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Geschichte Roms
in seinem Uebergange
von
der republikanischen zur monarchischen
Verfassung,
oder
POMPEJUS, CAESAR, CICERO
imd ihre Zeitsenossen.
■^^s-
'«3"
Nach Geschlechtern
and mit genealogischen Tabellen.
Von
IF. D R U 31 A N N,
Professor der Geschichte zu Königsberg,
Dritter Theil.
KOENIGSBERG 1837.
Im Verlage der Gebrüder Bornträger.
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Vorrede.
lii den Auzeliien dieser Sclirift hat mau die
Anordming und die Ansichten getadelt, und dar-
nach behauptet, sie enthalte nur Material, eine
Vorarbeit für den Gescliichtschreiber, welcher nach
der Zeitfolge und unbefangen erzähle. Die An-
ordnung ergiebt sich schon aus dem Titel, der
Leser Avird ■wenigstens nicht getäuscht; über ihre
Z^^ecluuässigkeit kann man aber niu* daim ent-
scheiden, wenn die Vorfrage erledigt ist, was
wollte der Verfasser leisten, und konnte er es
leisten, wenn er anders rerfidir. Manche VüUver
kennen A'V'ir nur durch ilire Feinde; ihre Ge-
schichte beschränkt sich auf den Ki-ieg imd auf
einige duidde Kunde von ihrer Verfassiuig. Andre
sind der Beobachtung näher gerückt, jedoch auch
X
IV
nur nach ihrem öffentlichen Leben; wir verlieren
seihst ihre heriihmten Männer aus dem Gesichte,
■\venn sie nicht ehen als Bürger handeln. Der
Nachtheil wird in der Geschichte weniger fühlbar,
so lange das besondere Interesse im allgemeinen
aufgeht, folglich eine solche Wecliselmrkuug zwi-
schen dem Staate und seinen Bürgern sich offenbart,
dass man Yon dem Geiste des Ganzen auf den
Charakter und die Sitten des Einzelnen zu schhessen
berechtigt ist. Diess gilt nicht von allen Zeiten,
Wie in eiuem Vollie im Naturstande die Ein-
zelnen kaum von einander unterschieden werden,
bei einiger Bildung dagegen ein Besonderes auch
selbst äusserhch aus dem Nationalen sich heraus-
stellt, so gewinnt in RepubUlcen das Persönliche
schärfere Umrisse und eine grössere Bedeuhing in
dem Maasse, als das staatsLürgerUche Leben sich
entwickelt; es hat verderbUche Folgen, wenn sitt-
liche Entartung hinzukommt. Dann entzündet sich
ein geheimer oder offener Kampf; die Gesammtheit
lös't sich in Parteien auf, die Partei in Factionen,
Alles zerfällt in viele Kreise, deren IMittelpunkt ein
Einzelner ist. Dieser mll seine Leidenschaften
befriedigen, von welcher Art sie auch sein mögen,
Ehrgeiz, Eitelkeit, Habsucbt oder Rachgier, und da
er keine anerkannte und rechtmässige Gewalt be-
sitzt, sondern nur mit Hülfe seiner Anhänger an
das Ziel gelangen kann, so wendet er sich seiner
Seits an ihre Leidenschaften, er erforscht ihre
ITeigiingen und "Wünsche, ihre Bedürfnisse imd
Schwächen, um sie zu fesseln, und ihi-e Kräfte,
um sie mit Nutzen zu gebrauchen ; von jetzt an
also ist es der Jlensch, welchen man mehr als je
ins Auge fassen muss, lun den Biu'ger zu yersteben,
das Haupt und die Glieder. Mau wird zugeben,
dass es unerlasslich ist, in einer Gescliichte des
letzten Jahrhunderts der römischen Repiüjük diese
Richtimg zu nehmen. Nicht zu gedeulteu, dass sie
dann dem Verlangen entspricht, die ^^läuner, welche
ilire Zeit mit sich forti-issen, nach allen ihren
Eigenthüiulicbkeiten kennen zu lernen, cud dass
eben dadm-ch die Psychologie imd die Geschichte
des 3Ienschen gewinnen, kann man nur imter dieser
Bedingung über die äussern Erscheinuugen ein rich-
tiges Urtheil haben. Das ölFenthcbe imd das Privat-
leben des Staatsmannes sind Eins; er verändert
seine Gestalt nicht, wenn er eine Alaska anlegt;
ilin nur auf der politischen Bühne sehen, heisst
VI
ihn mir Laib sehen, mur -wissen, -was er war, nicht
"wie er es -wurde, -was er that, nicht was ihn dazu
trieb und befähigte. Ist man demnach von seinen
geistigen und körperlichen Anlagen unterrichtet,
Ton seiner Erziehung, seinem Vermögen, seinen
Verwandtschaften, von seinen Verbindungen über-
haupt imd von seinem häuslichen Sein ; gelingt es,
sich gleichen AufscMuss auch iiljer seine Anhänger
zu verscliaffen , so erkennt man den Zusanmieu-
hang zwischen dem Grossen imd Kleinen, die ent-
fernten , oft tief liegenden Ursachen der welt-
erschütteruden Begebenheiten, die Macht der Ver-
hältnisse, die Nichtigkeit des Helden, welcher
scheinbar selbstständig aufti-itt xmd doch gegängelt
wird, den Einfluss der Freunde und Günstlinge,
der Frauen imd selbst der Freigelassenen und
Sclaven im Hiutergi'uude , den sittlichen Unwerth
des ernsten Gesetzgebers", die Feigheit in dem ei"-
küustelten IMuthe, die Eitelkeit und Selbstsucht in
der erheuchelten Tugend, xuid die wahre Gesinmmg
in den Betbeurungen der Freundschaft; gar Vieles
zeigt sich in einem andern Liebte, und manches
Rüthsel wird gelös't. Die Geschichtsforscher, glaube
ich, sind darin einverstanden; wemi man gleich-
VII
wohl au meinem Versuche die Anordnung tadeK,
so -will man den Zweck ohne das 3Iittel; es war
iiumüglich, ein Bild von den Römern zu entwerfen,
welche in dieser Zeit hervorragen, wenn ich ihr
Leben nicht als ein Besonderes zur Anschauung
brachte, imd dann folgte von selbst, dass jedem
auch eine besondere Stelle eingeräumt ^vxu'de, da
solche Untersuchungen sich weder zur Einschaltimg,
noch für die Anmerkungen eignen. ]Meme Schrift
sollte aber nicht eine Saimnlung von LeLensbeschrei*
bimgen ohne emen iuneru VerLand, sondern eine
römische Gescliichte enthalten; deshalb gruppiren
sich die Nebenpersonen, welche dem Leser in den
betreffenden AJ)schnitten einzeln vorgefülirt werden,
in andern um eine Hauptfigur, nach dem Grade
ilires "NVü-kens mehr oder weniger von ilir entfernt ;
das Gesetz, an welches der scharfsinnige imd sach-
kundige Verfasser einer Anzeige in dem Quarterly
Re^dew, April et Juli 1836 micli erinnert, ist genau
befolgt; m£Ui findet das Besondere, so fern es niclit
eben die Hauptfigur selbst angeht, mu* angedeutet
im Allgemeinen, und das Allgemeine, mu* an-
gedeutet im Besonderen; in jeder Lebensbeschrei-
bimg spiegelt sich das Ganze, und in der Darstellung
vm
des Ganzen ist dem Leser Gelegenheit gegeben,
sich mit den Theüen inniger zu hefrennden; da-
durch -mrd der Zweck der Schrift erreicht und
zugleich ihr Umfang Leschräidct. Aber die Haupt-
partien sind nicht nach der Zeitfolge geordnet.
Dieser Bemerkimg ist schon im Vorigen begegnet;
gerade das Leben der ausgezeichnetsten Römer
würde bei einem andern Verfahren sehr im-
voUkommen geschildert sein; es begimit weder
erst dann, wenn die übrigen sich um sie schaaren,
noch ist es in die Grunzen des OeiTentlichen ein-
geschlossen ; ich durfte sie nicht erst m dem Augen-
blicke auftreten lassen, wo ihre Gescliichte mit
der Geschichte des Staates zusammenfällt. Wenn
nuji Ton einem Versuche, bis zu den letzten Ur-
sachen der Erscheinungen zurückzugehen, nicht
bloss die Handlimgen, sondern auch die Gesinnungen
und A]jslchten zu erforschen, die zahllosen Wider-
sprüche bei den Alten zu heben, xmd die chrono-
logischen und genealogischen Schwierigkelten zu
beseitigen, welche uns fast bei jedem Schritte
hemmen, sobald wir tiefer eindringen, wenn von
einem solchen Versuche gesagt werden kaim, er
bringe nur Material, so ist diese Bezeicluumg auf
IX
meine Schrift amvenclbar, iiud weim dieser dio
Form geben, welche man so ungern vermisst, das
Material verarbeiten heisst, so bleüjt einem Andern,
jedem Anfänger und Handlanger, diess Verdienst
vorbehalten; indess ist mein Buch von der ge-
lehrten Welt so freundlich aufgenommen, dass ich
glauben muss, sie wsse aucli ohne eine mecha-
nische Nachhülfe zu finden, was sie sucht.
Die zweite Ausstellimg Letrifft die Ansichten,
imd zwar nur in Bezielumg auf Cicero und dessen
Gegner. Man sagt mir, weil ich von der her-
kömmlichen Denkweise ahweiche, ich sei par-
teiisch, imd sogar, Dio, kein Freund des Redners,
habe mich irre gelührt. Diess ist so allgemein
oder so trivial, dass mir jeder Anknüpfungspimct
zu einer Widerlegung fehlt ; mich zu berichtigen
hat man bis dahin mir selbst überlassen. Keine
Ansichten ohne Einsichten ; diese soU der Verfasser
einer Schrift beurkunden, aber auch der Recen-
sent; wenn jener es sich zur Pflicht macht, auf
jeder Seite für seine Ansichten Beweise zu geben,
imd der Recensent die Ansichten verwirft, ohne
die Beweise zu prüfen, so bleibt dem Verfasser
nur die bescheidene Frage übrig: aber warum?
XX
imd es ist vorerst die Sache des Andern, zu ant-
worten. Es Lefremdet nicht nur, dass man mich
der Ungerechtigkeit gegen Cicero beschuldigt, ohne
auf die Sache einzugehen, sondern dass es iiher-
haupt nun ehen Cicero ist, mit ■welchem die Cri-
tiker sich fast ausschliesslich heschäftigen : so viele
Abschnitte bieten Gelegenheit zu befriedigenden
Erörtermigen , weU sie vollständig vorliegen; von
Ciceros Leben gut diess nicht, der Leser hat nur
Bruchstücke aus ihm erhalten, und auch diese niur
aus dem öffentlichen; Avoher weiss man, ob ich
die wahren Vorzüge des Blannes verkenne, imd
das UnvoUlvommene an ihm lediglich seinem Cha-
racter aufbürde ? IMan unterbricht mich, imd spricht
das Urthed, ehe die Acten geschlossen sind.
Königsberg den 12. September 1837,
Inhalt.
XV. DOMITH.
A. Calvinl --...-..«•.-- Seite 1
B. Ahenobarbi ............ „12
XVI. FAVOMUS „32
XVII. GABINH ,39
XVIII. GELLII „64
XIX. HIRTII -. „68
XX. HORTENSU „78
XXI. lüHI „113
«r.
<••.
XV. DOMITII.
/1. Calvini.
Cn. Oomitius Calviuiis.
CDS. 332 r. Chr. — All a. u.
Cn. J>ciinittii.s i'alviiiut:
Cos.-iSi — i-l.
prim. cnts. de jihbe. 2S0.
Cd. Duniitius C;ilvinus.
f. JOU — 34S.
M. Domitius Calviniis.
M. Domitius i.ihinus.
Cn. Donütius Calvinus.
Tos. /.5.i— TOI.
Cos. //.40 — 714.
XV. Domitii.
"lebeiisch. ')
Familien: A. Calvini. B. Ahenobarbi. '')
1) Die Calrini, deren V. Tribnnat es ohneUa beweis'», nach aas-
drücUichen Zengnissen, Cic. ad Att. 4, 17. Liv. ep. 13., aher anch die
Abenobarbi , welche Glandorp. On. p. 302 patricisch nennt, denn sie wnr-
den V. Tribüne ; Tgl. Liv. 35 , 10. Der Kaiser Clandins ans einem pa-
Iricischen Geschlechte adoptirte Domit, Ahen. (Nero). S. nnter Domit. Ahen,
No. 15. A. 28. Rbet. ad Herenn. 3, 21: lam domnitionem (domnm itio-
nem Cic. de div. 1, 32 ) reges Atridae parant. In loco constitnere oportet
manns ad coelnm toUentem Domitinm, cnm a regibns Marciis loris caedatnr.
Hoc erif, iam domnitionem reges, soll nicht den Namen ableiten oder er-
klären, sondern nur bemerklich machen, -nie man 'Wörter mit Bildern be-
zeichnen könne. 2) Snet. Nero 1. Jene gelangten im -vierten und diese
im zweiten Jahrh. T. Chr. znm Consnlat. Vellejns 2, 10. (. 3 n. 11. J. 3
erhebt das Glück nnd den Ruhm der Letzten, nm dem kaiserlichen Hanse
zu schmeicheln. S, aber auch Cic. in Verr. I, 53 in Vatin. 10, 2 Phil. 29.
Plin. 7, 54 (53) u. 17, 1. Val. M. 6, 2. j. 8. Lucan, 7, 599 f. Domider
Drumann,. Geschichte Roms III. |^
2 XV. DOMITII. (1.)
A. Calrnni. ^)
1. Cn. Domhhis Calvinus. Cos. 332 v. CLr. <)
2. Cn. Domitiiis Calvinns. Cn. F. ^) SoLn des Vorlg'en,
Er bewarb sich für das Jahr 304 um die cnruliscLe Aedilität,
welche Cn. Flavius, der Schreiber des Apnius Colins erhiell; ®)
das Volk wühlfe ihn aber später für 299. ') Die Ungunst der
Menge oder der Nobilität erschwerte ihm auch den Zugang zu
den höheren Magistralen; so gelangte er erst 283 zum Consulat. *)
Diess berechtigt nicht , in dem Aedil und Consul zwei Personen
zu unterscheiden; Andere wurden ebenfalls in den Walilconiitien
zurückgesetzt, oder sie erschienen nicht, obgleich ihr Alter es
gestattete. ^) Die senonischen Gallier, welche von seinem Col-
legen P. DoIabeUa besiegt waren , griffen ihn an , und erlitten
eine neue Niederlage. '") Am meisten ist er dadurch aus-
gezeichnet , dass er 280 Censor wurde , der Erste seines
Standes. ' ')
3. Cn. Domltius Calvinus, zur Zeit des zweiten punischen
Krieges. Er hörte angeblich a. 206 von einem Stiere die Worte:
gab es anch unter den Italern ; Andere stammten TOn Colonisten oder von
Freigelassenen ab. Cicero erwähnt einen Apnlier dieses Namens mit Ver-
achtung, weil er zu Antonius Anhängern gehörte. 1. Th. S 513 A. 51.
Ueber Cäsars Gastfreund zu Intemelium in Ligurien spottet Coelias ad Fam.
8, 15. T.icitus nennt einen Primipilar Domitius SaJiinns (II. 1, 31) u, A.
ans der Zeit der Kaiser. Grossen Ruf erwarb sich der Redner Domit.
Afer, welcher unter der Regierung des Nero starb ; s. Meyer Grat. R. fr.
p. 229. 3) Dieser Zuname findet sich auch in der Gens Sextia und
Veturia, 4) Liv. 8, 17. Plin. 33, 6 (1). Seinen Znnamen geben die
Fast. Sic. a. 421, 5) Liv. 10, 9, wo auch Cn. nicht C. Domit. zu lesen
ist. Der Vorname Cajus war dieser Familie fremd, nnd der Aedil des
J. 299, von welchem Livius spricht, der Sohn eines Consnlars, Plin. 33,
6(1), folglich der Sohn von No. 1, da bis dahin kein anderer Calvinus
das Consnlat verwaltet hatte, und zwar der Einzige, so viel wir wissen,
auf diesen, wo Mehrere waren, anf den Aeltesten, ptlegle der Vorname des
Vaters überzugehen. 6) Plin. 1. c. Oben 2. Th. S. 172. 7) liv.
I. c, 8) Cassiod. Die Fast. Sic. a. 470 übergehen ihn; sie haben Do-
IabeUa nnd Maximns, Namen seines CoUegen. (Cornel. Dolab. No. 1.)
Gros. 3, 22 nennt unrichtig das i. 463 a. a. 9) Legitima aetas, schon
vor der lex annalis des Villins v. J. 180. Liv. 25, 2. 32, 7. 10) App.
CaU. XII. II) Liv, ep. 13.
CAL\TSI. (4.) 3
care (ibi Roma; '-) rielleicLt derselbe, welcher im CLrcas Fla-
minlas ein Heiliglhum des JVeplun erbaute. ' ^)
4. M. Doraitius Calvinns. Grossvater von No. 6. ' *)
5. BI. Domilitis Calviuus. Vater des Folgenden.
6. Cn. Domitins Calvinns. IM. F. M. N. ' ^)
§ 1.
a. 62 Legat des Proprätor L. Valerins Flaccus in Asia. *^)
Als V. Tribun a. 59 mit zwei anderen, Q. AncLarius und C
Fanniiis, Gegner des Consnls Cäsar und seines Werkzeog« P.
Vatinius. '') Seine Anstrengangen für BI. Bibnlus, Cäsars Col-
legen und für die Partei der Optimaten iiberbanpt, waren fruchtlos
und verfeindeten ihm auch Pompejns, welcher von den julischen
Gesetzen die Erfüllung seiner Wünsche erwartete. Da er schon
a. 56 Prätor war, ' ') so überging er die Aedilität. '^) BDtunter
WTirde einem Prätor der \ orsitz in mehrern Gerichten über-
tragen; '") vor Domitius erschienen sowohl BI. Coelius, welchen
man beschuldigte, dass er Clodia habe vergiften wollen,^') als
L. Calpurnius Bestia wegen Bestechung der Wähler. ^ ^)
Aber er selbst bewarb sich im J. 54 mit den Patriciem
BI. Blessala und BI. Aemilius Scaurus und dem Plebejer C. Blem-
inias auf eine ehrlose Art nm das Consulat. Sie suclifen einander
12) Val. M. 1, 6. ;. 5. Liv. 28, 11. 13) Plin. 36, 4. §. 7. Llv.
I. c. P. Tict. descr. Rom. rr>g. IX. 14) Pigh. 3, 130 führt Um ■will-
kührlich bei d. J. 108 v. Chr. als Präfor anf, nnd bestimmt anch die Jahre
seiner niederen Aemter. Wir keanen ihn nnd den Folgenden bloss dnrch
die Bezeichnung von No. 6 : M. F. BI. jV. Von 283 bis 53 erhob sich
kein Calvinus dieses Uanses zom Consulat. 15) Fast. cap. a. 709 n.
717. tab. CoUot. bei Pigh. 3, 484. VailL Domit. No. 21. 16) Cic. p.
Flacc. 13. 17) p. Sext. 53. in Taün. 7. Dio 38, 6. S. lulü No. 31.
J. 11. in. 18) p. Sext. in Vatin. 11. cc. p. Coel. 13 ad Qa. fr. 2, 3.
5- 7 u. 3, 4 in. 19) Es vrar erlaubt, das A~olk sah aber eine Vernach-
lässignng darin nnd konnte sich in den Wahlcomitien rächen. Clandü
No. 41. f. 1. A. 30. Cornel. Snll. No. 8. §. 2 n. f. 11. Die Münze bei
Vaill, Domit. No. 21 bezieht sich nicht auf die Aedilität, und die Spiele,
deren Cic. ad Att. 4, 17. {. 2 gedenkt, gab Domitins als Prälor. 20) Cornel.
Snll. No. 8. §. 12. 21) S. darüber und über die VerTvechsclung dieses
Processes mit einem spätem t, 3. 54. Clandü No. 47 nnd Coelii No. 5.
§. 1. u, Domilü Ahen. No. 18. 22) Calpurn. No. 36.
1*
4 XV. DOMITII. (6.)
bei äer Erkaiifung ier Sliminen zu iiberbiefen , und verspracLen
der Centuria, welche in den W^aLIcoiniüen zuerst aufgerufen
wurde , an zeLu Millionen Sestertien, Am 15. Juli stiegen die
Zinsen von Tier auf acLt, die Wucherer Latten den nächsten
Gewinn. ^^) Doch war der Unfug auch Pompejus erwünscht;
ein gesetzloser und gefahrvoller Zustand sollte den Senat zwin-
gen, in seine Ernennung zum Dictalor zu willigen, obgleich er
als Proconsnl von Spanien für abwesend galt, und Tilel und
Amt ihn über Cäsar und alle anderen Nebenbuhler und Feinde
erheben. Man konnte seine Entwürfe leicht errathen, wie sehr
er sich auch verstellte und sich das Ausehen gab, als beschütze
er Scaurns. *'') Cäsar scliien Memmius zu begünstigen; ") da
dieser jedoch a. 58 als Prätor die juliscLen Gesetze angegriffen
Latte, so ahndete Cicero, dass er getäuscht werde, und Messala,
deshalb in den Briefen an seinen Bruder Ouintus, Cäsars Legaten,
unser Messala genannt, von dem Statthalter von Gallien mehr
«•warten dürfe. Um ihrer Wahl gewiss zu sein, schlössen Do-
mitius und Blemmius mit den Consuln Appius Claudius und Do-
initius Ahenobarbus einen schriftlichen Vertrag, worin sie sich
verpflichteten, ihnen für ihren Beistand durch die Aussage be-
stochener Augurn und Consulare über erdichtete Verhandlungen
in Curiat - Comitien und Senat die Provinzen zu verschaffen,
welche sie wünschten , oder sonst eine bedeutende Summe an
sie zu zahlen. * ^) Man war bald davon unterrichtet, wenn aucli
Cicero , aus Furcht vor den Claudiern , vorerst in seinen Briefen
uichts Näheres darüber mittheUte, und Messala und Scaurus sahen
einer Niederlage entgegen. ^ ^) Aber plötzlich machte Memmius
das öffentliche Geheimniss im Senat bekannt, und beurkundete
seine Schande durch die betreffende Schrift, in welcher jedoch
die Namen der Zeugen getilgt waren. -^) Pompejus hafte den
Vertrag von Anfang getadelt und Scaurus beklagt, welchem da-
23) Cic. ml On. fr. 2, IS. nä Att. 4, 15. §. 7. 24) Cic U. cc.
Villi, rornji. 54. 25) Ml Att. 1. c. .-iJ 911. fr. 3, 2. 26) ad Att.
4, 18. Mehr darül.er im 2. Tli. S. 189. 27j .iil Att. 4, 15. §. 7. .ncl
yii. fr. 2, IS. 28) Cicero orwiihnt es schon im .Sei)lemher, .iJ Qu, fr.
.■J, 1. §. (i, iiiul ,iiisfiihrlicher od Att. 4, 18; früher schrieb er: Cum eo
( Bleiiiiiiio) Doiiiiiiiiiii coiisiilcs iiinxerunt ; qna j>aclioiic, e|>is(oIae comiuitlero
iiou aiiilea, atl Att. 4, 15. §, 7.
CALVLM. (6.) 5
dnrcli Einfrag; g^escLehe; in der TLat aber fiirclitefe er für sich,
fiir seine Dic(atur, wenu die WaLlen erfolgten, desLaib über-
redete er Memmiiis, das Verbrechen anzuzeig-en. ' ^) Er mocLte
jLni Torsf eilen, seine \ erbindiing' mit den Consuln werde iLn
nicLt zum Ziele führen , sondern nur in eine schimpfliche Klage
verwickeln , und dageg'en ein offenes Geständniss ihm Senat und
Volk gewinnen, einen Nebenbuhler, Douiitius, aus der Bahn
werfen , eine ünlersnchung auch gegen die Anderen veranlassen,
und es Pompejus möglich machen, ihm — wie leicht za erachten
war, als Dictator, bei den A^'ahlen zu nützen.
Alles, wodurch die Gewalt des Senats anerkannt und ihm
Gelegenheit g'egeben vyurde, sie anszuüben, war Cäsar missfällig',
und jeder Schritt, welcher Pompejus und dessen alte Freunde,
die Optimaten, einander wieder näher brachte, folg-lich auch die
Anzeige des Älemmius. ^ ") Im Senat stritt man viele Tage mit
der grossten Erbitterung, aber mehr im Interesse der Parteien,
als ans Abscheu gegen das Verbrechen und die Schaanilosigkeit
der Consuln und Candidafen. ^ ') Cicero zog sich zurück; seit
seinem Exil „mochte er ohne einen mächtigen Schutz nicht wieder
der Arzt der Republik werden." ^ ') Es musste Cäsar beleidigen,
an welchen Clodius ohnehin Briefe abgehen liess,^^) wenn er
den Gegnern des Blemmius beistimmte, nnd wenn er Pompejus
Pläne durchkreuzte, so war dessen Versöhnung mit seinem Feinde
gewiss. ^ *) Er schwieg daher, und da doch leicht Einige unter
den CandiJaten ihi-e Absicht erreichen, und dann als Consuln ihn
gegen Clodius vertreten konnten, so bewies er Allen eine lebhafte
und ihätige Theilnahme. ^ ') Bei der „ungemeinen Freigebigkeit''
des Domitius und Blessala schienen diese in der Volksgunst zu
steigen, als der Senat im September besdiloss, dass man aUe
29) ad Att. 4, 18. §. 2; Haec pactio — prolala a Memnuo est no-
uiinibns indnclis, aactore Pompeio. Das Letzte bezieht sicli nicht bloss auf
die zunächst vorhergehenden »orte, wie Tunslall memt, (ep. ad Rliddleton.
p. 119) nnd selbst, wenu es der Fall wäre, würde sich daraus ergeben,
dass Memmias mit Vorwisseo nnd unter der Leitung des Pompejus hau«
delte. Ko magis nunc cogitare dictatnram, tum faverc institio et omuium
rerum licenliae. Das. 30) ad Att. 4, 10. (. 4. 31) ad Qu. fr. 2,
IG. }. 2. 32) Das. 33) ad C.)u. {r. 3, 1. §, 4. 34) Das. 3, 4.
35) Das 3, 1. :. G.
6 XV. DOMITII. (6.)
Candldafen vor Gericlil stellen uud das Urtlieil erst nach den
Comiüen bekanntmachen solle. Jene waren bestürzt; sie mussten
erwarten, dass die Wahlen zum Voraus durcli ihre VerurtLeilunj
nngiiltig würden. Aber einige unter den Richtern selbst iiessea
durch Tribüne ein Gesetz fordern, ohne welches man zu einem
solchen Verfahren nicht befugt sei. Der Senat verschob die
Wahlen und die Consuln beantragten das Gesetz, dessen Be-
stätigung der Tribun Terentius wohl auf ihr geheimes Anstiften
verhinderte. Auf ihren Bericht über den tribunicischen Einspruch
war man in der Curie der Meinung, dass die Wahlen so bald
als möglich Statt finden müssten, denn mehr als ein erkauftes
Consulat fürchtete man die Dictatur. ^ ^) Der Tribun Mucius
Scäyola beobachtete bis zum letzten September und länger an
allen Comitial- Tagen den Himmel, wodurch er sowohl den
Feinden der Consuln, als Pompejus nützlich wurde, denn wie
dieser, so wünschten auch jene ein Zwischenreich, damit Appins
nnd Domitius Ahenobarbus die Vortheile des Vertrags ent-
gingen. ") Nun eilte Scaunis, seinen Mitbewerbern nachzukom-
men; er befriedigte in seiner Wohnung eine Tribus nach der
andern ; wenn er aber auch mehr gab, so erregte es doch Miss-
verg-nügen, dass es so spät geschah, und im Anfange des October
wurden Alle wegen Bestechungen augeklagt, Domitius von dem
Tribun C. Memmius, Messala von Q. Pompejus, Seaurus von
Triarius, und Memmius von Q. Curtius. ^*) Ihre Schuld war
so offenkundig und so gross , „ dass keine Beredtsamkeit sie zu
retten vermochte, und entweder sie oder die Gesetze untergehen
mussten." ^^) Uebrigens durften Domitius und Messala jetzt am
meisten liofFen, wenn man wählte, da Seaurus ohnerachtet seiner
glänzenden ädilicischen Spiele *") wegen der verzögerten Spenden
bei dem Volke, und Memmius wegen der Anzeige bei diesem
uud den Optimalen nicht beliebt war. * ' ) Doch rechnete der
36) ad Au. 4, 16. §. 4. Elic Abdera. 37) Das. 38) Das. nnd
4, 17. Oll Qn. fr. 3, 2 ii. 3. 39) Cic. II. ec. Cleicliwohl tint er für
Seaurus auf und gedachte ,,uiiseni Messala", dessen Freisprechung auch
auf das Schicksal der Anderen Einfluss habe» werde , mit aller Anstren-
gung 7.U vcriheidigen. ad. <Ju. fr. 3, 3. §. 2, 40) 1. Th, S. 29. 41) ad
Alt. 4, 18.
CALMM. (6.) 7
Letzte aucL jetzt notli auf die Krieger, welche Cäsar scLickeii
sollte, wogegen Doniitius auf eine augenfällige Art als Richter
Gabiniiis freisprach , um Poinpejus , dessen Beschützer zu ge-
winnen. ^ -)
Dieser war ohne Zweifel am meisten erfreut, dass Beobach-
tungen des Himmels fortwährend die AA'ahlen verhinderten, welche
die Consuln zn beschleunigen wünschten; *^) seine Freunde
sprachen von der Nothwendigkeit einer Dictatnr; man glaubte,
Hirrus werde den Antrag machen, nur ihm selbst schien die
Sache völlig fremd zu sein, *') Sehr ungelegen waren ihm die
Supplicationen in den letzten Monaten , weil während derselben
nicht Gericht gehalten wurde;") seine Ränke förderten ihn
nicht: Rom wählte zweit keine Consuln, aber auch keinen Die-
tator. *^)
§2.
a. 53. Die Klagen ruhten;*') desto thätiger waren die
Sendlinge des Pompejus, besonders Volkstribune, die Reihe der
Zwischenköuige zu verlängern. Ein ausserordentlicher Zustand
erforderte, nach ihrer Behauptung, auch ausserordentliche IMittel;
Con.suln genügten nicht; die Gölter selbst warnten, so oft man
zur ^Vahl schreiten wollte, durch Anzeichen, unter anderen durch
eine grosse Feuersbrunst in Rom;**) nur Kriegstribune mit Con-
42) Das. 4, 17. ad On. fr. 3, 2 n. 4 in. 8. 43) ad Qn. fr. 3,
2. 3. 44) Das. 3, 4. 7. 8. 9. Tlut. Pomp. 54. App. 2, 438. 45) ad
9n. fr. 3, 8. §. 3. 46) Das. a. 3, 9. §. 3. Tlut. u. App. U. cc.
47) Für Domitins, so viel ^ir wissen, auf immer. Scaiiriis ^"urde nach
dem Gesetze des Pompejns gegen Amtserschleichung , welchem dieser eine
rückwirkende Kraft gab ( Clandii iVo. 43. §. 22 ) a. 52 verurtheilt ; App.
2, 442. Alemmins dagegen, weil er einen Andern anklagte, TOn der Strafe
befreit, App. 1. c. Dio 40, 52. Clandii 1. c, und Messala a. 51 von seinem
Oheim Hortensins rcrlheidigt und gegen alles Erwarten freigesprochen ;
Cic. ad Qn fr. 8, 2. Brut. 96. Val. M. 5,9. §. 2. S. Hortensii; nicht
schon a. 54, Tvie Mannt. Wetz. Brut. 1. c. und Beier in Oratt. Cic. ed.
tejT. et Beier p. 228 die Worte Cicero's : Idque perficiam bis supplicatio-
nom otiosis diebus: qnibus Messalam iam nostrnm, reliquosc[ue molestia
levatos, \ehementer gandeo , gedeutet haben ; Cicero sagt später selbst ad
Qn. fr. 3 , 9, §. 3 : Video Messalam noslrum cousnlem, si per interregem,
sine indicio, si per dictatorem, lomeu sine periculo. 48) Dio 40, 17.
8 XV. DOMITO. (6.)
sular - Gewalt vennocliten zu Lelfen, und als man mit diesem
VorscLlage kein Gehör fand, wie erwartet war, empfahl man
die Dicfaf ur. * ^) Aber der Senat regte sich nicht ; Pompejus
unternahm eine Reise, um zu zeigen, dass er an den Umtrieben
keinen Theil habe, und man rief ihn nicht zurück; ^°) der Tribun
Luccejus Hirrus wurde mit Absetzung bedroht, als er es wagte,
bei dem Volke auf die Dictatur anzutragen , " ) weil üe Opti-
maten den Triumvir nicht kannten, nicht einsahen, dass er un-
fähig war, sich zum Herrscher aufzuwerfen, und daher die Ge-
legenheit zur Versöhnung, welcher ein Bund gegen Cäsar folgen
musste, nicht benutzten. Indess Yerblieb ihnen scheinbar der
Sieg; denn Pompejus fügte sich endlich, auf seinen Wink ver-
schwanden alle Hindernisse der Wcihl, und Domitius und Alessala
sahen sich im siebenten Monate des Jahres am Ziele. ' ^)
BI. Cato rühmte die republicanischen Gesinnungen des Pro-
consuls und schmeichelte ihm durch die Bitte, die Ordnung im
Staate zu befestigen. Aber der Feind hatte nur seine Stellung
verändert, seine Absichten und Mittel blieben dieselben. Die
A^erwirrung wurde ärger, zumal da sich nun ausser Plautins
Hjpsäus und MeteUus Scipio auch Alilo um das Consulat bewarb,
und P. Clodius um die Prätur; sie verfolgten sich mit tödt-
lichem Hasse und suchten gegenseitig ihre Hoffnungen zu ver-
eiteln. Ohnerachtet des Gesetzes, welches die Consnln beantragten,
dass niemand in den ersten fünf Jahren nach dem Consulat oder
der Prätur eine Provinz erhalten soUte, dauerten die Bestechungen
und Gewaltthätigkeiten fort. Domitius wurde verwundet, und
Rom war im Anfange des J. 52 wieder ohne höhere Magistrate.
Da nun überdies Milo's Gefolge Clodius erschlug und alle Bande
der Gesellschaft sich zu lösen drohten, so hatte Pompejus wenig-
stens die Genugthuung, dass man im Febrnar ihn allein znm
Consul ernennen Hess. *^) Er beherrschte die Gerichte und
komile um so leichter sich seiner Feinde und auch Milo's ent-
Oros. 6, 14. 7, 2. Obseq. 125. Iiilii No. 31. §. 31. 49) Cic. ad Farn.
7, 11. Die 40, 45. I'lut. Cato m. 45. SO) Dio I.e. 51) Pliit. l'omp.
54 wird er LncUius genannt. 52) Dio 40, 17, 46. Huf. romp. 54.
App. 2, 438. Macrob. sat. I, 9. Cassiod. Fast. Sic. a. 700. 53) Oaudü
No. 43. §. 21 u. 22.
CALVINI. (6.) 9
ledigen, welcter wegen mehrerer Verbrechen, unter an^dern von
den beiden Appins, unter dem Beistande des Domitius nnd Va-
leriiis Leo, wegen BestecLiingen belangt wurde. ^ ')
Im Kampfe mit Cäsar waren Senats- und Volks'besclilüsse
unwirksam ; man erkannte es zu spät, und Domitius w^audle sich
um so mehr zu dem Stärkern, da dessen Schätze sich ohne
Zweifel auch für ihn öffneten. Er ging unter dem O'berbefelJe
des C. Gnrio als Anführer der Reiterei nach SiciUen nnd Africa,
und bewährte sich hier in der unglücklichen Schlacht a m Bagradas
durch den Mulh, mit welchem er jenen zu retten versuchte.^*)
Cäsar entsandte ihn im folgenden Jahre 48 nach IVIacedonien,
um Metellus Scipio, den Schwiegerrater des Pompejcis, zu beob-
achten , welcher mit Verstärkungen aus Syrien zurückkam. Die
Aufgabe erforderte Kühnheit und Vorsicht, und er Ibewies, dass
er ihr gewachsen war. Als die Heere sich in TLiessalien auf-
steUfen, bewirkte er durch einen meisterhc/en Rückzug, bei
welchem er, von einem günstigen Zufalle unterstiit:it, Ponipejus
auszuweichen wusste, seine Vereinigung mit Cäsar, und befehh'gte
dann bei Pharsalus das mittlere Treffen. ^ ^)
\^ ährend des alexandrinischen Krieges bestand er im vor-
dem Asien einen schweren Kampf mit Pharnaces, dem Sohne
Blithridates des Grossen, welcher die Unruhen im römischen
Keiche benutzen wollte, um das väterliche wieder zu erobern.
Die Sti-eilkräfte waren zu ungleich, da Cäsar mehrere Legionen
nach Aegypten rief. Auch er sollte nach Syrien vorrücken, aber
ohne Schlacht konnte er sich nicht entfernen, und er verlor sie.
Cäsar rächte ihn in demselben Jahre 47 nach seiner Rückkelu-
vom Nil durch den Sieg bei Zela, und gab ihm den Auftrag,
die Verwaltung in diesen Gegenden, wo er wegen der Angelegen-
heiten im Westen nicht lange verweilen durfte, wieder zu ord-
nen. ") Doch blieb auch Domitius nur eine kurze Zeit, denn
er focht im nächsten Jahre bei Thapsus in Afrira, und belagerte
daranf mit zwei Legionen Ccsidius, welcher mit seinem Gelde
entfloh und von den Gätulern, seinen Begleitern, erschlagen
54) Ascon itt Milon. p. 54. OreU. Clanclii 1. c. §. 23. Si) Cacs.
B. C. 2, 42. S. 2. Th. S. 4 n. Iiilü No. 31. §. 44. A. 49. 56) Iiilii
Ko. 31. ?. 51. A. 18. 57) Das. a. 47. Dio 42, 4!).
10 XV. DOMlTII. (6.)
wurde, in TLysdriis. *^) Er war a. 45 gegenwärtig-, als Cicero
Dejolariis , den König in Galatien, verlLeldigte, von welchem er
im Kriege mit PLarnaces Hülfe erhallen Latte. '^) Bald nachher
gab ihm Cäsar die Anwartschaft auf das Amt eines Magister
Xiquitum, eine ehrenvolle Anerkennung' seiner Dienste, wenn
auch nadi dem Tode seines Gönners die Dictatur für immer
aufgehobeil wurde. ^°)
Octav.ian und Antonius verbanden sich nach dem mutinen-
sischen Ki'-iege, um ihre gemeinschaftlichen Feinde, die Ver-
schwornen, zu unterdrücken. Sie gingen a. 42 über das ionische
Bleer. Do:mitius sollte ihnen von Brundusinm Truppen nach-
führen; aber sein kleines Geschwader -wurde von der Flotte des
Stafius Murcus und Domitius Ahenobarbus eun Tage der ersten
Schlacht bei Philipp! vernichtet oder zerstreut, und man hielt ihn
anfangs für todt, weil er erst nach längerer Zeit den Hafen
wiedfei- erreiVhte..? ') Da Antonius im Osten blieb, so war er
von jetzt an auf Ocfavian angewiesen, welcher als Adoptivsohn
Cäsars ihm ohnehin näher stand. Er wurde im J. 40 zum
zweiten IMals Consul, aber bis zum Ende des perusinischen
Krieges nur dem Namen nach, *-) und vor der gesetzmässigen
Zeit niusste er mit seinem C'ollegen Asinius Pollio Andern
weichen. ^■') Im nächsten Jahre kämpfte er als Procousul von
Spanien mit tlen C'eretanern, einem Volke in den Pyrenäen.®*)
Ein Legat gerieth in den Hinterhalt und wurde von den Truppen
verlassen; Domitius bestrafte den Zehnten unter ihnen nach der
Entscheidung des Looses und den ersten Centurio VibuUius mit
dem Tode; dann grilf er an; die Feinde unterlagen und das
Heer begriisste ihn als Imperator.^') Seine Rückkehr nach
Rom verzögerte sich bis zum J. 36, in welchem er am 17. Juli
triumphirte, vvieder eine besondere Gunstbezeugung Octavians,
»luter dessen Auspicien er gefochten hatte. Den Beitrag der
58) Caes. I. c. a. 46. B. AWc. 76. 86. 93. 59) p. Deiot. II.
60) Fast. cap. a. 709. 1. Th. S. 106. 61) 2. Tli. S. 145. A. 82 f.
Unten Uom. Ahen. No. 10. A. 87. 62) 2. Tli. S 9. A. 60. Ursin. p. 88.
VaiU. Domit. No. 23. Eckh. 5, 203. 63) Dio 48, 32. Tab. CoUot. bei
Grnter. p. 298. No. 1. und bei l'igli. 3, 484. Coiiicl. Balbi No. I. §. 2.
64) I'lol. 2, 6. Stiabo 3, 162. l'lin. 3, 4 (3.). 65) Dio 4», 42. Vellej.
2, 78 unil die Münzen oben A. 62.
CALVINI. (6.) 1 1
Provinz zu den Kosten der Feier, das Kronengold, verwandte er
grösstenflieils auf die Herstellung der abgebrannten Reg-ia in der
Via Sacra; bei der Einweihung- borgte er von dem Triumvir
Statuen, und ersuchte ihn dann, sie selbst wegnehmen zu lassen,
in der gegründeten Hoffnung, dass jener das HeiliglLum nicht
berauben werde. * '') Seine Blünzen bezeichnen ihn als Pon-
tifen. «■)
66) Dio 1. c. Fast, triumph. bei Grut. p. 297. Orell, Inscr. No. 619,
VaiU, Domit. A'o. 22. 67) Oben A. 62.
12
XV. DOMTII.
(1.)
XV. DOMITII.
B. AhenoharhL
1. Cn. Domitiiis Aheuobarbus«
Vos. l!t2 (J. {_'hr. ■ — 'M'i'l a. n.
2. in. Ddiiiitius AIh-ii.
6. Cn. Uoiiiitius Alien,
•^fl.Sl— 673.
»7. Cornelia.
t). L. Duniitiiis Ahen,
Cyi.54 — 700.
— 1*. Purcia.
10. Cn. Dnniitius Alien.
11. K. Dnniitius Alien.
Cos. lt> — 73S.
— 12. Antonia ni.iior.
13. Cn. Dnniitius Alii-n.
Cos.'iiiiach Cliv. — 7S3.
— 14. Aiiri|i|)iria.
15. L. Domitius Ahen.
3N c r o.
IS. Cn. Domitins Ahen.
pr.54 — 700.
ly. L. Domitius Alien.
PfüC. K0 — Ü74.
lö. Domitia. 17. Doinifia I.cpida.
— Crispus Tassieuus. •— iU. Valer. Messala.
XV. D o m i t i i.
B. Ahenobarbi.
V iele unter diesen Domifiem Latten rötLIicLes Haar, welcLes
aucli der ScLerz des Redners Crassiis beweis't. *') Um diess
zu erklären und zugleich iLr Geschlecht unter die ältesten hinauf-
zuriicken, erfanden sie das Mährchen: die Dioscuren haben (258
a. u.) ihrem Ahnherrn den Sieg der Römer am regillischen See
über die Lateiner verkündigt, und als er Zweifel äusserte, seinen
schwarzen Bart berührt, welcher dadurch rolh geworden sei. ^^)
68) Sneton. Nero 1. 2. Ualen No. 4. A. 3. 69) Plnt. Aemil. 25.
Coriol. 3. ( A)yüßitQßoq ZniQ ictly j^aXxQTto'iym'. VasA. Sic. o. 561 :
AIIENOB.iRBI. (1.) 13
1. Cn. Doinitins Ahenobarbiis. L. F. L. N. ' ") Volks-
ädil a. 196. Kr erbaute mit seinem CoUegen C. Curio von
Strafgeldern einen Tempel des Faun, und -weiLfe iLn a. 194 als
Prätor.") Cos. 192.'^) Feldzug gegen die Bojer, nacL
■welchem er im folgenden Jabre das Heer dem Consul Scipio
Nasica übergab. '' ^) a. 190 Legat des Consuls L. Scipio im
Kriege mit Antioclius d. Gr. "')
2. Cn. Domitius Alienobai-bus. Cn. F. L. N. ''*) SoLn
des Vorigen. ScLon in seiner Jugend a. 172 Pontif. '^) 169
ging er mit zwei Andern als Gesandter nach dem Osten, um
über den Zustand des Heeres und der Flotte und über die Streit-
kräfte des Persens zu berichten, ") Als die Consuln des J. 162
niederlegten, weil die Auspicien bei ihrer W^ahl nicht gehörig
beobachtet waren, nahm er mit P. Lentulus ihi-e Stelle ein. '^)
3. Cn. Domitius Ahenobarbus. Cn. F. Cn. N. '*) Sohn des Vo-
rigen. Seine Münzen mit dem Kopfe des Jupiter beziehen sich auf die
Spiele, welche er als Aedil gab. ** °) Cos. 122, ^ ' ) und berühmt durch
seine Thateu in Gallien, wo die Römer ihre Herrschaft als Be-
schützer der IMassilier und Aeduer gründeten. Jene vertheidigte
154 O. Opimius gegen die Ligurer und 125 Fulvius Flaccus gegen
die Sallurier, mit welchen 123 auch der Proconsul Sextius Cal-
Tinns, der Erbauer von Aqua Sextiä, kämpfte.*') Sein Nach-
folger Domitius griff die AUobrogen an , weil sie Teutomalius,
den König der Salluvier , aufgenommen und das Gebiet der
Aeduer, der Freunde Roms, verwüstet hatten,^') und besiegte
leßoßünßog.) Dionys. H. 6, 13. Liv. 2, 21. Suet. Nero 1. Cic. de nat.
D. 2, 2. Tcrtnll. Apolog. 22, Auch durch die Alüiizeii erinnerte man .in
den erdichteten Stammtater. Eckh. 5, 202. Unten No. 10. A. 87. 70) Fast,
cip. a. 561. 71) Liv. 33, 42. 34, 42. 53. 72) Fast. cap. Liv. 35,
10. 20. 73) Ders. 36, 37. 74) Ders. 37, 39. Plut. Apophlh. Rom,
Cn. Domit. Vol. 8. p. 144 ed, Hutt. 75) Fast, cap. a. 591. 76) Liv.
42, 28. 77) Ders. 44, 18. 20. 78) Fast. cap. Cic. de nat. D. 2, 4.
de div. 1, 17. 2, 35. ad (Jii. fr. 2, 2. Val. M. 1 , 1. §. 3. 79) Fast,
triiimph. bei Gniler p. 298. No. 3. 80) A^aill. Domit. No. 8. 81) Cic.
Brut. 26. Plin. 2, 32. Obseq. 92. Cassiod. Fast. .Sic. a. 631. 82) En-
trop. 4, 22 (10) Terwechselt die Feldzüge, weil er bei dem Namen des
Sextias Calvinns an einen Domitius dachte, nm so mehr, da anch ein
Domit. Ahenob. in Gallien auftrat. 83) Liv. Cl. App. Call. XJ. ed.
Schweigh. Vol. 1, p. 84. Flor. 3, 2.
14 XV. DOMTII. (4.)
sie und iLren Bundesg'enossen Bitnitiis, Fürsten der Arremer, * ♦)
a. 121 am Zusammenflüsse des Siilgas und Rhodanus bei Vin-
daliuin besonders durch seine ElepLanten, welche Mannschaft
und Pferde schreckten. **) Obgleich er noch einige Zeit nach
der Ankunft des Consnis Q. Fabius Älaximus in Gallien blieb,
so wird doch die Nachricht, dass er Bituitus im Zorn über dessen
Unterhandlungen mit dem Consul nach Rom, und der Senat ihn
dann weiter nach Alba geschickt habe, * ^) von Livius widerlegt.
Fabius überwand vielmehr in der Gegend, wo die Isara sich in
den Rhodanus ergoss, die Allobrogen und den König, welcher
nun auf Frieden antrug ui;d an den Senat ver'W'iesen wurde; er
reis'te selbst nach Rom und büsste in Alba für sein Vertrauen,
da man es nicht für rathsam hielt, ihn zu entlassen; man be-
mächtigte sich dann auch seines Sohnes , und Beide erschienen
ohne Zweifel bei Fabius Triumphe. ^ ') Aber Domitius war
unzufrieden, dass er den Krieg nicht beendigen konnte ; er legte
zum Andenken an seine Thaten eine Landstrasse an, via Do-
mlfia, ^ ") und errichtete Trophäen; ''') auch sah man ihn auf
einem Elephanten mit grossem Prunk durch die Provinz reisen, ^°)
und 120 über die Arverner triumphiren. ^ ') Als Censor sliess
er a. 115 mit seinem Collegen Metellus Dalmaticus zwei und
dreissig aus dem Senat.*') Pontif. ^*)
4. Cn. Domilius Ahenobarbus. Cn. F. Cn. N. Sohn des
Vorigen, mit welchem Sueton ihn verwechselt. ^ *) In der
84) Betnltiis in den Fast, triiimph. n, 633. Eitius Atlien. 4. p. 152
ed. Casaiil). Biltiis Strabo 4, 191. Viliiitiis Hieron. in Euseb. Chron. Ol.
163 s. Scalig. das. No. 1890. Kin Ton Römern und Griechen entstellter
Name, aber nicht Königslitel, obgleich er sich auch bei den Galliern in
Asien findet, App. Milhr. 248. 249. Denn der Vater des Bit. wird Luerius
oder Lnernins (Athen, u. Strabo 11. cc. ) und sein Sohn Congentialus ge-
nannt. LiT. 61. Bei App. Gall. 1. c. heisst Bituitns König der Allobrogen.
85) Sfraba, Liv. , Flor., App. Call. U. cc Cic. p. Font. 12. VeUej. 2,
10. 39. Oros. 5, 13. S. Iiilii No. 31. J. 15. A. 23. 86) Val. M. 9, 6.
J. 3. Eutrop. 4, 22 (10). 87) Liv. 61. Strabo, Cic. U. cc. Caes. B. G.
I, 45. Vellej. 2, 10. Plin. 7, 51 (50). Suct. Rero 2. Oros. 5, 14. Fast,
triumph. 1. c. 88) Cic. p. Font. 4. 89) Flor. 3, 2. 90j Suet. 1. c,
91) Fast, triumph. Vellej , Eutrop. 11. cc. VaiU. Domit. 7. 92) Liv. 62.
Cic. Verr. 1, 55. p. Clnent. 42. Val. M. 2, 9. {. 9. Gruler. p. 205. 206.
Wo. I. 93) Suet, Nero 2. 94) l. c.
AnENOB.iRBI. (4.) 15
Reihe der Ahnherren des Kaisers Nero der Sechste. ^ ') V.
Tribun 104 unter Marias zweitem Consniat. **) Er rächtö sich
jetzt an den Pontifen für die Weig-ening', ihn an seines Taters
Stelle aufznueLmen, durch ein Gesetz, nach ■welchem das \ olk,
nnd da es weg-en der Sacra nicht dazu befugt war, siebzehn durch
das Loos bestimmte Tribus die Priester wählen, und die Collegien
sich durch die Gewählten, nicht mehr selbstständig' erg-änzen
sollten. Durch jenen Zusatz begegnete er einem religiösen Be-
denken , an welchem ein gleiches Unternehmen des Tribuns C.
Crassus im J. 145 gescheitert war.*') Bald nachher wählte ihn das
Volk ans Dankbarkeit zum Pontifex IMaximus. ■**) Auch Einzelne,
welche ihn beleidig-t hatten, wurden wahrend seines Tribunats von ihm
verfolgt; er belangte JM. Aemilius Scaurus, einen der Ang'esehensten
unter den Optimaten, weil durch seine Schuld heilige Gebräuche
in Lavinium vernachlässigt seien, in der That aber, weil er ihn
früher nicht zum Aug-ur wählte ; doch g'ab er einem Sclaven des
Scaurus, ■welcher insgeheim gegen Uin aussagen wollte, kein
Gehör, und schickte ihn zu seinem Herrn. Dieser wurde frei-
gesprochen. ") M. Junins Silanus ferner hatte a. 109 als Consnl
Egritomarus, einen Gastfreund des Tribuns, im transalpinischen
Gallien beleidigt, deshalb klagte ihn Domitius ^vegen eines Ma-
jestäts- Verbrechens an: er habe, ohne vom Volke dazu ermäch-
tigt zn sein, in Gallien mit den Cimbern gefochten, von welchen
er geschlagen Avurde. Bei weitem die Älehrzahl der Tribus
sprach ihn frei.'"") Cos. 96 mit C. Cassius. ') Blit seinem
93) Atavns. Das. 96) Xacli VeUeJ. 2, 12 unter dem Dritten, a. 103;
al)er Ascon. ia Cornel. p- 81 nennt Blaiius CoUegen Fiinbria. 97) Cic.
de lege agr. 2, 7. Vellej , Snet. 11. cc. Die 57, 37. Sulla hob diess
Gesetz auf, und Cäsar a. 63 durch den Tribun T. Labienus das cornelische.
Cornel. Sullae jVo. 8. §. 13. lulii No. 31. §. 7. 98) Liv. 67. Cic. p,
Deiot. 11. Tal. M. 6, 5. §. 5. 99) Cic. u. Val M. U. cc. Dio fr. 100.
Ascon. in Scanr. p. 20. 21 giebt die verweigerte Aufnahme in das Colle-
gium der Augnrn als die Ursach der Klage au; Domiüns konnte sich um
diess Priesterthnm beirerben, als er nicht Pontif gevf erden ■v\"ar; wir kennen
seine Geschichte zu wenig im Zusammenhange, tun Ascon, oder Sueton,
(Xero 2) des Irrthums zu beschuldigen 1. Th. S. 27. 100) Cic. p.
Cornel. n. das. Ascon. p. 80, OreU. Div. in Caecil. 20. Verr. 2, 47.
Vgl. LiT. 65. Vellej. 2, 12. 1) Fast. cap. Cassiod. Fast. Sic. a. 657.
Cic. p. Deiot. 11. Brnl. 45. Ascon. in Scaiu-, 21. Val, M. 6, 5. §. &.
16 XV. DOMITII. (5.)
Colleg'en in der Censur L. Crassiis dem Redner war er nnr darin
einig, dass sie a. 92 die Schulen der lateiniscLen Rhetoren schlös-
sen , deren Unterricht sie für eine verderbliche Neuerung hiel-
ten. °) Uebrigens zeigte sich -wieder seine Streitsucht und Heftig-
keit. ^) Denn nach dem Vorigen darf man kaum zweifeln, dass
er zur Feindschaft mit seinem Collegen die erste Veranlassung
gab, und zu seinem Nachtheile, da jener ihm an Witz und Geistes-
gegenwart überlegen war, *) und ihr Wortwechsel sich daher
meistens auf seine Kosten mit dem Gelächter der Zuhörer en-
digte. ') Unter Anderem machte er es Crassas zum Verbrechen,
dass er ein prachtvolles Haus auf dem Palatin bewohne, dass er
Säulen von hymettischem Blarmor besitze, und eine in seinem
Fischteiche gestorbene Bluräne wie eine Tochter betrauert habe. ^)
Nach Cicero war er kein ausgezeichneter Redner, aber doch auch
nicht ohne Anlage und Uebung. ')
5. L. Domitius Ahenobarbus. Cn. F. Cn. N. ') Bruder
des Vorigen, und wie dieser ein Freund des Metellus Numidicus,
W^elcher während seines Exils an sie schrieb. ^) Er tritt in der
Geschichte zuerst als Propräfor von Sicilien auf, bald nach Been-
digung des Sclavenkriegs auf der Insel, wo es den Sclaven seit-
dem untersagt war, Waffen zu tragen; ein Hiri, welcher einen
Eber mit einem Jagdspiesse erlegt hatte, wurde auf seinen Be-
fehl gekreuzigt. '") Cos. 94. •') Jene Verbindung mit Metellus
lässt schon auf die Partei schliessen, welcher er srngehörte und
auch im ersten Bürgerkriege treu blieb; deshalb liess ihn der
Obseq. 109. Cassü No. 9. 2) CIc. de Cr. 3, 24. GeU. IS, 11. Dial.
de er, 35. Vgl. Fast. cap. a. 661. Cic. p. Deiot. 11. Brnt. 43. Val. M.
6, 5. 5. 5. 3) Plin. 17, 1 : nt erat vehemens natura, praeterea accensus
odio etc. Crassns sagte ihm: Noa esse mirandmn, qnod aeneam barbam
haberet, cni os ferrenin, cor plumbenm esset. Suet, Nero 2. 4) Praesens
ingenio semper, et faceto lepore solers. PUn. I. c. 5) Flln., Snet. 11, cc.
Cic. de or. 2 , 56 : Erat antem tanta gravitas in Domitio , tanta auctoritas,
tit, quod esset ab eo obiectnra, lepore magis elcTandiun, qnam contentione
frangendum Tideretur. Vgl. c. 11 n. 59. u. Brnt. 44. 6) Plin. 17, 1
n. 36, 3. Val. M. 9, 1. §. 4. Macrob. Sat. 2, 11. Plut. reip. ger. praec.
Vol. 12. p. 167. Hutt. 7) Brut. 45, de or. 2, 56. 8) Orell. Inscr.
No. 3793. 9) GeU. 15, 13. 10) Cic. Verr, 5, 3. Val. M. 6, 3. §. 5.
II) Fast, c.-ip. Cassiod. Fast. Sic, a. 659. Ascon, ia Cornel, arg, p, 57.
OreU. Obseq. 111. Orell, luscr, 1, c.
AHEJVOBARBI. (6.) 17
jüngere Afarius a. 82 durch den Prätor Damasippos in Rom er-
morden. ' ' )
6. C'n. Domiliiis ALenobarbus. Cn. F. Cn. N. Nach
Vornamen und Zeilverhältniss ein Sohn von No. 4. Von seinem
Vater, welchen er nur wenige Jahre überlebte, *^) ererbte er die
Feindschaft mit mehvern vornehmen Geschlechtern , und als
Schwiegersohn des L. Cinna''') erklärte er sich im ersten
Bürgerkriege entschieden für die Volkspartei. Er wurde von
Sulla geächtet, jind sammelte in Afrika mit Hülfe des numidischen
Königs Hiarbas ein neues Heer, an welches sich viele andere
Proscribirte anschlössen. ' ') Allein TOOO Mann verliessen ihn,
als Cn. Pompejus bei Utica «nd in der Nähe der Ruinen von
Carlhago landete. Dieser griff ihn mit grosser Uebermacht und
in dem Augenblicke an, wo er seine Stellung verändern wollte
und daher nicht zum Kampfe vorbereitet war; auch Sturm und
liegen beförderten seine Niederlage; Pompejus wurde Imperator,
weigerte sich aber, den Titel anzunehmen, bis das Lager ei-
stürmt sein würde, bei dessen Vertheidigung Domitins im Jahre
81 fiel. '6)
7. Cornelia. Gemahlin des Vorigen, Tochter des L. Cinna.
(Cos. a. 87.) ")
8. L. Domilius Ahenobarbus. Cn. F. Cn. N. '") Sohn
von No. 4. Cicero lässt ihn a. 70 als Zeugen gegen Verres
auftreten, ' ^) und spricht fünf Jahr später übertrieben von seinem
Einllusse auf das Volk, um es bei A"icus zu entschuldigen, dass
er zur Zeit seiner Bewerbung um das Consnlat nicht dessen
Oheim Q. Cäci)ius gegen Satrius, den Freund des Domitius, als
12) VeUej. 2, 26. App. 1, 403. Gros. 5, 20. Cornel. SuU. No. 8. §. 9.
13) In ipso iaventutis flore — occisns. Val. M. 6, 2. {. 8. 14) unten
No. 7. 15) Uv. ep. 89. Plu«. Pomp. 10. 16) Plnt. Pomp. 12.
Zonal-. 10, 2. Oios. 5, 21. 24. Vgl. Cic. p. Manil. 11. B. Afric. 22.
■^Vean der Besiegte im Gefechte den Tod fand , oder sich selbst entleibte,
so -wird dies oft der Kürze wegen oder ans Hass so dargestellt , als ob
der Gegner ihn habe tüdten lassen. So sagt Liv. 1. e. : Pompeius — Do-
mitiiun — et Iliaibam — occidit; Vgl. Val. M. 6, 2. §. 8. und nnten
Ko. 8. A. 60. nur der Letzte wntde gefangen nnd hingerichtet. Plut.
Pomp. 1. c. Otos. 5, 21, Pompej. HIv. a. 81 ti. 80, 17) Cornel. Ginn.
No, 7. 18) Cic. ad Fam. 8, 8. §. 3. 19) Venr. 1, 53.
Dnimann, Gcschiclite Roms III. 2
18 XV. DOMITII. (8.)
Anwalt dienen mocLte. '^'') Dieser mnclite sich a. 61 als cum-
liscLer Aedil durcL seine Spiele beliebt, bei welclien das Volk
am 18. September Lundert niunidische Löwen und deren Wärter
sali, ^°) und zum ersten Male vor der Beendigung der Kämpfe
den Circus verliess, um zu essen; seitdem gescLali diess immer. '^ ')
Den Optimaten wui-de Domifius verLasst, als er seinen Schwager
Cato im Senat bei Anträgen gegen Bestechungen bei den Wahlen
unterstützte , obgleich sie besonders gegen Ponipejus gerichtet
■waren, welcher die Stimmen für Afranius erkaufte, um durch
ihn im folgenden Jahre 60 die Bestätigung seiner Verordnungen
in Asien zu bewirken. ^^) Man verkannte ihn, aber nicht lange,
denn kein Anderer war so eifersüchtig auf die angemassten
Rechte seines Standes, von welcher Seite sie auch gefährdet
■wurden. Deshalb beruhigte Cicero a. 59 seine Wahl zum
Prätor; er rechnete auf seinen Schutz gegen Clodius; ^^) auch
Cäsar durchschaute ihn und veranlasste bei der erdichteten Ver-
schwörung gegen Ponipejus den Angeber L. Vettius, ihn als
Mitschuldigen zu bezeichnen, dessen Wohnung zum Sammelplätze
für die Mörder bestimmt sei. ^*')
Nur als Feind der Triumvirn und der Volkspartei war er
Cicero's Freund, und man findet nicht, dass er a. 58 während
seiner Prätur sich bemühte, seine Verbannung abzuwenden, oder
im Senat auf seine Herstellung antrug , wie er versprochen
Latte. ^ ^) Desto mehr beschäftigten ihn die julischen Gesetze
vom vorigen Jahre; er verlangte mit seinem Collegen C. Mem-
mins eine Untersuchung über ihre Gültigkeit; aber Cäsar war
noch vor den Thoren; der Senat wagte nicht, ilm zur Rechen-
schaff zu ziehen. * ^) Bei dem Allen freute es die Nobilität, dass
Domitius etwas mehr Muth zeigte, als die Uebrigeu, und auch
dem V. Tribun C'n. Maulius widerstand, als er auf eine gewalt-
ig i) ad Att. 1, 1. §. 3. Vgl. 3, 20. 20) Jahr nnd Tag meldet
riin. 8 , 54 (36). Er fand in seinen Quellen statt der Löwen Bären ge-
nannt, und bemerkt, dass Afrika diese nicht hervorbringe. Solin. 26.
21) Dio 37, 46. DUmUnm llorat. Kp. 1, 19. 47. 22) ad Alt. 1, 16.
J. 7. S. 2. Th, S. 8G. A. 64 u. Pomp. lllv. a. 61. 23) ad Qu. fr.
1,2. J. 9. 24) ad Att. 2, 24. in Vatin. 10. S. 2. Th. S. 233 f.
25) ad Att. 3, 15. §. 6. 2, Th. S. 279. 26) Suelon. Caes. 23. Nero 2.
lulii No. 31. \. 15 in.
AHENOBARBI. (8.) 19
saine Art den Freigelassenen das RecLt verscliaffen wollte, in
allen Tribus zu stimmen. ° ')
So lang'e Pompejiis und Crassiis mit Cäsar einig' -waren,
blieben alle Anstrengungen gegen sie oLne Erfolg. Sie begaben
sich im April 56 in sein "Winterlager nach Luca, und er be-
willigte ihnen für wichtige Gegendienste das Consulat. ^') Ihre
Absicht wui-de bald bekannt; die Optimaten zürnten, und am
meisten der Consul Lentulus Marcellinus ^^) und BI. Cafo, welcher
Domitius überredete, nicht nach dem Beispiele der anderen Can-
didaten des Consnlafs zurückzutreten , da das Vaterland in Ge-
fiihr sei. Weder Pompejus noch die Aristocratie ergriffen das
Rechte;^") ihr Zwist sicherte ihren gemeinschaftlichen Feind
Cäsar, und seine Collegen verwirkten durch die Bliftel, deren
sie sich bedienten, den Schutz der Gesetze und der Verfassung.
Da sie sich zn spät unter den Candidafen einfanden und den
Einiiuss des MarceUinus fürchteten, so verhinderten sie die WaUen
durch den Einspruch der Tribüne C. Cato und JVonius Sufenas.
Domitius ennüdefe nicht ; er bewarb sich auch im folgenden
Jahre 55, tun als Consul gegen Cäsar auszuführen, wie er längst
den Seinigen verheissen hatte , was ihm als Prätor misslungen
war, ■" ') uud erschien am Tage der Comitien vor Sonnenaufgang
mit M. Cato und anderen Freunden auf dem Blarsfelde. Ihre
Hoffnung, die Bürger zur Abwehr der Tyrannen -Herrschaft sich
erheben zu sehen, wurde nicht erfüllt; vielmehr empfing sie eine
bewaffnete Bande, welche den Fackelträger erschlug, und ausser
vielen Anderen auch Cato verwundete. Dieser hielt Domitius
fast mit Gewalt auf dem Kampfplätze fest, bis die üebermacht
Alle zur Flucht zwang.''-) Dass Pompejus am Gefechte Theil
27) Die Lesart scli\rankt anch ia Ascon. in ]\IiIon. c 8. p. 45. Orell,
Tfie in vielen Stellen (Ziunpt zu Tcrr. 2, 50) zwischen Manlius und Ma-
nilius; %venn die Erste die richtige ist, so stammte der Tribun TOn einem
freigelassenen der patricischen Blanlicr ab, Dass man aber nicht Ascon,
in Cornel, p. 66 hieher ziehen darf, tko Ton C. Slanilius, dem Tribun des
J. 06 die Rede ist, (vgl. Dio 36, 25) hat bereits OreUi p. 46 bemerkt.
28) Hier nur, vtas Domitias unmittelbar angeht. S. Inlii Xo- 31. §. 21«
29) Claudii MarceU. No. 31. Asiiiii No. 4. J. 1. 30) Das. n. Claudii
Ro. 43. (j. 20 in. 31) Suet. Caes. 24. 32) Dio 39, 31. PIbi;
Pomp. 52. Cato M. 41. Crass. 15. Caes. 21. App. 2, 437.
o *
20 XV. DOMITII. (8.)
genommen Labe, sagt nur Appian, '^) Seiner WaU stand mm
aber nicLfs mehr entgegen. '*) Cicero erinnerten die stürmischen
Auftritte an sein Exil; wie er, schrieb er an Atlicus, so sei
nun auch Domilius durch Dieselben ins Unglück gestürzt und
ohne bei den Gutgesinnten Hülfe zu finden, nur mit dem Unter-
schiede, dass jener, eben durch die Drohungen gegen Cäsar sein
Schicksal verschuldet habe; und doch war er selbst nur verbannt,
weil er im Unmuth über das Triumvirat nicht schwieg. ^ ')
Vor Allein war es jetzt Domitius verhasst, und so mehr
wünschte seine Partei, dass er in den nächsten Consular-Comitien
dnrchdi'ingen möge. Auf der andern Seite konnte er Cäsar und
dessen Verbündeten nicht mehr schaden, A*eil der Verfrag von
Lnca, so fern er die Provinzen betraf, mit Hülfe des Tribuns
C, Trebonius vollzogen war. Er wurde daher gewählt, und mit
ihm! Appius Claudius, ein Verwandter des Pompejus. ^^)
In seinem Consulat a. 54 fand er nur Gelegenheit zu einer
kleinlichen und ohnmächtigen Rache. C. Cafo , der Tribun des
J. 56 wurde gewissermassen unter seinem Schutze angeklagt,
und Pompejus bewirkte, dass die Richter ihn freisprachen.*')
Eben so wenig hafte er die Genugthuung- , dass man Gabiuius,
den Günstling des Pompejus , wegen der Herstellung- des Pfole-
mäus Auletes bestrafte.*') Auch wurde Julia, die Gemahlin
des Triumvir, Cäsars Tochter, anf dem JMarsfelde begraben, die
höchste Auszeichnung, obgleich er es verhindern wollte, weil man
niemanden an einem geweihten Orte beerdigen dürfe, ohne durch
einen Beschhiss ausdrücklich dazu befugt zn sein. * 8) Aber er
war nicht bloss unfähig, die Nobilifät zu vertreten, sondern er
beschimpfte sie auch durch den Vertrag, welchen er nebst Appius
mit den Candidafen Memmius und Domilius Calvinus schloss.
Als Memmius selbst den schändlichen Handel mit Aemtern und
Provinzen anzeigte, verrieth seine Bestürzung', dass das Ehigefühl
33) I. e. n. Inlii No. 31. §. 24. A. 41. 34) Am 11. Februar be-
riefen rtie neuen Consnln bereits den Senat, und niclit zum ersten Male.
Cic. ad 9u. fr, 2, 9. §. 3. 35) ad Att. 4, 8. 36) S. die Stolleu im
2. Th. S. 188. A. 48. 37) 2. Th. S. 3. 38) Die 39, 60. 62. Ca-
T.inii. Vgl. Cornel. Lenna. No. 21. {. 1. 3Ö) Die 39, 64. Vgl.
48, .'.3.
AUE-\0B.1RBI. (8.) 21
uocL iiicLt ganz in iktu erlosclien ^va^, wogegen sein College,
ein slolzer Patricier, unbefangen blieb. '")
Er übernaLm keine Provinz und nüLerfe sicL Pompejas lu
dem Blaasse, als die scheinbare Freundschaft zwscLen den Trium-
virn erkallele. Jenem war der Tod des Clodius erwiiuscLt, und
um auch andere Feinde und insbesondere 3Iilo zu entfernen, gab
er a. 52 in seinem drilj^en C'onsulat die geeigneten Gesetze.
DouiiliuS erhielt als Quiisilor den Vorsitz in dem Gerichte, von
welchem Blilo wegen der Ermordung des Clodius verurtheilt
wurde.'') Blan konnte es sich nicht verbergen, dass Cäsar
gefiihrlicher sei , nnd die Entwaffnung der Bandenfiihrer in der
Stadt seine IVIucht nicht vermindere ; daher hörte man a. 51 mit
grosser Freude von einem unglücklichen Feidzuge gegen die
Bellovaken, welche ihn eingeschlossen haben; auch Domitias
war -geschäflig, es zu verbreiten, seine Hoflriuugen wurden aber
nicht erfüllt. ")
Die Nachrichten über ihn vom J. 50 finden sich grössfen-
Ihcils in den Briefen seines Feindes M. Coelius an Cicero, den
Proconsnl von Cilicieu. Darnach stimmte er im Senat mit Me-
tellus Scipio fiir das Dankfest , durch welches Cicero seinen
Triumph vorbereiten wollte, um den Tribun C. C'urio, seinen
Gegner, zum Einspruch zn reizen; dieser erklärte, dass er sich
nun nicht widersetzen werde. *^) Es unterliegt keinem Zweifel,
dass er mit dem Gefühle, ein geborner Consul zu sein,'"') auf
den Emporkömmling herabsah. Noch weit mehr wurde Coelius
gegen ihn erbittert, als er den Censor Appius Claudius in dem
Vorhaben bestärkte, ihn wegen Rnabenschänderei anzuklagen. * ')
In dieser Zeit bewarb sich Domitius um das Augurat, welches
durch den Tod des Horteusius erledigt war. Curio bewirkte mit
Coelius, und durch Cäsars Geld und Einfluss unterstützt, dass
nicht er, sondern M. Antonius gewählt wurde. '^)
Um so grösser war sein Hass gegen Cäsar, dessen Fall iliu
40) ad Att 4, 18. Domit. C-Uviui No. 6. f. 1. 41) 1. Th. S. 48.
Clamlii No. 43. f. 22 u. 23. A. 29. 42) ad Farn. 8, 1. §. 4. 43) Das.
8, n. 44) ai) All. 4, 8 fin. 45) ad Farn 8, 12 n. IS fin. Claudii
No. 41. j. 4. A. 5. Coelü No. 5. '. 2. 40) ad F.im. 8, 12. 14. 1. Tli.
S. 67. A. Ö4
22 XV. DOMlTn. (8.)
zugleich erlieben und ihm die Früchte seiner Siege zuwenden
sollte, denn man beslimiiile ihm das Jenseitig'c Gallien. ") Wena
er aber auch aus Selbsfsuclit handelle, so gehörte er doch zu den
Wenigen, welche a. 49 als Legaten des Pompejus einigen Ernst
zeigten. '*) Er warf sich in die jielignische Stadt Corllnium,
welche günstig- gelegen war, nm den Feind aufzuhalten, bis die
Hauptmacht heranrückte, und ihn dann mit Erfolg anzugreifen.
Auch traf er Massreg-eln zur Vertheidigung' und erniuthigte die
Truppen durch grosse Versprechungen. Pompejus , holfte er,
■werde zum Entsatz kommen , und er forderte ihn dazu auf, weil
er nicht wussle, dass Jeuer Italien verlassen wollte und die Rü-
stungen bei der Unthäligkeit der übrigen BefeUshaber schlechten
Forlgang halten. Schon war er eing-eschlossen, als Pompejus ihn
zu sicii beschied. Bei der Unmöglichkeit, sich lange zu behaupten
oder sich durchzuschlagen, wollte er mit seinen Vertrauten ent-
lliehen, die Soldaten erzwangen aber die Uebergabe, nachdem sie
bieben Tage belagert waren. Sie niussten bei Cäsar Dienste
nehmen ; die Anfühi'er und Senatoren wurden unverletzt entlassen.
Nach der IMeinung- des Coelius war dies eine unzeitige Gross-
iimth; *^) Domitius hatte sie nicht erwartet und daher während
der Unterhandlungen einem Sclaven, seinem Arzte, geboten, ihm
Gift zu reichen ; er bereute es , als Lentulus Spinther ihn der
Gnade des Siegers versicherte, ^°) und erfuhr nun, dass man ihm
einen Schlaftrunk gegeben habe. ' ' )
Seine Gesinnungen blieben dieselben; er kämpfte, so lange
er "war. Schon vor den letzten Ereiguissen erschien er Cicero
und anderen Lauen und Achselfrägern als ein Thor, weil sie
sich durch ihn beschämt fühlten; warum sich aufopfern, da Pom-
pejus verkehrte Anordnungen machte und nach Brundusium ent-
lloh? '^^^ Dann war man eine Zeitlang ungewiss, wo Domitius
sich aufhielt und was er beabsichtige; es beunruhigte vorzüglich
47) Cacs. B, C. I, 6. nd Fain. 16, I?, TJlter. Call. Sneton. Caes. 34.
Nero 2. A|ip. 2, 448. 450. 479. Lncan. 7, 607. 48) S. die Geschichte
lies zweiten I5iiigerkriegs in: Cncs. üict. a. 49 f. 49) ad Fani. 8,
15 lin. 50) Coniel. Lent. No. 21. §. 2. 51) Siiet. Nero 2. Senec.
de hcnef, 3, 24. l'lin. 7, 54 (53). Tlut. Cacs. 34. Zoiiar. 10, 7. 52) ad
All. 8, I u. 8.
AHESOB.mBI. (8.) 23
Cicero ; der angeseLene Optimat sollte aucL auf den Gütern leben,
«ml ihn durcL sein Beispiel recLtfertigen. ^ 0 AVenig- Trost ge-
■»valirle die NacLricLf, er sei auf einer Villa bei Cosa in Etrurien,
uuJ riisle zu einer Seefalu-t; das Lager des Poinpeius oder Spa-
nien schien sein Ziel zu sein. *') Er ging aber mit sieben auf
eigene Rosten erbauten Schiffen nach Jlassilieu, wo er bald nach
Cäsar eintraf und den Oberbefehl erhielt. Auch liier focht er
ohne Glück, obgleich jener den grössten Theil seiner Truppen
weiter nach Spanien führte; als er zurückkam und die Stadt sich
au ihn ergab , entfernte sich Domilius mit seinen Freunden und
drei Schiffen ; nur eins, welches ihn selbst trug, gewann die hohe
See, die andern liefen aus Forcht Tor den feindlichen -wieder
in den Hafen ein. ^^)
So findet man ihn im nächsten Jahre 48 im Heere des
Pompejus in Thessalien, und noch immer voll Zuversicht und im
heftigen Streite mit Lentulus Spinther und Bletellus Scipio, weil
jeder Cäsar in dem Amte eines Poutifex ]\Iaximus folgen wollte. ' ^)
Auch trug er darauf an , nach dem Kriege über die Senatoren
Gericht zu halten; wer in Rom geblieben war, sollte sterben,
wer mit Pompejus die Stadt verlassen, aber nicht an den Gefechten
Theil genommen hatte, eine Geldstrafe erlegen, und nur der
Kampfgenosse von der Schuld freigesprochen werden. ") Cicero,
welcher es nie vergass, dass Domitius ihn einen Feigen nannte, ^^)
gehörte zur zweiten Classe, und die Drohungen der Optimaten
bei ihrer Einschiffung', ihre Raubsucht und Rachgier machten ihm
den Sieg eines verhassten Feindes wünschenswerth. Die Eut-
.-icheidung war nahe. Domilius führte bei Pharsalus den linken
Flügel, ''■) uuJ wurde von Reitern erschlagen, als er aus dem
Lager auf einen Berg entfloh. ^°)
Geburt und Rcidilhum nährten einen EhrgeLs in ihm, welchem
53) ad Att. 8, 12 14. 9, 1. 3. 54) Das. 9, 6 n. 9. Caes. B. C.
1 , 34. 55) Caes. B. C. 2 , 22. Plin. , Sueton. U. cc. Dio 41 , 25.
56) Cprncl, Leut. No. 21. §. 2. 57 J Caes. B. C. 3, 83. Cic. ad All.
11,6. Suet. Kero 2. 58) ad Farn. 6, 21. 59) Plut. Caes. 44.
App. 2, 475. Lucaii. 7, 220 gielit ihm dea rechten, n. Caes. 3, 88 schweig«.
60; Caes. 1$. C. 3, 99. Snel. Nero 2. Api.. 2, 479. Tacil. A 4, 44.
Liicaii. 7, 600 f. Auch 81. Anioiiius war iu der Scülacht, daher 2. l'hil.
20: L. Uomiljum occiderus. Vgl c. 11.
24 XV. DOMITII. (9.)
seine Kräfte nicLt entsprachen. Nur Dio bemerkt, er habe anter
Sulla viele Ländereien erworben;^') wie dem auch sein mag-,
80 beweis't seine Aedilität , das Versprechen, jedem von der Be-
satzung^ in Corfinium vier Juchart zu geben und die Ausrüstunf
eines Geschwaders bei Cosa, wie dessen Bemannung; mit eigenen
Leuten, ^-) dass er sehr beg:iitert war. Alle anderen Eig-en-
schaffen, welche seina Rolle erforderte, g^ing'en ihm ab, die sitt-
liche Würde des ächten Republicaners, Rednergaben*^) und
Feldherrntalenf. Ung'estiim und Hartnäckig-keit und das glühende
Verlangen, seine Feinde nicht bloss zu besiegen, sondern auch
zn morden, konnten sie nicht ersetzen. **)
9. Porcia. Gemahlin des Vorigen, Schwester des M. Cafo
Uticensis. '^')
10. Cu. Domitius Ahenobarbus. L. F. C'n. N. Sohn von
Wo. 8 und 9. f^S) Er belangte a. 50 Cu. Sattirninus, den Sohn
eines Emporkömmlings , welcher wahrscheinlich dazu beigetragen
Latte, dass sein Vater nicht Augur wurde.*') Im folgenden
Jahre war er mit diesem in Corfinium,*^) wo Cäsar auch ihn
begnadigte. IMan wusste anfangs nicht, wo er sich befand ; dann
aber sprach ihn Cicero 8. März auf dem Formianiim, eJs er
zu seiner Blutter Porcia nach Neapolis reis'te. '^^) Es ist daher
glaublich, dass er nicht für die IMassÜier kämpfte,"") sondern
sich sogleich an Pojiipejus anschloss. Nach der Schlacht bei
Pharsalns, in welcher er den Vater verlor, legte er die Waffen
nieder,''') ohne jedoch sofort wieder nach Italien zu gehen.
Diess wurde durch Cäsars Kriege im Osten verzögert. Dann
kam er zwar znrück , aber Furcht oder Widerwille gegen clie
neue Verfassung hielten ihn ab , eine völlige Begnadigung nach-
zusuchen, welclies Cicero ihm a. 46 empfahl. '-) Endlich fügte
er sich; der Tod seines Vaters nnd seines Oheims M. C'ato
machte eine aufrichtiije Versöhnung zwischen ihm und dem
61) 41, 11. 62) Caes. B. C. 1, 17. 34. 56. 63) Cic. Brn». 77.
64) Snelon, 1. c. : Ingenio triici. — Consiiltaiite Cii. Pomipcio ile inciHig
ac neutrani parlem seijupiitilins, solns ccn.suit liostiiiiu iiiinipro liabäiiilos.
65) S. Porcil, 66) Cic. 2. Phil. 11. ad Farn. 6, 22. Suel. Nero. 3.
Tacit. A. 4, 44. 67) ad Farn. 8, 14. Vgl. p. Plaac. 8 u. hier No. 9.
A. 46. 68) Seoec. de bcnef. 3, 24. 69) ad All. 8, 14 6u 9, 3.
70) Oben No. 8. A. S5. 71) ad Fam. 6, 22. 72) 1. c.
AHENOBAKßl. (10.) 25
Herrscher unmöglich, zumal da er selbst docL nnr geduldet
wurde. ' ^) Cicero stellt iLn mit den Versch^vomen zusammen, ' ')
und Octavian liess iliii vernrtlieilen ; solche Zeugnisse hielt Dio
für nnverwerlÜch. ' ^) Allein Cicero schrieb, was er g-ehört
hatte, ohne g'euau unierrichtet zu sein, und überdiess glaubte man
um so mehr, der Staat selbst habe Cäsar getödtet, wie er versicherte,
je grösser die Zahl der Mörder war. Jenes Urlheil ferner wurde
einige Jahre später aufgehoben ; was auch die Ursach sein mochte,
so verliert es doch dadurch an Gewicht. Dazu kommt, dass
Appiau die Schuld des Domilius aul sich beruhen lässt, '^) und
nicht nur Sueton, sondern auch der Zeitgenosse Coccejus Kerva
sie entschieden läugnen. ") Er wird weder in den JVr.chrichten
von Cäsars Tode, noch unter denjenigen geuanui, ^velche nach
der That auf das Capilol kamen, um für Verschworene zu gel-
ten, '*) und man sieht, wie leicht bei seinen Verhähnissen zum
Dictator und bei seiner Verwandtschaft mit Brutus und Cassius ' ^)
das Gerücht entstehen konnte, dass er ihr ]\Iitschuldiger sei oder
doch ihre Absichten gekannt und gebilligt habe. Es schien sich
zu bestätigen, als er mit den Häuptern der Verschwörung- an der
Rüste von Campanien Schilfe rüstete, und dann mit Bruttis im
September nach Athen ging. ^ ") Jener besetzte 3Iacedonien,
und Cassius Syrien ; Dolabella, welcher diese Provinz nach einem
Volksbeschlusse für sich in Anspruch nahm , schickte Reiterei
durch IMacedonien, und Domitius brachte eine Abtheilung zum
Abfall. ^ ') Unter diesen Umständen konnte es nicht befremden,
dass er in Folge der lex Pedia verurtheilt wurde, nachdem Octa-
vian im August 43 das Consulat angetreten hatte. **-)
Brutus und Cassius waren im Besitze einer zahlreichen
Flotte; es stand bei ihnen, den Triumvirn das iouische Bleer zu
sperren oder doch einen gi-osseu Theil ihrer Streitkräfte zu zer-
stören, ehe sie das Festland erreichten. Wie wichtig- es sei,
nnd welche Fehler man vermeiden müsse , lehrte der Feldzug
73) 2. Pliil. 11. 74) Das. 75) 48, 7. 29. 76) 5, 703. 703.
