu sei er selbst stark genug. Octavian
schwieg; er gieng nach Bononia zu Pansa und schrieb mit die-
sem über Alles an den Senat. Den Brief des Consuls theilte
Cicero dem Volke mit, den anderen nur in der Curie, wo so-
fort ein Dankfest von fünfzig Tagen beschlossen wurde. ^) Man
fragt sich , wozu die Brücken , wenn Brutus dem Kampfe fremd
blieb und fremd bleiben wollte? und seit wann galt die Scul-
tenna für die Gränze dieser Provinz ? Jene Briefe ferner sind
die älteren des Hirtius, nach deren Empfange der Senat die
Siegesfeier beschloss. ^-^ Der grösste Verstoss liegt aber darin,
dass Brutus sein Misstrauen hiernach nicht nur kund gab, son-
dern auch auf eine Art , welche bei dem ganzen Heere Aufsehen
erregen und Octavian beleidigen musste, und dass dieser, der
den angeblichen Drang kindlicher Liebe und das Verlangen,
seinen Vater zu rächen, eben so wohl zu beherrschen als zur
Schau zu tragen verstand, sich offen über seine Absichten aus-
sprach. In den Briefen des Brutus finden wir wenig über die-
sen Gegenstand , aber genug , um daraus zu entnehmen , dass
er sogleich nach der Schlacht mit Octavian zusammen kam,
sich mit ihm über die Verfolgung zu einigen, in der That aber,
um seine Gesinnungen zu erforschen, und dass sie friedlich von
einander schieden. ^)
Die Siegesboteu, welche vom Schlachtfclde zu Pansa nach
Bononia abgiengen, überbrachten am Morgen des folgenden
Tages Brutus die Einladung, zum Consul zu kommen; auf dem
Weae erfuhr er dessen Tod, und kehrte um. 9) Nach einem
Mährchen, welches den Abfall des Octavian von der Aristocratie
rechtfertigen sollte, war dieser glücklicher; obgleich er nicht
C) App. 3. 57S. 574. 7) §. 44. A. 57. 8) ad Farn. 11, 10. 13.
•() Das. II, 13.
V. ANTONIL (14. §. 15.) 311
früher Nacliricht haben und reisen konnte, fand er ßansa nocli
unter den Lebenden, zwar im Sterben, aber noch fübij;, mit
ihm nach Rom zu berichten , und ihm mit seinem Rathe nütz-
lich zu werden: "^^ den Tod Cäsars zu rächen, welchen ich wie
mich selbst geliebt habe, bin ich, wie du, durch die .Macht
der Ponipcjaner gehindert. Sie freueten sich deines Streites mit
Antonius, weil sie hott'ten, er werde sich mit Beider Unter-
gange endigen; ^') deshalb haben sie dich mit scheinbaren
Ehrenerweisungen gelockt. ^-) Als dein Heer dir den Oberbefehl
antrug, wurden sie besorgt, und ernannten dich zum Anführer,
aber neben den Consuln , damit die beiden Legionen , der Kern
deiner Truppen , an uns übcrgiengen ; so solltest du auch als
Sieger wehrlos sein. Wir gehorchten nur, um Antonius Ueber-
muth zu brechen; dann gedachten wir ihn mi dir zu versöh-
nen und nur das Beste der Partei wahrzunehmen, welcher wir
Alle angehören. Früher konnte ich dir dicss nicht otTcnbaren.
Deine Legionen gebe ich dir zurück; auch die neugcvvorbenen
stelle ich zu deiner Verfügung ; wenn aber ihre Anführer , wel-
che der Senat geschickt hat , uns zu beobachten , dir nicht fol-
gen, oder die Sache dir selbst bedenklich scheint , so mag Tor-
quatus, der Quiistor , *^-^ sie übernehmen. Dieser übernahm sie,
und Pansa starb. Sein V^erhalten während seines ganzen Con-
sulats und die an Brutus ergangene Auftordcrung beweis't, dass
er so nicht sprechen konnte, dass er nicht auflegen, sondern
besänftigen, Eintracht und Mässigung empfehlen wollte.
Er endigte sein Leben zu Bononia, ''*) Avohin mau ihn
nach seiner Verwunduns: von Forum Gallorum srebracht hatte, ''J
einen Tag später, als Antonius unterlag; denn der, an welchem
Brutus noch nicht wusste , dass Hirtius gefallen sei , kann nur
der Tag der Schlacht von Mutina sein, nicht der folgende, und
er fährt fort: am Morgen des nächsten wurde ich zu Pansa be-
schieden; während der Reise meldete man mir seinen Tod. '^-^
10) App. 3. 574. 575. 11) Diess ist aus einem Briefe des Anloiniis
entlehnt. 13 Phil. 19. §. 42. A. 99. 12) Wie A. 11. 13 Phil. 17.
13) §. 43. 14) ad Fain. 11, 13. Vgl. 10, 33. Uv. 119. Vellej. 2. 61,
Tacit. Ann. l, 10. Suet. Oct. 11. App. 3. 575. Dio 40, 39. Piut. Anton.
17. Cic. 45. Val. Max. 5. 2. §. 10. Eutrop. 7, 1. Oros. 6, 18. Front.
Strat. 2. 5. §. 39. u. unten Vibii. 15) App. 3. 571. 10) ad Fam. 11, 13-
312 V. ANTOMI. (14. §. 45.)
Sehr kalfc äussert sich Cicero über das Schicksal der beiden
Consuln , weil er die nachtheiligen Folgen für sich nicht ahn-
dete; sie sind zuletzt, in ilirem Consulat, der Republik nützlich
geworden, sind zu früh gestorben, da Antonius noch lebt,^^^
diess ist sein Nacliruf an die Männer, welche doch immer Cä-
sarianer, und bei seinem Plane, die verhasste Partei zu unter-
drücken, nun nicht mehr zu fürchten waren. Selbst D. Brutus
begriff sogleich, dass den Feinden der Verschworenen, deren
Herrschaft die Consuln so wenig gewollt hatten als die Herr-
schaft seiner Faction, der verwais'te Zustand des Staats in
Rom und im Felde sehr forderlich sein werde, i^) und ähnliches
schrieb L. Plancus. ^^)
Er war es in dem Maasse, dass man Octavian beschuldigte,
er habe ihn gewaltsam herbeigeführt, um sich der Consular-
Heerc und des Consulats zu versichern, ^o) Darnach wurde
Hirtius im Gefechte von ihm oder auf sein Anstiften erschlagen,
und Gljcon, -') der Arzt des Pansa, gewonnen, in dessen V/un-
den Gift zu giessen , weshalb ihn Torquatus zur Rechenschaft
zog. Die Möglichkeit des Verbrechens und der Vortheil , wel-
chen es verhiess, ist der einzige Beweis dafür; kein Schrift-
steller, bei welchem sich die Nachricht findet, mag deren Wahr-
lieit verbürgen, und die übrigen, deren die meisten sind, zum
Theil Zeitgenossen, melden nichts, als dass Hirtiua in der
Schlacht und Pansa an den Folgen seiner Verwundung starb.
Diess genügt, ihren Tod zu erklären; nur, wenn es an Auf-
schluss darüber felilte, würden \'ermuthungen gestattet sein,
■wobei man denn doch auch nicl)t vergessen dürfte , dass Octa-
vian besonnen war, und zwei der angesehensten Cäsarianer
nicht ermorden konnte, ohne die Gunst aller Veteranen auf das
Spiel zu setzen.
Er schickte die Leichen der Consuln mit einem angemesse-
nen Geleite--) nach Rom, und der Senat ehrte sie durch ein
öffentliches Begräbniss auf dem Marsfelde. -^) Selbst die Lei-
chenbestatter, mit welchen zu dingen der Prätor M. Cornutus
17) Dag. 12, 25. 30. 18) Das. 11, 0. 10. 19) Das. 10, 17. 20)
Tacit. Ann. 1. 10. Suet. Oclav. 11. Die 46. 39. 21) In einem unterge-
schobenen Briefe des ftl. Rrutus , ep. C. wird er verlheidigt. 22) App.
:?. 57.i. 23) Liv. 119. Vellej. 2. 02.
I
I
V. ANTONII. (14. §. 46.) 313
den Auftrag erhielt, bewiesen den l'crstorbcnen dadurch ihre
Achtung, dass sie einer Entschädigung für ihre Dienste ent-
sagten. 2*>>
§ 46.
Durch die zwiefache Niederlage des Antonius, bei Forum
Callorum und bei Mutina , verloren seine Anhanger in Rom
ihren Einfluss, und wie man hoffte auf immer; denn man ent-
deckte nicht sogleich, dass von dem Augenblicke an, wo der
Krieg ihn gestürzt hatte, die Politik ihn wieder erhob; die
Partei der Verschworenen, die verjüngte Aristocratie aus der
Zeit des Pompejus, fiel mit i^.rer Raub- und Herrschgier auf
die Beute, ohne zu ahnden, dass sie hier eben erwartet wurde,
wo sie Blosse und Vorwand zum Angriffe gab. Sie hielt den
Krieg für geendigt, -^) und ihre Gegner bestärkten sie darin,
weil das Gefühl der Sicherheit sie verleitete, gar nicht oder
verkehrt zu handeln, und wenn es auf das Volk übergieng, bei
fortwährenden oder erneuerten Kriegslasten Missvergnügen er-
regte. Am ersten kam Cicero von seinem Wahne zurück, aber
nur zum Theil; ihn schreckte, was im Felde geschah, die Ret-
tung seines Feindes und die Ungewissheit, wie man ihn jen-
seits der Alpen empfangen werde, nicht sofort auch das Gewebe
der Politik , mit welchem Octavian ihn und seine Verschworenen
umspann; wenn noch etwas anderes ihn beunruhigte, so war es
der Zweifel, ob die Faction, welche er vertrat, für ihn oder
er für sie gewirkt habe; er hatte gesehen, wie Pompejus von
ihr gefeiert, beherrscht und verlassen war, und sah sie jetzt
seit dem Tode der Consuln und der Flucht des Antonius im
Begriffe, jede Fessel abzustreifen; der Riss erscheint nur im
Werden , weil Oct.avian zur Wiedervereinigung zwang.
\ on den Befreiern und von den übrigen Statthaltern durfte
er nichts hoffen. M. Brutus und C. Cassius überwältigten aus
eigener Machtfülle, wie er gerathen, obgleich nicht, weil er es
gerathea hatte, C. Antonius in Macedonien und Dolabella in
Syrien; ^•') nach seiner Absicht sollten sie dort Kräfte sammeln
24) Val. Max. 5, 2. §. 10. 25) ad Fam. 11, 12. 14. 26) Oben
§.3^. in. u. A. 35. .S. Junii Brut. Cassii. u. Cornelii Dolab.
314 V. AN'K»MI. (14. §. 4(i.)
und sie Janii für ihn verwenden: sie aber mischten sich ni«:ht
in den westlichen Krieg, auch Brutus nicht, welcher sich seines
Gegners bald entledigte und am nächsten stand , weil es ihnen
das Sicherste schien, sich im Besitze der östlichen Hiilfte des
Reichs zu befestigen. D. Brutus kannte, Avie man glauben
musste, keinen Zweck des Kriegs, als seine Befreiung; sie war
ohne sein Znthun gelungen und er verlangte den Lohn; diess
allein beschäftigte ihn, und auch für L. Plauens war es die
■wichtigste Angelegenheit, dass man bei den Khrenbeschlüssea
und Spenden in Rom ihn und sein Heer nicht vergass. Er
warnte vor der Schlaffheit und dem Wankelmuthe des Lepidus,
um wie dieser mit Abfall zu erdigen. Eben so Asinius Pollio,
welcher vorerst, im fernen Spanien, auch bei einem redlicheren
Willen nicht zu helfen vermochte. Sehr spät erschienen einige
Legionen aus Afrika; der Senat berief und Octavian benutzte sie.
So war diese Faction zerrissen und ohne Plan , als ein
Ganzes nur kenntlich an ihrer Anmassung und Verblendung.
Als die Aussicliten sich wieder trübten, dachten ihre Häupter
auf den Rückzug nach dem Osten, und sammelten Geld und
Schiffe — ebenfalls für Octavian. Jede nachtheilige oder drük-
kende Massregcl und jede feindliche Handlung gegen den Sohn
und die ehemaligen Anhänger Cusars brachte man aber vorzugs-
weise Cicero in Rechnung, weil er seinen Hass gegen Antonius
und die Cäsarianer am wenigsten verbarg und in Reden und
Briefen den meisten Eifer zeigte. Er behauptete , dass ^ei Mu-
tina nur der erste Act des Feldzugs geendigt sei, da Antonius
noch lebe, und dass man daher in den Rüstungen nicht nach-
lassen müsse. Diese zu leiten war Pansa läntrer als Hirtius in
Rom geblieben; er hatte zum Behuf des Kriegs auch für «len
Schatz gesorgt; -'') nach seinem Abgänge und noch mehr nach
seinem Tode artete diess in Erpressungen aus , nach Appian -^)
durch Ciceros Scliuld. Er schrieb nach der Schlacht bei .Mutina
an Cornihcius: man bringe auf alle Art Geld zusammen, um
die Heere zu befriedigen, aber ohne Tribut werde es nicht
möglich sein. ^'■') Seit 167 v. Chr. wo Acniilius PauUus bei
seinem Triumphe über Pcrseus Rom mit maccdouischcr Beute
27) §. 37. A. 80. 28) 3. 5C9. 29) ad Kam. 12, 30.
t
I
V. ANTONII. (14. §.46.) 31 5
bereicherte, war dem Volke der Tribut erlassen ; •''O jetzt forderte
man ihn, -^'J in dem Jahre, worin Pansa und Hirtius Consuln
waren, ^-) d. h. nach jener merkwürdigen Aeusserung Ciceros,
als der Krieg sie bereits weggerafft hatte. Bei der Erhebung,
sagt Appian, zog man vorzugsweise die Freunde des Antonius
an, und Wiilkühr konnte Statt finden, wenn jeder gehalten
war, den fünf und zwanzigsten Theil seines Vermögens zu ge-
ben, und der Senator überdies« vier übolcn von jedem Ziegel
seiner Wohnung in der Stadt, mochte sie Eigenthum oder ge-
miethet sein. ^^) Selbst Dio, welcher nach dem Vorgange Ci-
ceros in den Philippiken 2*) den Wetteifer Italiens preis't, fügt
doch hinzu, nur die Feinde des Antonius haben diese Opfer
gern gebracht, den Meisten sei es verhasst gewesen, zugleich
steuern und dienen zu müssen, wenn auch mancher Verdächtige
Bereitwilligkeit heuchelte, um nicht verfolgt zu werden.**^)
Demnach war diese ausserordentliche, nach dem zufälligen Be-
dürfnisse berechnete Abgabe ^^) kein dem Staate freiwillig ge-
machter Vorschuss, 3^) und eben so wenig wird berichtet, dass
eine Rückzahlung nach dem Kriege versprochen sei, wie wohl
sonst in bedrängten Zeiten. 2^) Mit Recht schliesst man davon
auf die Lieferungen und Handdienste , namentlich auf die un-
entgeldliche Arbeit in den Waft'en- Werkstätten ; Zwang und
Furcht hatten den meisten Antheil daran. ^^)
Obgleich man schon seit Antonius Aufbruche ffeoren IMutina
darauf bedacht war, den Schatz zu füllen, so klagte Cicero
doch über eine ,, unglaubliche Geldverlegenheit" '^^) wenn die
Heere Forderungen machten; man fand sie mit Versprechungen
ab oder wies die Anführer auf ihre Provinzen an, *') worüber
insbesondere D. Brutus sich endlich im Juni mit grossem Un-
willen äusserte.*--^ Wie Cicero ihm um dieselbe Zeit melden
konnte, es liege Geld genug für ihn in Bereitschaft, und man
habe beschlossen , es ihm zu schicken , ^'^) so zeigt es sich auch
30) Cic. de offic. 2, 22. Piut. Aemil. P. 38. 31) App. 3. 569. Dio
40, 31. 32. 32) Plut. 1. c. 33) Dio 46, 31. 34) §. 37. A. 82. 35)
App. I. c. 3C) Tributum temerarium. Fest. 37) Vohintaria coUatio,
Liv. 26, 30. 38) Liv. 1. c. Vgl. 24, 18. Flor. 2, 6. 25. 39) App. u.
Dio 11. CO. 40) ad Fam. 12. 30. cfr. ep. 28. 41) ad Fam. 11, 10. 14.
12, 30. 42) Das. 11, 26. 43) Das. 11, 24.
316 V. ANTONII. (14. §. 4(i.)
übrif!;ens, dass man die Ausgaben nicht eben beschränkte, unter
Anderem auch bei der Feier der Spiele, '^^) ■weil es an Gelde
fehlte. Wenn man einen Aufwand für nöthig liielt, um Anto-
nius zu unterdrücken, oder ihn als Feind des tStaats zu bezeich-
nen, so fanden sich auch die !\littcl dazu. Die Kosten kamen
nicht in Betracht, als man die Gefallenen durch ein Denkmal, '*^)
die Consuln durch ein öttentliches Bcgriibniss, *''>' und Pontius
Äqiiila durch eine Siiule zu ehren, und dessen Erben zu erse-
tzen beschloss, was er D. Brutus geliehen hatte; '*^J bei der An-
näherung Octavians, •welchem die Karglieit des Senats einea
Vorwand zu Feindseligkeiten gab , wie andere Feldherrn mit
Geldmangel ihre Unthätigkeit entschuldigten, war man sogar
reich genug, jedem seiner Krieger 5000 Denare zu bcschlie-
sscn , *^) aber zu spät , da er sich des ganzen Schatzes bemäch-
tigen konnte. So beförderten demnach die Vornehnien, welche
bis dahin regierten, durch ihr Halbhandeln, als Folge der F.ng-
herzigkeit, mit welcher sie nur an ihre eigene Zukunft dach-
ten, ihren Untergang.
Doch war diess nicht das Einzige, wodurch sie die Par-
teigenossen im Felde von sich stiessen und ihre falschen Freun-
de beim Abfall einen guten Schein gewannen. Sie hatten sich
wiederholt verpflichtet,'*'-'^ die Truppen nach dem Kriege mit
Ländereien zu belohnen. Mit der Vollziehung dieses Beschlusses
wurden zehn Senatoren beauftragt, nicht erst dann, als man
Octavians Heer mit Gelde beschwichtigen und verlocken wollte,
und nicht zu diesem Behufe, ^^) sondern schon früher. Die De-
cemvirn sollten ermitteln, über welchen Acker man verfügen
könne, und wie viel man bedürfe, und ihnen war auch die
Vertheilung vorbehalten. ^U Ihr Geschäft galt für sehr ehren-
voll und vcrschaftte einen grossen Einfluss. Eben deshalb wur-
de Octavian ausgeschlossen, und damit es nicht beleidigte, je-
der, welcher ein Heer anführte. ^-) Cicero versichert, dass er
heftig gegen diese Bestimmung gestritten habe : indcss wurde
er selbst Mitglied der Commission, oder vielmehr ihr Haupt. ^^)
44) Dio I. c. 45) §. 44. A. 82. 4G) §. 45. flu. 47) Dio 40, 40.
cfr. ad Fam. 11, 10. 48) Unten §. 48. A. 78. 49) §. 44. A. 7Ü. 50)
App. 3. 581. 583. 51) ad Faiii. 10, 22. 11, 20. 21. 52) Da». 11, 21
1)13 40, 30. berichtet sehr verworren. 53) nd Vam. I. c. cfr. 11, 20.
V. ANTONII, (14. §. 46.) 317
Bisher hatte er die Tironen nur in seinen Reden begünstigt,
und sie als Schutzwehr gegen die Anmassung der Veteranen be-
zeichnet;"''^) jetzt konnte er mehr für sie thuu. Doch fanden
sich Schwierigkeiten. Seine Coliegen drängten ihn ; sie wünsch-
ten so bald als möglich an das Werk zu gehen, 5^) -welches au-
sser der Ehre auch Gewinn versprach ; denn eine Ackervertliei-
lung berührte gar Viele, zumal wenn schon früher vertheilt
•war, und man gab gern, um zu behalten oder zu bekommen.
Mehrere Feldherrn dagegen, welche gefochten oder auch nicht
gefochten hatten, fanden es billig, dass man sie in die Commissioa
aufnähme und es ihnen selbst überliesse , ihren Truppen Acker
anzuweisen. Diess verlangte D. Brutus für sich und für Octa-
vian, womit er Ciceros Pläne völlig durchkreuzte; ^^') dieselben
Ansprüche machte L. Flancus, und ebenfalls nur aus Liebe zu
seinem Heere und um es in seiner Treue gegen die Republik
zu befestigen. ^^) Für üctavian konnte nichts erwünschter sein,
als dass seine Legionen sich in ihm vernachlässigt glaubten; ^^)
um so williger folgten sie ihm nach Rom. Ciceros schmeicheln-
de Worte fanden nirgends Gehör; -wie sehr er auch betheuerte,
dass er die Forderung der Feldherrn gerecht finde und sie ge-
gen seinen Willen zurückgesetzt seien, dass er sie auf jede denk-
bare Art ehren und belohnen werde, ^^) so blieben sie doch aus-
geschlossen , und erhielten endlich nur die Zusicherung , dass
das Geschäft bis zu ihrer Ankunft ruhen solle. ^^J Üctavian
kam nur zu bald. So stritt man in den Lagern des Pompejus
über Aemter und Güter , über den Preis, ehe man gesiegt hatte.
Umfassender war eine andere Massregel, eben so verletzend
für Octavian, bedrohlich für ihn, für die Antonianer, für alle
Anhänger Cäsars , Aveil man die Aufhebung seiner Gesetze und
Verfügungen dadurch vorbereitete. Die Nachricht von der Ver-
einigung des D. Brutus mit L. Plancus, schreibt Appian, er-
regte bei den Pompejanern grosse Freude; nun erst glaubten sie
frei zu sein ; sie w ählten zehn Männer , Antonius wegen seines
Consulats zur Rechenschaft zu ziehen, in der That der erste
54) §. 39. A. 68. 55) ad Fam. 11 , 21. 5C) Das. 1. c. u. ep. 20.
57) Das. 10, -22. 21. 58) Das. 11 , 21. App. 11- cc. 59) ad Farn. 11. cc.
00) Das. 11. 21. fin.
318 ^'- ANTONII. (14. §. lü.)
Schritt zur Abschaffung der julischen Gesetze, denn jener hatte
fast immer behauptet, dass er nur ausführe, was in Casars
schriftlichem Nachlasse verordnet sei;''*J Einzelnes Mar vom Se-
nat schon bei Gelegenheit für ungültig erkliirt , '♦-J jetzt hoft'te
er diess auf das Ganze auszudehnen. *^^) Brutus erreichte Plan-
cus nicht vor dem Juni, 6*) etwas später als Antonius, am En-
de des Mai, von Lepidus aufgenommen wurde; ö''>' gleichwohl
fü^t jener Geschichtschreiber hinzu, durch diess letzte Ereigniss
ernuitliigt haben die Freunde des Antonius die Edicte der De-
cemvirn abgerissen , ^^^ worin sie bei harter Strafe anzuzeigen
gebeten, was jeder durch Antonius während seines Consulats
erworben habe.'**) Darnach könnte es scheinen, als sei hier
ein Verstoss gegen die Zeitrechnung, als habe es in der Zeit,
wo Antonius zu Lepidus kam, noch keine Decemvirn gegeben I
Auf der andern Seite werden die Zehn von Cicero erwähnt, ehe
er wusste , dass sein Feind geborgen war , und zwar diese,
denn D. Brutus billigte ihre Ernennung, welche er veranlass-
te. "^^ Indess lös't sich der Widerspruch, wenn man annimmt,
dass bei i^ ii nur von den vorläufigen Verhandlungen im Senat die
Rede ist, und dass die Ernennung schon auf das oft verbreit, -
te und von seiner Faction leicht geglaubte Gerücht erfolgte,
Brutus und Plancus haben sich gefunden.
Durch jenes Edict der Zehn, nach welchem man schriftlich
angeben sollte, was man vom Consul Antonius erhalten habe,
wurde besonders seine Gemahlinn Fulvia gefährdet. Sie lebte
mit den Kindern und mit ihrer Schwiegermutter Julia in Rom,*»^)
und musste jetzt als Wittwe und Gemahlinn seiner tödtlich gc-
hassten Feinde, und bei ihren eigenen wohlbekannten Gesinnun-
gen gegen ihn, Ciceros Rache fürchten. Schon in den Philip-
piken hatte er sie mit Wuth angegriffen, und Fuftus Calenus,
in dessen Hause sie wohnte, ^o) konnte sie nicht mehr schützen.
Es war nicht die Absicht, sie auf den Grund der Kriegserklä-
rung gegen Antonius sofort ihres Vermögens, oder gar ihre Kin-
61) Oben §. 14. 62) §. 40. A. 85. f. 63) App. 3. 578. 61) Unten
§. 50. A. 04. 65) §. 51. A. 66. 66) App. 3. 580. 67) Ders. 578. 68)
Farn. 11 , 14. Laetor — meas sententias a te probat i de decemvirit. —
Scripsisli — non rccipi a Lepido A/Uonium. 69) §. 30. A. 75. u. 76.
70) 1. c.
V. ANTONII. (14. §. 47.J 319
der des Lebens zu ?)crauljcn , '^) aber man klagte sie an, duss
sie im vorigen Jahre mit Ciisars Papieren Missbrauch getrieben
«nd siel» dadurch bereichert habe. ^-) Sie sah sich in viele Pro-
cessc verwickelt, und nicht eben vor unparteiischen Richtern;
denn in keiner Zeit fehlt es an Elenden , welcher einer persön-
lichen Anhänglichkeit nicht fiihig sind, und ihre Gesinnungen
mit den Verhältnissen verändern. JSo wurden die Antoniaaer
von Manchen nur deshalb angefeindet, iveil es bei den Macht-
liabern empfahl. '•') Nicht so Pomponius Atticus; das Geldin-
teresse, sein höchstes, schärfte seinen Blick auch für politische
Dinge und gab ihm einen richtigen Takt; er erk&nnte, dass
die Herstellung des Antonius möglich sei , und dass er sich für
diesen Fall sichern könne, ohne in anderer Beziehung zu wagen.
Denn er war Cicero als Vertrauter unentbehrlich und vermied
mit gewohnter Vorsicht , was als Begünstigung der feindlichen
Partei erscheinen konnt^f^ nur der Person galt seine Hülfe, wel-
che dadurch im Werthe stieg, als er den Freundeix des Anto-
nius die Flucht erleichterte , seinen Schatz für sie öffnete und
insbesondere der verlassenen Fulvia seine Dienste antrug. Er
begleitete sie vor Gericht, wurde Bürge für sie, und lieh ihr
ohne Zinsen und Schein; mochten Kurzsichtige ihn einen Tho-
ren oder einen schlechten Republicaner nennen: es erwies sich
bald, dass er recht gerechnet hatte. ^*)
§ 47.
Die Aristocratie verfolgte indess ihren Plan, den Sieger
mit dem Besiegten, Octavian mit Antonius zu stürzen. Nach
den Ereignissen von Forum Gallorum wollte Cicero keine Rück-
kehr zur Toga, weil D. Brutus noch in Gefahr sei ; '''5) jetzt wur-
de das Sagum abgelegt, obgleich der Entsatz von Mutina nicht
das Ende des Krieges war. "^^J Cicero hatte diess gehofTt und
deshalb die Befreiung des Befreiers Rom zur heiligsten Pflicht
gemacht. Aus anderen Gründen, aus Hass und Misstrauen ge-
gen- Octavian und die Cäsarianer, wurde Brutus auch jetzt aus-
gezeichnet. In ihm war angeblich der Staat gerettet, eine Wen-
71) Nepos Attic. 9. 72) §. 14. A. 47. f. 73) Nep. 1. c. 74) Das.
§. 5.^. A. 7C. 75) §. 44. A. CO, 7C) Dio 46, 39. L'nten A. 41.
320 V. ANTONII. (14. §. 47.)
düng, welche ihm schmeichelte und zugleich Octavi.in in den
Hintergrund brachte; denn er war nicht belagert, nicht befreiet,
er hatte nur befreiet, um ihn also zu umgehen, dankte man den
Göttern für den Entsatz, für die Wirkung des Sieges, nicht für
den Sieg, und in dem Beschlüsse — glänzte der Name des Brutus.''^)
Octavian wünschte dieselbe Ehre, sie wurde ihm aber versagt. '^J
Dem Triumphe gieng das Dankfest voraus, und in der Regel ver-
Lür"-te es ihn; ''^) daher die Nachricht, Brutus sei der Triumph
bewilligt. 80) Dass die Feier sich nicht auf die längst vergesse-
nen und unbedeutenden Streifereien in den Alpen bezog, welche
er vor dem Kriege von Mutina unternahm, und benutzte, sich
Imperator zu nennen und eine Supplication zu fordern, ^0 be-
weis't der Zusammenhang, in welchem Cicero davon spricht.
Dem jungen Cäsar war von Aufang weder die Absicht des
Senats noch das Mittel zweifelhaft, sie zu vereiteln. Aber
er übereilte sich nicht; jener sollte si% ganz entdecken, seine
Ar"-list, sein Undank, seine Feindschaft offenkundig sein, da-
mit die Ausführung seines eigenen Plans als Nothwehr erschien.
Die Heere der Consuln wurden D. Brutus überwiesen. ^-) Da-
mit hoftte man Octavian zu entwaffnen; denn er war nicht nur
unter den Überbefehl der Consuln gestellt , sondern auch veran-
lasst, die Legion des Mars und die vierte an Hirtius abzuge-
ben* ^^^ wenn sie sich fügten, so konnte man leicht auch seine
anderen Truppen fordern, 8*) da sie ebenfalls unter Hirtius ge-
fochten hatten. Torq^uatus, der Quästor des Pansa, übergab
Brutus die Tironen, Avelche in geringer Anzahl mit dem Con-
sul in Bononia geblieben waren; ^^^ die meisten hatte Hirtius
nach Mutina geführt , und unter diesen weigerte sich eine Le-
gion, sich von Octavian zu trennen ; ^6) eben so jene beiden
Veteran - Legionen , obgleich der Senat auf den Antrag des Li-
77) ad Fam. 11, 18. — tarn recenti gratulatione \ quam tuo nomine
ad omnin deorum tn/ipla fcciinut. Geschrieben am 20. Mai. Vgl. App. 3«
574. 78) App. 3. 577. 579. 583. Unten A. C. 79) ad Fam. 15, 5. Qiiod
si tfiuuip/u pracrognlivfiiii piiias siipplicationcin, — ne<itic snppUcaUonem
seqiiüur seiiiper triumphus. 80) Liv. 119. Vellej. 2. 62. üio 46, 40.
Zoiian 10, 15. 81) Oben §. 17. A. 17. f. 82) App. 3. 574. 575. 583. Dio
I. c. 83) §. 42. A. 81. f. 84) Das. A.7 4. 85) App. 3. 575. 80) ad
Fam. 11, 20. Vgl. 5. 45, in.
I
V. ANTONII. (14. §. 47.) 321
vius Drusus und L. Aemilius PauUus ^^) sie ansdrücklicli Brutus
bestimmt jintte. s^)
Dieser sollte als Oberfcldhcrr den Krieg mit Antonius fort-
setzen ^V und die bewaffnete Macht jenseits der Alpen unter Le-
pidus, L. Plancus und Asinius Pollio, Statthaltern, "welche von
Cäsar ernannt waren, den fliehenden Feind auf ihn zurückwer-
fen, und sich ihm unterordnen. ^") Da M. Brutus und Cassius
bereits im Osten geboten , ^^) so war dann fast das ganze Reich
in der Gewalt der Verschworenen, und damit, wie man sich
schmeichelte, in der Gewalt der Aristocratie. Wie sehr aber
auch die muthige Gegenwehr des D. Brutus gepriesen wurde,
um seine Erhebung zu rechtfertigen , so wagte doch selbst Ci-
cero die Forderung nicht, dass man seinen Namen in den Fa-
sten dem Tage des Sieges von Mutina beischrieb , mit welchem
angeblich sein Geburtstag zusammen traf; ^-) Avir wissen durch
Cicero nur, dass man am Geburtstage des Brutus in Rom die
Nachricht von seiner Befreiung erhielt; ^^^ hätte er es versucht,
ihn auf jene Art auszuzeichnen, welches durch die Neider des
Feldherrn vereitelt sein soll, so würde er es erwähnt haben,
denn er bot alles auf, ihn in Thätigkeit zu setzen. Aber Pon-
tius Aquila, dem Verschworenen, nicht Hirtius, errichtete man
eine Ehrensäulc. ^*>>
Darnach bekriegte man in Antonius nicht mehr den Ty-
rannen , wie die Philippiken ihn schildern, sondern den Cäsaria-
ner. Die Helden des 15. Märzes, welche den Dolch gegen das
Schwerdt vertauscht hatten, sollten die Aristocratie mit einem
ehernen Walle umgeben, und selbst die Hülfe des Sex. Pompe-
jus wurde nicht verschmäht, die nächsten und gefährlichsten
Feinde zu erdrücken. Schon früher, ehe Pansa Rom verliess,
hatte der Senat auf Ciceros Antrag M. Brutus zum Oberstatthal-
ter von Macedonien, Illjrien und Griechenland ernannt. ^^) We-
gen der Aehnlichkeit Avird dieser Beschluss von den Alten sehr
oft, aber unrichtig, mit einem anderen zusammengestellt, wel-
• 87) üben Aeniil. Lepid. No. 17. §. 3. 88) ad Farn. 11, M. u. 19.
89) I,iv. 120. App. 3. 574. 577. Dio 4G, 40. 47. 50. 00) App. 3. 574.
ad Farn. 10, 33. 91) Unten A. 95. f. 92) ad Brut. 15. 93) ad Fam.
11, 14. 94) Dio 40, 40. S. §. 42. A. 69. §. 45. A. 92. 95) §. 39. A
33. Philipp. 10.
LtiiiHianii. Guschii'hte Ronts !• 21
322 ' ' V. ANTONII. (11. §. 47.)
eher C. Cassius betraf. Cicero verlangte für ihn in jener Zeit
die Statthalterschaft in Syrien, den Oberhefchl gegen Dolabclla
und eine freie Verfügung über das römische Asien ; da die Con-
suln nach dem Entsätze von Mutina Syrien und Asia selbst über-
nehmen wollten, so wurde sein Wunsch nicht erfüllt. ^"^ Jetzt
fanden sich keine Hindernisse mehr; der Senat bestätigte Cassius in
Syrien und übertrug ihm den Krieg mit Dolabella mit einer unbeding-
ten Vollmacht, so dass die Statthalter aller Provinzen, welche er
auf seinen Feldzügen berühren würde, ihm gehorchen sollten. ^')
Er erhielt dadurch keinen Zuwachs an Macht, so wenig
als Sex. Pompejus durch seine Ernennung zum Oberanfülircr der
Flotte, ^^'> d. h. der Schiffe, Avelche er selbst nach der Nieder-
lage seines Bruders bei Munda gerüstet hatte. Im vorigen .Tah-
re hatte Rom unter Lepidus Vermittlung Frieden mit ihm ge-
schlossen, und ihm darin die Rückkehr gestattet und Ersatz
für das väterliche Vermögen versprochen, ^^) weil Antonius, M'el-
cher den grössten Theil seiner Güter besass , Avohl wusste, dass
er nicht Avagen werde , zu kommen , oder wenn er kam , seine
Land - und Seemacht dem Staate verfiel. Pompejus gieng aus
Spanien nach Massilien , ohne bei Mutina mitzuwirken, angeb-
lich aus Scheu vor Cäsars Veteranen ; gleichwohl empfahl Cice-
ro dem Senat, ihm seinen Beifall zu bezeugen , "^•'-^ und auch
jetzt verwandte er sich für ihn, den natürlichen Bundesgenos-
sen gegen die Cilsarianer, welchen er unter der Obhut der Be-
freier nicht fürchtete. ^) Wie aber Octavian vom Schauplatze
entfernen ? Cicero hatte ihn oft und überschwänglich als den
Retter des Staats gerühmt,-^ und seine Ansprüche auf diesen
Ruhm waren offenbar bei Mutina nur fester begründet. Man
wählte den Ausweg, zu schweigen; jede Erörterung machte es
uothwendig , sich gegen den Vorwurf des Undanks , der Verstel-
lung und der Wortbrüchigkeit zu verwahren, welches vermieden
wurde, wenn man annahm, der Auftrag Octavians sei mit dem
Entsätze von Mutina erloschen, er sei damit iu den Privatstand
'JC) §. 39. A. 35, f. A. 71. I'hilipp. 11. 97) Liv. 121. Vellej. 2. 02.
§. 2. H. 4. 73. §. 2. App. 4. 022. G23. G29. 613. Syr. c. 13. Dia 46, 40.
51. 47, 28. 29. Unten §♦ 49. A. 13. 98) Tompeji. Sex. Tonip. a. 43.
90) Oben §. l."). in. 100) §. 41. A. 26. u. 32. 1) Das. A. 42. 2) §. 31.
in. §. 34. A. 12. §. 35. A. 89. u. liu.
V. ANTONII. (li. §. 17.) 32'?
zurückgetreten und es könne nicht weiter die Rede von ihm
seiiip') 'Wurde seiner nicht mehr gedacht, so Avar man aucli
der Verpflichtungen gegen ihn entledigt. *) Seine Truppen konn-
ten sich nicht beklagen , •wenn sie den verheissenen Lohn noch
nicht erhielten , denn sie hatten die Bedingung noch niclit er-
füllt; nicht für sie, nur für ihren Anführer -war der Krieg geen-
difft. Nach den Gefechten hei Forum Gallorum hatte man auch
diesen als Imperator anerkannt , auch ihm zu Ehren ein
Dankfest angeordnet; ^) der Triumph, dessen er jetzt noch wür-
diger zu sein schien , folgte nicht. ^) Er begriif seinen Vor-
theil, da man nur seinem Heere und D. Brutus Befehle zuge-
hen Hess; er nahm auch seiner Seits keine Kenntniss vom Se-
nat , gehorchte nicht, und war doch nicht ungehorsam, Hess die
Dinge öffentlich gewähren und leitete sie mit unsichtbarer Hand.
Auf die Nachricht, dass ausser der Legion des Pansa die vierte
und die Legion des IMars in seinem Lager blieben, versuchte
der Senat ihm die Letzten durch Schmeicheleien und Geschenke
zu entlocken. Diess geschah nicht erst dann , als Antonius bei
Lepidus angelangt und Octavian wieder in seine Feldherrn - Rech-
te eingesetzt war; auch wurde es nicht dadurch veranlasst, dass
etwa jetzt auf seinen Betrieb Abgeordnete des Heers nach Rom
giengen; Appian ^) wird darin durch andere Zeugnisse und durch
die Sache selbst widerlegt. Bereits mehrere Wochen vor dem
Abfalle des Lepidus erschienen Sendlinge von Rom, und wand-
ten sich nicht an Octavian , den Privatmann , auch nicht an
alle seine Truppen , sondern nur an die beiden zuletzt genann-
ten Legionen, ihnen zu eröffnen, dass sie im Lager des D. Bru-
tus 2500 Denare, die Hälfte der versprochenen Belohnung, ^)
erhalten , und berechtigt sein sollten , bei den Spielen einen
Kranz von Oelzweigen zu tragen. Wenn sie folgten, so glaubte
man sich auch der übrigen gewiss, wenn nicht, so war
doch der Same der Eifersucht und der Zwietracht ausarestreut.
Aber nur in Gegenwart ihres Feldherrn wollten sie hören und
3) Plut. Cic. 45. 4) Liv. 119. Veliej. 2. 02. §. 1. u. 5. Suef. Oct.
12. App. 3. 574. Dio 40, 40. Zonar. 10, 15. 5) §. 44. A. 59. u. 65.
C) Oben A. 78. Eine auf Ciceros Vorschlag bewilligte Ovation kennt nur
d. Vf. d. unächten Briefe ad Brut. 15. 7) 3. 581, 8) §. 30. A. 39, §.
44. A. 76.
21*
324 V. ANTONII. (14. §. 47.)
antworten, und die Gesandten zogen sich zurück. 8) DJo weiss
dicss nicht anders zu erkliiren, als dass Octavian nach Verab-
redung herbeigerufen wurde und sich einmischte, während für
ihn nichts wichtiger war, als den Verhandlungen scheinbar ganz
fremd zu bleiben. Die Seinigen waren bewährt; sie erkannten
mit ÜnMÜlen auch ohne die Einflüsterungen seiner Vertrauten,
dass der Senat einen Theil begünstigte und den anderen zurück-
setzte, um sie zu trennen und sich beider zu bemächtigen. W
In Rom gerieth man durch den Ausgang des Unternehmens
in eine lebliafte Unruhe; ^') wie aber Dio zur Beschwichtigung
des Beleidigten jetzt beschliessen lässt, was längst beschlossen
war, dass er mit dem Range eines Consulars in der Curiestim-
men, und vor der gesetzlichen Zeit Consul werden solle, '-) so
folgt bei Appian ^^) seine gewaltsame Bewerbung um diese Wür-
de unmittelbar auf jene Ereignisse im Lager, welche nach dem
Vorigen früher erwäJmt Averden mussten. Bevor Octavian das
Consulat erzwang, für ihn nur ein Mittel zu anderen Zwecken,
wollte er seine Truppen noch mehr gegen Rom erbittern, und
vor Allem gcM'iss sein , dass seiner Verbindung mit Antonius
nichts entgegen stelle. Die grössten Beleidigungen zu rügen,
iiberliess er den Veteranen; er sorgte nur, dass sie ihr eigenes
Interesse dadurch gefährdet salien. Von ihm selbst hörte man,
dass die Bezeichnung: Ivnabe oder jtmger Mann, in Ciceros Re-
den ihm missfällig sei; *'*) sie verrieth Geringschätzung, wie
der Redner selbst bezeugt. ^^) Um diese Zeit,, sagt Vellejus, ^")
als der Versuch, im Lager des jungen Cäsar IMeutereien zu stif-
ten, misslungen war, sprach Cicero die zweideutigen Worte:
man müsse ihn loben und (in die andere Welt) befördern. D.
Brutus scliricb jenem gegen Ende des Mai von Eporedia, nach
einer Mittheilung des l^abeo Segulius habe Octavian sich darüber
bcktegt und hinzugefügt, er werde die Beförderung zu verhin-
dern wissen; doch glaube er, dass Segulius dem jungen Manne
oder ilim Falsches liintcrbracht , oder dass man es nur erfunden
t)) Veilej. 1. c. Dio 4ß, 40. 41. App. 3. 571. 581. 583. Plut. I. c.
K») Dio 40, 41. 11) Dag. 12) §. 35. A. 11. §. 3G. A. 20. f. 13) 3,
5S1. fiii. f. 14) Siiet. Oclav. 12. Dio 40, 41. Zoiiar. 10, 15. 15) IS
Phil. II. Narh S^crv. zu Vir^y. Kcl. 1. 43. wurde sie sogar später \-o»u
Setiat vfirpönf, 10) 2 , 02. V-I, Suet. I. r.
V. ANTOMI. (14. §. 47.) 325
habe, um Cicero zu schrecken. ^^>' Dieser Mar entrüstet; ei
verwünsclite den Niclitswürdigcn, welcher ohne Zweifel jedem,
der es hören wolle, dasselbe erzähle. '^) Die Sache selbst wur-
de von ihm weder eingestanden noch gciäugnet, und es ist sehr
glaublich, dass diese oder eine ähniiche unvorsichtige Aeusse-
rung ihm entschlüpft Avar. Octavian benutzte sie, um auf die
Stimmung seiner Truppen zu wirken, und seine Ausschliessung
vom Decemvirat, ^^) die Begünstigung des D. Brutus und der
übrigen Verschworenen , und die Sendung jener Al>geordneten
des Senats schien jede gehässige Deutnng zu rechtfertigen.
Während dieser Reibungen trat er allmälig Antonius nä-
her. Die wahren Ursachen berührt Appian in der erdichteten
Rede des Pansa ; -^) aber weder diese angebliche Belehrung, noch
das früher erwähnte Schreiben des Antonius, ^U noch endlich
das unlautere Verfahren des Senats veranlasste ihn ,. sich von
diesem abzuwenden. Seine Politik war nicht eine Frucht sei-
ner im Kriege gemachten Erfahrungen, sondern seine Theilnah-
me am Kriege war eine Folge seiner Politik, welche bereits zu
einer anderen Zeit entwickelt ist. ^) Im Bunde mit der Aristo-
cratie war er dahin gelangt, dass er als Feind Antonius verder-
ben, als Freund ihn wieder aufrichten konnte; er wählte das
Letzte , weil er ihm und der Macht der Verschworenen zugleich
nicht gewachsen war , ^3) ^nd nach seinem Plane diese zuerst
vernichtet werden sollte. Das Verlangen des Sohns, mit Hülfe
eines Cäsarianer seinen Vater zu rächen, gab seiner Hinneigung
zu Antonius einen guten Schein; auch konnte der Sieger dem
Besiegten entgegen kommen , aber nur mit Vorsicht , damit die-
ser nicht glaubte, dass er seiner bedürfe. In solchen Fällen ist
ein Vermittler notliwendig, und er fand sich in Lepidus.
Nach der Sxjjilacht liess Octavian den Gefangenen die Wahi,
obgleich aucli sie vom Senat geächtet waren, unter ihm zu die-
nen , oder ihrem Fcldherrn zu folgen ; Decius, einer der Anfuh-
rer, welche das Letzte vorzogen, suchte ihm eine bestimmte
Erklärung zu entlocken, er aber erwiederte, dass er genug ge-
17) ad Fam. 11, 20. 23. 18) Das, 11, 21. 19) §. 46. A. 49. f, 20)
§. 45. A. 10. 21) 13 Phil, besond. c. 10. Oben §. 42. A^ 99. 22) §, 15.
A. 10. f. 23) Vellej. 2. 65. Dio 40, 52. Flor. 4. G.
: inshe- |
n, wel- 1
irajruntr
;J2G V\ ANTONil. (14. §. 47.)
thaii habe , um verstanden zu werden. 24) Dahin gehört inshe-
Sondere , dass er nicht verfolgte. -•') Der Tod der Consul
dien er untergeordnet war, und bald auch die Uebertragung
des Oberbefehls an D. Brutus gab ihm einen erwünschten Vor-
wand zur Lnthätigkeit; es war nicht sein Beruf, über die Apen-
ninen zu gehen, und Ventidius den AVeg zu Antonius zu ver-
legen , -^) und während er seihst ruhte, hemmte er zugleich die
Unternehmungen des Brutus, und bewies den Statthaltern in
Gallien und Spanien, dass es sich jetzt um etwas anderes hand-
le, als das geschlagene Heer aufzureiben. An Streitkräften fehl-
te es ihm niclit; er hatte acht Legionen,-^) welche ihn gegen
den Senat scliützten und den Anträgen Nachdruck gaben, mit
welchen sich Lepidus auf seine Veranlassung an Antonius wand-
te. Dass dieser zuerst den Frieden angeboten und gedroht ha-
be, sicli mit den Aerschworenen zu verbinden, ist eine irrige
Behauptung des Vellejus,-8J wodurch er den Cäsaren schmei-
chelt. Aber auch Üctavian handelte nicht unmittelbar; er be-
nutzte den Character und die Verhältnisse des Lepidus, welcher
aus Schwäche und Aengstlichkeit schon früher dem Senat einen
Vergleich empfohlen -^) und dann Antonius, seinen Verwandten
und Freund, durch Silau unterstützt hatte; und selbst in den
Briefea an ihn beklagte Octavian anfangs nur das Schicksal der
Cäsarianer, deren Feinde sie einzeln und durch einander zu
stürzen hofften; schon habe bei Mutina das Werk der Selbst-
vernichtung begonnen; ohne Einigkeit sei keine Rettung, ^o)
In der Aristocratie wurden seit der Schlacht von Mutina
zwei Parteien benicrklich: die Eine ivollte alles für, die Andere
alles durch die Verschworenen; der Letzten gehörte Cicero an; "^0
jene sollten mit unbedingter Vollmacht seine Feinde aus dem
Wege räumen, dann aber gehorchen, ..nicht regieren; nur so
lange er Antonius fürchtete, und als er ihn wieder fürchtete,
wünschte er die Hülfe der Befreier im Osten. Ziemlich lau
24) App. 3. 577. I)io 4ß , 51. 25) Die 40, 50. 26) Unten §. 50,
A, 79. 27) App. 3, 582. u. 5«3. Vgl. §. 42. A. 74. 28) 2, C5. 29) §.
41. in. ."iO) App. 3. 577. iin. 57S. üio 4(», 41. verkennt die Umstände,
welche Vorsicht nöthig machten; er schreibt sogar 40, 52. üctavian sei
durch Antonius mit Lepidus versöhnt. Vgl. Flut. Brut. 27. Anton. 19.
«ic. 40. 31) Vgl. §. 46. in.
V. ANTOMI. (14. §. 48.) 327
sclireibt er D. Brutus: ich bin ganz deiner Meinung, dass wir
(M.) Hrutus lierbeirufen müssen. •^-) Der 29. Mai veränderte
viel; der Flüchtling wurde durch seine Vereinigung mit Lepi-
dus M'ieder ein mächtiges Parteihaupt , und ernstlich suchte nun
auch Cicero von aussen Truppen Iieranzuziehen. C. Cassius
stand zu fern und war mit Doiahella beschäftigt; doch schrieb
er auch an ihn , denn Syrien sollte im äussersten Falle sein
Asyl sein; ^^) leichter konnte M. Brutus nach Italien kommen;
nach seiner Versicherung trieb er ihn unaufliörlich dazu an,
zweifelte aber am Erfolge, ^4) und als Lepidus am 30. Juni für
einen Feind des Staats erklärt war, meldete er es Cassius mit
der dringenden Bitte, zurückzukehren; M. Brutus erwarte mau
jeden Augenblick; auf ihnen beruhe Alles. ^^J Appian bezeugt,
dass auch der Senat, bestürzt und rathlos nach dem Abfalle des
Lepidus, und besorgt, üctavian möge sich dem feindlichen Bun-
de anschliessen, zwei Männer aus seiner Mitte insgeheim an je-
ne abgeschickt habe. ^^) Aus Afrika hoffte man schou gegen
Ende des Mai Truppen eintreffen zu sehen, ^^') zwei Legionen
des Titus Sextius in Numidien oder der neuen Provinz Afrika, ■^^)
welche unter Cäsar gedient hatten. 39J Sie kamen zu spät, und
erklärten sich für Cäsars Solin. ^"^^ Ferner legte man jetzt das
Kriegskleid wieder an;*'^ man ächtete Lepidus und dessen Trup-
pen, welchen jedoch eine Frist bis zum 1. September gesetzt
wurde, warf seine Statue um,^-^ und ehrte seinen Legaten M.
Juventius Laterensis, weil er den A'errath zu verhindern gesucht
und sich aus Verzweiflung getödtet hatte. *^)
§ 48.
Diese Massrcgcln Ciceros und des Senats verfehlten ihren
Zweck; ihr Nothruf machte auf die Freunde, die Aechtung auf
32) ad Fam. 11, 14. 33) Das. 12, 8. 9, 34) Das. II, 25. 35)
Das. 12, 10. 30) 3, 580. 37) ad Fam. 11, 14. 11. 2ß. 3») Dio 48, 21.
App. 4. 020. S. Cornificii. 30) App. 3. 58U. 581. 584. Vgl. ad Fam. 10,
24. 40) Inten §. 48. A. 81. u. 83. 41) üben A. 70. Man trug es also,
als Octavian nach Rum kam, um Consul zu werden, obgleich Dio 40,
44. 51. sngt , man habe nach dem Beschlüsse, ihm Widerstand zu leisten,
es angelegt, nud als er dennoch Consul geworden, die loga, dann aber,
als Lepidus untreu wurde, wieder das sdg/iru ; er iiTl in der Zeit, der
Abfall erfolgte früher als die Wahl. 42) §. 35. A. Ul. 43) §. 51. A. 65.
328 V. ANTOXU. (14. §. 48.)
die Heere der Feinde keinen Eindruck; man musstc sogar fürch-
ten, dass Octavian dem Beispiele des Lepidus folgte, und for-
derte ihn daher auf, mit D. Brutus den Krieg zu beendigen.**)
Damit gab man ihm die Rechte eines Befehlshabers zurück, wel-
che man ihm schwelgend genommen hatte, und seine Besonnen-
heit und Verstellung machte es ihm möglich, darauf einzugehen.
Denn er hatte öffentlich nichts gethan, was einen Bruch zwi-
schen ihm und Rom beurkundete , und durch seine geheimen
Unterhandlungen mit Lepidus sich das Mittel verschafft, sein
scheinbares Einverständniss mit Rom bei Antonius zu rechtferti-
gen. Wenn dieser auf ihn rechnen durfte , so war es für Beide
erwünscht, dass Octavian bis zu ihrer Vereinigung vom Senat
unterstützt wurde , und Brutus durch ihn in eine falsche Stel-
lung gcrieth. Aber seine wahren Absichten entdeckte er auch
Lepidus nur zum Theil. Seit der Besiegte wieder gehoben war,
bedurfte auch er ein neues Gegengewicht, und suchte es im Con-
sulat. Es ist kaum zAveifelhaft, dass er anfangs hoffte, es wer-
de der Preis seiner Bereitwilligkeit sein , die Beleidigungen zu
vergessen und wieder im Kriege mitzuwirken, zumal da man
ihn schon früher in dieser Hinsicht begünstigt, *^-> und Cicero
bewiesen hatte, dass bei ihm, der im September d. J. erst zwan-
zig Jahr alt wurde,*") die Annal - Gesetze nicht in Betracht
kommen. *^) Freilich waren diese Beschlüsse nur eine Folge der
Noth , aber die Noth war auch jetzt grösser als je. Als Con-
sul und als Anführer eines ihm ganz erjjebenen Heeres konnte
er den Senat leicht dahin vermöü-en, dass er die q-ec'en Dola-
bella, Antonius und Lepidus gerichtete Kriegserklärung zurück-
nahm, Modurch er diesen einen grossen Dienst leistete und sich
selbst bei dem beabsichtigten Bunde crecren den Vorwurf des Ver-
raths sicherte; er konnte die Verfolguns: der Mörder Cäsars ver-
anlassen , und dadurch seinen neuen Freunden die Aufrichtigkeit
seiner (Besinnungen beweisen, und es ausser Zweifel setzen, dass
er und sie nicht im eigenen Interesse sondern als Rächer des
Dictator handelten, welchen zu vertheidigcn und zu rächen der
44) App. 3. 581. Dio 46, 42, 51. 52. Zonar. 10, 15. 45) §. 35. A.
11. §. 30. A. 33. -10^ §. 15. A. IC. 47) 5 Phil. 17.
V. ANTONII. (14. §.48.) 329
Senat einst eidlich gelobt hatte; ^8) er konnte jedes andere De-
cret und Gesetz erzwingen und jede Zahlung aus dem Schatze^
Es -war ihm sehr förderlich, dass man in Rom die Consu-
lar-Comitien verschob , ^'-"^ und die Geschäfte der Consuln fort-
während durch den Prätor M. Cornutus besorgen Hess. ^^J So
lange Antonius nicht völlig unterdrückt war, mochte die regierende
Faction aus Scheu vor den Veteranen nicht ihre Anhänger bei
der Wahl begünstigen , und nie Cäsarianer. Indess erfolgte die
Veränderung in Gallien, nach welcher Octavian es wagen konn-
te, sich des Consulats mit Gewalt zu bemächtigen. Nach einer
Sage wollte er es sich zuvor durch Cicero verschaffen, welchem
er schrieb, er möge es mit ihm übernehmen und alle damit ver-
bundene Gewalt allein ausüben; ihn selbst verlange nur nach
dem Namen, und auch nach diesem nur, um mit Ehren die
Waffen niederzulegen, der Grund, warum er den Triumph ge-
wünscht habe. Dadurch bestochen empfahl ihn Cicero im Senat:
unter den Feldhcrrn werden geheime Unterhandlungen geflogen;
es sei daher rathsam, den Gekränkten, welcher ein grosses Heer
habe , zu besänftigen ; besser , dass man ihn vor dem gesetzli-
chen Alter wähle, als dass er sich zu den Feinden geselle, und
aller Nachtheil werde verhütet , wenn man ihm einen bejahrten
und erfahrenen CoUegen gebe. Der Senat lachte über die
Herrschsucht des alten Mannes, und am meisten widersetzten
sich die Freunde der Mörder, deren Bestrafungr sie fürchte-
ten. ^0 Octavian kam mit den Truppen, und Cicero rühmte
seinen Entschluss, Consul zu Averden, mit dem Bemerken, er
selbst habe früher in der Curie für ihn gesprochen. ^-) Diess
scheint jene Nachi'icht zu bestätigen , welche Plutarch nach sei-»
ner Angabe sogar in Augustus eigenen Schriften fand; ^^) er
fügt dann aber hinzu, jener habe durch den Consular seine Ab-
sicht erreicht, und an einem anderen Orte, dieser sei in der
Curie von Lälius geschmäht, weil^er bei der gesetzwidrigen
BcAvcrbung des Unbärtigen geschwiegen habe ; ^*) das Erste ist
entschieden falsch, und das Andere mit dem früher Erzählten
nicht zu vereinigen, so dass man zweifeln darf, ob Plutarch
48) Julii. CaeiBT Dict. 49) App. 3, 579. 580. 50) §. 41. A. 19.
51) App. 3. 578. 579. Dio 46, 42. Plut. Cic. 45. 52) App. 3. 585. 53)
Vgl. Suet. Octav. 85. 54) Plat. Cic. 46. Comp. Demosth. c. Cic. 4.
330 V. ANTONII. (11. g. 18.)
nicht aus seiner von ihm angeführten Quelle hieher zog , was
darin von einer älteren Verbindung gesagt wurde. ^'^) AVie konn-
te ferner Cicero über die Krieger spotten, welche für ihren
Feldherrn das Consuiat forderten , wenn er es selbst für ihn
gefordert und dadurcli Missfallen erregt hatte? ^^) Aber am we-
nigsten darf man übersehen , dass sich kein Zeitpunkt findet,
wo er sich für üctavian hätte verwenden können oder wollen.
Nach Appian, welcher allein sich bestimmt darüber ausspricht,
geschah es vor dem Abfalle des Lepidus , in Tagen also , wo
man sich in Rom durchaus feindlich gegen üctavian bezeigte,
und schon eine Andeutung, in ihm Pansa einen Nachfolger zu
geben, für Verrath erklärt sein würde, wo auch Cicero hoffte,
nun endlich ihn und seine gleich verhassten Veteranen entbeh-
ren zu können, und gegen die wüthenden Eiferer, als Neben-
buhler seines Einflusses, in dem Erben Cäsars ganz zuletzt eine
Stütze suchte. Als Lepidus den Feind verstärkt hatte , musste
man Octavians Hülfe mit einigen Opfern erkaufen , aber hart-
näckig verweigerte mau ihm das Consuiat, weil man sonst den
Günstling der Veteranen, welche Alles von ihm erwarteten, zum
Herrn von Rom erhüben, und die mächtigen Befreier jenseits
des Meers gänzlich von sich gestossen hätte. Jener machte die
Wahl nicht einmal zur Bedingung seiner Hülfe, er äusserte nur
seine Wünsche, und Cicero sollte aus Eitelkeit, um einige Mo-
nate die höchste Würde mit ihm zu theilen, oder aus Politik,
weil er dann Antonius mehr schaden konnte, das gefährliclie
und undankbare Geschäft übernommen haben, ihn zu empfehlend
In dem Aucenblicke, wo er sich mit dem Solmc Cäsars verband,
wurden die Mörder Cäsars mit ihrem Anhange seine erbittertsten
Feinde, und er erhielt keinen Ersatz, nicht einmal eine Bürg-
schaft für Leben und Gut, nur Eins wurde gewiss, die Verei-
telung aller seiner Pläne , wenn üctavian als Consul über An-
tonius siegte, oder sicli mit ihm verglich. Die Erzählung ist
demnach ein Seitenstück zu der früher gegen ihn vorgcbracliten
Beschuldigung, dass er als Dictator auftreten werde , ^^) und
entweder von Denselben ersonnen, oder von den Freunden des
55) §. 31. A. 21. 5Ü) Dio 46, 43. 57) §. 44. in.
V. ANTONII. (14. §. 18.) 331
Octavian , welcher als gerechtfertigt erscheinen sollte , wenn er
nahm, was Cicero selbst für ihn bcgelirt hatte. ^^^
Octavian benutzte den Bcschluss, welcher ihn zu einem
neuen Feld/uge gegen Antonius ermächtigte, um seine Truppen
auf einen FeMzug gegen Rom vorzubereiten, dessen nächster
Zweck seine Wahl zum Consul Avar. Ihre Stimmuuff ermuthi<r-
te ihn , denn sie waren durch seine \ ernachlässisunff, und durch
den Versuch, sie zu entzweien ^'J) gegen den Senat erbittert.
Dennoch mochte er sie bei seinen noch schwankenden Verhältnissen
zu Antonius nicht unmittelbar zur Empörung aufFordcrn. Sie
sollten aus eigenem Antriebe und im eigenen Interesse handeln,
und wie alle Anderen sich überzeugen, dass er nur dem von
ihnen gegebenen Anstosse folge, und für sich keine Wünsche
liabe, als um die Ihrigen zu erfüllen. Er äusserte gegen sie
sein Bedauern, während er eifrig gegen Antonius und Lepidus
zu rüsten schien, dass ehemalige Waffengefährten nicht aufhör-
ten, sich zu bekriegen, und sie scliwuren einander, gegen kein
Heer zu fechten, Melches unter Cäsar gedient habe. •*") Er
machte ihnen ferner bemerklich, dass man ihnen den Lohn ih-
rer Thaten vorenthalte und sie in einen neuen Krieg schicke;
dass nichts für sie zu hoffen, nicht einmal das von Cäsar ihnen
verliehene Besitzthum sicher sei, so lanae die Freunde der Ver-
schworenen herrschen. Den Titel eines Froprätor , wclclien sie
ihm einst angetragen, habe er abgelehnt; ^O wenn er daher
jetzt das Consulat wünsche, so bestimme ihn nicht der Ehr-
geiz, sondern das Verlangen, ihnen zu erhalten oder zu ver-
schaffen , Avas ihnen gebühre , die Mörder seines Vaters vor Ge-
richt zu stellen, und damit den Krieg und ihre Beschwerden
zu endigen.**-)
Sofort begaben sich im Juli ^'^) vierhundert Mann nach Rom,
58) Corradi Quaeslur. p. 233. und Middleton Rom. Geschichte 3, p.
341. nehmen zu Ciceros untergeschobenen Briefen (ad Brut. 10.) ihre
Zuflucht, deren es gar nicht bedarf , ura ihn gegen die ungereimte An-
klage zu vertheidigen. Was Tunstall (epist. ad Middlet. p. 212.) aus
den Philippiken gegen ihn anführt, wurde in Zeiten gesprochen, wo er
den „jungen Mann" durch Vorspieglungen locken und täuschen wollte.
59) §. 47. A. 8. 60) Dio 40, 42. 52. App. 3. 581. Zonar. 10, 15. Ol)
§. 32. fin. 02) App. 1. c. u. 582. 63) Gegen Ende des Monats gedenkt
L. Plancus dieser Ereignisse, ad Fam. 10, 24.
332 V. ANTONII. (14. §. 48.)
wo ihre Ankunft grossen Schrecken erregte. Sie sollten im Na-
men der Truppen für ihren Anführer das Consulat fordern, nicht
auch Geld und Frieden, ■welches Dio hinzusetzt; beides erwar-
tete mau von Octavian nach seiner Beförderung, er aher erwar-
tete nichts vom Senat, als eine ahschliigige Antwort und in ihr
die Loosung für sein Heer, Gewalt zu gebrauchen. (Jornelius,
ein Centurio , und als Haupt der Gesandtschaft *>*) genau unter-
richtet, wie er sich zu verhalten habe, musste mit seinen Be-
gleitern die Waffen vor der Curie niederlegen, und sich darüber
erklären, ob er vom Heere oder von Octavian geschickt sei;
obgleich beides in der Ordnung Avar , so galt es doch für Be-
leidigung, weil er beleidigt sein wollte. Auf sein Gesuch er-
wiederte man, Octavian sei zu jung; er bemerkte dagegen, dass
man M. Valerius Corvus ^^) und Scipio Africanus ^'^J vor dem
gesetzlichen Alter gewühlt und es nicht bereuet habe, und in
neuerer Zeit Pompejus ''^) und Dolabella, "s) dass Octavian selbst
bereits zehn Jahre erlassen seien, 69) und als seine Kecklieit ge-
rügt wurde, holte er ein Schwerdt herbei und zeigte es mit der
Drohung : diess wird es thun , wenn ihr es nicht thut. ^") An.-
geblich scherzte Cicero: wenn ihr so bittet, so wird er es er-
halten; aber Furcht und Unwille erlaubten ihm wohl kaum sich
so zu äussern, es scheint diess vielmehr eins der vielen Witz-
ivorte zu sein, welche nach seiner eigenen Aussage^') ihm an-
gedichtet wurden. ^-)
Das Heer, niclit der Feldherr, welcher nichts gesucht hatte,
war abgewiesen, und wenn es vorher seine Habsucht und sein
VerlanjTren nach ruhitjcm Genüsse unter dem Eifer für ihn
verbarg , so eiferte es nun auch für ihn , weil sein Stolz belei-
digt war. Den Siegern, welchen man noch jede andere Beloh-
nung schuldete, gewälirte man nicht einmal eine Bitte für den
Anführer. Es war nun an ihnen, zu beweisen, dass ^'eteranen
nicht vergebens bitten. Auf ihr Geheiss zog Octavian gegen
04) Suet. Octav. 20. C5) cos. 34S. v. Chr. Liv. 7. 20. Cic. 5 Phil.
17. Oü) Superior. Cic. 1. c. cos. 205. v. Chr. Liv. 28. 38. 07) a. 70.
Cic. Manil. 21. S. roinpeji. 08) a. 44. S. Conielii Dolab. 09) §. 30.
A. 33. 70) Jlie faciet, si vos non fecerilis. Suet. 1. c. 71) ad Farn.
9. 10. 72) App. 3. 582. Dio 40, 43. Suet. 1. c. Plut. Brut. 27. Zonar.
10, 15. Obseq. 120.
V. ANTONII. (14. §. 48.) 333
Rom. '■'' ' Er fiilirte seine acht Legionen , die Reuterei und die
Hülfstrnppeii über den Rubicon, und eilte dann mit einer aus-
gewählten Schaar voraus, um die Stadt durch den Schrecken
zu entwaffnen nnd den africanischen Legionen zuvorzukom-
men ,''*-' insbesondere aber den Schein der Gewalt zu vermeiden.
Seine Krieger nahmen diese Rücksicht nicht, und er konnte sie
nicht zügeln; doch mochte nur der Theil, welcher sich selbst
überlassen ihm folgte, seinen Weg mit Raub und Mord bezeich-
nen. Ein Ritter und auch Andere wurden als Kundschafter ge-
tödtet und die Güter der Gegner geplündert, ^^) ein furchtbares
Anzeichen für Rom, wo man bei dem plötzlichen Andränge der
bewaftneten Macht und ungewiss über ihre Absicht Proscriptio-
nen erwartete, und wie betäubt Familien und Kostbarkeiten
flüclitete, oder einander mit Vorwürfen über die ungerechte Be-
handlung des Octavian bestürmte, wie in solchen Fallen der
Unverstand die Verkehrtheit anzuklagen pflegt. Doch die Ge-
fahr forderte einen Entschluss ; zur Abwehr fehlte die Kraft,
denn mau hatte nur Eine Legion, ^''^ daher wollte man sich
loskaufen; zu karg, um zu belohnen, war man reich genug, uoi
zu bestechen. Aber Octavian wollte nicht, dass man mit sei-
nen Truppen ein Abkommen traf; er schickte den Abgeordneten,
welche Geld brachten, Vertraute entgegen, und diese bewogen
sie drohend oder warnend zur eiligen Rückkehr. Dem Senat
blieb nach seiner Meinung nur die AVahl zwischen Leben und
Tod; diess ist der Zeitpunct , in welchem allein die Aristocra-
tie nachzugeben vermag, und dann auch wohl alles von sich
i^irft. Nicht zwei Legionen, wie früher verfügt w ar, '''') sondern
alle acht sollten jetzt Geld erhalten , und nicht die Hälfte, son-
dern das Ganze, ÖOOO Denare, dem ^'ersprechen gemäss, ^^^ und
Octavian sollte Decemvir ^'•'J und abwesend Consul werden; Eil-
boten giengen ab, es ihm zu melden. "
Kaum hatten sie sich entfernt , als nach Appian der Senat
sich ermannte und, zuvückbcbend vor der Sclimach freiwilli-rci*
Sclavcrci, zu widerstehen beschloss, bis D. Brutus oder L. Plan-
73) App. Dio Zonar. Sueton. Flut. Obsctj. II. cc. Liv, 119. Eufrop.
7. 2. 74) §. 47. A. 37. 75) Dio 40, 44. Zonar. I, c. 70) §. 43. in.
77) §. 47. A. 8. 78) §. 36. A. 30. §. 44. A. 70. 79) §. 46. A. 50. hO)
ApiJ. 3, 583. Diu J c=
334 V. ANTONli. (14. §. 48.)
cus zum Entsätze erscliiene. Allein Appian erwels't ilim zu
viel Ehre; er sagt sogleich selbst, was ihn umstimmte, nichts
anderes, als die Ankunft der beiden Legionen aus Afrika, wel-
che überdicss tausend Reuter begleiteten. ^'J Zwar Hess sich
leicht eraclitcn, dass jene als Veteranen mehr dem Sohne Cä-
sars als dessen JMördern ergeben waren , man berechnete aber
die Zahl, und ermächtigte die Prätoren, sie durch das Aufge-
bot der Avehrhaften Mannschaft zu verstärken , und mit unbe-
schränkter Gewalt über das Wohl des Staats zu Avachen. ^2)
Ueber den wahren Zweck dieser Rüstungen giebt die Besetzung
des Janiculum , der sublicischen und der übrigen Brücken, wel-
che zu ihm führten, und des Hafenplatzes Ostia Aufschluss;
dort lag der Schatz und hier das Gescliwader, auf welchem man
sich und ihn zu den Befreiern im Osten zu flüchten gedachte.
Die Aufstellung der drei Legionen 8^) sollte die nöthige Frist
rerschaffen und das Volk dazu mitwirken, deshalb sprach man
von der Vertheidigung der Stadt und von der Nähe befreunde-
ter Heere. Atia und Octavia , ^lutter und Schwester Octavians,
welche zu Geissein bestimmt waren, verbargen sich im Tempel
der Vcsta, dennoch erliielt jener Befehl, 750 Stadien von der
Stadt entfernt zu bleiben. Noch waren die Friedensboten in
seinem Lager; das Heer zürnte, ihm selbst war es unange-
nehm; wenn der Senat mit den Magistraten und dem Gelde
entkam , so konnte er nicht unter den verfassungsmässigen For-
men Consul werden und den Truppen nicht zahlen. Ohne da-
her die Zeit mit Unterhandlungen zu verlieren , rückte er vor
Rom. Die Legionen auf dem Janiculum und auf den andern
Posten, Avohl durch dieselben Mittel versucht, wie einst das
Heer des Antonius in Brundusium, trugen sich ihm an,***)
Volk und Vornehme, entzückt über die grossmüthige Versiche-
rung, dass ihnen kein Leid widerfahren werde, kamen zur Be-
grüssung, der Feldzug gegen den Senat war ohne Sclnverdtschlag
<'cendiürt, und der Feldlicrr trat in die Schranken des Candi-
daten zurück, hatte nur Bürger herbeigeführt, welche für ihn
zu stimmen wünschten. Diese verübten keine Gewalt; er selbst
81) 3. 584. I)io I. c. S. §. 47. flu. 82) Vgl. §.47. A. 41. 83) §. 43.
in. 84) App. 3. 585. Dio 40, 45. Zoiiar. 10, )5.
V. ANTOMI. (14. §. 48.) 335
blieb mit ihnen den Gesetzen gemäss ausserhalb der Thore, wo
Mutter und Schwester aus dem am Forum gelegenen ^'esta-
Tempel sich bei ihm einfanden, 8^) den Prütoren, unter welchen
Cornutus^ö) sich selbst tüdtete, wurde verziehen, und Cicero
büsstc für sein melir als zweideutiges Benehmen nur dadurch,
dass Octavian ihn mit den doppelsinnigen AVorten emplieng: er
sehe in ihm den Letzten seiner Freunde. '^^)
In der Nacht hörte man, die Legion des Mars und die
vierte liaben sich voll Unwillen über die Vorspiegelungen , mit
welchen man sie hieher gelockt, für die Republik erklärt. Ihr
Ansehn liess hoffen , dass Andere folgten , immer aber konnte
luan mit so muthigen Truppen sich eine Zeitlang vertheidigen,
und der Senat kam eilig zusammen, Cicero an der Spitze, den
wichtigen Fall zu besprechen. Der Tribun P. Appulejus '^ä)
sollte dem Volke die erfreuliche Nachricht überbringen , und der
Prätor IVr Acilius Crassus in Picenum rüsten. Aber die Täu-
schung war von kurzer Dauer; Acilius wurde in seiner V^er-
mummung gefangen eingebracht, und jetzt begnadigt, später
proscribirt , *'-') und Octavian, welcher ohne Zweifel diese Auf-
tritte veranlasst hatte, damit seine Gegner alle Ansprüche auf
Verzeihung verwirkten und sein eigenes Benehmen rechtfertigten,
lagerte nun auf dem I\Iarsfelde , zwar noch ausserhalb der Stadt,
aber vor einem ungünstigen Erfolge der Wahl jetzt noch mehr
gesichert. ^^) Auch erhielt jeder seiner Krieger 2500 Denare,
die Hälfte der Summe, welche nicht nur- von ihm, ^^) sondern
auch vom Senat versprochen war, dessen Beschlüsse er nur zu
vollziehen schien; das Uebrige wollte er nachzahlen.
Die Hindernisse der Consular-Comitien wurden schnell be-
seitigt. Man bcfasste sich nicht mit der Ernennung eines In-
terrex, um nicht Zeit zu verlieren, sondern liess durch den
städtischen Prätor Q. Gallius ^-3 zwei Consulare beauftragen,
die Wahl zu veranstalten. Wie der Senat liierln nach Vor-
schrift handelte , so war Q. Pedius , der Verwandte und Mit-
- 85) Nicht im Tempel sah er sie, wie Appiaii sagt. 80) §. 41. A. 19.
87) App. 1. c. 88) §. 31. in. 89) App. 3. 585. 5sC. 1. 011. iriiten
§. 55. A. 52. 90) Vgl. übseq. 129. 91) §. 32. fm. App. 3. 586. Dio
46, 40. 47. 92) Dio 46, 45. App. 3. 587. Suet. Octav. 27. Unten §, 49.
A. 43.
336 V. ANTONII. (14. §. 49.)
erhe des Octavian,^^) zum voraus zu dessen Collegcn oder riel-
jnehr Legaten ö^) hestiiumt. Indess sollte kein Zwang Statt fin-
den; deshalb war Octavian nicht gegenwärtig , y-») als er mit
Pedius geMühlt wurde. ^''J Nach dem Zeugnisse der meisten
Schriftsteller war er damals neunzehn Jahr alt, im zwanzig-
sten; '■''') da es fest steht, dass er am 23. Sept. IX. Cal. Octobr.
a. ö3 V. Chr. geboren wurde, ^^) so erfolgte seine AVahl vor
diesem Tage, und nicht, wie Vellejus sagt, "^-^ den Tag zuvor,
am 22. Sept. X. Cal. Octobr. sondern bereits im Sextil oder
August; diess wird ausdrücklich gemeldet, i'^oj m^^ durch die
Nachricht bestätigt, er sei an demselben Tage gestorben, an
welchem er sein erstes Consulat erhielt, am 19. August, XI V^.
Cal. Sept. »)
§ 49.
Unter günstigen Anzeichen begab er sicli auf das Capitol,
die gewöhnlichen Opfer und Gelübde zu bringen. V Er dankte
dem Senat, weil er ihn von den Annal- Gesetzen entbunden
hatte, ^) und beeilte übrigens die Ausführung seiner Entwürfe,
da die Umstände es nöthig machten , dass er bald wieder im
Felde erschien. Die Bestätigung seiner Adoption durch die Cu-
93) §. 12. A. 2i. Vgl. Julii. Julia malor, Schwester des Dict. Cäsar.
94) Dio 46, 46. 95) App. 3. 586. Dio 40, 45. HG) App. 1. c. Dio 46,
4C. 55, 6. 9. 56, 30. Liv. 119. Vellej. 2, 05. 69. Suet. Octav. 26. 31.
95, Tacit. Ann. 1, 9. 10. Dial. de Orat. 17. Plut. Cic. 40. comp. Dem.
c. Cic. 4. Brut. 27. Macrob. Sat. 1, 12. Solin. 1. 32. Zonar. 10, 15.
Eutrop. 7, 2. Obseq. 129. Tab. Collot. bei Pigh. u. Marlian. IMon. Ancyr.
lab. 1. V. 6. 97) Nach Solin. 1. c. im achtzehnten. 98) Suet. Oclav. 5.
31. 94. 100. Veliej. 2. 30. Dio 55, 6, Plut. Cic. 44. 99) 2.65. So auch
Corradi Quaest. p. 234. obgleich man nicht einmal zu Vellej. Rechtfer-
tigung dessen Angabe auf die Zeit beziehen kann, wo Octavian sein Amt
antrat, denn dann wäre von d. Wahl bis dahin mehr als ein Monat
verrtossen. 100) Suet. Oct. 31. Dio 55, 6. Macrob. Sat. 1. 12. 1) Dio
50, 30. Tac. Ann. 1. 9. Vgl. Suet. Octav. 100. Dass seine Münzen mit
d. Inschrift: Cos. ohne Zahl und ohne d. Zusatz lUvir nicht in die Zeit
vom August bis lum Knde des Novemb. oder bi« zum Anfange des Trium-
virats gehören, hat Kckhel VI. p. 73. gegen Havercamp bewiesen.
2) App. 3. 58G. Dio 46, 40. Suet. Oct. 95. (Vgl. oben §. 42. A. 79.)
Obseij. 129. 3) Dio 4ü, 47.
, V. ANTONH. (J4. §. 49.) 337
riert, Welche Antftnius im vorigen Jahre verhindert hatte,*'
war ihm besonders wichtig. Die Bestimmung in Cüsars Te-
stament genügte: '') Sucton ") griindet darauf sein Recht, sich
Ciisar zu nennen, ein Name, welcher iluu in Reden und Brie-
fen bisher immer schon gegeben war, nachdem er die Erbschaft
vor xlem Priitor angetreten hatte , selbst von Cicero und Anto-
nius; V indess glaubt Dio, dass er erst durch das Curiatgesetz,
welches jetzt liinzukam , volle Befugniss dazu erhalten, und
Appian, dass er es sich i'erschaft"t habe, um der Patron der
•zahlreichen und begüterten Freigelassenen Cäsars zu werden. *)
•Dicss war solcher Zurüstungen nicht würdig, denn es setzt die
-beschränkten Rücksichten eines Privatmannes voraus. Der Be-
schluss der Curien sollte vielmehr seine Adoption der Menge
und Antonius auf eine feierliche Art in Erinnerung bringen,
diesem beurkunden, dass er sich von den Mördern Cäsars und
von ihrem Anhange lossage, und dem Volke, dass *!r keine
höhere Pflicht kenne, als seinen Vater zu rächen, und dass er
nur deshalb , nicht aus Herrsclisucht , Consul geworden sei, aber
auch eingedenk seiner Verpflichtungen in Betreif der Legate. *)
Nach Dio ^'') war von jetzt an sein vollständiger Name Cajus
Julius Cäsar Octavianus; aus dem, was so eben bemerkt ist,
erhellt, dass er ihm schon vorher zukam, und diess nicht be-
ZAveifclt Murde. ^')
Als Sohn des Dictator hatte er den Beruf, dessen Freunde
4) §. 15. A. .^8. Vgl. das. A. 19. über seine Erlclärung vor dem
Präfor. 5) §. 12. A. 24. Vgl. Dirksen Versuche zur Kritik u. s. w.
S. .79. Cujac. Observ. MI, 7. Heineccii Anliiu. Rom. lib. 1. tit. 11. u.
die V. Hauhold Institut, jur. rom. prlvati p. 189. §. 360 angef. Schriften.
Rs steht nur nicht zu , mich in Jurisiische Erörterungen einzulassen,
Rm wenigsten hier, wo die Civilisten selbst verschiedener Meinung sind.
Aus den Classikern erhellt , dass „die Adoption (Octavians) im Testa-
mente keine blosse Erbes -Einsetzung war unter der Bedingung, den Na-
men anzunehmen," (Hugo Lehrbuch n. civilist. Cursus. 3. Band 11. Aufl.
.S. 490.) und dass sie schon vor dem Curialgesetzc als gültig anerkannt
wurde. C) Octav. 7. 7) 3, Phil. 2. 13, 10. ad Farn. 12. 25. S. §. 15-
A. 0 — 8. S) Dio 40, 47. Zon. 10, 15. App. 1. c> Cujac. I.e. 9) §. 15-
A. 30. 10) 1. c. Zonar. I. c. 11) Divi Ftlius nannte er sieh nicht irst
nach Antonius Tode §. 12. A. 24. nnd Caitia nicht mehr als Angustiis.
Ondend. zu Suef. Octav. 7. Eckh. VI. p. 72. f.
338 V. ANTONLI. (14. §, 49.)
in Schutz 7U nehmen, und die Mörder zu bestrafen. Obgleich
P. Dolabclla todt war, so Murde doch die über ihn verhängte
Acht aufgehoben, '-) und damit die Freisprechung des Antonius
und Lepidus und die Verurtheilung des Cassius, -Belchen der
Senat zuletzt zum Kriege mit Dolabella ermächtigt hatte, ^^J
wie der Verschworenen überhaupt Torbereitet. Die Amnestie
kam nicht in Betracht, und um das Volk günstig zu stimmen,
zahlte Octavian die Rückstände von Cäsars Lesjaten aus dem
Schatze, angeblich vom eigenen Vermögen. ^*) Es sollte sich
überzeugen , dass er nur aus kindlicher Liebe , nicht aus Rach-
gier oder Politik handle,'^) und nur Gerechtigkeit wolle: des-
halb musste sein College, welcher bei einem doch immer ge-
hässigen Schritte den Namen herlieh, die gerichtlichen Formen
beobachten. Ein von ihm beantragtes Gesetz, lex Pedia, ver-
fügte, dass man untersuchen sollte, wer Cäsar getödtet oder
um die That gewusst liabe ; es untersagte den Schuldigen Feuer
und AVasser, und gebot, ihr Vermögen einzuziehen.^^-* Dem-
nach war dieser Volksbeschluss kein Gesetz, lex, sondern ein
Privilegium, nicht eine allgemeine sondern eine gegen einzelne
Bürger gerichtete Verordnung, i^) welche leges Sacratae und
das Zwölf- Tafelgesetz verpönten. ^^^ Indess gab es schon ältere
Beispiele dieser Art, wohin unter anderen die tribunicische Ro-
gation des Clodius gegen Cicero v. J. 5S und die lex Pompeja
(Je vi gegen Milo v. J. 52 '^) gehören. In jener wurde wie in
der unsrigen Verbrechen und Strafe angeffeben, und den Rieh-
tern nur überlassen, den Schuldigen zu ermitteln und zu über-
führen. Auch in unserem Falle folgte nicht etwa nach der
Feststellung der Schuld ein zweites Gesetz des Pedius, welches
die Strafe bestimmte , ■•^'^) um so weniger, da mau diese Bestim-
12) App. 3. 580. §. 30. A. 45. 4G, 58. 13) §. 47. A. 97. 14) Dio
46, 48. Zon. 10, IC. S. §. 12. A. 38. §. 15. A. 30. 15) Nihil eonve^
nienlius ducens , <juavt necrm atunruli rindicare. Suet. Octav. 10.
iü) Liv, 120. Vellej. 2. 09. >Ion. Ancjr. tab. 1. v, 8. Suet. Nero 3.
Galb. 3. App. 3. 580. Dio 40, 48. 47, 22. <Mut. Brut. 27. Zonar. 10, 16.
17) Gell. 10, 20. I'elrres priva di.rerunl, qtiae nos sinsiiila drcimiis.
18) Cic. pro Sext. 30. in l'iitoii. 13. pro dum. 17. de leg. 3- 19. Mehr
darut>tr a. in Claudii. P. Clodius. a. 58. 19) Atron. arg:. Milon. Gell.
1. c. S. Claudii. 20) Diis« nimmt »liddlelon an, Rom. Geschichte 3. Zsi.
V. ANTÜNII. (14. §. 49.) 339
mung aus älteren Cesctzen aufnclimen konnte, aus der lex Cor-
nelia de Sicariis "') oder aus den leges Juliae; -V diess deutet
schon Sucton an , -■^) nur am unrechten Orte. Sie war ganz
vorzüglich auf die Senatoren unter Ciisars Mördern anwendbar,
weil sie sich eidlich mit ihrem Lehen für das seinige verbürgt
und ihn dann selbst getödtet liatten. 24J
Unter Allen , welche Octavian in dieser Angelegenheit ge-
brauchte , erscheinen die Ankläger am verächtlichsten , Mcnn sie
nicht aus Liebe gegen ihn handelten, wie Agrippa. Sie be-
zeichneten die Opfer, und für Lohn, denn man versprach ihnen
die Ehrenstcllen und Güter der Verschworenen, oder Geld und
Befreiung vom Kriegsdienste. -•') Ihre Namen kennen wir nur
zum Theil. C Casslus wurde von M. Agrippa belangt, dessen
IVIitankläger Capito war, der Oheim des Geschichtschreibei's .
Vellejus; -•*) M. Brutus von L. Cornificius ; ~^J P. Servilius Casca,
der V. Tribun, von seinem CoUegcn P. Titius, welcher ihn
zuvor vom Volke seines Amtes entsetzen liess, weil er vor
Octavians Rückkehr aus Furcht sich von Rom entfernt hatte. 28)
Die Richter waren nicht die ordentlichen, sie traten nicht nach
Cäsars und noch weniger nach Antonius Gesetze über die Ge-
richte zusammen , -'^) sondern sie hestanden aus einer nach
Octavians Wahl errichteten Commission;'^^) zu dieser Massregci
war die Erlaubniss des ^"olks erforderlich, ^^^ und ohne Zweifel
hatte Pedius in seinem Gesetzentwurfe darauf angetragen. Es
wurde jedem deutlich , dass man mit der Gerechtigkeit ein
schnödes Spiel trieb, als man alle Beklagte auf Einen Tag
21) S. Sanio Observ. ad leg. Cornel. de sicar. u. Cornelii Sulla Dict.
22) 1 Phil. 9. (10.) ffuid, quod obrogatur legibus CaesariSy quae iubent,
eiy (jiti de vi, iiemque qui maiestalis damna'us Sit, aqua et igni inter-
dici? Julii Caesar. Dict. 23> Ocfav. 10. 24) Suet. Caes. 84. SC. App.
2. 50(5. 510. 511. 520. Dio 41, 50. Julii I.e. 25) Dio 46, 49. 26) Veliej.
2. 09. Plut. Brut. 27. 27) Flut. 1. c. Coniificii. 28) Dio 1. c. Obseq.
130. §. 34. in. §. 54. A. 71. 29) §. 14. A. 78. 30) Wie der Senat si«
wünschte, als Clodius wegen seines Vergehens gegen die Tiona Dea be-
lang» wurde. Dvvreliim, ut exha urdinem iudici/im ßerel. Ascun. ii.
Milon. 33. Judices a practore legi, quo coiisilio idem praeltir uteretur.
ad Att. 1, 14. §. 3. Auch jetzt galt, was damals Cicero schrieb: in ea
( iudicum iipnerc) erunl omvia. ad Alt. 1. 10. 31) ad Attic. 1, J4, iG.
0') ^
340 V. ANTOXII. (14. §. 49.)
vorlud, ^-) auf einen Tag, wo die Meisten nicht einmal davon
unterrichtet sein konnten, weil sie weit entfernt waren, ^^^ und
auch solche , welche offenkundig an dem Morde nicht Thcil
nahmen, am 1 •'). März d. v. J. sich nicht in Rom befanden,
wie Sex. Pompejus, ^*^ oder erst nach der That sich an die
Verschworenen ansclilosscn , um mit ihnen gepriesen zu werden. ^*)
Daher sind auch die Geschiclitschreiber mitunter selbst unge-
wiss, ob jemand zu den Mördern gcliörte, oder nur mit ihnen
büsstc , z. B. Cn. Domitius Ahenobarbus. ^^)
Am Gericlitstage erfolgte ein namentlicher Aufruf der Ver-
schworenen durch den Herold , und in Gegenwart Octavians. ^')
Die Wenigen, welche sich bisher noch in Rom aufgehalten hat-
ten, Avaren A^or oder nach seinem Einzüge entflohen; so erschien
niemand, diess galt für Gestiindniss und alle wurden verurtheilt,
auch D. Brutus. ^^) Unter den Richtern stimmte Lucius Aemi-
lius nicht nur selbst gegen sie, sondern er forderte auch die
übrigen auf, das Verbrechen zu sühnen , dessen sich der Senat
durch die unterlassene Bestrafung schuldig gemacht habe, und
wurde deshalb im perusinischen Kriege begnadigt. 39) Der Se-
nator P. Silicius Coronas wagte es allein, seinem Beispiele
nicht zu folgen, und die Beklngtcn freizusprechen, deren Freunde
ihn insgeheim lobten; auch Octavian rühmte seine Milde, wel-
che seine Proscription nach sich zog. ^") Es ergiebt sich von
selbst, dass die Verurtheilten jeden Anspruch auf Heere und
Provinzen verloren; Dio greift aber der Geschichte vor, wenn
er diese jetzt schon durch Octavian vcrtheilen lilsst, ^'-^ welcher
Antonius dadurch beleidigt haben würde, und vielmehr bei der
Errichtung des Triumvirats gemeinschaftlich mit ihm darüber
entschied. Cicero wurde A'erschont, obgleich keiner seine Freude
über Cäsars Tod unvorsichtiger geäussert und Antonius ihn
32) App. 3. 580. 33) Dera. I. c. u. 4, G03. Dio 46, 18. Zon. 10,
16. 34) §. 47. A. 98. S. Pompeji. 35) §. 8. A. 1. 3ü) App. 5. 707.
nie 48. 7» 20. u. a. S. Doiuitii. 37) App. 3. 58«. 4, (iü5. 3S) Liv. 120.
Dio 40, 53. 30) App. .i, «09. §. 50. A. 90. 40) Sein Name wird, wohl
nicht ohne die Schuld der Abschreiber, verschieden aiij^egebcii ; sein Ur-
theil aber war allgeniern, nicht auf AI. BfntuH, Dio 4ti, 49. Plut. Brul.
27. odeJ- auf diesen und auf (.assius beschriinkt , welche oft itatt aller
Verichworenen genannt werden. App. 3. 5«G. l, üö5. 41) 4ü, 48.
V. ANTONir. (14. §. 49.) 341
öffentlich als dessen Urheber bezeichnet hatte. *-) Es schützte
ihn nicht, dass er unschuldig war, sofern die Mörder aus Grün-
den, welclje nicht hielier gehören, sich ihm nicht entdeckten,
aber üctavian wusste , dass nach der V'ei-einigung der Cäsaria-
ner der Angesehenste unter ihren Gegnern und Antonius ver-
hasstcster Feind ohnehin fallen werde. Dem Prätor Q. Gal-
lius, *^) Avelcher ihn um die Provinz Afrika bat, beschuldigte
er, dass er ihm nachgestellt habe; obgleich er läugnete , verlor
er auf den Antrag der übrigen Priltoren sein Amt, der Pöbel
plünderte sein Haus, und der Senat verurtheilte ihn zum Tode;
er erhielt die Erlaubniss, sich zu seinem Bruder Marcus zu
Legeben, welcher bei Antonius war, und schiffte sich ein, um
auf immer zu verschAvinden. ^*)
Octavian konnte Ilom jetzt wieder verlassen; er hatte hier
seine Entwürfe ausgeführt bis auf Einen, und zögerte nicht
länger , Avieder ins Feld zu rücken. Verdachtlos gicng er den
Feinden der Republik entgegen , denn es war ihm geboten. ^^^
Zwar wusste jeder, dass seinHeer-auf sein Anstiften sich weigerte,
mit ihnen zu kämpfen, dass er die gemeinschaftlichen Feinde ge-
ächtet, die Acht gegen Dulabella, den Cäsarianer, aufgehoben,
und Lepidus veranlasst hatte, Antonius über den Zweck dieser
Massregeln zu belehren: er wollte aber öffentlich und amtlich
nicht den ersten Schritt zum Frieden thun, sondern überliess
diess Pedius und dem Senat, während er an der Küste des
adriatischen Meers langsam nach dem Norden gieng , *'') und
dadurch zugleich seinem Nebenbuhler bewies, dass er ihn nicht
fürchte. Bei der Macht des M. Brutus und Cassius blieb diesem
so wenig eine AVahl, als ihm, *'') und noch hatte er ihn nicht
erreicht, als der Senat ihm eröffnete, dass sein College darauf
antrage , die Beschlüsse gegen Antonius und Lepidus ^^^ zurück-
zunehmen , und er sich darüber erklaren möge ; er erklärte sich
42) §. 22. A. 43. §. 25. A. 70. §• 27. A. 61. 43) §. 18. A. 92-
44) App. 3. 587. So wenig man üctavian'S eigenem Kerichle glaul/eq
wird, dass er durcb Schiftbruch oder Seeräuber yingekomnien sei, ku mir
wahrscheinlich Ist es , dass er ihn vorher auf das Grausamste fojterti und
misshandeln liess. Suet. Oc(. '27. Von dieser Seite wollte er sich jeU^
noch nictil zeigen, 4ä) §, 48. in. 4ü) App. 3, ^87. ßi» 40^ §0, 5;^,
47) Dies. 11. cc. 48) §. 44. (in. §. 47- Üa^
342 V. ANTüNII. (M. §. 50.;
günstig, -— so wollten es seine Truppen — und die letzte
Scheidewand zwischen ihm und Antonius saiik.^'*)
§ 50.