77) Siiel. NeroS. App. 5, 707. 1. TIi. 421. 78) 1. Th. S. 82. 79) Die
Gemalilin des Brtiins l'oi-cia war dio iViilite seiner Miiuer, iiiiil Cassius
war mit Brutns Schwester verinaiilt. hO) ad Au. Kl, 4. 1. Tli. .S. 144.
2. Th. S. 124. 81) «Joi-iiel. Uolab. No. 10. ;. 2. A. 58 6. 82) 1. Th,
S. 338 Suel. Nero 3. App. &, 703. 707- Üio 48, 34.
26 XV. DOMITII. (10.)
Cäsars g'egen Pompejus Tom J. 48. GleictwoLl erscLieii nur
.Statins Marcus, und auch dieser aus eigenem EnlscLIusse ''^) und
mit so gering-er MacLt vor Brundusium, dass die Feinde a. 42
gefalirlos iibersetzleu. "*) Seitdem blieb iLm kein anderes Ge»
schüft, als Verstärkungen und Zufulir abzuschneiden, und diess
erleichterte ihm Douiilius, welcher mit fünfzig Schilfen, einer
Legion und Bogenschützen zu ihm stiess, *') und als nun Do-
initius Calvinus bei einem Versuche, von Brundusium auszulaufen,
am Tage der ersten Schlacht bei Philippi * ^) eine grosse Nieder-
lage erlitt, Imperator wurde. ^ ^) Durch den Tod des Brutus
und Cassius verlor der Kampf an den italischen Rüsten seinen
Zweck; Statius Murcus fühl-te sein Geschwader zu Sex. Pom-
pejus nach Sicilien, ^'*) wogegen Domitius, zu stolz, unter dessen
Freigelassenen zu dienen, in Erwartung eines günstigen Ereig-
nisses den Krieg sclbststündig fortsetzte , und mit 70 Schiffen,
zwei Legionen und leichten Trujjpen die Länder am ionischen
Eleere plünderte.^')
Seine Hoffnung täuschte ihn nicht. In Italien entstand
Blangel, weU er und Pompejus, obgleich unabhängig von ein-
ander, die Zufuhr erschwerten, ^°) und Octavian wurde a. 41
auch von Fulvia, der Gemahlin des Triumvir Antonius und von
dessen Bruder Lucius angegriffen. ^ ' ) Dieser ergab sich im
fol"euden Jahre zu Perusia, aber sein Bruder näherte sich vom
Osten her mit einer bedeutenden Blacht, und Domitius, welcher
nun als Freibeuter sich nicht mehr behaupten konnte, wurde
nein Legat, ä^) Darin fand Octavian neuen Anlass zu Klagen.
Man sollte ihm glauben, dass er ohne elirgeizige Absichten nur
die Feinde und Mörder seines Vaters Cäsar verfolge und daher
83) App. 4, 636. 84) Ders. 4, 639. Dio 47, 36. 48, 18. I. TIi.
385. 2. Th. 139. 85) App. 1. c. n. 647. 652. 656. 86) Wo demnacb
Alienobarbiis nicht -war, App. 4, C56. obgleich die Allen diess oft anzuncU-
ineii scheinen. App. 5, 703. Pio 48, 7. VeUej. 2, 76. Zon. 10, 21.
»7; 2. Th. 145. Imper. nennt er sich auf seinen Münzen mit dem Bilde
des angeblich ersten Ahenobarhus. Ursin. Uomit. p. 86. Ko. 4. Vaill.
Doniit. No. 17. Eclih. 5. p. 202. l'aruta SicU. p. 1106. t..h. 181. 88) Vellej.
2, 72. Dio 48, 19. App. 5, 672. 89) Suet. INeio 3. App. 1. o. ii. 686.
A^ellej. 1. c. n. 2, 76. 90) Dio 48, 7. App. 5, 686. 707. 91) 1. TL.
395 r. 92) 1. Th. 419. App. 5, 704, 707. Suet. i\ero3. Tudl. A. 4, 44.
AHEKOBARBI. (10.) 27
dife AufnaLine eines GeäcLleten eine Beleidig-nng für iLn sei.
Die Heere unterstützten ihn, sie verlangten Frieden, und An-
tonius scliickte Domitius als Statthalter nach Bithj nien , um ilui
nach dein Käthe des Unterhändlers Coccejos JNerva vorerst zu
entfernen.^') Bald nacJiher bewirkte er seine Freisprechung',
da Octavian sich nun von seiner Unschuld zu iiberzeng'en schien, '-")
und im J. 39 im Frieden mit Ponipejus bei dem Vorgebirge
I\Iisenum, dass ilim und C. Sosius für das J. 32 das Consulat
zugesichert wurde. ^^)
Domitius blieb längere Zeit in Asien , und begleitete Anto-
nius a. 36 auf dem unglücklichen Feldzuge gegen die Pariher.
Als man sich genÖlhigt sah, nach dem Araxes zurückzugehen,
inusste er die Truppen anreden, welclien der Triumvir, von
Schmerz nnd .Schaam überwältigt, sich nicht zeigen mochte. ^^)
Indess wurde Sex. Pompejus von Octavian aus Sicillen vertrieben.
Er lebte nnter Antonius Schulze in A orderasien , bis man ent-
deckte, dass er es mit Hülfe der Barbaren und selbst der Parther,
deren Sieg ihn ermuthigte , für sich erobern wollte. Der Legat
in Asia C Furnius erhielt Verstärkungen ; auch Domitius, welcher
in der Kähe stand, und durch einen treulosen Untergebeueu
Curius persönlich in Gefahr gerieth,^') führte Truppen herbei,
und Pompejus wurde a. 35 gefangen und getödtet.
Durch seine Unternebmungen war der Krieg zwischen den
Trinmvirn verzögert, die Beschwerden, welche sie gegen einander
erhoben, Hessen einen Bruch voraussehen, doch gestattete Octa-
vian, dass Domitius und C. Sosius, Freunde seines Nebenbuhlers,
om 1. Januar 32 C'onsuln wurden. ^ s) Jener wünschte nach so
93) App. S, 708. 1. Th. S. 422. 94) Die 48, 29. Snef. JVero 3.
93) App. 5, 714. 1. Th. S. 432. A. 26. 96) Plut. Anton. 40. 1. Th.
4ö6. 97) App. 5, 749. S. Pompeii. 98) Cassiod. Fast. Sic. a. 721.
nnd die SieUen im 1. Th. S. 447. A. 26. Tigh. n. Marlian. Ano. nennen
den Consnl Doniilins Cn. F. Cn. N. imd der Letzte hält ihn für den Soha
des unsrigen. Aher derselbe, Trelcher sich angeblich gegen Cäsar -ver-
schwor, füi- die Befreier kämpfte, dann zu Antonius nnd später zn Octavian
überging nnd im J. 32 die Leiden des Kriegs aus Erfahrung kannte, ge-
langte zn den höchsten Ehren , und zwar in Polge des Vertrags von Mise-
nnm. Dio 50, 2. Suet. JVero 3. Taci«. A. 4, 44. Oben A. 95. Die
Fasten sind daher durch t. F. Cn, N. zu ergänzen. Dagegen wird die
28 XV. DOMITII. (11.)
vielen Bedräng-nlssen in Rulie zn leben, und niissbilligle den
Ungestüm , mit -welchem sein College sogleich am ersten Tage
des Jahrs sich als Gegner des Octavian ankündigte; ^^) aber in
seiner ■Stelliing- mtisste er ihm beistimmen, nnd als Be-svalfnele
den Streit zu endigen drohten, entfloh er mit ihm zu Antonius
nach Ephesus. ^°°) Hier fand er anch die Königin von Aegy-
pteu , -welche er stets nur Cleopatra nannte; ') er fühlte sich
durch ihren Stolz gekränkt, und fürchtete ihren verderblichen
Elinfluss; sein Rath, sie zn entfernen, hatte keinen Erfolg.')
Diess bestimmte ihn , die Rollen vom neuen zu wechseln , und
bei Actium kurz vor der Schlacht zum Feinde überzugehen.
Antonius verbarg seinen Verdruss über den Abfall des angesehenen
Mannes unter dem Spotte, er habe sich nach seiner Freundin
Servilia Nais gesehnt und schickte ihm seine Sciaven mit dem
Gepäck. Im Gefecht hätte Domitius ihm nicht mehr nützen kön-
nen, denn er -war unheilbar erkrankt nnd starb -wenige Tage
nach der Flucht im September 31. ^) Cicero rühmt ihn, -weil
er nach Cäsars Tode sich gegen Antonius erklärte; '') auch
Sueton glaubte , dass er allen Anderen seines Geschlechts vor-
zuziehen sei. ') Er widersetzte sich eine lange Zeit mit Ent-
schlossenheit und Ausdauer der Alleinherrschaft; aber die Ereig-
nisse -waren stets mächtiger als er, und vom nutzlosen Kampfe
ermüdet, geistig und körperlich erschöpft, gab er sich zuletzt der
eigenen Sicherheit -wegen dem Sieger hin.
11. L. Domitius Alienobarbus. Cn. F. L. N. Sohn des
Vorigen,^) und Grossvaler des Kaisers Nero. Sein Dünkel
wurde dadurch vermehrt, dass man ihm a. 36 bei der Zusammen-
kunft des Oclavian und Antonius zn Tarent die Tochter des
Letzten, Antonia, verlobte. ') Aedil a. 22. Er zwang einen
Angabe in der Tab. Capuan. bpi Tigli. 3. p. 494, die Consnlu seien im
Laufe des Jahres durch L. Cornelius und M. Valerius ersetzt, dadurch lie-
stätigl, dass sie y.n Anloiiius eiiUvichen, obgleich sich sonst keine Spur
davon lindel. 99) 1. Th S. 467. 100) Die 50, 2. Flut. Anton. 56.
Supt. Oclav. 17. 1) Vellej. 2, 84. 2) Plut. 1. c. 1. Th. S. 469.
3) Flut. Anton. 63. Kio 50, 13. Snot. Nero 3. A''ellej. 2, 84. Tacit. A.
4, 44. 1. Th. 477. A. 100. 4) 10 Phil. 6. 5) I. c. 6) A'^ellej.
2 , 72. .Suel. Nero 4. Tacit. 1. c. Seine (ieschichle liegt nnssurhnlb der
«iränzen dieser Schritt. 7) I. Th. .8. 449. Unten No. 12.
AHENOBARBI. (12.) 2l>
hohem Magistrat, den Censor L. Munalins Plauens, ihm aus-
zuweichen. ^) Nach einer Verfügung' des Aiigustus sollten die Prä-
toren alle öffentliche Spiele anordnen und einen Theil der Rosten au»
dem Schatze erhalten, welches jedoch nur eine Zeitlang geschah. ■')
Doniitius liess als Prälor römische Ritter und Matronen auf der
Bühne auftreten, und veranstaltete Jagden im C'irciis und in allen
Bezirken der Stadt, und Fechlerspiele in solchem Uebermaasse,
dass Augustus nach vergeblichen Warnungen dem Blutvergiesseii.
durch ein Edict Einhalt that. ' °) Cos. a. 16. ") Nach einem
glücklichen Feldzuge in Germanien, wo er über die Elbe vor-
drang, weiter als irgend ein Römer vor ihm, wurde er mit den
Triumphal - Insignien belohnt. '') In seiner Jugend hatte er sich
durch die Geschicklichkeit, mit welcher er die Pferde lenkte, Ruf
erworben. Die edle Einfachheit, welche Vellejus lobt, '^) scheint
vielmehr Rohheit und Trotz gewesen zu sein, da er selbst auf das
Wort des Kaisers nicht achtete. Anmassend , verschwenderiscij
und grausam nennt ihn Sueton. ' *) Er starb 25 nach Chr. ' ^)
12. Antonia. Gemahlin des Vorigen, ältere Tochter des
Triumvir IM. Antonius von Octavia. ' ®)
13. Cn. Domitius Ahenobarbus. L. F. Cn. N. Sohn der
beiden Vorigen, ") und Vater des Kaisers Nero. Sein Lebeu
war durch Laster und Verbrechen jeder Art befleckt, und er
äusserte selbst, als man ihm bei der Geburt des N^ero Glück
wünschte : was von ihm und Agripj)ina stamme, könne der Welt
nur Verderben bringen. ' ^) Das Jahr seiner Prätur ist un-
gewiss. Cos. 32 nach Chr. ' ^) und dann Proconsul in Sicilien. ^ °)
Er starb zu Pyrgi in Etrurien an der Wassersucht. - ')
14. Agrippina. Gemahlin des Vorigen.-') Ihr Vater
Cäsar Germanicns war der Sohn des Drusus , des Bruders vom
Kaiser Tiberius und ihre Mutter Antonia die jüngere Tochter des
8) Säet. 1. c. Dio 54, 2. 9) Dio 54, 2. SS, 31. 10) Suet. 1. c.
11) Uers. 1. c. Dio 54, 19. 12) Snet. 1. c. Tacit. A. 4, 44, 13) 2,72.
14) 1. c. 15) Tacit. 1. c. 16) 1. Th. S. 521. Ko. 24. 17) Suef.
Nero 5. Vellej. 2, 10. 72. 18) Suet. 1. c. 5 n. 6. Dio 51, 2. 19) Tacit.
A. 6, 1. Dio 58, 17. 20) S. die Wüuzen von Panormns bei Vaill.
Domit. No. 20. Eckli. 1. p. 232. 21) Snet. 1. c. 5, 22) Tacit. A.
4, 75. Snet. Nero 5. 6. Plnt. Anton. 87. Dio 58, 20.
30 XV. DOMITir. (15.)
Triunivir M. Anfonliis von Octavia. -^) Sie yerlieiralLete sich
später mit dem Kaiser Claudius, dem Bruder des Germanicus; " ')
daher wird Nero der Stiefsohn jenes Kaisers genannt. '*)
15. L. Domitius Alienobarbus. -^ '') Cu. F. L. N. Sohn
der heiden Vorigen. - **) Seine Mutter Agrippina bewirkte als
Gemahlin des Kaisers Claudius, '') dass dieser ihn adoptirle,
obgleich er einen Solin Britannicus hatte. ^ *) Seitdem Liess er
Nero Clandias Cäsar Drusus. 'ä)
16. Domitia. Schwester von No. 13.'°) Gemahlin des
Crispus Passienus, welcher sich später mit Agrippina, Nero's
Mutter, verheirathete und zweimal Consul wurde.'') Sie war
schon alt, als Nero sie bald nach der Ermordung seiner Mutter
vergiften liess, um sie zu beerben. '^)
17. Domitia Lepida. Schwester der Vorigen.'') Ge-
mahlin des M. Valerins Messala Barbatus , mit welchem sie
Messalina, die Gemahlin des Kaisers Claudius zeugte.") Aus-
schweifend und schaaralos wie Agrippina, auf deren Anstiften
sie zum Tode verurtheilt wurde. '^)
18. Cn. Domitius Ahenobarbns. Vielleicht der Sohn von
No. 5. Pi-ätor a. 54. Er hatte den Vorsitz in dem Gerichte,
bei welchem M. Coelius angeklagt wurde. '^ ''}
23) Dies. n. l.TIi. S.521. No. 23. 24) Die 60, 31. Snet. Cland. 39.
25) Siiet. 1. c. Plnt. Ant. 1. c. Zonar. H, 10. Uebcr ilirea Tod s. Tacit.
A. 14, 8. Suet. Nero 34. 2S/;) Lncius Lei Tacit. A. 11, 11, nicht
Criens, wie die meisten Genealogen ihn nennen, 26) Snet. Nero 5, 6.
Tacit. A. 12, 64, 65. l'lnt. Anton. 87. Dio 60, 34. 61, 2. Zonar. 11, 10.
27) Tiberius Claudius Drusns Cäsar ans der Familie der Clandii INeroues. '
S. <lie Yorige No. 28) Suet. Cland. 39. 43. Dio 61, 1. Tacit. A. 11,
II. 12, 25. 26. Rogata lex, qua in familiam Claudiam et nomea Neronis
iransiret. 29) Grnter. p. 230. No. 11. Orell. Inscr. No. 174. 650.
726 — 732 n. a. a. O. nnd die RIiin7.en hei Eckh. 6. p. 260. Plin. 2, 23
(25) u. 4, S (4) nennt ihn Domilins Nero. 30) Dio 61, 17. Tacit. A.
13, 19. 21. 31) ^ninlU. 6, 1. §. 50. u. das. Spald. 6, 3. §. 74. 10, I.
J. 24. PUn. 16, 91 (44). 32) Dio 1. c. Snet. Nero 34. 33) Tacit.
A. 12, 64. Vgl. L!])S. zu Tac. A. 11, 37 n. 12, 04. p. 183 u. 209 und
die stemma Angustae dorn. das. p. 546. Perizon. ep. ad Heins, in Burm.
Syllog. T. 4. p. 802. S. Clandii Blnrcolli No. 20. 34) Tarif. A. 11,
37. 38. Snet. Claud. 17. 26. 27. 35) Tanil. A. 12, 64. 65. Suet. Nero 7.
356) Cic. od (^a. fr. 2, ]3. a, 5G TVurde Coelius aulAnstiften derClodia
AHENDBAiy3I. (19.) 31
If). L. Doinitlas Ahenobnrbiis. ""•) Nach der Prätar a. SO
^Sfatlhalter im diesseitigen Spauien mit dem Titel eines Pro-
consuls. *') Im folg'enden Jahre 79 rief ilin Q. Metellus Piiis,
Proconsul im jenseilig-en , über den Iberns , weil er Hülfe gegen
Sertorius bedurfte. Er wurde Ton dessen Quästor Hirtnlejus
am Anas (Guadiana) geschlag-en und getö'dtet. **)
TOr dem Prätor Cn. Domit. Calvinns belangt, und TOn Cicero in der Rede
vertheidigt, Tvelche yrir noch besitzen, Pigh. 3, 395 n, A. haben beide
Processe Terwechselt. Clandii Xo. 47. Coelii IVo. 5. Domit. Calv. No. 6.
f. 1. A. 21. 36) Lncins. Eutrop. 6,1. n. Plnt. Sertor. 12, -wo Dom.
Lnsios für Lncius geschrieben, und der Vorname nachgesetzt ist, vrie Dio
39, 14. Liv. cp. 90 unrichtig Marcus. Vgl. Duk. zn Flor. 3, 22. §. 6, nnd
Tzschucke zn Entrop. 1. c, 37) Sallnst. Hist. 1. p. 954. Cort. Plut. 1. c.
38) LiT. 90. Plnt. 1. c. Flor. 1. c. nennt den Fluss; ans Eutrop, 1. c.
a, Oros« 5, 23 ergiebt sich, dass er Gel.
32 XVI. FAVOKIUS.
X^l. FAVONIUS.
Älarcns Favonius ist fiir uns der Erste nnd Letzte seines
Geschlechts, aber eine in der Geschichte dieser Zeiten so oft
wiederkehrende Erscheinung', dass man ihr nicht ausweichen kann.
]Man iiberzeug't sich bald, dass er ursprünglich nichts T^ar, ein
leeres Gefäss, welches allniälig von aussen gefüllt wurde, nnd
den fremden Stoff nach Gehalt und Farbe unverändert Hess. Alle
seine Gedanken nud Worle gehörten BI. Cato an. Blit der Treue
eines Hausthiers 'war er ihm immer zur Seite, auf dem Markte,
im Senat, im Theater,^") und nie enfstaud die Besorgniss ia
ihm, dass er bei einer solchen Hingebung irren könne, da sie
etweis Unwillkührliches 'vs'ar, die in sich starke nnd sehr bestimmt
ausgeprägte Persönlichkeit des Einen auf den Andern überging,
weil es diesem gänzlich an Charakter fehlte. Er ahnete eben
so 'wenig, dass fiir den Freund Älanches geziemend sei, was eine
Unschicklichkeit 'S'^'urJe, wenn er es sich erlaubte; bei der an
AVahnsinn gränzeuden Begeisterung , welche sich seiner bemäch-
tigte , so oft Calo den Blund öffnete , sprach er ilim arglos nach,
nur derber und lärmender, wie alle Nachahmer übertreiben. *")
Seine Bekanntschaft mit der griechischen Literatur war ein
todter .Schatz, seine Philosophie ein roher Cjnismus, ^ ') und seine
Beredtsamkeit ohnerachtet seiner Uebungen in Rhodus von der
Art, dass Cicero vermiithete, er habe dort mehr in den Mühlen
als unter Molo gearbeitet. *-) Gleichwohl erhob er a. 61 seine
Stimme gegen den Consul M. Piso, als dieser P. Clodius nach
dem Vergehen gegen die Bona Dea in Sch)itz nahm und in den
betreffenden Comitien unredlich verfuhr; Cato machte ihm Vor-
würfe, auch Horlenslus und Andere tadelten ihn, lauter als Alle
39) PInt. Cato 46. Pomp. 60. Brut. 12. 34. Snet. Octav. 13. Val.
M. 2, 10. }. 8. Dio 38, 7. 40) Pliit. Calo ti. Pomp. U. cc 41) Dp«.
Brut. 34. 42) ad Alt. 2, 1, §. 7.
XVI. FAVONIUS. 33
scLrie Faronias. '^) So drängte er sich mit einer läcLerlicLen
ReckLeit in die Reihen der Opfimaten, nnd beschwerte das
Slaatsschiff mit Ballast, **) Tveil es ihm „der Republik wegen"
nöthig zu sein schien. *') Daher war er sehr erbittert, als das
Volk a. 60 nicht ihn, sondern Metellus Scijjio für das folgende
zum Tribun wählte, und niclit einmal seine eigene Tribus ihn
begünstigte ; die Stimmen, behauptete er, seien erkauft ; er klagte
Scipio au und polterte viel; aber Cicero yertheidigte den Gegner
und Pompejus bewirkte seine Freisprechung. *f) Dass er früher
Pnästor gewesen war und a. 59 zu den Senatoren gehörte, er-
giebt sich aus seiner Weigerung, C'äsars Ackergesetz zu be-
schwören; er fügte sich endlich, aber unter Allen zuletzt, als
Cato geschworen hatte. *') Der höhere Zweck des Gesetzes
blieb ihm verborgen, wie Cäsars mäcLtiger Einüuss. Unter den
Triumvim schien ihm Pompejus der gefährlichste zu sein, ein
Wahn, welchen freilich Viele mit ihm theilten, und worin er
besonders dadurch bestärkt wurde, dass jener glänzeid weisse
Beiubinden trug, da es ja gleichgültig war, wo man das Diadem
anlegte.**) Catos Rui-zsichtigkeit missleitete auch ihn, und er
half ihm dem Senate einen Blann zu entfremden, ohne Vielehen
man dem Haupte des verhassten Bandes nicht widerstehen
konute.
Ciceros Vorschlag vom J. 57, dass Pompejus für die Zufuhr
sorgen solle , erregte sein AlissfaUen , noch weit mehr aber die
Rogation des Tribuns C. RIessius, da sie eine fast unbeschränkte
Gewalt für ihn in Anspruch nahm; die Consulare murrten, Fa-
vonius, tief unter ihnen, lärmte am meisten.*') Diess war
wieder das RJappern einer Mühle; ohne wahre innere Ent-
rüstimg aber auch ohne die ehrgeizige Absicht, sich den Ersten
im Senat zuzugesellen, folgte er der Richtung, welche Cato ihm
gegeben hatte. Sein rücksichtsloser Eifer wurde auch Ptolemäus
Auletes, dem vertriebenen Könige von Aegypten fühlbar, als er
43) ad Att. 1, 14. §. 6. 2. Th. S. 209, 44) Magnat» na-vis snper-
Tacaneiim onns. (Sallnst.) Orat. II. c. 55. 45) ad Att. 1. c. 46) Das.
2. Th. S. 45. 47) PInt. Cato 32. Dio 38, 7. Vgl. App. 2, 434.
48) Val. M. 6, 2. {. 7. Vgl. Cic. ad Atl, 2, 3. Amin. Marc. 17, II.
49) ad Att. 4, 1. J. 2. 2. Th. S, 308.
DramMin Ga.ichichK Koni» III. , 3
34 XVI. FAVONIÜS.
in Rom um Hülfe bat, und Gesandle der Alexandriner tödten
liess; kühn und unbestechlich trat er in der Curie als sein An-
kläger auf, und man musste nun wenigstens zum Schein eine
Untersuchung einleiten. '") Es irrte ihn nicht, dass die Grossen
zürnten, weU eine reiche Geldquelle zu versiegen drohte, iind
Pompeju», weil er den König herzustellen wünschte. Als Jener
a. 56 von Clodius öffentlich geschmäht und auch sein Verhältniss
zu Ptolemäus im heftigsten Wortwechsel entschleiert war, ver-
sammelte sich der Senat, um, wie gewöhnlich. Geschehenes zu
besprechen; Cicero blieb in seiner Wohnung, Favonius erklärte
dao'egen mit den Consularen Bibulus und Curio und dem jungem
Servilins, dass man die Handlungen des Pompejus nicht bUligen
könne. ^') Denn unermüdlich waltete er über das Ganze, ob-
gleich ihn nie ein glücklicher Erfolg belohnte. Er widersetzte
sich im J. 65 der Rogation des Tribuns C. Trebonius über die
Provinzen , verlor aber die Zeit mit Riagen , dass er auf eine
Stunde bfcschränkt sei und kam nicht zur Sache. Nach ihm
nahm Cato das Wort; ihra waren zwei Stunden bewilligt, für
einen Redner, welcher den Staat retten wollte, ebenfalls zu
wenig-; man musste ihn mit Gewalt zum Schweigen bringen. '-)
Nur zwei Tribüne unterstützten ihn, Atejus Capito und Aquillius
GaUus , ' "* ) und vergebens suchte er sich am andern Tage mit
ihnen und mit Favonius in der Volksversammlung Zutritt und
Gehör zu verschaffen; das Gesetz wurde bestätigt. '*)
Im nächsten Jalire 54 sprach Favonius mit Cicero , Bibulus
und Calidius für die Tenedier, welche den Senat um die Ver-
günstigung baten, nach eigenen Gesetzen leben zu dürfen; man
ffieu" nicht darauf ein. ' ') Bedenklicher war es, die Bestechungen
der vier Candidaten des Consulats zu rügen; Cicero mochte sich
SO) Dio 39, 14. Cornel. tenf. No. 21. §. I. 51) Cic. ad Qn. fr.
2, 3. 5. 3. Claudii No. 43. §. 20. 52) Dio 39, 34. l>Iut. Cato 43.
53) Dio 39, 32. 35. Unriclilig nennt Pigh. 3, 389 Favonins iliren Col-
legcn, und nach ihm Bteycr Orat. K. fragm. p. 185 u. 186, -»velcher ver-
mntbet, dass er iii diesem Jahre das Aufwandgeselz der Consnln Pompejus
lind Crassus empfohlen hahe, und bei Gell. 15, 8 Favonius für Favorinus
lu lesen sei. 54) Dio und PInl. U. cc. S. lulii No. 31. §. 24. A. 53,
wo nntprsuchl wird, ob man «wei Gesetze des Trebonius nnlerscbeideu
Blässe. 55) Vir. nd <J"- ^'- 2. H.
XVI. FAVOMUS. 35
uiclit damit befassen ; er glaubte, da Cato wegen einer KrankLeit
n!cLt ersclieinen konnte, dass I.October nur Antins nnd Favonias
sich freimüthig darüber änssem werden. ") Wenn dieser oLn-
erachtet seiner Unbedenisamkeit sich mitunter angefeindet sab,
so galt der Angriff weniger ihm, als seinem Freunde oder
seiner Partei. Er wurde nicht zum Aedil gewählt; Cato be-
merkte, dass alle Stimmtafeln von Einer Hand beschrieben waren,
und bewirkte mit Hülfe der Tribüne eine Ernenerung der Co-
mitien, deren Ergebniss seinen Wünschen entsprach.*") Fa-
vonius verwaltete a. 53 die Aedilität nur dem Namen nach;
denn die Geschäfte und die Spiele besorgte Cato, nicht eben zur
Zufriedenheit der Slimen, unter welche er Kränze von Oel-
zweigen statt goldener and andere werthlose Geschenke vertheilte,
während der Aedil unter den Zoschanem sass und ihm Beifall
klatschte. ") Bald nachher erfuhr dieser eine andere De-
müthigung; der Tribun Pompejus Rnfus schickte ihn ins Gefäng-
niss, wohl weniger, om sich dafür zu rächen, dass der Senat
früher ihn selbst hatte verhaften lassen, als um ihn vom
Widerspruche gegen die Dictatur des Triiunvir Pompejus ab-
zuschrecken, 'ä)
Kach der Ermordung des Clodius im Anfange des J. 52
bezeugte er vor Gericht, dass jener kurz vor seinem Tode gesagt
habe, binnen drei Tagen werde IVIilo nicht mehr sein. Er hatte
es sogleich Cato hinterbracht, welcher Älilo wegen seiner sehr
zweideutigen Verdienste nm die senatorische Faction gegen den
Willen des Pompejus und daher vergebens zu retten suchte, ^"j
Die Alten geben uns auch hier nur Bruchstücke; sie erklären
uns nicht, warum Favonius selbst dem Gerichte vorstand, von
welchem Alilo wegen strafbarer Verbindungen verurtheilt
wurde. ^') Um die Prätur bewarb er sich a. 51, ohne gewählt
56) ad Att. 4, 16. J. 4. Domit. Calv. Ko. 6. §. 1. 57) Plut.
Cato 46. 58) Ders. I. c. Dio 40, 45. 59) Dio I. c. Im December,
in vrelchem P. Riifus seia Amt antrat. Inlii No. 31. §. 31. 60) Cic.
p. Milon. 9. Ascon. in Mil. c. 35. p, 53 OreU. Clandü Ko. 43. J. 23 fin.
61) Ascon. 1. c. p. 54. Clandii 1. c. A. 41. Er war Oaaesitor, niclit
Praetor, wie Pigh. 3, 411 annimmt; anch darf man nicht mit diesem an
«inen andern Favonias denken , da die Geschichte nie einen zweiten or-
Wähnl, auf welchen man diese Nachricht beziehen könnte. Vielleicht
3*
36 XVI. FAYONIUS.
zu werden, wozu tue Anhänger des Pompejas und Cäsar an)
meisten beilriigen, da sie nicht wünschen konnten, dass Cato
durch einen ihni sclavisch ergebenen höhern Blagislrat ihnen ent-
gegen wirkte. ^') Es unterliegt indess keinem Zweifel, dass er
dennoch zur Prätur gelangte, und zwar vor dem J. 48, in
welatiem er bereits PrÜtorier war. ^') Demnach warb er im
J. 50 von neuem und im folgenden tibernahm er das Amt. ^■*)
Cicero wusste schon vor seiner Rückkehr aus Cilicieu , dass
er mit Cato gegen sein Dankfest gestimmt habe, weil seine
Thaten im Aiuanus auf eine solche Auszeichnung- keinen An-
spruch gaben, ^ ') und war daher nicht günstig- gegen ihn gesinnt,
als er ihn nebst den Consuln und vielen Senatoren am 27. Ja-
nuM 49 nach ihrer Flucht aus Rom in Capua sah. JVach seiner
Versicherung hatte hier Favonius zum ersten Male eine andere
Meinung als Cato, denn er verwarf jeden Vergleich mit Cäsar,
wogegen jener lieber Sclav sein als feclifen wollte, eine ünvi'ahr-
Leit, mit welcher Cicero sein eigenes Schwanken zwischen den
Parteien za entschuldigen hoffte. ''^) Auch Favonius wusste,
dass man nicht auf den Krieg vorbereitet war; nach seiner un-
geschlachten Art hafte er Pompejus aufgefordert, Legionen aus
der Erde zu stampfen, wie er versprochen habe ; ^ ') er trat aber
nicht zurück, -wie viele Andere, als es nun galt. Er trennte
sich von Cato, und für immer; denn dieser gieng nach Sicilienj
wo er vor C. Cm-io die Flucht ergriff, und dann nach Vorder-
asien, um Schilfe zusammen zu ziehen. Favonius finden wie
dagegen bei den Legionen, mit welchen BleteUus Scipio aus
widersetzte sich Pompejus nicht, weil die Bestrafnng Itlilos für den Mord
gewiss war, und daher der Ansgang der anderen Gerichte -wenig in Be-
tiacht kam. 62) ad Fam. 8, 9. {. 5. 63) Vellej. 2, 53. 64) Pigh.
3, 417 meint, a. 51 und RIanut. zu Cic. 1. c. erklärt sich gegen das J. 49,
weil er ad Att. 9, 6. §. 4 nicht unter den Magistraten genannt werde,
welche mit Pompojns Italien verliessen. Cicero war in der ersten Zeil
des Bürgerkriegs nach seinem Abgange von Rom nie genau von den Ereig-
nissen unterrichtet ; auch die briefliche Mittheilung, deren er a. a. O. gegen
Alticns gedenkt, enlh.'ilt entschieden Falsches, denn l'ompejus schiffte sich
nicht am 4. März ein, nnd nicht mit den Consuln; um so weniger kann
es irren, dnss FaTOnius nicht darin erwähnt wird. 65) ad. Fain. 8, II.
j. 1. 66) ad Alt. 7, 13. 67) I'lut, Pomp, 60. Caes. 33. App. 2, 450.
XVI. FAVONIUS. 37
Syrien ziiriickkam »iiid a. 48 wälirend der Gefechte bei Dyr-
rLacLiiim Macedonien gegen Doiuitius Calvinus vertLeidigte. Hier
gerieih er diircl» die UebermacLt des Feindes am Flusse Ha-
liacmon in grosse GefaLr, avo er mit dem Gei)äck' und einer
Bedeckung blieb, als Scipio sich gegen L. Cassius Longimis nach
Thessalien ■wandte; doch eilte jener auf seinen Ruf zur HiQfe
Lerbei und der Plan des Domitius wurde vereitelt. "*) Er war
übrigens nocli voll Hoffnung-, und vorlaut im Felde wie in Rom,
tadelte er seinen BefeblsLaber, dass er Clodius, einen Friedens-
Gesandlen Cäsars, nicht sogleich z;irückschickte. ^ ') In Thessalien
äusserte er im Unwillen über Ponipejus , welcher einem ent-
scheidenden Kampfe auswich, man ^verde in diesem Jalire keine
Feigen von Tusculum essen. ' °) Wiefern sein Muth am Tage
der Schlacht sich bewäJirfe, wird nicht gemeldet, er verliess aber
Poinpejus nicht, und bewies ihm gerade auf der Flucht die grösste
Aufmerksamkeit, so dass er ihn sogar bei Tische und im Bade
bediente.") Als der unglückliche Feldherr au der Küste Ton
Aegjqjten getödtet war, gieng er nach Italien und wurde be-
gnadigt; das Nähere ist unbekannt.
Schmerzliche Erfahrungen hatten ihn belehrt, „dass der
Bürgerkrieg ein ärgeres Uebel sei, als gesetzwidrige Alleinherr-
schaft",'-) deshalb mochten Cäsars Blo'rder sich ihm nicht an-
vertrauen. Da indess ihr Verbrechen zunächst nicht bestraft
wurde und sie die Römer zur Rettung der Republik aufriefen,
begab er sich mit Anderen zu ihnen auf das Capitol. ' ') Von
jetzt an theille er die Schicksale des BI. Drutus und Cassius.
Antonius nöthigte sie, sich von Rom zu entfernen, und er folgte
ihnen und erschien bei ihren Berathungen, unter Anderen am
8. Juni in Antium, w'o Cicero ihn sah.'*) Im September
schilfte er sich mit ihuen ein'^) und um so mehr wurde er
a. 43 nach der lex Pedia als ihr JMitschuldiger verurlheilt. '**)
Er war ihnen mehr lästig als nützlich; im J. 42 kam er mit
68) Caes. B. C. 3, 36. Caes. Dict. a. 48. Domit. Calr. No. 6. §. 2.
2. Th, S. 47 a. 152. 69) Caes. 15. C. 3, 58. 70) riut. Pomp. 67.
Caes. 41. 71) Ders. Pomp. 73. Vellej. 2, 53. 72) Plut. Biiil. 12.
73) App. 2, 503. 74) ad Att. 15, 11. 75) 2. Th. S. 124. 76) Dio
46, 48. 47, 49. I. Th. S. 338.
38 XVI. FAVONIUS.
gewohnter Zudring-lichkelt in iLr Zimmer, um bei einem Streite
mit LomeriscLen Versen RnLe zu gebieten; Brutus nannte ihn
einen alberneu Cjniker, und warf ihn hinaus.") Dennoch
focht er in dessen Heere bei Philipp!. Man führte ihn nach der
Schlacht gefangen und in Fesseln zu den Triumvirn, und auch
jetzt vermochte er seine Zunge nicht zu zügeln; er schmähte
Octavian, weil er mehrere Gefährten der Befreier hatte tödten
lassen, und beschleunigte dadurch seine eig'ene Hinrichtung. ' ')
77) Plut. Brnt. 34. 78) Dio 47, 49. Sael. Oct. 13. 2. Th. S. 149.
A. 17.
XVil. ÜABLNII. (1) 39
XVII. GABINII.
1.
A. Galiioiiiij.
,
1-. I6ii'. Chr.—
SSTo.K.
1.
A. Gabiaius.
ir. i>l.liO~Gl3
3.
A. (iabiiiius.
C.S9 — ft)5.
s.
P. Gabiiiiu« Cupito.
;ir. S9 — (j(jö.
4.
A. Gabinius.
'"^^^^^.— ''^— ^^^^^*"*-^
C.S2 — 67i
y.
P. Gabiti. Capito CiQibei.
5.
A. Gablnias.
Cos. SS— em.
— 6. I.ullia.
Calil. IOC.
7. A. OabtDius &>iäeana,
XVII. G a b i ii ii.
1 ItibejiscL uiid vor dem zweiten JalxrLuuderte v. Chr. nicLt
erXväLiit.
1. Aldus Gabinius. Der Proprafor L. Auicius Hess iLn
a. 167 nach der Besiejfung des illyrischeu Königs Gentius mit
eiuer Besatzung in dessen Hauptstadt Scodra zurück , als er
belbst nach Epirus gieng', am es den Römern vieder zu unter-
werfen. " ^)
2. A. Gabinius. Nach dem Zeitverhältnisse ein Sohn des
Vorigen und dann doch nicht von so dankler nnd niedriger Ab-
kunft, als Cicero annimmt. *") a. 139 als V. Tribun der Ur-
heber des ersten unter den >-ier Tabellur- Gesetzen, nach welchem
man bei den Magistrats -Wahlen nicht mehr mündlich, sondern
schriftlich mit Tafeln stimmen sollte. '' ' ) Das Blajesfäts - Gesetz
des Gabinius, von welchem Einige glauben, dass es von diesem,
Andere, dass es bald nach dem Gesetze der zwölf Tafeln *')
gegeben sei, in einer Zeit, wo nie ein Römer dieses Namens in
79) laT. 45 , 26 fügt seinen Tornamen nicht Linzu ; oliue Zweifel
hiess er, wie die zunäclist Folgenden, Anlas. Vgl. das. 40, 31. 80) de
leg. agr. 3, 16. 81) Cic. 1. c. u. de aniic. 12 bemerlct, dass es zwei
Jahre früher gegeben wurde, als das cassisclie äbnlichea Inhalts. Oassii
Ko. 7. Coelii No. .2. wo sein Ui-tbeil über diese Neuernng gewürdigt i^i.
82) nieck Crim. Recht der Körner S. 73. J4.
40 XVU. GAÜINII. (s.)
der Geschichte auftritt, Liih man am richtigsten für eine Er-
findung des Porcius Latro,"^) und als solche ist es für die
BeantvN'ortung der Frage, seit wann die maiestas der perduellio
folgte, TÖllig gleichgültig.
3. A. Gabinius. Legat iui Bundesgenossen - Kriege. Er
fiel nach glücklichen Unternehmungen gegen die Älarser und
Lncaner a. 89 bei der Einschliessung eines feindlichen Lagers. **)
4. A. Gabinius. Sulla, in dessen Heere er als Rxiegs-
tribnn bei Charouea gefochten hatte, *^) schickte ihn im Anfange
des J. 81 nach Asien, um Alurena den Befehl zur Beendigimg
des Kriegs mit Blithridates zu überbringen, und zwischen dem
Könige und Ariobarzanes von Cappadocien einen Vergleich zn
vermitteln. ^^) Massig und ehrbar, und darin sehr verschieden
von No. 5. «')
5. A. Gabinius.'^) Sein Vater ist unbekannt; Vorname
nnd Zeitrerhältniss erlauben an No. 3 oder 4 zu denken.
§ I.
V. Tribun a. 67. Das Gesetz, vt^odurch er Pompejas, ohne
ihn za nennen, den Oberbefehl gegen die Seeräuber mit sehr
ausgedehnten Vollmachten verschalfte, ^ *) wurde vor seiner Ver-
bindung mit P. Clodius als nothwendig für das Wohl und die
Würde des römischen Volks und als erspriesslich für die Blensch-
Leit überhaupt von Cicero gepriesen, ^°) welcher nach dem Exil
verkündigte, dass man ihn erkauft, dass die äusserste Dürftigkeif,
das Drängen seiner Gläubiger dem .Schwelger keine Wahl ge-
lassen habe, sich hinzugeben, oder selbst Seeräuber zu werden. *')
Eliue Legaten- Stelle mit der Aussicht auf Beute war wenigstens
bedungen, wenn auch für den Krieg mit Mithridates in Asien,
wo L. Lucnllus durch Pompejus ersetzt wei'den sollte; daher
83) Declamat. contra Catilin. c. 19 in der Ausgabe des Sallnst. von
Corte S. 109S. 84) Liv. ep. 76. Flor. 3, 18. §. 13. Oros. 5, 18 nenai
ihn Cajus. 85) Plnt. Snll. 16. 17. 86) App. Mitlir. 215. 216.
Cic. ManU. 3. Cornel. SnU. No. 8. §. 8 ßn. 87) App. I. c. 216.
88) Anlus. Cic. ad Alt. 6, 2. j. 5. p. Cornel. p. 71 ed. Orell. App.
2, 435. Dio 36, 6. 89) S. Pompej. UIv. ». 67 ond vgl. I. Th. S. 63.
2. TIi. S. 52. 90) ßlauil. 19. Cornel. 1. c. 91) p. red, in Sen. &.
p. Scxt. 8. Dio 36, -6.
XVII. GABIND, (5.) 41
spracL Jer Tribun ungiinsliy von um , von seinem Aufwände,
von der Pracht seiner Villa bei Tasculum, und bahnte dadurcli
Slanilius den Weg. ^ ^)
Sehr zvreckmässig war sein Gesetz über die Anleihen der
Provincialen in Rom. Cicero erwähnt es wiederholt in seinen
Briefen an Atlicus, weil man während seiner Verwaltung Ci-
Uciens bei einer Forderung des M. Brutus an die Salaminier in
Cjpriis seine Hülfe in Anspruch ncihm. Diese konnten sich
a. 56 geg-en die gesetzlichen Zinsen von 1 Procent monatlich in
Rom kein Geld verschaffen, und man wagte es auch nicht, ihnen
auf höhere zn leihen, weil man nach dem gabinischen Gesetze
im Fall eines Streits ohnerachtet des Schuldscheins keine Klage
erheben durfte. ^^) Da erboten sich Freunde des Brutus zu
einem Darlehn für 4 Procent monatlich, wenn sie durch einen
Senatsbeschluss Sicherheit erhielten. ^'') Der Senat verfügte, um
Brutus gefällig zu sein, die Anleihe soUe weder den Salamiuiern
noch denjenig'en, welche ihnen das Geld gegeben haben, zum
Kachlheil gereichen, worauf das Geschäft beendigt wurde. Bald
aber glaubten sich die Wucherer nicht hinlänglich gedeckt, da
das gabinische Gesetz eine Entscheidung auf den Grund der
Schuldverschreibung nicht gestaltete; es folgte daher ein zweifer
L'eschluss: diese solle dieselbe Gültigkeit haben, wie jede andre* 9')
Als Appius Claudius in Cilicien und Cyprus Proconsul war, er-
schienen M. Scaptius und P. Matinins, Geschäftsträger des Brutus,
92) p. Sext. 43. rnten A. 9. 93) ad Att. 5, 21. §. 8. Qnod e
sjTigrapha ins did lex Gabinia Tetabat. 94) Von einer usura menstrna
spricht Cic. in einer andern Beziehung anch ad Att. 6, 1. §. 3. Schnitz
welcher in d. Staatswiss. d. Rüm. S. 397 diess für einen bildlichen Aus-
druck, Sors daselbst für eine scherzhalte Bezeichnung der ProTinz hält,
und S. 396 meint, Brutus habe vergebens die Genehjuigung des Senats zu
diesem Darlehn nachgesucht, berechnet die gesetzlichen Zinsen zu 1 Procent
jährlich, und lässt demnach, ohne übrigens des gabinischen Gesetzes zn
gedenken, Brutus 4 Procent jährlich fordern, statt 48. 95) Als jede
nicht Ton Provincialen ausgestellte, ad Att. 5, 21. {. 8. 6. 2. §. ä : Kam
qnod Scnatus consultum esse dicebat (Scaptius), nt ins ex syngrapha diceretur,
eo consilio factum est, qnod pecuniam Salaminii contra legem Cabiniam
snmpseranl. Vetabat auteni Anli lex, ius dici de ita siunpla pecuuia. De-
crevit igitnr senatns , nl ius dicerftiir ista syngrapha. Nunc isla habet
kiris idem, qnod ceterae, nihil praecipui.
42 XVII. GABLMI. (5.)
Capilal anci Zinsen beizutreiben,®*) und jener g-ab Scaptius Reuter,
damit er in Salamis die Zahlung erzwingen konnte. Sie ver-
übten grosse Ungebühr und Cicero, Ajipius Nachfolger, rief sie
zurück. ^') Den Salaminiern befalJ er, die Schuld abzutragen,
iedoch seinem Edicte gemäss, ■welches nur ein Procent monatlich
zu nehmen und die rückständigen Zinsen jährlich zum Capital
zu schlagen, Zins von Zinsen zu fordern, erlaubte. ^*) Jene
■waren dazu bereit; Scaptius verlangte aber 4 Procent, und bezog
sich nach Ciceros Einrede, dass er nicht gegen sein Edict handeln
könne, auf den Senatsbeschluss, welcher dem Statthalter von
Cilicien aufgebe, nach dem Schuldscheine zu richten ; er behauptete
iiberdiess der Wahrheit zuwider, dass man ihm nicht 106, son-
dern 200 Talente zu zahlen habe. °^) Cicero erfuhr nach seiner
Versicherung jetzt erst, dass Brntns der Gläubiger sei, und sein
Edict war diesem günstig genug, da der Senat kürzlich fest-
gesetzt hatte, dass die rückständigen Zinsen von einem Jahre ins
andre berechnet, aber nicht als Capital verzins't werden soll-
ten; 10") auf sein Anstiften ferner legten die Salaminier das
Geld nicht in einem Tempel nieder, wie ihre Absicht war, da
sie es dann nicht mehr zu verzinsen brauchten. ') Später bereute
Scaptius, auf Ciceros Vorschlag nicht eingegangen zu sein, dem»
der Senatsbeschluss genehmigte nur die Anleihe der Salaminier
als Ansnalune von Gabinius Gesetz, aber er erlaubte nicht, 4 Procent
zu fordern. ^) Nach dieser Darstellung untersagte Gabinius nicht
bloss, Provincialen in Rom für ungesetzliche Zinsen, sondern
ihnen überhaupt in Rom zu leihen; jedes Geschäft der Art sollte
imgültig, gar keine gerichtliche Untersuchung darüber zidassig-
sein. Man durfte nur über die Beobachtung des Gesetzes wachen,
lim die ohnehin geplagten Provincialen von unnützen und kost-
spieligen Reisen nach der Hauptstadt abzuhalten, und sie
gegen die llabsucht der Grossen und der Wucherer wenigstens
vor den Augen des Senats zu sichern , aber das Beispiel
96) ad Att. 5, 21. J. 8. 6, 3. §.3; Amicos baljet (Brutas) meras
nngas. 97) Das. 6, 1. {i. 4. 6, 2. §. 5. 6, 3. t. 3. 98) l>as. 5, 21.
^. 8. Ceutesimas — cum onalocisino, oder das. 6, 3. §.3: centesimas, re-
novato in singulos nniios foenore. Vgl, 6, 1. f. 4 u. 13. ti. 2. §. 5.
99) ad All. 5, 21. j. 8. 6, 1. 5. 4. 100) l»,is. 5. 21. 5.8, 1) Das,.
6, 1. 5. 4. 2. J. 5. 3. 5. 3. 2) Uas. 6, 2. v- 5.
XVII. GABINII. (5.) 43
des Brutus beweis't , dass solche Verordnungen ohne Kraft
waren. ')
Ein anderes Gesetz des Gabinius betraf den Senat. Der
Consul Appius Claudius erklärte a. 54, die lex Pnpia hindre ihn
nicht , an den Coniitial - Tagen , welche auf die Ouirinalien
(17. Februar) folgten, den Senat zu berufen, '') und in der Ga-
binia sei geboten, vom I.Februar bis zum 1. März den Gesandten
täglich im Senat Gehör zu geben. ') Früher,- im Januar 56,
schrieb Cicero an Lentulus, den Proconsnl von Cilicien, tim ihm
bemerklich zu machen , dass die Angelegenheit des Auletes,
•welchen jener wieder einzusetzen wünschte, nicht so bald er-
ledigt sein werde: vor dem 1. Februar kann der lex Pupia zu-
folge der Senat sich nicht versammeln, imd auch im ganzen
Februar nicht, wenn man nicht die Gesandten zuvor gehört und
beschieden hat. ^) Die Schwierigkeiten, welche mau hier fin-
det,') entstehen grössfentheils dadurch, dass man einen innern
Zusammenhang zwischen den beiden Gesetzen annimmt, well sie zu-
gleich genannt werden, und weil man das Verbot im ersten auf eine
bestimmte Zeit beschränkt. Pupius hatte im Allgemeinen unter-
sagt, an Comitial - Tagen sich in der Curie zu berathen, *) und
Appins behauptete, auf die Tage von den Ouirinalien bis zum
I. März sei das Gesetz nicht anwendbar, er könne also in dieser
Zeit den Senat berufen , das g-abinische zwinge ihn sogar dazu,
denn es verlange, dass der Senat sich vom I. Februar bis zum
1. März täglich mit den Gesandten beschäftige. Die lex Pupia
gieng diese nicht an , und in der Gabinia wurde der Ausdruck
täglich vom Consul, welcher die Comitien verhindern wollte, ab-
sichtlich so gedeutet, als seien die Comitial -Tage nicht schwei-
gend ausgenommen.
a. 66 wollte Gabinius sich als Legat des Pompejus nach
3) Vgl. Cornelii i)leb, !So. I I)ei dem J. 67. 4) In ansserordenl-
lichen und dringenden Fällen geschah diess anch sonst. Liv, 38, 53.
5) ad Qu. fr. 2, 13. <>) Bis daliin kann man über nichts Anderes,
niclit über die Herstellung des ägyptischen Königs verhandeln, ad Fam.
1,4. 7) I. S. Znuioscius de Sen, R. p. 47. Ilic mihi Talde , ut
aiiinl, aqaa haeret. 8) Cicero spricltt vom Januar. Appius vom
Februar . folglich be/.ng sich das (iesetz keiuesweges auf einen einzelneu
Monat.
44 XVII. OABINII. (5.)
Asien begelien, *) wo dieser nacli der Entwaffnung der Seeräuber
Massregeln ergriff, sie für immer unschädlich zu machen, in der
That aber die Bestätigung; des manilisdieu Gesetzes erwartete,
lim nun auch den Krieg mit IMifhridates zu beendigten. ' °) So
konnte Cii'ero, als er es empfahl, die ^Yendung, nehmen, es sei
Unrecht, wenn Gabinius in einem Kriege, welchen man in Folge
seines Gesetzes führe, nicht Legat werde.'') Im Zorn' über
Pompejus neue Anmassung behaupteten dt sseu Feinde, unmittelbar
nach dem Tribunat könne niemand eine solche Stelle erhalten. Cicero
zeio-te dem Volke durch Beispiele aus früherer Zeit die Nichtig-
keit dieses Einwurfs; er, der Prätor, wolhe darüber an den
Senat berichten, wenn die Consuln sich weigerten. So wenig
ehrte er die Verfassung, ehe er selbst Consul wurde.
Indess scheint die Abreise des Gabinius wenigstens dadurch
verzö'n'ert zu sein ; auch wird er in der Geschichte des dritten
inithridatischen Kriegs wegen seiner Thaten nicht ausgezeichnet.
Er hatte aber für seine in Rom geleisteten Dienste eine An-
weisung anf Freund und Feind, und benutzte sie wohl schon
a. 65 auf dem Zuge über den Euphrat, wodurch die Parther
geschreckt werden sollten,'"') und noch mehr, als er mit dem
Quästor BI. Aemilius Scaurus nach Damascus geschickt wurde
nnd dann weiter mit ihm nach Judäa gieng. Hier erklärten sie
sich in dem Streite zwischen dem Hohenpriester Hyrcanus und
dessen Bruder ArislobiJus für den Letzten, welcher Scaurus 400,
nnd Gabinius 300 Talente gab. Nach der Ankunft des Pompejus
in Damascus wandten sich beide Parteien an ihn, und er beschied
sie auf das nächste Frühjahr, ohne die Bestechungen zu rügen,
über welche Anlij)aler im Namen des Hyrcanus sich beklagte. ' ')
Aristobulus wurde a. 63 in Jerusalem belagert, weil er aus
Furcht vor einer ungünstigen Entscheidung die Waffen ergriffen
hatte. Er kam aber bald zu Pompejus, ihm die Stadt zu über-
geben. Gabinius, welcher sie besetzen sollle, sah sich von den
Einwohnern und Truppen zurückgewiesen , uud der Kampf
dauerte fort. ' *)
9) Oben A. 92. 10) Plut. Pomp. 30. 11) M.inil. 19. 11/.) Dio
37, 5. 12) Joscpli. A. J. 14, 2 (3). §. 3. cnp. 3 (5). §. 1 u. 2.
13) Duis. A. J. 14, 4 (7). {.' 1. B. J. 1, 6 fm. Oros. 6,0. Zouar. 5, 6. *
Ili'gCiiiip. 1, Iti. S. l'ompoi. IHv a. 64 u. 63.
XVn. GABDfll. (5.)
Jener übergieng die AeJIlilüt, denn er verwalfele bald nach
dem Kriege, ■\valirsclieinlicb a. 61, die Prätur, und be^Yarb sich
zwei Jalu- später um das Consulat. Seine FecLlerspiele a. 59
machten ihn bei dem Volke beliebt, obgleich die Feinde seines
Gönners zischten ; nach einem falscLeu Gerüchte , 'welches L.
Vettius verbreitete, wollte man Pompejus bei dieser Gelegenheit
födten. ' ') Ueber die Absichten der Triiimvirn, von welchen der
Erfolg der Wahlen abhieng, hatte man keine Gevrissheit; Viele
glaubten, Pompejus und Crassus würden Consuln werden, Andere,
welche besser unterrichtet zu sein schienen, Gabiuius und Ser.
Sulpicius, nur von Q. Arrius und L, Lentuhis war in dieser
Beziehung bald nicht mehr die Hede. ' ^) Der Consul Bibulus,
Cäsars College und wegen fruchtloser Anstrengungen von den
Seinigen gepriesen,'*) verzögerte die Consular- Comitien durch
seine archilocliischen Edicte bis zum 18. October, ' ') dann aber
wurden Gabinius und L. Piso gewählt, ") mit dessen Tochter
Cäsar sich vermählte. Schon früher hielten nach Cicero sogar
die Bauern diese Gewaltherrschaft für unerträglich,'^) jetzt
sprach M. Cato von der Verkupplung der Aemter; C. Cato, ein
unbesonnener junger Alann, wollte Gabinius wegen gesetzt idriger
Bewerbung anklagen, er fand bei den Prätoren kein Gehör, und
wurde beinahe getödtet, als er im Zorn Pompejus vor dem Volke
einen Dictalor nannte,^") denn Alle, auch Cicero und die
übrigen Blissvergniigten , welche auf dem Lande insgeheim
schmollten und schmähten, waren in dem ^Vahue befangen, dass
jener der Mächtigste im Bunde sei, und „zur Tyrannis rüste". ^ '}
a. 58. Die Consuln Piso und Gabiuias waren bestimmt,
die julischen Gesetze vom vorigen Jahre , welche auch für Pom-
pejus die grösste Wichtigkeit hatten, aufrecht zu erhalten, und
die Interessen der Triumvirn gegen einander zu vertreten, Sie
14) ai Art. 2, 19. §.2. 2, 24. §. 2. 2. Th. S. 233 f. 15) ad
Au. 2, 5. §. 2. 2. Th S. 64. 65. Cornel. Lentiil. Ko. 35. 16) In
coelo est. ad Au. 2, 19 in. 2, 20. [. 4. 2, 21. J. 2. 17) Das. 2, 20 lin^
2, 21. 5. 3. 18) S. die SteUen im 2. Th. S. 65. A. 61. 19) ad
Art. 2, 13. {. 2. 20) ad <Jn. £r. 1,2. 5. 9. p. Sexf. 8. 21) ad
All. 2, 14 n. 17.
46 XVn. GABINn. (5.)
■widersetzten sich dem ägyptischen Gö'tterdienste in Rom, *')
übrigens grlifen sie unr in jener untergeordneten Rolle in die
öIFentliclien AngelegeoLeifen ein, aber sie benutzten sie zur Er-
reichung ihrer eigenen Absichten. 3Mit um so mehr Schein
konnte Cicero sie als Urheber seines Exils dem V. Tribun
P. Clodius zugesellen, nnd ihnen zur Last legen, was von wohl
bekannter, aber zu mächtiger Hand über ihn verhängt war.
Clodius liess ilinen für ihren Beistand die Provinzen anweisen,
welche sie wünschten, Gabinius namentlich Syrien,-^) wogegen
dieser dem Senat die Trauer um Cicero untersagte, die Ver-
folgung desselben für gerecht erklärte, und ohne sich zu regen,
als sein Haus zerstört wurde, die Bente vom Tusculannm mit
dem Tribun theilte, und nicht auf die Herstellung des Verbannten
antrug. *') Zuletzt zerfiel aber Clodius auch mit Pompejns; sehr
bedenklich für den Consul, welcher jedoch seinem Gönner treu
blieb und nun die Erfahrung machte, dass man seine Fasces
zerbrach «md seine Güter den Göttern- weihte. -^)
Indess verblieb ihm Syrien, wohin er a. 57, wiederum mit
Schulden belastet,^") abgieng. ^') Er folgte M. Aemilius
Scaurus nicht unmittelbar. - '') Ponipejus übergab diesem, seinem
Quästor, das Land, welches er zur Provinz gemacht hatte, mit
zwei Legionen , als er a. 62 nach Italien zurückkehrte ; '^ ^)
a. 59 wurde Scaurus durch den Proprätor L. Marcius Philippus,
und a. 58 dieser durch den Proprätor Cn. Lentulus BlarceDinus,
den Vorgänger des Gabinius , des ersten Proconsuls in Syrien,
ersetzt.^") Gabinius suchte Geld und den Imperator -Titel, und
er durfte Beides hoffen, denn es gährte überall um ihn her,
22) 2. Th. S. 67. 23) Das. S. C6 n, 260. A. 7. 24) Das,
246. 249. 269. 276. 25) Das. 275. 26) p. Sext. 8. 27) Das.
33. in Pison. 13. Plnj. Anton. 3. App. Syr. 120. B. C. S, 677. Joseph.
A. J. 14, 5 (10). 5. 2. 15. J. 1, 8 (6). 5. 2. 28) So Joseph. B. J.
1. c. , vrelcher in diesem Theile seiner Weike hcsonders Kicolaus Damas-
cens und Slrabo hemitzt hat. A. J, 14 , 6 (11). f>. 4. Anch Hege.sipp.
1, 19. 29) App. .Syr. p. 119 B. C. 1. c. Joseph. A. J. 14, 4 (8). §. 5.
JJ. J. 1, 7 u. 8. 1. Th. S. 29. A. 96 f. M. I'iipins Piso sollte a. 60
nach seinem Consnlat Syrien vcriralten, da er aber Cloditis begünstigte,
so ■wurden seine Iloirnnngen rinrch Cicero vereitelt. 2. Th S. 80. A. 83.
30) App. Syr. I. c. Clandü Marceil. No. :il.
XVII. CABINII. (5.) 47
man erkauAe seinen Beistand oder feindete iLn an , und er
glaubte durch Clodiiis Gesetz zu jeder EinndscLiin^ befugt zu
sein. SieLt man davon ab , dass er willküLrlicIi die Gränzen
Syriens überschritt, so ihat er nicht mehr und nicht weniger, als
die meisten Statthalter, nur hatten nicht Alle einen Gegner,
■welcher die Mit- und Nachwelt von ihren Verbrechen unter-
richtete. Und doch bleiben auch in seiner Geschichte Dunkel-
heiten, da Cicero Manches nur andeutet, weil er es selbst aus
unsichern Gerüchten aufgriff, oder seine Zeitgenossen ihn ver-
standen. Wenn es gegründet ist, dass Gabinius schon auf der
Reise von Ariobarzanes zum Morde gedungen wurde, so kann
es sich nur auf cappadocische Verbannte oder Flüchtlinge be-
ziehen. ") Auch der Feind wird nicht genannt, durch welchen
er gleich anfangs Verlust erlitt, ohne Z^veifel Araber, denn sie
kämpften fast ununterbrochen mit den Römern, seit Pompejus in
diese Gegenden vorgedrungen war. ^ ') Bald aber erhielt er
einige Vortheile; er wurde Imperator, und suchte in seinem
Berichte um ein Dankfest nach. Der Senat verweigerte es am
15. Mai 56, um ihn und noch mehr um Pompejus zu deniüthigen. ^ ^)
Bei seiner Furcht vor den Triumvirn wünschte sich Cicero Glück,
dass er sich an dem Tage in Antium befand, aber seine Freude
war gross, und er verkündigte in Briefen und Reden, man habe
Gabiiuus nicht geglaubt,*') noch nie sei einem Feldherrn die
Supplication versagt , ausser unter ganz anderen Umständen
T. Albuclus, die Schmach sei unerhört. ^*)
Der Proconsnl war um so thätiger, Geld zusammen zu
raffen. £r hatte schon früher in Judäa eine gute Erndte ge-
halten, und hier erneuerte sich der Krieg zwischen den JMacca-
bäern durch Alexander, den Sohn des Aristobulus, welcher auf
dem Wege entfloh, als Pompejus ihn mit seinem Vater und seinen
Geschwistern nach Italien führte. ^ ^) Ein Theil der Juden
31) Cic. de prov. cons. 4. 32) Cic. 1. c. App. Syr. 120. 33) ad
On. fr. 2, 8. de prov. coiis. 6. 7. 10. in Pison. 17. 34) \'*'ie später
M. Cato und Andere im gleichen Falle Ihm nicht glaubten, ad Farn. 8, 11.
35) ad 9n. fr. 1. c. de prov. cons. 11. cc. in Pison. 19. 14 Phil. 8 fin.
niese Verhandlungen gehören in den Anfang des J. 56 und sind älter ais
die Feldi^iige des Gahinins gegen Alexander und Aristobulus in Judäa.
^6) Joseph. A. J. 14, 4 (8). J. 5. B. J. 1, 7 En,
48 XVII. GABmiI. (5.)
begünstigte den jungen Fürsten, weil sein Obeim H3rrcanns sich
dem Einflüsse der Römer und des elirgeizigen Idumaers Antipater
Lingab. Doch konnte er nur allmkiig zu Kräften gelangen, nnd
sein Versuch, die Blauern von Jerusalem herzustellen, wurde Ton
den Römern in jener Gegend vereitelt. Dann aber zählte er
10,000 Mann zu Fuss nnd 1500 Reuter, und besetzte die Festen
Alexandrium , Machärus nnd Hyrcania. Die Ehre Roms schien
zu fordern , dass man Hyrcanns beschützte , da er von Pompejus
als Hoherpriester anerkannt war. Demnach entsandte Gabinius
den Befehlshaber seiner Reuterei, M. Antonius, mit den jüdischen
Truppen unter Pitholaus, Blalichns und Antipater. Als er die
Vorhut mit den Legionen erreicht hatte, siegte er in der Nähe
von Jerusalem, und bestimmte Antonius, den Feind in Alexan-
drium einzuschliessen , während er selbst im Lande umherzog,
nnd die zerstörten oder von ihren Einwohnern verlassenen Städte
Samaria, Azotus, Scylhoi)olis, Raphia, Gaza u. A. aufbaute und
bevölkerte. Nach seiner Rückkehr zum Belagerungs - Heere
musste Alexander, dessen Plätze ilim übergeben und vernichtet
wurden, sich unterwerfen, und er konnte Hyrcanus wieder nach
Jerusalem führen. Das Land theilte er in fünf Bezirke mit
eben so vielen Synedrien. ' ')
Aber die Ruhe war von kurzer Dauer. Hyrcanus und
Antipater sahen sich genöthigt, ihm nnd den Ersten in seiner
Begleitung grosse Geschenke zu machen und das Geld vom Volke
zu erpressen. Daher fand Aristobulus viele Anhänger, als er
mit seinem Jüngern Sohne Antigonus Italien insgeheim verliess,
nachdem er a. 61 bei Pompejus Triumphe erschienen war; '^)
selbst Pitholaus gieng mit 1000 Mann von der Besatzung Jeru-
salems zu ihm über. Alexandrium zu befestigen hinderte ihn
Antonius mit Servilius und Sisenna, des Gabinius Sohn. Er
eutliess die Unbewaffneten und brach mit etwa 8000 Blann nach
Blachärus auf; ehe er es en-eichte , wurde er von Antonius an-
gegriffen und geschlagen; die Werke des Platzes konnten nur
unvollkommen hergestellt werden und schon nach zwei Tagen
IS) Joseph. A. J. 14, 5 (10). §.2 — 4. B. J. 1,8 (6). §. 2 — 5.
Hcgesipp. I, 19. Zonar. 5, 7. Plul. Anlon, 3. 16; Phit. Pomp. 43.
App. Milhr, 253. Zouar. 10, 6.
xvn. GABmn. (5.) 49
gerieth er schwer rerwnnJet mit seinem SoLne in Gefang'enscLaft.
Antonius liess ihn zum Proconsnl füliren, welcher ihn wieder
nach Italien schickte, zugleich aber durch einen Bericht an den
Senat seinen Rindern die Freiheit rerschalfte, weil seine Ge-
mahlinn unter dieser Bedingung mehrere Festen übergeben halte. ' ')
In Rom verhandelte man indess a. 56 im Senat über die
Consular - Provinzen. Man hörte fast nur die Stimme des Partei-
Lasses und der Privatfeindschaft, und Cicero insbesondre, dessen
Gutachten vorliegt, wollte «ich an Piso und Gabinius rächen.
Schon vor ihm war P. Servilins Isanricns der Meinung gewesen,
dass man sie aus Macedonien imd Syrien abrufen und ihre Pro-
vinzen, nicht beide Gallien, welche Cäsar verwaltete, den künf-
tigen Consnln überweisen müsse , und dies schien auch ihm aus
vielen Gründen das Rathsamste zu sein. Doch erhielt nur Piso
a. 55 einen Nachfolger; Gabinius blieb, weil die Triumvim es
wollten. ' ^)
Er rüstete nach der Besiegnng des Aristobulus gegen die
, Araber, wenn auch nur, nm zu drohen, and wie M. Scaurus
mit Gelde abgefunden zu werden. ' ') Ehe er diess ausfühite,
.verspi'acL er Blithridates, dem Könige der Pariher, seineu Bei-
. stand, welcher von seinem Bruder Orodes verdrängt war, und
gieng voll Zuversicht über den Euphrat, weU Rom erst durch
Crassus die Furchtbarkeit dieses Feindes kennen lernte. ' ") Bald
aber überliess er den Schützling sich selbst; ein Anderer, Pfole-
mäus Auletes , König von Aegypten, bot grössern Lohn und er-
hielt den Vorzug. Auch er war aus seinem Reiche vertrieben
und hatte in Rom Hülfe gesucht, wo Pompejus ihn begünstigte.
Man wusste aber, dass dieser ihn nach Aegypten führen wollte,
um an der Spitze eines Heeres und einer Flotte sich selbst wieder
zu heben, und vereitelte seinen Plan durch ein sibyllinisches
Orakel, welches für einen solchen Fall gewaltsame Slittel unter-
sagte, und durch einen entsprechenden Senatsbescliluss , so dass
non auch P. Lentulus Spinther als Proconsnl von Cilicien die
17) Joseph. B. J. 14, 6 (11). 5- 1. B. J. 1, 8. 5. 6. Ueges. 1, 20.
Zon. Plnf. U. ec. 18) 2. Th. .S. 70 f. 19) 1. Th. S. 29. 20) App.
Syr. 120. Dio 39, 56. Justin. 42, 4. Joseph. B. J. 14, 6 (11). J. 2 n, 4.
B. J. I, 8. ^. 7. Heges. I, 21.
Druniann, Gcscliiclite Uoms ItL ^
50 XVII. CAÜINIT. (r>.)
äfryptischen Ang'elegeulieiten nicLt mit bewalTueter Hand ordnen
dnrfle. ^') Poinpejus rächte sicL für seine Niederlage; die
Optimaten sollten ■wenig'stens die Kränkung erfahren, dass An-
letes trotz Orakel und Senat wieder auf den Thron gelangte.
Er schickte ihm ein Schreiben an Gabiniiis , welches die Auffor-
derung und die Vollmacht enthielt, ihn herzustellen. ^') So er-
schien der König a. 55 iu Syrien. Seine beste Empfehlung war
das Geld; zwar konnte er für den Augenblick wenig zahlen,
obgleich er in Rom eine bedeutende Summe geborgt hatte, aber
er machte gTosse Versprechungen und kam auch ohne die über-
flüssige Verw^endung des M. Antonius zum Ziel. ^ ^)
In Aegypten regierte seine älteste Tochter Berenice, welche
sich mit dem Syrer Seleucus Cybiosactes vermählte, einem Sohne
des Antiochus Eusebes von Selene, der Tochter des Ptolemäus
Physcon, "') ihn aber nach wenigen Tagen wegen seiner ver-
ächtlichen Sitten tödten liess, ^') Man lenkte ihre Aufmerk-
samkeit auf Archelaus , dessen Vater gleiches Namens das pon-
tische Heer gegen Sulla befehligt hatte. "^) Er w£ir von Pom-
pejus zum Priester in Comana ernannt, *'') nnd hielt sich jetzt
!n Syrien auf, um an dem Feldzuge des Gabinius gegen die
Pariher TheU zu nehmen. Die Aussichten in Aegypten waren
lockender, und man einigte sich um so eher, da er die Unter-
händler durch das Vorgeben täuschte, er sei der Sohn eines Königs,
Milhridates des Grossen. Den Römern konnte es nur nach-
theilig sein, wenn ein junger, kräftiger Fürst als GemaM der
Berenice im Nachbar- Lande den Thron bestieg; deshalb ent-
fernte er sich insgeheim. ^*)
21) Cornel. Lentul. No. 21. §. 1 nnd hier §. 3. A. 54. 22) Eben
so handelte Cicero als Feind des Antonios. 1. Th. S. 181. §. 24.
23) App. 1. c. Dio 39, SS. 56. Strabo 17, 796. Joseph. A. J. 14, 6.
^<. 2. B. J. I. c. Ileges. I. c. Man behauptete, dass Gabinius sich für
10,000 Talente verkanlt habe, p. R.-ibir. Post. 8. So nun auch Flut.
Anton. 3. Vgl. ad Qu. fr. 3, 1 iin. nnd p. Itab. P. 3. in Pison. 21.
24) Cic, Verr. 4, 27 nennt seinen Bruder Antiochus einen Sohn des An-
tiochus. Selene war mehrmals \erheirathet. App. Syr. 133. Justin. 39, 4.
25) Strabo 12, 558. 17, 796. Uio 39, 57. 26) Cornel. SuU. No. 8. }. 5 u,
§. STin. 27) Strabo 12, 558. 28) Der Krieg mit den Parthermvar gegen
den Willen des rümischeu Senats beschlossen, dieser Konnte ihm daher nicht unter-
XVII. GABIINTI. (5.) 51
Gabiniiis bot seine ganze MacLt auf, um des Erfolges gewiss
zu seiu ; nur weuig-e Truppen blieben mit seinem Soline Sisenna
in Syrien zurück. Die VorLut bildete wieder die Renterei unter
IVI. Antonios.-^) Sie wurde wie das uacLrückende Heer von
Antipater mit Gelde, Waffen ddcI Getraide unterstützt, da er
Hyrcanus beLerrscLte und bei seinen Entwürfen , die Maccabäer
g'änzlicL zn Terdräng-en, die FrenndscLaft "der Römer bedurfte.'")
Um so leichter gelano:ten sie über die Landenge am serbonischen
See bis Pelusium, wo Antonius nach einer schwachen Gegenwehr
seinen Einzug hielt, und die Einwohner gegen die Rachgier des
Auletes in Schutz nahm, ^') Der Schlüssel des Reichs war fiir
Archelaus verloren, und die Alexandriner zeigten wenig Eifer, *-)
so muthig sie später gegen Cäsar fochten. Selbst auf dem ]Nil
erlitten sie eine Niederlage, und ihr König fiel gegen eine andere
Abtheilung des feindlichen Heeres in der Schlacht. Als Gast-
freund liess Antonius seinen Körper unter den Todten suchen
und mit Ehren begraben; ") auch erhielt sein Sohn später das
Priesterthum in Comana, '*) Das Land musste sich Ptolemäus
unterwerfen, und nicht bloss seine Tochter Berenice, sondern
auch viele Reiche biissten mit dem Leben, weil er Geld bedurfte,
um sowohl Gabinius zu befriedigen , als die römischen Truppen
zu unterhalten, welche zu seinem Schutze in Aegjpten blieben,
und später zum Theil Pompejns im Kriege mit Cäsar yerstärkteri. ' *)
sagen, dem Feldznge beiznwolinen, ■vrie Strabo I.e. meldet ; anch -mlligte Gabi-
nius nicht ia seine Verbindung mit Berenice, yseü er etwa fürchtete, dass er
sonst am Kil nicht genng "\Viderstand finden und für geringe Arbeit geringen
Lohn erbalten werde; Die 1. c. Die Stimmung der ..Alexandriner, vrelche
Auletes immer gehasst hatten nnd jetzt anch seiner Rache entgegensahen,
war ihm ohne Zweifel bekannt. Tgl. Lit. ep. 105. Cic. p. Rab. Post. 7.
29) Dio 39, 56. Plut. Anton. 3. 30) Joseph A. J. 14, 6 (II). § 2.
Dio 1. c. 31) Plut. 1. c. Dio 39, 58. App. 5, 675 fin. Cic 2 Phil. 19.
32) Val. M. 9, 1 ext. J. 6. 33) Strabo 12, 558. Plnt 1. c. B. Alex. 3.
App. Syr. 120. Mithr. 254. Ijt. 105. Cic. in Pison 21. Enseb. Chron.
p. 227. Zonar. 5, 7. Gabinins nnd Anletes veranlassten durch ihren An-
griff den Tod des Archelans, aber weder jener noch dieser befahl, ihb
hinzurichten, Dio 39, 58. Strabo 17, 796, da er nicht lebend in ihre Ge-
walt gerieth. 34) Sn-abo 12, 558. App. Mithr. 254 35) Caes.
B. C. 3, 4. 103. Val, M. 4, 1. j. 15. Senec cons. ad. Marc. 14. App.
2, 458. - ■''■
4«
52 XVn. GABINII. (5.)
Man wat in Italien schon gegen Ende des April ron diesen
Ereignissen iinterricLtet , obgleich der Proconsul keinen Beruf
fiihlte, den Senat davon in Kennfniss zn Betzen. ^ ^) In seiner
Abwesenheit hatte Alexander, der Sohn des Aristobülus , ■wieder
zn den Waffen gegriffen, nnd die Römer theUs niedergemacht,
theila anf dem Berge Garizim eingeschlossen. Er versuchte die
Buhe auf einem friedlichen Wege durch Antipafer herzustellen,
und Viele gaben ihm Gehör; Alexander setzte dagegen mit
30,000 Mann die Feindseligkeiten fort, bis er in der IVähe des
Thabor von Gabinius geschlagen wurde, welcher die Angelegen-
heiten Judäas nach Antipaters Rathe ordnete, und dann nach einem
Raubzuge gegen die Nabatäer wieder in seine Provinz gieng. ")
Sie war für die nächsten fünf Jahre dem jetzigen Consnl
M. Crassus bestimmt; Gabinius weigerte sich, sie dessen Legaten
zu übergeben, doch musste er sich fügen, als am Ende des Jahrs
sein Nachfolger selbst erschien.^*) Nach Ciceros UrtheUe wac
er «nter aUen Statthaltern der schlechteste, nur L. Piso, seinen
ehemaligen Collegen im Consulat ausgenommen ; ^ ') ein Heer
wurde von ihm verkauft, die Provinz schnöde gemisshandelt,
Rom seiner Einkünfte beraubt, und Gesetz und Verfassung ver-
höhnt. *") Als Feldherr übertraf er Viele, welche triumphirten,
diess bezeugt ihm sogar Josephus, * ' ) und seine Truppen wurden
mit Beute bereichert. In Jeder andern Beziehung glich er freilich
den übrigen Optimaten; die Provinz war ihm eine Goldquelle,
der Blittelpunkt einträglicher Unternehmungen, Auch die Römer
in Syrien beklagten sich über ihn, besonders die Ritter; er hasste
sie, nicht weil sie Cicero gegen seinen angeblichen Buhler Ca-
tiUna, ■* ') sondern weil sie ihn gegen Clodius unterstützt hatten. ' *)
36) ad A«. 4, 10. Dio 39, 59. 37) Joseph. A. J. 14, 6. §. 2—4.
B. J. 1 , 8. §. 7. Zonar. 5 , 7. 38) Dio 39, 60. Tlut. Crass. 15 Cn.
App. Syr. 120. B. C. 5, 677. Joseph. A. J. 14, 6. J. 4. B. J. 1, 8. {. 8.
Zon. 1. c. 39) Piso aiitem aiio quodain modo glorialnr, se bre\i tem-
pore perfecissc, no A. Gnbiiiiiis iiniis oinnium iieqnissimns existiniarctiir.
de piov. cons. 5. Wogegen ad <Ju. fr. 3, 1. §. 9: Niliil illo ( Cabinio )
tnrpiiis Proximns tarnen est Piso. 40) p. Sext. 43. de proT. coiis. 4. 5.
in Pison. 17. ad 9n. fr. 1. c. Dio 39, 56. 59. 41) A- J. 14, 6 (11).
§. 4. B. J. 1, 8 (6). §. 2. Vgl. B. Alex. 43. 42) p. red. in Sen. 5.
43) Das. 13, p. Sext. S, 12. 16. tu Pisou. 10. Dio 38, 16. 2. Tb,
S. 246.
xvn. GÄBran. (5.) 53
Es besänftigte ihn nicht, dass sie ihm bei seinem Abgange nach
der Provinz das Geleite gaben. **) Hier durften die Pächter
nie mit ilim an einem Orte sein ; ihre Beschwerden über Rück-
stände wurden nicht gehört , gültige Verträge aufgehoben , Ver-
haftungen verweigert, und Vielen die Steuern erlassen. Häufig
mochte er in solchen Fällen gerecht sein und Unglückliche be-
schützen, um seinen Feinden zn schaden, welche ihm nun auch
den Feldzug nach Aegypten zum Verbrechen machten, weil in-
dess die Seeräuber au den syrischen Küsten plünderten, and ihre
Einnahme dadurch vermindert würde. * '}
§ 3.
a. 54. Er wnsste, welche Stürme ihn in Rom erwarteten,
und reis'le langsam , um Vorkehrungen zu treffen. * '') Sein
Geld gieng voraus, und Blancher wurde dadurch besch\>"ichtigt,
auch verbarg er seine Furcht unter der zuversichtlichen Behaup-
tung, er werde triumphiren. *') Endlich erschien er am
20. September nach dem unberichtigten Kalender vor den Thoren,
und niemand begrüsste ihn. Die Unterredungen mit Einigen
Vertrauten gaben ihm die Gewissheit, dass längeres Zögern nutzlos
sei, und da er also die Stadt als eine feindliche betrachten musste,
so nahm er sie am 28. jenes Alonats als ein guter Feldherr
durch Ueberrumpelung, indem er unbemerkt in der Nacht seinen
Einzug hielt. ") Cicero insbesondre hatte ihm durch die Reden
nach dem Exil einen schlechten Empfang bereitet; die Feinde
des Pompejus und Clodlus waren auch die seinigen, mochten diese
längst unter einander selbst zerfallen sein, Senat und Ritter,
Gö'tter and Blenschen verlangten Genugthuung. Als Gegner der
Trinmvirn und namentlich des Pompejus, welcher ihm bei den
Wahlen geschadet hatte, beförderte der Consul L, Domitius
Ahenobarbus sein Verderben, und die Ritter sjjrachen in seinem
Sinne, jJs sie im Februar der Klage der tyrischen Gesandten
über ihre Bedrückungen mit Beschwerden über Gabinius be-
44) ad Qu. fr. 2, 13. 45) Dio 39, 59. 46) Quem (ledituni)
cisi ipsc sibi i>i-accidJt , ego taiueii os uC videam liaiuiuis , exspccto. ia
Pison. 22. 47) ad Qa. fr. 3, 2. 48) Vas, 3, 1. §. 7 n. 9, 3, 2.
Dio 39, 62.
54 XVn. GABINn. (5.)
geg-nefen. ' ") Sein College Appius Claudius, ein Bruder des
Clodius und Verwandter des Pompejus , schien im Februar ent-
schlossen, die Tribüne an Verhandlungen mit dem Volke über
Gabinius zu Iiindern, dann aber war er auf der andern Seite,
vielleicht weil jener sich zu karg erwies. ' °) Am 7. October,
dem zehnten Tage nach seiner Ankunft in Rom , konnte der
Consular sich dem Senat nicht länger entziehen; er musste über
seine kriegerischen Unternehmungen, über den Verlust der Feinde
und über den eignen Bericht erstalten und wollte sich wieder
entfernen, als die Consuln ihn zurückhielten und die Pächter
eingeführt wurden. Nun begann ein allgemeiner Angriff, und
am tiefsten verwundete ihn Cicero, so dass er endlich kaum Athem
schöpfend mit zitternder Stimme ihn einen Exilirlen nannte, und
damit die wahre Ursach seiner Entrüstung angab. Bei diesem
Worte erhoben Senatoren und Pächter ein Geschrei, sie drangen
auf ihn ein, und der Beleidigte wurde ungewiss, ob er ihn nun
nicht dennoch anklagte, wie sehr auch der Gedanke an Pompejus
Rache und au Clodius es widerrielh. ^')
Gabinius wurde wegen Majestät, wegen Erpressungen und
wegen gesetzwidriger Bewerbung belangt. In der Geschichte
dieser Klagen irrt nicht blos Appian , und Cicero ist oft dunkel
und zweideutig, weil er aus Rücksicht auf Pompejus seinen Feind
schont, ^') oder in vertrauten Mit(heilungen , in den Briefen an
seinen Bruder, nach den Umständen mehr seinen Verdrnss oder
seine Freude äussert, als genau erzählt. Ohne Auftrag von Senat
und Volk über die Grenzen der Provinz hinauszugehen und Krieg
zu führen war den Statthaltern in altern Gesetzen und dann auch
im cornelischen über Majestät und im julischen über Erpressungen
untersagt. '^) In dem Falle, um welchen es sich jetzt handelte,
bei der Herstellung des Ptolemäus Auletes kam überdiess ein
sibyllinischer Spruch und ein Senatsbeschluss in Betracht.")
IIU
49) Dio 39, CO. Cio. ad Ou. fr. 2, 13. Domit. Alien. No. 8. A. 38.
SO) ad Ou. fr. 1. c. u. 3,2 fin. Dio 1. c. 2. TIi. S. 189. 51) ad
yii fr. 3, 2. Dio 39, 60 meint, Pompejus niid Crassus Iial>en ihm i
vorigen Jahr als Consuln jene Kränkung zugefügt. 52) S. die Rede
für Rabirius Post. 53) in Pison. 21. 5*) Welchem freilich Tri-
büne sich widerseui liaHen. Seuatus auctoritos. ad Fain. 1,7, J 3.
% l'hil, 19. Corni-l. I.eiilul. \o. 21. (. 1.