Unter den Verschworenen war D. Brutus der Erste, wel-
cher mit Octavian in Berührung kam. ^^) Er verfügte während
der Belagerung von Mutina über 2 Legionen Veteranen, über
eine neugeworbene und eine Anzahl Reuter und Gladiatoren. ^U
Dann verstärkte er sich durch die Truppen , welche von den
Consular- Heeren an ihn übergiengen ^-) und durch Aushebung
auf 7 Legionen , S"') und bei fortgesetzten Rüstungen 5*) auf
jsehn , ^^) unter welchen nach Plauens eine aus Veteranen be-
stand, eine andere zweijährig und acht neu errichtet waren. •'•''>'
Appian zählt 4 zu den kampfgeübten und 6 zu den Tironen,
aber die Truppen hatten in Mutina durch Anstrengung und
Entbehrung und dann durch unmässigen Genuss grossen Verlust
erlitten, ^^^ so dass die Veteranen wohl in eine Legion zusam-
men schmelzen , und auch die übrigen , welche früher schon
unter Brutus oder den Consuln gedient hatten, in eine ver-
einigt werden konnten. ^^3 Brutus selbst äussert sich über seine
Streitkriifte sehr verschieden, je nachdem er seine Unthätigkeit
entschuldigen oder seinen Eifer beurkunden und Cicero Muth
einsprechen will, ^"^ indess bezeugt auch Plauens, ß") dass wegen
!\Iangel an Uebung und Erfahrung auf seine zahlreichen I^Iassen
wenig zu rechnen sei. Seiner Beziehungen zu Octavian und
XU Rom ist im Vorigen gedacht. Weil man jenen , mit welchem
er nach dem Entsätze von Mutina eine Unterredung hatte, •'')
nicht unter die DecemA'irn aufnehmen wollte , sah er zu seinem
grössten Missvergnügen alle Heerführer und aucli sich ausge-
schlossen. *'2) Uebrigens ehrte man ihn als Sieger, obgleich er
40) App. Dio 11. cc. Zou. 10, 16. 50) g. 45. A. 8. g. 47. in.
51) §. 30. A. 90. 52) §. 47. A. 82. 53) ad Farn. 11 , 10. 54) Das.
11, 20. 55) App. 3. 587. 50) ad Kam. 10, 24. 57) App. 3. 578. u.
587. 58) Asuiius l'ollio höi(e in .Spanien nach dem Kntsatze von Mutina,
Krnius habe 17 Cohoifen und 2 nicht vollzählige neu geworbene Legio-
nen, ad Kam. 10, 33. 59) ad Farn. 11, 13. 10. 20. 23. 00) Das. 10,
21. Ol) §. J5. A. 8. 02) §. 4C. A. ?»!•
V. ÄNTÜNil. (14. §. 50.) 343
nicht an der Schlacht Theil genommen hatte , und ernannte ihn
zum Naclifolger der Consuln im überbefehle gegen Antonius. ''•')
Cicero und Andere Maren der Meinung, dass man diesem
keine Ruhe gönnen und ihn in Italien erdrücken müsse , damit
er nicht durch die drei Legionen des Ventidius '^'^J oder
in Gallien neue Kräfte gewinne. ^'^) Allein Brutus verfolgte
langsam und ohne Nachdruck , und gab in den Briefen mehrere
Umstände an, wodurch er sich gerechtfertigt glaubte. '"''>' Die
Legion des Mars und die vierte blieben nebst einem Theile der
anderen Truppen , welche der Senat ihm überwiesen hatte , bei
Octavian. ^^^ Sein eigenes Heer war durch die Belagerung ge-
schwächt und erschöpft, und es fehlte ihm anfangs zum Nach-
setzen vorzüglich an Lastthieren und an Ileuterei. Durch die
Verhandlungen mit Octavian und Pansa verlor er zwei Tage,
und um eben so viel kam der Feind ihm vor, welcher sich
überdiess durch seine Reuter deckte und sich schneller bewegte,
weil er in einzelnen , zerstreuten Haufen , Brutus dagegen in
Ordnung und kampfgerüstet nach den Alpen zog. Denn dieser
fürchtete die Nachhut, und für seinen linken Flügel Ventidius,
da Octavian die Apenninen nicht besetzte , um ihm den Weg
zu Antonius zu versperren; sonst würde nach Brutus Versiche-
rung, welche Plancus nach der Vereinigung mit ihm wieder-
holt, ^^) auch Antonius nicht entkommen und mehr durch Hun-
ger als durch das Schwerdt vernichtet sein. Endlich vermehr-
ten sich mit der Zahl der Verfolgenden die Bedürfnisse des
Anführers, und die Kriegscasse war leer; er hatte bereits sein
Vermögen aufgewendet und grosse x\nleihen gemacht; ^^) Cicero
wurde durch diese Gründe nicht überzeugt; es befremdete ihn,
und er verbarg es nicht, dass der Krieg jenseits Mutina sich
erneuern konnte; der Rückfall, fürchtete er, werde ärger sein,
als die Krankheit, ^o) £§ [^t nur zu gewiss, dass Brutus von
Anfang gar nicht die Absicht hatte , mit dem Feinde zusammen
zu trefien, oder ihm nach Gallien zu folgen. Schon am 29.
April schrieb er die bedenklichen Worte : er glaube sich dafür
63) §. 47. in. u. A. 89. 61) §. 42. A. 63. 65) ad Farn. 11, 12.
Vgl. lü, 21. u. 33. C6) S. iiisbes. ad Fam. 11, 13. 67) §.47. A. 86. L
68) ad Fam. 11, 10. 10, 24. 69) Da». 11, 10. 70) Das. 11, 12. 14.
18. 12, 30.
344 V. ANTOMI. (14. §. 50.)
veibürgeu zu können, dass weder Ventidlus entschlüpfe, noch
Antonius in Italien bleibe. ''^) Er fürchtete Octaviun , welchen
er ziirückliess, obgleich es scheinen sollte, als sei er nur für
Rom und Cicero besoi'gt , da jener den Tod der C'onsuln, den
verwais'ten Zustpnd des Staats zur Ausführung ehrgeiziger Pläne
benutzen könne. ''-^ Auch war er voll Misstrauen gegen Lepi-
dus;^^'' ein Theil seines Heers hatte schon in den Reihen des
Feindes gefocliten,''*>' wenn er ihn aufnahm, so erwartete Bru-
tus in Gallien ein Kampf mit der Uebermacht; ob Plauens zu
ihm stossen werde, war ungewiss. Vor allem aber verlangte
ihn nach den Früchten des Sieges, zu welchem er nicht beige-
tragen hatte ; er wollte Decemvir Averden und einen Triumph
haken; ^^) in seiner Verblendung sah er nicht ein, dass ohne
einen vollständigen Sieg kein Heil für ihn sei.
Am läge der Schlaclit, am 27. April, kam er Lei Alutina
mit Octavian zusammen, und am folgenden unternahm er die
Reise nach Bononia , wodurch die Fliehenden einen A oi'sprung
von zwei Tagen gewannen.^'') Dann rückte er in nordwest-
iiclier Richtung gegen 18 Milliarien bis Regium Lepidi vor,
( Reggio ) und schrieb hier am 29. an Cicero. "'^ Auch ferner
behielt er den Padus vorerst zur Rechten. Denn am 5. Mai
war er zu Dertona, einer Colonie in Ligurien an der ämiiischen
Strasse, einem Seitenwege der grossen ämiiischen, jetzt Tortona,
nördlich von Genua am Scrivia, und von jenem 400 Stadien
entfernt. ''^) Hier wusste er bereits, dass A'entidius nacli einem
bescliwerliclien Zuge durch die Apenninen bei Vada Sabatia an
der ligurischen Küste und ebenfalls an jener Strasse, südwest-
lich von Genua, Antonius erreicht habe. ^^) Er näherte sich
dem Meere, denn am 6. Mai schrieb er aus seinem Lager im
Gebiete der StatjcUcr, am Flusse Tanarus, dass er Abgeordnete
der Allübrogen und aus ganz Gallien erwarte, welche er in der
Treue gegen Rom zu befestigen gedenke. ^^0 Indess hörte er,
dass der Feind, von welchem er nur noch 30,000 Schritt ent-
fernt war, von Vada gegen Pollcntia (jetzt Polenza) ziehe.
71) Das. n, 9, 72^ Das. 11 , 9. 10. 13. 30. App. 3.573. 73) Das.
11, 9. 10. 13. '2i. 71) §. 42. A. f»G, 75) §. 46. A. 5ü. §. 47. In.
76> ad Fani. 11, 13. §. 45. A. 8. 0. 09. 77] ad Fajii. 11, 9. 76) Dai.
II, l«t. Sdalid -1. |i. 217. 70) Oics. 80) ad Kam. 11, 11,
V. ANTOMI. (11. §. 50.) 345
Zum Schein entsandte er einige Cohorten und traf Anstalten,
ihnen zu folgen. Jene besetzten PoUentia, ehe die ReutereL
des Antonius anlangte, und diess wurde als ein grosser Vorthcil
gepriesen , obgleich es ohne Folgen blieb , da man von beiden
Seiten einander auswich ; auch giebt Brutus selbst die Möglich-
keit zu, dass der Feind dennoch über die Isara entkomme.^')
Durch die Bewegung gegen Süden verlor er also bloss Zeit.
Er ■wollte niclit schlagen , welches auch jetzt noch gerathener
•war , als mit den Provincialen zu unterhandeln ; durch ein
kräftiges Auftreten würde er den Entschluss der Feldherrn in
Gallien bestimmt haben, deren Abfall er fürchtete; selbst Plan-
cus wurde nicht ernstlich zur Vereinigung mit ihm aufgefordert,
obgleich er in dieser Zeit an ihn schrieb , um den Anträgen
des Antonius entgegen zu wirken. ^-^
In Rom und in den Lagern sah man nicht mehr auf ihn,
sondern auf Lepidus; man hatte also das Heft schon aus der
Hand verloren; bei einem schwachen, wankelmüthigen Manne
stand die Entscheidung; wenn er sich bewährte, so hoftte Plan-
cus, nach einem Schreiben von den Ufern der Isara vom 12.
Mai, den Feind zu besiegen, oder ihn auf Brutus zurückzu-
werfen. *'•') Dieser wusste eben so Avenig,- ob von Lepidus Bei-r
stand oder Verrath zu erwarten sei , und theilte auch dem Senat
seine Besorgnisse mit, welches Cicero in einem Briefe vom 20.
Mai tadelt. 8*) Er war nun endlich im traiispadanischen Gallien
angelangt, am 21. Mai zu Vercellä am Sessites; (Vercelli am
Sessia) 85) nur, wenn er in dieser Richtung vordrang, konnte
er hoffen, Plancus zu finden. Sein Stillliegen und nutzloses
Hin- und Herziehen hatte in Rom grosses Missfallen erregt;
man begriff nicht, wie Antonius mit seiner wehrlosen und ent-
muthigten Schaar sich zu retten vermoclite ; sö^ ver aber wieder^-
holte , dass sein eigenes Heer in schlechter Verfassung sei und
verbat zugleich die Hülfe Octavians, welcher ihm verdächtig
war ; M. Brutus sollte man aus Macedonien herbeirufen. ^^) Dann
versicherte er wieder am 25. Mai zu Eporedia, nordwestlich
von Vercellä, im Gebiete der Salasser, (Ivrea am Doria) er sei
81) Das. 11, 13. §. 51. A. 20. 8'i) Das. 11, 11. 83) Das. 10, 15.
84) Das. 11, 18. 85) Das. 11, 19. üü) Das. 11, 12, 14. 87) Das. 11,
14 u. 19,
346 V. ANTONII. (14. §. 50.)
schon aufgebrochen , um über die Alpen zu gehen , habe aber
auf die Nachricht von der Erbitterung Octavians und der Vete-
ranen gegen Cicero seinen Plan aufgegeben; nur im ilussersten
Falle werde er Italien verlassen, fügte er zur Beruhigung seines
Gönners hinzu, welcher nichts mehr Avünschte, als dass er vor-
rückte und schlug. ^^^ Dann erinnerte er ihn, dass drei grosse
Heere unter ihm, Octavian und Plancus die Republik verthei-
digten, und äusserte sich auch günstig über Lepidus, wenige
Tage zuvor, ehe Antonius in dessen Lager erschien; übrigens
erwartete er Verhaltungsbefehle von Rom, in einer Zeit, wo Au-
jrenblicke kostbar waren, ^ö)
Dadurch wälzte er die Verantwortlichkeit von sich ab auf
den Senat. Jene standen schon zusammen , als er nach einem
Briefe vom 3. Juni einen Trost darin fand, dass er es voraus-
gesehen habe , und Aergeres fürchtete , wenn man nicht die
africanischen Legionen '•'^^ und M. Brutus heranziehe, und ihm
Sold schicke. ^^) An demselben Tage , an welchem Cicero ihm
diesen zusicherte , ^-^ am 6. Juni, meldete Plauens aus Cularo,
der allobrogischen Stadt an der Isara , südöstlich von Lugdunum,
dass er Brutus in drei Tagen erwarte, '•'■'^ und um diese Zeit
traf er auch endlich- bei ihm ein. ^^J Sie säumten nicht, den
Senat von dem erfreulichen Ereignisse in Kenntniss zu setzen, s^)
als künftige Collegen kamen sie sich angeblich mit dem gröss-
tcn Vertrauen entgegen, welches Furnius , der Legat des Plan-
cus, bestätigte, ^^^J und in Rom fasste man neuen Muth. 9^)
Denn nun standen in zwei Lagern 14 Legionen neben einander,
10 unter Brutus, ^s) und 4 unter Plancus, und die letzten
waren bis auf eine Veteranen. ^^) Aber die Anführer glaubten
sich noch immer nicht stark genug; M. Brutus, die Legionen
aus Afrika und auch Octavian sollten von der Seite von Italien
mitwirken, nur unter dieser Bedingung hofften sie den schweren
Kampf in Gallien zu bestehen. Plancus eröffnete diess Cicero
88) Das. 11, 20. 89) Das. 11, 23. 00) §. 47 fiii. §. 48. A. 81.
Ol) ad Farn. 11, 2G. 92) Das. 11, 24. 93) Das. 10, 23. 94) Das. 11,
15. Vellej. 2. 03. 64. .App. 3. .1/8. Dio 40, 53. 95) ad Farn. 10, 22.
11 , 15. OG) Das. 11. cc. u. 10, 20. Cäsar hatte ihnen für dai nächste
Jahr das Coiisulat bestimmt. 97) App. 1. c. 98) Oben A. 55. U9) ad
Faul. 10, 24. S. §. 51. A. 43.
V. ANTONII. (14. §. 51.) 347
am 28. Juli,iooj sein letzter Brief an ihn, welcher sich erhal-
ten hat.
§ 51.
Die Faden der Erzählung laufen in der Geschichte des M.
Lepidus zusammen, denn von allen Seiten rechnete man eine
Zeitlang auf den Mann ohne innere Kraft und Festigkeit. Ganz
vorzüglich gilt diess von Antonius nach seiner Niederlage, ^)
da jener ihm verpflichtet und verwandt , und wie die Sendung
des Silanus zu beweisen schien, ihn auch ferner zu unterstützen
nicht abgeneigt war. V Antonius überlebte die Schlacht mit
seinem Bruder Lucius und den Angesehensten unter seinen Ge-
fährten, und diess trübte die Freude seiner Feinde in Rom. ^) Auch
die Nachricht, er sei, vom Schrecken betäubt, nur mit einer
kleinen, wehrlosen Schaar entkommen, widerlegte sich bald;
man fieng an zu fürchten, dass nur der Kriegsschauplatz sich verän-
dert habe. *) Der Kampf war von der Art gewesen, dass seine
Reuter wenig litten, deren Zahl nach Aller Zeugniss bedeutend
war, obgleich wir sie nicht genau angeben können. 5) Unter
dem Fussvolke vermisste die zweite Legion die Wenigsten, 6)
und auch die übrigen waren zum Theil nur zersprengt oder
gefangen genommen, und Viele kamen wieder zu ihm, auch
Gefangene, welche Octavian entliess, ^) nur hatten die Meisten
ihre AVaften Aveggeworfen. *) Nach der Erstürmung seines La-
gers , Avelches er keineswegs wieder eroberte , ^) konnte nicht
in einem Kriegsrathe die Rede davon sein , ob er bleiben oder
sich zurückziehen solle, wie Appian berichtet. ^^) Seine Freunde
verlangten angeblich das Erste, Mcil Hirtius gefallen und Pansa
tödtlich verwundet sei, Mutina sich wegen Mangel nicht mehr
halten könne, und die Reuterei Sicherheit gewähre; er selbst
100) Das. Vgl. 11, 25. 1) §. 45. A. 96. 2) Aemilii Lepidi. und
hier §. 42. A. 66. 3) ad Farn. 10, 14. 12, 25. 4) Das. II, 12.
5) Das. 10, 15. Die Lesart 30,000, Das. 10, 34. ist entschieden falsch,
und die Angabe, 5000, würde nichts beweisen, weil sie sich in einem
Briefe des Asinius PoUio findet, Das. 10, 33. selbst wenn mehrere Hand-
schriften ihre Aechtheit verbürgten. Vgl. App. 3. 573. 580. C) ad Farn.
10, 34. V^gl. 10, 30. u. Oben §. 42. A. 53. 7) §. 47. A. 24. 8) ad Fain.
lü , 33. 34, 11 , 10. Dio 4G , 50. 0) §. 45. A. 95. 10) 3, 572. 573.
348 V. ANTONII. (14. §. 51.)
cntschieil für den Aufbruch, um sich durch Ventidius, durcli
Lepidus und Plancus zu verstarken. Es ist dabei vorausgesetzt,
dass er sich noch in seinen Linien befand , und eine hinläng-
liche Anzahl Fusstruppen hatte, ohne welche er den Festungs-
krieg niclit fortsetzen konnte.
Sein Ziel war das narbonensische Gallien , das Lasrer des
M. Lepidus, in -welchem er auch die anderen Statthalter jenseits
der Alpen, L. Plancus und Asinius Pollio zu gewinnen hoffte.
Von Octavian gar nicht und von Brutus um zwei Tage zu
spät und ohne Nachdruck A^crfolgt, '0 zog er unter dem Schutze
seiner Reuter, in getheiltcn Haufen und um so schneller nach
den Seealpen, Avohin sich auch Ventidius Avandte. ^-^ Der ein-
zige Feind, mit welchem er zu kämpfen hatte, war der Man-
gel. „Der in Gefahren unerschrockene Mann" ^•^) bewährte sich
auch jetzt; durch seine Ausdauer im Unglück^ und durch die
umsichtige Politik, mit welcher er die ihm günstigen Umstände
benutzte , verwandelte er zur Beschämun ; seiner Gegner „die
schimpfliche Flucht" ^'^^ in einen Triumpii. Er schwelgte so
wenig, als er die Besonnenheit verlor, und der Spott, er fliehe
und trinke, wie der Hund in Aegjpten beim Anblicke des Cro-
codils, traf ihn nicht, i^) Eben weil es bekannt wai', wie sehr
er Glanz und Wohlleben liebte , machte es einen desto stär-
keren Eindruck, dass er seit der Schlacht das Barthaar wachsen
Hess, ^") mit seinen Soldaten aus Lachen trank und den Hun-
ger mit AVurzcln und Baumrinde stillte. ^^^ Zugleich ersetzte
er im oberen Italien den Abgang bei seinem Heere, so viel
es im eiligen Durchfluge geschehen konnte und ohne sonderliche
Auswalil, nach dem Berichte seines Feindes Brutus auch durch
Sclavcn und Verbrecher, ^^) weil er sich Lepidus mit einer mc-
nigstens scheinbar bedeutenden Macht nähern wollte. Um so
erwünschter war es ihm, dass noch vor dem 5. Mai bei Vada
Sabatia an der ligurischen Küste P. Ventidius zu ihm stiess,
welcher während der Belagerung von Mutina in den Colonien
Cäsars zwei Legionen und dann eine dritte im Picenischen aus-
11) §. 17. A. 25. §. 50. 12) ad Fain. 11, 13. 13) App. 3. 573.
M) Vellej. 2. Gl. 15) Macrok Sat. 2. 2. IG) Plut. Aiit. 18. Eckh. 0.
p. 37. 17) IMut. Ant. 17. Frontin. Strat, 1. 7, 5. 18) ad Farn. 11, 10. 13.
V. ANTONIt (14. §.r,l.) 349
gehohen und sie ungehindert durch die Apennlncn geführt hatte,
da Octavian keinen Beruf fühlte, ihm den Weg zu rerlegen. '9)
Nun konnte er seinen Truppen eröttnen, dass er mit Lepidus
einverstanden sei, und sie ihm über die Alpen folgen möchten.
Die Ventidianer wollten den Kampf mit Brutus in Italien be-
stehen; fernere Flucljt beleidigte ihr Ehrgefühl, und Antonius
scliickte Trebcllius mit seinen Reutern nach Pollcntia gegen den
Feind, Avelchcr diese Schcinhewegung leicht vereitelte. 2«) Der
Ehre Avar genügt und der Zug über die Gebirge begann.
Was jenseits zu erwarten sei , war Antonius nicht zweifel-
haft. jM. Lepidus, Statthalter im diesseitigen Spanien und im
narbonensischen Gallien , hatte schon im März Cicero und deS'-
sen Partei dadurch gegen sich gereizt, dass er einen Vergleich
-mit Antonius empfahl. -'>' Seine Gesinnungen konnten Rom nicht
gleichgültig sein, denn ausser anderen Truppen und vielem
Kriegsgcräthe hatte er 7 Legionen, wenn auch wenig Reuter, 23)
und er beherrschte die Alpen, er trennte sowohl L. Plancus,
welcher das übrige Gallien verwaltete, als Asinius PoUio im jen-
seitigen Spanien von Italien, und folglich vom Kriegsschauplätze,
und jener gebot über 4 Legionen und mehr als 4000 Reuter,
und dieser über 3 Legionen. ^•^) Asinius schrieb schon am 16.
März aus Corduba, er halte die Boten an, welche ihm Briefe
aus Italien überbrächten, und dringe in ihn, die dreissigste
Legion, die vorzüglichste in seinem Heere, ihm zu schicken; 24)
dann kla^^ te er , dass er aus jenem Grunde um neun Tage zu
spät von den Gefechten bei Mutina unterrichtet sei. ^jj Durch
die Sendung seines Legaten M. Silanus nacli Italien leistete Lc-
"^idus dem Senat einen sehr zweideutigen Dienst. ^3 Seitdem,
sagt Dio, wünschte man in Rom, dass er und Plancus dem
Feinde fern blieben; weil man aber doch nicht offenbar Miss-
trauen zeigen wollte, so trug man ihnen auf, für die von den
19) Da», ü. ad Fatn. 19, 34. Asinius nennt ad Farn. 10, 33» die 7.
8. u. 0. Legion, allein die 7. war mit Hirtius ins Feld gerückt. §. 42.
A. 83. Vgl. App. 3. 569. 573. 580. u. §. 42. A. 03. 20) ad Farn. 11,
13. §. 50. A. 81. 21) §. 41. JK. 22) App. 3. 580. Vgl. 550. ad Fam.
10, 15. 11, y. Plut. Anl. 18. 23) ad Fam. 10. 31. 32, App. 3. 550.
587. giebt jenem 3, und diesem 2. S. §. 50. fin. 24) ad Fam. 10. 31.
Vgl. 32. 25) Das. lO, 33. 20) §. 42. A. 00.
350 V. ANTONII. (14. §.51.)
Allobrogen vertriebenen Einwohner von Vienna eine Colonle zu
gründen, welche sie zu Lugdunum, am Zusammenflüsse des Arar
und Rhodanus anlegten, ^^j Nach einer alten Inschrift führte
Plauens eine Colonie nach diesem Orte im Gebiete der Segusia-
ner, -^) welches nicht zur narbonensischen Provinz gehörte,-^-^
wo daher auch Lepidus kein Geschäft hatte. Um so mehr ist
der Grund ersonnen, welchen Dio für dieses Unternehmen an-
giebt. Auch ■wünschte Cicero noch am Ende des Märzes und
später, dass Plancus zum Entsätze von Mutina mitwirken
möge. •^•*)
Er erklärte sich dazu bereit, ^O ohne sich zu übereilen;
-die Umstände machten Vorsicht nöthig, insbesondere die Unge-
wissheit über die Entwürfe des Lepidus ^2) mj,j jjg Privatfeind-
schaft zwischen ihnen, ^^^ welches Vellejus in seinem harten Ur-
theile über ihn unbeachtet lässt. ^'*) Mehrere seiner Handlungen,
auf welche er sich bezieht, ^•*) beweisen wenigstens, dass er
nicht mit den Feinden des Senats insgeheim im Bunde stand,
80 lange man den Sieg hoffen durfte. Aber erst am 26. April
gieng er in der Gegend von V^ienna über den Rhodanus, und
versprach schnell bis Mutina vorzurücken, wenn Lepidus
nicht hinderlich werde; 1000 Reuter , oder nach einem anderen
Briefe 30Ü0 bildeten unter seinem Bruder Cn. Plancus die V'or-
hut. ^''^ Durch die Nachricht, dass Antonius geschlagen sei,
wurde seine Verlegenheit nicht geendigt , denn er erwartete ihn
in Gallien, wo er bei Lepidus Hülfe suchen werde; deshalb
blieb er im Lande der Allobrogen und rief seine Reuter zurück.
Dennoch hofite er bis zur Ankunft der Verstärkungen aus Ita-
lien zu widerstehen. 2^)
Die Uuthätigkeit der Heere wurde von Antonius zu Unter-
handlungen benutzt. D. Brutus fand in einem aufgefangenen
Denkbuche die Namen der Abgeordneten, welche er an die Statt-
halter im Westen schickte; •*'*^ sie gicngcn zu Lepidus und mit
dessen Geleit Mcitcr, zunächst zu Plancus, welcher sie nicht
2"') Dio 46, 50. Vgl. 37, 47. Seiiec. ep. Ol. 2S) Grut. p, 439. So.
8. Strabo 4. p. ISC. 29) Caes. B. C. 7, Ol. Kckli. li. p. 38. f. 3(i) ad
Farn. 1(», l(t. 12. Vgl. ep. 14. 31) Das. 10, 11. 32) Das. 10, 9. 11.
33) »as. 10, 11. 15. 23. 34) 2, 63. 33) ad Farn. 10, 23. 36) Das.
10, 9. 11. 37) Das. 10, 11. 38) Das. 11, 11.
V. ANTONir. (14. §. 51.) 35 1
zuUcss tmd den Krlegstribun Catius Vestinus festhielt, als er
Lepi<liis Briefe überbringen sollte. ^V Dieser wurde von Plan-
CU8 geAvarnt, sich nicht hinzugeben, wobei dessen Bruder Cneus,
sein Legat C. Furnius, und ganz vorzüglich der Legat des Le-
pidus, M. Juventius Laterensis, ein Freund des Senats, die Ver-
mittler waren. ■*") Der Consular kam seinen Wünschen entge-
gen; er forderte ihn auf, sich mit ihm zu vereinigen, welches
«m so nötliiger schien, da es ihm an Reuterei fehlte, und sich
unter seinen Veteranen ein schlechter Geist zeigte, besonders in
der 10. Legion; seit Cäsars Feldzügen gewohnt, in der Schlacht
und bei Meutereien voranzugehen, und einst von Antonius durch
Aushebung ergänzt, sann sie auf Abfall und verführte die Ue-
brigen.^') Diese Ränke erstreckten sich auch schon auf Plan-
cus Heer ; es meldeten sich Ueberläufer , und er nahm sie auf,
ohne Böses zu ahnden. *-^ Er zog gegen Süden , wodurch er
sich Lepidus näherte. Am 12. Mai überschritt er die Isara,
und entsandte auf die Nachricht, dass Lucius Antonius bis Fo-
rum Julii an der Küste (Frejus) vorgedrungen sei, seinen Bru-
der mit 4000 Reutern gegen den Feind; er selbst wollte mit
den übrigen und mit 4 Legionen ihm folgen. *3)
SoAvohl Silanus als Culleo, welcher die Alpenpässe hatte
vertheidigen sollen, und sie ohne Schwerdtschlag räumte, ka-
men zu Lepidus zurück; sie wurden mit Vorwürfen empfangen
und vom Lager entfernt, so dass er sich gegen den Senat recht-
fertigen konnte. ^*) Auch nahm er Antonius gegenüber, welcher
am 15. Mai in Forum Julii eintraf, und in zwei Tagen Venti-
dius erwartete, *^) eine drohende Stellung. Denn als er hör-
te , dass der Feind in seiner Provinz sei, gieng er aus der Ge-
gend von Avenio (Avignon) wo die Druentia (Dürance) sich
in den Rhodanus ergoss, bis Forum Vocontium ihm entgegen,
und lagerte 24,000 Schritt von ihm am Flusse Argenteus. (Ar-
gens.) *'') Er schrieb Plancus , dass er hi«r zu ihm stossen mö-
ge; dieser schrieb D« Brutus, w«lch«r es am 15, Mai wieder
39) Das. 10, 23. iO) Das. 10, 11. 15. Vgl. 10, ü. 18. 25. 26. DIo
46, 51. u. über Furnius §. 59. A. 66. 41) ad Farn. 10, 11. 15. 18. Ai»!».
3. 579. 42) ad Fain. 10, 15. 43) Das. }. c. u. 10, 34. 44) Das. 10,
34. App. 1. c. Dio 40, 51. 45) ad Faiii. 10, 17. 4G) Das. u. 10, 34-
352 V. ANTONII. (14. §.51.)
Cicero md(l6tc, Lepidus nehme Antonius nicht auf , '''^ und che
Cicero den Brief erliielt, äusserte er am 20. Mai : Lepidus fürch-
ten wir nicht, denn wie könnte er, der mitten im Kriefre* den
Frieden gewollt, so wahnsinnig sein, mitten im erwünschtesten
Frieden der llcpuLlik den Krieg anzukündigen ? ^^-I Gleichwohl
konnte der Zweck seiner Belegung nicht zweifelhaft sein, so
wenig als die Ursach „der Menschenfreundlichkeit," '^^^ welche
ihn abhielt, jene Legaten härter zu bestrafen. Octavian hatte
ihn längst über die jetzigen politischen Verhältnisse aufgeklärt,
und ihm die Erhaltung des Antonius im eigenen Interesse zur
Pflicht gemacht ; dass dieser Silanus und Culleo nicht ohne Briefe
und mündliche Aufträge entliess, ist leicht zu erachten; Friede,
Fortdauer der Freundschaft, Hass den Verschworenen war auch
von dieser Seite die Loosung. Manclier äusserte Verdacht ; aber
Lepidus beklagte sich darüber am 22. Mai in einem Schreiben
an Cicero, und fügte die erfreuliche Nachricht hinzu, dass im-
mer mehr feindliche Krieger zu ihm übergiengen. ^^) Plauens,
. dessen Bruder Avegen geschwächter Gesundheit sich nach Rom
begab, schickte er Apella als Geissei, ^'J und ersuchte ihn auf
das dringendste , nach dem Argenteus zu kommen. ^-^ Noch leb-
hafter betrieb diess Laterensis, obgleicli aus ganz anderen Grün-
den; er erschien sogar selbst, in dem Wahne, dass nur ein
Theil des Heers, nicht der Feldherr, auf Verrath sinne, und durch
Plauens gezügelt werden müsse. ^■^)
Dieser hielt es zAvar für sicherer, Brutus ai} der tsara zu
erAvarten , und mit ihm dem Feinde entgegen zu gehen; er be-
dachte aber auch, dass er für Lepidus Schicksal, selbst für die
Treue seiner Truppen verantwortlich gemacht Avar , und dass
man in ihrem Privatzwiste die Lhsach suchen werde, wenn er
sich an ihn niclit atischliesse; deshalb verliess er nun die Isara am
21. Mai, deren Uebergänge jedoch zu Gunsten des Brutus durch
Brückenkopfe geschützt Avurden ; in acht 1'agcn hofito er bei Le-
pidus Äu sein. •'*^ Im Folgenden Aviderspricht er sidi ; wenn je-
ner ihm jetzt sclirieb, er möge nach der Isara zurückkehren,
Avcil er allein stark genug sei, so konnte er sich nicht deshalb
47) Das. 10', 20. 11 , M. 4S) Das. II , 18. Vgl. 10, M. 4f>) Dn«.
10, 31. 50) Das. 1. c. ri\) Dun. lO, 17. 21. fm. 52) Das. 10, 18. 21.
53) DsB. II. ce. 51) Das. 10, JS. 23.
V. ANTONII. (14. §. 51.) 353
mit Antonius vereinigen, weil er an der ersehnten Ankunft des
Plancus verzweifelte. ''^^ Das Erste ist als das Bestimmtere,
welches zu ersinnen kein Grund vorhanden war, auch das Wahr-
scheinlichste, und wurde wohl durch Antonius veranlasst, in der
Meinung, dass Plancus nun hinlänglich von Brutus entfernt, und
seine Gegenwart im Lager des Lcpidus vor dessen Abfalle nicht
wünschenswerth sei. Dennoch niiherte sich Plancus bis auf
40,000 Schritt, damit er sowohl Beistand leisten, als sich ge-
fahrlos zurückziehen konnte. Dann aber meldete ihm Laterea-
sis am 29. Mai mit wenigen Worten : auf Lepidus und dessen Heer
sei nicht mehr zu rechnen , er möge auf seiner Hut sein und
die Republik nicht verlassen. Er hatte sein Lager noch nicht
abgebrochen, als die beiden Consulare gegen ihn anrückten. ^^)
Antonius war von Forum Julii westlich bis zum Argenteus
gekommen, welcher ihn von Lepidus trennte. Er verschanzte
sich nicht, und erleichterte dadurch den Verkehr. ^^) Min war
einig, und es galt nur noch, für den Freund, welcher die Rol-
len wechseln sollte, einen guten Schein zu gewinnen. Dass
Lepidus durch die Art seiner Rechtfertigung verächtlich wurde,
war ein Gewinn für Antonius. Sie unterhandelten, und keines-
wegs insgeheim; man sollte erkennen, wie der Feldherr der Re-
publik den Lockungen widerstehe, und nur die Gewalt, der Ver-
rath seines Heers ihn abtrünnig mache. Demnach erinnerte ihn
Antonius an ihre früheren Verhältnisse, und an die Gefahr,
welche auch ihm als Cäsarianer drohe, und er bedauerte dage-
gen , durch die Befehle des Senats gebunden zu sein , und ver-
weigerte eine Zusammenkunft. ^^) Seine Krieger wurden durch
diess Gaukelspiel getäuscht; sie beschlossen, ihre Sache selbst
zu führen , und ahndeten nicht, dass sie auf sein Anstiften dar-
in bestärkt wurden. Nun erschien der überwundene Consular
im Trauergewande vor ihren Wällen, als wollte er um Schutz
und Fürsprache bitten, und so oft er sich zeigte, hinderte sie
eine lärmende Kriegsmusik, seine Worte zu vernehmen. Diesi;
empörte sie, und sie kamen zu ihm ; zuerst insgeheim, dann öf-
fentlich mischten sie sich unter seine Truppen, und da niemand
55) Das. 10, 21. 23. 56) Das. 11. cc. Unten §. 52. 57) App. 3.
579. Plut. Anton. 18. 58; App. 1. «. Vellej. 2. C3. Dio 46, 51.
Driimann, Gcsrhiclite Koiiis I. ^3
354 ^' ANTüxMI. (14. §. 51.)
ihnen ernstlich ■welirte, erhauten sie zuletzt eine iScljIfTIirücke.''^^'
Es -vvar Lcpidus sehr lästig, dass Laterensis ihn, der nicht se-
hen wollte, von Allem in Kcnntniss setzte, und mit der For-
derung, dem Uehcl zu steuern, immer dringender Avurde. So
hielt er endlich eine Rede, das Heer ahziimahnrn, aber Cani-
dius, Kufrenus und Andere, untcrhraciien ihn mit dem Geschrei :
sie verlangten Frieden und Aviirdeu niclit mehr fechten; man
habe schon beide Consuln und viele Andere verloren, und der
Senat römische Bürger für Feinde erklilrt und ihr Vermögen ein-
gezorren. ^^^ Er bestrafte sie niclit, hielt aber auch seinen Bei-
fall zurück, daher nun Lälius und Clodius im Namen des Heers
Antonius anzeigten, dass man ihn aufnehmen, und wenn er es
wünsche, Lepidus tüdten werdet') Nach Appians verworrener
Erzählung befahl dieser seinen Truppen auf den Rath des Late-
rensis in einzelnen Abthcilungcn in der Nacht auszurücken, an-
geblich zur Deckung eines Geld - Transports , welcher sich nähe-
re, in der That aber, weil er ihre Treue erproben wollte ; als sie
um die vierte Nachtwache unter den Waffen standen, kam die
Gähruna: zum Ausbruche; sie besetzten die festesten Puncto iiQ
Lager und öffneten Antonius die Thore. Unmöglich konnte der
eifrige Republikaner eine so verkehrte Massregel empfehlen, wie
«ehr es ihm auch an Welt- und JMenschenkenntniss gebrach, sie
war vielmehr mit Antonius verabredet, und zwar zog er nicht
durch die Tliore ein, sondern zu grösserer Rechtfertigung sei-
nes bisherigen Feindes auf der entgegengesetzten Seite des La-
gers über den AVall, welcher von dessen Soldaten niedergeris-
sen Mar. ^-) Von ihnen selbst geführt erschien er plötzlich vor
dem Feldherrn -Zelte, avo jene Frieden und Einigkeit forderten;
Lepidus bewilligte Alles, eine Umarmung verbürgte es, wogegen
ihm die Ehre des Oberbefehls verblieb. *'3) Appian meldet, dass
er sich im NachtgeAvande überraschen Hess, und eine solche
Mummerei, Avodurch er seine Unschuld beweisen Avollte, sieht
ihm ähnlich, auch zeigt sein Verhalten gegen Octavian i. J. 3(i.
50) Dies. Plut. Anton. 18. CO) ad Farn. 10. 21. App. 1. c. Gl) Plut.
I. c. G2) Vellej. Plut. II. <-c. C3) Liv. 110. Veliej. 1. c. Suet. Octav.
12. App. 3. 570. 580. Oio K!. 50. 51. Plut. 1. c. Zonar. IG, IC. Eutrop.
7, 2. Flor. 4, C. (A. Viel.) Di: vir. Hl. 85. ,Cic. ad Fam. 10, 23. 35. 11,
C2. 12, S. 0. 10. ^aill. Antoii. No. 10.
V. ANTONII. (14. §. 52.) 355
in Sicillen, dass er es ülter sirh vermochte, einen Cegncr fuss-
fallif^ zu Litten; jetzt aber vurde er durch nichts dazu veran-
lasst. '>*)
Laterensis diirclibolirte sicli , nachdem er einige Zeilen zur
Warnung an Plancus geschrieben hatte, und der Senat belohn-
te seine Treue durch einen Ehrenbeschluss, worin er belobt und
ihm eine Statue und ein öffentliches Begrübniss zuerkannt
■wurde. '^^^
So vereinigten sich die beiden Consulare am 29. Mai,*''')
und Lepidus konnte am folgenden Tage an Senat und Volk be-
richten, dass sein Heer sich gegen ihn aufgelehnt und ihn zur
Versöhnung mit seinen Mitbürgern gezwungen habe; man könne
jetzt in Rom für sich und für den Staat nicht besser sorgen,
als wenn man ebenfalls vergebe. <'^)
§ 52.
Nicht so leicht kam Antonius bei Plancus und Asinius zum
Ziele. Er glaubte, dass jener entweder in der ersten Bestür-
zung sich ihm fügen werde, oder wenn er ohnehin dazu geneigt
sei, nur einen Vorwand suche. Deshalb brach er sogleich am
29. Mai gegen ihn auf, um ihn zu überfallen, während Le-
pidus noch am 30. am Argenteus stand. ^'^^ Nur 20,000 Schritt
war er vom Feinde entfernt, als dieser ihn entdeckte und in
Ordnung und ohne Verlust sich zurückzog; denn der Streich
war verfehlt und eine Verfolgung unnütz. Am 4. Juni erreich-
te Plancus die Isara, deren Brücken er nach dem Uebergange
zerstörte, und am G. schrieb er Cicero aus Cularo auf dem Ge-
biete der Allobrogen, dass D. Brutus in den nächsten Tagen bei
ihm eintrciten werde , welches geschah. ^^) Aber sie unternah-
men nichts ; sie sollten Italien retten und verlangten Hülfe von
Rom; bis dahin mochten sie nach einem Schreiben des Plancus
vom 28. Juli ihre vierzehn Legionen und ihre zahlreiche Reu-
terei, die letzte Hoffnung der Republik, und unzuverlässig we-
gen der vielen Tironen, keiner Gefahr aussetzen, sondern be-
(54) App. L c. 65) ad Fam. 10, 23. Vellej. Dia II. cc. Oben §. 47.
fin. 66) ad Fam. I. c. 67) Das. 10, 35. 68) Das. 10, 23. 35.
60) Das. 10, 23. §. 50. fin.
23*
356 V. ANTONII. (14. §. 52.)
gnügtcu sich, Octavian als die Ursach alles Missgeschicks anzu-
klagen. ^'') In Rom hatte man nur Worte; wie früher Antonius
so wurde am 30. Juni Lepidus für einen Feind des Staats er-
klärt, ''^O und auf Veranstaltung des Octavian, Avelcher im Au-
gust das Consulat erhielt, nahm der Senat seine Beschlüsse zu-
rück , ''-) so dass Asinius und Plancus jenen ohne Schwerdtschlag
zugeführt wurden.
Asinius Pollio wünschte sich Glück, dass der Krieg ihn im
jenseitigen Spanien nicht berührte. "^3) Ohne Befehle von Rom,
wo man ihn zu vergessen schien, durfte er seine Provinz nicht
verlassen; bei den verdächtigen Gesinnungen des Lepidus war
ein Zug durch Gallien ohnehin mit Gefahr verbunden, oder er
konnte bei seiner bekannten Freundschaft mit Antonius ihn selbst
verdächtig machen. ■**) Doch schrieb er Cicero am 16. März
aus Corduba, er bedauere, dass ihm nicht vergönnt sei, für die
Freiheit zu kämpfen, und dass Lepidus den Verkehr mit Italien
hindere und ihm die 30. Lesrion zu entlocken suche. ''^) Aehn-
liebes berichtete er an Pansa, und er wiederholte es nach An-
tonius Niederlage, über welche er anfangs nichts Gewisses er-
fuhr, und auch diess durch Lepidus Schuld ziemlich spät. Er
versicherte übrigens auch jetzt, dass er weder der Republik ent-
stehen, poch sie überleben wolle, und nur zu wissen MÜnsche,
wie er ihr nützen könne, wurde aber nicht beschieden. '^^) An-
tonius beschäftigte sich dagegen nur zu viel mit ihm ; er unter-
handelte mit der 28. Legion, versprach dem Manne 500 Dena-
re, wenn sie zu ihm kommen werde, und wollte sie nach Be-
endigung des Krieges wie die seinigen belohnen; auch unter-
stützte er den Antrag des Lepidus, ihm die 30. Legion zu schik-
ken, bewirkte aber nur einige meuterische Bewegungen, und
Asinius konnte am 8. Juni Cicero aus Corduba melden, dass
sie unterdrückt seien, wobei er jedoch auch nicht verbarg, dass
das Misstraucn des Senats, welcher seine Mitwirkung im Kriege
nicht zu wünschen scheine, ihn verletze. "''') Am Ende des Juli
war er seinem gegebenen AVorte noch treu, wie sich aus Plan-
70) ad Fem. 10, 21. 71) §. 47. A. 35. f. 72) §. 48. f n. §. 49. fin.
73) §. 51. A. 23. 74) ad Faiu. 10, 33. Vgl. 11, 9. VelUj. 2, 63. 70-
«0. -75) ad Farn. 10, 31. 7Ü) Das. 10, 33. §. 47. A. 90. T7) ad Farn.
10, 32.
V. ANTON[I. (14. §. 52.) 357
eiift Scliweigen schliessen lüsst,"^") als aber durcTi Octavian jene
Vcrüntlerungeu in Rom erfolgten, glaubte er sieb davon ent-
bunden; er zog über die Fyreniien zu Antonius. '''•*) Diess ge-
icbab im September; unter seiner Vermittelung wurde nun auch
Piancns gewonnen, welcher sich von Brutus trennte und nach
der Versicherung des V'ellejus ihn sogar seinen Feinden zu über-
liefern versuchte. '^"^ '
Einer solclien Uebermacht konnte D. Brutus nicht wider-
stehen, um so Aveniger, da er als Mörder Cäsars verurtheilt
war. *') Aber die Nachrichten über seine letzten Schicksale be-
friedigen nicht. Er bcschloss , was ihm allein übrig blieb, sich
zu M. Brutus nach Macedonien zu wenden, und zwar zu Lan-
de über Atjuileja, erreichte aber diesen Ort nicht, und noch
weniger das Gebiet der Japyden in lUyrien, '*-) weil Octavian
sich ihm entgegenstellte. ^^^ Mit dem Rückzuge begann die Auf-
lösung seines Heers; denn nur auf grossen Umwegen, deren
Bescliwerden und Gefahren es schreckten, konnte er nun nach
Macedonien gelangen. Er wollte nördlich durch Helvetien über
den Rhein und dann über die rhiitischen und carnischen Alpen
bis zur Nordküste des adriatischen Meers vordringen; seine
Truppen giengen aber in immer grösserer Zahl zu Antonius
oder Octavian , so dass er bald den Gebirgsvölkern nicht mehr
gewachsen, und zu planlosen Bewegungen genöthigt Avar, und
Ton den Salassiern in der Gegend von Eporedia die Erlaubniss
«um Durchzuge erkaufen musste. s*) Auch die gallischen Reu-
ter , welche seine Leibwachen bildeten , entfernten sich mit sei-
ner Genehmigung bis auf 300 , und bald begleiteten ihn nur
noch zehn. Mit diesen schlug er in der Kleidung der Einge-
bornen den kürzesten Weg nach Aquileja ein. Er wurde aber
ergrift'en und zu dem Häuptlinge Camillus oder Camelus geführt,
seinem Gastfreunde , welcher ihn mit Theilnahme empfieng und
«ugleich Antonius meldete, dass der Flüchtling in seiner Ge-
walt sei. 85) Dieser Avurde also in den Alpen gefangen, nicht
78) Das. 10, 24. 70) Liv. 120. Vellej. 2. 03. App. 3. 587. SO) Vel.
lej. -^pp. U. cc. Uio 40, 53. Plut. Anton. 18. 81) §. 49. A. lö. 62)
App. IHyr. p. 704. c. 19. 83) App. 3. 588, Dia 40, 53. 84) Strabo 4
p. 205. Vgl. App. Illyr. 17. 85) App. 1. c. Vellej. 2, 64. Vgl. Uio 1. e.
358 V- ANTOxNU. (14. §. 53.)
im Lande der Sc(£uancr in Gallien, 8'') obgleich ein Seqiianer ihn
tödtete, wodurch eben der Irrtluiui veranlasst ist. Antonius ent-
sandte auf die erwünschte Nachricht Ueuterci unter Furius, 87)
"welcher Ser. Tercntius erkannte und verschonte , als er durch
das Vorgeben, er sei Brutus, den Freund retten Avollte.'^*) Ein
Anderer, Helvius Blasio , durclibohrte sich in der Erwartung,
auch der Feldherr Averdc es vorziehen , auf eine ehrenvolle Art
zu endigen, oder doch mit männlicher Ergebung sterben. 8^)
Dass Brutus sich nicht selbst töiltetc, ist gewiss, denn Furius
Hess ihm durch Capenus, einen Sequancr, den Kopf abschlagen,
welchen er Antonius übcrscliicktc ; '^"^ eben so wenig unterliegt
es einem Zweifel, dass JSccIcngrosse, auch nur nach den Begrif-
fen der Römer, niclit in ihm war; er mag daher auf Flucht ge-
dacht und um sein Leben gedungen haben, Avenn auch niciit
auf eine so Aerächtliche Art, wie seine Feinde und deren Schmeich-
ler erzählten. 30
§ 53.
Die beiden Consulare , welche L. Varius Cotyla mit 6 Le-
gionen in Gallien zuriicklicsscn, '^"') und mit 17 Legionen und
10,000 Reutern'-'-^ vom W . ten heranzogen, waren Octavian
verpfliclitet, denn er hatte Rom mit ihnen versöhnt. Indcss
wusste jeder, dass diess ein Werk der Noth war, von der Rück-
sicht auf ihre Macht, auf die Macht der ^'erschworenen ^^) und
auf die Wünsche der Veteranen vorgeschrieben , welche nach
8'j) Oros. 6. 18. S7) Es gab Furii mit dem Beinamen Cainilli, aber
auch mit anderen; um so weniger ist man zu der Meinung berechligt,
dass jener Dynast, dessen barbarischer Name ohne Zweifel von Griechen
und Röraern entstellt ist, wegen einer Verwechslung der Personen in
diesem Trauerspiele Caiiiillus genannt werde. 88) \'al. Rlax. 4. 7. §. 0.
89) Dio 1. c. 00) Liv. 120. Vgl. App. 1. c. A'ellej. I. c. u. c. 87. (Aurel
Viel.) de vir. ill. 85. 91) Dio 1. c. Senec. ep. 82. Val. Max. 9. 13. §. 3.
91//) Plul. Anton. 18. §. 30. A. 74. 92) In dieser Angabe Plufarchs I.
e. liegt keine l.'eberlreibung. Denn nach dem ^■o^igen lialte Lepidus 7
Legionen, Plancus 4, Asinius 3. AutonicB selbst war es gelungen, nach
der Schlacht b ' Mutina mehrere wieder zu vereinigen oder zu ergän-
zen; Ventidius liihrte ihm 3 zu, und nach App. 3. 588. giengen von Bru-
tus 4 zu ihm über; an Reuterei fehlte es ihm von Anfang nicht, und
Planem zählte mehr all 4üOJ. 93) Velk-j. 2. G5.
V. AiNTONH. (14. §. 53.) 359
Ijclohming und Frieden verlangte. Um so mehr fretietc sich
Antonius seines Heers; er hatte in ihm eine Bürg!?chrtft für sei-
ne Sicherheit und erschien nicht als der Schützling des neuen Con-
Ruls, sondern stark genug, seine A'origc Stellung im Staate mit
GcAvalt wieder zu nehmen. '•'•'''^ Ocfavian war nach seiner Wahl
zum Consul nach dem cisalpinischen Gallien zurückgekehrt, ^*J
und befand sich nicht mehr in der hülfsloscn Lage eines Pri-
vatmanns, Avelciien man ungestraft misshandeln konnte; er führ-
te acht Legionen gegen Rom , ^\^o drei zu ihm übergiengen, ^^)
und verstärkte sich ausserdem durch Aushebung, da er beauf-
tragt var, den Krieg zu endigen, und durch Truppen des D.
Urutus. '•'"^ Lepidus hatte bereits einen Vergleich zwischen ihm
und Antonius eingeleitet, und jetzt begann seine Wirksamkeit A'om
neuen. Persönlich unbedeutend eignete ersieh zum Vermittler; jene
fürchteten ihn nicht, Aveil er nur nützen konnte und fanden es
liequcm, dass er ihre Wünsche als die seinigen aussprach, -wel-
chen sie des allnjenieinen Besten wei2:en sich füjrten.
Diess gilt auch Aon ihrer Zusammenkunft auf einer Insel
bei Bononia. '-''') Appian irrt, wenn er hier Mutina nennt; ''^^^
man ist aber dadurch nicht berechtigt, mit Cluver, 9^) Cellar'ooj
u. A. auch seine Angabe zu verwerfen, nach welcher die Trium-
virats-Insel im Lavinius, jetzt Lavino, lag, obgleich allerdings
die auf dem Gebiete von Bononia gefundene Inschrift, Avelche
dasselbe besagt, nicht zur Bestätigung dienen kann, weil sie
wahrscheinlich jünger ist, und sich auf sein Zeugniss gründet. ^^
Seine Gegner entscheiden für den Rhenus, jetzt Reno. Sie
werden dadurch begünstigt, dass nach Dio -) der Fluss, auf des-
sen Insel man sich unterredete, an Bononia vorüberströmte, und
Plinius '■^) und Silius ^) den Rhenus nach dieser Stadt benennen,
während der Lavinius weiter von ihr entfernt war; auch sage
man hatte jenes Eiland einen beträchtlichen Umfang, da man
die AVoTte der Drei auf den Brücken und am Ufer nicht hören
konnte, daher ist ihm seine Stelle im Rhenus, als dem grösse-
9.3 i) Dio 40, 54. Zonar. 10, 16. 94) §. 49. fin. 95) §. 47. A. 27.
§. 48. A. 8J. PO) Dio u. Zon. 11. cc. 97) Suet. üclav. 9C. Dio 40, 55.
Plut. Cic. 4G. Anton. 19. Flor. 4, C. 98^ 4 , 580. 5, C74. Ö9) Ital.
üui. 1. c. 28. p. 287. 100) 1. p. C71. 1) Reines. Jnscr; das«. 2. No. 67-
2) 1. c. 3) 10, 05. (3C.) Vgl. 3, 20- (10.) 4) Punic, 8, CÜl.
360 V. ANTONII. (14. §. 53.)
ren Flusse , ntizuweisen ; die Nachricht des Appian endlich er-
klärt sich ohne Zweifel daraus , dass Antonius von Westen, aus
der Gegend von Mutina, über den Lavinius kam, als er mit
Octavian unterhandeln wollte. Andere haben jede willkührliche
Deutung dem Zeugnisse jenes Geschichtschreibers vorgezogen,
und selbst an den Rubicon gedacht. ^) An einem Puncte, wo
Zwei Flüsse eine Insel bildeten, sah man sich nicht, wie die
Alten einstimmig versichern , nur Florus ausgenommen , welcher
fiberdiess Perusia einmischt, e) ^^^ ei,en deshalb verdienen auch
die Gelehrten in Bologna keine Beachtung, wenn sie glauben,
dass der Bund der Drei auf der kleinen Halbinsel Forcelii zwi-
schen dem Lavino und der Ghironda geschlossen sei. "'■>
Giebt es hier nun überhaupt keine völlige Gewissheit, so
darf man sich auch nicht so zuversichtlich , wie es von Cluver
und Cellar geschehen ist, für den Rhenus erklären. Bedurfte
es einer grossen Insel, um einige wenige Menschen aufzuneh-
men , oder war eine grosse Entfernung erforderlich , damit man
nicht hörte, was Menschen sprachen, welche nicht gehört sein
wollten ? und woher weiss man , dass sich in dem Bette des La-
vinius nicht eine kleine Insel erheben konnte? Noch jetzt ist
das Bett der Gewässer, Avelche in dieser Gegend dem Po zu-
fliessen, steten Vei'änderungen unterworfen. ^) Man kann sogar
weiter gehen, und mit Mannert ^) für Appian geltend machen,
was gegen ihn angeführt wird. Er würde den Lavinius, eben
weil er unbedeutend und wenig bekannt war, nicht erwähnt ha-
ben, wenn seine Quellen ihn nicht dazu veranlasst hätten, und
ninmit man eine Verwechslung oder einen Gedächtniss - Fehler
an, so lag es ihm am nächsten, an den Rhenus zu denken,
schon wegen des berühmten gleichnamigen Flusses. Dazu kommt,
dass kein anderer Schriftsteller den Fluss namentlich bezeichnet,
k) FeruBiac ßi:lle(. dei icienc. hist. 1829. Januar, p. 81. in d. An-
leigc von: Lettre de L. .4. Nardi sur le Heu, oh se forma le triumvirat,
•US (^ioru. arcad. Juni 1827. p. 337. G) 4,6. /Ipud Conflucnle» intcr
i'eruiiam et Bononiam. lieber den nichtigen Versuch den Caesar Malva-
■ia in d. niannor. Felsin. durch die Lesart Petrusia seine Ehre zu ret-
ten 1. Uuker a. a. ü. 7) Leander Descript. IlaL ed. Colon, p. 521. Volk-
manii Nachrichten von Italien. 1. p. 370. 8) Vgl. Kephalides Reise durch
latiien. i. 8. 30. 0) Geographie 9. L Abth. S. 228.
V. ANTUNll. (14. §. 53. J 3ül
welcher jene Insel einschloss; man kann daher Appian nichts
Bestimmtes entgegensetzen und vielmehr diess Schweigen zu sei-
nen Gunsten deuten : es handelte sich nicht um den Rhenus
sundern um ein kleines Wasser, welches man nicht zu nennen
wusste oder zu nennen nicht der Mühe werth fand.
Nach dem ScnatsLeschlusse , weicher die geächteten Feld-
herm in der zweiten Hälfte des August ihrem Vaterlande wie-
dergab , vergiengen Monate , ehe sie die übrigen im AVesten an
Bich ziehen und in der Gegend von Bononia eintreffen konnten ;
sie sahen Octavian r'.cht vor den letzten Tagen des October.
Er sowohl als Antonius stellten an den Ufern des Flusses fünf
Legionen auf, und 300 Mann begleiteten sie bis zu den Brük-
ken. Dann schritt liipidus voran, und auf sein Zeichen, dass
nirgends ein Hinterhalt sei, folgten die Anderen. Dass sie sich
durchsucht haben , meldet nur Dio. Obgleich Octavian als Con-
sul den Ehrenplatz in der Mitte erhielt, ^^J so wurden doch die
Unterhandlungen mit entschiedener Ueberlegenheit nicht an Klug-
heit aber an Ansehn von Antonius geleitet. ") Er war älter,
erfahrener, als Feldherr nicht ohne Ruf, bei den Truppen selbst
durch seine Fehler beliebt, und konnte sich mit Sex. Pompejus
oder mit Brutus und Cassius verbinden , mit welchen er nicht
unheilbar gebrochen hatte , oder die reichen Hülfsquellen Gal-
liens und Spaniens benutzen; hinter dem Consul lag Rom, voll
V^erlangen, sein Joch abzuwerfen, das adriatische Meer, wo iha
nur feindliche Schifte erwarteten, und der Osten unter der Herr-
schaft der von ihm verurtheilten Befreier. Mehrere Artikel des
Vertrags beweisen , was sich hiernach vermuthen lässt. Damit
ist aber nicht gesagt, dass Antonius gebot; hätte er es ver-
mocht, so würde er seinem Nebenbuhler auf dem Schlachtfelde
begegnet sein. Ihre Berathungen dauerten zwei Tage ; am drit-
ten theilten sie den Heeren das Ergebniss mit, so weit es zu-
lässig war, und diese forderten zur Befestigung des Bundes ei-
ne Heirath ; daher werden von Plutarch drei Tage genannt. ^-)
Eine gleiche Theilung der höchsten Gewalt war der Grund-
satz, von welchem man ausgieng, ohne ihm treu zu bleiben.
10) App. 4. 589. 590. Dlo 4G, 55. 11) Plin. 7, 40. (45). Solia. 1.
§. 40. 12) App. 1. c. Plut. Ant. 10. Cic. 40.
3G2 V. ANTONIL (U. §. 53.)
Demnach sollte Octavian das Consulat für die nooh übrige Zeit
des Jahrs an P. A'ciitidius abtreten ; ^•'^ es hatte seinen Werth
für ihn verloren, und in seinem Nachfolger verpflichtete er sich
Antonius, welcher ohne Opfer eine grosse Schuld abtrug. Zu-
gleich Murde damit das Fortbestehen der ordentlichen republika-
nischen Magistrate verltiirgt, vährend die Drei als ausserordent-
liche mit Consulargewalt zur Herstellung der Ruhe und Ordnung
die \'cr\valtung des Staats auf fünf Jahr übernelinicn sollten. ^*^
Rom konnte in Cäsar den Monarchen zurückweisen, die Mon-
archie drang sich ilim unabweisbar vom neuen auf, und der
kürzeste Weg zu dem Puncte, von Avelchem der 15. März es
entfernt hatte, war der beste; das Duumvirat also, denn Lepi-
dus zählt nicht mit. Es zeigte Blutvergössen im Hintergrun-
de, Avcil diese Duumvirn keine Cäsar, und weil sie die Schuld-
ner und Sclaven ihrer Heere waren, den Bürgerkrieg, weil sie
nicht für immer theilteu ; aber sclionungslose Vernichtung der
Gegner war auch der AVahlspruch der ohnmächtigen, in sich
«errissenen und von aller sittlichen Kraft entblossten Aristocra-
tie; nach ihrem Siege oder einer Versöhnung mit ihr hätte Rom
das Schattenbild der Republik in seinen eigenen Mauern wie-
der nieder kämpfen müssen, während es jetzt in der Ferne hei
Philippi erlosch, und nun in dem Kampfe um den 'i hron der
Uebergang zur Ruhe erfolgte. So lange indess Mclirere gebo-
ten, bestand die Form der Republik: man bedurfte irgend eine
Form der \erwaltung, in welcher man sich bewegte, ehe man
eine neue schuf; daher das Versprechen, in fünf Jahren den
alten Bau zu befestigen und dann zurückzutreten.'^) Da Drei sich
diesem Geschäfte unterzogen, so war der Titel Dictator und
Consul nicht anwendbar; jenen hatte Antonius ohnehin verpönt,'^-^
tmd mit diesem wollte man Freunde und selbst Lepidus ablinden.
Doch nicht mit ihm allein, denn man beschloss, die Magistrate
13) App. 4, 590. Vellej. 2, C5. D!o 47, 15. §. 51. A. 84, 14) IVIon.
Ancyr. 1. v. 7. Liv. 120. Suet. üctav. 8. 13. 27. Vellej, 2. G5. Tacit. Ann.
1, 9. riiii, u. tioliii. li. cc, App. 4, 500. 503. 5, G78. Dio 40, 54. 55.
48, 30. 50, 25. 26. Flut. II, cc. u, Brut, 27. Kulrop, 7, 2. Ilor, 4, 0,
i. u, T, ä, Oro.i, G, 18, Zonar, lU, 10. (A. Viel.) de vir, ill, 65. Obseq.
129. 15) Dio 40, 55. 48, 30. Zonai. 1, c. IC) §. 13. A, 81.
V. ANTONII. (14. §. 53.) 3C3
überliaiipt auf fünf Jahr zum voraus zu ernennen, IVIiinncr, in
welche man Vertrauen setzte.'^) Aclinliches war vor dem hcah-
siclitijrfcn Feldzuge gegen die Parther schon von Cäsar gesche-
hen. Die Erben seiner Macht folgten gern seinem Beispiele,
wie Ponipcjus, nur mit iiiclir ^Selbstständigkeit. Insbesondere
ist die ^ crlheilung der Provinzen ein Jiewcis dafür, aber auch
für Antonius UebcrgcMicht; denn er beliielt sich das eis- und
transalpinische Gallien vor, wo er Rom am nächsten war, gleich-
sam unter dessen Mauern lagerte , und niemand den Besitz ihm
streitig machte. ^^-> Nur das narbonensische Gallien verblieb
Lcpidus, nebst dem diesseitigen Spanien, zu welchem man das
jenseitige hinzufügte, üctavian wurden die alte und neue Pro-
vinz Afrika, ''•'-' Sicilien, Sardinien und die umliegenden Insel
bestimmt. Dort hatte er einen dem Senat erfi'cbenen Stattlial-
ter -"-l und auf den Inseln Sex. Pompcjus zu fürchten. Kr sollte
seinen Antheil erobern, mit Verantwortlichkeit für die Zufuhr,
denn diese Länder versorgten Rom, und in einer Zeit, wo der
Osten seine Gegenwart forderte und er ohne Flotte war. AVcnn
aber Cäsar einst das unbesiegte, kriegerische Gallien zur Pro-
vinz wählte, befremdlich für manchen kurzsichtigen Consular,
welcher erpressen bcijuemer fand, als erobern und dann mit
gleichem Erstaunen in Gallien Rom überwunden sah, so gelangte
Octavian durch den Krieg mit Pompcjus zum Besitze einer See-
macht, welche ihm das römiselie Reich unterwarf.
Er übernalnu es mit Antonius die Befreier im Osten zu
vertreiben, -'>' der nächste Zweck ilires Bundes, in a clchem sie
Lepidus nur in die Mitte stellten, weil sie sich noch nicht
feindlich berüliren mochten. --) Bei seiner Schlaffheit w«;* es
ihm erwünscht , dass er im folgenden Jahre Consul sein und
seine Provinzen durch Legaten verwalten sollte, um Rom und
Italien zu bewachen. Zu dem Ende bewilligte man ihm 3 Le-
gionen; die übrigen, sagt Appian,-'^>' sollte er abgeben, 3 an
Octavian und 4 an Antonius, damit jeder 20 ins Feld führen
17) App. 4, 500. Dio 47, ID. 18) App. 1. c, u. 5, 083. Die 4C,
55. Plut. 11. cc. u. comp. Demetr, c. Anton. 1. Plin. Soliii. Zonar. II. cc.
Kckh. 6. p. 38. 19) Carthago nnd Numidien. App. 4, 620. Dio 43, 9.
48, 21. 22. 20) S. Cornificii. 21) App. 4, 590. Dio 40, 5C. 47, 20.
Flor. 4, 7. 5. Zon. 10, IG. 22) Dio 48, 22. 23) 1. c.
3(i4 V. ANTONU. (14. §. 54.)
könnte. Auch an einem anderen Orte berichtet Appian, aber
nur als Vermuthung, dass die Drei jetzt über 43 verfügten,'-*'
und so widerspricht er sich wenigstens hierin nicht , obgleich
er sonst Lepitlus Heer zu 4 und zu 7 berechnet,-^) und in
An"-aben dieser Art überhaupt sehr unsicher ist. Antonius äus-
Bert in einer Rede , welche er ihn nach den Schlacliten bei Phi-
lippi in Ephesus halten lässt, man sei 28 Legionen den Sieger-
lohn schuldig; so sehr, bemerkt der Geschichtsclireiber, waren
die Heere geschmolzen.-'') Jener hatte allerdings nicht bloss
17 Legionen, mit welchen er Gallien verliess,^^) und Octavian
nicht bloss 11, welche ihm von Rom folgten, ^^3 sonst würde
man die Zahl 28 erhalten; 6 blieben jenseits der Alpen, und
nun giengen noch die Truppen des D. Brutus über , 4 Legionen
angeblich zu Antonius, und also ü zu Octavian, 29) so dass
jener überhaupt 27, und dieser 17 zählte, und die Gesammt-
macht 44 betrug; der Abgang von Brutus Heere, welches sich
zum Theil zerstreute, war durch neue Aushebungen mehr als
ersetzt. Antonius und Octavian hatten sich wiederholt ver-
pflichtet, ihre Truppen nach dem Kriege mit Gelde und auf
andere Art zu belohnen, ^o) und wollten jetzt ihr Wort lösen,
die Summen zahlen und 18 der schönsten und reichsten Städte Ita-
liens zu Colonien anweisen, Capua, Rhegium, Venusia, Bene-
ventura, Nuceria, Ariminum, Vibo u. a.-^') wobei wenigstens
Octavian sich auf Beschlüsse des Senats und selbst auf dessen
Versuche beziehen konnte, seinen Kriegern das Geld aufzu-
dringen. 2-^
§ 54.
Es war aber auch bekannt, dass der Schatz keine Hülfs-
mittel bot. Octavian selbst hatte ihn geleert, als er nach der
Schlacht bei Mutina Cäsars Legate an das Volk zahlte, ^^-^ und
die Schuld an das Heer abzutragen, ^*) und sofort die Kosten
24) 5, C74. 25) 3, 550. 580. 26) 5, 074. 081. 27) Oben A. 02.
28) §. 47, A. 27. u. fin. §. 48. A. 70. 81. 84. 29) App. 3, 588. 30)
g. 32 fiu. Cic. ad Farn. 10, 32. Plut. Anton. 23. 3l) App. 4, 590. 5UI.
i, 078. 083. Dio 47, 14. Tacit. Ann. 1, 10. Frontin. de colouiis v. Be-
neventum etc. 32) §. 35 fin. §. 30. A. 30. §. 47. A. 8. u. §. 48. A.
78. 33)$. 49. A. 14. 34) Diu 47, G. 48, 34. Plut. Ant. 23. Zoo. 10, IC.
V. ANTONII. (14. §. 54.) 365
eines neuen Krieges zu «lecken , ^^) war der reichste Schatz zu
arm. Darin lag die erste und vorzüglichste Ursach der Pro-
scriptionen. ^''0 Die Triumvirn behaupteten sich nur durch ihre
Truppen. In den bürgerlichen Unruhen , worin der Stärkere
sich an das Ruder schwang, unter Marius und Sulla, hatte der
Militär -Despotismus begonnen; er befestigte sich unter Cäsar,
und gewann jetzt neue Kraft, so dass Rom sich seiner nie
mehr erwehren konnte. Es stand bei den Legionen, sich für
den Senat, für die Befreier oder für einen Einzelnen unter den
Machthabern zu erklären; gleich den griechischen Tyrannea
mussten diese morden , um zu rauben , und rauben , um zu herr-
schen. Daher starben Statins, der Samnit, Sisinius und viele
Andere, ^^) sogar Knaben, welchen man zuvor die männliche
Toga gab, 28) M'eil sie reich waren.
Wenn der Ehrgeiz vor einer solchen Nothwendigkeit nicht
zurückbebte, so kam nun auch das Verliältniss zu Brutus und
Cassius und zu Sex. Pompejus in Betracht, und das Verhältnis«
der Drei zu einander; ohne die Gefahr von aussen und den
gegenseitigen Argwohn würden sie menschlicher gewesen sein,
Sie wollten sich von den Angesehensten ihrer Feinde befreien,
che sie über das Meer giengen, damit jene nicht Pompejus her-
beiriefen, oder mit seiner Hülfe eine Hungersnoth und dadurch
Bewegungen veranlassten, indem sie den Krieg als die Ursach
des Uebels bezeichneten. ^9) Bei der bedeutenden Macht der
Verschworenen war man selbst nicht vor den Wechselfällen des
Kriegs, vor einer W'iedervereinigung der senatorischen Faction
und neuer Aechtung gesichert. Die Häupter dieser Faction fer-
ner hassten nicht alle Triumvirn unbedingt und in gleichem
Masse; es war eben so wichtig, die Freunde der Collegen, und
die, welche sich ihnen zuwenden konnten, hinwegzuräumen,
als die eis-enen Feinde , auch deshalb , weil man glaubte , dass
nur dann , wenn jeder die Seinigen dahingegeben und seine
35) App. 4, 591. 36) App. I. c. Dio 46, 55» 47, 1. f. Liv. 120.
Nepos Attic. 10, Vellej. 2, 60. 67. Suet. Oct. 27. Tacit. Ann. 1, 10-
Plin. 7, 46. (15). Senec. Suasor. 6. Plut. Ant. 19. Brut. 27. Cic. 4C.
Flor. 4, 6. Eutrop. 7, 2. Oros. 0. 18. Zon. 10, 16. Obseq. 129. 37)
App. 4. 603. 605. Dio 47, 6. Zonar. 1. c. 38) App. 4, '607. Dio I. f.
39) App. 4, 591.
366 V. ANTfiNII. (14. § 54.)
Hand gleich tief in Blut getaucht hahe, keiner als Anwalt sei-
ner Mitbürger und als Beschützer <lcr Freiheit aus dem Bunde
scheiden könne.
Die Alten sehen hier mehr die Wirkungen einer sich zü-
gellos äussernden Kachgier, als einer durch die llücksioliten der
Politik geleiteten lierrsclisucht. Nacli ilirer Darstelluna kannte
man nichts Höheres, als den Feind hüssen zu lassen, und da
dieser oft einem CoUegen nahe stand, -vvelclier gegen Andere
eben so erbittert Avar, so bemächtigte man sich des Opfers durch
Tausch. Unvermeidlich verwickeln sich die Ccschiclitschrelljer
dabei in Widersprüche, denn es wurde ihnen nicht immer deut-
lich, AVer den Tod eines Mannes gefordert oder ihn bloss ge-
stattet habe, weil Mehrere von ihm beleidigt oder ihm befreun-
det waren. ^"^^ Alles erklärt sich leicliter und natürlicher, wenn
man annimmt, dass auch bei diesem Theile der Berathung die
Sorge für das gemeinsame Interesse und für die Republik als
Folie zum Schein vorwaltete, und die Frage aufgeworfen wurde:
wer muss fallen, damit wir bestehen. Bei dieser Wendung trat
der Einzelne nicht als solcher, niclit im Dienste verächtlicher
Leidenschaften hervor; er sprach als Triumvir, als Vertheidiger
der guten Sache. Damit ist aber nicht behauptet, dass die
W'ünsche des Einzelnen schwiegen; des gemeinen oder doch des
gemeinsamen Besten wegen sollte das Blut seines Feindes ver-
gossen werden; man sprach dagegen, hielt diesen oder jenen
nicht für gefährlich, welchen man retten, oder doch einen An-
deren für gefährlicher, den man verderben wollte; so fand sich
das Dino'cn und Tauschen von selbst und nicht in der rohen
Form, Avorin es bei Vielen unter den Alten erscheint. Die
Unterhandelnden Avaren nicht Neulinge in der Verstellung.
Von Octavian Avird gesagt, er habe die Proscription ver-
hindern, die Verfolgungen auf die VerschAVorenen beschränken
und dann Avenigstens Cicero erhalten Avollcn. Den Sieger recht-
fertigte der Sieg; gern glaubte man dem Kaiser, der Geschichte
seines Lebens von seiner eigenen Hand,^'^ und Höflinge und
Ardei-e Avicderholten , dass seine CoUcgcn jene Gräuel verschul-
40) Ders. 1. c. Dio 47, 5. 6. Tlut, u. Zonar. II. cc. 41) Suct.
Oclav. 85.
V. ANTONII. (11. §. 54.) 367
dcten , welche ihm niclit als ein Verbrechen, soinlern als ein
Unglück anzurechnen seien, *-J ■weil man ihm nur die Wahl
licss, einzuwilligen oder der Bestrafung der Mörder, der Erfül-
lung einer heiligen Pflicht zu entsagen. ^2) Ueherdiess war er
angeblich als der Jüngste im Bunde , der seine öftentlichc Lauf-
hahn kaum begonnen hatte, am Avenigstcn gereizt, und neigte
sich %'on Natur zur Milde ; inch r;re (jciichtcte wurden von ihm
gerettet oder ilire Retter von ihm belohnt, und grossmüthig
verzieh er als Monarch. **) Jetzt erfreute sich vor Allen Cicero
seiner Tlieilnahme ; erst am dritten Tage gelang es Antonius,
ihm seinen Schützling zu entreisscn. ^•') Man weiss nun freilich,
dass er seine Feinde nie schonte, so lange sie ihm schaden
konnten.'*'') Nach Sueton widersetzte er sich seinen Colle"'en
eine Zeitlang bei dem Beschlüsse über die Acht, und war grau-
samer als sie bei der Vollzichunü:: auf die Benierkunc: des Le-
pidus im Senat, man werde die Verfolgungen nun einstellen,
erwiederte er nach Junius Saturninus: er werde sie nicht ein-
stellen, bis reine Bahn sei.*^) Liisst man die Wahrheit dieser
Nachrichten auf sich beruhen, so bcM eis't das Schicksal des Q. Gal-
lius , ^8) des P. Silicius, *'•') und des C. Toranius, welcher nach
Einigen sein Vormund, und mit seinem Vater Aedil gewesen
war,-'''^) was Hoss und Ehrgeiz auch über ihn vermochten. Es
crgiebt sich ohnehin, dass er heuchelte, wenn er ^Menschlichkeit
empfahl; denn wer den Zweck will, will aucli die Mittel. 5i) 2u
diesen gehörte aber ganz vorzüglich die Ermordung Ciceros, in
welchem die Gegenpartei nach irgend einem Unfälle der Triumviru
sogleich wieder einen Vereinigungspunct und AVortführer gefun-
den haben würde. Bei seinen Ansprüchen, wegen wirklicher
oder eingebildeter Verdienste der Erste im Staate zu sein, bei
der Unmöglichkeit, diess zu erreichen, wenn nicht der Staat
42) Plin. 7. 40. (15). 43) Veiiej. 2, GG. Tacif. Ann. 1. 9. Suet.
Oct. 27. Flor. 4, G. §. 2 u. 0. 41) Dio 47, 7. 8. Zon. 10, 17. 45)
Plut. Cic. 46. Anlon. 19. 40) Tacit, Ann. 1, 2. 47) Suet. 1. c. Vgl.
das. c. 70: CorinthiariuB. u. unten §. 56. in. 48) §.49. A. 44. 49) Dag.
A. 40. 50) Suet. 27. App. 4. 596. 599. 644. Val. Älax. 9, 11. §. 5.
Oros. 6, 18. Oclavian verhinderte seine Ermordung nicht, aus Gefällig-
keit gegen Antonius , welcher von dem eigenen Sohne des Toran. ge-
vronnen war. Unten §. 55. A. 30. 51) Dio 47, 7.
368 V. ANTONrr. (14. g. 5i.)
mit seinen alten Formen und Gebrechen fortbestand, war «r
nnversöhnlich , wenn ein Anderer die erste Stelle einnahm , und
Senat und Gerichte beherrschte. War es der Grösse und Hoch-
herzigkeit Ciisars nicht gelungen, ein Abkommen mit ihm zu
treffen, so durfte Octavian es noch weniger hoffen. Und was
fesselte ihn an Cicero 1? Welchen Grund hatte er, den Erfolg
seiner wichtigsten Unternehmangen von dessen Schicksale ab-
hängig zu machen? Wusste er etwa nicht, warum jener ihn vor
der Schlacht bei Mutina begünstigt und wie er spater gegen ihn
gehandelt hatte? Ohne es zu wollen verwandelt Plutarch selbst
den dreitägigen Streit um das theure Haupt in eine Posse,
indem er es zuletzt für einen billigen Preis, für den Kopf des
Lucius Cäsar hingeben lässt. ^2)
Die beiden anderen „Schüler des Sulla" ^^^ hatten mehr
Feinde , Meil sie als ältere Männer und wegen ihres Ranges
in die bürgerlichen Unruhen tiefer verwickelt waren. Man setzt
daher voraus, dass sie ärger wütheten, 5*) und würde nicht
irren , wenn man die Rachgier für die einzige oder auch nur
für die vorzüglichste Ursach der Proscriptionen halten dürfte.
Cicero freilich und seine Werkzeuge konnten bei Antonius nicht
auf Gnade hoffen. Uebrigens war dieser Triumvir aus gan»
anderen Gründen am meisten zu fürchten. Zunächst wegen
seiner Sinnlichkeit und Schwelgerei. Reichthum verdammte und
schon der Besitz eines Gegenstandes, welcher Werth für ihn
hatte ; Verres wurde geächtet , weil er ihm corinthische Gefässc
verweigerte,-''^) Nonius, der Senator, wegen einer Gemme, ^''>'
und wenn das Leben des Coponius mit der Ehre seiner Frau
erkauft wurde, ^^) so musstc jeder für sein Leben oder für seine
Ehre zittern, dessen Gattinn die Aufmerksamkeit des Wüstling«
auf sich zog. In müssiger Zeit ergab sieh Antonius auch dem
Laster, Avelches Cicero vor anderem an ihm tadelt, und er ge-
bot und gestattete Manches, weil er berauscht war. *8) Noch
weit mehr Frevel kommen aber auf Rechnung seiner Gemahlina
52) Aiitnn. 19. comp, üenietr. c. Anton. 5. 53) Juvenal. 2, 28.
54) Vellej, 2, C6. Dio i? , 7. 8. Plut. Anton. 21. Zon. 10, 17. Flor.
4, 6. Plin. 7. 10. (12): Anton, prosrriptor. 55) Plin. 34, 8.(2.) Lactant.
2, 4. fin. 50) Plin. 37, 21. (G.) 57) App. 4, 012. 58) Sentc tp
83. fin.
V. ANTONü. (14. §. 54.) 309
Fulvia, welche (lief?e Schreckriistagc Leimtztc, Schätze zu sam-
meln, und für vielfache Schmacli sich zu rächen, ^'■♦^ Lepidiis war
ohne AVillen und ohne Macht. Er Hess seine Collegcu schalten^
und freute sich seiner Sclieingrösse und der Summen, mit wel-
chen er sich hereichcrte. ''"^ Sein Verrath war offenkundig; die
vom Senat üher ihn verliängtc Strafe konnte ihn kaum erbit-
tern; daher die widersprechenden Urtheilc ühcr ihn. ^')
Als man sich geeinigt hatte, Avurdc der Vertrag schrift-
lich abgefasst und beschworen. '•-) Die Heere erwarteten nach
den angcmassten Rechten eine Mittheilung des Inhalts, und sie
sollten ohnehin Zeugen und Bürgen sein und sogleich erfahren,
wie sehr man sich mit ihi'cm Wohle beschäftige. Daher wurde
ihnen von Octavian als Consul die Urkunde vorgelesen , jedoch
mit Uebergehung des Abschnitts, welcher die Proscription betraf.
Ein Freudengeschrei und eine gegenseitige Bcgrüssung als Zei-
chen des Friedens und der Freundschaft bewies , v/ie erw'inscht
ihnen war, was sie vernalimcn , und imi dem Bunde mehr Fe-
stigkeit zu geben, bewirkten sie, wohl auf einen Wink des
Antonius, ^3) dass Octavian sicli mit dessen Stieftochter CloJia,
Fulvias Tocliter aus ihrer Ehe mit P. Clodius , verlobte , ^V
obgleich schon die Tochter des P. Servilius Isauricus ihm ihre
Hand zugesagt hatte. *'^)
Der Consul Pedius erhielt von den Triumvirn den Auftrag,
siebzehn der Angesehensten , und unter ihnen Cicero , \or ihrer
Ankunft in Rom zu tödten.*'''^^ Vier starben sogleich, unter
anderen der Tribun Salvius bei einem Mahle, wozu er in Vor-
aussicht seines Schicksals seine Freunde geladen hatte; '^^J die
Uebrigen wurden gesucht. Im vorigen Bürgerkriege hatte man
bei jeder Rückkehr Cäsars aus dem Felde Proscriptionen erwar-
tet und sich immer getäuscht; zum Dank' erschlug man ihn
und das Gefürchtete kam. Als es in der Naclit ruchtbar wurde,
59) App. 4, C06. Dio 47 , 8. Val. Max. 9, 5. §. 4. GO) Flor, 4, 6.
§. 2. Gl) Dio 47, 7. 8. Zonar. 1. c. 62) App. 4, 591. Dio 46, 55. 56.
47, 1. 22. G3) Dio 46, 5G. 64) Vellej. 2. 05. Suet. Octav. 62. Dio 1.
c. u. 48, 4. 5. PJut. Anton. 20. Gros. G. 18. Zonar. 10, 10. Vgl. App^
J. c. u. Flor. 4, 6. §. 3. Unten §. 68. A. 10. 65) Sueton. 1. c. 00)
Zwölf oder siebzehn sagt App. 4, 592, dann hat er das. fin. u. 593. 597«
stets die letzte Zahl. 07) Der«- 598. 599. Perirnn. Anim. bist. p. 55.
24
370 V. ANTONII. (14. §. 54.)
dass Mörder in die Häuser drangen, und niemand wusstc, wer
und wie viele dem Tode bestimmt seien , erhielt Rom plötzlich
das Ansehn einer mit Sturm eroberten Stadt; überall AVehkla-
gen und Flüchten, dann leere Drohungen und Ausbrüche der
Verzweiflung , und nirgends ein männlicher Entschluss. Man
wollte Feuer anlegen, um sich zu rächen, aber man verthcidigte
sich nicht. Gleich kläglich war der Zustand des Pedius; schlecht
genug, um zum Morde die Hund zu bieten, wurde er bestürzt,
als er Alles in Aufruhr sah. Eine ungeheure Verantwortlichkeit
lastete auf ihm, und er war ohne Macht, nicht einmal im Ge-
heimniss. Er eilte umher, betheuerte, dass man nicht Ursach
habe, zu fürchten, und bat, nur den Tag zu erwarten, und
kaum war dieser angebrochen, als ein öfl'entlicher Anschlag die
Namen der Siebzehn bekannt machte, welche als Urheber des
Bürgerkrieges rerurtheilt seien , und allen Andern Sicherheit
verbürgte. AVenige Stunden nachher erlag der Consul den Fol-
gen der Gemütlisbewegung und zu heftigen Anstrengung. ^^)
Bei der Nachricht Aon dem Bunde der Drei hatte man in
Rom viele Zeichen und Wunder gesehen und ein etruscischer
Haruspex sie auf Königsherrschaft und Sclaverei gedeutet. *♦'■')
Die Könige erschienen , Octavian als Consul an der Spitze,
von seiner prutorisclien Cohorte und einer Legion begleitet-
eben so am nächsten und dritten Tage Antonius und Lepidus. ^'')
Die Stadt füllte sich mit Bewafl'neten , welche sich an den ge-
eisnctcn Orten aufstellten. Cäsars schreckliche Todtenfeier
wurde vorbereitet, zunächst aber sollte das Volk die Theilung
seines Erbe genehmigen. Ohne die übliche Frist von drei Nun-
dinen bestätigte es auf den Antrag des Tribuns P. Titius^^) ein
Gesetz, worin es den Triumvirn auf fünf Jahre die angemasste
Gewalt verlieh. ''-) Man musste ihnen glauben, dass diese das
Beste des Staats bezwecke, sie bitten, sich den Wünschen ihrer
Mitbürger zu fügen , und durch Freudenfeste ihnen danken. '^)
So traten sie am 27. November 43 v. Chr. 711 a. u. ihr Amt
an, um es bis xum letzten December 38 — 71G zu verwalten,
C8) Der«. 4, 502. Dio 47, 15. 69) App. 4, 591. Dio 47, 2. 70)
App. 4, 592. Dio 47, 1. 2. Oros. C, 18. Zoiiar. 10, IG. 71) §. 49. A.
28. 72) App. J. c. Dio 47, 2. 73) Dio I. c. Vaillant. Aeuiil, No. 30.
V. ANTONII. (14. §. 54.) 371
ex a. »1. V. Knl. Dcc. ad pr. Kai. Jan. Sext. "^' Die sechsten
Calcnden des Januar sind der I. Jan. des sechsten Jalircs, wie
die ersten Idus des AFärzcs hei Cicero "^^ die nächsten Idus oder
der 15. März des laiifendcn Jahres. Am 1. Januar 37 — 717
würde darnach das Triumvirat aufgehört hahen, und da die
Fferrschcr dicss nicht wollten, so niuss man nach den Fasten
annehmen, dass sie es a. 38 auf 5 Jahre verlängerten. Wenn
fprner dieser zweite Zeitraum am I. Jan. 37 — 717 begann,
so endigte er sicli am letzten Dccember 33 — 721 und am 1.
Jan. dieses J. als Octavian sein zweites Consulat iihernahm,
war er allerdings noch Triumvir. ^'') Die Scliriftsteller stimmen
hier aber nicht mit den Fasten üherein. Nach Ajtpian ''') und
Dio**) erfoltrte die Verlängerung erst a. 36 — 718 bei der
Zusammenkunft des Octavian und Antonius zu Tarent, und
daraus erklärt es sich, dass jener ^'•*-' bei d. J. 33 bemerkt, es
seien noch 2 Jahre der zweiten Pentaetie übrig gewesen. Es
ist aber eben so wenig glaublich , dass die Drei über ein Jahr
im Besitze ihrer Gewalt blieben , ohne vom neuen von dem
Volke bestätigt zu sein, als dass sie diese Bestätigung fiii- über-
flüssig hielten; in beiden Fällen wären sie Tyrannen gewesen,
und sie wollten für Magistrate gelten. ^^) Uebrigcns setzten sie
nach dem Beispiele Cäsars, welcher es sich zuerst erlaubt hatte,
ihr Bild auf die Münzen, ^^) mit und auch ohne den Zusatz
illvir, dessen sich Octavian bald enthielt; auch findet man die
Köpfe und Namen von Octavian (Cäsar) und Antonius oder Le-
pidus vereinigt. *-) Dem Vertrage gemäss ^'■^) legte der Erste
als Consul nieder und ihm und Pedius folgten für die noch
71) Tab. Collot. bei Pigb, 3. p. 474. Marlian. Annal. a. 710. Grufer.
p. 298. No. 1. Cliish. Ant. Asiat, p. 182 zu Marm. Aucjr. tab. 1. v. 0.
Orell. Inscript. Vol. 1. p. 155. No, 591. V'gl. Noris. Cenot. Pisan. dhw.
2. c. 10. p. 391. EckheJ. C. p. 70. f. Unten §. 63. A. 10. 75) 8 Pbil.
II. 70) App. lUyr. c. 28. Vgl. Pigb, 3. p. 488. ad a. 715. Unten §. 66.
A. 27. 77) 5, 727, 78) 48, 54. Zonar. 10, 24. 7 9) III yr. 1. c. 80)
App. spricht 1. c. in dieser Beziehung von einem Gesetze, u. li. C. 5.
727. läugnet er, dass das Volk befragt sei. 81) Morell. thesaur. August.
Tab. I. No. 4. f. Eckh. 6. p. 34. 37. 72. V^aill. Anton. No. 8. f. Aemil,
Xo. 27, f. 82) Vaill. Aemil. No. 35. Anton. No. 12. 18. 19, Eckb. U.
p. 37. 83) §. 53. A. 13.
24*
372 V, ANTON». (ii, § 55 )
übrigen Tage des Jahrs P. Vcntidius, dessen Prätur auf einen
Aedii übcrgieng, und C. Carrinas.^*)
§ 55.
Bei dem Angriffe auf Leben und Gut ihrer Mitbürger hat-
ten die Triumvirn angeblich keine andere Absieht , als die Ord-
nung im Staate herzustellen , ihn insbesondere gegen die Ver-
schworenen in Scluitz zu nehmen, und Ctisars Tod zu rächen.
Sie heuchelten zu allen Zeiten eine grosse Ehrfurcht gegen den
Dictator,s^J wie später die Kaiser gegen August. Als seine
Rächer fochten sie bei Philippi^''^ und nur seinen Mördern ver-
weigerten sie im Vergleiche mit Sex. Pompejus a. 39 die Rück-
kehr. ^"^^ Vor Anderen hielt diess Octavian für seine Pflicht ; ^^^
Rom hatte mit gutem Grunde Cäsar und Clementia ein gemein-
schaftliches Heiligthum geweiht, ^'•*) und er gelobte im philippi-
schen Kriege dem Mars Ultor einen Tempel , ^") ordnete dann
ein Dankfest A'on der Dauer eines Jahres an,^^) und Hess Sex.
Pompejus a. 36 von Sicilien entfliehen , weil er jetzt überzeugt
Avar, dass er nicht zu den Verscliworenen gehörte. ^~) Antonius
hatte das Andenken des grossen Mannes schon früher durch den
Missbrauch seines Namens geschändet, 93) dann aber mit treuer
Gesinnung gegen seinen Wohlthäter den jungen Cäsar daran
erinnert, was er diesem Namen schuldig sei. '-'i' Das Gaukel-
spiel wurde auch von ihm fortgesetzt, so lange es ihm frommte ;
auch er begnadigte bei Philippi und dann in Asia fast Alle, nur
nicht Petronius und die Uebrigen , welche am 1 5. März das
licben verwirkt und sich erkühnt hatten, den Hochverdienten
einen Tyrannen zu nennen. ^^)
84) Tab. Collot. bei Figh. 3. p. 472. u. Marliaii. 1. c. A'eliej. 2, C5.
Dio 47, 15. Gell. 15, 4. Juvenal. 7. g. F.. Val. Max. (i, n. §. 9. 85)
nio 47, 18. 19. 80) Ders. 47, 12. 87) De«. 4fi, 36. App. 5, 714.
88) Pielfts erga puientcm — ohtenlni sinnpla. Tacil. Ann. 1. 10. Suef
üctav. 10. 15. Flor. 4, 0. §. 2. 89) App. 2, 494. Dio 44, ß. Plul. Cacs.
57. u. d. Münzen. S. Jiilii Caesar Dlct. 90) Mon. Ancyr. (ab. 4. r. 21.
rhish. Aiiti<|. Asiat, p. 174 u. 195. Vellej. 2, 100. Suet. Oflav. 29. Ovid.
Fast. 5 509. 575. 91) Dio 48 y 3. 92) App. 5. 744. 93) Oben §. II.
n\) Ci.v n Phil. 11. VcIIcj. 2, (.5. o-i) App. 5, (i7?i. 074.
V. ANTÖNU. (11. §. 55.) 373
Demnach besagte das Proscriptions -Edict: ^*'J Cäsar sei
von Umlankbarcn erschlagen, ^vt^lchc er begnadigt und mit
Wühltliaten überhäuft habe; statt sie zu bestrafen, habe man
ihnen Provinzen , Heere und Geld gegeben. Sie rüsten gegen
Cüsavs Freunde und gegen das Vaterland, und bieten selbst die
Barbaren auf, die ewigen Feinde Roms. Man müsse ihnen zu-
vorkommen. Einige unter ihnen haben bereits gebüsst, auch
die Uebrigen werden nicht entrinnen. Aber sie haben Anhänger
in Rom, welche nur eine günstige Gelegenheit erwarten, sicli
für sie zu erheben , welche den Triumvirn zuerst den Krieg
angekündigt, sie und ilirc Heere geächtet und damit den Un-
tergang einer unzähligen Menge von Bürgern beschlossen haben.