XVU. GABIIXU. (5.) 55
Demnach klagte L. Lentiilus von einigten Anderen nntersfül/.t
C>abinlus als JlajestälsverbrecLer an.'') Das GericLt bildeten
der Prülor C. Alfius, ■VN'elcLer für nnbesleclilicL galt, nnd 70 Bei-
sitzer. ' *) Blan weiss nicht, an welchem Tage der Beklagte zu-
erst Tor ihm erschien, ") aber das \olk empfing ihn um die
achte römische Stunde mit Zeichen der Erbitterung, welche mehr
als einmal in Tliätlichkeiten libei-zugehen drohten , und wohl
grössteniheils durch seine Gegner veranlasst wurden. ") Cicero
trat als Zeuge gegen ihn auf; da er sich in dieser Zeit so oft
wegen seiner Blässignng und Vorsicht belobt nnd Gabinius keiue
Fragen an ihn richtete, wie es bei feindlichen Gesinnungen zu
geschehen pflegte, vielmehr verbindliche Worte zu ihm sprach,
so deutet diess auf ein sehr schonendes Verfahren. Ohne Zweifel
war er schon entschlossen, in einem andern Gerichte ihm Beistand
zu leisten. '^) Gabinius behauptete zu seiner Rechtfertigung, er
sei durch das Gesetz des Clodius vom J. 58 zu dem Feldzuge
nach Aegvpten ermächtigt,'^'') und habe ihn nicht für Geld,
sondern der Republik und des Ruhmes wegen unternommen, das
55) ad Qn. b. 3, 1. §. 7. 3, 4. ad Att. 4, 16 §. 5. Comel. Lentnl.
Ko. 37. 56) ad Qu. fr 3, 1. {. 9. 3, 3. {. 3. 3, 4. ad Att. 1. c.
57) Tunstall ep ad Middl p, 122 glaubt, am Tage nach seinem Einznge,
vfelclies falsch ist; aus Cic. ad Qn. fr 3, 1. §. 9: Gabinius a. d. IV Kai.
Octobr. noctn iu urbem introiTit, et hodie hora VIII, qaum edicto C. Ällii
de maieslate adesse operieret etc. folgt es nicht, da er nicht bemerkt,
wann dieser Theil seines Briefs geschrieben vrurde. Auch Alannt. denkt
im Commentar an den 29. September. 58) ad Oa. fr. 1, c. 3, 3. 3, 5.
5. 4. D:o 39, 62. 59) ad Qa. fr. 3, 4. f. 1. n. 3, 9. 60) p. Rabir.
Post. 7. 2. Th. S 261. A. 14. Blannt. zu Cic. 1. c. 3, p. 205 vermuthel,
irgend ein V. Tribun habe auf Cäsars und Pomppjns Betrieb ein Gesetz ge-
geben, vrorin die Herstellung des Auletes ihm zwar nicht aufgetragen, .iber
doch besclilossen sei, fügt aber selbst hinzu, dass niemand eines solchen
Gesetzes gedenke. Clodius gab seinem Freunde Syriam, Bahjlonem, Per-
sas — ad diripiendum. Regna orania Syrorum, Arabnm, Persarnmque.
p, dem. 23. 47. AegTpten wurde nicht genannt, weil Auletes noch nicht
verdrängt war, der Statthalter von Syrien erhielt aber die Befiigniss, jeden
Krieg zu führen, Imperium iafinitum. p. dorn. 9, 21. Menn Clodins nach-
träglich den Xamen jenes Landes eingeschoben hätte, wie Verfälschungen
der Art sehr oft vorkamen, de leg. 3, 20, so würde Cicero es bemerken,
nnd es geschah um so weniger, da et am Ende seines Tribnnats mit
Gabinius zeriicl.
•
50 XVn. GABIOTI. (5.)
Meer vor der Floffe cles ArcLelaus, vor Seeräubern za sicLern. *')
IVitr 38 gegen 32 Slimmen sprachen Um frei, unter dem Vor-
wande, dass die Werfe der Sibylle sicli auf eine andre Zeit und
einen andern König bezieLen. ^') Bald nacliher ■wurde ein Theil
von Rom und die Gegend an der appischen Strasse «berschwemmf,
eine Strafe der Götter für den nngerecLten Spruch, wie Cicero
seinem Bruder mit Versen des Homer schrieb. *^) Auch die
Richter, welche überstimmt waren, rächten sich ; sie verurüieiltea
eine Stunde später Antiochus Gabinius, einen Freigelassenen des
Beklagten, nach der lex Papia, weil er sich das Bürgerrecht
angemasst hatte. ^*)
Seinen ehemaligen Herrn retteten Ponipejus und sein Geld.
Jener war abwesend, weil er für die Zufuhr sorgen mnsste, * *)
aber er hatte schon vorher seine Massregeln genommen , sich
selbst mit Bitten an die Richter gewandt und vnrkte auch später
durch Freunde, Göttern und Menschen zum Trotz, ^*) und um
so mehr, da das Gerücht von seiner Dictatur sie unterstützte; *')
er allein war die Ursach, dass Cicero nicht Ankläger wurde.
Doch blieb auch Gabinius nicht unthätig; er sparte nicht, so
dass es zweifelhaft wird, ob er seiner Freigebigkeit oder dem
Einflüsse des Triumvir mehr verdankte; ein Prätorier unter den
Richtern , Domitius Calvinus , machte es sehr bemerklich, dass er
sein Wort lös'te, und ein Anderer, Cato, eilte sogleich nach der
Entscheidung zu Pompejus, ihm die Botschaft zu überbringen. ^ *)
Man vermulhete bei der Lauheit des Lentnlus und seiner Älit-
ankläger, dass auch sie nicht vergessen waren; der Process ver-
wandelte sich in ein Scheingefecht, ^8) und die Richter geriethen
durch die aufgeregte Bienge in Gefahr. '") Es freute Cicero,
61) p. Rab. Post. 7. 8. 62) Die 39, SS. 62. Cic. ad Au. 4, 16.
j. 5. ad Qu. fr. 3, 4. 7. 9. App. Syr. 120. 2, 441 Cn. liisst ihn Ter-
urtheilen, ■weil er diesen Process mit dem folgendeu yerwechselt ; der erste
inirde vor dem 2. NoTember entscliieden. od Att, 4 , 16. 5- 5 ; nnch ad
Qu. fr. 3, 3. {. 3, Sciemus de mniestate tridno, gicbt über den Tag keinen
Anfsclilnss. 63) nd <Jn. fr. 3, 7. Dio 39, 62 setzt die Flnth vor
O.ibimiis Rüi-kltchr aus Syrien. 64) ad Att. 4, 16. §. 5. 65) Uio
39, 62. 63. 2. Th. S. 307. 6C) ad Qu. fr. 3, 2. 3. 4. ad Att. I. c.
Uio 39, 53. 62. 67) ad Qn. fr. 3, 4. 68) üas. ad Att. 1. c.
69) ad Att. 4, 16. {.. S. ad Qu. fr. 3, 3. J. 3. 3, 4. 70) ad Qu. fr.
3, 4. l)io .■J9, 63.
XVn. GABINn. (5.) 57
dass er sicli nicLt als SacliAvalter eingemiscLt hatte, wie sehr auch
Pompejas in ihn drang'; ") er fürchtete, bei den Optimaten von
der senatorischen Partei, bei allen Feinden der Triumvirn an-
zustossen, nnd durch seine Hing-ebung an Gablnius, welcher seit
Jahren mit Abscheu von ihm genannt war, zugleich lächerlich zn wer-
den ; auch mochte er weder fiir einen solchen Clienten siegen, noch
seines eigenen Rufes wegen ohne Erfolg fiir Um auftreten. Sein
Haas trieb ihn zur Anklage, aber er beherrschte sich; er konnte
nicht auf die Richter rechnen, musste sogar erwarten, dass Viele
unter ihnen freisprachen, nm ihn zu kränken, und Pompejus
würde sich augenblicklich mit Clodius versöhnt und ihm offenen
Krieg erklärt haben; diess ist der wahre Grund. ") IVur von
fern wollte er zuschüren , und dann die Thaten der beiden Im-
peratoren besingen, wie der Eine, L. Piso, sein Heer verlor, und
der Andre es verkaufte.'^) Sein Bruder Quintus und Pansa
waren der Bleinnng, er habe die Bitte des Pompejus gewähren
müssen; Sallnstius behauptete, nur zwischen Anklage und Ver-
theidigung sei ihm die Wahl geblieben, eine seltsame Zumuthung,
sich entweder gefährliche Feindschaften zuzuziehen , oder sich
mit ewiger Schaude zu bedecken; '*) besser, dass er sich in der
Mitte hielt, nur als Zeuge sprach; Pompejus biUigfe sein Ver-
fahren Und es war seiner würdig. ' *) Bei deni klägUchen Zu-
stande der Republik, welche die alte Kraft und Farbe verliess,
tröstete ihn die Erinnerung an die Zeiten ihres Glanzes, in
weichen er das Ruder führte, die Wahrnehmung, dass die Opti-
maten, einst eifersüchtig, als er Etwas galt, jetzt einen tödllichen
Verdruss empfanden, da Einer Alles vermochte,'^) und die
Hoffnung, seinen Feind doch noch büssen za sehen. ' ^)
Denn gegen diesen waren bereits zwei andere Klagen an-
hängig gemacht, " *) Ehe er nach Rom kam, meldeten sich drei
Parteien, ihn wegen Erpressungen zu belangen, Tiberius Nero
mit guten Gehülfen , der V. Tribun C. Memmius mit Li. Capito
71) Adbnc nihil profecit, nee, si nllam partem libcrtatis tenebo, pro-
ficiet. ad (Ju. fr. 3,1. §. 6. Töif /lui /uroi. Das. 3, 9. Vgl. 3, 4.
72) ad <1h. fr. 3, 2. 73) Pas. n. 3, 1. §. 9. 74) nd Qu. fr, 3, 4.
§. I. 3, 5. f.. 4. 3, 9 in. S. iinleii A. 15. 75) Das. 11. cc 76) ad
Att. 4, IG. §. 5. 17) Das. u. aJ (,)u. fr. 3. 4. 78) Dos. 11. re.
58 XVII. GABIOTI. (5.)
und C. Antonius mit seinem jungem Bnider Lnciiis. '' ^) Dnrcb
die KrankLeit des Prätor M. Cato wurde derProcess verzög'ert. *")
Am 10. October, eLe noch bestimmt war, wer anklagen sollte,
sprach SIemmius vor dem Volke mit so grosser Heftigkeit gegen
Gabinius , dass der Prätorier M. C'alidius kein Wort zu dessen
Rechtfertigung vorbringen konnte; endlich warf sich Sisenoa, der
Sohn des Consulars, vor Äleramius nieder, und dieser Hess ihn
liegen, bis der Tribun Lalius im Unwillen über eine solche
Härte und mit allgemeiner Billigung- Gabinius aus der Versamm-.
lang entfernte. *') Meuimius erreichte seine Absicht; die Frage
in Betreff der Ankläger wurde am folgenden Tage vor BI. Cato,
welcher die Bestrafung des Gabinius wünschte, zu seinen Gunsten
entschieden.'') Von den Antoniern, deren Bruder mit jenem
in Syrien gewesen war, durfte man wenig erwarten. Die
Richter zeigten Ernst, und wohl nicht Alle nur aus Scheu A'or
. dem Volke, oder weil der Consular in der Holfnung, sie werden
ihn nicht verurtheilen , wenn die Hauptklage einen guten Ans-
gaiig nehme, nicht freigebig gewesen war. ' ^) Unter den Zeugen
w^urden die alexandrinischen fast bei jedem dritten Worte auf-
gerufen; aber als Abgeordnete des Auletes sprachen sie zum
Vortheile seines Beschützers und läugneten, dass er Geld er-
halten habe, obgleich sie bald nachher im Processe des Rabirius
das Gegentheil aussagten.'^) Auch Pompejus wurde vernommen
und das Gericht zu dem Ende ausserhalb der Thore gehalten, da
er als Proconsul von Spanien nicht in der Stadt erscheinen
durfte. Er bewies aus den eigenen Briefen des Königs, welche
er vorlegte, dass Gabinius nur die Rriegskosten ersetzt seien,
79) ad Qn. fr. 3, 1. §. 6. 3, 2. 1. Th. S. 523. No. 29. 80) ad
9n. fr. 3, 1. 5. 6. ad Att 4, 16. §. 4. 81) ad Qu. fr. 3, 2. Val. M.
8, 1. §. 3. ITeber Calidius s. Cic. Brnt. 79. 80. p. red. in sen. 9. Qiiintil.
10, 1. 5. 23. Spald. Diess war keia Volksgericht — die Untersuchung
TOr dem Prätor folgte — und betraf kein einzelnes Verbrechen, etwa die
Majpsliit oder die Erpressungen, wie Manulins zu Cic. ad <}a, fr. 1. c.
n. Tunstall ep. ad Middl. p. 122 annehmen, sondern Memmius wollte Auf-
sebn errogcn, damit er seinen Nebenbuhlern vorgezogen wurde, die Menge
gegen den Manu erbittern, welclien er vor Gericht anzugreifen gedachte,
und dadni'cli die Richter einschüchtern. II) ad <J"- fr- '. c. u. hier
.lie ST. A. 12) Dio 39, (i3. 13) p. Uabir. Post. 11 — 13.
XVII. CIBINÜ. (5.) 59
dass man iLn demnacb •\vejen unrechtmässig erworbenen GelJes
nicht in Anspruch nehmen könne, und mit einem EmpfelJuugs-
Schreiben Cäsars, dass auch dieser ihn fiir unschuldig- halte; die
Bichter ■wussten nun, was die Triumvirn Terlang-ten, und die
Herablassung' des Geweiltigen, die Bitten, mit welchen seine
lange Rede sich endigte, konnten kaum ohne Wirkung bleiben. ")
Doch das Schwierigste war Cicero vorbehalten. Durch keinen
Andern war man so oft über Gabinius Verbrechen belehrt, kein
Anderer Latte eine so grosse Ungeduld verrathen , ihn bestraft
zu sehen, und jetzt sollte er ihn der Strafe entziehen. ' ^) Er
unternahm es, aus Blenschenfreundlichkeit, meint Valerius Maxi-
mus;'*) sein versöhnliches Gemüth, die Aufrichtigkeit seiner
Gesinnungen nach der Versöhnung zu zeigen , da keine Feind-
schaft ewig dauern müsse, sagt er selbst; ' ') wider seinen Willen,
weil Pompejus sich nicht mehr abfinden liess, behauptete Bleni-
mius. ' ^) Wie fern die Art seiner Vertheidigung dazu beitrug, dass
Gabinius, dessen Schuld er bald nachher in der Rede fiir Ra-
birius mit einigen geschickten Wendungen zugab, ") verurtheilt
wurde, ist unbekannt, diess aber war der Erfolg. Der Consular
gieng ins Exil,^") und seine Güter wurden eingezogen, weil
er die Summe, mit welcher er dem Gesetze verfallen war, nicht
erstatten konnte. ^ ') Damit endigte sich nun auch der Process
über Amtserschleichung, in welchem P. Sulla und dessen Ge-
hiilfeu C'aecilius und Älemmins die Ankläger Svaren, da L. Tor-
quatus, Sullas Privatfeind, welcher dieselbe Absicht hatte, nicht
durchdrang. ^ *)
§• 4.
Im J. 49 rief Cäsar nach seinem Feldzuge gegen die Legaten
des Pompejus in Spanien die Verbannten zurück. Auch Gabinius
14) p. Rahir, Post. 12. Dio 1. c. n. c. 5S fin. 15) S. obeo A. 71
n. 74. 16) 4, 2. §. 4. 17) p. Rabir. Post. 7, 12 und das Bruch-
stück seiner Rede bei Hieronym. adv. Rnfin. T. 4. p. 351. Paris. 18) p.
Rabir. Post. 12. Dio 39, 63. QuintU. 11, 1. §. 73. Spald. 19) 7. S.
13 n. s. Dio 46, 8. 20) p. Rabir. Post. 4. 7. Dio 39, 55. 63. 46, 8.
App. Syr. 120. B. C. 2, 441 fiii. Oben A. 62. 21) p. Rabir. Posl
4. 13. 22) ad Alt. 4, 16. J. 6. ad ^u. fr. 3, 3. §. 3. Cornelii bull
i\o. 23.
60 XVII. GABINII, (5.)
kam wieder nacL Rom, und wurde dadurcL Aem Dicfator gewon-
nen. ^^) Er überlebte aber seine Herstellung nur kurze Zeit.
Gegen Pompejus focht er nicht unmittelbar, weil er es wegen
seiner früheren Verhältnisse nicht wünschte, oder weil er sich
zuvor bewähren sollte. Erst nach der Schlacht bei Pharsalus
wurde er mit den neu errichteten Legionen aus Italien nach
Illyrien beschieden, um Q. Cornificius zu verstärken, und wenn
die Provinz gegen die feindliche Macht unter M. Octavius ge-
sichert sein würde, bis Macedonieu vorzugehen. Es war schon
spät im Jahre, als er aufbrach, und sein Unternehmen wurde
dadurch noch schwieriger, dass er sich aus Furcht vor der Flotte
der Pompejaner nicht einschiffen mochte. Auf dem Landwege
kämpfte er mit Mangel und Kälte, die Dalmatier empfiengen ihn
als Feinde , und er musste im Winter ihre Burgen und Städte
angreifen, um sich Ruhe und Unterhalt zu verschaffen. Die
Barbaren drängten ihn gegeft Salonä, und tödteten ihm, ehe er
es erreichte, mehr als 2000 Mann; mit den Uebrigen warf er
sich in die Stadt, wo er Octavius muthig widerstand, aber schon
nacli einigen Monaten im J. 48 oder im Anfange des folgenden
an einer Krankheit starb. ^')
Ehe er Cicero beleidigte, war er ein braver Mann, welcher
sich als V. Tribun grosse Verdienste um den Staat erwarb. ^ ')
Als jener unter seinem Consulat und unter seiner Mitwirkung
verbannt wurde, verwandelte er sicli in ein Ungeheuer.'®)
Pouipejus gebot Frieden; ohne Zweifel liess Cicero seinen neuen
Fi-eund in der Verlheidigungs-Rcde in einem verdächtigen Hell-
duukel erscheinen, worin man die Flecken sah und die langsam
und spärlich verhüllende Hand, wie er in der Rede für Rabirius
geschont wurde, weil doch nun einmal eine Versöhnung Statt
gefunden hatte, und er nach seiner Verurtheilung- nur noch Mit-
4eidea erregte. ") Die Welt wusste schon genug; Cicero hatte
23) Dio 39, 63 fia. Caes. Dict. a. 49. 24) B. Alex. 42. 43. od
Au. 11, 16. App. lUyr. p. 762 u. 766. (c. 12 n. 27.) B. C. 2, 46*, ii.
Ilio 42, 1 1 setzen seinen Zug nach Illj^rien irrig früher als die pliarsalische
Sclilaclit. Cornilic. No. 3. 25) p. Maiiil. 17. 18. p. Coriicl. p. 71.
OrpU. Oben §. 1. A. 90. 26) IIoiiio posl liominos n.ilos tiiipissimus,
sccleratissiinus, coiilaiuioatiäsiiuu^. x>. doui. 9. p. Scxt. 24. Uio (t6, G.
27) p. Rübir. Tos«. 7.
XVn. G.\BL\n. (5.) (Jl
ihr mis dem Scliatze seiner Stadt - und Familien - GescLicLten
reicLlIcL gespendet. Es \var ihr nicht mehr unbekannt, dass
Gabinius schon in zarter Jug-end Anfechtung'en unterlag', '*) dass
auch später schnöde Lust ihn missbrauchte , ' *) und Catilina ihm
seine Liebe zuwandte und mit ihm in der Ehe lebte. ^ ") Doch
suchte er im reifern Alter auch andere Freuden. Er buhlte mit
Dirnen und Frauen, und trieb bald ans JVolh in seinem Hauso
das Kupplerg-eschäft. ") Dahin führte „den keuschen Älann" ")
seine Verschwendung'. Schwelgerische Gast- und Trinkgelage
machten ihn arm und zu nützlichen Dingen ungeschickt; dena
selten war er nüchtern und immer verrieth der Weiudunst seine
Nähe.'') Seit er wider Erwarten durch Pompejus zu hohen
AYürden g-elangte, '*) erbaute er sich ein prachtvolles, Hinimel-
anstrebendes Landhaus zu Tusculum, gegen welches die Villa
de^ L. Lucullus, die ihm einst Gelegenheit gab, diesen trefflichen
Bürger wegen seiner Ueppigkeit zu tadeln, nnr eine Bauernhütte
war; ") auch lag es sehr bequem neben Ciceros Gute, dessen
Hausgeräth, Rimstwerke und Bänmc ohne grosse Mühe zu dem
Nachbar hinüber gebracht M'erden konnten , als C'lodius die Ge-
bäude zerstörte. ' ^) Seine Kräfte waren für einen solchen Auf-
wand zu gering; die Gläubiger wurden ihm oft gefähi-lich; als
man aber meinte, er werde zu den Seeräubern übergehen, gab
er für gute Zahlung ein Gesetz gegen sie, und half sich dadurch
wieder auf; ") zu einer andern Zeit kaufte er von Clodius eine
Prorinz, wo er dann vermöge dieses Vertrags Alles für sein
Eigenlhum erklärte. '') Wie seine Habe, so verbesserte er
auch seine Gestalt; seine künstlich gekräuselten Haare dufteten
von Salben,") und die Wangen waren geschminkt.*") So
28) p. Sexf. 8: Despiciens — reteres vexatores aetatnlae snae. p. red.
In Sea. 5. p. dorn. 48. 29) p. red. 1. c. : <Jui ne a sanclissima quidem
parte corporis potiiisset hominum inipnrai]! intemperantiaiu propnlsarf»,
.S. ■\VoIf das. p. dorn. 9. Homo coiilaiuliiatissiinns. 30) p. red. ia Sen.
4. 5: Eius vir Catilina. p. dorn. 24. 2. Th. S. 276. A. 14. 31) p.
red. in Sen. S. "6. p. Sexf. 8. 9. 32) p. Sext. 43. 33) p. red. in
Sca, 5. 6. 7. p. dorn. 47. p. .Sext. 9. 25. in I>is. 9. de pror. cons. 5.
34) p. Sext. 9. 33) Das. 43. p. dorn. 47 fin. in Pison. 21. 36) p.
red. in Sen. 7 ßn. p. dorn. 24. 2. Th. S. 269. A. 67. 37) p. red. in
Sen. 5. p. dorn. 48. 38) p. Sext. 43. de prov. cons. 4. 5. 39) p.
red. in Sen. 5. 6. 7. p. Sext, 8. in I'ison. 11. 40j in fison, 1. c.
(i2 XVII, GABINII. (6.)
geziemte es sich für den Alaiin, •welclier aller Sitte und Scliick-
licLkeit zum Trotz*') in der Tanzkunst die MeisterscLaft er-
rungen Latte, '^) und dessen Haus von Gesang und Cymbelspiel
■wiederlialJte. ") Die Gunst des Poinpejus erhob ilin bis zum
Consulat, aber mit seiner Engherzigkeit, mit einer gemeinen,
niedrigen Gesinnung, mit einer schmutzigen Habsucht wurde er
durch den Glanz des höchsten Ehrenamtes geblendet, und be-
trachtete es nur als ein Mittel, einen Handel über eine reiche
Provinz zu schliessen und sich dadurch seiner Schulden zu ent-
ledigen. **) — Auch hier gilt, was über die Schilderung des
L. Piso in Ciceros Schriften bemerkt ist, *')
6. Lollia. Gemahlinn des Vorigen. * ^) Walirscheinlich die
Tochter des M. Lollius Palicanus, VFelcher a. 72 V. Tribun war,
und die Ton Sulla beschränkten Rechte der Tribüne herzustellen
suchte. *') Er bewarb sich a. 67 um das Consulat, aber ohne
Erfolg, da der C'onsul C. Piso sich weigerte, seine Wahl bekannt
zu machen,**) und wird fast immer mit Verachtung als ein
Unruhstifter genannt,*') Seine Tochter beschuldigte- man eines
strafbaren Umgangs mit Cäsar, '")
7. A^ Gabinius Sisenna, Sohn von No, 5 und 6. ") Die
Alten geben ihm nur den Zunamen, welcher sich auch im cor-
nellscheri'^) und statilisthen Geschlechte findet,") Er begleitete
Gabinius a. 57 nach Syrien, und blieb hier mit einigen Truppen,
während jener a. 55 Ptolemäus Auletes nach Aegypten führte. '*)
41) p. Muren. 6. Macrob. Sat. 2, 10 fin. 42) p. red, in Sen. 6,
p. dorn. 23. in Pison. 8. 10. Macrob. I.e. Coelii No. 5. §. 4 in. 43) in
rison. 9. 10. 44) p. red. in Sen. 4, 4S) 2. Th. S. 79 n. oben
j. 2. A. 41, 46) Suet. Caes. 50. 47) Ascon. in Cic. div. in
Caeoil. 3. Vgl. Ascon. in Verr. A. 1, IS. lib. 1, 47. Cic. in Verr, 2, 41.
48) 2. Th. S. 94. A. 33. 49) Cic. ad An 1, 1 (10). Val. Max 8,3.
'.. 3. 50) .Snet. 1. c. 51) Val. M. 8, 1. §. 3. Dio 39, 56. Vgl.
Joseph. A. J. 14, 6 (11). 5. 1. Ilegesipp. 1, 20. 52) L. Cornelius
Sisenna, älter als Horlensiiis, Verfasser einer Geschichte des niarsischeu
nnd des ersten Bürgerkrieges, meistens auch nur Sisenna genannt. Cic. de
leg. 1, 2. Brut. 64. Sallust. B. J. I, 95. Vellej. 2, 9. §. 5. Ascon. in
Cornel, p. 73. Orell. Bei Fest. v. Scrup, : Coniel. Sisenna. Kin Coriiel.
Sisenna war Legat des Poinpejus im Kriege mit den Seeräubern nnd starb
um 67 V. Chr. in Creta. Dio 36, 1. 2. 2, Tb. S, 53. A. 53. 53) Tacit.
A. 2, 1, 54) Dio 1. c.
XVII. GABINIl. (8.) iß|{
Im foIg;eii<len Jalire sncLte er C. IMemiiiiiis, Jen Ankläger seines
Vaters, zu besänftigen, und wurde iinfreundJich zorückgewiesen. * *)
8. P. Gabinius Capifo. Prätor a. 89. ' *) Dann Proprätor
In AcLaja. * ') Nach seiner KiickkeLr wurde er von L. Piso,
welchen die AcLäer zu ihrem Patron wählten, wegen Erpres-
sungen belangt und venirlheilt. '*) Lactanlius nennt ihn nach
Varro unter den drei Gesandten , welche a, 76 nach Erythrä
giengen, sibylliiüsche Sprüche zu sammeln. '')
9. P. Gabiuius Capito, bei Cicero mit dem Beinamen Cim-
ber, ^'*) nach dem Zeitverhältnisse ein Sohn des Vorigen. Unter
Catilinas Genossen einer der thälig-slen. Er und M. Coeparius
gewannen ihm Vulturcius. * ') Nach der Verhaftung der allo-
brogischen Gesandten läugnete er anfangs gegen Cicero, welcher
ihn zu sich fordern liess, mit vieler Keckheit, dass er mit ihnen
unterhandelt habe.*') Er wurde M. Crassus zur Haft übergeben
und hingerichtet.*')
55) Oben Ko. 5. {. 3. A. 81. 56) Cic. p. Arcli. 5. 57) Vmn.
ia Caecil. 20. 58) Cic. U. cc. 2. Th. S. 83. No. 18. 59) 1 , 6.
Bei dem Brande im Capitol a. 83 yraren die sibj-lliniscfaen Bücher rer-
nichtet. Dionys. Hai. 4, 62. Cornel. Sna No. 8. §. 8. A. 89. 60) SaUusf.
B. C. 17. Cort. Cic. in CatU. 3, 3, 61) Sallnst. I. c. 47. Cic, 1. c.
62) Cic. in Catil. 3, 3. 5. 6. 4, 6. SaUatt. 40. 44. 63) SaUnst. 47.
55 fia, S. Cornel. Lentnl. No. 18.
6^ XVm. GELLII. (1.)
X\in. GELLII.
1. Cn. Gelluis.
c. ISOc. t'Ar. — 604«.«.
2. L. (iLlliii!, I'i.plicuia. 4. C.'lliiis Popürola. 5, Cellb
Cos. :j — HSi. ji.Cioiiiiüuc.
3. L. tVfIliuR l*oplicula.
t'os.Sü — TIS.
XYin. Gellli.
>
Vom Rittersfande. ^'') Der Name finJef sich in Samnium
Beton cim Ende des di-ilten JaLrLunderts y. CLr. ^*)
1. Cn. GelHns, mn 150 v. Ctr. Der ältere M. Cato Tcr-
dieidigte gegen ihn L. Turins. * ^)
2. L. GelUus Poplicola. L. F. *^) Man unterscheidet
ihn mit Unrecht als einen jungem yon dem Contnbernal des
C. Carbo; (Cos. 120) denn Cicero nennt denselben, welchen er
anf jene Art bezeichnet, seinen Freund, und diesen Proconsnl
in Griechenland; es erhellt nur daraus, dass er sehr alt wurde,
da er Ciceros Exil überlebte. ^*) Seine curulische Aedilität,
deren Jahr unbekannt ist, bezeugen die Bliinzen. *') Nach der
Prätur verwaltete er Griechenland mit dem Titel eines Pro-
cousuls, und trug spottend in Athen den streitsüchtigen Philo-
sophen seine Vermittlung an. ' ") In Rom vertrat er a. 74
M. Octavius Ligur, den Erben des Sulpicius, gegen die Tochter
des Mannes, welcher der Patron des Verstorbenen gewesen war,
als sie den sechsten Theil des Vermögens forderte und vom
64) Cic. p. Sext. 51. 65) Lit. 10, 18. Bei Dionjs. U, ^erdpn
nach einer nnrichti'gen Lesart zwei TOrnehine Jünglinge znr Zeit des
Tarqnin. Snp. Celli genannt, (S, 6.) bei Liy. 2, 4. Vilellü. Ueber den
Annalisten Cn. Gellius, dessen vreitschweifiges AVerk Dionys. (2, 31. 72.
76 u, s. ), Livins aber nicht benntzt bat, s. Voss, de bist. lat. I, S ii.
Lncbmann de fonl. Uist. Liv. I. p, 45. 66) Cell. 14, 2. Meyer
Orat. R. fr. p. 81. 67) VaiU. CeU. No. 1. 68) Brut. 27. p.
CInent. 42. de leg. 1, 20, Unten A, 82. 69) VaiU. I. c. 70) Cic.
de leg, L c
XVin. GELLH. (2.) C5
Piälor Verres ans Eig;ennutz dadurch begünstigt wurde , dass er
seinem Edict' in Beziehung' auf die Erbschaft eine i-ückwirkende
Kraft gab. ' ') Er focht a. 72 als Consul mit seinein Collegen
Cu. Lentulus Clodianus ' ^) gegen Spartacns. Die Nachrichten
von ihren Unternehmungen slimraeu nicht TÖLig' iiberein , doch
sieht man, dass Gellius den Prätor Q, Arrius schon an sich ge-
zogen hatte, als Crixiis, ein Anführer der Gladiatoren, sich iui
Debermuthe Ton Spartacns trennte, und nun am Berge Garganus
in Apullen gegen jene Schlacht und Leben verlor.'^) Nun
wandten sich beide Consuln g'egen Spartacns, welcher über die
Alpen nach Gallien zu entkommen hoifte; Lentulus verlegte ihin
den Weg und Gellios folgte; er aber griff sie einzeln an, und
schlug zuerst jenen in den Apenninen, und dann auch Gellius
mit dem Prätor Arrius, und brachte 300 römische Gefangene
Crixns zum Sühnopfer. Auch verbrannte er alles überflüssige
Gepäck , nm sich schneller zu bewegen. Im Picenischen traf er
auf die beiden Consuln und erhielt einen neuen Sieg. Alle An-
streng'nngen gegen ihn waren vergeblich, bis M. Crassus im
Felde erschien,'*) Pompejus beendigte um diese Zeit den Ri-ieg
mit Sertorius in Spanien, wo er Blehrern das Bürgerrecht ver-
lieh. Diess wurde in einem Gesetze, welches die Consuln vor-
schlugen, genehmigt. Ihr Antrag, dass in den Provinzen keine
peinliche Anklage gegen Abwesende Statt linden sollte, war da-
gegen auf Verres in Sicilien berechnet , und bei Gellius oline
Zweifel eine Nachwirkung des alten Hasses.'^) Jener ver-
%valtete a. 70 mit demselben Lentulus die Censur. ' ^) BeL dem
Lustrum erschien auch Pompejus, unter dessen Oberbefehle er
a. 67 nnd 66 im Kriege mit den Seeräubern als Legat das
tnscische Meer bewachte. ") Während der sogenannten erslen
71) Cic. Ven-. Üb. 1 , 48. 72) S. die Stellen in Cornel. Lentnl.
No. 26 a, VaL M. 5, 9. §. 1. 73) Liv. 96 erwähnt nur Arrius. l'lul.
Crass. 9 n, App. 1 , 424 schreiben das Verdienst Einem der Consuln zu,
%yelchen Gros. 6, 24 Gellini nennt. Mit diesem stellt Livius selbst im
Folgenden Arrios zusammen. S. Licinü Crassi Mo. 37. §. 1. A. 8d, '»o
die Geschichte dieses Kriegs erzählt ist. 74) Liy. , Gros. , App. 11. cc.
Flor. 3, 20. J. 10. Entrop. 6, 7 (6). 76) Cornel. Lenl. IVo. 26. Cornel.
Ba:b. IVo. I. 76) Cornel. Lent. 1. c. 77) Afp. Mithr. 236. Clor.
3, 6. f. 8. Vgl. Cic. p. red. ad 9uir. 7.
Drumann . Geschieht« Koma IIL /i
66 XVin. CELLn. (3.)
ca(ilinariscLen VergcLwörung entdeckte er, dass man seine Flolte
zu gewinnen suchte, und gerietL dabei persönlich in Gefahr, doch
wurde die Meuterei unterdrückt.") Da er selbst solche Er-
fahrungen gemacht hatte, so schienen ihm a. 63 Ciceros Ver-
dienste um so grösser zu sein, fiir welchen er im Senat eine
Biirgerkrone forderte. ' ^) Aber auch sein Eifer für die Partei
der Optimaten hatte Antheil daran. In ihrem Interesse sprach
er a. 59 im hohen Alter gegen Cäsars Ackergesetz, '") und
zwei Jahre später für Ciceros Herstellung ans dem Exil, da der
Staat durch ihn gerettet sei. *') Er lebte noch, als jener a. 55
die Rede gegen L. Piso hielt, starb aber bald nachher. ^^J* Neben
den grossen Meistern seiner Zeit konnte er als Bedner iiicht
glänzen, obgleich es ihm weder an Anlage noch an Uebung
fehlte. *^) Er war zweimal verheirathet. *')
3. L. Gellius Poplicola. L. F. L. N. Sohn des Vorigen
ans dessen erster Ehe. Man beschuldigte ihn, dass er seine
Stiefmutter geschändet habe nnd seinen Vater tödten wolle,
welcher ihm erlaubte, sich vor einer grossen Anzahl Senatoren
zH vertheidigen , nnd nach deren Gutacliten ihn freisprach.*')
Nach Cäsars Ermordung war er a. 43 mit M. Brutus in Mace-
donien. * ^) Er gieug mit ihm nach Asien, und stellte ihm nach,
wurde aber aus Rücksicht auf M. Messala, einen treuen An-
Länger des Cassius, seinen Bruder, begnadigt.*') Auch als er
nun eine Meuterei gegen Cassius stiftete, blieb er auf Verwen-
dung seiner Mutter PoUa, welche selbst Anzeige machte, «n-
78) Cic. 1. c. wo sich in der Sache keine Schwierigkei« findet. S. 2. Th.
S. 89. A. 90. 79) in Pison. 3. GeU. 5, 6. 80) Tlnt. Cic. 26.
81) p. red. ad Qnir. 7. 82) in Pis. 3. de leg. 1, 20. Brot. 47: IIa
din vixit, nt mnltarnm aetatnm oratoribns impUcaretnr , mnltnm etiam in
causis Tersnietnr, 83) Cic. Brnl. 1. c. 84) Val. M. 5, 9. §.1
a. unten A. 87. 85) Val. M. 5, 9. §. 1. 86) Folgüch nicht in
Gallien; ad Fam. 10, 17 ist die Lesart L. Gellins unrichtig wie die ganze
Stelle Terfälscht. 87) Dio 47, 24. Es scheint, dass PoUa, seine Mnl-
ter, (Dio 1. c.) TOn seinem Vater geschieden wurde, nnd M. Valerius Mes-
sala Iicirathcle. Pigh. 3, 307 \ermnlhet, er sei Ton einem Messiila adoptjrl,
und halte dadurch den Beinamen Poplicola erhallen ; diess wird aber durch
seine anderen Namen nicht angedeutet , wogegen für jenes spricht , dass
auchPolla mit dem Jüngern Messala bei Cassius war; nnd schon sein väter-
licher Oheim wird al$ Poplicola bezeichnet, Unten Mo. 4 in.
XVni. GELLD. (4.) 67
bestraft."") Diircb ein VerbrecLen, gcLeint es, vfollte er sich
die Gunst der Triiimrirn Antonius nnd Octavian er\>'erben, an
^reiche er sich nun anschloss, nnd In deren Dienste er als
puäslor Proprätore Geld schlafen lies». *') Sein Abfall TerLaif
ihm a. 36 zum Consnlat. ^°) Im neuen Bürgerkriege folgte er
Antonins nnd befeliligfe a. 31 bei Aclinm, wo er wahrscheinlich
getödtet WTirde, den rechten Flügel seiner Flotte. ")
4. Gellius PopUcola. 9^) L. F. Bruder von No. 2. Sein
Vorname ist unbekannt. Stiefsohn des L. Mairclns Philippus.
(Cos. 91.) 9') Ein Schwelger und den schändlichsten Lüsten
ergeben, wenn Cicero eis sein Feind nfcht erdichtet oder über-
treibt. 9 ♦) Bei dieser Lebensweise war sein Vermögen bald
erschöpft, nnd er wandte sich zur Philosophie. Doch musste er
seine Bücher für Wein verpfänden, und er zog es nun vor, sich
seinem Namen gemäss nm die Volksgnnst zu bewerben; er hei-
rathete eine Freigelassene und wurde Clodins Freund, denn ohne
Raab und Zerstörung gab es für Ihn kein Heil. 9^) Man sah
ihn mit FirmIdius, Titius, Sergios, LoUios and anderen Un-
sinnigen a. 58 In der Rotte, welche Clodins als Volksversamm-
lung über Cicero stimmen liess,^'') nnd nach dessen Flucht bei
den Freiidengelagen, wo jener jedoch dadurch an seinen Feinden
gerächt wurde, dass Gellias sie mit seinem entweihten Munde
küsste. 9') Postumus, der Sohn seiner Schwester, ernannte ihn
nicht zum Vormunde seiner Kinder, 9') auch alle anderen Bluls-
freunde zogen sich von ihm zurück ; um so mehr war er auf
Clodins angevfiesen , welchen er anch nach Ciceros Herstellung
nicht verliess, „als ausser ihm ond den Sclaren fast nur noch
der Leichenbesorger Deciraiis ihm aohieng". **)
5. Gelliai Schwester von No. 2 imd 4. Cicero erwähnt
ihren Soho nur unter dem Namen Postumus. '°°)
I 88) Di« l. c. 89) tJrsin. p. 106. No. 2. Vaill. Anlon, No. 18.
I 54. OeU. No. 4. Eckh. 5. p. 223. 90) Dio 48, 54. 49, 24. 91) 1. Th.
j: S. 480. A. 20. VaUL Anton. No. 54. 92) Cicero spielt auf diesen
{ Namen an: populo R. dedittis. Plebi coIa. p, Sext. 51. 52. 9^) p.
( Sext. 51. 94) Das. 52. Catnll, 80. 95) p. Sext. 1. c. inVatin. 2.
96) p. Sext. 1. c. p. dorn. 9. de liar. r. 27. 97) Oben A. 94. 98) p.
Sext. 52. 99) ad Att. 4, 3. 100) p. Sext. I. c.
68 XIX. IIIRTII. (1.)
XIX. HIRTII.
1. Hirtiiis.
c.ssc. CAr. — 66Go.?i.
± A. Hirtius. 3. Hirtia.
Cos. 43 — 711.
XIX. Hirtii.
Plebejisch und von dunkler Abkunft. ')
1. Hirtius. Er wird als Sullas Legat im mitliridatisclien
Kriege in den NacLrichten von der ScklacLt bei CLä'ronea er-
wähnt. ^)
2. Auhis Hirtius.
§ I.
Der Vater seines nachmaligen Collegen im Consulat C. Pansa,
nicht der seinige, wtirde von Sulla geächtet. *) Daher wandte
er sich nicht aus Rachgier zn der Volkspartei , sondern es folgte
von selbst aus seiner Verbindung mit Cäsar, welchem er sein
Glück verdankte. ') Er begleitete ihn a. 68 als Legat nach
Gallien, und suchte auch hier frohen Lebensgenuss , weshalb
Q. Cicero ihn mit gewohnter Bitterkeit tadelt. ^) Seine Heiter-
keit, Bildung und aufrichtige Hingebung erwarben ihm dagegen
die Zuneigung und das Vertrauen des Feldherrn, und er vergalt
ihm durch wesentliche Dienste, weniger in den Lagern als in
Rom. Man kannte diese Verhältnisse; es erregte Aufsehn, als
er im Deccmber 50 in der Hauptstadt erschien, nnd nach einer
Unterredung mit L, Baibus sich schnell wieder entfernte. *)
1) Cic. 13. Phil. 11. Dadnrcli wird Ursin. Hirt. p. 108 widerlcgf,
welcher es für nogewiss hält, ob dieses Geschlecht nicht Tielmchr patri-
cisch war. Ueber das angebliche V, Tribnnat des A. Hirtius s. unten iVo. 2.
$. 1. A. 2) Plnt. SuU. 16. 18 nennt ihn Ericins. Cornel. Snll. Mo. 8.
§. 6 in. 3) Die 4j, 17 spricht von jenem, nnd isl von Mannt, xn Cic.
ad Fnm. 6, 12 nnd von Gland. Hirt. missYerstaudeu, 4) 13 Phil, 11.
S) ad Fam. IC, 27. 6) ad Au. 7, 4,
XIX. HIRTII. (2.) 69
ßald (lilirte iLu der Bürgerkrieg' zurück, und er blieb in Rom,
^vaLreud Cäsar a. 49 g'eg'en die Pompejaner in Spanien focLf;
bei der grossen GäLrung in den Gemütliem als Folge einer
allgemeinea Umwälzung; bedurfte dieser treue Beobachter and
Vermittler wie Baibus, Oppius und Hirtius. Die Gegner LassteD
in ilim den Cäsarianer, oder sie beneideten ihn um seine Sicher-
keit und seineu Eiufluss, und glaubten mit Unrecht, dass er ihnen
durch geheime Ränke schaden werde; auch Cicero fürchtete, als
sein Neffe Quintus, dessen Gesinnungen gegen die Seinigen ihm
verdächtig geworden waren, sich mit dem Günstlinge des Herr-
schers besprochen hatte. ') Dieser war weder jetzt mit BI. An-
tonius noch im nächsten Jahre V. Tribun ; das Gesetz gegen die
Pompejaner, welches er aageblich als solcher bestätigen liess, *)
beantragte er vielmehr als Prätor.
Er reis'te a. 47 iiach dem alexandrinischen Kriege zu Cäsai-,
und sah ihn im Juli nach dem unberichtigten Kalender zu An-
tiochien, wo er für Q. Cicero mit dessen Sohne ein Fürwort
einlegte, und auch in dieser Hinsicht günstiges Gehör fand. ')
Im folgenden Jahre war er Prälor. ' ") Er wohnte mit „den
Uebrigen " " ) den Spielen in Präneste bei, und wird Ton Cicero
vorzugsweise genannt, weil die Freuden der Tafel, welchen mau
7) ad Att. 10, 4. 8) Pigh. 3, 437. 447. Unten A. 14. 9) ad
Au. 11, 20. 10) Ursin. p. 108. VaiU. Hirt. jVo. 1. MoreU. Thes.
T. 2. tab. 3. No. 6. Eckh. 5. p. 224 TgL 169 erklärt Pr. auf diesen
Münzen durcli praefcctns (nrbanns), nnd hält Hirtins für einen der 8 oder
6 Prafecten , "welche CSsar Tor dem Feldznge gegen die Sühne des Pom-
pejns in Spanien mit Lepidus in Rom zurückgelassen habe. Die 43, 28.
Diese Tnirden aber erst am Ende des J. 46 ernannt, und Hirtius Tvar nach
den Münzen Pr. nnter Cäsars drittem Consulat, {olglich a. 46, Tromit nicht
gelängnet Tvird , dass er als Vertrauter dann auch Stadtpräfect Tfurde.
Dazn kommt das bestimmte Zengniss des Dio, (42, 51. Vgl. Suet. Caes. 41.
Pompon. de or. inr. wo die Zahl falsch angegeben ist nnd Cornel. SuU.
No. 8. §. 12. A. 97) dass für das J. 46 Frätoren und zwar zum ersten
Male zehn ernannt seien. Snet. Caes. 76 sagt nur, in seinem dritten und
Tierlen Consulat , also a. 46 n. 45 habe der Dictator keine Comitien ge-
halten, ansser zur Ayahl der Tribüne und AedUen, und Präfeclen stall der
Pr.^toren eingesetzt; wenn auch diese Nachrirht für gegrüudet gelten
könnte, so ist doch damit die AViibl der Präloren iiu J. 47 für das fol-
gende nicht ausgeschlossen , wrie Pigh, 3, 452 auDiuuul, lulii 31. (. 62.
A. 76. II) Den Freunden Cäsais.
fO XIX. HIRTn. (2.)
sich Lier acLt Tage Jiberliess, ■wäLrend Cäsar in Africa kämpfte,
besondern WertL für ihn Latten. ' ^) Man durfte indess nicLt
Loffen, von diesen Leuten befreit zu werden, und 'wnsste nicht,
was Ton dem Sieger nach seiner Rückkehr zu erwarten sei ; eine
Fürsprache bei ihm schien wünschenswerth , daher fügte sich
Cicero dem Verlangen des Hirtius und Dolabella, und übte sie
im Tusculanum in der Redekunst, wogegen sie ihn in der Knngt
gut zu essen unterwiesen; mit Seufzen sah er sich vom Redner
zum Rhetor herabgesunken und gezwungen, der Vertraute „dieser
Menschen" zu sein, von welchen er endlich dadurch befreit
wurde, dass sie Cäsar entgegen giengen. '*) Snllanische Pro-
scriptionen fanden zwar nicht Statt, jener schloss aber durch ein
Gesetz des Hirtius die Pompejaner von den Ehrenstellen aus. ' ')
Er tadelte die treue Hingebung an seinen Nebenbuhler nicht, wenn
ican nur nicht als Gefangener wieder zu den Waffen griff, und
schon aus diesem Grunde kann das Gesetz nicht dem Jahre 49
angehören; nach Pompejus Tode erbitterte ihn die Forlsetzung
eines nutzlosen Kampfs, worin er nun die Aeusserung eines
persönlichen Hasses gegen sich erblickte, obgleich sie in der
Ordnung war, da die Partei ihr Haupt überlebte; und doch sollte
seine Strenge nur schrecken, weil die Feinde in Spanien von
neuem rüsteten ; viele ihrer ehemaligen Gefährten wurden be-
fördert, wie schon das Verzeichniss seiner Mörder lehrt.
Hirtius folgte ihm nicht sogleich über die Pyrenäen; er ver-
liess Rom erst a. 45 , und meldete Cicero am 18. AprU aus
Narbo, dass in Spanien entschieden sei. ' ') Nach seiner Ver-
einigung mit Cäsar schickte er jenem seine Schrift über Cato,
welche dem Empfänger wenig Freude machte; '*) auch missfiel
Cicero sein Schweige» über Tullias Tod, obgleich Atticus ver-
sicherte, dass er ihn gegen den Vater nur aus Schonung nicht
erwähnt imd in einem Schreiben an ihn sich mit Theiinahme
darüber geäussert habe. ' ') Eine günstige Gesinnung zeigte sich
in seinem Wortwechsel mit dem Jüngern Q. Cicero, welcher bei
dem Heere Vater und Oheim als Gegner Lasars zu verdächtigen
12) nil Au. 12, 2. 13) ad Fam. 7, 33. 9, 6. 16. 18. Snet. de
dar. ihct. 1. 14) 13 Phil 16. 15) ad Au. 12, 37. 16) Das.
12, 40. 41. S. innen. 17j ud Atl. 12, 44.
XIX. HIRTII. (2.) JJ
suchte; aber et hatte ihm doch zuerst bei diesem Zutritt Ter-
scbaffl, ") und seine Briefe wurden spät beantwortet, so dass
Atticus daran erinnern luiisste. ' *) Gegen Andere gab sich Cicero
das Ansehen, als sei er mit den Vertrauten Cäsars, mit Pansa,
Hirlios, Balbus, Oppius, Matius nnd Postnmias innig verbunden,
er nannte diese „Pelopiden, deren Namen und Thaten er nicht
Loren mochte",^") seine alten Freunde.") Später erzählten
AI. und L. Antonius als Feinde Octarians, er habe nicht bloss
seine Adoption yon Cäsar mit seiner Ehre erkauft, sondern auch
in Spanien grosse Summen durch eine Biihlschaft mit Hirtius
erworben. ' ')
Dieser verwaltete a. 44 abwesend durch Aurelius das bel-
gische Gallien, welches wider Erwarten nach Cäsars Tode sich
nicht empörte. ^ ^) Anch übrigens wurde er fortwährend von
dem Diciator ausgezeichnet, und mit C. Pansa, seinem Collegen
im Augurat, ^*) fiir das folgende Jahr zum Consul ernannt. '*)
Er war mehr als sein hochherziger Gönner von den Gefahren
unterrichtet, welche diesen umgaben, und rielh ihm mit einigen
Anderen, aber vergebens, seine Leibwache nicht zu entlassen. ^ ^)
Das Gefiirchtete geschah. Hirtius wünschte aus Liebe zu seinem
Wohlthäfer nnd zur Ruhe, dass die jetzige Verfassung bestehen
möge, wobei allerdings anch Consulat und {'rovinz in Betracht
kamen. Blit Missfallen bemerkte er die Ränke des Antonius,
welcher die Herrschaft an sich riss, und die Ansprüche Octavietns;
ihr Streit konnte leicht in Krieg übergehen und die Verschwomen
zu einem Angriff auf die Cäsarianer enuuthigen. Aber er hielt
sich fern, als sei es seine höchste Aufgabe, nirgends anzustossen.
Er wollte nicht , dass die Befreier in Rom blieben , oder dahin
eurückkehrten , da sie gegen Antonius nichts vermochten und ihr
18) ad Att. 13, 37. 40. Omnlom flagitiornm anctor. 19) D.is.
13, 21. 20) ad Fam. 7, 28. 30, 21) Das. 6, 12. 22) Sueto«.
OctaT. 68. Cic. 3 PhU. 6. 1. Tli. S. 206. A. 29. 23J ad AM. 14, 1. 9.
24) aJ Fam. 12, 25. §. 3. 7 Phil. 4. 25) Plut. Cic. 43. ad Att. 14, 6
a. 14, 9: Duo qnidem quasi designati consnles. 14, 12: Haud amo Tel
hos desigoatos. 15, 1. 6. ad Fam. 12, 2 fin. Snet. Caes. 76. App. 2, 508.
509- Dio 43, 51. S. nnten §. 2 in 26) Veliej. 2, 57. Suet. Caes. 86.
Plot. Caes. 57. Dio 44, 7. App. 2, 496. %^gl. ad An. 13, 52 u. luiii
Ko 31. f.. 67. A. 18.
7^ XIX. HIRTII. (2.)
Beistand auch nIcLt g'ewiinscLt ■wnrde; iLre Gegenwart Hess
Äleutereien nnd blutige Auftritte fürchten; deshalb eröffnete er
D. Brutus, dass er bei den feindlichen Gesinnungen des Antonius
und der Veteranen nicht mit Sicherheit in der Stadt verweilen
könne. ^') Um die Mitte des April traf er in Pnteoli mit Cicero,
Baibus , Pansa , Octavian und L. Philippns zusammen. Diess
war aber nicht der Zweck seiner Reise ; denn er begleitete Octa-
yian, welcJier von Apollonia zurückkam, nicht nach Rom,'*)
sondern declamirle mit Pansa unter Ciceros Leitung, '') obgleich
dieser auch durch ihren Anblick daran erinnert wurde , dass die
Tyrannis den Tyrannen überlebte, und er sich selbst wegen seiner
zu grossen Gefälligkeit anklagte, da er nicht mehr zu solchen
Diensten gezwungen sei, welche ihm nicht einmal einen ruhigen
Aufenthalt in den Bädern gestatteten. ^°)
Hirtius gieng nach Bajä ^ ' ) und blieb demnach in Ciceros
Nähe, welcher nicht vermeiden konnte, ihn zn besuchen und iu
Pnteoli zu empfangen,^') und bei diesem Verkehre nun auch
für Andere auf den künftigen Consul wirken sollte. Nicht nur
Atticus bat ihn um seine Verwendung in Betreff seiner Güter
bei Buihrotum in Epirus, wo Cäsar den Soldaten Acker an-
gewiesen hatte, ^*) sondern auch M, Brutus und C. Cassius. Sie
hofften, er werde ihn für die gute Sache gewinnen, nach seiner
Meinung etAvas Unmögliches, denn wenn er auch Antonius zürne,
so sei er doch mit ganzer Seele Cäsarianer. '*) ludess schrieb
er ihm, «nd er erwiederte im Anfange des Juni, dass er ihre
W^ünsche gern erfüllen wolle, und Cicero nur einen raschen Ent-
schluss, ihre Abreise von Italien verhindern möge; mit Gewalt
27) ad Farn 11, 1. 1. Tli. S. 135. A. 7. 28) ndÄit. 14, 9. 11.
1. TIi. S. 120. 29) ad Att. 14, 12. 22. 30) Das. 14, 9. 12.
Oben A. 13. 1. Tli S. 152. A. 56. 31) ad Farn. 16, 24. 32) ad
Atl. 14, 21 15, 1. 2. 3. Warum Schütz TiH'Uloinov das. 14, 21 (Mou-
gault Aiim. 6.) n. 15, 2 für »iiäclit erklärt, ist nicht fvohl einzusehen;
Cicero gieht auch sonst durch neu gebildete AVürter, 'n'ie Sullaturire und
proscrijitiirire, ad Att. 9, 10, seinen Ilass oder seine Verachtung knnd.
Diese Cäsarianer Tvünschte er zu ihrem Oberhau]ite in die Unterwelt ; er
mochte sie nicht nennen, ( ohi'n A. 20) bezeichnete sie oft nur dnrch isti,
und Hirtius, nachdem \ier der früher erwähnten sich entfernt hiillen , mit
dem griechischen 'Worte. 33) ad Atl. 15, 1. 3 n. 16, 16, ^>o sich dos
ISähere linJft. 34; Das. J4, L'O. 21. 15, 5. ü.
( XIX. mRTII. (2.) 73
werden sie dodi niclits erreichen, als dass Alles in noch grössere
Verwirrung' gerathe. *')
Am 1. Juni war Hirtius im Senate gewesen, wie es scheint,
ohne auch nur die Stimme gegen Antonius zu erheben, welcher
als Consul, im Besitze der Papiere Ciisars und von Bewaffneten
unterstützt keinen Widerspruch duldete. ^ *) Voll Unwillen über
diesen Zwang yerliess er Rom und schrieb auf dem Wege nach
seinem Tnsculanum jenen Brief an Cicero, worin er bemerkte,
er werde am 5. Juni an den Berathnngen über die Provinzen
nm so weniger Theil nehmen , da Cäsar schon darüber verfügt
habe. * ') Cicero fand es lächerlich , dass er Brutus und Cassins
eines kühnen Unternehmens fähig glaubte, aber er war eben so
sehr über die Absichten der künftigen Consuln in Ungewissheit.
Bir Verhalten gegen Antonius hatte seinen Beifall; auch ihre
Aeussernngen verriethen einen guten Geist, obgleich Pansa nach
»einer Meinung ohne Selbstständigkeit war und nur Hirtius bei-
])flichtete ; er zählte sie sogar zu den Besten , wenn er in den
Feinden des Antonius Hoffnungen erregen wollte; ^ *) dann aber
stimmte er Marcellus bei, dass man ihnen kein Vertrauen schenken
könne, und wie auch ihre Gesinnungen sein mögen, bei ihrer
Schläfrigkeit und Genusssucht keine Wiedergeburt der Republik
von ihnen zu erwarten sei. ") Wie leicht konnte es geschehen,
dass Hirtius, ohnehin voll Liebe zu dem Manne, „welchen
Brutus verwundet hatte", mit dessen Gelde von Antonius be-
stochen wurde. '") Der erste Januar gewährte daher Cicero
keine beruhigende Aussicht. Zeigte sich doch Pansa selbst nicht
am 20. December im Senat, als dieser Massregeln nahm, im folgenden
Jahr sich gefahrlos versammeln zu können.*') Vielleicht kam er
nicht, weil Hirtius nicht erschien. Dieser war im Juli oder Angust
schwer erkrankt, und noch immer nicht ganz hergestellt, welches
Cicero in seinen Briefen aus dieser Zeit nur einmal und nur
gelegentlich erwähnt, weil es ihn nicht berührte,") desto mehr
aber in den Philippiken, um daran zu erinnern, dass das Volk
35) ad An. IS, 6. 36) Das. 1. c. n. 15, 8. 1. Th. S. 162.
A. 42 f. 37) ad Alt. 15, 6. 1. Tb. S. 165. A. 78 f. Caes. Dict. a. 44.
38) ad Alt. 14, 20. {. 3. IS, 22. ad Faiu. 12, 2. 22. 39) ad Au.
15, 1. 16, 1. {. 4. 40) nas. 14, 22. 15, 2 Cn. 41). 1. Ti..
S. 224. 42) ad Foui. 12, 22.
74 XIX. HIRTII. (2.)
fiir seine Genesnng', •wie einst fiir Poinpejiis, Gelübde getlian
Labe, weil es durch ihn Ton der Herrscbaft desa Antonius befreit
zu werden hoffle. ' ')
§ 2.
a. 43. Die Consuln Pansa und Hirlius*') beriefen am
1. Januar nnd an den drei folgenden Tagen den Senat, und be-
günstigten die Partei in ihm , welche aus sehr verschiedenen
Gründen den Frieden zu erhalten wünschte. Man beschloss
gegen Ciceros Willen, Gesandte zu Antonius zu schicken, von
welchem D. Brutus iu Mutiua belagert wurde. * ') Bald nachher
BteUte sich BUrtius an die Spitze des Heers, obgleich er noch nicht
TÖUlg gesund war, um mit Octavian den Feldzug zu eröffnen,
wenn Antonius sich nicht fügen werde; Pansa bUeb zur Been-
digung der Rüstungen vorerst iu Rom. * ^) Auch als Antonius
Bedingungen machte, statt sich zu unferv»'erfeo , konnte Cicero
nicht bewirken, dass man ihn fiir einen Reichsfeind erklärte,
und eben so wenig, dass der Senat C. Cassius und nicht auf
Calenus Vorschlag, welchen Pausa unterstützte, den Consuln den
Oberbefehl gegen Dolabella in Asien und die Provinzen Asia
and Syrien bestimmte, wohin sie Legaten schicken, und nach
dem Entsätze von Mutina selbst abgehen sollten.*'') Pansa folgte
seinem Collegen im März, er wollte aber, wie dieser, nicht
schlagen , sondern schrecken und einen Vergleich erzwingen.
Sein Zögern und die Jahreszeit dienten Hirtius bei seiner eigenen
Unthätigkeit zum Vorwande ; er rückte endlich mit Oclavian gegen
Mutina vor; Antonius erinnerte sie, dass sie ein gleiches Interesse
mit ihm Laben, und warf sie zurück, als sie nicht darauf ein-
giengen. *') Auch Pansa wurde am 14. April bei Forum Gal-
lonim geschlagen und tödtlich verwundet. Hirlius rächte ihn gegen
Abend in derselben Gegend durch einen glücklichen UeberfaU*')
43) 1 Pliil. IS. r, 4. 10, 8. 14, 2. 44) Fast. cnp. a. 710. Fast.
Sic. Cassiod. Sic. 3 Pliil. 15, 7, 4. ad Fam. 12, 4: Egregios consules
babemus. ad Faiu. 12, 5. Siiet. Octar. 10. Dio 45, 17. App. 3, 558.
Flnt. Anton. 17. Solin. 1. §. 32. S. die Ansfiihrung des Folgenden im
1. Th. Aulonii No. 14. $. 35—45. 45) Das. ^. 35. 36. 46) Das.
S>. 37. 47j Diis. 5. 38. 39. 48) Das. ?. 42. 49) Das §. 43.
XIX. HIRTIl. (2.) fS
nnd siegte bald nacLLer, waLrscLeinlicIt am 27.. April, mit
Octavian bei Slutina, £el aber im feindlichen Lag'er im Hand-
gemeng'e. Am £inderen Tage starb Pansa. Mit Unrecit be-
schuldigte man Octavian, dass er die Consuln habe tödten lassen.
Ihre Leichen wurden nach Rom gebracht, und dnrcL ein feier-
liches Begräbniss auf dem Blarsfelde geehrt. *°)
Hirtius erscheint als ein achfnngswerther Alaun , welcher
seinen Einflass nicht mlssbrauchte, weder am sich zu bereichern,
noch um Andere zu drücken; er nahm vielmehr Angeklagte nnd
Verläamdete in Schutz.*') Nie wankte er in seiner Trene
gegen Cäsar, und nach dem Tode seines Wohlthäters bezeugte
er in würdiger Haltung auch gegen dessen Feinde seinen Sclunei-z.
Mit starker Hand die Schicksale Korns za lenken nnd die Parteien
zu zügeln, war er nicht gescha£Fen, nnd es wnrde ihm überdiess
während seines Consulats durch körperliche Schwäche nnd seinen
frühen Abgang Ton Rom erschwert. Muth nnd Feldherm - Gaben
verbürgen seine Siege über Antonius. Cicero erhebt ihn als
Meister in der Knnst zu schmausen,*^} und Qaintns , sein
Bruder, schildert ihn als einen leichtsinnigen nnd schaamlosen
Sch-«'elger; *^) diess heisst, aus der Sprache der Bitterkeit und
des Unwillens in die gewöhnliche übertragen, er liebte eine gut
besetzte Tafel. Aber er zeigte seinen Geschmack darin nicht
allein, uud besass nicht bloss Talente für das gesellige Leben,
sondern anch eine gediegene Bildung. Es geht schon daraus
hervor, dass Cäsar ihn a. 45 wälirend des spanischen Feldzugs
veranlasste, Ciceros Lobschrift auf Cato zu beantworten, ehe er
diesen selbst angriff. Er enthüllte die Fehler und Schwächen
des Gefeierlen in einem Sendschreiben an Cicero, welcher darin
auf das ehrenvollste erwähnt wurde , nnd wohl deshalb Atticus
wiederholt ersuchte, durch Abschriften für die Verbreitung dieses
Anticato zu sorgen, obgleich er vorgab, dass der Tadel solcher
SO) S. I. Th. Antonü Xo. 14. ^. 45. 51) Oben ^. I. A. 18.
S2) ad Fam. 9, 16: Coeoandi magisler. Das. 9, 18: Ilirtianiim ins. Das.
9, 20: Nos iam artis tannm habemns, ot Verrinm tunm et CamiUnin , qna
monrlilia hoinines ? qna eleganlia .' TOcare sae|ihis andeanins. Sed Tide
.indaciaiD. Eüiim Ilirlio roenaui deili. nd Alt. 12, 2. 16, I. ^. 4, Vgl.
Iiilii No. 31. i. 61. A. 47. 53) ad Fam 16, 27.
76 (.s) XIX. HIRTII. (3.)
Mensclen für Jen Verstorbenen riiluulicL sei , nnd sie ' selbst
läcUerlicL und veräcLllicIi macLe. ")
Andere Werke des Hirtius ueuut Cicero nicht, und sclion
Sveton war ungewiss , ob er oder Oppius das ' aclite Buch des
gallischen Krieges , und die Geschichte des alexandriuischen,
africanischen und spanischen geschrieben habe, wenn er auch
geneigt scheint, das Erste anzunehmen. *^) Es kann daher nicht
befremden, dass durch die Uu (ersuchungen der Neuern die Zweifel
nicht gehoben sind. ^') Kur hat „der spanische Krieg", wie
er uns vorliegt, oITenbar keinen jener Freunde Lasars zum Ver-
fasser, denn dieser schreibt nicht nur barbarisch latein, sondern
er verräth auch übrigens einen gänzlichen Älangel an Bildung
und Urtheil, er weiss das Wichtige vom Unwichtigen nicht zu
unterscheiden, nnd seine Gedanken nicht zu ordnen oder 'Blich
nur verständlich vorzutragen. Dass C. Oppius, dessen Namen
einige Handschriften jenen anderen Büchern vorsetzen, zu deren
Abfassung befähigt war, kann nicht geläugnet werden; "*) auf
ihn ferner wie auf Hirtius ist das Geslandniss in der Vorrede
zum achten Buche des gallischen Krieges zu beziehen, ans welcher
Svetou *^) ein Bruchstück uittheilt, der Verfasser spreche vom
alexandrinischen nnd africanischen nicht als Augenzeuge, und
Beide hatten eine grosse Vorliebe für Cäsar, welche sich in
diesen Schriften kund giebt. ^°) Dagegen ist man bei den vielen
Lücken im „africanischen Kriege" nicht zu der Annahme be-
rechtigt, dass weder der Eine noch der Andre ihn geschrieben
haben könne, weil die Darstellung mitunter dunkel ist, und der
Verfassser auf Nachrichten in seinem Werke verweis't, welche
man vergebens sucht. * ' )
3. ^Hirtia. Schwester des Vorigen. Sie wurde Cicero um
das 3. 46 zur Gemahlinn angetragen, als er sich von Terentia
54) ad Att. 12, 40. 41. 44. 45, 47. S. lalii No. 31. §. 76. A. 56.
56) Cies. 56. 57) DodvveU. Dissert. de auct. lib. 8 de 11. G.iU. et
Alex. Afiic. et Ilisp. (in Cies. ed. Oudcnd. T. 2. p. 869. ed. 1822.)
Voss de Iiist. lat. p. 64. Fabric. Uibl. lat. ed. Ernest. T. I. p. 252.
Lips. Elect. 2, 22 u. Oiidend. in seiner Aiisga)>e des Caesar. 58) Suet.
Caes. 52. 53. PUn. 11, 105 (45). 59) Caes. 56. 60) U. Afric. 31.
61) Das. 34. 38.
XIX. HmXII. (3.) 77
getrennt hatte; er gleng nlcLt darauf ein, weil er sicL nicLt zii-
gleicli mit der PLilosopIiie und einer Frau bescLäftig'en könne. ^~)
Publilia, welche jung und reich war, erhielt den Vorzug; *^) bei
Hirtia scheint er jene Eigenschaften vermisst za haben. ^*)
62) Hieronym. in lovin. 1, 29. 63) ad Fam. i, 14. §. 1 n. 2.
ad Alt. 12, 32. Plnt. Cic. 41. Dio 46, 18. S. TiiUii. 64) Vielleichl
■st ad Att. 12, II auf sie zu beziehen: De Fompeii M.igni filia, tibi re-
scripsi , nihil me hoc tem]iore cogitare, Alteram vero illam, qnam tu scribis,
puio nosti, Nihil vidi foedjos.
78
XX. HORTENSII.
XX. HORTENSII.
1.
L. Hortensiiis.
Ir.iil.inr.Chr.—
332 n.u.
2.
9- Hortensiiis.
Dicl.c.lS^ — Hj».
3.
L. Hortensius.
pi^. i:0 — 5S4.
4.
Ö. Hortensiiis.
Coa. las — 64«. (?)
5.
L. Hortensius.
c. »7 — 657.
— 6. Sempronia.
7. <J. Horteiisius.
— S. Lutatia.
14. Hortcnsia.
Cus. 69— ms.
9. (Marcia).
— M. Valer. Mcssala.
Orator.
19, L. Hortensius.
Uyut. Sullae.
10. Q. Horteiisius Hortalus. 11. Hort
ensia.
Propr. Macen. 44 —
710.
12. O. Horteiisius. U.
AI. Hortensius
Corbio.
Uoitalus.
XX. Hortensii.
Plebejisch. * ')
Den Namen tnag^ dieses GescLIecht vom Gartenbau erhalten
Laben, wie Plinins AehnllcLes von anderen behauptet, *') und
Hortalus ursprünglich eine scherzhafte Bezeichnung oder Ab-
68) Gegen Sebast. Corradns, Trelcher zn Cic. Bmt. p. 6 die Hortensier
für Plebejer erklärt, bemerkt Rieb, sirein. Gent. R. Hort., sie seien yiel-
mehr Patricier getresen ; Cicero nenne den Redner nobilis, dies könne sich
nnr anf das Fatriciat beziehen, da ausser I.. Ilortensins, Prätor a. 170 keiner
seines Namens TOr ihm ein cnmlisches Amt verwaltet habe. Zur Erlangung
der Nobilität würde aber diess schon genügen, nnd ein Hort, war bereits
286 Dictator, ein Andrer am das J. 98 Prätor. Hortensier wnrden T. Tri-
büne, nnd in dem wenig zahlreichen Geschlechte patricische nnd plebejische
Familien zn unterscheiden, findet sich weder ein innerer noch ein äusserer
Grnnd. Ihrer Nobilität gedenken ausser Cicero p. t^nint. 22 nnd in den
Verrinen Plin. 9, 80 (54). Macrob. Sal. 2, II. PInt. Cato m. 25, nnd
wenn der Enkel des Redners bei der Aensserung, dass unter seinen Ahnen
10 Tiele Consnln nnd Dictatoren gewesen seien, auch an die Sempronier
dachte, Ton welchen seine Grossmntter abstammte, so übertrieb er weniger
als es scheint. Tacit, A. 2, 37. 69) 18, 3.
XX. HORTENSII. (l.) 79
kiirznng' gewesen sein, ■welche dann aber Zaname wurde. Er
flodet sicli iiiclit zuerst in den MacLricLteu vom Enkel des Red-
ners,'°) sondern scLon Cicero gebraucht ihu yon seinem be-
rühmten Zeitg'enossen. ")
1. L. Hortensins. Der Erste seines Namens, welchen die
Geschichte erwähnt. Er war a. 422 t. Chr. V. Tribun , und
belangte C. Sempronius Atraliniis, weil er im Torigen Jahre als
Consul durch eigene Schuld nngliicklich gegen die A^olsker ge-
fochten habe; auf die dringende Verwendung von vier Gollegen
liess er die Klage fallen, welche weniger dem Feldherrn als dem
Rtolzen Patricier galt, dessen Stand auch noch in dieser Zeit dnrch
die Wahl von Kriegstribunen mit Consulai- Gewalt die Plebejer
vom Consulat auszuschliessen suchten. '^)
2. Q. Hortensins. Diciator um 286 r. Chr. Genauer ist
die Zeit wegen einer Lücke in den capitolinischen Fasten nicht
zu bestimmen. Das Volk wurde von seinen Gläubigern anter
den Optimalen gedrückt, und entwich nach einer langen nnd
heftigen Gährung nach dem Janiculum. Hortensius sollte seine
Rückkehr bewirken, und erneuerte zu dem Ende die lex Horatia
Valeria v. J. 449, in welchem das Volk nach dem Alons sacer
ausgewandert war,'') und die Publilia von SSO,'*) dass alle
Römer zur Beobachtung der Plebiscile verpflichtet sein, diese
folglich als allgemein gültige Gesetze beobachtet werden sollten. ' ')
Auch ein anderes Gesetz, nach welchem man an den Nundinen,
wo die Landleute des Handels wegen ohnehin in die Stadt
kamen, Gericht halten durfte, scheint ebenfalls diesem Hortensius
anzugehören. '*) Er starb als Dictator. ")
3. L. Hortensius. Der Krieg mit Perseus führte ihn
a. 170 als Prätor an die Küsten von Thracien, wo er die rö-
mische Flotte befehligte, und durch seine Raubsucht nnd Grausam-
keit Schrecken verbreitete. Es erbitterte ihn, dass die Abderilen,
von welchen er 100,000 Denare und 50,000 Scheffel Getraide
70) Tacit. A. 2, 37. 38. Snelon. Tiher. 47. 71) ad An. 2, 25.
4, 15. §. 4. 72) LiT. 4, 42. Tgl. 25. Tal. M. 3, 2. {. 8. 6, 5. §. 2.
73) Liv. 3, 55. 74) Ders. 8, 12. 75) Ders. cp. 11. Plia. 16, IS (10).
Cell. 15, 17. Aagnstni. de cir. D. 3, 17. (j. 2. Touipon. de orig. iar.
Uig. 1. I. tit. 2. VgU Tacit. A. 2, 37. 76) Macrob. Sal. 1, 16.
2. Th. S. 319. A. 1, 77) Li», n, Augiisl, II. cc.
80 XX. nORTENSII. (4.)
forderte, Gesandte abscliickten, den C'onsul Hostilius Mancinns
lind den Senat um Schonung zu bitten ; er eroberte und plünderte
ilire Stadt , und Hess die Angesehensten enthaupten und die
Uebrigen verkaufen. Der Senat verfügte die Freilassung der
Letzteren, aber keine Entschädigung und Strafe. Ungehindert
setzte der Prätor seine Erpressungen fort, so weit sein gleich-
gesinnter Vorgänger C. Lucrefitis ihm eine Nachlese zu halten
erlaubte. Die Weigerung der Städte in Chalcidice, römische
Truppeu und Schiffe aufzunehmen, galt für Begünstigung des
Perseus, und doch konnten sie sich nicht anders vor Misshandlnng
und Knechtschaft bewahren, wie ihre Abgeordneten unumwunden
in Rom erklärten. Auch jetzt bezeugte der Senat Hortensius
seine Missbilligung, mit dem Befehle, die Verkauften von der
Sclarerei zu befreien, aber ohne ihn zurückzurufen.^^)
4. Q. Hortensius. Man hat einen Consul dieses Namens
bei dem J. 108 y. Chr. — 646 a. u. mit Sulpicins Galba zusammen-
gestellt, und ihn (^uintus''^) oder Lucius genannt.^") lu den
capitolinischen Fasten, welche von ihm schweigen, lies't man nur
die Bemerkung: mn oder m. n. est in. e. 1. f. e. Scaurus. ^')
Onnphrius Panvinius ergänzt : C. Saufeius , antequam iniret,
damnatus est, in eins locum factus est M. Aurelius Scaunis. ^"^
Da indess Cuspinian in einer Inschrift ausser Galba und Scaurus
auch einen Hortensius unter den Consuln jenes Jahrs erwähnt
fand, und die Buchstaben m. n durch einen Punkt getrennt sind,
so erklärt Pighius: aggressus magistratum non est, weil er etwa
erkrankte oder starb , oder wegen gesetzwidriger Bewerbung
verurtheilt wurde. Die Namen der designirten Consnin trug man
aber nicht in die Fasten ein; wenn also die Lücke auf Cnspi-
nians Zeugniss mit dem Namen des Hortensius ausgefüllt wird,
dessen keiner unter den Allen gedenkt, so ist nicht in. n, mag
es sich auch in den Fasten finden, wie Pighius nach eigener
Ansicht versichert , sondern m. e. mortuus est , für die richtige
Lesart zu halten.
5. L. Hortensius. Vater des Redners. ' ') Nach seiner
78) Liv. 43, 4. 6. 7. 8. 79) Pigh. 3, 129. 80) Marlian. Ann.
a. G45. 81) Aarelius, nicht Aeiuilins, wie Eracsti Clav. Cic T. Scnur. '
anniiiunl. I. Th. S. 27. 82) Fasli Rom. a. I. SB) Cic. Vcrr. 3, 16.
XX. HORTENSII. (6.) 81
Priitui" «im das J. 97 S(attLaI(er von Sicilien, und wegen seiner
GerecLlig-keit und BBlde g'erüLmt. **)
6. Sempronia. GemaMInn des Vorigen. TocLter des C. Sem-
proniiis Tuditanus, welclier a. 132 Prätor und 129 Consnl war,
und dessen Vater mit 9 Anderen zu L. Blummins gescliickt
%vurde, um Griectenland ab Provinz einznricLten. '^)
7. <?. Hortensins. ^G) L. F. Sohn von No. 5 und 6. »0
Geboren 114 v, GLr. and daher acht Jahre früher als Cicero. ^*)
§ 1.
a. 95 trat er, neunzehn Jahr alt, zuerst auf dem Markte
auf, und auch im Senat in einer übrigens unbekannten Angelegen-
heit für die Provinz Africa. ^^) Seitdem widmete er sich stets,
45 Jahre hindurch dem Sachwalter- Geschäft, denn noch a. 50,
kurz vor seinem Tode, verlheidigte er Appius Claudius. L, Crassns,
der Redner, welcher a. 91 starb, hörte ihn, als er für Nicomedes,
König von Bithjnien, sprach. Dieser war durch seinen Bruder
Socrates Chrestas verdi-ängt und bat die Römer um Schutz; die
Gesandten M.' Aquillins und Manilius Mancinns führten ihn
unter dem Beistande des .Statthalters von Asia L. Cassius in sein
Reich zurück.^") Bei solchen Bestrebungen war Hortensius dem
Kriege abgeneigt; er focht im marsischen im J. 91 als Legionär
und im folgenden alsRriegsfribun; später sah man ihn nie wieder
unter den Waffen. 8') a. 86 verlheidigte er mit L. Marcius
Fhilippus, dem Consular, Cn. Pomp ejus (Magnus), welcher an-
geklagt wurde, weil er in jenem Kriege bei der Eroberung von
84) Cic Verr. 3, 16. 85) ad Atl. 13, 6. 30. 32. 86) In der
Schrift von Liizac: De Q. Hortensie oratore, Ciceronis aemnlo, -nird Hor-
tensins dem Titel gemäss als Redner nnd Nebenbuhler Ciceros geschildert;
ohnerachtet ilires anerkannten >Verthes konnte ich doch nnr in diesen
Beziehnngen auf sie verweisen, da meine Aufgabe erfordert, den berühmten
Römer auch als Menschen , Bürger nnd Staatsmann darzustellen , nnd zu
nntersnchen, ob er den Namen eines Weisen nnd Vaterlandsfrenndes ver-
dient. (Lnz. 27. 41. 79.) 87) Cic. Verr. 3, 16. ad Att. 13, 6.
88) Ders. Brut. 64 u. 94. 89) Das. 64. de or. 3, 61. Er wurde
ohne Zweifel mit ihrer Oesandtschaft eingeführt, um als Zeuge vctnonimen
zu werden, denn er war noch nicht Senator. 90) Cic. de or. 1. c.
App. Mithr. 176. 177. Justin. 38, 3. Cassii No. 22. 91) Cic. Brut. 89.
Urum.iiin. (i.'Sfliirhli? Xloms IM. (]
82 XX. IIORTENSn. (7.)
Asculum Beute iinterscLIag'en Labe, und nicLt der Kunst der
Patrone, sondern seiner Verlobung- mit der Tochter des iudex
quaestionis P. Antistius seine FreisprecLung verdankte. GleicL-
•wolil bemerkt Cicero, dass Hortensius auch bei dieser Gelegenheit
am meisten leistete; er Terdunkelte Alle, und Cicero ihn; so
rühmt der Feldherr den besiegten Feind. ^^) Er hatte sich aber
doch einen Optlmaten verpflichtet, welcher bald als Sullaner
grossen Einfluss erhielt, und ihn während der Proscriptionen be-
schützen und der Nothwendigkeit überheben konnte, Partei zu
ero-reifen ; oft belobte er sich, dass er nie an einem Bürgerkriege
Theil genommen habe, nach Cicero ein Beweis von Schlaffheit,
deren man ihn nicht beschuldigen könne, wenn er nun auch
(a. 49) die Ruhe vorziehe, s')
Hortensius schwankte nicht zwischen den Parteien , wie
Cicero vor seinem Consulat; er schloss sicli von Anfang an die
Nobilität an, obgleich er nicht für sie kämpfte. Es zeigte sich
schon a. 81 ^*) im Processe des P. Quintius, dessen Ankläger
Sex. Nävins, sein Client, von P. Burrienus, ^ *) Cn. Dolabella, ä^)
L. Philippus^') und anderen angesehenen Sullanern begünstigt
■wurde. ^ ') Dieser Latte mit Cajus Quintius in Gallien gemein-
schaftlich Handel getrieben und Güter angekauft. Nach dem
Tode des Cajus stand er mit dessen Bruder und Erben Publius,
seinem nahen Verwandten, ^9) etwa ein Jahr im besten Ver-
nehmen, ohne auf den Grund der Handelsverbindung oder sonst
eine Forderung zu machen; er hielt ihn sogar durch das Ver-
sprechen , ihm Geld zu leihen , von der Versteigerung seiner
Privatbesitzungen ab, wodurch Publius sich die Mittel zur Be-
friedigung seiner Gläubiger verschaffen wollte. ^°°) Dann reis'ten
sie nacli Rom. Hier nahm Nävius sein Wort unter dem Vor-
geben zurück, dass man sich erst über die gemeinschaftlichen
Geschäfte berechnen müsse. Man einigte sich nicht, und das
Gericht sollte entscUeideu. Der Termin wurde mehrmals weiter
liinaus"esetzt. Ouiulius begab sich im Januar 83 nach Gallien,
und nun stellte sich Nävius; er rief Zeugen auf, dass sein Gegner
92) Brut. 64. riul. roinpoj. 4. 1. Tli. S. 55. A. 10 u. 12. Porapej. IIIv.
a. 86, 93) a<l Fnm. 2, IG. 94) CeU. 15, 28. 95) p. (J.iii.l.
6. 8. 21. 90) Das. 8. 97) 22. 24. 26. 98) 21. 22. 99) 4.
28. 31. 100) 4. 11.
XX. HORTENSn. (7.) 83
sich nicLt g-estellf habe, aud der Prätor P. Biirrienus g-estatfete
ihm seinem Edicte g-emiiss dessen Güter in Besitz zu nehmen.
Er bot sie feil, obg-leich der Geschäftsträger des Abwesenden
Sex. Alpheniis, ein Marianer und Freund des M. Brulas, und
später von Sulla geächtet, ') darauf drang, dass man seine Rück-
kehr erwarte. Am 13. September sollte Quintius erscheinen; er
kam , und ein Jahr sechs Monate yergiengen , ehe Nävius sich
regte. -) a. 81 trug er dann aber bei dem Prätor Cn. Dola-
beUa darauf an,^) dass der Beklagte ihm Sicherheit leiste nach
der Formel, er mache an den eine Forderung, dessen Güter er
nach dem Edict des Prätor dreissig Tage besessen habe. Dola-
bella bestimmte, Quintius solle eine Summe niederlegen und zu
zahlen geloben, wenn er nicht beweisen könne, dass Nävius
nicht nach dem Edict des Burrienus dreissig Tage im Besitze
seiner Güter gewesen sei. Dadurch gerieth er in JVachtheil ; die
Beweisführung wurde ihm zugeschoben , und der Kläger erhielt
das letzte Wort. *)
M. Junius hatte die Vertheidigung des Quintius vor dem
Richter C. AquiUius Gallus, welcher nebst Beisitzern von Dola-
bella mit der Untersuchung beauftragt war, bereits eingeleitet; ')
er befand sich jetzt nicht in Rom , und Cicero ersetzte ihn vor
denselben Richtern auf Ersuchen des Schauspielers Q. Roscius,
mit dessen Schwester der Beklagte sich verheirathet hatte, ^) mehr
aber noch ans eigenem Antriebe, da er im Gefühle seiner Kraft
einen Wettstreit mit Hortensius nur wünschen konnte. Seine
Rede für Quintius ist unter denen, welche wir besitzen, die erste.