Diese könne man nicht oline Gefahr zurücklassen; doch wolle
man nur die Strafbarsten züchtigen, und sie vermittelst ößeut-
liclien Anschlags bezeichnen und vorbereiten, zugleich, damit
kein Unschuldiger leide. Niemand also möge diejenigen, welche
das folgende Vcrzeichniss nenne , aufnehmen , verbergen oder
ihnen zur Flucht behülflich sein, bei Strafe, selbst geächtet zu
werden. '■>'') Die Köpfe der Getödteten habe man an die Trium-
virn abzuliefern, ^8) welche für jeden dem Freien 25000 Denare,
dem Sclaven 10000 und überdiess Freiheit und Bürgerrecht zu-
sichern. Dieselbe Belohnung sei den Angebern bestimmt; die
Namen werde man in den öffentlichen Rechnungsbüchern ver-
schweigen. '•''•'-'
In der Nacht nach der Bestäticrunof des Triumvirats wurde
das Edict mit den Proscriptions -Tafeln an vielen Orten der
Stadt angeschlagen, i"OJ und wie jenes im Namen des Lepidus,
Antonius und Octavian erschien, so las man auf diesen, und
zwar auf der ersten Tafel, im Verzeichnisse der Senatoren, in
einer entsprechenden Ordnung zuerst die Namen des L. Paullus
und des li. Cäsar, und auf einer zweiten oder in der Liste der
Ritter und der Uebrigen zuerst die Nauien des Bruders von L.
Plancus und des Schwiegervaters von Asinius Pollio; denn man
trennte die Geächteten nach dem Range, angeblich, um Ver-
96) Ders. 4, 593 f. 97) Vgl. Dio 47,' 7. 98) App. 4, 593. 595.
597. fil4» Dio 47, 3. Lucan, 7. 305. Flor. 4, C. §. 5. Vgl. 3, 21. §. 14.
Zonar. 10, IG. 99) Damit man «las Geld nie zurückfordern könne. Dio
1" 0. riu(. Cato Min. 17 IW) App. 4. ^93-
374 V. ANTOMl. (14. §. 55.)
vechslung zu verhüten. ^) Rom erhielt eine grosse Anzahl von
Schriften ühcr diese Ereignisse, V worin es nicht an Irrthümern
und an ahsiclitlicher Entstellung fehlte. Daher herichtet Orosius,
dass Cicero von Antonius auf der Tafel der Senatoren proscri-
birt sei, ohgleicii er zu den Siebzehn gehörte, und dass man
Toranius als Einen der Siebzehn tödtete , während nach Appian
sein Name auf der zweiten Tafel stand. ■^^ Aus demselben Gründe
sind die Geschichtschreiber niclit darüber einig, von wem und
warum die Consulare L. Aemilius Paullus, der Bruder des Le-
pidus, und L. Cäsar, Antonius Oheim , geächtet wurden. Jenen,
sagt man, verfolgte Lepidus, ^) Aveil er für die Kriegserklärung
gegen ihn gestimmt hatte, ^) und diesen, durch eine gleiche
Beleidigung gereizt, Antonius.**) Aber man meint auch, die
beiden Triumvirn haben ihre Aechtung nur zugegeben , ''J und
wiederum entweder auf Verlangen der CoUegen, Antonius na-
mentlich, weil Octavian nur gegen L. Cäsar ihm Cicero über-
lassen wollte, ^) oder, weil man im Allgemeinen an der Spitze
der Listen Namen bedurfte, welche von einer unparteiischen
und rücksiclitslosen Strenge zeugten, von dem aufrichtigen
Wunsche, den Staat um jeden Preis zu heilen, 'J) während man
sich vorbehielt, so nahe ßlutsfreunde zu retten, oder doch ihre
Rettung nicht zu hindern, und das Letzte ist das Richtige,
nicht bloss , weil jene Consulare wirklich begnadigt w yrden. '">
Auch ein Bruder des L. Plancus war unter den Proscribir-
ten, '0 nicht Cn. Munatius Plancus, praetor a. 43 ^-) welcher
in Gallien unter ihm diente, ^3) sondern ein Anderer, L. Plau-
tius W Plancus, von einem Manne dieses Geschlechts adoptirt. '^)
1) Ders. 4. 595. u. 597. Die 47, 3. Oros. 6, 18. 2) App. 4. 598.
g. E. 3) 4, 690. Oben §. 54. A. 50. 4) Vellej. 2, C7. App. 4, C44.
Flor. 4, 6. Oros. G, 18. Vgl. Liv. 120. App. 4, 502. 610. Plut. Anton.
19. 5) App. 4, 59,. Die 47, 0. G) A. 4. u. (A. Viel.) de vir. ili. 85.
7) Plut. Aiit. 19. Cic. 46. Seiiec. Suasor. 6. 8) Plut. Ant. 19.20. coinpar,
Deirietr. c. An(. 5. §. 54. A. 52. 9) App. 4, 595. 10) Aeinilii Lepid.
f.. Pauli. CU8. 50. u. Julii J„ Caesar coi. G4. 11) App. 1. c. 12) Cie.
«d Farn. 10, 17. 13) Das. 10, 11. 15. Vgl. ad AU. 16, 16. u. oben
$■ 51. A. 43. 14]) Bei den Suhriftütellerii meiiileits Plolius; doch E.
Ovid. Faitl. 6. G85. Uie Münzen balien Pluutius. Vaitl. Plaut. Nu. 5.
wo die Brüder verwechselt werden. Eckh, 5. p. 276. 15) Vgl. VVesBel.
Ohkorv. li. 21. p. 'Si5. u, hier Alunütii.
V. ANTONII. (14. §. 55.) 375
VcIIejus zeigt stets so viel V'orurthcil gegen Lucius , den Statt-
halter in Gallien, Cons. a. 42 dass darnach auch seine Nach-
richt zu würdigen ist, der Namen des Bruders sei auf seine
Bitte in die Liste gesetzt. ^") Dieser Tcrrieth sich in seinem
Verstecke im Salernitanischen durch Salbengcruch, wurde aber
doch nicht sogleich gefunden , und stellte sich den Mördern, da-
mit sie seine treuen Sdaven nicht länger folterten. '^) Lucius
Quintius, der Schwiegervater des Asinius PoUio , entkam nach
dem Meere, und stürzte sich bei einem Sturme in die Wellen. ^^)
lieber die Zahl der Geächteten bemerkt Appian, i^) man
habe die Namen von 130 Senatoren und bald wieder 150 andere
angeschlagen , und häufig neue hinzugefügt , auch um zufällig
oder ohne Befehl verübten Mord zu rechtfertigen. Obgleich
zum Theil dadurch nur Lücken ausgefüllt wurden, welche durch
Begnadigung entstanden, so war doch bei diesem Verfahren eine
genaue Angabe der Zahl schon den Alten nicht möglich. Sie
sprechen von 130, 20J 132, ^U 140,-) und 300 Senatoren, 23;
und von 2000 Rittern. =4)
Als die Tafeln ausgehängt Avaren, wurden die Thore, Ha-
fen und alle Schlupfwinkel bewacht, und Truppen ausgeschickt,
die Schlachtopfer aufzusuchen. -^) Alles geschah gleichzeitig
und plötzlich, und eben so schnell wurden die wildesten Leiden-
schaften entfesselt. Eine solche Zeit der Gährung bringt das
Schlimmste und das Beste auf die Oberfläche und die Extreme
an einander. Alan kann von ihren Erscheinungen nur mit gros-
ser Vorsicht auf den Character eines Volkes oder eines Zeital-
ters schliessen , denn die Möglichkeit derselben ist in der Natur
des Menschen stets und überall gegeben. Der Römer zitterte
Tor der Gattinn , vor den eigenen Kindern , vor Sclaven und
Freigelassenen ; Scliuldner und Nachbaren , welche nacli angrän-
zenden Läudereien gelüstete. Privatfeinde, Alle, für welche das
Blutgeld Reiz haben konnte, wurden als gedungene Henker ge-
16) 2, 67. 17) Plin. 13. 5. (3). Solin. c. 40. Val. Max. 6, 8. §. 5.
18) App. 4, 5Ö5 u, C05. S. Asinii. 10) 4, 593. 20) Liv. 120. 21)
OroB. 0, 18. 22) Flor. 4, G. 23) App. 4, 592. 593. Auf Senatoren
bezieht sich auch die Uestiinraung 2 — 300 bei Pluf. Cic. 46. Brut. 27.
Anton. 20. 24) App. 4, 502. Vgl. Liv. u. Oros. 11. cc. 25) App. 4. SOG.
Die 47, 3.
370 V. ANTONIL (14. §. 55.)
fürchtet , und auf der anderen Seite Familie und Freunde ins
Verderben gestürzt, Mcnii man ihren Beistand annahm. Anch
in den Besseren wurde das Cefülil abgestumpft; wer seinen
Namen nicht auf der Tafel sah , freute sicli seiner Sichcrlicit,
und noch leichter war die Menge versöhnt, da so viel herrenlo-
ses Gut ihr zuhcl. 26) Q, Jjigarius wurde mit einem seiner
Brüder von seinen Sciaven verrathcn;^^) eben so Aterius; -^) Naso
und ^'arus von ihren Freigelassenen. -'■') C. Toranius bat um Frist,
damit sein Sohn sich für ihn bei Antonius verwenden könne,
und erfuhr, dass jener eben auf seinen Tod angetragen habe. 3")
Der Sohn des Prütor L. Villius Annalis führte die Soldaten an
den Ort, wo sein A atcr sich verborgen hatte, und erliielt seine
Güter und die AedilitiLt zum Lohne. ^U Scptimius suchte Schutz
bei seiner Gattinn; sie machte ihn sicher, und überlieferte ihn,
denn sie selbst hatte durch iliren Buhlen , einen Freund des
Antonius, mit welchem sie sich vermahlte, seine Aechtung be-
wirkt.-^-) Aehnliches wird von. den Frauen des Vettius Salassus
und Fulvius berichtet. '■^'^^
Doch findet man auch Beispiele vom Cegentheile, wobei
die von Vellejus ^^3 gemachte Abstufung sich nicht bewährt. Meh-
rere Freunde des berühmten M. Varro wetteiferten , ihn aufzu-
nehmen, und gefahrlos lebte er auf der Villa des Calenus, ob-
gleich Antonius sie zu besuchen pllcgte. ^^^ Marcius wurde durch
seineu Solaven erhalten; '^'^^ Antius Restio durch einen SclaA-en,
welcher von ihm gebrandmarkt war, und um die Verfolger zu
täuschen einen anderen ersclilug. ^^3 Man lies't, dass Sciaven
die Folter ertrugen, ohne den Aufenthaltsort ihrer Herren an-
zugeben , 38) oder deren Kleidung anlegten und für sie starben,
unter Anderen für Menenius sa) und für Urbinus , *") oder die
20) App. 1. c. u. 597. G44. Nepos Attic. 11. 27) App. 4, COl. S.
Julii Caesar Dict. a. 44. 28) App. 4 , COO. 29) Ders. Ü04. C05. 30)
Ders. 599. Val. IVIax. 0, 11. Oben §. 54. A. 50. 31) App. u. Val. Max.
11. cc. 32) App. Gü2. 33) Ders. Ü03. Val. Max. 1. c* 31) 2, C7. Vgl.
App. 4. 597. u. CIO, 35) App. GIG. Vgl. Die 47, 11. 36) App, 014.
37) Ders. 1. c. Dio 47, 10. Macrob. Sat. 1, 11. Val. Max. G, 8. 38)
Oben A. 17. 39) App. 014. DIo 1. c. 40) Dio Macrob. Val. Max. II. rc.
Zoliar. 10, 17. Scnec. ilo benef. 3, 25. A^u GM. erzählt Gleiches von
einem !)claven des AppiiLS.
V. ANTONII. (14. §. 55.) 377
Mörder tödtctcn und dann sich selbst. **) Gleiche Treue hewie-
seu Pliilopocmcn gegen seinen ehemaligen Herrn T, Vinius, *2)
und die Freigelassenen des Ventidius ^^) und Labienus. **) Ein
CJeächteter , welcher sein Schicksal nicht kannte , g'eng den
Soldaten entgegen, um sich für seinen Bruder aufzuopfern, ^^-^
und Vcllejus (lachte nicht an die Söhne des Egnutius, Aruntius,
Q. Cicero, llosidius Geta, Oppius, Arrianus u. A. ^^) als er
schrieb, es finde sich kein Beispiel kindlicher Liebe und Treue.
Auf der anderen Seite mochte Octavius Baibus nicht leben, als
er glaubte , sein Sohn sei ergriffen. '*^J Auch wurden Mehrere
von ihren Gattinnen mit eigener Lebensgefahr verborgen , ge-
rettet, oder auf der Flucht begleitet, *s) Q. Lucretius, Cons^
19 V. Chr. von Thuria,^^) Lentulus Cruscellio von Sulpicia, ^o)
T. Vinius von Tanusia , ^0 M' Acilius Crassus , ^2) Ligarius, ^^)
C. Antistius Rheglnus , Appulejus und Coponius. ^^) Selbst die
Krieger, welclie sich zu Henkern herliehen, schonten zuweilen
aus Mitleiden oder Achtung , oder fiir höheren Lohn. ^5) -
So entkamen Viele mit treuer Hülfe oder dui'ch einen
glücklichen Zufall über das Meer^''-' zu M. Brutus und Cassius,
zu Q. Cornificius nach Afrika, oder zu Atticus nach Epirus,
die Meisten jedoch zu Sex. Pompejus nach Sicilien. ^^) Mancher
rettete sich durch List und Gegenwart des Geistes; unter Ande-
ren Pomponius, ^s; Appulejus und Aruntius, 5^) M. Volusius *''U
und llebilus. ^i) A'^etulinus sammelte andere Flüchtlinge und
Missvergnügte, und bahnte sich mit beAvaffneter Hand den Weg
nach Sicilien; mit derselben Entschlossenheit vereitelten Hirtius,
Appulejus und Aruntius die Absichten ihrer Verfolger, ^-) -wo-
41) App. G04. 42) Dio 47. 7. Bei App. 614. wird der Herr Junius,
und d. Freigel. Philemon genannt. Suet. Octav, 27. 43) App. 616. 44)
Macrob. Sat. 1, 11. Vgl. App. 604. 45) App. 602. 46) Ders. 601. 612.
613. Dio 47, 10. Zonar. 10, 17. 47) App. 601. Val. Max. 5, 7. 48)
Vellej. 2, 67. App. 4. 610. 49) App. 615. Dio 54, 10. Val. Max. 6, 7.
50) App. 612. Val. Max. J. e. S. Cornelii Lentuli. 51) Dio 47, 7. 52)
App. 611. Oben §. 48. A. 89. 53) App. 602. ^n. 54) Ders. 612. 55)
Ders. 606. 612. u. 617. 50) Dio 47, 9. Flor. 4, 6. 57) App. 610. Dio
47, 12. Zonar. 10, 17. Nepos Attic. 11. Pompeji. Sex. Pompej. 58) App.
615. Val, Max. 7. 3. erzählt dasselbe von Senlius Saturninus Vetulio.
59) App, 1. c. 60) Ders. 610. Val. Max. 1. c. 61) App. 617, .62) Ders.
603. 61 1. 015,
378 V. ANTONII. (14. §. 55.)
gegen das Beispiel des Cestius u. A. beweiset, dass mau aus
Furcht vor dem Tode sich tödteu könne. ^■^) Ais der erste
Sturm vorüber war, setzte man voraus, die Geächteten seien
gefallen oder aus Rom und Italien entflohen; diess gereichte
denen zum Vortheil, Avelche blieben und sich verbargen, bis die
Verhältnisse sicl/, verändert hatten. •'*)
Die Triumvirn begnadigten Einige sogleich, Andere später,
und beförderten sie zum Theil zu hohen Ehreiistellen oder dul-
deten sie doch; dahin gehören Q. Lucretius, ''^>> M. Valerius
Messala, ö**) M. Terentius Varro,*"^) und Sittius. ^8) Octavian,
von welchem Sueton sagt, dass er unerbittlich gewesen sei,'''')
wie Antonius nach Dios Versicherung nur seinem Oheim ver-
gab, ^") hüb die Acht gegen T. Vinius, Murcus und Publius
tiuf,^') und mancher Edle, welcher sich als Retter gezeigt hatte,
wurde von ihm belohnt, mancher Verräther bestraft.^-) Lepidus
widersetzte sich der Flucht seines Bruders nicht, ^^) und wenn
Antonius oft nur für Geld Namen im Verzeichnisse tilgte, und
andere dafür eintrug , ''*) so verschonte er doch aus besseren oder
anderen Gründen L. Cäsar, Sergius , ^^) T. Pomponius Atticus
und Q. Gellius Canus. ^ß) Dagegen starb jetzt M. Fidustius,
ein Senator, welcher schon von Sulla geächtet Mar. ^'') Auch
Cicero wurde getödtet, und sein Bruder Quintus und dessen
Sohn; sein eigener Sohn war bei M. Brutus. ''^) Die Gesammt-
zahl der Erschlagenen ist unbekannt, '^'■^) Wie gross oder gering
sie auch sein mochte, so lag doch das Grauenvollste dieser Er-
eignisse , das Eigenthümliche ihrer Schrecken nicht in der Menge
der Opfer, überhaupt nicht im Morden au sich, sondern in der
C3) Ders. 604. Dio 47, 9, 64) App. 610. 616 fio. 65) Oben A. 49.
OG) App. 4, 011. 5, 730. Dio 47, 11. Cons. 31 v. Chr. Dio 50, 10. Vgl.
Plul. Brut. 53. u. unten §. 08. in. G7) App. 4, 616. 017. Gell. 3, 10.
Val. Max. 8, 7. §. 3. 68) App. 616. 60) Octav. 27. 70) 47, 8. 71) Dio
47, 7. App. giebt hier wie meistens in diesem Theile seines Werkes die
Namen unvollständig. 4, 018. 619. Vgl. 2, 503. 72) Dio 1. c. 73) Der«.
47, 6. 8. App. 4, 010. 7 1) Dio 47, 8. 75) App. 4, C15. 70) Nepos
Atlic. 10. §. 46. fin. 77) Flin. 7. 43. Bei Dio 47, 11. L. Phiiuscioi.
Ein Senator C. Luscius Ocrea und eio Centurio Sullas, L. Luscius,
welcher mehrere Proscribirte lödlete , werden erwähnt Cic. pro Ro»c.
com. 14. u. in Grat, in tuga cund. u. das. Ascon. OrelJii Cic. Oper. Vol.
V. P. II. p. Ol. 7ö) S. Tullii, 70) Dio 47, 13.
V. AiNTOMI. (14. §..05.) 379
Art des Mordeus. Diess erkannte schon Applan; es zeigte sich
ihm nirgends etwas ähnliches, ■weder in der griechisclicn noch
in der römischen Gescliichte ausser unter Sulla. ^^) Dio be-
schäftigt dagegen die müssige Frage, ob Rom jetzt oder in der
Zeit des Dictator mehr gelitten habe. ^0 Er glaubt das Erste,
>veil man das Uebel mit allen seinen Folgen bereits kannte,
Aveil ferner Drei ächteten , unter welchen jeder seine Freunde,
und jeder Freund wieder seine Feinde und seine "Wünsche hatte,
wodurch das Verzeichniss der Verurthcilten inuuer mehr an-
wuchs; weil es unter Sulla nur Anhänger und Gegner gab , jetzt
aber ein solcher Untersphied nicht beachtet wurde, da der An-
hänger des Einen der Gegner der Anderen gewesen sein konnte,
und in diesem Falle, wenn auch Verwandter oder Bruder, sich
Tcrfiilgt sah, und weil bei dieser Verwirrung um so mehr, mit
und ohne Absicht, Verwechselungen Statt Huden mussten, dalier
der V. Tribun M. Varro öffentlich A^on seinen Namen «i-enaue
Kunde gab, um nicht für einen Anderen zu sterben. ^2) Eine
Vergleichung, wodurch ein Mehr oder Weniger ermittelt werden
soll, ist ganz unstattliaft. Auch jetzt war es der Anschlao-,
welcher mit Entsetzen erfüllte, die feierliche und doch völliir
willkührliche Bezeichnung der Schlachtopfer, die Veränderung-
und Ergänzung der Listen, und der Auftrag an Rom, das Ur-
theil selbst an sich zu vollziehen. Ein ganzes Volk wurde von
der Todesangst gefoltert , und zum Meuchelmorde geduno-en.
"Wer auf den Tafeln genannt war, hatte die Gewissheit, dass
er fallen, Aver nicht genannt war, keine Bürgschaft, dass er
nicht fallen solle , und überall , auch am eigenen Heerde , glaubte
er seinen unbekannten Henker zu erblicken. Zu dem Morde
gesellte sich demnach, jetzt wie unter Sulla, die Furcht, der
Zweifel an der Ti'eue der Nächsten, der Schmerz über empö-
renden Argwohn, die Reue, Familienhass, die Zerrüttung des
Vermögens durch dessen Einziehung oder durch Plünderunc.
und der gefahrvolle und hülfslose Zustand der Flüchtlinge, die
Nothweudigkeit, in Lagern Schutz zu suchen, wo man zum
8U) 4, 589. Vgl. Senec. Suasor. G. Civilis sanguinis Sullana sitis
in ciiilale redil , et ad Uiumviralem hastain pro v ecli <^ulibus civium
romanorum mortes locantur. S. Comelii iiullae. 81) 47, 3. f, 82) Der«,
47, 11. üben A. 67.
380 V. ANTONII. (14. §. 56.)
Bürgerkriege rüstete, oder in Gegenden, welche die V' erfolger
als Sieger oder diircli ihre Seiidiinge leicht erreichen konnten,
und bei Provincialcn und Bundesgenossen , ■welche mit geheimer
Freude die grosse Rauberliöhle in Aufruhr, und die stolzen Opti-
maten, ihre Dränger, in Verzweiflung sahen.
In diesen Schreckenstagen triumphirte L. Plancus am 29.
December über Gallien, und Lepidus, welchem diese Auszeich-
nung früher vom Senat beschlossen war, ^3) am 31. December
über Spanien. 8*) Die Krieger in ihrem Gefolge erinnerten in
Spottliedern an die Proscription ihrer Brüder, s^) Mit diesem
Aufzuge bringt Appian ein Gebot in Verbindung, welclies sicli
vielmehr auf den 1. Januar bezog: man sollte bei Strafe der
Acht den Anfang des Jahres wie gCAVÖhnlich als ein Freudenfest
feiern. ^6) Demi der Staat war gerettet , und vielen Römern
durch die Fürsorge der Triumviru das Leben gesichert oder
durch ihre Milde erhalten , weshalb der Senat diesen eine Bür-
gerkrone zuerkannte. ^'''> Auch verfügten sie die Erbauung eines
Serapis- und Isis -Tempels, s^) wodurch sie der Menge schmei-
chelten , für welche dieser fremde Götterdienst stets einen gro-
ssen Reiz hatte. ^"^
§ S6.
Das Consulat war für das J. 42. von Cäsar L. Munatius
Plancus und D. Brutus bestimmt. Für den Letzten trat nacli
einem Beschlüsse der Triumvirn '•'"-^ M. Lepidus ein , welcher
83) §. 29. A. 43. 84) Fast. capU. Vellej. 2, C7. App. 4. 607. Vaill.
Aemil. No. 27. 85) Vellej. 1. c. 80) Dio 47, 13. Vgl. Ovid. Fasl. I.
175. Plin. 28. 5. (3.) 87) Dio 1. c. 88) Ders. 47, 15. 89) Tertull.
adv. nat. 1 , 10. Der Senat liess die von Privatpersonen errichteten Ca-
pellen jener Gottheiten wiederholt niederreissen , schon 219 -v. Chr. \'al.
Max. 1. 3. a. 54. Dio 40, 47. u. das. Fabricius, und a. 48. Dio 42, 20;
der Cultus dauerte fort, denn ein geächteter Aedil, Volusius, rettete sich
in der Kleidung eines Freundes, welciier Orgiast der Isis war. App. 4.
GIG; a» 28. untersagte ihn Augustus innerhalb der Mauern der Stadt,
Dio 53, 2. vgl. 10, 47. auch Tiberius suchte ihm /u steuern, Joseph.
Ant. 18, 3, §. 4. mit Welchem Erfolge, beweis"! unter anderen die Nach-
richt, dass unter Titus ein Tenipel des Serapis und der Ibis vom Feuer
zerstört wurde. Dio Oü , 21. 00) §. 53. A. 23.
V. ANTONII. (11. g. 50.) 381
diese Würde schon a. 40. gehabt hatte. ^^) Man athmetc freier^
als licpidus, ohne Zweifel am 1. Januar und wohl ohne Gegen-
rede des Octavian , wenigstens ohne eine gleichzeitige und öf-
fentliche, über die Ereignisse dieser Tage, über die Nothwen-
digkeit, die Feinde des Staats zu bestrafen, sein Bedauern äu-
sserte, und zu erkennen gab, dass dieser Zweck jetzt erreicht
und in Zukunft nichts mehr zu fürchten sei.'-*-) L. Plauens
wurde beauftragt, die Krieger zu zügeln; dazu fehlte ihm aber
die Macht und der Muth; nur einige Sciaven wurden aufge*
knüpft, welche in Soldaten - Kleidung geraubt hatten.^^^ Die
Triumvirn wünschten in der That, das Ausehn der Gesetze hei;ff
zustellen, Aveil ihr eigenes Ansehn davon abhieng und sie jetzt
auf scheinbar gesetzlichem Wege erpressen wollten, nachdem die
Raubgier der Veteranen wenigstens für den Augenblick befrie-
digt war. Der Erlös aus dem Verkaufe der eingezogenen Güter
blieb unter der Erwartung. Wohl mochte die Scheu, anf diese
Art Eigenthum zu erwerben, und in Zeiten, wo jeder Erwerb
unsicher, und Reichthum zu zeigen gefährlich war, Manchen
vom Kaufe abhalten, aber die Triumvirn sahen sich nicht des-
halb in ihren Hoffnungen getäuscht , weil nach Appian die We-
nigen , welche boten , Alles um einen geringen Preis erstanden,
oder weil man sie im Gejjentheil durch zu hohe Forderuneren
zurückschreckte, wie Dio meint, sondern weil nach der Plünde-
rung wenig von der beAveglichen Habe übrig war, und die un-
bcMcgliche an die Anführer der Truppen und an andere Anhän-
ger theils verschenkt, theils auf jedes Gebot abgelassen wurde,
welches Dio selbst andeutet."-^*.' ,,
Angeblich fehlten 200 Millionen zur Kriegsrüstung. ^^) Der
Zusage, nach welcher die Frauen der Geächteten ihre Aussteuer,
die Söhne den zehnten und die Töchter den zwanzigsten Theil
des väterlichen Vermögens behalten sollten, ''c) -wurde nicht wei-
ter gedacht, und 1400 reichen Frauen aufgegeben, sich selbst
zu schätzen, und eine zu bestimmende Steuer zu zahlen. Ver*-
heimlichung oder falsche Angaben wurden mit einer Geldbussc
91) Dio 47, 16. Zonar. 10, 18. Suet. Tiber. 5. riin. 2, 31. Obseq.
130. 02) Suet. Ocfav. 27.' §. 54. A. 47. 93) App. 4, 609. 94) Ders.
n07. Dio 17, 11. 17. Plut. Anton. 21. 95) App. 1. c. 9C) Dio 47, 14.
382 V. ANTONII. (14. § 56.)
Verpönt, und Freien und Sclavcn, welche deshalb Anzeige machten,
Beluhnungcn versprochen. "^^ Gern legten Octavia, die Schwester des
Octavian, und Julia, Antonius Mutter, ihr Fürwort ein; Fulvia vcr-
Meigerte es, auch war auf diesem Wege nichts zu hoffen. Daher
wandten sich die Frauen selbst und öffentlich auf dem Markte in der
Volksversanimlung an die Triumvirn. Im Namen der Uebrigen
sprach Hortensia, die Tochter des Redners, dessen Geist sich nur
äfif sie,' nicht auf ihren Bruder Quintus vererbt hatte: grosses
Unglück habe sie bereits durch die Aechtung der Ihrigen betrof-
fen; ^^) jetzt wolle man ihnen auch Ihr Vermögen nehmen. Sie
Seien sich jetzt keines Unrechts gegen die Herrscher bewusst.
Frauen zu besteuern, weil man Krieg führe, sei unerhört; wenn
ihre Mütter zu den Bedürfnissen des Staats beigetragen haben,
So haben sie einen Theil ihres Schmucks geopfert, aber nicht
ihr Eingebrachtes, nicht gezwungen, und nicht zum Bürger-
kriege. So Appian. Was auch der Inhalt der Rede gewe-
sen sein mag, sie missfiel denen, an welche sie gerichtet
war, erregte grosse Theilnahme bei dem Volke, und hatte die
Folge, dafss man nur 400 zur Zahlung zwang, 9^) und sich auf
andere Art Ersatz verschaffte. Kein Stand, weder Bürger noch
Fremder, weder Freigeborner noch Freigelassener wurde mit Ab-
gaben verschont. Der Herr entrichtete von jedem seiner Scla-
Ven 25 Denare. 'oo) Wer mehr als 100,000 Sestertien bcsass,
ftiusste es anzeigen, und 50, oder nach Die 10 Toni 100, und
die Einkünfte eines Jahres als Kriegsanleihe steuern; oft aber
wurde unter dem Vorwande unredlicher Schätz»ing das Ganze
eingezogen, '3 und selbst der Tempel der Vesta gewährte keine
Sicherheit für das Geld, welches man darin niederlegte. "-) Eben
80 wenig rettete man dadurch, dass man sein ganzes Eigenthum
hingab und dann den dritten Theil zurückforderte, welches ge-
stattet wurde; denn der Anschlag Avar so niedrig und die Will-
kühr so arg, dass man wenig oder nichts erhielt. ^-^ Von ver-
97) App. 4, C07. G08. vgl. 592. u. fi'Iö. Plut. I. c. Va/. Max. 8, 3.
98) Auch llor(eii8ias BruJcr, welcher bei M. Hrutus war, wurde proscri-
birt. S. Hurtensii. 99) App. 1, 009, Quintil. 1. I. §. C. Valer. Max. I.
c. 100) App. 5. 710. Dto 47, Ifi. loten §. CO. A. 83. 1) App. 4, C09.
Vgl. 592. u. 615. Dio 1. c. 2) IMuf. Anton. 21. 3) Dio 47, 17. Zonar.
10, 18.
V. ANTONII. (11. §. 56.) 383
micthetcn Iliniscrn ferner trieb man in Rom und in Italien über-
haupt die Micthc eines ganzen Jahres ein, und von solchen,
welche der Besitzer seihst bewohnte, die Hälfte nach einer Ab-
schätzung; wer Landgiitcr hatte, verlor die Hälfte ihres jährli-
chen Ertrags: ^) für die Schiffe Avurden Sclavcn gepresst, auch
von solchen, welche sie kaufen mnssten, und die Senatoren sa-
hen sich genöthigt, auf eigene Kosten für die Erhaltung der
Landstrassen zu sor^^en. ^) Der Verkauf der eingrezoorenen Gü-
n"
)gen(
ter dauerte noch nach den Sclilachten von Philippi fort, 6) ob-
gleich sehr viele als Geschenk oder um ein Geringes den Anfüh-
rern der Truppen zufielen , welclie man übcrdiess mit den er-
ledigten Aenitern abfand. '>* Den anderen Kriegern bewies man
durch die Ernennung von Landmessern , dass ihre Versorgung,
in Colonien vorbereitet werde; die Städte, in welchen sie über-
winterten, mussten sie unteriialten, 8) und wagten es nicht, sich
gegen ihre Anmassungen aufzulehnen ; diese aber dauerten fort,
auch als sie nicht mehr morden und plündern durften; insbe-
sondere wussten sie es zu erzwingen, dass man sie zu Erbea
einsetzte. ^)
Auf diese Art Murde die Republik neu gestaltet und den
Pflichten gegen Cäsar genügt, welches die Triumvirn fortwäh-
rend durcli "Wort und That als den Zweck ihrer Verbindung
und der Prcscription bezeiciineten , i") weil eben nichts näher
und bequemer lag, ihre Herrsclisucht zu verbergen. Sie reinig-
ten den Staat von seinen Feinden, wofür sie die ihricen cr-
klärten, und gaben ihm aus Achtung gegen Cäsar die von ihm
begründete Verfassung, weil dann die von ihm ausgeübte Ge-
walt auf sie übergieng; sie elirten und erneuerten sein Anden-
ken, damit der Krieg, dessen si^ zur Befestigung ihrer Macht
bedurften, sich in einen Racliekrieg für ihn und für den Staat
verwandelte. Demnach schwuren sie, und auf ihren Befehl auch
die übrigen Römer, am 1. Januar 42 die Gesetze des Dictator
zu beobachten und seine Einrichtungen zu erhalten, ") das erste
Beispiel einer jährlicli an jenem Tage wiederholten Huldigung,
4) Dirt 47, 11. Zon. 10, 17. 5) Dio 47, 17. 6) App. 5, 677. 684^
7) Dio 47, 14. 19. Zoii. I. c. 8) Dio I. c. 9) Dera. c. 17. App. 4, C09.
10) §. 55. in. 11) Dio 47, 18. Vgl. §. 10. A. 87.
384 ' V. ANTONII. ( 14. §. 57.)
welche während der Monarchie Statt fand,'-) von Tiber jedoch
abgelehnt '•*) und schlccliten Kaisern nach ihrem Tode versagt
wurde. A*) Man sollte mit Lorbcern bekränzt und unter Frcu-
dcnsbezeuguiigcn seinen Geburtstag feiern, oder verflucht, der
Rache des .Jupiter und Cäsar verfallen sein, und der Senator
oder dessen Sohn 250,000 Denare zahlen. ^^^ Dagegen wurde
der Tag seines Todes zu den unglücklichen gerechnet, die Cu-
rie des Pompejus, in Avelcher er ermordet Mar, geschlossen, und
auf dem Markte ihm eine Capelle errichtet. '^) Bei jeder Sup-
plication ferner sollte man zugleich für seine Siege Dankopfer
bringen, ^^-^ und bei den circensisclien Spielen sein Bild mit dem
Bilde der Venus im Aufzuge zeigen, bei Leichenbegängnissen
aber es nicht melir vortragen, Aveil er jetzt ein Gott sei. ^^)
Alle' älteren Ehrenbesclilüsse wurden bestätigt. ^9)
§ 57*^)
Man erwartet, wenn man jetzt den Blick auf das Meer und
auf die Provinzen richtet, die Mörder Cäsars, welche allein
noch stark genug waren, ihre That zu vertreten, mit Sex. Pom-
pejus in Sicilien eng verbunden , ihre zalilreichen Flotten verei-
nigt und Italien mit seinen Legionen wie mit einem Netze um-
strickt zu sehen. Die Seemaclit der Triumvirn war inibedeu-
tcnd , aber man benutzte es nicht , oder nur für untergeordnete
Zwecke, Denn Pompejus dachte auf einen Vergleich , auf seine
12) üio 51, 20. 53, 28. 13) Ders. 57, 8. 58, 17. Tacit. Ann. 1,
72. Sucton. Tiber. 2G. u. G7. 14) Dio 59, 0. GO, 1. 15) Dio 17, 18.
Ueher das Zusammentreffen dieses Fesfes mit den Apollinar - Spielen s.
Julii Caesar Dict. in. 16) Oben §. 10. fln. 17) Das. 18) Dio 47, 18.
19. Vgl. §. 15. A. 39. u. 47. 10) Dio 47, 18.
*) Wir haben jelzf dii- Zeit erreicht, in welcher Cicero starb, der
Dritte und Letzte unter denen, welche auf dem Tilei dieser Schrift
genannt werden. Indess ist hier zur fesleren l^egründung eines L'r-
theils über Anfonius dessen Geschichte in einer gedrängten leber-
sidit hin tu seinem Tode foiiipoführt , wobei der Geschichte anderer
Geschlechter vorbeliaiten wird, was ihr näher angehört, oder doch
nur iu ihr tolles Licht gewinnt.
V. ANTÜNII. (14. §. 57.) 385
Herstellung ; Sicilien war ihm die Brücke , welche nach Rom
führte, dessen Thore ihm der Hunger üftnen sollte. Sie konn-
ten sich aher nur öfthen, •wenn er seinen sichern Zufluchtsort
verliess, yenn er in Italien wagte und siegte, nicht jetzt, aber
während des Feldzugs von Philippi und später. Er mochte sich
nicht einer verfolgten, nacl» Rache dürstenden Partei in die Ar-
me werfen, einem Volke, welches durch die Hemmung der Zu-
fuhr von ihm zur Verzweiflung gebracht wurde und bereit war,
ihn als Retter zu empfangen , weil es ihn nicht als den ersten
Urheber seiner Leiden betrachtete; nicht kämpfend, sondern durch
das gewiclitige Fürwort der Menge, welche nach Brodt schrie,
wollte er sich den Weg nach Rom bahnen. Der Erfolg schien
ihm gewiss, wenn er sich nur in Sicilien behauptete, und dicss
hoffte er um so mehr, da Üctaviau nach einigen fruchtlosen
Versuchen, auf der Insel zu landen, welche zu seinen Provin-
zen gehörte, ~^J mit Antonius nach dem Osten gieng.
M. Brutus und C. Cassius verstanden es eben so venig,
von ihrer Flotte Gebrauch zu machen. Nur eine Abtheilunjr
war unter L. Statins Murcus bei Brundusium aufgestellt, und
überdiess ohne ihren Befehl; sie vermochte die Legionen nicht
zurückzuhalten, welche nach Philippi eilten. So waren die Be-
freier auf ihr Heer angewiesen; ihre Schiffe sicherten ihnen nur
noch Zufuhr und Flucht. Auch diess war freilich von grosser
Wichtigkeit, und übrigens hatten sie jedes Mittel angewandt,
ihre Streitkräfte zu vermehren, gewaltsame Aushebung, Raub
und Erpressung. Dass sie dennoch im Herbste a. 42 unterlagen,
war das Werk des Antonius. -^) Sein erfinderischer Geist, seine
Entschlossenheit und die Schnelligkeit seiner Bewegungen ent-
riss den Feinden den Sieg, während Octavian fast immer krank,
und zum Theil unter diesem Vorwande , nur dem von ihm ge-
gebenen Anstosse folgte. Es wurde anerkannt; er galt seit die-
sen Tagen für den ersten unter den römischen Feldherrn , 22)
obgleich Octavian mit Uebergehung seines Namens das Verdienst
des Sieges sich allein zuschrieb , und als Augustus keinen Wi-
derspruch fand. 23J Bei Philippi wurde auch überPompeJus ent-
20) §. 53. A. 19. S. Pompeji. 21) S. Junii Bruti u. Cassii. 22) App.
5. 679. 701. 705. PJut. Ant. 22. 23) Mon. Ancyr. tab. 1. v. 9. bei Chisb.
Antiq. asiat. p. 172. Morell. tliesaur. August, tab. 45. No. C. 7.
Dniniann. Geschiclite Roms I. 25
386 V. AXTONII. (14. g. 57. j
scliicMlen; er war von jetzt au olincrachtct seiner Maclit nur
noch ein Abenteurer, weil er allein stand, und seine (iegner
die Mittel hatten, sich eine Flotte zu verschaffen. ^«J Da man
mit Römern gefochten hatte, und fast allgemein Frieden und
Versöhnun«- wünschte, so machte es ferner einen günstigen Ein-
druck , dass Antonius weit mehr Milde und Grossmuth zeigte,
als Octavian. --')
Sie entliessen die Truppen, deren Dienstzeit verflossen w.ir,
his auf 8000, welche auf ihren eigenen Antrag im Felde blic-
hen lind in die prütorianisclien Cohorten aufgenommen muf-
den. -'■' Den Abgang ersetzten etwa 11000 Mann vom Heere
der Besiegten und die Mannschaft in den festen Plätzen, wel-
rlic sich ergaben; -'') aber auf diese Krieger war nicht zu rech-
nen; sie giengen später in Asien grösstentheils zu Labienus
über, mit -welchem sie nntcr Brutus und Cassius gefochten hat-
ten. '^^ Vor den Schlacliten bei Philippi zählten die Triumvirn
nach Appian -^^ 19 Ijcglonen und 1.3,000 Reuter, und jetzt II
I.egioneu und 14,000 Reuter; von jenen sollte Antonius zu sei-
nen linternehmungen in Asien ö, und von den Reutern 10,000
erhalten; das Ucbrige verblieb Octavian 3*^^ nebst den beiden Le-
gionen des Antonius, ■welche unter Fufius Calenus in Italien
standen. "^'^
Lepidus war in Rom: dass er im Bunde nur noch gedul-
det werde, konnte ihm nicht unbekannt sein, ^2) und man hoff-
te in der That, gelieime Unterhandlungen zwischen ilim und
Pompcjus zu entdecken und ihn dann auszustossen; sonst aber
^voUtc man ihn vorerst mit Afrika abfinden. •^■^J Die zweite Thei-
lung des Reichs, welche jetzt erfolgte, hat man mitunter mit
dem Vertrage von Brundusium v. J. 40 verwechselt, und zwar
unterscheiden die Alten selbst nicht immer genau. Keineswegs
24) App. 4, 070. 25) Deri. 4, 604. 005. IMu(. Brut. 50. Ant. CO.
Zon. 10, 20. ■ — App. 4. 008. Plut. Bru(. 53. comp. Dion. c. Brut. 5.
Ant. 22. comp. Demetr. c. Ant. 2. Val. Max. 5. 1. §. 11. Suet. üct. 13.
20) App. 5, C72. 27) Der«. 1, 008. 28) Die 48, 25. §. C2. A. 58.
20) 4, 052. 30) App. 5. 073. 31) Der». 1. c. u. 077. 083. Die 48, 2.
5. §. 58. A. fl. 32) App. 5, 003. Dio 18, I. 22. 33) App. .■». 072. l)io
48. I. Tuten §. 50. A. 14. f. Leber die erste Theilimg vgl. }. 53. A.
1«. f.
V. ANTÜNII. (11. §. 57.J 387
MlJcte das ionische Meer die Grunze zwischen dem Gebiete dcK
Antonius und Octavian , so dass jener beherrschte, was östlich
lag, obgleich diess angedeutet wird;^*) Antonius sollte in den
Ländern, welclie man den VerschM'orcnen entrissen hatte, zur
Befriedigung der Heere Geld erpressen, und Octavian unter die
Veteranen in Italien Acker vcrthcilen; ^5) so war man im Be-
sitze , aber gemeinschaftlich und mit einem guten Scheine ; das
Weitere übcrliess man der Zukunft, um sich nicht zu binden
und sich nichts einzuräumen; am wenigsten mochte Antonius
Italien entsagen , Rom , dem Einflüsse auf Senat und Volk, und
überdiess war die Befreiung der Römer der Zweck, des Kampfes
gewesen, man konnte sie sich nicht als Beute überweisen. '^'0
Obgleich also die beiden Triumvirn über das ganze Reich ge-
boten, Sicilicn und die andern Inseln ausgenommen, welche in.
der Gewalt des Pompejus waren , so betraf die förmliche Thei-
lung doch" nur einzelne Provinzen: Octavian ^^^ übernahm Spa-
nien und die neue Provinz Afrika , und Antonius beide Gallien
und Altafrika (Carthago). ^^) Dazu stimmt nun auch, dass es
von Manius und anderen Antonianern als eine Verletzung de»
Vertrags gerügt wurde , wenn jener nach einem Beschlüsse des
älteren Cäsar das cisalpinische Gallien für frei erklären wollte,
um es dadurch seinem Collegen zu entziehen. 3^)
Der Charactcr der Triumvirn berechtigte V^arro, welcher
bei Philippi getödtet wurde, den Untergang des Antonius vor-
auszusagen. ^'^) Sein Sieg beschleunigte ihn; in eben dem Ma-
sse, als die Dinge sich entwickelten, vei-lor er sein Ziel ans
den Augen. Nur noch Pompejus stand zwischen ilini uii 1 Octa-
vian; er niusste jenen entweder retten, oder sich zu einem
Kampfe auf Tod und Leben vorbereiten. Durch das Ge-
schäft, welches er im Osten übernahm, wurde er dem Westen
fremd , und wenn er hier auch durch Legaten Provinzen ver-
walten Hess, so sank er doch selbst zum Statthalter herab, Aväh-
rend Octavian über Rom gebot, durch Senat und Volk gar
leicht auch ihm gebieten, und wenn er nicht gehorchte, eine
34) Liv. 125. Veliej. 2, 74. Suet. Oct. 13. App. 1. c. Pluf. Ant. 23.
Eutrop. 7. 3. (2.) 35) |Liv. Suef. II. cc. S. unten §. 58. A. 8. 36) Dio
48, 2. 37) Welchem Eutrop. 1. c. Gallien giebt. 38) Dio 48, 1. 21. 22.
Zonar, 10, 21. 39) App. 5. 672, f.83. 084. 40) Vellej. 2. 71.
25 *
3SS V. ANTONII. (14. §. 57.)
zweite Kriegserklärung gegen ihn erzwingen konnte. Zwar hat-
te Sulla bewiesen , dass man auch jenseits des Meers zur Un-
terjochung Italiens Kräfte zu sammeln vermöge, aber es wurde
ihm doch schwer genug, selbst IMännern ohne Talent die Zügel
wieder zu entreissen, und Antonius durfte am wenigsten hoffen,
dass er die Früchte eines in Asien geführten Krieges in Rom
erndten werde; denn dazu war erforderlich, dass die Gefahr ihn
aufsuchte, dass eine äussere Nöthigung ihn immerfort in Thä-
tigkeit erhielt und seiue Sinnlichkeit keinen Spielraum fand.
Nach den Siegen des Ventidius hieng die Fortsetzung des Krie-
ges mit den Parthern von seiner Willkühr ab , und wenn er
die Wahl hatte zwischen Anstrengung und Genuss, so wählte
er diesen. Bei einer solchen Schwäche war Griechenland mit
seinem AVeihrauch und Asien mit seinen Lüsten ein schlüpfri-
ger Baden für ihn, auf welchem er straucheln musste, auch
wenn Cleopatra ihm fern blieb. *U
Die Befreier hatten ihren letzten Krieg mit dem Gelde
Asiens geführt , und es sollte auch ihren Feinden die Kosten
ersetzen. Diese versprachen jedem ihrer Soldaten bei Philippi
5000 Denare , dem Centurio das Fünffache , dem Tribun dop-
pelt soviel als dem Centurio , *-) und Antonius übernahm es,
das Geld herbeizuschaffen, avozu er bei seinen eigenen grossen
Bedürfnissen, welche ihn selbst zum Falschmünzen vermoch-
ten , *^) sich am wenigsten eignete. Er begab sich von Philip-
pi nach Griechenland , und fand auf dem Wege , auf der Insel
Thasos , einer Niederlage der Verschworenen , bedeutende Sum-
men und Vorräthe. **^ In Athen, RIegaris und sonst zeigte er
sich wohlwollend und freigebig: gegen die Griechen und als
Freund der Wissenschaften. ^^J Doch war sein Aufenthalt nur
von kurzer Dauer; zum Statthalter in Achaja ernannte er L.
Marcius Censorinus , welchen Cicero als einen der Schlechtesten
unter seinen Genossen schildert. *<»)
a. 41. Auch die Griechen in Asien kannten ihn bereits,
und empfiengcn ihn in Ephcsus mit einem feierlichen Aufzuge
41) Plut. Ant. 21. 42) App. 4, 650. Dio 4«, 30. Plut. Ant. 23.
Zon. 10, 22. 43) IMin. 33. 40. (9.) 44) App. 4, C69. 45) Plut. 1. c.
Vgl. App. 5. B7.5. -IG) Plut. 24. Tuten §. 61. in. u. §. 72. A. 60. f.
V. ANTON«. (14. g. 67.) 3^9
als Bachus. *') Man Fioifte dadurcli Bedrückungen abzuwenden,
und so schien es, als er im Artemisium opferte, seinem Asyl
einen grösseren Umfang gab, xmd die Flehenden in ihm bis auf
den Verschworenen Petronius und (Juintus, welcher DolahcUa in
Laodicea verrathen hatte, begnadigte. ^**) Wie sehr es ilim aber
auch schmeichelte, sich als Gott geehrt, und die Musiker, Mi-
men und Possenreisser, welche ilim aus Italien gefolgt waren,
von den asiatischen übertroft'en zu sehen,*'-*) so vergass er doch
den Zweck seiner Reise nicht. Asien galt auch ihm für uner-
schöpflich , ^^) obgleich er wusste , wie viel es durch Brutus und
Cassius gelitten hatte. Den Abgeordneten der Städte , Avelche
ihn in Ephesus begrüssten, pries er es als ein Glück, dass man
von ihnen nicht, wie in Italien, zur Befriedigung des Heers
Haus und Hof fordere , sondern nur Geld , so viel als die
Verschworenen von ihnen erhalten haben, ^') einen zehnjährigen
Tribut in einem Jahre zahlbar. Auf ihre Bitte enuässij;te er
diess auf einen Tribut von 9 Jahren , welcher in 2 Jahren ent-
richtet werden sollte.^-) Seine Unterfeldherrn und Günstlinge
behielten aber einen grossen Thcil für sich, und er verlangte,
dass die Provincialen den Ausfall deckten, "weshalb ihm Hy-
breas sagte : du hast 200,000 Talente von Asia empfangen,
wenn du uns zweimal in Einem Jahre besteuern willst, so musst
du uns auch zweimal Sommer und Herbst schaffen können. ^^)
Anaxenores, einem Cytherspieler , gab er Soldaten, den Tribut
von vier Städten zu erheben , ^*) und wer sonst irgend zu sei-
nem Vergnügen beitrug, sei es auch nur durch ein gut zube-
reitetes Gericht, der wurde mit Häusern und Gütern beschenkt.
So sorgte er eben so wenig für seinen Vortheil als für die Pro-
vinz , und ohne Geld kam er a. 40. nach Italien zurück. An
Erfindsamkeit es zu erpressen fehlte es ihm nicht , und auch
nicht an Gelegenheit. Während er in Vorderasien umher reis^te,
suchten Fürsten und freie Städte die Vermehrung oder Bestäti-
gung ihrer Rechte, Anerkennung, Vergrösserung ihres Gebiets
oder andere Vergünstigungen bei ihm, und diese mussten mei-
stens erkauft werden, wenn nicht etwa eine schöne Frau es an-
47) Plut. 1. c. §. 62. A. 92. 48) Slrabo 14, 641. App. 5. 673. vgl.
4, 625. 49) Plut. 1. c. 50) Dio 48, 30. .'51) App. 4, 632. 52) Der«.
5, 674. 52) Plut. i. e. 54) Slrabo 14, 648. Plut. 1- c.
390 V. ANTON«. (14. §. 57.)
«lers wandte. ^^^ Doch verzieh er auch jetzt den Anhängern der
Gegenpartei, wenn sie niclit an Cäsars Ermordung Tlieil ge-
nommen hatten, selbst Lucius Cassius, dem Bruder des Ver-
schworenen; der Ruf seiner Milde crmuthigte sie, sich ihm zu
nähern."'''^ Den Städten, welche von Brutus und Cassius am
meisten beraubt oder sonst gemisshandelt waren, bewilligte er
die Freiheit, Immunität, oder andere Städte und Inseln, sie zu
entschädigen und zu belohnen;^') dahin gehören Laodicea, Rho-
dus, Xanthus und Tarsus. 5»)
Von Fürsten umgeben , welche dem Beherrscher Roms ihre
Huldigungen brachten, erwartete er auch Cleopatra, Königinn
von Aegjpten. Sie befand sich in dem letzten Bürgerkriege der
Römer mehr als andere abhängige Dynasten in einer schwieri-
g«n Lage , weil die Grösse und Fruclitbarkeit ihres Landes , ihr
Reichthum und ihre Flotte ihre Mitwirkung ganz vorzüglich
wünschenswerth machte. Es galt, den Thron zu retten, und
ohne Vertrauen zu dem Glücke der Verschworenen hoffte sie
überdiess , als Freundinn Cäsars von den Cäsarianern begünstigt
zu werden. ^^) Deshalb unterstützte sie Dolabella gegen Cas-
sius; *'") ohne ihr Wissen erhielt dieser Schiffe von Serapion,
ihrem Statthalter in C/prus, ^') und nach Dolabellas Tode rü-
stete sie für die Triumvirn; Cassius war im Begriff, nach dem
Nil zu gehen, als Brutus ihn nach Vorderasien rief, und er nun
Statins Murcus nach der Südküste des Peloponneses schickte,
die Königinn von den Feinden abzuschneiden. ^-) Die Sclilach-
ten bei Philippi endigten ihre UngeAvissheit, aber sie hatte nur
55) App. 5. C75. Dio 48, 24. Martial. 11, 20. Glapliyra, die Mutter
des Archelaus. Dio 49 , 32. Unten §. 6C. A. A. 2. Bereits in Dithy-
nien erreichten Antonius Gesandte der Juden, welche gegen Phasaelus
und Herodes , die Siihne des Iduniaers Antipaler, um Schutz baten, im
Interesse des von diesen und auch von Antigonus, dem Sohne seines
Bruders Aristobulns, bedrängten Hohenpriesters Hyrcanus aus dem Ge-
schlechte der RIaccahäer, und der ihm ergebenen Partei der Pharisäer.
Aber aucli Herodes erschien, und bewirkte durch Geschenke, dass sie
kein Gehör fanden. Joseph. Aut. lud. 14, 12. §. 2. B. J. 1, 12.(10.) He-
gesipp. 1, 28. Unten A. 79. f. u. §. G2. A. (»7. f. 5ü) App. 5. 071. S.
Cassii. 57^ App. 5. 075. 58) Vgl. App. 4, ü25. 626. C3I. 635. Dio 47,
.10. 31. 33, 34. 59) App. 4, 624. 632. 60) Ders. 4, 624. 5, 675. Dio
17, .^(t. 31. Ol) App. 4, ''24. 5, C70. flnten A. 72. 02) Der». 4, (532.
V. ANTONU. Ol § 57.) 391
sieh p;e«lient, nicht Cassius, weil ihr Land iluitli lluuj^cr uri«!
Fest litt, nicht den Triumvirn, weil Stürme, die scliuclle ße-
sicf^ung des Dolabella und dann eigene Krankheit sie daran hin-
derten. <'^) Demnach Avar Antonius befugt, Rcchensclialt von
ihr zu fordern , und sie Hess nicht einmal Gesandte an ihn ab-
gehen; diess beleidigte seinen Stolz, und Quintus Dellius ''*>' er-
hielt Befehl, sie nach Tarsus vorzuladen. Er hatte sie a. 55.
in Aegypten gesehen, als er unter fiabinius iliren Vater Ptole-
mäus Auletes in sein Reich zurückführte; ''•"') obgleich sie aber
schon damals seine Aufmerksamkeit erregte , "GJ so w ar dieser
Eindruck doch längst erloschen.
Im Verkehre mit Cn. Pompejus, dem Sohne des Triumvir,
welcher in d. J. 49 und 48. in Aegypten war, und insbesondere
mit Cäsar hatte sie die Macht ihrer Heize bereits auch an llb-
niern erprobt, und DcUius machte ihr bemerklich, dass Anto-
nius ihnen am wenigsten widerstelicn werde. Ohne Zweifel wat
sie schon früher davon überzeugt, und sie entwarf darnach ih-
ren Plan. Nur Noth und Ehrgeiz führte sie in die Arme der
römischen Grossen, nicht die Licl)e, denn sie war unfähig, zu
lieben, und auch nicht die Sinnlichkeit, denn sie fand Befrie-
digung um einen geringeren Preis. Es handelte sicli darum,
ihre Entthronung und Demütliigungen abzuwenden, inid nie war
sie darin glücklicher als jetzt. Sie lieferte ein Scitcnsfück zu
dem Aufzuge von Ephesus. Der Triumvir sass auf dem Markfc
von Tarsus auf dem Tribunal, als sich die Nachricht verbrei-
tete, Aphrodite Anadjomene sei auf einem prachtvoll gesclnnück-
ten Schifte angelangt, um Dionysos zu besuchen; die Menge
eilte nach den Ufern des Cydinis und der Triumvir blieb mii
den Seinigen allein. ^^) Die Angeklagte führte sich als Güttinu
03) Ders. 4, f>2'l. 5, 675. Gl) Plut. Ant. 25. Senec. Suasor. I. m«
seiner unzüchtigen Rricfe an Cleojialra gedacht und bemerkt wird , dasb
IVlessala ihn wegen seines häufigen Rollen -Wechsels dranllor hellorvm
civilium nannte. Vellej. 2. Jbl. üio 49, 39. ^50, 13. 22. Er beschneit
die Feldziige des Antonius und seiner Legaten gegen die Parther. Plut
Ant. 59. u. Strabo II, 523. Unten §. Gl. A. 31. §. C5. A. 50, § 06. A-
95. §. C8. A. 3. 05) Plut. Ant, 3, Dio 39, 58. Vgl. Cic. 2 Phil. 19. u,
Gabinii. 60) App. 5, 075. 07) Plut. Ant. 26. App. 5. 671. 07j. Dio
18, 24. Athen. 4. p. 147. 148. Zonar. lü, 22.
392 V. ANTüXII, (14. §. 57.)
ein, und ihr Richter hatte nicht einmal die Cenugthuung, dass
sie als Gast zuerst bei ihm erschien , denn er Murde von ihr
ziim .Mahl geladen, und ihre Absicht, ihn zu fesseln, sogleich
vollkommen erreicht. Ohne schön zu sein, ^^^ wie auch ihr
IJild auf den Münzen bcAveis't, besass sie alle Zauber einer Buh-
lerinn. Ihr lüsterner Blick, ein sanftes, verfülircrisches Mie-
nenspiel, eine lockende, lieblich tönende Stimme und eine hin-
reissende Anmuth in ihren Bewegungen entflammte die Herzen
mit dem verzehrenden Feuer der Leidenschaft, und sie verstand
es , durch eine üppige und gewählte Kleidung und eine Wollust
athmende Umgebung die Sinne noch mehr in einen süssen Tau-
mel einzuwiegen , und zugleich durch Abwechslung in den Freu-
den Uel)erdruss, durch Fürsten - Stolz und Entwicklung geisti-
ger Vorzüge Verachtung zu verhüten. Doch übersah sie nicht,
dass den Freunden des Antonius die reiche Fürstinn die will-
kommenste war; um sie in ihre Freunde zu verwandeln, befrie-
digte sie nach der Schaulust auch den Eigennutz. "'•')
Antonius zeigt sich in diesem Verhältnisse als der Schwä-
chcrc, aber auch als der Bessere; er liebte Cleopatra; er heu-
chelte ihr nicht Gefühle, welche ihm fremd waren, und brütete
nie über Plänen zu ihrem Verderben , während sie in ihm von
Anfang nur ein Mittel sah. Kaum hatte sie über Fulvia und
deren herrischen und abstossenden Character den Sieg davon ge-
tragen , als sie ihren Entwürfen eine immer grössere Ausdeh-
nung gab. Von jetzt an sollte Antonius seine Macht nur noch
für sie verwenden , um sie von einem Triumphe der Eitelkeit
und des Ehrgeizes zum andern, und endlich als Königinn der
Römer auf das Capitol zu führen. Da er nun aber die zweite
Rolle erhielt, so hieng alles davon ab, wie sie die ihrige spiel-
te, und es zeigte sich bald, dass sie bei einer seltenen Gewandt-
heit in Hof - und Weiber - Ränken doch grosse politisclie Ver-
hältnisse nicht zu beurtheilcn und zu leiten vermochte, und das
Werkzeug selbst verdarb, abstumpfte, verächtlich und verhasst
machte, durch welches sie ihre Absichten erreichen MoUte.
Die erste Gunstbezeugung, welche sie von ihrem Buhlet
forderte, war die Ermordung ihrer Jüngern Schwester Arsinoe.
08) Plut. 27. Ca) Athen, 1. e.
V. ANTONII. (14. §. 57.) 393
Diese war unter Cäsar im alexandrlnischen Kriege von ihren
Fcinilcn gegen sie gebraucht und dann in Rom im Triumphe
aufgeführt; ^") sie wurde in Ephesus im Tempel der Diana ge-
tödtct. ^J) Auf Antonius Befehl überlieferten die Tyrier Serapion,
welcher zu ihnen geflohen war, der Königinn zur Bestrafung. '*V
Auch ein Betrüger in Aradus Avurde ihr übergeben, nach seiner
Behauptung ihr Bruder Ptolemäus , welcher nach seiner Nieder-
lage durch Cäsar nicht im Nil ertrunken sei , und selbst ein
Priester der cphesischen Diana sollte sterben, weil er Arsinoe
als Königinn empfangen hatte, doch wurde er auf die Fürbitte
der Ephesier von Cleopatra begnadigt. '''■^) So schien Antonius
in der Nähe dieser Frau betäubt zu sein , und nur von ihr ge-
trennt fand er sich Avieder, bis sie zuletzt sich seiner so be-
mächtigte, dass es aus weiter Ferne ihn unwiderstehlich zu
ihr zog. Sie reis^te nach Aegypten , '*) nachdem er seinen Be-
such für den Winter zugesagt hatte, und er selbst nach Syrien
um nun auch hier und in den benachbarten Ländern Tribut zu
erheben. Jedoch liess er keineswegs L. Plauens als Statthalter
im vorderen Asien zurück, ^^) denn dieser war in Italien und
übernahm die Verwaltung erst später. ''^O Unter den Städten,
welchen er sich jetzt näherte, versprach Palmyra die meiste
Beute, denn es war durch den Handel unermesslich reich ge-
worden; er beschuldigte es des Einverständnisses mit den Par-
thern und entsandte Reuter, es zu plündern; aber die Einwoh-
ner flüchteten mit ihren Schätzen über den Euphrat und jene
kamen mit leeren Händen zurück. '^O Uebrigens kündigte er
sich auch in diesen Gegenden als Befreier an; die Tyrannen,
welche sich nach Cäsars Tode und von den Parthern unterstützt
in den syrischen S*^ädten die Herrschaft angemasst hatten, wur-
den von ihm vertrieben und retteten sich auf parthisches Ge-
biet; seine Erpressungen bewirkten, dass man sie bald zurück-
wünschte.''^^) Fortwährend erhielt sich Herodes seine Gunst und
durch dieselben Mittel, durch welche er sie sich erworben hatte. '''•'J
70) S. Julii Caes. Dict. 71) Die '48, 24. Joseph. Ant. Jud. 15, 4.
Zon. 1» c. App. 5. 676. nennt dafür den Tempel der Artemis Leucophry-
ne in Miiet. 72) App. 1, c. Oben A. 61. 73) App. n. Die 11. cc. 74)
App. 1. c. 75) Die 1. c. 76) Unten §. 5D. u. 60. fin. 77) App. 1. c.
78) Ders. I. c. n. 677. 79) Oben A. 55.
394 V. ANTOMI. (11. §. 57.)
Seine Gegner schickten hundert Ahgeordnete nach Dajthiic hei
Antiochien, ihn bei Antonius anzuklagen; der schwache Hvrca-
nus, mit dessen Enkelinn Marianme er verloht war, rühmte sei-
ne Verwaltung, und er wurde mit seinem Bruder Phasaelus zum
l'etrarchen ernannt, während fünfzehn jener Juden im Gefiing-
nisse hiissten und nur auf seine Verwendung jetzt noch das Le-
ben behielten. Dann vernalim Antonius in Tyrus , dass tausend
Juden im Begriff seien , ihn in derselben Angelegenheit zu be-
lastigen. Ihre Hartnäckigkeit erbitterte ilm; er Hess sie durch
seine Truppen zersprengen , und befahl nun auch, jene funfzelin
hinzurichten. ^^^
Die ersehnte Zeit der Winterquartiere nahctc heran. An-
tonius vertheilte das Heer, er setzte Lucius Decidius Saxa,'*'^
seinen Legaten, zum Statthalter in Syrien ein, *-J und bcgali
sich zu Cleopatra. ^^) Sie verdankte ihm die Befestigung ilircs
Throns; durch die Ermordung der Arsinoe und des falschen
l'tolcmäus waren auch ihre übrigen Feinde geschreckt, und durch
die Auszeichnung, mit welcher er sie behandelte , die Dynasten
im Osten belelirt, dass ihr der erste Rang unter ihnen gebüh-
re. Für Rom hatte er nichts gethan , nicht einmal für dessen
Schatz, denn was er einnahm, das verbrauchte er; die Parther
waren nicht besiegt , nicht einmal angegriffen , und durften bei
der Stimmung der von ihm beraubten Provinzen und bei dem
Einflüsse der gestürzten Tyrannen darauf reclmcn, bei einem
Einfalle in das römische Gebiet Freunde zu finden.
Dennoch schien es, als ob Antonius in Alcxandrien von
schwerer Arbeit ruhe. ^*) Er entäusserte sicli der Römer- Grö-
sse und des Feldlierrnschmucks, und wanderte in griechischer
Kleidung und in weissen attischen Schuhen in die Tempel,
80) Josepli. Auf. Jud. 14, 13. B. Jud. 1, 12. Hegesfjjp. 1, 28. 81)
Au8 Spanien gebürtig, von Cäsar mit dem Bürgerrechte liescheukt, und
uIb Freund des Antonius in den l'hilijiiiiken stets mit der giossten Ver-
achtung erwähnt. S. Uecidii, u, unten Characleriit. H'l) Dio 48, 24.
J^iv. 1'27. App. Syr. p. 120. Flor. 4 , 9. §. 5. Unten §. ii'2. A. HO. 83)
App. 5, G77. Dio 1. c. Zonar. 10, 22. 81) Sein ältester Sohn von Ful-
via begleitete ihn jetzt noch nicht; IMutarch. Ant. 28. gedenkt seiner bei
dieser Gelegenheit in einer anderen Beziehung; er zählte jetzt nur we-
nige Jahre, und war bei der Müller iu Italien. App. 5. 679.
V. ANTONII. (II. §. ÖS.) 395
Cjninasicn und Hörsaale der Philosophen. Die Ivöniginn glaub-
te am besten für sich zu sorgen, wenn sie ihn in einem steten
Taumel erhielt; sie schwelgte, jagte, fischte und würfelte mit
ihm, züchtigte ihn wie einen Schulknaben , wenn er in der
Weinlaune sich beigehen liess, seine Lagerwitze vorzubringen,
und huldigte dann wieder der Majestät des Triumvir. ^5) g^
rerlebte er den Winter d. J. ^i.
§ 58.
a. 42. Für Octavian begann seit dem Feldzuge von Phi-
llppi eine Reihe von AViderwärtigkeiten, deren erste Quelle in
den Ränken Fulvias, der Gemahlinn des M. Antonius, und in
den Verhältnissen zu Sex. Pompejus zu suchen ist. Jene be-
nutzte seine Abwesenheit und die Schwäche des M. Lepidns, wel-
cher Meder als Triumvir noch als Consul sein Ansclin behaupte-
te; ^'') sie wollte im Namen des Antonius, und scheinbar eifer-
süchtig auf die Erhaltung seiner Rechte die höchste Gewalt aus-
üben und Schätze sammeln. Als Gemahlinn eines Triumvir, als
Schwiegermutter eines anderen, des Octavian, ^^^ und als Schwä-
gerinn des erwählten Consul L. Antonius , von Manius und an-
deren Vertrauten aufgeregt und unterstützt, hoft'te sie ihr Ziel
nicht zu verfehlen. ^^) Sie trug am meisten dazu bei, dass sicli
Lei Octavians langsamer Rückkehr Gerüchte verbreiteten, wel-
che ihm nachtheilig waren, bald, er zögere, weil er in feindli-
cher Absicht komme, dann wieder, er sei gestorben , ^9) und
man glaubte diess um so leichter, da er im Kriege mit den
Befreiern wiederholt erkrankte, und sich sein Zustand insbeson-
dere in Brundusium verschlimmerte. ^^) Der Befehl, für die Be-
siegung der Mörder Cäsars viele Tage ^0 ein Dankfest zu feiern,
gieng ihm voraus , und zugleich ein Schreiben an den Senat,
worin er die Gemüther beruhigte, denn man fürchtete neue Pio-
scriptionen.
a. 41. war Lucius Antonius Consul mit P. Scrvilius Isau-
85) App. u. Plut. II. cc. 8G) Dio 48, 4. 87) §. 5J. A. 04. 88)
Dia 1. c. üros. 6, 18. 89) App. 5, 677. Dio 48, 3. 90) App. I. c. u.
ü7!). Plut. Anl. 22. 23. Oros. I. c. 91) Dio 1. c. Fast ein ganzes Jahr
i\. h. länger all je. Vgl. §. 44. A. 76.
396 V. ANTONIF. (14. §. 58.)
ricus , und hielt am ersten Tage des Jahrs einen Triumph über
Alpcnvölker, ohglcich er seit dem Kriege von IMutina nicht in
den Alpen gewesen war. Er dünkte sich ein Marius zu sein,
welcher am I. Januar 104 bei dem Antritte seines Consulats
über Jugurtha triumphirt hatte, und doch beurkundete die Feier
nur den grossen Einfluss Fulvias, denn er musste sich vor ihr
demüthigen, ehe sie darin willigte, und dann erst erhielt er
die Erlaubniss dazu auch vom Senat. ^^2)
Dieselbe Unterwürfigkeit verlangte Fulvia von Octavian,
welcher jetzt wieder in Rom eintraf, y-^^ Er wusste, dass die
Herrschaft der Triumvirn nur gesichert sei, wenn sie einig blie-
ben, denn sie hatten noch gemeinschaftliche und mächtige Fein-
de; Sex. Pompejus gebot über Sicilien und über die Zufuhr,^*>>
und die Flotte der Verschworenen verstärkte ihn theils unmit-
telbar unter Statins Murcus , theils begünstigte sie seine Unter-
nehmungen dadurch , dass sie unter Cn. Domitius Ahenobarbus
den Krieg im ionischen Meere fortsetzte; ^'') freilich Massen
ohne Geist, aber diess konnte man nicht voraussehn. Auch
aus einem anderen Grunde war ein Zwist zwischen den Herr-
schern jetzt sehr bedenklich ; er nährte in den Heeren das Ge-
fühl ihrer Wichtigkeit, und machte es eben dadurch unmöglich,
die Kriegszucht herzustellen. Es Avar ihnen nicht unbekannt,
dass die Drei nur nach dem Rechte des Stärkeren regierten,
dass sie sich nur von ihnen zurückziehen durften, um sie ge-
stürzt und verfolgt zu sehen, während die feindlichen Schiffe
ihnen selbst Sicherheit und Unterhalt gewährten, oder Rom
gern auf jede Bedingung sich mit ihnen verglich. Die Fahnen
zu verlassen galt längst nicht mehr für schimpflich, es hiess
nur, die Parteien wechseln, und in dem Masse, als diese sich
vermehrten und anfeindeten, fand sich Gelegenheit dazu, und
zu Gewaltthätigkeitcn. Voll Furcht überliess der Landmann
dem Krieger das Avenige Getraide, welches die unruhigen Zei-
ten zu bauen erlaubten, und in Rom wagte man Diebstahl und
92) Fast, capit. hei Pigh. u. Marlian. triumph. Orellii Inscr. Vol. 2.
p. 45. No, 3148. Liv. 12.5. Veliej. 2. 74. Suet. Octav. 14. App. 5, 079.
Dio 48, 4. Plut. Mar. 12. Vaill. Ant. No. 23. 21. 71. 72. 93) App. 5,
677. Dio 48, 5. Zon. 10, 21. 91) §. 57. in. App. 5. f.85. fiii. 95) S.
Pompeji u. IJoiuilii Ahen. u. unten §. 60. A. 38. f.
V. ANTONII. (14. §. 58.) 397
Raub nicht zu bestrafen, weil man die V^crbreclier für Soldaten
hielt, öc)
Fulvia kannte solche Rücksichten nicht; sie dachte nur an
sich, und auch in dieser Beziehung nur an das Nächste. Kein
Geschichtschreiber bestätigt, dass sie sich Octavian antrug, um
ihn abhängig zu machen, und wegen verschmähter Liebe einen
Krieg unter den Cäsarianern erregte, 'J^) mit welchen sie selbst
nur stehen und fallen konnte. Sie erregte ihn aus Ehrgeiz ^^)
und aus Eifersucht, welche aber wieder in jenem ihre Quelle
hatte; denn sie fürchtete, dass Antonius im Dienste der Cleo-
patra sich dem ihrigen entziehen und sie als verstossene Gat-
tinn ihr Anschn verlieren werde, deshalb wollte sie durch einen
Kampf in Italien seine Rückkehr erzwingen. ^^) Darin bestärkte
sie insbesondere Manius, der Geschäftsführer ihres Gemahls, und
er war auch am thätigsten, als man schon zu den Waffen ge-
gritt'en hatte , das Feuer der Zwietracht zu unterhalten ; 100; j^,
her beklagte sich Octavian über ihn, V und Antonius selbst,
welcher den unberufenen Beschützer Fulvias nach hergestelltem
Frieden tödten Hess , ^) obgleich sein Bruder Lucius ihn von
der Schuld frei sprach. ^) Fulvia also war die Ursach des er-
neuerten Bürgerkrieges,*) und Lucius Antonius, welchem Einige
die erste Rolle geben , 5) nur dazu ersehen , als Consul und als
Feldherr ihre Entwürfe auszuführen. 6) Wenn man aber be-
hauptete, dass Octavian den Bruch befördert habe, weil er seine
geheimen Feinde kennen lernen und nach Einziehung ihres Ver-
mögens die Veteranen befriedigen wollte, V so war diess nicht
bloss ungegründet, sondern auch ungereimt.
Bei den Absichten und Gesinnungen der Antonianer musste
Alles , was Octavian als Triuravir unternahm , Anlass zum Streite
geben. Er sollte unter die Veteranen die ihnen versprochenen
Ortschaften und Ländereien vertheilen , und zeigte den Vertrag
von Philippi, welcher ihn ermächtigte, Antonius in dieser An-
Ö6) App. 5, 681 ÜD. 97) Martial. 11, 20. 98) App. 702. Oro8. 6,
18. 99) App. 082. C83. 706. 707. 710. 100) Ders. 679. 682. 683. 087.
689. 690. Martial. 1. c. 1) App. 096. 707 fin. 2) Ders. 701. 710. §. 60.
A. 77. 3) Ders. 096. 4) Liv. 125. Vellej. 2, 74. Plut. Anton. 28. 30.
Flor. 4, 5. Gros. 1. c. 5) Suet. Oct. 14- Eutrop. 7, 3. (2.) 6) Liv.
I. c. 7) Siiet. ' i.
398 ^' ANTONII. (14. §. 58.)
gelcgenliclt 7U vertreten. 8) Gleichwohl Ifiugneten jene, dasa er
dazu befugt sei ; sie gaben ihm die ihm bestimmten Legionen
nicht , ''') und er schickte Fulvia ihre Tochter von Clodius zu-
rück, welche vom Heere ihm aufgedrungen und nach seiner
Versicherung noch Jungfrau war. ^") Anfangs eiferten seine Geg-
ner für die Ehre und Rechte des Antonius , dessen Ankunft zu
erwarten sei, ehe man zur Vertheilung schreite, damit nicht
Einer allein Dank und Gunst davon trage. ''>' Als die Unge-
duld der Truppen diess nicht erlaubte , wollten sie selbst seinen
Veteranen Acker anweisen, und Octavian bei diesem Geschäfte
auf die seinigen beschranken. ^~) Nach ihrem Vorgeben handelte
Lucius nach den Befehlen seines Bruders ^^) und obgleich diess
geläugnet wurde, *'*3 später auch von ihm selbst, ^5) so setzte er
doch das Wort Pietas auf seine Münzen, "*J um niemanden über
seine brüderliche Liebe in Zweifel zu lassen , und Fulvia stellte ,,
den Kriegern ihre Kinder von Antonius vor, mit der Bitte, *,
nicht zu gestatten, dass dem Vater die Gelegenheit entzogen
■werde, sich dankbar gegen sie zu beweisen. ^^) Bei dem Allen
wurde vorausgesetzt, dass man die wehrlosen Italer ohne Mühe
berauben und sich auf ihre Kosten der Truppen versichern könne,
bei welchen Antonius ohnehin sehr beliebt Avar. ^^J Um diesen
nicht zu beleidigen, gab Octavian endlich den dringenden For-
derungen nach , und der Consul hatte die Genugthuung , die
Veteranen seines Bruders in Colonien zu versorgen. '*•)
Unerwartet zeigten sich grosse Schwierigkeiten. Die Sol-
daten verlangten die achtzehn reichen Städte, welche ihnen bei
der Stiftung des Triumvirats versprochen waren, ^^) und die
Vertheilung begann. -'>> Die Städte aber mochten bei der angeb-
lichen Wieder^burt des Vaterlandes nicht allein verlieren; durch
den Streit zwischen den Cäsarianern ermuthigt, erklärten sie.
8) App. 5, 677. G79. G84. Dio 48, 6. u. 12. Oben §. 57. A. 35. 9)
Dio 48, 5. Oben §. 57. A. 31. 10) Dio 1. c. Suet. Oct. C2. Zoii. 10,
21. §. 54. A. 64. 11) Veliej. Dio Flor. II. cc. App. G79. 12) Vell. I. c.
App. «79 u. C82. Dio 48, G. 13) Dio 48. II. 14) App. 082. G87. Dio
48, 5. 15) App. G9G. IG) Dio 48, 5. S. unten No. 30. A. 43. 17)
App» G79. 18) Dio 48, G. App. I. c. §. 57. A. 22 u. 25. 19) App. 5,
G79. 082. 088. 094. 690. 20) App. G78. §. 53. im. 21) App. 080. Gä4.
I,iv. 125. Veliej. 2, 74. Flor. 4, 5.
i
V. ÄNTONIL (14. §. 58.) 399
man müsse bei der Anlegung der Colonlen ganz Italien anziehen,
und zwar nach Entscheidung des Looses, und die Besitzer, -wel-
chen man Haus und Acker nehme, aus dem Schatze entschädi-
gen.--) Ihr Wunsth, niclit allein zu leiden, wurde sogleich
erfüllt; denn die neuen Colonistcn fanden den Raum, welcher
zu ihrer Ansiedelung hestimmt war, nach Verhültniss ihrer Zahl
zu klein, und erweiterten ihn willkülirlich zum Schaden der
Nachharcn. -^) Octavian konnte diesen Cewaltthätigkciten nicht
steuern, wenn er auch Einzelnen half , und die Beraubten ström-
ten in Masse, mit AVeib und Kind durch die Thore von Rom,
Götter und Menschen um Schutz anzuflehen, da man härter ge-
gen sie verfahre , als gegen Besiegte und Geächtete. Sie durf-
ten nur ein stummes Mitleiden erwarten , denn d'.ie Colonien
schreckten auch die Hauptstadt , welche sie als eben so viele
Lager umgaben. ^V Aber auch Octavian befand sich im ärgsten
Gedränge ; denn die alten Besitzer forderten Ersatz , und die
Veteranen, welche zu arm waren, sich einzurichten, oder ohn-
erachtet der Eingriffe in das Eigcnthum der Nachbaren nicht
versorgt werden konnten, bestürmten ihn ebenfalls mit ihren
Klagen; er entschuldigte sich gegen jene mit der Nothwendig-
keit und mit der Erschöpfung des Schatzes, -S) und für diese
entnahm er Geld als Anleihe aus den Tempeln, ^G) dennoch war
weder der eine noch der andere Theil mit ihm zufrieden. 27)
Da wurde im Rathe Fulvias beschlossen, eine andere Stellung
zu nehmen; man wollte die Italer und zugleich die Krieger be-
schwichtigen , und dadurch den Nebenbuhler wehrlos machen.
Die ganze Halbinsel war in der heftigsten Gährung, als sich
Lucius plötzlich zum Beschützer der Unglücklichen aufwarf,
ihre Klagen hörte, Abhülfe versprach und die Ackervertheilung
22) App. 078. 23) Ders. I. c. u. 679. Suet. Ocfav. 13. Unter an-
deren bemächtigten sich die Veteranen in Creniona auch der mantuani'
sehen Ländereien, welche ihnen nicht überwiesen waren, wobei Virp;il
sein väterliches Gut verlor. Serv. zu Virgil Ecl, 1 u. Ecl» 9. 28. Vgl.
Heyne arg. Ecl. 1. u. Vita Virgil. a. 713. Auch Propertius (Eleg. '^1. 1.
129.) u. Tibullus (Eleg. 1. 1. 19 f. 4, 1. 182.) blieben nicht verschont.
24) App. 5. C7S. f.79. 084. Suet. 1. c. Die 48, G. 25) Mon. Ancyr. tab.
III. V. 25. in Chish. Ant. Asiat, p. 174. u. 192. rühmt er seine Freige-
bigkeit und Gerechtigkeit bei Ackerverlheiinngen. 2C) App. II. ce. u. 085.
27) Tacil. Ann. 1,10. Suet. 0«(. 13. Dio 48, 7. 8.
400 V. ANTOMI. (14. §. 58.)
für iinnCthig und ungerccTit erklärte, ^^) befremdlich in dem
Munde eines Consuls, welcher so eben selbst Colonien gegrün-
det, und um das Heer zu gewinnen, bei der Ungebühr, mit
welcher man sie ausdehnte, mehr Nachsicht bewiesen hatte, als
Octavian,2'-*-> aber von denen, welche der Verzweiflung preis ge-
geben waren, mit Freuden vernommen. Auf der anderen Seite
bedachte man, dass die arbeitsscheuen Veteranen stets baares
Geld den Ländereien vorzogen, deren Besitz ihnen überdiess
Verwünschungen und Gefahren brachte; sie wurden belehrt, dass
es nach dem Verkaufe der Güter, welche man während der
Proscription eingezogen habe, nicht an Mitteln fehlen könne,
ihnen statt des Ackers dessen Werth in Gelde zu geben, und
dass unter jeder Bedingung Antonius mit dem Tribute Asiens
dafür bürge. 3^)
Die Besitzer wagten es nun, ihr Eigenthum zu vertheidi-
gen; sie läiigneten entweder, dass es vertheilt, oder auch dass
eine solche Vertheilung gültig sei, und schritten zu offener Ge-
walt, von Allen begünstigt, welche ein gleiches Schicksal fürch-
teten. 3'-' Als Triumvir sollte Octavian entscheiden, während
jeder in diesen blutigen Händeln sich selbst Recht verschaffte
und auf sein Recht trotzte; wen er zurückwies, den M'ies er
Fulvia zu , und eben so wenig trug es zur Herstellung der
Ruhe bei , dass er die Güter von der Vertheilung ausnahm,
welche Senatoren gehörten, oder Frauen als Aussteuer, oder das
Mass des Besitzthums nicht erreichten, welches dem einzelnen
Soldaten bestimmt war. 32) Er -wollte dadurch die Reichsten
und Aermsten mit sich versöhnen , und zugleich erliess er eine
milde Verfügung über den Miethzins. 33) In Rom gab man mehr
für die Wohnung, als in anderen Städten Italiens, überall aber
nach Verhältniss sehr viel; wer dort nicht über 2000 und hier
nicht über 500 Sestertien zahlte, der wurde für arm gehalten.
Für Miether dieser Art war einst Cäsar eingetreten, 34) und sei-
28) Liv. 125. Veliej. 2, 71. App. 082. C83. 681. 080, Dio 48, 6. 10.
11. Flor. 4, 5. 29) App. 079. C9C. 30) Dio 48, 7. 31) Der«. 48, G.
8. ö. App. 5, 680. 32) Dio 48, 8. 9. 33) Der«. 48, 9. wo ihr Inhalt
offenbar unrichtig aber doch so angegeben ist, dasi man leicht sieht,
wie fern der Vf. seine Quellen missverstand. S. Casaubon. u. Baunigar-
ten-CruslMS zu Suet. Caes. 38. 34") Suet. I. c.
V. ANTONir. (14. §. 58.) 40 1
nem Beispiele folgte jetzt Octavian; er wollte für Alle den Zin«
eines ganzen Jahres entrichten, in Rom, wenn er nicht über
2000 Sestcrtien betrug, und ausserhalb, wenn er nicht den
vierten 'l'heil dieser Summe iiberstieg. Halbe Massregeln ver-
Böhnten Rom und die Italcr nicht mit ilim, und die Veteranen
sahen darin eine Beeinträchtigung. Die Umstände, welche ohn«
sein Verschulden die Erfüllung ihrer Wünsche erschwerten , hat-
ten sie ohnehin schon gegen ihn erbittert. Sie b,edrohten ihn,
als einer ihrer Gefährten verschwand , welcher auf seinen Be-
fehl im Theater die Sitze der Ritter verlassen hatte; denn sie
glaubten, obgleich ohne Grund, dass er mit dem Tode bestraft
sei. 3^) Ein Ccnturio, Nonius, wurde von ihnen verfolcrt. und
stürzte sich in die Tiber, weil er Octavian entschuldigte, als er
nach ihrer Meinung nicht zu rechter Zeit auf dem MarsfeMe
bei ihnen eintraf. ^''^
Bei dieser Stimmung wagten es die Antonianer, den Trium-
vir als solchen anzugreifen , welches auf dem nächsten Wcfre
zujn Ziele aber auch sie selbst an den Abgrund führen konnte.
Sie erklärten sich gegen die bestehende Verfassung; wenn es je
eines Triumvirats bedurft habe, so sei es nach der Besiegung
der Verschworenen überflüssig, und eben deshalb verbrecherisch:
Antonius erkenne diess an, er werde niederlegen; die Anderen
müsse man dazu zwingen, ^i) Damit war, ausgesprochen, das«
Octavian nach der Alleinherrschaft strebe, und als Feind de«
Staats zu ächten sei. Um die Republicaner und Bedrückten
noch mehr zu überzeugen, dass Antonius nichts mehr mit ihm
gemein habe, folgte ihm Lucius in die Colonien, und errich-
tete in den seinigen eine Leibwache, weil die Reuterei , welche
ausgeschickt wurde, die Küsten der Bruttier gegen Pompejus
zu schützen, angeblich ihn und die Kinder seines Bruders auf-
heben sollte. ^^) Mochte sein Gegner diess mit allem Rechte
Verläumdung nennen, und Aviedcrholen, dass er nichts unter-
nehme, als was er gemeinschaftlich mit Antonius beschlossen
habe, nur die Bemerkung machte Eindruck, dass es ohne Trium-
virat auch keine Colonien gebe, und in dem Einen das Andere
35) Ders. Octav. 14. App. 5. C80. Dio 1. 0. 3C) App. Dio ». cc
37) App. 682. 688, «03. 696. 702. 38) Ders. G82.
Uruniiiiin, GescJiiehte Rums 1. ^Q
40'i V. ANTONIl (14. §. 58.)
(Tpf;i)ir<let worfle. Bei dem allgemeinen Hasse gegen die Colo-
nisten mussten sie das Aeusserste fürchten, A*eiin siedle Selnvü-
elicreii wurden, und diess schien unvermeidlich, wenn ihre
Häupter zerfielen; an sich aber wünschten die Veteranen seil
Cäsars Toilc die F'rhaltung des Friedens und ruhigen Genuss.
Ihre Führer vermittelten einen Vergleich zu Teanum Sidicinum:
darnach sollten die Triumvirn sich keine Eingritfc in die Con-
snlar- Verwaltung erlauben, die Truppen, welche erst nach dem
Feldzuge von Philippi ausgehoben waren , keinen Acker bekom-
men , die Summen aber , welche man durch den Verkauf der
eina-ezoireneu Güter erhalte, und die Ländereien unter die Kric-
ger des Antonius und Octavian gleichmässig vertheilt, und von
Keinem in Italien neue Werbungen veranstaltet werden, die
Truppen des Octavian ungehindert nach seiner Provinz Spanien
sehen, und Lucius seine Leibwache entlassen. 3^)
Nur die beiden letzten Artikel wurden A'ollzogen, *0) Dia
Legionen, welche nach Spanien bestimmt waren, befehligte Q.
Salvidienus Riifus, ein Mann von niedriger Herkunft , vom Rit-
terstande, *') aber schon in ApoUonia der Vertraute des Octa-
vian , ''-) welcher Jin a. 43 nach Rhegium gegen Sex. Pompejus
schickte, *^J und ihm das Consulat zusicherte, obgleich er nocli
nicht Senator Avar, **) später aber aus Argwohn ihn zum Tode
verurtheilte. *^) Er hatte ihm jetzt einen schwierigen Auftrag
srPircben. Die Legaten des M. Antonius in den beiden Gallien
Asinius PoUio, Q. Fufius Calenus ^''0 und P. Ventidius hinderten
ihn, die Alpen zu überschreiten, und in Placentia entstand eine
Meuterei unter seinen Truppen , für welche er Geld in der cis-
alpinischen Provinz erpressen musstc. *^^ In Folge jenes Ver-
trags wurde iluu nun zAvar der Weg geöffnet, aber die Umstanda
nöthigten ihn bald zur Rückkehr.
Mit Fulvias Planen war der Friede unvereinbar. Sie begab
sich mit Lucius unter dem Vorwande, dass ohne AVache in Rom
keine Sicherheit für sie sei, nach Präneste, *^'') einer hochgeie-
30) DeräT I. c. u. 0X3. Dio IS, 10. 40) App. l. c. 41) Vellej. 2,
76. Suet. Octav. 66. Dio 48, 33. 42) §. 15. A. 98. 43) App. 4, 038.
Dio 48, 18. 44) Vellej. 1. c. Dio 48, 33. 45) Inten. 40) §. 30. A.
76. 47) App. 5, 083. Dio 48, 10. 48) Nicht zu Lepidus, welcher in
Rom war, und lür Octavians Freund galt. App. 083. 684. 687. Vellej.
2. 74. Üio 48, 10
V. ANTONU. (14. §..'58.) 403
genen, festen Stadt, '200 Stadien von Rom, iiiul zu ilireiu
\ crderben schon früher der Zulluclitsort für den jüngeren Ma-
rius und andere l*artcih;lupter und Neuerer.^'') Auch viele Se-
natoren und andere \ ornehiue fanden sich ein, und Fulvia un-
terliess niclits, ^vodurch sie iliren Anhang vorstärken und an
sich fesseln konnte; sie kündigte in Edicten den Römern die
Freiheit an, hielt begeisternde Reden, erschien bewaftnet in den
Reihen der Soldaten, ^'ud gab ihnen das Loosungswort. ^o)
Octavian durfte nicht hoffen , die AVütlicnde durch ihren Ge-
mahl zu besänftigen, obgleich er ihm sclirieb, denn auch sie
schickte Boten an ilin ^^) und Antonius blieb der Streit lange
sehr gleichgültig. Auch die Veteranen fauden mit der Forderung,
dass man sich unterreden und einigen möge , nur bei Octavian
Gehör, auf dessen Wink sie ohne Zweifel handelten; sie droh-
ten, und erreichten dennoch ihre Absicht nicht. ^-^ Die Besorg-
niss vor neuen Unvuiien führte * iele Römer nach Präneste , deren
Bitte, sich zu vergleichen, Lucius wenigstens mit Anstand und
Mässigung vernahm , wogegen Manius sie sehr unzeitig fand,
und sich in einem schnöden Tone über Octavians Anmassungen
äusserte. ^^^
Dieser machte jetzt einen letzten Versuch, den Krieg durch
die Veteranen abzuwenden , insbesondere durch die beiden Legio-
nen, welche als Colonisten in Ancona versorgt und ihm und
Antonius gleich sehr ergeben waren. Man musste ihnen auf
dem Capitol den Vertrag zwischen den Triumvirn vorlesen,
worauf sie ihn bestätigten und den Vestalinnen übergaben , um
nun auf den Grund dieser Urkunde die streitigen Puncte zu
entscheiden. Zu dem Ende wurden Octavian und sein Gegner
nach Gabii entboton, einem Orte zwischen Rom und Präneste,
und von heilen fast sleich weit entfernt. ^*) In Präneste nannte
man die bewaffneten Schiedsrichter den gestiefelten Senat , indess
gehorchte man wenigstens zum Schein. Kaum aber trafen die
49) Strabo 5, 238. Vellej. 2. 26. 50) Die 1. c. Flor. 4, 5. Val.
Max. 3, 5. 3. 51) App. 683. u. 701. Dio 48, 27. Octavian schickte IM.
Coccejus und Cäcina. App. 706. Rorat. Sat. 1. 5. 28. u. das. Porphyr-
§. 60. A. 22. u. 52. n. das. die Bemerkung über Coccejui Namen. 52)
App. 083. Dio 48, 11. Zouar. 10, 21. 53) App. 1. c. u. 684. 54)
Strabo 1. c.
26*
404 V. ANTONir. (14. §. 59.)
Reuter auf einander, welche vorausgicngen, als sie handgemein
wurden und Lucius entfloh. Er klagte über Verrath , und keine
Vorstellungen der Veteranen , welche sich mit ihrem Leben für
das seiuige verbürgten, konnten ihn zur Rückkehr bewegen.*^)
§ 59.
So entzündete sich durch den Ehrgeiz einer Frau und die
Riinkc eines Menschen , welcher aus dem Dunkel hprvorzutrcten
wünschte, ein neuer Bürgerkrieg, für Octavian innerhalb drei
Jahren der dritte.^''-' Die Streitkräfte beider Theile waren zer-
streut; Octavian musste überdiess Besatzungen in Rom und an
der Ost- und Westküste gegen Domitius Ahenobarhus und Pom-
pejus zurücklassen, Avenn er ins Feld rückte, und für den Au-
geablick verfügte er nur über vier Legionen in Capua ausser
der prätorischen Cohorte. Er befahl Salvidienus, Melclier Spa-
nien noch nicht erreicht hatte, seine sechs Legionen schleunigst
herbeizuführen, und verstärkte sich indess durch Aushebung;
den Sold erhielt er aus den Tempeln , selbst aus dem Capitol,
als gezwungene Anleihe. ^^) In Rom hoffte man nicht ohne
Grund, dass der Kriegs - Schauplatz sich wenigstens entfernen
werde. Dena auch Lucius zählte nur sechs Legionen, die übri-
gen, welche Appian ^^-^ auf eilf berechnet, standen unter den
Legaten seines Bruders in dessen gallischen Provinzen. Gelang
es ihm, sich mit ihnen zu vereinigen und vor der Ankunft
Octavians dessen Heer in den Alpen zu erdrücken , so schien
ihm der Sieg gewiss. Salvidienus war ohneliin in grosser Ge-
fahr; denn Calenus und Ventidius verfolgten ihn aus dem jen-
seitigen Gallien, und im transpadanischen erwartete ihn Asinius
Pollio. ^'■') In seine Tironen , welche er als Consul ausgehoben
hatte, setzte Lucius wenig V'ertrauen; ß''^' doch bewährten sie
sich später in Perusia, und noch mehr seine zahlreichen Gla-
diatoren. ''0 Aber es Mar schon ein Missgriff, dass er nicht
ohne Verzug nach dem Morden gieng; als Verthcidiger der Ita-
55) App. 1. c. Dio 48, 12. Zonar. 1. c. l'eber den sc/t n tut caligntut
s. Tacit. Ann. 1. 41. Suet. üctav. 25. Caligula 9. 5C) .Suet. üctav. 9.