Wiederholt huldigte er darin der Ueberlegenheit seines Gegners;
er erkannte seine vorzüglichen Rednergaben an, seine Uebung
und seinen Ruf,') selbst seine Nobililät , nachdem er die Be-
harrlichkeit im Guten und im Schlechten als deren Eigenthüm-
liches bezeichnet hatte. *) Hortensius pflegte streng einzutheilen ;
Idiess, sagte er, wolle er nachahmen. Demnach behauptete er,
[dass Nävius keine Veranlassung gehabt habe, sich der Güter des
Quintius zu bemächtigen, weil dieser nicht bei ihm im Rück-
stande war, und mit Unrecht beschuldigt wurde, am Termin
1) p. Qniut. 20. 21. 24. 2) 7. 8. 12. 3) Cornel. Dolab.
|Vo. 8. CeU. 1. c. 4) 2. 8. 10. 13. 22. 31. 5) 1. 2. 10. 17.
3) .24. 25. 7) 1. 2. 22. 24. 26. 8) 22. 8.
6*
84 XX. HORTENSn. (7.)
nicLt 'ersctienen zu ßein ; *) dass nach dem prälorisclien Edict die
Besitznalime nicht Sfaft finden konnte, weU Quintiiis sich Dicht
in böser Absicht verbarg, sondern während seiner Keise nach
Gallien sich durch einen Geschäftsträger Terfreten Hess, weil er
Erben hat und nicht als Verbannter sich entfernte; '°) dass end-
lich JXäTius die Güter nicht dem Edict gemäss in Besitz ge-
nommen, dass er sie durch seine Leute in Gallien dem Eigen-
ihiimer entrissen habe, ehe er noch vom Prätor dazu ermächtigt
war, und seine Handlung folglich als Raub betrachtet werden
müsse.") Cicero sprach mit grosser Zuversicht; selbst ein
Crassus und Antonius, versicherte er, könnten ihm bei der ent-
schiedenen Gerechtigkeit der Sache den Sieg nicht streitig machen,
wenn sie ins Leben zurückkehrten; ") er gründete seine Ver-
theidigung auf Thatsachen, welche einen erwünschten Ausgang
des Processes verbürgten. Am Schhisse wandle er sich an das
Gefühl der Richter, wodurch er Gelegenheit eihielt, sich einen
höhern Schwung zu geben, und durch eine ihm fremde, aber mit
der Farbe der Natur und Wahrheit meisterhaft zur Schau ge-
tragene Begeisterang die Gemüther mit sich forlzureissen. So
erforderte es hier besonders die Rücksicht auf Hortensins, dessen
Gegemede wir nicht kennen.
Die Zeit, in welcher dieser die Quä"stnr verwaltete, ist nicht
genau zu ermitteln; für das Jahr 80 giebt es keinen Beweis. ' ^)
Seine Gewissenhaftigkeit bei der Ablegung der Rechnungen v»iid
Ton Cicero gerühmt. ' ') Er vertheidigte auch ferner Blänner
seines Standes oder seiner Partei, und vertrat also grosse Auf-
sehen erregende Verbrechen gegen das Gesetz, statt als Ankläger
dem Sitlenverdcrbniss unter den Optimaten zu steuern ; diess
brachte Feindschaft und der Redner suchte Einlluss und Gunst.
Sein Ruf war schon gegründet, als er in einem übrigens un-
9) 16. 18. 10) 19. 11) 25. 26. 12) 26. 13) Cicero
sagt .1. 70 nnrt Niiper qnaestor fnisti; Verr. 3, 78, welclics sich freilich
auf jenes J.nhr 80 nhor auch auf ein anderes beziehen kann. Die Miinie
bei Goltz Fast. a. 684. Vaill. Uorlens. No. 2 dentel man , wenn sie Seht
ist, ohne Gmnil auf ilio Quiislar dieses Ilorteusius. 14) Verr. I, 14. 39.
XX. HORTENSII. (7.) 85
bekannten RecLtsLandel für BL Cannlejus sprach. ' °) Dann
wurde er a. 78 der Anwalt des Cn. Dolabelia, welcLen nacL
der Rückkehr aus Cilicien M. .Scaurns wegen Erpressungen an-
klagte; es gelang ihm nicht, die Strafe abzuwenden. ' ^) Mit
besserem Erfolge trat er nebst C. C'otta (Cos. 75), welcher ihm
die erste Rolle iiberliess, * ') a. 77 für einen andern Cn. Dola-
belia auf, (Cos. 81) als Cäsar ihn nach der Verwaltung Mace-
doniens wegen desselben Verbrechens belangte. ' ') Im J. 76
bewarb er sich um die Aedilität, wie Cotta um das Consiilat.
Er wollte sie nicht übergehen, da er die Mittel besass, die ihm
verächtliche Menge, welche nach einer solchen Ablehnung leicht
die höheren Ehren versagte,'^) mit Spielen zu vergnügen, und
Beine vornehmen Freunde mit ihren geraubten oder erkauften
Kunstschätzen ihn gern imterstülzten. In ihren Kreisen mochte
es auch wohl von ihm mit stolzem Lächeln besprochen werden,
dass Cicero, ein Jlensch von niedriger Herkunft und ohne Gliicks-
giiter'") das Kleeblatt der Redner unter den Beamten des nächsten
Jahrs als Ouästor vollständig zu machen hoffte, " ') Seine ädi-
licischen Spiele a. 75 gehörten zn den glänzendsten, und wurden
bis zum J. 63, in welchem P. Leutulus .Spinther alle seine Vor-
gänger verdunkelte, nicht iibertroffeu. ^') Die Znrüstungen er-
regten vorzüglich Ciceros Aufmerksamkeit, welcher jetzt schon
für seinen Kednerschalz sammelte , um gelegentlich davon Ge-
brauch zn machen. Am wenigsten entgieng- ihm irgend eine
Handlung des Hortensius; er wusste noch fünf Jalir später die
Kunstwerke zu nennen, deren Verres als Legat des Cn. Dola-
belia in Griechenland , Asia und Cilicien sich bemächtigt hatte,
und „der Herr der Gerichte" ^^) sich zur Verherrlichung seiner
Spiele bediente; er wnsste sogar, dass mehrere in dessen Hanse
und Villen zu finden waren; -*) in Sicilien für seineu Freund
zu sammeln hatte Verres noch nicht Gelegenheit gehabt. Hor-
tensius sorgte nun aber auch für Brodt; der Einzelne erhielt
15) Cic. Bmt. 92. 16) Coriiel. Dolab. No. 8. Oben §. 1. A. 3.
17) Bmt, 1. c. Unten A. 27. 18) Cornel, Dolab. iVo. 5. 19) Cic.
de off. 2, 17. 20) p. <Jnint. 8 fin. p. Scaiu-, ed. Peyr. et Beier
p. 135 : Sine praesidio fortnnae. 21) Brut, 92. 22) de off. 2, 16.
Cornel. Leiiinl. Ko. 21. {. 1. 23) Verr. I, 22. 2<) Das. 1, 19. 22
u. das. Ascon. 4, 3. Uuleu {. 3. A. 56.
86 XX. HORTENSn. (7.)
zwar nur andertLalb ScLeffel , da aber gerade eine TLenrnng
herrscLte , so war die Gabe willkommen und der Aufwand
gross. ^ ') Um seine Sfandesgenossen erwarb er sicL wahrend
seiner Aedilität das Vei-dienst, dass er Terentius Varro, welcLer
CescLwisterkind mit ilim war, und als Proprätor in Asia erpresst
halte, gegen den Kläger Appius Claudius vor dem Prätor P. Len-
tulus Sura vertheidigte. Es galt, den Verwandten zu retten,
Ton Processen der Art abzuschrecken, da die Nobililät auf die
Provinzen angewiesen war, und als Sachwalter Ehre einzulegen.
Zur Freude seines geheimen Beobachters gab er sich eine Blosse,
an welche jener fleissig erinnerte , weil er dadurch lächerlich
wurde, und seine bisherige Herrschaft in den Gerichten nun
wenigstens nicht mehr als die Wirkung seiner Beredtsamkeit
allein erschien. Er gewann durch einen bestochenen Richter
Turins auch Andere, und um gewiss zu sein, dass sie nicht täusch-
ten, liess er, doch wohl im Einverständnisse mit dem Prätor,
Tersohiedenfarbige Täfelchen verlheilen , so dass man sehen
kannte, wie jeder stimmte. Das gefärbte Wachs verschaffte ihm
den Sieg. • ^)
Doch blieb für die Optimalen die Erhaltung der snUanischen
Verfassung das Wichtigste, und in ihrer Mitte selbst fand sich
ein Abtrünniger, welcher sie erschütterte. Der Consul dieses
Jahrs C. Aurelius Colta, bisher mit seiner Beredtsamkeit eine
Ilauptstülze der Gutgesinnten,^') erhob sich gegen Sullas Gesetz
über die V. Tribüne, so fern es diese von den höheren Ehren-
stellen ansschloss. ^ *) Seine Rogation wurde von dem Tribun
Q. Opimius dem Volke empfohlen, und nicht wie mehrere andere
Anträge vom Consul selbst zurückgenommen, sondern bestätigt. ^')
Obgleich die Tribüne erst a. 70 durch Pompejus alle ihre Rechte
25) Verr. 3, 92. Mannt, bezieht diese Stelle 1. p. 225 anf die
Qa.^stor des Horteosius; Cicero spricht aber nicht von einer amtlichea
Vertheilnng, sondern von piner Spende auf Kosten des Magistrats, nnd es
ivar gewühnlich , dass Aedile die Menge beschenkten und bevrirtheten.
riut. Cnes. S. Cato ra. 46. 26) Cic. dir. in Caecil. 7 u. Ascon. das.
Vorr. A. 1, 6 13. A. 2. 1. 5,68. Acron in llorat. Serm. 2,1.49. Clandii
No. 41. f. I. Corncl. Lentul. No. 18. 27) Oben A. 17. 28) Cor-
nelii Snll. Ao. 8. J.. 12. A. 92. 29) Cic. Cornel, p. 66. 78. Verr.
1. 60 u daä. Asron. Sallnst. Ilisi. 3 p. 069. Corl.
XX. HORTENSII. (7.) 87
wieder erlilelten, so konnte man doch leicht erachten, dass das
aiirclische Gesetz dahin führen werde, zumal da schon ähnliche
Versuche vorausgegangen waren. ■* ") Vergebens widerstrebten
die Angesehensten, Q. Catulus, C. Carlo und mit ihnen Horten-
sius, aumassende Älenschen, wie Cicero sie nennt, weil er sich
noch nicht in ihren Reihen erblickte. ^ ') Der Schwächere
wenigstens sollte biissen. Opimius wurde a. 74 vor dem Prätor
C. Verres angeklagt und zu einer grossen Geldstrafe verurlheilt,
in der That nicht wegen Intercession , welche von Sulla be-
schränkt nicht untersagt war, sondern weil er bei der Unter-
Stützung Cottas gegen die Gesetze des Dictator, namentlich iu
Beziehung auf die Tribüne, sich auflehnte. ^^)
Als Prätor hatte Horteusius a. 72 den Vorsitz in den Ge-
richten über Erpressungen, ^*) als sollte er die Rollen wechseln,
und eine Art von Verbrechern bestrafen, welche bisher vorzugs-
weise von ihm in .Schutz genommen war. Seit Sulla richtete
ausschliesslich der Senat und mit grosser Willkühr; ■* '') doch
wurde ein Senator Q. Septimius Scävola verurlheilt ; man gab
aber den Grund dafiir an, er sei als Richter bestochen. ^') Hor-
(ensius befolgte die Regel, von welcher auch Cicero so wenig
als möglich abzuweichen sich empfahl, Rom als den Schauplatz
seiner Thaten zu betrachten, und das Volk, dessen Gedächtniss
einer solchen Nachhülfe sehr bedurfte, täglich von neuem an sich
«u erinnern; *^) er übernahm a. 71 keine Provinz, zumal da er
jetzt seine Bewerbung um das höchste Ehrenamt vorbereitete.
30) Pompej. IIIt. a. 70. 31) Verr. 1. c. u. das. Ascon. 32) Uel)«r
den Sinn der 'VVorle: Intercessil contra legem Corneliam, Verr. 1. c,
G. Cornel. SuU. 1. c. 33) Verr. A. 1 , 13. Ascon. in Verr. A. 2.
1. 1. 22. 34) Cornel. SiiU. No. 8. §. 13 n. 15. 35) A^on Clnentiiis
im Processe seines Stiefvaters Oppi.inicns, welclier ihn hatte -vergiften
wollen. Verr. A. I, 13 n. das, Zumpt. Später behauptete Cicero, Oppia-
nicus selbst habe ihn bestochen, aus Furcht, verortbeilt zu -werden; des-
halb beschuldigte ihn Atlius, der Ankläger des Clnontius , dass er sich
■»riderspreche. p. Cluent. 23 f. 41 fin. 50. 51. 36) Urbein , iirbeni,
mi Rufe, cole, et in ista luce vive. Omnis peregi-inalio, quod ego ab ado-
lescentia indicavi, obscora est et sordida iis, quoruin induslria Rouiae polest
illnstris esse, ad Fam. 2, 12. Kibil eiiim est tarn niolle, tani teneriim,
tarn aut fragile aut flexibile, q»iam voluntas erga nos sensnsqnc riviiiui.
p. Aliluii, IG. Nam posteaqiiam sonsi, populuiu 11. aures bubeliorcs, ociilu.>
88 XX. IIORTEMSII. (7.)
§ 3.
a. 70 wurde er zum Consul gewählt, und seine Verwandte
und Freunde begleiteten iLn mit einer grossen Volksmenge vom
Marsfelde nach seiner Wohnung. ") Cicero, welcher als Quästor
in Sicilien gestanden hatte, war für das nächste Jahr die Aedilif ät .
bestimmt, obgleich Hortensius es zu Terhindern suchte.'") In
seiner äussern Stellung untergeordnet, fühlte sich Cicero bereits
in anderer Beziehung mit jenem auf gleicher Höhe; seine Kraft
war erstarkt,'^) es galt, Rom davon zn überzeugen, die Allein-
herrschaft auf der Rednerbiihne zu zerstören, und sich von dieser
auf den curiilischen Sessel zu schwingen. Keine Ahnen, kein
Reichfhum unterstützten ihn, und er durfte ohnehin nicht durch
Erkaufung der Stimmen die Nobilität gegen sich bewaffnen. Die
Hindernisse, zum Consulat zn gelangen, waren gross, die Mittel
mussten ihnen entsprechen. Schon längst verabscheute das Volk
die senatorischen Gerichte, und Cicero wurde zum ersten Male
Ankläger, '") um ihre Schande aufzudecken, und sie zur Ge-
rechtigkeit zu zwingen;*') wenn er sich aber dahin vermass,
mit dem Gewichte seiner Rede die volle Gunst der Menge in
die Wagschaale legen woUte, so war jedes Halbhandeln aus-
geschlossen ; und übrigens stand zn seinem Schutze der Consul
Pompejns im Hintergrunde , * °) unter dessen Blifwirkang das
aurelische Gesetz noch in diesem Jahre Riltern und Volk Antheil
an den Gerichten verschaffte, in der That freilich auf Cäsars
Betrieb ; sich uubewusst half Cicero das Kö'nigthum gründen.'
Seine Kriegserklärung erfolgte schon vor seiner Wahl zum
Aedjl; er meldete sich als Ankläger des C. Verres. Diese
Unternehmung war der eine, die Verurtheilung Catilinas der
andre Pol seines staatsbürgerlichen Lebens; durch jene untergrub,
durch diese schirmte er die Aristokratie; mit dem Angriff' auf
ihr wichtigstes Vorrecht nahm er den Anlauf zum Consulat, und
mit ihrer Rettung, mochte sie auch bald nur als ein Traum erscheinen,
acies ntqno acutes habere , ilestiti , qiiiil de me nuditiiri esscnt homines,
cogilare: feci, ut postea qnotidie nie praesentem viderenl : Iiabilnvi in ocnlis:
pressi forma, p. l'lanc. 27. 37) Verr. A. 1, 7. 13. A. 2. 1. 3, 95.
Brut. 92. QnintU. 6, S. §. i, Spald. 38) Divin. in Caocil. 22. Vcrr.
A. 1 , 9. 12. 13. 39) Brut, I. c. 40) Diriii. in Caecii. 1. 2. 21.
41) OiTin. 21. A. 1, 12. 13. ii) A. I, 15 Tm.
XX. HORTE NSII. (7.) 89
besiegel(e er Jen mit ilir errichteten Bund. Verres hatte nach
seiner Prätnr als Nachfolger des Proprätor C. Sacerdos * ^) drei
Jahr hindurch*'') von 73 — 71 Sicilien rerwaltet und gemiss-
handelt. a. 70 wurde er durch L. Metellus ersetzt,*') and
nach dem ^^ iinsche der Insel * ^) sollte Cicero, nicht sein Neben-
buhler Q. Cäcilius Niger, ein Siculer, *') ihn wegen Erpressungen
anklagen.*^) Bei der Stimmung gegen die senatorischen Ge-
richte schien es bedenklich, so offenkundigen Frevel nicht zu
ahnden,*^) und doch erforderte es das eigene Interesse der
Oi)timaten, dass die Plünderung der Provinzen unbestraft blieb;
Viele unter ihnen waren iiberdiess persönliche Freunde des
Verres, besonders Hortensius, C. Curio, die Metellus und die
Scipionen, *") „leere Namen der Nobilität, d. h. anmassender
]Männer, welche Cicero nicht so sehr hinderten, weil sie von
hoher Geburt waren , als sie ihn förderten , weil man sie
kannte". ") Blan suchte daher bei einer schlechten Sache einen
guten Schein zu gewinnen. Cäcilius, der Ouästor des Verres
in Sicilien,'-) soUte einen unschädlichen Angriff auf ihn
machen, '^) und Hortensius, der Redner, der Consul des künf-
tigen Jahrs ihn verlheidigen. ' *) Die Kichter entschieden nun
zwar vor den A\'ahlcomitien ' ') fü'r Cicero, aber dem Beklagten
bUeb doch Hortensius, mit welchem er längst enge verbunden
war, '^) weshalb man ihm nach dessen Wahl Glück wünschte. ' ")
Knn forderte Cicero zu einer Reise nach Sicilien 110 Tage, um
sich urkundliche Beweise und Zeugen zu verschaffen; er been-
digte sie jedoch in 50, '^) und war «m so mehr darüber erfreut,
da seine Gegner einen Achaja betreffenden Process einzuschieben
suchten, in welchem der Kläger nur eine Frist von lOS Taaeu
43) Ascon. arg. diviii. Verr. 2, 8. 34. 44) Ascon. 1. c. Dir. 4.
A. 1, S. 14. A.2. 1. 1, 23. 2,57. 3,41. Lactant. 2, 4. §. 34. 45) 2. Th.
S. 56 Ko. 32. 46) DJT. 1. 4. 5. 7. 20. 47) Ascon. 1. c. Div. 16.
48) Dir. 3. 5. 20. A. 1, 14. 17. 18 ün. A. 2. 1. 3, 95. 49) A. 1, 1.
Addnxi enim hoininem , etc. 15 in. 16. 50) Ascon. arg. A. 1. Verr.
A. 1, 6. 7. 9. 12. Unten A. 61. 51) A. 1, 6. 52) Div. 10, 17.
18. 19. 20. 53) Div. 6. 7. 10. 14. 17. 18: Utrum te perfidiosiun, an
praeTaricatorem enstimari mavis? 54) Ascon. 1. c. A. 2. I. 1 , 9. 28
o. s. Brot. 92. Oral. 37 n. lüer die ff. A. S.'i) Div. 21. 22. A. I, 12.
56) Div. 7. A, 1 , 14. Grat. 1. c. Familiaris rens. Obea §. 2. A. 24.
57) A, I. 7. 58) Ascon. 1. c A. 1, 2. A. 2. 1. I, 11.
90 XX. HORTENSn. (7.)
verlang'te und desLaib vorgleng'; »»j Jann kamen Spiele Linz«, *°)
lind man durfte Loffen, dass die Untersnclinng g^eg-en Verres sich
bis zum nächsten Jahre verzog , in welchem Hortensius und
Q. Metellus als Consnln, und der Bruder des Letzten M. Metellus
als Prätor ihm noch nützlicher werden konnten. ^') Durch seine
eilige Rückkehr brachte Cicero sie aus der Fassung'; auch be-
wirkte er die Verwerfung: der bestochenen Richter, damit „keia
Zeichen, keine Farbe, kein Flecken auf die Abstimmung Einfluss
hatte". «^) Er hielt am 5. August (Sextil) ^^) vor dem Prätor
M. Acilius Glabrio ^*) die erste unter den verrinischen Reden,
und entschleierte darin die Umtriebe der andern Partei und die
Schwäche, welche sie dadurch kund gab, während er zugleich
zeigte , wie uachtheilig es dem Senat sein werde , wenn die
Richter auch jetzt nicht verdammten, wo Jeder verdamme,®')
einen Beklagten, welcher sich nur deshalb zu stellen wage, weil
er sie für Nichtswürdige halte, ®^) dessen Verfahren nur eine
Zugabe zu einem Uebermasse von Verbrechen sei.*') Hortensius
hörte, er stehe jetzt nicht unreifen jungen Männern gegenüber; **)
der Kläger fürchte seine Einiheilungen an den Fingern , seiuen
Wortschwall und sein lebhaftes Mienen - und Geberdeuspiel
nicht; '"') er wisse, wie er seinen Einfluss auf die Gerichte er-
worben und ausgeübt habe, und trete jetzt eben auf, um bekannt
zu machen , was er wisse , die Wahrheit seiner Aussagen durch
Thatsachen zu erhärten, die Schuldigen zu brandmarken und den
Unfug zu endigen, '°) damit die Provinzen nicht zur Schande
des Senats die Aufhebung solcher Gerichte verlangen, weil die
Statthalter dann doch nur für sich, nicht anch für Sachwalter
und Beistände, für Prätor und Richter erpressen würden;'')
denn oft habe Verres in Sicilien geäussert: er plündre die Pro-
vinz im Vertrauen auf den Schutz eines angesehenen Slaunes,
59) Ascon. I. c. A. 1 , 2. 3. A. 2. 1. 1, 11. Pia«. Cic. 7. Qiüntil.
6, 5. §. 4. 60) A. 2, 1. 1, 11. Vgl. A. 1, 18. 61) Ascon. arg.
A 1 11. A. 1, 8. 9. 10. 11. Caecil. No. 29 n. 34. 62) A. 1 , 6.
12 fin. 14. 63) A. 1, 10. 64) A. 1 , 2. 3. 17. A. 2. 1. 1, II.
Vgl. <;>uiuiU. 1. c. II. 10, 1. §. 23. 65) A. I, 3. 5 iiii. 15. 16. 66) A. I,
3. 6. 14. 67) Das. 1. 4. 68) Appins. Diviu. 7 Tm. Oben §. 2.
A. 26. 69) Viy. 14. Oben §. I. A. 9. Val. M. 8, 10. 70) A. 1,
12. 13. 16 17. 71) A. 1, 14, §. 2.
XX. IIORTENSII. (7.) 91
lind werde selir frolj sein , wenn der Ertrag Eines Jahres ihm
■verbleibe; im zweilen sammle er für seine Vertheidiger, und im
dritten, dem frucLtbarsten und ergiebigsten, für die llicLter. '-)
Um die VerLandlungen abzukürzen , wollte Cicero die Zeugen
sogleicli Tjei jedem einzelnen Rlagpunkte nicLt nach der Been-
digung seines ganzen Vortrags aufrufen;'^) Ilortensius unter-
bracli und befragte sie; ") er mochte sich aber nach einer solchen
Einleitung des Processes nicht weiter mit ihm befassen, ") und
sein Client gieng vor der Entscheidung ins Exil und wurde ver-
urlheilt. ' ^) Den Betrag seiner Räubereien in Sicilien hatte
Cicero zu 100, und dann nach den Untersuchungen auf der Insel
zu 40 ÄDllionen Sestertien berechnet; ") wie man auch die un-
sicheren Lesarten bei Plutarch'*) und Ascouius ' ^) verändern
mag, so bezeugen doch Beide, dass die Geldbusse, welche man
\ erres auflegte, verhiiltuissmässig gering war, ^^•odurch der Ver-
dacht entstand, Cicero habe von ihm Geld bekommen oder ihn
aus Rücksicht auf Hortensius geschont. Wenn man ihn je der
Bestechlichkeit überführen könnte, so musste er doch jetzt vor-
wurfsfrei bleiben, und den Vertheidiger wollte er um jedeu Preis
von seiner Höhe herabziehn ; überdiess hieng die Bestimmung
nicht von ihm, sondern vom Gerichte ab ; die Umstände hinderten
es, A^erres freizusprechen, die wohl verdiente Schmach von ihm
abzuwenden, welche er indess mit unzähligen Anderen theilen
würde, wenn Cicero ihr Leben beleuchtet hätte, nicht aber, die
Strafe zu ermässigen.
Jener hatte sich indess zu einem härtern Kampfe angeschickt,
und er wollte nun wenigstens durch Streiche in die Luft gegen
einen Abwesenden, dessen Verurtheilung für ihn nur Mittel ge-
wesen war, seine Meislerschaft noch mehr bewäliren; deshalb
schrieb er die übrigen Reden gegen Verres, welche wir be-
sitzen. ' ") Auch Hortensius wird darin als gegenwärtig er-
72) A, 1, 14. §. 2. tfeber die Sphinx, ■welche 11. iron ihm erhalten
hahen soU s. Plin. 34. 18 (8). 9iüatii. 6, 3. §. 98. Pliit. Cic. 7.
73) Ascon. arg. A. 1 n. Cic. A. 1 , 18. PInt. 1. c. 74) Ascod. I. c.
A. 2. 1. 1, 28. 73) Ascon. I.e. A. 2.1. 1, 11 B. das. Ascou. Orat. 37.
Flu«. 1. c. 76) Ascon. arg, A. 1. Lactant. 2, 4. 77) DiTin. 5.
A. 1 , 18 fin. 78) Cic. 8. 79) zn A. 1, 18. 80) Ascou. arg.
A. 2 1 1.
92 XX. HORTENSII. (7.)
Nvähiit. ^ ' ) Er niitwortete nicht, well er slcL in leeren Declama*
tionen nicLt gefiel und über eine durchaus verlorne Sache noch
weniger schriftlich als mündlich verhandeln mochte , da sein
Gegner weit besser schrieb. *')
Das Loos bestimmte ihm die Provinz Greta. Er überliess
sie Q. MeteUus (Creticus), mit welchem er a. 69 Consnl war, *^)
und blieb im folgenden Jahre in Rom. Dadurch widerlegte er,
was Cicero in dieser Beziehung über ihn geschrieben hatte. **)
Als Vertheidiger der Aristocratie und als Metellus Frennd^^),
sprach er a. 67 im Senat gegen Gabinins, welcher Porapejng,
ohne ihn zn nennen, zum Anführer im Kriege mit den See-
räubern vorschlug. Er erklärte anch a. 66 , als Älauilius für
Pompejus den Oberbefehl gegen IMithridat forderte, jener sei der
Würdigste, wenn man Einem alle Gewalt übertragen müsse,
man müsse aber nicht Einem alle Gewalt überfragen ; nach Clceros,
des Democraten, Urtheil, ein veralteter Spruch, welcher sich längst
durch die Erfahrung als falsch erwiesen habe. *^) Cicero war
jetzt Prätor; zum ersten Male erhob er seine Stimme auf der
Rednerbühne in einer Staatsangelegenheit,*') nnd beförderte
durch die Empfehlung der Rogation die Wiederlage des Senats.
Bald traf er mit Hortensius auch wieder in den Gerichten
zusammen. Es beruht aber auf einem Irrthume, wenn
man diesen a. 65 P. SuUa als Theilnehmer an der ersten
catilinarischen Verschwörung vertheidigen lässt ; die Stellen,
welche es beweisen sollen , beziehen sich vielmehr auf das
Jahr 62. **) Er zeugte jetzt mit anderen Optimaten gegen
81) A. 2. 1. 1, 9. 5, 1. 9. 18 n. s. 82) Cic. Orat. 38; Dicebal
melius quam scribebat Hortensius. Onintil. 11, 3. §. 8. Derselbe sag«
10, 1. §. 23 nur, es sei •vriinscliensvrerth, dass mau eine, nicbt die, Rede
des H. für Verres yergleichen könne, um die Sachlage richtig za beur-
theilen. — Verres erreichte ein hohes Alter; seine Liebe zn den Knast-
werken vvnrde die TJrsach seines Todes. M. Antonins ächtete ihn a. 43
und liess ihn ermorden, vreil er sich weigerte, itun GelKsse TOn corin>
thischem Erze abzntreten. Er starb später als Cicero und mit männlicher
Fassnn». Plin. 34, 3 (2). Senec. Snasor. 6. Lactant. 2, 4. 83) Caecilii
No. 29. A. 35. 30. Hier A. 36. 84) Verr. 1. 2, 31. Vgl. 3, 95.
85) Caccil. I. c. A. 51. 86) Ulanil. 17. 19. 22. Flut, roiup. 25. Dio
36. 7. romppj. UIv. n. 67 n. 66. Gabinii No. 5. §. I. 87) Ma»U. 1.
88) l>. SuUu 4. 5. S. unten A. 96 u. Corael. Sulla No. 23.
XX. HORTENSII. (7.) 93
C. Cornelius, dessen Trlbunat ihren Zorn erregt Latfe, weil er
BlissbräiicLe abzustellen und die Grossen zu zügeln sucLfe; des-
halb wurde er unter dem Verwände , dass er die tribunicischen
RecLte verletzt Labe, wegen Blajestät angeklagt; sein Anwalt
Cicero Latte die GenugtLnung, dass die Richter ihn freisprachen.^*)
Um diese Zeit trat Horteusius selbst für den Senator L. Vargun-
tejus auf, welcLer wegen gesetzviidriger Bewerbung um ein Amt
belangt war, und bald als Catilinas BlitverscLworner Cicero in
seiner Wohnuiig tö'dten wollte. BleLr wird nicht daiüber be-
richtet. 9 °)
§ 4.
Für Cicero näherte sich der wichtige Tag der Consnlar-
Comitien. Um des Erfolgs gewiss zu sein, hatte er bis Jetzt der
Volkspartei gehuldigt, und nicht in ihm lag die Ursach, wenn
Ponipejus, welchem die gesättigte und dankbare Menge unter
seiner Vermittelung den höchsten Wunsch erfüllte, nicht als
Herrscher vom mithridatischen Kriege zurückkam. Er wurde
a. 64 gewählt. Hortensius und die Ebenbürtigen sahen scheel; *•)
aber er versöhnte sie a. 63 als Consul,^-) denn nun war er
Aristocrat, wenn auch spater der leidige Streit mit Clodius ihn
oft zur Selbstverläiignnug zwang. Die gefährlichsten Feinde der
bestehenden Ordnung waren die Optimaten selbst wegen ihrer
Entartung , und Cäsar als der klügste. Aus einer Ferne , wo
man iLn kaum erkennen , noch weniger eiTeichen konnte , leitete
oder begünstigte er die Angriffe gegen sie , und auch wenn er
besiegt wurde, drang er vor, denn er schreckte die Grossen und
zeigte dem Volke das Ziel. Zu den scheinbar misslungenen Ver-
suchen dieser Art gehört das servilische Ackergesetz , gegen
■welches Cicero mit dem Gefühle seiner Wichtigkeit seine ganze
Beredtsanikeit aufbot, nicht ohne den Vorwurf zu hören, er ver-
wende sich für die sieben Tyrannen und die übrigen Besitzer
der von Sulla angewiesenen Ländereien; ^^) femer der Process
89) Cornelii (plcbeii) No. 1. 90) p, SnUa 2. Vgl. 24 n. SaUusl.
B. C. 17. 28. Cort. 91) Brut. 94. 92) Das. 2 Phil. 5. 93) de
lege agr, 3, I. Unter ilipsen virar, so -»iel vär wissen, Iloripnsius niclit,
obgleicli er mk mehreren der Sieben als Gegner des C. Corneliua zusammen-
94 XX. HORTENSII. (7.)
des C. Rabirius. Der greise Senator wurde wegen Perdaellion
belangt , nicht weil mau ihn verderben , sondern weil man den
Senat abliallen wollte , ausserordentliche Massregeln zu seiner
Sicherheit zu nehmen. Hortensius vertheidigfe ihn und nach ihm
Cicero. ^') Auch für L. Licinius Murena, welchen sein Mit-
bewerber um das Consulat Ser. Sulpicius beschuldigte, dass er
die Stimmen erkauft habe, sprach Cicero zuletzt, und er machte
die grössten Anstrengungen, um die beiden anderen Sachwalter
Hortensius und M. Crassus, deren Nachgiebigkeit er diesen Vorzug
verdankte, zu übertreffen, und durch Witzeleien über den Rechts-
gelehrten Sulpicius und dessen Mitankläger den Stoiker M. Cato
die Richter in eine gute Laune zu versetzen, Murena wurde
freigesprochen.^')
Unter seinem Consulat a. 62 belangte man P. Sulla wegen
Theilnahme an der catilinarischen Verschwörung. Hortensius
und Cicero, welchem auch jetzt die Schlussrede überlassen blieb
und eine erwünschte Gelegenheit sich darbot, jenen unter vielen
verbindlichen Worten in den Schatten zu stellen, erhielten einen
günstigen Spruch. ^ ^) Der Retter der Republik erwartete auch
von Anderen fortwährend ausgezeichnet zu werden; es krankte
ihn, dass er a. 61 vom Consul M. Piso im Senat nicht zuerst
gefragt wurde, doch vrar er der zweite und Hortensius nur der
vierte; darin lag einiger Trost; gleichwohl musste Piso seine
Rache empfinden,") zumal da dieser die Bestrafung des P. Clo-
dias nach dem Vergehen gegen die Bona Dea zu verhindern
suchte. Auch Hortensius machte ihm deshalb Vorwürfe; '*) er
beförderte aber, was er nicht wollte; denn da über die Art des
Gerichts Streit entstand , und er nur im Verzuge Gefahr sah,
weil der Verbrecher übrigens unter keiner Bedingung entrinnen
könne, so bewirkte er, dass die ordentlichen Richter zugelassen
wnrden, welche Clodius freisprachen.'") In ihm fürchtete Cicero,
welcher gegen ihn ausgesagt und ihn dann durch bittern Spott
gestellt vrird. Ascon, Cornel. p. 60. Orell. Oben J. 3. A. 89 n. Inlii
No. 31. 5. 6. A. 70. 94) luUi No. 31. 5. 7. A. 4 n. 2. Th. S. 26.
A. 26, 95) p. Muren. 4. 23. Plnt. Cic. 35, Cato m, 2! n. 28. S. Li-
cinü Muren. No. 5. 96) Cornpl SuU. No. 23. 97) ad Alt. 1, 13.
§. 2. 2. Th. 8. 86. A. 60. 98) ad All. 1, 14. {, 6. 99) 2. Th.
S. 207. A. 93. S. 210. A. 7.
XX. HORTENSIl. (7.) 05
noch mehr gereizt Latte, den Rächer Catiliaas; er suchte daher
bei Ponipejiis Schutz, aber mit keinem andern Erfolg'e, als dass
dessen Feinde auch die seinigen wurden. Der Imperator erschien
im Anfange des J. 61 nach seiner Rückkehr vom mithridalischen
Kriege vor Rom ; er hafte das Heer entlassen , ohne die Ge-
müther zn beruhigen, und auch abgesehen von seinen ehrgeizigen
Entwürfen, fühlten sich Mehrere persönlich durch ihn beleidigt,
besonders L. Lucullus, Auch Cicero liebte ihn nicht; der Ruhm
des Helden that dem seinigen Eintrag; Jener schien von den
Verdiensten des Redners kaum Kenntniss zu nehmen, sein Ein-
fluss jeden andern zu vernichten, und unerträg-Iich waren die
Umtriebe, durch welche er die Wahl seines Legaten L. Afranius
zum Consul des nächsten Jahrs bewirkte : '" °) dennoch warf
sich Cicero in seine Arme, und wurde von ihm bald auch Cäsar
Eugefiihrt. ') In dieser Richtung mochten Horlensius nnd andere
Optimalen ihm nicht folgen, und eben so ^venig glaubten sie sich
verp (lichtet, ihn gegen einen Mann, welchen er sich muth willig
verfeindet hatte, zu vertreten; in ihm w^urde aber nach seiner
Behauptung die Republik preisgegeben; daher die Klagen a. 60
über seine Neider, über die Thoren, -welche nicht begriffen, dass
sie ihre Fischteiche nicht behalten werden, wenn der Staat unter-
gieng. ') Hortensius, auf welchen solche Aeussernngen vorzugs-
weise zu deuten sind,^) vertheidigte in dieser Zeit in einem
übrigens unbekannten Rechtshandel Valerius, einen Freund des
Atticus, dessen Freisprechung daher auch Cicero erwünscht war;
doch konnte dieser die Bemerkung nicht unterdrücken, dass man
der Einmischung des Pompejus und des ihm dienstbaren Consuls
Afranius , und folglich nicht der Beredtsamkeit des Anwalts das
Meiste verdanke, wie sehr auch das Ansehu „des Gewalligen"
ihn schmerzte. *)
Durch die Errichtung des Triumvirats war die Macht des
Pompejus scheinbar vermehrt, und Cäsar verschaffte ihm a. 59
als Consul, was er von Afranius gehofft halte. ') Gegen den
eisernen Arm der Verbündeten galt kein Widerstreben ; vor-
JOO) 1. Th. S. 36. A. 83 — 87. 1) ad Att. 1, 19. §. 6. 2, 1.
§. 6. 3. J. 3. 2) Das. 1, 18. J. 8. 19. j. 6. 20. J. 4. 2, 1. {. 6.
S. unten §. 6. A. 83. 3) Macrob. Sat. 2, 11. 4) ad Att. 2, 3.
5) 1. Th, S. 36. A. 83.
96 XX. HORTENSn. (7.)
sichtig zog sich Ilortensius in die GerlcLfo zurück ; er wagte
nicht, v/o er nur verlieren konnte. Das .Schicksal führte ihm
wieder einen Clienten zu, welchen man beschuldigte, und nach
Macrobius mit vollem Rechte, sich auf Kosten der Provincialen
bereichert zu haben. ^) L. Valerius Flaccus, Prätor a. 63 ')
und dann Slatüialter in Asia , ') wurde wegen Erpressungen an-
geklagt. Er hatte Cicero in dessen Consulat gegen die Ver-
schwornen unterstützt, '■') und gern gewährte auch dieser seine
Bitte um Beistand. Denn hier war eine Gelegenheit, an einen
glänzenden Zeitpunkt zu erinnern, Stoff und Anlass zur Selbst-
vergötterung ' ") und zu Ausfällen auf die Freunde des C'atilina. ' ')
Hortensius begnügte sich wieder, zuerst zu sprechen; er erhob
die Thaten des J. 63 bis an den Himmel und gab damit den
Ton an, in welchen Cicero einstimmte; ' °) aber nichts konnte
diesen von dem Wahne heilen, dass der Lobredner zu seinen
geheimen Feinden und Neidern gehöre, da er sich in jeder Be-
ziehung so viel grösser zu sein dünkte.
Er sah daher auch a. 58, als die Triumvim seine Verban-
nung durch P. Clodius zuliessen, nur bösen Willen bei ihm.
Mochte Hortensius mit einigen anderen Senatoren die Riller,
welche für ihn baten, zum Consul Gabiuius führen, und dann
im Getümmel kaum den Streichen der Clodianer entgehen, ' ')
nichts überzeugte den Verfolgten von der Reinheit seiner Ge-
sinnungen, «nd sein Ralh, durch freiwillige Entfernung dem
Sturme auszuweichen, liess keinen Zweifel übrig, dass er nicht
nur sich des bewunderten Nebenbuhlers entledigen, sondern ihn
auch zu einer schimpflichen Handlung verleiten wollte. ' *) Dieser
beleidigende Argwohn blieb ihm nicht verborgen, obgleich Atticns
nicht Zuträger war, sondern das gute Vernehmen zwischen seinen
gemeinschaftlichen Freunden zu erhalten suchte. ' ^) Für einen
Undankbaren, welcher jeden seiner Schritte missdeutete, mochte
6) Satnrn. 2. I , eine Stelle, ans wclclier sich zngleich ergiubt, dass
■wir Ciceros Rede für Flaccus nicht ToUständig besitzen, und dass dieser frei-
gesprochen -wnrde, 7) Cic. p. Flacc. 3. 40. Sallust. B. C. 45. Corl.
8) p. Flacc. 3. 9) Das. 1. 2. 40. 41. 10) Das. 1. 2, 38 f.
II) Das. 37. 41. 12) nd Att. 2, 25. $. 2. 13) 2. TIi. S. 245.
A. C3. 64. 14) Das. .S. 251. A. 10 f. 15) ad Att. 3, 9. j. 2,
Vgl. 4, 3: Elinm hercnio faiuiUari luo. n. 4, 6.
XX. HORTENSn. (7.) 97
er sich nicLt metr bemiiLen ; nnr als Älifg'lied des Senats, sofern
dieser im Allgemeinen daLin wirkte , beforderte er seine Her-
etellnng'. Die ung'emessenen Fordeningeu Ciceros nach dessen
RiickkeLr a. 57 und seine neuen Händel mit Clodius, die stete
Beuiu-uLigung' der Stadt durcli einen Privafzwist, in -welchem er
einen Kampf für Freiheit und Republik erkennen sollte, gefielen
ihm nicht, und auch dadurch erregte er grosse Unzufriedenheit. * *)
§ 5.
Unter seinen Beschützern pries Cicero insbesondre P. Len-
(iilus Spinther, welcher a. 56 Proconsul von Cilicien war, und
Ptolemäns Anletes, den vertriebenen König von Aegjpten, wieder
einzusetzen wünschte. Dieselbe Absicht hatte Pompejus , weü
ihn nach dem Oberbefehle über Heer und Flotte verlangte.'
Cicero suchte sich durchzuwinden, wogegen Horfensius, von keinem
Clodius und zweiten Exil bedroht, sich offen für Lentulus, den
Unschädlichen, erklärte, nur sollte er dem Spruche der sibjl-
linischen Bücher gemäss, sich friedlicher Mittel bedienen, damit
Pompejus weniger gereizt and die Ruhe ini Staate erhalten
würde. ' ')
Es freute Cicero, dass der Triumvir nicht durchdrang, und
dass auch Hortensius dazu beitrug; übrigens dachte er an diesen
immer nur mit Misstrauen und geheimem GroU. Alticns wnsste,
dass das Unrecht auf seiner Seite war «nd seine Klagen und
Anspielungen auf einem ungegründefen Verdachte beruhten ; ' *)
er forderte ihn daher anf, Hortensins eine Schrift zu widmen.
Wie viel aber auch sein Wort dem Freunde galt, so war dieser
doch einer solchen Selbstüberwindung nicht fähig, zumal da e*
durch eine Art von Widerruf sich lächerlich zu machen fürch-
tete. 'S)
Hortensius waren solche Rücksichten fremd; er widersprach
16) 2. Th. S. 316. A. 85. S. 318. A. 94. 17) ad Fam. 1, 1.
§. 2. 2, §. 1. Cornel. Lenml. No. 21. §. 1. A. 99 ii. 5. 18) 2. Th,
S. 251. A. 10—18. S. 302. A. 85. 19) ad A«. 4, 6. §. 2. Die
Ausleger haben bemerkt, dass hier nich» von dem viel spiiler geschriebenen
„Horlensios'- die Rede is«; (de divin. 2, 1 ) aber eben so wenig geh» ans
Ciceros Aborten henor, dass er kürzlich luii Horiensius üfl'enlüch gestritten
hane, nnd der Vorschlag des Atticas dadurch veranlagst war.
Drumann . Cleüclüclito Uüni:i Ul. '/
98 XX. IIORTElVSn. (7.)
sich nlctt, wenn er Cicero eine Anfmerksamlceit erwies. So
aber erscLeint seine VertLeidigung' des P. Sextias, welcher a. 57
als V. Tribun von dem Gefolge des Clodiiis verwundet war, und
sich dann aus Rachg-ier und zu seiner Sicherung ebenfalls niit
einer Bande umgab. ^°) Anderes denfete Cicero nach dem Exil;
er rühmte die Verdienste des Tribuns um die Republik und be-
kannte sich zu dessen Schuldnex'. Indess wusste jener, dass man
glauben sollte, bis auf eine verworfene Rotte habe sich Alles
für den Verbannten erhoben , und Cicero , warum Sextius ge-
kämpft hatte. Um so leichter konnte zwischen ihnen selbst ein
Zwist entstehen; maai kennt die Veranlassung nicht, aber ganz
Rom war davon unterrichtet. Cicero wurde von seinem Bruder
Ouintus daran erinnert, dass man ihn der Undankbarkeit beschul-
digen werde, wenn er „die \ erkehrtheit des mürrischen Mannes"
nicht ertrage, und von der Sorge für seinen Ruf getrieben, von
dem Wunsche, lÜir erkenntlich, grossmüthig und inenschenfreund-
Lch zu gelten, bot er Sextius seine Dienste an, als er am
10. Februar 56 vregen Bestechung bei den Wahlen und an
demselben Tage von M. TuUius Albinovanus bei dem Prätor
M. Aemilius Scaurus^') wegen der Gewaltthätigkeiten belangt
wurde, durch -welche er als Tribun die öifentliche Ruhe gestört
Latte.'') In dem letzten Gerichte, welches hier allein in Be-
tracht kommt, verlor er den Clienten fast ganz aus den Augen,
um seinen Hass gegen Piso und Gabinius auszuschütten, unter
deren Consnlat er verbannt war, seine Flucht zu rechtfertigen,
sich Weihrauch zu streuen, und zu beweisen, dass er Rom un-
entbehrlich gewesen sei. Kur nach diesen Bemerkungen kann
man das Verfahren des Hortensius würdigen. Er vertrat mit
Anderen'^) ohne eine äussere Nö'thigung einen Angeklagten,
gegen welchen er keine Verpflichtungen hatte, und neben Cicero,
dessen W^unsch und Hoffnung, in nächster Berührung mit ihm
um so mehr bewundert zu werden, ihm kein Geheimniss war, der
sich gänzlich hätte verleugnen müssen, wenn er diese Gelegen-
Leit nicht benutzte, sich als Staatsmann, als Retter des Staats, in
20) 2. Th. S. 287. A. 83. S. 291. A. 9 f. S. 292. A. 16. 21) p.
Sext. 54. 1, Th. S. 30. 22) Cic. ad Oq h. 2, 3. 4. \>. Spxt. 2. in
Vatin, 1. 23) p. Sexl. 2. (Jui aiilo nie ilixeiiml. — Qiioniaiu sia-
gulis ci'imiuibus caeieri i'cspouderiiiit, dicau cgo cic.
XX. HORTENSn, (7.) 99
ein glänzencles LicLt zn stellen, in einem Falle endlicli, vro er
nichts zur SacLe sagen konnte, ohne auch jenen lobend zn er-
wähnen. Ueberdiess gestattete er anch jetzt, dass Cicero zuletzt
redete, ^'') eine Begünstigung, da man am Schlüsse alle Gründe,
welche bis dahin vorgebracht waren, zusammen fasste, und mit
dem gröss'en Aufwände der Kunst die Gerechtigkeit und Billig-
keit der Richter und ihr Mitleiden in Anspruch nahm. Sextius
wurde am 14. März einstimmig für unschuldig erklärt. ' ')
In dem Alter, welches Hortensius erreicht hatte, suchte er
nicht mehr Befriedigung der Eitelkeit, aber noch immer Genuss,
und er wollte nicht darin beschränkt werden. Deshalb sprach
er a. 55 gegen das Aufwand -Gesetz der Consuln Crassus und
Pompejus. Er machte bemerklich, dass eine prachtvolle Lebens-
weise den Grossen eines mächtigen Reichs gezieme und sie darin
selbst ein rühmliches Beispiel geben. Diess zweideutige Lob,
dessen weitere Ausführung auch Pompejus ohnerachtet seiner
Massigkeit nicht wünschen konnte, veranlasste sie, ihren Antrag
zurückzunehmen. ^ ^)
a. 54 erfreuten sich wieder Mehrere seines Beistandes vor
Gericht. Zu diesen gehörte aber nicht Cn. Plancius, welcher als
Ouästor des Proprätor L. Appulejus in Macedonien Cicero wäh-
rend seiner Verbannung in Thessalonich aufgenommen und be-
schützt hatte, und jetzt als erwählter Aedil von seinem unglück-
lichen JMitbeweiber M. Juventius Laterensis beschuldigt wurde,
Vereine zur Bestechung der Tribus errichtet zu haben. ^') Er
vertheidigte vielmehr Procilius gegen dessen Ankläger P. Clodius.
Jener hatte vor zwei Jahren mit seinen CoUegen, den Tribunen
C. Cato und Nonius Sufenas, im Dienste des Pompejus und
.Crassus, welche durch ein Zwischenreich zum Consulat zu ge-
langen holften, Gewaltthäligkeiten verübt und auch einen Bürger
24) p. Sext. 2, 6. 25) ad On. fr. 2, 4. 26) Dio 39, 37.
S. FaTOiiias A. 53. 27) Cicero erwäliiit p. rianc. 15 Hortensius nichl
als Anwalt seines Clienten, wie Manntius glaubt (das. 2, p, 299) sondern
nur in Bezielinng auf sein Gnlachteu im Senat über den Sinn dos licinisclten
Gesetzes , worin M. Crassus im Torigon Jahre das Verlaliren in Gerichten
über Sodalitien bestimmte. Scliol. Buhicns. zu Cic. Or. )>. l'Ianc. p. 253.
Orell. lieber die üeil diese» l'iQce).»cs i,. Wunder l'ioU-g. ad or. p. l'l.
1. 3. c. 1.
7*
JOO XX. HORTENSII. (7.)
getödtef. GleichwoliI wurde er am 5. Juli nnr mit einer MeLr-
heit von secLs Stimmen veruriLeilt. Nur ein SacLwalter, dessen
Gruudsiifze dem Senat nicht zweifeUiaft waren, konnte sich mit
dieser Klage befassen, ohne Anstoss zu geben. Cicero schwieg;
er mochle auch nicht feindlich mit Clodius zusammen (reffen. -^)
Dajin aber sprach er mit ihm, mit Hortcnsius und drei Anderen
für AI. Aemilius Scaurus , welclien man am 8. Juli wegen Er-
pressungen belangte. Ihre Bemühungen hallen einen günstigen
Erfolg. = 9)
Bald nachher a. 63 wurde P. C'rassus mit seinem Vater
von den Parihern ersclilagen, ^ ") Er war Augur gewesen und
man musste ihn ersetzen. Cicero schrieb zwar später aus Cilicien
an M. Cato, als er sich um eine Supplicalion bewarb, ihn habe
nie nacL äusseren Ehren verlangt, auch nicht nach dem Augiirat,
welches er leicht habe erhalten können, erst nach dem Exil sei
der Wunsch in ihm entstanden , dass man ihn durch ölfenlliche
Anerkenntuiss auszeichnen möge; ^') aber schon im J. 59 ver-
traute er Afticus nach dem Tode des Augur O. ÄleteUus Celer,
seine AVahl an dessen Stelle sei das Einzige , wodurch die
Triumvirn ihn vielleicht gewinnen könnten. ^ ') Obgleich er
also über die Anzeigen spottet, ^^) so hatte doch das Priester-
thum einen hohen Werth für ihn,^*) aus anderen Gründen,
nnd weil er auch darin Hortensius nicht nachstehen wollte, und ge-
rade dieser unterstützte seine Bewerbung ^ ') am thätigsten. .Sein
Nebenbuhler war der V. Tribun Luccejus Hirrus, ' ^) welcher be-
sonders wegen dieser Anmassung von ihm und seinen Freunden
als ein lächerlicher und verächtlicher JNIensch geschildert wird.
In der Zeit der Philippiken versicherte BI. Antonius, auch er
habe sich gemeldet, und aus Gefälligkeit gegen Cicero seinen
Entschluss geändert. ' ') Das Collegium erklärte sich für Cicero,
28) ad Atl. 4, IS. §. S. 4, 16. §. 3. LJv. 105. Dio 39, 27. 2. Th.
S. 333. A. 81. 334. A. 86. 339. A. 23. rompej. Illr. <-i. 56 n. 54.
29) 1. Th. S. 31. A. 28 f. 2. Th. S. 340. A. 24. 30) Plnt. Crass.
26. Cic. 36. S. Licin. Crassi. 31) ad Farn. 15, 4. §. 2. 32) ad
A«. 2, 5. 2. Th. S. 28. A. 52. S. 227. A. 23. Uober die Ar« der Wahl
s. Iiaii Ko. 31. §. 7. A. 24. 33) de diviii. 2, 25. 34. 34) Vgl.
«le leg. 2, 12. ad Alt. 8, 3, §. 1. 35) ad Farn. 1. c. 36) Uai.
8, 3. 37) 2 Phil. 2.
XX. HORTENSII. (7.) 101
nnd Hortensiiis und Pouipejus ernannten ilin; '') jener scLwnr,
dass er der AufniJime win-dig sei, er weihte iLn, und der neue
Augur war nun verj)flicLtef, ihn als Valer zu elu-en. ^ ^)
Indess Hessen Ciceros Aeussernngen erst nach dem Tode des
altem Collegen ein solches VerhältnJss ahnden ; auch kam es wohi
nie dahin, dass sie unter vertraulichen Blitlheilungen über den
Lerannaheudcn Bürgerkrieg Thränen vergossen, obgleich Horten-
sius jede Störung seiner behaglichen Ruhe hasste. *") Er war
nicht geneigt, sich auch nur für die Optimaten aufzuopfern, und"
bewies diess unter Anderem a. 52 nach dem Tode des Clodius
durch den schwachen Widerstand, welclien er dem Consiil Pom-
pejns leistete. Bei den Verhandlungen im Senat erklärte er sich
nur gegen die neuen geschürften Strafgesetze, wodurch Pompefns
sich seiner Feinde, besonders Milos, entledigen wollte, nicht gegen
ein ausserordentliches Gericht. Dann bezeugte er, dass die Sclaven
des Milo entlassen seien , welche man auf der Folter befragen
wollte. ") Als Anwalt liess er sich nicht vernehmen. ")
Aach bei dieser Gelegenlieit konnte Cicero mit ihm zu-
frieden sein, da er sich dem Beklagten günstig zeig-fe, er wurde
aber nie von seinem Misstrauea geheilt. Eine Verfügung', welche
von Pompejus ansgieng, führte ihn a. 51 als Proconsiil nach
Cilicien, vielleicht zum Kampfe mit den Parihern, „vor welchem
dann wider sein Erwarten die Gottheit ihn bewahrte," ' ') wäh-
rend er den Kampfplatz in Rom Horlensius überlassen niusste,
da di.^ser, ohne Zweifel wegen seines höhern Alters und seiner
Körperschwü'che in Italien blieb. Im Cumanum, wohin Horlensius
ohnerachtet seines leidenden Zustandes sich begab , um ihn noch
einmal — zum letzten Male — zu sehen, erhielt er das Wort
von ihm, dass er eiue Verlängerung seiner Statthalterschaft nach
38) 2 riiil. 2 n. 13 Phil. 5. ail Farn. 3, 10. §. 2. Brut. 1. riiü.
Cio. 36. 39) Cic. Eint. 1. 40) Dos. 96. 41) 2. Tli. S. 350.
353. A. 15. 22. S. 355. A. 44. 42) Ascoii. arg. Älilo«. p. ii. eil.
Orell. Respoiidit bis uiiis IM. Cicero. Darnach sind die AVorle j). 35 zu
erklären: AiTuernnt Bliloni 9- Iforlensiiis, M. Cicero, M. IHarcelln.s, M.
Calidius, M. Calo, Fausliis Sulla. Siu lieiniihteu sich für den Beklagten;
Marcc'Uns legte mit ihm nnil mit Ciceru den Zeugen Fragen vor; ilns. |>. 41^
Cato stimmte dann sogar ab llicüler. Das. p. 5J. 2. Th. S. äSö. A. 33.
43') ad Att. 7, I. y. 2.
102 XX. HORTENSn. (7.)
Kräften verliindem wolle,*') und er wiedertolte scbon auf der
Reise die gleiche Bitte in Briefen an Atticus, mit der Auffor-
derung', alle Freunde, und besonders jenen aufzubieten,*^) -welcLem
er auch selbst zu schreiben Gelegenheit nahm. '»^) Dann erfuhr
er durch Sextius , dass Horfensius sich über die Dauer seiner
Verwaltung zweideutig geäussert habe ; eine unverbürgte, wie es
scheint, lediglich auf einem Gerüchte beruhende Mittheiluug er-
füllte ihn mit Argwohn und Furcht, und er wandte sich sogar
an Appius Claudius, seinen Vorgänger in der Provinz, dessen
patricischer Stolz ihn noch vor kurzem beleidigt hatte, damit er
dem gemeinschaftlichen Collegen im Angurat abrieth, ihm Cilicien
auf ein zweites Jahr übertragen zu lassen. *') Nach Allem,
■was bisher von Hortensius erzählt ist, wünschte er mit dem
eifersüchtigen und reizbaren Blanne in gutem Vernehmen zn
bleiben , und diess durfte er nicht hoffen , wenn er ihn auf eine
so empfindliche Art verletzte und täuschte; auch wurde Cicero
bald durch Atticus von dem Ungrunde seines Verdachtes über-
zeugt. * ä)
In dieser Zeit stand M. Valerius Messala vor Gericht , der
Schwestersohn des Hortensius, weil er a. 54 bei seiner Be-
werbung um das Cousulat, welches er im folgenden Jahre ver-
waltete, die Stimmen erkauft hafte. *^) Sein Vergehen war
stadtkund-g und das betreffende Gesetz des Pompejus '") sehr
strenge. Cicero bedauerte — in Briefen an Atticus — den un-
glücklichen Oheim, welcher ohnehin durch seinen missrathenen
Sohu schmerzliche Erfahrungen machte , und M. Coelius schickte
sich an — in Briefen an Cicei'o — für seinen verurtheilten
Frennd Leid zu tragen, ' ') Aber für Pompejus hatte das Gesetz
seinen Zweck verloren , und Hortensius , der Vertheidiger des
Messala, bediente sich der ihm wohlbekannten IMittel, es zu
lähmen. Man erstaunte; lautes Geschrei verrieth die allgemeine
Älissblllignng, und als Hortensius am andern Tage in das Theater
44) ad All. 5, 2 n. 17. {. S. 45) Das. 5, 9. 46) Das. 5, 12.
5. 2. 47) Das. 5, 17. }, 5. ad Farn. 3, 8. J. 2, 48) ad Au.
6, 1. §. 10 u. 3. {. 5. S. TiiUii. 49) Doniil. Calvin. Wo. 6. §. 1.
A. 23. §. 2. A. 52. Uiileu No. 14. 50) 2. Th. S. 351. 51) ad
Alt. 5, 12. nd Vam 8. 2.
XX. IIORTENSn. (7.) 103
des Carlo kam, empfieng' man ihn, dem diess nie begegnet war,
mit einem solcLen Zischen und Lärmen, dass er es bereuen
musste, auf diese Art gesiegt zu haben. ^^)
Dennoch beharrle er in seinem Berufe, nm so mehr, da
man in Ciceros Abwesenheit vorzüglich auf ihn angewiesen war.
Der Consular Appius Claudius wurde a. 50 nach seiner Rück-
kehr von Cilicien von P. Dolabella, Ciceros künfligem Schwieger-
sohne, wegen Majestät und dann auch wegen Bestechungen bei
den Wahlen belangt, im ersten Processe von M. Brutus, dem
Gemahle seiner Tochter, und von Hortensius vertheidigt und in
beiden freigesprochen. '^) Den zweiten erlebte Hortensius nicht;
er starb in seinem vier und sechzigsten Jahre, ^ *) bald nach dem
fünften April, an welchem Appius über den glücklichen Ausgang
des ersten an Cicero schrieb. ^') Dazu stimmt, dass Cäsar sich
im Frühjahr aus Gallien nach Italien begab, um BI. Antonius
zum Nachfolger des Verstorbenen im Augurat zu empfehlen. * *)
Cicero erhielt die Nachricht von dem Todesfalle, als er Cilicien
bereits verlassen hatte, in Rhodus. "■) Er wurde angeblich da-
durch erschüttert; '*) wie ihm aber Coelius kalt und mit wenigen
Worten meldete, dass der Redner unheilbar erkrankt sei, ^^) so
berührte auch er den Verlust in einem Briefe an Atlicus nur
kurz: er wird dich schmerzen, mir macht er Rummer; es war
meine Absicht, mit Hortensius einen vertrauten Umgang zu füh-
ren. ^°) Das Erbe des JMannes erregte ein grösseres Interesse;
Coelius erstand ein Gut bei der Sladt, und Cicero wollte den
schönen Landsitz bei Puteoli kaufen.^') Ein günsliges Geschick
bewahrte Hortensius vor dem Sturme, welcher bald über Rom
hereinbrach; er hatte gelebt, so lange man im Staate firoh nnd
glücklich leben konnte. ''-)
52) ad Famil. 1 c. Bnit. 96. Val. M. 5, 9. §. 2. Coelins dentel in
jenem Briefe an, d.iss Messala eine AiilUage uacli dem liciuisctieu Gesetze
(oben A. 27) bevorstehe; er vürde noch in diesem Jahre Terurtheilt.
ad Farn. 8, 4. 53) Claudii No. 41. J. 4. Cornel. Dolab. No. 10.
54) Cic. Brut. 64. 94. 96. 55) ad Fiuu. 3, 11. 56) B. G. 8, 50.
1. Th. S. 67. A. 94 r. bier A. 32. 57) Brut. 1. A^gl. ad Alt. 6, 7.
ad Fam. 2, 17. l'lnt. Cin 36. 58) Brut. I. c, 59) ad Farn. 8, 13.
CO) ad Att. 6, 6. 61) Das. 7,3. §. C. 62) Unit. 1. ad Fam
2, 16. VeUej. 2, 49.
104 XX. IIORTENSn. (7.)
§ 6.
Aeusseres Wohlsein Latte aber grossen Wertli für iLn,
und dalier auch sein bedeutendes Vermögen. Auf dein gewöhu-
lichen Wege, durch Räubereien in den Provinzen, war es weder
von ihm noch von seinem Vater erworben, «nd Ciceros Schwei-
gen ^^) sichert ihn gegen den Vorsvurf, däss er SiJlas Pro-
scriptionen benutzte. W^ie aber gelangte er zu einem Keichthume,
welcher ihm erlaubte, auf ein einziges Gemälde 144,000 Sestertien
zu verwenden? ^'') Durch Erbschaften wurde Blanches gewonnen,
wenn auch nicht immer auf eine rechtmässige Art, **) noch weit
mehr aber, wie es scheint, durch das Sachwalter- Geschäft. Seine
Clienten waren grösstentheils Optiniaten, besonders solche, welche
mit gefüllten Gassen aus den Provinzen kamen; sie theilten mit
dem Patron, und sein Ruf und ihre Gefahr machten sie frei-
gebig,^^) obgleich sich kein Beweis findet, dass jener bei der
Berechnung der für die Richter bestimmten und ihm etwa an-
vertrauten Summen nicht gewissenhaft war, wie von Clodius ge-
sagt wird. ^') W^enn es aber nicht an der Ordnung gewesen
wäre, für den gerichtlichen Beistand zu zahlen, so würde das
Liob Ciceros, er habe für seine Dienste keinen Lohn angenom-
men, keinen Sinn Laben. ^ ä)
Das Haus des Hortensius in Rom, welches später Augustus
eine Zeit lang bewohnte, war einfach, nicht gross, und nur mit
Hallen von albanischem Marmor nnigeben. '' '■') Es ist aber wahr-
scheinlich, dass dless nur vom väterlichen gilt, und er ein anderes,
ein Prachfgebäude, auf dem Palalinus kaufte, wie Cicero, ' ") da
man im Heere des Pompejus vor der Schlacht bei Pharsalus wohl
nicht bloss wegen seiner Lage über dessen Besitz stritt, und
L. Leutulus Cos. 49 es nebst dem Garten Cäsars für sich for-
derte. ' 1)
Um ihn im Privatleben genau zu beobachten, mnss man ihm
auf seine Landgüter folgen. JVacL dem Beispiele der übrigen
63) z. B. ad Farn. 2, 16 64) Plin. 35,40(11). §.26. 65) S.
nnteii A. 89. 66) Oben §. 3. A. 72. 67) Oben §. 2. A. 26.
68) Flut. Cic. 7. Oben §. 3. A. 72. 69) Suel. Ocla^. 72. 70) 2. Tli.
S. 209. 71) aa All. 11, 6. §. 3. Vgl. Coos. K. C. 3 , 82 u. Cornel.
Lont. No. 28.
XX. HORTENSII. (7.) 105
Grossen besass er meLrere in der Niihe der Stadt, um zu jeder
Zeit, auch wenn er sich nicLt weit und nicht lange von ilir
entfernen wollte, die Müsse gemessen zu können. Diesen Zweck
erreichte er insbesondre durch eine Anlage vor dem flumen-
tanischen Thore, nach seinem Tode ein Eigenthnm des BI. Coe-
lius, ' -) jedoch auch durch anderf Villen in Latiuiu, bei Laureutum
an der Küste mit einem Park und Thiergarten, '^) und bei
Tusculuni. ") Sie wurden von dem Gute bei Baiili in Cam-
jianien , ' ') zwischen Slisenum und Bajä, 26 Stadien von Pu-
teoli, '*) nach welchem es auch benannt wird,'") an Glanz
und jeder Zuriistung zum Wohlleben bei weitem iibertroifen.
Der Besitzer war nicht bloss reich, sondern er erfreute sicli
auch einer dauerhaften Gesundheit, welches Cicero ebenfalls be-
rechtigte, ihn glücklich zu preisen; nur in den beiden letzten
Jahren drückten ihn die Beschwerden des Alters.'^) Ohn-
erachtet der Bewunderung, welche sein ausgezeichnetes Redner-
talent ihm sicherte, wollte er auch durch sein Aeusseres gefallen.
Seine Kleidung war mit Hülfe des Spiegels so sorgfältig geordnet,
die Toga in so viele zierliche Falten gelegt , wie man es etv^'a
von einem Schauspieler erwartete, und da er überdiess in seinen
Geberden mehr Kunst und Anmuth zu zeigen suchte, als es
dem ernsten Redner geziemte , so nannte L. Torquatus ihn Dio-
njsia, der Name einer Tänzerin. 'ä) Dem entsprachen seine
Umgebungen, besonders auf dem Lande, die Gebäude, das Haus-
geräth , die kostbaren Gemälde , Statuen und übrigen Kuust-
schätze. ' ") Ausserdem aber vermisste man auch nichts, wa,s zo
einem üppigen Leben erforderlich ist. In seinen Kellern fanden
sich mehr als 10,000 Fässer Wein, und Spötter versicherten, er
habe ihn auch zum Begiessen der Bäume gebraucht, welcJie ihm
72) ad Ätt. 7, 3. }. 6. 73) Varro de re r. 3, 13: Qnod non
leporarium sed 0)jniotQO(fiioy appellabat. 74) Plin. 35, 40 (11). J. 26.
Jlacrob. Sat. 2, 9. 75) Cic. Acad. prior. 2, 3, 40. l'liii. 9, 81 (55),
Varro de re r. 3, 17. 76) Tacit. A. 14, 4. Dio 59, 17. 77) Cic.
ad Att. 1. c. Später besass es Symiuacljus. Symm. Epist. 1, 1. 78) Brut,
1, 96. ad Au. 5, 2. 79) Gell. 1, 6. Macrob. I.e. Vgl. Cic. Brut. 83.
Val. M. 8, 10. §, 2. 80) Plut. Cic. 7. Ai>cphlh. Reg. et luip. p. 104.
V. 8. ed. Uutl. Pliu, 34, 18 (8). 35, 40 (11). §. 36. ^uiiuil. 6, 3.
;. 98.
lOG XX. HORTENSn. (7.)
vorzüglich wertli waren. * ') Der Wald von Lanrentum lieferte
Wild; es war angeblich dazu abgerichtet, vor seinein Herrn zn
erscheinen, wenn der Sanger Orpheus es herbeirief. *^) Gleiche
Gelehrigkeit zeigten die Fische in den Teichen von Bauli, die
besten und seltensten Arten, und nicht bloss für den Gaumen
bestimmt , obgleich Hortensiu'' welcher bei seinem Angural -
Schmause zum ersten Male Pfauen auf die Tafel brachte,'^)
ohne Zweifel auch in dieser Hinsicht eine Auswahl zu treffen
wusste. *') Er sorgte für die Erwärmung des Wassers, für
gutes Futter, war hoch erfreut, wenn die Fische es aus seiner
Hand nahmen, * ^) und veranlasste dadurch manche üble Nachrede.
Denn man sagte, ihre Krankheit betrübe ihn mehr, als die Krank-
heit seiner Sclaven ; er habe sogar den Tod einer Muräne be-
weint, welches wahrscheinlich vom Redner L. Crassus auf ihn
übertragen ist,'*) und vor Allen spottete Cicero über ihn, über
Lucilius, Philippns, die Lucullus n. A. , von welchen er behaup-
tete, dass die Pflege ihrer Fische, worin sie es einander zuvor
zu thun suchten, ihnen wichtiger sei, als die Erhaltung der Re-
publik; ") er X'siisste allerdings seine Müsse besser anzuwenden.
Indess tadelte man Hortensius nicht bloss wegen seiner
üeppigkeit. Alan beschuldigte ihn, dass er sich nicht auf die
rechtlichste Art die Mitlei dazu verschaffe. Cicero woUte in den
Büchern von den Pflichten durch ein Beispiel beweisen, dass
mitunter auch solche, welche für ehrliche Leute gelten, den Vor-
theil der Tugend vorziehen; '^) er entnahm es aus dem Leben
des Hortensius. Betrüger überbrachten aus Griechenland ein
untergeschobenes Testament des reiclien Minucius Basilus, worin
mit ihnen Hortensius und M. Crassus zu Erben eingesetzt waren,
damit ihr Ansehn die Ausführung des Plans sicherte. Obgleich
die beiden Optiraaten Satrius, den Neffen des Verstorbeneu, als
81) riin. 14, 17 (14). Macrob. Sat. 2, 9. 82) Varro de re nisf.
3, 13. Plin. 8, 78 (i2). 83) Vairo 3, 6. Macrob, 1. c. Plin, 10,
23 (20). TertuU. de pallio p 56. ed. Liigd. Bat. n. A. 84) Varro
3, 3. PUn. 9, 79 (54). Macrob. 2. 11. 85) ad Att. 2, 1. }. 6. Varro
3, 17. 80) Varro !. c. Plin. 9, 81 (55). Macrob. 1. c. S. Licinii
Crassi. 87) Pisciiiarii. 1'is.ciiiaviiiii Tritoues, ad Att. 1 , 18. §. 8.
19. §. 6. 20. §. 4. 2, 1. §. 6. 9. §. 2. Paradoxa V, 2. Macrob. Sat. 1. c.
88) Uaec cousiduromus, <iiiae faciiiiit ii, qui Uabeulur Loiü. de olT. 3, 18.
XX. HORTENSn. (8.) 107
den recLtmässIgen Erben kannten, so wiesen sie den Gewinn
docb nicLt zurück, da man sie nicht als UrLelier des \ erbrecLens
belangen konnte, *'') und diess lässt nun freilicli TermntLen, dass
„das Licht der Curie, die Zierde des Markts" auch in anderen
Fällen käuflich war, wie sein Nebenbuhler besonders in den
Verrinen ihm vorwarf.
Das Sittengesetz wurde Horfensins nirgends hinderlich, wenn
auch seine schlüpfrigen Lieder nicht eben Ton einem unzüchtigen
Leben zeigten, ^ ") und Plutarch bemerkt, dass er in dieser Hin-
sicht keinen Ansfoss gegeben habe. ^') Seine Verbindung mit
Marcia, der Gemahlinn des M. Cato war denn doch sehr be-
fremdlich.") — Von seinen Anlagen, Kenntnissen und Schriften
zu sprechen, würde überflüssig sein. ^^')
8. Lutatia. Gemahlinn des Vorigen. Tochter des Redners
Q. Lutatias Catolus, welcher a. 102 mit C. Blarius Consul
war, ^*) und der Servilia. ^^)
9. (Blarcia.) Tochter des L. Marcins Philippus und Ge-
mahlinn des M. Cato. Ihre Verhältnisse zu Hortensius (No. 7)
sind eben so seltsam, als die Nachrichten darüber, so fern sie zu-
gleich erklärend sein sollen, ungereimt, wenn auch die Thatsache-
selbst nicht geläugnet werden kann. Jener bewarb sich an-
geblich ans Achtung gegen Cato , und um dessen Tugenden auch
in seine Familie zu verpflanzen , um seine Tochter Porcia , die
Gemahlinn des noch lebenden M. Bibulns; ^^'') wenn er Nach-
kommen von ihr habe, und ihr Gatte es wolle, könne sie zu
ihm zurückkehren. Auf die Bemerkung des Vaters, dass es
unschicklich sein werde, wenn seine Tochter diesen Wunsch er-
fülle , da sie schon verheirathet sei , bat Hortensius zu gleichem
Zweck' um seine eigene Gemahlinn Marcia, und sowohl Cato
als Philippus wUligten ein; die Frau wurde ihm geliehen, und
nach seinem Tode nahm Cato sie wieder auf. ä"*) Sie war nicht
89) Cic. 1. c. Paraa. VI. 1. Val. M. 9, 4. §. 1. 90) OtiiL Trist.
2, 441. GeU. 19, 9. 91) Cato m. 25. 92) Unten No. 9. 93) S.
die im Anfange dieser Ko. angeführte Abhandlnng Ton Liizac. 94) Cic.
de op. 3, 61. S. die folg No. 93) Cic. Verr. 2, 8. 95 b) Cal-
pnrnii No. 38. 96) l'lnt. Calo 52. App. 2, 490. Er Tcrmählte sich
uiclit Ton neuem mit ilir, sie wurde auch nicht seine Concuhine , sondern
das alte Verhällidüs trat wieder ein, es wurde lücht als aufgehoben, souderu
108 XX. HORTENSn. (10.)
vou iLin g'escLIeden, und lebte folglicli mit Hoffenshis nicLt in
Jer Ehe, wobei es sich noch besonders fragt, ob dieser sich toi»
Lutatia getrennt oder sie durch den Tod verloren hatte; das
zweite ist das wahrscheinlichste, da zwischen thm nnd ihrem
Bruder O. Catuliis stets ein g-utes Vernehmen bestand, und ohne
Zweifel war sie auch die Mutler seiner a. 50 schon erwachsenen
Kinder. A])pian meldet freilich, er habe sich mit Marcia ver-
bunden, weil er sich nach Rindern sehnte, und keine fruchtbare
Gemahlinn besass, aber jeder iirtLeilte über seine Bewegungs-
griinde verschieden ; Cäsar behauptete sogar in seiner Schrift
gegen Cato, dieser habe mit seiner Gemahlinn Handel getrieben,
welche mit grossem Reichthurae, dem Vermächtnisse des Horteu-
sius, wieder zu ihm gekommen sei. ^') Aus Allem aber geht
hervor, dass ihre Hingebung Aufsehn erregte, und der wahre
Gnind, durch welchen Hortensius bestimmt wurde, unbekannt ist.
Ihn verblendete nicht die Liebe , denn er forderte anfangs eine
Andre, auch nicht die Bewunderung der Tugenden seines Freun-
des, wie ein Blick auf sein eigenes Leben beweis't, und wenn
jene sich durch Zeugung vererben Hessen, so war ja doch nur
Porcia, nicht Blarcia dazu fähig. Auf der andern Seite liegt
ein Widerspruch darin, dass Cato in der Ehe seiner Tochter ein
Hinderniss fand, ohne Bibulus um die Verzichllelstung auf seine
Rechte auch nur zu ersuchen, während das ehliche Band Älarcias
ohne Bedenken auf unbestimmte Zeit gelös't und zugestanden
wurde, was nicht, wie Strabo sagt, alte römische Sitte war. ^')
10. O. Hortensius Horlaliis. « ») O. F. L. N. Sohn des
Redners, wahrscheinlich von Lnfatia. '°°) Wenn er eine natür-
liche Neigung zur Schlechtigkeit hatte, ') so wurde ihr durch
die Erziehung wenigstens nicht entgegen gewirkt. ]Mag der
nur als nQterbrochen betrachtet ; deshalb kann man Ileinecc. Ant, R. AppeuJ.
1. I. c. 1. No. 47. p. 2C8. cd. llaub. nicht darin l)ei]itiichlen , dass Cato
sich wirklich geschieden habe, seine in Form des Kaufs entstandene Ehe
getrennt sei. ( Remancipaiio. ) 97) Plut. 1. c. 98) l'Iutarch Cato
23. 52. App. 1. c. Straho II, 514. 515. (Juinül. 3, 5. §. 11. 10, 5. >;. 13.
Lncan. 2, 326 f. Tertull. Apol. 39. Aiiguslin de lide et oper. 7. de bono
lOnj. 18. Hieronjm. in loviu. 1, 27. 99) Ueher den Ziinanicu s. die
Kinleitung zur Oeschichto dieses Oesclilechls A. 7üu. 7J. 100) S. No. 9.
]> ad Atl 10, 4. ^. I.
XX. HORTENSn. (10.) 109
Freig-elassene Salvlus, welclier lim verdorben Laben soll, ') sein
Pädagog gewesen sein, oder sich S]);iter seines Vertrauens be-
inäcLligt Laben, so gieng er im elterlichen Hanse nicht durch die
Schale der Massigkeit und der Ordnung. Die Folgen zeigten
sich schon bei Lebzeiten seines Vaters, welcher ihn als einen
Ungeralhenen Verstössen und den Sohn seiner Schwester Messala
zum Erben einsetzen wollte, diesen Entschlnss jedoch änderte. ')
Aber er entfernte ihn, denn im J. 50 war der jüngere Hortcnsius
ohne ein öffentliches Geschäft in der Provinz des Cicero. Der
Proconsul zog ihn nur einmal an Tisch, um den Anstand zu
beobachten, und doch auch dem Vater bei dem entschiedenen
Zerwürfnisse zwischen ihm und dem Sohne nicht zu missfallen.
Ueberdiess betrug sich der Letztere auch hier, in Laodicea, wiili-
rend der Fechterspiele sehr ungeziemend, weshalb Cicero um so
mehr auf seine Bitte, mit ihm nach Rom zuriicki-eisen zu dürfen,
zwar nicht ablehnend, aber doch kalt antwortete. *) Er selbst
hatte nur zum Schein darauf angetragen; die Nachricht vom Ab-
leben seines Vaters nölLigte ihn zur Eile , und überhob ihn der
lästigen Aufsicht eines Gefährten.
Als Sohn eines reichen Älannes hatte er leicht Gelegenheit
zu Anleihen gefunden. Die Wucherer wollten nun aber be-
friedigt sein, und er veräusserte sein Erbtheil, auch die schöne
Villa bei Bauli , nach welcher ohnerachtet seines steten Geld-
mangels und der unruhigen Zeiten Cicero gelüstete, da er schon
eine andere in der IVähe, bei Puteoli, besass; daher seine Er-
kundigungen bei Afticus über den Verkauf. ^) Durch die Er-
eignisse des J. 49 wurde der Plan vereitelt. Hortensius betrachtete
den Bürgerkrieg gleich vielen anderen Wüstlingen auf beiden
Seiten als einen Hafen, worin er Sicherheit finden und sich er-
holen könne. Das Recht kam nicht in Frage, sondern die Wahr-
scheinlichkeit des Siegs, und da Cäsar der Stärkere war, so g'ieng
er zu ihm. Er wurde mit einigen Cohorten über den Rubicon
vorausgeschickt, Ariminum zu besetzen, und war folglich der
Erste, welcher die Gränzen der Provinz überschritt. ^) Dann
2) ad Alt. 10, 18. 3) Val. M. 5, 9. §. 2. Oben ^o. 7. §. S. A. 49.
k) ad Au. 6, 3. J. 5. 5) Das. 7, 2. §. 6. 3. f. 6. 6) riul. Caes. 32.
Suet. Caes. 31. S. Caes, Dict.
110 XX. HORTENSn. (ll.)
kreuzte er mit einer Abtlieilnng' der Flotte im imtem oJer fyr-
rLeniscLen Meere, und versprach auf das Fürwort des C. Curio,
welcher im April M. Cato von Sicilien vertrieb, dass er C'iceros
Absicht, sich von Italien zu entfernen, nicht entgegen sein werde.
Diess wiederholte er im Blai in den verbindlichsten Ausdrücken
bei einer Landung der Gemahlinn Ciceros Terenlia und dann
ihm selbst auf dem Pompejanum; aber er durfte nicht befördern,
was M. Antonius als Stellvertreter Cäsars untersagte, und wurde
deshalb der "Wortbrüchigkeit beschuldigt. ^ '') Sein Aufenthalt im
westlichen Meere hatte keinen Zweck mehr, da die feindliche
Flotte sich unter AI. Bibulns im adriaüschen zusammen zog. Als
er mit P. Dolabella u. A. die Küste von Illjrien zu decken
versuchte, wo C. Antonius als Legat stand, wurde er mit dea
Uebrigen von AI. Octavius und L. Libo geschlagen. '') Diess
geschali, ehe Pompejus in Thessalien unterlag, und seitdem wird
er in Cäsars Geschichte nicht mehr erwähnt.
Der Dictator halte für das J. 44 ihm und für das nächste
M. Brutus Macedonien zur Provinz bestimmt. Er verwaltete es
mit dem Titel eines Proconsuls. Allein M. Antonius, welchen
das Verbrechen vom 15. Blärz zum Beherrscher von Rom erhob,
schickte am Ende des Jahrs seinen Bruder Cajus als Statthalter.
Bereits früher war Brutus angelangt; Hortensius erkannte die
Rechte des Befreiers an, und half ihm ein Heer errichten, wo-
durch er sich nach Cicero als ein trelfücher Bürger und seiner
Hnd seiner Ahnen würdig zeigte, und gültige Ansprüche auf ein
Belobungs-Decret des Senats erwarb. *) Im März 43 musste
sich C. Antonius in ApoUonia ergeben ; man schonte ihn bis die
Triumvirn proscribirlen, worauf Hortensius, welcher auch geäch-
tet •* '') und in der Provinz geblieben war, während Brutus nach
Asien gieng, den Gefangenen im Anfange des J. 42 auf dessen
Befehl durch C. Clodius tö'dten Hess. ^) Zur Vergeltung wurde
er nach den Schlachten bei Philippi auf dem Grabe des Ermor-
deten hingerichtet. ' ")
11. Hortensia. Schwester des Vorigen. Auf ihr ruhte
6b) ad Att. 10, 12. IG. 17. 18. App. 2, 453. Gros. C, 15. 1. Th.
S. 70. A. 15. 7) Oios. 6, 15. 1. Th. S. 524. Coinel. Dol.ib. No. 10.
§. 1. S) 10 riiil. C. 11 fiii. 8*) App. 4, 008. 9) 1. Th.
S. 2li2. A. U8. S. 2ü7. A. :J1. S. 525. 52Ü. 10) l>ab. S. 520. A. 17.
XX. HORTENSn. (12.) m
Jer Geist des Vaters. ' ') .Sie sprach a. 42 mit grosser Fieredt-
samkeit fiir sich uud die anderen reichen Frauen und Erbinnen,
■v^'elcLe die TriumTirn zum BeLufe des Kriegs mit Brutus und
Cassius besfenern -wollten, nnd erreichte zum Theil ihre Absicht,
da auch das Volk seinen Unwillen über die Forderung zu er-
kennen gab. ")
12. 9. Hortensins Corbio. Q. F. Q. N. Sohn von No. 10.
Sein Vorname findet sich nicht, wenn er aber von dem Folgen-
den, Marcus, verschieden v\ar, so hat man Grund, ihn fiir dea
altern zu halten, aufweichen in der Regel der Vorname des Vaters
iibergieng', und eben diess, dass der andre nicht hiess, wie der
Vater, lässt auf einen ähern Bruder schliessen. Dazu kommt die
Bezeichnung Corbio, welche weder durch Entstellung aus Hor-
talus entstanden sein, noch als Beiname auf denselben Enkel des
Redners (No. 13) bezogen werden kann. '^) Denn die Nach-
richten, welche Valerius Älaximus über das Privatleben des Corbio
mittheilt, darf man nicht auf JMarcus deuten. Wenn dieser sich
schaamloser als öffentliche Dirnen zu schändlicher Lust herlieh,
so würde Augustus bei seinem Abscheu vor solchen Sitten ihn
nicht unterstützt, Tiberius bei der Weigerung, ihm in der Noth
zu helfen, daran erinnert haben, und Tacitus könnte ihm nicht
die Worte in den IMund legen, er habe vor seiner Heirath dahin
gestrebt, seine Ai-muth mit Würde zu ertragen, und niemandem
lästig za werden. '*) Wie ist auch nur von einem Familien-
Vater zn glauben, nicht, dass er in seiner Jugend sich verirrte,
goudem zuletzt that , mit dem endigte, was das Schaamgefühl
auszusprechen verbietet? '^) Da Marcus sich auch deshalb ver-
mählte, damit sein Geschlecht nicht erlöschen möge, ' ^) so scheint
Corbio damals schon gestorben zu sein.