App. 084. 57) App. G85. ßSfi. 088. (in. Dio -18 , 12. 58) ü85. 59) App.
683. Dio 48, 10. Serv. zu Vir^. Kcl. i. 1. Donat. vit. Virg. §. 30. CO)
p. ApCSJ. 089. 094. Ol) Ders. 088. Suel. Uct. 14.
V. ANTONII. (14. §. 69.) 405
Icr nnd der Vetorancn seines Bruders , welche ihm ihre GQter
Verdankten, hoffte er zuvor ein bedeutendes Heer zu sammeln;
der Feind warb aber auch, man begegnete sich, und verlor
Zeit und Menschen in nutzlosen Gefechten. ^V
Octavian war nicht so verblendet, dass er noch an die
Möglichkeit einer Versöhnung glaubte ; aber er ivusste , wie sehr
die Veteranen sie wünschten. Um sich bei ihnen und bei M.
Antonius ku rechtfertigen, berief er in Rom Senatoren und
Ritter: er verabscheue den Bürgerkrieg und verschulde ihn nicht,
denn er sei dem Vertrage von Philippi gewissenhaft nachgekom-
men; obgleich er wisse, dass seine Friedensliebe bei seinen
Feinden für eine Wirkung der Schwäche gelte , so trage er doch
auf neue Unterhandlungen an. Den Abgeordneten erwiederte
Lucius in Präneste mit wenigen Worten: es sei zu spät, auch
wolle man ihn nur täuschen; Manius bewies mit einem unter-
geschobenen Schreiben des Antonius, dass man nur dessen Be-
fehle vollziehe, und fügte viel Beleidigendes hinzu, so Jass we-
nigstens öfFeutlich an Octavian kein Bericht erstattet wurde. ''^^
Dieser hatte zur Sicherung der Küste bereits eine Legion
nach Brundusium geschickt, und zwei blieben unter Lepidus in
Rom. 6*) Er hoffte sie durch eine gleich starke Abtheilung vom
feindlichen Heere zu ersetzen, welche sich in Alba gegen ihre
Tribüne auflehnte , allein Lucius kam ihm zuvor und beruhigte
sie durch Geschenke. ^^^ Auch sein Versuch, Nursia im Sabi-
nisehen durch Ueberfall zu nehmen , wurde von Tisienus Gallu»
vereitelt, und Cajus Furnius zog sich in Umbrien vor ihm nach
Sentinum zurück. •'"^ Während er ihn belagerte , und fast die
Hoffnung aufgab, seine Feinde einzeln aufzureiben und vor Lu-
cius an den Padus zu gelangen, unternahm dieser einen Angriff
auf Rom. Verkleidete Krieger schlichen sich in die Stadt, und
CT selbst war schon ganz nahe , als der sorglose Lepidus die
Gefahr erkannte und ihm entgegen gieng; der Ausfall endigte
sich mit einer Niederlage, und der Triumvir entfloh zu Octa-
vian , zumal da nun auch die feindlichen Truppen innerhalb der
Mauern sich regten, worauf Nonius, ein Unterbefehlshaber, Rom
62) Lir. 125. App. C86. Dio 18, 13. 63) App. C87. Die 48, 11.
Zonar. j. c. 61) App. 1. c. Liv. 125. Dio 48, 13. 66) App. 688. 66)
Den. n. Dio 11. ec. S. oben §. 51. A. 40.
406 V. ANTOMI. (14. §^ 59.)
fibci'gab. ''^) Auf Lucius Antrag erklärte der Senat die Herr-
Rchcr mit Ausnahme des Antonius, da dieser aus eigenem An-
triebe zurücktreten wolle, für Feinde des Staats, und ermäch-
tigte den Consul, welcher unter lautem Beifalle die Tyrannen
auch bei dem Volke anklagte , den Beschluss zu vollziehen. *•*■)
Die nächste Gelegenheit dazu benutzte er nicht ; denn er
entfernte sich und wich dem Feinde aus, als er von Sentinum
herbeieilte. Octavian traf die erforderlichen Massregeln zur
Sicherung Roms, und wandte sich wieder nach dem Norden, ''''^
wo in seiner Abwesenheit Sentinum genommen war, während
Furnius mit dem grösseren Thcilc der Besatzung ihn verfolgte. '"^
Die Nursiner ergaben sich ; sie hatten auf dem Grabmale ihrer
Gefallenen in einer Inschrift gesagt, dass diese für die Freiheit
gestorben seien , und wurden jetzt zu einer Geldbusse verur-
theilt, und vertrieben, als sie nicht zahlen konnten."') Für
Lucius , welcher endlich mit Umgehung Octavians von Rom nach
den Alpen aufgebrochen war, nahm der Krieg auch in anderer
Hinsicht eine ungünstige Wendung. Mochte Barbatius,^-) ein
von seinem Bruder in Unwillen entlassener Qiiästor dadurch ei-
nige seiner Soldaten zum Abfalle bringen, dass er versicherte,
Marcus missbillige den Angriff auf Octavian und das Triumvirat,
so schadete ihm doch seine eigene Untüchtigkeit am meisten,
und das zweideutige Benehmen mehrerer Legaten, Melche aus
Eifersucht gegen einander, und ungewiss über die Gesinnungen
des M. Antonius , Aveder einig noch thätig waren. '^) Er Mollte
mit ihrer Hülfe Salvidienus einschliessen, aber Agrippa führte
in seinem Rücken, im Lande der Insubrer, so kühne und wohl-
07) Dies. 11. cc. Liv. 1. c. GS) App. 1. c. u. 096. Die I. c. Flor. 4,
5. 60) Dio 1. c. 70) Die 1. c. lässt es durch Salvidienus erobern, wel-
cher noch nicht in diese Gegend vorgedrungen war. S. unten A. 83.
71) Ders. I. c. .Suel. Octav. 12. verwechselt hier den perusinischen mit
dem niutinensischen Kriege. Tisienus en(l1oh später zu Ponipejus, in
dessen Heere man ihn wieder fmdef. App. 5. 7,31. 72) Nach Cic, 13
Phil. 2. zu den naufrapiis Caesaris amicorum gehörig. Ursinus lies't
hier und hei App. 5. 088. Barhatus. Auf den unverdächtigen Münzen
liiidot sich meistens nur Barbat. auch in der Grtts Vnhrifr. Die richtige
Lesart haben F.cVh. 5. p. 'J31. u. G. p. 42. und nach ihm Garoton. zu
Cic. I. c. verlheidigt. S. unten §. 72. A. «5. 73) App. Cö9. 690. Vellej.
2 7J
V. ANTONII. (14. §. 59.) 407
berecimctc Bewegungen aus, dass er furchten musste, selbst eiu-
gcsclilosseii zu weiden, und nach Perusia in Etruricu zurück-
wich.''*) Der Mangel an Unterstützung, auf welche gerechnet
war, cntschuhligte ihn, aber das Beispiel des D. Brutus, die
Nähe des Winters und die Möglichkeit des Entsatzes rechtfertigte
fhn nicht. Ihn begünstigte nic]it, was Brutus begünstigt hatte,
auch stand dieser nicht an der Spitze der Heere. Als Oberan-
führer durfte er sich nicht in eine Stadt einsperi'en; er entsagte
damit der Leitung des Kriegs. Perusia ferner war zwar gross
und reich , aber nicht auf eine lauge Belagerung vorbereitet ;
die Vorräthe, welche man in Eile zusammeuralFte , genügten
nicht, die Verbindung mit der nahen Tiber wurde bald aufge-
hoben, und die Reuterei abgeschnitten, welche ausserhalb der
Thore streifte.
Denn Agrippa, im Felde das Auge und der Arm des Octa-
tian, säumte nicht, mit Salvidienus die Stadt zu berennen,
und bald fand sich auch jener ein , so dass das Belagerungslieer
in drei Abtheilungen und mit dem ;,-rössten Nachdrucke zum
Angriff schritt. Seine Werke erhielten einen Umfang von Sü
Stadien, und schnell verwandelte sich (ler Vertheidigungs- Krieg
in einen Kampf der Verzweiflung, Die Legaten des Antonius
überhörten die Bitten und Drohungen seiner Gemahlinu und
des Manius; zu stolz, sich einander unterzuordnen, trennten
sie sich, statt sich zxi vereinigen, so dass zuletzt dreizehn
Schaaren mit mehr als (J500 Reutern unter Asinius, Plauens,
Ventidius, Calenus, Ateius, P. Canidius Crassus u. A. müssig
unter den Waffen standen,''^) und angeblich Verhaltungs- Befehle
vom Triumvir erwarteten. W'enn auch endlich zur Rettung des
Consuls etwas unternommen wurde, so geschah es doch nur zum
Scheine , und ohne gehöriges Zusammenwirken ; der Feind Avar
dem Einzelnen überlegen, und hielt den Punct fest, wo er ent-
scheiden wollte. Es irrte ihn nicht, dass die Güter seiner Ve-
teranen von Tisienus mit 4000 Reutern geplündert wurden und
Plauens eine nach Rom bestimmte Legion aufrieb. Ihn hatte
Fulvia entsandt; auf ihren Nothruf rückten auch Asinius und
74) App. u. Vellej. 11. cc. Liv. 12C. Suet. Oct. 14. 15. Plin. 7. 4G.
(45). Solin. 1, 49. Dio 48, 14. Plut. Ant. 24. 28. 30. Flor. 4, 5. Eutrop.
7. 3. (2.) (A. Vict.) fle vir. ill. 85. Zonar. 10, 21. 75) App. 5, 090. 700.
4ÜS V. ANTONII. (14. §. 59.)
Ventidius in Umbrien vor; ein ernstlicher Versuch zum Ent-
sätze schien gewiss. Aber jene giengen langsam , umi auf die
Nachricht, dass Octavian mit Agrlppa im Anzüge sei, und Sal-
viilienus die Belagerung fortsetze, entfloh der Eine nach Ra-
venna und der Andere nach Ariminum , Grund genug für Plan-
cus, in Spolctium zu bleiben. Feinde dieser Art konnte man
mit wenigen Truppen beobachten; die übrigen kehrten nach
Perusia zurück.^'') Man erfährt nicht, warum Lucius ilire Ab-
wesenheit nicht zu einem Ausfalle benutzte; vielleicht blieb sie
ihm verborgen. Leichtsinnig hatte er sich unter fremdem Ein-
flüsse in Gefahr gestürzt und sie durch falsche Massregeln ver-
mehrt, jetzt aber schienen ihm mit der Noth auch Kraft und
Muth zu wachsen, und wie wenig es ihn als Staatsmann ehrt,
dnss er den Krieg führte , und als Fcldherrn , dass er belagert
wurde, so kann ihm doch seine Vertheidigung nur zum Ruhme
gereichen. Er beschloss, zu den Hülfsvölkern durchzudringen,
da sie nicht zu ihm kamen , und der sehr fühlbar werdende
Mangel und die täglich erweiterten Linien vor der Stadt mahn-
ten zur Eile. Die letzte Nacht des Jahra "wurde dazu bestimmt,
weil er glaubte, dass die Feinde ■wegen des bevorstehenden
Festes ihn jetzt am wenigsten erwarteten. Doch sammelten sie
sich schnell , und er musste sich nach einem blutigen Gefechte
zurückziehn.'^)
a. 40. als Domitius Calvinus, von der Partei Cäsars und
Octavians , zum zweiten Male und Asinius Pollio Consiiln wa-
ren, "'^s) bewirkte Fulvia, dass dieser mit Ventidius und Plancus
wieder gegen Perusia vordrang. Sie wollten der eigenen Ver-
antwortlichkeit wegen ihren Eifer bethätigen, ohne etwas zu
wagen. Die vorgeschobenen Posten des Feindes wurden leicht
überwältigt; dann aber stiessen sie auf Agrippa und Salvidienus,
und nahmen eine Stellung bei Fulginium , jetzt Foligno, einer
umbrischen Stadt, 160 Stadien südöstlich von Perusia. Hier
sah man ihre Feuerzeichen ; in einer Entfernung von vier Mei-
len war es aber unmöglich, ihnen die Hand zu bieten. Nur
durch eine Schlacht konnte mau sich Bahn n^achen, und diese
76) Der». C89. 690. 77) Ders. I. c. 7S) Dio 41, 1». S. Domit.
und Asin. u. unten §. CO. .\. 87.
V. ANTONII. (14. §. 59.) 409
widerricth der ängstliche Plancus, weil man auch Octavian er-
warten müsse. Die Feuer erloschen, und Lucius hielt seine
Freunde für hesiest. '^V Nach einem erneuerten fruchtlosen Ver-
suche, sich in der Nacht durchzuschlagen, liess er den Sclaven
keine Lebensmittel mehr reichen; er mochte sie nicht entfernen,
weil der Feind nicht wissen sollte , dass er nur noch zwischen
(jJefangenschaft und dem Hungertode zu wählen hatte; Gras und
Blätter waren ihre Nahrung und bald füllten sie die für sie be-
reiteten Gruben. Der ,,perusinischen Hungersnoth" ein Aus-
druck, mit welchem man später den höchsten Grad solcher Lei-
den bezeichnete , 80) wurde damit nicht abgeholfen. Die Solda-
ten selbst drangen auf einen Ausfall , und gaben sich das Wort,
uicht zu weichen. Mit Tagesanbruch, nicht früher, damit sie
sich beobachten konnten, stürmten sie gegen die feindlichen
Werke. Die Heere schienen ihre Rollen zu vertauschen, und
die Belagerer wurden sowohl durch die Heftigkeit des Angriffs,
als dadurch , dass er augenblicklich von allen Seiten begann,
aus der Fassung gebracht. Mit Mühe entgieng Octavian dem
SchM'erdte der vorankämpfenden Gladiatoren. ^0 Für Menschen
mit einer solchen Todesverachtung waren Schanzen und Ge-
schosse kein Hinderniss. Sie überschritten Gräben und Pfahlwerk,
rollten Thürme heran, untergruben die Mauern, erstiegen sie
auf Brücken und Leitern, und glaubten sich am Ziele, als sie
ermattet und verwundet von frischen Truppen in überlegener
Zahl hinabgestürzt und ihre Maschinen zertrümmert wurden.
Lucius gab das Zeichen zum Rückzuge; sie wandten sich noch
einmal , als der Feind ein Siegesgeschrei erhob und ihnen die
Todten nachwarf, aber es war nur der Ausbruch einer ohn-
mächtigen Wuth. 8-)
Die Unterhandlungen, welchen man nun nicht mehr aus-
weichen konnte, wurden dadurch beschleunigt, dass Einzelne,
selbst Anführer, übergiengen, und ihre günstige Aufnahme im
feindlichen Lager einen allgemeinen Abfall oder gar die Aus-
lieferung des Lucius fürchten liess. Diess bestimmte ihn endlich,
nachdem er eine Zeitlang geschwankt hatte, weil viele der An-
79) App. 5. 691. 80) Perusina fai/tes. Lucan. 1, 41. Auson. ep.
22, 42. Vgl. lÄv. 126. Suet. Oct. 14. Dia 48, 14. Flor. 4, 5. 81) Suet.
üct. 14. Ö6. Plin. 7, 40. (45.) 82) App. 691. 692.
410 V. ANTONII. (14. §. 59.)
gesehensten unter seinen Anlumgern durch die Uebcrgabe ge-
fährdet wurden. In der Rede, worin er der Besatzung seinen
Entschluss mitthcilte, enthielt er sich wolil derSchniäliungcn gegen
Octavian, welche i\ppian einmischt, denn es war nicht ratlisau,
ihn jetzt noch als Tyrannen anzuklagen, aber er rühmte die
Ausdauer seiner Krieger, deren Unglück er dem Hunger und
der Uuthiitigkeit der Feldherrn seines Bruders zuschrieb , und
weihte sich zum Opfer für Alle, wenn der Feind nicht verge-
ben wolle. Seine drei Abgeordneten, und unter ihnen C. Fur-
o
nius,^-^) fanden in Octavian einen grossmüthigen Sieger, wie
es die Umstünde geboten; er verzieh aus Achtung gegen M.
Antonius dessen Veteranen, und in einer besonderen Unterredung
mit Furnius auch den Uebrigen , seine persönlichen Feinde aus-
genommen. Diese wollten sich nur auf gleiche Bedingungen
ei'geben und Lucius hielt diese Forderung für so gerecht, dass
epr sie selbst zu bevorworteu beschloss. Ohne Herold und siche-
res Geleit näherte er sich mit zwei Lictoren den feindlichen
Verschanzungen, und Octavian kam ihm entgegen, weil er nicht
wollte, dass er sich ganz in seine Gewalt begab, 8*) ein Wett-
eifer in Vertrauen und Hochherzigkeit, obgleich nur M. Anto-
nius und Pompejus über den Besiegten den schützenden Schild
hielten. Appian will aus guter Quelle wissen, was jetzt ge-
sprochen wurde ; *^'*) er hat aber manches hinzugesetzt, unter
anderem die falsche Angabe über die Dauer des Triumvirats,
und die mehr als freimüthigen Bemerkungen über diesen Bund.
In keiner anderen Absicht erschien Lucius, als um die Begna-
digung seiner Freunde zu bewirken; er übernahm daher alle
Verantwortlichkeit, jedoch so, dass man nicht glauben sollte,
er sei Octavians persönlicher Feind, da er auch seinen Bruder
habe bewegen wollen, als anmasslicher Herrscher zurückzutreten,
und dem Staate die väterliclien Gesetze wieder zu geben; was
auch geschehen sei , nur von ihm sei es ausgegangen , und nur
er könne büssen, wenn seine lautere Absicht ihn nicht entschul-
83) Ders. 094. Ol)en A. GG. u. 70. Nach der Schlacht bei Actium be-
wirkte sein Sohn seine Regnadigung, Senec. de benef. 2, 25. und Octa-
vian gab ihm den Rang eines Consulars, obgleich er während der l'n-
rnhen nicht zum Oonsulat gelangt war. Dio &2, 42. Vgl. 64, 6. ä4)
App. G9&. 007. Liv. 120. 85) 097 fin.
V. ANTONII. (14. §. 59.) 411
dige. Für seinen Gegner war der Krieg so unzeitig und ge-
fahrvoll gewesen , dass es ihm sclnver m urde, die Rache zu ver-
ßchiehen: in Rom bemiichtigte sich der Pöbel des Getraides, weil
er Hunger litt, **'') und forderte Frieden mit Pompejus, dem Ur-
heber dieser Noth; Pompejiis spottete Octavians, weil er ihn
durch Andere beschäftigt sah, und diese waren der Bruder und
die Gattinn des Mannes , mit welchem der Triumvir jetzt unter
keiner Bedingung zerfallen durfte. ^^) Aber eben deshalb Aer-
barg er seinen Zorn. Das Vertrauen des Lucius entwaffnete
ihn, und er versprach, es zu rechtfertigen, wogegen der Con-
sular ihn sogleich dadurch als Überbefehlshaber anerkannte, dass
er das Losungswort von ihm erbitten und ihm das Verzeichniss
der Truppen überreichen liess. ^8)
Am anderen Morgen zog die Besatzung aus der Stadt und
an Octavian vorüber, welcher mit einem Lorbeerkränze auf dem
Tribunal sie erwartete. Er befahl ihr , die AVaffen zu strecken,
und rügte den Undank der Veteranen , der Anfang eines vorbe-
reiteten Gaukelspiels; denn er begnadigte sie endlich auf die
wiederholte Fürbitte der seinigen, sclieinbar nicht ohne einen
schweren Kampf mit sich seihst und nur gegen die Zusage, nicht
wieder gegen ihre alten Geführten zu fechten. So verpflichtete
er sie und sein Heer. Doch mussten sie mit den Tironen abgeson-
dert lagern , bis er ihnen unter anderen Führern AVinterquar-
tiere anwies. Nach ihnen empfieng er Lucius mit den Senato-
ren und Rittern in seinem Gefolge. Sie kamen im Trauerge-
wande , und wurden bis auf jenen, welcher einen Ehrensitz auf
dem Tribunal erhielt, unter die Angesehensten des Heers ver-
theilt, um unter dem Scheine gastfreundlicher Fürsorge bewacht
zu werden. Indess war Perusia besetzt. Octavian verzieh den
Einwohnern, jedoch nicht den Magistraten, ^9) welche er ver-
haften und bald darauf tödten Hess; nur Lucius Aemilius wurde
verschont, weil er a. 43. die Mörder Cäsars verurtheilt und die
anderen Richter aufgefordert hatte, seinem Beispiele zu fol-
gen. ^") Auch Tiberius Cauutius, Tribun a. 44. und aus Hass
86) App. 691. 87) Dio 48, 16. 88) App. 697. Senec. de franquill.
an. 8. Numerus Uli quotidie servorum , Velut imperatori e.rercitus, refe~
rebalur. 89) Duumvirn oder Quatuorvirn und Decurionen. S. Noris«
Cenot. Pis. diss. 1. c 2. 90) App. 699. Dio 48, J4. g. 49. A. ZQ.
412 V. ANTON«. (14. §. 59.)
gegen die Maclithaber Lucius Freund,*') C, Flavius, Clodius
Bithynicus u. A. unter den Gefangenen überlebten den Krieg
nur kurze Zeit. AVie der Triumvir auf die Bitten jener Peru-
siner nur Eine Antwort hatte: ihr müsst sterben, '■^-'i so starben
„nach einem Gerüchte," „nach der Aussage einiger Schriftstel-
ler" 300 der gefangenen Senatoren und Kitter, oder gar nach
Dio 400 der Letzten, jene nicht gerechnet, am 15. Mürz am
Altar des Divus Julius als Sühnopfer. '•*•*) Sie mögen an die-
sem Tage getüdtet sein, und auf dem IVLirkte in Rom, •wo die
Capelle des Dictator stand, ^*) dessen Manen sein Adoptivsohn
die Opfer der eigenen Ehrsucht weihte, aber Zeit und Sitte
gestatteten nicht, sie als Thiere am Altare zu schlachten, 3^)
was auch die Wuth des Pöbels und seiner Häupter sich in bür-
gerlichen Unruhen erlauben mochte. Aquilius Niger war nicht
der Einzige, welcher gern zum Nachtheile Octavians berichtete
und seinen Handlungen eine gehässige Deutung gab, ^^) und
nicht bloss Sveton erzählte ihm nach, während Vellejus^'^) mit
gewohnter Rücksicht auf die Julier der Darstellung des Trium-
Tir folgt, und daher auch dieser Ereignisse entschuldigend ge-
denkt. Perusia sollte geplündert werden. Diess verhinderte ein
Eweiter Herostratus, ,ein reicher Bürger, Cestius, welcher, von
einer an Wahnsinn gränzenden Eitelkeit getrieben , sich Mace-
donicus nannte, weil er in Macedonien gedient hatte, und für
seinen Ruhm von der Zerstörung seiner Vaterstadt erwartete,
vas ihm geworden ist. Er zündete seine Wohnung an und
stürzte sich in die Flammen, worauf auch alle anderen Häuser
Lis auf den Tempel des Vulcan verbrannten. Doch wurde der
Ort wieder aufgebaut j und jener statt Juno zur Schutzgottheit
gewählt. 98J
Der Kampf Lei Perusia endigte sich im Winter d. J. ^^
Ol) App. u. Dio II. cc. Von Vellej. 2, 64. mit Salvius, Trib, a. 43,
(§. 54. A. 07.) verwechselt. S. Periz. Anim. hisl. p. 53. u. oben §. 31.
A. 36. 02) Suet. Octav. 15. 03) Siiet. u. Dio II. cc. Perusinae arae^
Senec. de clero. 1, 11. Zonar. 10, 21. 04) §. 10. A. 07. §. 50. fin. 95)
Foeditas stippltcü. lAv. 7» 15. 06) Suet. 11. Oben §. 45. fin. 07)2,
74. Vgl. Suet. 84. 08) App. 5, COO. Dio 48, 14. Liv. 126. Veliej. 2, 74
Properl. 2, l. 20.
V. ANTONIL (14. §. 59.) 413
da <Tie Besiegten noch Winterquartiere bezogen, ^3) gegen die
Zeit des Frühjahrs, doch lange zuvor, ehe Agrippa im Juli als
Prätor Apollinar - Spiele in Rom gab. '*'") Iiidess dauerte der
Krieg noch fort. Die Feldherrn von der Partei des M. Anto^-
nius hatten gegen Octavian eine feindliche Stellung genommen,
und wussten nicht, ob er es ahnden werde, und was jener wün-
sche. Jeder handelte daher für sich und nach eigener Einsicht.
Ij. Plancus mochte weder fechten noch sich vergleichen; er lehn-
te die Anträge des Agrippa ab, Avelcher ihm durch Umbrien
folgte, und entfloh so eilig nach der Küste, dass zwei seiner
Legionen in Camerinum zurückblieben, wo der Feind sie er-
reichte und gewann. 0 Als er sich mit Fulvia eingeschiift hat-
te, stiess der noch übrige Theil seiner Truppen zu Ventidius,
welcher sich in der Nähe des Meers behauptete, um Antonius
zu empfangen. -) Um diesen erwarb sich Asinius Pollio in Ita-
lien bald noch grössere Verdienste. Vorerst wandte er sich wie-
der nach dem cisalpinischen Gallien , und sammelte bei Aitinum
in Venetien sieben Legionen, und Waffen und Geld, wobei be^
sonders Patavium litt, weil es im mutineusischen Kriege sich
den Raubschaaren des Antonius Avidtrsctzt hatte. ^)
Seine Unternehmungen wurden durch Unruhen im Süden
begünstigt. Tiberius Claudius Nero, Livias Gemahl und Vater
des Kaisers Tiberius, Prätor a. 41. war von Perusia nach Prä-
neste entkommen, und von Fulvia überredet, die Campaner,
welche bei der Ackervertheilung verloren hatten, und die Scla-
ven zu bewaffnen. Doch Avagte er keinen Widerstand, sondern
begab sich mit seiner Familie bei Octavians Annäherung von
Neapolis nach Sicilien, wo Pompejus ihm mit so weniger Ach-
tung begegnete, dass er weiter nach Achaja zu Antonius
gieng, mit welchem er nach Italien zurückkehrte. *) Alle Ent-
würfe Fulvia's waren vereitelt. Sie reis^te mit ihren Kindern
nach Puteoli, konnte aber nach Tiberius Flucht nicht länger
in Italien verweilen. An der Küste von ßrundusium , wohin
99) App. 1. c. Dazu stimmt auch die Nachricht p. 701. Antonius habe
die Uebergabe der Stadt im Frühjahre erfahren. 100) Dio 48, 20. 33.
1) App. 700. .707. S. A. 5. 2) Ders. 700. 3) Vellej. 2, 70. Macrob.
Sat. 1, 11. Vgl. Cic. 12 Phil. 4. u. oben §. 42. A. CI. 4) Vellej. 2, 75.
u. 77. Säet. Tiber. 4. C. Tacit. A. 5, 1. Dio 48, 15. 44. S. §. 61. A. 17.
414 V. ANTONII. (14. §. 59.)
3000 Reuter sie begleiteten, fand sie L. PLincus, und fuhr mit
ihm auf fiinfKriegsschitten, welche man ihr entgegen schickte, nach
Griechenland, ohne von Octavian beunruhigt zu werden. ^) Schon
früher war-Tiilia, die Mutter der Antonier, nachSicilien abgegangen
und aufdas ehrenvollste aufgenommen, weilPompejus ihrer bedurfte. ''^
Octavian fürchtete nicht ohne Grund, dass dieser sich mit
Antonius verbinden möchte, dessen Absichten er nicht kannte«
Er beauftragte Agrippa mit der Verthcidigung der Küsten, "
und zog nach dem Norden zu Salvidicnus, welchem es nicht
gelungen war, Fufius Calenus aus Ligurien zu vertreiben. ^^
Dieser deckte Gallien mit einer bedeutenden Macht, ^) und sperr-
te zugleich den AVeg nach Spanien , der Provinz Octavians,
dessen Angriff aber eben dadurch gerechtfertigt wurde; denn er
erschien als Nothwehr und war es in der That, so fern der
Triumvir nicht wünschen konnte, dass ihn ein Heer im Rücken
bedrohte, Avenn Antonius in Italien als Feind gegen ihn auftrat.
Doch bedurfte es des Kampfes nicht, denn Calenus starb, und
sein Sohn übergab aus Furcht Provinz und Truppen, lo) Auch
räumte nun, Asinius das transpadanische Gallien, wo er wahr-
scheinlich Alfenus Varus zum Nachfolger erhielt. ^') Er gieng
längs der Küste zu Domitius Ahenobarbus und versöhnte ihn
mit Antonius, dessen Landung in Italien dadurch erleiclitert
wurde. '-) Bis auf einige Plätze am Meere war nun Italien nebst
Gallien und Spanien OctaA-ian unterworfen. Bei seinem Einzü-
ge in Rom, erschien er im Triumphal- Schmucke und mit einem
Lorbeerkränze, und man ehrte ihn durch Freudenfeste und durch
den Beschluss, dass er den Kranz tragen sollte, so oft ein An-
derer triumphiren werde. ^^)
So wenig Lepidus in diesem Kriege geleistet hatte , so
5) Vellej. 2, 76. App. 700. Die 1. c. Plut, Ant. 30. Orog. G, 18.
Zonar. 10, 21, C) App. 701. 708. 741. 718. Dio 1. c. Plnt. Anl. 32.
Unten §. 60. A. 27. 7) Dio 48, 20. S) Ders. I. c App. 710.
0) App. -701. in. 10) App. 5, 700. 701. 702. 705. 700. 707. Dio
48, 20. 28. 11) Schol. zu Virg. Kcl. 6, 6. u. 9, 29. Heyne vita Virg.
ad a. 713. Thorbecke Asin. Poll. p. 22. 12) §. 60. 13) Dio 48, 16.
Nach der Besiegung des Sex. Ponipejus a. 3G. wurde er erniärhtigt, ihn
immer zu fragen. Dio 49, 13. u. die Münze bei Kckh. 6. p. 83. 84. Kh-
renerweisungen für ihn zu erfinden, war überflüssig; man schmeichelte ihm
eben so, wie früher Cäsar. S. Julii.
V. ANTONII. (14. §. 60.) 415
konnte man ilm doch keines Vcrratlis hescliuldlgen. Für fliesen
Fall Avar ihm hei Philippi als Fintscliiitligiiiig für Spanien und
das narhonensisclie Gallien '■*) von seineu Coliegen Afrika he-
stinimt, ein ehrenvolles Exil, während sonst die alte Provinz
Afrika oder Carthago Antonius, und die neue oder Numidicn
Octavian erhalten sollte. ^^) Die Ereignisse in Italien waren
auch für diese Gegenden nicht ohne Folgen gehliehen, aher Ap-
pian widerspricht sich in den Nachrichten darüher, denn er
liisst Titus Sextius Numidien hald für den einen, hald für den
andern Triumvir verwalten , und ehen so unrichtig nennt ihn
Dio entschieden einen Anhänger des Antonius. i<») Denn Sextius
henutzte die Unruhen in Italien, um selbst eine Rolle zu spie-
len, und verlangte zu dem Ende von Cornificius, Statthalter
der alten Provinz , im Namen der Triumvirn deren Räumung,
weil sie hei der Errichtung des Bundes mit der seinigen Octa-
vian überwiesen war. •'>* Diess veranlasste einen Krieg, in wel-
chem Cornificius, ein Freund des Senats, getödtet Avu.de. i^)
So gebot Sextius über zwei Provinzen; da aber der Vertrag
A'on Philippi die neue Octavian zusicherte, so erliielt er von
Lucius Antonius Befehl, sie dessen Statthalter, Cajus Phango,
zu übergeben. '^) Er gehorchte, jedoch mit der Hoffnung, dass
die Einitikeit unter den Machthahern nicht von Dauer sein Aver-
de. Als der perusinische Krieg begann, forderte er im Auftrat
ge des Lucius und der Fulvia Numidien zurück, und besiegte
Phango , Avelcher durch Selbstmord endigte. Ihm brachte es
keinen GcAvinn; denn nach jenem Kriege nahm Lepidus Alt-
und Neu -Afrika in Besitz; Octavian schickte ihn mit sechs Le-
gionen vom Heere des Antonius, Avelche gegen ihn gefochten
hatten, und derert er sich zu entledigen wünschte; 20j er konn-
te es nicht mehr vermeiden, sein Wort zu lösen, da er jenen
erAvartete , und Sextius fügte sich.
§ 60.
Die Feste Alexandriens wurden durch die Ereignisse in Ita-
lien nicht unterbrochen, obgleich Antonius davon unterrichtet
14) §. 53. A. 18. 19. 15) §. 57. A. 33. 37. 38. 16) App. 4, 620.
5, 686. Dio 48, 21. 17) §. 53. A. 19. IS) Cornificii. 19) App. 5, 686.
Dio 48, 22. 20) App. 5, 677. 702. 716. Dio 48, 20. 23. 28. Vaillant.
Aeniil. No. 36.
416 V. ANTONI!. (11. §. CO.)
war. '') Denn beide Parteien schickten Gesandte an ihn, und
zwar erschienen im Auftrage üctavians M. Coccejus und Cäci-
na. '--) Dieser reis'te mit einer nichts sagenden Antwort zurück,
und Coccejus hlieh, ohne von ihm heschiedcn zu werden. '-^J Wie
viel auch Cleopatra durch die Zauher ihrer Person und ihres
Hofes über ilm vermochte , so konnte er sich doch wenigstens
erklären, und es bedurfte nur Eines Wortes, um seinen Vete-
ranen im Westen das Schwerdt in der Scheide zu halten; dazu
verpflichtete ihn sogar der Vertrag von Philippi, welchen Octa-
vian vollzog. Aber er wünschte den Untergang seines Neben-
buhlers, und wollte gegen dessen Vorwürfe gesichert sein, wenn
er siegte.
a. 40. verHess er Aegjpten am Ende des Winters, Der
Angriff der Parther auf das römische Asien führte ihn zunächst
nach Tyrus, wo er aus Briefen seiner Gemahlinn ersah, dass
sie aus Italien entflohen und dort Alles verloren war. -'^) Ihre
Klagen bestimmten ihn nicht, aber er konnte sich diesen Ange-
legenheiten nicht länger entziehen. Mit 200 Schiften, welche
er auf dem Wege über Cyprus, Rhodus und Asia sammelte, -^•'
fuhr er nach Griechenland, und schon jetzt kamen ihm viele Flücht-
linge entgegen; ihre Berichte setzten Fulvias Schuld ausser Zwei-
fel, und Manche deuteten au, was er bei dem Bewusstsein sei-
ner Untreue leicht verstand, aber auch mit desto mehr Erbitte-
rung vernahm , dass sie ihn den Armen der Königinn habe ent-
reissen wollen. I!ir grösstcs Verbrechen aber war ihr Unglück:
das Unternehmen war misslungen und also ein Fehler, und An-
tonius drückten die Folgen. Nicht günstiger war die Stim-
mung, mit M elcher sie ihn in Athen empiicng. -•') Er hatte sie
preis gegeben, und am tiefsten verwundete sie sein Verhältniss
zu Cleopatra, welches sie als die Ursach und als eine öffentli-
che Beschimpfung betrachtete. Unter diesen Umständen und bei
der Leidenschaftlichkeit dieser Menschen musste ilir Wiedersehen
heftige Auftritte veranlassen, wodurch Fulvias Gesundheit zer-
stört wurde, naclidcm sie schon durch die Anstrengungen und
schmerzlichen Erfahrungen der letzten Zeit untergraben war.
21) §. 57. 22) §. 58. A. 51. 23) App. 5, 701. 70C. 24) Ders.
701. u. Parth. p. 150. Die 48, 27. Plut. Ant. 30- §. 02. A. Oü. 25) App.
7U3. riiit. I. c. 20) App. 701. Dio I. c.
V: ANTÜNII. (14. §. 60.) 417
Aiicli sein«; Mutter Julia als eine Vertriebene in Athen zu
finden , konnte für <len Triumvir nicht erfreulich sein. Ponipe-
jus schickte sie ihm aus Sicilien^iJ auf seinen eigenen Schiften,
und in Begleitung seines Schwiegervaters L. Scrihonius Libo,
des G. Sentius »Satiinüaus, welclier aus Italien zu ihm gekon»-
luen Avar und a. 10. C'onsul wurde, ^8) und anderer angeseJic-
nen Männer, in der Hoffnung, in ihm einen Bundesgenossen
gegen Octavian zu gewinnen. -'•'>' Noch war alles zu verwickelt,
als dass Antonius sich ihm unbedingt zusagen mochte; deslialb
dankte er ihm im Namen der Mutter und für die ihm angebo-
tene Hülfe, mit der Versicherung, er werde sie gern annehmen,
wenn Octavian ihn zum Kriege zwinge, sonst aber diesen aucli
mit ihm versöhnen, >^'') Das Letzte war nicht seine Absichi,
denn wie der FcMzug der Parther ihm Miissigung gebot, so be-
schäftigte 8iciiien seinen Collegen; auch besass er den grössten
Theil der väterlichen Güter des Pompejus; wenn dieser i?acli ei-
nem früheren Beschlüsse aus dem Schatze entschädigt werden
sollte, so fiel es doch jetzt den Triamvirn zur Last, "^" und er
brachte nicht Geld genug für die Veteranen. Nach dem Allen
gieng er einer schwierigen Zeit entgegen. Aber er erregte aucli
bei Anderen grosse Besorgnisse, bei den neuen Colonisteu, v ei-
che ihre Güter nicht von seinem Bruder bekommen hatten , und
ihn für den Beschützer der Vertriebenen hielten, und vorzüs-
o
lieh bei Octavian. Dieser wusste nicht , ob er einen Freund
oder Feind zu erwarten habe; der Krieg mit Fulvia, ihre Reise
nach Athen, die Unterhandlungen in dieser Stadt, von Avelchen
er hörte, ohne den Erfolg zu kennen, Hessen ihn das Letzte
fürchten. ^-) In Italien gährte es , weil die Zufuhr fehlte und
die Bevölkerung ganzer Städte ohne Obdach war , und auf ihn
fiel der Hass, weil er ausführte, was nicht er allein beschlos-
sen hatte. So konnte er leicht das Opfer werden , wenn Anto-
nius in Verbindung mit Pompejus und Domitius die Hungers-
noth auf das Höchste steigerte, und zugleich die Mittel zur Ab-
27) §. 50. A. 6. u. unten A. 55. 28) Vellej. 2, 77. 02. DIo 54, 10.
§. Ol. A. 14. 29) App. 1. c. Dio 48, 16. 30) App. 1. c. Dio 48 , 27,
- 29. 30. spricht irrig von einem beschworenen Bundes - A'ertrage. 31)
Oben §. 5. u. Aemil. I.epid. No. 24. §. 2. 32) App. J. • .
Unimann , G«ac)ticLt« Kenis I 0 7
418 V. ANTONII. (14. §. 60.)
hülfe bot, wenn er seine Veteranen aufrief, und allen den sehn-
lich gewünschten Frieden und den zahlreichen Proscribirten und
Beraubten ihre Herstellung verhicss. Ohne Seemacht, vermoch-
te Octavian sicli mit seinen Legionen der Kriegsschiffe nicht
zu erwcliren, und selbst die Massregeln, welche er zu seiner
Vertheidigung nahm, erforderten Vorsicht, damit sie den Krieg
nicht beschleunigten. Er sagte den Colonien durch seine Send-
linge, dass der jetzige Besitzstand durch Antonius und Pompe-
jus gefährdet sei , ■^'•'^ und suchte zugleich nicht ohne grosse
Selbstvcrläugnung beide durch eine lleirath zu trennen. Mäce-
nas warb für ihn um Scribonia, die Schwester des L. Libo,
mit dessen Tochter Sex. Ponipejus sich vermählt hatte; sie war
viel älter als er, die Wittwe von zwei Consularen, und Mut-
ter; dennoch wurde sein Antrag angenommen. •'*^ Dadurch er-
hielt er die GeMissheit, dass noch kein Bund unter seinen Fein-
den bestehe ; er verdankte es eben der ausweichenden Erklärung
des Antonius in Athen, dass er in Sicilien Gehör fand. Denn
hier erwartete man sein Heil Aon Verträgen; Pompejus besass
weder die Ki'aft noch den Ehrgeiz, sein Schicksal mit den Waf-
fen zu entsclieiden , so sehr er sich auch der Siege seiner Feld-
herrn überhob; für eine gefahrlose Rückkehr nach Rom und eine
seinen Verlusten angemessene Summe Avar er jedem feil.
Diess aber wurde Octavian noch nicht deutlich ; dem ver-
meintlichen Träger der republicanischen Ideen näherte er sich
ungern; mit Antonius, dem Cäsarianer, war wenigstens für den
Augenblick ein Abkommen zu treffen, mit jenem, wie er glaubte,
nie. Der Krieg mit Sicilien griff überdiess störend in seine
Pläne ein ; er verzögerte die Entwicklung seiner Verhältnisse
zu dem Triumvir , und Hess nach einer glücklichen Beendigung
nichts hoffen , als eben das Aufhören einer Verneinung. Von
dieser Ansicht geleitet hatte er bereits früher Lucius eröffnet:
Truppen und Provinzen des Antonius habe er übernommen, um
sie ihm zu sichern ; jetzt aber, wo jener mit Pompejus sich ge-
gen ihn verschwöre, betrachte er sie als die scinigcn, jedoch
crlaiibe er ihm, sich zu seinem Bruder zu begeben. Man sollte
33) Der». 1. c. Die 48, 28. 34) App. 702. 711. Dio 48, 16. 34.
Sue(. Ocf. f»2. f)9. Tacif. A. 2, 27. Veliej. 2. 100. Horat. Sat. I, 5. 27-
Propert. 4, 11. 55. Zonar. lü, 21.
V. ANTONH. (11. §. Gü.) 419
ihn verstellen, alit-r Lucius verstand lim nicht, und wiederhol-
te, dass er die l'reilieit auch gegen seinen Bruder verthcidigen
werde; er Murdc wegen dieser Gesinnungen geloht und unter
der Aufsicht des Pcducäus dem Namen nach als Statthalter nach
Spanien gcsrhirkt. '•''^
Antonius lirss seine Flotte nach Corcjra vorausgehen; er
folgte mit Fulvia von Athen üher Sicyon, wo jene wegen 7.n-
flehmender Krankheit zurückblieb, ^''0 ohne auch nur zum Ab-
schiede von ihn» bogrüsst zu werden; als sie bald nachher starb,
bereute er seine Hiirte. '") Jetzt zürnte er ihr als der Urhebr-
rinn eines Kampfes, auf welchen er nicht vorbereitet war; denn
er hatte nur wenige Truppen und gebot nicht einmal über ei-
nen Hafen in Italien, wohin er sie führen konnte; aucli erwar-
tete er einen Angriff des Domitius Ahenobarbus. -^8) Doch die-
ser war ihm bereits durch Asinius Pollio gewonnen. Ohnerach-
tet seiner nicht unbedeutenden Maclit 'V fühlte Domitius, dnss
er im ionischen Meere vereinzelt stand, und von Octavi^n we-
gen angeblicher Thcilnahme an dem Verbrechen des 15. Mär/es
geachtet,^") zu stolz, sich den Freigelassenen des Sex. Pompe-
jus unterzuordnen, konnte er sich nur an Antonius anschliessen.
F-r schrieb ihm mit Asinius, und meldete ihm, dass er Lai)-
dungspliitzc und Vorriithe linden Merde.^U Als der Triumvir
vertrauungsvoU und gegen den Rath des L. Plancus mit nur
fünf Schiffen zu seiner Flotte kam, empfieng er ihn als Ober-
befehlshaber, und begleitete ihn nach Valetium auf der janvgi-
schen Halbinsel , '^-) wo seine Truppen lagerten.
Man bedurfte aber einen grossen Kriegshafen und Waffen-
platz, und was mehr war, eine Erklärung Octavians , wodurch
sich das Verhältniss zu ihm bestimmte: Antonius zeigte sich
vor Brundusium, und wurde nicht aufgenommen. Diess galt
für eine Feindseligkeit, da Italien nach den Verträgen nicht ei-
nem Einzelnen gehörte, *2) und doch hatte er sich der Besatzung
35) App. 702. 703. 3C) Ders. 703. Dio 48, 28. Plut. Anlon. 30.
37) App. 70C. 708. 38) §. 58. A. 95. SO^i App. 686. 40) §. 40. A. 36.
41) App. 700. Vellej. 2, 70. Dio 48, IG. Zon. 10, 21. Vaill. Anton. No.
27. Dorait. No. 18. Eckh. 5. p. 202. 42) App. 703. hat, wie viele An-
dere, den Namen de« Ortes entstellt, welcher südlich von ßnindtTsium
1a?. 43) §, 57. A. 3C.
27*
420 V ANTONIl. (14. §. GO. )
dadurch selbst als Feind angekündigt, dass er mit Donütius cr-
Kchien. Die Frage über Krieg und Frieden Avar entschieden,
und um so wichtiger für ihn der Besitz der Stadt, wo er seine
Truppen erwarten und saninicln konnte; Mauer und Graben
trennten die Erdzunge, auf welcher sie erbaut Avar , vom festen
Lande, und seine Schiffe belagerten sie zur See. **) Ohne gro_
sse Anstrengung nahm er Sipuntum, wodurch er mehr seine
Schwäche verbergen und den Feind beunruhigen wollte, gegen
welchen er Sex. Pompejus herbeirief. Dieser schickte den Frei-
gelassenen Menas '^'^) nach dem tj-rrhenischcn Meere; er selbst
belagerte Thurium und seine Reuterei durchstreifte das Land. *'')
Eine Entscheidung mit den Waffen war vorerst unmöglich, Meil
der eine Theil fast nur Schiffe, der andere fast nur Legionen
zu seiner Verfügung hatte , und der Kampf sich also auf An-
griffe gegen die Küste und auf deren Vertheidigung beschränk-
te; Italien durch den Hunger zu erobern stimmte als ein langsam
wirkendes Mittel nicht zu Antonius Characfcer, und machte ihn
von Pompejus abhängig; nur von dem Abfalle der Veteranen
seines Gegners oder von ihrer Weigerung, gegen ihn zu fech-
ten, durfte er eine schnelle Beenditj-unn- des Krienres hoffen. In
der That verliessen sie Agrippa auf dem Wege nach Sipuntum,
als sie hörten, dass sie gegen ihn, nicht, wie man ihnen ge-
sagt hatte, gegen Pompejus geführt würden; man beruhigte sie>
und der Ort wurde wieder erobert;*^) unter denen, mit welchen
Octavian gegen Brundusium zog, zeigte sich sogar keine Spur
von AVidersetzlichkeit , insgeheim aber einigten sie sich , ihn
nur dann zu vertheidigen , wenn man sich nicht mit ihm ver-
söhnen wolle. Es blieb ihm nicht unbekannt; daher sein Zö-
gern ohnerachtet seiner Uebermacht, vielleicht selbst seine Krank-
heit in Canusium.
Die Arbeiten vor Brundusium wurden also ungestört fort-
gesetzt, und Antonius überfiel und schlug bei Uria, nördlich
von Sipuntum, mit 400 Reutern mehr als 1000 unter P. Ser-
vilius Rullus ; sein Name maclite hier den Gebrauch der Waffen
41) App. 704. 705. 706. 707. Dio 48, 27. 45) Bei App. stets Mero-
dorus geiiaiinf. Das Genauere über ihn und über Poiiipejus Unterneh-
mungen in: Pompeji. -10) App. 701. Dio 4S , 30. 47) App. 704. 705.
Dio 48, 28.
#i
V. ANTONII. (14. §. 00.) 421
fast überflüssig.^^) Aber die Legionen in Macedonien wurden
noch immer vergebens erwartet; die Ausschiffung von Leuten
der Umgegend , welche in der Nacht eingeschifft und als Krie-
ger gekleidet waren, konnte kaum täuschen, und verrieth nur
seine V'erlegenheit, und l'ompejus vermochte nichts. Er wurde
gezwungen, sich von Thurium südlich hinab in das Innere des
Landes zurückzuziehen, wo er Consentia, die Stadt der Bruttier,
angriff".«)
Im Lager des Octavian war man sehr erfreut , als die Sol-
daten des Antonius sich ihm näherten, um unter Vorwürfen und
Klagen vom Kriege abzumahnen, und auch Antonius hörte den
Zuruf der feindlichen Veteranen nicht ungern: er möge sich
fügen oder gewärtig sein, dass man ihn dazu zwinge. Als man
so von beiden Seiten nur auf einen ehrenvollen Rückzug dach-
te, starb Fulvia in Sicyon. ^") Ihr Gemahl hatte nichts für sie
und nichts auf ihr Geheiss gethan, aber von ihr war der Streit
veranlasst, und er schien jetzt zwecklos zu sein, denn ihr Tod
entband Antonius von der Pflicht, ihre Sache zu verfechten,
und befreite Octavian von seiner Feindinn. Diese Ansicht der
Menge stimmte zu den Wünschen ihrer Häupter; ^') indess be-
durfte es eines Dritten, welcher sie scheinbar gegen ihren Wil-
len zu einander führte, weil man nicht glauben sollte, dass sie
sich suchten. Er fand sich in M. Coccejus Nerva;^-) sein lan-
ger Aufenthalt bei Antonius, welchen er als Gesandter Octavians
vom Nil nach Italien begleitete, ^2) und der milde, wohl nur
auf Andere berechnete Tadel bei seiner späten Rückkehr , lässt
nicht zweifeln, dass er von Anfang zum Unterhändler bestimmt
war. Demnach beurlaubte er sich bei Antonius, als jene Nach-
richt von Sicyon eintraf, und bat um Antwort auf den im vo-
rigen Jahre überbrachten Brief. Diess gab ihm Gelegenheit,
Worte des Friedens zu sprechen , und mehr wollte und erreich-
te er nicht. Dann sagte er auch Octavian, was den Gegner ent-
48) App. 705. Die 1. c. 49) App. 705. 708. 50) App. 5. 70C. Die
I. c. Plut. Ant. 30. Zon. 10, 22. 51) Liv. 127. App. 708. Dio u. Plut.
II. cc. 52) Bei App. Lucius, in der IJeberschilft von Dio 1. 49. Marcus
genannt; eben so in Cassiodor. Chronicon. ad a. 717. Nerva lieisst er in
den Fast, sicul. bei Dio 40 , 24. u. hei Acren, u, l'orphyr. zu Horaf . Sal.
1. 5. 28. 53) $. 58. A. 51.
422 V. AXTOXFl. (14. §. CO.)
schuldigen konnte, nicht, ohne an Pompfju«! zu erinnern, ■vrcl-
cJieiu durch diesen Zwist Italien geöffnet sei, und endigte mit
dem Antrage, der Jüngere möge dem Acltcren zuerst schrei-
ben. S4;
Octavian schrieb an Julia, die Muttf-r des Antonius; er be-
klagte, dass sie sich entfernt habe, da er eine kindliche Ehr-
t'urclit gegen sie empfinde, und gern jeden ihrer M'ün.sche erfül-
len werde. ^^) Unter dem Vorwande, den Brief zu überbringen,
schickte er Coccejus A^ieder in das feindliche Lager, wo dieser
Antonius empfahl, die Verbindung mit Pompcjus aufzuheben und
aucli Domitius vorerst zu entfernen, da er nur zwischen dem
Frieden und dem Hasse aller Veteranen zu wählen habe. Auch
Julia war dieser Meinung, und als Coccejus sich für den Erfolg der
l nterliandlungen verbürgte, Avurde Pompejus zur Rückkehr nach
Sicilien aufgefordert, und Domitius als Statthalter nach Bithy.
nien geschickt. ^•') Die Veteranen des Octavian ersuchten sowohl
ihn als Antonius, nach der Beseitigung dieses Hindernisses sich
unverzüglich zu einigen. Jener ernannte Mäcenas zu seinem
Gesandteti , und dieser Asinius PoUio, welche in Gegenwart und
unter der .Mitwirkung des Coccejus, als eines gemeinschaftlichen
Freundes der Triumvirn , den nach Brundusium benannten Ver-
trag schlössen.^") 3Ian versprach sich darin völliges Vergessen
54) App. 707. 708. 55) App. 708. Oben A. 27. 56) Vellej. 2, 18.
App. J. c. Dio 48, 30. 57) App. 5. 709. erwähnt nur Jene, und Liv.
I'i7. erzählte nach l'orphyrion zu Horat. Sal. 1. 5. 27. f, dass auch Agrip-
jia nach Mäcenas sich eingefunden hahe j Fonteju« Capitu {Anloni, non
ul Möffis aller, amicus Horaf. v. 33. I'lut. Ant. 36.) wurde nicht von
Ihm genannt. Porphyr, u. Acron setzen die Reise des Horaz nach Brun-
dugiuni in diese Zeil, und nehmen an, dass Mäcenas, Agrippa, Coccejus
Und l''otiteju8 im Auftrage der Triumvirn in Tniracina (Anxur) zusam-
mengekommen seien, weil der Dichter sie dort eintreffen lässt. Allein
er sagt nicht, dass sie jetzt, sondern nur, da&s sie für Jene un-
terhandelt haben, wol)ei er und Virgil (v. -18.) sehr übernüssig waren;
er schweigt von .asinius, wie Appian \ on Fontrjus, und schildert das 1 n-
tei-nehuien als eine Vergnügungsreise. Zu jenem Zwecke würde ein Ort
an der italischen Westküste schlecht gewählt sein, da die Heerführer an
der üitlichen standen, und endlich melden ausser Appian \'cllej. 2, 7C.
und Dio 18, 30. ausdrücklich, man habe sich in den Lagern bei Bruudu-
siuia verglichen. Freinsh. supplem. Liv. 127. (. -1. u. A. sind den Schu-
liasten gefolgt. Auf spätere Unterhandlungen rwisrben Ant. und Uctav.
V. ANTOMl. (M. §. 60.^ 423
des Vergangenen und Frieden und Freundschaft für die Zu-
kunft, ^sj Dann bracliten die Unterhändler eine Vermählung zwi-
schen Antonius und üctavia, der jüngeren Scl»wester des Trium-
vir ^^) und Wittwe des C. Marccllus *'^) in Vorschhig, ivelches
genehmigt wurde, weil es gehoten Avar. Octavia übertraf die
Königinn von Aegyptcu an Sdiönheit, und an Tugenden kam
ihr unter den uns bekannten Römerinnen jener Zeit keine an-
dere gleich ; daher glaubte man durch diese Verbindung, welche
bei den Heeren die lebhafteste Freude erregte, dem Staate die
Ruhe zu sichern , obgleich das Mittel noch vor kurzem in ei-
nem ähnlichen Falle sich niclit bewährt hatte. *•') Von der dar-
auf folgenden Theilung des Reichs gilt in vieler Hinsiclit, was
über die vorige bemerkt ist, ''-> dass sie nämlich Antonius zum
Schaden gereichte, schon, Aveil sie ihn von Rom ausschloss, ob-
gleich die Herrscher sich stets das Ansehn gaben, als ob sie
nicht um sondern für Italien kämpften , •'•') und sich nur ge-
statteten, eine gleiche Anzalil Truppen darin auszuheben. Es
verblieb in der That Octavian , da er die Provinzen westlich
von Scodra ^'^J erhielt, und Antonius die östlichen, wo er die
Parther vertreiben sollte. Lepidus wurde im Besitze von Afri-
ka nicht gestört und Domitius Ahenobarbus freigesprochen. Sehr
zweideutig bestimmte man dagegen , dass wenn nichts anders
übrig bleibe, Octavian den Krieg mit Pompejus führen werde.
Wiederholt hatte ihm Antonius seine Vermittlung zugesagt; ^'^^
kann der Reisebericht noch viel weniger bezogen werden, welches IVes-
Beling Obsarv. Variae 2. 15. (Frühjahr a. 38.) Massen Vit. Horat. p.
81. u. 125. (Herbst 37.) und Heindorf Einleit. in jene Satyre für das Rich-
tige halten. 58) App. 1. c. Ursin, Farn, Rom. p. 24. Vaill. Ant. No. 28
— 31. Eckh. 6. p. 74. 59) App. 1. c. Sie war die Tochter des C. ücta-
vius von Atia, nicht von dessen erster Gemahlinn Ancharia, und also
des Triumvir leibliche Schwester auch von Seiten der Mutter, obgleich
Piut. Ant. 31. diess läugnet. S. Octavii. 60) Suet. Caes. 27. u. üctav.
Gl. Plut. 1. c. Dio 48, 31. Die stemmata Angustae domtis von Lipsius
ed. Tacit. p. 545. und von Wolf ed. Suet. Vol. 1. sind nicht durchaus
lichtig. Octavia war älter als ihr Bruder, aber jünger als die Tochter
der Ancharia, und jünger und schöner als Cleopatra. I'lut. Ant. 57. fin-
61) §. 54. A. 64. 62) §. 57. A. 33. 63) Dio 48, 2. 50, 1. Vgl. App.
5. 725. fin. 64) In Illyrien, 17000 Schritte von der Küste. Plin. 3. 20.
(52.) 65) Oben A. 80. App. 708. fin. Dio 48, 29.
424 V. ANTONII. (14. g. 60.)
aber sein Untergang war entschieden, un\ n»ir, um ihn vorerst
abHiiden zu können, wenn das Volk es foidcrc , verfügte man
noch nicht über Sicilien und Sardinien. Der Artikel endlich,
nach welchem die Triumvirn ihre Anliänger mit Ehrcnstcllen be-
lohnen M'ollten , kam bei Mehreren schon in diesem Jahre zur
Vollziehunt!;. '"'^
So theilten jene zum dritten Male, ^' ihr letzter Vertrag,
bei welchem Lepidus wieder nicht befragt wuidc. Doch schie-
nen auch sie nicht einzugreifen , sondern nur dem äusseren An-
stosse zu folgen; sie salien sich jetzt erst, als sie sich gegen-
seitig bewirtheten. Antonius bewies, dass er im Osten gelernt
hatte, ♦•*) aber die Veteranen erwarteten, dass er dort Geld für
sie gesammelt habe; sie forderten es, und seine Casse war
leer. 69) ' Diese Entdeckung verwandelte ihre Freude in den hef-
tigsten Unwillen, und Octavian musste Bürge für ihn werden, um
ihn vor Misshandlungen zu schützen. "^^0 In Rom hoffte man, dass
dieTheurung aufhören, dassPompejus in Folge eines Vergleichs zu-
rückkommen, oder doch der vereinigten Macht der beiden Triumvirn
nicht widerstehen werde. Deshalb erhielt der Senats -Beschluss,
welcher diesen zum Danke für die Herstellung des Friedens eine
Ovation ^i) und das Recht bewilligte, den Spielen auf curuli-
schen Stühlen heizuwohnen, auch den Beifall des Volks; es em-
ptieng sie bei ihrem feierlichen Einzüge mit Aeusserungen einer
lebhaften Theilnahme. ■*-) Die Vermiihluna: des Antonius mit
Octavia , welclie so bald nach dem Tode des Marcellus nicht
wieder heirathen durfte , aber durch den Senat von der Beob-
CC) Plut. Ant. 30. G7) App. 709. Dio 48, 28 Plut. I. c. Zonar. 10,
22. 68) Dio 48, 30. Zon. 1. c. CO) §. 57. A. 35. 42. 50. 70) Dio u
Zon. 11. cc. 71) Nicht wegen des Sieges bei Philipp!, wie Suet. Oct. 22^
andeutet, welcher nur z\«ei Ovationen des Octavian kennt, diese, und
die andere nach Beendigung des Krieges mit Poinpejus a. 30. Fast. Capit.
Dio 49, 15. Eben so das Alonum. Ancyr. tab. 1. v. 19. (bis orans). Da-
her darf man nicht mit Fabric. zu Dio 51, 8. u. Baumg. Crusius zu Suet.
I. c. die Angabe für falsch ericlären , weil Dio 1, c. eine dritte Feier
dieser Art nach der Auüliefeiung der röm. Fahnen durch die Parther er-
wähnt; die Khrenerweisung mag beschlossen aber nieht angenommen sein,
wie Wessel. Obs. 2. 4. glaubt, und auch das Srhwcigea der Fasten be-
weis'l. 72) Dio 48, 31. Suet. I. c. App. 710. Phit. Ant. 31. Fast. Capit.
V. ANTONII. (11. §. 60.) 425
achtung dieses Gesetzes cntbnmlcu wurde, "^^^ galt als Unter-
pfand besserer Zeiten ebenfalls für ein erfreuliches Ereiguiss, ''*^
und die Bereitwilligkeit, mit welcher Antonius sich nun endlich
als Priester Cilsars weihen Hess , um Octavian und den Vetera-
nen gefüllig zu sein, für ein Zeichen vollkommener Eintracht.^"*)
Diese wurde indess auch Manchen verderblich. Manius ^'')
war von Octavian stets als einer der Haupturheber des letzten
Krieges bezeichnet, früher, um durch die Anklage eines Dritten
die Versölinung zu erleichtern, und jetzt, damit durch seinen
Tod Andere von Unternehmungen für seinen Collegen abgeschreckt
■würden, welcher den Mann als Ruhestörer hinrichten Hess, in
der That aber, weil er Fulvia gegen ihn aufgereizt hatte. '^?
Ein ähnliches Schicksal traf Q. Salvidienus. '^^) Nach dem pe-
rusinischen Kriege, in welchem er sich hervorthat, wurde er
nach dem narbonensischen Gallien geschickt , und Agrippa ihm
vorgezogen. Die Truppen seiner Provinz hatten grösstcntheils
unter Antonius gedient, und er erbot sich in einem Schreiben an
ihn, ihren Abfall zu bewirken. Sein Antrag kam aber zu spät,
und Antonius , welcher bei seiner Schwelgerei sich nur zu oft
vergass, bewahrte das Gelieimniss nicht, worauf er unter einem
Verwände nach Rom beschieden und vom Senat als Hochverrä-
ther verurtheilt ■wurde.'''*) Dieser handelte so, wie es seine
Unwürdigkeit und Ohnmacht ihm eingab; er erklärte, dass der
Staat in Gefahr sei, und beauftragte die Triumvirn, über des-
sen Erhaltung zu wachen, ^^)
73) Plut. 1. c. Tempjts Juctus. S. tlie Schriftsteller bei Hauhold In-
stit. iur. rom. ed. Otto §. 375. u. Alex, de Buchholtz Comraentar. in Ju-
ris civ. antelust. Vaticana fragm. p. 277. f. Die zehnmonatliche Trauerzeit
der VVittwen erwähnen ausser Plut. 1. c. auch Ovid. Fast. 1. 27 u. 36.
Senec. consol. ad Helv. lä. (Ders. Epist. 03. spricht v. e. Jahre) Const. I.
Theodos.; Cod. I. 1. tit. 8. Pauli Senlent.receptae 1. 1. tit. 21. §. 13. Jqjtinian.
cod.jl. 5. tit. 9. de secund. nuptiis, Nachweisungen, welche ich meinem geehr-
ten Freunde v. Buchholtz verdanke. 74) Liv. 127. Vellej.2, 78. Tacit. A. 1. 10.
App. 5, 710. Dio u. Plut. II. cc.DioSO, 26. 75) Plut.Ant. 33. App. Parth. p.
156. Vgl. Dio 44, 6. Suet. Caes. 70. u. oben §. 6. tin. Cicero erinnerte gern
an diess Jlaminium und an dessen Vernachlässigung nach dem Tode des
Diclator. 2 Phil. 42. (43) 13, 19. 21. 76) §. 58. A. 100. f. 77) App.
5, 710. 78) §. 5S. A. 41. 79) App. 1. c. Uio 48, 33. Vellej. 2. 76.
Suet. Oct. 66.' Nach Liv. 127. tödtete er sich seihst. 80) Dio 1. c.
42 G V. ANTONII. (14. §. Co.)
Auch (las V'olk verltingfc Hülfe von ihnen, aber in einer
anderen Beziehung. Es sah sich in seinen Erwartungen ge-
täuscht, denn die Hungersnoth dauerte fort;^') Italien wurde
durch Ausliebungen und den Uebermuth der Truppen heimge-
sucht, und doch nicht gegen Poiupejus geschützt, welcher seine
Küsten verheerte, seine entlaufenen Sclaven aufnahm, und keine
Zufuhr gestattete. ^^-^ Aus dem Vorigen erhellt, warum die
Triumvirn sich nicht mit ihm vergleichen mochten ; zum Kriege
aber fehlte das Geld, die Schuld des Antonius und der uner-
sättlichen Veteranen. Bei dieser Stimmung und Noth neue
Auflagen zu machen, war höchst bedenklich, dennoch blieb kein
anderer Ausweg: ein Edict forderte für jeden Sclaven die Hälfte
der 25 Denare, Avelche zum Kriege mit Brutus und Cassius
gesteuert waren, und ein anderes einen Theil der Erbschaften. ^^)
Das Volk rottete sich zusammen, und zerriss die Edicte; es
tobte unter Aufruhrgeschrei und Drohungen besonders gegen
Octavian , weil es mit Recht glaubte, dass er sich dem Frieden
mit Sicilien am meisten widersetze, und empfieng bei den cir-
censischen Sjjiclen 8*) die Statue Neptuns mit stürmischer Freu-
de, da Pompejus als Anführer einer grossen und siegreichen
Flotte sich dessen Sohn nannte. ^^) Am folgenden Tage ver-
luisste es sie, eine Beleidigung, wie es deutete, daher es nun
zu Thätlichkeiten schritt, die Statuen der Triumvirn umstürzte
und gegen Octavian Steine schleuderte , als er erschien , sich
zu rechtfertigen. Antonius, welcher zu dessen Beistande herbei-
eilte, und der Aufforderung, sich zu entfernen, nicht Gehör
gab, rief nach den ersten Steinwürfen, mit welchen nun auch
er angegriffen wurde, die Truppen in die Stadt; die wehrlose
Menge wurde zerstreut und zum Theil niedergemaclit. Dadurch
vergalt Antonius seinem Collegen , was dieser bei Brundusium
für iiin gethan hatte, obgleich er nur eine Bewegung unter-
drücken wollte, welche Beiden gefährlich war. Sie hatten Ur-
■ ''^81) App. I. c. Dio 18, 31. Liv. 127. Vellej. 2, 17. Sue(. Oct. 16.
Gros. G, 18. Zon. 10, 22. 82) App. 713. Dio 18, 19. 83) App. 710.
Dio 18. 31. Olie» §. 50. A. 100. S I) Den rominchen , im September.
Cic. ad Kam. S, 12. u. dai. Rlamit. ad At(. 13, 15. 10. 2 Thil. 12. (13).
Dio 37, 8. Oben §. H. A. 15. 85) Dio 18, 19. 31. App. 710, 711. S-
Fumpcii.
V. ANTONFr. (II. §. 61.) 427
sach , billig zu lilcll)pn , denn «las «Inmpfc Schweigen des Volles,
dessen Vcrzwcilliing mit seinen Leiden tiiglich grösser Avurde,
Hess heftigere Stürme fürchten.*'')
Nicht weniger heunnihigten sie die Ansprüche ihrer An-
hänger; dass die Consuln ''^>' und die Priitoren für die noch
übrige Zeit des J, 40 Anderen weichen mussten, und selbst ei-
nem Aedil nach dessen Tode am letzten December ein Nach-
folger gegeben Avurde , befriedigte doch immer nur Einige. Das
Consulat erhielt L. Cornelius Haibus aus Gades, Cäsars Freund
und der erste Ausländer, -welcher zu dieser AVürde gelangte, ^^)
nebst P, Canidius Crassus; sie besorgten die im Kriege von
Philippi gelobten Spiele. *^) L. Piancus begab sich als Statthal-
ter des Antonius nach Asia. 'J"^
§ Cl.
a. 39 übernahmen L. Marcius Censorinus und C. Calvisius
Sabinus das Consulat. ^') Jener wird in den Philippiken oft,
aber nie mit Ehren erwähnt; er war Antonius nach Mutina ge-
folgt und verwaltete nach dem Tode des Brutus und Cassius
Acliaja. ''-J A'ielleiclit durch das Beispiel des Marius und des L.
Antonius dazu veranlasst, triumphirte er sogleich am 1. Januar
über Macedonien. '^^^ Calvisius hatte im Bürgerkriege unter
8G) App. 711. Die 48, 31. 87) §. 59. A. 78. 88) Plin. 7, 44. (43.)
Vgl. Cornelii Btdbi. 89) Dio 48, 32. Tab. Collot. bei Gruter 298. No. 1.
bei Pigh. u. Mailian. a. 713. Ueber Canidius vgl. Flut. Anlon. 34. 42.
56. 63. 65. 67. 68. 71. App. Parth. p. 157. 163. Dio 49. 24. 90) §. 57.
A. 75. ist bemerkt, dass Die 48, 24. diess unrichtig geschehen lägst, ehe
Antonius zum ersten Male zu Cleopatra nach Aegypten gieng, denn
Piancus nahm am perusinischen Kriege Theil. §. 59. A. 1. u. 5. Auf
seine Sendung nach Asien beziehen sich die Münzen bei Vaill. Munaf.
No. 4. u. Eckh. 5. p. 257. 6. p. 43. S. Munatii. u. hier §. 62. A. 61. —
In diesem J. erhielt Rom durch den V. Trib. P. Falcidius das nach ihm
henaniite Gesetz über Erbschaften. Dio 48, 33. Heinecc. Ant. Rom. ed.
Haubold. L. 2. Tit. 20 — 22. §. 18. f. u. die Schriftst. bei Haubold Inst,
iur. roni. ed. Otto §. G40 f. 91) Dio 48, 34. 92) §. 57. A. 46. u. §. 72^
A. 6U. 93) Fast. Capit. Auch noch in diesen Zeilen wurde die Provinz
IMacedonien, ein Name, welchen die Alten in sehr verschiedenem Sinne
gebrauchen, oft von den Geten, Dardaniern u. a. Barbaren beunruhigt,
App. Milhr. p. 207. Veliej. 2, 90. Dio 48, 41. Oben §. 20. A. 33. wo-
durch die römischen Grossen Gelegenheit erhielten, sich auf Raubzügen
zu bereichern und mit geringer Mühe zum Triumph zu gelangen.
428 V. ANTONir. (14. §. 61.;
Cäsar gedient,^*-' und kämpfte später auf der Flotte Octavians
gegen Sex. Pompejus. ^^)
So lange mau Rom nicht mit Getraide versorgte, •waren
alle Versuche der Herrscher fruchtlos , die Gunst des Volkes zu
gewinnen. Octavian bewirthete es, als jetzt zum ersten Male
sein Bart geschoren wurde. '•"'>' Es geschah willkührlich im
Anfange der Zwanzig, und daher wohl nicht ohne Absicht ge-
rade in dieser Zeit, wo man die Menge durch einen Schmaus
umzustimmen wünschte. 'J^) Sie aber sali kein Heil, als im
Frieden, und man beschloss, sie zu täuschen. ^^) Indess AvoUte
Octavian seinem Gegner nicht die ersten Anträge machen , wie
sehr man ihn auch drängte; er wiederholte das Gaukelspiel von
Brundusium. Auf Betrieb des Antonius wurde L. Scribonius
Libo in Sicilien von seinen Blutsfreunden ersuclit, Octavian
als den Gemahl seiner Schwester ^^-^ zu begrüssen. Seine An-
kunft auf Aeuaria, jetzt Ischia, einer de:. Pithecusen an der
campanischen Küste, nicht weit vom Vorgebirge Misenum, war
den Römern sehr erfreulich , desto weniger Octavian ; ^^'^^ ungern
schickte er ihm freies Geleit und reis'te darauf mit Antonius
nach Bajä. Nach dem Wunsche des Volks sollte Pompejus dem
Friedensboten folgen, und seine Mutter Mucia diess vermitteln. ')
Sie begab sich zu ihm nach Sicilien, fand aber, dass Menas ^J
ihn gegen den Frieden gestimmt hatte , und nur auf die drin-
genden Vorstellungen der Verbannten fuhr er mit seinen besten
Schiften nach Aenaria. ^) Zum Behufc der Unterredung wurden
Lei Misenum Gerüste im Meere errichtet , welche das Wasser
91) Caesar B. C. 3. 34. 55. App. 2. 4C3. S. Jnliü 95) A .5. 718 f.
Dio 48, 'IG. S. §. 07. A. 38. 06) Die 48, 34. Vgl. Lips. Excurs. H. zu
Tacil. Ann. 14. u. Juvenal. 3. 186. 97) Den scheinbaren Widerspruch
zwischen Dio und den IVlünzen, welche Oct. noch a. 37 in seinem zwei-
ten Triumvirat als härtig darstellen, hebt Eckh. 6. p. 70 f. durch die
sehr annehmliche Verniutliung, duss üetav. nach den t'nfällen im Kriege
mit l'ompej. den Hart wieder habe wachsen lassen, wie Antonius nach
der Schlacht bei Mulina. §. 51. A. 10. 98) Imagine pacis. Tacit. A. 1.
10. Dio 48. 30. 99) §. CO. A. 34. 100) Veliej. 2, 77. App. 711. IMot.
Ant. 3'2. Dio 18. 30. Zonar. 10, 22. 1) App. 712. Dio 48, Ui. selzl
diese Keise zu früh. 2) §■ OO. A. 45. 3) Nicht mit der ganzen Flutte
Dio 48, 3G; ein Theil stand unter Menas bei Sardinien; das. 30 u. 31.
App. 5. 709.
V. ANTONII. (11. §. Gl.) 429
trennte: auf der Landseitc erschienen die Triumvirn, und auf
der entgegengesetzten Libo und Pompejus , dessen Forderung,
an Lcpidus Stelle in den Bund der Herrscher aufgenommen zu
werden, diesen so befremdlich war, dass sie sich sogleich mit
der Erklärung entfernten , nur sichere Rückkehr könnten sie
bewilligen. *)
Aber ohne Frieden gab es für sie selbst keine Sicherheit;
die Unterhandlungen wurden durch Andere fortgesetzt, und in
Betreif des Pompejus ohne grosse Schwierigkeiten, als er der
Theilnahnie am Triumvirat entsagt hatte; denn mit ihm schloss
man nur einen ^Vatt"cnstillstand , welcher ohne Folgen bleiben
sollte. Anders verhielt es sich mit den Flüchtlingen in seinem
Dienste; es war zu erwarten, dass sie von jeder Vergünstigung
sofort Gebrauch machen würden, und sie zerfielen in sehr ver-
schiedene Classen: Mehrere waren als Mörder Cäsars oder wäh-
rend der Proscription verurtheilt; Andere hatten sich selbst ver-
bannt, weil sie die Triumvirn hassten oder fürchteten; der
grösste Theil aber bestand aus entlaufenen Sclaven. Diess führte
zu mannichfachen Verwickelungen. Man musste den Grundsatz
festhalten , dass es für die Verschworenen keine Gnade gebe,
denn er lieiligte die Verfolgung der Feinde, und bei der Her-
stellung der Uebrigen kam das Interesse ihrer Herrn oder der
Besitzer ihrer Habe in Betracht. Doch entschloss man sichy
den Schützlingen des Pompejus Manches nachzugeben, weil er
sie nicht aufopfern konnte, und auf der andern Seite machten
auch sie gern Zugeständnisse, um wieder im Vaterlande zu le-
ben, und nicht länger von einem Manne abhängig zu sein,
welcher eben so viel Schwäche als "Willkühr und Grausamkeit
zeigte. Sie trieben ihn an , zum Schlüsse zu kommen , und
nicht weniger Mucia und Scribonia, seine Gemahlinn. ^J
So unterredeten sich die drei Heerführer nebst Libo aber-
mals auf einem alten, vom Meere umflossenen Damme, welchen
die an der Küste von Misenum aufgestellten Legionen und die
Scliiffe bewachten. Es blieb nur übrig, zu bestätigen, was im
Wesentlichen schon verglichen war: *') die Feindseligkeiten hören
4) App. 713. 5) App. 5. 713. nennt diese Julia; so auch Fabric.
zu Dio -18, 3G. 6) App. 1. c. n. 714. Dio 48^ 3G. Plut. Ant. 32. Zon.
10, 22. Liv. 127. Veliej. 2. 77. Tacit. A. 5. 1. Oros. G, 18.
430 V. ANTONII. (II. §. Gl.)
auf, sowohl zu Laude als zur See; Punipcjus gestattet überall
freien Verkehr; er zieht seine Besatzungen aus Italien zu-
rück und seine Schilfe von dessen Küsten, ninuut keine Scla-
ven und Ueberlaufer auf und verstärkt seine Flotte nicht. ''-*
Ihm Tcr))ieiben die Provinzen Sicilien, Sardinien und Corsica
80 lange, als Antonius und Octaviau die ihrigen verwalten,
jedoch unter der Bedingung, dass er jälirlich die bcstiniiute
Masse von Oetraidc nach Italien scliickt, und das rückständige
nachliefert; ausserdem erhält er Achaja. ^) Er wird C'onsul und
Augur, ^) darf in jener Eigensdiaft sich durcli einen Freund
vertreten lassen, und bekommt zur Entschädigung für das väter-
liche Vermögen 17~ Millionen Denare. "') Die Flüclitiinge keh-
ren mit Ausnahme der Mörder Cäsars nach Italien zurück, und
gelangen zum Besitze ihres ganzen Vermögens, bis auf das be-
wegliche, wenn sie sich aus eigenem Entschlüsse entfernt ha-
ben; wenn sie geächtet sind, wird ihnen der vierte Thcil zu-
rückgegeben. Endlich gesteht man den Sclaven in Pompcjus
Heere die Freiheit zu, und den Freien nach Verlatif ihrer
Dienstzeit dieselben Belohnungen, wie den Veteranen der
Triumvirn.
Dieser Vertrag wurde schriftlicli abgefasst, besiegelt und
den Vestalinnen zur Aufbewahrung übergeben. ") Ein Hand-
schlag und eine Umarmung sagte Heer und Flotte und der
zahllosen Menge, Avelche die Neugier oder die Sehnsucht nach
den liirigen herbeigeführt hatte, dass man einig sei. und so-
gleich verkündigte ein betäubendes Geschrei die allgemeine
Freude. Alle diese Menschen scliienen nur Eine Familie zu
bilden; sie eilten von der Küste, Aon den Schiffen einander
entgegen, achteten der Gefahr nicht, erdrückt zu werden oder
7) Keiner dieser Artikel Wurde vollzogen. App. 5. 7 IG f. Dio 48,
45. Gros. I. c. S. Pompeji. 8) So Veliej. I. c. Dio 18, 30. 39. -10.
Bei App. 713. 710. 717. heisst die Provinz weniger genau Pcloponnes.
0) Dio 1. c. u. c. 51. Nach App. 713. Pontif. Üljen §. 41. A. 20. u. §.
C4. A. 25. 10) Dio 48, 30. Nach Zonar. 10, 22. welcher hier falsch
ausgcBchrieben hat, 1550 Myriaden, oder 1."^ ;\lilliunen. Der .Senat haUe
ihm schon zu C'iceros Zeit b^rsatz versprochen. Cic. 5 Phil. 15. 13, 5.
Veliej. 2, 73. App. 3. 52S. Dio 45. 10. 11) App. 714. Dio 48, 37.
Zonar. 1. c. Vgl. §. 58. A. 54.
V. ANTÖNir. (11. g. CI.) 431
zu ertrinken , un<l seihst der Fremde wurde ergriffen , wenn
Mitbürger und Heivannte sich als Freunde Legrüsstcn , Freunde
und Verwandte mit stummem Entzücken sich wieder fanden,
und Andere mit steigender Angst nach den Ihrigen fragten,
welche nicht mehr waren. Zu den Angesehensten , deren Rück-
kehr durch diesen Frieden bewirkt wurde, gehörten nach Vel-
lejus '2) M. Silanus, '2) C. Sentius Saturninus, '*>* L. Arun-
tius, '^^ und M. Titius;^''^' Tiberius Nero aber, welchen der
Geschichtschreiber hier erwähnt, war schon a. 40 mit Antonius
nach Italien gekommen. '^) '
Soldaten und Anführer luden einander zum Mahle, die
Letzten, um die Aufrichtigkeit ihrer Gesinnungen zu beweisen.
Nach der Entscheidung des Looses emptieng Pompcjus seine
Gäste zuerst, und zwar auf einem an den Damm angelecten
sechsrudrigen Schifte, „in seinen Carinen" wie er mit einer
bitteren Anspielung gegen Antonius äusserte. ^^) Angeblich er-
bot sich Menas, die Ankertaue zu kappen; nach Anderen Hess
er diesen Ilath durch einen Dritten an Pompejus gelangen, wel-
cher ihn nicht befolgte, weil ihm nach geschworenem Eide
nicht erlaubt sei, was man ohne sein Wissen hätte thun sollen. ^'J)
So sagt man, bemerkt Appian , und allerdings war Menas in
Sardinien, -^) und nicht davon unterrichtet, was in diesem Au-
genblicke bei Misenum vorgieng; die Geschichte des Verräthers
und des Helden Avächst durch Erdichtung. Auch Avar ein An-
12) 2, 77. 13) §. '12, A. GG, Cos. a. 25. Dio 53, 25. 14) §. CO.
A. 2S. u. §. Ö8. A. 5. Cos. a. 19. Dio 51. 10. Veliej. 2, 92. 15) Cos^
a. 22. Dio 5-1. I. Vielleicht eiu Bruder des Proscribirten, welcher er-
mordet wurde, oder dessen Sohn, denn dieser entfloh zur See, und die,
Nachricht von seinem Tode mochte, wie oft in solchen Fällen ungegriin-
det sein. App. 4. 601. §. 55. A. 46. IC) Gefangener des Sex. Pompejus,
welchen er a. 35 in Milet lödten Hess. Dio 48, 30.49, 18. App. 5, 752.
753. Veliej. 2. 79. S. Potnpeii. 17) §. 59. A. 4. Die Nachricht des
V^ellej. findet sich zwar auch bei Tacit. A. 5, 1. allein sowohl Dio 48,
15. als Suet» Tiber. 4. u. 6. widerlegen sie; der Letzte giebt sogar be-
stimmt den Grund an, warum er nicht in Sicilien blieb. IS) Carina^
der Kiel, d. Schiff; Carinen hiess auch eine Gegend in Rom, in der
nachmaligen vierten Reg:ion, wo das väterliche, jetzt von Antonius be-
wohnte Haus des Pompejus stand. Veliej. 2, 77. Dio 48, 38. Plut. Ant.
32. (A. Vict.) de vir. ill. 84. lieber diess Haus vgl. Pompe??'. 19) App.
714. Dio u. Plut. 11. cc. Zonar. 10, 22. 20) App. 717. 718. Dio 48, 45.
432 V ANTONri. (11. §. Gl.)
sclilag gegen das Leben oder die Freiheit der Triumvirn mit
eigener grosser Gefahr verbunden; sie kamen niclit ohne Gefulge
und mit verborgenen Dolchen, niid ihre vereinigte Land- »nid
Seemacht würde ihren Tod mit furchtl)arer Wtith gerächt haben.
An den beiilen folgenden Tagen bcwirthcfen sie Pompejus anf
dent Damme unter Zelten, und zugleich wurde seine Tochter
Pompcja mit M. Marcellus, dem Stiefsohne des Antonius und
Neffen des Octavian verlobt. -U Die Ernennung der Consuln
auf mehrere Jahre schien Rom ebenfalls einen dauernden Trie-
den zu verbürgen, sie war aber nur ein Beweis seiner Sclaverei.
Dio--^ nennt acht und Apf-ian 23j vier Jahre, es ist aber nicht
schwer, sie in Uebereinstimmung zu bringen. Für die niichsten
vier J. wurde nichts festgesetzt, sondern für tlie folgenden
vier, für a. 34 — - 31.- In diesem Zeiträume sollte nach Ap-
pian zuerst, a. 31 Antonius II mit L. Jjibo das Consulat ver-
walten,-*^ jenem jedoch erlaubt sein, die Würde auf einen An-
deren zu übci-tragen; dann Octavian mit Pompejus, welcher
früher geächtet wurde -^) und starb; a. 32 Cn. Domitius Aheno-
barbus mit C. Sosius , und diese Avurden wirklich Collegen, -•'-'
endlich a. 31 Octavian III mit Antonius III; 2^) der Letzte
nannte sicir auf seinen Münzen Cos. III , ^8) obgleich er bereits
seiner Ansprüche für verlustig erklärt Avar. 2!*) Bei diesem Ver-
faliren folgte man, wie in vielen Dingen, dem Beispiele Cäsars,
und wie ihm diente auch den Triumvirn der parthische Krieg
zum Vorw ande , da er solche Massregeln für die innere Ruhe
des Staats erforderte. ^"^
Sie trennten sich von Pompejus, welcher wieder nach Si-
cilien gicng, und wurden auf dem Wege nach Rom von dem
dankbaren Volke als Rettungsgötter mit Opfern geehrt; ein
21) App. 714. Die 48, 38. Zonar. 1. c. Die Vermählung fand nicht
S<a(t; Ponipeja entfloh a. 30 mit ihrem Vater von Sicilien. Dio 40. 11. S.
Ohiudii Marcelli. 22) 48, 35. 23) 5, 714. 24) App. 1. c. Dio 49, 39.
25) Dio 48, 54. 20) Ders. 50, 2. 27) Ders. 50, 10. App. 1. c. Vaill.
Anton. No. 38. f. Eckh. 0. p. 04. Monuni. Aphrodisiense in ChishuU \nliq.
Asiat, p. 150. In der wahrscheinlich iinüclilen Inschrift bei Gruler p.
100. No. 0. Reines, p. 297. Orellii Inscript. Collect. 1. p. 155. No. 595.
heisst Oclav. Cos. desig. tert. 28) Eckh. 0. p. 48. 29) Dio 50, 4. 20.
30) Der«. 4«, 35.
V. ANTONII. (14. §. Ol.) 433
gleicher Empfang erwartete sie in der Stadt, weshalb sie hier
in der Nacht eintrafen. Nur die Inhaber der Güter, Avelche
ganz oder zum Theil den vorigen Besitzern zugesichert waren,
thciltcn die Freude über die allgemeine Versöhmnig nicht. -^0
Den Senat konnte es nicht befremden , dass er so wenig als
Lepidus bei den Unterhandlungen zugezogen war; man wirkte
dahin, mit und ohne Absicht, ilin herabzuwürdigen. Gemeine
Krieger, Barbaren, selbst Freigelassene und Sclaven wurden
unmittelbar oder als Magistrate in die Curie aufgenommen. ^2)
Wie im Consulat im Laufe eines Jahrs ein so häufiger Wechsel
Statt fand, dass man ausserhalb Roms meistens nur die Namen
derer kannte, welche es am 1. Januar antraten , ^^-^ so wusste
man kaum mehr, wer Senator sei, und jeder legte nach Belie-
ben die senatorische Kleidung an, auch als es untersagt wurde. ^*)
Am wenigsten konnten sich die Mitglieder des CoUegium selbst
darüber beklagen, da Octavian schon a. 38 ihre Thcilnahrac
an den Fechterspielen verpöncn musste. ^^) Bei der Bes<.tzung
der Aemter beachtete man Aveder die verfassungsmässige Folge, ^ß)
noch Stand und Alter. ^^^ Ein Bürger erkannte in einem er-
wählten Quästor Vibius Maximus seinen Sclaven, und trieb ihn
wieder zur Arbeit; 38) ein anderer Sclav wurde Prätor; man
erklärte ihn für frei , um das Amt nicht durch seine Kreuzigung
zu schänden, und stürzte ihn vom tarpejischen Felsen. Dann
erschien eine Verfügung, nach welcher Sclaven selbst nicht
Lictoren Averden sollten; 39) alles war fruchtlos, weil es den
Herrschern frommte, dass die Collcgicn und Magistrate, welche
sie nun einmal beibehalten mussten, 4») ibr Ansehn verloren,
und sie fortfuhren, zur Belohnung und für Geld *') Unwür-
dige zu befördern. Die Folgen empfand auch das Volk; man
bewarb sich nicht um seine Gunst, erkaufte seine Stimmen
nicht, ergötzte es nicht durch Sp'ele, wodurch man sein Ver-
mögen erschöpfte, denn es konnte nichts dagegen bieten; die
^- 31) App. 5, 715. Vellej. 2. 78. 32) D!o 48, 3J. 33) Ders. 48 , 35
u. 53. 34) Ders. 49, IG. 57, 13. 35) Ders. 48, 43. 30) Dcrs. 51, 4
37) Ders. 49, 42. 43. 38) Ders. 48, 34. Euseb. Cliron. 39) Die 48, 43,
40) Tacit. A. 1, 3. Eadem magistratuum vocabula. 41) Dio 48, 34.
Derselbe sagt c. 43. man habe a. 38 sieben u. Bechzig Prätoren gehabt.
Vgl. das. c. 53.
Dninniim, O'fcscliichle Koms l. Uo
434 V. ANTONir. (14. §. G2.)
Aedililät wunlc gnmicdcn, ^^^ iintl jedes andere Amt, welches
die Aussicht eroflncfc , die Provin/cn zu pliindcrn und nach
«incm Strcifzuj^e das Kronengold zum Triumplie zu erpressen,
wenn auch nur auf Tage von den Triunivira erbeten. '*^)
§ 62.
Der Bund der Machthaher, welchen der Ehrgeiz einer Frau
vor der Zeit aufzulösen drohte, war erneuert, weil sie l'ompejus
und die Parther fürchteten. In der Meinung, dass die Arsaciden
wie Mithridat untl Tigranes unterliegen würden, *'') Hess sich
M. Crassus a. 55 in seinem zweiten Consulat durch das (besetz
des C, Trehonius die Provinz Syrien übertragen, um sie anzu-
greifen. Er wurde a. 53 das Opfer seiner Goldgier, und der
QuJistor C. Cassius führte die Trümmer seines Heers nacli Syrien
»urück, welches er im nächsten .Tahre mit Muth und Erfolg gegen
den andringenden Feind A^erthcidigte. *^) Im Herbste d. J. 51
erscliien der Procousul M. Bibulus, über dessen Feigheit Cicero
spottet, obgleich er zu derselben Zeit als Statthalter in Cilicien
Yor den jetzt nicht mehr verachteten Asiaten zitterte. '^^) Jener
"wollte Pacorus zu einer Empörung gegen seinen Vater Orodes I.
überreden, erreichte aher seine Absicht nicht. *') ludess ver-
schaffte ihm M, Cato eine Supplication , dem Manne , „welchen
die Furcht vor den Parthern fast getödtet hatte"; ^^) den Triumph
verhinderte der Bürgerkrieg. Er hielt auch Cäsar ah, den Stol-
len Feind, welcher Rom die Herrschaft in Asien streitig machte,
am eigenen Heerde aufzusuchen. Man war überzeugt, dass,
wenn irgend jemand, er dazu berufen sei, und diess Uuterncli-
mcn, in den Augen der Römer ein RieseuAverk, sollte ihm nur
ein grösseres vorbereiten. Aber seine Pläne wurden ihm selbst
verderblich; die Besorgniss , dass er sich den Dolchen entziehen
werde , das Clerücht , nach welcliem einem höheren Spruche zu-
folge nur ein König jenen Feind besiegen konnte , beschleunigte
sei neu Tod.'*'')
42) Ders. 48, 53. 40, 10. 4.1. 53, 2. 43) DerR. 48, 53. 49, 42,
44) App. Parth. p. 135. 45) S. Liciiiii Crassi. u. f'asKii. 4(!) yfetHS
parthicui. Cic. ail Farn. 2, 17. 17) Dio 4(>, 30. IK) cjr. ad Att. 7,
2. fin. VrI. 6, S. 49) App. 2, 107. Dio 4."?, 51. 14, 15. IMu(. Cae». 58.
3«tt4r. 10, II. JuUi.
V. ANTONII. (14. §. 62.) 435
Die bürgerliclicn Unruhen im römischen Staate vergrösser-
ten den parthischen nicht. Poiupejus konnte Syrien nicht ab-
treten, welches Oroile.'i I. zum Lohn für seine Hülfe fordern
Hess, auch wurden die Unterliaiidluugen durch die Schlacht hei
Pharsalus geendigt.''") Später bewarben sich Brutus und Cas-
sius um den Beistand des Königs. Sie schickten T. Labienus
zu ihm, den Sohn des ausgezeichnetsten unter Cüsars Legaten,
welcher a. 49 von diesem zu I'ompejus übergegangen und bei
Munda getödtet war. Ungewiss über die Kräfte und Hoffnungen
der Parteien zögerte Orodes, sich zu erklären, bis bei Philipp!
entschieden war , und der Gesandte sich unter seinen Schutz
begab. ^') Dieser erbot sich, sein Heer gegen die Römer zu
führen; er täuschte, aber nur, weil er selbst im Irrthume war,
wenn er sich für einen Feldherrn hielt, und als Fremder, als
Römer, bei den Barbaren auf Vertrauen und Gehorsam rechnete,
Uebrigens war man zu grossen Erwartungen berechtigt: Octa-
vian beschäftigte Porapcjus und der perusinische Krieg, Antonius
die Königinn von Aegypten; nicht einmal die Gefahr der Sei-
nigen machte Eindruck auf ihn , und man durfte voraussetzen,
dass auch er mit seinem Collegen zerfallen werde; er hatte das
römische Asien durch seine Räubereien erbittert und Truppen
darin aufgestellt, welche zum Theil vom Heere der Befreier in
das Seinige übergegangen waren; ^^) dazu das Schicksal des
Crassus, welches bewies, dass es möglich sei, auch Legionen
aufzureiben , ^•^>' und die crmuthigende Zuspräche der aus Syrien
vertriebenen Tyrannen. ^*J
Einer Rechtfertigung bedurfte es nicht, wenn der Hof aus
diesen Gründen den Krieg beschloss, denn Rom hatte ihn schon
unter Cäsar angekündigt. Aber er war nicht bloss Nothwehr;
er sollte das Reich vergrössern, bis zum NiP^) und über das
Meer fuhren , an dessen Küsten man mit den Städten die Flotte
zu erobern hoffte, welche Parthien nicht besass. ^*') Auch bürgte
Pacorus, der Sohn des Königs und bestimmt, Labienus zu be-
gleiten, für dessen Treue, ein junger Fürst voll Müth und Un-
50) Caes. B. C. 3, 82. Dio 41, 55. 44, 45. Justin. 42, 4. 51) Vellej.
2, 78. Dio 48, 24. App. 4, CG/. Justin. 1. c. erzählt auch hier nicht
genau. Flor. 4. 9. 52) §. 57. A. 28. 53) Dio u. Flor. 11. cc. 54) App.
5, G7G. u. §. 57. A. 78. 55) App. Parth. 150. 50) Dio 48, 20.
28*
436 V. ANTONir. (14. §. 62.)
ternehmungsgcist, milde und gerecht gegen sein Volk, im Heere
und selbst in S\Ticn beliebt, und Orodes, welchen seiu Tod iu
Verzweiflung stürzte, aufrichtig ergeben.^*)
a. 40. Im Anfan£:e d. J. 40 erfolste der Aufliruch. Die
Parther verbreiteten sich mit ihrer furchtbaren Reuterei schnell
über die Ebenen von S^Tien, wo die meisten Plätze sich ihnen
riffnctcn , weil die Besatzungen überrascht waren und Antonius
hassten. ^^^ Nur ..pamea auf dem östlichen Ufer des Orontcs
vertheidigtc sich , und der Statthalter L. Decidius Saxa ^^) wur-
de zwischen diesem Orte und .Vutiochieu von Labienus geschla-
gen. Er bemerkte, dass dieser Zettel, welche die Aufforderung
sum Abfall enthielten , mit Pfeilen in sein Lager warf, und
seine Truppen nicht geneigt waren , den Kampf fortzusetzen.
Deshalb entfloh er mit Wenigen über Antiochien nach Cilicien,
wo er, von den Verfolgenden sjedrängt, sich durchbohrte.^'')
Apamea uml Antiochien gericthen in die Gewalt des Siegers,
welcher nun ganz Vorderasien überzog, dessen Statthalter, L.
IManeas,*»'^ uöthigte, sieh auf die Inseln zu retten, und sich
Imperator nannte, aber ungereimt einen parthischen, denn diess
bezeichnete ihn nach dem römischen Sprachgebrauche als den
Leber\\iuder des \olks, dessen Truppen er anführte. ^-^ Für
die l'rovincialen lag in diesem AVechsel kein Gewinn. Der
Befreier wurde ihnen mit seinen räuberischen Schaaren bald ver-
hasst , und entschlossene Männer , welche sich in Bergfesten
warfen , entrissen ihm oft bei glücklichen Ausfallen die Beute,
unter Anderen Cleon aus Gordus auf der Feste Callydion. ^^)
Alabanda und Mvlassa in Carlen erschlugen seine Krieger , wel-
che sie freiwillig aufgenommen hatten ; er eroberte und züchtigte
sie , '^^ vermehrte aber dadurch nur die Furcht und Erbitterung
57) Den. 10, 20. Jastin. 4,4. 58) DIo 18, 25. 59) §. 57. A.
:il u, 82. 60) Flor. 4, 9. Nach VelleJ. 2, 78. Dio 48, 25. Acron. 70
Horat. C. 3, C. r. 9. wurde er vom Feinde i;etöd(et; in diesen Worten
liegt oft nicht« anderes, all dass jemandem nur die Wahl blieb, durch
das feindliche oder durch dal eigene .Schwerdt zu fallen. Gl) §. 60. fin.
Dio 18, 20. App. Sxr. p. 120. Parfh. 150. o. R. r. 4, 025. Pluf, Anlon.
30. Justin. 42, 4. Zonar. 10, 22, 02) .Straho 14, CGO. App. Parth. 15(;.
Bio 1. c. 6i) Strsbo 12, S74, Gl) Ders. 11, GQO. üio I, c. Val. Max.
o. \ j e\i. 2.
V. ANTONII. (14. §. (i2.) 437
in den übrigen Städten , unter ■welchen die carische Stratonicca
vergebens von ihn» belagert wurde, und nur die Schütze im
Tempel des Zeus Chrysaorcus verlor, -weil dieser ausserhalb der
Mauern lag. ^^J
Die andere Abtheilung des parthischen Heers war östlich
vom Anianus geblieben, und zog unter Pacorus längs der Küste
des Mittelmeers nach Phocnicien und Paläsina. Auch in diesen
Gegenden zeigte sicli kein ernstlicher "Widerstand, ausser in
Tyrus , welches nicht genommen wurde, weil man keine Schiffe
hatte. ^*') In Palästina bewarb sich Antigonus, der Sohn von
Aristobulus, dem Bruder des Hyrcanus , ^^>' um den Schutz des
Parthers , welchem er durch Lysanias , den Sohn des Ptolemäus,
1000 Talente und 500 Jungfrauen versprach. Pacorus erschien
nun als der Vertheidiger des alten priesterlichen Fürstenstanuues
gegen die Idumäer und den von ihnen beherrschten Hyrcanus.
Er schickte Reuterei unter seinem mit ihm gleich benennten
Mundschenken Pacorus voraus, mit welchem Antigonus, durch
eine Schaar Juden verstärkt, in Jerusalem einrückte. Phasaelus
und sein jüngerer Bruder Hcrodes drängten ihn nach mehreren
Gefechten in der Stadt auf den Tempcli>erg zurück. Auf seine
Bitte erschien Pacorus, angeblich den Streit beizulegen. Pha-
saelus und Hyrcanus vertrauten ihm , und wurden von ihm au
den parthischen Feldherrn Barzapliarnes in Galiläa verwiesen;
er selbst begleitete sie, und Hess einige Reuterei zurück, lle-
rodes ihm zuzufi'hren. So lange man auch ihn zu verlocken
hott'te, behandelte man jene mit Schonung. Er aber erkannte
die Gefahr und entfloli , von den Parthern verfolgt, mit seiner
Familie und seinen Truppen aus der Burg nacli Masada, einer
Bergfeste nicht weit vom todten Meere. Auf dem Wege wurde
er auch von den Juden angegriiTen, welche er in der Gt-geud
schlug, wo er später CO Stadien von Jerusalem zum Andeukeii
daran den Palast und Flecken Herodium erbaute. Sein Bruder
Josephus stiess zu ihm und bemerkte , dass Masada nicht seine
ganze Mannschaft aufnehmen könne; daher ontliess er 90U0;
C5) Strabo ii. Dio 11. cc. CG) Dio 48, 20. 27. Zonar. 10, 22. Jo-
seph. A. J. 14, 13. (23.) B. J. 1, 13. (11.) 07) §. 57. A. 55. u. 79 f.
Dio 48 , 20. hat hier unrichtige Angaben. Joseph. 11. cc. u. Hegesipp.
1 , 29. Zonar. 5, 9. Kl.
438 V. ANTONII. (11. §. C2.)
die Seinigen vertraute er unter dem Schutze von 800 Mann
der Feste an, und er selbst begab sich nach ^m. peträischen
Arabien. Indess plünderten die Parther Jerusalem. Hjrcauus
und Phasaelus wurden an Antigonus ausgeliefert, welcher jenem
die Ohren abschneiden liess, um ihn zum llohenpriesteramtc
untüchtig zu machen, und Phasaelus in Banden hielt und nach
Einigen unter dem Scheine der Fürsorge Gift in seine Wunden
goss , als er den Kopf an der Mauer zu zerschellen versucht
hatte.
Seinen Tod erfuhr Herodes zu Rhinocolura auf der Reise
nach Aegypten. Denn Malchus, der arabische Fürst, hatte ihm
aus Furcht vor den Parthern oder doch unter diesem Vorwande
die Aufnahme verweigert. Als er in Alexandrien Antonius nicht
mehr fand, gieng er nach Rom, wo seine Wünsche erfüllt wur-
den. Er kam zwar ohne Geld — seinen Schatz hatte er nach
Idumüa geflüchtet — allein er wusste sich durch Schmeicheleien
und Versprechungen Gehör zu verschaffen. Es scheint sogar,
dass Asinius PoUio ^^' und andere Grosse seine Bitte unterstütz-
ten. Antonius konnte ohnehin einen Mann nicht fallen lassen,
welcher von ihm gehoben war und mit seinem Anhange ihm zu
nützen vermochte, und um dem Collegen gefällig zu sein, be-
günstigte ihn auch Octavian. Der Senat wurde berufen und
Herodes eingeführt. Messala und Atratinus erwähnten die Ver-
dienste seines Vaters Antipater um Cäsar im alexandrinischen
Kriege, ^'■*'> seine eigene Ergebenheit gegen Rom, und die Ver-
bindung des Antigonus mit dessen Feinden, worauf der Senat
ihm die Königswürde verlieh, ^o) Im feierlichen Aufzuge beglei-
teten ihn die Triumvirn, die Consuln und die übrigen Magi-
strate auf das Capitol , den Beschluss darin niederzulegen, und
Antonius gab ihm zu Ehren ein festliches Mahl. Schon am
siebenten Tage nach seiner Ankunft reis'te er nach Asien zu-
rück , wo indess seine VcrAvandten von Antigonus in Masada
belagert wurden.
CS) Joseph. A. J. 15, 10. 1. Insbesondere begünstigte ihn Meisala.
.S. «las Folgende u. Joseph. A. J. 14, 13. (23). CO) Vgl. Joseph. A. J.
11, 8. 1. B. J. 1, 9. (7.) 70) a. 40. Coss. Doinit. Calvin. Asin. Toll.
Jostpb. A. J. 14, 14. (25.) 5. u. 15. §. M. B. J. 1. 14. Tacit. Hiit. 5,
U. A^ip 5, ;ii. Kuseb. C'hvow.
V. ANTOMI. (II § 02.) 439
a. 3ü. Mclir als j«nc Auszcicliriung nützten ihm die Sieg«
tlcs I*. Venti(liiH|^, eines Knij)orkönimlings in der S|)iaclic der
Nol>ilität, eines Mannes, ■\velclier Avic wnzaliligc Andere Lcweis't,
dass die Natur die Gabe und damit aiitli das Kecht , im Heere
zu licfclilen , nicht einer Kaste vorbehalten liat.*'J Er war im
niarsisclicn Kriege als Kind mit seiner Mutter zu Ascu-
luni im Picenischen ergriflen und von Pompejus Strabo , dem
V^ater Pompejus d. Or. im 'J'ritiinitlie an Ige führt. Dann hatte
er sich eine Zeitlang von einem niedrigen GeMerbe genährt,
bis sich ihm unter Cäsar eine seiner würdige Lauflialin öff-
nete. ^■■^) Im J. 43 war er Prätor und zuletzt Consul.^'').
Dass er im perusinischen Kriege gegen Octavian wenig unter-
nalim, ist aus den Umständen zu crlilären. ^*-' Antonius
schickte ihn a. 39 '^^) wälirend er selbst nocli in Italien be-
schäftigt war, als seinen Legaten nach Asien voraus, '^'>) Durch
seine Landung überrasclit büsste Labienus für seine Zuversicht
und für die Theilung des Heers; er eilte nach dem Amanus,
aber A'entidius kam ilim mit den leichten Truppen zuvor und
Iiiclt ihn im Taurus fest, wo beide ^'erstärkungcn erwarteten.
Bald nacli den Legionen erschienen die Parther; es schmeichelte
ihrem Stolze und galt für Furcht, dass jene am Abhänge des
Gebirgs in ihrem Lager blieben, und ohne sich mit Labienus
zu vereinigen, stürmten sie den Berg hinan. Schon waren sie
«ranz nahe, als die Römer plötzlich von allen Seiten hervor-
brachen, ihre Massen den nachdringenden entgegen warfen, und
im Handgemenge und in den Schluchten ihre grossen Bogen,
71) Juvenal. Sa(. 7. J'rnh'tft'ns quid evimf quid Tallius? anne alind
quam Sidus, et occulli mirand» poteulia futi? 72) Gell. 15, 4. Vellej.
2, 03. Val. Max. ü, 9. 9. Plin. 7, 44. (43). S. Poinpeii u. Ventid. 73)
§. 51. lin. 74) §. 58. A. 4ü. §. 59. A. 59. u. 75. 75) Darüber kann
kein Zweifel sein , und dass es nicht vor dein Frieden von Misenuni ge-
sell .tli , (App. 5, 709) sondern später, (Plut. Ant. 33. App. Tartb. 156.)
isl buchst wahrscheinlich, Weil Antonius jetzt erst über seine Streitkräfte
frei verfügen konnte. 76) Liv. 127. Vellej. 2, 78. Tacit. Hist. 5, 9.
Germ. 37. l'lut. Anton. 33. App. Partb. 156. B. C. 5, 709. Die 48, 39-
Gell. 15, 4. Plin. 7, 41. (13). Val. ftlax. C, 9. 9. Flor, 4, 9. Kutrop*
7, 5. (3.) Oros. G, 18. Sex!. Kuf. 18. Joseph. A. J. 14, 14. (20.) R. J.
1, 15. '/iOnar. 10, 2o. u. die Münaen bei Vaill. Venlid. Xo 1. 2. a, oci
Eclih. 5. r- 33Ö.
440 V. ANTONU. (14. §. C2.)
■welche nur aus einiger Ferne mit Erfolg gebraucht werden
konnten , ihre Ueberlegcnhcit an Zahl und ihre JReuterei unnütz
machten. ") Zwar zeigte sich jetzt Labienus, und schickte sich
an, den Kampf zu erneuern, aber nur, weil er den Besiegten
die Flucht durch den Amanus erleichtern und sich unijehindert
auf demselben Wege entfernen wollte. Seine ohnehin muthlosen
Truppen ergaben oder zerstreuten sich , als er auf dem nächt-
lichen Rückzuge in einen Hinterhalt gerieth, und er selbst
wurde bald nachher von Demetrius, dem Freigelassenen Cäsars,
Areicher für Antonius Cypern verwaltete, an seinem Zufluchtsorte
in Cilicien entdeckt und getödtet. ^^)
Die ProA^inz Asia war befreit und Ventidius entsandte Po-
pedius Silo ^''*) mit der Reuterei zur Besetzung der cilicischen
Pforten im Amanus. Allein Barzapliarnes S'*) hatte die noch übri-
gen Truppen aus Syrien herbeigeführt, die Flüchtlinge aufzu-
nehmen und den Römern zu wehren, welche sich im härtesten
Gedränge befanden, als Ventidius erschien, und das Gefecht
sich mit der Niederlage der Parther und dem Tode ihres Feld-
herrn endigte. Sie räumten nun auch Syrien und nur Aradus,
die phoenicische Inselstadt, verschluss den Siegern, wie vor
zwei Jahren Antonius , die Thore , aus Furcht vor Plünderung
und Rache, si) Antigonus , der Maccabäer, war noch nicht im
Besitze von Masada , als Herodes auf der Rückkehr von Rom
in Ptolemais landete, und sich mit den Truppen, welclie er
zusammenzog , an die Römer anschloss. Jener hoffte sich mit
Hülfe eines neuen parthischen Heers zu behaupten , wenn er
nur der augenblicklichen Gefahr entgienge, und in der That
fand Herodes Avenig Unterstützung, so dringend der Triumvir
in einem von Q. Dellius ^~'> überbrachten Schreiben sie gebot.
77) Dio 48, 40. u. d. vorige A. Fast auf gleiche Art siegte Venti-
dius in der Schlacht, in welcher Pacorus fiel. S. unten §. G3. A. 100.
78) Dio u. Zon. 11. cc. Nach Plut. I. c. fiel er im Gefechte; Liv. u.
Vellej. 11. cc. Bprechen unhesliinmt , während Dio das Nähere angiebf.
lieber Demetrius, den Freigelassenen Pompej. d. Gr. s. Pompeii. u. über
diesen Julii. Caes. Diit. fm. 79) Joseph. A. J. 11, 14. u. 15. (2ü. 27.) B. J.
1, 15. «()) So Joseph. A.J. M, 13. (23). K.J. 1. 13. (11.) welcher die orientali-
schen Namen wohl am richtiji;slen schrieb. Dio 48, 41. u. Plut. Ant. 33. Vhar-
Hapates, u. App. Parlh. 150. Phraalt». 81) Dio 48, 24.41. Erst B. 38.
gieng es an C. Sosius über.Der8.49, 22. Unten §. C3. A. 7. 82) §. 57. A. Gl.
V. ANTONII. (14. §. 62.) 44 1
Denn dem Legaten war es •wichtiger, die Kriegscasse durch
l'ribut und durch Strafgelder zu füllen, welche er von den
Provincialen für die zum Theil erzwungene Begünstigung des
P^eindes und von benachbarten und abhängigen Fürsten erhob,
von Antiochus in Commagene , ^^^ und von dem arabischen Dy-
nasten RIalchus. Auch Antigonus durfte sich mit Gelde lösen,
und Popedius Silo, Avelchen Ventidius in Judäa zurückliess,
wurde von ihm bestochen. Doch konnte dieser die an ihn er-
gangenen Befehle nicht ganz unbeachtet lassen; er eroberte mit
Herodes, welcher als Idumäer, als Halbjude, 8*) der sich aus
Politik zu fremden Sitten neigte, in Judäa verhasst war, wäh-
rend er in Galiläa grossen Anhang fand, den Küstenplatz Joppe,
und nach dem Entsätze von Masada unternahm er mit ihm die
Belagerung von Jerusalem. Nun aber mussten seine Truppen
sich über Mangel beschweren, Geld und Winterquartiere fordern,
und selbst die Plünderung von Jericho, wohin Herodas sie
führte, hielt sie nicht ab, den Feldzug zu endigen. ^^)
Ein anderer Legat des Antonius, der Consular Asinius
Pollio, welchen er nach lUyrien geschickt hatte, siegte über
die Parthiner, und hielt deshalb am 25. October d. J. (39.)
einen Triumph. ^5)
Antonius verliess Rom gegen Ende des J. 39 nachdem er
an den Unterhandlungen bei Misenum Theil genommen und mit
Octavian über die inneren Angelegenheiten verfügt hatte. ^^)
Obgleich er nicht durch den ägyptischen Seher bestimmt wurde,
welcher ihn vor seinem CoUegen warnte , und ihm rieth , sich
von ihm zu trennen , ^S) so erkennt man doch darin die Ränke
der Cleopatra, und nichts konnte ihren Wünschen mehr entge-
gen sein, als dass Octavia ihn begleitete. S'') Er führte sie
nach Athen , wo er den Winter blieb. ^^) Die Liebe zu seiner -
Gemahlinn hatte den meisten Antheil daran, doch bedurfte er
83) Dio 48, 41. Vgl. 49, 22. 52, 43. n. App. Partk. 157. 84) Jo-
seph. A. J. 14, 15. (27.) 85) Ders. 1. c. B. J. 1, 15. Heges. 1, 30. Zouar.
5. 10. 80) Dio 48, 41. App. 5, 715. Fast, capit. Horat. C. 2, 1. 10. u.
das. Acr. u. Porph. Virg. Ecl. 4. u. 8. v. 7. u. das. .Serv. Flor. 4, 12.
11. 87) §. Cl fin. 88) Plut. Ant. 33. App. Parlh. 156. 89) Plut. 1. c.
App. 5, 710. 90) Plut. 1. c. App. Parth. 150. u. ß. C. 5, 715. 710,
Vgl. Veliej. 2, 78. Dio 48, 39. Zonar. 10, 23.
442 V. ÄNTONIL (14. §. C3.)
aucli Geld, und da das römische Asien in der Gewalt der Feinde
war, so forderte er es von dem ebenfalls verarmten Acliaja,
welches er Pompejus hatte übergeben sollen. ''0 In den Lagern
ferner erwarteten ihn Anstrengungen, und er wollte ruhen und
geniessen; statt des Feldherrngewandes legte er griechische Klei-
dung an, und folgte in seiner ganzen Lebensweise der griechi-
sdicn Sitte; mit den Geschäften bcfasstc ersieh nur in so fern,
als er die Berichte seiner Legaten las und ihre Siege feierte.
Als Ventidius bis Syrien vorgedrungen war, erfreute er die
Athenienser mit einem Festmahle und mit Spielen, wobei er
selbst die Gymnasiarchie übernahm. Er erschien in den Hör-
säälen der Philosophen und Rhctoren , aber auch als «weiter
Bacchus,''-) in feierlichem Aufzuge und mit Herolden, welche
ihn als den Gott des Weins zu ehren geboten. '•'^^ Seit Alexan-
der daran gewöhnt, seine Unterdrücker als Götter zu bcgrüssen.
versagte Athen ihm diese Huldigung nicht, als es aber im
Ucbermasse der Schmeichelei dem neuen Bacchus Minerva «ur
Cemahlinn antrug, forderte er eine Million Drachmen als Aus-
steuer. Ö4J
§ 63.
a. 38 am Ende des "Winters schien Antonius Grosses vor-
zubereiten. Der Gott verwandelte sich wieder in den römischen
Feldherrn, und das Gefolge des Bacchus wich den Lictoren und
der prütorischen Cohorte. Er gab den Gesandten Gehör , ent-
schied die Processe , und Hess die Schifte in das Meer ziehen;
alles athmete Ernst und Thätigkeit.^^) An einer äusseren Auf-
forderung dazu fehlte es nicht: in Asien drohten die Parther,
und im Westen erneuerte sich der Krieg zwischen üctaviaa
und Pompejus. Jenem war der Friede von Misenum aufgedrun-
gen; er konnte nicht bestehen und blieb von Antonius abhängig,,
so lauge Pompejus von einer nahen Insel die Meere und Küsten
Ol) Dio 48, 30. 40. §. Gl. A. 8. 02) §. 57, A. 47. 03) Dlo 48,
39, Vgl. 50, 5. 25. Veliej. 2, 82. Flut. Anton. 00. 75, App. Tarth, 1. c.
Seucc. Suasor. 1. Athen. 4. p. 148. (74). und die Cislopboren bei Vaill.
Anlon. No. 30. u. Kvkh. 0. p. 64. Ol) Dio IS, o'J. Zonar. 10, 2?.
Nach Serie«., l. t. lOOü laleatc. S. Uisiu. Aulon. £/. 21. Oü; .»pp. S, 7IR.
V. ANTONII. (14. §. G3.) 4^
Italiens belierrsclitc. Seine Scheidung von Scribonia, deren
Stelle Livia einnahm, und die VerbiüJung mit Menas (Me-
nodonis), Mclche ihm Sardinien verscljaffte , setzte seine Ab-
sichten ausser Zweifel. Ponipejus forderte die Auslieferung
des Verräthers, die Räumung der Insel und Achajas, welche
Antonius unter dem Vorgeben verweigerte , dass die Einwohner
noch Rückstände an ihn abzutragen haben , ^^) und Octavian
beklagte sich, dass er gegen die Vertrüge Kriegsschiffe baue,
Ueberläufer aufnehme , seine Besatzungen nicht aus Italien zu-
rückrufe und die Zufuhr erschwere. Man griff xu den Waffen.
In dem Triumvir waren nach seiner Behauptung auch seine Col-
legen beleidigt, und er nahm ihre Hülfe in Anspruch. Aber
M. Lepidus war bei Misenum nicht zugezogen, und fühlte da-
her keinen Beruf, Afrika zu verlassen; Antonius kam am be-
stimmten Tage von Athen zur Berathung nach Brundusiura, und
entfernte sich , angeblich wegen ungünstiger Anzeichen , und
weil der Krieg mit den Parthern ihn dränge, als er Octavian
nicht fand; er empfahl ihm schriftlich, die Frie^^^nsbedingungen
zu erfüllen, und drohte, Menas zurückzufordern, welcher als Sclav
Pompejus des Grossen mit dessen Gütern sein Eigenthum ge-
worden sei, obgleich er jetzt in den Ritterstand erhoben war. ^')
Daher A^erbreitete Pompejus, er habe den Krieg mit ihm für un-
gerecht erklärt, während auf der anderen Seite die noch immer
nicht erfolgende Uebergabe Achajas als Beweis für das Gegeu-
theil galt. Antonius war es erwünscht, dass sein Nebenbuhler,
welcher besonders durch Stürme grosse Verluste erlitt, ^^) be-
schäftigt wurde.
Denn die Parther, den Römern darin gleich, dass sie nach
jeder Niederlage sich kräftiger erhoben, Eroberer, um nicht eine
Beute der Welteroberer zu werden , zogen gegen das Frühjahr
wieder ein Heer zusammen. A'entidius hatte diess niclit erwar-
tet; seine Truppen standen zum Theil jenseits des Taurus, und
er bedurfte Zeit. Ein ihm wohl bekanntes Einverständniss zwi-
schen einem Dynasten in Cyrrhestica ^'J; und den Feinden wur-
de ihm das Mittel, die Gefahr abzuwenden; er vertraute ihm,
96) Ders. I. c. Dio 48, 40. 97) App. 717. 718. Dio 48, 45. 46.
Suet. Oclav. 74. Zonar. 1. c. 98) S. l'onipeii. 99) Chaunacus bei Uio
4ö, 19. Pharnacus bei FroBliii. bUdl, 3, 1. 6.
444 V. ANTONII. (14. §. 63.)
wie sehr er fürchte, dass jene nicht, wie gewöhnlich, Lei Zeug-
ma über den Eiiplirat gehen möchten, wo ein mit Hügeln be-
deckter Buden ihn gegen die Reuterei schütze. Auf diese Nach-
richt maclite Pacorus einen grossen Umweg und setzte in einer
Gegend über den FIuss, wo sich weit mehr Schwierigkeiten
fanden, so dass die Römer vierzig Tage gewannen, und drei
Tage vor seiner Ankunft vereinigt waren. Einen gleich glück-
lichen Erfolg hatte eine andere Kriegslist, vor welcher die Schlacht
im Taurus ihn hätte warnen sollen. "^^'J Ventidius empficng ihn
in Cyrrhestica am Abhänge eines Berges. Er Hess die Barba-
ren, welche diess für Feigheit hielten, und nicht ahndeten, wie
schwer es sei , ein wohl vertheidigtes römisches Lager anzugrei-
fen, auf 500 Schritte herankommen. Dann warf er sich ihnen
plötzlich entgegen , und brachte Bestürzung und Unordnung in
ihre Reihen. Zwar versuchten sie in der Ebene sich wieder
aufzustellen und fochten mit Muth, aber der Feind war .ihnen
gu nahe, ihre Pfeile schadeten ihm wenig, während er mit sei-
nen Spiessen und insbesondere mit seinen Schleudern gegen die
dichte und verworrene Masse keinen Fehhvurf that. Auch Pa-
corus fiel ; ^3 der Tod des geliebten Fürsten, dessen Körper man
"wenigstens davon tragen wollte, veranlasste eine letzte frucht-
lose Anstrengung , worauf sich Alles zur Flucht wandte. AVeni-
ge erreichten die Brücke oder das nördlich gelegene Commagene,
und die syrischen Städte überzeugte die Ausstellung seines Ko-
pfes, dass von Pacorus nichts mehr zu hoffen sei. ')
100) §. 62. A. IT. 1) Nach Dio 49, 21. Eutrop. 7, 5. (3). Oroi.
0, 18. u. Sex. Ruf. erfocht Ventidius seinen dritten und letzten Sieg
über die Parther an demselben Tage', an welchem a. 53. M. Crassus von
ihnen getödtet war; diess geschah am 8» Juni. Ovid. Fast. 6, 405. Vgl.
Noris. Cenot. Pisan. Diss. II. cap. 0. p. 201. Dio erzählt abrigens diese
Ereignisse bei d. J. 30. als Einleitung zum Folgenden. 2) Dio 19, 19.
f. Plut. Ant. 31. App. Parth. 150. Zonar. 10, 20. Strabo IG. p. 751. Jo-
seph. A. J. 14, 15. (27) 7. B. J. 1, IC. C. Liv. 128. Vellej. 2, 78. Ta-
cit. Hist. 5, 9. Germ. 37. Horat. C. 3, 0. Justin. 42, 4. Flor. 4, 9.
Cell. 15, 4. Eutrop. 7, 5. (3.) Val. Max. G, 9. 0. Gros. G, 18. Frontin.
Strat. 1 , 1. G. 2, 2. 5. Dass die Rlünzen des Antonius mit dem Bilde
der Sonne, nach Havercamp ein Symbol des Orients, sich nicht auf die-
sen Sieg beliehen, hat Eckh. G. p. 38. bewiesen. Vgl. Vaill. Anton.
\o. Gl.
V. ANTONII. (14. §. C3.) 445
Ventidlus belagerte nun Antiochus von Commagenc in sei-
ner Hauptstadt Samosata, weil er die parthischen Flüchtlinge
nicht auslieferte, in der That, weil er für reich galt. Auch
war der König bereit, sich mit 1000 Talenten «u lösen, und
sich zu unterwerfen, aber auf Befehl des Antonius, welcher sich
jetzt näherte, wurden die Unterhandlungen abgebrochen. ^3 Nach
der Rückkehr von Brundusium gieng er über Athen, wo er ei-
nen Kranz vom heiligen Oclbaume und nach einem Orakel ein
Ccfiiss mit Wasser aus der Quelle Clepsydra auf der Burg mit
sich nahm, nach Asien, um durch die Beendigung des Kriegs
sich desto mehr Anspruch auf einen Triumph zu erwerben, zu-
mal da der Legat unter seinen Auspicien gefochten hatte. *) Zu
seiner grossen Beschämung musste er nach einer muthigen Ge»-
genwehr des Antiochus die Belagerung auflieben und sich mit
drei hundert Talenten und einigen Geissein begnügen, welche
er nur forderte und erhielt, um sich mit Ehren zu entiernen,
und sogar mit der Auslieferung eines zu ihm entflohenen Meu-
terers Alexander erkaufte. ^)
Nacbtheiliger wirkte der parthische Krieg auf den Hohen-
priester und Beherrscher von Palästina Antigonus. Zwar rief
Ventidius anfangs Silo zurück, nach Pacorus Tode schickte er
aber Machäras mit zwei Legionen und tausend Reutern. Dieser
schien auf die geheimen Anträge des Antigonus einzugehen,
welcher ihm grosse Versprechungen machte, wurde aber vor Je-
rusalem , wo er sich als Freund einzuschleichen gedachte , zu-
rückgeschlagen. Einen kräftigen Beistand konnte Herodes nur
von Antonius unmittelbaren Anordnungen erwarten. Er begab
sich deshalb zu ihm nach Conimagene , und begleitete Römer
und Andere , Avelchc sich durch einen glücklichen Zufall in An-
tiochien befanden , und nun unter seinem Schutze nach dem rö-
mischen Lager reis'ten. Durch diess Verdienst und sein Geld
befestigte er sich in der Gunst des Triumvir^ welcher nach dem
Abzüge von Samosata C. Sosius befahl, ihn nachdrücklich zu
unterstützen. Vorerst folgten ihm zwei Legionen. *In Daphne
3) Dio 49, 20. 21. PIul. 1. c. App. Parth. 157. 4) Dies. II. cc. App.
150. Suhl. Hesych. KXfypvög. Aristoph. Lysislrat. 913. 5) Plut. u. App.
11. cc. Dio 10, 22. Joseph. A, J, 14, 15. (27). 9. 15. J. 1, IG. (12). Oros.
. 6, 113.
446 V. ANTONIL (14. §. C4.)
erfuhr er, dass sein Bruiler Joscplius gegen sein VerLot sich bei
Jericho ia ein Gefecht eingelassen habe, und geschlagen und
getödtet sei; er rächte ihn bei Isanä in Saniaria , wo Pappus,
der Feldherr seines Gegners, unterlag, konnte aber wegen der
vorcrerücktcn Jahrszeit Jerusalem niclit mehr bebigcrn. '')
C. Sosius, welcher an V^entidiiis Stelle zum Legaten in
Sj-ricn ernannt war, verdankte es dem Hunger und den Seuchen,
dass Aradus sich endlich an ihn ergab. V Noch weniger hatte
Antonius Theil daran, denn dieser gieng wieder nach Athen zu
Octavia. ^) Der Senat beschloss ihm Dankfest und Triumph,
nicht Ventidius, welchen der Triumvir aus Eifersucht in ün-
thätigkeit versetzte, das Volk aber wegen seiner Siege so sehr
erhob, dass er ihm am 27. November d. J.. xu triuniphiren ge-
stattete, die erste Feier dieser Art, Avelche den Parthern galt, ö)
Mit dem letzten December d. J. endigten sich die ersten
fünf Jahre des Triumvirats; Antonius und Octavian Hessen sich
deshalb die höchste Gewalt für einen gleichen Zeitraum, vom
i. Januar 37 an gerechnet, vom Volke übertragen. '*'^
§ C4.
a. 37. Ohne die Ankunft des C. Sosius zu erwarten, rück-
te Herodes im Frühjahre vor Jerusalem. Doch wurde er bald
C) Joseiih. II. cc. Hegesipp. 1, 30. Zonar. 5. 11. 7) §. C2. A. 81. Dio
I. c Plut. Ant. 3-1. App. Parth. 157. Joseph. 11. cc. Vaill. Sog. Eclth. 5,
314. G, 45. 8)' So IMut. Ant. 1. c. welcbera App. 1. c. wie gewöhnlich
folgt. Dio fasst 40, 22. die Geschichte mehrerer Jahre zusammen, und
bringt daher die Reise nach Italien ( a. 30.) mit den so eben erzahlten
Ereignissen In Verbindung. So nun auch Zonar. 10, 26. Joseph. A. J.
14, l."). 9. nennt hier sogar Aegypten. 9) Fast. Capit. P. Ventidius, P.
T. Procos. ex Tauro monle et Partfieis V. Kai. Dec. Dio 48, 41. 49,
21. Plut. Ant. 3J. App. Parth. 157. Veliej. 2, 05. Plin. 7 , 44. (43.) Ju.
ven. Sat. 7. Gell. 15, 4. Val. Max. G, ü. 9, Eulrop. 7. 5. (3). Sex. Ruf.
18. Die Worte bei Dio 49, 21. sind selbst von Fabric. au Dio 48, 41,
so missverstanden, als habe Ventidius nach Antonius Tode triumpbirt,
wahrend der Sinn ist, dass dieser nie zu der Khre gelangte. Es bedarf
des Beweises nicht, welchen Norig. Cen. Pis. Diss. II. c. 16. §. 5. vor-
bringt, dass in den Fasten der Triumph des Cn. Domitius v. J. y/ =
30. später erwähnt wird, als der, von Welchem hier die Rede iit.
10^ §. 54. fiM. §. Ol. A. 97. u. §. Ol. A. 25.
V. ANTONir. (14. §. C4.) 447
<lurch den Legaten verstärkt, und die Stadt von 11 Legionen,
und (JÜOO Kentern augcgrifl'en. Auch Antigonus hatte gerüstet,
und die Juden, welche in ihm das Haus der Maccahiler, die
väterliche Religion und die Freiheit vertheidigcu wollten, ström-
ten ihm zu. Ein dreifacher Wall und die Thürme und Minea
der Belagerer schreckten sie niclit. Sie kämpften auf und un-
ter d«r Krdo , und ertrugen die Hungersnoth, welche auch da-
von ahgeselin, dass man in diesem Sabhathjahre nicht erndtetc,
bei d^m langen Widerstände zu einer furchtbaren Höhe stieg;
denn vierzig Tage vcrgicngen, ehe der Feind die erste, und
Jfunfzehn, ehe er die zweite Mauer erstürmte, wobei auch eini-
ge Tempel - Hallen verbrannten. In die obere Stadt und das
innere des Tempels zurückgedrängt, wurden sie endlich über-
wältigt und ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht von dea
erbitterten Kriegern niedergemacht. Antigonus ergab sich an
Sosius, welcher ihn spottend Antigona nannte und fesseln liess,
während Herodes dadurch, dass er so viel als möglich der Ent-
weihung des heiligen Gebäudes und der Plünderung Einhalt
that, sich als Rechtgläubiger und als Freund der Juden zu be-
währen suchte. Zugleich aber machte er Sosius unter dem
Scheine der Dankbarkeit grosse Geschenke, damit er den Ge-
fangenen, Melchen er nach Syrien führte, streng bewachte, und
Antonius vermochte er , ebenfalls durch Geld , ihn nicht zum
Triumphe in Rom aufzubewalircn , wo er leicht Beschützer fin-
den konnte. So wurde der letzte Maccabäer auf dem jüdischen
Throne in Antiochia an einen Pfahl gebunden, gegeisselt und
enthauptet. ^M
Uebrigens sucht man für dieses Jahr vergebens Nachricliten
über Antonius. Aus dem Folgenden lässt sich schliessen, dass
11) Joseph. A. J. 14, 15 (27.) §. 14. 16. (28.) §. 1. f. u. lib. 17. 8.
(10.) §. 1. B. J. 1, 17. 18. Heges. 1, 31. Die 4D, 22. Zon. 5, 11. Plut»*
Ant. 36. Die, welcher von Noris. Cen. Pia. Diss. II. c. G. p. 202. ver-
theidigt wird, und auch bei Eckh. 6. p. 44. den Vorzug erhält, setzt die-
se Ereignisse unrichtig in d. J. 38. nnd dem gemäss erzählt er c. 23. die
Reise des Antonius nach Italien bei d. J. 37. obgleich sie in das folgen-
de gehört. Dadurch dass er von c. 19. an in Beziehung auf den Osten
»lie Geschichte mehrerer Jahre nachholt, isl er in der Zeit irre gewor-
den, und datirt hier ein Jahr zuriicic.
448 V. ANTONII. (14. §. 64.)
er es mit Octavia unter den gewöhnlichen Vergnügungen in
Athen verlebte. ^) Am Nil und in Italien war er nicht. W
a. 36. Jetzt erst begab er sich im Anfange des Frühjahrs
mit Octavia und mit 300 Schiffen nach dem AVesten, '^) aber
nicht voll Unwillen gegen seinen Collegen und in feindlicher
Absicht, welches Plutarch der Geschichte vorgreifend behauptet.
Vielmehr hatte jener ihn durch Mäcenas um Schiffe ersucht, '=*)
welche er unter der Bedingung zusagte , dass er dagegen Trup-
pen zum Kriege mit den Parthern erhielte, obgleich er nach
den Vertrügen selbst in Italien werben durfte. '^) Ohne Zwei-
fel wollte er auch nach einer Abwesenheit von zwei Jahren die
Dinge in der Nähe sehen, und jetzt, wo die Parther auf einen
Vertheidigungskrieg beschränkt waren , nach den Umständen
darauf einwirken, i'') Octavian hatte ihm schon oft sein MiSs-
trauen ^s) und seine Abneigung bewiesen , anders als in der äu-
ssersten Noth Hülfe von ihm anzunehmen; er fürchtete einen
vom Kriege mit Sicilien begünstigten Angriff oder gar eine Ver-
bindung mit Pompejus und Lepidus. Jetzt erfüllten ihn die be-
endigten Rüstungen des Agrippa auf dem lucrinischen und aver-
nischen See '*') mit grossen Hoffnungen, und er glaubte der Un-
terstützung nicht mehr zu bedürfen. Deshalb öffneten sich An-
tonius die Hafen von Brundusium nicht; er fuhr um die Süd-
spitze der japrgischeu Halbinsel nach Tarent, und der Bruch
schien entschieden.
Diess schmerzte vor Allen Octavia. Als Geniahlinn und
Schwester der Herrscher, mit ihrer zarten Weiblichkeit und ih-
ren Achtung gebietenden Tugenden war sie geeignet, eine Ver-
söhnung zu stiften, und Antonius willigte darin. Bei ihrem
Bruder angelangt sprach sie zunächst von sich , von ihren Ver-
hältnissen, Aon dem Unglücke, welches sie treffen werde, wenn
es zum Kriege konune; so wurde sein Stolz nicht beleidigt,
Nachgiebigkeit wurde ein Verdienst, wie ihre Gegenwart ihm
die Aufrichtigkeit des Gegners verbürgte. Auf seine Klage, dass
dieser mit seiner grossen Seemacht nichts für ihngethan habe,
crwicdcrte sie , darüber sei schon mit Mücenas verhandelt , und
12) App. 5, 723. 13) S. den vorigen §. A. 8. II) Phit. Anf. 35.
App. 1. c. 15) App. 1. c. IC) §. GO. A. «i3. 17) Dio 48, 5-1. IS) g.
CO. A. 13. §. C3. in. ID) S. Punipeii. App. I. c.
V. ANTONIL (14. §. 04.) 449
allerdings gereichte der Krieg in Syrien zur Entschuldigung,
Auch der Behauptung, dass der Freigelassene Callias zu Lepi>
dus geschickt sei, utu ein Biindniss zu schliessen, Murde 'wi-
dersprochen: Antonius hahe nur seiner Zusage gemäss '*^-^ seine
Tocliter mit dem Sohne des Lcpidus vor dem Feldzuge gegen
die Partlier vermählen wollen; diess werde sich bestätigen, wenn
man Callias, av elcher zu dem Ende herheigeführt würde, auf
der Folter befrage. Octavian lehnte es ab, und versprach, sich
an einem Flusse 2') zwischen Tarentum und Metapontum zu ei-
ner Unterredung einzufinden, wozu auch Mäcenas und Agrippa
riethen. Er kam mit einem grossen Theile seines Heers, An-
tonius hatte die Flotte hinter sich , und nun wetteiferten sie,
einander Aufmerksamkeit und Vertrauen zu beweisen. Kaum
stiess Antonius vom Ufer ab, als auch Octavian einen Kahn be-
stieg und nach einem freundschaftlichen Streite mit ihm in der
f.Iitte des Flusses es durchsetzte, dass ihm vergönnt Avurdc, den
ersten Besuch zu machen, da er sich ja auch nach der Schwe-
ster sehnte; so blieb er ohne Wache die Nacht, und am ande-
ren Tage wurde diess erwiedert. Dann schlössen sie einen V'er»
trag, nach welchem Antonius seinem Collegen hundert Schiffe
überlassen, und dieser ihm dagegen zwei Legionen zum parthischen
Kriege stellen sollte; auf üctavias Verwendung fügte der Eine
20 Schiffe und der Andere tausend Mann hinzu. --} Auch wur-
de Antyllus, Antonius Sohn von Fulvia und noch Kind mit Ju-
lia, der Tochter Octavians von Scribonia, und L. Domitius
Ahenobarbus, der Sohn des Cn. Domitius ^3; und Grossvater des
Kaisers Nero, mit Antonia, Antonius Tochter von Octavia, 2iJ
verlobt, und Pompejus Priesterthum und Consulat abgespro-
20) §. 9. A. 45. §. 14. A. 91. 21) Am Galäsus, fünf Milliarlen nord=
lieh von Tarent, Liv. 25, 11. da man an dem Flusse die Truppen des
Octavian und Antonius Flotte sehen konnte, Plot. I. c. welche» an dem
entfernleren Bradanus nicht möglich war. Vgl. Tacit. A. 1. 10. Taren-
tinum fordtis. 22) Pluf. Ant. 35. App. 726. spricht von 120 .Schiffen, zu
welchen noch 10, und von 2i»,()00 Mann, zn weichen auf die angegebene
Art 1000 hinzugekommen seien. Die 1. c. hat keine Zahlen. Vgl. App. 5»
745. 748. 750. Dio 49, 1. u. §. fj.-i. A. 77. 23) §. CO. A. 38. f. Dio 48,
54. nennt unrichtig diesen statt des Sohns. Suet. Nero 5. Tacit. A. 4,
44. Periz. Anim. hist. p. 148. u. hier Uomitii. 24) Unten No. 24.
DiKüiaiiu, G«)£>:lii('ut<C' U(inM I. ^Q
450 V, ANTONII. (14. §. C4.)
clicn. -•'') Die Trlumrirn trennten Bich , um Pompcjus and die
Partlior anzugreifen, und unter diesem Vorwande Hess Antonius
seine Gemalilinn, «elclic ihn jedoch bis Corcyra begleitete, mit
den Kindern in Italien zurück; denn schon war die Liebe zu
Octavia in dem sinnlichen Manne erkaltet, und er suchte wie-
der andere Freuden.
y.a schien sich indcss abermals zu bestätigen, dass die bei-
den Herrscher im rdde nur durch ihre Unterbcfelilshaber glück-
lich waren. -'') Denn der Legat des Antonius P. Canidius Cras-
sns -^) siegte im JVühjahre am Caucasus in Gegenden, wo
Pompejus a. CO und 05 nur scheinbare Erfolge gehabt hatte,
und auch diese nur dem Mangel an Plan und Zusammenwirken
bei den Barbaren verdankte. Die caucasischen Fürsten entschlos-
sen sich leicht, den Römern nach Niederingen Geisscln luid Ge-
schenke zu schicken , weil sie hofften, dass der Feind, in einem
rauhen Gebirgslandc Ton kriegerischen Stämmen umgeben und
von seinen Hülfsquellcn entfernt, sich nicht behaupten könne,
wie sehr er auch das casjtlsche Meer zu erreichen wünschte.
Diese Politik bcfcdgte man in Afrika gegen die Perser, in Asien
Ceo-cn Alexander, und in Britannien gegen Cäsar, und so ver-
fuhr jetzt auch Pharnabazus, König der Iberer, einst selbst als
Geissei seines Vaters Artoces in Pompejus Lager, nebst Zober,
dem albanischen Fürsten , als sie gescl) lagen waren. -^)
Sic täuschten sich nicht, denn Antonius rief seine Trup-
pen zurück, weil er sie zu anderen Zwecken verwenden woll-
te. Bei seiner Ankunft in Syrien fand er parthische Flüchtlin-
ge, welche ihm wiclitige IMittheilungen machten. Er hatte aber
Cleopatra durch C. Fontojus Capito nach Laodicca beschieden,-'0
um während der nächsten \'orkelirungen zum Feldzuge mit ihr
zu schwelgen. Diese Zeit der Ruhe verlängerte sich zu seinem
25) Dio I. c. §. (11. A. 9. App. 727. IHsst aucli da» Triumvirat er-
neuern. S. §. 63. fiii 2C) rillt. Aiit. 31. II. Comp. Dcnietr. c. Aiit. 5.
27) Coiis. Sufl". B. 10. §. (JO. du. 28) Dio V.) , 21. ( V-l. 37, 2. ii. Flor.
3, 5. 28.) Plut. Aiit. 31. roinp. »emclr. c. A»it. I. App. Parlh. 157. 20)
riul. 36. 37. App. ITiS. Joseph. A. J. 15, 3. (4). §. 5. u. -1. §. 1. 2. B.
J. I, 18, f.iv. liO. Dio 10, 21. Rcliwcigt von dieser Ziiüaiiiiuenkuiin.
Vaill. Anton. No. 'M. 45. Foutoj. No. 0. 10. Hib( rtolcm. p. 191. Killt,
V. ANTONIf. (11. §. 04.) 451
grosstcn Naclithcllc, und -wurde ilim durch die Streitigkeiten
unter den Juden und die Einmischung der Königinn verleidet.
Herodes bewirkte durch seinen (Jesandten Saranialla und durch
CJcschenke, dass Phraatcs, der Nachfolger des Orodcs , ihm den
gefangenen IfjTcanus zurückschickte, ■welchem er mit vieler Acli-
tung begegnete, um ihn bei günstiger Gelegenheit vcrdachtlos
aus dem Wege zu räumen. •^•'>' Allein Alexandra, die Tochter
des Hyrcanus, Wittwe seines Neffen Alexander, und Mutter der
Gcmahlinn des Herodes Mariamne und des Aristobulus, wünsch-
te, dass dieser und in ihm das maccabäische Haus wieder zur
Regierung gelangte. Sie bat Cleopatra um ihr Fürwort bei An-
tonius , w elclicr einmal von Herodes gewonnen nicht darauf ach-
tete. Zufallig befand sich Q. DcUius, der stets fertige Kupp-
ler, 3i; in Judiia, auf dessen Rath Alexandra das Bild ihrer
sehr schönen Kinder dem Triumvir zugehen Hess. Dieser wurde
dadurch sogleich umgcstiuimt, und da er Mariamne niüit in
Cleopatras Nähe bringen konnte, so lud er ihren Bruder zu sich
ein. Herodes war in der äussersten Gefahr; er schrieb ihm,
die Reise des Aristobulus werde in den Missvergnügten Hoffnun-
gen und augenblicklich einen Bürgerkrieg erregen, und um doch
auch jene zu befriedigen, gab er dem jungen Fürsten statt des
schwachen Ananel, eines Juden aus Babylon, welchen er zum
Schein mit dieser Würde bekleidet hatte, das Hohepriesterthum.
Bald nachher liess er ihn im Bade ermorden. Auch diess er-
fuhr Antonius durch Cleopatra; denn sie verwandte sich gern
für die unglückliche Mutter, weil sie bei ihrem Wunsche, sich
den Besitz von Palästina zu verschaffen, in Herodes das einzi-
ge Hindcrniss sah. Der König wurde nach Laodicea entboten,
sich zu rechtfertigen, doch ruhte die Sache bis zum folgenden
Jahre, ^-) und dann schützte ihn das Geld, welches er fortwäh-
rend an Antonius und dessen Freunde verschwendete. ^3) Cleo-
patra wucherte mit ihren Reizen. Sie erhielt einen grosseu
Thcll des römischen Asiens zum Geschenke, ■^^) Phoenieien, Coe-
30) Joseph. A. J. 15. 2. §. 3. Oben §. 62. A. C9. u. hier A. 11.
31) §. 57. A. G4. 32) Joseph. A. J. 15, 2 u. 3. 33) Ders. B. J. 1 , 18.
§. 4. 34) Flui. Ant, 36. Dio 49, 32. Zonar. 10, 26. Nach Joseph. A. J.
J5, 4. §. 1. 11. B. J, 1 , 18. §. 5. einen Theil von Jndäa und Arabia
üiitl uile Städte vom Flasse EIcuthcrus (nach Kin/gen die Gräaze
29*
452 V. ANTONIL (U. §. 65.)
lesyrien, •''^) Cypcrn , einen bedeutenden Landstrich in Cilieien,
die Gegend in Judäa , welche deu Balsam hervorbringt , ^c; u^d
einen Theil des nabatiiischen Arabiens, '^'') so dass es Octavian
nicht an Stoff zu Beschwerden fehlte , welche die Römer sehr
gegründet fanden. ^^) Noch weit mehr wurde sie von den Be-
rauhten geliasst. Als sie vom Euphrat zurückkam, wohin sie
mit Antonius auf dessen Zuge gegen die Parther gereis't war,
Tersuchte sie, Herodes in ihre Arme zu locken; er aber ver-
mied ein Verhältnfss, welches sie benutzen konnte, ibn als Ne-
benbuhler bei dem Triumvir zu a crluumden, und nur aus Furcht
vor ihm tödtete er sie nicht, wie er anfangs beschlos&ea hatte,
sondern begleitete sie bis Pelusium. ^^)
§ 65.
(a. 30.) Jene Parther, welche nach Syrien kamen, such-
ten Schutz gegen Pliraates. Orodes war nach dem Tode des
Pacorus*") in Schwevniuth verfallen, und hatte unter seinen drei-
ssig Söhnen Phraates zu seinem Nachfolger ernannt , welcher
sich diesen Vorzug dadurch sicherte, dass er die Brüder und
dann auch seinen darüber erzürnten Vater erschlug. Auch die
Grossen wurden verfolgt , und viele wanderten aus. Unter die-
sen war Monäscs einer der angesehensten. ''O Er trug sich den
Römern zum Führer an , und konnte ihnen durch seine Verbin-
dungen nützlich Avcrden, sehr erfreulich für Antonius, welcher
nun um so gewisser Crassus zu rächen und Ventidius zu ver-
dunkeln hoffte , und ihm drei Städte in Syrien gab , Larissa,
von Seleucis gegen Phoenicien und Coelesyrlcn , Strabo 16. p. 753. Plin.
9, 12. (10). Josei»li. A. J. 13, 4. §. .=>.) Iiis Aegypteii, Tyrus und Sidon
ausgenommen, weil sie schon früher frei gewesen waren. Vgl. §. 66.
A. 6. f. 35) Joseph. A. J. 15, 3. §. S. 30) IMut. I. c. Die Gegend von
Jericho, Joseph. A. J. 15, 4. (5.) §. 2. Vgl. B. J. 2, 9. (8). §. 1. Plin.
13, 9. (4.) 37) Malchus, welchem es gehörte , sollte nach einem Vertra-
ge mit der Königinn gegen einen jährlichen Tribut von 200 Talenten im
Besitze bleiben, und eben so Herodes j;ej;en die Kriegung einer gleichen
Summe von seinem (:el)icte nichti verlieren. Joseph. A. J. 15,4. §. 4.
B. J. 1, 18. 38) Plut. I. c. Dio I. c. 30) Joseph. A. J. 15, 4. (5). 2.
B. J. I. c. Plut. 37. 4ü) §. 63. A. 2. in Die 49, 23. Plut. Anl. 37.
App. Parth. 157. Zouar. 10, 20. Jiulin. 42, 4. 5. Horat. C. 3, 6. 0.
V. ANTOMI. (14. §. 65.) 453
Arethusa und Hienipolis, Ton den Eingeborenen IJambyce ge-
nannt, mit dem V'crsprechen , dass er sie gegen das ganze par-
thische Reich von ihm einlösen werde. *^) Dennoch gieng Mo-
nüscs gern in sein Vaterland zurück, wohin der König ihn un-
ter glänzenden Verheissungcn einlud; römische Gesandte beglei-
teten ihn, Phraatcs zu eröffnen, dass man nur die Auslieferung
der Fahnen und Gefangenen aus der Zeit des Crassus zur Be-
dingung des Friedens mache. Dadurch tauschte man aber um
so Aveniger, da der Parther Zeuge der Rüstungen gewesen war. ^3)
Das Heer des Antonius zählte über 100,000 Mann, ^*) theils
römische Truppen, welche sich durch Muth, Ausdauer und Er-
gebenheit gegen ihren Feldhcrrn auszeichneten, *^v> theils fremde.
Zu diesen stellte Arttivasdes, König von Armenien, der Sohn
des Tigranes, über welchen Pompejus gesiegt hatte, ^ß) 6000 zu
Pferde, und 7000 zu Fuss. *^-l In der Mitte zwischen zwei
mächtigen Reichen*^) war er gezwungen, sich anzuschliessen,
und er wählte die Römer, weil er sie mehr fürchtete, und aus
Feindscliaft gegen seinen Nachbar, den gleichnamigen König von
Media Atropatcne, Artavasdes, welcher sich mit den Parthern
verbanil.^^)
Der Feldzug ^'*) begann in vorgerückter Jahrszeit , weil
Cleopatra hinderlich wurde , die erste Ursach der nachmaligen
Unfälle; eine andere ist in der schlechten Führung des Heers
zu suchen, wodurch seine Beschwerden sich vermehrten; dazu
42) Dio 49, •24. Plut. 1. c. n. 4G. App. 1. c u. IGG. 43) Flor.
4, 10. 1. berichtet irrig, es sei eiu Vertrag geschlossen. 44) Plut. 37.
xähll C0,()00 röuiisclie Krieger zu Fusm , 10,OUO spanische u. gallische zu
Pferde und 30,000 Mann Hülf«völker. Vellej. 2. 82. 13 Legionen, (A.
V.) de vir. ill. 85. fünfzehn, Flor. 4 , IQ. 10. u. Justin. 42, 5. sechzehn,
Liv. 130. achtzehn. Bei den höheren Angaben sind die llülfstruppen
nicht unterschieden, 45) Plut. 43. Justin. 1. c. 4C) Slrabo 11, 532. Dio
40, 10. wo er, wie App. Parth. 158. Artabazes heist. 47) Plut. 37,
gtrabo 11, 530. App. 108. nennt 1G,00Ü Reuter, und auf die armenischen
scheint sich auch dieselbe Zahl bei Liv. 1. c. zu beziehen. 48) Tacit. A.
2, 3. Armenia — inter Parthorum et Romanas opes iiifida. 49) Dio
49, 25. 50) Dio L c. Plut. 38. App. Parth. 158. Zonar. 10, 20. Liv.
130. Vellej. 3, 82. Justin. 42, 5. Flor. 4, 10. Eutrop. 7, 0. (4.) Gros.
0, 10. Sex. Ruf. 18. Seine Geschichte schrieb Q. Dellias (§. 57. A. 04.)
als Augenzeuge. Strabo 11, 523. Piut, Aiit. 59.
454 V. AiXTONU. (11. §. g:).)
kam <lcr V'cnath des Artavasdes , und die Uebcreilung , mit wcl-
clier Antonius in Monaten beendigen wollte , Avas Jalu-e erfor-
derte, weshalb er weder vor noch nach dem Angrifte auf das
feindliche Land in Armenien Winterquartiere bezog; er wollte
Korbceren im Fluge erhaschen und zu den Füssen der Köni-
ginn legen. Diese begleitete ihn bis zum Euphrat und kelu'tc
dann nach Aegypten zurück. ^0 Nach dem Ucbergange über
den Fluss bei Zeugma gelangte er in nordostUclier Richtung
durcli Mesopotamien nach dem südlichen Theile von Armenien,
und weiter nach der Gränze von Media Atropatcne. Lediglich
durch die Schuld des Artavasdes, welcher ihn nicht auf der ge-
bahnten und kürzesten Strasse führen Hess, verlängerte sich
dieser Weg um mehr als das Doppeitc , so dass er 8000 Sta-
dien oder 200 geograpliische Meilen betrug.^-) Nach solchen
Anstrengungen in Armenien zu überwintern, konnte er sich nicht
cntschliessen, und auch die Erfahrungen des Crassus nützten
ihm nicht. Der Schrecken scliien ihm die Feinde zu lähmen,
als er ungehindert in Medien einrückte, und er sollte ihm auch
die Städte öffnen; nichts fürchtete er, als Zeitverlust. Daher
sollte der Legat Oppius Statianus ihm mit zwei Legionen ^'■^) die
ßelagcrungs - Maschinen und das Gepäck auf 300 Wagen nach-
führen, während er mit der Reuterei und dem Kerne des Fuss-
volks Phraata ^*J einschloss , wo sich die Gemahlinn und die
Kinder des medischen Königs befanden.
Die feindlichen Fürsten vertrauten den Mauern und der
zahlreichen Besatzung , und entsandten Reuterei , welche Statia-
nus überfiel und mit dem grössten Theile seiner Mannschaft er-
sclihig. Polemo , König von Pontus, einer der wenigen Gefan-
genen , ^^) erhielt gegen ein Lösegeld seine Freiheit ; die Ma-
51) §. C4. A. 39. 52) Strabo 11, 524. Plut. 38. App. 158. 53) Liv.
130. Vellej. Flor. Sex. Ruf. 11. cc. Bei Plut. 1. c. u. App. 159. 10,000 M.
Dio u. Zonar. geben keine Zahl an. 51) Bei Dio rraas]:a\ bei Strabo
11, 523. ebenfalls durch Entstellung des Namens, J'cra , aber mit der
Bemerkung, die Stadt sei 2100 Stadien, oder GO geograph. M. von der
arnicniRchen Grän/e entfernt gewesen. Liv. 130. rechnet 300 Rlilliarien.
55) Dass er nicht getödtet wurde, wie in der übrigens würllich aus
riiitarch entlehnten Erzählung bei App. l'arth. 159. gesagt wird, erhellt
nus l'Iut. 38. welchen I'abric. zu Dio 19, 25. mit Unrecht desselben Irr-
Ihnms beschuldigt, und aus Dto I. r. ii 49, 32. 41. Strabo 12. 578.
V. ANTONII. (14. §. 60.) 455
schincn •wurden zerstört. Den Römern, auf weiche ein solcher
Ausjrang des ersten (icfechts einen ungünstigen Eindruck uiach-.
tc 5 war es unmöglicli , den Verlust zu ersetzen , und ilirc Be-
stürzung "wurde dadurcli nocli grosser, dass Artavasdes , dessen
Ucuter in jeder Bezielniug den parlliischen am iihnlichstcn , und
an den Kampf mit ihnen gewöhnt "waren, ^''-' nichts für den JLc-
gaten gctlian, und niciit oline geheimes Anstiften des Uctavian,
■welcher später seine Bestrafung lehhaft rügte , ^^J und aus Furcht
vor der Rache der Sieger, den Rückweg nach Armenien ange-
treten hatte, statt zu Antonius zu stossen. ^^) Auf den Ruf des
Statianus eilte dieser mit zehn Legionen und der ganzen Reu-
terei ihm zu Iliilfe, er fand aher nur die Todten und das zer-
trümmerte CJeräth , und zog sich zurück. Bald zeigten sich die
Feinde, und der ersehnte Tag der Schlacht und Entscheidung
schien gekommen. Jene erfolgte, diese nicht; denn die Barharen
wollten ihn nur bescliiiftigen , damit indess seine Truppen vor
riiraata aufgerieben würden; sie ergriffen die Fluclit, als das
Gefeclit ernstlich wurde, und nicht mehr als achtzig wurden ge-
tödtct und drcissia: ffcfancren. Am anderen Morien sahen sich
die Römer wieder von allen Seiten uuiscliwiirmt, und nur mit
Slühe erreichten sie ihre Linien , gegen w eiche die Belagerten
einen so glücklichen Ausfall gemacht hatten, dass Antonius die
Seinigen loosen, den Zehnten hinrichten und den Uehrigen
Gerste zur Nahrung reichen Hess. 5'-^) Er konnte weder die Stadt
nehmen, noch den Feind dahin bringen, dass er ihm Stand
liielt; seine Streitkräfte verminderten sich täglich und immer
drückender w urde der Mangel ; wenn er sich zum Behufe der
Zufulir durch grosse Entsendungen scliw ächte, so brach der FeintI
aus l'liraata hervor, wenn er Wenige schickte, so gicngen sie
dem Tode oder der Gefangenscliaft entgegen , und überdiess nä-
herte sieh der Winter. Phraates fürchtete ihn ebenfalls; mit dem
Eintritte der Kälte lüs'tc sein Heer sich auf, und die Stadt zu
entsetzen war ihm unmöglich; wenn sl« übergleug, so hatten
66) Plut. Ant. 50. 57) Dio 4^, 41. 50, 1. 58) S. A. 50. u. Sirauo
1. c. u. 11, 532. Tacit. A. 2, 3. UiUcn §. Gü. A. 10. 59) Kine Ijeschiin
pfende Strafe, welche den Tiiiereu gleitli sei/te. Dio 49, 20. 27. vj^l.
c. 38. Plut. 39. Apj). Pailb, lüü. IHyi. 70Ü. Pülyb. ü, 3«» Suei. Oat. 24-
Polyaen. Slrat. 8, 24. 2,
456 V ANTONII. (14. §. ü5.)
die Römer einen Wafl'cnplata , ^^) wo sie sich verstärken konn-
ten, um im Frühjahr" in sein eigenes Reich einzufallen, und
sich mit den Missvergnügten zu verbinden. Daher musste er
sie aus ihren Schanzen locken , welches Nüth und Unbesonnen-
heit ihm erleichterten. Denn auf die Versicherung seiner Krie-
ger, dass er Frieden "wünsche, erklärte sich Antonius sogleich
dazu bereit, wenn man die Fahnen des Crassus zurückschicke.
Diess wurde verweigert und da2;e";eu freier Abzuff zHü:estanden.
Voll Unmuth und Beschämung gab Antonius durch Domi-
tius Ahenobarbus das Zeichen zum Aufbruche. Er eilte so sehr,
dass er das Belagerungs-Geräth zurückliess, welches der Feind
verbrannte, ^i) Auf den Rath eines Marsers, ^'^) welcher seit
Crassus Niederlage im parthischen Heere diente, und jetzt zum
römischen kam , wählte er nicht den Weg, auf welchem er A'or-
gedrungen Avar, sondern Hess ihn zur Linken, und zog in nord-
westlicher Richtung auf einem kürzeren, Avo er zugleich mehr
Berge und Lebensmittel tiadca sollte. Kein Parther Avurde sicht-
bar; man schien Wort zu halten. Am dritten Tage glaubte er
sich gerettet, als die Ueberschwemmung der Strasse die Nähe
der Feinde ankündigte, und kaum hatte der Marser vor ihnen
gCAvarnt, als das Gefecht begann. ^^) Seitdem bildeten die Par-
ther die Vor- und Naclihut; in cAvigem Wechsel von Flucht und
Angriff ermüdeten sie die Römer schon dadurch, dass diese sich
nur in Schlachtordnung fortbewegen konnten; sie sperrten die
Pässe durch Verhaue, die Wege durch Graben, verschütteten
Brunnen und Quellen, und vernichteten Nahrungsn»ittel und Ob-
dach. Nur durch zusammen gehaltene Schilde konnten die Mas-
sen sich ihrer Pfeile crweliren; in diese A"ermochten sie nicht
einzudringen; Avcr sich aber A'om Zuge entfernte, der Avurde
niedergemaclit. So hatten die Römer doch immer nur geringen
Verlust, als der Lhigestüm des Kriegstribuns Flavius Gallus Al-
les zu A'erdcrben drohte. Er stürzte sich mit Genehmigung dcR
Antonius an der Spitze einer erlesenen Schaar auf die Parther,
CO) ( Pftrtfi!) ohsessns c.rp?tgnare nrhrs nesciunt. Justin. 41, 2.
(JI) Vgl. Dio 50, 27. 62) Vellej. 2, 82. Flor. 4, 10. Horat. C. 3 , 5,
Unrichtig nennen ihn Plut« 41. u. demnach App. 101. einen Mardier. Dio
•J9, 28. erwähnt ihn nicht. C3) Hir stati/n quasi victor sequobalur.
Flor. I, c.
V. ANTüMl. (14. §. Ü5.) 457
um sie einmal für die tägliche Herausforderung und Belästigung
büssen zu lassen; wie immer, wichen sie zurück, und diess
vermehrte seine Wuth ; rücksichtslos folgte er, die Feigen zu
züclitigen , obgleich er von den Tribunen der Nachhut gewarnt
wurde, und der Quästor Titius *'^>' selbst herbeieilte und das Ge-
fecht abzubrechen gebot. So wurde er umringt, und nun mach-
ten die römischen Befehlshaber den eben so grossen Fehler, dass
sie ihre Truppen in einzelnen schwachen Abtheilungen gegen
den Feind führten, welche nach einander geschlagen wurden,
auch unter Canidius Crassus; das ganze Heer war in Gefahr,
aufgerieben zn werden, als Antonius selbst mit der dritten Le-
gion den Kampf endigte. Er hatte 3000 Tode und 5000 Ver-
wundete, unter welchen Gallus, von vier Pfeilen durchbohrt,
bald darauf starb.
Phraates kam jetzt selbst zum Heere, welches 40 bis 50,000
Reuter zählte, *^^J während der Untergang des feindlichen gewiss
ÄU sein schien. Aber der römische Feldherr verzweifelte nicht;
er tröstete die Verwundeten, und hielt eine Rede an die Trup-
pen, worin er die Braven lobte, die Uebrigeu tadelte, und als
sie nun selbst gestraft zu werden verlangten, mit der Bitte an
die Götter schloss , ihren Zorn nur gegen ihn zu richten und
seine Krieger zu retten. Diese mit Innigkeit gesprochenen AVor-
te verliehen den Erschöpften neue Kraft; statt zu unterhandeln,
folgten sie ihrem Führer, für welchen alle zu sterben bereife
waren, und bei zu heftigem Andränge des Feindes schützten
sie sich mit üiren Schilden, einem ehernen Dache. '''') Die Zahl
der Kranken und Verwundeten wurde indess immer grösser, und
in eben dem Masse A^ermiuderten sich die Mittel, sie fortzuschaf-
fen; immer langsamer bewegte sich sowohl deshalb, als weil es
mit jedem Tage schwerer wurde, sich zu nähren, der unglück-
Fiche Zug. Vom Hunger gequält verschlang man Kräuter und
Wurzeln, und unter diesen auch giftige, ^^) deren Genuss wahn-
sinnig machte, und Antonius rief, als er das Feld mit den
Leichen der Seinigen bedeckt sah: o ihr Zehntausend! die klei-
■ ne Schaar beneidend , welche auf dem längeren Wege ein besse-
C4) §, Gl. A. IG. G5) Plut, 41. Justin. 41, 2. 6G) Dio 49, 29. 30.
Plut. 45. App. 104, Flor. 4, 10. Frontin. 2, 3. 15. 07) Ad ne/andos
cibos coactus. Uro«, (i , 10.
458 V. ANTONII. ( U. §. Co.)
res Schicksal gehabt hatte. Im Rathc des Feindes Avar ihm Me-
dien zum Grabe bestimmt; man Hess ihm scliciiibar absichtslos
die Nachricht zugehen, dass die Parther niclit veiter verfolgen
und nur die Meder ihm noch einis-e Tajrc zur Seite bleiben Aviir-
den, um Plünderung zu verhüten. Leicht glaubte er, was ihm
erwünscht war, als Monäses zur Vergeltung für die ihm erwie-
sene Gunst durch einen Verwandten, Mithridates, ihm meldete,
dass jenseits der Ebene, in welche er hinabsteigen wolle, die
ganze feindliche Macht im Gebirge lagere, um gegen ihn her-
vorzubrechen. Auch der I\Iarser wiederholte, man dürfe die Hö-
hen nicht verlassen, und die Hoffnungen des Phraates wurden
vereitelt.
Doch setzte er die Verfolgung fort, und die ermatteten
Römer, welchen es nun besonders an Wasser fehlte, nuissten
sich von neuem vertheidigen. Sie schöpften aus einem salzigen
Flusse, und Viele erkrankten, bei Allen aber wurde der Durst
nun um so grösser. Zu günstiger Zeit tröstete sie Mithridates,
welcher sich ihnen abermals näherte. Der Araxes sei das Ziel
ihrer Leiden, denn man werde sie nicht weiter beunruhigen. Eben
diess weckte indess die Raubsucht des Gesindels im Heere, wel-
ches die jetzige Verwirrung und Gefalir benutzen wollte. In
einer Nacht entstand plötzlich Liirmen; man hörte mit Entsetzen,
dass das Gepäck geplündert werde , und glaubte den Feind im
Lager; Antonius gebot Rhamnus , einem Freigelassenen, ilm auf
seinen Wink durch den Tod vor der Gefanrrenschaft zu bewah-
reu, entdeckte dann aber die Ursach des Aufruhrs und endigte
ihn durch das Zeichen , sich in Schlachtordnung aufzustellen.
Sieben und zwanzig Taffc*''^) nach dem Aufbruche von Phraa-
ta gicng das Heer über den Araxes, welcher Medien von Ar-
menien trennte. CO) Von den Parthern befreit fand es in dem
fruchtbaren Lande Ueberfluss, doch wurde auch diess nach der
langen Entbehrun;; Aianthem verderblich. Es hatte 20,000 Mann
zu Fuss und 4000 Reuter verloren, ''^^ unter Avclclien mehr als
GS) Plut. 50. App. 108. Liv. 130. hat 21. 09) Strabo 11, 523. I'lut,
40. 70) Plut. 50. App. 108. u. B. C. 5. 717. Dazu stiiuint Veliej. 82. 3.
Ant. habe den vierten Theil seiner Soldaten vermisst. Kr verlor dann
aber noch \'iele durch die Kälte; (S. unten.) dennoch übertreibt Flor. 4t
10. 10. in der Nachricht, kaum der drille Theil sei entronuen. Vgl.
A. V. ) de vir. ill. 85.
V. AxXTONH. (11. g. 65.) 459
die Hälfte von Mangel und Krankheiten -wcr-gcrafft waren. An-
tonius niusste sich Glück tvünschen , dass Artavasdes nichts
feindliclies gegen ilm untcrnalim; er täuschte ihn durch Schmei-
cheleien und Versprechungen, und verschoh die Rache auf eine
andere Zeit. Keineswegs bezog er in Armenien Winterqnar-
.tiere. ^') So1)al(l er sich sicher wusste, übcrlicss er sich wieder
seiner unmännlichen Leidenscliaft für Cleopatra ; doch ist es ihr
nicht allein zuzuschreiben, dass er den Rückzug über die be-
schneiten Gebirge des östlichen Vorderasiens nach Syrien fort-
setzte , denn unmöglich konnte er seine Truppen vereinzelt dem
Reiclie eines verrätherischen Fürsten anvertrauen. Gegen 8000
wurden das Opfer der Kälte. "^-3
Seine Sehnsucht trieb ihn nach einem kurzen Aufenthalte
in Antiochien^^) nach Leuce Come , einem Orte zwisclien Be-
rytus und Sidon, wo er die Königinn erwartete. Endlich er-
schien sie, und alles Andere war vergessen. Auch die Kiicger
sollten seine Wonne theilen; er gab ihnen Kleider, und jedem
Legionär 35 Denare und nach Verhältniss den Uebvigen, alles
nach seiner Versicherung ein Geschenk der Aegyptierinn, ob-
gleich er wenigstens das Geld erpresstc oder durch die Bei-
steuer seiner Freunde zusc imenbrachte. Dann reis'te er mit
Cleopatra nach dem Nil. '^^^
Seine Rückkehr, und eine so schnelle Rückkehr aus Me-
dien setzte am meisten Sex. Pompcjus in Verlegenheit. Octa-
vian hatte ihn in diesem Jahre von Sicilicn vertrieben, und
dann auch M. Lepidus seines Heers und seiner Provinzen be-
raubt, ohne mit Antonius zu theilen. ''^) Er beherrschte nun
den Westen olnie Nebenbuhler, und war im Besitze einer gro-
ssen und siegreichen Flotte. So musste das Verhältniss zwischen
ihm und seinem CoUegen sich anders gestalten, und man sah
schon in Rom in der Erlassung- einiger Steuern einen Vorwurf
für diesen, als habe er den bisherigen Druck veranlasst. "^^'J
Docli schickte er ihm die geliehenen Schiffe zurück, welche
nach Tarent und im nächsten Jalire nach Asien giengen, nach
■71) Dio 40, 31. 72) h\v. J30. Plut. 51. Serv. zu Virg. Aen. 8. C78.
73) üros. G, lö. Vgl. Flor. 4, 10. fiii. 74) Dio 4ü, 18. 31. App. 5.
747. Zon. JÜ, 2Cr Flor. 4, 11. 75) Aemilii Lepidi. 7C) Dio 49, 15.
460 V. ANTONII. (li. §. 65.)
Apitian nur 70, nacli Dio auch andere, als Ersatz für die zep>
störten. '^^)
Oeffentlicli schien er mit dem Senat den Berichten über den
parthischen Feldziig Glauben zu schenken , worin das Günstige
hervorgehubcn und übertrieben, und das Nachtheilige verschwie-
gen war, wahrend er mit seinen Vertrauten dahin wirkte, dass
man in Rom die Wahrheit erfuhr. ''^J Nach Servius Bemerkung
wurde Antonius später der Leberwiuder des Orients genannt, da-
mit der Sieger von Actium desto mehr glänzte '''•') und dieser
rüluute selbst , dass er ohne Schwerdtschlag wieder gewonnen
liabe , was von Anderen in Schlachten A'erloren sei , als Phraa-
tes a. 20 ihm die Fahnen des Crassus und Antonius überschick-
te. ^^) Ohne Zweifel beschloss man das Dankfest zu Ehren des An-
tonius, ^^-' als er nach dem Tode des Statiauus den Parthern eine
Schlacht lieferte; auch wurde er in dieser Zeit Imperator lll. ^-)
vor dem J. 34, in welchem er Cos. II. und desig. III. war, ^^^ denn
er heisst auf den Münzen Imp. lil. Cos. desig. iter. et tert. 8*) Daher
kann sich jener Titel auch nicht auf Artavasdes, König von Armenien,
beziehen, welchen er a. 34 zum Gefangenen machte. *^) Aber die Ur-
sach der Auszeichnung ist nicht mit Gewissheit zu ermitteln, um so
weniger, da sie denTriumvirn auch wegen der Thaten ihrer Unter-
fcldhcrrn oder nach unbedeutenden Erfolgen bewilligt wurde. In
diesem Falle mag Canidius Crassus dazu Anlass gegeben haben. ^*')
77) App. 5, 74.5. 750. Dio 49, 14. Oben §. Gl. A. 22. Flut. 55.
lässt Antonius sich beklagen, dass er seine Schüfe nicht erbalten habe.
78) Dio 49, 32. 79) Serv. zu Virgil. Aen. 8, CS6. 80) Mon. Ancyr. tab.
V. 1. 39. in Cbish, Ant. Asiat, p. 176. u. 202. Suet. Octav. 21. ed. Baunig.
— Crusius, u. die das. angef. St. Dio 54, 8. u. s. w. S. auch Horat. C.
4, 15. Kpist. 1, 12. a. 19. Ovid. Fast. 5, 593. Propert, 3, 3. 9 u. 17.
4, C. 79. u. die Münzen des Octav. mit d. Inschrift; Si'gnis recepiis bei
RJorell. Thesaur. Aug-iist. tab. 17. No. 5. f. Eckh. G. p. 94. f. Selbst nach
ecineni Tode wurde dies« Ereigniss auf den Münzen erwähnt, Eckh. 0.
p. 128. welches sich zum Theil aus Suet. Tiber. 9. erklärt. 81) Dio 49,
32. Oben A. 59. 82) Vgl. §. 20. A. 36. c. u. §. 03. fin. 83) §. 61. A.
24. 84) X'ailj. Anton. No. 49. f. u. Ders. Atratin. Eckh. 0. p. 45 u.
fiC. 85) Diesa glaubten Vaill. Anton. No. G2. u. Schlegel in Morell.
Tbes. Caesar, tab. 3. No. 31. und Eckh. G. p. 45 u, C7. hat ihnen mit
Itecht widersprochen. 80) §. G4. A. 20. Nicht die Besiegung des Sex.
Ponipeju«, an welche Eckhel hier ebenfalls denkt; denn obgleich die
Flotlu des Antiiiiius dazu mitwirkte, 80 geschah es doch nnter den Au-
spiciea (lex Oclaviau,
V. ANTONir. (14. §. C6.) 401
Als (las Unglück des Antonius allsjemein bekannt war , bczcucrte
ihm Octavian sein Bedauern.
Mit hcsonilcrer Nachsicht behandelte jener Sex. Pompejus,
welcher in Mitviene landete, und auf die Nachricht, dass die
Römer sich in Medien in grosser Gefahr Itefänden, seine Aben-
teurer-Rolle fortzusetzen, und sich das römische Asien zu un-
terwerfen beschloss. Er ergrüF aber auch jetzt verkehrte Mass-
regeln und wurde im folgenden Jahre gefangen und hingerich-
tet, m
§ 66.
n. 35. Die Ehre der Römer hatte nngcbiich den Feldzug
gegen Phraates geboten; jetzt forderte die eigene Ehre des An-
tonius, dass er sich rächte, und ungesucht fand sich in Arta-
vasdes, dem Könige von Medien, ein Bundesgenoss, weil er
mit dem parthischen über die Beute zerfallen war. Seine An-
träge wurden in Alcxandrien so gut aufgenommen , dass der
Ueberbringer Polemo, König von Pontus, sich a. 33 mit Klein»
Armenien belohnt sah. s^) Indess schreckten Antonius seine letz-
ten Erfahrungen; er war kaum dem Scliicksale des Crassus enb-
gangen , und wie dem auch sein mochte, so trennte ihn ein
neuer Krieg wieder von Cleopatra. Gern würde er aus diesen»
Grunde auch seinen Hass gegen Artavasdes, den Armenier, be-
schwichtigt haben, wenn er nicht hätte in Aegypten triumphi-
ren wollen. Er glaubte sich geliebt, und hoffte ein Mannweib
durch Sclieingrösse zu blenden , ein zwiefacher Irrthum. Auch
misslang der V'ersuch, den Fürsten , welchem er bei der Feier
die Hauptrolle bestimmt hatte, durch eine Einladung herbeizu-
locken ; Gewalt mochte er nicht anwenden , weil es zeitraubend
und der Erfolg ungewiss war; deshalb wollte er unter dem Vor-
geben, dass er gegen die Parther ziehe, in sein Land einrük-
ken, und sich seiner mit List bemächtigen. Im Dienste seiner
Buhlerinn verliess er also Aegjpten, und seine Gemalilinn scheuch-
te ihn dorthin zurück. Denn er vernahm, dass Octavia von
Rom abgereis't sei, um ihn aufzusuclicn. Ihr Bruder, welcher
nach der Ermordung des Sex. Pompejus circensische Spiele gab,
87) S. Porapeii. 88) Dio 49, 33. 44. Plul. Anteil. 52.
462 V. ANTONII. (14. §. 60.)
zu Ehren des Antonius einen Wagen mit dem curulischen Ses-
sel vor die Ilediicibülinc stellte und seine Statue in den Tem-
pel der Concordia, und ihn durch einen Senatsbeschluss ermäcli-
tigcn Hess , mit Gemahlinn und Kindern in dem Tempel zu es-
sen, ^'•') hinderte sie nicht, weil er A'oraussah, was ihr begeg-
nen werde und diess ihn bei der Ausführung seiner Pläne för-
derte. Um Antonius nach Kräften zu ersetzen, was im vorigen
Jalirc verloren war , führte sie ihm 2000 Krieger zu, eine aus-
gewählte und prachtvoll gerüstete Mannscliaft, und Lastthiere,
Kleidung für die Truppen, Geld, und Geschenke für seine Freun-
de. Er ersuchte sie auf ihr Schreiben, in Athen zu bleiben,
weil er sie wegen des parthischen Krieges nicht empfangen kön-
ne, und begab sich wieder nach Aegvpten; Octavia gieng nach
Rom zurück und schickte ihm durch Niger , was sie ihm selbst
hatte überbringen wollen. Nach dieser Kränkung hielt es Octa-
vian für angemessen , dass sie die Wohnung ihres Gemahls, das
Haus des Pompejus in den Carinen , verliess, sie aber blieb,
erzog auch ferner seine Kinder von ihr und von Fulvia, un-
terstützte seine Freunde durch ihr Fürwort, und suchte zu ver-
liindern , dass ihr ehliches Verhältniss auf die öffentlichen An-
gelegenheiten zurückwirkte. ^^) Nicht bloss die Besorgniss, dass
sie sich ihm aufdringen möclite, sondern auch die Nachrichten aus
Alexandrien bewogen Antonius, gegen Armenien jetzt nichts zu
unternehmen. Denn Cleopatra fürchtete den Eindruck , welchen
es auf ihn machen musste, wenn eine schöne und hochherzige
Frau, die Älutter seiner Kinder und Schwester eines Triumvir, ,
ihn beschwur, nicht durcli ihre Vernachlässigung und ein will- j|
kührlichcs Schalten über römische Provinzen ihren ßruder und
llom zum Kriege zu reizen; deshalb mussten ihre Getreuen, be-
sonders Alexas aus Laodicea, in dieser Angelegenheit stets ihr
80) Dio 19, 18. 00) Plu(. :,?j. u. 51. Dio 40, 33. Zon. 10, 20. Sie
verlebte den Winter nirht in AJlion, App. .5, 7.50. aber sie kam dem
Ziveckc der Reisse gemäss im Frülijalire , ebe der Feldzu;^ ercilTnet und
Pompejus gelödtet wurde, wclcber jene Truppen durch seine Seiidlinpe
zu jreu innen such(e, als sie durch Maceilonien cicngcn. Das. Diess so-
wohl als Dios Zcugniss widerspricht der gewöhnlichen Annahme, nach |
welcher üclavia a. 33. reis-le.
V. ANTONII. (11. §. 00.) 4G3
ITauptwcrkzcug, ^') ihm ihre Sehnsucht nach ihm schildern, die
Vcizweifliing;, "welche sie aufzureiben drohe, wodurch sie ihre
Absicht vollkommen erreichte. < l:
a. 31. Antonius trat am 1. Januar sein zweites Consulat
an, und zwar mit L. Scribonius Libo, wie im Vertrage von
Miscnum festgesetzt war , '■*-) aber abv esend und nur für diesen
Tag. 'J"^-* Zu seinem Naclifolger ernannte er L. Sempronius Atra-
tinus,**-' dessen Stelle am 1. Juli C. Memmius einnahm.
Im Frühjahre brach er endlich nacii Armenien auf. Er
scliickte Q. Dellius voraus, '''') welcher für Alexander, seinen
Sohn von Cleopatra, um die Tochter des Artavasdes werben,
und ihn in der Meinung bestärken musste , dass seine Rüstun-
gen gegen die Parther gerichtet seien. Nach seiner Ankunft
zu Nicopolis in Klein •■Armenien ''•') lud er ihn zur Beratliung
ein, und als er nicht erschien, versiclierte er ihn fortwährend
in Briefen und durch Dellius seiner Freundschaft, drang .nber
so schnell gegen Artaxata vor, dass dem Könige keine Wahl
blieb. Er wurde im römischen Lager als Bundesgenoss e;n-
pfangcn , und erst dann mit silbernen Ketten gefesselt, als die
Befclilshaber in den Festen sich weigerten , auf sein Gebot die
Schätze auszuliefern; denn sie erkannten, welcliem Zwange er
unterlag, und wälilten seinen ältesten Sohn Artaxias^'^ 5cum
Könige , welcher indess geschlagen wurde , und zu den Part-hern
entfloh. Den Vater, dessen Geuiahlinn und übrigen Kinder führte
Antonius nebst A'icier Beute , wozu auch der Tempel der A naitis
in Acilisenc seinen Beitrag gab, ^^) nach Aegvptcn, "'•*>' ohne sich je-
Dl) Pliit. 72. Sein Name Alexander findet sich unverkürzt in PJu(,
C6. u. Joseph. A. J. 15, ö. (10). u, C. J. 1, 20. 02) §. Gl. A. 24,
93) Dio 49, 38. 39. 43. 50, 25. Fnsti sie. Eckh. 6. p. 40. o. hier die
folg. A. 91) Dio 49, 39. Tab. Capuan. in Marlian. Ann. ad a. 719.
righ, 3, p. 494. Grut. p. 1087. No. 2. Alratinus heisst auf den Alün-
zen des An(on. aus dieser Zeil Augur, praef. class. u. Cos. desig. Vaill.
Anlon. No, 49, 50. Senipron, No, 4. Hisl, Ptoleni, p. 195, Eckli. 5. p.
304. C. p. 5G. 95) §. 57. A. G4. 9ü) Von Pompejus auf dem Schlacht-
felde gegründet, wo er Milhridal überwunden halte. S. rompeii.
ronip. lllv. a, GG. 97) So Tacil. A. 2, 3. Joseph, A. J- 15, 4, (5). 3.
Artaxes Lei Dio 49, 39. 51, IG. 98) VVahrscheiiiiicU wurde er jetzt
geplündert. StraboU, 532. Plin. 33, 2J. (l.j 99) S. uuleu A. 4. u,
§. 71. A. 2i.
464 V. ANTONII. (14. §.66.)
^ doch Imperator zu nennen.*"") Amyntos, früher Staatssclircibcr
des Dejütarus und Aiifülirer seiner Truppen, beschenkte er mit
verscliicdenen Gebietei in Vorderasien, welche dieser durch Er-
oberunj^ vergrösscrte , ') und Archelaus, den Sohn <ler Glapliyra,
mit M'clclier er früher gebuhlt hatte, -) mit Cappadocicn. ^)
In Alexandrien bereitete sich aber ein Fest, welches bis
daliin nur Rom gesehen hatte; ein Triumph fern von seinem
Capitol riss die Schranken nieder zwischen ihm und der Pro-
vinz, zwischen Römern und Barbaren, und untergrub in dem
Glauben , dass man nur für die Weltbeherrschcrinn siegen und dass
nur sie dem Sieger die höchsten Ehren bewilligen könne, dieGrund-
la*Te seiner Grösse. Antonius hielt seinen Einzug völlig so, wie es
in R.om zu geschehen pflegte; vor seinem Wagen giengen Artavasdes
und die Seinigenmit goldenen Ketten, aberzustolz, umdieKöniginn,
welche aufeinem glänzenden Throne ihre Huldigungen erwartete, auf
eine andere Art, als mit dem Namen Cleopatra zu begrüssen. *)
Mehr Fügsamkeit zeigte das Volk. Nach einer reichlichen
Bcvflrthung wurde es »m Gymnasium versammelt, wo es die
Köriiginn neben Antonius, und auf etwas tiefer gestellten Thro-
nen ihre Kinder und Cäsarion erblickte, und den Rel'ehl erhielt,
jene erste in Zukunft Königinn der Könige zu nennen, und
ihre Kinder Könige der Könige, auch Cäsarion, aus Achtung
gcgfm den Dictator, mit welchem sie ihn in rechtmässiger Ver-
bindung erzeugt iiabe — ein Angrift'aufOctavian, den Adoptirten. ^)
100) §. C5. A. S2. f. 1) Daher lässt sich nicht genaa ermitteln,
wag er ursprünglich bekam. Die Alten nennen Tlieile von Galalien,
Ljcaonien, l'amphylien, Die 49, 32. Plut. 61. G3. Pisidlen, App. 5, 715.
749. Isaurien, Strabo 12, 5G9. vgl. Dio 47, 48. 50, 13. 51, 2. Vellej.
2, 84. u. Noris. Cen. Fis. Diss. II. c. 11. p. 293. Er war nach der
Schlacht bei rhillppi mit der Schaar, welche er den Befreiern hatte zu-
führen sollen, zu Antonius übergegangen. 2) App. 5, C75. Dio 49, 32.
IWartial. 11, 20. Oben §. 57. A. 55. 3) Dio I. c. u. 51, 2. 54, 9. 57,
17. Tac. A. 2, 42. Suet. Tiber. 8. 37. 4) S. unten §. 70. A. 83. u. über
diesen Feldzug und Triumph Dio 49, 39. 40. 51, IG. Tlut. 50. Zonar.
10, 27. App. Parth. 109. .Strabo 11, 524. 532. Joseph. A. J. 15, 4. (5.)
§. 3. B. J. 1, 1«. §. 5. l.iv. 131. Vellej. 2, 82. Ursin. Kam. R. p. 21.
Vnill. Hist. Ptoleni. p. 194. Anton. No. 57. Eckh. 0. p. 47. Die Nachricht
des .Scrv. »u Virg. Aen. 7. CSl. Antonius habe IVlünzcn mit dem Namen
der Cleop. in Anagnia prägen lassen, bedarf keiner Widerlegung. 5) Diu
49, 41. 5(», 1. 3. Suet. Caes. 52.
V. ANTONIL (11. §. ()G.) 4G5
Dann erklärte Antonius sie für die Bchcrrschcrinn der Reiche ihrer
Ahnen, ^) und Cäsarion für ihren iMitrcgentcn; unter seinen eige-
nen Kindern von Cleopatra sollte PtolemäusPhiladclj)hus Syrien und
\'ordcrasicn erhalten, Cleopatra Cyrenaica, Alcxamlcr Armenien
und die Länder, welche man jenseits des Euphrat bis zum Indus
erobern werde. Demnach erschien Ptoleniäus in macedonischem und
sein Bruder in orientalischem Königsschniucke, jener mit einer
macedonischen , und dieser mit einer armenischen Leibwache.'^
Der Grossköniginn konnte Antonius, welcher Octavia noch
keinen Scheidebrief geschickt hatte, sich nur in königlicher
Kleidung s) würdig an die Seite stellen, der neuen Isis, wozu
er sie erhob, 'J) nur als Osiris oder Dionysos, '"> und die Kin-
der dieser Gottheiten wurden billig als Helios und Sciene ver-
ehrt. ^^) Zugleich aber übernahm Antonius die Rolle eines
„ägyptischen Gymnasiarchen"; er ordnete Feste und Spiele an,
und zeigte sich bei den religiösen Aufzügen in einer angemesse-
nen Gestalt , und auch die römischen Grossen mussten sich der
Toga entäussern, um als Mimen oder sonst im Gefolge der
Götter aufzutreten.^-) Alles athmete Freude und Geuuss, und
was die Königinn irgend beglücken oder den Zauber der Orgien
erhöhen konnte , das wanderte aus Asien und Griechenland nach
Alexandrien, die pergamcaische Bibliothek,'-'') Statuen und Ge-
mälde,'*) Weihgeschenke aus den Tempeln, '•''' und das Köst-
lichste für die Tafel. "•) So schien man den Sturm zu verges-
scn , welcher vom Westen lieraufzog.
a. 33. Doch konnte Cleopatra nicht verhindern, dass An-
tonius am Ende des Winters sich von ihr trennte. Er begab
C) Vgl. §. 61. A. 34. 7) Die 49, 41. öO, 25. 20, 28. Pluf. 54
Zon. 10, 27. Slral.o M, 609. Liv. 131. leber die l nächlheit der 311111-
zen mit einer griechischen Inschrift, welche Cleop. Königinn von Arme-
nien nennt, s. Eckh. 6. p. 00. 8) Dio .50, 5. 25. Zonar. 10, 28. Flor.
4, 11. (A. V.) de vir. iil. 85. 9) Dio 11. cc. Piut. 1. c. Vaill. Hist. Ptol
p. 190. Anton. i\o. 58. Eckh. 0. p. 05. 10) Vellej. 2, 82. Dio u. Zonar.
11. cc. Vgl. Meine Historisch anllquar. l'ntersuih. über Aegypten. S. 144.
u. ohen §. 57. A. 17. 11) Dio 50, 25. 51, 21. Plut. 3/5. Suet. Calig. 26.
12) Dio 50, 5. 27. Zon. I. c. Vellej. 2, 83. 13) Plut. 58. 14) Pliii
34, 19. §. 3. Strabo 13, 595. 14, 037. 15) Mon. Ancyr. tab. 4. v. 49
Chish. Anl. Asiat, p. 175. Dio 51, 17. 1«) Plin. 9, &8. (35.) Rlacrol*
Sat. 2,13.