13. BI. Hortensius Horfalus. O. F. O. N. Bruder des
Vorigen, ein Enkel des grossen Redners, ohne dessen Talent,
ohne Ansehn und dem Bettelstabe nahe.''') Augustus wollte
den Erben eines berühmten Namens nicht gänzlich sinken lassen ;
11) Val. M. 8, 3. §. 3. Onintil. 1, I. §. 6. App. 4, 608. 609.
12) Dies. S. 1. Th. S. 381. A. 95 f. 13) Das eine oder das Andre,
meint Lips. p. 55 zu T.icit. A. 2, 37, sei nolli wendig. 14) 1. c.
15) Valer. M. 3, 5. j. 4. 16) Tacil. 1. c. 17; Tacil. A, 2,37.38.
Ouaiuvis domus tlorlensü i>udcudaiu ud iuopiam dulabciclur.
112 XX. nORTENSn. (14.)
er gab ilim 250,000 Denare oder 1 IMillion Sesfertien, •*) damit
er Senator bleiben konnte, und trieb ihn zur Heiradi an, wie er
pflegte. So zeugte er vier Rinder; bald aber nötliigte ibn der
Maugel, Tiberius um Unterstützung zu bitten, welcher ihn im
Senat unfreundlich beschied, und dann zwar den Söhnen eine
Summe bewilligte, aber einmal für immer. '^)
14. Hortensia. Schwester des Redners. Gemahlinn des
M. Valerius Blessala und JMutter des gleichnamigen Consuls vom
J. 53, welchen ihr Bruder a. 51 gegen die Anklage wegen
Bestechungen vertheidigte und zum Erben einsetzen woUte. ^°)
15. L. Hortensius. ^ ') Legat Sullas im ersten mithrida-
tischen Kriege. Er fiihvte ihm Truppen nach und stiess mit
6000 Älann zu ihm, worauf er a. 86 bei Chäronea sich aus-
zeichnete und ohne Zweifel auch bei Orchomenos. ^ ^)
18) So viel sollte nach piner Bestiminnng des Kaisers, welcher früher
yreniger nnd später mehr forderte, das Vermögen eines Senators betragen.
Dia 54, 17. Snet, Octav. 41 n. das, Baumgart. -Crnsins. Tacit. 1. c.
19) Tacit. 1. c, 20) Oben No. 7. §. S. A. 49. Ko. 10. A. 3. 2. Tli.
S. 508. A. 97. 21) Der Vorname findet sich bei Memn, 32 (34), ed,
Orell. 22) Fiat. Sulla 15. 17. 19. Dio fr. I2S. Memn. 1, c.
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114 XXI. lULlI.
XXI. I II I J i.
Jralriciscb und plebejisch.
Familien : luliis, Menfo, Caesar, welcte entücliieden patrIciscL
waren, Bursio, Libo, Pelignns, Vindex, Rufiis, Seqiiestris. Hier
Laiidelt es sich Dur um die lulii Caesares.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass das Geschlecht der Julier
zu den ältesten gehörte; sie werden in der Geschichte des Ro-
luuhis erwähnt,-^) und gelaug-ten schon im ersten Jahrhunderte
der Republik zu den höchsten Würden. Um so leichter konnte
Cäsar, der Dictator, nach der .Sitte seiner Zeit"*) noch weiter
zurückgehen. Aeneas, der Sohn der Venus und des Anchises,
gründete Lavinium, und sein Sohn von Lavinia Ascanius, auch
Julus genannt, Alba Longa, ^ ') nach dessen Eroberung der König
23) Liv. 1, 16. 24) 1. Th. S. 59. 2. Th. S. 59. 25) Liv.
1, 1. 3 lässt es auf sich beruhen — quis enim rem tarn -vetercm pro certo
afErmet? — ob Julns nicht Tielmehr ein älterer Sohn des Aeneas von
Crensa und schon in Ilium geboren war. Nach der Sage landeten lUer in
Latinm und erbauten Alba , ans welchem die Julier nach Rom versetzt
wurden ; ( S. unteu ) als man sich mit deren Abkunft beschäftigte, genügte
eine solche allgemeine Ableitung nicht; man bedurfte einen einzelnen, be-
stimmten Hier, ihn als Stammvater aufzustellen, und nannte ihn Julus»
Unter den Griechen war diess das ganz gewühuliche Verfahren, wodurch
sie einen Anfangspankt in der Geschichte ihrer Völkerschaften und Lander
gewannen imd deren Namen erklärten. Die Namen der Stammväter waren
grösstpntheils von den Völkerschaften und Ländern entlehnt, da man aber
später das Gegenlheil glaubte, so versuchte man, sie zu deuten. Die Julier
sollten von Ascauius, einem Sohne des Aeneas und Enkel der Venus ab-
stammen; deshalb behauptete man, dass jener auch Julus hiess, und erfand
Mährchen, um es zu rechtfertigen, Mit Hülfe der Etymologie kam man
zum Ziel. Aeneas Sohn, sagt Servius zu Virgil. Aen. 1, 271, wurde zuerst
nach dem gleichnamigen phrygischen Flusse Ascanius genannt, dann Uns
nach dem Könige Uns, und als er Mezentius erlegt hatte, und in dieser
Zeit sein Barthaar zn wachsen anJleng, (lanugo, l'ovXoe) Julus. Wenn
man auf die Geschlechts -Register keine Rücksicht nahm, so erhielt man
auf rein etymologischem Wege ein anderes Ergebniss: oii/of heisst im
Griechischen ein Bündel Aehrcn, OuXti ist ein Beiname der Demeter,
lovlog ein Hymnus zu Ehren der Göttinn, (Athen. 14, p. 618. ed. Casaub.
und die Schiif (steiler, welche von Hüllmann De orig. Damii. Bonn 1818
angeführt sind) deren Dienste sich demnach dio Julier durch fleissigen
Anbau des Bodens vorzugsweise widmeten.
XXr. lULU. 115
Tallus Hostilins die JuIIer nach Rom verpflanzte und ^nter die
Patricier aufnaLm. ^^) Als Cäsar za Ehren der Julia, der
Schwester seines Vaters, eine Leichenrede hielt,-') betheuerte
er, dass sie den Göttern ver\randt sei, den Aeneaden, ■welchen
Rom nach Einigen das PaUadinm verdankte. ° *) Er -wählte den
Namen seiner Stammmutier, der Venus Genetrix hei Pharsalns
und bei Munda zum Feldgeschrei , '*) gelobte ihr dort einen
Tempel,*") setzte ihr Bild auf die Münzen,*') und g-ab den
lliensern, auf deren Gelde man ihn und Aeneas erblickte. Län-
dereien , Freiheit und Immunität. * -) Seine Blacht und das An-
sehn der Dynastie, welche er stiftete, verschaffte ihm Glauben;
mochten Zeitgenossen über den Sohn der Göttin spotten,**)
und einzelne Geschichtschreiber von einem dunkeln Alterthnme
sprechen, * ') so vernahm man doch bei ihnen und bei den Dich-
tern den Nachhall seiner Rede, * ') in welcher er auch den König
Ancns Blarcius zn Julia's Ahnen zählte, weil ihre IMutter Blarcia
hiess. *^)
Aber er selbst erhob das julische Geschlecht über aUe an-
deren, und durch ihn wurde: Cäsar die Bezeichnung der höchsten
irdischen Grösse. * ') Um so mehr ist es zu beklagen, dass man
nicht weiss , welcher unter seinen \ orfahren diesen Zunamen
zuerst erhielt, und was dazu Veranlassung gab. Spartianus stellt
26) Dionys. H. 3, 29. Tacit. A. 11, 24. 27) Snet. Caes. 6.
28) Dionys. H. 1, 69. 29) App. 2, 475. 493. 30) Ders. 2, 470.
492. Die 43, 22. Snet. Caes. 61. 84. S. Caes. Dict. 31) MoreU. thes.
Caes. Tab. IV. V. Eckh. 6. p. 4 f. 32) Strato 13, 594. aioreU.
Ihes. Caes. Tab. VIII. Nero „der secbste nnd letzte Erbe der Aeneaden"
(Anson. Caesares VI. Nero) erbat wegen dieser jVbstammnng TOm Kaiser
Clandins Gnadeiibezeugnngen für sie. Tacit. A, 12, 58. 33) ad Fam.
8, 15 fin. 34) LiT. 1 , 3. Tacit. 1. c. Aliaqne band i>rocnl fabulis
Tetera. 35) Liy. 1. c. Dionys. H. 1, 70. Dio 41, 34. 43, 22. 44, 37.
App. 2, 470. 524. 3, 536. Strabo 1. c. Vellej. 2, 41. Sueton. Caes. 6.
49. 81. A. Vict. de orig. gent. Rom. 15. Euseb. Cbron. 1, 46. 5. 3. cd.
Maji. Virgil. Aen. 1, 271. 274. 290. 6, 789. Ovid. Fast. 4, 35. S, 563.
Bletam. 13, 623. Lncan. 3, 213. 9, 995. Anson. 1. c. 36) Sueton
Caes. 6. Unten Ko. 28. 37) Spartian. im Ael. Ver. 1: Clamm et
dnraturmn cum eeternitate mnndi nomen. Gell. 19, 8. Vilellins wollte
nicht so genannt sein , bis er znletzt ans Furcht darin willigte. Tacit. H.
I, 62. 3, 58. Vlut. Galba 22. Snet. Vitell. 8.
8*
116 XXI. lULII.
die verschiedenen Meinungen zusammen;'') er fand, dass die
Gelehrtesten annahmen, ein Jiilier Labe einen Elephanten, t'iisar
in der Sprache der Mauren, in der Schlacht erlegt. Wenn man
aber diess Verdienst dem Grossrafer des Dictators zuschreibt,
welcher angeblich in Africa mit eig-ener Hand ein solches Tliier
tödtete,^^) so beweis't die Geschichte, dass er nicht der erste
Cäsar war. ÜVach Anderen wurde die Geburt eines Julier durch
einen Einschnitt in den Leib seiner Mutter bewirkt.''") Aurelia,
die Mutter des Dictator, lebte noch, als er öffentliche Aemter
verwaltete , und überdiess g'ab es schon Cäsaren unter seinen
Ahnen; folglich hat der Kaiserschnitt den Namen nicht von
ihm. * ' ) Gleich willkiihrlich ist die Erklärung-, ein Römer dieses
Geschlechts sei mit starkem Haupthaare g-eboren, oder habe blaue
und lebhafte Augen g-ehabt. '' ') Wenn man überhaupt eine
Deutung- wagen will, so ist die erste allen anderen vorzuziehen.
Wir kennen die punische Sprache zu wenig, als dass man längueu
könnte, Cäsar oder oder ein ähnlich lautendes Wort habe in ihr
einen Elephanten bezeichnet.*^) Siess Thier schreckte die
■ 38) 1. c. 39) Serr. zn Virgil. Aen. 1, 290. Die Endignng ar
ist im Lateinischen , wenn man TOn Abkürzungen wie lacnnar, laqneai' ab-
sieht, nicht gewöhnlich, aber doch italisch. Fe$t. v. Casnar, Senex Oscorum
lingaa. 40) Spartian. 1. c. : Tel qnia mo,rtna matre fentre caeso sit
natns, Non. Marcell. de propinqiiit. p. 556. ed. Ups. 1826. Ygl. das.
Agrippa u. A''opiscus. Plin. 7, 7 (9). Solin. 1. f. 62. Zonar. 10, U.
(Val. Max.) de nomin. ratione p. 631. ed. Kapp. Serv. zu Virgil. Aen.
1 , 290. Nach Festiis Wessen diejenigen , welche auf solche Art geboren
wurden, caesones. Sie waren nach Serv. zn Virg. Aen. 10, 316 Apollo
als dem Gotte der Heilknnst geweiht, w^elchen diese julische Familie des-
halb besonders verehrt h.iben soll. 41) Vgl. Zonar. 1. c. 42) Spart.
I. c. Fest. V. Caesar: qiiod est cognomen luliorom, a caesarie dictiis est,
quia scilicet cum caesarie natus est. 43) Spart. 1. c. Serv. zn Virg.
Aen. I, 290; qui (elephas) Caesar ilicitnr Pocnornm lingna. Constantiiins
Manasses Comp. Chron. p. 37. ed. Paris.: KulaaQic: yun IX^ifco'ifi toTs
ffofvi^k xaXiii'Jni' Ueber die Versuche , das Wort ans den orientalischen
Sprachen abzuleiten, s. Dionys. Voss, zn Caesar B. G. lib. I. argum. ed. II.
Oudcnd. D.-is etruscische Wort aesar, Gott, Snet. Octav. 97, gehört gar
nicht hieher, so wenig als irgend ein gallisches, ähnlich lautendes, welches
iiacli Serv. zu Virg. Aen. H, 743 Dimittere bedeutete. Unten Ko. 31.
J. 10. A. 67 u. §. 33. A. 88; vielleicht aber stammte der lusitanische An-
führer, Cnesaras, dessen Ajipian. Ilisp. 286 gedenkt, von phoeoiciscbcu oder
carlbagischen Coloiiisten ab.
XXI. lüLU. (1.) 117
Kölner, als sie es zuerst in den feindlichen KeiLeu üaheu; der
Kampf mit ihm erforderte Rtutb und GewanilfLeit , und konnte
dem Sieger leicht einen ehrenden Beinamen verschaffen, ^'elcher
am natürlichsten vom Ueberwundenen entlehnt ■wurde. Anf dem
Münzen des Dictator findet man das Bild der Elephantea sehr
oft,**) auch stellte er diese bei öffentlichen Aufzügen zm-
Schau, ' ^) ein Prunk, zu welchem er durch seine Feldzüg-e gegen
Juba und Andere ganz yorzüglich berechtigt zu sein schien, doch
wollte er wohl zugleich an seinen Namen und au das Bedeutungs-
volle in ihm erinnern.
1. C. Julius Julus. Cos, 489 V. Chr. *6)
2. C. Julius Julus. C. F. L. N. Sohn des Vorigen.
Cos. 482.*') Decemvir 4il. *s)
3. C. JrJius Julus. C. F. C. N. ♦») Cos. I. 447. '»)
Cos. n. 435. ^') Cos. m. 434. '-)
4. Vopiscns Julius Julus. Vielleicht ein Bruder von
No. 2. 5') Cos. 473. ^*)
5. Lucius Julius Julus. Vopisci F. Trib. mU. cons. p.
438.^5) Mag. eq. 431. ««) Cos. 430.'")
44) S. darüber Oirist. ScMegel in Morell. Aes. S. 60 f. 45) D!a
43, 2Z. Sneton. Caes. 37. Vgl. Co-rnificii No. 5. 46) Dionj-s. H.
8, 1. Liv. übergeht die Consnln dieses Jahres. 47) Liv. 2, 43. Diouys.
8, 90 bemerkt nnr, dass sein College Fabius, dessea Zuname Vibulanus 11
sich allein in den cajiit. Fasten findet, zum zweiten Male Consiü geworden
sei. 48) Als solcher vrird er i-n den capitol. Fasten als C. F. L. N.
aufgeführt. Er übc-rnahm diess Amt als Coasnlar; Dionys. 10, 56 fin.
Vgl. liv. 3, 33. Diess kann sich aber nur auf den Consul des J. 482 be-
ziehen, welcher hiernach sehr früh zur höchsten Ehrenstelle gelangt war.
49) In den capitol. Fasten bat diese Bezeichnung sich nicht erhalten.
50) Liv. 3, 65. Uiodor. Sic. 12, 29 nennt ihn Lucius. 51) Liv. 4, 21.
Wiod. 12, 49. 52) Liv. 4, 23. 53) Der Name Vopiscus finde»
sich auch in anderen Geschlechtern, und bedeutet angeblich einen Zwilling,
welcher zur gehörigen Zeit geboren wird, während der andere unreif durch
Abort zur A> Cll kommt, l'lin. 7, S (10). Solin. 1. C. 63. (Val. Max.) de
nojn. rat. p. 030. ed. Kapp. Non. Marcell. p. 557. ed. Lips. Plnt. Coriolau
11 fin, 54) Diouys. 9, 37. Auch Liv. 2, 54 fand den Namen in einige«
Annalen, in anderen Opiter Virginins. Diodor. Sic. II, 65: Lucius Studius
Julius. SS) Liv. 4, 16. Diodor. 12, 38, wo ("njus olfenbar zu Julius
zu ziehen, aber nach Liv. nicht der ricfaligs Vorname ist. 56) Liv. 4, 26.
57) Liv. 4, 30. Diodor. 12, 72.
118 XXI. lULU. (6.)
6. L. Julius Juluä. L. F. Vopisci N. SoLti des Vorigen.
Trib. ID. cons. pot. I. 403 "") II. 401. =«) III. 397. »9)
7. C. Julius Julus. L. F. Vopisci N. Bruder des Vorigen.
Tr. ni. c. p. I. 408. ^o) If. 405. «') i als Ceusor 392. «^J
8. C. Julius Julns. Dictator 352.«^)
9. L. Julius Julus. Tr, m. c. p. I. 387. «■*) IL 378. «»)
10. Sextus Julius Julus. Jüngerer Zeitgenosse von No. 5.
DocL fehlt der Beweis, dass er dessen Bruder vrar. Sein Vor-
name findet sicL in der Familie der Cäsaren so oft, dass diess
auf ein näheres Verwandt Schafts - Verhältniss schliessen lässt.
Tr. mil. c. pot. 424.««)
11. Sex. Julius Cäsar. Der erste Julier, -welcher mit dem
wahrscheinlich ererbten Zunamen Cäsar in der Geschichte auf-
ti'itt. Er gieng 208 als Prätor nach .Sicilien, nnd nach seiner
Rückkehr-, als der C'onsul M. Marcellus gegen Hannibal gefallen
war , mit zwei Anderen zu dessen verwundeten Collegen
T. Oninctius , ihm den Befehl zur Ernennung eines Dictator za
überbringen. ®^)
12. L. Julius Cäsar. « «)
13. L. Julius Cäsar. Prator 183 und beauftragt, die trans-
alpinischen Gallier, welche in Italien eingedrungen waren, an
der Gründung einer Stadt auf dem nachmaligen Gebiete von
Aquileja zu hindern. ^')
14. Sex. Julius Cäsar, a. 181 als Rriegstribun im Heere
des Proconsuls L. Aemilius PauUus, welches die Ligurer ein-
geschlossen hatten, ' °) 170 wurde er mit Anderen als Gesandter
nach dem Osten geschickt, den Abderlten die Freiheit wieder zu
geben. ' ' )
57 a) Liv. 6, 1. 58) Ders. 5, 10. Diodor. 14, 44. 59) Liv.
$, 16. Bei Diodor. 14, 85 fehlt sein Käme uud die anderen sind znm
Tlieil falsch. 60) Liv. 4, 56. Diodor. 13, 104. 61) 11t. 4, 61.
Diodor. 14, 17. 62) Liv. 5, 31. Da in diesem Lustrnm Rom von den
Galliern genommen wurde, so wäUte man seitdem nie wieder einen Censor
für einen verstorbenen. Das. 63) Liv. 7, 21. Seine Abkunft ist un-
gewiss, da er in den cajiitol. Fasten nicht erwähnt wird. A^ielleicht ein
Enkel des Vorigen. 64) Liv. 6, 4. 65) Ders. 6, 30. Bei Diodor.
15, 51 unrichtig Tiberiiis Julius. 66) Liv. 4, 35. Diodor. 12, 82.
67) Liv. 27, 21. 22 29. 68) S. die folg. Xo. 69) Liv. 39, 45.
70) Ders. 40, 27. 71) Deis. 43, 4. Ilortensii No. S.
XXI. ItLlI. (15.) 11»
15. L. Julius Cäsar. SoLn von Ivo. 13. Prätor 166.")
16. Sex. Julius Cäsar. Sex F. L. N. ' ') SoLn Ton Mo. 14.
,4Js curuliscLer Aedil gab er a. 165 mit seinem Collagen Cn. Dola-
bella die Hecyra des Terenz. '^) Cos. 157. '^)
17. Sex. Julius Cäsar. SoLn des Vorigen. Prälor 123, '^)
18. L. Julius Cäsar. "')
19. Popülia. GemaLünn des Vorigen , und früLer mit
Q. Catulns verheiratLet. ")
20. L. JuUus Cäsar. L. F. Sex. N. '9) SoLn von No. 18.
Von Cicero ■wegen seiner EigenscLaften und TLaten gerühmt. ^ ")
Im JaLre 90 focLt er als Cousul ^ ') mit den Legaten Sulla,
Crassas, T. Didius, P. Lentulus und M. IMarcellus *^) im mar-
sischen Kriege gegen die Saniniten, und wurde von ihrem An-
füLrer Vettius Cato gescLlagen und in Aesernia eingeschlossen,
wo er in einer Vermummung entfloh.'') Er errichtete wieder
ein Heer, auch ans Galliern und Numidiern, welche jedoch
grösstentheils iibergiengen , und erhielt bei Acerrä in Campanieu
einen nicht entscheidenden Sieg über Papius Motulus; sein Heer
begrüsste ihn als Imperator , nud die Römer glaubten sich so ge-
sichert, dass sie das Rriegsgewand ablegten. *"*) Sein College
Rntilius Lupus erlitt am Liris eine Niederlage durch Vettius Cato,
und starb bald nachher an seinen Wunden. •* ') Aber auch er
wurde von Marius Egnatins bei Acen-ä überfallen, und ver-
mochte diese Stadt, welche Papius belag-erle, nicht zu entsetzen. " *)
Da man eine Empörung aller italischen Bimdesgenossen und
iiberdiess einen Krieg mit Dlithridat fürchten musste, so beantragte
der Consul ein Gesetz, worin den Italern und Lateinern, welche
•reu geblieben waren , das römische Bürgerrecht unter der Be-
72) Liv. 45, 44. 73) Fast. cnp. a. 596. 74) 2. TU. S. 561.
No. 3. 7S) Polyb. 32, 20. Scliweigh. Plin. 33, 17 (3). 76) Cic.
p. dorn. 53. all Heveiin. 2, 13. S. uiiten Ko. 41. 77) S. die folg. Ko.
78) Cic. de or. 2, 11. 79^ Fast cap. ad a. 663 u. 664. 80) Tiisciü.
5, 19. p Scaur. n. das. Ascon. p. 24. Orell. 81) Fast. cap. o. 663.
Ascon. 1. c. Liv. 73. Vellej. 2, 15. Plin. 2, 29. Obseq. 115. Bei
Appian. 1, 374 375. 377 unrichtig Sextns. 82) App 1,375. 83) Das.
Vgl. 2. Th. S 404. No. 23. 84) App. 1, 376. I.iv. 73, Gros. 5. 18.
85) App., LiT. U. CG. Flor. 3, 18. «. 12. Dio fr. 111. 112. 86) App,
1, 377.
120 XXI. IVUl. (21.)
dingun^ verliehen wurde, dass sie die mit iLin verbundenen
RecLte und Verpflichtiing'en freiwillig übernäLmen. Lex lulia
de civitate. ^') Mehrere Völker benutzten diess gern, obgleich
andere auch jetzt nicht ruhten, und Cäsar, welcher wegen Krank-
heit das Heer verliess, ^ ') konnte a. 89 als Censor durch die Er-
richtung neuer Tribus sein Ciesetz selbst vollziehen. ' ^) Noch
vor der Beendigung des niarsischen , begann der Bürgerkrieg,
in welchem C'üsar mit seinem Bruder a. 87 eJs Gegner des Marius
und L. Ciuna von Fimbria ermordet und sein Kopf auf der
Rednerbiihne ausgestellt wurde. ^"^
21. Fulvia. Gemahlinn des Vorigen, Tochter des M. Ful-
vius Flaccus (Cos. 125). Dieser war der Freund des Jüngern
Gracchus und wurde 121 auf Befehl des Consuls L. Opimius
mit seinem Sohne getödtet; Cicero nennt ihn den Grossvater des
L. Cäsar (Cos. 64).=")
22. L. Julius Cäsar. L. F. L. N. '■> ') Sohn von No. 20,
und durch seine Schwester Oheim des Triumvir IM. Antonius.
Er bewarb sich um die Aedilität, und wurde nicht gewählt. ^^)
Das Jahr seiner Prätur ist unbekannt. Cos. 64 mit Blarcius
Figulus; ^*) in dieser Zeit beschloss der Senat wegen der Um-
triebe des Catilina und C. Antonius, dass die Bestechungen bei
den Wahlen in einem Gesetze härter verpönt werden sollten;
der Tribun Q. Mucius Orestinus that Einspruch. ^ ^) Mangel an
Scharfblick und Festigkeit liess Cäsar ohnerachtet seines Eifers
für die bestehende Verfassung ein Werkzeug ihrer Gegner wer-
den; Cäsar, der nachmaUge Dictator, konnte ihn a. 63 überreden,
mit ihm als duumvir perdiiellionis C. Kabirius zu richten, obgleich
87) Cic. p. Balbo 8. In quo magna conlenlio — fiiif, cnm magna
pars in üs clTitalibas foederis sui libertatem civitati autcferret. Cell. 4, 4.
App. 1,379. VeUej. 2, 16. 88) App. 1, 377. 89) Fast. cap.
a. 664. Cic. p. Arch. 3. Ascon. 1. c. PUn. 13, 5 (3). 14, 16 (14). Solin. 46,
Val. M. 9, 2. 5. 2. Fest. y. Referri. 90) Fimbria nennt Flor. 3, 21.
§. 14. Ascon. 1. c. Die übrigen Stellen s. in Corncl. Ciun. Ko. 3. A. 57.
91) Plutarcli. C. Gracch. 16. Cic. in CatU. 4, 6. 92) Goltz Fast,
a. 689. Vaill. lul. No. 5. Eckh. 5. p. 228. 93) p. Plane. 21.
94) Cassiod. Fast. Sic. ad Att. 1, 2, -no sie, obgleich nur designirt, Cou-
snln genannt werden, p. Mnren. 34 p. Sulla 20. Sallnst. IJ. C. 17. Cor«.
Dio 37, 10. 95) p. niur. 26 iin. 34. 9. Cic. de petit, cons. 9. Ascoa.
zu Cic. or. in toga cand, argnm.
XXI. lULII. (22.) 121
jener durcb den Process, welchen er herbeigeführt ha((e, dein
Senat schaden wollte.^*) Als es dag'egen g-alt, die Entwürfe
des Catilina zu vereiteln , stimmte er für den Tod des P. Len-
toliis Sura, mit welchem seine Schwester vermählt war; Cicero
riihinte daher, dass der Consular ihm auch durch seinen Rath
biitzlich geworden sei. ^') Im J. 62 wurde P. Sulla wegen
Theilnahme an Catilinas Verschwörung angeklagt; als Beweis
führte man unter Anderem die Errichtung einer Fechter - Bande
an; sein Sachwalter Cicero behauptete, er habe nicht für sich,
sondern für den abwesenden Faustus Sulla zu dessen Spielen
Fechter gekauft , und nicht er allein , sondern auch L. Cäsar,
Q. Pompejus und G. Memmius, welche wie er von jenem schrift-
lich um diesen Dienst ei-sucht seien. ^ ^)
Lucius hatte bis dahin keine Provinz verwaltet; der Kriegs-
rahm war ihm gleichgültig, und er scheint sich auch in Gallieii
als Legat seines Verwandten, des Proconsuls Cäsar, nicht aus-
gezeichnet zu haben. Wann er zum Heere gieng, ist ungewiss;
im J. 62 stand er an der Spitze von 22 Cohorten, und er blieb
in diesen Verhältnissen bis zum Anfange des Bürgerkriegs. ^^)
Man hat ihn in der Geschichte der zunächst folgenden Zeiten
mit seinem Sohne verwechselt. Pompejus ^var nicht mehr in
Rom, als er dort eintraf, und er kämpfte weder für ihn noch
für Cäsar, sondern pflegte in der Stadt der Ruhe. Sie wurde
ihm gern gegönnt, da er eben so uuschädlich als untüchtig war.
Diese Erfahrung machte sein Neffe IM. Antonius , Cäsars Stell-
vertreter und Blagister E(j. im J. 47 ; Lucius sollte ihn als Stadt-
präfect ersetzen, während er sich zu den meuterischen Legiouea
begab, und wurde verlacht. '°°)
Alter und Rörperschwäche vermehrten die ihm angeborne
Schlaffheit. JN'ach dem Tode des Dictator a. 44 erklärte er sich gegen
ein öITeulllchesLeichenbegängiiiss, weil man die Folgen leicht voraus-
sehen kounte. ') Ihm missllelen die ehrgeizigen Unternehmungen
96) Dio 37, 27. S. naten No. 31. §. 7. A. 95 n. vgl. Caecil. No. 16.
A. 26 n. Hortens. No. 7. §. 4. A. 94. 97) ia Catil. 4,6. 2 Diil.
6. 8, 1. ad Atl. 12, 21. §. 1. 2. Th. S. 532. 98) p. SuUa 19.
2. Th. S, StO. A. 18. 516. A. 81. 99) Caes. B. ü. 7, 65. B. C.
I. 8. Unten \o. 31. {. 33. A. 86. 100) Dio 42, 30. Caes. Dict. a. 47.
Vgl. 1. Tb. S. 74. 1) Lactanl. I, 15. I. Th. 6. 95.
122 XXI. lüLU. (22.)
des Conäiils M. Antonius, und er verliess Rom. Cicero «prach
ihn in den ersten Tagen des Blai in Neapel, wo er erkrankt
war, aber dennoch eine lebhafle Freude darüber äusserte, daas
Dolabella, der andre Consul, den Altar C'äsars zerstört Latte,
Cicero als den angeblich wahren Urheber der verdienstlichen
Handlung viel Verbindliches sagte, und nur bedauerte, nicht in
eben dem Maasse auf seinen Neffen wirken zu können. So be-
richtete jener selbst an seinen Schwiegersohn Dolabella , mit
sichtbarer Uebertreibung, um ihn in der Feindschaft gegen den
CoUegen zu bestärken. ^) Bald nachher begab sich Lucius auf p
eein Gut bei Aricia, und ohne zu wissen, dass Cicero sich aus
Vorsicht mit den Verschwornen nicht befassen mochte , welche
Bpthlos umherirrten, statt ihn von seinen Feinden zu befreien,
ersuchte er ihn im Auftrage des Brutus um eine Unterredung. ^)
Er war im September wieder in Rom, und zeigte sich als „ein
trefflicher und mulhiger Bürger", erschien aber wegen Krankheit
oder unter diesem Vorwande nicht im Senat. ')
Erst dann trat er öffentlich gegen Antonius auf, als dieser
nach Mutina abgegangen war, und auch jetzt mit einiger Mässi-
gung. ') Demnach erklärte er sich im Anfange des J. 43 gegen
das Ackergesetz des L. Antonius, und auf sein Gutachten gründete
sich der Senatsbeschluss, in welchem es aufgehoben wurde. '')
Als aber die Friedens- Gesandten mit ungünstiger Antwort von
Mutina zurückkamen, widersetzte er sich im Februar dem An-
sinnen, seinem Neffen als einem Reichsfeinde den Krieg an-
zukündigen; nur vou einem Tumult sollte die Rede sein, welches
Cicero mit den körperlichen Leiden und der Verwandtschaft ent-
schuldigte. ') Er wollte dadurch verhindern, dass man sich eine
Versöhnung unmöglich machte, und auch sein Vorschlag bei den
Berathungen im Blärz, den Consular P. Servilius mit dem Kriege
gegen P. Dolabella zu beauftragen, welcher Trebonius, den Statt-
halter von Asia getödtet hatte, nicht C. Cassiiis, wie Cicero, und
nicht die Consula llirtius und Pansa, wie dessen Gegner ver-
2) ad Farn. 9, 14. 1. Th. S. 130. 3) nd Alt. IS, 4. 1. Th.
S. 140. 4) ad Fam. 12, 2. 5) Das. 10, 28. L. Caesar optinie
«entit; sed, quod nTiincuhis est, iion acerriinns dicit seiitentias. Vgl. ad
Fam. 12, 5. 6) 6 Phil. 5. 13, 15. 1. Th. S. 115. A. 77. 7) i Vbil. l.
«d Fam. 10. 28. I. Th. 8. 365. A. 41. 256.
XXI. lULU. (23.) 123
lang'ten , sollte die Parteien einander naher bringen.^) Seine
Bemiiliung'en vereitelte um die IMilte des April die Niederlage
des Antonius bei Forum Gallormn, denn nun wurde dieser, nocli
vor der Schlacht bei IMutina, als Keichsfeind g-eächtet, und auch
er gab im Senat seine Zustimmung-, ein Beweis, dass bisher mehr
die Furcht als Zuneigung zu seinem JNeffen ihn davon abgehalten
hatte. ^) Kach der Errichtung des Triumvirats setzte man seinen
Namen in die Liste der Proscribirten, jedoch nur, um die Römer
durch eine scheinbar rücksichtslose Strenge zu beschwichtigen. ' ")
Er flüchtete zu seiner Schwester Julia, und diese erklärte auf
dem Blarkte vor den Triumvirn, als in den ^ erfolgern die Hab-
sucht über die Sehen vor der Blutter des Antonius zu siegen
drohte, sie habe ihn aufgenommen, und damit das Leben yer-
wirkt; man möge auch sie ermorden, ihr Bruder werde nur mit
ihr sterben. Die Antwort des Antonius, sie sei eine gute Schwe-
ster, aber eine minder liebevolle Blufter, da sie Lucius nicht
verhindert habe, ihn anzufeinden, lässt auf Verabredung sclüiessen;
man sollte glauben , dass die Begnadigung , welche erfolgte , un-
gern und nur auf eine solche Fürsprache bewilligt sei. ' ') In
allen A erhältnissen findet man in diesem Cäsar einen lenksamen,
schwachen und unbedeutenden Mann, dessen Lob in Ciceros
Schriften lediglich auf den Gegner des Catilina und Antonius zu
beziehen ist. ' ^) Vermufhlich war er der Augur , welcher
L, Lentulus Aiger zum Priester des Älars weihte. '^)
23. L. Julius Cäsar. L. F. L. N. Sohn des Vorigen,
von welchem er bei dem gleichen Vornamen durch den Zusatz:
filius oder adolescens unterschieden wird; ' *) doch haben die
Neueren diess nicht immer beachtet. Cäsar stand a. 49 bereits
ausserhalb seiner Provinzen bei Ariminum, als Lucius und der
Prätor L. ßoscius im Auftrage des PompeJ« zu ihm kamen, des
8) 1. Th. S. 270. A. 52. 9) Äppmn. 4, S9S fin. 611. Dio 47, 6. 8.
1. TIi. S. 306. 10) In doteiu ioTitaiKentmnqne sceleris. Tellej. 2, 67.
S. 3. 11) App. 4, 610. 611. l)io 1. e. Plut. Anion. 19. Cic. 46.
liv. 120. VcUej. 1. c. Senec. su.->sor. 6. Flor. 4, 6. §. 4. Oros. 6, 18.
1. Th. S. 373. 374. A. 4 X. 12) in Catil. 4, 6. Vir fonissimus et
ajn.-in(i>,Minns rcip. 6 Thil. 4. Clarissimns vir et praestantissijnns Senator,
ad Farn. 12, 5. (Ex consiilaribiis } nnus 1.. Caesar lirraus est et rectuk
13) 3. Th S. SS2. Ao. 35. 14) ad Fam. 9, 7. taes. B, C. 1, a
124 XXI. lULII. (23.)
allgemeliien Besten wegen über einen Vergleich zu unterliaudeln.
Dieselbe Liebe zur Republik, und snm Frieden beurkundete die
Antwort, und die Absicht, Zeit und einen guten Schein zu g'C-
Tvinneii, wurde nicht erreiclit. ' ') Ganz gegen seinen Wunsch
sah sieh Cicero bei diesem Unternehmen von Pompejus nicht zu-
gezogen ; ' *) es kränkte ihn, und als Verinilller hätte er die Er-
eignisse ejTvarten können, ohne Partei zu ergreifen. Deshalb
spottete er über den unwürdigen Abgeordneten, als Lucius ihn
auf der Rückreise am 25. Januar zu Jlinturnä an der cam-
panischeu Gräuze von seiner Sendnug und deren Erfolge be-
nachrichtigt hatte ; er war sogar geneigt, Alles für Erdichtung zu
halten.") An demselben Tage fanden die beiden Gesandten
Pompejus und die C'onsulu zu Teanum Sidicinum. '*) Sie wurden
init Gegenforderungen von neuem zum Feinde geschickt, '^) mit
einem Schreiben, welches von Sestius, nicht von Cicero, und
daher nach dessen Urtheile sehr schlecht abgefasst war. Doch
zweifelte dieser nicht, dass es zum Frieden führen werde, zumal
da auch das Volk die Bedingungen des Pompejus billigte, bis
er vernahm, dass Cäsar mit grössfer Thätigkeit seine Rüstungen
fortsetze, und sich einer Stadt nach der andern bemächtige. ^°)
Ohne Anstrengung g'elaiigte C. Carlo, der Cäsarianer, im
April 49 zum Besitze von Sicilien; dann gleng er nach Africa.
Bei seiner Annäherung enllloh Lucius, welcher mit zehn Schiffen
von der Flotte des Attius Varus die Rüste bei Clupea bewachea
sollte, an das Land und weiter nach Adrnmefum, und überliess
das ihm anvertraute Geschwader seinem Schicksal; er trug dem-
nach nicht dazu bei, dass Curio geschlagen und getö'dtet wurde. ^ '}
Auch drei Jahr später, als Cäsar seine Feinde in diesen Ge-
genden aufsuchte, entzog er sich den Gefechten, imd schloss sich
mit M. Cato, dessen Proquästor er genannt wird, in Ulica ein.
Nach der Schhicht bei Thapsus und dem Tode des Cato, welcher
ihm seine Rinder empfahl, rieth er den Einwohnern, dem Sieger
die Thore zu öffueu; er selbst gieng ihm entgegen, fussfällig um
15) Caes. B. C. 1, 8. 9. Dio 41, 5. Unten No. 31. §. 41. 16) riii«.
Caes. 31 gehört nicht hicher. 17) ad Alt. 7, 13. §. 5. IS) Das.
7, 14. Folglicli nicht in Cnjina. Caes. 15. C. 1, 10. 19) ad Alt.
7, 16. Caes. I. c. 20) nü Alt. 7, 17. 18. y&i. 14. tacs. I, H.
.il) C«cs. 1, 30. •_', 23. Dio 41, 41.
XXI. lULII. (24.) 125
selu Leben zu bitten, niiJ wurde begnadigt, bald nacLter aber
in Africa ermordet. --) Ulit banger Ahndung, dass diess der
Anfang der Proscriptionen sei, nnd nun auch iLn die Reihe treffen
>verde, erwähnte es Cicero in einem Briefe an Varro; der Ur-
heber des Verbrechens war ihm nicht zweifelhaft,^^) nnd Dio
fügt sogar Iiinzu , Cäsar habe zuerst durch richterliehen Sjiruch
seine Kachgier befriedigen, dann aber doch lieber ohne Aufsehn
sicli des Verwandten entledigen wollen. -*) Der Dicfator zeigte
anch jetzt eine grosse Milde gegen die Gefangenen,-*) wenn
sie nur nicht zum zweiten Male die Waffen ergriffen haften;
man sieht nicht, was ihn bestimmen konnte, mit einem unschäd-
lichen jungen Älanne seines Hauses eine Ausnahme zu machen,
welche Rücksicht oder Scheu ihn bewog, öffentlich sein Wort zu
Terpfiindeu, wenn er es nicht za halten gedachte. Seine Truppen
aber waren dm'ch den erneuerten Kampf und einen höchst be-
schwerlichen Feldzug erbittert, und Lucius wurde ohne Zweifel
ein Opfer ihrer Wulh, wie auch Sveton andeutet. ^ ^)
24. Julia. Tochter von No. 20, Schwester von No. 22. " ')
Vermählt mit M. Antonius Creticus, '^) und nach dessen Tode
mit P. Lentulus Sura, welcher a. 71 Consul war, und a. 63 als
IMilschuldiger des Catilina starb. ^^) In allen Verhältnissen der
Gesinnung nach sehr achtungswerth , ' °) W£ir sie dennoch un-
22) B. Atric. 88. 89. Plat. Cato m. 66. 23) ad Fam. 9, 7.
24) 43, 12. -25) Kiclit bloss VeUej. 2, SS. J. 2 bezeugt es ihm.
26) Caes, 7S. Die Anslegcr umgehen die AVorte, ■nelclie bei ihm folgen :
(Lncius) Caesar, libcnis servisque eius (C. Caesaris Dict. ) ferro et igni
crodolem in modiim enectis, beslias qnoqiie ad munns popali comjiaralas
conlrucidaverat. Im Vorigen spricht er Ton Afranius und Fausliis Sulla,
nnd \>'ill nnn oITenbar den Grund angeben, warum auch Lncius geiödtet
sei. SclaTen nnd Freigelassene waren vielleicht mit Thieren , welche bei
den Spielen in Rom gebraucht werden sollten, in See gegangen, und Ton
den Scliiffen bei Utica .lufgebracht ; die Soldaten Cäsars wnsslen , oder
glaubten doch, dass jener sie auf eine grausame Art habe ermorden lassen.
27) Cic. in Catil. 4, 6. 1 PhU. 11. 2, 6. 8, 1. ad Fam. 9, 14. 10, 28.
VeUej. 2, 67. §. 3. Flor. 4, 6. §. 4. Dio 47, 6. Plnt. Anton. 19. App.
4, 595. 28) Plnt. Anton. 2. App. 4, 608. 5, 701. 708 n. die \orige A.
Antonii No. 11 n. 13. 29) Cic. in Catil. 1. c. 2 Plül. 6. 8. 8, 1.
Plnt. 1. c. Corncl. Lent. No, 18. 19, 30) Cic, in Catil, I. c, Focmina
eleclissima. Plut, Ant. 2.
126 XXI. lüLD. (25.)
glücklich. ILr erster Gemahl verschwendete, und sie konnte iha
nicht zügeln;^') der zweite wurde hingerichtet, und ihre drei
Söhne, die Autonier, entzogen sich bald ihrer Leitung. Daher
brachte ihr auch das Alter keine Freuden. Alarcus , ihr ältester
Sohn, welcher sie angeblich mit Geringschätzung behandelte,^-)
erregte gegen Ende des J. 44 einen neuen Bürgerkrieg. AVäh-
rend er Älutina belagerte , blieb sie in Rom , und suchte zu ver-
hindern, dass man ihn für einen Feind der Republik erklärte. ^')
Dann verwendete sie sich a. 43 für ihren Bruder, als Marcus
und die andern Triumvirn ihn geächtet hatten, **) und für die
Frauen, welche sie um Schutz baten, weil jene ihr Vermögen
bedrohten. ^') Durch den perusinischen Krieg, das Werk ihrer
Schwiegertochter Fulvia, sah sie sich a. 40 genölhigt, nach Sicüien
zu Sextus Pompejus zu entHiehen. Dieser schickte sie auf eine
ehrenvolle Art zu BI. Antonius nach Griechenland, mit welchem
er einen Bund gegen Octavian zu errichten wünschte. So kam
sie mit ihrem Sohne nach Italien zurück, wo der Vertrag von
Brundusium die Einigkeit zwischen den Triumvirn herstellte. ^ ®)
25. C. Julius Cäsar Strabo. *') L. F. Sex. N. ^^ Sohn
von No. 18. Bruder des L. Cäsar (No. 20)^9) und des
Q. Catulus. *") Er belangte a. 103 T. Albucius, welcher Sar-
dinien verwaltet hafte, wegen Erpressungen; sein Nebenbuhler
Cu. Pompejus Sirabo musste ihm weichen, weil dieser der Quästor
des Beklagten gewesen war.*') Curulischer Aedil a. 90 unter
dem Consulat seines Bruders. *^) Rriegstribun, Decemvir, um
Acker anzuweisen, und Ponlif. *') a. 88 bewarb er sich um
das Consulat, ohne Prätor gewesen zu ssln, welches bei der
grossen Spannung zwischen den Optimaten und deren Gegnern
31) Plnt. Ans. 1. 32) 2 PhU. 24. 33) App. 3, 560. 564.
1. Th. S. 211. A. 75. 240. A. 45. 34) Oben Ko. 22 fio. 35) App.
4, 608. 1. Th. S. 382. Hortensü No. 11. 36) App. 5, 701. 708.
741.748. nio 48, 16. riut. Aiiion. 32. 1. Th. S. 417. A. 27. 37) Sirabo,
weil er schielte, bei ihm kein Tererbter Beiname. Gruter p. 421. No. 5.
Vellej. 2, 9. §. 2. Suet. Caes. 55 n. A. 38) Cic. Brat. 48. Gell. 4, 6.
Grnter. 1. c. 39) Cic. de or. 3, 3. Ascon. in Scanr. p. 24. Grell.
40) de or. 2, 3. 11. de ofilc. 1, 37. Oben No. 19. 41) Cic. in
Caecil. 19 n. das. Ascon. de ofKc. 2, 14. Sneton. 1. c. 42) AU
C. Cnrio V. Tribun war, folglich nicht 3. 89. Cic. Bml, 89. Ascon, in
Scaur. I. c. 43) Gnit. u. Gell. U. cc.
XXI. lüLn. (26.) 127
ParteisacLe wurde, obg-leich nicLt die Ursach des Bürgerkriegs,
wie Asconias sagt. Auf Marias Betrieb**) widersetzten sich
ihm die V. Tribüne P. Sulpiciiis und P. Antistius, *^) zuerst mit
Worten, dem Annalgeselze des L. Villius Tom J. 180 gemäss,*®)
dann aber , als er nicht nachgab , und sein Verfahren zu recht-
fertigen suchte, mit Gewalt, wodurch sie ihre Absicht erreich-
ten. *') Der Consul Sulla yertrieb die Häupter der Volkspartei;
3Iarius und Cinna kamen aber zurück, während er a. 87 mit dem
Heere in Griechenland war, und verfolgten ihre Feinde. Auch
Cäsar sollte sterben; ein etruscischer Gastfreund Sextilius, welchen
er vor Gericht vertheidigt hatte, und auf dessen Gute bei Tar-
quinii er Schutz suchte, verrieth ihn; er wurde getödtet, und sein
Kopf auf die Rednerbühne geschickt. * ^)
Die Alten erwähnen ihn öfter als seinen Bruder, weil er
Redner uud Dichter war. In jener Beziehung wui-de er indess
von seinen berühmten Zeitgenossen IM. Antonius und L, Crassus
übertreffen. Am meisten wirkte uud glänzte er durch seinen
Witz ; kräftige , sinnschwere Worte vernahm man nicht von
ihm. *') Auch durch seine Tragödien erwarb er sich Ruf, ob-
gleich Atlius sich ein grösserer Dichter zu sein dünkte.'") Unter
anderen schrieb er eine Tecmessa und einen Adrast. ' ')
26. C. Julius Cäsar. Aeltervater des Dicfator, in dessen
Geschlechtsregister jedoch jede Angabe über seinen Vater hinaus
nur auf \ermuthung beruht; da jener, wie er selbst Cajus hiess,
so gilt diess wahrscheinlich auch von seinen nädistea älteren
Ahnen. Dieser Cäsar gelangte nicht zu den höheren Ehren-
stellen, weshalb die Fasten von ihm schweigen. Vielleicht ist
44) Diodor Sic. fr. 1. 37. Vol. 10. p. 190. Arg. 45) 1. Th.
S. 54. Ko. 7. 2. Th. S. 435. A. 30 f. 46) WesseÜng Probab.
p. 375. Vgl. 2. Th. S. 482. A. 77. 47) Cic. Brut. 63. de bar.
r. 20. Ascon. 1. c. 48) Cic. de or. 3, 3. Brut. 89. Ascon. 1. c.
Val. M. 5,3. f. 3 n. die Stellen in Cornel. Cinn. Ko. 3. A. 57. Snet.
C'alig. 60 fin, : Obserratum antem nolalain((ne est inpriniis, Caesares omnes, (.')
quibus Caii praenomen fuerit, ferro perisse, iam inde ab eo, qui Cinnanis
teniparibus sit occisns. 49) Cic. Brnt. 48. 57. 60. 89. de or. 2, 5*.
3, 8. Tnsc. 5, 19. de off. I, 30. 37. VeUej. 2, 9. §. 2. Qninlil. 11, 3.
129. Xon. niarn. p. 513. ed. Lips. 50) Val. M. .3, 7. §. 11. 51) Victorin.
de orlhngr. Fest. v. Frophelas. Vgl. Cic. Brut. 48. Ascon. in Scaur.
I>. 24: buius sunt tragoediae, qaae iDScribuntnr lalii.
128 XXI. lULII. (27.)
er der Senator, welclier um 143 eine röraiscLe GescLichte in
griecLiscLer Sprache schrieb. " -)
27. C Jiilins Cäsar. Sohn des Vorigen. Grossvater des
Dictator. Ob und wann er zur Prätur gelangte, ist ungewiss,
da Plinius ohne nähere Bestimmung erzählt, zwei Cäsaren seien
am Morgen plötzlich bei dem Ankleiden gestorben, ein Prätor in
Born, und der Vater des Dictator nach der Verwaltung jenes
Amtes in Pisa. *^)
28. IMarcia. Gemahlinn des Vorigen. Schwester des
Q. Blarclus Kex. (Cos. 118.) Ihr Enkel, der Dictator, leitete
ihr Geschlecht vom Könige Ancus Bleircius ab.^*)
29. C. Julias Cäsar. Sohn von No. 27. Vater des
Dictator. Er erlebte den ersten Bürgerkrieg und übernahm die
Prätiir vor dem J. 84, in welchem er plötzlich zu Pisa mit Tode
abgieng, als sein a. 100 geborner Sohn im sechzelmten Jahre
war. ' *) Dieser gab a. 65 ihm zu Ehren als curulischer Aedil
Fechterspiele. ^'^)
30. Aurelia. Gemahlinn des Vorigen. Nach dem Zeif-
verhältnisse darf man annehmen, dass M. Aurelius Cotta und
Rutilia^') ihre Eltern, und C. M. und L. Cotta, -Coss. a. 75,
74 und 65, ihre Brüder waren. ^ *) Doch wurde sie nicht bloss
wegen ihrer Abkunft, sondern auch wegen ihrer Tugenden ge-
achtet. '^) Die wichtigste Angelegenheit war ihr die Erziehung
ihrer Rinder. ^'') Unter diesen liebte sie Cajus am meisten,^')
dessen ausgezeichnete AnIngen sich unter der Leitung des ge-
lehrten gallischen Rhefor ]JI. Antonius Gnipho äusserst glücklich
entwickelten. " ') Sie blieb zu allen Zeiten seine mütterliche
Freundinn. So zeigte sie sich a. 63 bei seiner Wahl zum
Oberpontifen. * ') Ohnerachtet der Sorgfalt, mit welcher sie über
52) Uv. ep. 53. 53) 7, 54 (53). 54) Suet. Caes. 6. 55) Plin.
1. c. Suet. Caes. 1. Ob dieser Cäsar oder No. 20 Sulla a. 93 den "Vor-
wurf juachte, dass er die PraJur erkauft habe, ist nicht zu bestimmen.
Plut. SuU. 5. 56) Plin. 33, 16 (3). Unten No. 31. §. 4. A. 52.
57) ad Att. 12, 20 fiii. Sie war \ieUeicht die Schwester von P. Rntilius
Kufos, Cos. 103. Cic. Brut. 22. 29. 30. 58) Suet. Caes. 1. SO) Plut.
Caes. 9. 60) (Tacit ) Dial. de or. 28. Vgl. Dio 44, 38. 61) Suet.
Caes. 74. Plnt. Caes. 9. 10. Zonar. 10, 11. 62) (Suet.) de iU. grnnun. 7.
63) Suet. Caes. 13.
XXI, mm. (31. §.1.) 129
die Sitfen seiner lelcLfsinnlgcn GemaLlinn Ponipeja wacLle, wussle
P. C'lodiiis sicli dieser zu uüLern , auch am Feste der IJona Dea,
an welcLem sie Theil naLin. '''') Dagegen wurde iür die Freude,
ihren Sohn a. 59 als Coiisul zu begrüssen, und dann Ton seinen
glänzenden Thaten in Gallien zu hören. Aber sie sah ihn nach
seinem Abgange von Rom nicht wieder, denn sie starb a. 54
kui-z vor ihrer Eukelinn Julia. ^ ^)
31. C. JnUns Cüsar. C. F. C. N. ««) Sohn von Ko. 29.
§ 1.
Geboren a. 100 r. Chr. — 654 a. n. unter C. Blarlus VI;
nnd L. Valerius Flacciis Consulat; folglich sechs Jahr jünger als
Pompejas ®') und Cicero. Bei dem Tode seines Vaters im sech-
zehnten Jahre;**) etwa achtzehn alt, als Sulla sich der Herrschaft
bemächtigte; *') im 56sten als er a. 44 starb. '") Der Monat
seiner Geburt -war der Quintilis, Nvelcher eben deshalb später
Julius genannt wurde,") und der Tag nach zuverlässigen nnd
bestimmten Zeugnissen der zwölfte. ' -) Wenn die Neuern gleich-
wohl daran gezweifelt oder einen andern Zellpankt angegeben
haben, so sind sie durch die Bemerkung des Die Cassius irre
geworden, C'äsars Geburtstag sei a. 42 mit den Apolliuar- Spielen
zusammen gefallen , und um dem Gotte nichts von seinen Ehren
zu entziehen von den Triumvirn geboten, ihn einen Tag fi-iiher
za feiern.'^) Jede Ungewissheit , welche dadurch entstehen
64) Snet. Caes. 74. l'liu. I. c. 2. Th. 20S. A. 78. 212. A. 16.
65) Snet. 1. c. 26. 66) Fast. cap. a. 694 u. 705 t 67) VeUej.
2, 53 fin. 68) Suet. Caes. 1. 69) a. 82, in vrelcliem Fräaeste
übergieng. Vellej. 2 , 41. {. 2. 2. Th. S. 468. Cu. Dolabella klagte er
a. 77 an, folglich nicbt im 21sten Jalu-e, (Tacit.) Dial. de or. 34, soiidem
im 23sten. 2. Th. S. 561. A. 36. Zur Zeit der Schlacht Lei Manda
I"! ferner war er im SSsten, niclit im 56stoa. Eiurop. 6, 24 (19). 70) Siiet.
I Caes. 88. Flut. Caes. 69. App. 2, 522. Nach Dio 44, 7 ein Fünfziger.
71) S. die folgenden A. h. Plntarch. Kiim 19. /\pp. 2, 494 fin. 5, 727.
Dio 44, 5. Cic. ad Att. 16, I u. 4. Snet. Caes. 76. Flor. 4, 2. §. 91.
Censor. de d. nat. 22. Fest, t, Innjum. Hieron. in Euseb. Chron. Ol, 184.
72) a. d. rV id. Qnintil. procrcalus. Macrob. Sat. 1, 12. Calend. Amiteru.
et Antiat. in Verr. Flacc. Fast, ed. Foggia. p. 111. Dea faufzebntea nennt
irrig Porphyr, zn Ilorat. ep. 1, 5. 9. 73) 47, 18.
Orumann , Ucschichto Roms III. Q
130 XXI. lULII. (31. §.1.)
könnte,'*) verscLwiu Jet , wenn man sicL erinnert , das» jene
Spiele nicht immer an demselljen Tage Jas Oiiintil gegeben
wurden. Liyius gedenkt bei dem J. 212 v. C'Lr. ibrer Stif-
tung, ") und bei dem J. 208 ihrer Feier am fünften, a. d.
m Non. puint. mit dem Zusätze, an diesem Tage Labe sie seit-
dem gewöhnlich Stalt gefunden."'') Nicht immer. Sie wurde
auch auf den elften angeordnet;'") alte Kalender nennen den
sechsten,'^) und oft dehnte man sie auf mehrere Tage aus,
z. B. a. 44 der Priilor M. Brutus, in dessen Abwesenheit sein
College C. Antonius sie besorgte; '8) Brutus wollte am Tage
nachher, am dreizehnten eine Jagd geben, und die Apolllnar-
Spiele hatten am siebenten, an den Nonen begonnen.'") Aus
Dios Nachricht also von der Verlegung der Geburtstages -Feier folgt
für den Tag, an welchem Cäsar geboren wurde, gar nichts, sie
streitet nicht mit der hier angenommenen Bestimmung.
Nach Allem, was wir von Cäsar wissen, erfreute er sich in
seiner Jugend eines vorzüglichen Unterrichts , obgleich er nie
aufhörte, mit grosser Leichtigkeit sich Kenntnisse anzueignen. * *)
C Marius, welcher mit der Schwester seines Vaters vermählt
war, führte ihn a. 87, als SuUa gegen die Feldherrn des Mithri-
dates focht, dadurch in das ö'fFeutliche Leben ein, dass er mit
dem Consiil L. Cinna ihn zum Priester des Jupiter, flamen dialis,
wälJen Hess. ^') Sein Vorgänger L. Cornelius Merula, Optimal
und in diesem Jahre nach Cinnas Flucht an dessen Stelle zum
Consul ernannt, hatte sich im Capitol getödtet. *^) Aber auch
Marius starb schon am 13. Januar 86 vor der Weihe seines
Verwandten, und da dieser eben deshalb als ilamen destinatus, ")
nicht mitzählt, so bemerken die Alten, dass es von Merula bis
zum J. H vor Chr., in welchem Auguslus das Priesterfhum des
Jupiter herstellte, keinen Hamen dialis gegeben habe,*') daher
74) S. Foggin. 1. c. p. 123. Noris. Cen. Pis. Diss. 2. c. 6. p. 193.
75) 25, 12. Vgl. Macrob. Sat. 1, 17. 76) 27, 23. S. Licinii Vari
No. 11. 77) Liv. 37, 4. 78) Oben A. 72. 79) 10 Phil. 4 —
Qiii unqnani aut IiidJ, aiit ilies laotJores fiiernnt. — At biinc his ipsis
liKloruiu djebiis videbam etc. 80) ad All. 16, 1 u, 4. 1. Th. S. 141
u. 524. 81) Oben No. 30. 82) Vellej. 2, 43. .Snet. Caes. 1.
2. Th. S. 493. 83) 2. Th. 582, A. 28. 587. A. 60. 84) .Suet. I. c.
85) 76 Jahr. Bei Tacit. A. 3, 58 ungenau 72. Dio 54, 36. Suet. Ociav. 31.
f
XXI. lüLn. (31. §.1.) 131
aach Cicero in Beziebong auf die Rede fiir sein Haus seiner
niclit gedenkt. * ^)
Die Gunst, durch welche Cäsar von dem Haupte der Volks-
partei ausgezeichnet wurde, bestimmte ihn nicht, sich schon früh
für diese zu entscheiden, und weder die Ermordung seiner Ver-
wandten, ^') noch die Furcht vor Sulla, als dessen Freunde sie
gefallen waren, schreckte ihn davon ab. Seinem Scharfblicke
entgieng es nicht, dass die Republik sich überlebt hatte; er be-
schloss eine Partei durch die andre zn stürzen, um dann über
beide zu gebieten. Diesen Plan entwarf er schon Jetzt, und
folgerecht führte er ihn aus; jede Seite seiner GescLichte bezeugt
es. Was für seine ersten Beobachter bedeutung-slos oder räthsel-
haft war, ist es nicht auch für uns, welche das Ende des Ruäuls
bis zu dessen Anfang leitet. Zunächst galt es, durch auffallende
Handlungen die Aufmerksamkeit derer zu erregen, welche ihm
einst vertrauen sollten, jedoch so, dass er sich nicht in seiner
Ohnmacht den Gegnern preis gab. Er heirathete a. 83 die
Tochter des L. Cinna, dessen Absicht, Sulla im Osten zn be-
kriegen, im vorigen Jahre durch seinen Tod vereitelt war.**)
86) de har. r. 6. 2. Th. 311. Norisins hat die chronologischen
Schwierigkeiten bei dieser Untersachnng zu heben Tersucht, und sie nicht
bloss durch die Verwechseliuig des Flamininm mit dem Pontißcat nnr ver-
mehrt. Cen. Pis. Diss. 2. c. 5. p. 182. Gegen ihn schrieb '^Vesseling
Obserr. 2, 18, besonders nm die Ehre Svetons zn retten, vfelcher 1. c. der
Meinung zu sein scheint, Cäsar sei erst nach dem Tode seines Vaters
oder nach dem J. 84 Flamen geworden, als Marius nnd Cinna nicht mehr
lebten, dessen Worte aber in dem verstümmelten Anfange seines Werks
offenbar versetzt sind. Darüber hat noch niemand sein Befremden geäussert,
dass man Cäsar, welcher allerdings a. 88 während der kurzen Herrschaft
des Marius nnd bei Lebzeiten des Msrula das Priesterthum nicht erhielt,
nicht auf Sullas Betrieb durch Merula ersetzt wurde, wie Norisins glaubt,
nach seiner Wahl nicht inaugnrirte. Wenn auch Marius bald nachher starb,
so blieb doch dessen Partei bis a. 83 oder bis Sullas Rückkehr vom mi-
thridatischen Kriege am Ruder; Cäsars Jugend stand der Wahl und also
auch der Weihe nicht entgegen ; demnach Terdaukte er jene der persön-
lichen Zuneigung des berühmten Fcldherru , nach dessen Tode er nicht
Weiler beachtet wurde, zumal da wichtigere Dinge, die Rüstungen gegen
Sulla, die Marianer beschäftigten, nnd er mit Cinuas Tochter sich erst
dann Termählte , als dieser ermordet war. 87) Ko, 20 n. 25.
88) 2. Th. 592.
9»
132 XXI. lUIJI. (31. §.1.)
Seine VenvamltscLaft mit Mariiis vrat kein Verbreclien, aber
auch kein Verdienst; diese Heirath, kein Verbrechen, weil sie
ein rein menscLlicLes Verbäitniss begründete, sollte später durch
andre Schritte ihren Sinn erhalten. Nach der Besiegung der
Marianer befsdil ihm Sulla a. 82 , sich von der Tochter seines
Feindes zu trennen. M. Piso entliess nach dem Wunsche des
Herrschers Annia , Cinnas Wittwe , und Pompejus Anti!>tia, * ^)
Cäsar aber nicht Cornelia. Man ächtete ihn, woduich er seine
Würde als Priester des Jupiter, die Aussteuer seiner Gemahlinn
und sein eigenes Vermögen verlor. Er irrte krank und in einet
Vermnnimung im Sabinischen umher, und wurde hier von Cor-
nelius Phagita ergriffen, von vs'elchem er seine Freiheit mit
zwei Talenten erkaufte. ^") Dann erfolgte zwar seine Be-
gnadigung, weil die Vestalinnen, deren Fürwort um so gewich-
tiger war, da schon ihre Gegenwart vor Gewalt schützte,^')
Aurelius Colta , ein Bruder seiner Mutter ^^) und Mamercus
Aemilius Lepidus^^) für ihn baten; aber Sulla fügte sich un-
gern, und bemerkte, als man von der Jugend des Proscribirten
und von seiner Unbedentsamkeit sprach, welche auch sein Aeus-
seres knnd gebe, in ihm sei mehr als ein Marius, man möge sich
Tor dem schlechtgegürfefen Knaben hüten. ^')
Cäsar hatte gezeigt, was von seiner Festigkeit nnd von seinen
Grundsätzen zu erwarten sei; mehr konnte er jetzt nicht wollen.
Da es also in Rom vorerst kein Geschäft, nur Gefahren für ihn
gab, so gieng er nach Asien. Hier folgte a. 81 der Proprätor
M. Minucius Thermus dem Legaten SuUas L. Blurena^') in
der Provinz Asia. ^^) Er beschloss Mifylene zur Unterwerfun
89) 1. Th. S. 42 n. 55. 2. Tli. S. 85. A. 52. 90) Plnf. Caes. 1.
Suet. Caes. 1. 74. Vellej. 2, 41. 5 2. 2. Tli. 481. A. 71. 91) 2. Th.
S. 181. A. 67. Vgl. Cic. p. Font. 17. 92) Er vrird niclil näher be-
zeichnet. Oben Ao. 30 in. 93) 1. Th. S. 4. Ko. 14, 94) Snet.
1. 45. rint. 1. Macrob. Sat. 2, 3. Dio 43, 43. 95) 2. Th. 455. 460.
461. 477. 96) Suet. 2. Es gab in dieser Zeit Mehrere seines Samens.
Ein Alinncius Thermus gieng a. 86 mit dem Consul A'olerins Flacciis nach
Asien nud wurde von Fimbria in Unthätigkeit yerselzt; er Tv-ar folglich
Marianer. App. Mithr. 204. 2. Th. 452. Die anderen Schriftsteller, welche
Cäsars Reise erwähnen , schweigen TOn seinem Fcldherrn Thermus ; diess
beweis'! nichts gegen Snoton; von Livius haben wir hier nnr einen Aiiszng,
und flutarcb übergehl uichl nur Namen, sondern auch Ereignisse, z, B. die
XXI. lULrr. (31. §.2.) 133
EU brluyen, ") WelcLes im ersten mitbridatiscLen Kriege von
Rom abgefallen nnd aucli nach einer Niederlage seiner Flotte
unter L. Lncullus nicLt genommen \yar. **) In dieser Zeit kam
Cäsar za ihm, zum ersten Male im Felde zu dienen. JMinacios
schickte ihn nacL BitLjnien zu Nicomedes 3., dessen ScliilTe er
herbeifüLren sollte. ^^) Man beschuldigte ihn, er habe sich dem
Könige , ^'elcher später den Romern sein Reich vermachte , zu
schändlicher Lust hingegeben, und fand darin eine Bestätigung,
dass er wenige Tage nach seiner Rückkehr unter dem Vorwande,
für einen Freigelassenen, seineu Clienten, Geld eintreiben zu
wollen, vrleder zu ihm reis'te. Zu allen Zeiten hat man diese
Anklage gegen ihn erneuert ; mit welchem Rechte , ist nicht zu
entscheiden. '"") ludess focht er a. 80 vor ölitjlene und mit
Auszeichnung; als es erobert wurde, rettete er einem Kampf-
genossen das Leben und Thermus belohnte ihn mit einer Biirger-
krone. ') a. 78 begab er sich auf die Flotte des Proconsuls
P. Servilius, welcher die cilicischen und die übrigen Seeräuber
entwaffnen sollte, und sich den Beinamen Isauricns erwarb.')
Kaum aber war der Feldzug eröffnet, als er auf die Nachricht
von Sullas Tode nacL Rom zurückgieng. ')
$ 2.
a. 78. Bei seinem schnellen und richtigen ürtheil' erkannte
er sogleich, dass die Sache des Volks in schlechten Händen sei.
Belagerung von Blitrlene tind Cäsars Fcldzng nnter Servilius, Eben so
SIemn. Uist. 36 (38). Orell. 97) Die Münzen haten Mjtilene, die
meisten Autoren und anch einige Inschriften Blityl. Hier ist die gewölin-
liche Schreibart beibehalten. S. Eckh. 2. p. 503. 98) flul. Lnc. 4.
Ijcinii Lncull. No. 5. J. 1. A. 88. 99) Tgl 2. Th. 442. 100) Suet.
2. 49. 52. (A. V.) de vir. iU. 78. Dio 43, 20. Tlnt. 1 gedenkt der
Reise, aber nicht der Schande. Bei Gell. 5, 13 nennt Cäsar in einer Rede
ilr die BithjTiier Xicomedes seinen Castfrennd. 1) Suet. 2. Vgl. Liv. 89.
riin. 16, 5 (4). GeU. 5, 6. Lncan. 1, 358. Die Münze bei Voill. Minne.
Ko. 13. Eckh. 5. p. 255 gehört nicht hierher; wenn sie Cäsars That ver-
herrlichen sollte, so würde diess angedeutet sein. 2) Kur 8uet. 3
spricht von Cäsars MitTfirknng. Vgl. Liv. 90. 93. Cic. Verr. I, 21. 3,90.
», 10. 5, 30. Val. M. 8, 5. §. 6. Flor. 3, 6. §. 4. Eutrop. 6, 3. Orox.
S, 23 u, die VebersicUl der Tiralen - Exiege in; Tonipej. lUr. a. 67.
3) Suet. I. c.
134 XXI. lULII. (31. §.2.)
Sie selbst zu übernehmen , war er noch zu schwach , nnci un-
geschickten Führern mochte er sich nicht anvertrauen. Daher
wurden die Autrage des Consuls M. Lepidus, sich mit ihm gegen
die Sullaner zu verbinden, abgelehnt, obgleich ohne Zweifel
L. Cinna, der Bruder seiner Gemahlinn, der Unterhändler war; *)
man hatte nichts vorbereitet, und Lepidus, welcher im folgenden
Jahre von Q. Catulus an der milvischen Brücke geschlagen
wurde, und in Sardinien als Geächteter starb, war nicht geeignet,
eine grosse Umwälzung zu leiten, ') Diese konnte auch nicht
das Werk Eines Jahres sein. Man musste der herrschenden
Partei zunächst in der öffentlichen Meinung schaden, und Cäsar
unternahm es mit so viel Mässigung und so schlauer Berechnung,
dass er absichtslos zu handeln schien, bis die wiederholten Streiche
fühlbar wurden.
a. 77. Nach der Sitte der jungen Römer, sich durch An-
klagen bedeutender Männer bemerklich zu machen, belangte er
den Consular Cn. Dolabella, welcher Rlacedonien verwaltet hatte,
wegen Erpressungen. Diess war in der Ordnung. Aber ein
Sullaner wurde eines von Sulla verpönten Verbrechens beschul-
digt, und der Senat, durch Sulla allein im Besitze des Richter-
anites, sprach ihn frei. Die Vermuthimg lag nahe, dass die
Richter den Parteigenossen, den Senator begünstigten, dass sie
von Processen der Art, welche ihnen selbst ganz vorzüglich Ge-
fahr brachten, abschrecken wollten; die "Verfassung des Dictator
erhielt einen Riss. Durch Dolabellas Schmähungen wurde Cäsar
nicht widerlegt, und der Beifall, mit welchem ein grosser Theil
der Umstehenden ihn hörte, galt nicht bloss dem gebornen Red-
ner. ®) Um so kühner setzte er den Angriff fort. Denn C, An-
tonius, ( Cos. 63 ) welchen er a. 76 vor dem Prätor M. Lucullus
wegen Erpressungen anklagte, hatte zur Zeit des mithridatischen
Krieges mit einer Schaar von Sullas Reuterei in Griecheuland
geplündert; er wusste sich jetzt der Untersuchung zu entziehen,
wurde aber sechs Jahre später auch aus diesem Grunde von den
Censoren aus dem Senat gestossen. ')
4) 2. Th. S. 590. No. 5. 5) Suel. 3. Vgl. Flui. Pomp. 16.
Caes. 3. 4. Ai)p. 1, 418. Pliii. 7, 54 fin. (53.) Flor. 3, 23. 1. Th. S. 3.
No. 12. 2. Th. S. 497. 6) 2. Th. 561. No. 5. Hoitensn No. 7. §. 2.
A. 17. Obeu {. 1. A. 69. 7) Autonius hiess nicht Fulilius, nud der
XXI. lULII. (31, §.2.) 135
JVocIi immer traf Cäsar ineLr persönlicLer als Parteibass;
furcht vor den Männern, welche rou iliui belästigt waren, Latte
au seiner zweiten Keise nach Asien keinen Autheil. *) Niemand
verstand es besser, auch die Zeit wirken zu lassen; die Nobilität
opferte sich selbst. Daher gieng er im Winter 76 nach Rhodas,
wo er sich 'unter der Leitung des Rhetor Älolo in der Redekunst
üben wollte. In der JNähe Ton Blilet wurde er bei der Insel
Pharmacusa von Seeräubern gefangen genommen , nach dem
Processe des Dolabella, wie Sueton richtig angiebt, und in dem
genannten Jahre, denn Plutarch und Vellejus erwähnen in der
Geschichte des Abenteuers Junius Silanus, einen Prätorier, welcher
nach Plinins jetzt Asia mit dem Titel eines Proconsuls venvaltete.
Plutarch setzt das Ereigniss gleichwohl vier bis fünf Jahre früher,
in die Zeit, als Cäsar von Niconiedes zurückkehrte, und Poljän
stimmt ihm im W^eseutlichen darin bei, obgleich er übrigens nicht
nur von ihm, sondern auch von den anderen Scliriftslellem vöUig
abweicht^ jenen am laconischen Vorgebirge seine Freiheit ver-
lieren, den Räubern durch seinen Sclaven Epierates einen Schlaf-
trunk bereiten, und sie dann tödten lässt. Auch konnte der Ge-
fangene nicht glauben, dass Crassos sich seines Schicksals freuen
werde, denn sie vs'aren nicht Feinde. Ob er so viel Unerschrocken-
Leit zeigte als Plutarch in einer sichlbar ausgeschmückten Er-
zählung berichtet, mag auf sich beruhen; Sueton bestätigt nur,
dass er die Piraten im Scherze mit dem Kreuze bedrohte, nicht
aber, dass er als Gebieter unter ihnen auftrat, nnd mit lächerlicher
Freigebigkeit , um sie über die Wichtigkeit seiner Person zu
belehren, statt 20 Talente, welche sie forderten, 50 zu zahlen
versprach. Diese bezog er von Milet, denn in einem solchen
Falle niussten Provincialen und Eundesgeuossen das Lösegeld
herbeischaffen, '■') und nach 38 bis 40 Tagen war er frei. In
der Kacht nach seiner Aussetzung raffte er milesische Schiffe zu-
sammen; er bemächtigte sich der Räuber auf Pharmacusa, und
führte sie nach Pergamum. Dann begab er sich nach Bilhj-
ProcesS wurde nicht in Griechenland geführt, vfic Plnt. Caes. 4 sagt.
Ascoii. za Cic. or. In toga cand. p. 84. Grell. Cic. p. IM. TnUio cap. 8.
ed. Peyron. et Beier. I. Th. 532. A. 72 — 533. A. 79. 2. Th. 547.
A. 88. Licin. Loculli No. 9. A. 34. 8) Sueton. 4 ball sie fiu die
UauptuTsach. 9) 2. Th. 201. A. 48.
136 XXI. lüUI. (31. §.2.)
nien, '") wo Junias sich gerade aufhielt, WaLrscLeinlicL nm zn
bewirken, <Iass Rom den König Nicomedes 3. beerbte, und als
der Procousul aus Eigennutz die Piraten zu verkaufen befahl,
kam er vor dessen Schreiben nach Pergamum, und liess sie
kreuzigen, nachdem sie zur Milderung der Strafe erwürgt wa-
ren. ") Zum zvseiten Male verdankte er dem Gelde die Er-
haltung seines Lebens, und er verdankte ihm ausch später sehr
viel, weil er es zu gebrauchen wusste.
Den Rlietor Molo in Rhodns, vrelchen er jetzt hörte, ' -) und
dessen Unterricht auch Cicero in Rom und dann auf der In$el
benutzte, nennt dieser immer so,'^) den Rhelor dagegen, an
welchen O. Mucius S.cävola (Cos. 117) als Prätor sich wandte,
stets Apollonius. ' ') Sie mit dem Namen ApoUonius Molo als
eine und dieselbe Person zn bezeichnen, gestattet schon ihr un-
gleiches Aller nicht, und Strabo unterscheidet sie sehr bestimmt;
er erzählt, Apollonius mit dem Beinamen Blalakos, der Weich-
ling, und JIolo, beide aus Alabanda in Carlen gebürtig, haben
sich in Rhodus angesiedelt, und JMolo zuletzt, welches jenem zn
einem AYorlspiele Anlass gab.'') Die Schriftsteller nach Cicero,
welche dessen Lehrer Apollonius Molo nennen, ' ^) sind dadurch
getäuscht, dass der allere und jüngere Rhetor Landsleute und
Seitgenossen waren. Dei Plutarch heisst der Grieche, zu welchem
Cäsar gieng , sogar Apollonius , .Sohn des JMolo. ' ') Cäsars
Aufenthalt in Rhodus war von kurzer Dauer. Der dritte Krieg
10) Diess ha« Plnlarch irre gemacht. II) Snet. 4. 74. Veliej. 2, 42.
§. 2. Väl. M. 6, 9. §. 15. Plin. 2, 35. Plnt. Caes. 1. Crass. 7. Polyaen
straf. 8, 23. J, 1. Fenestella bei Diomedes p. 361. Putsch, spricht TOn
Enthauptung, einer bei Verbrechern dieser Art nicht üblichen Todesstrafe;
über seinen Ansdrnck decoUare s. IVessel. Observ, 1, 20. Tgl. 2, 18.
12) Sueion. 4. Plut. 3. 13) Brnt. 89. 90. 91. 14) de or. 1, 17. 28.
de iav. 1, 56. 15) 14, 655: 'Oi/'t i-ioliov. 661. 16) Sne«. 1. c.
<^aintil. 12, 6 fin. Tgl. 3, 1. 5, 16. Joseph, c. Apion. 2, 14, 36 n. Fabric.
B. Gr. ed. Harl. 4. p. 273. 17) Caes. 3. So ist ohne ZTreifel auch
Flut. Cic. 4 zu lesen. Dieselbe Benennang findet sich bei PoiThyr. Quaest.
Homer. Selbst Tvenn Apollonius der Sohn eines Molo vrar, so kann doch
in Beziehung auf Ciisai' nnd (Jcero gar nicht TOn ihm die Rede sein, und
Spalding Iint in seinen Anmerkungen zn (Inintil. 3, 1. J. 16 nnr in so fem
Becht, ,ils er mit CasnnJi. zn Strabo u. Snet. II. cc. und mit Wetzet zu
Cic. Brat. 89 Ton einem ültorn und Jüngern Rhelor spricht.
I
A
XXI. lULn. (31. §.2.) 137
mit Millu-idafes rief ilin iiacl» der Provinz Äsia, vro er, •waLr-
scLeinlicL im Anfange des J. 74 , oLne Auftrag als PriTalmann
Truppen zusammenzog , und eine feiudlicLe Schaar , Welche ein-
gedrungen war, um die Einwohner gegen Rom aufzureizen, ia
die FlucLt schlug. ^^) Auch liier Terweille er nicht lange; sein,
Oheim C. Aurelius Gotta, welcher im vorigen Jahre Consul ge-
wesen war, und in diesem Gallien verwaltete, starb plötzlich, ' ^)
und er wurde abwesend an dessen Stelle zum Pontifen ge-
wählt. ^°) Deshalb reis" te. er nach Rom, nicht ohne Furcht vor
der Rache der Seeräuber, und entschlossen, sich ihr im äussersten
Falle durch Selbstmord zu entziehen j indess traf er nicht mit
ihnen zusammen.-')
Er fand die Gegner der jetzigen Verfassung in einem hiilfs-
losen Zustande, zumal da die Volks -Tribüne nichts vermochten;
ein Parteihaupt, nach welchem sie sich sehnten, konnte nur dann
durchdringen, wenn es über die .Stimme und die Arme der
Blenge gebot, welche die Anmassungen der Nobililität nicht be-
rührten , desto mehr aber die damalige Theiu-ung. Cäsar näherte
sich ihr; daS Wohlwollen des Patriciers und seine Getraide-
.Spenden befestigten ihn in ihrer Gunst, nnd in dem Maasse, als
sein Ansehn Stieg, öffneten sich ihm die Cassen der Wucherer,
denn die Aemter als Gegengeschenk des Volks und die Provinzen
verbürgten die Rückzahlung. Kur die Ojitimaten rechneten falsch;
sie hofften , mit seinem Vermögen werde auch sein Eiufluss
schwinden. ^ ^) Vorerst wählte das Volk ihn, nicht seinen Mit-
bewerber C Popilius, zum Kriegstribun. ^^) Gleichwohl wird
18) Nnr bei Saeton. 4 hat sich diese Nachricht erhalten, vrelches
weder Lefremden noch üweifel erregen kann, da die Allen aus dem frü-
heren Leben Cäsars höchst ^Tillküh^lich Einzelnes hervorheben, welches
ihnen gerade vrichtig oder zweckdienlich schien, nnd Anderes übergehen,
19) Cic. in Pisou. 26 n. das. Ascon. p. 14. OreU. Brut. 92. 20) VeUej.
2, 43. Unten f. 7. A. 16. 21) VeUej. 1. c. 22) Plut. 4. Vgl.
Cic. p. Plane. 26, 23) Snet. 5. Plnl. 5. Schon 362 t. Chr. war
bestimmt, dass ein Theil dieser Tribüne in den Comitien, (comiliati. Ascon.
«n Cic. Verr. A. 1, 10. p. 142. OreU. ) nicht melir alle \on den Feldherrn,
den Consuln oder Dictatorcn, gewrhlt XTerden sollten, (Riifuli nppella-
Iiantnr tiib. m, a consnle facti, non a populo, do qiiorum inre qnod Ru-
lilins Rnfns legem tulerat, Rufuli ac post Rntuli sunt appellali. Fest. v.
Uul. LiT. 7, 5 flu. Ascon, 1, c, ) Liv. 7. S. Das Gesetz Tv-urde ab<^r
138 XXI. lüLII. (31. §.3.)
er in deu näcLslen drei Jahren nicht erwähnt, in einer Zeit, wo
Mithridat, Si)ar(acns und Sertorius die römischen Heere beschäf-
tigten. Gegen den Letzten konnte er nicht fechtet, ohne seinen
öffentlichen Character zu verlängnen, so wenig er auch den Sieg
dieses JMarlaner, eine gewaltsame, übereilte und durch einen An-
dern bewirkte Umkehr der Dinge wünschte. Es ist aber Toraus-
zusetzen, dass er in der Abwesenheit der angesehensten Optimaten,
welche im Felde standen, das Volk zu stimmen, das Missvergnügen
über die bestehenden Einrichtungen zn vermehren nnd Hoffnungen
zu erregen suciite, und dadurch sein Werk im Stillen förderte.
§ 3.
Im J. 70 trat er zum ersten Male in ein näheres Vertält-
nlss zu Pompejus, nnd von diesem Augenblicke an war es fiir
immer entschieden. Pompejus , der Grosse , Sullas furchtbares
Rüstzeug und schon unter dessen Dictatur Triumphal, nach seiner
Behauptung der Ueberwinder der Marianer in Spanien und der
Gladiatoren in Italien, übernahm a. 70 mit M. Crassus das Con-
sulat. ÄKt einem Worte schien er Cäsar in sein Wichts zurück-
schleudern und dessen künstlich gesponnenes Gewebe zerreissen
zu können. Aber eben wegen seines Glanzes und hochfahrenden
Wesens wurde er von seiner Partei beneidet und gefürchtet,
und er neigte sich zum Volk. Hier erwartete Um Cäsar, auf
dem eigenen Gebiete ein nicht zu verschmähender Beistand;
kräftig und mit schuldiger Achtung lieh er dem Mächtigen seinen
Arm, ihn in die falsche Bahn hineinzuziehen, wo er mit seinem
Stolze, seiner Kälte und der Unfähigkeit, die Menge sich zu be-
freunden, einen schlüpfrigen Boden und nur sehr spät zu seinen
natürlichen Bundesgenossen den Rückweg fand. Von jetzt an
wucherte Cäsar im Hintergrunde mit seinem Ansehn und trieb
nicht beobachtet, und deshalb a. 311 dem Volke das Recht zugestanden,
spchszehn Stellen in den 4 Legionen der beiden Consnlar- Heere, folglich
V3 ' ^" besetzen. Liv. 9, 30. Der Senat suchle auch später Vorwand,
das Gesetz zn umgehen , nnd ermächtigte in manchen Jahren die Consnln
zur Ernennung aller Tribüne oiler auch der Iläirte, wogegen a. 169 das
Volk sich ihre IVaUl in den i Legioaeu ausschliesslich votbolüelt. Lir.
43, Vi.
XXI. lüLII. (31. §.3.) 139
ihn Liilfrelch weiter and weifer, bis er endlich dem Verderben
nahe auch die Verirrungen dieses Jahrs bereute.''^) Dahin
gehört die Herstellung der h-ibunicischen Gewalt, welche seit
SiiUa mehrmals versucht und von Pompejiis nach dem Kriege mit
.Sertorius dem Volke versprochen war; er hielt seine Zusage
und Cäsar unlerstiilzte ihn, denn diesem frommte es, dass er aus
dem Lager der Aiistocratie entwich, und ein verfassungsmässiges
Organ zu deren Bekämpfung wieder ins Leben rief. Man hatte
es besonders wegen der senatorischen Gerichte gewünscht. Ihre
Gebrechen rügte auch Cicero in diesem Jahro, ohne zu ahnden,
in welchen Plan er eingriff, nur um sich überhaupt und neben
Ilortensius emporzuschwingen, - ^) und bald nachher übertrug der
Prätor L. Aurelius Cotta das Richferamt den Senatoren, Rittern
und Schatztribunen. *^) Er war der Oheim Cäsars,^') welcher
in und nach den Processen des Dolabella und Antonius den
Unwillen des Volks über die suUanische Gerichtsverfassung ge-
nidirt hatte, und jetzt die Neuerung, an welcher Pompejus einen
thäligen Antheü nahm, und in ihr die Beschimpfung des Senats
veranlasste; es bedarf hier keines ausdrücklichen Zeugnisses;
seine Stellung, sein übriges Verfahren, und die Bemerkung, dass
gerade Cotta das Gesetz beanh-agte , sagt Alles. ' *) Auch be-
stimmte ihn nicht die Liebe zu seinem Verwandten, nacJi dem
Kriege mit Sertorius in einer Rede an das Volk den Gesetz-
entwurf des Tribuns Plautius zu empfehlen ; es sicherte L. Cinna,
dem Bruder seiner Gemahlinn , und dessen Gefährten die Rück-
kehr aus Spanien , wohin sie nach dem Tode des Lepidus mit
Perperna entflohen waren. ^ ^)
23) App. 2, 445 fin. 24) Suet. S. S. Pompej. lllv. a. 70 n.
2. Th. 483. 25) 2. TIi. 506. A. 72 f. Honens. No. 7. §. 3 iiu
26) rompej. IIIv. a. 70. Vgl. 2. Th. 490. 27) Oben No. 30.
28) Pomp. 1. c. u. a. SS n. Cic. de leg, agr. 2, 3 fin. 4 fin. Unlen {. S.
A. 34. 29) Sueton. S. Gell. 13, 3. Vgl. Nonius v. Necessilas. Cic.
de leg. Bgr. 2, 4 fin. 2. Tli. 590. A. 85. Wahrscheinlich liess Cäsar den
Tribnn, welcher nüt anderen, bekannteren seines Namens nicht verwechselt
werden darf, erst dann auftreten, als die Gemüther sich beruhigt nnd jene
früher erwähnten Veränderungen die Snllaner eingeschüchtert hatten. Ans
seinen Worten bei Gell. Eqnidem mihi videor pro uostra uecessilate etc.
folgt nicht, was Casanb, zn Suet. daraus abnimmt, d.iss es sich luu ein
Frivilegimu handelte, deim diess Bruchstück beweis'! bloss, dass der Redner
140 XXI, rutn. (3i.§.3.)
Wie si)3(er Ocfavian und eine Zeitlang alle Trium-rirn eine
grosse ELrfurcLt gegen ihn Leiichelten und als seine RäcLer
lierrscliten , so beschwur er die Maneu des niarius Lerauf, die
Noljililät zu schrecken , und den Missverg-niigten einen Ver-
eiuigungspunkt zu zeigen. Die Absicht erkannte jeder, aber man
konnte ihn nicht als Meuterer belangen, weil er nicht handelte,
wenn sich nicht eine Gelegenheit dazu darbot, und er dann etwas
ganz anderes zu wollen, harmlos heilige Pflichten zu erfüllen
schien. Während seiner Quästur a. 68 starben Julia, die Schwe-
ster seines Vaterp und bald nachher auch Cornelia, seine Ge-
inahlinn , jene die Wiltwe des IVIarius , diese die Tochter eines
andern Hauptes der Volkspartei, des L. Cinna. Er hielt ihnen
Leichenreden auf dem Markte, auch der Letzten, obgleich es nur
zu Ehren älterer Frauen zu geschehen pflegte, und sie waren
vielmehr Lobreden auf jene Männer und deren Grundsätze, selbst
wenn ihrer gar nicht gedacht wurde; die Gefeierten erinnerten
an sie , und zum Ueberfluss trug man bei Julias Bestattung ohn-
erachtet der über ihn verhängten Aechtung das Bild des Marius
vor. Wohl ahndete Cäsar nicht, dass Antonius einst auch seine
Leiche auf diese Art missbrauchen und entweihen werde; das Mittel
war gut gewählt; das Beifallsgeschrei des Volks übertönte die
Stimme der erbitterten Optimaten, und die Menge machte es stolz,
dass das julische Geschlecht, dessen Abstammung von Göttern und
Königen ihr jetzt öfi'entlich verkündigt wurde, sich mit einem
Marius, einem im Staube Geborenen, verschwägert hatte, dass
der Redner kühn und freudig es in ihr Gedächtniss zurückrief,
sich an sie anschloss, und das Bild der Zeiten aufstellte, "welche
nicht mehr waren, aber zurückkehren sollten. ^°)
Das Jahr seiner Ouästur ist nicht mit Sicherheit zu er-
mitteln, da man nicht weiss, wann Antislius Vetus die Prätur
verwaltete ; doch spricht für 68 mehr als für 69, dass Cäsar a. 65
Aedil war. Er begleitete jenen nach seiner Provinz, dem jen-
seitigen Spanien , und besorgte im ehrenvollen Auftrage seines
vorzüglicli , aber nicht, (lass er nnr f iii- seinen Verwandten spracli ; Srelon
sagt das Gegeiillieil nnd es sliinnit zu Cäsius riiiiien. Nur ilio Würder des
f^iM'loi'iiis nalimiMi fast alle ein gpwallsames Ende. Vlnt, Sert. 27.
30) Suet. (i. riut. 5. Vgl. LiT. 5, SO u. oben j. 1. A. 88.
XXI, lüLH. (31. §.3.) 141
Vorgesefzien , nnd Wenn Vellejus wahr berichtet, mit fjrosser
Redljchlteit und Thätig^kelt, in einem TLeile des Landes die
RecLispüege. Diess füLife lim auch nach Gades, wo er iia
Tempel des Hercules die Statue Alexanders sah; ang'eblich be-
scLämt über sein ruLmloses Leben und in der JVacLt durch einen
Traum, worin er seine Mutter, die Erde, die Mutter Aller, um-
armte, noch mehr aufgeregt, forderte er sogleich seine Entlassung',
um in Rom einen Schauplatz zu Ileldenthaten zu suchen. So
schildert man ihn mit gänzlichem Vergessen und Aberkennen alles
Vorigen als einen unreifen Jüngling, welcher plötzlich zum Be-
wusstsein seiner Kraft gelangt und einen ehrgeizigen Entschluss
fasst. ^') Er gieng nicht vor der Zeit nach liom , um an der
Spitze eines Heeres zu glänzen, wozu für einen Magistrat seines
Ranges keine Aussicht war, nicht einmal, um irgend wo am
Kriege Theil zu nehmen, sondern um Ponipejus und durch ihn
sich und seine Partei zu heben. Auf der Rückreise besuchte er
die C'olonien im transpadanischen Gallien, welche statt des latei-
nischen Rechts, in dessen Besitze sie sich seit Ponipejus Strabo,
dem A'ater des Ponipejus Magnus, befanden,^-) das römische
Büi-gerrecht Terlangten; wenn er sie darin besläi-kle, so geschah
es nur Ton fern ; seine Feinde beschuldigten ihn , dass die Gäh-
ning', wodurch die Consuln genöthigt wurden, die Einschiffung
der nach Cilicien bestimmten Legionen zu verschieben, sein Werk
sei, aber sie konnten den Freund und Ratbgeber aller Bedrängten
•md Unzufriedenen nicht überfiiliren. ^ ^)
Es war ihnen überhaupt unmöglich , anders als in der in-
nigsten Verbindung mit Pompejus , dem angesehensten unt^r den
Optiniaten und gepriesenen Krieger, seine Pläne zu durchkreuzen,
und diese Verbindung wandte er ab, bis er gleichsam im Gefolge
31) Vellej. 2, 43. Sne(. 7. B. Ilisp. 42. Dio 37, S2. 41, 24.
Plnt. A erirähnt das Aläbrcben nicht, sondern lässt ihn a. 61 als rropiätor
Spaniens bei dem Lesen der Gescliichle Alexanders vom Schmerz' über
seine Unbedenlsamkeit durchdrnngen (11) nnd durch den Traum gar erst
a. 49 in Rairenna ennnibigt ivetdeu (32). Vgl. Arleniidor. Oiürocril.
1, 82. 1. Tb. S. 56. No. 11. Anlist. n. unten J. 10. A. 33. 32) Ascon.
in Pison. in. p. 3. Orell. Cic. ad Atl. 5, 11. f. 2. 33) Suet. 8.
a. 49 TerschalTto er den Transpadauem , was sie Tvi'uischlen. Dio 4l , 36.
vgl. 37, 9 u. unten J. 14. A. 79.
I
142 XXI. lULn. (31. §.4.)
des Helden erstarkt «inJ znm Ziele gekommen war. Pompejus
wollte durch Senat und Gesetz, mithin über sie g-ebieten; dadurch
erregte er Eifersucht und Besorgniss vor Alleinherrschaft und
man ■widersetzte sich, welches wieder ihn mit Misstrauen nnd
feindlichen Gesinnungen erfüllte, und ihn nöthigte, zum Volke
überzugehen. Für ihn war es ein todtes Werkzeug, aber Cäsar
belebte es, ohne Neid und ohne Furcht; ein demüthiger Client
liess er durch einen Andern Senat und Gesetz bei Seite schieben,
und so den Weg bahnen, auf welchem er emporzusteigen ge-
dachte, und der Hasa traf vorzugsweise den Consular, den
Abtrünnigen, welchem auch aller Gewinn dieser Bewegungen
zuzufallen schien, ^'') während er, dessen unsichtbare Hand ihm
seine Schrille vorzeichnete, noch in der Zeit des Triumvirats für
minder gefährlich galt.
§ 4.
a. 67 bald nach seiner Ankunft in Rom vermählte er sich
mit Pompeja , einer Enkelinn des SuUa und des Q. Pompejus
Rufus, welcher a. 88 Consul gewesen war. ^'') Eine Ver-
schwägerung mit dem Hause des Pompejus IMagnus musste seinen
Gegnern unter den jetzigen Umständen bedenklich sein, nnd als
er später Jenem Julia gab, gleichzeitig Calpurnia, die Tochter des
Li. Piso heiralhete, und dann wieder um Pompeja, die Tochter
seines Schwiegersohns, sich bewarb, '8) konnte über seine po-
litischen Absichten bei solchen Verbindungen kein Zweifel übrig
bleiben. Das Band der Verwandtschaft wurde durch wesentliche
Dienste noch fester geknüpft. Bei einer grossen Theuerung be-
antragte der Tribun A. Gabinius die Ernennung eines Anführers
gegen die Seeräuber mit unbeschränkter Vollmacht, damit man
sich Getraide verschaffen könne, und die Menge forderte mit
stürmischem Jubel den Oberbefehl für Pompejus. Unter den
Optimalen zeigte sich ein dumpfer Schrecken ; sie hatten zwischen
Rönigsherrschaft, wie man glaubte, und den Ausbrüchen der
Volkswuth zu wählen , und fürchteten , dass der Ueberwinder
der Piraten, wenn er einmal mit grossen Streitkräften im Osten
34) Vellej. 2, 44. §. 2. 3S) Snet. 6. PInt. 5. 2. Tli. S. 508.
No. 14 u. Pompeii. 36) 2. Th. 81. No. 15. Unten ^. 28. A. 15.
XXI. lULn. (31. §. 4.) 143
stehe, sict ancb den Krieg mit MilLrldat anmassen werde;
angstlich und schonend spraclien Einige gegen den Vorschlag,
aber Cäsar billigte ihn; Pompejus wurde ihm verpflichtet, die
Khift zwischen ihm und dem Senat erweitert, das Volk be-
friedigt, und die Aristocratie trauerte über eine neue Nieder-
lage. ^')!
Cäsar machte sich auch ferner nicht bloss dnrch sein Gut-
achten bei den Berathungen, sondern auch durch sein Geld be-
liebt. Er wurde um diese Zeit zum Aufseher der appischen
Strasse ernannt, eine besondere Ehre, und verwendete grosse
.Summen auf die Wegbesserung, obgleich er borgen musste; eben-
diess empfahl ihn am meisten. ^ ^)
Mit seinem Einflüsse auf dem Markte stieg seine Wichtig-
keit für Pompejus , dessen Erhebung sein letztes Ziel zu sein
schien. Der Consular hatte die Seeräuber entwaffnet, und der
Tribun C. Manilius verlangte a. 66 fiir den Abgott des gesättigten
Pöbels den mithridatischen Krieg. Im Senat neue Entrüstung
und Verlegenheit, wenn er auch das Gewitter hatte kommen
sehen , und neuer fruchtloser Widerstand. Noch war Cicero
nicht Consul ; seine Wald zu sichern sprach er fiir die Rogation ;
Cäsars Entwürfe giengen über das Consulat hinaus; sein Gesetz
war der Wille des Volks; er huldigte ihm, und half Pompejus
und den Senat einander verfeinden, nachdem er dazu beigetragen
Latte, sie zu trennen. Abermals ohne es za wissen wurde Cicero
'Aim dienstbar. ^^) Auch viele Andere mussten ihm nützen, jeder
mit seiner Gabe und zum Theil wider Willen. Insbesondre war
diess über M. Bibulus verhängt, seinen Collegen in der Aedilität,
Prätur und im Consulat, w^elcher die jetzige Ordnung zu erhalten
wünschte, immer eine grosse Abneigung und endlich einen tödt-
lichen Hass gegen ihn empfand. Sie wurden jetzt zu curulischen
Aedilen gewählt. "') Ehe sie ihr Amt antraten, entsliuid die
sogenannte erste catilinarische Verschwörung; man wollte am
1. Januar und dann am 6. Februar 65 die Consuln Cotta und
Torquatns und mehrere Senatoren ermorden. Cäsar konnte ea
37) Flut. Pomp. 25. Zonar. 10, 3. Tompcj. IIIv. a. 67. 38) Plni.
5 fin. Plin. Ep. ä, 15. 39) Dio36, 26. Pompej.IIIv.n.GG. 40;Suel.9.
Flut. 5. Die 37, 8. Caes. B. C. 3, 16. 2. Th. S, 98.
144 XXI, lULIT. (31. §.4.)
niclit befremden, v^enn man nucli gegen Um Verdaclit scJiopfle,
aber erst nach Jahren , nacL einem völlig-en Briiclie mit ihm be-
haupteten Bibulus und der altere C'iirio seine Theilnahme, und
ihre Angaben wnrden von Annalisten ■wiederholt und weiter
ausgesponnen , so dass znlelzt Cäsar und Crassus die Hauptrollen
zufielen , obgleich jener durch die Zerstörung des Staats seinen
eignen Plan vereitelt haben würde, und dieser nicht geneigt war,
sich mit dem Clienten seines Feindes Pompejns so enge und zu
solchen Zwecken zu verbinden und seine Schätze onlzuopferD. * ')
Seine Besonnenheit und Vorsicht machten Cäsar um so ge-
fährlicher; unverwundbar schlug er immer tiefere Wunden, WäL-
rend Pompejus a. 65 im Osten als König der Könige schaltete,
benutzte er seine cnrnlische Aedilltät, gegen die herrschende Partei
weiter vorzudringen , und zwar zum Theil auf Kosten eines
Mannes aus ihrer Mitte, seines CoUegen Bibulus ; sie selbst
wurde veranlasst, sich über die Festlichkeiten missfällig zu äussern,
den Urheber im Dienste des Volks anzufeinden, und dann ausser
Stand gesetzt, die KiLhnheit zu ahnden, mit welcher er öffentlich
Marius ehrte, weil er zuvor durch seine Spenden und Spiele fast
ganz Rom in seine Leibwache verwandelte. *^) Seine Schulden
berechnete man auf 1300 Talente, ehe er ein Amt übernahm;'^)
er hatte nie so viel als er brauchte,'*) aber er kaufte Grosses
um einen geringen Preis. * ') Demnach gab er am 4. April und
an den folgenden Tagen die megalesischen Spiele*^) und im
September die römischen im Circus. ") Er verzierte den
41) Sneton. 9 folgt CSsars Gegnern, im T^'iderspmche mit Saunst.
B. C. 18. Cort. und Dio 36, 27, •welche die beiden nachmaligea IIIt.
nicht ervfähnen. Ciceros Schweigen in der Rede für Sulla beweis't freilich
nichts ; er füichtete jene , nnd über die erste Verschwörnng hatte schon
der andere Sachwaller Hortensius sich verbreitet. Plutarch übergeht diese
Ereignisse. S. 2. Th. S. 88 n. 515 f. 42) PInt. Stln. Sallnst.B. C. 54:
Beneficiis ac mnnificentia magnus habebatnr. 43) Plut. 1. c. Catnll.
29 , 18. Taterna prima lancinata snnt bona. 44) Cic. de 1. agr. 2,
24 fin. : ad consnraendimi nihil salis. A]>ii. 2, 428: ]Jif.ci<S>]S vniQ äv-
vufjiv. Vgl. SaUusl. B. C. 49. 45) l'lut. 1. c. 46) Dio 37, 8.
Plut. Tt. App. 11. cc. Suet. 10. Vgl. die alten Kalender in Verr. Place.
Fast. p. 108. Foggin. Cic. ad Fam. 2, II. de bar. r. 12 u. über die Stif-
inng dieser Spiele 2. Th. 178. 326. A. 35. 47) Verr. Flacc. p. 113.
Cic. 2 PhU. 43. ad Att. 13, 45. ad Fam. 8, 12.
XXI. lULII. (3l.§. 4.j 145
Älarkt,*') die Basiliken und das Capitol mit Gemälden and
Statuen,*^) ond erbaute Hallen, viel Ueberflüssig'es darin auf-
zustellen, damit das Volk, welcLes er iiberdiess bescLenkte, sich
desto mehr Ton seiner Freigebigkeit übei-zeugfe. ^°) Zu dem
Allen steuerte auch Bibulus; von ihm Mvar aber nicht die Rede,
weshalb er sich mit PoUux verglich, da man den auch ihm ge-
weihten Tempel auf dem Blarkfe nur nach seinem Bruder Castor
benannte. ' ' ) Diess bewirkte Cäsar zum Theil dadurch, dass er
allein Fechterspiele zu Ehren seines Vaters hinzufügte. Es
mochte Manchen bedanken, dass die kindliche Liebe sich etwas
spät in ihm rege, oder wohl gar nicht in Betracht komme, zumal
wenn man sich an seine früher gehaltenen Leichenreden erin-
nerte, '^) aber er war darüber niemandem Rechenschaft schuldig,
und sehr ervvünscht beschränkte der Senat ans Furcht vor der
grossen Bande die Zahl der Gladiatoren,") deren dann doch
320 Paar auftraten, * ■*) er hemmte den Festgeber, welcher gleich-
sam zum Ersatz die Fechter zum ersten JMale mit silberner Rüstung
versah, in seinem grenzenlosen Eifer fiir das Volk. ^')
Noch grollten die Optiraaten, als man an einem Morgen die
i von Sulla zerstörten , ' ^) den jugnrthinischen und cimbrischen
Krieg betreffenden Siegeszeichen des Marius und dessen Statue
auf dem Capitol wieder hergestellt fand. Auf diese Nachricht
wogte die Menge hinzu; mit einem Freudengeschrei begrüsste
sie das Bild des dritten Gründers ihrer Stadt, ") seine Veteranen
und die übrigen Marianer vergossen Thränen, und Alle priesen
Cäsar, welcher eines so hochverdienten Verwandten sich so
würdig zeige. Denn jeder sagte sich sogleich, dass man ihm
diess Schauspiel verdanke. Auch die NobiUtät war nicht darüber
in Zweifel ; der Senat versammelte sich , und der Consular
Q. Lutatius Catulus, dessen Vater von Marius zum Tode ver-
48) Diess geschah znerst 309 v. Chr. vom Dictalor L. Fapirins Cursor,
welcher vcrgoldele Schilde aufhängen liess. Lir. 9, 40. S. 2. Th. 182.
;Ko. 29. 49) Ueber die Art, yrie die Aedilen sie sich zn Terschaffen
pflegten, s. 2. Th. 186. A. 30 n. HoHens. No. 7. J. 2. A. 19 f. 50) Suet.
10. Ajip. 1. c. 51) Snet. n. Dio U. cc. Sallust. B. C. 52: Libenilis
liex sociornm fortnnis. Caes. B. C. 3, 16. Unten {. 12. A. 63. 52) Oben
i{. 3. A. 30. 53) Snet. 10. 54) Plnt. 5. 55) Plin. 33, 16 (3).
l|8aUast. B. C. 49. 56) 2. Th. 470. A. 50. S7) Plnt. Mar. 27.
I Pruniann , Gcschiclito Roniü III. j[Q
i
146 XXI. lüLir (31. §.4.)
artheilt war, ") rief voll Zorn, als aLudete er, dass iLm die
nächste persönliche Deiniithigung begtimmt sei, der Staat \>'erde
nicht mehr bloss untergraben , er werde schon mit Gewalt
erstürmt. Cäsar rerlheidigte sich, aber nicht seine Beredtsamkeit
Tettete ihn, der ein Gesetz öffentlich mit Füssen getreten hatte,'*)
sondern die Furcht vor dem Volke. Statue und Siegeszeichen
blieben.«")
Rom hatte sich noch nicht an den verhassten Anblick ge-
wöhnt, als ein neues Schreckbild auftauchte. Cäsar, als dessen
Nebenbuhler Crassus genannt wird , ^ ' ) wünschte eine ausser-
ordentliche Sendung nach Aegypten. Er wollte dort nicht einen
vertriebenen König wieder einsetzen, wie Sueton sagt,*^) am
allerwenigsten Ptolemäus Auletes, welcher erst a. 57 in Rom
Schutz suchte, ^^) während diese Verhandlungen in das J. 65
gehören,^*) sondern das Land als Provinz einrichten, und zwar
auf den Grund eines Testaments, worin Ptolemäus Alexander 1
sein Reich angeblich den Römern vermacht hatte, nicht sein Sohn
Alexander 2, welchen Sulla a. 81 nach dem Nil schickte,*')
oder irgend ein Andrer. Daher die Behauptung, Aegypten sei
schon seit dem Consulat des Sulla und Q. Pompejus oder seit^
a. 88 Eigenthum des römischen Volks. **) Ttlan meinte, wie
die Meisten sich das Verhältniss Cäsars zu Pompejus dachten,
Jener woUe Verstärkungen nach dem Osten fuhren, damit diesei,
desto gewisser als König zurückkommen könne, oder auch mit.
dem ägyptischen Gelde und Getraide den Pöbel noch mehr an
sich fesseln, und gewann einige Tribüne, Einspruch zu thun,
wenn etwa andere auf ein Plebiscit antragen würden; allein.
Cäsar gieng nicht weiter; erst a. 63 wurde die Sache auf sein
Anstiften wieder angeregt. *')
Unter den Tribunen, welche man gegen ihn aufbot, war
C. Papius; ein nach ihm benanntes Gesetz entfernte alle Fremden _
aus Rom, bis auf die ehemaligen italischen Bundesgenossen und
58) 2. Th. 587. A. 61. 59) 2. Th. 438. A. 49. 60) Plut.6.
Snet. 11. TeUej. 2, 43. Val. IW. 6, 9. {. 4. Vgl. Proper«. 3, 2. v. 43.
61) Plul. Crass. 13. 62) 11. Unten f. 6. A. SS. 63) 2. Tb. 536.
64) L. Cotia L. Toripiat. Coss. Cic. de leg. agr. 2^ 17. 65) 2. Th.
494. 66) de leg. agr. 1, 1 in. 2, 15. 21. Vgl. 2. Th. l. c. u. 264.
535. A. 68. 67) S. anten ^. 5. A. 32.
XXI. lULII. (31. §5.) 147
Glaucippus, weil der Andrang zu gross sei. ®*) fn der TEat
■wollte man sich der Transpadaner entledigen, der Freunde Cäsars,
damit sie nicLt zur Unterstützung seiner Pläne in der Volks-
versammlung stimmten. Denn liier war eine strenge Aufsicht
iiumöglirh, seit die Ifaler das Bürgerrecht hatten, und die Ge-
schichte des Clodius insbesondre beweis't, dass selbst Sclaven bei
der Abstimmung als Bürger mitzählten. Gleichwohl befcoid sich
der Angreifende im Vortheil'; seine Gegner verriethen ihre
Blossen, wenn sie die Streiche vorsahen, und meistens deckten
sie, wie Demosthenes von den Atheniensern sagt, die Stellen,
wo sie schon getroffen waren. Er wusste, dass Cicero als Consul
zu ihnen übergehen werde, wie sehr er auch dem Volke und
dessen Günstlinge Pompejus geschmeichelt hatte, und suchte a. 64
seine Wahl zu verhindern; es misslang, obgleich Crassus aus
llass gegen Pompejus und gegen Cicero mit ihm wirkte.*^)
Dagegen erhielt er selbst für den betreffenden Prätor, weil dieser
krank oder zu sehr beschäftigt war, als iudex quaestionis den
Vorsitz bei den Untersuchungen über Mord, yvie man oft nach
der Aedililät dazu berufen wurde. ' °) Nach einem Gesetze Snllas
sollten die Vollzieher seiner Proscriptionen unbestraft bleiben, ' ° ")
und eben um diess Gesetz fhatsächlich aufzuheheu und sich zur
Anklage des Rabirius den Weg zu bahnen, bewirkte Cäsar, dass
L. Luscius , durch dessen Hand drei Geächtete gefallen waren,
irad L. Bellienus, der 3Iörder des Lucretius Ofella'"'') bei ihm
belangt und verurtheilt wurden.""') In gleicher Schuld war
Catilina; L. Luccejus zog ihn' vor Gericht, und es sprach ihn
fi-ei.'""')
§ 6.
Am 10. December des Jahrs 64 überntihm P. Servilius Rullns
das Tribunat. Er war bestimmt, der Aristocratie neue JL^eiden
68) Die 37, 9. Cic. de leg. agr. 1,4. p. Arch. 5. de off. 3, 11.
Ursin. p. 182. No. 3. Vaill. Pap. Äo. 1. Spanli. de pr. nnm. 2, p. 200.
Eckt». 5, 268. 69) Ascon. arg. or. in log. cand. Vgl. Sallnst. B. C.
17. Cort. 70) Cic. p. Claent. 29. Brut. 76. Unten J. 9. A. 19.
70a) 2. Tli. «4. A. 95. 486. A. 100. 70i) Uas. 482. A. 81.
70<-) Die 37, 10. Ascon. in Cic. in tog. cand. p. 91. 92. Orell. p. Ligar.
4 nn. Snet. Caes. II. Vgl. Flui. Cato m. 17. 70 J) Cic. in tog. e.
II. d.is. Ascon. p. 92.
10*
148 XXI. IVUI. (31. §.5.)
zu schaffen, ein verarmter Schwelg'er , '" ') welcher «Icli zur
Nobilität zählte.") Sein Vater Piiblius Lade sich dadurch ang-
gezeichnet, dass er zuerst einen ganzen Eber anf die Tafel
brachte; ^^) Valgins, seinen Schwiegervater, kannte man seit
Sullas Proscriptionen, seitdem war er reich. ■'^) Im periisinischen
Kriege focht sein Sohn Publius für Ocfavian. '*) Cicero spottet
über das Gefühl von Wichtigkeit, welches er nack seiner Wahl
kund gegeben habe; '^) man errieth, dass er Grosses auszuführen
gedächte; jener hatte dieselbe Absicht, und suchte sich ah de-
signirter Consul in seinen Kreis einzudrängen, durch die Zusage
seines Beistandes bei jedem nützlichen Unternehmen das Geheim-
niss zu erlauschen; man wies ilin aber zurück, er musste ans
der Ferne kundschaften und erfuhr nichts Gewisses, auch nicht,
als der Tribun im December sein Vorhaben dem Volke im All-
gemeinen mittheilte, denn seine Rede war dunkel.''®) Endlich
machte Rnllus den Entwurf zu einem Ackergesetze bekannt, lex
Servilia, welcher im Januar des nächsten Jahrs bestätigt werden
sollte. ' ') Cicero verschaffte sich augenblicklich eine Abschrift, ' ')
worin er in mehr als vierzig Capiteln '^) Folgendes fand:
ßuUus selbst lässt durch 17, durch das Loo.s zu bestimmende
Tribus^") auf dieselbe Art, wie der Oberponfif zn seiner Würde
gelangt,^') eine Commission von 10 Mitgliedern auf 5 Jahr*-)
wählen, und der, fiii- welchen 9 Tribus slimmen, ist gewählt, " ')
nur musa er gegenwärtig sein.'*) Für die Zehn tragt der
Prätor, welcher sein Amt als der Erste erhalten hat, oder, wen*
er sich verhindert sieht, der zuletzt gewaLlte ^ ') auf ein Curiat-
gesetz an ; wenn sowohl der Eine als der Andere verhindert
wird, so haben sie" gleichwohl dieselben Befugnisse, als wenn
das Gesetz gegeben wäre; jeder Einspruch ist ungültig.*^) Um
bei der Anlegung von Colonien Auspicien zu hallen, haben sie
Pfleger heiliger Hühner. ' ') Sie sind ermächtigt, in ItaUen und
70e)lagr.l. 71). 2 agr. 7. 72) Plm. 8, 78 (51). 73) Unten
§. 6. A. 63. 74) Dio 48, 28. App. 5, 70S. 1. Th. 421. A. 48.
75) 2 .igr. 5. 25. 76) Das. 5. 77) Das. 1. c. n. 1 agr. 2.
78) 2 agr. 5. 79) 3 agr. 2. 80) 2 agr. 8. 81) Das. 7.
Unten §. 7. A. 22. 82) Das. 13. 24. 83) Das. 8. 84) Das.
7. 9. 85) Das. 10. 11. Unten J. C. A. 51- SG) 2 agr. II. 12.
87) Das. 12.
XXI. lULII. (31.5.6.) 149
[iiisserlialb die Ländereien, Hänser, TeicLe u. «. w. zu verkaufen,
welcLe unter dem Consulat des Sulla und Q. Pompejus (a. 88)
Oller später öffentliches Eigenthuui geworden sind, ^ *) und Alles,
iiljer dessen Verkauf seit dem Consnlat des M. Tullius Decula
und Cn. Dolabella ( a. 81) SenatsbescLlüsse sicL finden,'^) mit
Ausnahme des Gebiets, welches durch einen Bund den Besitzera
i;esichert, ^°) oder seit Marius (des Jüngern) und Carbos Con-
Milat (a. 82) vom Staate angewiesen und bewilligt ist,*') oder
einen Besitzer gehabt hat. '-) üebrigens entscheiden die Zehn,
\ on deren WiUkühr auch der Ort der Versteigerung abhängt, ' ^)
ob etwas dem Staate oder Privatpersonen gehöre, *'') und sie er-
heben von den ölTentlichen Ländereien, welche den Besitzern
\ erbleiben, eine Abgabe,**) die recentorischeu in Sicilien aus-
genommen. * ^) Auch werden ihnen von den Statthaltern der
iVühern Zeit und von den jetzigen, Pompejus ausgenommen, die
.Summen überliefert, welche als Erlös aus der Beute , als Beitrag
zum Triumph aus den Provinzen eingehen, und nicht bei der
I^irichtung öffentlicher Denkmäler verbraucht oder in den Schatz
geflossen sind;*') diess gilt auch fiir die Zukunft.*^) Sie sind
nicht verpflichtet, von dem Gelde Rechenschaft zu geben, oder
IS im Schatze niederzulegen,**) sondern sie kaufen in Italien '°'')
Acker, wo und von wem sie wollen, *) solchen, welcher an-
gebaut werden kann,') jedoch so, dass niemand zur Veräusserung
(li'S seinigen gezwungen wird. ') Diese Ländereien und was
"!o sonst wollen, *) weisen sie Colonisten On, *) und es ist ihi-em
(iiitdiinken überlassen, w'en sie, und wo sie ihn versorgen. ^)
Aach Capua sollen sie 5000 führen, ') und auf dem campanischen
Acker jedem zehn, und auf dem stellatischen zwölf Juchart zu-
messen. ')
88) 1 agr. 1. 3. 2 agr. 15, 21. 3 agr. 4. 89) 2 agr. 14.
90) 1, 4. 2, 22. Unteu (j. 6. A. 58. 91) 3, 2. 92) 3, 3.
1U) 1, 3. 94) 2, 21. 9S) 1, i. 2,21. 96) Das. U. cc.
<)7) I, 4. 2, 22. 98) J, 4. 2, 23. Pos» nos consnles. 99) 1, 5.
ü. 13. 27. 100) 2, 25. Dell.iio, inqiüt, Italiam. 1) 1, S. 2, 13.
.ii. 25. 2) 2, 25. 3) 1, 5. 2, 25. 27. 4) 2,27. Et in qiiao
lora praoterea videbitur. 5; 1,5. 2, 2-J. 25. 2G. 29. 6) 1,6.
2. 13. 20. 21. 27. 7; 1,6. 2, 2«. Vgl. Siielon. Caes. 20. VsUej.
-■ ii- • ■». 8) 2 nsr. 28. 29. 31.
150 XXI. lULII. (31. §.5.)
Eiu gerecLt und verständig entworfenes Agrargesetz würde
feile Hände und gähr'eude Massen entfernt, und dadurch auch der
A-ristocratie genützt haben. Aber die Urheber des servilischen,
anter ^yeIchen Cäsar die erste Stelle einnimmt, wollten weder
für das römische Volk sorgen, za welchem Zweck' es auch sein
üpochte, noch hofften sie irgend dnrcb die Bestätigung ihres Vor-
schlags dazu ennäclitigt zu werden. Dieser soUte das Volk auf-
fegen, sie ihm empfelJen, die Optimaten, deren Widerstand ge-
wiss war, einschüchtern und verhasst machen, und Alle auf ein
julisches Ackergesetz vorbereiten. Daher das Uebertriebene,
Gränzeulose, Verfassungswidrige, ja Ungereimte in deir For-
derungen, welches von einem Cäsar nur dann ausgehen, selbst
unter seiner entferntesten Mitwirkung nur dann beantragt werden
k<>pnte, wenn eben Absicht darin lag. Aber Cäsar hatte auch
Nebenabsichten; Cicero sollte im Beginn seiner Laufbahn als
Optiniat mit der Menge entzweit werden, und zugleich erforschte
er deren Gesinnungen gegen Pompejus, welchen man aus Asien
erwartete, damit er wusste, welche Stellung er selbst gegen ihn
zu nehmen hafte.
Ohne Zweifel blieb RiiUus der Zweck seiner Rogation ver-
borgen, als sie ih^ |ii geheimen nächtlichen Zusammenkünften
eingegeben wurde. ') Auch Cicero nahm das Blendwerk für
Wahrheit, und je siegreicher er den Augriff abschlug, desto mehr
salj ^Jäsar seine Wünsche erfüUt. Jenec gesteht unumwunden,
dass er zum Theil fm. ich selbst kämpfe. Rom sollte erkennen,
dass er des Consulats würdig sei. Die NobUität, sagt er, be-
trachte den Emporkömmling mit Eifersucht ; er müsse sich herror-
thun, um sie zum Schweigen zu bringen; wenn er fehle, habe
er keine Verzeihung, wenn er Gutes wirke, wenig Lob, wenn
er in Zweifel sei, keinen treuen Rath, wenn er sich in Noth
befinde , keinen zuverlässigen Beistand von ihr zu erwarten. ' ")
Das Volk dagegen habe ihn gewählt, obgleich er ohne Ahnen-
bilder aufgetreten sei; diess Vertrauen wolle er rechtfertigen. ' ')
So ist es ihin erfreglich, 4^ss sich sogleich am ersten Tage seines 9
Consulats Gelegenheit dazu zeigt, '=) eine Gelegenheit, sicli iiu-
9) 2,5. 9. Unten A. 35. 10) 2, 2. H) 2, I. 2. 3. 3C,
12) in Pisoii. 2. Ego Calemlis Isn. — liliefavi.
XXI. lULlI. (^31. §.5.) 151
gewöhnliche, unvergleicLlicLe Verdienste zu erwerben, ehe noch
eiu C'atiiina tobt, denn auch das Ackergeselz bedroht das Ansehii
des Senats, ") das Eigenthum des Volks, die ganze Republik; '*)
schon ordnen die Feinde ihre Schaaren, schon bezeichnen sie ihre
Lager vor den Thoren Roms ; ' ') aber in tiefer Nacht erscheint
der Rettnngs- Stern, ' *) Cicero wird Consul, und die Gefahr
verschwindet.") Sein Eifer ist indess besonnen. Er sucht Sieg,
glänzenden Sieg, mag fallen, was fallt, nnr Eins gilt ihm mehr,
die eigene Sicherheit, und diese kann nach seiner Meinung nnr
Pompejus gewähren. Er weiss, dass der Senat in dem Manne,
^velcher nun über den dritten Welttheil triumphiren wird, einen
r^Tannen erwartet, er weiss aber auch, dass dieser über Heer
und Flotte gebietet, und glaubt zu wissen, dass das Volk mit
dankbarer Erinnerung ihm anhängt : was auch im Consulat kommen
mag, der Rückhalt ist in Asien. Daher das Lob und die Ver-
iheidignng des Pompejus. Das servilisclie Gesetz nahm ihn gegen
sich selbst in Schutz, aber nnr ziun Theil; diess wurde gerügt.
Er soll nicht, wie die anderen Statthedter, den Ueberschnss von
der Beute und vom Kronen- Golde ") an die Zehn abliefern.
Diess heisst nicht, iLn begünstigen, sondern ihm in einer Hin-
sicht kein Unrecht thun, weil man fürchtet, er werde es nicht
dulden, '^) während ihm in einer andern ein unerhörtes wider-
fährt; denn die Zehn sollen in Asien das von ihm eroberte
Land verkaufen, und ehe noch der Krieg geendigt ist; ^°) er
darf nicht einmal mitreden , denn fast namentlich ist er vom
Decemvirat ausgeschlossen. - ' ) Um ihn anderweitig zu schonen,
wiU man das Gebiet nicht veräussem, mit dessen Besitzer ein
13) I, 9 (in. 14) I, 7 Cn. 15) 1, 8. 2, 28. Sed si qninqua
boniinum luillibus — comparari. 16) 1, 8. Hoc motn — illuxerit.
17) 1, 1. 7. 9. 2, 36. Me consule. Nobis consniibns. Vgl. 1, 8: Sic
me in hoc inagistratu geram — contemnere. 2, 28: Quamqnam me vesler
bonos vigUare dies atqne nocces — iabet. 2, 37: Quare, modo ut viu
wppetat — iossisset. 3, 2 : Praeserdm qni otii — professus sim. 18) Von
der Beistener der Provinzen znm Triumph. Oben A. 97. 19) 2, 23.
Non mihi videntnr honoris cansa — possit. Aach nicht, 'wenn der Senat,
welcher Fompejns gern nnschädlich machen, nnr nicht so Tiel dafür hin«
geben woUle, «nd das Tollt die Rogation genehmigten? Ein Riicktall in
d«a reTolniionären Too der Toripen Zeilen , eine Mahnung ob dia Philip-
pileo. 20) I, a. 4. 2. 19. 20. 2n 2. 9. 10. 22.
152 XXI. lULII. (31. §.5.)
Bund en'icLtet ist ; damit wird aber die Majestät des Volks ver-
letzt; Poiupejus Lat (im J, 81) Hiempsal Numidien gegeben,
Ländereien an der Küste, welche von P. Scipio Africanus dem
römischen Volke übei'wie.sen sind; es hat ihnen nie entsagt, denn
es hat den Bund nicht bestätigt, welcher unter dem Consulat des
C. Cotta (a. 75) mit dem Könige geschlossen ist; Rullus bestätigt
ihn. ^^) Man klagt über eine zu grosse Gewalt des Pompejus,
und diese Zehn massen sich alle Gewalt an; er gieng Arbeit
und Kampf entgegen, und sie suchen Beute und Gewinn. ^^)
Sie wollen ihn erniedrigen, der so oft die mnihigsfen Feinde und
die schlechtesten Bürger^') überwunden hat, '') sie wollen ihm
selbst die Bliltel entziehen, seine Riieger zu belohnen, - ^) wollen
Heer und Feldherrn gegen ihn aufstellen,'^') diess ist der Haupt-
zweck des Gesetzes, und es schmerzt Cicero am meisten, denn
er hat als Prätor zum Besten und im Auftrage des Volks viel
für ihn gethan. 2*)
Er erhob sich gegen die Rogation sogleich am 1. Januar 63,
am ersten Tage seines C'onsulats, -') im Senat. Dieser ver-
sammelte sich im Capitol, '") und auch Rullus fand sich ein.")
C'iceros Grü'nde waren auf seine Zuhörer berechnet; im Einzelnen
und in der Gesammtheit wurden Besorgnisse erregt. Zehn Männer
wollen sich der Herrschaft bemächtigen und ihren Golddurst be-
friedigen. An ihrer Spitze stehen einige Privatpersonen, welche
früher einen ausserordentlichen Auftrag für Aegypten forderten, ^ -)
die Verbannten herstellten,*') dem Senat die Gerichtsbarkeit
entrissen,^*) der Republik unheilbare Wunden schlagen, und
22) 2, 22. Vgl. l, 4. Plut. Pompej. 12. tiv, 89. Pompej. HIt. a. 81.
Hier §. ii. A. 55. 23) 2, 18. 24) Die Volkspartei, die Marianer.
25) 2, 36. 26) 2, 20. 27) 3, 4. 28) Durch die Empfehlung
des uianilischen Gesetzes. 2, 18. Oben §. 4. A. 39. Deshalb rühmt Cicero,
welcher ihm in diesem Jahre auch auf andre Art nützlich -wurde, er habe
sich in seinem Consulat lun ihn verdient gemacht; ad Fam. 1, 9. §. 4.
Der Schützling wnsste, ans ■welchem Omnde, und bewies ihm wenig Ver-
trauen und Dankbarkeit; dem Senat aber war es höchst unerfreulich, dass
er Rullus mit dem Heere des rroconsuls bedrohte. 2, 10: An vos nliter
exislimabalis — Cn. rompeii praosidinm opponenilnm putelis. 29) l.Th.
535. A. 99. 30) 1, 6. 31) 2, 29. Vgl. ad Att. 2, 1. §. 2.
Hin. 7, 31 (30). Plul. Cic. 12. 32) Ctisar und Crassns also. Oben
{. 4. A. 62. 33) Oben f. 3. A. 29. 34) {. 3. A. 27.
XXI. lULU. (31. §.6.) 153
den Tribun nur vorscliieben. ' ') Von dem Verluste des .ScLatzes
vor dem Volke; hier nur von den Gefabren, ■welche dem Senat
und der Verfassung droben. ' ^) Man will ganz Italien bis zn
den Tboren von Rom durcL bewaffnete Colonisten in Fesseln
legen, und den Senat nicht bloss seiner Würde, sondern auch
seiner Freiheit berauben. * ') Eine neue Orduung der Dinge
soll beginnen; Capna, vs'o nnter dem Einflüsse des Beichthums
die Volksmenge inmier entartet, soll wieder eine Colonie, ein
zweites Bom , die Hauptstadt des Reichs sein ; alles Gold und
Silber wird dort zusammen fliessen, seine Besatzung das Heer
der zehn Könige bilden, den campanischen und steUatischen Acker
überschwemmen , und dadurch zu einer furchtbaren ßlacht au-
'Wachsen. *')
Höchst angeschickt erwiederte der Tribnn: es sei zu viel
Pö'bel in der Stadt, man müsse ihn ausschöpfen; *^) Cicero ver-
gass es nicht, nnd erhielt zu Rlitlheilungen auf dem IMarkte noch
reichern Stoff, als Rullus auf die Frage, welche Tribus er zuerst
in Cttpua versorgen wolle, die romilische nannte. *") Indess
beharrte dieser bei seinem Vorhaben, die Rogation bestätigen zu
lassen; deshalb wandte sich Cicero an einem der folgenden
Tage*') an das Volk.
§ 6.
(a. 63.) Davon abgesehen, dass er gegen ein Schattenbild
focht, zeigte er bei dieser Gelegenheit wie noch nie seine Meister-
schaft in der Kunst, die Gegner aus einer vortheiUiaften Stellung
zn vertreiben, nnd ihre Hiilfsmacht, seine Zuhörer, zum jVbfalle
zu bringen,'-) und ohne das Wortgepränge, welches das Lesen
mancher anderen Reden verleidet, weil noch kein Catilina ent-
35) I BgT. 5 : Hamm omninm remm machinatoribns^ 7 : li , qnos
mnllo magis, qa&m Rullnin, timetis. 9. 2, 6. s. iln. 9: li, qni haec machina-
bantDr. 2i fin.: Reperiemns , parlem esse eoruin, quilios ad babendum,
partem , quibns ad consaiuendum niliil satis esse Tideatiir. ( Crassns nnd
Cäsar.) 36)1,7.9. 37)1,5.6. 38)1.6.7.8. 39)2,26.
Üulpn 5. 6. A. 65. 40) 2, 29. Unten {. 6. A. 67. 41) 2, 29 in.
u. die Stellen in A. 31 oben. 42) Plin. 7, 31 (30). Te dicente legem
agtaMÄiu, li, c. alimeuta siin. abilicnvenmt tribus.
154 ^^l IVLU. (3l.§. ti.)
walfiiet war. Er erwähnt zunüclist seine ^Tossen VerpflicLJun^n
geg'en das Volk, vvekLes ihm das höchste Ehrenamt und auf eine
solche Art verliehen habe, ■wie nur Wenigen in der Nobili(ä(,
und einem Alanne seines Standes nie. Daher dürfe es mit Recht
erwarten, dass er sich als sein Freund erweisen werde; diess
Jiabe er auch bereits am 1. Janaar im Senat erklärt.*^} Nur
müsse es die wahren Freunde von den falschen unterscheiden;
jene wollen ihm den Innern und äussern Frieden und die Frei-
heit erhalten, diese suchen es durch schön kling-ende Worte und
durch Verheissungen auf Kosten des Schatzes zn täuschen.
Das servilische Gesetz soll nicht ihm, sondern den Decem-
virn Vortheile zuwenden; eine Ackervertheilung wird ihm vor-
gespiegelt, damit es in seine Knechtschaft willigt. Man verlangt,
dass es seinem Wahlrechte entsagt. Znr Wahl der Vollzieher
eines Ackergesetzes berief man bisher alle 35 Tribus; jetzt wird
sie 17 vorbehalten , und nicht nach Älaassgabe des Käherrechls,
sondern nach der Entscheidung des Looses. * ') In den Wahl-
comitien des Oberpontifen , an welche man erinnert, stimmen
auch nur 17; der Fall ist aber ein ganz anderer. Das Volk hat
in Sachen der Religion keine Befugniss ; wenn hierin eine Ver-
günstigung Statt fand , so konnte es doch nicht als Gesammtheit
auftreten , und überdiess folgten einer solchen Wahl , welche
Cn. Domitius auf alle Priesterthümer ausdehnte, die Cooptation
durch das Collegium. Hier also der Unterschied zwischen Do-
mitius und Rullus; jener giebt wenigstens einem Theile, was er
dem Ganzen nicht geben durfte, dieser giebt einem Theile, was
dem Ganzen gebührt, und verräth die Absicht, Alle anszuschlies-
seu. *^) Da er selbst den Vorsitz hat, so ist zn erwarten, dass
das Lioos ihr. ■•^die Tribus verschafft, welche er wünscht, und nur
gegen die 9, deren Stimmen entscheiden, wird er mit seinen
Collegen sich dankbar beweisen , den übrigen 26 wird er nicht»
geben. *') Und mit welchem Rechte will der Urheber der Ro-
gation für sich selbst Stimmen annehmen? Es ist gegen das
licinische und äbntische Gesetz , worin sogar Gollfegen und Ver-
43) 2 8gT. 1. 2. 4. Vgl. 1, 8. 9. «) 2, 3. 4. 45) <: 7.
12 fin, 46J 7. 2. Tl.. 4<»3. A. 60. Poniit. Alien. No. 4 u. niilen,
». 7. JV. 22. 471 8. ■
XXI. lULlI. (31. §.6.) J55
wandten des Magistrats das Amt oder Geschäft verweigert wird,
welches er beantragt, damit der Eigennutz keinen Spielraum
gewinnt. *^) Pompejus dagegeu würde das Volk mit Fug und
Uecht vor allen Andern wühlen, und er würde dessen Freiheit
beschützen ; eben deshalb ist es auf die Anwesenden be-
schränkt. *^)
So viel über die Wahl der Zehn; nun Ton ihrer Gewalt. '")
Jeder Magistrat innss in andern Coniitien gewählt sein, ehe die
Ciirien ihn zu religiösen Handlungen ermächtigen. Dieser Tribun
fordert ein Curiatgesetz mit Uebergehung der Tribut -Comifien,
und ein Prälor — wie es ungereimt ausgedrückt ist, der Erste
oder der Letzte — nicht, wie es in der Verfassung liegt, ein
Consnl, soll es beantragen, wenn sich ein Hinderniss findet, den
Zehn dieselbe Gewalt zuzugestehen, als wenn es gegeben wäre.
Eine in Coraitien keiner Art übertragene Gewalt ? das heisst Könige
einsetzen, nicht Decemvim, und schon durch ihre Einsetzung,
ehe noch ihre Verwaltung beginnt, die Rechte and die Freiheit
des Volks vernichten.") Und ein Tribun erklärt den tribu-
nicischen Einspruch für ungültig? Ein Tribun gestaltet den Zehn,
wenn ein Einspruch erfolgt und sie demnach von den 30 Lictoren,
den Stellvertretern der Curien, nicht die Befuguiss dazu erhalten,
heilige Hühner zu befragen, welches nicht einmal den von
35 Tribus gewählten Magistraten in einem solchen Falle vergönnt
ist? ^-) Fünf Jahr sollen sie im Amte bleiben; man wird sie
nie zwingen können, zurückzutreten, ihre königliche Macht, ihr
zahlreiches Gefolge von öffentlichen Dienern, welches einer Leib-
wache gleictt, verbürgt es ihnen. Fünf Jahre dürfen sie ohne
alle Beaufsichtigung, vor jeder Berufung auf das Volk gesichert
die Staatsländereien veräusseru, und wenn sie dadurch unermess-
liche Summen erhalten haben, in Italien Acker kaufen und es
mit ihren Colonien bedecken. '^) Ihnen ist anheim gegeben, zu
verkaufen, was der Senat seit dem Consulat des Decula und
Dolabella zu verkaufen beschlossen hat; warum führt man e»
nicht namentlich auf? Vielleicht aus Schaamgefiihl, weil der
Senat diess ans Noih verfügte und die Consuln es nicht vollzogen.
48) 8 0. ad Fam. 8,6. }. 3. Unten f. II. A. 14. t9) 9. |0,
-.0) !0. 51) U. 12. 02) II. j;i) 13. 14.
156 XXI. lULII. (31, §.6.)
um niclit verhasst zn werden; wakrscLeiulich aber, um Senafs-
bescblüsse unterscLiebeu zu küaneu. Der Zusatz „und was
sonst" erlaubt den ZeLn oLueliin, mit dem öffentlichen Eigeu-
tliume, welches seit Sullas erstem Consnlat erworben ist, ganz
unabhängig vom Senat nach Willkiihr zu verfahren. ") Auch
mit Aegypten? Man sagt, dass es vom Könige Alexander Rom
vermacht sei; man sagt auch, es sei kein Testament vorhanden,
Rom müsse nicht alle Königreiche begehren; Riillus wird mit
seinen künftigen Collegen entscheiden , unter welchen Einige
sich schon früher nach Aegypten gesehnt haben. Er wird also
das fruchtbare Land dem römischen Volke zusprechen? Dem
Könige wird er es zusprechen; ^') und das römische Volk nichts
erhalten, vielmehr soll dessen Eigenthum in und ausser Italien
veräussert werden, und ohne Zweifel wiU Rullus selbst Pompejus
zu sich nach Sinope entbieten, und ihm ankündigen, sein Gesetz
ermächtige ihn zu verkaufen, was jener erobert habe. * ^)
Die öffentlichen Einkünfte darf man mir in Rom verpachten ;
die Zehn dürfen das öflentliche Eigenthum an jedem beliebigen
Orte und ohne alle Aufsicht vei'kaufen oder auch verschenken,
und sie bestimmen, was dem Staate oder Privatpersonen gehört.
Von dem Staafslande, welches sie den Besitzern nicht entziehen,
fordern sie eine grosse Abgabe, das recentorische in Sicilien aus-
genommen; warum die Ausnahme, wenn es als Privatland an-
erkannt wird, wenn es öffentliches ist, warum es günstiger be- '
Landein, als das übrige? Rullus mag seine besonderen Gründe
haben. * '') Er weiss auch, dass Hiempsal in Numidien reich ist,
deshalb schützt ihn ein Bund, obgleich das römische Volk diesen
nicht bestätigt hat; so ehrt der Tribun dessen Rechte.'^) Bei
solchen Entwürfen kann er nicht wünschen, dass Pompejus sei«
College sei; er schliesst ihn nicht nur aus, er misshandelt ihn. '^)'
Aber das Gesetz hat einen guten Zweck; die römischen
Bürger sollen in Colonien versorgt werden. Die Bürger nennt,
und an sich denkt man; unter jenem Vorwande werden die Zehn
ihre Cassen fJiiUen, ohne Zeugen verkaufen und kaufen, auch
54) I4. IS. 55) Für OcM. 16. 17. Oben f. 4. A. 62. 56) 20.
57) Bosloelien sein. 81. 58)22. Ol.en J. 5. A. 00 ii. 22. 59) Oben
4. 5. A. 18 f.
XXI. lüLn. (31. §.6.) 157
■vvoLl Geld annehmen, damit sie nicLt verkaufen. *") Bisher liat
man Colonien immer Gemeinland aug'ewiesen, jelzt kauft man
Land; nnd welclies ? Angebautes? Das Gesetz sagt, solches,
welches angebaut ■werden kann; also Steppen, Steinfeldfr, wo
kein Pflug einzudringen vermag, alles andre ist in Italien an-
gebaut; ein unwürdiger, schändlicher, aber ein gewinnreicher
Handel. ^') Man sieht, RuUus wiU nicht bloss sich und seine
CoUegen bereichern. Durch Sullas Proscriptionen haben Viele
Güter erheJfen , welche sie zu verkaufen wünschen , weil der
Hoden nicht ergiebig, die Luft ungesund oder der Besitz ungeysiss
ist nnd üble Nachrede bringt; ^^) sie fürchten, ein Volkstribun
werde darauf antragen, dass sie dem Volke sein Eigenthum
zurückgeben, und ein Volkstribun reiss't sie aus der Noth; sie
können aus jenen Grinden keine Räufer finden, er kauff, er
kauft um Jeden Preis, sie dürfen nur fordern. Zu den Guts-
besitzern dieser Art gehört nämlich sein Schwiegervater Valgius;
lim dem Manne zu helfen und ihm grosse Summen zuzuwenden,
beraubt Rullus das Volk. *^) Und angenommen, dass man sich
.seines Ackers nicht entünssern will, so werden die Decemvirn
das Geld unter sich vertheilen; eben deshalb verkaufen sie, ehe
sie kaufen. ^')
KuUus hat im Senat geäussert, des städtischen Gesindels sei
7.a viel, man müsse es ausschöpfen; er spricht von den achtbarsten
Bürgern, als sei von Hefen die Rede; darnach lässt sich schon
ermessen, wie er sie versorgen wird, mit Sand und Sumpf. ^^)
Das fruchtbare Gebiet , das campanische und stellatische nnd
C'apua selbst ist feilen Banden bestimmt nnd auch diese werden
nur für die Zehn die Namen herleihen. ^^) Gegen alle Ord-
nung wollen sie die romilische Tribus zuerst bedenken; jeder
soll vom campanischen Lande 10 Juchart erhalten, so wird für
die Bleisteu nichts übrig bleiben, nnd diess ist die Absicht; mit
seinen Colonisten, welche der Reichthum verderben würde, wenn
man auch nicht von Anfang verwegene Meuterer ausersähe,
soll Capua die Hauptstadt der neuen Republik , ein gegen
60) 24. Vgl. 1, 3. 61) 25. 62) 2. Th. 4/S. 63) 26.
Vgl. 1, 5. 3, I. 2. 3. 4. 2. Th. 479. A. 54. 64) 27. 65) Das.
Oben }. 5. A. 39. 66) 2.S.
158 XXI. lüLU. (31. §.6.)
Rom gericLtetes BoDwerk sein.*') Aber das Volk möge sich
beruliigen; seine Feinde haben iLre Zeit sclJecLt ge^YäLlt, unter
Ciceros Ccnsulat -wird ihr Anschlag nie gelingen. ^')
Äfan hörte ihn ohne Zeichen des Jßssfallens ; für einen
Redner, welcher gegen ein Ackergesetz auftrat, ein seltnes
Glück. **) Deshalb mochte BuUus in seiner Gegenwart nichts
erwiedern, dann aber verbreitete er mit seinen Freunden : nnr ans
Gunst gegen die sieben Tyrannen '") und gegen die Uebrigen,
welchen Sulla Land angewiesen habe , suche Cicero das
Volk zu dessen Nachtheil von der Genehmigung des Gesetz-
entwurfe abzuschrecken. Dieser musste sich daher rechtfertigen.
Ein Geräusch, Blick und Miene verriethen, dass die Versamm-
lung umgestimmt war. ' •) Er aber kehrte den Pfeil seines
Feindes gegen ihn selbst. Nicht er, so.idern Rullus wolle die
Besitzer der von Sulla verliehenen Ländereien und insbesondre
seinen Schwiegervater sichern. Es ergebe sich unverkennbar
aus dem vierzigsten Capitel, von welchem er bis jetzt geschwiegen
habe, um nicht vernarbte Wunden wieder aufzureissen. ")
Nichts ist ungerechter und nichts verdient weniger den Namen
eines Gesetzes, als das valerische, worin alle Handlungen und
Verfügungen Sullas genehmigt und bestätigt wurden; '^) völlig
dasselbe besagt das servilische, nur versleckt ; es nennt nicht den
Dictator, um nicht anstössig zu werden, sondern die Consuln
Marius und Carbo; jeder weiss aber, dass SuUa uacli ihrem
Consulat Dictator gewesen ist ; was man nach ihi'em Consulat
angewiesen hat, soll den Besitzern verbleiben, folglich werden
die sullanischen Anweisungen bestätigt , ' *) das Angemassie,
67) 30 — 36. 68) 37. 69) 2 agr. 37: 9<"^ anqnam tarn su-
cnnila concione legem agrariam suasit, qnam ego dissnasi? — snnunDm et
rimissimum — praebeatis. 3,1: Video qnosdam — retulisse. 70) 3 agr.
1. 3. 4. Hortensü No. 7. j. 4. A. 93. 71) 3 agr. 1. ad Alt. 2, 1.
f. 2 zählt diese Rede yregen ihres geringen Umfangs unter den consn-
larischen nicht mit. 72) c. 2. Vielmehr, tun nicht den Veteranen
Snllas in den Colonien nnd den Optimalen, -welche dem Dictator Güter Ter-
dankten nnd dessen Verfassung ohnehin schon fast aofgehoben sahen, gleich
von Anfang als neuer Parteigenosse missfäUig zu ^Terden. Rnllus zwang
ihn, aus sich herauszugehen, sich gegen den durch SuUa begründeten Besitz-
iland in erklären , so dass man auch hier Cäsars leitende Hand entdeckt,
73) 2. S. 2. Tb. 47(>. A. 12. 74) 2.
I
XXI. lULn. (31. §.7.) 159
wolcLes man bisLer zurückfordern konnte, soll das Volk als
rechtmässiges EigentLum anerkeuuen, damit es den Besitzern ge-
wisser sei, als ererbtes väterliches Gut. So viel hat weder das
valerische Gesetz noch Sulla selbst verlangt; Rallns verlangt es,
.sein Sch\yiegervater ist nun geborgen. Ja er fügt sogar Schen-
kungen hinzu; denn er bestätigt nicht mir, vsas man seit jener
Zeit erhalten, sondern auch, was man seitdem besessen, etwa mit
Gewalt genommen oder sich selbst angewesen hat. Denn gar
Vieles ist unter Sulla eingezogen, und nicht verlheik oder ver-
kauft, und man hat diess benutzt; Rullus Schwiegervater und
anderen Besitzern der Art soll das Gesetz Sicherheit gewähren. '')
Für den Fall, dass man dennoch zur Abstimmung schritte,
war der Tribun L. Cäcilius gewonnen, FinsprncL z» thun. '^)
Dahin kam es jedoch nicht; die Gegner gaben die Rogation auf,
weil ihre Wünsche vorerst erfüllt waren; ^') Cicero erklärte es
für sein "Werk; ") nicht nur der Senat, sondern auch die Ritter,
welche da» Gesetz als Pächter mit grossem Verluste bedrohte
und. Cicero auch in der Rede für die lex Roscia vertrat, glaubten
sich ihm verpflichtet, und die Letzten bewiesen es ihm, als er
bald nachher die Republik gegen Catilina schirmte. Das Acker-
cesetz brachte indess Cäsar a. 59 als Cousul in veränderter Ge-
stalt von neuem an das Volk; es wurde bestätigt und jener lud
Cicero ein, bei der Vollziehnng mitzuwirken. '')
i 7.
(a. 63.) Ein anderer Plan, mit welchem er sich jetzt be-
schäftigte, war wieder von der Art, da.ss schon der Versuch,
ihn auszuführen gfenügte, weil eine HauptwaJfe des Senats dadurch
abgestumpft und das Volk seinem Besthülzer noch mehr ver-
pflichtet wurde. Der Schrecken erregenden Rogation folgte zu
gleichem Zwecke ein eben so schreckliches Gericht; nur die Art
des Angriffs veränderte sich. Unter dem Consulat des C. IMarius
und L. Valerius Flaccus , ^ ") im J. 100 , mithin vor etwa
75) 3. 4. 2. Tb. 480. A. 68. 76) p. SiiUa 23. 2; Tli. 515.
A. 66. 523. A, 37. 77) iu Pison. 2. riat. Cic. 12. 78) I. c.
79) Cnlen J. U. A. 1 u. J. 12. A. 72. 80) tic p. Rabir. perd. r.
7. 10. CatÜ. I, 2.
160 XXI. lULII. (31. §7.)
36 Jatren, wie Dio die Zeit bestimmt, «') war der V. Tribun
L. Appnlejus Saturninus -wegen seiner Meutereien vom Senat
geächtet, von den Consiiln auf dem Capitol belagert, und als ef
sich -wegen Mangel an Wasser ergab, in der Lostilischen Curie ")
mit dem Prätor C. Servilius Glaucia und mit anderen Genossen
von seinen Gegnern gelödtet. Blan beschenkte Sceva, den Sclaven
des Q. Croton, mit der Freiheit, weil er Saturninus erschlagen
hatte; *^) vielleicht wurde ihm die Ehre einer doch immer ge-
hässigen That nur aufgebürdet, zumal, da den Belagerten Straf-
losigkeit zugesichert war. Der Tribun T. Alias Labienus kam
bei der betreffenden Untersuchung stets von neuem darauf znrück,
dass man sein Wort verpfändet habe; das Verhältniss zwischen
3Iarius und Saturninus macht es sehr walirscheinlich, Cicero musste
es zugeben^*) und mehrere Schriftsteller bestätigen es.*') Es
begründete im Allgemeinen eine Anklage des C Rabirius, eines
jetzt Lochbejahrten Senators, -welcher sich im Kriege ausgezeichnet
hatte. *") Er war geständlich dem Angriffe auf die Curie nicht
fremd geblieben,^') und hatte nach einem Gerüchte sogar den
Ropf des Saturninus bei Gastgelagen gezeigt, um den Todten za
verhöhnen.*') In jedem Falle konnte er nicht darthun, das»
nicht sein Stein oder Pfeil ihn getroffen habe; er mochte selbst
darüber in Zweifel sein, da man bei so stürmischen Auftritten
selten den Erfolg seiner Älitwirkung wahrnimmt. Ueberdiess
waren nach so langer Zeit schon Viele gestorben, welche etwa
seine Unschuld hätten bezeugen können. " ^)
Ihn also belangte Labienus als den Mörder des Tribuns,
und , wie es schien, ans eignem Antriebe, da sein Oheim Q. La-
bienus mit jenem und als dessen Anhänger das Leben verloren
hatte. ^ °) Um ihn in ein ungünstiges Licht zu stellen, erinnerte
81) 37, 26. Cic. in Pis. 2 nennt 40, eine runde Zahl, wie Ascon.
das. bemerkt. 82) VeUej. 2, 12. 83) p. Rah. 11. 8i) Das. 10.
Unten A. 9. 85) Plutarch. Mar. 30. Flor. 3, 16. (A. -Vict.) de vir.
ill. 73. 86) p. Rat. 1 n. fragm. ed. Niebnlir 36. Dio 37, 26. 87) p.
Rab. 6. 88) (A. Vict.) de -vir. ill. 1. c Da Ciceros Rede für ihn
sehr Terstiimmelt ist, so weiss man nicht, ob es auch von seinem Ankläger
behauptet wurde. In den kurzen Berichten bei Appian. 1, 370, Plut., Vellej., '
Flor. 11. cc. , Liv. 69, Oros. 5, 17 darf man über Rabir. Theilnahm«
an diesen Ereignissen keinen Aolschloss erwaiien. 89) p. Rab. I.
00) Das. S. 7. 8.
XXI. lULU. (31. §.7.) 161
er zugleich an andere Vergehen : er Labe Leillg'e, geweihte Oerfer
verletzt, — sein Privatfeind C. Maeer hatte ihn deshalb angeklagt
und das Gericht ihn freigesprochen ^ ' ) — er habe mit C. Curtius,
«lein Gemahle seiner Schwester, Staats -Gelder untergeschlagen,
und den Ort angezündet, wo die öffentlichen Urkunden auf-
bewahrt wurden — bis dahin war er vor Gericht dessen nicht
beschuldigt und Curtius war nicht verurtheilt — er habe den
Jüngern Curtius, den Sohn seiner Schwester, getödtet, fremde
Sclaven widerrechtlich zurückbehalten, römische Bürger ge2:en
das porcische Gesetz geissein oder hinrichten lassen, seinen Körper
preis gegeben und mit Anderen Unzucht getrieben. ^^) Am
meisten wurde es aber von Cicero, dem Sachwalter des Rabirins,
gerügt, dass Labienus ihn nicht als Majestäts- Verbrecher, sondern
wegen Hochverrath, perduellio, in Anspruch nahm;^^) es sei
ungerecht, grausam, eine Handlung, welche jetzt unter den Be-
griff der Majestiit falle, mit einem längst veralteten Ausdrucke
zu bezeichnen, und damit auf die furchtbare Strafe der Kreuzigung
anzutragen, während sonst der Beklagte sich selbst verbaunen
und dadurch sein Leben retten könne. ^'') Ein günstiger Spruch
war nicht zu hoffen, denn gerade Cäsar, welchen man als den
91) p. Rab. 2. Manut. das. LicinJi Murenae Macri No. 9. 92) p.
Rah. 3. 93) Das. 1. c. in Pison. 2. Suet. Caes. 12. 94) p. Rab.
I — 5. Sallnst. B. C. 51. Cort. At alJae leges item condemnatis civibns
animam non eripi, sed in exiliiim permitli iubeat. Cic. p. Caccin. 34:
KxiliDm non snpplicium est, sed perfngiam, portusqne snpplicii — deponitiir.
Vgl. 1. Cornelia im 2. Th. S. 487. Unter den Königen und in den früheren
Zeiten der Republik wurde der Hochverräther , perdnellis, dem Henker
übergeben, gegeisselt und an das Kreuz geschlagen; daher p. Rab. 3. 4.
10: carnifex, flagella, crux. n. 4: I lictor, coUiga raanns, capnt obnubito,
nibori infelici snspendito ; vgl. Liv. 1 , 26. Dann aber schien diese Strafe
zn hart; es wurde allmälig ohne eine ausdrückliche Bestimmung Sitte, dass
der Verbrecher sich durch ein freiwilliges Exil zum bürgerlichen Tode
verdammen durfte, p. Rab. 3 fin. : Ista laus primtim est maiorum nostrornm,
qni, expulsis regibns, nuUnm in libero populo vesligium crudelitatis regiae
retinuerunt. Vgl. p. Caecin. 1. c. und auch die Bezeichnung perduellio,
welche sich noch in den TabeUar- Gesetzen des Cnssiiis (a. 137) und
Coelius (a. 107) findet, (2. Th. S. 113 u. 409) wurde dnrch die mildere
maiestas verdrängt, wie man unter Anderen a. 65 C. Cornelias wegen nicht
lieachteten tribunicischen Einspruch nnter diesem Rechlstite) belangte.
■2. Th. S. 613.
Oromunn , (iosfliiclite Roms III. j^^
162 X^I lULn. (31. §7.)
UrLeber des Processes kannte, ■wurde mit Lucios Cäsar, dem
Consnl des vorigen Jahrs, einem schwachen Älanne,^^) zum
Richter ernannt,^*) und zwar verfassungswidrig' vom Prülor,
nicht vom Volke , damit die Wahl desto weniger zweifelhaft
blieb. ^') Vor einem solchen ausserordentlichen Gerichte konnte
Rabiriiis sich kaiun vertheidigen ; er wurde verurtheiit, obgleich
er läugnete. ^')
Seine Verfolgung war Ca'sars Werk. ^®) Labienns, welcher
ihn auch ferner in diesem Jahre unterstützte, iusbesondre bei
seiner Bewerbung um die Würde des Ober-Pontifen, mucste sie
einleiten, nnd er iiberneihm dann die Hauptrolle. Rabirias und
dessen angebliches Vergehen war ihm gleichgültig; er woll(e
ihn nicht unglücklich machen, und sah voraus, dass die Aristocratie
tun jeden Preis das Aeusserste abwenden werde; denn nicht
gegen den Einzelnen , sondern gegen sie war der Angriff ge-
richtet. Bei seinen Entwürfen bedurfte Cäsar die Hülfe der
Tribüne; er musste ihnen znm voraus Sicherheit verbürgen, den
Senat absclireckeu, ihnen das Schicksal des Satuminus zu bereiten
nnd den Consuln unbedingte Vollmacht zu geben, und den Bür-
ger, dem Aufrufe zur gewaltsamen Unterdrückung einer Äleuterei
zu folgen. Dass diess seine Absicht und die Klage nur Älittel
war, sagt Cicero mit deutlichen Worten, ohne ihn zu nen-
nen. '»")
AJs der Angeklagte sich auf das Volk berief, ') stellte La-
bienus auf dem IMarsfelde, wo die Centurlat-Comitien gehalten
wurden, das ßild des Saturninus auf, obgleich Sex. Titius
95) Oben No. 22. 96) Dio 37, 27. Suel. Caes. 12. Dnamviri,
qui de perduellione anquirereut; Liv. 1 , 26. 6, 20. 97) p. Rab. 4:
ininssu vestro. Dio 1. c. Dieser Prälor vrar nicht, -wie Fabric. hier in der
A. vermuthet, Melellns Celer, der Frennd des Rabirius. 98) p. Rab. 4.
(Labienns) indicta causa ciTem R. capitis condeuinari coegit. Suet. 1. c.
Dio 37, 26. 27. 99) .Suet. d. Dio 11. cc. bezeugen, -nas sich ohnehin
nicht verkennen liissl. 100) p. Rab. 1 : Ul illud summum auxiliom
niaiestatis atque imperii — • de rep. tolloretur. Das. : Quam ob rem ^
iuilicare. 2: Agitur enim — praesidium s.ilutis. Das.: Deinde tos —
soletis. A''gl. 7 in. u. in Pison. 2 : Ego in C. Rabirio — senatns aacto-
rilatein snslinui etc. Dio 37, 26. 1) p. Rab. 4. Dio n. Snet. U. cc.
Liv. 1, 26.
XXI. lULII. (31. §.7.) 163
bestraft war, weil er ein solches Bild auch nur in seiner WoLniing'
gehabt, und C. Decianus, weil er über den Tod des Geäclitefen öffent-
lich sein Bedauern geäussert Lalte,-) und gestattete jedem der
beiden Sachwalter, Hortensins und Cicero, nur eine halbe Stunde zu
reden. *) Jener iiberliess Cicero die Schlussrede, wie gewöhnlich,
wenn er mit ihm auftrat. Er hob besonders hervor, dass Sceva
wegen des Verdienstes, Saturninns getödlet zu haben, belohnt
und diese That demnach Rabirins nicht zuzuschreiben sei. ')
Dann verbreitete sich Cicero über die Härte und feindselige Ge-
sinnung, welche sich durch die Anklage kund gebe. ') Dem
Verdachte, als sei der Sclav nur genannt, damit Babii-ius als
schuldlos erscheine, begegnete er durch die Behauptung, diesem
entgehe dadurch ein grosser Ruhm. ^) Eben deshalb gestehe
man gern, dass er dem Aufrufe der Consuln gefolgt sei, dem
Senats - Beschlüsse, welcher sie zur Abwendung der Gefahr durch
jedes Blittel ermächtigt habe. ") Wie konnte er anders, fragt
2) p. Rab. 9. 3) Das. 2. 3. 5. fragm. ed. Nieb. 38. Die Be-
merknng Niebnhrs, praef. ad Or. p. Rab. p. 69 f., es habe sich in diesem
Volksgerichte nur um eine TOn Labienns verhängte Geldstrafe gehandelt,
deren Cicero 3. auch ausdriicklicb gedenke, die Strafe des Hochverraths sei
wegen der ungültigen ■\\ ahl der Dnumvirn auf Betrieb des Consnls TOm
Senat aufgehoben, 3: nam de perduellionis iudicio, qnod a me snblattun
esse criminari soles, meum crimen est etc., und Rabirins vom Volke frei-
gesprochen, yrie Sneton 1. c. andeute, Dios Nachricht folglich zn verwerfen,
bedarf keiner Widerlegung. Sehr bestimmt unterscheidet Cicero 3. die
geringern Vergehen, welche der Antrag auf eine Geldstrafe betrifft, TOn
dem Verbrechen des Hochverraths ; nam quid ego etc. Illam alleram etc.
I und Labienns Aenssernng, jener habe die Gerichte über Ferdnellion anf-
gehobeii^ kann nur anf seinen schon früher bekannten Eutschluss, Rabirins
in irertheidigen, anf seine ohne Zweifel im Senat oft vernommene Klage
über die Ernenernng solcher Gerichte bezogen werden. Seine Rede
würde völlig sinnlos sein, wenn nur eine Geldstrafe zn fürchten war; er
spricht vom Henker, von Banden', Geissei nnd Krenzignng, tind nicht von
einer schon überwundenen , sondern noch immer drohenden Gefahr. 4 in.
vgl. 1. 2. 5. 9. 11. Endlich sind Snetons Worte: Tarn cupide conderanavit
nt ad popnlum provocanti nihil aeqne ac iudicis acerbitas profuerit, auf
den Senat nnd besonders anf Bletellus Celer, nicht auf das Volk zn deuten ;
die Ilitze des Angriffs liess jene zur Rettung des Beklagten ein ansser-
ordentliches Mittel nnwenden. 4) p. Rab. 6. II. Seine Rede, welche
Charisins noch las, Putsch, p. 100, hat sich nicht erhalten. 5) p. Rab.
1—5. Oben A. 94. 6) 6. II. 7) 6. 7. Catil. I. 2. ^
11*
164 XXL lULII. (31. §.7.)
sein Anwalt , da die Senatoren iiud unter iLnen der Erste,
M. Aeiniliiis Scaiirus, und die übrigen Consnlare, die Ritter nnd
alle rechllicLen Bürger die Waffen ergriffen? Sollte er, statt
diesem Beispiele zu folg-en, sich in seine Wohnung einscliliessen,
oder wie der Olieim des Labienus auf das Capitol gehen? Wie
würde Labienus selbst gehandelt Laben? Gewiss, wenn sein
Alter es ihm erlaubt hätte, eben so wie der, welchen er jetzt
anklagt , wie <lie Ersten und Besten unter den Bürgern , welche
er in ihm anklagt, wie die Consuln, für welche kaum eine Strafe
zu erdenken ist, wenn Rabirius gekreuzigt werden soll, da er
nur ihre Befehle vollzog. *) Hat man Saturninus Tersprochen,
ihn nicht zu tödten, so ist dies von Marius, nicht von Rabirins
ausgegangen, und nicht dieser, sondern der Consul ist worlbrüchig
geworden; seine Zusage hatte aber auch keine Gültigkeit, da er
oline einen Senats -Beschlnss nicht dazn befugt war. °)
Das Volk hörte seine grossen Redner und forderte um
nichts weniger auch jetzt ein Opfer für die Verletzung seiner
Majestät; vor den Eingebungen des Cäsar, des Catilina und ihrer
Genossen verschwanden die Zauber der Kunst; zu nahe lagen
ihm die Zeiten, wo Sulla es erniedrigt und der Senat insbesondre
durch den Missbrauch der richterlichen Gewalt sich gebrandmarkt
Latte; nicht befestigen wollte es das Ansehn des Senats, wie
Cicero ihm zumuthete, sondern dessen Willkühr Schranken setzen,
das kaum wieder erstandene Tribunat vor neuer Schmach be-
wahren, und war schon im Begriff, das Urtheil der Duumvira
zu bestätigen, als der Prätor Q. Metellus Celer die Verhandlungen
dadurch endigte, dass er auf dem Janiculum die Rriegsfahne
wegnahm. ' °) Man sicherte sich durch dieses Zeichen während
der Centuriat-Comilien vor einem Ueberfall, als Rom nur nocjj
ein Stadtgebiet besass, und behielt auch später die alte Sitte bei,
weil sie es den ^Magistraten erleichterte, das Marsfeld zu be-
herrschen. ' ') Es verrieth Furcht und Verzweiflung, dass man
durch einen Gewaltsfreich entschied; das Volk war erbittert, und
da die Drohimg ihren Zweck erreicht hatte, so wurde die Klage
nicht erneuert. ' -)
8) 8 — la 9) 10. 10) Dio 37, 27. 2. Th. S, 26. II) Dio
37, 28. Liv. 39, 15. 12) Uio 1. c.
XXI. lULII. (31. §7.) 165
Wenig nützte es, auf der einen Seite zu däminen , da der
Sliom desto gewisser auf vielen anderen hervorbrach. Bei ihrer
•^iilenlosigkeit gaben die Opliinateu überall Blossen; sie waren
i; russtentheils nach den Umständen übermüthig und feig, und eben
sü verhasst als verachtet ; sie angreifen hiess sie einschüchtern
lind der Menge einen Dienst erweisen. Ihr war es besonders
erwünscht, dass C. Piso, Cos. 67 und dann Statthalter im narbo-
iiensischen Gallien jetzt wegen Erpressungen und wegen der
Hinrichtung eines Transpadaners angeklagt wurde, denn stets
hatte er sich dem Volke feindlich gezeigt. Der Process war
von Cäsar, als Patron der Transpadaner, in der That aber im
eigenen Interesse veranlasst, und es beunruhigte ihn nicht, dass
( icero den Beklagten vertheidigle und das Gericht ihn frei-
sprach. ' ^)
Piso sann auf Rache , und wurde bald von Q. Lutatlus Ca-
tiihis unterstützt. Dieser hatte Cäsar bereits öffentlich als einen
i'eind der Republik bezeichnet, ' *) und machte nun auch persön-
lich als sein Nebenbuhler eine schmerzliche Erfahrung. Beide
Ijcwarben sich um das Amt des Oberpontifen , welches kürzlich
iliiich den Tod des Q. Melellus Pius Cos. 80 erledigt war, ' *)
niul in ihnen traten zugleich die Parteien in die .Schranken, so
un-.s mau nach dem Erfolge ihr Ausehn und ihren Ein/luss er-
messen konnte. Cäsar war seit dem J. 74 Pontif. "') Er legte
j.i sich auf die priesterlichen AVürden einen hohen W^erlh; • ')
\\cun man ihm jetzt die höchste verlieh, so waren die mächtigsteu
Hebel des Staats, und für die ganze Lebenszeit, ' *) in seiner
Hand, er bewährte sich seinen Anhängern durch einen glänzenden
.Sieg' über die Optimalen, und konnte fortan den Ueberwundenen
desto kühner entgegen gehen. Deshalb verschwendete er so
grosse Summen , dass er auch in dieser Beziehung seiner Mntter
-^^glti ■ du siehst mich als Oberpontifen oder als Flüchtling wie-
ilir, "''') und noch mehr verpilichtele er sich das Volk gerade in
dieser Zeit, wo es ihu au die Spitze der Priester stellen sollte,
13) 2. Tii. S. 95. A. 37 u. S. 612. 14) Oben §. 4. A. 58.
15) 2. Th. S. 43. A, S3. 10) Oben f. 2. A. 20. 17) Sie v.cr.Ieu
li .iiiT oncli meistens aiii sciiieo Bliin?.!.'« genannt oder angeJeulet. Bloicll.
lii' s. Caes. tab. I f. Eckh. 6 in. Ovid. Fast. 3, 419. IS) Ai>pijn
j, 746 in. 18;>) riutarcli. Caeä. 7. Suei, Caes. 13.
1G6 XXI. lULlI. (31. §.7.)
durch die Anfüebnng des corneb'scLen Gesetzes über deren Wahl.
Der Oberpontif erhielt früher, wenn auch nicht von Anfangs, sein
Amt vom Volke, ' ^) und Cu. Domitins Ahenobarbus dehnte im
J. 104 diese Befug-niss auch auf die Walil der übrigen Priester
ans, Jedoch so, dass jedesmal nur 17 Tribns zu den Centuriat-
Comitien berufen wurden.^") Seit dem betreffenden Gesetze
Sullas ergänzten sich die Priester - Collegien wieder selbst,")
und er entzog dem Volke ohne Zweifel auch die Emennnngf
des Pontifex Maximus ; es lag im Geiste seiner Verwaltung»,
und der Abschnitt im Ackergesetze des Knllas, nach welchem
nur 17 Tribus die Decemvirn wählen sollten, wie sie jenen
Priester wälilten, — so lange das Gesetz des Domitins galt —
deutet nicht auf einen damals noch bestehenden Gebrauch. * ^)
Durch ein Gesetz des Tribuns T. Atius Labienus wandte Cäsat
dem Volke das Recht wieder zu, die Priester zu wählen, ^^)
und zwar sollten zwei im Collegium ihm Candidaten vorschlagen,
unter welchen diejenigen cooptirt wurden, für welche es gestimmt
hatte. =*)
Ausser Catulus, Cos. 78, dem Ersten im Senat, für dessen
Hauptstütze er galt, ^') war auch Q. Servilius Isanricus, Cos. 79,
Cäsars Mitbewerber, welcher einst unter seinen Befehlen gegen
die Seeräuber focht. ^ ^) .Sie kannten seine Stellung zum Volke,
und der stolze Catnlus insbesondre dachte mit Unruhe an die
Gefahr einer Niederlage durch einen Gegner, über welchen er
sich durch Alter, Rang und Verdienste weit erhaben fühlte;
aber es gab nach seiner Meinung ein unfehlbares Mittel, die
Verlegenheit zu endigen; Cäsar hatte .Schulden, untilgbare Schul-
den; er ei'suchte ihn, abzustehen und versprach Geld. Man
wollte ihm wiederbringen, was er wegwarf, um ein Höheres zu
erreichen und veranlasste durch diese Verblendung und das
19) Liv. 25, S. 2. Th. 493. A. 66 n. 67. 20) Domit. Ahen.
No. 4. 21) 2. Th. 493. 22) Oben J. 5. A. 81. {. 6. A. 46.
23) Die 37, 37. 24) 2 PhU. 2. 13, 5. ad Farn. 8, 14. B. GaU. 8, SO.
Hertens. No. 7. §. S. A. 32 f. Nach Cäsars Tode wnrde das Gesell a. 44
>on M. Aulonins anfgehoLen. 1. Th. S. 117. A. 90 f. 2S) Dio I. e.
Plnl. Caes. 7. Sallnst. B. C. 49. Corl. Vgl. Cic. in Pison. 3. Vellej.