Dniiiiiaiii, GescUichl« Konis I. 30
466 V. ANTOMI. (II. §. 66 )
sich an den Araxes, wie man glaubte, um mit «len Mcdcrn '"'
Piiraatcs, den Parther, anzugrciien , •welcher durch sein« (Jraii-
samkeit verhasst gewoi'den war. ''^) Aber jetzt konnte er diess
nicht benutzen , vielmehr wollte er sich zum Kriege mit Octa-
vian medische Reuterei verschaft'en , deren Furchtbarkeit er aus
eigener Erfahrung kannte. Artavasdes, der König von Medien,
wurde arg getäuscht; er schloss ein Biindniss, bewilligte Iterit-
tene Bogenschützen und die Fahnen des Statian , ^^^ und erhielt
dagegen römisches Fussvolk, einen Theil von Armenien, und
gewissermassen die Anwartschaft auf das Ganze, denn seine
Tochter Jotape wurde mit Alexander, dem Sohne des Antonius
verlobt, welchem das Land bestimmt Avar. Längst hatten die
Meder nach dessen Besitze gestrebt. Aber Jotape gieng mit
Antonius als Geisscl nach dem Nil , wo Octavian sie später ent-
Hess , -**-> und ihr Vater siegte zwar anfangs über Artaxias , als
er mit Hiilfe der Parther sein väterliches Reich wieder erobern
Avollte, die Römer wurden aber von Antonius abgerufen, seine
Reuter kamen nicht zurück, und er wurde geschlagen und ge-
fangen , obgleich er bald wieder als frei erscheint. -'>'
Auf dieser Reise des Antonius wurde Polemo mit Klein-
Armcnien beschenkt, weil er die Verbindung mit den JVledern
vermittelt hatte. -2) In seinem Gefolge befand sich auch C. Clu-
vius, welchem er für d. J. 31 an seiner Stelle -^^ das Consulat
versprach, dann aber einen Anderen vorzog; da der Bürgerkrieg
sich vor der Zeit erneuerte, so konnte es jenem gleichgültig
sein ; indess nahm ihn Octavian a. 29 unter die C'onsularen
auf, um an die Wortbrüchigkeit seines Gegners zu erinnern. -"*'
Zehn Jahre hatte sich nun der Friede zwischen den beiden
Triumvirn erbalfcn, obgleich nur ein "Waffenstillstand, und oft
bedroht, am meisten durch Fulvia. Bei den Entwürfen der I
Herrscher war ein Bruch unvermeidlicli , sobald ihre übrigen
17) Oben A. 8S. 18) Dio 40, 23. 51, 18. Flut. 53. Justin. 42, 5.
19) §. 05. A. 58. 20) Dio 51 , 10. §. 71. A. 25. • 21) Dio 49, 44. IMot.
53. Zonar. 10, 27. 22) Ohen A. 88. 23) §. Ol. A. 27. 24) Dio I. ••
II. 52, 42. nennt ihn Lucius und Cajus. Da er ohne Zweifel derselbe
•sl, welcher schon in (Lasars (ieschichle und auf dessen Miinrcn erwaNnf
wird, so ist der zweite Name der richtige. Kr war aus Puteoli gcbii/iiu-
Cic. ad Fniuil, 13, 7- u. 50. Vaill, Clov. Eckü. 5. p. 173.
^
V ANTONII. (14. §. C7.) 467
Verhältnisse ihn raüglich machten; Octavian betrachtete jeden
anderen Krieg nur als Kräfteübung, oder als einen Kampf ge-
gen Hülfstnächte des Antonius, der Feind mochte mit diesem
verbündet sein, oder niclit. Er blieb besonnen und ernst, wo-
gegen Antonius seine sittliche Freiheit und in ihr das Unter-
pfand des Sieges verlor. Eine Fürstinn , welche durch ihn über
Rom zu gebieten hoffte, entwaffnete ihn im fürchterlichen Wi-
derspruche mit sich selbst, in dem verderblichen Wahne, dass
sie nur ihn zu fesseln brauche, damit ihr alles Andere zufalle.
Er gab sich hin; der Zweck wurde Mittel; weil er liebte, wollte
er herrschen, und von der Liebe gegängelt und verblendet be-
trat und verlicss er das Schlachtfeld.
§ 67.
a. 32. Schon hatten die Triumvirn voll Erbitterung Schriif-
ten gewechselt , als Cn. Domitius Ahenobarbus und C. Sosius -•')
C'onsuln wurden. -'^) Jener war gemässigt, weil er nach den
nutzlosen Anstrengungen für das Schattenbild der Republik, im
Dienste der Verschworenen und später, nichts mehr hoffte, und
nur, als er sich gedrängt sah, entschied ei sich gegen Cäsars
Sohn ; Sosius nahm sogleich die Partei des Antonius. Der Ge-
genstand des Streits zwischen diesem und sdnem Nebenbuhler
war das Erbe Cäsars, die höchste Gewalt; es sollte aber nicht
so sclieinen. Deshalb mochte Sosius das Schreilen des Antonius,
worin er unbedachtsam auf die Bestätigung seiner Schenkungea
antrug, dem Senat nicht vorlegen. Die Freunde Octavians ver-
langten, dass dann auch der Bericht über die Eroberung Arme-
niens unterdrückt würde. Ohne darauf zu achten, über-
nahm er am 1. Januar die Rechtfertigung seines Gönners. Die
Zeit des verlängerten Triumvirats war am vorigen Tage, am
letzten December 33 verflossen , -^J und er zeigte an, dass je-
ner Senat und Volk alle Gewalt zurückgeben wolle , wenn auch
Octavian dazu bereit sei , -^) welcher unter einer ähnlichen Be-
25) §. 03 fin. §. Gl. rn. §. C8. A. 9. 2G) Dio 40, 41. 50, 2. Zonar.
10, 28. Suet. Ocf. 17. Nepos Attic. 22. 27) §. 54 fin. 28) Dio 49, 41.
50, 7. 22. Zon. 10, 27. Liv. 132 läugnet €s , weil Antonius »ich wei-
gerte, eiDüeifig zurückxntreten.
30*
4GS V. ANTOMI. (14. §. C7.)
■iinguiifi; Jiach der Resicfrunfr deg Ponipojus sich dazu erl'otrn
iiatte. -'■'' Kr wicdrrlioltc fcrnor die Beschwerden des Antuitlus
dass Octavian den ^cinetnschaftiirhcn Collcgcn Lepidiis aus dem
Runde gcstosscn, iJim Heer und Provinzen genommen und l'oni-
jtejus ISicilicn entrissen habe, ohne mit Antonius zu tlicilen,
dass in Italien nur für ihn geworben und nur seinen Tru|)|»cu
Acker angewiesen sei, und schloss mit dem Antrage, ihm den
Krieg zu erklären, welches jedoch <lcr Einspruch des Tribuns
Nonius Haibus Acrhindcrte. ■^"'
Octavian war nicht gegenwärtig; er hatte sich auf das
Land begeben und kam erst nach einigen Tagen zurück. \ «»n
Soldaten und von Freunden mit verborgenen Dolchen begleitet,
fragte er im Senat: ob denn Antonius Länder und Heute mit
ihm theile? ob er seine Veteranen am Kuphrat versorge? Er ge-
biete über Aegyptcn, Sex. Poinpejus habe durch ihn Leben und
Schätze, Artavasdes Reich und Treiheit verloren, ohne andere Tol-
gen für Rom , als dass es durch schnöden Verrath geschändet
sei. Nur Cleopatra werde bedacht, mit welcher er schaamlos
im Ehebruche lebe, sie und seine Kinder von ihr erhalten rönüsche
Provinzen , und ihr Sohn von irgend einem ihrer Buhler trage
f'äsars Nanien. Dicss alles versprach der Redner in der nächi^
«ten Sitzung durci Urkunden zu erhärten; aber die Consuln er-
warteten sie nicüt; sie entflolien zu Antonius und narh ihnen
.tuch mehrere Senatoren; es wurde ihnen gern gestattet, denn
<ini so zuversicitlicher konnte man in der Curie und vor dem
' olke sein gutes Recht behaupten.
Ha also leide Theile zum Kriege entschlossen waren , so
^'•fahl Antonius seinem Legaten, F. Canidius Criissus, die Land-
macht zusamniiinzuziehen , ■*■) und er selbst reis'te mit Cleopatra
nach Ephesus , dem Sammelplätze für lleer und Flotte. Hier
berichteten ihm die Consuln über die Vorgänge in Rom , aber
buchst missfiillig war ihnen die Gegenwart der Kiiniginn und
ihre Anmassiitig. Sie hatte eine romiKche Leibwache, auf deren
Schilden man ihren Namen las, und auch alles Andere deutete
an, dass sie die (iebietcrinn sei, für welche man kämpfe, und
20) So App. 5, filCt. Nach dem Toiic des Antonius wiederhoKc er
«liesj <;aukel8piel. Din r>2j 1. 5.3, '1. .Suet. Octav. 2.S. .30^ Dio .%(>, I.
2, 20. Plof, 55. Zok I c. u. 2«, 31) Tlul. 5C. §. 04. A. 27. §. «ö. A 04.
V. AXTONII. (11. §. <)7.i 4G9
AntoniiiH uur ihr Feldlierr ; denn er naiuife das Itnuptijuartiei
niclit I'rätorium. sondern K«'»nigszcll , und f(>lu;te ilir zu Ftiss
mit den Verschnittenen , venn sie auf ihrem l'runksessel öffcnt
lieh erschien. ■•-) In einem Krictjsrathe drans^en iushcsonderc
Doutitius, Fi. Plancus und Titius auf ihre Entfernung, unter
dem \orgehen, dass man sie vor den Anstrengungen des Teld
zugs bewahren müsse. Antonius fügte siel»; er ersuchte sie, in
ihr Reich zurückzukehren, hörte aber mit Vergnügen die Ge=
gen'-örstellungen des Canidius, Avclchcr von ihr bestochen war:
CS sei weder gerecht noch weise , sie fortzuschicken , da sie so
viel zu den Rüstunoren bei^etrairen habe , und man in ihr auch
ihre Krieger beleidigen werde. '^^-^ Sie blieb also, und mit Un-
willen und trüben Ahndungen sahen uie römischen Grossen sie
nun auch in Samos. In dem Maasse, als man dem Feinde
njifier kam , und es der Nüchternheit und Wachsamkeit bedurfte,
beförderte sie die Ausschweifungen des Anführers, drmit ci
nicht auf liesseren Rath sich dennoch mit seiner (icmahlinn ver-
söhnte. Spiele und Trinkgelage, Mimen, Gaukler und Tänze-
rinnen, welche einander den Preis streitig maclitcn, und nach
beeudifjten Festen mit Ijesitzunijen in Priene belohnt Avurdcn,
verriethen eine glänzende Siegesfeier. In Athen, wohin das
liUStlager versetzt wurde, ohne sicli übrigens zu verändern,
forderte Cleopatra die Ehren, Avclche die Stadt Octavia . als
der Gemahlinn des Triunivir erwiesen hatte; man zögerte, sie
machte Geschenke und Antonius crcbot; als attischer Bürger
überbrachte er im festlichen Aufzuge und mit einer demuths-
vollen Anrede den gewünschten Bcschluss, und auf der Rurg
prangte neben seiner Statue das Hild der vergötterten Ffustinn. ^^^
Indess konnte sie docli auch nicht dem Namen nach seine
(Gemahlinn sein und den römischen Königsthron mit ihm theilen
und vererben, so lange er mit Octavia verbunden war; diese
erhielt daher auf iiuen Retrieb einen Scheidebrief, und damit
die Weisung, seine Wohnung zu verlassen. Ulit Thränen ge-
horchte die edle Römerinn , un<l nahm die Kinder des Antonius
mit sich, bis auf seinen ältesten Sohn von Fulvia, Äntjlhis,
32) Dio 50, 5. Plut. 58, Zou. 10, 28. Serv. zu Virg. Aen. 8, 678 ii
606. Horat. EpoJ, 9. 33.) I'lat. 5G. 5s, 5- §. G8, A. 13 3J) Pers r»7
l}io 50. 13,
470 V. ANTÜNH. (11. §. 07.)
denn dieser war mit iliiii in Athen. Es schmerzte sie am mei-
sten , dass sie den Krieg zu beschleunigen schien , wenn auch
ohne ihre Schuld; denn ihr Schicksal machte Aufsehn und ihr
Bruder wurde angeblich auf das Tiefste dadurch verletzt, ^sj
Auch im Gefolge des Antonius veranlasste es eine grosse Cäh-
rung. Erniedrigend war immer schon das Verhaltniss der An-
gesehensten Roms zur Königinn , für welche sie mit ihren Scia-
ven auf gleicher Linie standen, und unleidlich wurde es, als sie
sich für den Versuch rächte, sie zu entfernen; ihr Sieg war
überdiess ein Beweis, dass es unmöglich sei, Antonius von sei-
ner A erblendung zu heilen , man mochte nicht mit ihm unter-
gehen, Desshalb verliessen ihn L. Plancus und .M. Titius, 36)
der Anfang zu immer grösserem Abfall. Veliejus beurtheilt jenen
auch hier zu strenge; 3^) Gefahren zu trotzen, und im Unglücke
treu zu verharren, war er nicht geschaffen, und sein Beispiel
wirkte auf Titius, seinen Neffen; er mochte auch zuvor
zum Mimen sich herabgewürdigt und als Glaucus den Schweif
nachgeschleppt haben; in dieser Umgebung wurde jeder zum
Gaukler, und es war ihm nicht zu verargen, wenn er aus den»
nmthwillig herbeigeführten Schiffbruche sich zu retten suchte,
als man sein warnendes Wort überhörte. Gegründeter Tadel
traf ihn erst dann, als er sich dazu herlich, den Senat von
Antonius Verirrungcn zu unterhalten, und mit Titius an ihm
zum Verräther wurde. Denn sie machten die Anzeige, dass
sein Testament, welclies auch ihr Siegel trug, bei den Vcsta-
linnen niedergelegt sei. Octavian erzwang die Auslieferung und
auf seinen Befehl wurde es im Senat und in der Volksversamm-
lung vorgelesen. Der Inhalt war geeignet, den Unwillen über
diese Ungcbülir in Unwillen über seinen Feind zu verwandeln ;
denn dieser bestimmte darin Cleopatra, seinen Kindern von ihr.
und Cäsarion , welclicii er als Cäsars Sohn anerkannte , bedeu-
tende Geschenke auf Kosten des römischen Reichs, und verfügte,
«lass M enn er in Rom sterbe , sein Körper nach Alexandrien
gebraclit und mit Cleopatra in Einer Gruft beigesetzt werden
sollte. Rom hatte also im Osten für eine Aegyptierinn erobert,
35) Plut. I. c. Die 50, 3. 20. Zoii. 1. c, Liv. 132. Fulrop. 7, C.
Uro», ii, 19. Serv. zu Virg. .Aen. H. C78. 36) §. 00 Cn. §. 05. A. Cl.
5 (is. A. 'JO. 37) 2, 83. Vgl. Plot. 58. Dio 50, 3.
V. ANTONIl. (11. §. 07.) 471
und Antonius gönnte ilmi nitlit ciiiiuul sein (jiub. Die so
glücklich aiifgefunilcuc JScInift diente C. Calvisius •^'') und undc-
rcti Treunden Octavians zum Text, welchen sie erörterten, und
schien die Wahrheit auch ilirer erdichteten oder doch übertrie-
benen l'Jrzuhlungcn zu beurkunden.
Den Versicherungen der Gegenpartei glaubte man nicht,
und CeiniDius, welcher die Nachricht von der Stimmung der
Kölner nach Athen überbringen und dadurcli Cleopatras Entfernung
bewirken sollte, wurde nicht vorgelassen; denn diess hieng von
der Ivönigmn ab; nur bei Tafel und in ihrer («cgenwart konnte
er sich seines Auftrages entledigen; sie erklärte ihn für einen
Kundschafter, bedrohte ihn mit der Folter, und auch Antonius
war so entrüstet, dass er die Flucht ergrift". Jener trat dem-
nach in den Hintergrund; er war nur der Anführer der feind-
lichen Mci^iht; sehr erwünscht für Octavian; seine Watten
waren nun nicht gegen Römer gerichtet; Senat und Volk er-
klärten Cleopatra den Krieg , ^'-^^ welche Rom unterjochen wol-
le, *") und Antonius nur für unfähig, das Consulat oder in
irgend einer anderen Eigenschaft die Verwaltung des Staats zu
übernehmen, weil er durch Liebestränkc den Gebr.iuch des V'cr-
Btaudes verloren habe. So war er als Feldherr einer Fremden
im Kriege gegen sein Vaterland gebrandmarkt, und zugleich
dem Spotte preis gegeben; er Avurde nicht geächtet, wie Suetua
berichtet, ^'-^ aber eben dadurch herabgewürdigt, dass man den
Römern im Dienste der Königinn die Rückkehr gestattete.
Octavian verrichtete selbst die Geschäfte des Fetial, und die
Römer legten das Krieffskleid an. IJeberall verrieth sich eine
ängstliche Spannung; man wurde durch Anzeichen geschreckt,
und sogar die Knaben nahmen Partei, ivie einst in Cäsars Rüt-
gerkriege, und lieferten einander Schlachten. *-)
Auch »intcr den Truppen seines Gegners suchte sich Anto-
nius durch tiestechungen einen Anhang zu versckaften , er be-
nutzte aber den grossen Vortheil nicht, dass er früher gerüstet
3S) §.61. in. PJu(. 58. 59. 39) Dio 50, 4. G. 21. 22. 26. Plut. 60.
7.011. 10, 28. 40) Horat. C. 1, 37. Epod. 9, 11. Ovid. Metam. 15, 820. f
Dio 50, 24. 25. Flor. 4, 11. u. die Stellen das. bei Duker. Kutrop. 7»
7. (4.) 41) Ortar. 17. 12) Dio 50, 8. Vgl. 41, 39. I'lut. ÜO. Joseph»
A. i. 15. 5. (.7.) 2.
472 V. ANTOMI. (14. g. (i8.)
war. Denn afs er im Spiithcrbste auf dem "Wege nach Italien
liei Corcyra rrfiilir, dass bei den cerauriischeu Gebirgen an der
illjrischen Siulküsfc feindliche Schifte kreuzten, liielt er diese
für die ganze Flotte und demnach einen Leberfall für unmög-
lich , und bezog zu Paträ in Achaja die Winterquartiere.
Soldaten und Schiff"e vertheiltc er längs dem jonischen Meere,
und zwar giongen die meisten nach Actium. Die Verbindung
mit Italien dauerte fort, so weit Octavians Wachsamkeit es er-
laubte; mancher Späher wurde von ihm ergriffen, unter anderen
L. Messius, durch welchen er Antonius aufforderte, die Landung
zu gestatten, oder selbst zu konimen ; er Avollte ihn einschüch-
tern und es verbergen, dass er nocl» nicht zu schlagen ver-
mochte, und diess erreichte er. *'')
§ 68.
a. 31. Das Consulat erhielt statt .Antonius,*^) welcher
sich aber dennoch Consul III. nannte, *^^ M. Valcrius Messala ^"^
mit Octavian III. '^'^) Antonius war diesem an Streitkräften über-
legen ; docli befanden sich nicht alle dreissig Legionen , welche
auf seinen Münzen einzeln aufgeführt sind , *^^ auf dem Kriegs-
schauplatze, da er mehrere als Besatzungen zurückliess. Plutarch
berechnet sciue Landmacht zu 100,000 Mann zu Fuss und
12,000 Reutern,^") und bemerkt an einem anderen Orte,^"'
«lass ausser den 20,000 Legionaren und 2000 Mann leichter
Truppen, welche die Schifte bestiegen, ^U 19 Legionen und
jene Zalil Reuter bei Actium aufgestellt seien, lieber die Stärke
seiner Flotte Hnden sich abweichende Naclirichten. Einige geben
ihm weniger Schift"e als Octavian, nur 200, oder gar nur
170; 52) Plutarch dagegen nennt 500, und mit den Transport-
fahrzeugen 800. 53; Cleopatra allein hatte 200 gerüstet, unter
welchen die Antonia war, welche mit dem Purpursegcl als Zci-
43) Dio 50. 0. Pliil. G2. 44) §. Gl, A. 27. u. §. G7. 45) Trsiri.
Farn. R. p. 20. Vaill. Anton. No. 07. G8, Eckh. G. p. 18. 4G) §. 55. A.
GG. 47) Dio 50, 10. Vellej. 2, 84. Fast, sicul. Tal». Capuan. Lei Tigh.
^. p. 495. 48 ^ Lrsin. p. 25. f. Vaill. Anton. \o. 74. f. Kckh. 0. p. 50. f.
I!)) 61. 50) GX. öl) Gl. 52) Flor. 4 , II, üros. G, 10. zu wenig, aucli
wenn nur diejenigen gemeint sind, welche ülirifj^ hliplicn, als man loi
d. iSolilacht hei Actium einen grossen Tiieil verlirannle- §. GO. in. 53) 5G.
H. Gl.
V. ANTOMI. (Ji. §. GS.) 473
eben des Oltcrljcfelils frcschraückt sie selbst trug. -^^J Auch au
(Jtelde war Lcitcrfluss; 20,000 Talente zahlte die Königinii,
und anderes wurde crpresst. ^•'') Aegypten lieferte ferner (Je-
traidc , und es ivar nur Folge der Sorglosigkeit , dass mau
zuletzt dennoch Mangel litt.
Auch auf Antonius ist anwendbar, was Lucan von Pompcjus
sagt,^"' nie habe Ein Mann so viele Könige angeführt; alle
Länder von lUyricn bis zum Euphrat, und von Armenien bis
Cyrcne standen zu seiner Verfügung; ihre Fürsten erschienen
entweder selbst, oder sie schickten doch Truppen. Ausser Cleo-
patra^^) rüsteten für ihn Bogud, der Maiiritanier, ^^^ Malchus
der Araber , ^'JJ Janiblichus in Emesa, *''^) Herodes in Jud;ia,''0
Artavasdes , der Meder, ''"-^ Mithridates in Commagene, *'"^/' Tar-
condiniotus im oberen Cillcien, ''^) Archelaus in Cappadocieii,*'^*
Lycometles im cappadocischen Pontus, ^OJ Philadelphus in Paphla-
gonien , ^"^^ Amyntas in*' einem Theile von Galatien und Lvcao-
uicn, ^'S) Dejotarus in Galatien, ^^^ Polemo in Pontus und Klein-
Armcnien , ^"1 und endlich thracische Dynasten, Sadales^') und
Rhymetalces. ''V Mit welchen Gefühlen diese Fürsten s/h an
Antonius anschlössen, ist leiclit zu erachten; sie hassten Rom,
und mussten überdiess Rache fürchten, wenn sie unterlaffen:
insbesondere aber erfüllte die Ländersucht und der Stolz Cleo-
patras ihre Herzen mit Bitterkeit, denn sie sahen sich genö-
thigt, ihr zu huldigen, und ihre Kinder, v,elche als Geissein
an ihrem Hofe lebten, ihr die gemeinsten Dienste zu leisten. ''^)
Antonius konnte nur auf sie rechnen , so lange er siegte,
54) Plut. 56. 60. Plin. 10. ä. (1.) 55) Plut. ."iü. Dio 50, 7. 16. 18.
28. 50) 3, 287. 57) Vaill. Aiit. No. 55. 58) Dio 50, G. 11. Bei Plu-
Jarch 61. unrichtig Bocclius. 50) Plut. Gl. §. 64. A. 37. 60) Dio 50,
13. 51, 2. 54, 9. Slral.o IC. 753. Unten A. 1. Gl) Plut. 61. 71. 72.
Joseph. A. k. 15, 6. (0). B. J. 1 , 10. (14). 62) Plut. 61. Dio 54, 9.
§. 66. A. 19. 63) Piuf. Gl. 04) Dio 50, 14. 51, 2. 7. 54, 0. Vgl. Cic.
ad Fam. 15. 1. u. Julii. Caes. Diel. a. 40. Bei Pluf. Gl. Tarcoiidcmus.
65) Plut. Gl. Dio 49, 32. 51, 2. §. 66. A. 3. CG) Dio 51, 2. Slrabo 12,
560. 67) Plut. 61. Dio .50, 13. 68) Plut. 61. 63. Dio 50, 13. 51, 2.
53, 26. Vellcj. 2, 84. §. CG. A. 1. 69) Plut. 63. 70) Plut. Gl. §. 66,
A. 22. 7i; Bei Plut. 1. c. Adallns. S. Dio 41 , 51. 47, 25. Lucan. 5, 54»
72) PJuf. Apophlh. reg. et iuiper. Caes. Aug. 2. Morell. Thes. Tab. 41,
No. 5. f. 73! Dio 51 , 16.
474 V. ANTONII. (14. §. 08.)
und den Sieg durfte er nur von den Legionen hoffen, welche
zahlreich, voll Muth und ihm ergeben waren, und die er anzu-
führen verstand."*^ Seine Flotte machte hei der Menge und
Bauart der Scliiftc einen grossen Eindruck. \ iele unter ihnen
erhüben sich an zehn Fuss über die Meeresfläche; sie hatten
mehrere Verdecke, acht bis zehn Reihen Ruderbänke, wenige
nur drei oder vier, und trugen hohe Thürme; ihre mit dicken
Planken verwahrten Seiten schienen unverwundbar und ihre ge-
waltigen Scliiffsschnäbel unwiderstehlich. ''•') Aber es war an
sich schwer, diese schwimmenden Burgen zu bewegen und zu
lenken, mit ihnen dem Gegner beizukonimen, siegend /.u ver-
folgen, und geschlagen zu entfliehen, und es fehlte überdies!«
an Mannschaft; sie war im Winter durch Ausreisser, durch
Hunger und Krankheiten beinahe um den dritten Theil ver-
mindert. ''*' Antonius bekümmerte es nicht; die Ruder, sagte
er, sind gesund, und so lange Griechenland Menschen hat, wer-
den wir auch Ruderer haben; '''') diese wurden freilich zusam-
mengerafft, aber nicht in hinreichender Zahl, und die Zeit er-
laubte nicht mehr , sie zu üben.
Unter ungünstigeren Umständen rüstete Octavian. Er be-
durfte Geld, und Italien bedrohte ihn mit einem Aufrühre, als
er es forderte. Die Freien sollten den vierten Theil ihres Ein-
kommens , die Freiijelassenen den achten Theil ihres Vcrmöirens
geben, wenn es 50,000 Denare und mehr betrug. Jene zahlten,
weil sie sich aus Furcht vor einer gänzlichen Zerrüttung des
Staats niclit mit den Freigelassenen verbinden mochten, welche
sich zusammen rotteten, Feuer anlegten und mordeten. Es
gelang zwar, sie zu entwaffnen, aber die Abgabe entrichteten
Ko wenige, dass Octavian nach dem Kriege nicht wagte, die
Rückstände einzutreiben. '^)
Die Ijändcr, über wclclic er gebot, erstreckten sich von
Scodra in Illyrien "'''') bis zu den Säulen des Hercules, die alte
und neue Provinz Africa mit eingeschlossen, und er legte einen
besonderen AVerth darauf, dass er auch in Italien Truppen aus-
71) Ders. ."iO, 7. IMul. 62. 03- 75) Dio 50, IS. 19. 23. Plul. f,5.
GG. Zoi). 10, 20, Vellej. 2, 81. Flor. 4 , 11. üros. ü. 19. 7G) üio 50,
11. 18. Zon. Vellej. Oro». 11. cc. 7") üros. 1. c. ;>) üio 50, 10. IG.
20. 51, 3. 53, 2. Suel. üctav. 32. §. 70. A. 08. 70) §. 00. A. Gl.
V. ANTOMI. (14. §. 08.) 475
hüb, ßononia ausgenommen, weil die Antonicr dessen Patrone
waren ;S"J denn so crscliien er als Anfülirer und Vcrthcidigcr
der Römer im Kriege mit Barbaren. ^0 Er zählte in seinem
Heere 8ü,ÜOü Mann zu Fuss und nicht viel weniger Reuter als
der Feind. ^-^ Die Flotte bestand nach Plutarch aus 250 Schif-
fen; eine ähnliche Angabe findet sicli bei Orosius, wogegen
Florus unrichtig von 400 spricht. ^^J Mit den feindlichen ver-
glichen waren sie unscheinbar, wenig verziert und nicht gross,
aber desto schneller glitten sie über das Meer , zumal da man
sie hinlänglich bemannen konnte, und die Mannschaft im Kriege
mit Sex. Pompejus sich geübt und Vertrauen zu sich selbst und
zu Agrippa gcAvonnen hatte , dem Schöpfer und Befehlshaber
der Flotte. Nur in so fern, nur in Beziehung auf die Seemacht
kann man mit Vellejus behaupten, dass schon entschieden war,
ehe man schlug, ^i) Zum Sanunelplatze wurde Brundusium nebst
Tarent bestimmt. ^^)
Nach jener Stadt begab sich auch Octavian , und auf sein
Gebot folgten die angesehensten Senatoren und Ritter; sie sollten
die Welt überzeugen, dass Rom für ihn sei, und nicht Gele-
genheit finden, das Gegentheil zu beweisen; ^^) doch nahm er
die Entschuldigung des Asinius Pollio an, welcher als Freund
des Antonius zurückblieb. 8^)
Dieser fühlte sogleich alle Nachtheile des Vertheidigungs-
Krieges. AVälu'end er in Patra säumte, gicng M. Agrippa im
Anfange des Früiijahrs in See; er erspähte seine Stellungen,
machte ihn ungewiss über den Ort, wo man ihn angreifen
wollte , bemächtigte sich der Verstärkungen und Vorräthe , wel-
che aus Asien und Aegypten kamen , verbreitete Schrecken in
den vereinzelten AVinterlagcrn , und erschwerte es, sie zusam-
menzuziehen. Sogar Mothone in Messenien wurde von ihm ge-
80) Suet. Oc(. 17. Dio 59, C. widerspricht dem nichl ; er gab der
Stadt so viele neue Colonisten, dass er sie nicht fürcliten durfte. 81)
Mon. Ancyr. tab, 5. v, 3 f. Dio 1. c. Plut. Gl. Serv. zu Virg. Aen. 8.
678. 82) Plut. Gl. 83) Plut. 1. c. Oros. C, 19: 230 mit, und 30 ohne
Schiffsschnäbel, triremeSy velocitate fiburnicis pares^ Vgl. Horat. Epod.
1. Flor. 4, 11. 84) Dio 50, 29. 31. 32. Plut. G2. «3. 05. Vellej. 2, 84.
85. Flor. 4. 11. 85) Flut. C2, 80) Dio 50, II. Zonar. 10, 29. 87)
\ cllej. 2. 8G. §. CO. A. .l/. u, Asinii.
47 G V. ANTOxMI. (li. §. 08.)
iionuucii, M'obei Bogiul das Leben verlor. '*'*) In seiner Ahwc-
Kciihcit brach auch Octaviau von ßruadusitiiii auf. Er fand
nicht einmal Corc^ra besetzt, den Sclilüssel von Griechenland,
und fuhr daher ohne Aufenthalt weiter nach dem so»rcnanntcn
Küssen Hafen bei dem Flecken Torync in Epirus. Als seine
Flotte sich- hier vereinigt hatte, schiffte er südlich hinab bis
zum .inibracischen Meerbusen, und lagerte in der Gegend, wo
er nach dem Siege Nicopolis gründete, auf einer Höhe, denn
er übersah die Insel: Paxus und Antipaxus und einen grossen
Theil der gegenüberliegenden Küste von Actium. 8!») Mit dem
GÜ Stadien entfernten Hafen Comarus im Norden setzte er sich
■lurch Linien in Verbindung. Denn dort lief der Theil der
Schifi'c ein, Avelche in dem andern grösseren, 12 Stadien vom La-
ger , nicht Raum fanden. '•''O Sie waren durch den Feind von
dem Meerbusen ausgeschlossen , und der Versuch , sie auf geoel-
ten Häuten über das Land hineinzuziehen, scheint misslungen
zu sein.
Der Scherz Cleopatras : was denn Sclireckliches darin sei,
dass Octavian am Rührlöffel sitze , '-^'^ beweis't, wie sehr man
in Patrii überrascht und bestürzt war. Truppen und Schiffe
wurden sogleich nach Acarnanien entboten , wo Antonius auf
dem Vorgebirge Actium, neben dem gleiclinamigen Tempel des
Apollo , '■'-^ die Abtheilung seiner Flotte fand, welche in dicsei
Gegend überwintert hatte, und bald durch andere verstärkt
wurde. Sie big in der Bucht neben dem Tempel an der >Vest-
küste von Acarnanien , ausserhalb des ambracischen Meerbusens,
dessen schmale Einfahrt von vier bis fünf Stadien Breite ^^^ sie
besetzt hielt und an den beiden Seiten mit Thürmen verwahrt
hatte. Auf der Landspitze stellte sich das Heer auf, dem feind-
lichen in Epirus gegenüber. '•'^J
Obgleich .Igrippa von seinen Streifzügen noch nicht zu-
S8) Die 1. c. u. (laBcIbst Ff/Z/iicius , welcher an ein Mclhone in der
Nähe von Macedünien denkt. Zon. I. c. Oros. 0, 10. Slrabo 8, 35!).
80) Dio 50, 12. u. 51, 1. l'lut. Zoii. Flor. u. Oro.x. U. ct. Straljo 7. 321
1)0) Dio u. Stralio 11. cc. 91) 'Eni %>; ronvi;,. l'lut. (i2. 02) »io 50, 12
51, 1. .Slrabo 7, 325. Vir??. Aen. 8. 701. l'lin. 1, 2. (1.) 03) Slial'u
). c. Foljb. 4, 03. Ol) üio I. c. u. 13. Kei Kutroi.. 7, 7. (.1). Sei«
zu Virgil. I. c. u, A. «iid Aclium iiatli Kpiius vernetzt.
V. AXTONII. (M. §. CS.) 477
riickgckchrt war, so schien es doch nicht rathsani , Antonius
7.\ir FntwickliMiu; seiner Krüftc Zeit zu gönnen; üctavian bot
ihm die Schlarht an, und wicdcrliolte diess oft, aber immer
i'crgehens; denn jener blich am Eingänge des Hafens von Actium
und in einer solchen Stellung, dass er Avcder Furcht verrieth,
noch die schwache IJcniannung seiner Schifte bemerklich wurde.
Als der grösste Thcil seiner Truppen angelangt war, setzte er
über den Meerbusen, dessen Breite im Innern, in der weitesten
Entfernung der Küsten von einander 100 Stadien, wie die
Länge 300 betrug, und gleiclizeitig musstc Rciiterei ihn um-
gehen. Er wollte Verstärkungen aus Macedonien und Thracien
an sicli ziehen, wo (J. Dcllius und Amjntas varbcn , die Zufuhr
sichern und dem Feinde das Wasser abschneiden. Aber die
Reuter wurden auf Veranstaltung des Statilius Taurus , Avelcher
das Lnndheer Octavians befehligte , ^^) von M. Titius ^^.^ über-
fallen und geschlagen, und Piiiladclphus '■*^) benutzte das G^türa-
niel , um überzugehen. ^^) Bald darauf gerieth Antonius selbst
in Gefahr; man griff" ihn aus einem Hinterhalte an, als er auf
der Schanze war, welche sein Lager auf der nördlichen Küste
des Meerbusens mit diesem und mit der Flotte verband, und
mit Mühe entkam er. '•*•'>
Diess Missgeschick, vorzüglich aber der Unwille über die
Gegenwart Cleopatras , bewirkte , dass wieder Mehrere ihn ver-
liessen, und es machte doch immer einen ungünstigen Eindruck,
wenn auch die Masse dadurch in ihrer Treue nicht wankend
wurde. Dahin gehört Doniitius Ahenobarbus, welcher schon
krank war und bald nach seiner Ankunft bei Octavian starb;
Antonius schickte ihm sein Gepäck, verbreitete aber, er sei aus
Sehnsticht nach einer Freundinn Servilia Naüs abgereis't. 'Oü)
Der Abfall eines solchen Mannes hatte den Feldherrn gerichtet,
dessen Argwohn und Grausamkeit gegen Verdächtige beförderte,
was er verhindern wollte. Jamhlichus *) wurde gefoltert und
getödtet und sein Land seinem Bruder Alexander verliehen, und
der Senator Q. Postumius ebenfalls auf eine martervolle Art
hingerichtet. -^ Um so weniger kamen Q. Dcllius und Amynlas
96) rnfen. 00) §. G7. A. 30. 97) OI)en A. G7. 98) Dio 50, 13.
7,on. 10, 2!). OroB. 0, 10. 09) Flut. 03. 100) DIeselh. U, cc. Suot.
Nero 3, Vellej. 2, 8!. Väl. §. 07. fin. 1) üben A. CO. 2) Dio 50, 13. 51,2.
478 V. ANTONII. (u. §. GS.)
aus lAIaccdonien zurück ; sie Avusstcn , dass auch sie das Ver-
trauen des Antonius verloren hatten, und der Erste, dass Cleo-
patra ihn wegen eines Spottes über karge Bewirthung hasste
und Acrliiumdetc; daher gicngen sie mit Rhymetalces über, 2)
und ihnen folgten Dejotarus ^^ und M. Silanus. ^) Da in allen
diesen Fällen der Lfeberniuth und Verrath der Köniirinn als die
llauptursach angegeben wurde , so entstand endlich in Antonius
die Besorgniss, dass auch ihre Gesinnungen sich verändert ha-
ben und sie ihm nachstelle; er Hess deshalb Speisen und Ge-
tränke credenzen; aber leicht überzeugte sie ihn, dass keine
Vorsicht ihn schütze , Avenn sie fähig sei , ihm Gift zu reichen,
und er Avar versöhnt. ")
Octavian beschränkte sich indess auf Vertheidigung, da
Agrippa noch abwesend war. Dieser eroberte die Insel Leuca-
dia, '•) und schlug an der Mündung des corinthischen Meerbu-
sens Q. Nasidius, welcher Schifte nach Actium führte, worauf
auch Paträ und Corinth sich an ihn ergaben. ^) Sieg und Beute
ermuthigten seine Krieger und sogleich fand sich eine neue Ge-
legenheit, sich zu bewähren. Mit überlegener Macht und unter
Begünstigung des Nebels griff" C. Sosius 9) das Geschwader des
L. Aruntius an, und war schon entschieden im Vorthcile , als
Agrippa hinzukam und den Kampf erneuerte; Tarcondimotus
fiel '"•> und die Uebrigen wandten sich zur Tlucht. J')
Auch das abgesonderte Lager des Antonius auf der Nord-
küste des ambracischen Busens bewirkte nicht, was er davon
erwartet hatte; die Feinde wussteu sich in dem ihrigen um
nichts Aveniger zu versorgen , und lieferten ihm sogar abermals
ein glückliches Reutertreft'en ; er gab daher diese Stellung auf,
und zog sich auf seine llauptmaclit bei Actium zurück, liier
mahnte der Mangel, eine Folge von Agrippas Unternelnuungcn
und Griechenlands Erschöpfung, und das Ende des Sommers an
entscheidende Maassregeln, man moclite nun nach Macedonien
3) Dcrg. 50, 13. 23. Zon. 10, 20. Plut. 5!>. u. C3. u. ohen A. 72.
Vellcj. 1. c. S. §. 57. A. Gl. 1) Plut. C3. 5) Ders. 59. §. 61. A. 13.
C) Plin. 21. 0. (3). 7) Die 50, 13. 30. Zon. Vellej. II. cc. Flor. 4, 11.
8) Dies. Liv. 132. 9) §. 67. in. lo) ühen A. G4. II) Dio 50, 11.
heiiclilet irrig, Sosius sei gelödtet, i. unten §. 69. A. 21. Vellej. u.
Liv. 11. cc.
V. ANTONII. (14. §. 08.) 479
und Thracien gehen , um sich den Hiilfsfiuellen in Asien zu
niihern, oder sich zur Schlacht entschlicsseii. In einem Kriegs-
rathc stimmte die Mehrzahl für das Letzte und zwar für eine
Seesclilacht , denn diess war der Wille der Königinn. ^-) Die
Aliinner, welche den Muth besassen, ihr zu ividersprechen, hat-
ten sich grösstentheils entfernt, und Canidius, jetzt selbst über-
zeugt, dass sie nicht blcihcn dürfe, ''-^ äusserte diess nur in
vertraulicher Mittheilung gegen Antonius, und dass man zit
fiande und in einer anderen, günstigeren Gegend mit dem Feinde
kämpfen müsse, welcher zur See der Stärkere sei. Bei Dio
lindet sich nun aber die unrichtige Ansicht, nach Avelchcr An-
tonius nicht bloss den Wunsch Cleopatras erfüllte, sondern auch
in ihr Gehcimniss eingeweiht war, nur ein Scheingefecht ver-
anlassen und während desselben mit ihr nach A.egypten entfliehen
wollte. Wie es jetzt stand, und durch ihre Schuld, verzweifelte sie
andern Glücke ihrer Partei; sie suchte sich aus dem Schift"'jrucl!e
zu retten, und zwar so, dass sie zugleich Octavian A'erpflichtcte
und sich den ^Veg zu seiner Gunst oder doch zur Begnadigung bahnte.
Zu Lande konnte sie nicht auf eine augenfällige Art eine Niederlage
befördern, und nur nach einer langen Reise durch Staaten und Pro-
vinzen, in welchen sie verabscheut wurde, den Nil erreichen; da-
gegen war zur See nichts zu fürchten, seihst wenn der Feind den
Zweck ihrer Flucht verkannte, denn ins Gefecht verwickelt , ver-
mochte er die ägyptischen Schiffe nicht mit Nachdruck zu verfol-
gen. Demnach maclite sie den unglücklichen, Avelcher den letzten
Schritt zur Selbstvernichtung thun sollte, keineswegs zu ihrem
Vertrauten, sondern sie empfahl ihm den Kampf nuf dem Meere,
weil er bei der Vorzüglichkeit seiner Flotte den Sieg verheissc,
weil er die Verdächtigen unter den Grossen am Verrathe liindere,
da man sie auf die Schiffe führen und bewachen könne, weil
endlich die Götter durch Anzeichen ihn gebieten. '*J Doch kaum
bedurfte es dieser Gründe, wo man ihr unbedingt zu folgen
gewohnt war.
§ 09.
Oft haben kühne Krieger nach der Landung auf feindlichem
Boden ihre Flotte , oder vor der Schlacht ihr verschanztes La-
12) Dio 50, 15. PInf. 0.1. LS) IMuf. l. c. Ol)en §, 67. .\. 33. 14)
Dio I. c. n. c. 23.
480 V. ANTONII. (14. §. 09.)
ger zerstört, um sich die Flucht unmöglich zu machen. Anto-
nius, welchem grosse Küsten- Gebiete und Inseln unterworfen
waren, bereitete sich dadurch zum Seegefechte vor, dass er
einen Thcil seiner iSchifte, und die ägyptischen bis auf sechszig,
verbrennen liess, >7eil er nicht alle bemannen konnte. liei dem
Affblicke dieser rianimcn verwandelte sich die Zuversicht der
Truppen, oft schon allein eine Bürgscliaft für den Sieg, in
bange Erw.irtung, und als nun 22000 Mann Befehl erhielten,
an Bord zu gehen, erlaubte sich nach der Sage ein alter, mit
Wunden bedeckter Centurio, obgleich ohne Erfolg, seinen Feld-
herrn von solchem Beginnen abzumahnen. Auch die Götter
warnten ihn, vielleicht auf Veranstaltung eines besonnenen
Freundes; das Schiff, von welchem er die Seinigen anreden
wollte,'^) wurde angehalten, angeblich von einem kleinen Fi-
sche, ^"^ welchem man diese Kraft zusclirieb, und er musste
ein anderes besteigen. Nur Cleopatra freute sich der Gewissheit,
mit ihren Schätzen zu entkommen, und den Feind ermuthigte
das Geständniss der Schwäche. '') Doch überliess es üctavian
dem Gegner nidit allein, durch Verkehrtes seine Mannschaft
günstig zu stimmen; er begegnete früh am Tage auf dem Wege
zur F'lotte einem Eseltreiber , und erfuhr auf Befragen, dass
der Mann Eutyc'ius und sein Thier Nicon hiess; beider Anden-
ken wurde durch Statuen verewigt. '§)
Antonius riahm am Eingange der Bucht , m eiche den Hafen
von Actium biUete, eine gedrängte Stelhini»; . die ägyptischen
Schiffe standen hinter ihm, weil er die Königinn keiner Ge-
fahr aussetzen wollte. So erwartete er den Angriff; aber vier
Tage hatte er nur mit Stürmen in kämpfen, am fünften, dem
zweiten September 31 "'•'-' erfolgte die Schlacht. Den rechten
Flügel efehligte er selbst mit L. Gellius Publicola, 20; ,|ei, Un-
15) Die 50, If. — 22. lässl ilm viel liigcieiiules sage«; ein solches
.SeII)9llol> und eine solche Heral.sel/.utig des Keimles würde den Zwerk
xerfehll haben. Zon. lH , 20. l(i) Kdieneii. IMin. 32, i. Vgl. 9, 11.
(25.) ü. .Serv. zu Vir«. Aen. «. 009. 1"^ l'lul. fil. Dio 50, 15. Zon. I. c.
18) Suet. Oct. 9G. I'lut. f>5. Znnar. 10, 30. unten A. 11. F.ine erdich-
l.'te Rede Oclavians findet sich Lei Dio 50, 21 — 30. 19) Diu 51, 1.
Ziinai-. 10, 30. 20) Cos. a. 30. l'Iut. 05. 00. Vellej. 2, 85.
V. ANTONII. (14. §. 69.) 4SI
kcn C. Sosius, 20 und die Mitte HI. Octavius und M. Instejus.
Als Octavian die Bewegung unter den Feinden bemerkte, Kcliickte
auch er vieles Fussvolk auf die Scliiffe. Ohne einen festen
Standpunct zu wählen, umgab er sich mit kleinen Falirzeugen,
welche sich überallhin verbreiten und ihm Bericht erstatten soll-
ten. 22) Seinen rechten Flügel führte M. Luvius, 23J (jgn linkea
Agrippa , 24) -vvelchcr das Ganze leitete , und die Mitte L. Artm-
tius. -'•') Auch M. \ alerius Messala , Strato u. A. , welche früher
gegen ihn gefochten hatten, leisteten ihm jetzt vorzüglich«
Dienste. 20) Die Landheere waren Zeugen des Kampfes , das
Eine auf der Nordküste des Meerbusens unter T. Statilius Tau-
rus, das Andere auf der südlichen unter P. Canidius Crassus,
dem Legaten des Antonius. ~''^
Dieser schien in seiner Flotte eine Festung auf das Meer
versetzt zu haben; gewaltige Schiffsschnäbel starrten dem Feinde
entgegen und macliten sie unnahbar; aus der Linie z« weichen
und sich in Kiuzelngefechte einzulassen war hart verpönt, weil
dadurch Lücken enstaiiden; jedes Schiff sollte nur in Verbindung
mit dem Ganzen wirken. Lieber den Angriffsplan konnte Agrippa
demnach niclit .verlegen sein , er musste diese Masse auflösen,
um ihr beizukommen, wohl aber über die Ausführung; die
künstlichsten Bewegungen Hessen nur Erfolg hoffen, wenn der
Gegner Feliler machte. Deshalb hielt er sich eine Zeitlang in
halbmondförmiger Stellunc: in einisrer Ferne. Gegen zwölf Ühr
]\Iittags 28) gieng Sosius, des Zögerns überdrüssig und von ei-
nem günstigen Winde getrieben, mit seinem linken Flügel etwas
vor: Octavian, welcher sich gerade auf dieser Seite befand, be-
21) A'ellej. 1. c. u. 80. Dio 51 , 2. Oben §. 68. A. 11. Plut. 1. c.
hat: Coelius. Ein Q. Coeüus befand sich früher unter Antonius Genos-
sen, aber, wie Cicero ihn schildert, wohl nur bei Tafel. §. 72. A. 44.
im Folgenden ist in dem Namen Instejus die Lesart bei Plularch zwei-
felhaft. S. §. 72. A. 83. 22) Dio 50 , 31. 23) Vellej. 1. c. Aus den
Münzen erhellt, dass er den Beinamen Agrippa hatte; Ursin. Fam. R. u
Vaillant in: Luril. Vgl. Dio 48, 30. 24) Plut. wird hier durch die Ge-
schichte der Schlacht gegen Vellejus gerechtfertigt, welcher diesen Flü-
gel Aruulius giebt. 25) Vellej, 2, 85. 80. Plut. GG. Oben §. 68. A. 9-
20) Plut. Brut. 52. 53. App. 4, 611. Oben §. 68. in. 27) Vellej. 1. c.
Plut. Anf. 05. G7. 08. 28) Plut. 054 Oros. 6, 19: um eilt Uhr oder die
fünfte röm. Stunde.
Dtiimann, Geschichte Roms l' 31
482 V. ANTONIl, (11. §. 09.)
falil Luvius, ihn nicht zu beunruhigen, damit er sich noch wei-
tcr von der Küste entfernte, sich aber nach und nach zur Rech-
ten auszudehnen ; dasselbe geschah nun auch auf seinem linken
Flügel unter Agrippa in entgegengesetzter Riclitung, wodurch
Sosius und Gellius verleitet wurden , sich zur Verlängerung der
Schlachtreihe ebenfalls auszubreiten und sich von der Mitte zu
trennen. Diess war der Zeitpunct, welchen Aruntius benutzen
sollte; er drang in die Oeftnung zwischen den Flügeln, die
feindlichen schwenkten gegen diese ein, und der Kampf begann.
Man focht wie zu Lande im Partherkriege; denn die Schiffe des
Octavian waren überall und nirgends; immer vereinigten sicli
mehrere zum Angrifte auf eins; sie schleuderten Steine und Spie-
sse, zerschnitten die Taue und brachen die Ruder ab, ohne ihre
schwachen Schiffsschnäbel nutzlos gegen die M'ohlverwahrten Sei-
ten zu versuchen; wenn die feindlichen sie erreichten, die En-
terhaken oder die Wurfgeschosse der Katapulten , so war ihr
Schicksal augenblicklich entschieden. 29>
Cleopatra sah den Wall durchbrochen, welcher sie geschützt
und eingeschlossen hatte; sie konnte nicht länger bleiben, ohne
in die Schlacht verwickelt zu werden, und fuhr plötzlich an
der Spitze ihrer sechszig Schiffe und mit vollen Segeln durch
die Kämpfenden hin auf die hohe See. 3") Bei diesem Anblicke
vermuthcte Antonius anfangs ein IVIissverständniss , einen pani-
schen Schrecken, aber bald dachte er nur an die Gefahr, Cleo-
patra zu verlieren ; ei bestieg mit Alexas ^i) und Lucilius ^') ein
schnell fahrendes Schiff, und eilte ihr nach, „lieber der Gefähr-
te einer fliehenden Königinn als der für ihn streitenden Kric^
ger zu sein; der Heerführer, welcher die Ausreisser hatte be-
strafen sollen , verlies sein Heer." ^'^^ Die Königinn konnte
nicht umhin, ihn an Bord zu nehmen, wie sehr es auch ihren
Plan durchkreuzte, dass er ihr Schicksal wieder an das seinige
knüpfte) und sie an den Fesseln, welche sie zur glänzendsten
Höhe hatten erheben sollen, nun mit sich in den Abgrund hin-
20) Dio 50, 32. 33. Pluf. CG. Flor. 4, 11. 30) Dio u. Plut. II. cc.
Zon. 10, 29. Strabo 17, 797. Veliej. 2, 85. Horat. Epod. 9. Virg. Aen.
8, 705. u. das. Serv. IMin. 19. 5. (1.) Gell. 2, 22. Flor. 1. c. Üros. 0,
19» 31) §. 6C. A. 91. 32) Plut. C6. Scellius , 8. c. GO. 33) Vell. I. c.
S. A. 30, u. Liv. 133. Eutrop. 7, 7. (4.) (A. V.) de vir. ill. 79 n. 80.
V. ANTONII. fl4. §. (■){).) 483
ul) zu ziehen drohte. Voll Schaam \ind Schmerz, sich seines
verderblichen .Wahnsinns hewusst und doch nicht Herr seiner
Sinne , sass er schweigend und in dumpfes Brüten versunken
auf dem Vordertheilc ihres Schiffs, als die liburnischen des Fein-
des zur Verfolgung nahcten, und mit ihnen Eurycles, der La-
cedämonier , dessen Vater er einst wegen Seeräubcrei hatte ent-
haupten lassen, den aber doch mehr nach Beute als nach Rache
verlangte; denn sein Angrift" richtete sich besonders gegen ein
Schiff, welches mit kostbarem Silbergeschirre beladen war "und
nebst einem anderen genommen wurde. 3*^
Nur Wenige hatten bemerkt , dass Antonius sich entfernte,
und als man auf Octavians Befehl seinen Kriegern zurief, er
sei entflolien, fernerer Widerstand ohne Z^veck, hielten sie diess
für eine Täuschung; ■^^) dann hofften sie, er werde zurückkeh-
ren ; auch war man bereits im wildesten Handgemenge , und
schlug sich nicht mehr für den Feldherrn und für den Sieg al-
lein, sondern um Gefallene, um eigene Schmach und eigene
Wunden zu rächen. Daher blieb Agrippa nichts übrig , als die
Flotte anzuzünden, welche er sich hatte erhalten wollen. Der
Mannschaft fehlte es bald an Wasser zum Löschen; sie schöpfte
aus dem Meere und nährte den Brand ; mit ihren Kleidern , mit
den Todten suchte sie die Flammen zu ersticken, und ein hef-
tiger Wind, die Fackeln, die brennenden Pfeile und Wurfspiesse,
und die Gefässe mit Kohlen und Pech, welche in ihrer Mitte
niederfielen, vereitelten ihre Anstrengungen; da warfen sich Vie-
le in die W^ellen und fanden ihr Grab, weil man sie mit Stau-
gen untertauchte ; Andere zogen noch mit Haken den Feind an
sich heran, ehe sie sich durchbohrten und ihr Schiff zu ihrem
Scheiterhaufen machten, bis endUch um die vierte Stunde Nach-
mittags alle Gegenwehr aufliörte, und der Sieger selbst dem
Feuer Einhalt that. ^ö) Unter Leichen und Trümmern kehrte das
Staatsschiff Roms in den Hafen der Monarchie zurück , welchen
es ohne den frevelhaften Wahn des Brutus und Cassius nicht
würde verlassen haben.
Den Verlust der Ueberwundenen berechnet Plutarch auf
5000 Mann, Orosius dagegen 3^) auf 12,000 Todte und 6000
34) Plut. 67. S. §. 70. A. 73. 35) VeU. 2, 85. Plut. 68. 86) Plat.
fi«. DIo 50, 33 — 35. Snet. Oct. 17. 3?) ß, 19.
31 *
484 V. ANTONII. (li. §. CÜ.)
Vcrwiuulctc, ron welchen lüUO starben, und wenn auch die
grössere Zahl niclit die richtige ist, so kommt sie doch der
Wahrheit am nächsten. Die Landtriippcn wurden aufgefordert,
Rieh zu ergehen ; sie legten aber erst nach sieben Tagen die
Waffen nieder, als sie Antonius oder dessen Befehle A'ergebcns
erwartet, die Bundesgenossen und die angesehensten Römer, und
unter diesen auch Canidius, ihr Anführer, sie verlassen hat-
ten. ='")
Zum Andenken an den Sieg gründete Octavian in Epirus
auf seinem Ijagerplatzc Nicopolis, und gab ihm Einwohner aus
der umliegenden («cgend. ^'J) Die Stelle, wo sein Zelt gestan-
den hatte, wurde mit Quadersteinen gepflastert und mit erober-
ten Schiffsschnäbeln, mit einer Capclle des Apollo *") und mit
den ehernen Statuen des Eut3'chus und Nicon verziert, welche
letzteren sich später in Byzanz befanden.*') Auch erweiterteer
den Tempel des actischen Apollo;''-) er weihte in ihm zehn
feindliclic Schiffe von einer bis zehn Budcrbänken , *"^) und ord-
nete dem Gotte zu Ehren actischc Spiele an, deren Feier sich
alle fünf Jahre erneuern sollte. ''^) Ihn selbst begrüsste man
»uni sechsten Maie als Imperator.*^)
Seine nächste Sorge war darauf gerichtet, Meutereien un-
ter seinen Tru^ipen zu verhüten , unter welche er die Gefange-
38) Plut. 1. c. u. 71. Die 51. 1. Vellej. 1. c. §. 70. A. 81. 39) DJo
50, 12. 51, 1. 18. '/on. 10, .^0. Strabo 7, 321, 325. lUoIem. 3, 11.
PauHan. Eliac. 1, 23. Achiac. 18. Phocic. 38. Tacit. A. 5, 10. Suef. Ocl.
18. Pliii. 4. 2. (1.) Vaill. Nnm. Graec. p. 5. Moreli. Thes. Cae«. August,
lall. 40. No. 15. f. und (ab. U). No. 23. f. Uebcr Nicopolis des Pompej.
8. §. Gfi. A. 00. u. über das ägyptiscbe unten §. 71. A. 35. 40) Dio 51,
1, Plut. 05. Serv. zu Virg. Georg. 3, 29. 41) Auf der Nordküsfe war
Kufyebus Octavian begegnet, daher setzt auch PItit. I. c. die Statuen mit
P.ecbt nach Nicopolis. Suet. Oct. OG. Zon. 1. c. üben A. 18. 42) Die
Stellen in §. 08. A. 02. u. Suet. Oct. 18 u. 96. Eckh. C. p. 61. n. 107.
S^tets zeigte Octav. eine grosse B'.hrfurcht gegen Apollo, daher das Miihr-
chcn, dass -'V dessen Sohn sei. Suet. Oct. 04. Dio 45. 1. S. Sebast. Eri.
cius in Moreli. Thesaur. bei Caes. Aug. tab. 14. No. 30. Er liess auch
später die ihm criichteten siL-eriicn Slntucn eidschmelzen , und weilite
dafür Aimllo PtilBlinus IVrciftissc von (.'olde. Mon. Ancyr. (ab. 4. v. 51.
Suet. Oct. 52, Dio .'VI, Tl. 4.^) Dio fil, 1. Strabo 7. 325. 44) Dio 51,
». l«, Strabo J '•, .S»"». üctuv. 1«, 40) Oios. 0, 19. Kclh. 6, p. 79 ii, 142.
V. ANTONII. (14. §. G9.) 485
ncn vcrthelltc. *<*' Zu dem Eiule trennte er sie; denn frühere
Erfuliriingen hatten ihn gelehrt, dass sie in grosser Anzalil und
bei unbefriedigten Forderungen leicht in Giilirung gerietlien.
Die Ucutc war ihm durch das Feuer und durch Cleopatras Flucht
grösstenthells entzogen; er konnte die versprochenen Belohnun-
gen nicht zahlen und nur eine Anpreisung auf Aegypten gehen;
deshalb schickte er die Veteranen aus Italien in ihr Vaterland
zurück, und die übrigen in verschiedene Provinzen.*^) Auch
reis'te Agrippa mit unbeschrankter Vollmacht nach Rom, um
Mäcenas zu unterstützen, welchem in diesen Bürgerkriegen die
innere Verwaltung wiederholt anvertraut wurde. *^) Octavian
verfügte indess auf dem AVcge durch Griechenland nach der Kü-
ste von Vorderasien über die Anc:elen;enheiten des östlichen Reiclis
und über die Bundesgenossen. Diese verloren bis auf Amjntas,
Archelaus, Dejotarus und Andere, welche vom Feinde abgefallen
waren, *^) die ihnen von Antonius überwiesenen Gebiete, Einige
auch , was sie schon früher besessen hatten. ^'^) Dadurch ver-
Bchaftte er sich die Mittel, Verräther zu belohnen, während er
ihnen seinen Abscheu bezeugte. ^0 Cydonia und Lappa , cre-
tcnsische Städte, erklärte er Avegen ihrer Auflehnung gegen An-
tonius für frei. *2)
Obgleich Vellejus ^3) g^'^Q Älilde auf Kosten des Besiegten
erhebt, so war doch das Scliicksal der römischen Grossen sehr
verschieden. Den beiden AfiuiUius Florus wurde gestattet, zu
looscn; der Vater mochte das Leben seines Solnis nicht davon
abhängig machen, er starb, und dieser tödtete sich selbst. ^*->
Auch C. Scribonius Curio, dessen Vater a. 49 als Anhänger
Cäsars in Afrika gefallen war, wurde hingerichtet.*'-*) M. Scau-
4G) Dio 51, 3. 47) Dio 1. c. Suet. Ocf. 17. Unteu §. 70. iö. 48)
Die I. c. Vgl. 49, IG. Tacit. A. ü, 11. Vellej. 2, 88. Mäcenas war dem-
nach nicht bei Actium , ilie liburnischeu Schiffe befehligte er hier nicht,
mochte man auch eine Zeitlang glauben, er werde Octavian lullen. Ho-
rat. Epod. 1. 49) §. CS. in. u. A. 3. 4. das. .'JO) Dio 51, 2. 51) Plut-
Apophth. reg. et irop. Caes. Aug. 2. 52) Dio 1. c. nennt die luliiie Stadt
Lampe; s. die daselbst von p'abricius angef. Münzen, und Morell. Then.
Caes. Aiig. Tab. 4G. No. 20. Gruter. Inscript. p. 1091. No. 9. u. d. Mun-
xen V. Cydonia Morell. Tab. 4C. No. 6. 7. 53) 2, 86. 51) Dio 1. t.
Kaet. Oct. 13. Bereits 259. v. Chr. war e^i AquiU. Flcrus ConsnL Fttäl^
sie. Zronar. 8, 11. Oroä. 4, 7. 55) Dio 1. c.
4S6 ^' ANTUNll. (14. § 70.)
rus verdankte seine Erhaltung der Rücksicht auf seine Mutter
Muciä, welche nach der Scheidung von Pompejus Magnus sich
mit seinem Vater vermählt hatte, ^6) und C. Sosius, als man
ihn an seinem Zufluchtsorte entdeckte, der Fürsprache des L.
Aruntius. ^''^ Fürsten und Völker büssten für die meistens er-
zwungene Unterstützung des Antonius mit Gelde , wogegen ein-
zelne Gnadenbezeugungen an den Befreier erinnern sollten, da-
her sie besonders solchen zu Thcil wurden, welche von jenem
bedrückt waren. So befahl Octavian, aus den erbeuteten Ma-
gazinen und aus den eigenen die durch Lieferungen und andere
Kriegslasten verarmten griechischen Städte zu versorgen; ^8) Jen
Lacedämoniern gab er Thuria in Messenien ; 59) nach Patrü schick-
te er Einwohner aus der Umgegend und römische Colonisten,
um es als Handelsplatz zu heben, ^o; und Lappa wurde auf sei-
ne Veranstaltung wieder aufgebaut, öi) Auch erhielten die Grie-
chen nach der Eroberung Alexandriens die Kunstschätze durch
ihn zurück, welche Antonius geraubt hatte. 6-)
In Athen, wo er zu Wasser eintraf, und sich in die eleu-
sinischen Mysterien einweihen Hess , ^3) überzeugte er sich, dass
sein Gegner nicht mehr in Griechenland sei. Ueber seinen Auf-
enthaltsort erfuhr er auch an der Küste von Asien nichts Ge-
wisses, worauf er in Samos die Winterquartiere bezog. •'*>
§ 70.
a. 30. Hier übernahm er im Anfange des nächsten Jahres
sein viertes Consulat. ^^) Die Insel, noch vor kurzem Zeuge
einer asiatischen Schwelgerei , C^O war so gelegen , dass er An-
tonius leicht beobachten konnte. Dennoch reis'te er in der Mit-
56) Ders, 1. c, u. 50, 38. S. Aemilii Scauri No. 5. u. Pompeii. 57)
Die 11. cc. Veliej. 2, 80. §. 68. A. 9. u. hier A. 25. Auf ähnliche Art
wurde Barbula begnadigt, vielleicht aus dem Geichlechte der Aeniilier,
in welchem sich der Name findet. App- 4, 618. 58) Plut, 68. 59) Pau-
■an. Mesien. 31. 00) Ders. Achaic. 18. Gl) Dio 51, 2. 02) Unten §.
71. A. 33. C3) Plut. 68. Dio 51, 4. Suet. Oct. 93. 64) Dio J. c. App.
4, 013. Suet. 17. Flor. 4, 11. §.2. Vgl. Strabo 14, 637. 65) Dio 1. c.
Mon. Aiicyr. tab. 3. l. 22. in Chi»U. Aul. Asiat, p. 174- Oroi. 6, 19.
00) §. 07.
^ V. ANTOMi. (14. §. 7ü.) 4^^?
tc des Winters nach It.iiien , weil Agrip[>a ilim schrieb , dass
die Veteranen sicli empört hahen , Geld und Abschied verlang-
ten , und dass auch die Gährung unter den Freigelassenen fort-
dauerte. Nach einer gefahrvollen Fahrt erreichte er Brundu-
sium, wo der Senat, die Ritter und ein Tlieil des römischen
Volkes ihm ihre Ergebenheit bezeugten. Er wusstö, dass ihr
Beispiel keinen Eindruck machen werde, aber er bedurfte ihr
Geld. Mit diesem befriedigte er seine Krieger; die Aeltesten,
welche schon bei Mutina gefochten hatten, erhielten überdiess
Ländereien , deren Besitzer er entweder als Anhänger des
Antonius vertrieb und in Städte jenseits des ionischen Meers
schickte, oder zu entschädigen versprach. Zu dem Ende
boten er , Agrippa und andere Freunde ihre Güter feil,
aber niemand kaufte, und erst mit der Beute Aegyptens wurde
die Schuld getilgt. ^'') Den Freigelassenen gestattete er, nicht
zu zahlen, *'ä) und den Begnadigten, in Italien zu wohnen.'''')
Nur sieben und zwanzig Tage'^^) blieb er in Brundusium, danji
gieng er "nach Corinth über dessen Isthmus die Schifte ihm uach-
geführt wurden, und über Rhodus, wo llerodes sich an sein
Gefolge anschloss und den' ihm schon geleisteten Dienste "^'^
durch Geld noch mehr Gewicht gab , nach Syrien. "^-^ In Ae-
gypten erfuhr man zu gleicher Zeit, dass er die Reise nacli dem
Westen unternommen und beendigt habe.
Antonius verfiel nach dem Gefechte im ionischen Meere ^^)
wieder in seine vorige Erstarrung. Mannichfaltige aber nur
schreckliche Gestalten traten vor seine Seele, vor allen sein
eigenes Bild, wie er entfloh, ohne geschlagen zu sein, Heer
und Flotte dahin gab , um einer Fürstinn zu folgen , welche
ihn verliess, zu welcher er nach seinem plötzlichen, und unge-
heueren Sturze den Blick nicht erheben mochte, selbst unge-
wiss, ob aus Schaam oder aus Groll. Doch sein Verhältnirs zu
C7) Die I. c. Plut. 73. Zon. 10, 30. Mon. Ancyr. 1. c. Tacit. A. 1,
42. Suet. 17. Plin, 18. 29. (11.) Oros. 1. c. C8) Dio 51, 3. verwechseil
ihre ausserordentliche Steuer mit der, welche von den Freien gefordert
war. S. 50, 10. u. hier §. 68. A. 78. 09) Dio 51, 5. 70) Suet. 1. c.
Dio hat die runde Zahl dreissig. 71) 72) Dio Flui. Suet. 11. cc. Veliej.
2, 87. Oros. 6, 19. Joseph. A. J. 15, 6. (10.) §. G u. 7. B. J. 1, 20 (15).
T3) §. C9. A. 34.
k
488 V. ANTüNII. (11. § 7ü.j^
ihr überwog alles; nur drei Tage konnte er es ertragen, Ilir
so nahe und doch von ihr getrennt zu sein, und ihre Frauen
Iras und Charmlon stifteten nach der Landung auf dein laconi-
scheu V^orjrebirse Tänarum die Versöhnung. '''*-' Jetzt übcrbrach-
ten Flüchtlinge die Nachricht, dass die JSclilacht verloren, das
Heer aber *noch immer bereit sei, den Feind zu enipfangcn, und
Antonius, welchem das Schicksal Tage vergönnt hat, am Rande
des Abgrundes nachzudenken und sich zu ermannen , eilt nicht
augenblicklich zu seinen Legionen zurück, er befiehlt Canidius,
sie nach Asien zu führen, ihm ist nur wolil, wo Cleopatra ist.
Cleopatra wollte sich dagegen ihres lastigen Begleiters entledi-
gen; sie entliess seine Freunde unter dem Scheine der Fürsorge
und reichlich beschenkt, und fuhr mit ihm bis Parätouium ia
Marmarica , an der westlichen Grunze ihres Staates, wo sie sich
trennten. '''^) Denn Antonius erwartete L. Pinarius Carpus, ''^)
welcher schon früher, unter anderem bei Philippi, für ihn ge-
fochten hatte, ^^) und jetzt mit einigen Legionen in dieser Ge-
gend stand, aber bereits von den Ereignissen bei Actium un-
terrichtet und zum Abfalle entschlossen war; er erschlug die
Boten seines Feldherrn und übergab die Truppen Cornelius Gal-
lus , dem nachmaligen Statthalter von Aegypten , als er aus den
Provinzen Afrika gegen ihn heranzog. Antonius wollte sich
tödten; die Freunde , mit welchen er in der Einsamkeit lebte,
Lucilius "^^J und der Ilhetor Aristocrates , verhinderten es und
führten ihn nach Alexandrlen, wo er bald die Nachricht ei-biclt,
dass Parätonium vom Feinde besetzt sei.
Dieselbe Treulosigkeit zeigte sich in Asien. Alexas aus
Laodicea gicng zu Herodes, ihn in seinen guten Gesinnungen
zu bestärken, und wurde selbst zum Verrilther; da er an Ücta-
via gefrevelt hatte, so Hess ihr Bruder ihn hinrichten. ''9) Zu-
nächst blieb er bei Herodes, welcher unter allen Asiaten Anto-
nius am meisten verdankte , und jetzt mit Q. DiJius, dessen
74) Plut. 67. Dio 51. 5. 75) Plul. G9. Dio I. c. Zoii. 10, 30. Flor.
4, 11. üro8. 6, 19. 7f>) Seinen Vornamen Lucitis gehen die Münzen.
Vaill. Ant. No. 48. u. l'inarii. Eckb. 5. p. 272. 6. p. 48. 51. 57. Nach
Oro«. C, in« haUc er vier Legionen. S. übrigens Dio 51, 5. u. 9. Plut.
«9. Zun. I. c. 77) App. 4, 051. 1><) §. ü9. A. 32. T9) Plat. 72. J. 00-
A 9i.
Y. ANTONII. (11. §. 70.) 489
Stattliniter in Syrien, am gcscliiiftigsten war, ilim zu schaden.
Sic widersetzten sich seinen Gladiatoren, als diese von Cjzicus,
dem Orte, avo man sie geiiht hatte, zu seinem Beistande nacli dem
Nil aufbrachen, und überlieferten sie Octavian, auf dessen Be-
fehl sie getrennt und getödtet wurden , während Herodes nun
in Rhüdus eine günstige Aufnahme bei ihm fand. ^*^) Ueberall
erkennt man, dass die Truppen besser waren, als ihre Anfü»^-
rer, und Antonius nur hätte in Person vor ihnen crsclieinea
dürfen, um ihrer gcAviss zu sein; ungern traten sie in die Rei-
hen der Sieger, wie das Heer von Actium , dessen Schicksal
Canidius selbst in Alexandrien verkündigte, s')
Dahin war Cleopatra über Parätonium mit bekränzten Schif-
fen zurückgekehrt, weil ihre Feinde unter den Grossen fallen
sollten, ehe sich die Nachricht von der Niederlage verbreitete.
Durch Hinrichtungen befestigte die Verhasste einen wankenden
Thron, und mit eingezogenen Gütern, mit Weiligcschen!:cn und
ausserordentlichen Steuern füllte sie den Schatz. ^^^ Sie rech-
nete auf die bewährten Mittel, Mord, Buhlerei und Geld; doch
war der Erfolg ungewiss, daher daclite sie zugleich auf einen
Zufluchtsort. Artavasdes, der Armenier, wurde auf ihren Be-
fehl enthauptet und sein Kopf dem Könige von Medien über-
schickt, angeblich Antonius dessen Hülfe, in der That aber der
Königiun ein Asyl zu sichern. ^•^) Denselben Zweck hatten ihre
Rüstungen im arabischen Busen, wohin sie über die Landenge
Schilfe aus dem Mittelmeere versetzte; sie sollten sie mit ihren
Schätzen aufnehmen, Avurden aber auf Anstiften des Q. Didius
von den Arabern verbrannt. ^^) Auch von Spanien Avar die Re-
de, wo man einen Aufstand erregen Avollte.
Antonius nahm an dem Allen AAcnig Theil; vom Schmerze
überwältigt beschloss er nach dem Beispiele des Atheniensers Ti-
mon seine noch übrigen Tage in völliger Abgeschiedenheit zu
verleben, und die Dinge zu erwarten. Er erbaute sich am gro-
ssen Hafen, nicht Aveit vom Tempel des Poseidon, am Ende ei-
nes ins AVasser A'ortretenden Damms eine Wohnung, av eiche er
80) Plut. 71. 72. Dio 51, 7. Joseph, oben A. 72. 81) Plut. 71. §,
CO. A. 38. n. §. 71. A. 21. 82) DIo 51, 5. u. 17. Pün. 19. 5. (1). Zon.
10, 30. 83) Dio I. c. Tacit. A. 2, 3. Slrabo 11, 533. S. §. 06. A. 4-
84) Dio *1, 6. 7. PIu(. 69. Zoiiar. u. üros. 11. cc.
490 ^' ANTOXII. 04. §. 70.)
Tinioninm ntinntc. 8*') In einer solchen Ergebung , in den Kla-
gen über allgemeinen Undank und \erratb, lag ein harter Vor-
vnrf auch für Cleopatra; sich selbst überlassen ninsste er in
ihr noch deutlicher die Ursach seines Unglücks erkennen und
dann vermochte nichts sie vor einer schrecklichen Rache zu
schützen. Sie konnte ihn vergiften , für diese That verlangte
Str. aber den höchsten Lohn, welchen noch kein Vertrag ihr ver-
lȟro-te; auch wusste sie, dass ihm auf eine andere Art beizukom-
incn , dass sein jetziges Leben seinem Character und seinen Ge-
wohnheiten gänzlich entgegen war, und er gern unter einem
schicklichen Vorwaude ihm entsagen werde. Demnach trug sie
darauf an, Cäsarion und Antyllus '^"•J die männliche Toga zu
geben , damit es in möglichen Fällen dem Lande nicht an Re-
genten, dem Heere nicht an Führern fehle: diess veranlasste
Festseiaffe, welche ihren nächsten Zweck vollkommen erreiclt-
ten , wenn auch ein anderer verfehlt , und das \ erderben der
Gefeierten dadurcli befördert wurde. ^'0 Mehr als je war die
Königinn auf Abwechselung in den Vergnügungen bedacht, und
sie benutzte nun auch die Verzweiflung, um die Lust zu Avür-
zen; die Gesellschaft der Unnachahmlichen, welche in den Ta-
gen des Glücks an ihrem Hofe errichtet und so genannt war,
weil es ihr an Pracht und Schwelgerei niemand gleich thun
konnte, wurde durch die Gesellschaft der Todesgefuhrteu ersetzt;
sie gelobten sich, gemeinschaftlich zu sterben, und bis dahin
nach der Reihe einander zum fröhlichen ALnhle zu laden. Nun
zweifelte Antonius nicht, dass die geliebte Fürstinn ihn nicht
überleben und er auch noch im Tode mit ihr vereinigt sein wer-
de, und zugleich wurde üctavian geschreckt, welcher ihr ein
anderes Loos bestimmt hatte. Sie wollte eben, dass er von ih-
rem Treiben Kenntniss erhielt und sich überzeugte , er müsse
ihr Zugeständnisse machen oder ihrer Person und der kostbar-
sten Beute entsagen, und unter keiner Bedingung werde er sie
als Gefangene in Rom sehen. Diess bewies sie auch dadurch,
dass sie an Verbrechern die Wirkungen der verschiedenen Gifte
beobachtete , um zu erfahren , welches die wenigsten Schmerzen
verursache. ^*)
85) Plut. ß9, -.0. Straho 17, 794. 8G) §. 6C. .\. .i. §• 67. A. 3.".
«7) riut.71.Dio51,G. §. 71. A. 19u.'20. «X) riul. I. r. I>in .".l . 11. /,i.m.1(i..1I
l
V. ANTONII. (14. §. 70.) 49 1
Vorerst wandte sie sich an Octavian. Sie Hess Antonius
einen Vergleich hoft'en, wenn man sich erbiete, im Privatstande
zu leben, und Aegypten nur für ihre Kinder fordere, deren Er-
zieher Euphronius mit diesem Antrage nach Syrien reis'te. An-
tonius wusste nicht, dass er den Freunden seines Gegners Ge-
schenke, und ihm selbst die Königs- Insignien überbrachte. Der
Zweck dieser Huldigung' wurde erkannt; in einem offenen Schrei-
ben erhielt Cleopatra die Weisung, vor Allem die Waffen und
die Regierung niederzulegen, und durch ihren Vertrauten wurde
ihr diese als Preis für die Ermordung oder Vertreibung des An-
tonius zugesichert, welcher ohne Antwort blieb. ^'•'^ Dasselbe
begegnete ihm , als eine zweite Gesandtschaft im Namen der
Königinn für die Erfüllung ihrer Wünsche grosse Summen ver-
sprach und er einen Mörder Cäsars, den Senator P. TuruUius
auslieferte, mit der Erklärung, er werde gern selbst sterben,
wenn er Cleopatra dadurch den Thron erhalten könne. Dieser
wiederholte man, Wtis ihr schon gesagt war, und TuruUius
wurde hingerichtet. ^^J Endlich sollte Antyllus selbst für seinen
Vater bitten , und das Geld , welches er mit sich nahm , ihm
Gehör verschaffen ; aber er war nicht glücklicher als seine Vorgän-
ger, und die unbestimmten, durch nichts beurkundeten Zusa-
gen , mit welchen die Königinn abgefunden wurde , nährten in
ihr den Verdacht, dass sie das Schicksal ihrer Schwester Arsi-
noe erwarte, welche a. 46 bei Cäsars Triumphe erschien. ^')
Darinn irrte sie nicht, ^2) ^{q ■^raJ. ajjgj. entschlossen, lieber je-
des Andere zu erdulden , an sich , und weil die Schmach für
sie am grossesten gewesen wäre; sie vernahm im Geiste das
Hohngelächter der Fürsten, welche sie beraubt oder zu ihren
Dienern herabgewürdigt, und die Verwünschungen Roms, dessen
Capitol sie zu ihrem Herrscher- Sitze erkoren hatte; durch ein
solches Schauspiel sollte Octavian den Bürgerkrieg nicht ins Ver-
gessen bringen.
Doch war zum Aeussersten noch nicht die Zeit; vielleicht
gelang es noch, dem Zweideutigen einen Vertrag zu entlocken,
wenn sie es ihm näher legte, dass auch sie gewähren und ver-
89) Plut. 72. 73. Die 51, G. 90) Dio 51, 8. Val. Max. 1, 1. §. 19,
Laclan«. Inst. 2, 7. §. 17. Ttriten §. 71. A. 22. 91) Dio 43, 19. S. Ju-
lii. 92) Dio 51, 11. U. Plut. 78. Suel. 17.
492 V. ANTONIE. (14. §. 7o.)
weigern kflnnc, und »las llöcliste, sich Und ihr Geld. Dicss
brachte sie mit iliren Kostbarkeiten in ein Grabgewölbe , ^-^^^ wo
sie sich einzuschlicsscn und sich und ibre Habe durch Feuer zu
vernichten drolite. Um so mehr verstellte sich Octavian; er
gab ihr durch Thyrsus , einen schlauen und gewandten Freige-
lassenen , unter vielen Schmeicheleien zu erkennen, dass es nur
bei ibr stehe, ein Verhältniss zwischen ihnen zu begründen und
dass Antonius das Haupthindcrniss dabei sei. Dieser bemerkte
den Mann und rächte sich durch Geisseihiebe, worauf er ihn
mit einem Schreiben zurückschickte, welches seinen eigenen
Freigelassenen Hipparchus, einen Ueberläufer, eben so zu be-
handeln erlaubte. '■>*) Mit Cleopatra versöhnte ihn eine glänzen-
de Feier seines Geburtstages, wobei seine Freunde verschwende-
risch von ihr besclienkt wurden, damit sie schwiegen. ^^) Aber
leicht hätte er selbst ihre Ränke durchschauen können. Er gieng
nach Parätonium zu den Legionen, deren sich Cornelius Gallus
bemächtigt hatte , äöj und dieser bewirkte durch eine kriegeri-
sche Musik, dass man seine AVorte auf den Mauern nicht ver-
nahm; seine Schiffe wurden im Hafen zerstört, wo man ihnen
durch plötzlich angezogene Ketten die Flucht unmöglich mach-
te, ^^) und während er hier eine Schutzwehr Aegyptens zu ret-
ten versuchte, nahm der Feind die östliche, Pclusium. Selcu-
cus räumte es nach einem Scheingefechte , welches ihn und sei-
ne Köuiginn rechtfertigen sollte. Schon die Zeit der Ucberga-
be bewies den Verrath. Höchst entrüstet kehrte Antonius zu-
rück; er fand Cleopatra mit Maassregeln zur Vertheidiguug bc-
93) Hlvfifia, fivfifiilov, r^olov , Tfiqco?, mausoleum ^ monnmcnlum ge-
nannt. Dless war nicht die königliche Gruft, oi\Hn, Strabo 17, 704.
Denn Cleopatra erhaute es, obgleich ebenfalls in der Burg, neben dem
Tempel der Isis; es war noch nicht einmal vollendet. Auch darf man es sich
nk'ht bloss als eine Catacombe denken, sondern es halte einen l'eberbau,
worin der Schatz und die übrigen Sachen von Werth nebit Brennstoffen
niedergelegt wurden, und in welchen man nur aus der Gruft gelangen
konnte. Diese halle Falllhüren, {x(t.titi)na/.iaL l'Iul. 70.) welche die Kö-
uiginn mit Uie::eln nnd Schlössern fest verwahren Hess; daher wurde Anto-
nius zu ihr hinaufgewunden, und Proculejus erstieg das Gebäude auf «i-
■ er Leiter.. Diu 51, 8. 10. 11. l'lut. 74. 7G. Zon. 10, 30. Flor. 4, 11.
$. 10. Oios. ü, 10. (A. V.) de vir. ill. SC. Ol) Die 51, 8. 9, Pluf. 73.
95) l'lul. I. c, OG) Oben A. 71), f. 97) Dio »1, 9. 10.
V. ANTONII. (11. §. 70.) 493
schäftlgt, welche sie insgcliciin vereitelte; auch üherlieferte sie
'iliin Scicuciis und dessen Familie, um den Verdacht zu entkräf-
ten, als habe sie in seiner Abwesenheit Octaviaa die Haupt-
stadt üflnen wollen.
Kaum Avar dieser bei dem Hippodromus angelangt, einer
Rcnnljahn vor dem canopischen Thore,^**-' als Antonius seine
ermüdete und überraschte ReutereL mit tder seinigen bis an dag
Lager zurückwarf. Nach dieser ruhmvollen That eilte er zu
der Königinn, ihr den Helden zu zeigen, welcher nun ihrer Ach-
tung wieder würdig war, und sie belohnte ihn mit einer Um-
armung, und den Tapfersten seiner Scljaar mit einem goldenen
Harnisch und Helm, mit welchen er in der folgenden Nacht
zum Feinde übergieng. ^'■^^ Man hielt die Sache des Antonius
für verloren, deshalb konnte er sich nicht wieder aufrichten;
die Seinigen dachten auf Mittel, sich bei dem in Gunst zu se-
tzen, gegen welchen sie fechten sollten, und die Feinde ver-
schmähten sein Geld , weil es schon für das Eigenthum ihres
Feldherrn galt. Er bot dem Ueberläufcr 1500 Denare, und
Octavian machte es selbst bekannt; dann forderte er diesen zum
Zweikampfe, und bekam die Antwort, dass er auch auf eine
andere Art sterben könne. Also sterben sollte er, unter keiner
Bedingung leben, auch nicht, wenn er Allem entsagte, wie Le-
pidus. Gleichwohl bestimmte ihn nicht das Verlangen nach ei-
nem ehrenvollen Tode, einen Angriff zu Lande und zur See an-
zuordnen ; denn um zu fallen , bedurfte er der Flotte nicht, und
auch der Selbstmord wurde für ehrenvoll gehalten , wenn er
vor Schande bewahrte ; er hoffte zu siegen, wohl gar den Gegner
zu erlegen , wobei er freilich selbst sein Leben einsetzen muss-
te ; daher die Aeusserung beim Gastmahle am Tage vor der
Schlacht, dass seine Freunde ihm vielleicht bald nicht mehr die-
nen würden.
Am anderen Morgen besetzte er die Höhen am Hippodro-
mus , dreissig Stadien von der Stadt, und erwartete seine Schif-
fe, um das Gefecht gleichzeitig zu beginnen. Sie kamen und
vereinigten sich mit den feindlichen. Dennoch griff Antonius
OS) StVRbo 17, 795. 99) Dio I. c. Plut. 7U Zon. 10, 30,
494 ^^ ANTOMI. (i4. §. 70}
an, aber auch die Reuterei verHess ihn, und sein treues Fuss-
volk wich nach kurzem Widerstände vor der Ueberniacht. Mit
dem Geschrei, er sei verrathen, von der verrathen, für •welche
er streite, folgte er den Fliehenden nach Alexandrien, wo die
Königinn sich bereits in die Gruft zurückgezogen hatte und vor
den ersten Ausbrüchen seiner Wuth gesichert war. Als man
ihm sagte, sie verberge sich, um nicht gefangen zu werden,
l»eruhigte er sich; es bedurfte für ihn keines anderen Beweises
ihrer Unschuld , und sein Zorn verwandelte sich in Mitleiden
und Liebe. Aber diess war es nicht, was sie begehrte, sein
Zorn konnte ihr nicht mehr schadet! ; ihr verwegenes Spiel for-
derte seinen Tod. Octavian war so wenig aus sich herausge-
gangen, dass sie seinen Wunsch kannte , sie möge ihn von sei-
nem Gegner befreien und dadurch zugleich ihn selbst des Mor-
des überheben, ohne zu wissen, welcher Lohn ihr dafür be-
stimmt sei , denn stets erhielt sie nur allgemeine Zusagen , und
überdiess nur mündlich. Indess war es dahin gediehen, dass sie
seine Bedingung erfüllen oder alle Ansprüche aufgeben musste,
und möglich blieb es doch immer, dass die Gnade des Siegers
Liebe wurde. Sie mochte nicht Mörder zu Antonius schicken^
sondern Hess ihm nur melden, dass sie sich getödtet habe, ein
untrügliches Mittel, wie sie Avusste, dasselbe zu erreichen. Das
letzte Band zwischen ihm und der Welt war gelös't, das ge-
liebte Weib für ihn verloren, hochherzig war es ihm auf dem
Wege der Ehre vorangegangen; sein treuer Sclav Eros erhielt
den Befehl , ihm das Schwerdt in die Brust zu stossen, und als
er es gegen sich selbst richtete, durchbolirte er sich mit eige-
ner Hand. Er sank nieder und man glaubte, er sei todt; diess
wurde auch der Königinn berichtet; ihr Schreiber Diomedes,
welcher ihr Gewissheit verschaft'en sollte, fand ihn im Blute lie-
gend aber noch am Leben; die Wunde war nicht tödtlich, sie
wurde es erst durch die Art, wie man ihn behandelte. Auf die
Nachricht, auch Cleopatra lebe, verlangte er sie noch einmal
zu sehen. Man brachte ihn nach der Gruft, deren Thüren an-
geblich nicht wieder gcöflnet Merden konnten — nicht, ohne
sich auch Sendungen üctavians zu öft'nen; — langsam und mit
Untcrbrccliungcn bei erschöpfter Kraft zog Cleopatra mit Hülfe
ihrer beiden Dienerinnen den Verwundeten, der sich schon ver-
V. ANTONII. (II. §. 71.) 495
Mutet hatte, und im Todeskampfe noch die Arme ihr entgegen-
streckte , an Seilen in den oberen Theii des Hauses.
liier cmpficng sie ihn unter Aeusserungcn eines gränzenlo-
sen Schmerzes; sie, die ihn verrathen und seinen Tod ahsicht-
iich veranlasst, die den Sterbenden, aus Furcht, gefangen zu
werden, wie ein Werkstück zu sich hinaufgewundeu, seine Qua-
len dadurch vermehrt, und ihn nie geliebt hatte, sie gebehrde-
tc sicli "wie eine Verzweifelnde , und warf sich mit zerrissenen
Kleidern und zerfleischter Brust an seinem Lager nieder,, wo er
nach wenigen Augenblicken verschied. ^^'"^
§ 71.
Octavian war schon durch Dercetäus , einen Krieger von
der Leibwache des Antonius, von dessen Tode unterrichtet, uiid
das blutige Schwerdt lag vor ihm, als der Bote der Königinn
erschien, ohne Zweifel Diomedes. Dieser fand ihn im Innern
seines Zeltes, wo er den (iefährtcn und Verwandten beweinte,
wie einst Cäsar den Pompejus, und seinen Freunden mit Stel-
len aus Briefen früherer Zeit bewies, dass Antonius seine ge-
rechten und billioen Anträse stets mit Hohn und Anmassunjj
verworfen, und sein Unglück selbst verschuldet habe. ') Kr
konnte mit um so mehr Zuversicht sprechen, da jener freiwillig
gestorben war; 2) aber Cleopatra, welcher er es verdankte, soll-
te nicht sterben, sich dem Triumphe, und den besten Tlieil der
Beute seinen leeren Cassen nicht entziehen. Gewalt vermochte
nichts über sie; man musste sie tauschen und sich ihrer mit
List bemächtigen. Noch hielt Octavian unter dem Scheine der
Trauer sein Todtengericht, als der Ritter C. Proculejus, sein
Vertrauter, an der Fallthür der Gruft die Königinn zu berulii-
gen suchte, und ihr auf die Bitte, dass Aegjpten ihren Söhnen
verbleiben möge, die Erfüllung jedes billigen Wunsches zusi-
100) Die Alten lassen einen berühmten Mann gern mit einer Rede
endigen , so in diesem Falle auch Plut. 77. wobei man nun freilich den
Zustand des Antonius vergessen rauss. Dio 51, 10. Zon. 1. c. Liv. 133.
Velkj. 2, 87. Suef. Oct. 17. Flor. 4, 11. §. 9. Eutrop. 7, 7. ('i.) Gros
6, 19. (A. V.) de vir. ill. 85. Serv. zu Virg. Aen. 8. 078. 1) Dio 51
11. Plut. 78. Zon. 1. c. Suet. 69. 70. 2) — A'e/rto ex ftis, qui contra
nrmn tulfrintt, ah co intcremtrts, V'eil«-(. 2, 87.
496 V. ANTONII. (11. §. 71.)
cherte. Ein Blick auf das Gchäudc überzeugte ihn, dass es
möglich sei, zu ihr einzudringen. 3) Bald nach ihm zeigte sich
Cornelius Gallus, welcher von Pariitonium eingctroften war; er
setzte die Unterhandlungen fort, während Proculejus mit zwei
Dienern auf einer Leiter einstieg und sich der Thür von innen
näherte. Eine von den Frauen der Königinn bemerkte ihn, und
durch ihr Geschrei gewarnt, wollte diese durch einen Dolchstich
ihr Leben endigen, als er hinzusprang und ihr die Waffe
entriss.
Sic war also gefangen, die Listige war überlistet, und
was man ihr auch jetzt noch von unverdientem Misstrauen und
Ton der Grossmuth des Siegers sagen , wie achtungsvoll sein
Freigelassener Epaphroditus, ihr als Waclie beigegeben, sie be-
handeln mochte, so wusste sie doch nun, was ihrer wartete.
Nicht zufällig verliess Octavian jetzt erst sein Lager, als er
eine Unterredung mit ihr, eine Erörterung weniger scheuen
durfte, obgleich er ihr stets auszuweichen suchte. Sein Einzug
erfolgte am I. Sextil (August), *) an welchem er nach Orosius 5)
zum letzten Male mit Antonius kämpfte; allein diese Angabe
beruht auf einer A'^erwechselung, denn zwischen den beiden Er-
eignissen liegen so viele andere, dass sie nicht Einem Tage an-
gehören können. Für das wichtigste galt die Besetzung Alexan-
dricns, mit welcher der Bürgerkrieg sich endigte, und es war
eine der Ursachen, weshalb man den Sextilis Augustus nannte. ••)
Auch sollte nach einem Senatsbeschlusse mit dem ersten dieses
Monats für die Alexandriner eine neue Aere beginnen , sie be-
rechneten aber diese Jahre Augusts vom ein und dreissigsten. "*)
Octaviau versammelte sie im Gymnasium und kündigte ihnen
3) Plut. 1. c. II. 78. Dio 1. c. Zon. 10, 31. lieber Proculejus 8. Ho-
rat. C. 2, 2. u. das. Acr. Porpli. u. Torreiit. Tac. A. 4, 40. Pliii. 7, 46.
(45). Juven. 7, 04. Seinen Tod berichtet Plin. 30, 50. (21). Er ist von
Proculus, Auguolg Freigelassenen, zu unlerKcheiden , Suet. 07. und ver-
laugnete hier im Dienste seines Gebieters seinen sonst biederen Chara«
der. 4) Calend. Marni. Antiat. in Verr. Fiacc. Fast. p. 112. ed. Foggl-
ni. Macrob. Sat. 1, 12. Vgl. IMut. Ant. 80. Hurat. C. 4, 11. 5) G, 19.
0) Macrob. 1. c. lAv. 134. 7) Dio 51, 10. Melcr Histor. Unters. S. 132.
u. Handbuch d. Chronologie 1. S. 151. f. wo d. A'f. sehr scharfsinnig als
Grund angiebt, dass Cleopatra noch bis zum Ende dieses Monats gelebt
iini] Alexandrien deshalb die Epoche der neuen Aere vorgerückt habe.
V. ANTONII. (14. §. 71.) 497
auf eine für sie wenig schineiclielhafte Art Verzeihung an; denn
sie vernahmen, dass die Rücksicht auf Alexander, auf die Grö-
sse und Schönheit ihrer Stadt, und auf ihren Mitbürger, den
Stoiker Arius, ijjn dazu Lestinime. Dieser war gegenwärtig und
erfreute sich mit seinen Söhnen Dionysius und Nicanor seiner
besonderen Cunst. ^)
Unmöglicli konnte er sich berufen fühlen, Antonius zu se-
hen, '-') aber eben so wenig mochte er mit Cleopatra zusammen-
treffen. f> Hess sie wieder in den Palast führen und srestatte-
te gern, dass sie Antonius nach der Landessitte und in könig-
lichem Sclimucke begrub. Aber der Schmerz über seine Weige-
rung, sie zu besuchen, die Aufregungen aller Art und die Wun-
den auf der Brust hatten ein Fieber zur Folge , und sie ver»
traute ihrem Arzte Olympus, dass sie diess benutzen wolle, sich
durch Hunger zu tödten. Es geht daraus nicht hervor , dass
sie diese Absicht hatte, oder dass es ihr noch an Giften fehlte,
vielmehr hoffte sie Octavian dadurch fügsamer zu machen. Zwar
wurde ihr auf seinen Befehl angedeutet , dass ihre Kinder für
sie büssen würden, wenn sie ihr Leben verkürze, da aber der
Harm sie aufzureiben schien, so fand er sich ein. Sie wollte
nicht erforschen, was er über sie beschlossen habe, denn diess
war ihr nicht mehr zweifelhaft, sondern bewirken, dass er sei-
ne Beschlüsse aufgab, als Weib den Herrscher überwinden. ^^)
Freilich konnte sie nicht als jugendlich blühende Fürstinn vor
ihm erscheinen, wie einst vor Cäsar, nicht von den Zaubern
der Liebesgöttinn umgeben, wie vor Antonius, sie wusste aber,
dass auch der Schmerz einer schönen Frau , ein hülfeflehender
und zugleich schmachtender Blick, ein bleiches Gesicht voll An-
muth, ein süsser, schmelzender Klageton und ein einfaches
Trauergewand seine Reize hat, und dass das Mitleiden gegen
eine solche Dulderinn leicht Liebe wird.
Von diesen Augenblicken hieng Thron und Leben ab. Um
8) Plut. 80. Apopth. reg. et imp. Caesar. Aug. 3. Dio 51, 1«. 52.
36. Suet. 89. 9) Siiei. 17. wird nur die Lesart: viditque moriuam Cleo-
patram durch den Bericht der übrigen Schriftsteller unterstützt, auch
Ihat O. nach der anderen: viditque mortuum, ganz zwecklos, was der
schlimrasteu Deutung fähig war. 10) Flor. 4, 11, §. 0. — Tru^nrit oeulm
tturis. Plnt. 83. Dio T. I , 11 —13. Zon. 10, 31,
P nnminiiii, fieschichte Roms I. '^^
498 V, ANTONII. (U. §.71.)
des Erfolgs sich noch mehr zu vcrsiclicrn, beschwur sie Ciisars
Schatten aus der Unterwelt. Dem inneren Drange, ihn zu rä-
cJien, hatte Octavian die Ruhe des Staats und die eigene auf-
geopfert ; alle seine Reden und Thatcn bewiesen die Stärke und
Aechtheit seiner kindlichen Gcfiihle, und nun fand er im Zim-
mer der Kiiniginn als Zeugen eines irinigen Vcrhültnisscs St.i-
tucn und Gemälde seines Vaters und Briefe von seiner Hand^
welche sie ihm vorlas und mit ilircn Thränen benetzte. Kunst-
voll und sinnig war die Bühne zubereitet, aber auf ihn machte
sie keinen Eindruck, die Heldinn spielte meisterhaft, und er
blieb kalt. Er sah in ihr die blutbefleckte Buhlerinn, welche
auch den Frieden seiner Schwester vergiftet, eine Aon der Na-
tur schön gebildete Gestalt, welche das Laster und eine durch
Verbrechen herbeigerufene Verzweiflung gezeichnet hatte, eine
Entehrte, welche krampfhaft nach neuer Entehrung rang: und
doch war diess nicht die Klippe, an welcher ihre Pläne schei-
terten , sie lag eben da, wohin sie mit Zittern blickte, in Rom,
im Kriegsgepränge. Octavian sollte aufliören, Zuschauer zu
sein, er sollte mithandeln; mit steigender Angst ei'wartete sie
diese Verwandlung, er aber sprach mit den tröstenden Worten:
Fürchte nichts ! ihr Todesurtheil. Auch dieser Fall war vorge-
sehen; sie zeigte Vertrauen und Ergebung und überreichte das
Vcrzeichniss ihrer Schätze; Scleucus, einer der Aufseher, wel-
cher es unvollständig nannte, wurde von ihr gezüchtigt, wohl
ebenfalls ein vorbereitetes Gaukelspiel, da sie nun versichern
konnte, das Uebrige sei für Livia und Octavia zurückgelegt, de-
ren Fürsprache sie sich dadurch verschaflcn wolle. So verliess
Octavian sie in dem Wahne, dass sie entschlossen sei, ihm nach
Italien zu folgen. ")
Unter den jungen Römern in seiner Umgebung warP. Dolabclla
ihr mit Liebe zugethan; '2) er meldete ihr insgeheim, dass sie
in drei Tagen mit ihren Kindern nach Rom abgehen werde.
Auch jetzt blieb sie scheinbar unbefangen ; sie fuhr fort , sich
11) Plutarch hat diese Auftritte richtiger geschildert, als Dio; die
Königiiin äusserte nicht ein Verlangen, zu sterben, sondern sie suchte es
au verbergen, dass ihre Rechnung mit der Welt geschloiisen sei, damit
sie weniger beobachlel wurde. 12) Cos. 10. nach Chr. .SoUo des ]>oIab.
v;o8. 41. Plut. 81. Zon. 1. c. S. Cornel. üulab.
V. ANTOxVII. (14. §. 71.) 499
zur Reise anzuschicken und brachte Antonius ein Todtcn-
opfer. Was sie an seinem G'rabe dachte und fühlte, ist unbe-
kannt; ihre Begleiterinnen starben mit ihr, und hätten ihre
Hüter die Klagen vernommen, deren Plutarch gedenkt, so würde
man sie genauer bewacht haben. Zu ihrer Freude geschah das
Gegentheil , und niclits Anderes bezweckte dieser Abschied, ein
erschütternder Moment; freiwillig tritt die Morderinn zur Leiche
ihres Erschlagenen, um sich dem l'ode zu weihen; ihre Tlirii-
nen gelten nicht der verruchten, sondern der nutzlosen und
verderblichen That, welche unwiderstehlich sie ihm nachzieht,
und sie, die ihm im Leben nur Liebe geheuchelt, muss ihm im
Grabe Liebe heuclieln , damit man ihr vergönnt, zu sterben.
Ihre vertrauten Dienerinnen, Iras und Charmion ausgenom-
men ahndete niemand ihre Absicht, als sie sich ein Bad berei-
ten liess , und dann an einer wohl besetzten Tafel ass. Auch
Epaphroditus schöpfte keinen Verdacht; er emptieng arglo«; einen
Brief von ihr und überbrachte ihn Octavian, welcher mit Be-
stürzung die Bitte las, sie neben Antonius zu begraben. An-
fangs AvoUte er sie selbst sehen, dann fiirclitcte er eine List,
deren Zweck es eben sei, ihn zum zweiten Male ihr zuzufüh-
ren , und schickte Andere. Sie fanden Cleopatra entseelt auf
ihrem Ruhebette; leblos lag Iras zu ihren Füssen; Charmion
ordnete mit ungewisser Hand das Diadem an der Stirn ihrer
fürstlich geschmückten Gebieterinn , und erwiederte auf den
Zuruf: das ist schön! ja, schön und einer Königinn und Kö-
nigstochter würdig! worauf sie starb. Nun erschien Octavian;
Psyllen sollten das Gift aussaugen, denn mau glaubte, dass
Cleopatra von Schlangen getödtet sei, und auch kein anderes
Mittel blieb unversucht, sie in das Leben zurückzurufen, aber
alles war fruchtlos. '-^J In der Geschichte des Antonius kommt
nur ihr Verhältniss zu ihm, nicht ihre Todesart in Betrach-
13)Plut. 85. 8G. Dio 51, 13. 14, Zon. 10, 31. Sfraljo 17, 795. Liv.
133. Vellej. 2, 87. Suef. 17. Flor. 4, 11. §. 10. Eulrop. 7, 7. (4.) Oros.
6, 10. (A. V.) de vir. ill. 8C. lieber die Psyllen oder ScUlangenbe-
schwörer s. die Stellen u. Schriften bei Düker zu Flor. I. c, bei Fabric.
zu Dio I. 0. u. in Pitisc. Lexic. Antiq. Rom. v. Psyll. Ihre Brüderschaft
besteht noch jetzt in Aegypten { H. v, Minutoli Abhandlungen verni. In-
haita, 1. Band 1831,
32*
500 V. AXTOMl. (II. §. 71.)
tung; auch k.iim mau von dieser nicht viel mehr sagen, als
tlass sie nngewiss ist. Octavian seihst erhielt keinen Aufschluss
darühcr, denn die Zeugen waren stumm, und dass sie es waren,
diiss eine .solche Frau auf dem AVcgc zum Grabe Gefährtinnen
fand, ist mindestens eben so unerklärlich. Man dachte zunächst
an eine Natter,'*-* welche unter Feigen oder Blumen verhorgen
zu ihr gebracht sei, weil sie wusstc, dass ihr Gift einen sanf-
ten und sclmierzlosen Tod bewirke. '^* An einem Arme glaubte
man Spuren einer Verletzung Avahrzunehmen, ''') welches diese
Vcrmuthung zu bestätigen scliicn; da aber das Thier in und
ausser dem Zimmer vergebens gesucht wurde, so meinten An-
dere, sie habe das Gift in einer Nadel aufltewahrt, mit welcher
sie das Haar zu ordnen pflegte, und durch kaum bemerkbare
Sticlie in den Arm es mit ihrem Blute vermischt. Von einer
o-enauen Besichtigung der Dienerinnen i.st nicht die Rede, und
so bleibt nur das Ergebniss, dass sie auf eine gewaltsame Art
aber nicht durch Erwürgung und ohne Anwendung eines tödt-
iichen Werkzeuges starb, dass sie sich also vergiftete, wie sie
14) nie vorige A. u. Horat. C. 1 , 37. Virg. Aen. 8. C97. u. Serv.
(las. u. zu V. C78. Propert. 3, 9. 53. Slat. Silv. 3, 2. 110. Jul. Polluc.
HiSl. pbys. ed. Hardt. p. 157. Galen, de theriac. ad Pisoii. cap. 8. denkt
hier an die Art der nspides, welche plyas hiess , und sclinell und ohne
Quaal tödJete, wie d. Vf. an Vennlheilten in Alexandrien l)enierkt haben
will. Vgl. Aelian. H. A. 9 , 10. Isidor ürig. 12 , 4. 15) §. 70. A. 88.
1«) Propert. 1. c. Flut. 8ti. Die 51, 14. In den drei Statuen im
Belvedere, in der Villa Medici und in Araujuez, welche man hieher ge-
zogen hat, erkannte Winckelmann Nymphen mit Armbändern in der Ge-
stalt einer Schlange als Schmuck u. Visconti (Mus. Pio- Clement. T. 2.
p. 80 f.) die Ariadne. S. Wiuckelm. Werke 5, S. 50. 6. 1. Abth. S.
222. C. 2. Abth. S. 207. 7, S. 21". ed. Meyer u. Schulze, u. Montfauc.
Ant. Expl. Sup^lem. T. 3. p. 12. Sandrarl Teutsche Acad. d. Baukunst
u. 8. w. 2. Hauptth. 1. Bd. Taf. Aa. Wie hier wahrscheinlich ein Werk
dem anderen nachgeliildet ist, so weiss man, dass Slatueu oft auf Gem-
men copirt wurden. Ganz willkührlich, ohne auch nur eine alte Sage
für sich zu haben, setzten einige Künstler die Schlange an die Brust.
Gorlei Dactyl. Pars 2. No. Mfi. Mus. Klorent. Vol. 1. Tav. 25. NC 9.
Lippert Dact. Histor. Taus. 2. Ablheil. 1. Abschn. No. 98 f. Druken-
borch erwähnt bei Sil. Kai- Punic. 2, 417. ein uncdirles Kpigramm, um
XU beweisen, das» diese falsche Darstellung sich nicht zuerst in Genial
dea «einer Zeil finde; «. auch Zenohiiint u. Kulvrfiius hei Fabric. r.n niol.r.
V. ANTONil (14. §. 71.) 5OI
e« auch ausgeführt hüben mag. Bei dem Tiiuniphc Oclaviuiih
erblickte mau ihr Bild mit einer Schlange am Arme, welches
Aut'sehu erregen sollte, und dazu beitrug, diese V^orstellung von
iiu'em Tode allgemein zu machen. '^^
Sic starb im August 30 im vierzigsten Jahre ilires Lebens
und im zwei und zwanzigsten ihrer Regierung. ^^^ Ihr letzter
Wunsch wurde erfüllt; Octavian Hess sie mit königlichen Ehren
neben Antonius begraben und ihre Frauen anständig zur Erde
bestatten; aucli bewirkte einer ihrer llofleute , Archibius, durch
ein Geschenk von tausend Talenten , dass er bei der Zerstörung
der Statuen des Antonius die iliriijen Aerschonte.
Unter Allen, welche sie überlebten, war ihm Cäsarioit
schon wegen dieses Namens der verhassteste ; sie wusste es und
hatte ihn deshalb mit vielem Gelde nach Aethiopicn geschickt,
aber sein Piidagog Rhodon bewog ihn durch Vorspiegelungen
umzukehren, worauf er ergritten und liingcrichtet wuide. '"■''
Dasselbe Schicksal hatten Antyllus; -"-' V. Canidius, welchci
niclit mit der Entschlossenheit des Kriegers starb; -'> Cassius Pav-
mensis , der Letzte unter Cäsars Mördern;") und Q. Ovinius,
ein römischer Senator und doch Aufseher über die Webereien
der Königinn. ?"^^ Die Kinder der asiatischen Fürsten, welclhi
Octavian als Geissein .in Alexandrien gefunden hatte, führte et
«um Theil nach Italien , unter anderen die Brüder des Armeniers
Artaxias, weil die Römer in. seinem l^inde getödtet waren , -*^
aber die Meisten entliess er, auoh Jotape , die Mederinn. -^^
Aegypten machte er zur Provinz , ~^^ und ernannte Ca. Cor-
17) Flut. 1. c. Vgl. Dio 51, 21. Zou. 10, 31. 18) Plut. 86. Zoii. 1. c.
19) Dio 51, 15. Plut. 81. Zon. 1. c. Suet. 17. S. Julii. Caes. Dict. u.
oben §. 70. A. 80. 20) Unten Nq. 21. 21) Vellej. 2, 87. üros, G, 19
Oben §. 70. A. 81. 22) So Vellej. u. Oros. U. «c. Q. Varus tödtete ihn
irt Athen, wohin er von Actiuni entflohen war. Acron. u. Porphyr, zu
Horat. Ep. 1. 4. Va'. Max. 1 , 7. §. 7. Wesseling Obs. 1. c. 26. glaubt
gegen jene bestininiten Zeugnisse , Turullius , welchen Antonius auslie-
ferte (oben §. 70. A. 90.) habe unter den sogenannten Befreiern zuletzt
gebüsst. S. Cassii. Cass. Parra. 23) Oros. 1. c. 24) §. GG. A. 97. 99.
21. Dio 51 , 16, 25) §. 66. A. 20. Di« 1. c. 26) Dio 51 , 17. Zon. 10,
31. Sirabo 17, 797. Vellej. 2, 39. Suet. 18. Morell. Thes. August. Tab.
9. No. 32 f. Eckh. 6. p. 82. Grell. Inscript. V.l. p. 73. No. 36.
502 V. ANTONir. (14. §. 71.)
nelius Callns, 27) einen römischen Ritter,-*^) zum Statthalter. 2'J)
Die Fruchtbarkeit des Landes und seine für Handel und Krieg
gleich wichtige Lage bcstininite ihn, es unabhängig vom Senat
unter seine eigene und besondere Aufsicht zu stellen , so das.s
Senatoren und Ritter es ohne seine Erlaubniss nicht einmal
besucliei) durften. ^"^
Für ihn Jiatten Cleopatra und ihre Vorfahren gesammelt-
Zwar behielt er anspruchslos nur ein nuirrhinisches Gcfass, ei-
nen Becher, für sich, ^U aber die goldenen und silbernen Hess
er einschmelzen, die Beute machte ihn unermesslich reich und
in Rom beliebt. Denn er trug alle seine Schulden ab, und
erliess , was er selbst zu fordern hatte, auch die Beisteuer zum
Triumphe. *^''*>' Den Kriegern zahlte er den rückstandigen Sold,
und denen , welche mit ihm in Aegypten w aren , überdiess 250
Denare , ferner jedem römischen Bürger , selbst den Kindern,
100, und nach V'erhältniss beschenkte er die Freunde und An-
hänger von höherem Rannre, Bei dem vermehrten Geldumlaufe
stieg der AVerth der Dinge um das Doppelte und die Zinsen
sanken auf ein Dritttheil herab , '^^) eine erfreuliclie Zugabe zu
der Beendigung des Bürgerkriegs, der erste Segen der Allein-
herrschaft. Auch die Provinzen hatten Theil daran , da Octa-
vian ihnen die Kunstwerke und Weihgeschenkc zurückgab, Avel-
che von Antonius und Cleopatra geraubt waren. ^3) In Aegyp-
ten befahl er die Canäle zu reinigen und neue anzulegen, wo-
durch er aber Aveniffcr das Beste des Landes befördern als die
Ausfuhr nach Rom erleichtern wollte. ^*J Als Deuknial seines
27) §. 70. A. OG. A'^on Serv, zu Virg. Eclog. 10. mit Asinius Gallu«,
dem Sohne des Pollio verwechselt, u ml von Anderen mit Aelius Uallui,
welcher Aegypten später verwaltete. Dio 53, 29. Strabo 17, 819. Er
war Dichter u. Redner; Virg. 1. c. u. Ed. C. 04. 28) Dio 51, 17. 53,
13. 29) Pracfeclns, obgleich sich auch andere Titel finden. ' Dio 1. c.
Strabo 17, 819. Siiet. 00. Amm. Marc. 17, 4. Eutrop. 7, 7. (1.) Seine
Anmassungeii machten ihn verdächtig und er fodtefe sich selbst. Diu
33, 23. Suct. 1. c. Serv. zu Virg. 1. c. Ovid. Amor. 3, 9. Ol. Tri«t. 2,
445. 30) Seposuit Aegi/ptinn. Tac. A. 2, 59. Bist. I, 11. Strabo 17,
797. Dio 51, 17. 31) Suet. 71. 31«) Won. Ancyr. tab. 4- v. 20. Dio
51, 21. 3'2) Man gal» statt eines Denar« monatlich für hundert nur vier
im Jahre, vier statt avvolf Pro (. t. Dio 51, 17. 21. Suet. 41. Oros. 0, 19.
33) §. «ifi, A. U. 15. 81) Dio 51, 18. Suet, 19.
V. AXTONir. (i4. §. 71 ) 503
Sieges ciholi sich awf dem Schlachtfelde am HippoJioinus ., drci-
ssig Stadien von Alcxandrien, die Stadt Nicopolis, und auch
liier sollte mau wie bei Actium Spiele feiern. ^■'^ Nach einer
Heise durch die neue Provinz , deren Apis er so wenig als die
Mumien ihrer clicnialigen Könige sehen mochte, ^^) begab er sich
zu Lande nach Syrien und über Asia nach Samos. ''^
Am 1. Januar 29 trat er hier, wo er den AVinter verlebte,
sein fünftes Consulat an. '8) Er blieb auch einen Theil des
Sommers, weil ihn die Einrichtungen in den östlichen Provin-
zen beschäftigten, worauf er über Griechenland nach Italien zu-
rückkehrte.-^^) Sclion im vorigen Jahre, verhängnIss\oll unter
dem Consulat des jüngeren Cicero, war in der Curie beschlos-
sen, dass man die Statuen des Antonius niederreissen, seinen
Geburtstag, als einen unglückliclien betrachten, und keinen seir
nes Geschlechts wieder Marcus nennen solle;*'*) nach seinem
Tode wetteiferte Alles, dem Sieger zu huldigen, und ihm einen
festlichen Empfang zu bereiten. *') Bei den drei Triumphen,
welche er im Sextil (August) an drei Tagen nach einander
hielt, ^--^ wurde Antonius nicht genannt;*^) der erste galt Dal-
matien und den benachbarten Ländern , der zweite Actium und
der dort besiegten Maclit der Barbaren , der dritte ausschliess-
lich Acgypten und Cleopatra , deren Bild vorgetragen wurde,
und deren Kinder Alexander und Cleopatra sich unter den Ge=
fangenen zeigten. **)
35) Slrabo 17, 703. DIo 1. c. Oben §, 09. A. 39. 3G) DIo 51, IC.
Suet. 93. 37) Säet. 2C. Plut. 84. Dio 51, 18. Zonar. 10, 31. Oros. G,
19. Die Letzteren nennen, wie auch sonst wolil (§. 09 fin.) statt Samos
Asia. 38) Suet. 1. c. Dio 51, 20. Oros, G, 20. Gruter. Inscript. p. 220.
No. 5. Orell. Inscr. 1. p. 155. No. 590, Mon. Ancyr. tab. 2. v. 1. S9)
Dio 51, 21. Veliej. 2, ?9, E«(rop. 7, 8. Oros. G, 19 fin. 40) Plut. Cic.
49. Dio 51, 19. 41) Tac. A. 1, 10. Nihil Deorum honoribus relictum.
Dio Ol, 10. 20. 12) Macrob. Sat. 1, 12. Calend. Antiat. in Verr. Flacc.
Fast. p. 112. ed. Foggini. Oros. C, 20. nennt den G, Jauuar, wo er noch
nicht in Italien waii. 43) — ^ 'See eiiim eicile imtatum est, qiiod tfentutumoifo
Romane duce g^tum estj ■ qui et ipse barbarae servichat u.vori. Serv.
zu Virg. Aen. 8. 078. 41) Dio 51, 19. 21. Zonar. 10, 31. App. Illyr. c.
28. Mon. Ancyr. tab. 1. v. 19. Liv. 133. Vdlej. 2, 80. Suet, 22. Oros.
G, 19. Virg. Aen. 8, 714. wo Serv. den actischeii Triumph ur.mhiig
Ygranstellt. Fropert. 2, 1. 31. Eckh. C. p. bO«
504 V. ANTONU. (14. §. 72.)
Der Tempel des Janus wurde geschlossen. *5J
§ 72.
Antonius trat die väterliche Erbschaft nicht an , um nicht
die Schulden seines Vaters bezahlen zu müssen. *'•> Bald sah
er sich selbst von Gläubigern gedrängt, und der jüngere Curio
verbürgte sich für ihn. *'0 Die Gelegenheit, reich zu werden,
fand sich oft, in Syrien und Acgypten unter Gabinius, in Gal-
lien unter Cäsar, bei dem Verkaufe der Güter des Pompejus,
nach dem Tode des Dictator, nach den Schlachten bei Philippi
in Asien und sonst, *^) und er benutzte sie, aber seine Ver-
schwendung war grösser als seine Hülfsquellen , er blieb arm
und verschuldet.*'')
Seine schöne, edle und kräftige Gestalt erinnerte an seinen
angeblichen Ahnherrn Hercules, oder nach Cicero an einen
Gladiator;^'') die grössten Anstrengungen im Felde-*') und eiji
wüstes Leben konnten seine Gesundheit nicht untergraben. Er
hatte eine breite Stirn, eine etwas gebogene Nase und einen
starken Bart,^^) welches die Münzen bestätigen. Der Grösse
entsprach der Wuchs ; alles war im vollkommenen Ebemuaasse, ^^^
und mit dem Würdevollen , mit den stolzen und männlichen
Zügen vereinigte sich ein Ausdruck von Güte und Freundlich-
keit. Mit der Zeit erhielt sein Körper in Folge der Schwelge-
rei zu viel Fülle. ^^) Im Kriege sah man ihn hochgegürtet,
mit einem langen Schwerdte und einem Mantel von grobem
Zeuge; Haltung und Kleidung waren darauf berechnet, jiha als
den Nachkommen eines alten Heros zu bezeichnen.
Auch sein Geist war reich begabt» Schon in Cäsars Bür-
gerkriege entwickelte er als dessen Statthalter in Italien eine
vorzügliclie Kraft , und noch mehr zeigte er sich nach dem 1 5.
45) Ihr ßui's artnnriim civih'uui. Flor. 4, 12. Dio 51, 20. Mon.
Ancyr. tab. 2. v. 41. Suet. 22. OroB. Ü, 20. 21. Vgl. Veliej. 2, HO. 'JH.
40) Übeu No. 11. lin. 47) §. 1, A. 77. 48) §§. 1. 2. 5. 9. 14. 57.
49) Cic. 2 Phil. 14. 37. (»beii §. fiO. A. 69. 5Q) Hui. 2. 4. Cic. 2 PhiJ.
25-, 51) §. 51. A. 17. §. (ib. A. 03 f. 72. 52) Plal. 4. Kckb. 0. p. 30. f.
53) nio 45, 30. 54) Ders. 1. c. u. Plat. Caes. 02. Vom Podagra «cheint
vT auch nicht fiei geblieben zu sein, uuch imdcl man nicht, dais es ihn
beUiuderic. I'lin. 31. 8. (2). .'l .iW
V. ANTONII. (14. §. 72.) 505
März 44 Cicero und den übrigen Grossen an Klugheit über-
legen; er entwarf seine Pläne mit einer Umsicht und List, wo-
durch er sie täuschte, und es ihnen erschwerte oder unmöglich
machte, ihn an der Ausführung zu hindern. Octavian verdankte
den Sieg seinen Verirrungen , welche nicht im Verstände ihren
Grund hatten. ^^) In der Erziehung vernachlässigt eilte er bald
in den Krieg; nur eine kurze Zeit blieb er zu Beiner Bildung
in Griechenland,^*''' und nur 2U seiner Unterhaltuns hörte er
später dessen Rhctoren und Philosophen. ^') Indess lebte er so
oft unter Griechen , dass er iuit ihrer Spräche und zum Theil
auch mit ihrer Literatur vertraut wufde.'.^^^ Seine Beredtsamkeit war
die asiatische, wie man sie nannte, ^V oder richtiger die militä-
rische, mehr für das Lager, als für Curie und Markt geeignet,
voll Witz und Iviaft , aber ohne eine geordnete Gedankenfolge,
schwülstig, Avenn sie erhahen sein sollte, durch einen unrichti-
gen (Gebrauch der Wörter und - selbst durch falsche W^ortformen
entstellt.^") Auch Octavian tadelte es, dass er mehr darauf
ausgehe, einen grossen Eindruck zu machen , als verstanden zu
werden.''''^ Wir' besitzen Urkunden, welche es tuweisen. "2)
Die Krieger verstanden ihn, weil er weniger mit Worten
als durch Handlungen zu ihnen sprach. Bei Gefahren und Be-
schwerden sahen sie ihn in ihren Reihen, nur eifersüchtig auf
die Ehre, voranzukämpfen, und ihnen in Ertragung von Hun-
ger, Durst Und Kälte ein Beispiel von Geduld zu geben. ^3;
55) If. Äntonium , magnuyn eTrum et ingenii nobz'h's , quae alia re&
perdidil, — quam ebrietas , nee mhittr Tino Clcopatrae amor ? Senec.
ep. 83. 5(J) §. 'J. ' Tantum dicam breviler , neqne illos C^ersns)^ neque
alias le omnino lileras nasse. 2 Phitß. Vgl. Dio 51, 15. 57) App. 5
716. §. C3. A. 92. 58) Die Schreiben an die Apbrodisienser, (Chiüfa.
Ant. Asiat, p. 150.) an die Tyrier, an Hyrcan u. s. L (Joseph. Ant. J. 14,
11. (22.) §. 3 — 5.) wurden wohl von Anderen und ursprünglich in lateini-
scher Sprache abgefasst. 59) Plut. Ant. 2. u. 43. Suet. Oct. 80. Cic.
Brut. 13, 95. CO) Quid esty facere contumeliam? Qids gic Ivquiturl
Cic. 3 Phil. 9. Elcgantius. 13 Phil. 18. Piihsimns. Das. 19, t'ta ihn
lächerlich zu machen^ lässt ihn Cicero a. 44 bei Sex. Clodius auf dem
Tiburtinum sich im Declamiren üben ; auch Andere seines Standes und
Alters übten sich darin, mussle doch Cicero selbst sich ziTri Magirter
und Rhetor herleihen $. 1«. A. 5ö. hier aber beschäftigte man sich mit
dem Becher §. 27. A. 46. Gl) Suet. 86. Vgl. Cic. 3 Phil. 0. fi2) (j.v
ad Att. 10, 8. 9. 14, 13. 3 Phil. 8. 9. 8, y. 13, 10. f. 6.S) §.51. A. 17. g. cf,
506 • •§ * V. ANTONII. (14. § 72.)
Persrmlicher Muth , •<•*) Uebun{T xmd Gewandtheit, Gesuixiheic
und Küij)cikrat't maclitcn es ihm möglich , Vorzüge, mit «clohcii
er besonders an der Spitze der Reutcrci glänzte. ''•^^ In der Zeit
deir • Rulrcr war es nicht sowohl Herahlassung als sein Frohsinn
und seine Gutmüthigkeit , was ihn zu seinen Soldaten führte;
jcr nahm an ihren.' Ucbimgen Theil, tröstete und pflegte die
-Kranken, scherzte und schwelgte mit den Gesunden, und fesselte
sie selbst durch seine Neigung zum Wohlleben , wobei von vor-
nehmer, kalter Zurückgezogenheit so gar nicht die Rede war,
das Menschliche vielmehr auf die Art hervortrat, wie man es
in den Lagern liebt, cc) Auch seine Gleichgültigkeit gÄgcn das
Geld erwarb ihm ihre Gunst; er gab im Uebermaasse, wenn
er es vermochte, und ohne damit erkaufen oder abfinden zu
wollen; seine Gefährten scliiencn den nächsten Anspruch darauf
zu haben und auch ihnen sollte wohl sein. ^''^ So Avenig er
Ungehorsam duldete, so war er doch nachsichtig, wenn sie
fremdes Elgcnthum sich anmassten oder andere Gewaltthätigkeiten
jund Ausschweifungen begiengen, ^^^ und alle fühlten sich geehrt,
als er . die Namen seiner Legionen auf die Münzen setzte. '''*)
Daher könnte er nun auch unter allen Umständen auf sie rech-
nen; . sie verbargen ihm ihre Leiden und trösteten ihn, wenn
sie auch durch seine Schuld im Gedränge waren, und wenn sie
sich selbst für' die Ursach hielten, so forderten sie ihn^uf, sie
zu bestrafen;^'*) er verliess sie sogar, ohne von ihnen verlassen
zu werden.^''') Zum Theil verdankte er diese Hingebung ihrem
Vertrauefi zu seinen Feldherrn -Gaben. Cäsar und das römische
Heer, die stimmfähigsten Richter, haben sich darüber ausgc-
Bprochen. Jener gab ihm im Bürgerkriege die schwierigsten
Aufträge, weil er ilm nicht nur treu sondern auch tüchtig
fand. '''*-> ' Sein Ruf stieg seit dem meisterhaften Rückzuge von
64) Joseph. B. J. 1, S. §. 4. App. 3, 573. 5, 705. Pliit. 7. 8.' 42. 74.
C5) Plut. 3. .74. Cic. ad Fani. 10, 30. Gfl) Plut. Krul. 18. Ant. 4. (I.
43. App. Parth. p. 103. 05) Plut. II. cc. CS) Ders. 0. on) §. 08. in.
70) Plut. 40, 43, 44. App. Parth. I. c. 71) Plut. C8. Kinzelne Ausnah-
meii waren die Folge vou BeKfechungeii oder Kinllüsterungen der An-
führer §. 32. u, 70. In Acf^yplen zahlte er zuletzt nur wenige Römer
\n seinem Heere , und diese bliebe» ihm grössteutheils auch jetzl noch Ircu.
73) §. 4. Plut, 7. S.
V. ANTüNlI. (11. §. 72.) 507
Mutina, und noch mehr nach den Schlachten bei Phllippl. ^^^
Plutarchs Bemerkung, er habe die grössten Siege durch seine
Legaten erfochten , ist nur halbwahr ; ^*>' wenn j er sich nicht
immer bewährte und der endliclie Erfolg die hohe iMeinüng von ihm
nicht zu rechtfertigen schien, so ist die Ursach lediglich ia
seiner Sinnlichkeit und ia seinen Verhältnissen zu Cleopatra zu
suchen. .. ;. .-. l.
Ueber seinen sittlichen Werth kann man nicht mit wenigen
Worten entscheiden , wie es versucht ist; ^^^ immer wird ein
allgemeines Urtheil, mag es Lob oder Tadel enthalten, ein
falsches sein, denn er zeigte sich verschieden ,. zuweilen besser,
oft schlechter, als er war. Dio ''') hat das scheinbar "Wider-
sprechende in dem Character dieses römischen Alcibiades zusam-
men gestellt, ohne die Crundziige aufzusuchen, und Cicero
liefert ein Zerrbild, '^^) bei welchem man leicht wegen der
Schönheit und Lebhaftigkeit der Farben nach der Richtigkeit
der Zeichnung zu fragen' vergisst. ~^) Andere sind gerechter
gewesen, und selbst Veliejus, der Schmeichler der Julier, gesteht
ilim einige Tugenden zu. '''^) Die Natur gab ihm kein bestimm-
tes Gepräge, keine vorherrschende Richtung auf das Gute oder
Böse. Daher geschah es, dass die Umstände und die Menschen
sich seiner bemächtigten, und in einer Zeit des staatsbürger-
lichen Umschwunges und des sittlichen Verderbens wirkten sie
ungünstig auf ihn; der gute Keim kam nicht zum Durchbruche,
oder gedieh doch niclit zur Reife. .
Dass er an sich nicht nur gutmüthig und ohne Falsch,
sondern auch edler und hochherziger Handlungen fähig war,
wird ihm von den Alten bezeugt, ^i*) und von der Geschichte
bestätigt. Es ist nun aber eben mehr der Gesammt- Eindruck,
welchen sein Leben macht, als irgend ein einzelner sogenannter
73) §. 51. §. 57. A. 22. 71) 4. u. Comp. Demefr. o. Anf. 5. 75)
Flor. 4, 5. beziehen sich die Worte: Anlonii pessir/ium (nicht pt'issimum^
ingenium nach dem Zusammenhange offenbar auf Lucius , obgleich dessen
Name in mehreren Handschriften fehlt, und der Vf. mit gewohnter
Nachlässigkeit v.ror (Fu/ria) hinzufügt. 7C) 51, 15. 77) Quid est ia
Antonio, praeter libidinem^ eriidelitaleni , petu/qntiam, audaciam? ex
Ais totus cong/t/tinatus est. 3 Phil, 11. Unten A. 5. 78) Vellej. 2, ö'l,
7'J) », 74. 80) App, 5, 710, 749, 751, Flut, 24. 43. Pio 51, 15,
508 (>£? . V. ANTONII. (14. §. 72.)
Ch.iracter-Zug, wodurch diese Ansicht begründet Wird; er w.i-
scherxt unsere Achtung, aber nicht unsere Theilnahnie, man
zürnt und . vergieht ihm, und muss man ihn verdammen, so
mag man doch den Stein nicht auf ihn werfen. An Züsren je-
ner Art fehlt es nicht. Selbst bei den. Proscriptionen wurde
Mancher durch ihn oder mit seinem Wissen gerettet."*') Er
elirte M.Brutus im Tode S-) und erwarb sich durch seine (jlrossmuth
gegen dessen Gefährten Lucilius einen treuen Freund; *■*-' auch
begnadigte er darauf Appulejus"^*) und andere seiner Anhilnger
in Asien , so dass Menschen , w eiche das Aeusserste gefürchtet
hatten, sich ihm mit Vertrauen näherten. ^^) Bei der Nachricht,
■dass Fulvia gestorben sei, sah liiaiL ihn sehr bewegt; er hatte
■sie zuletzt nicht ohne ihre Schuld unfreundlich behandelt und
dadurch ein Ereigniss beschleunigt, welches ihm in jeder ande-
ren Hinsicht erwünscht sein musste. ^^) Eine bewunderungs-
würdige Langmuth bewies er gegen Sex. Pompejus a. 35 bei
dessen Meutereien in Asien, ^t) und noch nach der Schlacht bei
Actium zeigte er sich milde gegen Gefangene, ^^) und liebevoll
-gegen die Freunde, Avelche Cleopatra von ihm trennte. S'-*) Vie-
les Schlechte kommt nur in so fern auf seine Rechnung, als er
-Andere nicht daran hinderte.
Offen und aufrichtig!, obgleich eben so geschickt, seine
Absichten zu verbergen, wenn er es für nöthig hielt, war er
frei von Argwohn. Er schloss Frieden und Bündniss mit Octa-
vian, dieser immer nur einen W atfcnstillstand. '•'") üctavian
wurde oft von ihm beschämt; im Bewusstsein eigener Arglist
fürchtete fer Nachstellungen, auch wenn er den höchsten Beweis
treuer Gesinnungen erhalten liatte. '^'-' Harmlos war auch An-
tonius Scherz, ausser im Streite, avo er tief zu tretten wusste:
fühlte man sich gegen seinen AMllen verletzt, so durfte man
sich sogleich Genugthuuiig nclimcn , denn freimüthige und witzige
Antworten w aren willkommen, ^'^) üiess machte ihn bei den
'■ 81) §.55. A. 75. 70, 82) Dio 47, 19. Plut. Aiit. 22. Comp. Demelr.
c. Ant. 2. Brut. 53. 83) Plut. Brut. 50. App. 4, 605. Vgl. §. 00. A. 32.
§. 70. A. 78. 84) App. 4, 010. 85) §. 57. A. 48. u. 5C. 80) App. 5,
700. §. CO. A. 20. u. 50. 87) App. 5, 749. u. 751. Dlo 49, 18. S.
Poinpcii. 88) Val. Max. 3, 8. 8. 80) Phit. 67. §. 70. A. 75. 00) Tacit.
\.l, 10. Ol) App.5, 711.720.§.ÜO. A.8G. 92) Cie. 2 Phil. 17. in. Plut. 24. 27.
: : y, ANTONii. (14. §. 72.) 509
Solilatcn beliebt, iiml noch mehr seine Freigebigkeit; er thciltc
gern mit ihnen, nur sollten sie nichts erzwingen. Durch die
Sucht , zu vergleichen , ist Plutarcli zu der Behauptung verlei-
tet, Denictrius habe den Feinden mehr geschenkt, als Antonius
seinen Freunden. ''O Das Geld war ihm Mittel; er nahm es
und warf es weg, auch für Andere: schmutziger Geiz war ihm
fremd, i»*)
Dadurch wurden eben seine Tugenden zu Fehlern, dass er
CS nicht verstand, sich in der Mitte zu halten. Das Unge-
zwungene und Leutselige artete in Gemeinheit aus; seine Witz-
worte würzte nicht eben attisches Salz,^"^) und seine Vergnü-
gungen waren oft mit einer ungeziemenden V'ermummung, auch
woiil mit einer Rauferei und mit ähnlichen Abenteuern verbun-
den, "ö^ Bei seinen Gaben nahm er keine Rücksicht auf eigene,
künftige Bedürfnisse und auf Würdigkeit und Verdienst; sie
verloren ihren Werth , weil sie aufhörten Belohnungen zu sein, ^^J
und da er das Geld nicht achtete , so erlaubte er sich jedes
Mittel , das Nöthige herbeizuschaffen , ^^^ Erbschleicherei , ^^) Be-
trug, ^"'^^ Erpressungen und Raub. ')
Nur äusserer Druck erhielt ihn im Gleichgewichte ; bei der
Gegenwirkung, welche dann erfolgen musste, entwickelte sich
seine Kraft auf eine rühmliche und selbst bewunderungswürdige
Art; -) unter gewöhnlichen Umständen und im Glücke überliess
er sich seinem Leichtsinne "^^ und seiner Leidenschaftlichkeit,
deren Opfer er wurde. Dann hatte der Augenblick volle Gewalt
über ihn; er liess sich gehen, und verlor sich selbst, die Stim-
me der Menschlichkeit, des Rechts und der Vernunft wurde in
der stürmischen Aufi'egung seines Innern überhört. Zum Zorne
gereizt war er hart und auch grausam. Als Cicero gegen ihn
93) Comp. Demetr. c. Aiit. 3. 94) Cic. 1 Phil, 13. Son possum
adduci, ut siispicer , te pecunia caplum. — Nihil enivi unquam in te
sordidiim, nihil humile cognovi. 95) Plut. 27. 90) Ders. 29. Vgl. c, 10.
97) Cic. 2 Phil. 39. Plul. 21. 28. 57. Dio45, 20. 98) Male parla, malr
dHaliiintur. — Quac Chari/hdis tarn vorax'i — Oceanus ^ mcdi/is ßdiiis^
vix tidetur tot res — lam cito ahsorbere potiiissc. Cic. 2 Phil. 27. 99)
2 Phil. 10. 39. (40.) 100) §. 14, 1) §. 57. A. 52. f. 2) Plul. 17. 3)
Auch von ihm ailt, was Sallust von seinem Vater sagt: racuus ciiri:;,
nisi »nslrrnii/ius. Sali. Hisf. 3. p. 979. ed. Corte; u. Ascon. zu Cic. Verr.
I, 23.
510 V. ANTOMI. (14. §. 72.)
ßpracli ) gab es noch wenige Beweise dafür ; man mnsste meistens
ihn verläumden , um ihn anzuklagen. '') Aber während der Pro-
scriptioncn verübte er vielfachen Mord. Das Gemälde dieser
Gräucl ist empörend , wenn auch die Farben dadurcli etwas ge-
mildert werden , dass sie nicht durchaus als eine AVirkung sei-
ner Blutgier erscheinen : denn man hatte auch ihn mit tödtli-
chcm Hasse und zum Theil muthwillig beleidigt und verfolgt,
er war während dieses Siegesfestes fast immer berauscht , um
so mehr Avütheten Fulvia und Andere unter seinem Namen, und
das Heer, von welchem seine Erhaltung abhieng, verlangte
Geld.
Sein Wahlspruch war Genuss, nicht feiner, geistiger Ge-
nuss , sondern ein angenehmer Sinnenreiz durch eine leichtfertige
Unterhaltung und durch die Freuden der Tafel und der Liebe.
Ehe Cleopatra ihn völlig verstrickte, wusste er seine Zeit zwi-
schen Ernst und Lust zu theilen, was auch Cicero dagegen sa-
gen ma<T, ^) dann aber fiel er ganz der Letzten anheim. Er
nahm unter Cäsar das Haus des massigen und züchtigen Pom-
pejus in Besitz, welches auch für einen Grossen sehr anständig
eini-erichtet war, sich aber nicht für die Gesellschaften und
Feste eines Antonius eignete , und daher umgebaut wurde. <»)
Auf seiner Tafel prangte goldenes und silbernes Geräth , eben-
falls aus dem Nachlasse des Pompejus, oder durch die Proscri-
ptionen erworben. '') Ueberallher wurde das Köstlichste und
das Kostbarste geliefert, ^^ und der Koch, welcher es gut zu-
bereitete, reichlicher belohnt, als der Legat, welcher ihm
Schlachten gewann. ") Aber sein höchstes Erstaunen erregte
Cleopatra, als sie ihm durch das Verschlingen einer Perle be-
wies, wie viel man bei Einem Mahle vergeuden könne, ^o) Er
ass und trank zu unbestimmter und daher auch zu ungewöhn-
liclier Zeit, ^'^ und häufig im Uebermaasse. Daher erklärt Ci-
4) 3 Phil. 11 — 11. Oben §. 28. A. 7. f. A. 14. f. 5) 3 Phil. 5.
11. 6, 2. App. 5, 710. C) 2 Phil. 3. 27. 28. Qiiintil. 8, 4. g. Ifi. Juli!.
Caei. Dict. a. 47. 7) 2 Phil. 29. 13, 5. Plul. 0. Dais er Gefässe vom
cdelslen Metalle mich zu anderem (;ehraiiche liestiininfe, erzahlt Pliu.
.T.}, II. (3.) 8) Macrol). Sa(. 2, 13. Plul. 28. 2 Phil. 39. 13, 11. Ö)
Plut. 24. 10) Macrol). I. c. Vgl. Suet. Calig. 37. 11) PIhI. 9. 28.
V. ANTÖNir. (14. §.72.) 511
ccro die meisten seiner Vergehen aus dem Ehrgeize '-> und aus
der Trunksuclit. Nach seiner Schilderung konnte man ihn sich
nicht anders denken, als berauscht, oder doch nur halb nüch-
tern und mit Uebelkeiten geplagt, '•') und unglücklicherweise
kämpfte er einst als Magister Equitum nach der Hochzeit des
Schauspielers liippias vor den Augen des römischen Volkes mit
den Folgen einer Ueberladung , ^'*) wodurch er den Vorwurf sei-
nes Feindes, er dufte stets von AVein, plündere alle Weinvor-
riithe, und stecke Alles mit seinem Laster an, was in seine
Nähe komme, zu rcclitfertigcn schien, und nicht weniger den
Rath, aiiszuschlafen. ^^) Anders sprachen seine Sclimeicliler; in
der Kunst, das Unwürdige und Schlechte unter verschönernden
Namen zu verbergen , war man schon damals erfahren. ^'0
Es ist der Einbildungskraft kaum möglich , loseres Gesindel
zusammen zu stellen, als nach den Philippiken Antonius in sei-
nem Kreise vereinigte; ^^>^ Würfelspieler '-^-^ und Posscnreisser,
Trinker und Kuppler, ^^) männliche und weibliche Mimen, -^)
Citherspieler, Flötenbläser und Tänzer,-') Lustknaben und Lust-
dirnen, verarmte Senatoren, welche reich, und winzige Griech-
lein , -welche Senatoren zu werden hofften , Ueberreste von Cä-
sars Sdiiffbruche , wegen Schulden und Verbrechen verurtlieilt,
durch ihn hergestellt und bereichert, von neuem arm, und nun
im Hafen des Antonius geborgen; ~-) ein so gemeiner Haufen,
dass man die Vornamen niclit kennt , und sich bis zur Ver-
wechselung ähnlich; -^) Alle voll Verlangen nacli Krieg, Umwäl-
zung, Raub und Mord, -*3 aber mit Gaben ausgerüstet, wodurch
sie dem Chorführer Averth wurden; auf Reisen sein Gefolge, 2S)
im Felde sein Stab und sein Senat. -*»-> Dennoch war diess nur
12) 1 Phil. 14. 13) ynuseantem f ructantem, vomentcm. Cic. ad
Farn. 12, 2. 25. 2 Phil. 3. 17. 25. 39. 3 Phil. 12. 13, 2. 11. A'^gl. Plin.
11, 28. (22.) Vellej. 2, 03. Flor. 4, 11. Pluf. Caes. 51. Auf. 4. 51.
14) 2 Phil. 25. 30. Nach Quintil. 8, 4. eine meisterhafte Darstellung.
Plut. ö. Dio 45, 28. 15) 2 Phil. 12, 25. 3, 12. 13, 5. IC) Plut. de
dignosc. adulatore. 17) Conimissationis Anlonianae cliorus ; grex lalro-
cinü. 5 Phil. 6. 13 Phil. 5. 18) 2 Phil. 27. 13, 11. 19) 2 Phil. 24.
20) 2 Phil. 27. 39. 8, 9. 21) 5 Phil. 6. 22) 11 Phil. .5. 6. 14. 13, 2.
23) 13 Phil. 13. Vgl. ad Farn. 7, 32. 24) S Phil. 3. 11, ü. 14. 14, 4.
25} 5, 3, fin. §, 16. A. Ö9. 20) 13 Phil. 13.
512 V. ANTONH. (14. §. 72.)
ein Anfang, erst in Asien fand er seiner ganz würdige Ge-
fährten. 2^)
Das Vcrzeichniss, welches Cicero liefert, macht auf Voll-
ständigkeit keinen Anspruch; ^8) in einer anderen Beziehung
bedarf es der Nachsicht noch mehr, denn man findet darin Männer
von Talent, Rang und Verdienst, nahnihafte Krieger aus Cüsars
Zeit, einen V'entidius, Avelchcr bald alle Anderen verdunkeln
sollte, Volumnius, unter Cäsar einer der Angesehensten im
Heere, nun aber, wie der Redner ihn einführt, von Phitarch
für einen Schauspieler gehalten,-'-^) nebst Anderen, welche als
Freunde des Antonius von Cicero gehasst wurden: dieser aber
machte unter seinen Feinden keinen Unterschied, sie waren ihm
Einer wie Alle. So linden wir nun Sex. Albedius, dessen
Würdigkeit in Antonius Senat zu sitzen, keiner bezweifelt,
weil keiner ihn kennt, ^o) Anaxenor, den Citherspieler. -^O C.
Annius Cimber, Sohn des Lysidicus, ein für ihn schicklicher
Name, weil er alles Recht verdreht, wenn er nicht etwa seinen
Bruder mit Recht getödtet hat, weshalb er auch Philadelphus
heisst, die Zierde des Heers bei IMutina. 32j Cajus und Lucius,
die Brüder des Antonius, unübertrefflich in Allem, was schänd-
lich ist, insbesondere Lucius. ■^^) Asinius, Senator durch eigene
Ernennung. "^^^ ßarbatius, ein Anhänger Cäsars und später
Antonius Quästor. ■'^) Bestia. 36) Cäsennius Lento, nebst Nu-
cula, mit welchem er meistens genannt wird, von Cicero vor-
züglich gefeiert, weil sie als Septemvirn Antonius Ackergesetz
vollziehen sollten, und daher seine Güter bedrohten ; •^^) auch
hatte er nach der Schlacht bei Munda Cn. Pompejus dem Jün-
geren den Kopf abgeschlagen, und ihn gelüstete nach einem
zweiten , weshalb Cicero nicht gern in seiner Nähe war. •'**)
Calpurnius Bestia, Aedil, bei der Beweibung um die Prätur
27) Plut. 24. 28) Ge?iris infinit um. — Cnmitatum relinquo, durcs
nomino. 13 Pliil. 2. 29) Pliit. Krut. 15. S. jedoch un<eri A. 88. 30) 13
Phil. 13. 31) Plut. Anl. 21. 32) 11 Phil, ü. 13, 12. 13. Mannt, unter,
scheidet Cimber u. Philad. oline Grund. 33) 10 Phil. 10, 11, 5. Auf
§. 14, A. 71. ersieht sich, warum Lucius als der Schlechteste eiiclieint.
3'1) 13 Phil. 13. 35) §. 51). A. 72. 30) S. unten A. 3!). 37) 11 Phil,
fi. 12, cV. 13, 2. 12. §. 11, A. G7. §, 40, A. 10. §. 12. A. 02. 38) 12
l'hil. M. üiti J3, lU. Flor. 1, 2. §. hO. Oros. 0, l(i. .S. .luUi. tue s, I)ict. a. 1'
V. ANTÜNII. (II. §. 72.) 513
wegen Bestechungen vcrurthcilt, obgleich Cicero ihn verthci-
(llgte, und jetzt voll lloflnung, an Brutus Stelle sogleich Con-
sul zu Averden. ^9) Capho, mit Antonius vor Mutina, im Geiste
schon Besitzer der schönsten Hiiuser und Villen, auch der Gü-
ter Ciceros, eine Pest der Republik. ^^"-^ Cassius Barha, Avelcher
zum Unglücke der Römer Cäsar, seinen Gönner, überlebte. ^U
Censorinus. ^-) Classitius, ein Anführer der Leibwache des An-
tonius, 43) der Barbaren, vor welchen die Römer zitterten. Q.
Coelius, mit einem Bruclie beliaftet, und mit seinem Vermögen
gescheitert, ein guter Gesellschafter, aber doch bei einem Gast-
mahle auf Antonius Befelil gepeitscht. **) Cotjin. *5) M. Cu-
rius, ein artiger Mann, von heiterer Laune, bei Tische der
Nachbar des Griechen Lvsiades, zu welchem er sich besonders
hingezogen fühlte. 4^) Cyda, ein Cretenscr, höchst verwegen,
ohne Kenntniss der Sprache und Gesetze Roms, von Antonius
für seine neue Richter - Centurie bestimmt. *^^ Cjtheris. eine
Mime, Voluninia genannt als Geliebte des Volumnius, welcher
sie Antonius überliess, ohne ihr ganz zu entsagen; auf den
Reisen ihres neuen Freundes ehrenvoll empfangen, mehr als
seine ins Gefolge verwiesene Mutter Julia; auch Cicero ass mit
ihr. 4S) Decidius Saxa , aus Celtiberien , welcher Cäsars Lager
absteckte, und jetzt Rom abzumessen hoffte. '*'J) P. Decius fer-
ner; nach dem Beispiele seiner Ahnen, der Decius Mus, opferte
er sich auf, für seine Gläubiger nämlich, indem er fremdes,
angemasstes Gut feil bot, um seine Schulden zu bezahlen, und
keine Käufer fand. ^") Domitius, ein Apulier, verschwenderisch
in der Hoffnung zu erwerben; er verschwendete sein Gift an
seiner Schwester Sohn, ^i)
Eutrapelus. S-) Epitius , Bruder des Annius Philadelphus,
Quästor, noch jung, aber so hervorragend in dieser Schaar,
39) 11 Phil. 5. 12, 8. 13, 2. 12. ad Qu. fr. 2, 3. S. Calpurnü.
40) 8 Phil. 3. 10, 10. 11, 5. 12, 8. 41) 13 Phil. 2. ad Attic. 13, 52.
42) Unten A. GO. 43) §. 14. in. 5 Phil. C. 13, 2. Von L. Crassltius zu
unterscheiden. Unten No. 22. A. 39. 44) 13 Phil. 2. 12. 45) Inten A.
80. 46) 5 Phil. 5. 8, 9. App. 5, 749. 47) §. 14. A. 79. 5 Phil. 5. 8 , 0.
48) 2 Phil. 24. ad Farn. 9, 26. Oben §. 3. A. 26. 49) 11 Phil. 5. .S.
»ecidii. 50) 11 Phil. G. n, 13. 51) 11 Phil. 6. 52) Unleu A. 84.
nrinn.Diii, GescliiclHe Kniii» 1. 33
ü
14 V. ANTCNII. (14. §> 72.)
dass OS Antonius schmerzen würde, ilm übergangen zu sehen. •""•
tialliiis, früher Priitof, von iinstrünichem AVandel. ^*) liippias.,
ein Schauspieler, hei dessen Hochzeit Antonius sich berauschte. ^ '^
Tuilus Hustiiius, von Cäsar zum voraus zum Volkstribun er-
nannt, und stolz auf seinen Namen, welchen er öftentlich ein-
graben Hess. ^^^ Laco, aus Anagnia, ein tüchtiger Trinker;
.Vtticus hatte nie von ihm gehört, wohl aber Cicero, denn die-
ser war als Sachu alter stets von Allem unterrichtet, was sich
in der Stadt und in den ramillcn ereignete, er unterhielt von
jeher seine Zuträger und Späher, wodurch er auf der llcduer-
hühne gefälirlichcr wurde, aber auch grösseres Interesse erregte. ^''^
Lcnto. ^^) ■ Lysiadcs, ein Athcnicnser; sein Vater hiess Phädrus
und war ein Philosoph; ein feiner Mann, "welcher zu leben
wnsste. ^'■*) L. .Marcius Censorinus: ihm giebt Cicero unter den
Nichtswürdigen den Rang nach Lucius Antonius; wenn dieser
fehlt, stellt er ihn voran, oder er nennt ihn mit Ventidius
statt aller Anderen, ^"^i Er war a. 43 Prätor, folgte aber den-
noch Antonius nach Mutina, ''') für welchen er nach dem Tode
des M. Brutus Achaja verwaltete; ^-^ im J. 3t) au dessen erstem
Tage er über ]\Iacedouien triumplilrte, gelangte er zum Consu-
lat. ''•^) Mola. ^*^ Metro<lürus, erst in Asien erworben, und
daher Cicero noch unbekannt. ^'-"^ T. Munatius Plancus Bursa,
von Cicero, welcher ihn einst vertheidigt hatte, zwicfacli ge-
hasst, als Freund des Clodius *''*) und seines jetzigen Gegners.
Als V. Tribun gab er a. 52 Veranlassung, dass der Pöbel nach
Clodius Tode die liostilische Curie verbrannte; er wurde von
Cicero angcklagf und verurtlieilt, kelirtc aber im Bürgerkriege
mit Cäsar nach Rom zurück, und focht dann für Antonius bei
Mutina. '"'"^ Mustela aus Anagnia, ein Anführer der Leibwache
des Antonius, meistens mit seinem Landsmaune Laco zusam-
53) 13 Phil. 13. 51) 13 Phil. 12. M. Galliua erwähnt ad AU. 10,
15. 11, 20. Sue(. Tiber. G. 55) Oben A. 11. 5ü) 13 Phil. 12. 57) 2
Phil. -10. (11.) ad Alt. 10, 11. r.s) A. 37. 59) 5 Phil. 5. 8 , 9. 60)
11 Phil. 5. 13, 2. u. 11. ad AU. 14, 10. Ül) 11 Phil. 5. 12, 8. C2)
§. 57. A. 4ß. r.3) §. (il. in. Ül) 13 Phil. 2. 05) Phil. 21. CG) ad
Fara. 7 , 2. //*> si'Miofiis, ariir/ii causa , mc , in qiieiii invt/icrclur , dele-
grrat. 67J 10 Phil. lo. H, c. 12, tf. 13, 12. ad Farn. 7, 2. 12, 18.
»d At(. 14. 10. Dr« 4^>, 38.
V. ANTOXn. (14. §. 72.) 515
mengestellt, als Raufbold ausgezeichnet, >vie dieser beim Be-
cher. *"*)
Nucula, zum Septemvir bestimmt. ^'■>^ Petissius aus Urbi-
num; er hatte ein grosses Vermögen verschwendet, und -wollte
sich bei Antonius erliolen. '^") PoIIio. ^') Pontius. ''^) Postu-
niius, ein angesehener Ciisarianer. ''^^ Saculio , wegen seines
Witzes beliebt. "'^^ Saserna; zwei Brüder dieses Namens dienten
als Bcfclilshaber unter Cäsar; welchem unter ihnen die verächt-
lichen Aeusserungen Ciceros gelten , ist ungewiss. "^'O Saxa. '^^
SergiuH, ein Mime, und von Antonius allen Anderen vorgezo-
gen.''^^ Tiro, in der furchtbaren Leibwaclie, ein zweiter Mu-
stela. "'S) L, Trebellius, a. 47 als Volkstribun ein eifriger Geg-
ner seines Collegen Dolabclla , als dieser die Schuldverpflich-
tungen aufheben wollte; dann wünschte er selbst durch eine
solclic Maassregel von seinen Schulden befreit zu werden, und
rettete sich vor den Gläubigern zu Antonius in das Laeer vor
Mutina. ■*'•*) L. Varius Cotyla,8">> früher Aedil , der Grundpfei-
ler dieses Vereins und dessen Zierde; Antonius Hess ihn einst
geisscin, ; brauchte ihn aber im mutinensischcn Kriege als Kund-
schafter in Rom , und vertraute ihm darauf einen Theil seines
Heers in Gallien an, *'^ woraus folgt, dass er auch Eigen-
schaften besass, von ■welchen Cicero schweigt. P. Ventidius. ^2)
Visejus. '^'^) P. Volumnius Eutrapelus , wegen seines "Witzes und
68) Alter gladiorum est prinr^eps, aller poculorum. 2 Phil. 40. (11.)
Vgl. 2, 4. 5, 6. 8, 9. 12, G. 13, 2. ad Att. 14, JO. 16, 11. CO) §. 14.
A. GC. 70) 12 Phil. 8. 13, 2. 71) 13 Phil. 2. Von Asinius Pollio zu
uiifersclieiden , welcher zur Zeit des Tuufineiisiscben Kriegs im jenseiti-
gen Spanien. §. 51. A. 23. 72) Cic. 1. c. Pontius Aquila gehörte zu Ca"
sars Mördern und kämpfte hei Mutiua gegen Antonius. §. 42. A. GO.
73) ad Attic. 14, 10. 15, 2. ad Farn. 6, 12. 74) Plut. Brut. 45. 75)
13 Phil. 13. ad Att. 15, 2. B. Afric. 9. 70) Oben A. 49. 77) 2 Phil,
25. Plut, 9. 78) 2 Phil. 4. 5, C. 8, 9. 12, C. 13, 2. 79j G Phil. 4. 10,
10. 11, G. 12, 8. 13, 2. 12. S. Cornelii Dolab. 80) KoxvXrj , cotyla,
das Weinfass, der Zecher. 8 Phil. 8. 13, 12. Plut. 18. 81) §, 30. A.
73. §. 53. A. Öl/y.) 82) 12 Phil. 8. 13, 2. 11. §. G2. A. 71. f. S. Ven-
tid. 83) 13 Phil. 12. So die neueren Ausgaben; die richtige Lesart ist
bis dahin nicht zu ermitteln; man findet unter anderen Insrjus , welches
Gruter in I/istejiis verwandelt; eben so ungewias ist es, ob der Mann,
jetzt „ein niuthiger Freibeuter" früher in Isaurien oder in Pisaurum Ra-
.33*
516 V. AXTONII. (14. §,72.)
seiner heiteren Laune ^4) ganz für Antonius geschaffen, mit wel-
chem er die Gunstbezciigungen der Cytheris theilte. ^•^) Dass er
schon Tor dem Bürgerkriege Ciisars und dann unter diesem in gro-
ssem Ansehn stand, beweisen die Briefe Ciceros an ihn, mcI-
cher seinen ,, lieben Voluninius'" bittet, dahin zu wirken, dass
er sich einer anstündigen Müsse erfreue, und ihn versichert,
dass seine längsten Briefe ihm die angenehmsten seien. ^6) |n
den Philippiken wird er mit Tiro und Mustela zusammengewor-
fen, *^) und Plutarch nennt ihn einen Schauspieler, 8*>' er war
aber praefectus fahruin in Antonius Heere. ^^^ Vopiscus, ein
hochbeijabter, einflussreicher Mann, und daher zu der Hofl'nung
berechtigt, Consul zu werden, obgleich er nur Aedil gewesen
war. ^"^) Xuthus , ein Flötenbliiser und erst nach den Schlach-
ten bei Philipp! in Asien angeworben. ^^)
Diese waren also die Genossen des Antonius, welcher nach
Ciceros Tode die Genugthuung hatte, dass man ihn als das Haupt
einer solchen Gesellschaft in Asien und Griechenland als Bacchus
verehrte. ^-^ Angeblich verfasste er kurz vor der Niederlage bei
Actium eine Schrift, Avorin er sich wegen seiner Völlerei zu
rechtfertigen suchte, aber nach Plinius ^-^^ nur bewies, wie viel
Unheil daraus für die Menschheit entstand. Noch mehr scha-
dete er sich selbst; diess eine Laster zog andere nach sich: es
unterdrückte das Gute in ihm und verleitete ihn zu Verbre-
chen. 9*>
Insbesondere beförderte es seine Ausschweifungen im Um-
"an<Tc mit beiden Geschlechtern. Schnöde Begierden und Geld-
verleo-enheit führten ihn anfangs in die Arme des Jüngern Curio,^^)
deraeister war, doch scheint er ein Ifaler gewesen zu sein, nnd nicht
derselbe, welcher hei Actium befehligte. Plut. C5. hier §. 69. A. 21.
84) 'Evtnoaii.Ui. Cic. ad Farn. 7, 32. 85) ad Fam. 9, 20. Oben A. 48.
86) ad Fam. 7, 32. 33. S7) 13 Phil. 2. SS) Flut. Brut. 45. Vielleicht
nur eine Verwechselung, so dass er schreiben wollte: iJo/.oi'/dioi; ^fÄw-
Tono»ö? (iiro«nf/oO v.nX ^Luy.ovUm' tüf>o<;. 80) Nepos Attic. 12. 90)
11 Phil. 5. 91) Pl"t- Ant. 24. 02) f. 57. A. 47. §. 02. A. 92. 93) 14,
28. (22.) Wahrscheinlich das "Werk eines Rhetor. Antonius war sein
Ruf sehr gleichgültig, und das Schreiben liebte er nicht. 91) Senec
V.vhi- 83- Vellej. 2. 03. §. 1. Oit) Wegen dieses Verhältnisses fi/tola
Curtnnts'- ad Alt. 1 , 1 1-
i
V. ANTÜNIL (15.) 517
welcher sich bei seinen Gläubigern für ihn verbürgte. '•"'J
Dann unterhielt er neben seinen Buhlcrinnen auch Lustknaben, '•'^)
und man vusste von Manchen seines Gefolges niclit, ob sie zu sei^
nen Freunden oder Freundinnen gcliörten. ^^-f Bei der Wahl der
Letzteren war er nicht ekel; er erhob sich aber- Von den schmu-
tzigen Sclilupfwinkeln der Lust allmälig bis zum Throne. '^'■')
Eine Zeitlang fesselte ihn Cytheris, von Cicero seine Gemah-
linn genannt , welcher er dann einen Scheidebrief geschickt ha-
be;'""-^ aber sie musste Nebenbuhlerinnen dulden. U Andere Veiv
bindungen waren vorübergeliend, Avie ein glücklicher Zufall sie
gab ; Coponius wurde während der Proscriptionen durch seine
Gemahlinn auf Kosten seiner Ehre gerettet, V und Archelaus
verdankte den Reizen seiner Mutter Glaphjra seine Besitzungen
in Cappadocien. 3) Auch die schöne jüdische Fürstinn Maria-
nine und ihren eben so schonen Bruder suchte man Antonius zu-
zuführen , welches indess misslang. ^) Das dauernde Verliältniss
des veränderlichen Mannes zu Cleopatra und seine völlige Hin-
gebung an sie hielt man für ein AVerk der Zauberei. ^)
15. Fadia. Erste Gemahlinn von No. 14. Tochter des Q.
Fadius, eines Freigelassenen, ^) welchen man irrig mit M. Ful-
vius Bambalio, dem Vater der Fulvia, für Eine Person gehal-
ten liat. "^J Dass der Letzte vor seiner Freilassung Q. Fadius
hless,8) ist undenkbar, da Sclaven keinen Vornamen hatten.
Dieser selbst führt darauf, dass man hier unterscheiden muss, denn
Fadius wird Q. oder C. genannt, ö) Buchstaben, Avelche die Ab-
schreiber leicht verwechseln konnten, Bambalio dagegen M. ^*'^
96) §. 1. 2 Phil. 18: Su?npsisli virilem tognnij quam statim mulie-
hrevi togam reddidisti. Prinio vulgare scortum — sed cilo Curia in-
terve?iit, qui te — — in ?uatrimonio stabili et certo locavit. Dio 45,
2G. 97) 2 Phil. 40. (41.) 9fe) ad Attic. 10, 10. Dio 45, 28. 2 PhiJ. 28.
3, 5. in. 99) Dio 45, 2C. Plut. G. 100) 2 Phil. 8. 28. Oben A. 48.
1) 13 Phil. 11. ad Att. 10, 10. 2) App. 4. 012. 3) §. 57. A. 55. §. 66.
A. 2. 4) §. G4. A. 31. 5) Dio 50, 5. O) Cic. 2 Phil. 2. 7) Das Rich-
tige findet sich schon bei Glandorp. Onoiu. p. 83. Vgl. Periz. Aniiu. bist.
c. 5, p. 2ÜC. Garatoni zu 2 Phil. 36. 3,6. 8) Ruperti stemm, p. 87"
9) 2 Phil. 2. ad Atl. 16, 11. 10) 2 Phil. 30. u. das. Gaiat.
i,18 V. ANTONII. (10.)
K
Endlicli crwUhnt Cicero die Kinder des Antonius von Fadia, von
velchen auch nicht weiter die Hede ist, als verstorben, ") sei-
ne Kinder .ton der Tochter des Baiubalio dagegen als lebend. ^-)
16. Antonia. »3)
17. Fulvia. 14)
18. Octavia. ^'0
19. (Cleopatra). Sie wird Gemahlinn des Triumvir Anto-
nius genannt, ^'^i wie die Mime Cjtheris, ^D um ihn verhasst
und verächtlich zu machen. Nach den römischen Gesetzen war
sie nur seine Coucubine. is) Ej. zeugte Kinder mit ihr , ehe er
sich von Octavia getrennt hatte; *'■'-' dann, sagt Eutrop , heira-
thete er sie; als römischer Bürger war er aber ohne Genehmi-
gung des römischen Volks oder einen Staatsvertrag ZM'ischea
diesem und dem ägvptisclien nicht dazu befugt. -^)
2P. Antonia. Tochter von No. 14. und IG, und von den
Alten und Neuereu meistens übergangen. Sie war nicht Toch-
ter der Failia, welches Perizonius anzunehmen geneigt ist, -0
denn a. 44 als ihr Vater sie mit dem Sohne des M. Lepidus
verlobte , 22j waren deren Kinder schon todt; sie war auch nicht
Tocliter der Fulvia, welche Antonius erst a. 4G heirathete, denn
dann wäre sie bei ihrer Verlobung noch in den Händen der
Amme, und bei ihrer Vermählung a. 3ö -^^ noch nicht zehn
Jahr alt gewesen. Es bleibt also nur übrig, dass Antonia ihre
.Mutter war. Lepidus ihr Gemahl, starb a. 3Q und sie schon
11) 2 Phil. 2. ad A(t. 1. c. 12) n. a. 2 Phil. 3C. 13) Unten No.
32. 11) S. Claudii. Früher mit P. Clodius und mit C. Curie vermählt, 15)
S. Octavii. u. hier No. 14. §. GO. A. 60. u. 73. 16) Virg. Aen. 8, 088.
Serv. zu Virg. Aen. 7, C8 1. 8, 07 8. Ovid. Metam. 15, 82G. Suet. Oct.
09. wo Autoiiius sie selbst so nennt. Macrob. Sat. 2 , 13. Eutrop. 7. 0.
u. 7. (4.) üros. C, 19. Nach Athen. 4. p. 117. ed. Casaub. heirathete er
sie sogar schon a. 41 bei ihrer Zusammenkunft in Cilicien. Oben §. 57.
A. 59. 17) Oben No. 11. §. 72. A. 48. u. 100. IS) Liv. 131. L'.rufi»
loco. Plut. Ant. 53. 'Jlnuiiitn 'Ayiwitov. Propert. 3, 9. 31. Coniiigium
ohscoenitiii. 19) Oben No. 14. §. 07. \. 35. 2Ü) Es fanden keine jw
tlae nuptlae y kein eonnuhlnm Statt. Senec. de benef. 4, 35: Ao« est
viifii cum extra neo connuhinvt. Eadeni lex tue defendit^ quae reU/l^
S. die Scliriflsteller bei HaulioiJ Institut, iur. Rom. ed. Otto. p. 237.
21) Anim. hist. p. 110. 22) Oben No. U. §• 9. A. 45. 23) Das. §. 64.
A. 20.
V. ANTONII. (21.) 510
fiüherj denn er vav Jamals in zweiter Elie mit Servllla ver-
bunden: -'') ihr Vater iiltcvlcbtc sie und sie zälilt unter den sie-
ben Kindern nicht mit, •welche dieser nacli Plutarch hintcr-
liess, -^)
21. M. Antonius, 2C^ von den griechischen Cescluchtscliret-
licrn Antjlius genannt; 2^) Solin von No. 14 und l?,-**) und
zwar der ältere. ^9) Nach Cäsars Tode schickte ihn der Vater
als Geissei zu den Verschworenen auf das Capitol , ^^) und wäh-
rend des mutinensischcn Krieges blieb er in Rom bei der Mut-
ter. ^^>' Dann begleitete er Antonius nach Philippi und weiter
nach Asien und Aegyptcn. ^-) a. 30 Avurde er zu Tavent mit,
Julia, der Tochter des Octavian verloht, ^^J folglich als Kind.
•Die männliche Toga erhielt er a. 30 mit Cäsarion in Aeirr-
pten , ■'*) und um so weniger schonte ihn Octavian, zu wclcliem
er als Friedensgesandter gieng. ^^) Dieser liess ihn a. 30 nacli
dem Tode des Vaters in Alexandrien hinrichten, nachdem seia
Pädagog Theodorus ihn verrathen und er Vergehens in der von
Cleopatra erbauten Capelle Cäsars Schutz gesucht hatte. 3öj
22. Julus Antonius. Sohn vpn No. 14 und 17. Jene Form
seines Namens ist geAvöhnliciier als die andere : Julius , welche
als die bekanntere oft nur von den Abschreibern vorijezogren
24) Aeroil. Lepidi No. 2G — 28. 25) Anlon. 87. 2Cj Den Vorna-
men Marcus hat er auf Münzen, deren Aechtheit jedoch zweifelhaft ist.
EcVh. C. p. 08. 27) Plut. Ant. 71. 81. Die 48, 54. 51, G. 15. u. sonst. Als
der äl(es(e Sohn hatfe er den Vornamen des Vaters. Es ist nicht wahr-
scheinlich, dass dieser ihn zur Erinnerung an den angeblichen Staramva-
ter Anton (oben Einleit. z. Geschichte d. Antonier) Antullus nannte, (die
Form findet sich Gruter. Inscr. p. 804. No. 13.) wozu ja der Gentil- Na-
me genügte, auch würde er dann bei den römischen Schriftstellern so
Leissen; (Periz. Anira. liist. c. 3. p. 156.) ohne Zweifel bedienten sich
die Griechen in und ausser Alexandrien, unter welchen der Knabe sich
lange aufhielt, dieses Schmeicheiwortes, welches dann im Osten, wo
man ihn seit a. 42 fast allein kannte, die gewöhnliche Bezeichnung
wurde. 28) Plut 28. 57. 71. 81, Dio 51 , G. 29) Suet. Oct. 17, Plut,
28. u. 57. Abramius zu Cic. l Phil. 1. hält ihn für den Sohn der Fa-
dia. 30) Oben No. 14. §. 11. A. 8. 31) Das. §. 30. A. 75. 32) plul,
Ant. 57. 33) Oben No. 14. §. G4. A. 23. 34) Das. §, 70. A. 87. S5)
Das. §. 70. A. 91. 30) Das. §. 71. A. 20. So möchten die abweichen-
den Nachrichten bei Plut. 81. 87. Dio 51, 15. Suet. Ocl. 17. weiche
Fabric. zu Dio 1. c. uissverstanden hat, sich v<;reinigen lassen. ^-^
520 V. ANTONII. (22.)
wurde. Antonius wollte seinen Sohn, den Enkel der Julia,
(No. 13.) als Nachkommen von Julus, dem Sohne des Aeneas,
bezeichnen; er mochte aber diese Bezeichnung vor oder nach:
Antonius setzen, so konnte er ihr nicht die Form eines Gen-
til- Namens geben; es ist aber am wahrscheinlichsten, dass sie
als V^orname gebraucht wurde, denn ein anderer lässt sich nicht
mit GcMissheit ermitteln; Julus konnte nicht Marcus hcissen,
wie einige Neuere glauben , da sein Bruder noch lebte , als er
geboren wurde, und die Vermuthung, dass man ihn Lucius
nannte, 3^) gründet sich auf nichts anderes, als dass sein Sohn
diesen Vornamen hatte. Er Avar zu jung, um dem Vater nach
dem Osten zu folgen , und wurde in Rom von seiner Stiefmut-
ter Octavia mit arrosser Sorgfalt erzogen. ^^) Zu seinen Leh-
rern gehörte L. Crassitius, ein Freigelassener aus Tarcnt, mit
dem Beinamen Pasicles, welchen er bald in Pansa verwan-
delte. 39)
Augustus begünstigte ihn aus Rücksieht auf Octavia und
auf deren Fürwort;*"^) er verheirathete ihn mit IMarcella , ihrer
Tochter aus ihrer früheren Ehe mit C. Marcellus, ^') und er-
nannte ihn a. 13 v. Chr. zum Prütor. '^-) A. 10 v. Chr. wur-
de er Consul mit Q. Fabius Maximus Africanus , ^3) worauf er
eine Provinz verwaltete, wie es scheint Asia. **) Dann aber
buhlte er mit Julia, der Tochter des Kaisers, ein Ehebruch,
welcher ihm nach Einigen die Regierung verschaffen sollte, aber
nur die Folge hatte , dass er a. 2 A'or Chr. eines gewaltsamen
Todes starb. '^'^J Er war Dichter. ***)
37) Marliani Annal. ad a. 713. 38) Oben No. 14. §. C6. A. 90.
30) Suet. üranini. 18. Oben No. 14. §. 72. A. 43. 40) Vellej. 2, 100.
.Sue(. Od. 17. Plut. Ant. 87. Dio 51, 15. 41) Vellej. 1. c. Flut. 1. c.
Tac. A. 4, 44. Vgl. oben No. 14. §. GO. A. CO. u. 73. u. Claiidii Mar-
celli. 42) Dio 54, 20. Vellej. I. c. 43) Dio 54, 36. Suet. Claud. 2. u.
das. Bauiiig. — Crus. Die R'.ünze bei Goltz Fast. a. 743. (V'aill. Ant.
No. 72.) ist wabrscheinlich unächt; der Name Fabius fehlt; dieser nicht
JqIus hiess Africanus. Suet. 1. c. Grut. Irncr. p. G27. No. 5. 44) A'eliej.
1. c. Joseph. A. J. IG, C. (10.) 7. 45) Dio 55, 10. Vellej. 2, 100, Se-
nec. de brev. vit. 5. Tacit. A. 1 , 10. 3 , 18. 4, 44. Plin. 7, 46. (45.)
Nur Aellejus deutet an, er sei nicht hingerichtet, sondern habe sich
selbst getüJtet; jener stand freilich den Ereignissen am nächsten, er
konnte aber auch durch diese Wendung die Julier schonen wollen.
40) Rotut. C. 4, 3. a. das. Acren.
V. ANTONU. (23.) 52 1
23. L. Antonius, Sohn des Vorigen, und nach dessen To-
de auf eine schonende Art nach Massilia verwiesen, wo er a.
25 nach Chr. starb. *^)
21. Antonia, die ältere unter den beiden Töchtern des
Triumvir Antonius von Octavia; '^^) geboren a. 39. *^) Octa-
vian gab ihr und ihrer Schwester einen Theil des väterlichen
Vermögens. "'*^) Schon a. 36 verlobte sie der Vater zu Tarent
mit L. Domitius Ahenobarbus, ^0 nicht ^ wie Dio sagt, ^-) mit
Cn. Domitius , welcher die Flotte des M. Brutus anführte , und
sich dann an Antonius und zuletzt an Octavian anschloss , ^"5)
sondern mit dessen Sohne. Dieser war a. IG v. Chr. Consul, ^*->
der Grossvater des Kaisers Nero; ^^) gestorben a. 25 nach
Chr. 56)
25. Antonia, die jüngere Schwester der Vorigen, und eben-
falls Tochter der Octavia. ^7) Nicht vor a. 36 geboren. ^^^ Sie
lieiratliete Drusus, den Sohn des Tiberius Claudius Neru, wel-
cher im perusinischen Kriege gegen Octavian gefochten hatte, 59)
von Livia. ^oj In dieser Elie wurden Germanicus, der Vater
des Caligula, Livilla und der Kaiser Claudius erzeugt, ^i) Die
Gemahlinn des Drusus wird wegen ihrer Schönlieit und Tugend
gerühmt. ^>~)
47) Tacit. A. 4, 44. 48) Dio 48, 54. 51, 15. Plut. Ant. 87. 49)
Plut. Ai.t. 33. Oben No. 14. §. GO. A. 00. u. 73. 50) Dio 51, 15. 51)
Die Aeltere nach Snet. Nero 5. u. Plut. Ant. 87 ; die Jüngere nach Ta-
cit. A. 4, 44. 12, 64. Lips. das. p. 209. mag nicht entscheiden. Allein
wollte man auch auf die Mehrzahl der Zeugnisse nichts geben, so war
Octavia während der Zusammenkunft zu Tarent von der zweiten Tochter
noch nicht entbunden, sondern schwanger. Plut. Ant. 35. wo nur die
Darstellung etwas verworren, der Sinn aber nicht zweideutig ist^ denn
Antonius hatte von dieser Gemahlinn nur zwei Tochter, lieber diese
Verlobung, welcher die Heirath später folgte s. No. 14. §. G4. A. 24,
52) 48, 54. 53) Oben Nn. 14. §. 00. A. 38. §. GS. A. 100. Consul a.
32 das. §. 07. in. 54) Dio 54, 19. 55) Suet. Nero 5. 50) Tacit. A.
4, 44. Vellej. 2, 72. 57) Tacit. 1. c. Dio 51, 15. Plut. 87. 58) A. 51.
im Vorigen. 59) Oben No. 14. §. 59. A. 4. GO) Seine Gemahlinn war
nach Suet. Calig. 1. u. Claud. 1. u. nach Plut. Ant. 87. die jüngere An-
tonia, nach Tacit. die ältere; oben A. 51. Orell. Inscr. Vol. 1. p. 425.
No. 2445. u. p. 504. No. 2911. Val. Max. 4, 3. 3. Ol) Suet. 11. cc.
Orell. Inscr. Vol. 1, p. 106. No. 649. G50. Plut. 1. c. 02) Plut. u. Val.
Max. II. cc.
522 V. ANTOMI. (20.)
2{j. (AlcxanJer.) Solin von No. 14. imj 19. Der Trium-
vlr Antonius hatte drei Kinder von Cleopatra, initer welchen
die heiden ältesten, Alexander und Cleopatra Zwillinge Avaren. ^■^i
Er hefahl, jenen Helios und König der Könige zu nennen^ und
bestimmte ihm ein besonderes Reich, "ij Nach seinem Tode
wurden Alexander und dessen Schwester sorgfältig bewacht , ^^)
um dann a. 29 in Rom bei Octavians Triumphe zu erschei-
nen. ^^^ Oetavia nahm die von ihrem Gemahle im Ehebruche
erzeugten Kinder in ihre Wohnung auf, und erzog sie mit den
Ihrisen. ^'')
27. (Cleopatra.) Zwillings -Schwester des Vorigen. ^^) Sie
wurde Selene genannt und sollte in Cyrenaica regieren. ^^) Nach
dem Triumphe Octavians a. 29 lebte sie unter der Obhut sei-
ner Schwester in Roni,"o) bis er sie mit Juba verhcirathete,
dem Enkel des Hiempsal "') und Sohne des Juba, Königs von
Numidien , welcher sich a. 46 mit Petrejus tödtete, nachdem er
in Afrika mit den Pompejanern gegen Cäsar gefochten hatte. ''-)
Diesen besleitete der lungere Juba in demselben Jalire bei dem
Triumphe als Gefangener, ''^) Avobei er zugleich den Vater ver-
trat, wie später bei einer ähnlichen Feier "die jüngere Cleopa-
tra ilire Mutter. Er erhielt aber in Rom eine gute Erziehung
und diente dann unter Octavian, "*) Avelchcr ihn nicht nur
mit der Hand der Cleopatra belohnte,"-^) sondern auch mit einem
Theil des väterlichen Reichs und mit den Gebieten der mauri-
tanischen Fürsten Bogud ^'') und Bocchus. ''^) Obgleich Numi-
dier erwarb er sich als Geschichtsschreiber einen vorzüglichen
Ruf. ^s) Seine Kinder von Cleopatra waren Ptolemäus und Dru-
63) Dio 49, 32. Plut. Ant. 30. Zonar. 10, 27. Vgl. Dio 49, 41. 50,
25. 26. 51, 15. 21. Flut. Ant. 54. 72. 78. 81. 82. Uv. 131. 132. Säet.
Oct. 17. 61) Oben No. 14. §. GG. A. 5. 7. u. 11. Gä) PJuf. 81. CG)
No. 14. §. 71. A. 44. Dio 51, 21. Zonar. 10, 31. Euseb. Chron. C7)
riul. 87. Oh) Dio 49, 32. Plut. Ant. 30. Vgl. Dio i9, 41. 50, 25. 20.
51 , 21. 09) üben A. 04. 70) Oben A. 00. 67. 71) Dio 41, 41. Stra-
bo 17, 828. 72) S. Julii. Caes. Dict. a. 40. Bei den Alten wird er un-
riclilig auch K. v. Mauritanien senannf. Das. 73) App. 2, 491. Plut.
Caes. 55. 71) Dio .'il, 15. 75) Pers. 1. c. Plut. Aul. 87. Eckh. 4. p.
155. f. 70) Oben No. 14. §. 08. A. 88. 77) Strabo 1. c. Dio 53, 20.
Tacit. A. 4, 5. Der grögste Theil von Nuinidien blieb unter dem Na-
men der neuen Provinz Afrika römisch. App. 4, fiUO. Diu 43, Ö, üben
No. 14. §. 53. A. 19. u. Julii I. c. 78) App. 1. c. Plut. Cae». 55.
1
V. ANTONII. (28.) 503
silla. Jener folgte ihm in der Regierung und wurde auf Be-
fehl des Callgula, welchen nacli seinen Schützen gcliistetc, hin-
gerichtet. "'•'^ Drusilla vermählte Claudius mit seinem Freige-
lassenen und Günstlinge, Antonius Telix, Statthalter in Ju-
däa. 8ö)
28. (Ptolemäus. ) Jüngerer Bruder der heiden Vorigen,
Sohn von No. 14 und 19. ^0 Er -wurde kurz zuvor geboren,
ehe sein Vater a. 36 den Feldzug gegen die Parther eröffne-
te. ^-) Dieser nannte ihn Phiiadelphus ^"') und König der Kö-
nige, und schenkte ihm einen Theil des römischen Reichs. ^^-^
29. Cajus Antonius, M. F. M. N. ^-'^ Bruder des Triumvir,
und zMar unter den drei Brüdern der mittlere ^*') und der un-
bedeutendste, welcher auch seine Laufbahn am frühesten endig-
te. A. 51 •wollte er mit dem Jüngeren, Lucius, A. Gabinius
nach dessen Rückkehr aus der Provinz SjTien wegen Erpres-
sungen anklagen ; der Hauptaukläger wurde aber der V. Tribun
C. Memmius, und sie unterstützten ilm nur, ^^) oder traten
ganz zurück , Avelches das Wahrscheinlichste ist. Mit grossem,
Scliarfsinne hat Pighius ^^) aus einem Briefe Ciceros an den
Propriltor von Asia, Q. Minucius Thermus,^'*) erwiesen, dass
Cajus a. 51 dessen QuJistor war, und Cicero ihm empfahl, die-
sem a. 50 bei seinem Abgange die Provinz bis zur Ankunft
seines Nachfolgers anzuvertrauen. Noch Avar der Redner nicht
Feind der Antonier; er gedenkt ihrer mit Achtung und macht
auf ihren Einfluss aufmerksam, auf das V. Tribunat, welches
sie drei Jahre verwalten würden, ^"^^ und auf die Gährung im
79) Suet. Calig. 2G. 55. Dio 59, 25. Eckb. 4. p. 159. 80) Tacit.
Hisf. f), 9. A. 12, 54. Suet. Claud. 28. Joseph. A. J. 20, 7. (5.) 81)
Dio 'J9, 32. 41. 51, 15. Zoiiar. 10, 27.- Plut. Ant. 54. 72. 78. 81. 82.
Liv. 132. Durch die Nachlässigkeit der Schriftsteller erscheint er zuwei-
len als der Aeltere. 82) Dio 49, 32, 83) Liv. u. Dio 11. cc. 84) üben
A. 64. 85) M. F. auf einer Münze, welche ihm und nicht L. Antonius
Cos. a. 63 anzugehören scheint. S. Vaill. Anlon. No. 16. Eckh. G. p. 40.
80) Cic. 10 Phil. 5. (4.) Dio 45 , 9. Plut, Ant. 15. 87) Als Subscripto,
res. Cic. ad Qu fr. 3, 2. Vgl. 3, 1. Val. Max. 8, 1. §. 3. S. Gahinii,
Die Kläger in den drei Processen, welche Gabin. erwarteten, werden
auch von Pigh. ad a. 009. (700). verwechselt. 88) 3, p. 421. u. 431.
89) ad Fani. 2, 18. 90) Marcus a. 49 Lucius a. 44 es war Folge des
Bürgerkriegs, dass Cajus es übergieng, er wird wenigstens nicht als Tri-
bun aufgeführt.
524 V. ANTONli. (29.)
Staate; folglich ist der Sinn seiner Worte: sie sind nahe Ver-
wandte des Eroberers von Gallien, und dieser wird Rom den
Krieg erklären , man darf ihn daher nicht beleidigen.
Casai" schickte a. 49 Cajus als seinen Legaten nach llly-
ricum, und P. Dolabella mit einer Abtlieilung der Flotte an
dessen Küste; Diesen besiegten M. Octavius und L. Libo , An-
führer der Flotte der Aristocraten unter dem Oberbefehle des
M. Bibulus, und er suclite Schutz bei Antonius, welcher auf
einer illyrischen Insel Coricta ^0 von Octavius eingeschlossen
und durch Hunger und den Verrath des T. Pulcio ^-) genüthigt
wurde, sich zu ergeben, Pompejus verleibte die Truppen sei-
nem Heere ein, ^^-^ sie M'aren ihm aber nicht treu, und die
Schlacht bei Pharsalus verschaffte ihnen und Antonius die Frei-
heit. 94;
Unter Cäsars Herrschaft wurde dieser Pontifex ^5) und a.
44 mit 51. Brutus städtischer Prätor, als sein älterer Bruder
Consul und der jüngere V. Tribun war. ^c) Da sein College
Rom verlassen musste, so wandte sich Octavian an ihn, um zu
erklären, dass er Cäsars Erbschaft antrete. '•^''^ Auch veranstal-
tete er für Brutus am 7. Juli die Feier der Apollinarspiele. ^s)
Nach der Bestimmung des Dictator sollte dieser nach der Prä-
tur Macedonien, und C. Cassius Syrien verwalten. AI. Anto-
nius, der Consul, bewirkte, dass sie den Auftrag erhielten,
in Creta und Cyrene Getraide zu kaufen, ^'J) Avährend Syrien
mit den Truppen, welche Cäsar «um parthischen Kriege nach
ülacedonien vorausgeschickt hatte, vom Volke seinem CoUcgen
Dolabella, und ihm selbst vom Senat Macedonien überwiesen
wurde; der Senat wusste nicht, dass jener ihm den grössten
91) Dio 41, 40. Lucan. 4, 400. Flor. 4, 2. §. 31. In Illyrien schrei-
ben Liv. 110. u. Suet. Caes. 3G. bei Corcyra unbestimmt oder aus Irr-
thum Caes. B. C. 3, 10. 92) Caes B. C. 3, 07. 93) Ders. 3, 4. Nach
Oros. G, 15. fünfzehn Coliorten. 91) S. auch App. 2. 453. u. 157. wo
er die Namen verwechielt. Dio 42, 11, u, Cic. 13 Phil. In. Hier be-
zieht sich der lüttere Spott in den Worten: fit's captiis auf diese (Gefan-
genschaft des C. Antonius und auf die zweite , welche mit seinem Leben
endigle; unten A. 14. 95) S. die Münze A. 85. 9ü) Dio 45, 9. I'lut.
Ant. 15. Zon. 10, 13. App. 4, 534. Oben No. 14. §.*38. A. 29. fin.
97) App. 1. c. Suet. Od. 8. Oben No. 14. §. 15. A. 19. 98) Das. §. 17.
A. 03. 9!)) Das. §. 17. A. 42. f. u. §. 39. in.
V. ANTONH. (29.) 525
Thcil der Truppen al)gctreten hatte, und niusstc sie ihm nun
ebenfalls zugestehen. '""^ Jetzt forderte er das cisalpinische
Gallien für Macedonien, welclies D. Brutus übernehmen könne;
der Senat verweigerte es, aber das Volk gab, was er wünsch-
te. ') So hatte er sich ein Heer und eine Provinz in der Nii-
lie von Rom verschafft, und gegen Ende des Jahrs, kurz zuvor,
ehe er nach Mutina abjjiene:, musste der Senat Macedonien sei-
nem Bruder Cajus verleihen. V
M. Brutus, Avclcher im September aus Italien nach Athen
gereis^t war , Hess die in Rom erschlichenen oder erzwungenen
Beschlüsse gänzlich unbeachtet. Er unterwarf sich Griechenland,
Macedonien und einen grossen Thell von lUyrlen, ohne bedeu-
tenden Widerstand zu finden ; •'^ denn vier Legionen rief M. An-
tonius aus Macedonien zu sich, eine erhielt Dolabella, und eine
andere gleng zu dem jüngeren Cicero über, dem Unterbefehls-
haber des Brutus. *) Dieser verstärkte sich durch Ueberr'^ste des
pompejanischen Heers und durch die Truppen des P. Vatinius
in Illjrien, und Q. Hortenslus, Statthalter in Macedonien, em-
pfieng und unterstützte ihn als seinen rechtmässigen Nachfol-
ger. ^) Demnacli landete Cajus a. 41 unter den ungünstigsten
Umständen. ^) Sein Gegner war ihm zuvorgekommen , auch in
niyrien , wo er das Heer des Vatinius an sich zu ziehen gehofft
hatte. Applan giebt ihm nur eine Legion; ''^ zu schwach, sich
in ein ernstliches Gefecht einzulassen, blieb er an der Küste.
So viel man aus den dürftigen und widersprechenden Nachrich-
ten der Alten abnehmen kann , wich er mit einem Verluste von
drei Coliorten von Djrrhachium s) über Apollonia südlich bis
Byllis. In den Pässen bei dieser Stadt wurde er von dem jün-
geren Cicero geschlagen und auf Brutus zurückgeworfen, '•*) wel-
cher in der Ueberzeugung , dass seine Truppen ihn bald auslie-
fern würden, da schon jetzt Viele übergiengen , ihn nach Apol-
lonia entkommen iiess, um das Blut seiner Mitbürger zu schonen.
100) Das. §. 20. in. u. A. 34. 1) Das. §. 20. A. 74. u. §. 39. in.
2) Das. §. 29. fin. u. §. 39. A. 91. 3) Das. §, 39. in. 4) Das. §. 20-
A. 28. f. 5) Das. §. 39. A. 98. 99. 6) Die 47, 21. Plut. Brut. 25. App-
3. 542. 543. 7) 3, 570. 8) Cic. 10 Phil. 5. 9) Ders. 11 Phü. 11. Flui.