2 , 43 : Omiiiiim confessione senalns princeps. 26) Tlnt. I. c. 8net.
Caes. 13. Oben J. 1 Tin.
XXI. lULH. (31.^.7.) 107
»LliinipUicLe Geständliiss der Hoffiuingslosigkelt die Antwort: er
werde nielir borgen und nicht abstehen. ^'') Am U.März uurde
■ r gewählt,-*) und er erhielt selbst in den Tribus der beiden
(Jonsulare mehr Sliinnieu als diese überhaupt. ^ ^) Seitdem wohnte
er nicht mehr im väterlichen Hause, in der Gegend, welche
Subara hiess , sondern in einem öffentlichen in der Leiligeu
Strasse. *")
Bald nachlier wählte ihn das Volk auch zum Präfor. ^ ' )
Aber noch immer stand er fern vom Ziele; er musste noch mit
dem Ansehn des Pompejus wuchern, welcher als Freund und
\^ ohlthäter der Menge von Rom gescliiedeu war, und durch
>.eine Siege und Eroberungen in Asien sich selbst übertraf.*^)
Furcht und Missgunst machten die Aristokratie abgeneigt, dem
Abwesenden zu huldigen; ^^) Cäsar dageg'en wusste, dass dieser
ihm nicht gefährlich war, so lange er in der unnatürlichen Ver-
bindung mit dem Volke beharrte, und dass er leicht Flitter für
Oold nahm ; er veranlasste durch die Tribüne Labienus und
T. Ampius Baibus ein Plebiscit, nach welchem der Consular bei
den circensischen Spielen einen Lorbearkranz und den ganzen
iriumphal- Schmuck, und bei den Bühuenspielen den Kranz und
^k'ich den IMagistrafen die Prätexta tragen sollte. In Catos
Eiligen wankte die Republik; sie wankte allerdings, aber nicJit,
\NciI die Eitelkeit eines Grossen befriedigt, sondern weil er deu
■11) Flu«. 1. c. 28) OTid. Fast. 3, 4lS. VeUej. 2, 43 beachtet
iliL' Zeilfolge iiiclit, und anch Dio 37, 29. 37 spricht ftüher you der cati-
tirniischen VerschvTÜrniig , als von der » ahl. Vgl. I'lnt. Caes. 7 ii. 42.
App. 2, 471. Caes. B. C. 3, 83. Siiet. Caes. 13 u. 4G. Gell. 5, 13.
Lactant. 1, 6 n. die Münzen, obea A. 17. 29) Suet. I. c. Einer
ähnlichen Auszeichnnag erfreute sich im J. 212 F. Crassns; er -wurde früher
Oherjiontif als Aedil, obgleich Consnlare mit ihm warben, Licinii Crassi
No. 19, und 120 Jahre hindurch, einen Fall ausgenommen, nur solche ge-
wählt waren, welche curulische Äemter irerwaltet halten. Liv. 25, 5.
M. Antonius war (,)uäslor gewesen, als das Volk ihn a. 50 bei der l'ou-
»ifen-AVahl dem Consular Domitius vorzog. 1. Th. S. 68, wo '/.. 8 die
Worte : als noch das CoUeginm — wählte, zu streichen sind. 30; Suet.
46. Fun. 19, 6 (I). A'gl. Dio 54, 27. Harnarh ist Rio 43, 44 liii. v.n
orKlären. 31) Snel. 14. 15. riiil. Caes. «. Cic. 23. Calo 27. Hio
37,44. Cic. adAtt 2, 24. §. 2. 12, 21. 32) Oben J. 4 in. 33) Flut.
Pomp. 43.
1(58 XXI. lULII. (31. §.8.)
Regierenden dadurch noch meLr entfremdet wurde ; »eine Einrede
war fruchtlos,^'') und in Kurzem beschloss man sogar, Pompejas
zum Schutze der Bürger gegen seine Partei nach Rom zu ent-
bieten, * ^)
/■
§ 8.
(a. 63.) Diess wurde durch die Unternehmungen des
Li. Sergins Catilina befördert. Die wahren Urheber und die
Verzweigungen der Meuterei blieben lange unbekannt, und um
so grösser war der Schrecken der Nobilität. Uniäugbar er-
warteten die Meisten Pompejus an der Spitze seines Heers und
als Alleinherrscher wieder zu sehen ; vielleicht war der Gewaltige
mit den Verschwornen einverstanden. Noch weniger durch-
schaute man Cäsars Plan; er diente der Anarchie und der Mo-
narchie ; suchte er auf den Trümmern der Republik ein Diadem,
und war es ihm oder Pompejus bestimmt? Nur so viel schien
unzweifelhaft, dass man ihn überall vermuthen durfte, wo sich
eine Bewegung zeigte. ^^) Durch den Verrath des Q. Curius
und der Allobrogen waren Cicero die Geheimnisse Catilinas ent-
deckt; Mehrere wurden verhaftet und in den Wohnungen zu-
verlässiger Bürger bewacht; nicht ohne Absicht bewies der Consul
dadurch Cäsar sein Vertrauen, dass er ihm den Ritter L. Statilius
übergab, ^') und O. Catuhis und C. Piso konnten ihn nicht dahiu
bringen, durch die Allobrogen oder durch Andere ihn vielmehr
auch anklagen zu lassen; er schonte den Günstling des Pompejus
und des Volks der eigenen Sicherheit wegen, ^*) und jene ver-
breiteten nun selbst, die Gallier haben nachtheilig über ihn aus-
gesagt. ^ «)
34) Veliej. 2, 40. Dio 37, 21 fin. 35) S. nnlen §. 9. A. 3 f.
36) Oben §. 4. A. 41. 37) Sallnst. B. C. 47. Tgl. c. 17. ed. Cort.
Plut. Cic. 19. 22. Er wurde dadurch geehrt und als unschuldig anerkannt,
aber auch für deu Fall, dass er schnldig ■war, in eine bedenkliche Lage
Tcrsetzt. Wenn er den Ritter entkommen liess, so hatte man einen neuen
Verdachtsgrund gegen ihn ; treue Bewachung konnte den Gefangenen oder
dessen Genossen zur Anzeige bewegen. 38) .Sali. 49. l'lut. Caes. 7.
Oben §. 7. A. 13 f. Plut. Grass. 13 berichtet, in einer Rede, welche erst
nach ilircm Tode erschien, seien Cäsar und Crassus als Mitschuldige Cati-
linas von ihm bezeichnet. Ai)p. 2, 430 Cn. 39) Sali. I. c.
XXI. lULII. (31. §.8.) 169
Am 5. December '") berief Cicero den Senat, das Schicksal
der Gefangenen zu entscheiden. Jener hatte bei der Verthei-
diyiing; des Rabirius bewiesen, dass eine Anklage wegen Per-
duellion, welche die Todesstrafe bezwecke, dem Herkommen, den
.Sitten und dem menschlichen Gefühle widerstrebe und der Bla-
jestäts-Process, bei welchem freiwilL'ges Exil gestattet war, an
ihre Stelle getreten sei;") er vermeidet auch in den catilina-
rischen Reden den Ausdruck perdnellis; gleichwohl sollte jetzt
nach seiner Absicht ein Todesurlheil gesprochen werden,*^) und
zwar von einem ausserordentlichen Gerichte, dem Senat. *^) Von
der Folge der Gutachten war schon 31. Brutus nicht genau unter-
richtet; *'') es kann daher nicht befremden, dass die Schriftsteller
Ulis späterer Zeit in ihren Angaben von einander abweichen.
Kicht 31. Cato, wie jener glaubte, sondern Decimus Junius Si-
lanns, welcher als erwählter C'onsul zunächst gefragt wurde, und
40) ad Att. 2, 1. 5. 2. Vgl. 1, 19. §. 6. 10, 1 in. p. Flacco 40.
41) Oben §. 7. Ä. 94 n. 5. 2. Tli. S. 487. A. 9. Verr. 5, 66. Facinns
est, Tinciri civem R. ; scelus, verberari: prope parricidium , necari: quid
tlicam in cnicem tollere? Verbo satis digno tarn nefaria res appellari nullo
modo potest. 42) Seine Rechtfertignng vrar eine Selbstanklage, ia
CatU. 1, 11: Etenim, si mecum patria loqnatnr: BI. Tulli, qnid agis?
Tiine ennij quem esse bostem coraperisti — exire patieris? Könne hnnc
iiL rincnla dnci, non ad mortem rapi, non snnuno supplicio mactari imperabis?
(Jnid tandem impedit fe? Mosne maiormn? — An leges, qnae de ciTiom
R. snpplicio rogatae sunt? — An invidiam posteritatis times ? 43) Waa
ilndet, dass er bei Verschwörungen und Verräthereien der Ilaler, ehe diese
das römische Bürgerrecht erhielten, ein ausserordentliches Gericht einsetzte,
l'olyb. 6, 13, nnd unter Anderm 314 t. Chr. Mänins zum Dictator ernennea
liess, um Verschworne in Capna zn bestrafen. Man delinte dann die Unter-
snchnng auch auf die Römer aus, welche beschuldigt wurden, zur Beförde-
rung ihrer M^ahlen A^erbindnngen geschlossen zn haben , nnd Alänius be-
hauptete, dass die Befugniss dazn in seiner dictatorischen Alachtfiille liege;
da aber die NoliUität drohte, ihn selbst wegen jenes Verbrechens an-
zulilagen, so legte er nieder, nnd erklärte sich bereit, vor den Consnln zn
erscheinen , wenn der Senat diese zn Richtern ernenne , welches geschah.
Obgleich die N0bilit.1t es duldete, so war doch auch diess eine Ausnahme.
Cic. de leg. 3, 4; De capite civis, nisi jier luaximnm coiuitiatum — ne
fernnto. p. Rabir. 4: C. Gracchus legem tnlit, ne de capite civium R.
ininssn vestro iudicaretnr. Vgl. 4. Caiil. S. SallusL B. C. 51. 44) ad
Alt. 12, 21.
170 XXI. lULlI. (31. §.8.)
so «pracli, wie es ihm eingegeben war, sthninte znerst für die
äusserste Strafe, ") aber aiicL Ciceros Mittheiiiing , Alle bis auf
Cäsar seien ibin beigelreten, '"^) ist dabin zu bericLlig-en , dass
schon vor diesem Tiberiiis Nero darauf antrug-, die Verschworneil
bis nach C«tilinas Besiegung in Haft zu halten , und dann eine
genauere Unfersuchnng anzustellen. *') Dadurch war man auf
Cäsars Rede vorbereitet, welche sich bei Sallust nicht wörtlich
aber doch nach ihrem wesentlichen Inhalte findet. Für ein Ver-
brechen wie dieses sei keine Strafe zu hart; er könne darin mit
Silanus und mit den übrigen ehrenwerthen Männern nur gleicher
Meinung sein. Man möge aber wohl bedenken, ob die Strafe^
welche sie fü'r angemessen halten, sich mit den Einrichtimgen
des Staats vereinigen lasse; sie sei nicht die gewöhnliche. Wenn
diess Anstoss gebe, so komme noch hinzu, dass der Tod auch i
nicht für die äusserste gelten könne; mit ihm endige sich jeder 1
Schmerz, jenseits habe man weder Freude noch Leid zu er.f
warten. Warum will man also die Verbrecher nicht zuvor
g-eisseln? Silanus schweigt davon; weil das porcische Gesetz
es verbietet? Aber andere Gesetze verbieten, einen Bürger zum
Tode zu verurtheilen, man soll ihm gestatten, sich zn verbannen ;
ist es zu billigen, dass man sie im Geringem beobachtet, im
Grössern nicht? Gegen Hochverräther, sagt man, ist alles erlaubt.
Wohl, eine schonungslose Strenge, aber keine Willkiihr, denn
diese bedroht auch Andere, man giebt ein gefährliches Beispiel
für Zeiten, wo kein Cicero Consul ist. Damasippus und seine
Genossen hatten ohne Zweifel den Tod verdient, aber mit ihrer
Ermordung begann ein Blutbad, welches nicht endigte, bis die
Raubgier aller Sallaner befriedigt war. '*) Ehre man also mit
dem porcischen Gesetze auch die übrigen, worin weise Vorfahren
den Verurtheilten das Exil vergönnten. Doch sollen die Blit-
schuldigen Catilinas nicht entlassen werden , damit sie sein Heer
verstärken ; man ziehe ihr Vermögen ein , und schicke sie in
45) Cic. CatU. 4, 4 f. Sallnsl. SO. Sl. Snet. 14. Plnt. Cic 20.
Cato 22. App. 2, 430. 46) ad Att. 1. c. So min auch Plul. Calo I. e.
Caes. 7. Cic 20. Dio 37, 36. 47) Sali. ii. App. U. cc. 48) M'enn
Cäsaf diese Worte wirklich sprarh , wie man gLiiiben darf, so lag darin
piue ai(!0 Vcrhöhnnng seiner Zabürcr. S. 2. Th. 463. A, 3. 467. A. 284.
XXI. lüLIL (31. §.8.) 171
Fesseln ia die angesebensten Sliiuicipien ; wer sie entrinnen
liisst, sie zu befreien unternimmt, oder auch nur in der Curie
oder bei dem Volke eine Älilderung oder Aufhebung' der Strafe
beantrag-t, der werde vom Senat als Feind der Republik ge*
ächtet. '»)
Gegen Ca'sars Gründe war nichts einzuwenden, als dass sie
ihn nicht abgehalten hatten , Kabirius zu verfolgen , welchen er
aber nur zum Scheine angriff. Doch bewirkte vorzüglich die
Furcht, dass bei der fernem Abstimmung eine immer grössere
Zahl von Senatoren sich anf seine Seite neigte, '") sogar Quintns
Cicero, -weil sein Brnder durcli ein zu hartes Verfahren sich der
Hache bloss gab. ^') Der C'onsnl, welcher noch im J. 45 rüh-
mend bekannte, er habe gerichtet, ehe man sich berieth, '*) sah
die Versammlung schwanken, und die Opfer seinen Händen ent-
schlüpfen; er nahm das Wort. ^^) Scheinbar beleuchtete er un-
parteiisch das Gutachten Cäsars und Silans , um dem Senat das
lirilieil zu erleichtern;'') in der That aber forderte er Blut;
CS sollte sein Zengniss besiegeln, durch ihn sei der Staat aus der
Iiüchsten Gefahr errettet, beweisen, dass er nicht ohne Ursach
so grosses Aufsehn gemacht, so viele Familien in Trauer und
Verzweiflung gestürzt habe,'*) und ihn zugleich persönlich
sichern."") Eure Blicke sind auf mich gerichtet, Senatoren.
Fürchtet nicht für mich; es gilt euch, euren Gattinnen, euern
Kindern, unserm Vaterlande. Blan ruft die AUobrogen zu den
AT äffen, man bietet die Sclaven auf, Calilina wird erscheinen,
und nach dem allgemeinen Älorden niemand übrig bleiben, am
Grabe der Republik zu weinen.") Diess ist durch die Anzeigen
bekannt, die Angeklagten haben es gestanden, und ihr habt
ihnen vielfach das ürtheil gesprochen , als ihr euren Dank mir
49) SaUnst. 51. Cic. Catil. 4, 4. 5. ad Att. 12. 21. VeUej. 2, 35.
§. 3. Sneton. 14. FInt. U. cc. App. 2, 430. 431. Dio 37, 36. 50) Snet.
1. c. Plat. Cato 22. 23. App. I. c. SaU. 52 in. 51) Sueton. 1. c. Cic.
Catil. 4, 2. 52) ad Alf. I. c. 53) in Catil. 4. Plnt. Cic. 21. App.
I, 431. 54) c. 3: Ego institni referre ad -vos, tancjnam integrnm, el
de facto , quid indicetis, et de poena, qnjd censealis. 55) 6. 56) in
C;itil. 3, 12. Ne vobis nocere possent, ego providi; ne milü noceänt,
losimm est providere. 57) Vgl. I, Th. S. 168. A. 100.
172 XXI. lULII (31. §.8.)
bezeugtet, als iLr Leutulus die Prätur naliint , *") und die Allo-
brogen beloLutet. ^ ^) Es bedarf nur noch eines ausdrücklicLen
Beschlusses. Aber eilt, noch vor der JVacLt niuss eutschiedea
sein , denn das Uebel hat bereits auch die Provinzen ergriffen.
Silan stimmt für den Tod , Cäsar dagegen ; jener glaubt , dags
Menschen nicht einen Augenblick länger leben dürfen, welche
das römische Volk des Lebens berauben wollen; dieser hält den
Tod für eine Wohlthat, und ewige Gefangenschaft in den Mu-
niciplen für ein härteres Loos. Kann man fü'glich den Mu-
nicipieu eine solche Last durch einen Befehl aufbürden, oder
wird eine Bitte Gehör finden? Doch beschliesst. Stets ist
Cäsar ein Freund des Volks ge"wesen, und wenn er «seine Ab-
sicht erreicht, so Labe auch ich von jeuer Seite weniger za
fürchten. Das Heil der Republik gilt mir indess mehr. Freilich
Äich Cäsars Gutachten verbürgt seine Liebe zu ihr; er weiss,
was er seiner Würde schuldig ist, und will nicht auf Kosten
der Gerechtigkeit durch Älilde Gunst erhaschen. Wird man es
aber Grausamkeit nennen, wenn wir SUanus folgen? Bei def
Bestrafung eines so ungeheuren Verbrechens ist sie undenkbar;
den Staat reiten, heisst wahrhaft menschlich und milde sein: ich
sehe im Geiste die Stadt in Flammen , sehe auf dem Grabe des
Vaterlandes die Haufen nicht begrabener Bürger, erblicke Cethegus
schwelgend im Morden, Lentulus am Ruder, Catilina im Anzüge
mit seinem Heere ^'') — man wird unsre Barmherzigkeit preisen,
wenn wir diess abwenden , und uns der grössten Grausamkeit
gegen Vaterland und Mitbürger beschuldigen, wenn v/lr Nachsicht
üben. Oder war etwa L. Cäsar g-rausam, als er dem Gemahle seiner
Schwester das Leben absprach? ^ ') Aber man zweifelt, ob ich den
Beschluss des heutigen Tages werde vollziehen können. Alles ist vor-
gesehen ; der Markt, die Tempel umher, die Zugänge sind mit Älenschen
jedes Standes und jedes Alters besetzt, denn bis auf die, welche
am Abgrunde standen, und lieber ganz Rom mit sich hinabreisscu
als allein umkommen wollten, sind Alle von Einem Geiste, vom
68) 2. Th. 532. A. 28. 59) An! ähuliclie Art bewies Cicci-o ia
den l'hilippiken , dass der Senat Antonius tue einen Keichsluind erklärt
habe, oligleicli es nicht geschelien -nar. I. Tli. ISO. A. 7. 228. A. .3.1.
tiO) SolfO jiingere, de llamma, de ferro — nosti i:>l«s i.>jxv3nri — ad Atl.
I, 14. Ol) 1*. Lenliaiis Sin«. 2. Tl.. S29. üben ^o. 22 u. 24.
XXI. lULII. (31. §.8.) 173
uli-iclien Eifer für die Republik diircLJrtingen , die Ritter, die
Scliatztribuiie, die Schreiber, die Freien nnd die Freig-elassenen ;
selbst der Sclav, dessen ScLicksal erlräglicli ist, bebt vor der
^'er\vcgenLeit Jener Bürger zurück. Fiirrlifet daher keine Auf-
reizung der dürftigen und unerfahrnen Bienge ; der Schutz des
Volks ist euch gewiss, an eucli ist es, das \olk zu schützen;
das gemeinsame Vaterland streckt euch flehend seine Arme ent-
gegen, es ruft euch an, seine Bürger, seine Tempel nnd Altäre
zu erhalten, euer eigenes Leben, das Leben der Eurigen hängt
von dem Beschlüsse dieses Tages ab. Den ^Valiusinnigeu,
Avelcher einmal als Feind seines Vaterlandes aufgetreten ist,
kann man Nveder mit Gewalt zügeln noch durch Wohlthaten
gewinnen; mit ilim führt man einen ewigen Krieg, und wir
werden überwinden, wenn wir einig sind. AInth also! es steht
Alles, Alles auch für euch auf dem .Spiele; was ilir aber be-
schlicssen werdet, das werde ich vollziehen und rertreten.
Diess ist nicht die Sprache des ruhig erwägenden Richters;
vom Blutdurste verblendet, lässt sich der Consul nicht einmal de«
Ausweg offen , dass eine gewaltsame Befreiung der Gefangene«
zu fürchten sei, denn er rühmt, dass sie allein stehen. Seine
Rede machte keinen Eindruck; sie überzeugte weder noch be-
siegte sie die Scheu vor der Rache des Volks. Wenn aber ein
Todesurtheil für den Senat gefährlich war, wie viel mehr für
.SUanus, * ') von welchem es ausgieng; er wurde bestürzt und deu-
tete: die „äusserste Strafe", aul -welche er angetragen habe, sei
für einen Senator Gefängnis«, ei* trete Nero bei. Unter den
Folgenden stimmte Q. Catulu^ fiir den Tod,^') aber nicht ihm,
dem im Dienste der Aristocratie ergrauten Consular, sondern erst
M. Cato gelaug das blutige Werk, obgleich er nur erwählter
Tribun war. *') Cicero liess seine Rede durch Geschwind-
62) S.illnst. SO. Snet. 14. rinl. Cic. 21. Cato 22. Cicero bezieht
sich in seiner Rede nar anf Silans erstes Gntachten; folglich ■widerrief
dieser später; Plntarch Cic. 1. c. ist der Einzige, welcher diess genau und
richtig angiebt. 63) Plnt. Cie. 21. Caes. 8. Vgl. Cic. ad Att. 12, 21.
ü4) Cic. p. Sext. 28. Vellej. 2, 35. I>ie Beantwortung der Frage, ob
man diese Verschworenen so sehr lU fürchten Uisach hatte, wie Cicero be-
hanptet, nnd die Rücksicht auf den Staat ihre Ilinrichluug forderte, bleibt
•inem andern Ort« vorbebalien.
174 XXI. lüLlI (31. §.8.)
scLreiber aufzeicLnen, und Pliitarch konnte sie noch benutzen.*') •
Dennoch hat Sallust eine andere entworfen, worin man in der
Hauptsache nichts verniisst, aber doch an Sprache und Inhalt deq
Urheber erkennt. Er übergeht das Lob , mit welchem Cato des
Consuls gedachte, weil er die Verschwörung entdeckt, dem Senat
angezeigt, diesen ermuthigt und schon vor der Abstimmung das
Urtheil gefallt habe , ^ '^) wogegen der Consul die Freimüthigkeit
des Redners, seine edle Todesverachtung und rücksichtslose Liebe
zum Vaterlande erhebt, und versichert, die Anerkennung seiner
Verdienste und der deutliche und ausfiihrliche Vortrag habe eben
den Senat bewogen, diess Gutachten bei seinem Beschlüsse zum
Grunde zu legen. ^') Indes» bestätigt Plutarch, **) dass Cato
nicht bloss auf die Todesstrafe drang, und Silanns wegen seiner
feigen Unbeständigkeit tadelte, sondern auch Cäsar za verdächtigen
suchte: unter dem Scheine des Mitleidens wolle er den Senat
einschüchtern und Rom ins Verderben stürzen; er nehme Men-
schen in Schutz , welche niclit ■werth seien , dass sie geboren
wurden , vertraue sie den Älunicipien an, um ihre Befreiung zu
erleichtern, und könne sich Glück wünschen, dass man ihn nicht
selbst zur Rechenschaft ziehe. Cäsar stand auf, sich und die
Gerechtigkeit seines Antrags zu verlheidigen , -welches einen
Wortwechsel zwischen ihm und Cato zur Folge hatte, *') aber
nicht verhindern konute, dass durch die Mehrzahl der SlimmeB
die Todesstrafe beschlossen wurde. '") Als er sich aus der
Versammlung entfernte,'') gerieth er Jurch die Ritter, welche
Cicero nebst anderen Bewaffneten auf dem capitohnischen Hügel
aufgestellt halle, '^) in Lebensgefahr; sie drangen vielleicht auf
Anstiften des Piso und Catulus, wie Sallust andeutet, mit ent-
blössten Schwerdlcrn auf ihn ein , ohne jedoch ihre Absicht zn
65) Cato 23, 66) Cic. ad Atf. n. VeUej. U. cc. 67) ail Ä«.
a. p. Sex. U. cc. 68) Cato 23. Vgl. Caes. 8. Cic. 21. App. 2, 431.
VeUej. 1. c. SaUost. 52. Sueton. 14. 69) .Suet. 1. c. Plnt. Cato 24.
70) SaU. 53. 55. Cic. ad Att. 12, 21. Suet., VeUej., App. 11. er. Plnl.
Cato 23 fiu. Cic. 21. Cacs. 8. Die 37, 36. 71) Egreüieiiti es senatu.
SaU. 49 ün. So auch riol. Caes. 8. Nicht im Senat, Suet. )14. 72) Eine
von Cicero als höchst Terdammlich ge chüdene Massregel , wenn Andere
sie sich erlaubten. I. Tb. 192. A. IQ. 197. A. 49 u. 50. 2. Th 356.
A. 49. 357. A. 51.
XXI. lULII. (31. §.8.) 175
rrreicLen, weil Curio und einige Andere ihn mit iLrer Tog'a be-
deckten. Nach einein Gerüchte wehrte ihnen auch Cicero selbst
.1118 Furcht vor dem Volke , welches den Mord augenblicklieb
Serächt haben würde. '") Seitdem erschien Cäsa»- in dea übrigen
Tagen des Jahrs nicht mehr im Senat. '*)
Seine Verwendung brachte den Gefangenen keinen Gewinn,
desto mehr aber ihm selbst. Wie man auch über diese An-
gelegenheit denken mochte, so erkannte man doch in ihm Avieder
den Gegner der Optimaten, welche am meisten gefährdet und
deshalb auch am meisten zur Strenge geneigt waren ; sein Wider-
stand schien iiberdiess durch schone menschliche Gefühle geheilig-t
zu sein, neben welchen jedes abweichende Gutachten als Härto
oder Grausamkeit sich zeigte, und wenn man daran zweifelte, so
verrieih er doch keinen Antheü an der Schuld, keine Besorgniss,
von den Angeklagten als Genosse genannt zu werden, denn er
verurlheilte sie. Das Richteramt des Senats aber und sein Spruch
konnten in Zukunft Veranlassung geben, ihn anzugreifen; auch
Cicero, dessen Beredtsamkeit doch immer ein mächtiger Hebel
für die Grossen war, musste Anklagen fürchten, und es gelang
vielleicht , ihn durch Drohungen zum Schweigen zu bringen,
weun nicht eben, wie Jetzt, die Eitelkeit über die Feigheit siegte;
seine Wachen auf dem Capitolin entzogen ihm und seinem An-
hange zum voraus das Recht, Beschwerde zu führen , wenn man
einen dem Senat nachtheiligen, und ebenfalls zur Sache der Re-
publik gestempelten Antrag auf gleiche Art bevorwortete , und
nun liess jener sich noch durch Cato zu einer monatlichen Ge-
(raide- Spende verleiten, wodurch nicht nur für den Staat alle
Jahr nach der niedrigsten Bestimmung ein Aufwand von 5 Mil-
lionen 500,000 Denaren erwuchs,'^) sondern auch die Menge
verwöhnt, den Unruhstiftern der Weg gezeigt, ihr Verfahren
gebilligt, und Furcht und Blisstranen kund gegeben wurden.
Cäsar; rastloses Anstreben gegen das Bestehende machte es
\ ielen eben so glauL>}ich, dass er zu den Verschwornen gehörte,
73) Plnt. 1. c. Tgl. Plnt. Cic. 20 ßn. u. Cic. p. Sext. 12. 74) &iet. 14.
Es ist dnrchans nicht glaublich , dass er bald uacli jener Sitzung nochmals
versuchte, sich toi ihm in rechtfertigen. Plnt. Caes. 8. Unten §. 9. A, 30.
75) Plui. Caes. 8. Im Cato 26 wird er za 1250 Talenten berechne«.
176 XXI. lULII. (31. §.8.)
als die Optlmaten einen Feind zn vernichten wiinsctten, welcLer
sie wie' ein unsiclu barer Kobold unaiifliö'rlich neckte. Der Scheia
war gegen ihn. Deuu wer hatte mehr als er die Sullaner bei
dem Genüsse ihrer Vorrechte beunruhigt und sie auf jedem Ab-
wege za finden und zu züchtigen gewnsst? Eine innere Ent-
rüstung über das Unrechr oder über die ungünstige Lage seiner
anderen Mitbürger liess sich bei ihm nicht voraussetzen , man
suchte daher die Ursach in dem Verlangen nach einer Umkehr,
w^odurch er der Erste , oder doch der Erste nach Pompejos
würde. ' ^) Seit er sein Vermögen aufgeopfert hatte, um die
Volksgunst zu erkaufen, schien ihm nicht einmal die Wahl zn
bleiben. ' ^) Man vermuthete, dass er schon an der ersten Ver-
schwörung Catilinas Theil genommen habe; ^^) wenn es bei der
zweiten noch irgend einer Ueberredung bedurfte, so konnte man
durch P. Lentulus, den Gemahl seiner Vervsandtinn Julia,'*)
oder durch seinen Freund M. Crassus, von dessen Einverständ-
nisse mit Catilina viel gesprochen wurde, auf ihn wirken. Und
endlich war seine Schntzrede für die Gefangenen nicht anders
zu erklären, als dass sie befreit und die gemeinschaftlich ent-
worfenen Pläne dann dennoch ausgeführt werden sollten.
Plutarch mag über sein Verhältniss zu ihnen nicht ent-
scheiden, * ") obgleich er nicht daran zweifelt, dass Cicero ihn
für schuldig kielt. Auch Appian ist der Meiuung, der Consul
Labe nur aus Scheu vor dem Volke die Untersuchung nicht auf
ihn ausgedehnt , ' ' ) wogegen Sallnst ihn entschieden freispricht.
In der Geschichte der ersten Verschwörung nennt er selbst seinen
Namen nicht, ^^) und er erklärt Catulus und Piso, welche im
J. 63 nachtheilige Gerüchte über ihn in Umlauf brachten, für
Verläunider. ^ ^) Diess allein wü'rde nichts beweisen, da er
nicht nur die Verfassung und die Sitten, wie sie durch und seit
Sulla sich veränderten, und vorzüglich die Nobib'tät sehr ungünstig
schildert,*') und daher den gefährlichsten Feind der Opümateu
76) Cic. CatiL 2,9: Allernm genns est eornm, qni qiiaraqnam pre-
mnntnr aere alieno, doininationeni tarnen expectant: rernm poiiri TOlinit:
honores, qaos quicta rep. desperant, pcrtnrbata consequi se posse arbi-
trantur. Tlat. Calo. 22. 77) Cic. 1. c. Sallnst. B. C. 49. Cort.
78) Oben §.4. Ä. 41. 79) Oben A. 61. 80) Caes. 7. 81)2,430.
82) 2, TU. 516. A. 74 f. 83) «, C. 49. 84) U, 38. 39.
XXI. lULII. (31. §.8.) 177
zn scLonen geneigt sein konnle, sondern auclx gegen den nacL-
nialigeu Dictafor grosse VerpilicLdiiigen Latte,*') es kotninea
aber noch andere Gründe Iiiuzii. Cäsar förderten die MissbräiicLe
iiu Staate, weil sie zur Mouarclile führten. Er lenkte die Auf-
merksamkeit daraufhin, dass die Regierenden eine Facfion von
Bevorrechteten bildeten, welche mit den Wörtern Vaterland und
Republik ein schnödes Spiel trieben, und suchte sie allmalig zu
entwaffnen. Durch die Anklage des Rabirius hatte er es ihnen
verleidet, die Verantwortlichkeit der Consulu aufzuheben, jedes
Büttel, wodurch eine Meuterei unterdrückt werden konnte, zn
ihrer Verfügung zu stellen, und jetzt erklärte er, ein Senator in
iler Blitle des Senats, dieser dürfe keinem Bürger das Leben
absprechen , die Hinrichtung der Gefangenen werde Mord sein,
was sie auch verbrochen haben, ein für alle Römer gefährliches
Beispiel , da die anmasslicLeu Richter sich leicht auch anmassen
können, eine ihnen missfällige, nicht strafbare Handlung als Hoch-
verralh zn bezeichnen, und dann zu verdammen. Der Redner
wollte also sich und seine Weikzeuge für die Zukunft sichern,
und man vernahm den AYiederhall seiner furchtbaren AVorte, so
oft der Senat oder Cicero angegriffen wurden. "■ ^) Aber der
Boden würde unter seinen Füssen gewchen , sein Ziel , das
Diadem ihm entrückt sein, wenn das Staatsgebäiide zertrümmert
wäre. ''') Sein Plan war auf ein langsames Reifen nnd Gedeihen
berechnet, und hatte mit der Verzweiflung, mit ihren Absichten
und Bütteln nichts gemein ; sie mochte den Schaden der Gesell-
schaft enthüllen, das Mis.svergnügen und die Sehnsucht nähren,
liier schrecken und dort ermuthigen , dann aber sollte sie sich
unter ihrem eigenen Werke begraben. Selbst wenn er einen
solchen Ausgang nicht hätte wünschen müssen, war er zu klug,
um sich in eine Verbindung einzulassen, deren Entdeckung ihn
seinen lauernden Feinden als Verbrecher überliefert hüben
würde. * *) So findet sich denn auch nicht Eine Spur einer
85) Dio 43, 9. App. 2, 490. B. Afiic. 97. 86) 2. Th. 29. A. 60.
30. A. 64 f. 243. A. 49. 257. A. 78. 87) Cic. C^ail. 2, 9. Noii
\ifleiit, id se cupere, qiiod si ailepti fueriiit, fugiiivo .nliciii, aiil gladialori
coüceili Sit necesse .' 1. Tli. 534. 88j .Sein >■% ablspiuch war uiclil:
inceniluim siiiiin riiiua resliiigaei'O , SaUiist. IS. C. 31, oder: evcrso iuvat
orbe iiiori. Claudia», in Ruiin. Ijb, 2. y. 19.
Druni.'iiin , (io.srhiiTlitc UoiiiR III. ^9
178 XXI. lULII. (3i.§.y.)
vertraulicheu Aiuui]ieriiii^ zwischen ihm und Catiüna; mau wollte
falsche Zeugen aufstellen, um ihn zu überführen, und dadurch,
dass er weder Richter noch Gerichtete fürchten durfte, stand er
über Beiden; das Siegesgeschrei der Ersten, der Weihranch, mit
welchem Cicero sich berauschte und das stoische Wortgepränge
des Cato irrte ihn nicht: dass .lan nur gegen ein Zeichen der
Krankheit gekämpft hatte, wnsste er am Besten, nnd nicht
weniger, dass man das einzige Mittel, wodurch sie geheilt werden
konnte, die Verbesserung der Gesinnungen und der Sitten, eine
Rückkehr zu der Zeit, wo ein achtungswerther Senat nnd ge-
wissenhafte Magistrate über die Wohlfahrt der Republik wachten,
auch nicht einmal versuchen werde.
§ 9.
Im J. 62 Tcrwaltete er die Prätiir, '^) und mit ihm M. Bi-
bulus, früher sein College in der Aedililät und seitdem nicht
bloss als Optimat gegen ihn erbittert. ^°) Cäsar war ihm und
den anderen Feinden ohnerachtet seiner Rückzüge und Umwege
immer vor; er verlor keine Zeit mit RathpDegen und falschen
Schritten, weil er allein im Rathe sass, nnd sein Ziel und die
Mittel, welche dahin führen konnten, von Anfang deutlich er-
kannte. Diess sicherte ihm alle Vortheile des Angriffs , es war
die Taktik eines grossen Feldherrn. Vorerst beschränkte er sich
noch auf den kleinen Krieg; in den Tagen der Entscheidung
sollte es sich belohnen, dass er die Gegner getäuscht, in un-
günstige Stellungen gelockt und ermüdet hatte. Aber immer
ernstlicher wurde der Kampf und immer mehr erschöpfte die
Aristocrafie ihre Kräfte, da sie jetzt schon nicht bloss zu den
äussersten Massregeln ihre Zuflucht nahm, sondern auch zu gesetz-
widrigen und verkehrten. Freilich sah sie sich von allen Seiten
gedrängt. Pompejus hatte Italien als Beschützer des Volks ver-
lassen, und es war ungewiss, ob er nicht auch ferner „ den neuen
Freunden" den Vorzug geben, das Strafgericht des vorigen Jahrs
verdammen und es benutzen werde, über Rom statt über Mithridat
zu triumphiren. Sein Schreiben an den Senat ohne einen Glück-
wunsch für ihn und für Cicero schien eine üble Vorbedeutung
89) Oben §. 7. A. 31. 90) 2. Th. S. 98 n. oben f. 4. A. 40.
XXI. lULII. 31. §9.) 179
zu sein,") lind noch lebte Cafilina, er Latte eiu Heer, die Unter-
siicLung' dauerte fort und konnte seine Reiben verstärken.
In dieser Zeil, am 1. Januar, schlenderte Cäsar einen nenen
Brand unter die Blasse. Er entband sich von der Pflicht, die Con-
siiln zu begrüssen und sie zu der üblichen Feier auf das C'apitol zu
begleiten, iiud trag indess in Abwesenheit seiner Standesgenossen
bei dem Volke darauf an, dass nicht Q. Calulus, -v^'elcher einen
i'Leil des zum Bau bestimmten Geldes unterg-eschlagen und diesen
nicht beendig-t habe, sondern Pompeins das Capitol vö'Uig her-
slellen und weihen, und er statt jenes Andern in der Inschrift
nra Gebäude genannt werden solle. *') Sulla hatte nach der
Zerstörung- des Tempels im Juli 83 den Bau fast nur anordnen
können, ^^) mit welchem dann C'atulns beauftragt wurde. Er
veranlasste selbst die Provinzen und Bundesgenossen, Statuen,
Gemälde und kostbares Geräth zur Verzierung zu schicken, ^ *)
imd that ohne Zweifel auch übrigens, was möglich war, damit
das Werk eJs „sein Monument" betrachtet") und sein Name
mit Recht daran eingegraben werden konnte. Die Einweihung'
erfolgte durch ihn im J. 69. ^ ^) Da er früher im Privatleben
und noch bei diesem Feste grossen Aufwand gemacht hatfej * ')
und auch wohl an einem so bedeutenden Gebäude noch immer
Manches vermisst wurde, ^') so mochte die verwegene Anklage
einigen Glauben finden. Auf die Nachricht von der argen Be-
schimpfung des Ersten unter den Senatoren '^) eilten die Opti-
maten bestürzt und ergrimmt aus dem Gefolge der Consuln auf
den Markt; er selbst vertheidigte sich, obgleich nicht von der
Rednerbühne, weil der Prätor ihm dag Wort nicht gab, "">) und
mit diesem Auftritte endigte sich der .Streit, der Name des An-
gefeindeleu glänzte am Capitol, bis es unter Vitellius von neuem
niederbrannte. ')
91) ad Fam. 5, 7. Dio 37, 44. 92) Sueton. 15. Dio 1. c.
93) 2. Th. 460. A. 89. 497. A. 5. 94) Cic. Verr. 4, 28. 29.
95) Das. c. 31. 38. 96) Liv. 98. Taci«. HIst. 3, 71. 72. Val. M.
6, 9. {. 5. riin. 19, 6 (1). Suet. Caes. 15 n. Octav. 94. Dio 37, 44.
43, 14. Plat. Poplic. 15. Griiter. p. 170. No. 6. OreU. Inscr. No. 31.
97) Plin. I. c. Val. M. 1. c. n. 2, 4. J. 6. 98) Dio 37, 44. 99) Cie.
in Pison. 3. 100) Cic. ad Att. 2, 24. §. 2. 1) So Taci«. Hist.
3, 72. Val. M. 6, 9. {. 5. Vgl. Suet. Vilell. 15, wodurch Dios Nachrickt
12*
180 XXI. lULII. (31. §.9.)
In seinem Adlerfliige warf Cäsar zwar Alles zu Boden,
was seine Bahn durcLkreiizle , aber nicht im Zorn' oder ans
RacLgier; sein Ehrgeiz zeigte sich duklsam, so fern er den
Widerstand verzieh. Ohne die sittliche Kraft, sich das Höchste
zu versagen , an welches das Bewusstsein seiner Ueberlegenheit
«nd jeder Pulsschlag seines Lebens mahnte, war er zu gross,
um zu hassen; er hasste weder die Nobilität, da er es in der
Ordnung fand, dass sie sich vertheidigte, noch den Einzelnen i.t
ihr, etwa Catulus, so oft ihm dieser auch entgegen trat. ^) Mit
seinem Unternehmen schmeichelte er der Eitelkeit des Pompejus,
welcher von seiner Höhe herab einen Tribut unwandelbarer
Treue darin erblickte. Blau konnte voraussehen , dass der .Senat
es vereiteln , seinen Beschluss gerade gegen Cäsar am hart-
näckigsten aufrecht erhalten, und den Imperator, welcher Hul-
digungen, unter allen Umständen Huldigungen forderte, dadurcl»
beleidigen werde, und diess war die Absicht, die fernere Tren-
nung- feindlicher Mächte.
Bald nachher ^vurde der Senat gezwungen, sich noch be-
stimmter gegen Pompejus auszusprechen, Q. MeteUus Nepos war
aus dessen Lagern angelangt, wie man glaubte, als Vorläufer des
künftigen Königs, nud Tribun geworden. ^) Die Erbillerung-,
mit welcher er ölfentlich Ciceros Verfahi-en gegen die Mit-
schuldigen des Catilina rügte, bestärkte die Opfiinalen in ihrem
Argwohne, und sie wünschten iich Glück, dass M. Cato sich
ihm als College zugesellte, um ihn zu zügeln, und auf die Hülfe
eines andern Tribuns, des Q. Minucins Thermns, rechnen konnte.
Aber auch Metellus stand nicht allein; die Freunde der Ver-
urtheillen , alle Anhänger des Pompejus und Cäsar waren für
ihn , und dieser wurde sein Vertrauter. Von ihm geleilet und
ermuthigt machte er den Entwurf zu einem Gesetze bekannt,
nach welchem Pompejus mit dem Heere zurückkommen sollte,
«ni zu verhindern, dass Bürger ohne Urlheil und Recht getödlet
würden. Was man als einen Gewallsireich gefürchtet halle, das
verwandelte sich in dieser Kogation in eine Piiicht gegen das
I
Tfidprlpgt Tvird, (43, 14) <lor Senat halic n. 46 \crfi'igt, den Namen Ciisars
für (liMi des Catiiliis in dio Inschrift zu setzen. Unten ^. (iO. A. 92.
2) Oben §. 4. A. 58. §. 7. A, 14. §. 8. A. 38. 3) 2. TIi. S. 2».
I
XXI. lULII. (31. §.9.) 181
Vulerlaiid, in Gehorsam gegeu das Geselz, Cicero und Catiliua
> L-ilauscli(eu iure Rollen ; der C'onsular und sein Senat erscLienen
;ils eine blufdiirslij;'e Hotte, gegen v,:elclie man die bewalfnete
jMacLt aufbieten müsse, and wenn sie sich mit Glück vertheidig-
Icn, so verfielen sie eben dadurch der KucJie des Pompejus. Diess
i;rilf zu lief in C'äsars Plane ein, imd war zu schlau ersonnen,
cils dass es vou Metellus ausgehen konnte. lüben desshalb zog'
Cicero sich zurück ; er halte den Ruhm Iiinweg, mochte der Senat
weiter sehen, dessen Deschluss ja nur von ihm ausgeführt wurde;
es ist selbst zweifelhaft, ob er C'ato auf den JMarkt begleitete,
denn „wir Alle fürchteten für das Leben des Blannes" "*) kann
nach ähnlichen Aeusseruugen in Fällen, wo er entschieden nicht
uegenwärtig war, auch nur Leissen, die Gutgesinnten fürchteten.
Er hatte schon versucht, sica mit Metellus zu einigen, war aber ab-
^L'wiesen, ') und erwähnte noch a. 56 de.sseu Unternehmungen im
Tribuuat mit Schonung, um Cäsar und Pompejus nicht zu verletzen. ^)
Solche Rücksichten kannte C'ato nicht; er schien vielmehr
iKn Antrag des IMetellus durch neue Gewaltlhätigkeiten recht-
l'-rtigen zu wollen. Anfangs bat er ihn zwar im .Senat mit
grosser Blässigung, dass er sein Vorhaben aufgeben uu^sich
^eines durch Eifer für die Aristocratie ausgezeichneten Geschlechts
\\ürdig zeigen möge, als diess aber für Furcht galt, und die Er-
klärung veranlasste, mau werde auch gegen den Willen des
Senats durchdringen, verbürgte er sich feierlich: so lauge Er
lebe, nie.
Bletellus berief demnach das Volk, und besetzte vor Aubrncli
des Tages den JMarkt. Seinen Gegner hatten die Warnungeu
der Freunde und die Thräneu seiner Familie so wenig berührt,
dass jMinucius ihn aus dem Sclüiife wecken musste. Blit einem
kleinen Gefolge verliess er sein Haus ; man kam ihm vom Blai-kte
entgegen, und meldete, was er zu erwarten habe; er aber gieng
weiter, und erblickte ^oldateu, Fechter und andere Sclaven am
Tempel des Caslor, und auf dessen obersten Stufen Äletcllus und
Cäsar. „Ein Heer gegen Einen!" mit diesen Worten stieg er
4) p. Scxl. 29. 5) a.t Farn. 6, 2. {. 4. 2. Th. S. 30. 6) p.
Sext. I. c : Adüt (Cato) ob causam ; qiiae quauta {ueril , iani mihi dicer«
iioii fi» uecesbc.
182 XXI. ILLIl. (3i.§. ö.)
hinauf, uud nahm »einen Sitz zwischen ihnen, Berathong^en zn
Terhindern. Voll Bewunderung sahen es die Seiuig'en , und ein
Freudeng-eschrei verkündigte ihm ihre schützende Nähe. Nun
hatte Cäsar ein ergötzliches Schauspiel. Melellus gebot einem
öffentlichen Diener, die Rogation zu verlesen, uud Cato gestattete
es nicht; er versuchte es selbst, Cato entriss ihm die Schrift; er
wollte den Inhalt aus dem Gedächtnisse vortragen, und Alinacius
verschloss ihm den Mund. ') Auf einen Wink brach jetzt seine
Bande hervor; die Optimalen wurden nebst ihren Anhängern
mit Knitteln, Steinen und Schwerdtern vertrieben, und zuletzt
auch Cato, welchen der Consul Blurena mit der Toga bedeckte
tmd im Tempel des Castor barg, obgleich jener vor kurzem als
Mitankläger gegen ihn aufgetreten war. ') Sie kamen aber vor
beendigter Abstimmung mit verstärkter Macht zurück , und nun
mussten nach neuem Handgemenge die Anderen die Flucht er-
greifen , worauf Cato den Kampfgenossen im Namen der Re-
publik seinen Dank bezeugte. Auf eine gesetzwidrige Art hatte
er die Verhandlungen eines Tribuns mit dem Volke unterbrochen ;
gleichwohl erhielt er den Beifall des Senats, welcher noch an
demselben Tage sich versammelte, Trauer anlegte, eine Mum-
merei, wodurch man die äusserste Gefahr des Staats bezeichnen
wollte, wie durch den Beschluss, die Consuln haben über dessen
Sicherheit zu wachen , und Metellns und Cäsar ihre Aemter
nahm. ') Jener eröffnete dem Volke, er weiche der Gewalt
und gehe zu Ponipejus; der Proconsul werde sich und ihn zu
rächen wissen ; dann reis'te er ab. ' ")
Nicht eiumal der Unverletzliche war sicher in Rom; wer
mochte noch zweifeln, dass es des Heers bedürfe, um die Bürger
7) Vgl. 2. Tli. 612. A. SS n. Plut. Tib. Gracch. 10. App. 1, 356.
8) Plut. Cato 21. 28. Hortensü No. 7. J. 4. A. 95. Vgl. Dio 38, 6.
9) Nach Plut. Cato 29 hatte man nur die Abskht, auch Melellus abzusetzen, ■
welches auf Cafos Fürwort unterblieb; dieser fühlte vrohl vrenig Beruf, "
sich für ihn zu verwenden , und wie konnte man den Urheber des Streits
veischonen, wenn der minder Schuldige besliaft wurde? Suet. 16, Dar-
nach ist 2. Th. 31. A. 67 zu berichtigen. 10) Plut. Cato 26 — 2')
erzählt am ansführlichsten , aber verworren; eine seltsame Rolle spielt bei
ihm das Volk, weil er mit diesem Namen beide Parteien bezeichnet.
<>ic. 23. l»io 37, 43. Cic. p. Sext. 29. Suet. 16.
XXI. lüLlJ. ^öi.§. 9.) 183
z(i bescLützen ? So eutiloLen im J. 49 ebenfalls auf Ausliften
Cüsars die Tribüne Antonius und Cassius, und der Hiilferuf dieser
j,eLeiIigten Personen ftihrte ihn nacL Rom. ' ') Er wagte nichts;
l'ompejus Latte eine zu grosse Scheu vor der öffentlichen Mei-
nung, um anders als auf einem scheinbar durchaus gesetzliche^
\Vege das Ungesetzliche zu thun, und eine Eänigung zwischen
ihm und dem Senat, welcher sein £inverständniss mit den JMeu-
lerern nicht bezweifelte und seiner Seits ihn durch die Ver-
eitelung des Unternehmens beleidigte^ war nun so leicht nicht
zu fürchten. Nie aber konnte der grosse Feldherr, klein und
schwach, wenn er nicht im Felde stand, eine Stütze entbehren,
lind da die Optimalen mit feindlicher Gesinnung sich ihm ver-
sjgten, so bot sich wieder Cäsar dar, der kühne, nnemiüdliche
Kämpfer, welchen jene auch verfolgten, seinetwegen Terfolgten,
iiud das Volk so hoch hielt. Das Letzte musste jetzt noch auf
eine augenfällige Art bewiesen und der Senat bis zum Staube
irebeugt werden , damit Pompejus im Glänze seiner Siege doch
nur auf gleiche Bediuguugen den Freundschafls- Bund erneuern
konnte. Die Prälur verdankte Cäsar dem Volke, und es Lalle
'seiD Geschenk nicht zurückgenommen; er fulir daher fort, Recht
zn sprechen, bis man sich anschickte, ihn mit Gewalt vom Tri-
bunale zu entfernen : da gab es einen Auftritt , und so sollte es
«ein; in äusserster Eile entliess er seine Lictoreu, er warf die
Prätexta von sich, um nicht erkannt zn werden, und schlich in
»ein Haus. Welch ein Zustand, ein Tribun flüchtet in die Lager,
und ein Prätor verbirgt sich vor dem Senat ! es empörte die
Menge, und machte es ihr um so fühlbarer, wie viel dieser
Piätor ihr war, und warum er litt; sie strömte nach seiner
SV ohnung und beschwur ihn, über ihre Arme zu verfügen. ]Mit
verzagtem Herzen versammelten sich auch die Senatoren, und
harrten der Dinge, als die freudige Botschaft sie überraschte,
der Arge habe das Volk beschwichtigt; man athmete wieder,
die Angesehensten giengen ab, dem Ketter zu danken und iu
die Curie einzuladen, wo er mit Lobeserhebungen empfangen
und wieder in sein Amt eingesetzt wurde. ' ')
Bei seinem Bestreben, Pompcjns and die Optimaten immer
11) S. aiitcn u. 1. Tli. 49. 12) Säet. I. c.
184 XXI. rULn. (31. §.9.)
\
nieLr zu entzweien, begünstigte ihn der Streit zwiscLen tiem
Proconsiil und Q. Metellus, welcher nacli der Eroberung Gretas
■im J. CG \Yieder vor Rom er^cLien, und erst jetzt, gegen Ende
fles Mai triumiihirte. Die beiden HauptanfüLrer des Feindes
tUeben auf Betrieb eines Tribuns, ohne Zweifel des Bletellus
Nepos, der gleichen Feier des Pompejus vorbehalten. '^) Denn
dieser behauptete in Folge des Gabinischen Gesetzes, die Insel
sei unter seinen Auspicien genommen. ' ') Cäsar wird hier nicht
ansdriicklifch erwähnt; d.' Alten geben aber aus seiner frühem
Geschichte' nur Bruchstücke, welche sich nicht immer einander
ergänzen, und man weiss, dass Pompejus durch seine schaamlose
Anmassuug gegen Metellus verächtlich und verhasst wurde, und
Cäsar stets darauf bedacht war, schimpüiche Lorbeeren auf sein
Haupt zu sammeln, und ihm unter Blumen verborgene Dornen
auf den Weg zu streuen.
Seine Feinde grollten indess; sie Latten endlich den Blutt
gefassf, ihn zu verurtheilen, und dann die Strafe aufgehoben und
ihm Genuglhuung gegeben. Vielleicht konnten sie ihn noch in
die Untersuchung gegen Catiünas Mitschuldige verwickeln, welche
fortgesetzt wurde. Sie nahmen diesen Plan Avieder auf; ' ') er
erforderte aber Eile, damit nicht Pompejus, bisher sein Schild,
ihm auch sein Schwerdt lieh. Unter Ciceros Consulat hatten
sich L. Veltius und Q. Curius als Angeber bewährt; man ver-
langte Jetzt von ihnen denselben Dienst, nnd sie waren bereit.
Der Eine starb später im Gefängnisse, weil er ungeschickt
Verläumdete, und seine Patrone dadurch in Verlegenheit ge-
riethen, ' «) und Curius haften die Censoren wegen seiner Nichts-
würdigkeit ans dem Senat gestossen, ehe er noch mit Catilina in
Verbindung getreten und dann für Lohn zum Verräther geworden
war. '^) Q. Catuhis und C. Piso mochten am meisten zu den
Summen sceueni, mit welchen man sie erkaufte, '^) worauf Curius
im Senat aussagte, er wisse durch Catilina selbst, dass Cäsar zu
den Vcrschwornen gehöre, und Vellius vor dem Untersuchungs-
llichter '3) Novius IViger sich verpflichtete, ein Schreiben des
13) Dio 36, 2, wo Fabiicins an Gabiniiis denkt, den Tribun des J. 67.
14) 2. Tli. S. 52. 15) Oben J. 8. A. 38. 16) 2. TIi. 234. A. 68.
17) Salliist. 15. C. 17. 23. 26. 18) Oben A. 15. 19) Qu.icsilor,
oilci- vvie sich irrig iu den Handscbriflou nndct, quaestor, für iudex
XXI. rULU. (31.§,9:) 185
Priitor au Calilina beizubring'en. Mit Einem ScLIag:e warf Cäsar
die Helfer seiner feigen Gegner zu Boden; er rief Cicero zum
Zeugen auf, den gewichtigsten unter Allen, und als dieser be-
sliiligte, dass er ibin aus eigenem Antriebe IVacbricliten über die
Verschwörung mifgetbeilt habe, und das Volk, bei der Lebhaftig-
keit und langen Dauer der Silzung vor der Curie ein drohendes
Geschrei erhob, ^°) wurde Curius der Verriither-Sold entzogen,
iiiul Veltius, da man ihn wegen falscher Anzeigen belangte und
er sich nicht stellte, ausgepfändet, sein Hansgerath vom Volke
zerschlagen, und er selbst auf dem IMarkle fast zerrissen und ins
Gefäugniss geführt; auch JNovius sah sich verhaftet, weil er die
Klage gegen einen höhern Älagistrat angenommen halte. -')
In einem andern Rechtshandel verlheidigte Cäsar einen jungen
Afrikaner von hoher Geburt, Blasinissa oder Blasintha, welchen
Hiempsal, König von Numidien, als tributpflichtig in Anspruch nahm.
Jener suchte Schutz in Rom und Juba, der Sohn des Königs
und später im Bürgerkriege Bundesgenoss der Aristocraten , trat
gegen ihn auf. Er wurde verurtheilf, aber Cäsar, welcher wäh-
rend seiner Rede im Zorne Juba bei dem Barte ergriff, entriss
ihn dessen Dienern , als sie sich seiner bemächtigen wollten,
und verbarg ihn in seiner Wohnung, bis er ihn im nächsten
Jahre mit sich nach Spanien führte. '°) Es scheint demnach,
dass Hiempsal durch die Anordnungen, welche Pompejus unter
Sullas Dictatur in Afrika gemacht hatte, zu seiner Forderung
nicht berechtigt war, - ') und dass eben deshalb das Gericht im
Dienste der Optimalen für ihn, imd Cäsar gegen ihn entschied.
Diesen schien ein abenteuerliches Ereigniss im Anfange. des
December nur als Privatmann zu berühren; Clodius buhlte mit
seiner Gemahlinn Poinpeja, und fand sich am Feste der Bona
Dea, an welchem Männer nicht Theil nehmen durften, in seiner
Wohnung ein, wo es gefeiert wurde; es halle aber für seia
ölfentliches Leben die wichtige Folge, dass Cicero und Cato Rom
qiiaestionis, ohne Zweifel ein gewesener Äedil, (oben {. 4. A. 70) ■und
deslinlb -von Cüsar angeklagt , dass er seine Befugiiiss überscliiiuen habe.
20) riut. Caes. 8 hat auch hier die Zeiten \erwechseU. Oben {. 8. A. 74.
21) Sneion. 17. Dio 37, 41. Vgl. 2. Th. 196. A. 9. 22) Suelon. 71.
Vgl. nio 41, 41 u. unten f. 59. A. 67. 23) Oben §. 5. A. 22. f. 6.
A. 58. rorapej. lllv.
186
XXf. lULll. (31. §.10.)
verlassen mussten, als sie iLm am meisten schaden konnten.
Denn Clodius wurde dadarcli auf den Schauplatz gefidirt, und
wahrend der unuiiltelbar Beleidigte ihn schonte, als er a. 61
■wegen seines Verbrechens vor Gericht stand , zerfiel er mit
Cicero und beschiifligte dann bis zu seinem Tode im J. 52 durch
seine Banden auch Pompejus. Dankbarkeit bestimmte ihn nicht,
aber seine Dienste verloren dadurch nicht an Werth. - *)
Gegen Ende des Jahrs 62 kehrte Pompejus aus Asien nach
Italien zurück, und im folgenden erschien er vor Rom, ohne
Heer, und von jetzt an nicht mehr der Grosse, obgleich er einen
beispiellosen Triumph hielt.
§ 10.
a. 61. Durch Cäsar waren die Dinge so verschoben, das»
Pompejus nicht wusste, wie er eingreifen sollte, und auf eine
dem Freunde nachtheilige Art nicht eingreifen konnte ; die
Stimmung der Aristocratie Hess eine falsche Behandlung des Im»
perator voraussehen, besonders unter dem Einflüsse des M. Cato;
auch war einigermassen auf M. Crassus zu rechnen, Pompejus
Feind zu Sullas Zeiten, und noch mehr, seit jener nach dem
Fechterkriege ihm einen wohl erworbenen Ruhm streitig gemacht
hatte: so durfte Cäsar, welcher es klüglich vermied, jetzt schon
einen Vergleich unter ihnen zn stiften, ohne Besorgnisse nach
dem jenseitigen Spanien abgehen, seiner Provinz,^*) wo er
bereits als Ouästor gewesen war. Nur Ein Hinderniss fand
sich; seine Gläubiger ^vollten zuvor befriedigt sein. Aber für
einen solchen Fall hielt er die Schätze des Crassus bereit, deren
sich nicht ohne sein Zuthun auch die Richter des Clodius er-
24) S. das Genauere im 2. Tli. S. 203 f. 25) ülter. Hisp. Snet. 18.
Hispa»ia. Cic. p. Halb. 19. Tgl. 28. Suet. Caes. 71. Plut. Caes. 11.
Crass. 7. App. Hisp. 313. B. C. 2, 432. Dio 44, 4l. Lnsilania. (A. V.)
de vir. Ul. 78. Dio 37, 52 , welches allerdings zu seiner Provinx gehörte.
Dio 45, 40 irird nnrichtig Spanien für Gallien genaunt, denn dort -war
C. Antislius Vetus sein Quäsior, dessen Vater er seliist einst in dieser
Eigenschaft üljer die Pyrenäen folgte, (ohen f. 3. A. 31 o. 1. Tb. St»)
in Onllieit dagegen M. Antonius. (1. Th. 67.) F,\hricins sliniinl Dio hei;
I. c u. in den Aum. zu ü, 2ti. änel. 54 nennt ihn l'rccousul.
XXI. lULU. (31. §.10.) 187
freuten;'^) dena Alle mussten ihm mit iLren Gaben dieueu,
weil die seinig'e die grösste war. Durch einen Wink, sein
Kampf gegen die Optimalen solle sie von Pompejus trennen und
dessen Ueberinacht weLren, verschaffte er sich die Giiust des
reichen Consulars, und dieser verbürgte sich für ihn. * '')
Indess wurde seine Abreise dadurch verzögert. Er erschien
noch im Processe des Ciodius als Zeuge, ^*) und kam vor der
Zeit zurück. ^'^) Blan erwartete ihn im Juni 60 vor Rom, folg-
lich war er im Juni 61 noch nicht in Spanien.^") Sobald ihn
aber nichts Anderes mehr abhielt, verliess er Italien aus Furcht
vor einer Anklage, obgleich der Senat die Provinz noch nicht
ausgestattet, über die Verwaltungs- Rosten, über die Stärke des
Heers und über sein Gefolge nicht verfügt hatte, *') einem Be-
schlüsse gemäss, dessen Cicero am 13. Februar 61 gedenkt, und
welcher länger wirksam blieb, als Anfangs die Absicht war:
mit den prätorischen Provinzen sich nicht zu beschäftigen, bis
über die Consular- Rogation entschieden sei, nach welcher Ciodius
%vegen des Verbrechens gegen die Bona Dea vor ein ausser-
ordentliches Gericht gestellt werden sollte.^-) So vereitelte
Cäsar den Plan, auch ihn zu richten.
Auf dem Zuge über die Alpen äusserte er angeblich an
einem kleinen Orte, er wolle lieber hier der Erste, als in Rom
der Zweite sein. Der Urheber dieses Märchens hat in seiner
Seele gelesen, aber falsch; solche Geständnisse vernahm ma«
nicht von ihm. Auch fand Plutarch in seinen Quellen, ein Ge-
schichtswerk über Alexander habe dann in Spanien den Enl-
schluss in ihm vereuilasst, ebenfalls ein grosser JMann zu wer-
den. '')
Er gieng in der Provinz davon aus, dass er aus eigner
26) 2. Th. 214. 27) Nach Plnt. Caes. II. Crass. 7 für 830 Ta-
lente. Suet. 18. App. 2, 432. S. anten Ja ^. 73 in. die Bemerk, über
Cäsars A'ermögen. 28) Oben f. 9. A. 24. 2. Th. 211. A. 15.
29) Sneton. 18. 30) ad Alt. 2, 1. §. 7. Cicero woUte als Proconsul
\on Cilicien am Ende des Juli SO abgerufen ■werden , weil er im vorigen
Jahre um diese Zeit dort eingouolTen war. ad Att. 5, 15. 16. ad Atl.
6, 3. <>. 1. Der noch nnberichtigle Kalender kommt nicht dabei in Be-
tracht. 31) Sneton. I. c. 32) ad Atl. 1 . 14. {. 6. 2. Tb. 207.
Xi) Caes. 11. Oben {. 3. A. 31.
188 XXI. lüLII. (31. §.10.)
MacLifiille ihre 20 Coliorten um 10 vernieLrte. ^ *) Nadi be-
endigter Riisfung bekriegte er die Gebirgs - Völker iu Lti.sitanien,
welche das Land umLer beunruLigfen, und GeLorsam versprachen,
auch wohl Tribut zahlten , wenn sie von den Römern gedrängt
wurden, nm dann von neuem zu rauben. Zunächst wandle er
sich gegen die Bewohner des Gebirgs Herminius, südlich vom
Tagus in der Gegend von Bledobrega, * ') und auf ihre AVei-
gerung, sich iu der Ebene niederzulassen, erzwang er in einigen
Gefechten ihre Unterwerfung. Jenseits des Flusses fand er die
Ortschaften leer; die Wehrhaften hatten Frauen und Kinder und
Uire beste Habe auf das nördliche Ufer des Durius geschickt, und
erwarteten ihn in einem Versteck' ; nur ihre Heerden waren
sichtbar; die Römer zerstreuten sich aber nicht, sondern nahmen
sie erst dann, als der Feind geschlagen war. Im Herminius be-
setzten indess die Lusitaner die Engpässe, um Cäsar auf dem
Rückwege zu überfallen; er nmgieng sie, drängte sie gegen die
Rüste, und nölhigte sie duKch Hunger und durch die Flotte,
welche er von Gades herbeirief, sich zu ergeben. Dann eroberte
er im J. 60 ' ^) mit Hülfe seiner Schilfe Brigantium im Lande •
der Gallaiker, ^') nicht weit vom jetzigen Coruüa in Galicien. *')
Ruhm und Beute belohnten ihn, der jetzt zum ersten Male als
Feldherr auftrat; er bereicherte den Schatz, die Truppen und
noch mehr sich selbst ; ^ '•') das Heer begriisste ihn als Impe-
rator, *") nnd der Senat ehrte ihn durch ein Dankfest, wodurch
er die Anwartschaft auf den Triumph erhielt.'") Nach einer
erdichteten Rede des BI. Antonius war er zum Kampfe ge-
zwungen, ") und auch Sveton deutet darauf hin, dass er die
Provinz habe sichern wollen,'^) der gewöhnliche Vorwand,
unter welchem Ehrgeiz und Habsucht der Stalthalter sich ver-
34) Plut. Caes. 12. Api>. 2, 432. 35) Dio 37, S2. 53, tto diese
Ereignisse am ausfülirliclisteii erzühit werden. 13. Alex. 48. 36) Oliseij.
123. 37) Auch. Callaeci und anders genannt. D. Benins Cos. 138 be-
siegle sie. Liv. 55. 56. VeUcj. 2, 5. Flor. 2, 17. App. Ilisp. 294 fin.
lunii No. 26. 38) Dio 1. c. u. 44, 41. Tlul. Caes. 12. App. Ilisp. 313.
B. C. 2, 432. Zonar. 10, 6. Lir. 103. Sueton. 18. 39) l'lul., App.,
Zon. 11. oc. 40) l'lut. 1. r. Dio 44, 41. Die üliinzo bei Vaillaut
Inl. i\o. li kann man ancli nnf jeden andern Sieg beiieben. 4l) Dio
37, 54. 44, 41. App. 2, 432. 42) Dio 44, «1. 43) 18, anders 54.
XXI. lüLII. (31. §.10.) 189
bargen; nnr waren Geld und Triumph für Cäsar bloss Blillel zu
einem höheren Zweck.
Willkührlich verfuhr er auch in der Civilrerwalhing' , aber
zum Besten der Provinz. Stets ihat er lieber das Gate als das
Schlechte; wenn er als Herrscher geboren ■wäre, so würde kein
anderer ihm an Grösse mid an Tugenden vergleichbar sein. Der
Durchgang durch die republicanischen Aemter mit dem Throne
als Ziel veranlasste unter Anderem einen g-ränzenlosen Aufwand,
nnd es ist glaublich, dass er von den .Spaniern Geschenke zur
Tilgung seiner .Schulden annahm,*') vielleicht als Dank für eine
unparteiische und sorgfältige Rechtspflege, für die bei dem Senat
vermittelte Aufhebung der von O. Metellus Pius im Kriege mit
Sertorius eiugeführtei Steuer*^) und für die bessei'e Eim-ichtnng
ihres eigenen Schuldwesens, ^Vohllhaten, deren im Bü'rgerkriege
Wenige noch gedachten.*^) Er überwies zwei Drittheile von
dem Einkommen des .Schuldners den Gläubigern,") und diess
galt für eine milde IMassregel, weil es den Grundbesitz rettete,
obgleich es auch auf die Grösse des Uebels schliessen lässt, dessen
erste Ijrsach hier wie in allen Provinzen in den Verhältnissen
zu den Römern lag. Um den nnmässigen Forderungen der Statt-
halter, ihres Gefolgs und der Päditer der öffentlichen Einkünfte
zu genügen, borgten die Einwohner, und die Wucherer aus Rom,
zum Theil Geschäftsträger der Vornehmsten, welche sich wie
eine Pest über das Reich verbreiteten, liehen ihnen gegen hohe
Zinsen, sclilugen diese zum Capital und bemächtigten sich zuletzt
der verpfändeten Güter; nur das Meer bot ein Asyl, nnd hier
vergalt man. *^') Die Gaditaner, mit welchen der Senat früher
einen Bund geschlossen hatte, '^) fühlten sich vorzüglich durch
Cäsars Gegenwart beglückt ; er legte ihre Zwistigkeifen bei,
wieder besonders durch Anordnungen im Schuldwesen, und ver-
besserte mit ihrer Genehmigung die Gesetze, wodurch nach Cicero
ihre Sitten gemildert wurden. Diess verdankten sie der Rück-
sicht auf Ponipejus und auf ihren Landsmann L. Cornelius Baibus,
44) .Snelon. 54. 45) B. Ilisp. 42. 2. Tli. 42. A. 82. 46) Caes,
B. C. ■>, 18. {. 5. B. Hisp. I. c. 47) l'liii. C.iis. 12. Cic. p. Balbo 19.
Vellpj. 2, 43. 48) Auch M. liruliis, ilpr Sioikpr iinJ TTi-aimeiuuöi'der,
geliürie zu diesen Blutsaugern. S. Iiiiiji. 49) 2. Th. 595. A. 13.
190 XXI. lULir. (31. §.10.)
Jessen Günstling', welcher auch bereits Cäsars Vertrauen besass,
und jetzt sein praefectus fabrum war. ^ ")
Der Wobilitiit stand das Aeig'ste bevor, Cäsars Consulat.
Unter der Vermittlung; des Q. Arrius, welcbem er dagegen als
Consul zu dieser Würde verhelfen wollte, aber nicht verhalf,
einigte er sich schon a. 61 mit L. Luccejus, einem reichen und
übrigens unbedeutenden Candidaten, die Stimmen gemeinschaftlich,
das heisst mit dessen Gelde auch für sich zu erkaufen ; Luccejus,
später Geschichtschreiber und Pompejus Freund, gieug darauf ein,
weil Cäsar ihm seine Verwendung bei dem Volke zusagte. ' ')
Dieser wünschte an sich , M. Bibulus auszuschliessen , welcher
mit ihm warb, und ihn todtlich hasste, seit er sich in der Aedi-
lität für ihn hatte aufopfern müssen, und d mn auch in der Prätur
sein College gewesen war,'') ein leidenschaftlicher Aristocrat
uud als solcher nicht ohne Anhang , aber im Gefühle seines
Äichts und bei der Stärke der Volkspartei nicht abgeneigt, sich
mit dem mächtigen Nebenbuhler zu verbinden. '^) Man hoffte
anfangs , Cäsar werde zu spät eintreffen , oder des Triumplis
wegen bis nach den Wahlen vor den Thoren bleiben; er er-
wartete aber seinen Nachfolger nicht und zeigte sich im Juni 60
vor Rom, als der Tag der Consular- Comitien schon bestimmt
war. ' ') Nach dem Herkommen musste er an den drei letzten
Nundinen vor diesem Zeitpuncte in der Stadt sein, und sich
persönlich melden, '') welches sich mit dem Triumphe nicht
vereinigen liess. Sein Gesuch, ihn davon zu entbinden, wurde
von den Freunden im Senat lebhaft unterstützt, und man konnte
50) 2. Th. 597. A. 28. Cic. p. Balio 19. 28. 51) ad Au. 1, 17.
§. 5. 2, 1. 5. 7. 2, 7. §. 2. Snel. 19. Caes. B. C. 3, 18. Ueber Arrius
Tgl. 2. Th. 65. A. 58, n. hier §. 14. A. 84. 52) Oben {. 4. A. 51.
5. 9 in. 53) ad Att. 1, 17. {. 5. 54) Das. 2, 1. §. 7. Snet. 18.
Dio 37, 54. Pluf. Caes. 13. Pompej. 47. Crass. 14. Nach Sullas Gesetze
sollte der abgehende Statthalter sich binnen 30 Tagen nach der Ankunft
des nenen entfernen, (2. Th. 493. A. 62) wogegen es ihm erlaubt war,
die Provinz dem Quäsfor oder einem andern L'nterbeamten zu übergeben,
•wenn der Nachfolger -zu lange zögerte. So verfuhr nnter Anderen Cicero
0. 50 in Cilicien. ad Fam. 2, 15. }. 4. Cäsar entfernte sich aber vor
der Zeit, welches insbesondre Sueton zn erkennen giebt, und man wagte
es nicht, ihn deshalb zur Rechenschaft zu ziehen. 55) Cic. ad Farn.
16, 12. SaUost. B. C. 18.
XXI. lULir. (31. §.10.) 191
iii einem so ausserordenlücLen Falle niclits dagegen einwenden,
wesLalb (Ja(o nach der Taktik uienterisclier Tribüne bis Sonnen -
Un(erg;ang sprach, und dadurch einen BescLhiss verhinderte.'^)
Was Marius wiederholt,") L. LncuUus'*) und Anderen ge-
stattet war, und Cato a. 52 Pompejiis zngestand, '^) das hielt er
jetzt für verderblich ; die Blanen C;.tilinas trieben ihn nicht wie
Cicero, der Republik weg'en sich Cäsar zu nähern, „welcher mit
günstigjein Winde segelte" * ") ; aber dieser durchbrach die schwachen
Schranken; wieviel auch schon die Vorbereitung'en zum Triumph
gekostet hatten,^') entsagte er ihm und kam in die Stadt.''-)
Die Ausführung seiner Pläne war auch ohne Siegsgepränge
möglich, worin er ohnehin Pompejns nicht erreichen konnte, nicht ,
aber ohne Cousulat; es verwandelte Ponipejus in seinen Clienlen,
erhob ihn auf den Standpunkt, wo er die letzte Mand an sein
W^erk zu legen gedachte, und verpflichtete ihm das Volk, welches
sein „grösstes Geschenk" *^) allem Andern vorgezogen sah.
]\iemand zweifelte daran, dass es ihn wählen werde; nm
wenigstens ein Gegengewicht zu erhalten, brachte man Geld zu-
sammen, — des allgemeinen Besten wegen auch Cato — «nd
ßibuhis zahlte allein für die Stimmen so viel, als seine Mit-
bewerber vereinigt gaben.®') Er wurde Cäsars College,**)
dessen Freundschaft Luccejus grosse Summen und ein Consulat
kostete. Nach dem Gesetze des jungem Gracchus sollte der Senat
jährlich vor den Wahlen , damit weder Hass noch Gunst ein-
wirkten, *®) die Provinzen der künftigen Consuln bestimmen,
welche sich dann verglichen oder loos'ten. Oft hinderten ihn
Tribüne und ehrgeizige Optimaten, und das Volk entschied. Jetzt
erlaubte er sich aber selbst eine Abweichung; erst in diesem
Jahre — Cicero meldet es am 15. Blärz als eine Neuigkeit ®') —
56) Suel. 18. Die 37, 54. 44, 41. riut. Caes. 13. Cato 31. App.
2, 432. Zoiiar. 10, 6. GeU. 4, 10. 57} Salliist. B. J. 114. Pliil.
Mar. 14. LW. 68. 58) Flut. LnciiU. 1. Cic. Acad. prior. lib. 2. c. I.
Vgl. App. 2, 432. 59) Flut. Cato 47. Pomp. 54. Uutea §. 34. A. 3.
60) ad Att. 2, 1. J. 6. 61) App. 1. c. C2) Oben A. 56. 63) Salhisl.
B. J. 85 in. Cort. 64) Suet. 19. 65) Ders. 1. c. VelUj. 2, 41.
Plnt. Caes. 14. Cato. 31. Pomp. 47. Crass. 14. App. 2, 433. Dio 37, 54.
44, 41. Zonar. 10, 6. Entrop. 6, 17 (14). «)ros. 6, 7. 66) Sallnsf.
15. J. 27. Cii:. de pr. cons. 2. ji. dorn. 9. «d Farn. I, 7. {. 6. 67; ad
Alt. 1, 19. V. 2. 20. §. 6. Unten i. 15. A. 42.
192 XXI. lULn. (31. §.10.)
wies er den Consnln Afranins und Mefellns Celer beide Gallieh
an, v/o Ulan einem blulig-en Kriege entgegen sab, und erst iiach
den Wablen übertrug er den künftigen Consuln die Aufsicht
über die Waldungen und Triften, so dass Bibulus mit Cüsar litt,
Heer nnd Triumph auch ihm entzogen wurden. ^ ")
In dieser Beleidigung findet Sveton die Hauptursach des
Triumvirats,^^) aber er erwähnt dessen Stiftung nach den
Wahlen und ist darin genauer als Andere. ' ") Der Bund zwi-
schen Cäsar, Pompejus uud Crassus, ein Bund der Klugheit mit
dem Ruhme und dem Reichlhume, durch welchen der Eine steigen,
der Andre behaupten und der Dritte gewinnen ■wollte,'') war
nicht das Werk eines Augenblicks, und wenn dem Urheber Tor
den Comitlen Blusse blieb, so niusste ihm doch ein späterer Zeit-
punkt günstiger erscheinen, wo Lorbeeren und Geld durch seinen
nun entschiedenen Eiufhiss aufgewogen wurden. Mochten also
Pompejus und Crassus ohuerachtet ihrer Feindschaft gegen ein-
ander, seine AVahl befördern, '^) weil er mit seiner Gewandtheit
Beide an sich lockte, so versöhnte er sie doch erst als designirter
Consul. Pompejus, der Sullaner, war unter dem Beistaude der
Volkspartei der Schrecken der Seeräuber, des Blithridat und der
Kobililät geworden; er halte „über die ganze Welt" trium-
phirt,'^) mit dem Heere nur Rom sich nicht unterworfen, weil
er Herrscher sein ■wollte ohne den Namen, und kämpfte nun
vergebens gegen BI. Crassus , Bletellus Creticus , L. Lucullus,
gegen deren Anhänger und einen gereizten, argwöhnischen Senat,
in welchem M. Cato insbesondre sich ■widersetzte, '*) um die
I
68) Snet. 19, ■wo Bannig. - Crusins sich ohne Gnind gegen Lips. zu
Tacit. A. 4, 27. p. 117 eikläit. Cäsar, welcher den I3esclilnss ungiillig
zu machen wiisste, sollte eben durch eine provincia mininii negotii ( Snet. )
znm Quästor herabgewürdigt werden. 69) 1. c. 70) So anch Dio
37, 55. Flut. Caes. 13. Pomp. 47. Crass. 14. App. 2, 433. Zonar. 10, 6
setzen sie früher. Doch widerlegen sie, wie die dürftige Nachricht bei
Liv. 103 (vgl. Ilorat. C. 2, 1 in.), die Angabe des 'Vellej. 2, 44 in., nach
welcher sie erst a. 59 unter Cäsars Consulat erfolgte ; hoc consulc soll bei
ihm auf diesen bezogen worden, s. c. 41, nicht wie Oiidend. zu Snet. 19
verlangt, auf Metellns Celer Cos. 60, welches allerdings geschichtlich das
Richtige wäre. 71) Flor. 4, 2. {. 11. 72) riut.ll. cc. 73) Dio
37, 21. 74) atl Att. 2, 1. §. 6: Sed tarnen ille, optimo animo utcns
et summa Tide , nocet interdum rei pnbllcae. Uicit enim tamquam in
XXI. lUIJI. (31. f. 10.) 193
Bestätigung seiner EinricLluDg'en in Asien und eine Acker-
vertLeiliiDg; fiir seine A'^eteranen zu bewirken. Für jeden Slatt-
Lalter war es eine ELrensacLe, dass seine Verfügungen nnd
Zosagen gültig blieben; Tor Allem musste das Wort eine« Pom-
pejus die Bürgschaft seiner Erfüllung in sich selbst tragen, nnd
Afranins, ■welchem er zu dem Ende das Consniat verschaffte that
nichts fü'r ihn,'*) er sah einer Beschimpfung entgegen, .orte
das Hohngelächter seiner Feinde : da versprach Cäsar, die Schande
abzuwenden, aber mit dem Geständnisse, dass die S iwierig-
keiten unübei'O'indlich seien, wenn man nicht auch Crassns heran-
ziehe ; ein Privatverhältniss dürfe nicht stören, wo man so Grosses
erstrebe. Es machte Eindruck und auch C'rassus zähmte ein
Wink, dass man ohne Pompejus nichts, and mit ihm alles ver-
möge, denn auch er hatte seine Wünsche. So führte Cäsar die
Consulare zusammen, nnd die Drei gelobten si:h eidlich,'^)
nur Einen Willen zu haben, das erste Triumvirat. '")
Eine Zeitlang blieb der Bund geheim,") bis Cäsar als
Consul eine Macht entwickelte, über welche seine beiden Freunde
selbst erstaunen mochten ; sie standen Alle für Einen, man konnte
es nicht mehr verkennen; Cato lärmte, Varro spottete in seinem
„dreiköpfigen Ungeheuer",'') nnd Cicero zürnte den „Dy-
nasten ", welche jetzt schon nnd ohne Sehen vor dem Tnllianum
seine Thaten in eine Posse verwandelten, im Stillen, in Briefen
au Atticus. '") Wer vermochte die Verbündeten anzuklagen,
wenn man sie nicht überführen konnte, und wer konnte sie
überführen, da die Späher ni^jts von Rauben, Brennen und
Rlorden, nichts von fluchwürdigen Anschlägen gegen Senat nnd
Magistrate, gegen Verfassung und Gesetz vernahmen? Rom war
von einer unsichtbaren Macht umsponnen, gegen welche es seine
Kräfte umsonst mit Luftstreichen erschöpfte.
Plalonis no' •iltct, non tamquam in Romnli faece sententiam. ad Att. I, 18.
{• 9, Unns est, qni cnret coustanlia magis et integrilato — quam consilio
ant ingeoio, Cato. 75) 1. Th. 36. 76) Dio 37, 57. 77) LiT.
103. VeUej. 2, 44. Säet. 19. Dio 37, 56. 57. Plut. Caes. 13. Pomp. 47.
Crass. 14. Lucnil. 42. Cato 31. App. 2, 433. Zonar. 10, 6. Flor. 4, 2.
§. 9 f. Vgl. 2 PhiL 10 o. ad Att. 2, 9. §. 3. 78) Cic. ad Att. 2, 3. §, 3.
Dio 37, 58. 38, 5 fin. 79) Vy/xnpijyor. App. 2, 433. 80) ad
An. 2, 9. {.2.
Kniniann, CcscIilcJitc Rom« III. J3
194 XXI. lULir. (3i.§. u.)
Doch ancli für die Geweihten gab es ein offenes Geheimniss',
sie wollten einHnder gebrauchen. Poinpejiis und Crassiis haften
nur Wünsche, aber keinen Plan für das Leben; sie fühlten sich
befriedigt, wenn Cäsar ihnen gewährte, was sie von der Gegen-
wart verlangten; für ihn war jedes Erreichte nur Mittel, und
nichts ohne Zusauiinenhang. Jene bestimmte er, ihn während
seiner Provincial- Verwaltung, welche er nach Willkühr zu yer-
längern hoffte, in Rom gegen die Aristocratie zu vertreten ; durch
einige ihnen nützliche Gesetze wollte er sie zwingen , ihn bei
allen zu unterstützen, und sie in seiner Abwesenheit aufrecht zu
erhalfen; sie sollten als die Gegenwärtigen und als Abirnunige,
zu welchen er nicht gehörte, den grössten Theil des Hasses auf
sich laden, ^') durch den Bund mit ihm zwischen sich und dem
Senat eine Scheidewand errichten, durch verfassung^sv/idrige Hand-
lungen mit dem Gesetze zerfallen, und Senat und Gesetz, •welche
sie doch zuletzt zum Kampfe mit ihm aufrufen mnssten, zum
voraus entwaffnen. So geschah es; Crassus starb, Pompejus aber
erkannte seinen schrecklichen Irrthum zu spät; was mit der
Kraft eines dreifachen Hebels geschaffen war, das spottete def
Kraft des Einzelnen, als die Bauleute zerfielen. ^-)
§ 11.