Brut. 26.
526 V. ANTOMI. " (29.)
Während er ihn und seine siehen Cohorten "') belagerte,
schickte er in den Ictztca Tagen des Februar oder im Anfange
des Märzes a. 43 seinen ersten Bericht nach Rom. Der Con-
sul Pansn berief den Senat, und Cicero hielt die zelinte Philip-
pika. Aber der Streit in der Curie, ob er oder Cajus Macedo-
nien räumen solle, war ihm sehr gleichgültig. ^0 Auch als man
in Rom erfüllt , dass Trebonius in Smyrna ermordet sei, wusste
man den Ausgang jener Belagerung noch nicht. "2) Erst in der
dreizehnten Philippika, am 20. März, -wird der Gefangenschaft
des Cajus gedacht. ^■^^ Gegen die Mitte des Märzes also wurde
er von seinen Truppen gezwungen, die Stadt zu übergeben. ^*)
Fasces und Lictoren verblieben ihm, und ohne Erfolg riethen
Cicero und Andere, ihn zu tödten. ^^) Als er im Heere Meute-
reien stiftete , Avurdc er ins Gefängniss geführt, doch ohne Fes-
seln. Man entdeckte bald neue Verscliwörungen, deren Zweck
seine Befreiung war, und an welclien auch sein Bruder Marcus
Antheil hatte. Dieser versöhnte sich am Ende des October mit
Octavian; im December wurde Cicero ermordet, wie schon vor
ihm D. Brutus; dadurch erbittert und überdiess von Cassius
nach Asien gerufen , welches ihm die Bewachung seines Gefan-
genen erschwerte, beschloss Brutus dessen Tod. Es ist gar wohl
zu vereinigen, dass Q. Hortensius als Legat im Anfange des J.
42 schriftlich den Auftrag erliielt, e Hinrichtung anzuordnen,
und dass er durch C. Clodius , welcher in Apollonia zunächst
die Aufsicht über Cajus führte, den Befehl vollziehen Hess; i''-*
deshalb wurde er nach den Schlachten bei Philippi als Gefange-
ner auf dem Grabe des Letzteren getödtet. ^'')
Cicero erwähnt in einem Briefe v, J. 50 auch diesen An-
tonius mit Achtung, 'S) und später weiss er nichts Böses von
ihm zu sagen, als dass er der Bruder seines Feindes sei, und
10) 10 Phil. 6. 11) Oben No, 14. §. 30. in. 12) 11 Phil. 11. 13^
13 Phil. 15. 10. Olien No. 14. §. 41. A. 10. 11) App. 3, 57fi. 577. Plut.
Dio II. cc. 15) Flui. Brut. 2(5. IG) Plut. Hrut. 2s. Ant. 22. üio 47, 24.
App. 3, 577. Liv. 121. 17) Plu«. II. cc. Nach Vellej. 2, 71. fiel er in
der Schlacht. Liv. 124. spricht unbe§tiiiiiiit. |S. Hortensii. Welche Ver-
Btügge gegen die Geschichte sich auch in Beziehung auf C. Antonius in
den «iiterpesrhohenen Briefen nd liruti/m fii.den, hat Tunslall nachgewie-
«en, in Kpist. ad Midillet. u. a. p. 215. f. Ife) Oben A. 89.
V. ANTONII. (30.) 527
als Statlli?Uer von Maccdonien, zu dessen Besitze er nie ce-
langte , grosse Verltrechen begehen verde , da er in der Scljlech-
tigkeit mit seinen Brüdern wetteifere ; ^'^) die Beweise sucht man
Vergehens.
30. Lucius Antonius, M. F. M. N. 20) jüngster Bruder des
Triumvir. ^0 Der Sitte gemäss versuchte er a. 54 als Rlitaii-
kiiiger eines Grossen , des A. Gabinius , die Aufmerksamkeit des
Volks auf sich zu ziehen. 2-) Ais Verwandter Cäsars wurde er
mit Auszeiclinung behandelt, seit dieser zu grosser Macht ge-
langte, wie ein Brief Ciceros vom J. 50 beweiset, ^3) j^ \\^\~.
ches Pighius nach einer willkührlichen Berechnung seine Quä-
stur setzt. -^) Das \. Tribunat übernahm er am 10. Decem-
Ler 45;-"*) er brachte das Gesetz in Vorschlag, Avelches den
Dictator ermächtigte, vor dem Feldzuge gegen die Parther die
Magistrate auf einige Jalire zum voraus zu ernennen, ^o) Nach
Cäsars Tode a. 44 benutzte der Consul M. Antonius den amtli-
chen Einfluss seiner Brüder. Um Volk und Veteranen gegen
die Aristocratie und gegen Octavian zu geivinnen, liess er be-
reits 'im April durch Lucius ein Ackergesetz beantragen. 27J Un-
ter den Sieben, welche es vollziehen sollten, war auch der Tri-
bun; -^) er stand an ihrer Spitze, und wurde am meisten ge-
hasst und gefürchtet, insbesondere von Cicero, obgleich er des-
sen Güter nicht angriff und ihn zu beruhigen suchte. ^\ Auf
der anderen Seite wurden ihm viele Huldigungen; man errich-
tete ihm Statuen mit ehrenden Inschriften , nach Cicero der
Lohn des Verbrechens, ^^3 und ungereimt, da das Wahlrecht des
Volks durch ihn beschränkt sei. i Sein Bruder war in Cam-
panien , als Octavian von Apollonia nach Rom zurückkam ; mit
seiner Genehmigung sprach dieser im Anfange des Mai in der
Volksversammlung, ihr zu eröffnen, dass er Cäsars Legate zahlen
werde, 3») der Anfangeines heftigen Zwistes mit Marcus, dem Consul.
10) 7 Phil. 6. 10, 4. 5. 20) M. F. in d, Uebersicht der Consuln zu
Dio 4S. Vaill. Anton. No. 71. 72. 21) 10 PLil. 5. (1.) 22) Oben No.
29. A, S7. 23) Das. A. 89. 21) 3. p. 427. 25) Dio 45, 9. Plut. Ant.
15. Zonar. 10, 13. 20) 7 Phil. 6. Dio 43, 45. 47. 51. Suet. Caes. 41
u. 7ö. Eutrop. ö, 2"). (20). S. Julii Caes. Dict. a. 45 u. 44. 27) Oben
No. 14. §. 14. A. 58. 28) Das. A. 65. 29) Das. A. 71. u. 73. 30) Das.
A. 75. 7«. Das (Jeselz wnrrlc im Januar 43 aufgehoben. Das. A. 77, 31)
Das. § 15. A. IL u 20 (.
528 V. ANTONII. (30.)
Dieser erfuhr am 28, November, dass Octavian ihm nach
der Legion des Mars nun auch die vierte entlockt halte. Es
Leschleunigte seinen Feld/ug gegen D. Brutus; zuvor Hess er
aber im Senat nach seinem Gutdünken die Provinzen vertheilen.
Lucius war nach Ciceros Versicherung darüber erfreut, wie
über alles, was zum Untergange der Republik beitrug; denn er
selbst konnte auf keine Provinz Anspruch machen , und befand
sich auch schon bei dem Heere in Tibur. ^^^ Als sein Bruder
hier angelangt war und zum Frieden geneigt schien, stiess er
angeblich die schrecklichsten Drohungen gegen ihn aus. 33)
Dann folgte er ihm mit einer neu ausgehobenen Legion nach
dem Norden. •^*)
Er deckte am 15. April 43 während der Gefechte bei Fo-
rum Gallorum die Werke vor Mutina, und griff das Lager des
Octavian an, um ihn zu beschäftigen. ^5) Die Niederlage des
Marcus ermuthigte den Senat, ihn und die Seinigen zu äch-
ten, ^^) ehe noch in der Hauptschlacht bei Mutina entschieden
war. Auf dem Rückzuge durch die Alpen bildete Lucius mit
einer Abtheilung der Reuterei und einigen Cohorten die Vor-
hut ; Culleo, der Unterbefehlshaber des Lepidus, welcher die Pässe
bewachen sollte , zog sich vor ihm zurück ; Munatius Plancus
schickte zwar Reuterei gegen ihn, als er bis Forum Julii vor-
gedrungen war, aber auch diese blieb unthätig, und bald
darauf erfolgte die Vereinigung mit Lepidus. ^'0
Nach der Errichtung des Triumvirats bedurfte man vor
Allem Geld. Die Erpressungen dauerten noch a. 42 fort , ^^)
in welchem man Censoren ernannt zu haben scheint, um das
Vermögen abzuschätzen. Als solche werden in einer alten In-
schrift aber von keinem Geschichtschrciber Antonius und P. Sul-
picius erwähnt. 3'-*) Der Vorname des Ersten ist erloschen; da
aber Marcus Triumvir und mit den Rüstungen beschäftigt, und
Cajus gefangen war, so kann hier nur von Lucius die Rede
sein.
Am meisten ist dieser jedoch durch den perusinisclien Krieg
32) Das. §. 29. fiii. 33) Das. §. 30. A. 55. 31) Das. A. GG. u.
§. 42. A. 53. 35) Das. §. 43. A. 30. u. fm. 30) Das. §. 41. fin. 37)
Das. §. 51. A. 43. 88) Das. §. 50. A. 100. f. 3!)) Kra(,'ni. Collot. bei
l'igh. 3. p. 481.
V. ANTONII. (30.) 529
hekannt geworden. Er führte ihn im J. 41 , in welchem er
Consul war, ohne Priitor gewesen zu sein,*") und an dessen
erstem Tage er über Alpenvölker triuuiphirte , ohne gesiegt zu
haben, ■*') bis zum Frühjahre des folgenden gegen Octavian.
Aber er war nur das Werkzeug der Fulvia und des Manius. '^V
Anfangs Hessen sie ihn erklären, dass er die Rechte seines ab-
wesenden Bruders Marcus vertheidigen wolle , weshalb man auf
seinen Münzen das Wort Fietas fand , *•'-' dann war der Kampf
angeblich gegen das Triumvirat gerichtet. **) Er wurde a. 40
gegen Ende des Winters in Perusia gefangen , *^-^ und als Statt-
halter, in der That aber als ^'erbannter, nach Spanien ge-
schickt. ■"') Seitdem wird er nicht mehr erwähnt, ohne Zweifel,
weil man sich seiner bald durch .Meuchelmord entledigte. Sein
Bruder fühlte keinen Beruf, ihn zu rächen, er hatte ohnehin
mit den Folgen jenes Krieges zu kämpfen,
Cicero unterhalt uns so oft von Lucius, dass man glauben
möchte, ihn genau zu kennen. Indess überzeugt man sich, dass
nur keine schlechte Eigenschaft und keine sclilcchte Handlung
auf diesem V\ege uns verborgen bleibt, und dass sein beredter
Feind, welcher seit dem Ackergesetze und dem Septemvirat,
seit ia der Nähe seines Tusculanum Land gemessen war, '^'') mit
Wuth an ihn dachte, auch das Unbedeutende schwarz auszu-
malen, lind aus dem Zufälligen oder Gleichgültigen das Aergste
zu folgern verstand. Eine unglückliche Narbe in seinem Ge-
sichte gab dem Redner Anlass, ihn immer von neuem in sei-
nem Innersten zu verwunden und mit den gemeinsten Schimpf-
namen zu bezeichnen, und auch was für Andere spurlos ver-
40) Speratttem consulalum Luciiim aditttigitc. 12 Phil. C. II) Oben
No. 14. .§. 58. A. 92. 42) Das. A. 100. 43) Ursiii. Anton, p. 18. Vaill.
Ant. No. 25. 2G. Eckb. G. p. 42. Die iu der Ueberschrift zu lib. 4s. u.
48, 5. Mehr lägst sich nicht erweisen, nicht, dass er es als Beinamen
gebrauchte, etwa Fidas selbst, wie Reiinarus und Eckhel meinen, in-
dem sie oich auf die Münzen und auf den zweifelhaften, hier wenigsfeiis
durchaus nicht entscheidenden Beinamen des Vilellius Concordin be-
ziehen, (Suet. Vitell. 15.) noch P;u%^ welches Fabricius zu Dio I. c.
für das Richtige halt, weil der Geschichtschreiber auf den iVIünzen irrig
Pietas Consul, statt Pietas consulis gelesen habe. 44) üben Xo, 14.
§. 58. A. 37. 45) Das. §. 59. A. 99. 4C) Das. §. GG. A. 35. 47) ad
Altic. 15, 12. 12 Phil. 8.
nnini.-iiin, firsrhicbiP Uoms I. 34
530 ^^- ANTOiNH. (30.j
gangen war, wusste iind benutzte er zu seiner Dcmüthigung.
Wllcjus mochte den (jJetjner des Aiigustus nicht rühmen; ev
hatte alle Fehler des Bruders, sagt er, und keine seiner Tu-
genden; *^) Andere, wie Florus , welcher sich auch über dea
Triumvir stets mit Unwillen äussert,*'-*) folgen Cicero. 5")
Demnach vernehmen wir, dass Lucius seinem Bruder voll-
kommen ühnlich und nur deshalb geboren war, damit es einen
noch schändlicheren Menschen gäbe. ^') In der Jugend fröhnta
er den Lüsten. ^2) Von seiner Raubsucht zeugte das Ackerge-
setz und dessen Vollziehung , wobei Cicero seine Villen kaum
retten konnte; '"^^ von seinem Elirgeize sein gesetzwidriges
Drängen zum Consulat. ^*^ Kr war der Feind seiner Mitbürger,
welchen er einen Theil des "Wahlrechts entzog, ^^> ein Feind der
Freiheit und folglich auch der Befreier, ^ß) ein Feind des Frie-
dens ^^) und Ciceros; wäre dieser am 19. September 44 im Se-
nat erschienen, so Avürde er von ihm ermordet sein. ^^) Seinen
Blutdurst verrieth er schon zu Mjlasa in Carlen, wo er als
Mirmillo in einem Sclieiiigefechte einen Gefäiirten und Freund,
welcher als Thracier auftrat, und schon vor ihm wich, heim-
tückisch tödtete; aber er gieng auch nicht leer aus, das zeigte
die Narbe. ^'■'^ Dieser asiatische Gladiator, 6") dieser Mirmillo <>'>'
verübte auf dem Zuge gegen D. Brutus und dann während de»
48) Vellej. 2, 74. 49) 4, 3. 0. 9. 10. 50) Oben No. 14. §. 73.
A. 75. 51) 3 Phil. 12, 10, 10. a. 50. schrieb er: tres fratres , summo
loco natfjs , piomptoSj non indisertos^ te nolo habere iralos. ad Fani. 2,
18. 52) 14 Phil. 3. 53) Quod facintis? (luod scelus? Quem gurgitem9
Quam voragine.mf 11 Phil. 5. Cujus ego rrudelilntein effugere non po-
luissein etc. 12 Phil. 8. V^gl. 5, 7. 7,0. Dagegen; L. quidem Antoniu»
liberaliler lUeris sine cura ine esse iubet. ad Att. 15, 12. 54) 12 Phil. 0.
55) Oben A. 20. 56) ad Attic. 15, 5. 57) 5 Phil. 11. 0, 4. Quam
faceiuy dii iminortahs ? 11, 5. 58) 5 Phil. 7. Appiaii. 5. ü95. f. 702.
läHit LuciuB nach dem peruHinischen Kriege versichern , er habe nur
Freiheit und Verfassung gegen die Triumvirn vertheidigcn wollen. 59)
Nach 5 Phil. 7. 11. u. 7, 0. scheint es, das» er mit einem Freunde nach
Art der Gladiatoren kkniplle, welche man Aliriuilioiien und Thracier
nannte, dass er verwundet wurde, und im Zorne darüber den Gegner
erschlug. 00) 3 Phil. 12. 5, 7. 7, C. Ol) 3 Phil. 12. (i, 4. 5. 7, 6.
12, 8.
V. ANTOMI. (•?!.) 53 ^
Krieges überall Raub und Mord, hesonders in Parma; "a) jj^^j
gelüstete nach dem Gute und IJliite der Römer, ^-V velobc ilm
als ihren ärgsten Feind hnssten und fiircliteten. ''^' C'clftern iiikI
Menschen war er ein (iräuel , er war ein Schandbube, ein Ln-
gcheuer, das sclieuslichste Ungeheuer. *'^>
Sieht man von den TJebelri ab, welche der Bürger]; rieu
mit sich führt, so lindet sich in dem Allen nicht Ein Reweis,
dass Lucius so verworfen Wiir, wie er dargestellt wird — denn
die Erzählung von dem Ereignisse in M^-lasa ist dunkel. Die
Thatsachen aus seinem Leben, sind entweder entstellt, oder es
fehlt ganz daran. Wir erfahren überhaupt aus lauterer Quelle
zu wenig über ihn; sein Benehmen gegen seine Anhäno-er nach
der Uebergabe von Perusia gereicht ihm zur Ehre, <*<») ui^j ^ypnn
er als Staatsmann schwach war , und noch zuletzt im Dienste
Fulvias Octavian bekriegte, so zeigte er doch im Felde in un-
tergeordneten Verhältnissen Muth und Geschick, besonders als
Anführer der Reuterei, und in Perusia eine grosse Standhaf-
tigkeit.
31. Cajus Antonius Hvbrida, c^) M. F. C. N., 6«) jüngerer
Sohn des Antonius Orator, ''"^ Oheim und Schwiegervater des
Triumvir. 'O) a. 37 begleitete er Sulia nach GriecJienland und
focht gegen die Heere des Mithridat, jedoch nur als Kriegs-
62) 3 Phil. 12. 14, 3. 4. Cicero erlebte die Belagerung von Peru-
sia nicht, wo Lucius die Sciaven dem Huiigertode preis gab, um sein«
Krieger zu retten. No. 14. §. 59. A. 80. €3) 5 PhiJ. 7. j i 5. 13 2
64) Dclicine atque ntnores populi R. 0 Phil, 5, 10, 10. 13 ]2 rr\
Propudium i/litd et porte?itum — bellua — teterrima belhta. 10 Phil
10. 12. 11. M , 3. CG) üben \o. 14. §. 59. A. 83. f. 67) Plin. g 79
(53). Harduin glaubt, man habe ihm den Beinamen wegen seiner Ab
kunft gegeben, (Vai. M. 8 , G , 4.) weil also etwa seine Mutter, welche
Wir nicht kennen, (No. 10. fii. ) nicht ebenbürtig warj dann giU die B
Zeichnung auch von seinen «eschwislern, und sie müsste bei dem Bruder
durch den Spottnamen Creticus verdrängt sein. (No. 11. A. 5s.) j^g •
aber nicht glaublich, dass ein Antonius Orator sich zu einer solchen
Heirath entschloss ; (Suet. Oct. 19.) sondern der Name scheint sich auf
die Sitten, auf den hominem simiferum zu beziehen, welcher in Achaia
raubte, und Catilinas Freund war. 08) M. F. Die Ueberschrift zu Cic
ad Fam. 5 , 5. Goltz Fast. a. 690. ValU. Ant. No. 3. Plebiscit über die
Thermenser, unten A. 77. 78. 69) Ascon. arg. Cic. Or. in. <or cand
^ 70) Cic. 2 Phil. 23. u. 38,
34 *
532 V. ANTOMl. (31.)
Tribun oder in der prätoriscli'cn Coliorte. Da man einem Kampf
mit den Marianern entgegen sah, so Hess der Feldlierr alle Aut>-
selnvcifangen seiner 'iruppcn unbestraft;^') diess benutzte auch
Antonius, uelchcr bei der llückkehr Sullas nach Italien a. 83
mit einer Reuterschaar in diieclienland blieb und es beraiilite. ''-^
Er war zeitig genug wieder in Rom, um auch aus den
Proscriptionen Vorthcil zu ziehen. ''^^ Im Anfange des J. 81
triumphirte der Dictator über Asien und Mitlirldat , und die
römischen Grossen erschienen bekränzt und traten zum Theil
selbst bei den circensischen Spielen auf;'*J Antonius sah man
als Wagenlenker. '•"') So lange Sulla diesen beschützte, Avagto
es niemand, ihn anzugreifen. Dana aber belangte ihn Cilsar
a. 70 als Anwalt der Griechen bei dem Praetor peregn'niis M.
Lucullus Avegen Erpressungen. Er n.ihm die Hülfe der V. 'J'ri-
bunen in Anspruch , weil er unter diesen Verhältnissen nicht
auf eine unparteiische Rechtspflege rechnen könne, und stellt«
sich nicht, welches vorerst ohne Folgen blieb. '''')
Die Zeit , in Avelcher er die niederen Aemter verwaltete,
ist ungewiss. In dem Eingange eines Voll:sbeschIu6Scs über die
Thermeuscr v. J. 72 ''^) wird ein C. Antonius M. F. als desig-
nirter V. Tribun erwähnt, welcher nur der Unserige sein kann. '*)
Die Censoreu Cu. Leutulus und L. Gellius sticssen ihn a. 70
71) Sallust. B. C. 11 Pliit. Süll. 12. 72) Cic. Or. in. (og. caiid. u.
das. Asfoii. riut. Caes. 4. 73) Cic. u. Abc. I. c. 74) Fast. Cap. Tlin.
33, 5. Cic. pro I. Manil. 3. Val. IMax. 2, 8. 7. Flor. 3, 5. 11. Flui.
Süll. 34. 75) Cic. Or. in. tog. caiid. u. das. Ascon. 76) Dies. Plut. Cjutß.
4. nennt ilui Pulilius, und verlegt den Process eben so irrij^ nach JJrfe-
cUenland. S. Julii. Caes. üict. a. 7G. 77) .S. üirksen Versuche zur Kritik
V. Auslegung d, fiuellen des riini. R. S. 137. f. und das Gesetz \on ntutem
gedruckt in Orellii luscr. Vol. 2. p. 145. No. 3073. 78) Er war noch
nicht Tribun, denn obgleich oft ein erv/ählter Älagislrat ohne ditseu
Zusatz genannt wird, als wäre er schon im Amte, so ist doch da» <.'c-
gcn(hcil auch nur als Fehler in einer «itTentlicliea L'rkunde nicht denkbiir,
Kiu erwählter Tribun konnte nun aber auf kein Gesetz antragen; wiire
An(. zwei J. nach einander gewählt, so würde man ihn als tr. pl. und
Ir. j)!. dos. aufgeführt haben, und ein Jahr vor dem Tribunal war m'
nicht (luaNtor, so dass er als solcher sich hätte an das \'olk wemleu
können. Vielleicht empfahl er das (iesefz nur mit Genehmigung ili»
«orgit/endeu MngiKtrals. Kine Entscheidung ist unronglich , so Jaiigv Jir
f.iiiU- im AufunHe «'•^T l'rkunde nicht aiisgefüUl wird.
V. ANTOXir. (31.) 533
mit drei \u\A sccliszlg Amlcren aus dem Senat, ueil er die
iiundcsgeiiusseii geiilündert , sich niclit vor Gericht gestellt und
wegen seiner grossen Schulden seine Güter vei'äussert hahe; '")
doch wurde er wieder aufgenommen j**") und zwar hahl. Denn
da er mit Cicero Prütor und Consul war, so darf man kaum
zweifeln, dnss er auch die curulische Aedilität bald nacli ihm,*»''
folglich haM nach dem Jahre 69 verwaltete, und zAvar mit ei-
nciM grossen Aufwände, denn er bekleidete bei den Spielen die
Scene mit Silber. ^-'> Dann bewarb er sich mit Cicero um die
Priitur, wie dieser selbst meldet: erinnerst du dich nicht, dass
du von mir verlangtest, als Avir um die Prätur warben, ich
möchte dir die erste Steile einräumen? dass ich dir antwortete,
als du öffcr in mich drängest und unverschämt wurdest, es sei
unverschämt, zu verlangen, was dem Ohcini nie bewilligt sein
wiirdc. *'•'-' Indess bewirkte Cicero durch seine ^ erwenduns bei
den übrigen Candidatcn und bei dem Volke, dass er aus der
letzten Stelle in die dritte hinauf rückte, weshalb er ihm Un-
dank vorwarf, als er mit Catilina ihn vom Consulat auszu-
schlicssen suchte. ^*) Demnach war er a. (iü mit Cicero Prütor.
Dazu stimsiit auch die Zeit seines Consulats. Die vorlöufiire
Bewerbung der Candidaten begann der Sitte gemiiss schon a. C5
und die Mittel, deren sie sich zur Erreichung ihrer Absicht be-
dienten, V aren eben so verschieden, als ihre Aerhiiltnissc und
(lesinnungcii. Man zählte sieben, ^^^ und unter diesen zwei Pa-
trieicr, L. Sergius Catilina und P. Sulpicius Galba, *"') vier
Plebejer, unter welchen die beiden ersten zur Nobilität gehör-
ten, C. Antonius, L. Cassiiis Longiuus, s^j Q. Cornificius, ''s;
79) Ascoii. z« Cic. in (og. cand. Cio. pro Cluenf. 42. pro Flacc. 38.
liiv. Ü8. S. Cornelii Lcnlul. 80) Cic. pro Cluen». 1. c. 81) Cic. pro
niuraen. lö. fin. beweis't, dass Cicero seine ädilicisclien Spiele früher gab.
?-i) Plin. 8.^, Iß. (3). Val. Max. 2, 4. 6. Vgl. Cic. 1. c. 83) Or. in fog.
canil. s. fin. 84) Das. Nescis ^ nie praclorem ■prhnvm esse furtum etc.
Ril Kamil. 5, 5. u. 6. 85) Ascon. arg. Or. Cic. in tog. cand. Cic. pro
Wuracn. 8. ad Att, 1 , 1. (10). 80) Modesli'ssimus ntque nptimus vir.
Cic. pro Rlnraen. l. c. S. Sulpicii. 87) Mit Catilina einverstanden. Sali.
B. C. 17. .S. Cassii. 88) Piilo tr tri hoc aiit risisse aut ini;emuisse. Cie
ad All. 1. f. Kr war von dunkler Hertunft, und ohne Ansehn, ad All
1 , lo. S. Coni'ficii.
534 V. ANTOMI. (31.)
uiul C LiciiiiuK Saccrdos, **'•') endlich Cicero, der Einzige vom
Ritterstande. Catilina und Antonius verbanden sich, seine
\Nahl zu verhindern, und die Stimmen für sich zu erkaufen;
jenen hestimmtc auch Anderes, aber beide sehnten sich nach
Befreiung von ihren Schulden, und wurden von Ciisar und
Crassus begünstigt. ^*^) Mit grosser Schlauheit hatte Ciisar einen
Bruch zwischen Pompejus und der Aristocratie befördert, um
seine Feinde zu theilen; er hatte dazu beigetragen, dass das
gabinische und das manilischc (lesetz durchgieng und Pompejus
jetzt mit dem Wahne der Allmacht an der Spitze eines sieg-
reiclien Heeres in Asien stand. Aber er sah auch voraus, dass
jener sich an die Optimaten , welche seine Kiickkehr mit Furcht
erwarteten, wieder auscliliessen werde, sobald er die Nichtigkeit
seiner Siege, den Eintluss und die Absichten seines vermeint-
lichen Clienten entdeckte; er wusste ferner, dass Cicero, bisher
Democrat, weil durch den irre geführten Pompejus und durch
Cäsar die demdcratischc Faction die stärkste war, als Consul
am Ziele angelangt, sich zu den Optimaten wenden und den
wieder vereinigten Pompejanern und Aristocraten als Redner
nützen werde. Deshalb Mar er gegen ihn. Eine Zerrüttung
des Staats konnte der nicht wollen, welcher ü^er den Staat zu
herrschen gedachte, aber Catilina, welchem er nur aus der Fer-
ne , mit \'orsicht und nur bis zu einem gewissen Puncte half,
dessen Mitverscliworner er nicht war, sollte das Bestehende noch
mehr erschüttern, die Anmassung der Nobilität, ihre Schlech-
tigkeit, die Missbrüuche in ihrer Regierung noch mehr beleuch-
ten; ihr Sieg über Catilina verbürgte das Fortbestehen dieser
Cebel, wodurch sie Cäsar anheini tiel, daher der Triumph Ci-
ceros , welclier die sittlichen Grundlagen der Republik nicht
herstellte, und nicht einmal herzustellen versuchte, ihm mehr
forderlich als hinderlich Mar. Crassus konnte schon als Feind
des Pompejus dem Vertheidiger des manilischen Gesetzes nicht
ergeben sein,'^') Melcher überdiess öffentlich behauptet hatte,
das» mau jenem die Besiegung des Spartacus verdanke. ^-^
80) Vorgünger des \'erreN all Propr. in Sicilieii. Ascon. arg. Cie.
divin. in Caecil. 9ü) ABctui. «rg. Or. ("ic. in (o^^. cand. Sali. B. «;. 17
<~ic. in Catil. 2, 9. 91) Shll. I. c. 92) iu \ err. 5, 2. Manil. 10, II.
\gl. pro Seit. 31.
V. AMOMl. (31 j 535
Im Senat beschloss mau a. Gl die Strafe, mit welcher «las
ca){)urnisc}ie, von ihm sell)st gemilderte Gesetz v. J. 07 die
Amtserschleichung verpönte, '-'•^5 durch das Volk schärfen zu las-
sen, und dadurch inshesondcre Antonius und Catilina von Be-
stechungen ahzuschrecken. Der Tribun (l. Mucius Orestinus
that Einspruch, und als darüber nicht ohne eine grosse Aufre-
gung verhandelt Avurde, hielt Cicero gegen jene Mitbewerber
die Rede, von welcher wir noch Bruchstücke besitzen,-'*) und
worin er Cäsar und Crassus sehr schonte , und desto rücksichts-
loser sich über die Vergehungen und den Undank des Antonius
verbreitete. Dieser sowohl als Catilina vertheidigten sich, und
spotteten über ihn als Emporkömmling, doch waren die Reden
unter ihren Namen, Avelche Asconius las, von seinen Feinden
untergeschoben. ^■') Er wurde einstimmig ge-wählt; auch Antonius
sah seine Wünsclie erfüllt, er hatte aber nur wenige Stimmen
mehr als Catilina.^''-) Um ihn zu gewinnen, überliess ihm Ci-
cero Macedonien, wo er als Proconsul mehr Schätze zu sammeln
hoffte, als in der anderen Consular- Provinz Gallien; von Sei-
ten des Redners ein geringes Opfer, wie sehr er es sich auch
anrechnete , ^^j denn er liebte es nicht, sich von Rom zu ent-
fernen , und anders als mit Worten Schlachten zu liefern : '•"*'
daher gieng er auch nicht nach Gallien, mit dem unglücklichen
Erfolge, dass er a. 51 als Statthalter nach Cilicien in die Nähe
der furchtbaren Parther geschickt wurde.
Demnach war Antonius a. 63 Consul mit Cicero , ^^) und
seine Stellung von der Art, dass sie nicht ungünstiger gedacht
werden kann. Die gänzliche Zerrüttung seines Vermögens machte
ihm eine Umkehr der Dinge wünschcnswerth , als Consul sollte
er diese verhindern; er mochte die Dinge wenigstens gehen
lassen, und die unbedingte Vollmacht, welche die Consuln vom
03) Die 30, 21. Vgl. 37, 29. Ci'c. pro Muraen. 23. 32. pro Cornel.
9']) Or. in toga cand. s. Ascon. arg. 95) Asc. das. commentar. fin. u.
Meyer Orat. Rom. Fragrn. p. 187. 9G) Asc. I. c. 97) in Pison. 2. 11
Phil. 10. Sali. B. C. 20. Plut. Cic. 12. Dio37, 33. Q») Qiias ego pugnai
et qiiantas strages edidi? ad Att. 1 , 10. 99) Cic. in Catil. 3, C. pro
dorn. IC. pro Sext. 3. pro Goel. 31. ad Famil. 5, 2. Sali. B. C. 24. Suet.
Octav. 5. Piin. 8, 79. (53.) Kutrop. 0, 15. (12). Flor. 4, I. 5. Plut.
Die. 11. li. üio 37, 10. 30, 38, lO. App. l, 431.
536 V. ANTOXII. (31.)
Senat erhielten , ^^^) Tcrpfliclitete sie auf das kräftigste einzu-
greifen und legte ihnen die höchste Verantwortlichkeit auf; ei
wollte nicht unmittelbar gegen Catilina auftreten, und man
schickte ihn mit einem Heere ins Feld, weil Cicero für gut
fand, das Schwierigste und Gefährlichste, die Hauptsache, ihm
zu überlassen. Er handelte also aus Zwang, und niemand
dankte ihm; er wurde vorgesclioben zur Blutarbeit, ohne welche
die Erwürgung der Wehrlosen und das Reden in Rom fruchtlos
war, und Cicero behielt allen Ruhm sich allein vor, '^ machte
das Meisterstück bemerklich , dass er ihn gegen seinen AViilen
in Thätigkeit setzte. Den Optimaten Avar er ein Catilinarier, -
den Catilinariern ein Leberläufer, den Unbefangenen ein Ehrlo-
ser oder SchAvächling, welcher that, was er nicht wollte, Allen
in Italien und in den Provinzen, welche es empörte, dass
die Nobilität unter den Namen Republik und Vaterland ihre
angemassten Vorrechte vertheidigte , den ausschliessliclicn Re-
sitz der Ehrenstellcn, und die ßefugniss, auf Kosten des Reichs
zu schwelgen, war er ein zwiefacher Verräther: er hatte nicht
einmal die Meinung für sicli, dass er zur guten Sache über-
getreten sei, denn die gute Sache war auf keiner Seite. ^)
Cicero schickte den Prütor Q. Melellus Celer , welcher im
folgenden Jahre an seiner Stelle und mit dem Titel eines Pro-
consul.das cisalpinische Gallien verwaltete, ^j nach Picenum und
in das ehemalige Gebiet der senonischen Gallier, ^) südlich vom
Rubicon, mit drei Legionen*') die Truppen des Catilina in
Etrurien zu beobachten, und einen Aufstand zu verhindern.
Gegen Ende des Jahrs zog Antonius nach Etrurien, worauf
auch Metellus näher rückte und am Fusse der Apenninen lagerte.
Der Feind wurde eingeschlossen und wandte sich a. 62 gegen
Antonius, in der Hoffnung, dass er ihm freien Durchzug nach
den Alpen gestatten Averde. Allein der Proconsul durfte die
Aristocratic nicht täuschen; nur mochte er selbst seinem altcu
100) Sali. 29. Plut. Cic. 15. 1) Vgl. die Zusammenstellung des
Antonius mit Cicero in 3 Catil. G. 2) Cic. pro Se::t. 3. pro Coel. 31.
Sali. 26. Die 37, 30. 39. Pluf. Cic. 12. 3) Sali. 38. (39. ed. Haverc.)
4) Cic. ad Farn. 5, 1. 2. 5) ^gcr J'icrnus et Ga'Jicus. Ders. in Catil.
2, 3. 12. ad l'am. 5, 2. Plut. Cic. IG. Dio 37, 33. 39. ü) Sallusf.
57. (59.)
V. ANTüNil. (31.) 537
Verbündeten, welcher schon von einem g'/ossen ThcIIe seiner
l\rlcger verlassen war, den Toilcsstoss nicht versetzen, und
iil)crtriig unter dem Vorgehen, dass er an der Cicht in de»
Füssen leide, ^) den Obcrbcfelil seinem Legaten RI. Pctrejits.
Dieser, ein muthiger und crfalirencr Anführer, war dnrcli P.
Sextiiis verstärkt, Avelchcr im vorigen Jahre als Quästor die
Anhänger der Verschworenen aus Capua vertrieben hatte, ^) und
entschied noch im Winter^) hei Pistoria (Pistorium, jetzt Pi-
stoja) in Etrurien , wo Catilina fiel, '") und Antonius, da un-
ter seinen Auspicien gefochten war, ") Imperator M'urdc. '-)
Lictoren , deren Fasccs Lorheeren sclimückten , '^) heglei-
teten Antonius in seine Provinz Macedonicn. Sie sollte durch
ihn zuerst empfinden, dass wenigstens für die Unterjochten durch
den l5>ieg über Catiüna nichts gewonnen sei , denn er beraubte
sie mit um so grösserer Frechlieit, i^) da er auf sie angewiesen
und mit dieser Anweisung erkauft Mar. Man sagte sich ia Koni,
und die zahlreiclie Partei, von welcher Cicero wegen der Er-
mordung der Catilinarier und als Emporkömmling gehasst wur-
de, verbreitete, dass dieser nach einem geheimen Vertrage und
7,um Ersatz für den Tausch den Rauh mit üim theile; Antonius
selbst sollte es geäussert haben mit dem Bemerken , deshalb sei
Hilarus bei ihm, der Freigelassene seines ehemaligen CoUegen,
und in der Schule des Atticus zu einem tüchtigen Rechner ere-
bildet. '^) Dass Cicero nichts erhielt, ist gewiss; '^j er beklagte
sich darüber, dass Antonius ihm auf keine Art seine Dankbar-
keit beweise, und sogar, wie später Clodlus, über sein: ich
habe vernommen, dessen er sich aus Vorsicht bei den Verhand-
lungen über Catilina bediente, gespottet habe. Der Aufenthalt
des Hilarus in der Provinz musste Verdacht erregen, welcher
7) DerB. 59. (G2.) Dio 37 , 39. Bei Cic. pr» Sext. 5. findet sich
die Entschuldigung, welilie zugleich die grösste Bitterkeit in sich schliesst,
es sei aus Furchtsamkeit geschehen \ die Parlher rächten es. 8) Cic.
pro Sext. 3 — 5. ö) Das. 5. 10) Sallust. CO. (03). Cic. pro riace. 2.
liiv. 103. Veliej. 2, 35. Val. Max. 2, S. 7. Eutrop. G, 15. (12.) Flor. 4,
1. §. 5. u. 11. Obseq. 123. Dio 37, 40. App. 2, 431. Plut. Cic. 22. 11)
Cic. pro P'lacc. 1. c. pro Coel. 31. Liv. Eutrop. Flor. Valer. M. App.
riut. IJ. cc. 12) Cic. ad Farn. 5, 5. Dio u. Obseq. 11. cc. 13) Obseq. I. c.
14) Unten A. 21. f. 15; ad Attic. 1 , 12. lü) ad Fain. 5, 5.
538 V. ANTONII. (31.)
dadurch nicht entkräftet wird , dass Cicero des Undanks mit
milden Ausdrücken gedenkt, während er sonst bei Beleidigungen
sehr heftig wurde, besonders wenn sie sich auf sein Consulat
bezogen, dass er Antonius in dieser Zeit im Senat in Schutz
rahm und dann auch vor Gericht vertheidigtc, und später als
Statthalter von Cilicien ohnerachtct seiner von ihm selbst ge-
priesenen Uneigcnnützigkeit und Redlichkeit eine bedeutende
Summe in Cistophoren erwarb. '"')
Antonius plünderte auch die Bundesgenossen und die Bar-
baren in der Umgegend, die Letzteren zugleich in der Absicht,
sich Ansprüche auf einen Triumph zu verschaffen. Allein die
Dardanier und ihre Nachbaren schlugen ihn zurück, und be-
mächtigten sich der Beute , nachdem er mit der Reuterei ent-
flohen war. '^^^ Im Senat trug man darauf an, ihn abzurufen
und vor Gericht zu stellen, welches Cicero verhinderte, i^) Die-
ser schrieb am 1. Januar (jl an Atticus , auch Pompejus, wel-
chen man jetzt aus Asien erwartete, werde die Sache in Anre-
gung bringen, und der Prätor sich an das Volk wenden ;2ö)
ihm selbst gab er zu erkennen, er gehe schwierigen Zeiten ent-
gegen und könne nur auf seinen Beistand rechnen , wenn er
aufhöre, undankbar zu sein.^O a. CO erhielt er den Proprätor
C. üctavius, Vater des Augustus im Nachfolger, --) doch war
er im Anfange des Dccember noch nicht wieder in Rom, wo
man seinen Process vorbereitete. -^^
Er wurde a. 59 unter Cäsars Consulat -*) als Mitschuldiger
Catilinas wegen Majestätsverbrechen von M. Coelius,-^) einem
jur 'cn Manne, welcher sich durch seine Schwelgerei und unge-
zähmte Heftigkeit berüchtigt machte, bei einem Prätor belangt,
dessen Name unbekannt ist, ^O und von C. Caninius Gallus,
17) ad Attic. 11. 1. S. Tullii. u. oben Annü. No. 10. §. 3; A. 77. f.
18) Dio 38, 10. Liv. 103, Obseq. 123. 19) ad Famil. 5, C. 20) ad Altic.
J, 12. 21) ad Farn. 5, 5. 22) Cic. ad Altic. 2, 1. Vellej. 2, 59. Suet.
Oct. 3. 23) ad Att. 2, 2. 24) Dio 38, 10. 25) Cic. pro Coel. 7. 31.
Stellen, aus welchen sich ergiebt, dass er bei diesem ProceBse auftraf.
Tgl. Quiiitil. 4, 2. §. 123. u. 9, 3. §. 58. ed. Spald. u. Meyer Orat.
Itoni. Fra^m. \>. 19G. 20) Nicht bei Cn. henf ulus ; derselbe Prätor koiuife
•icht in Gerichleii dr maictlrrtc^ u. de. pernn. rrprt. den Vorsiti hal.in.
V. ANTONII. (31.) 539
seinem künftigen Sclnvlegeisoline, ^^) dessen Mitankläger Q. Fa-
bius Maxiiiius war, -'*) bei dem Prätor Cn. Lentulus Clodianus, 2'J)
Avegen l'^pressungen. Nun erst brachte der V. Tribun P. Vatl-
nius, ein Werkzeug Cäsars, welchfer die Optiniaten fortwährend
J5U schwächen und zu erniedrigen suchte , ein Gesetz an das
Volk, nach welchem Kläger und Beklagter die Richter einmal
Sollten verwerfen können, jedoch nur in Sachen, welche ma/i
von jetzt an anhängig machen werde. Obgleich die Rogation
vorzüglich die Beklagten zu sichern schien, so hatte doch nuu
Antonius keinen Vortlieil davon. ^^)
Noch fühlbarer wurde Cäsars Einwirkung seinem Anwälte
Cicero. \o\\ Ingrimm über den Herrscherbund, welcher seine
vermeintliche Grossthat v. J. 63 so schnell in ihrem Nichts
zeigte, und ihn in den Hintergrund schob, sprach er in seiner
Rede mit Bitterkeit über den Zustand der Republik. Cäsar
verlangte als das wahre Haupt des Triumvirats nur Schweigen
von ihm, er hielt aber auch in P. Clodius, seinem Feinde seit
dem J. 61 eine Geissei für ihn in Bereitschaft; diess wusste er,
und mässigte sich, bis nun die Vertheidigung des Consuls v. J.
63 ihn so lebhaft an seinen vormaligen Glanz und an seine
jetzige Schmach erinnerte, dass er sich übereilte; an demselben
Tage, drei Uhr Nachmittags, wurde Clodius von einem Plebejer
adoptirt und damit wahlfähig zum Tribunat, in welchem er
Cicero verfolgen konnte. ^i)
Dieser rettete seinen Clienten nicht , welcher sich nach
Sullas Gesetzen ^-) zu einer Geldbusse und zum Exil verurtheilt
27) Val. Max. 4, 2. 6. weicher ihn richtig als Hauptanllager be-
eeichnet. 28) Der Zusanimeiibang in Cic. in Vatin. 11. lehrt, dasa
dieser wegen repet. aiillagte. 29) in Vatin. 11. 30) Das. 31) Cic.
pro dorn. 16. Suet. Caes. 20. (A. V.) de vir. ill. 81. Dio 38, 10. 32)
Leges Corneliae de repet. et de maiest. Von Cäsar erhielt man eine
L. Julia de rep. in diesem Jahre; da aber Cicero im April auf dem
f.ande die .Adoption des Clodius als etwas schon Geschehenes erwähnt,
ad Attic. 2, 12. so gehört der Process in die ersten Monate des Jahrs,
wo der Consul sein (resetz wahrscheinlich noch nicht gegeben halte,
weil Wichtigeres ihn beschäftigte, wie es zweifelhaft ist, wann er die
L. de maicxt, hiiuufügte. Cic. 1. Fhil. 0. (lO).
540 V. ANTÜNII. (32.)
sali. ■'•') Er Legal» sicli iiacli Ccpliallcnia, wo man ilim zu schal-
ten erlaubte, als sei er Besitzer der Insel; JStrabo berichtet,
dass er sogar eine Stadt gründete, den Bau aber vor seiner
Herstellung nicht vollendete. "*) Man erwartete, dass sein Nell'e
M. Antonius a. 19 als V. Tribun und vor Allem als Cünstlinu:
und Stellvertreter Ciisars in Italien ilm zurückrufen werde,
■welches nicht geschah. Auf die Zeit dieses Tribunats, uicht auf
das J. 44 bezieht sich Cicero, wenn er die Härte des Netten
rüürt. ^^) Dieser durfte zwar im ersten Jahre des Bürtierkriejjs
in manchen Dingen sehr willkiihrlich verfahren, in anderen
liatte er aber seine gemessenen Befehle, '■^'^J Avclches Calenus in
einer erdichteten Rede bei Dio •'^^ auch in jener Hinsicht zu sei-
ner Entschuldigung anführt. Der Dictator selbst endigte .später
das Exil des Antonius, vielleicht als er a. 47 «arh den Krie-
gen im Osten über Criccliciiland nach Italien zurückkam; dass
jener am I.Januar 44 einer Senatssitzung beiwohnte, erfahren
wir durch Cicero. "^) Er scheint Cäsar nicht lange überlebt zu
haben, und hinterliess den Ruf, dass er den Willen aber nicht
die Kraft gehabt habe, ein Catilina zu sein. ■^^^
32. 33. Die ältere und jüngere Antonia. Welche unter
diesen beiden Töchtern des Vorigen mit C. Cauinius Claliiis ^"'
oder mit M- Antonius (No. 14.) verheirathet war, ist ungewiss:
Glandorp glaubt,'*') es sei nur an Eine zu denken, welche sich
zuerst mit jenem, dann mit diesem vermählte; man findet aber
nicht, dass sie sich von Cauinius trennte, und doch lebte ei
noch, als Antonius die Tochter seines Oheims '^-■) heirathelr.
Cauinius hatte a. 59 seinen nachmaligen Schwiegervater ange-
33) Cic. pro Flacc. 2. 38. pro Coel. 3). 2 l'hil. 23. 38. wo die
Ausleger, (ed. Wernsd. Tom. 1. p. 383. u. 504. f.) insbesondere Abra
niius sich duroh Dio 38, 10. haben irre leiten lassen. Dieser sagt,
Antonius sei nur wegen Erpressungen verurtlicilt , welches jene ersten
Stellen in Ciceros Reden widerlegen, aber auch Kerrat. Kp. 1, 11. be-
hauptet. 31) 10, 455. 35) /// eodem In'hunrrlu. 2 Phil. 23. 38. Dio -lö,
47. 40, iJ. Vgl. Üben No. 11. §. 3. A. 14. §. 14, A. 33. 30) ad Atl.
10, 10. 37) 46, 15. 38) 2 l'hil. 38. Vgl. Straho 10, 455. Gland. Onoui.
p. 70. Wetzet zu Cic. ad Famil. p. 105. Abrani. u. A. zu Cic. II. cc. ha-
ben hier das Rechte verfehlt. 39) \t)cuil npi/iio malrjirii cogHati. Cic.
pro Coel. 31. 40) Valer. Max. 4, 2. G. 41) Onoiu. p. 80. 42) üororein
{palnielcui). Cic. 2 l'hil. 38.
V. ANTONII. (31.) 541
klagt ;^'') als V. Tribun begünstigte er a. 50 Pompejus, auch
gcliörtc er zu den Freunden des Varro. Es ist nicht unwahr-
scheinlich, diiss Antonius hei seiner Scheidung a. 47 einen ver-
botenen IJuigang zwischen Antonia und dem damaligen V, Tri-
bun P. Dolubella nur zum Verwände nahm, weil er eine andere
Verbindung eingehen wollte ; '^^'> da er aber am ] . Januar 44
üftcntlich im ISenat und in Cegenwart ihres A'aters von ihrem
Ehebruche sprach, so konnte es ihm nicht ganz an Beweisen
fehlen, obgleich Cicero iin-e Unschuld behauptet.'*^)
31. Antonia, Tochter des Antonius Orator. (No. 10.)
Sie wurde in Italien selbst auf einer Reise von den Seeräubera
ergrili'cn, über weiche ihr Vater triumphirt hatte, und musste
sich mit einer grossen Summe lösen. '^^^
43) Oben No. 31. S. Caninii. 44) Cic. I. c. Mit FulvJa, nicM mit
Cytheris (oben No. 1 !. §. 72. A. 48.) denn diese war seine Buhkrinn.
4;')) 1. c. Plut. Anton. 9. 46) Plu(. Ponipej. 21.
542 ItUrsicfii der GeschkhU
üebersicht
der Geschichte des Triiimvir M. Antonius.
Antonii. No. 14.
§. 1.
Kleine Geburt und Jugend. Verbindunj^en mit Curio und Clodius,
Reise nach Griechenland. Feldziige unter Gabinius im Osten und
unter Cäsar in Gallien.
§. 2.
a. 53. Geht nacK Rom; wirbt, von Cäsar und Cicero begünstigt,
um die Quästur.
a. 52. Quiistor. Kehrt zu Cäsar nach Gallien zurück.
a. 51. Noch in Gallien.
a. 50. Nach Rom ; wird Augur. Am 10. December V. Tribun ;
greift Pompejus an.
§. 3.
a. 49. V. Tribun. Als Anhänger Cäsars am 6. Januar mit sei-
nem Collegen Q. Cassius aus der Curie verwiesen. Zu Cäsar;
kämpft als dessen Legat in Italien. Erhält hier während des Feld-
zugs in Spanien den Obe '»efehl ; ist Cäsar treu und milde gegen
Cicero. Reise in Italien, deren Zweck Cicero verkennt.
§. 4.
a. 48. Führt Cäsar Truppen nach gegen Pompejus. Dyrrha-
chium, Pharsalus. Zur Bewachung Italiens nacli Rom. Grossmutli
gegen Cicero. Thütig, wenn es gilt, und iibrif^ens ausschweifend,
(n der Mitte des J. Mag. Kqu. Cäsara auf ein Jahr.
* des Triumvir M. Antonius. 543
§. 5.
a. 47. Aussrinveifungen. Reise in Italien. Unruhen durch den
V. Trib. Dolabella, Meuterei unter den Truppen. A. kauft einen
grossen Theil der Güter des Pompejus, und zahlt nicht.
§. 6.
a. 46. Daher Spannung zwischen ihm und Cäsar. Begleitet
diesen nicht nach Afrika. Jleirathet Fulvia. Geht nicht mit Cäsar
nach Spanien.
a. 45. Geht ihm bis Gallien entgegen; kommt plötzlich zurück;
Missdeutung und Schrecken in Rom. Im Herbste wieder nach Nar-
bo, Cäsar zu empfangen; Trebonlus sucht ihn für eine Verschwö-
rung zu gewinnen ; er versöhnt sich mit Cäsar. AVird Flamen des
neuen Jupiter und Lupercus.
§. 7.
a. 44. Consul mit Cäsar, und nach dessen Tode mit h. Dola-
bella. Streit mit diesem. Sucht zu bewirken , dass Cäsar als Kö-
nig anerkannt wird. Ermordung Cüsars am 15. März. A. wird
verschont ; er verbirgt sich.
§. 8.
(a. 44.) Die Mörder auf das Capitol. Sie haben nichts vorbe-
reitet. Am Abend des 15. Märzes Cicero und A. zu ihnen. Cicero
will, M. Brutus und C. Cassius sollen als Prätoren den Senat ver-
sammeln; Brutus verweis't aus Achtung vo. der Verfassung an
Antonius.
§. 9.
(a. 44.) Dieser bemächtigt sich in der Nacht vom 15. auf den
16. März des Schatzes, und erhält Cäsars Privatschatz und Papiere;
M. Lepidus, Mag. Eou. führt Truppen in die Stadt, um die Herr-
schaft an sich zu reissen. A. macht ihn zu seinem AVerkzeuge.
16. März. Die Verschworenen lassen die Stimmung des Volks er-
forschen. Der Prätor Cinna. Dolabella tritt als Consul auf, und
begiebt sich auf das Capitol. Die Verschworenen mit ihm auf den
Markt; Rede des M. Brutus; das Volk schweigt; Rückkehr auf das
Capitol. Gesandtschaft an Antonius ; er überlässt die Entscheidung
dem Senat. Allgemeine Aufregung.
§• 10.
(a. 44.) 17. März, Senats - Versammlung im Tempel der Tel-
lu«. Der Prätor Cinna. Die Verschworenen kommen nicht. A. wen
544 Uebersicht der Gesc/iichla
det sii-h an d^n Eigennutz, wodurch er seino CJfgner tlieilt; frucht-
loser Versuch, mit Lopidus die Menge aufzureizen. Seine l::rklii-
rung: für die Mörder Cäsars sei keine Sicherheit, wenn man nicht
dessen Gesetze bestätige; diese werden bestätigt und jene begna-
digt. Cicero. Bescliluss, Cäsar oirentlich zu begraben und sein Te-
stament bekannt zu machen, L. Piso.
§. II.
( a. 44.) Indes3 rufen die Verschworenen das Volk auf das Ca-
pitol. Kede des M. Brutus. Ciceros llede an das Volk. Jene kommen
gegen («eisseln auf den Markt. Eewirthung.
Am 18. Mürz erscheinen sie im Senat. Bestätigung der Verfü-
gung Cäsars über ihre Provinzen.
§. 12.
(a. 44.) A. lässt das Testament Cäsars eröffnen. Inhalt. Das
Volk wird durch die Legate gegen die Mörder erbittert. Leichen-
begüngniss ; Antonius Rede auf dem Markte. Die Verschworenen
entfernen sich. Cäsars Körper auf dem Markte verbrannt; Angriff
auf die V» ohnungen der Mörder. Der Tribun llelvius Cinna. A.
stellt die Ordnung wieder her.
§. 13.
(a. 44.) Er scheint mit dem Senat einverstanden ; beruhigt über
den Inhalt der Papiere Cäsars. Abschaffung der Dictatur. Der fal-
sche ]\Iariu8 erriclitet Cäsar einen Altar auf dem Markte; A. lässt
ihn tüdten.
§■ li.
(a. 44.) A. erhält eine Leibwache. Wuchert mit Cäsars Pa-
pieren; der Schreiber Fabcrius. Sex. Clodius kommt aus dem Exil
zurück und wird beschenkt. Auch Fulvia bereichert sich. Der Se-
nat beschliesst eine Untersuchung darüber anzustellen, was wirklich
Gesetz Cäsars sei. Ackergesetz des V. Trib. L. Antonius; A. Se-
ptemvir; Cicero fürchtet für seine Besitzungen; sein llass gegen L.
Ant. welcher ihn beruhigt. A. Gesetz über die Gerichte. Gesetze
über die Provocatiim , und iiber die Wulil der Priester. ]\I. Lepidus
Pontifex M. Gesetz über die Dauer der Provinzial- Verwaltung.
§. !.').
(tt. 44.) Vergleich mit Sex. Pompejus durch T>epidus. Oc^a-
>ian kommt im April von Apollonia /.urü. k. Er tritt als Privateibe
auf und licuciielt Ein furcht gegen Cicero; am Ende des April n.itii
des Triumvtr M. Antonius, 545
Rom. Spine bpclenkliclie liagp und nesoniifiiTieit; seine Politik; zu-
fälli;je Umstünde , \n piche ilin bep;ün.stis;ten. Er erklärt sich viir dem
Prätor 7.U Cäsars Erben und Sohn. Rede an das Volk, Streit mit
dem Aedil Critonius.
Antonius kehrt nach der Mitte des Mai von einer Reise in Ita-
lien nach Rom zunick ; schlechter Empfkng des Oetavian , Avelcher
Cäsars Nachlass fordert, und mit grossem Aufsehn Güter der Seini
gen feil bietet, die Legate zu zahlen. A. sucht diess zu hindern
und auch die Restiitigung der Adoption durch ein Curiatgesetz.
Spiele zu Ehren der Venus auf Octavians A'eranstaltung ; Xer-
handlungen darüber zwischen Matius und Cicero; A. stört die Feier.
Versöhnung mit Oct. Neuer Streit bei der Wahl der Tribüne.
§. 16.
( a. 44.) A. Reise in Italien im April und Mai, die Veteranen
zn ge\< innen; bacchantischer Aufzug; Ciceros Aeusserungen darüber,
welchem A. auch jetzt Aufmerksamkeit beweist, L'nzufriedf-nheit
und Widerstand der alten Colonisten. Rückkehr nach Rom mit vie-
len Bewaffneten.
Dulabella zerstört den Altar Cäsars vor dem 1. Mai unter vielen
Grausamkeiten. Freude der Grossen auf den Villen; Cicero dankt-
man rechnet auf einen Bruch zwischen Dolabella und A. Dieser be-
sticht ihn, und errichtet nach seiner Ankunft in Rom Cäsar eine
Statue mit einer Inschrift, welche die Mörder verdammt.
(a. 44.) Die Verschworenen. M. Brutus und Casslus verlas-
»en Rom erst gegen die Mitte des ^pril, früher als D. Brutus, wel-
cher nach dem cisalpinischen Gallien geht, Alpenvölker bekrieo-t
und einen Triumph wünscht. Trebonius nach Asia; Tillius Cimber
nach Kithynien.
M. Brutus und Cassius bleiben in Erwartung günstiger Ereig-nis-
se bis zum September in der Nähe von Rom. Ihre Unthäti<rkeit
und Feigheit; Cicero klagt; er wünscht, dass sie nach Rom <-ehen
und ihm Bahn machen, will aber keine Zusammenkunft mit ihnen
um nicht verdächtig zu werden; kann ihr nicht ausweichen. Sie
fragen Antonius, ob sie am I. Juni mit Sicherheit im Senat sein
können. Einfluss der Frauen auf sie.
Als Prätoren verpflichtet, in Rom zu sein, werden sie am 5
Juni vom Senat davon entbunden; sie sollen Getraide kaufen. Bru
tus in Creta, Cassius in Cyrene. Cicero räth, sich darin zu füffen
weil sie ihm lästig sind. Daber ziehen .sie Schiffe zusammen doch
will Brutus die Wirkung der Spiele erwarten, welche sein Collesre
C. Antonius am 7. Juli f. für ihn giebt; das Volk regt sirh nicht
itruuanii , OcsvJiicblc Kunis I- Oft
j46 Üeberaicht der Gesc/iic/itt
Antonius sucht sie aus Italien fortzuscheuchen. Cicero schifft sich
ein: er kehrt zurück, geht nach Rom, aber nicht in den Senat. Die
beiden Befreier, nichts mehr hortend, begeben sich im September
nacli Athen und weiter in die ihnen von Cäsar bestimmten Provin-
zen Macedonien und Syrien.
§. 18.
(a. 44.) Cicero. Lebt nach Ciisars Ermordung auf seinen Gü-
tern; er hat seine Freude darüber geäussert und fürchtet Antonius,
die Veteranen und einen Krieg, worin er wird Partei ergreifen müs-
sen; man soll gegen Antonius kämpfen, aber ohne ihn. Diesen
hasst er, Aveil er ihn hindert, seine frühere Stellung wieder einzu-
nehmen; aber er mag auch keinen andern Cäsarianer sehen. Er
sehnte sich nach Rom, dachte ungern daran, nun auch Italien zu
verlassen, zumal da er seinen Ruf als eifrigster Freund der Repu-
blik dann gänzlich verlieren musste. In den Briefen an Atticus giebt
er falsche Gründe au. Scherz des Atticus.
§. 19.
( a. 44.) Cicero. Sein Zustand in dieser Zeit. Selbstanklage.
— Urtheil über sein Verfahren — Gefühl des Nichts; Beschäftigung
mit Bücherschreiben und mit der Philosophie. Cäsarianer kommen
zu ihm , mit ihm zu declamiren. Erzwungener Verkehr mit Octa-
vian und mit dessen Feinden, den Verschworenen. Lästige und be-
denkliche Besuche der IMissvergnügten auf den benachbarten Villen.
Bitterkeit und JMisstrauen. Seine Urtheile über die Cäsarianer über
die eigenen Parteigenossen , besonders über die Consulare und über
Brutus und Cassius.
Ent\\ürfe bei einer Entfernung von Italien einen scheinbaren
Vorwand zu gewinnen; eine freie, eine Votiv-Ge.san<ltschaft kommt
in Frage; am 2. Juni musste ihn Dolabella zu seinem Legaten er-
nennen; dann will er mit M. Brutus reisen, doch zögert dieser zu
lange. Am 17. Juli schifft er sich ein; Stürme treiben ihn im An-
fange des August nach Leucopetra zurück; er hört Gutes von An-
tonius, und dass man seine Reise tadelt; am 31. August ist er wie-
der in Rom.
§. 20.
fa. 44.) Antonius. Seine Pläne. Geheimes Einverständniss mit
Dolabella, Avehhem das Volk Syrien giebt, als der Senat es ver-
weigert, und die macedonischen Legionen. A. erhält Macedonien
vom Senat; jene Legionen hat ihm Dol. insgeheim abgetreten, und
der Senat bestätigt es; er wird jetzt nicht Imperator I. Man hofft,
er werde im nächsten J. nach Macedonien gehen.
des Triuinvir M. Antonius. 547
Senat am 1. Juni: Commissinn zur Uiitersucliung der Papiere
Cäsars; am 5. Juni: Besclilüsse über die Provinzen; J^rutii.s soll in
Creta, Cassius in Cyrene Getraide kaufen. A. verlangt das cisalpi
nisclic Cjiallien, welches ilim D. Brutus gegen Macedonien überlas-
sen soll ; der Sf-nat verweigert es, das Volk gesteht es ihm zu un-
ter Mitwirkung des Octavian. l'lebiscit: die Verwaltung der Con-
sular - Provinzen solle sechs J. dauern. So hofft A. eine Provinz
und ein Heer in der Nähe Roms zu haben , wie einst Cäsar.
§. 21.
(a. 44.) Senat am 1. August: L. Piso tritt gegen A. auf, wird
nicht unterstützt; für Cicero liegt ein Vorwurf darin; er kommt am
31. August nach Rom zurück.
Die Philippiken. Einleitung. Was bestimmte Cicero
zum Kampfe mit Antonius? Nach seiner Versicherung der Wunsch,
die Republik zu retten, nicht ein Partei — oder Privatinteresse,
wie A. behauptet; wer also gegen oder auch nur nicht für ihn ist,
ist gegen die Republik; am schlechtesten zeigen sich die Consulare.
Daher vertritt Cicero den Senat; das Volk erkennt die Reinheit sei-
ner Gesinnungen; seine Neider sprechen von einem Principat. Er
giebt aus eigener 3Iachtfülle den Statthaltern Befelile oder Rath
oder Verweise, und macht ihnen Versprechungen, und sie wenden
sich an ihn, als an den Ersten im Staate.
§. 22.
(a. 44.) Ciceros Grundsatz, gegen den Feind des Staats sei je-
dem alles erlaubt; rastloses Streben, zu bewirken, dass A. für einen
Feind des Staats erklärt wird ; diess der Hauptzweck der Philippi-
ken. Gleichzeitige tinterhandlungen mit den Statthaltern , sie im
Hasse gegen A. zu bestärken, sie zum Kampfe mit ihm heranzu-
ziehen, oder sich einen Zufluchtsort bei ihnen zu sichern.
§. 23.
fa. 44). Cicero empfiehlt und befördert revolutionäre und anar-
chische Maassregeln, um A. zu stürzen. Man soll diesen nicht als
Consul anerkennen; Senats- und Volksbeschlüsse, welche ihn be-
günstigen, sind nicht gültig; der Senat weigert sich, ihn als Reichs-
feind zu ächten, man muss ihn dennoch so nennen und darnach
handeln. Herabwürdigung des unfolgsamen Senats in der Curie, vor
dem Volke und in Briefen; Versuche, durch das Volk den Senat
zur Nachgiebigkeit zu zwingen; falsche Deutung seiner Beschlüsse;
Bestrebungen, ihn und das Volk in eine solche Stellung zu brin-
gen, worin eine Versöhnung mit A. unmöglich wird.
r
r)4S Uebersicht der Geschichte
§• 24.
(a. 44.) Cicero hillia^t öflpntlich den Ungeliorsani der Heere
und ihrer Anfüiirer ;jfgen den Senat, und fcirdert dazu auf. Er
untergräl)t das Ansehn der Magistrate, und verachtt-t Gesetz und
Verfassung, wenn sie ihm bei seinen Entwürfen gegen A. hiuder-
iich sind.
§. 25.
(a. 44.) Er ist seiner Aufgabe nicht gewachsen und wirft sich
in die Arme üctavians. Gleichwohl führt er fort, Cäsar und die
Cüsarianer zu schmähen unH die Verschworenen zu be^jünstisren.
Zweideutiges Verfahren gegen den Sohn Cäsars, welcher ihn ohne-
hin nur zur Demütliigung des A. benutzen will, und sich nun um
so gewisser von ihm und von der Aristocratie abwendet.
Schluss, Cicero kann bis zu den Gefechten bei Mutina in kei-
nem entscheidenden Puncte gegen A. durchdringen ; dass dieser un-
terliegt, ist nicht sein Werk. Der Streit zwischen ihm und A. ist
rein per.siinlich und von ihm veranlasst; der Gegen.itand des Streits
ist das höchste Ansebn ; beide bedienen sich verwerflicher Mittel.
Was von Cicero als Sieger zu erwarten war.
§. 26.
(a. 44.) Rückkehr zur Geschichte. Als Cicero wieder naih
Rom kommt, ist Antonius so weit erstarkt, dass er sich offen für
die Cüsarianer erklären kann. Es geschieht am 1. Sept. im Senat
im Tempel der Concordia. Supplication für Cäsur ; der Senat wird
dadurch genöthigt, sich auch zu erklären. Cicero erscheint nicht,
A. drolit, sein Haus nieder>.ureissen.
Am 2. Sept. Senat im T. der Concordia. Cicero kommt, A,
nicht. 1 Philippika. Der Redner will sich wegen seiner Abwe-
senheit rechtfertigen und einen Krieg gegen A, vorbereiten.
§. 27.
(a. 44.) Ciceros Auftreten verändert nichts. A. setzt auf den
19. September eine Senatsversammlung an. Sie wird im 'I'. der Cmi-
rordia gehalten, nachdem er sicii angeblich auf dem Lande vorbe-
reitet hat. Cicero findet sich nicht ein, A. sclimäht; jener verfasst
eine schriftliche Antwort, welche er erst später bekannt macht;
2 Philippika: er werde als Vertheidiger der Republik von A.
angefeindet, welcher ein verä htlicher Mensch seii Schilderung sei-
nes Lehens. Zeigt sich vom 2. Sept. bis zun» 20. Dechr. nicht int
Senat, geht aber erst int Anlange des üctober vueder auf das Land,
und kommt am !). üecemb. iurück.
des Triavivir M. Antonius. 549
§. 28.
(a. 44.) A. versöhnt sich auf Verlangen der Veteranen mit
Octavian. Er beschuldigt ihn, dass er ihm nachstelle, welches er-
wiedert wird. Um die Veteranen zu gewinnen, trägt er seinen
Hass gegen die Verschworenen zur Schau. Rede an das Volk am
2. October; Canutius. Octavian hat die Menge durch seine Freige-
bigkeit gefesselt, und sucht auch die Truppen zu bestechen.
Daher Reise des A. mit Fulvia nach Brundusium zu den vier
macedon. Legionen am 9, October, Ciceros entstellende Nachrich-
ten darüber. Unwille der Truppen über A's Kargheit; er straft;
befiehlt ihnen, nach dem cisalpinischen Galliea aufzubrechen, und
geht wieder nach Rom.
§. 29.
Ca. 44.) Schmäh - Edicte des A. gegen Octavian und Cicero.
Er setzt eine Senatsversamnilung auf den 24. November an ; verlegt
«ie auf den 28. wegen einer Reise zu den Truppen in Tibur. Der
Senat soll Octavian den Krieg erklären; es unterbleibt, weil nach
der Legion des Mars auch die vierte abfällt; Supplication für Le-
pidus.
A. nach Alba. Nach Rom. Senatsbeschluss über die Provin-
zen: C. Antonius erhält Macedonien u. s. f. Rede des Antonius an
das Volk.
§. 30.
(a. 44.) A. beschenkt die Truppen. Geht zu ihnen nach Tibur.
Senatoren, Ritter und Andere versuchen hier einen Vergleich zu
stiften. Cicero entstellt diese Ereignisse. Stärke des A. Sein Ge-
folge nach Cicero, Fulvia bleibt mit seinen Kindern und treuen
Freunden in Rom ; Fufius Calenus ; L. Piso. Sein Zug nach Mutina.
I). Brutus weigert sich, ihm dem Volksbeschlusse gemäss das cisal-
pinische Gallien gegen Macedonien abzutreten.
Der mut in ensische Krieg. Stärke des Brutus. A. wünscht
Entscheidung vor der Ankunft Octavians und der Consuln des fol-
genden J., aber Brutus wirft sich im December in Mutina. A. Im-
perator, belagert ihn.
§. 31.
(a. 44.) Octavian. Nach Cicero der Retter der Republik. Im
October nach Campanien zu den Colonien Cäsars, ohne Auftrag zu
rüsten. Angeblicher Zweck. Er erkauft die Veteranen , und täuscht
«ie über seine Abdichten. Nach Rum, «ältiend A. naili Brundusium
550
Lei/ersieht der Geschickte
reis't; Heine Rede missfällt Cicero, welcher noch auf dem Lande
ist; Canutiiis. Die 'liuiipen wollen nicht gegen A., iWix Consiil und
Cüsarianci', dienen. Sie fügen sich. Octavian nach Etrurien.
§, 32.
(a. 44.) Octavian's Sendlinge in Brundnsium; sie sollen die
macedonischcn Legionen dem Consul abwendig maclien. Die Legion
des Mars wird gewonnen und geht nach Alba; am 28. Xovemb.
erführt A. den Abfall der vierten. Octavian vereinigt sein Heer in
Etrurien. Cicero rechtfertigt später den Ungehorsam der Truppen
aesren Consul und Senat, und schreibt der Vaterlands- Liebe zu,
was durch Oclavians Geld bewirkt ist; er verlangt Belohnungen
für sie, und stellt sie Senat und Volk als Muster vor. Stärke des
Octavian.
§. 33.
(a. 44.) Cicero. Seit dem October auf dem Lande. Octavian
wünscht durch ihn einen gesetzmässigen Oberbefehl zu erhalten, und
schmeichelt ihm; er mag nicht auftreten, so lange es nicht gefahr-
los geschehen kann, und misstraut der Macht und den Absichten des
jungen Cäsar; kann nicht länger ausweichen und ist am 9. Decem-
ber wieder in Rom.
§. 34.
(a. 44.) Am* 10. December neue V. Tribüne. Gegen Cicero«
Wunsch berufen sie den Senat erst am 20. Dec. Maassregeln zu
treffen, dass er sich am 1. Januar ohne Gefahr versammeln könne.
3. Philippika. Der Antrag der Tribüne A\ird kaum berührt. An-
tonius ist, so viel man weiss, noch nicht über den Rubicon gegan-
gen; mit Worten kann man ihn also noch nicht für Feind erklären,
aber durch Thatsachen, durch die Belobung und Belohnung derer,
welche gegen ihn aufgestanden .«-ind ; des D. Brutus, Octavian, der
Legion des Mars und der vierten. D. Brutus und die übrigen Statt-
halter, welcJie nach Cäsars Bestinunung Provinzen verwalten, mu.ss
man bestätigen; man muss genehmigen, was Octavian gethan hat,
und ihn zum Anführer seiner Truppen ernennen. Nur Varius Cotyla
vertritt Antonius. Beschlnss.
Cicero geht aus der Curie auf den Markt; 4. Philippika am
20. Dec: der Senat hiibe so eben A. für einen Reidisfeind erklärt,
zwar noch nicht mit A\(trten, aber durch die Thal; ein l-'riede mit
diesem Ungeheuer sei undenkbar, und das Schrecklichste zu fürch-
ten, wenn es niclit unterdrückt werde. Zweck dieser Rede. Cice-
ro rühmt , an diesem Tage die Republik von neuem gegründet zu
haben.
des Triumvir ßl. Antonius. 55 l
§. 35.
a. 43. Coss. Pansa und Ilirtius. Anzeichen. Verwickelte po-
litische Verhältnisse. Die Parteien im Senat. Stellung und Gesin-
nungen der Consuln; sie wollen keine Entscheidung mit den Waffen.
1. Januar. Senat im Tempel der Concordia. Gegenstände der
Berathung. Verschiedene Nachricliten von der Dauer und der Ful-
ge der Verhandlungen. Was sich darüber ermitteln lässt.
1. Januar: Pansa fragt Fufius Calenus zuerst. Dieser: man
solle Gesandte zu Ant. schicken , um sich mit ihm zu vergleichen.
Cicero; 5 Philippika. 1) lieber den Zustand des Staats im All-
gemeinen. Eine Friedensgesandtschaft sei des Senats unwürdig und
nutzlos, sie werde nur grosse Nachtheile bringen; Antrag des Red-
ners. 2) Ueber die Belohnungen, deren am 2U. Dec. gedacht war.
li. Piso und A. stimmen gegen den Krieg j es wird nichts be-
schlossen.
§. 30.
(a. 43.^ 2. Januar. Die Sitzung wird fortgesetzt. Ob an ei-
nem gesetzlich nicht erlaubten Tage. Die Abstimmung über den
Krieg verschiebt der Trib. Sabius auf den folgenden Tag. Der von
Cicero beantragte Ehrenbeschluss wird genehmigt, und mehr bewil-
ligt , als er gefordert.
In der Nacht vom 2. — 3. Jan. wendet sich die Familie des A.
mit Bitten an die Angesehensten im Senat.
3. Jan. Cicero spricht mit grossem Beifall der Seinigen für den
Krieg, L. Piso für den Frieden. Es kommt nicht zur Abstimmung.
4. Jan. Die Gesandtschaft Avird beschlossen, und sogleich im
Senat, nicht von Cicero, bestimmt, was die Gesandten von A. for-
dern sollen; man will indess rüsten und einen oder beide Con.suln
ins Feld schicken. Ernennung der drei Gesandten Sulpicius, Piso
und Philippus.
Ciceros Rede an das Volk am 4. Janu. 6. Philippika; er be-
richtet, was vom Senat beschlossen sei, und empfiehlt den Krieg.
§. 37.
(a. 43.) Cicero ist im Vortheil; denn die Gesandtschaft kann
den Krieg nicht verhindern, nicht einmal verzögern ; A's Kampf mit
D. Brutus, bisher Vollziehung eines Volksbeschlusses, wird nun
Ungehorsam gegen Senat und Volk. Die Gesandten verlassen Rom
am 5. Januar. Hirtius zieht ins Feld , Pansa bleibt und rüstet.
Cicero wirkt dahin, dass man den Zweck der Gesandtschaft nicht
verkennt. Die Freunde des A. verbreiten erdichtete Antworten. Se-
nat. Cicero; T Philippika; der Gegenstand der Berathung ist
552 Vebersirht der Gesrhichfe
ihm Nebensache ; er spricht gegen jene Umtriebe und gegen den
Frieden.
§• 38.
( a. 43 J Sulpicius stirbt. A. erlaubt den Gesandten nicht, sich
zu Brutus zu begehen. Er ist klug genug, die Botschaft nicht als
Befehl der Regierung, sondern als Vergleichs - Vorschläge aufzu-
nehmen. Seine Gegenforderungen. Gegen Ende des Januar kom-
men die Gesandten zurück.
Senat in (Jen ersten Tagen des Fehruar. Erster Tag: Calonus
stimmt für den Frieden und eine zweite Gesandtschaft; Cicero für
den Krieg; L. Cäsar für einen Tumult. Beschluss nach Cäsars Gut-
achten. Zweiter Tag. Schreiben des Hirtius; Herstellung der Mas-
silier. Cicero; 8. Philippika. Zweck: den Beschluss de.s vori-
gen Tages durch einen Zusatz zu ergänzen, die Nichtigkeit des Be-
schlusses und die Nothwendigkeit der Kriegserklärung darzuthun.
Der Zusatz \vird genehmigt.
Senat. Ehrenbeschluss für Sulpicius. Servjlius: öffentliches Be-
gräbnis» aber keine Statue. Cicero; 9. Philippika: auch eine
Statue; man tritt ihm bei. Seine Absicht.
§. 39.
(a. 43.) M. Brutus. Erster Bericht an den Senat. Seine bis-
herigen Unternehmungen. Der Senat soll ihn in seiner angemassten
Gewalt bestätigen. Senat; wann? Calenus spricht gegen, Cicero für
Brutus; 10. Philippika: ßr. soll in Macedonien , Illyrjen und
Griechenland bleiben, und das von ihm errichtete Heer befehli'jjen,
und Q. Hortensius ferner Maced. verwalten. Genelimigt. Eindruck
auf üctavian.
Man weiss nur, dass Cassins nach Syrien gegangen ist, als man
erfährt, Dolabella habe Trebonius, einen der Verschworenen, Pro-
consul in Asia, auf dem Zuge nach Syrien getödtet. Senat in der
JVIitte des Märzes. Erster Tag. Auf Calens Antrag wird Dolabella
für einen Heichsfeind erklärt und der Krieg gegen ihn beschlossen.
Zweiter Tag. \Ver soll das Heer gegen ihn befehligen? Calenus:
die Consuln. L. Cäsar: P. Serv.lius. Cicero; II. Philippika:
C. Cassius. Calenus Vorschlag wird angenommen. Cicero geht an
das Volk ; vergebens.
§. -10.
(a. 43.) J9. März. Senat. Bericht des Cornificius, Statthal-
ters in Afrika. Beschluss über Cireros Statue der Vinerva.
Ant.mius Gesetze uiwl Hinrichtungen werden jetzt noch nicht
durch einen allgemeinen Beschluss aufgehoben.
des Triumvir M. Jfitonius, 55.'i
Man einigt sich über eine zweite Gesandtschaft an A. Cicer<j
selbst will 'l'heil nehmen; er bereuet. Senat: Pansa. Servilius, Ci-
cero; 12. Ph il i {» p i ii a: man müsse den Be.schluss zurücknehmen,
weil er auf Täuschung beruhe, oder doch ihn nicht schicken. Grün-
de gegen den Frieden. Die Sache wird aufgegeben. Pansa rückt
in der zweiten llülfte des Märzes ins Feld.
§. 41.
(a. 43.) Lepidus und Plancus empfehlen den Frieden. Senat
unter dem Vorsitze des Prätor Cornutus , -wahrscheinlich am 20.
März. Servilius stimmt gegen den Frieden; auch Cicero; 13. Phi-
lippika. Der Antrag jener Statthalter bleibt unbeachtet. Cicero
beleidigt durch diese Rede üctavian und die Veteranen. Verhand-
lungen über L. Plancus, Avelcher einen Ehrenbeschluss verlangt;
Cicero spricht für ihn , aber ohne Erfolg.
§• 42.
(a. 43.) Antonius belagert D. Brutus in Mutina. Seine S(ärke
und seine Stellungen. Silanus. Das Heer des Brutus. Das Jleer
des Octavian ; er übernimmt am 7. Januar in Umbrien das ihm vom
Senat beschlossene Feldherrnamt. Hirtius geht im Januar von llum
ab ; seine Stärke ; Winterquartiere zu Claterna ; Octavian zu Forum
Cornelium. Gegen Ende des Winters rücken sie gegen die Stellun-
gen des A. vor. Schreiben des A. an sie; er wirft sie zurück; sie
erwarten Pansa.
§. 43.
(a. 43.) Pansa verlässt Rom um die Zeit des 20. Märzes. Er
erreicht Bononia am 14, April. Drei Gefechte am 15. April: Nie-
derlage und Verwundung des Pansa bei Forum Gallorum durch A. ;
Miederlage des A. bei demselben Orte durcl» liirtius; Angriff des L
Antonius auf das Lager bei Mutina unter Octavian. Die beiden
Consuln und Octavian Imperatores.
§. 44,
(a. 43.) Aufregung in Rom bei den ersten ungünstigen Nach-
richten von Hirtius. Ciceros Feinde verbreiteh, er werde sich am
22. April zum Dictator aufwerfen. Der Trib. Appulcjus vertheidigt
ihn am 21. April vor dem Volke; wenige Stunden nachher treffen
die Siegesboten ein. Das Volk begleitet Cicero auf das Capitol. Be-
richt des Hirtius v. 16. April. Senat, 22. April. Servilius stimml
für ein Dankfest. Cicero; 14. Phili p p ik a: er verlangt eine Kriegs-
erklärung, ein Dankfest von 50 Tagen für die Imperatoren, Be-
lohnungen für die Truppen, ein Denkmal für die GefuUeuen, deren
Otumauu, GescLicLle Knms I. Oß
554 Vebernicht der Geschicltle
Familien bedacht werden sollen. Alles wird genehmigt, und dem-
nach A. jetzt erst uis Ueichsfeind geächtet.
§. 45.
(a. 43.) Schlacht bei Mutina, wahrscheinlich am 27. April.
A. Avird besiegt. Hirtius fällt. Brutus nimmt nicht Theil. Unterre-
dung zwischen ihm und Octavian. Dieser spiiclit Pansa nicht mehr,
welcher am Tage nach der Schlacht zu Bononia stirbt. Octavian
hat die Consuln nicht getodtet. Ihre Leichen werden nach Rom ge-
bracht.
§. 46.
(a. 43.) Rom. Die Partei der Verschworenen hält den Krieg
für geendigt; sie sieht in Cicero nur ihr Werkzeug; dieser darf von
den Verschworenen und den übrigen Statthaltern in den Provinzen
nichts hoften; es fehlt angeblich an Gelde, sie zu unterstützen; man
sammelt in Rom für sich, für einen unglücklichen Fall; Tribut.
Decenivirn zur Ackervertheilung ; um Octavian auszuschliessen wer-
den die Feldherrn nicht ge\\ählt. Decemvirn, welch» A. wegen sei-
nes Consulats zur Rechenschaft ziehen, und die Aufhebung der Ge-
setze Cäsars vorbereiten sollen ; verletzend für Octavian, bedrohlich
zunächst für Fulvia; Atticus.
§. 47.
(a. 43.) Das Kriegsgewand Avird abgelegt. Supplication für
den Entsatz von Mutina; Octavian wird nicht genannt; nicht ihm
sondern D. Brutus bestimmt man die Truppen der Consuln, und
dieser erhält auch den Oberbefehl gegen A. wie Cassius gegen Do-
labella, und Sex. Pompejus auf dem Meere. Man verfährt so, als
»ei Octav. ausserordentlicher Auftrag mit dem Entsätze von Mutina
erloschen, und sucht ihm die Legion des Mars und die vierte zu
entlocken; er bezeugt sein Missfallen über Ciceros verächtliche und
zweideutige Aeusserungen über ihn, und bereitet seine Verbindung
mit Antonius vor. A, und Lepidus vereinigen sich am 29. Mai. Man
sucht in Rom überall eher Hülfe als bei Octavian. Lepidus wird
geächtet, und das Kriegskleid wieder angelegt.
§. 48.
fa. 43.) Octavian wird aufgefordert, mit D. Brütns den Kn>g
zu beendif^en. Er wünscht das Cun.sulat; Cicero. Seine Truppen
schwören sich, nicht gegen Cüsarianer zu fechten; sie fordern ver-
gebens durch Abgeordneic das Consulat für ihn. Er führt sie ge-
gen Rom. Der Senat versucht, sie durch Geld zu beschwichtigen;
Legionen aus Afrika. Octavian kommt gegen das Verbot des Sr
nats; er wird mit Q. I'edius Consul am 19. Ausrust.
des Triumvir AI. Antonius. 555
§. 49.
(a. 43.) Er dankt dem Senat; lüsst seine Adoption bestätigen,
die Aclit gegen Dolabella aufheben und zahlt die Rückstände von
Cäsars Legaten. Lex Pedia gegen die Verschworenen. Octav. ver-
lässt Rom, angeblich, um A. zu bekriegen. Die Kriegserklärung
gegen A. und Lepidus wird auf Pedius Antrag zurückgenommen.
§. 50.
(a. 43.) D. Brutus. Seine Stärke. Er verfolgt A. langsam und
ohne Nachdruck ; Vereinigung mit L. Plancus , Statthalter in Gal-
lien, im Juni.
§. 51.
(a. 43.) Antonius nach der Schlacht bei Mutina. Sein Zug
nach Gallien. Vor dem 5. Mai stosst P. Ventidius mit drei Legio-
nen zu ihm. Lepidus wichtige Stellung; er dient mtlir A. als dem
Senat. Plancus wird durch ihn behindert. A. unterhandelt mit den
Statthaltern jenseits der Alpen, in deren Pässen er keinen Widerstand
findet. Vereinigung mit Lepidus am 29. Mai.
§. 52.
(a. 43. ) A. zieht gegen Plancus, welcher sich im Juni an D.
Brutus anschliesst. Lepidus wird am 30. Juni für einen Reichsfeind
erklärt. Octavian erzwingt im August als Consul die Aufhebung
der gegen ihn und A. gerichteten Beschlüsse. Asinius Pollio, Statt-
halter im jenseitigen Spanien, kommt im September zu Antonius.
Dann auch Plancus. D. Brutus Flucht und Tod.
§. 53.
(a. 43.) A. nach Italien. Octavian nach dem cisalpinischen
Gallien ; ihre Stärke. Lepidus als Vermittler. Zusammenkunft auf
♦^iner Insel des Lav'nius in den letzten Tagen des October. Trium-
virat. Theilung der Provinzen.
§. 54.
' (a. 43._) Beschluss über die Proscriptionen. Siebzehn sollen
zuerst fallen. Pedius stirbt. Die Drei nach Rom. Ihr Bund wird
vom Volke bestätigt. Erstes Quinquennium des Triumvirats vom
27. November 43 bis letzten Dec. 38. Octavian legt als Consul
nieder.
§. 55.
(a. 43. ) Die Pro.scriptionen. Cicero stirbt. Triumphe des Plan-
cus und Lepidus in den letzhn 'lagen des J.
556 Ueber sieht der Geschichte
§• 56.
a. 42. Coss. Plancus und Lepidus II. Die Triumvirn erpressen
(Jeld , angeblich zum Kriege mit den V^erschworenen. Uebermutli
ihrer Truppen. Sie ehrca Cüsars Andenken.
§. 57.
(&. 42.) Feldziig des A. und Octavian gegen M. Krutus und
C. Cassius. Schlachten bei Fhilippi. Theilung der Provinzen und
der Geschäfte. A. will in Asien Geld eintreiben, Octavian in Ita-
lien Acker anweisen. Zurücksetzung des Lepidus. A. nach Athen,
a. 41. Nach Ephesus und Tarsus. Cieuputra. Nach Aegypten.
§. 58.
(a. 42.) Octavian krank in ßrundusium. Ränke der Fulvia.
a. 41. Coss. L. Antonius und P. Servilius. Octavian" «ach
Rora. Streit mit Fulvia und L. Antonius. Manius.
§. 59.
( a. 41.) Der perusinische Krieg.
a. 40. L, Antonius ergiebt sich im Frülijahr zu Perusia an
Octavian. Fulvia nach Griechenland. Lepidus nach Afrika,
§. 60.
(a. 40.) A. über Tyrus nach Athen, wo er Fulvia findet. Nach
Hrundusium. Fulvia stirbt. Sex. Pompejus. Vertrag zu Brundu-
sium zwischen den beiden Triumvirn. Sie gehen nach Rom. A. hei-
rathet Octavia. Hungersnoth und Aufstand.
§. 61.
a. 39. Zusammenkunft der beiden Triumv. mit Sex. Pompejus
bei Misenum ; Friede.
§• 62.
(a. 39.) Krieg mit den Parthern. ( a. 40.) Labienus und Paco-
rus nach Syrien und Vorderasien. Ilerodes nach Rom, Kiiiiig. (a,
39.) A. schickt P. Ventidius gegen die Parther; er siegt; Labienus
stirbt. A. gegen Ende d. J. mit Octavia nach Athen, wu er den
AVinter bleibt.
§. 63.
a. 38. Erneuerung des Kriegs zwischen Octavian und Sex. Pom-
pejus. Octav. verlangt Hülfe ^ on A. und Lepidus. A. nach Brun-
dusium, und uath Athtii zurück. Ventidius schläft die Partiicr.
des Triumvir M. Anloiiius^ 557
Paconis fällt. A. nach Commagene. Ilerodes. Ventidius von A.
aus Kifersucht zurückgeschickt, triurophiit. Eineuerung des Trium-
virats.
§. 64.
a. 37. Hemdes und Sosius erobern Jerusalem. A. lässt Antigo-
nus, den Maccabüer, enthaupten.
a. 36. A. nach Tarcnt. Octavia vermittelt eine Versöhnung
zwisclien ihm und iiireni Bruder.' Er geht •wieder nach dem Osten;
schickt Octavia zurück. Sein Legat Canidius siegt im Caucasus.
A. ruft Cleopatra nach Syrien, und beschenkt sie mit Ländern. Sie
begleitet ihn bis zum Eu])hrat. Ilerodes.
(a. 36.) A. unglücklicher Feldzug gegen die Parther. Arta-
vasdes K. von Armenien und Artavasdes der Meder. Rückzug im
\>inter. A. nach Alexandrien.
Octavian vertreibt Sex. Ppmppjua aus Sicilien; nimmt Lepidus
Heer und Provinzen. Pompejus nach Asien.
§. 66.
a. 35. A. giebt den Plan auf, nach Armenien zu gehen, und
gestattet Octavia nicht, zu ihm zu kommen.'
a. 34. Er bemächtigt sich in Armenien des Artavasdes. Triumph
in Alexandrien. Cleopatra und ihre Kinder Konige der Könige.
Liindervertheilung. Apotheose. Schwelgerei. Schriften und Kunst-
werke wandern nach Aegypten.
a. 33. A. nach Armenien; Büudniss mit 3Iedien gegen Octavian.
§. 67.
a. 32. Die Coss. Domitius und Sosius Freunde des A. Sosius
Angriff auf Octavian im Senat am 1. Januar. Dieser kommt mit
Bewaffneten vom Lande; seine Gegenklage im Senat. Die Consuln
zu A. nach Ephesus, wo sie auch Cleopatra finden. Vergeblicher
Versuch, diese zu entfernen. A. nach Samos; Feste. Nach Athen.
Er schickt Octavia den Scheidebrief. Octavian macht sein Testa-
ment bekannt; er lässt Cleopatra den Krieg erklären. A. Winter-
quartiere in Paträ.
§. 68.
a. 3L Stärke des A. und des Octavian. Unternehmungen des
Agrippa. Octav. nach Epirus , A. nach Actium. Meiivere verlassen
ihn wegen Cleopatra.
558 U elvi' nicht der Geschichte des Triiimvir M. Antvniua.
§. 69.
(a. 31.) Schlacht bei Actium, am 2. September. Cleopatra
flieht. Antonius folgt ihr; seine Flotte wird grösstentheils vernich-
tet; sein Landheer ergiebt sich. Nicopolis. Octavian nach Samos.
§. ro.
a. 30. Octavian nach Brundusium; nach Syrien. A. mit Cleo-
patra nach Parätonium , wo sie sich trennen; Pinarius fällt von ihm
ab und er geht nach Alexandrien. Artavasdes wird getödtet. Ti-
monium. Cleopatras Verrath. Gesandtschaften an Octavian. Pelu-
sium geht an ihn über. Gefechte bei Alexandrien. Antonius stirbt.
§. 71.
(a. 30.) Cleopatra wird gefangen. Sie tödtet sich. Aegypten
Avird eine römische Provinz.
a. 29. Octavian's \Vinterquartiere in Samos. Nach Rom. Seine
Triumphe.
§. 72.
Vermögen des A. Gestalt. Geistige Anlagen und Bildung. A.
als Staatsmann ; als Feldherr. Sein sittlicher Character. Sein Ge-
folge.
D r II c k f e li I c r. *),
Seile 2 Zeile 4 lies: auch in der.
— 4 — 7 — ßublicische.
— 7 — 5 V. u. — 1 u. 32.
— 29 — 15 — äililicischeii.
— 33 — 9 — nach: ausschweifend 52).
— 35 — 6 v.u. — Nonlan.
— 41 — 21 — nach Gracchus : nicht der Folgende.
— 43 — 20 V. u. — nach Diodor Fr. 1. 37,
— — — 12 V. u. — L'rsiu.
— — — 6 V. u. — Strat.
— 46 — 5 v.u. ist Fr. 9 zu tilgen.
— — — 2 v.u. I. Caesar B. C.
— 55 — 16 — lös't.
— 58 in No. 21. — Antylius.
— l03 Z. 5 — i'acuvius.
— 125 — 20 — Curiafgesetz.
— 126 — 7 — die Menge.
~ 140 — 11 — die Heroen.
— 141 — 6 v.u. — Attius.
— 201 — 9 v.u. — C. Cäsar.
— 221 — 17 — schützen.
— 233 — 20 — zulassen.
— — — 21 — anknüpfen.
— 242 — 9 V. u. — was folglich.
— 272 — 6 V.u. — Unten A. 69.
— 332 — 5 V. u. ist superior zu tilgen.
— 391 — 7 v.u. 1, desultor.
— 425 — 9 V. u. — Theodos. cod. 1. 3.
— 457 — 12 — Todte.
— 481 — 6 — Curius.
— 484 — 15 V. u. — Achaic.
— 488 — 15 — Scarpus.
— 494 — 3 V.u. — sie.
— 513 — 9 V, u. — Exitius.
— 515 — 12 V. u. — Spanien war.
*) I)a (liefs Buch in Deutschlaml gedruckt ist, und Ich nur die .lusliüiigc -B«.
gen yesehen habe, so Lilte ich, auch die ungleiche .Scliiei'iart zu ciitscl.iild!-
geu, welche hei einigen Wörtern bemerkiich wird. .So liest uinu auf dem
TitcILlalt«; rcpublikauisc.'i, v.io ich nie schrs.'ibc
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