Im J. 59 übernahm Cäsar mit M. Bibulus das Consulat. ")
Was kommen sollte, schien die Natur selbst am Ende des vorigen
durch Sturm und Zerstörung anzukündigen ; aber für die Optimaten
lag kein Voriheil darin; die Götter galten nicht mehr für ihre
81) Vellej. 2, 44. §. 2. 82) Utinam, Pompei, cnm C. Caesar»
societatem aut nunquam coisses, aut nnnqiiam diremisses ! Fnil altcruin
grafitatis, allcrnm prudentiao tnae. Cic. 2 Phil. 10. Nihil actum est a
Fompeio noslro sapienter, nihil lortiter; addo etiam, niliil nisi contra con-
silium anctorilalenKjne meam. Omitto illa vetera, quod istum (Caesaiem)
in rem p. iUe aluit, anxit, armatit; ille legibus per Tim et contra auspicia
ferendis auctor; ille Calliae lüterioris adinnclor; iUe gener; ille in ado-
plando P. Clodio angin-; ille restiluendi niei qnam retinendi stiidiosior; illo
provinciao propagatoi- ; illo absenlis in omnihus adintor. ad Att 8, 3. §. 2.
Plnt. Ciass. 14. Pomp. 46. Caes. 13. 83) Oben J. 10. A. 65 n. Cic.
atl Ati. 7, 9. ad Faiu. 1 , 9. §. 4. Liv. 103. VcUej. 2, 44. OeU. 4, 10.
Fast, rap., Fast. Sic. ii. Cassiod. n. 694.
XXI. lULU. (3l.§. II.) 195
BescLülzer, ^'') und Cäsar fürcLtete ihre Rache so TS'enig als sein
AiiLang. Er verpflichtete sich zuerst das Volk , nach ihm die
Ritter, dann Pompejas, ** ') und forderte darauf Provinzen, vro er
seinen Thron errichten konnte. Biess v ar ihm das W ichtigste,
seine Aufgabe fiir die Zeit des Consulats, es entschied über seine
Zukunft, und die Gegner empfanden, dass man seine Pläne nicht
mehr unbestraft durchkreuzte : Bibulus verbarg sich , C'ato be-
schwur, was er verdammt hatte, Lncullus demiithig-le sich, und
Cicero wanderte ins Exil ; „ er allein , noch nicht durch Siege
erstarkt, vermochte mehr als die ganze Republik."''^) Seine
Getreuen standen bereit: Pompejus, Crassus, Sertilius Cäpio,
welchem er seine Tochter versprach.*") Der Prätor O. Fufius
Calenus, ihm mit Begeisterung ergeben,'^) und von mehreren
seiner Collegen unterstützt,*^) und der Volkstribun P. Vatinins,
ein Söldner, ^ ") nebst einem andern, dessen Name nicht erwähnt
wird.-") In den feindlichen Reihen sah man die Tribüne
Q. Ancharius, C. Fannius und Cn. Domitius Calvinus. ^-) Aber
Cäsar wollte keiuen Kampf; er wollte weder täuschen nodi
sicher machen, wie Appian glaubt, s^) als er sogleich im An-
fange Bibulus in der Curie aufforderte, der Republik wegen mit
ihm einig zu sein; die Zustimmung des Collegen und des Senats
verbürgte die dauernde Gültigkeit seiner Gesetze; wenn nur das
Volk sie genehmigte, waren sie als erzwungen dem Angriff'
bloss gestellt. Um indess durch einen äussern Antrieb auf die
Väter zu wirken, wenig-stens auf die furchtsamen und auf solche,
welche nach höheren Aemtern verlangte, führte er den Gebrauch
ein, dass über die ^ erhandlungen im Senat und vor dem Volke
Tagebücher gehalten und zur allgemeinen Kenntniss gebraclif
wurden. Mit einem der Menge erwünschten Ackergesetze ge-
dachte er zuerst hervorzutreten, wie jeder wusste, man mochte
sich also hüten. *') Auch stellte er die alle .Sitte her, das» vor
84) Dio 37, S8. Obseq. 123. 85) Plnt. Cato 33. Ponipej. 48.
App. 2, 433. Dio 38, 7. 86) ad Au. 7, 9. 87) Snet. 21. Unten
A. 45. 88) ad Alt. 2, 18. 5. 1. Dio 38, 8. 89) ad Qn. fr. 1. 2.
5. 9. 90) Cic. in Vaiin. 12. 16. p. Sext. 53. 91) p. Sext. 1. r.
92) Das. ^ach Cic. in Vatin 7 ■Nvairn dessen CoUpgen ohne Ansnabm»
brave Männer. Dio 38, 6. Pliit. Pomp. 48. App. 2, 434. Domiiü Calr.
No. 6 in. 93) 2, 433. 94) Snet. 20. Erimui instilnit. Vgl. Gell.
13*
196 XXI. 1U7.it. (31. §.11.) i
eiuem Consiil in dem Monate, in welcliein er die fasces nicht
hatte, nin- ein ö'ffentlicLer Diener niedern Rang-es, accensns, gieng,
und die Lictoren ihm folgten. ^ ') Sein College wurde veranlasst
dnrcli eine Selbstentaussernng , welcLe iLn zugleich in seiner
TLätigkeit lähmte, dem Volke gefällig zu sein, und den Dank
nicht zu begehren, da er sich eben nur fügte. Bald nach der
Gründung der Republik Hess man die zwölf Beile einen Monat
hindurch einem Consnl vortragen, und dem andern nur die zwölf
fasces, damit nicht statt Eines Königs, zwei zu herrschen schie-
nen, „ein zwiefacher Schrecken"; ^'') dann wurden auf Ver-
anstaltung des Valerius Poi)licola die Beile in der Stadt gänzlich
aus den fasces entfernt und nur ausserhalb gestattet.®') Damit
hätte eine sichtbare Unterscheidung der Consuln aufgehört, wenn
nicht die Lictoren dem Einen in dessen Monat, iu welchem er
als der regierende befrachtet wurde, ^') vorangiengen , und dem
andern, vor welchem dann nur ein accensns erschien, lolgten;®^)
nach Sveton ein aller Gebrauch, welcher seither nicht mehr be-
obachtet war. So wurde eine Reihe von Gesetzen mit und ohne
Cäsars Namen vorbereifet, über welche Cicero drei Jahr später
das kühne Wort entschlüpfte: die Ersten im Staate, von deren
Rathe unterstützt ich die Republik gerettet habe, und deren Mei-
nung mich bestimmt hat, einer Verbindung mit Cäsar auszuweichen,
behaupten, da.ss die julischen Gesetze und die übrigen aus der
Zeit seines Consulafs nicht auf eine verfassungsmässige Art ge-
geben sind. ' ° ")
Man wusste schon gegen Ende des vorigen Jahrs, dass Cäsar
5, 18. Dass die von Pigh, 2, 378 bei dem J. 585 a. n. und yon Dodwell
Praelecf. Cajubden. p. 665 bekannt gemacliten, und auch von Graev. zu
Snel. 1. c. anfgeiioiumenea älteren Tagebücher nnächt sind, \ermuthete vor
Wesseling Probab. •;. 39 schon Reines. Inscr. Class. 4. inscr. 2, besonders,
weil sie von eiuem täglichen AVechsel der fasces unter den Consnln
sprechen. Wenn diese im. Felde vereinigt lagerten, befehligton sie eirieji
Tag um den andern. Polyb. 3, 110. X.iv. 22, 41. 95) Snet. 20.
96) Dionys. IFal. 5, 2. Liv. 2, 1. 97) Dionys. H. 5, 19. 98) Liv.
9, 8 in. 99) Die Bedingungen, von welchem die Ordnnug im monat-
lichen Wechsel abhieng, giebt Gellins an, 2. 15. Anch unter den Decem-
virn hatte nur der die f.isces, welcher Uei.lit sprach, den Senat berief und
iiberhaniit bei den ofl'enilichen Handlungen das CoUcghini vertrat, Liv. 3, 24.
Dionys. H. 10, 57. Zonar. 7. 18. 100) de i.rov. cons. 19.
XXI. lULII. (31.$. u.> lyy
f-iii Ackerg'esete beanfragen werde, ') und iui April Irat es ins
Leben. ^) Das servilische vom J. 63, mit Forderungen oLue
Maass und Ziel und durch ihn veranlasst, solhe unr einem
andern Bahn machen, und diess wurde erreicht, obgleich Cicero
als Consul die Bestätigung verhinderte. ^) Auch das flarische
vom vorigen Jahre mussfe man aufgeben, ein Unfeniehmen des
Pompejus, welcher durch den Tribun L. Flavius seinen Veteranen
die ihnen zugesagten Ländereien verschaffen wollte, oder nach
der Meinung des Senats in den Colonien Lager errichten, um
über Rom zu herrschen. *) So konnte sich nun Cäsar ein grosse»
Verdienst um ihn erwerben. Um seine Rogation nach ihrem ganzen
Inhalte herzustellen fehlt es an Nachrichten. Nur muss man die
Angabe der Griechen zurückweisen, der campanische Acker sei
darin ausgenommen, wegen seiner Fruchtbarkeit dem Staate ver-
blieben, und der \'orschlag zu seiner Vertheilung unter solche
Bürger, welche drei oder mehr Kinder hatten;^) nachträglich
erfolgt.^) Obgleich Cicero') und Livius *) von julischen Acker-
g'eselzen in der Jlehrzahl sprechen , so berechtigen doch die ro-
iiiischen Schi-iftsteller nud auch Cicero nur an eins zu denken,
welches Folgendes enthielt. Der campanische ^) und stellatische
1) ad Att. 2, 3. f. 3. 2) Cicero enrähnt im April Mehrere
oiiter den Zwaniig, vrelche es vollziehea sollten, ad Att. 2, 12. J. 1.
Vgl. 2, 6. 7. 15. <'. 1. Was er ia der letzten Stelle am Ende des April
aber die Verschiebung der Comiden dorch Bibulus bemerkt , ist nicht auf
ilie Bestätigung des Gesetzes, sondern auf die ^Valilen zu deuten; dass
jene schon Statt gefunden hatte, erhellt auch aus ad Att. 2, IG. §. 1: Am
30. April habe ich deinen Brief erhalten, in vrelchem du vom campan.
Acker schreibst. — Bisher suchte sich Pompejns durch die Wendung zu
rechtfertigen: das Äckergesetz habe seinen Beifall gehabt; ob ein Tribun
habe Einspruch thun können, oder nicht, gehe ihn nicht an. Dazu stimmt
nun auch Flut. Pomp. 48: Acht Monate habe sich Bibnlus in sein Hans
eingeschlossen ; an den Verhandlungen üher jene Rogation nahm er thätigeu
AntheU. 3) Oben §. S n. 6. 4) ad Au. 1, 19. §. 4. Pio 37, 50.
Das Genanere in Pomp. IUt. a. 60. Vgl. 2. Th. 27 u. 273. A. 96.
S) Dio 38, 7. App. 2, 433. Dass diese in Cäsars Gesetze den Vorzug
erhielten, kann man nicht mit Mongault A. 2 zu ad Att, 2, 16 deshalb
bezweifeln, weil Cicero davon schweigt, welcher anfangs wenig von der
.Sache unterrichtet war; (1. c. ) es wird überdiess von Snel. 20 bcslaiigl.
0) Dio 38. I. 7. Plut. Cato 31. 33. Pouip. 47. Caes. 12. App. I. c.
7; ad All. 2. 18. •. 2. 8) 103. 9) Capaa selbst liatte 338 v. Chr.
198 XXI. lULli, (31. §.11.)
Acker '") wird unter die diirftigslen Bürger vertLeilt, und vor-
zugsweise unter solche, welche drei oder mehr Kinder haben.")
AVenn die Staats -Ländereien nicht ausreichen, so kauft man
andere mit dem Gelde , welches Pompejus aus dem Osten ge-
bracht hat oder vom Ueberschiisse der üffentlichea Einnahme; "^)
die Veräusserung hängt aber vom Willen des Besitzers ab , und
die Kaufsiimme entspricht der Abschätzung des Grundstücks bei
dem letzten Census. '^) Eine Commission von Zwanzig, ' *) vou
welcher jedoch der Urheber ausgeschlossen ist, ") soll es voll-
ziehen, der Senat es beschwören, ' '') und jeder Candidat geloben,
nichts vorzuschlagen, was mit ihm streitet. '•')
Mau kann auch hier anwenden, was Cicero von dem servi-
<Ias niedere Biirgerreolit erhalten, Liv. 8, 13, (nacb Vellej. 1, 14. §. 3, a. 334)
und vrar a. 211 wegen seines Abfalls an Ilanuibal eine Präfectur geworden.
Vellej. 2, 44. §. 4. Cic. de leg. agr. 2, 32. Liv. 26, 16. Fest. ▼. Prae-
fecturae. Von jetzt an erscheint es als Colonie. Caes. B. C. 1 , 14. Dio
38, 7. Plin. 3, 9 (5). 10) Campus stellalis agri Cauipani. Liv. 9, 44.
10, 31- 22, 13. Bei Sneton. 20 ist maioribns consecratas schon TOn den
Auslegern auf Venvandlnng in Gemeinland gedeutet. 11) Oben A. S.
Also campanisches Feld. Cic. ad Att. 2, 16. §.1. 2, 17; er nennt das
Gesetz ad Att. 2, IS. §. 2 sogar Campana les, und so, dass nach dem
Zusammenhange nur tou einem und demselben agrarischen Gesetze die
Rede ist. 2 Pbil. 39. Caes. B. C. 1, 14. Vellej. 2, 44. J. 4. 45. §. 2.
Suet. Caes. 20. Octav. 4. Blau fürchtete auch für die Städte, deren Ge-
biet Sulla für öffentliches erklart und nicht vertheilt hatte, ad Att. 1, 19.
j. 4. 2. Th. 481. A. 69, besonders für die Volalerraner in Etrnrien, aber
Cäsar Terschonte sie. ad Fam. 13, 4. Die Bestimmung, wie viel jedem
angewiesen sei, fehlt; Cicero verrauthete 10 Jugera. ad Att. 2, 16. v. 1.
Oben §. S. A. 8. 12) Dio 38, 1. 5. Ciceros IIolTaung also, nur 5000
werde man in Campauien versorgen können und die übrigen erbittern, war
nicht gegründet, ad Att. 2, 16. {. 1. p. dorn. 9. 13) Dio 1. c.
14) ad Att. 2, 6. 7. 9, 2. §. 1. Vellej. 2, 45. Suet. Octav. 4. «Jnintil.
12, 1. J. 16. Dio 38, 1 : die Gewalt wurde unter so viele vertheilt, damit
tie nicht zu gross erschiene; anch sollte man nur Älänner von gutem Rufe
wählen. — Cäsar errichtete bald einen Ausschuss von Fünf. Unten f. 12.
A. 6Ö f. IS) Dio 1. e. Oben §. 6. A. 48. 16) Dio 38, 7. Plut.
<;ato 32. App. 2, 434. So anch Saturnin. a. 100. 2. Th. 39. A. 49.
17) ad Atl. 2, 18. §. 2. Aus dieser Stelle folgert Mong. mit Unrecht,
dass nur die Candidateu geschworen haben , zu welchen Calo , Favonius
n. s. w. nicht gehörten. S. hier dio vorige Ä, A^'euu jene schon Suiu-
torcn wai'en, so schwuren sie doppelt.
XXI. ILLII. (31. §.11.) 199
lischen Ackergesefze sagt, dass das Volk nur den Namen lieL.
Allerding-s sollte das jiilische iLin auf Rosten des Staats eine
neue Verpflichtung' auflegen, ' ^) noch mehr aher war es darauf
berechnet, die Ehre des Pompejus durch die Versorgung seiner
ivrieger zu retten. ' ^) Jener wurde immer weiter auf der
schlüpfrigen Bahn fortgescLoben ; er behauptete seine Würde;
die Erwähnung der asiatischen Beate schmeichelte ihm , sie er-
innerte an seine Thaten , und bezeichnete ihn als den , welchem
die künftigen Colouisten für den Acker schuldeten, und bald sah
er ofleullich das Schicksal des Gesetz -Entwurfes in seine Hand
gelegt; nach seinem Wahuo huldigte ihm der Consul aus Noth,
er war der Grösste in Rom, nun aber auch nach den Gewalt-
lliätigkeiten, durch welche er entschied, jedes Danks für die Ent-
lassung des Heers nach dem mithridatischen Kriege verlustig,
durch ein persönliches Interesse gezwungen, mit den \ eteranen
und Clienten gegen die natürlichen Bundesgenossen die Vorhut
zu bilden, und diesen Terhasst. Denn für die Optimaten hatte
das Wort Ackergesetz einen schlechten Klang; es war seit länger
als 400 Jahren das Feldgeschrei ihrer Feinde, und widrig tönte
es besonders jetzt, und in Cäsars Jfuude, welcher im eigenen
oder in Pompejus Dienste die Stadt mit seinen Lagern ein-
zuschliessen drohte. ' °) ^Vas sollte werden , wenn nun gar
Cousulu , wie nie seit Spuiins Cassius , dem Schöpfer dieser
Schreckgestalt, die Rolle der Tribüne übernahmen, statt diese
nach so fluchwiü-digen Anträgen zu ermorden, Viie L. Opimius
oder wenigstens , wie viele andere , die Vollziehung zu ver-
hindern ? ^ ' )
Der Name des Gesetzes war sein Schild , und im Hinter-
grunde schirmten es Heer und \ olk. Am bedenklichsten aber
18) Plnt. Pomp. 47. Cic. de oflT. 2, 22. ad Fam. 8, 4. 19) Dio
38, 1. S. Cic. 2 PhU. 39. Oben {. 10. A. 75. 20) Ea natnra rei est,
nt haec extrema esse non possint. Quid cnim eos haec ipsa per se de-
iectare possnnt .' inimqHam hnc Tenissent , iiisi ad alias res pesUferas aditu:«
sibi compararent. ad Att. 2, 17 ia. 21) Plnt. Pomp. 47. Caes. 14.
Cato 32. Die Aanaluuc, dass ein Consnl während der Republik der Ur-
heber des ersten und des letzten Ackergesetzes war, !s» nicht ricliiig; noch
A. 44 nach Casars Tode liess der Tribun L. Antonius eins Rogation dic&or
Art durch das Volk bnstätigen. 1. Tb 113. 527.
200 XXI. lULII. (31. §.11.)
schien sein luLuIt; er verrieih eine grosse Mässigung-, und ge-
stattete kaum einen Einwurf, welcher sich nicht sogleich ent-
kräften Hess.'-) Cicero fragt: da die Zölle in Italien bereits
aufgehoben sind,°^) welche Einkünfte bleiben hier ausser dem
Zwanzigsten von der Freilassung der Sclaven übrig, wenn man
auch den campanischen Acker TCrtheilt? ^*) Er tadelt es, dass
man in ilnn die Hülfsquellen des Staats , die nächsten , vergeude,
lind durch den Ankauf anderer Ländereien den Schatz er-
schöpfe. ° ') Man konnte ihm erwiedern: der Verlast jenes
Ackers und die baare Auslage, welche der Staat doch nur Einmal
zu machen hat, und ohne Beschwerde von der asiatischen Beute
bestreitet, wird dadurch reichlich aufgewogen, dass er nach der
Verminderung der Volksmenge in Rom weniger üir Getraide
aufwendet, - ^) und nicht für die innere Ruhe fürchten darf. Die
Massregel ist demnach nützlich, nothwendig, und sie ist auch ge-
recht, denn nirgends wird der Besitz gefährdet, wie durch das
flavische Gesetz. .So konnten Gäsars Freunde zum voraus rüh-
men, g'egen seinen Antrag werde nichts einzuwenden sein. ^')
Auch die Art , wie er ihm Gültigkeit zu verschaffen suchte,
war in der Ordnung. Er unterwarf ihn zuerst der Prüfung des
Senats,-^) aber voll Zuversicht, weil man ihm nicht beizukommen
vermochte, und weil der Wortführer Cicero, der siegreiche
Gegner des Servilius Rullns , sich auf das Land zurückgezogen
Latte. '^^) Cicero befand sich seit seinem Consulat in einer Stel-
lung, welche ihm nur die Wahl liess, entvs'eder voranzukämpfeu
gegen die Feinde der Aristocratie, oder den Kampfplatz gänzlich
zu meiden. ^V^enn er ei-schien und schwieg, so fiel er aus seiner
Rolle, und die Optimaten zürnten; wenn er nicht schwieg, so
überlieferten ihn die Optimaten P. Clodius; hatten sie doch schon
eine kühne Aeusserung über den Zustand der Republik mit der
Aufnahme seines Feindes unter die Plebejer bestraft, so dass
dieser nun als Tribun ihn zügeln konnte, wenn er sich ferner
regte ^ ") : er gieng auf seine Villen.
22) Dio 38, 1. 2. App. 2, •133. 23) 2. Th. 31. A. 71. 24) ad
Alt. 2, 16. §. I. 25) Das. 2, 9. 5.3. 2, 17. .itl l'.uii «, 4. 26) Oben
f. S. A. 75. 27) ad Au. 2, 15. 16. 28) Ilio38. 2. 29) 2. Th'.
225. 30) 2. Th, 222. Aiit fortiler reM&lpndiim est legi agiaiiap —
am r{tliti^^nn(tßTn — niil eliitni <i<liuvajt(lurn . s'-lirielt er mit Ovüiidon für nn'l
XXI. lULlI. (31. §.11.) 201
Die GescLitLtscLreiber verweilen nur bei dem Gutachten de-;
M. Cato, nnd docL stimmten Andere vor ihm, da er nicLt einmal
Prätor g-ewesen vsar, «nd nicht bloss Bibuhis und L. Lucullus,
deren beiläufig gedacht wird, ^') erhoben sich gegen das Gesetz,
aher ohne Nachdruck.^') In den ersten Monaten des Jahrs
wandte sich Cäsar, ehe Pompejus den Vorzug erliielt, in der
Cnrie immer zunächst an Crassus; ' ^) jetzt mochte er sie nicht Tor
Anderen auffordern, weil die Berathuiig scheinbar frei sein sollte,
und diess durch eine ihm günstige Erklärung der Angesehensten
vereitelt sein nnd später bei Unternehmungen gegen sein Gesetz
berechtigt haben würde, über Zwaug zu klagen; nur im äussersten
Falle sollten sie einschreiten, imd dann vor dem Volke. Zur
Erörterung fand sich im Senat ohnehin wenig Anlass ; mau
konnte das Gesetz nnr unbedingt verwerfen, und auch Cato sah
keinen andern Ausweg; er nannte es eine Neuerung nnd jede
Keuerung verderblich. ' ') Aber nicht deshalb erlaubte man sich
Gewaltthätigkeilen gegen ihn, wie Dio glaubt, sondern weil
er durch fortwährendes Reden eiueu Beschhiss zu verhindern
suchte, * *) und nur nm ihn zu schrecken, und in der Erwartung,
er werde einen Tribun seiner Partei um Beistand anrufen und
dann ruhen, gebot Cäsar einem Lictor, ihn zu verhaften. ' ^) Er
fügte sich; die Versammlung gerieth in eine heftige Bewegung;
«eine Anhänger verlangten , dass man auch sie ins Gefängniss
führe, BI. Petrejus mit dem Zusätze, er wolle lieber dort mit
ihm, als mit Cäsar in der Curie sein,^') und dieser veranlasste
insgeheim einen Tribun zum Einspruch , wodurch Cato befreit
wider schon a. 60 aa Atticus. 2, 3 fin. Flnt. Cato 31 ISsst ihn an den
folgenden Verhandlungen Theil nehmen. 31) Plut. Cato 31. l'omj). 48.
32) Daher Dio 38, 2. 3: Keiner widersprach ausser Calo. So auch
Sueton. 20, wogegen sich nach Plut. Caes. 14 n. Calo 32, App. 2. 433
Viele widersetzten, nämlich dadurch, dass sie mit jenem ins GefSiigiiiss
wandern wollten. 33) Unten A. 51. 34) Dio 38, 3. Plut. 11. cc.
Suet. 1. c. 3Ö) So Ateius Capito in der Schrift De otficio senatorio
bei Gell. 4, 10 und auch Valer. M. 2, 10. §. 7, welcher ihn aber irrig
gegen einen die Ritter betreffenden Antrag sprechen lässt. Vgl. Cic. «d
Atl. 2. 21 n. Oell 14, 7. §. 8. Unten J. 24. A. 53. 36) Suet. 20.
Val. M. 1. c. ^ach Gell. I. e. einem Vialor. welches die Einmischung
•ines Tribuns voransselzeu würde. 37) Einige Handschriften bei Dio
38, 3 halicn Pelroiiius.
202 XXI. lULII. (3i.§. u.)
wurde.") Den Senat entlless der Consul mit der Bemerkung',
da mau den Gesetz -Entwurf, welchen zu verändern er sehr
bereit gewesen sei, sogar nicLt einer BeratLung- würdige, 80
werde er nun unmittelbar zum Volke gehen. ^ "j Djg Nachricht
(edocb , er habe die Väter in diesem Jahre nicht mehr ver-
sammelt, *°) ist so zu verstehen, dass er sie selten berief, unter
Anderem, um sein Ackergeselz zu beschwören und Auletes und
Ariovistus als Freunde des Reichs anerkennen zu lassen, und in
wichtigen Fällen, wo er des Erfolges gewiss sein wollte, sie
ferner nicht zuzog. Blanche Mitlheilung der Allen über ihn
bestätigt es: er befragte nach der Verheiralhung seiner Tochter
Pompejus in der Curie zuerst; nur Wenige pflegten sich seit
jener Sitzung hier einzufinden, und Q. Cousidius eröffnete ihm,
dass die Bewafl'neten die Uebrigen verscheuchten, und er nur
komme, weil er iu seinem Alter nichts mehr fürchte;'") der
Senat endlich fas.ste einen Beschluss über seine Provinz und sein
Heer.
Durch Vatinius und andere Sendlinge wnrde das Volk von
den Schwierigkeiten unterrichtet, mit welchen sein Beschützer
kämpfen müsse. Es sollte sich selbst davon überzeugen. Cäsar
beschied es auf den Markt, als er seine Rogatipn bekannt ge-
macht hatte , und forderte hier nochmals das Gutachten der
Grossen, damit sie aus sich herausgiengen. Sein College hatte
von Cato gelernt; er rügte die Neuerung, und als Cäsar und auf
dessen Bitte auch die Menge ihn zu erweichen suchte, entfernte
er sich mit dei> Drohung: nie, so lange ich Consul bin. *^) Der
Widerstand war entschieden, man musste auch seine Nichtigkeit
beweisen. Ein fernerer Aufruf der Blagistrate, unter welchen
viele wie Bibuhis dachten, war nicht der Weg ; mit Nichtachtung
38) Nacli Gell. , Suet, , Val. M. U. cc. begegnete ihm diess in der
Curie, nacli I'Jnt. dagegen später auf dem Markte, als über das angebliche
T.weite, den campan. Acker betrelTeade Gesetz ( Cato 33 ) oder über Cäsars
Provinzen (Caes. 14) gestimmt werden sollte; der Irrthniu ist dadurch
entstanden, dass er anf dem Alarkte in ein Handgemenge verwickelt wurde.
f lü. A. 59. 39) Dio 38, 3. Plnt. Caes. 14 verkeimt, dass Cäsap
eine fiiedlicho Einigung wünschen musste. Liv. 103. 40) App. 2, 433,
T)io .18, 4. 41) I'lui. Caes. 14. Zonar. 10, 6. Cic. «d Atl. 2,24. j. 3.
42) Pio 38. 4. Plut. Tump 47.
XXI. lULlI. fJl.§. 12.) 203
der Sitte wiinleii sie iibergaugen, uud Pompejus erLielt das Wort.
Ilr sollte ricLten z^viscLen den Consiiln, zwischen Senat und
Volk; bis zur Beläubunjj wurde ihm Weihraiicli gestreut, so dass
ihm fast jedes andre Bewiisslseiu scLwand, als das GefiiLl seiner
Ci rosse; aber er sollte sicU aucU seiner selbst entäiissern , kalt
und verscLlossen, wie er war, ölfentlicL und fcierlicli dem Senat
den Krieg- ankündigen, besclieiden und gemässigt, wie er scheinen
wollte, gleich einem libermiithigen Tyrannen sich gebehrden ; so
bestieg er die Rednerbiiline. \oa Cäsar befragt, ob er das Gesetz
billige, sprach er sein gewiclitiges Ja, uud unterstützte es mit
Gründen, welche eben so lockend für das Volk, als demiithigend
für den Senat und für ihn selbst schmeichelhaft Wciren; wiederum
befragt, wie er handeln werde, wenn man Gewalt gebrauche,
erwiederle er , dann werde auch er zum Schwerdte greifen.
Aehnliches vernahm man von Crassus,*^) und Andere wagten
nun keinen ^\ iderspruch. '*)
Lm den Bund zn befestigen, vermälilte Cäsar seine Tochter
Julia mit Pompejus, obgleich sie schon einem Andern verlobt
war,'*) und er selbst heiräthete Calpurnia, deren Vater L. Piso
im nächsten Jahre als Cousul über seine Gesetze wachen sollte.**)
Diese Ehen, welche Kellona stiftete,*') errregteu bei Cicero
Verdacht und Unwillen,**) und erfüllten Cafo mit Abscheu;
er erhob ein Geschrei über die nnerträglidie Kuppelei, ■^vodurch
man sich Aemter, Heere und Provinzen verschaffe, die Republik
und Pompejus sich selbst ins Verderben stürze**) und Ciirio,
Vater und Sohn, nebst Anderen stimmten ein.'") Cäsar aber
liess sich so wenig dadurch irren, dass er im Senat bis zur Wahl
der neuen Consnln nicht mehr Crassus, sondern Pompejus zuerst
aufrief. * ' )
§ 1-'.
(a. 59.) Die Comitleu nahten heran und die Vertheidiger
des Ackergesetzes gieugeu ihnen furchtlos entgegen , da keine
43) rint. Caps. Pomp. U. cc. App. 1. c. Pio 38, 4. 5. A'ellej. 2, 44.
f. 4. Vgl. Cic. ad A«. 8, 3 '. 2. 44) Uio 3?<, 5. 45) S. nntpii
§. 28. A 12 n. "So. 36. 46) 2. Th. 81. 47) -AMguslin. .le ri».
I>ei 3, J3. 48/ ail Au. 2, 17 in. 8. 3. '. 2. 49j FliH. Cups. 14.
roiii|i. 48. Caio 31 fia. App. 2, 435, 50) Suet. Caec. 50. 5i) Sne«. 21
204 ^XI. lULlI. (31. §.12.)
irdische Waffe iLin zu schadeu vermochte. Bei dieser schmerz-
lichen Gewissheit ergrilf 13ibulus die geweihte der ReL'gion ; er
zeigte an , dass er an allen Coinilial - Tagen den Himmel beob-
achten werde. '^) Die Gesetze des Aelius und Fufius, welche
Clodius im folgenden Jahre aufhob, ^^) berechtigten zu einer
solchen Ankündigung für einen Tag , an welchem man mit dem
Volke nicht verhandeln durfte , da es doch immer möglich war,
dass der Älagistrat ungünstige Erscheinungen am Himmel, Donner
oder Blitz bemerkte , wodurch die Götter den Beschluss unter-
sagten , lind jener genöthigt wurde , die Volksversammlung zu
vertagen ( obnunciare ). Dem alten priesterlichen Adel hatte sich
diess Mittel oft bewährt, aber in einer solchen Ausdehnung, und
mit einem so offenen Geständnisse, man werde sehen, was man
sehen wollte, war es noch nicht angewandt.
Um 60 weniger wurde es von Cäsar beachtet. In der
Nacht vor den Comitien besetzten bewaffinete Veteranen des
Pompejus und ein Tlieil des Volks mit verborgenen Dolchen deu
Blarkt. * *) Der C'oasul begann mit Anbruch des Tages von den
Stufen des Dioscuren - Tempels , welcher in solchen Fällen als
Burg benutzt wurde, ^ ') zum Volke zu reden, als Bibulus er-
schien. Drei Tribüne,'^) die Consularen L. Luculliii., Q. Ble-
tellus Celer und L. Gellius, ' ') ferner M. Cato, Favonins, dessen
Schatten, der jüngere Curio^') nebst Anderen seiner Partei und
zahlreichen Clienten begleiteten ihn. ^ ^) Sobald er Cäsar er-
reicht hatte, unterbrach er ihn durch seinen Einspruch. Wort-
wechsel und Handgemenge waren die Sache eines Augenblicks.
Man warf Bibulus die Stufen hinunter, zerschlug seine Fasce»
und bedeckte ihn mit Schmutz; zwei Tribüne wurden neben ihm
verwundet, und als er auch jetzt nicht wich, sondern seinen HaU
u. «las. Bannig. - Crnsiiis. Gell. 4, 10. 14, 7. §. 9. Dionys. H. II, 16.
52) Dio 38, 6. 13. Siiet. 20. Cic. p. ilom. IS. de har. resp. 23. ad Att.
2, 16. 5. 1: Biljnlus de coelo tum servassel, uec iie, silii (Pompeio) quae-
rendam non fiiisse. Eben so Rlilo a. 57. ad Atl. 4, 3: Proscripsit Blilo,
.^e per omiics dies couüliales de coelo servalurnra. 2. Th. 318. A. 97.
Ö3) 2. TIi. 239. A. 12. 13. 54) Dio 38, 6. Tlut. Pomp. 48. Caes. 14.
Ciilo 32. Lucall. 42. App. 2, 433. Zonar. 10, 6. 55) I>io I. r.. Ol.en
j. 9. A. 7. 56) Oben f. H. A. 92. 57) Gellii No. 2. A. 72.
38) Cic. ad Atl. 2, 18. J I. 59) Oben A. .i4 n. Liv. 103. Suet. 20.
XXI. lULII. (31. §.12.) 205
ruiblösste , um fiir das Recht zu sterben , führten ihn Freiinue
"\-\ iJer seinen Willen in den Tempel des Japiter Stator. '''') Am
liuig-sfen widerstand Cato; er .scliwaug' sich auf die RednerbiiLne,
um sich Gehör zn verschaffen , wurde herabgerissen, gelangle auf
einem andern W^ege wieder hinauf und schmähte Cäsar, bis man
ihn gänzlich vertrieb. Nach diesem Zwischenspiele wurden die
Verhandlungen erneuert und das Gesetz gieng durch.''')
Bibulus war heftig und hartnäckig, aber nicht unternehmend;
die Nobililät halte ihn aufgereizt, und er hoffte, sie werde nun
wenigstens am andern Tage im Senat ihn «nlerstiilzen , nud
wenn sie keine Blassregeln ergreifen konnte, das Verbrechen der
Gegner zu bestrafen und deren Triumph zu vereiteln, weil Cäsar
die Fasces und folglich den \ orlrag hatle , doch in Abschwei-
fungen vom Gegenstande der Berathung ihren Unwillen bezeugen
lind das Gesetz fiir ungiildg erklären : es herrschte aber tiefes
Schweigen, und er zog sich in seine Wohnung zurück, welclie
er bis zum Ende des Jahrs nicht mehr verliess. ^-) Dadurch
wurden auch die ihm befreundeten Tribüne in Unihätigkeit ver-
setzt, nnd die Senatoren gerechtfertigt, als sie das Ackergeselz
beschwuren,*^) ein Beispiel, welchem zu folgen doch auch
Q. Metellus Geier, M. Cato und M. Favonius zuletzt fiir rathsam
hielten;*') Spötter aber sprachen vom Consulat des Julius und
Cäsar. *')
Man schritt nun zur Wahl der Zwanzig, deren Zahl einen
60) App. 2, 434. 61) Ders. 1. c. I»!o 38, 6. r-.t. Cato 32.
Pomp. 48. LiT. 103. VeUpj. 2, 44. j. 4. Suet. 20. 62) Cic in Vatin. 9.
ad Fam. 1,9. §, 3. Vellej. 2, 44: Qno facto, diun angere Tnlt invidiam
coUegae, anxit potentiam. Suet., Dio, App. 11. cc. PInt. Caes. 14. Pomp.
1. c. Seneca Cons. ad Marc. 14. 63) Die Verpflichtung dazu lag in
ihm seihst. Oben f. 11. A. 16. Nur App. 2, 434 kennt ein späteres
Gesetz , -vrelches den Eidweigereru den Tod drohte, Appnlejus Satnrninus
gebot a. 100 in dem seinigen, die Senatoren sollten es binnen 5 Tagea
beschwören , bei Strafe der Ausstossung nnd einer Geldbnsse Ton 20 Ta-
lenten , und sie gehorchten nach einigem Zügern damals -me jetzt , bis aof
Metell. Nnmidicus. 2. Th. 39. 64) Dio 38, 7. App. 2, 434. Kach
Plnt. Cato 32 bestimmten diese die Thränen der Seinigeu und Cicero,
welcher ilnu Torslellle, er müsse sich dem Vaterlande erhallen ; diess sagte
Cicero drei Jahr später in der P.ode für Sexlius 28 zn seiner Enischal-
digung. 65) Suet. 20. Dio 38, 8. App. I. c. Oben §. 4. A. 51.
206 XXL lULII. (31. §.12.)
Missbrauclj der ibiien aiivertraiifen Gewalt verLindern sollte,'")
bald aber in der Tbat auf Fünf bescLrünkt wurde. Ausser Poin-
jiejus, welcher sich in dieser Angelegenheit nach Capna begab, ^')
und Crassus^') werden M. Atius Baibus, der Gemahl von
Cäsars Schwester Julia '' ") und nach Ciceros Urtheil als ein un-
bedeutender Ariciuer unwürdig, Pompejus College zu sein,'")
Hud C. Cosconius ") als Vollzieher des Ackergesetzes genannt.
Der Letzte starb noch in diesem Jahre, und man trug Cicero
seine Stelle an, welcher unter fremdem Namen der Commissiou
den Untergang wünschte, nur mit Verachtung sich über sie
äusserte'-) und seines Rufs wiegen '^) auf nichts eingieng, ''')
aber auch sehr erfreut war, dass man Clodius nicht aufnahm. ' ')
Das Hauptgeschiift erhielt ein Ausschuss von Fünf, und die
üebrigen wurden ihnen nur zur Hülfe beigegeben, etwa die
Raufcontracte abzuschliessen. ■'^) Alle waren den Optimaten
verhasst, welclie ihren ohnmächtigen Zorn selbst und durch ihre
Clienten und Söldner kund gaben, an ölfentlichen Orten Curio
den Jüngern und Andere ihrer Partei mit Beifallklatschen und
«ÜB Gegner mit Murren und Zischen empfiengen, und bei Cäsars
Auftreten wenigstens schwiegen.") Auch die Missvergnii(
auf den Gütern äusserten in vertraulichen Gesprächen ihre
rüstung, und Cicero, ihr Nachbar, hörte sie gern wie jene,
Botschaften aus Rom.'*') Nach seiner Rückkehr vom Lande
überzeugte er sich durch eigene Wahrnehmung, dass „die
Volksfreunde sogar die Gemässigten zischen gelehrt hatten ", ' ')
und dass die Schauspieler auf Pompejus anspielten, welcher in
66) Dio 38 1. 67) aJ Alt. 2, 12. 19. §• 2. de prov. cons. 17 fin.
68) Er wild nicht ausdrücklich erwiihnt, aber als Trinmvii- und nach seiner
lebhaften Mitwirkung konnte er nicht ansgeschlossen vferden ; überdiess
ist de prov. cons. 17: IVle in tribns sibi couiunclissimis consularibus esse
Tolnit (Caesar), auf Pompejus und ihn, nicht, wie Mannt, will, aufL. Piso,
Cäsars Schwiegervater, zu beziehen, denn dieser war noch nicht Consular.
69) Snet. Octav. 4. 70) ad Att. 2, 12. 71) Das. 2, 19. J. 3.
72) Das. 2, 6. 7. §. 2. 12. §. 1. 73) Unten A, 77. 74) ad Atl.
2, 19. §. 3. 9, 2 extr. §. 1. de prov. cons. 17. Vellej. 2, 45. §. 2.
Qnintil. 12, 1. §. 16. Vgl. 2. Th. 231. A. 51. 75) ad Att. 2, 7.
76) de prov. rons. 17. ad Alt. 1. c. wo Manu«, irrig viginli für quinqnn
<n lesen vorschlagt; s. 2. Th. 231. A. 52. 77} ad Att. 2. 18. §. I.
19. {. a. 78) D.1S. 2, «. 5. 1. 13. j. 2. 19. §. 3. 79) Da». 2. 19. §. 1.
XXI. lUUI. (31.5.12.) 207
tapua Acker anwies, und von einer tobenden Facdon g-enötLigt
wurden, ihre Worte meLmials zu wiederLolen. ^'') • Als Sach-
\N alter legte er auf solche Dinge einen grossen AYertL, und er
wünschte sich selbst zu •^iberreden , dass ganz Rom diese Stim-
niuug theilte,*') weil '•die Deniiithigung der Herrscher, welche
ihm seinen Tnumj)h vom J. 63 so bald und so schmerzlich ver-
leideten, ihm tröstlich war, und er zugleich holfle, Pompejos, „an
Beschimpfungen nicht gewöhnt , bisher immer gelobt und vom
Ruhme umgaukelt, und nun nugewiss, wohin er sich wenden
sollte , da vor ihm ein Abgrund gähnte und auch der Rückzug
Schwierigkeiten hatte" werde sich demioch zn diesem eni-
schliessen, und dann mit dem Senat ihn gegen Clodins beschützen.
Ja, der Triumvir erregle sein ]Milleiden, wenn er voll Ver-
stellung ihm offenbarte , wie gern er aus der verwickelten Lage
sich heransreissen möge; dann dachte er nach, fand aber kein
Heilmittel, und rechnete nur noch auf die öffentliche Meinung,
gegen welche der Bund nicht bestehen werde. *^)
Das julische Gesetz wurde indess zum Theil schon aus-
geführt , und etwa 20,000 , besondere Veteranen des Pompejus,
Lsahen sich nach einer willkührlichen Bestimmung ohne Ent-
'scheidung des Looses in Campauien versorgt,**) wo sie bei der
Erbauung ihrer Häuser auch die Gräber zerstörten und durch-
wühlten, und nach dem Berichte des Cornelius Balbns in dem
lyionumente des Capys, ^^Bründers von Capua, auf einer ehernen
Tafel die griechische Ii^Birift fanden : wenn man die Gebeine
des C'apjs entdeckt, wim der Enkel des Juhis durch die Hand
seiner .Stammgenossen fallen , und Italien bald durch grosses Un-
glück dafür büssen. *'') Doch vertheilte man nicht aüe Staats -
Ländereien in Campanien ; selbst im J. 51 waren nicht alle
angewiesen, und man sagte, Pompejus werde diess beeilen, damit
Cäsar nach der Rückkehr aus Gallien nicht darüber verfügen
kö'nne. *') Den Ankauf der Privat - Besitzungen erschwerte
80) ad An. ^.2 n. Val. Mas. 6, 2. §. 9. „ Kostra miseria In es
magnns " „Eandem Tirtntem istam, veniet teoipns, quum graviier geines."
81) ad An. 2, 22. §. 3. 23. {. 2. 82) Das. 2, 23. §. 2. 83) Säet. 20.
Extra sorlcm. Vellej. 2, 44. f. 4. App. 2, 433. Vgl. Caes. B. C. I. 14.
l>io 38, 7. 45, 12. 84) Sae(. 81. HS) Cic. ad Farn. 8, 10 fia.
Hier V 36 Co,
«208 XXI. lULII. (31. §.13.)
angeblich Clodiiis a. 58 als Tribun, da er mit eiuem Theile der
tla/.ii bestiinniten Siiminen die Consiilu Piso iiud Gabinius für ihre
Provinzen ausstattete, doch liegt in dem Zeugnisse seines Feindes
Cicero wenigstens Ueberfreibung', " *■) obg-leicL er am Ende seines
Tribunats auck mit Cäsar zerfiel.^') Im December 57 forderte
der neue Tribun P. Rutilius Lupus in der Curie die Rückgabe
des campauiscLen Ackers an den Staat ; man hörte ihn mit
schweigendem Beifall; mehr wagte man nicht, und der erwählte
Consul Lentulus Marcellinus erklärte es für .schicklich, in Pom-
pejus Abwesenheit nichts zu beschliessen. * *) Auch Cicero
beantragte am 5. April des folgenden Jahrs eine Berathung' über
diesen Gegenstand für den 15. Mai, und veranlasste dadurch eine
»rosse Aufregung bei beiden Parteien; aber Pompejus gieng voll
Unwillen zu Cäsar nach Luca in dessen Winterlager, und die
Berathung unterblieb. **)
§ 13.
(a. 59.) Durch das Ackergesetz war den Römern das
Triumvirat angekündigt und die Aristocratie gelähmt; die Wei-
genmg des Senats, mit sich reden und dingen zu lassen, galt für
Verzichtleistung auf seine Rechte, die wichtigsten Rogationen
gelangten von jetzt an unmittelbar an das Volk, "") und Cäsar
regierte allein. ^ ' ) Bibulus widerstand ihm nur durch öffentliche
Anschläge, durch Edicte, ohne selbst wieder aufzutreten, und
daher ohne Erfolg. ^^) Auch beschränkte er sich nicht auf
86) p. dorn. 9. Tgl. das. 21. p. Sext. 30. in Pison. 12. 35. 2. Tb.
262. A. 18. 87) 2. Tli. 281. A. 41 f. liier j. 15. 88) ad (Jn,
fr. 2, 1. §. 1. Unten §. 20. A. 40. 89) ad Fam. 1, 9 {. 3. ad Qn.
fr. 2, 8. Manutias ist in den A. der Meinung, die Vertheilung der frag-
lichen Ländereien habe vor Cäsars Tode gar nicht Statt gefunden, obgleich
ans dem Vorigen erhellt , dass man nur nicht über alle verfügte. Der
Vorschlag des D. Brutus a. 43, man möge den Truppen in Campanien
Acker geben , bezieht sich auf das nun ungültige Gesetz des L. Antonius
vom J. 44, nach welchem dessen Bruder Marcus in jenem Lande znm
Nachtheile der dort schon ansässigen Colonisten Güter angewiesen hatte,
nd lam. 11, 20. 5 PhU. 19. 1. Th. 113. A. 58. 114. A. 70. 129. A. 62.
90) Oben f. II. A. 40. 91) Suet. 20. Vellej. 2, 44. 92) Oben
5. 12. A. 62.
XXI. JULir. (31. §.13.) 209
EinsiiriicL, seiner friiLern Erklürnng gemäss, "') Eondern er war
seiner Würde so wenig eingedenk, dass er in diesen öffenllicliea
l'rkunden seinen Gegner, einen Consul, mit gemeinen, grössten-
ilieils auf Stadtgespräch gegründeten SctmäLungen angriff: er
liribe sich mit Catilina gegen die Reiniblik verschworen, 9«)
iHiJ mit Nicomedes gebuhlt, weshalb er ihn Röniginn von Bi-
tliynien nannte, welcher ein König am Herzen gelegen habe,
und nun ein Königreich am Herzen liege. ^') Jeder drängte
sich hinzu, diese „ archilochischen Edicfe" zu lesen, ^ 6) deren
Verfasser von seiner Partei bis zun' Himmel erhoben ^ ') und
n!s der Held gepriesen wurde, „welcher den Staat durch Zögern
niie",^^) wogegen Cicero, nur mit Reclitshaudeln beschäftigt,
sich wohl hütend, an Staalssachen TheU zu nehmen, '-"S) nicht
ohne Neid über die „neue Art, berühmt zu werden" spottete, '°°)
und der Tribun Vatinius sein Haus bewachen liess, um ihn zu
verhaften, wenn er sich zeigte. ') Als er die Wahlcomitien
verschob, hielt Cäsar auf dem Markte eine heftige Kede, nach
Ciceros Deutung in der Absicht, die Menge zu einem Sturm'
ge^en seine Wohnung aufzureizen, welches nicht gelang. ^) Er
SLhonte auch Pompejus nicht, und dieser vertheidigfe sich am
25. Juli vor dem Volke, aber so kleinlaut, so demüthig und
kraftlos, dass er „Allen und sich selbst missfiel, Cicero Tluänea
vergoss, und nur Crassus ein angenehmes Schauspiel hatte". ^)
Dahin führte ihn seine Trennung vom Senat, und ungesucht
zeigte sich Cäsar eine Gelegenheit, auch das Band zwischen
diesem und den Rittern zu lösen, welches Cicero als die schönste
Frucht seines Consulats und einen starken Damm gegen die
Neuerer betrachtete. Der Senat verfügte a. 61 nach dem Processe,
in welchem Clodius nach dem Vergehen gegen die Bona Dea
seine Freisprechung erkauft halte,*) dass über bestochene Richter
eine Untersuchung verhängt werden sollte; er schien sich damit
selbst für schuldlos zu erklären, und die Richter aus den beiden
93) Oben A. 52. 94) Snel. 9. Oben §. 4. A. 40. 95) Suet. 49.
Plnt. Pomp. 48. Oben §. 1. A. 100. 96) ad Att. 2, 20 Ca. 21. J. 2.
97) Das, 2, 19. §. 1. 20. §. 4. 21. J. 3. 98) Das. 2, 19. 99) Das.
2, 22. §. I. 100) Das. 2, 20. §. 4. 1) in Valin. 9. ad Fam.
1,9. §. 3. Dio 38, 6. 2) ud Alt. 2, 21. J. 3. 3) Das. J, 2<
4) 2. T(i. 214. ,: (,tt
IhLini.tiiii , Ot:jiliit.lili: IL'iiiui 111. ^^
210 'XXI. rULH. (31. §.13.)
anderen Ständen *) fiihlten sicH gekränkt. Zufällig war Cicero
abwesend ; in Briefen an Allicus konnte er den Beschluss nur
billigen ^) und mit grosser Entrüstung äusserte er sich über jene»
Gericht, ') aber die Beleidigten waren bestimmt, ihn gegen Clo-
dius zu besrhiilzen, deshalb rügte er es in der Curie, dass man
so rücksichtslos gegen sie verfuhr. ") Nun aber verlangten die
Jlitter , welche die Einkünfte in Asien von den Censoren nm
einen zu hohen Preis gepachtet hatten, von Crassus ermulhigt
in demselben Jahre die Aufhebung des Vertrags ; „ ein verhasster
Handel, eine schändliche Forderung, ein Gesländniss der Un-
besonnenheit", und dennoch am 1. und 2. December von Cicero
Ibevorwortet, damit die Stände einig blieben. Bletellus Celer, der
erwählte Consul, war dagegen, und auch Cato, doch hinderte ihn
die Kürze des Tages, sein Gutachten abzugeben. ^) Er glaubte
nicht, dass das gute Vernehmen zwischen Senat und Rittern vor
allem Andern in Betracht komme, '") und Cicero klagte am
1. Februar 60, nun schon den dritten Monat quäle er die armen,
ihm vorher treu zugethauen Pächter, und gestatte nicht, dass der
Senat ihnen auch nur antworte. ' ') Dadurch wurden sie diesem
verfeindet,'') sie, unter deren Beistande Cicero seinen fünften
December gefeiert hatte, '') seine Schutzwache auf dem Ca-
pitol, ") weil die Grossen sich nur mit ihren Fischteichen be-
schäftigten ") und Cato bei dem besten AVillen vergass, dass
man nicht in Piatos Republik lebte. '^) „Nichts konnte wahrer
sein, als dass man bestochene Richter selbst vor Gericht stellen
müsse, nichts schaamloser, als die Forderung der Ritter, aber die
Klugheit rieth, nachzugeben, den Verlust zu tragen; Cato wollte
es nicht, und er drang durch; so war denn vorauszusehen, dass
auch der Senat allein stehen werde."") Die Hülfe kam früher,
als Cicero ahndete, nur nicht für Uin, denn sie macIUe den Riss
noch grösser. Durch die Verheerung Asiens im mithridatischen
Kriege hatten auch die Pächter gelitten, und Cäsar gründete
6) 2. Th. 491, A. 51. 6) 2, 1. §. 6. 7) ad Att. 1, 16.
2. Th. 21S. 8) ad A«. 1, 17. §. 3. 9) Das. 1. c. 10) p.
Clnent. 55. 11) ad Att. 1, 18. J. 8. p. Plane. 14. Dio 38, 7. App.
2, 435. 12) ad Att. 1, 19. §. 6. 2, 9. §. 3. 13) 2. TIi. 532. A. 32.
14) ad Att. 2, 1. §, 6. p. Plane. I. c. 15) Hortens. No. 7. §. 6. A. 87.
16) ad Att. I. c. 17) Das. f. 6 n. 8.
XXI. lULn. (31. §.13.) 211
darauf im April 59 ' ^) seinen Antrag- an iaa Volk, ein Drittheil
der Pachtsumine zn erlassen, obg-leicli nur der Senat daza befng't
Vrar. '^) Cn. Plancius, selbst ein röiniscLer Ritter, sprach zuerst
iför die Rogation, ^°) dann Pompejus '') und oLne Zweifel auch
Crassas, und sie 'wurde ohne Hindernisse genehmiget ;' ^ ) der
Consul warnte sog-ar seine Schützlinge zum Nachtheil' des Schatzes,
in Zukunft vorsichtiger za sein,^^) und sie verehrten ihn als
ihren Wohlthäter.
Er hatte zwei wichtige, wenn auch nur Torbereilende Unter-
nehmungen ausgeführt und Pompejus ihn treu unterslülzt; nun
liess er dessen Einrichtungen in Asien bestätigen, ' ') nicht früher,
mn Volk und Ritter zuTor günstig zu stimmen, nnd die Optimalen,
einzuschüchtern, wie er ihm selbst sagen mochte, in der That
aber, um dadurch dass er anfangs, im Ackergesetze, sein AVort
nur zur Hälfte lös'te, ihn abhängig zu erhalten. Auch Terschaffts
er dem Freunde nur eine eitle Ehre, und sich den wesentlichen
Vortheil, dass dieser die Gesetze und Einrichtungen des Consuls,
welche wegen der Verachtung der Anspicien „ leicht umzustossen
■waren", ^') rertheidigen niusste. Pompejas behauptete nach
seiner Ankunft in Asien, nur ein Feldherr, welcher einen Krieg
endige, habe die Befugniss, in den eroberten Ländern An-
ordnungen zu machen , imd daher sein Vorgänger L. LncuUus
weder zu Gunsten noch zum Nachtheil der Städte, Truppen,
Bundesgenossen oder Einzelner verfügen können ; ' ^) er erkannte
keine seiner Handlungen an, obgleich der Proconsul die zehn
römischen Gesandten zugezogen hatte, wie es sich gebührte. *')
Nicht Cato allein fand diess ungerecht, auch ]>IeleUu8 Creticns,
welchem Aehnliches begegnet war, ^^) Aletellus C'eler und viele
Andere bewrkten in Verbindung mit Lucullus , dass der Senat
das Verfahren des Pompejus nicht genehmigte. °^) Cäsar ent-
18) ad A«. 2, 16. {. 1. 19) Polyb. 6, 13. 20) p. Plane. 14.
21) ad Alt 1. c. n. 8, 3. §. 2. 22) Soet. 20. Dio u. App. 1. c.
23) ad Au. 2, 18: 2:xo7i6g est, nt snspicor, Ulis qui tenent, nnllam cni-
qnam largitioaem relJnquere. Soeton. 1. c. Caetera item, qnae cniqne
libni.ssent, dilargitns est. S. nnten §. 53. A. 63. 24) Dio 38, 7. PInl.
Pomp. *8. App. 2, 435. VeUej. 2, 44. {. 2. Snel. 20. 25) ad Att.
2, 14. §. 1. 26) Plnt. Pomp. 38- 27) Das. 31. Lucnil, 36.
28) 2. Th. SS. 29) VeUej. 2, 40. Dio 37, 49. 38, 7. Plal. LucdU, 42.
Pomp. 46. 48. Cato 31. Flor. 4, 2. $. 8.
14*
212 XXI. lüLII. (31, §.13.)
-scliied dnrcli einen VolksbescLliiss , und Lncnllnü, welcLer sicL
aiicli je(7.t noch videi-setzte , wurde durch die Drohung', ihn
wegen der Verwaltung Asiens anzuklagen, so sehr geschreckt,
dass er ihm zn Füssen fiel, und seine Ansprüche aufgab. ^ °)
Ausserdem aber wünschte Pompejus eine Schuld aus der
Zeit seiner Statthalterschaff in Asien abzutragen, und der Consul
war unermüdlich, Uim zu dienen. Er hafte während seines Feld-
zngs jn Judäa im J. 63 bedeutende Summen aus Aegypten er-
halten, ^') dessen König Ptolemäus Auletes als natürlicher Sohn
des Lafhurus ^') und wegen des angeblichen Testaments seines
Oheims Alexander I , nach welchem die Römer das Land erben
sollten,'^) für seinen Thron fürchtete. Cäsar selbst verlangte
a. 65 die Vereinigung des ägyptischen Reichs mit dem rö-
mischen , ^ *) nnd zwei Jahr später wurde die Sache im Acker-
gesetze des RuUus von neuem augeregt. ^ ') In dieser Gefahr
wendete sich Auletes an Pompejus, zugleich aber unterstützte er
dessen Fürwort bei dem Consul nnd bei anderen Grossen mit
Gelde und Versprechungen, und Cäsar beruhigte ihn im Anfange
dieses Jahrs '^) durch einen Senats- und Volksbeschluss , in
welchem er als Freund und Bundesgenoss anerkannt und damit
bestätigt wurde. ^ ')
Eine gleiche Gunst erwies Cäsar %vieder mit Zuziehung des
Senats dem germanischen Fürsten Ariovistns, welcher auch grosse
Geschenke erhielt. Nach seiner Behauptung hafte dieser sich
di-ingend um die Freundschaft der Römer beworben, er sollte
aber wahrscheinlich durch den Vertrag gebunden und abgehalten
w^erden, die vom Consul bereits beschlossene Eroberung Galliens
zu erschweren. ")
30) Snct. 20. Rio 38, 7 erzählt so, als habe er TOni Anfang nichts
gegen die Rogation nnternominen. 31) Plin. 33, 47 (9). Joseph. A. J.
14, 3 (5). 32) 2. Th. 263. 494. A. 79. 33) Das. 264. A. 31.
53S. A. 68. 34) Das. 264. Hier §. 4. A. 61. 35) 2. Th. 265.
Hier J. 5. A. 32. Clodius schickte a. 58 M. Calo nach Cypern, die Insol
als ein ügypt. Nebenland in Besitz zn nehmen. 2. Th. 262. 36) Cir.
ad Att. 2, 17. §. 1. 37) Das. Caos. R. C. 3, 107. Snef. 54. Dio
39, 12. Cic. I). Rahir. Post. 3. 38) des. I{. G. 1, 35. 40. 42. 44.
l'lnt. Caes. 19. Dio 38, 34. App. (Jeltic. I. 4 Exe. 14 de leg. ed. Schw.
Vnlen {. 15 fin. u j'i-'j .V.^ >*■ ,>.w. *
XXI. ILLII. (31. §.14.) 213
§ 14.
(a. 59.) Die übrigen juliscLen Gesetze mag Dio nicLl
läher bezeicLnen, ^Ye^I ibre Zahl zu gross sei uud seine Auf-
gabe es nicLt erfordre ; er fügt nur Linzu , Cafo Labe als Prälor
jie nie nach ibrem UrLeber, sonJeru zum TLeil mit den läcLer-
JcLsten Wendungen anders benannt. ^^) Man findet aucL bei
veinem Andern LinreicLende nnd zuverlässige NacLricLten über
iie, so dass es bei mancLen ungewiss bleibt, ob sie Ciisars erstem
Consniat oder der Zeit seiner HerrscLaft oder selbst Augustus
ingeLören,-und ein Ganzes oder nur AbscLnide eines Ganzen
insmacLen. Ueber das Gesetz gegen Erpressungen, 1. lulia de
l>6cnnib repetondis , welcLes entscLieden im J, 59 gegeben
Vvnrde, *") erLält man darcL Cicero einigen AufscLluss, jedodi
ist es nicLt möglicL, seine C'apitel, deren melir als 101 waren, * ')
rollsiändig Lerzustellen , znmcJ da in den Pandecten sx>ätere Zu-
sätze eingescLoben sind. *^) Es übernaLm Mebreres aus den
älteren Gesetzen dieser Art, ancL aus dem corneliscLen, * ') war
aber strenger, weil es meLr ins Einzelne gieng, nnd die Strafen-
scLärfte. DesLaib wird es von Cicero gerühmt,**) obgleicL es-
nur die Opfimaten beschränken sollte, während Cäsar in seinen
Provinzen nach Gutdünken zu Landein und sicL der ALndnng
zu entziehen gedacLte. UnrecLtmässiger Erwerb sowoLl der Pro-"
vincial-BeLörden und iLres Gefolgs, als der städtiscLen, so fern-
er aus dem IMissbranche ihrer Befugnisse , ihrer Gewalt und ihres •
■ li
39) a. 54 iD der Quästion über Repetnuden mnsste er nach Cäsars
Gesetze ricliten. Dio 38, 7. 40) Cic. p. Sext. 64. iu Vatiu. 12.
41) ad Farn. 8, 8. §. 2. 42) Dig. 1. 48. tit. 11. lex 1 t. Das. leg. 7;
liodie ex lege rep. extra ordiaem piminnlur; et plenunqne vel exilio pu-
uiuutnr, vel etiam durius, prout admiserint. (Marcell.) Sigou. de iudiciis
2, 27 ist mir eiu Auszug aus den Tandecten, niit einigen Stellen aus Cicero.
Eben so Anton. Augustin. de legg. in Graev. tbes. 2. p. 1217. Ferrat.
Epist. 1 , 10 widerlegt Einiges im Conunenlar des Slannt. zu Cic. Or. p.
Rah. Post. Mannt, de legg. p. 55 b. sali wenigstens, dass die Bestiuimnng
ülier die Reclinungeu I^ein besonderes Gesetz war, wie nocb Ernesti (ind.
legg. Schütz, p. 264) annahm, sondern als ein sehr wesentlicher Theil dem
liier Besprocheneu zufällt. 43) S. die Uebersicht der legg. rep bis auf
Sulla im 2. Th. 488. 44) p. Rabir. P. 4: Mulla sunt severius scripta,
quam iu antiquis legibus, et sanclins iudicata, p. Sext. 64 fin. : Optima
lex. iu Vatin. 12: acerrima. in Pison. 10: iustissima atqae oi)lima.
214 XXI. lULH. (31. §.14.)
Einflusses Lerrorg'eLen konnte, wiirde darin verpönt; der Bürger,
ProTincial und Biindesgenoss , welcher von ihnen abLängi» war,
oder mit ihnen in Berührung; kam, sollte vor gesetzwidrigen For-
derungen und bei Streitigkeiten vor parteiischer Entscheidung,
der Schatz vor Verlust und der Staat überhaupt vor den Nach-
theilen einer gewissenlosen Verwaltung und Rechtspflege bewahrt
werden. * ') Das Gesetz bestimmte demnach, was dem Statthalter
auf der Reise und in der Provinz zu leisten und zu liefern sei:
Obdach, Lager, Holz und Salz für ihn, seine Unterbeamte und
Begleiter, und Stallung und Heu für die Pferde und Last-
thiere. *^) Ohne Auftrag von Volk oder Senat sollte er die
Gränzen seiner Provinz nicht überschreiten, das Heer nicht hinaus-
führen , keinen Krieg unternehmen und sich nicht mit den An-
gelegenheiten eines benachbarten Reiches befassen.'') Aach
war ihm nicht erlaubt , Rronengold als Beisteuer zu den Kosten
des Triumphs zu fordern , wenn der Senat diesen nicht bewilligt
Latte. ' *) Bei seinem Abgange legte er in zwei Städten seiner
Provinz Rechnungen nieder, und dann eine völlig gleicLlantende
im Schatz'. * s) Die Pandecten erwähnen ausser den genannten
andern Vergehen, welche nach diesem Gesetze unter den Begriä
der Repetunden fallen, so dass es auch gegen diejenigen gerichtet
war , welche als Ankläger , Richter oder Zeugen sich bestechen
Hessen, Geld nahmen, jemanden zum Kriegsdienste auszuheben
oder davon zu befreien, im Senat oder in einer andern öffent-
lichen Versammlung ein Gutachten abzugeben, wie es gewünscht
45) Die Riner als solche gieng das CeseU nicht an. p. Rab. P. 5.
46) ad Atf. 5, 10 n. 16. 47; in Pisoa. 21 u. das. 1. c. : Exercitnni
cdnxjl ex Syria (Gabinius). (Jni licuJt exlra prOTinciam? 16: I-ege Cae-
saris popnli liberi plane et vere erant IJberi. 37 : Mino diplomala tota in
provincia passim data; mitto nnmernm naTinm, snmmamqne praedae ; mitto
rationcm exacti imperatiqne frnmenti ; mitto ereptam liberlalem popnlis ac
singulis , qni erant alTecli praeniiis nominatim ; qnornm nihil est ^ qnod non
sit lege lulia, ne Ceri liceat, sancilnm diligenter. p. dorn, 9: Nonne no-
minatim popnlos liberos, mnltis S. G. etiam recenti lege generi ipsius übe»
ratos etc. de prov. cons. 4 : Ut tibi pecnniis editis ins in liberos popnlos ~~-
conlra legem generi tm dicere liceret. 'WolF zu Or. p. dorn. 1. c. denkt
an eine lex Inlia de proTinc, welche Cäsar als Dictator gab. 48) in
Pison. 37. 2. Th. 69. A. 2. 49) ad Alt. 6. 7. ad Farn. 2, 17, 6, 20.
in Pijoa. 25. flnt. Cato m. 38. Dio 39, 23.
XXI. lULII. (31. §.14.) 215
wurde, nnti Gefraide, welcLes nicht vertLeilt, oder Banten, ■welche
nicht ausgeführt waren , dem Schatze iu Rechnung brachten.
]Vack dem julischen Gesetze sollte der Verbrecher nicht bloss
mit £xii nnd Schadenersatz biissen, wie schon nach älteren,
sondern anch aus dem Senat gestossen werden, '") nnd wenu
sein Vermögen nicht zureichte, das Gericht untersuchen, wer den
Mitgenuss am Erpressten gehabt habe, * ') und diesen zur Zahlung
des Fehlenden anhalten , wie früher bereits das servilische und
comelische Gesetz verlangten. '^)
Andere Rogationen kann man Cäsar mit demselben Rechte
znschreiben, obgleich sie den Namen des P. Vatinius trugen, ' ^y
eines erkauften Tribuns. ") Die erste machte dieser im An-
fange des Jahrs oder schon am Ende des vorigen bekannt :
Kläger und Beklagter sollten nicht bloss wie bisher einzelne,^')
sondern alle Richter einmal verwerfen dürfen ; lex Vatinia de-
alternis consiliis reiiciendis. Als er jedoch erfuhr, dass man
C Antonius , Ciceros GoUegen im Consnlat , belangen wolle,
zögerte er, bis es geschehen war, und beschränkte dann sein
Gesetz auf Processe, welche man nach dessen Bestätigung an-
hängig machen werde, damit es dem Consular, dem Optimaten,
nicht zu Statten kam. ' *)
SO) Soet. Caes. 43. Otho 2. Taci«. H. 1, 77 fin. Plin. Epist. 2, 11. 12.
Paul. Recept. sent. 5, 28. Heinecc. Ant, R. 4. tit. 18. §• ^^5. Lips. zu
Tacit, 14, 28. 51) Qno ea pecunia pervenerit. p, Rabir, P. 4.
52) p. Rabir. 1. c. S. Gabinii No. 5. §. 3. A. 52 u. 78. Als Gabiiiias
a. 54 nach der ■willkührlictiett Herstellnng des Auleies Tvegen Repetunden
verurtlieilt war, nnd die Ton ihm geforderte Summe nicht zahlen konnte,
nahm man C. Rabirins Postnmns in Anspruch, ireil auch er in Aegyptea
gewonaen habe; appeudicula cansae iadicatae. p. Rab. 1. c. u. c. 7: Cum
ita dicis, Posiumi impulsu Gabininm profectuni Alexandriam elc. 11: Ait
enim (C. Memmins, accusator) dum Gabinio pecuniam Fostumus cogeret ex
decnmis imperatornm, pecuniam sibi coegisse. 53) in Vatin. 6, Deinde
qnaero, quae sit anctoritas eins, qni se alterins facto, non sno defendat? —
Si iam ^iolentior aliqua in re C. Caesar fuisset — id tu tibi, fnrcifer,
snmes, etYatinii latronis ac sacrilegi tox andielnr, hoc postnlantis, ut idera
sibi concedatur, quod Caesari ? 54) Das. 12. 16. 55) Ascon. in
Verr. Act. 1, 6. OreU. p. 131. 56) iu A^itin. 11. 1. Tb. 539. Es
bezog sich nicht bloss auf Klagen wegen Repetnnden, eine Annahme, wozu
man ohne Zweifel dadurch verleilet ist, dass nun eben Antonius Tregcn
die«es Verbrechens vor Gericht stand.
216 XXI. lULII. (31. §.14.)
El" erLielf Jjald eine höhere Beslimrating. Cäsar hafte al»
Consul mir Anderen gedient, dem Volke, den Rittern uud Pom-
pejiig, und sich in neue Schulden gestürzt, um die ßlenge darcL
Bühnen - und Fechter.spiele za ergötzen, in welchen er sich selbst
übertraf; ' ') anspruchslos äusserte er, für sich bedürfe er nichts; ")
er bedurfte aber Provinzen, solcher Provinzen, welche ihm den
Sieg' über Freund und Feind verbürgten, und Vatinius forderte
sie für ihn. Blit dem Senat, dessen Beschluss über seine Ver-
waltung' nach dem Consulat Furcht uud Hass verrieth, * ^) mochte
er nicht mehr rechten, auch war es überflüssig', da er sich stark
genu^ fühlte, ihn und da^ sempronische Gesetz, nach welchem
die Curie, und zwar jährlich, über die Consular- Provinzen ver-,
fügen sollte, ®°) unbeachtet zu lassen. ^') Auf Vatinius Antrag
gab ihm das Volk, in welchem auch Porapejus Veteranen,^')
und die Freunde des Crassus,''^) Clodius ^*) und L. Piso^^)
stimmten, das cisalpinische Gallien imd Illjricum mit drei Le-
gionen auf fünf Jahr. ^ ^) Es glaubte sich ihm verpflichtet,
während es seinen höchsten Wunsch erfüllte, und die anderen.
Triumvirn empfanden keine Eifersucht. Pompejus verlangte nach
wohlfeil errungenen oder auch fremden Lorbeeren, und Crassns,
nach grösserem Reichthum. Wahrscheinlich blieb es ihnen nicht
verborgen, dass man den Senat veranlassen werde, das jenseitige
Gallien hinzuzufügen ; in jedem Falle war es von mehreren
Seiten bedroht, und ein Statthalter am Padus konnte der Theil-
nahme am transalpinischen Kriege kaum entgehen, Blan fürchtet
diesen, schrieb Cicero im März des vorigen Jahrs; die Aeduer,
kämpfen, die Seqiianer haben unglücklich gefochteu, und die
Helvetier sind ohne Zweifel unter den Waffen und machen
Streifzüge auf unser Gebiet; *') später giengen zwar bessere
Nachrichten ein,*') man hatte aber keine Gewissheit, und die
57) App. 2, 435. 58) Dio 38, 8. 59) Oben §. 10. A. 68.
60) Das. A. 66. 61) in Vatin. 15. 62) Suet. 22. Plut. Caes. 14.
63) Pliit. Crass. 14. 64) App. 2, 436. 65) Suet. 1, c. Ohen
§.11 fiü. 66) Plnt. Caes., Crass. 11. cc. Ponipej. 48. Calo 33. App.
2, 435. Dio 38, 8. Zoiiar. 10, 6. Cic. in Valiu. 15. de prov. cons. 15.
Caes. 15. ü. 2, 35. 3, 7. 5, 1. VeUcj. 2, 44. J. 5. Suet. 22. Gros. 6, 7
giebt TvJe Eutrop. 6, 17 (14) die Zahl der Legionen /.n hooli an. Vgl. Flor.
3, 10. 67) iid Au. 1, 19. ;. 2. 68) Das. I, 20. §. 6.
XXI. iüLn. (31.5.14.) 217
Gallier scLienen Rom so gefülirlich zu sein, dass im Kriege mit
ihnen keine Ausnaliine vora Waffendienste Statt fand * ^) Ohne
Ahndang der Folgen vei-setzten also Pomxjejus und Crassus ihren
CoUegen „gleichsam in eine Burg". '")
Auch die Alten, welche das Ende über den Anfang belehren
konnte, sehen in Cäsars Leben selten die Bedeutung des Ein-
zelnen; sie lassen ihn im Geiste gewöhuliclier Oplimaten han-
deln; er zog Gallien vor, sagt Sveton , weil es Beute und
Triumphe verhiess;"') diese waren aber für ihn nur Büttel.
Ein blutiger und langwieriger Krieg sollte ihm ein Heer ver-
schaffen, welches sich vom Staate ablös'fe und nur ihm gehorchte;
er sollte die nächsten Interessen des Volks berühren, nnd ein
siegreicher gallischer war dazu geeignet, denn ein cimbrischer
Schrecken hatte sich der Gemüther von neuem bemächtigt;''^)
er sollte auch nicht fern von Italien geführt werden, damit Rom
den Feldherrn nnd er Rom nicht aus den Augen verlor, wie es
PompeJQS in Asien begegnet war. Deshalb galten ihm eben beide
Gallien für unzertrennlich; das eine hatte ohne das andre nicht
den halben ^^ erlh für ihn, sondern gar keinen. Jenseits der
Alpen war sein Schlachtfeld, seine Goldquelle und sein Uebungs-
l>latz für den Bürgerkrieg; diesseits sein Winterlager, wo er
die Berichte seiner Freunde in Rom und seiue Aufträge für sie
durch mündliche Mitlheilungen ergänzte, seine immer glänzendem
Lorbeem mit einem immer kräftigeren Druck auf die Gegner in
der Nahe zeigte, imd endlich sich zum Angriff' aufstellte, ohne
die gesetzmässigen Schränken zu durchbrechen. ' - '') Solche Zeilen
Latte man nicht vorgesehen, als man einen TheU der Halbinsel
zur Provinz machte, und Pompejus vergass, als er Proconsul von
Spanien wurde, and vor Rom blieb, dass der Nebenbuhler nun
zwischen ihm und dem Kern seiner Truppen stand.
Wohl konnte C" ir vom Volke mehr erhalten, aber nicht
ohne den zwiefachen Kachtheil, dass es den wahxen Grund seiner
ilan bisher bewiesenen Guust entdeckte, und das Geschenk un-
sicher wurde; die Optimaten sollten dessen Gültigkeit dadurch
anerkennen, dass sie es vergrösserten. Deshalb sprachen" die
69) App. 2, 523. 70) Tlut. Crass. 14. Calo 33. 71) Caes 22.
721 ad Au. 1, 19 in. de prov. cons. 8, 13. TU) Gallia, «piao sempei
piaesiilct nlqqe praeseilit Iiuic iuiperio.
218 XXI. lULH. (31. §.14.)
Aiihäng'er cles Consuls von einer dritten Provinz, und der Senat
bewilligte iLm voll Bestürzung' das jenseitig-e Gallien , Comatam,
nnd eine vierte Leg-ion, ebenfalls auf fünf Jahr, um einer nenen
Anmassung' des Volks zuvorzukommen.'^) Valinius mochte
dazu auffordern, aber am naclidrücklichsfen stimmte Pompejus
dafür,") in der Meinung', er überliste den Freund, ■wenn er
ihn auf so viele Jahre entferne, «nd indess mit der Gewalt des
Triumvirats über Curie nnd Comitien gebiete; wie sehr eine
lange Abwesenheit schade, hatte ja die eigene schmerzliche
Erfahrung ihn gelehrt. Bei dem Allen vermied Cäsar jede muth-
willige oder zwecklose Beleidigung des Senats; er verhöhnte ihn
nicht in einer drohenden Rede, als er so viel erreicht hatte; '*)
es lag nicht in seinem Character und würde den ohnehin zu er-
wartenden Angriff auf seine Gesetze beschleunigt haben. Zu
seinen Entwürfen stimmte dagegen das vatinische Gesetz, welches
ihn ermächtigte, nach Comum, nördlich vom Padas, 5000 Colo-
nisten zu schicken, und diesen das Bürgerrecht verlieh. '^) Da-
durch schmeichelte er Pompejus, dessen Vater Pompejus Sirabo
den Ort, von jetzt an Novum Comum genannt, nach einer Ver-
wüstung durch die Rhätier hergestellt nnd ihm das lateinische
Recht gegeben hatte, so dass jeder nach der Verwaltung eines
obrigkeitlichen Amtes in der Colonie römischer Bürger wurde.")
C. Scipio vermehrte die Zahl der Einwohner mit 3000. ' «) Längst
sehnten sich alle Transpadaner nach dem römischen Bürgerrechte,
und wenn man annehmen muss , dass Cäsars Lebensplan im
Wesentlicheu von Anfang fest stand, dass er namentlich aus den
angeführten Gründen die beiden Gallien sehr früh sich zu Pro-
vinzen ersah, so begreift man nun auch, warum er schon als
Quästor jene Absichten begünstigte ; ' ä) er wollte sich zum
73) S. die Stellen in A. 66 n. Dio 38, 41. 74) ad Alt. 8, 3.
§. 2. Ille Galliae ulterioris atliunctor. 75) Snet. 22. 76) Ders. 28.
Strabo 5, 213. App. 2, 443. Plnt. Caes. 29. Vgl. Cic. ad Alt. S, II.
ad Fam. 13, 35. 77) Ascon. in Or. in Pison. in. OreU. p. 3. Sirabo,
App. 11. CO. Plin. 3, 24 (20). Die NoTOCOmenser erhielten also iion Cäsar
nicht erst das lateinische Recht, sondern die römische Civität, -n-eshiilb
nun M. MarceUns Cos. 51 einen Ein-wohner der Stadt geissein liess, um
zu icigen , dass er sie nicht anerkenne. ad Att. 5, 11. Plut. I, c.
78) Strabo I. c, 79) Oben j. 3. A. 33. Vgl. Dio 37, 9.
XXI. lULII. (31. §.14.) 219
voraus am Padus Frennde erwerben und Jetzt durch die WoLl-
<Lat, welche er Einer Stadt erwies, sie auch den anderen ver-
bürgen. In der That zeigten sich alle ihm treu ergeben, *°)
und im J. 49 empfiengen sie den gehofften Lohn. "')
Während er auch bei solchen Massregeln Poinpejiis aus-
zuzeichnen schien, war er stets darauf bedacht, das Zerwiirfniss
zwischen ihm und den Grossen zu unterhallen. Auf sein An-
stiften und unter der Vermittlung des Vatiuius wurden Mehrere
von dem Ritter L. Vettius als Urheber einer Verschwörung
gegen Pompejus angegeben. Aber der Tribun und der Ankläger
entledigten sich ihrer Aufträge so schlecht, dass er fürchten
musste, seine Umtriebe entschleiert zu sehen, und Vettius im
Gefängnisse beseitigt wurde. '^)
Die Optimaten grollten indess in der Wohnung des Bibulus,
ihrem Sammelplatz , und trieben ihn an , gegen die Handlungen
seines CoUegeu in Edicteu Einspruch zu thun,'^) besonders
gegen die Wahlcomitien , deren Erfolg sie voraussahen, wenn
sie auch eine Zeitlang nicht wussten, wem das Consulat bestimmt
sei. ^*) Vor dem 18. October wurde nicht darüber entschieden,
dann aber wählte das Volk. L. Piso, Cäsars Schwiegervater, und
den Günstling des Pompejus, A. Gabinius, *') welchen C. Cato
vergebens wegen Bestechungen zu belangen versuchte. ' *)
Sie sollten mit ihrem amtlichen Ansehn die jiilischen Gesetze
aufrecht erhalten, welche besonders durch Cicero und M. Cato
bedroht zu sein schienen; denn jener war ei-bittert, weil er seinen
Einflass verloren halte, ") und als Redner gefährlich, sobald die
Furcht ihn nicht mehr ziigelte, und über Cato vermochte auch
diese niclils , er wich mit seinem Eifer für die republicanische
Verfassung nur der Gewalt. In keinem Falle durften sie Cäsars
Pläne vereiteln, sein Ehrgeiz liess nicht mit sich dingen, aber er
war in so fern duldsam, als er auch der Leidenschaft Anderer
80) Cic. ad Alt. 7, 7. ad Fam. 16, 12 (II). 81) Dio 41, 36.
S. unten §. 46. A. 70. 82) 2. Th. 233. 83) App. 2, 433. Oben
}. 12. A. 52 n. 62. 84) 2. Th, 64. Ä. SS f. Hier §. 10. A. Sl,
Arrins. 8S) 2. Th. 64. A. SS. 6S. A. 61. 86) Gabiiiii No. S.
l^. 2. A. 20, 87) Meuiiiierani , nobis priralis asqiie ad Caesarcin et
Bibuluin consnles , quum sententiae noslrae magnani in Senatn pondns ha-
berent, uaojii lere sensnm fiiisse bonortun ornuium. ad Fam. I, 9. f. 4.
220 XXI. lULII. (31. §.14.)
KecLfe einräumte, und wenn sicL die MöglicLkeit zeigte, sie auf
eine milde und grossuiütLige Art ans seiner BaLu zu entfernen
suchte. Das Unredit Lbrt desLaib nicht auf, Unrecht zu sein,
doch verletzt es weniger das sittliche Gefühl. In Lasars Ver-
fahren gegen Cicero bemerkt man eine Schonung, welche seine
Achtung gegen den hochgebildeten Mann beurkundet. Schon oft
war die Hinrichtung der Älitschi^digen Catilinas für Alord er-
klärt, ^ *) nnd Cicero glaubte, dass Clodins sich zu ihrem Rächer
Rufwerfen werde, um ihm für eine Beleidigung zu vergelten. ^^)
Durch diesen Patricier wollte Cäsar den Consnlar schrecken,
aber nicht mehr, wenn er sich fügte. Als Cicero seinen Hass
gegen die Herrscher in einer Rede für C. Antonius ölfentlich
äusserte, wnirde Clodius an demselben Tage Plebejer nnd damit
befähigt, sich durch das Tribunat gegen seinen Feind zu be-
waffnen. ä°) Dieser gieng auf das Land und entzog sich den
Verhandlungen über das julische Ackergesetz.*') In der Hoff-
nung, dass er sich nun zu einem Schritte entschliessen werde,
welcher «hm höhern Schutz nnd den Triumvirn sein ferneres
Schweigen verbürgte, machte ihm Cäsar nach seiner Rückkehr
den Antrag, er möge Ihn als Legat in die Provinz begleiten oder
nnter dem Verwände eines Gelübdes reisen; *^) die Sorge für
seinen Ruf und die Scheu vor einer langen Abwesenheit von
der Stadt liess ihn beides verschmähen. Daher folgte das An-
erbieten, ihn «mter die Vollzieher des Agrargesetzes aufznnelmien ;
aber auch diess lehnte er ab, weil er sich nicht binden und als
Retler der Republik sich nicht entehren mochte. ^ ') Clodius
wurde Tribun; er schickte im nächsten Jahre Cicero ins Exil
nnd Cato nach Cj-pern,'*) und bewährte sich schon in diesem,
denn er unterbrach Bibulus, als er am letzten December wieder
auf dem Älarkte erschien, um nach dem herkömmlichen Schwüre
das Gift seiner Edicie nochmals über Cäsar auszuschütten. ^^)
Dieser miissfe nun freilich wünschen, dass seiner Verwaltung
nicht weiter gedacht wurde, aber eines gemeinen Gamierstreichs
beschuldigt ihn wieder nur Srelon, ' *) welcher auch mit manchen
88) Olieii 5- 9. A. 3. 89) 2. Tl.. 212. A. 19. 90) Das. 222.
91) Oben 5. 11. A. 30. 92) 2. TU. 230. A. 47. 48. 93) Das. 231.
liier §. 12. A. 72. 94) 2. Tli, 2C2. 95) Uas. 236. 9C) 54.
XXI. lULn. (31. §.15.) 221
anderen iingiiusüg'en Nachriclifen über ihn vereinzelt steht, s')
Daruacli entwendete er wäLrend seines ersten Consulafs 3000 Pfund
Gold aus dem Capitol, an deren Stelle er vergoldetes Erz legen
liess. Eine Handlung der Art sieLt woLl einem ViteUius äLn-
licL, " ^) aber nicht einem Cäsar, aus anderen Gründen, und weil
er seinen lauernden Feinden nie eine Blosse gab, der Diebstahl
aber bald entdeckt und gerügt sein würde. In Ciceros Briefen
an Atticus wird nie darauf hingedeutet, und in der Rede gegen
Vatinius trifft diesen nur der Vorwurf, dass er in fremdem Solde
gestanden und dem .Schatze durch seine Gesetze geschadet habe. ° °)
Endlich gieng Cäsar mit grossen Schulden in die Provinz; "''')
er Latte selbst von Pompejns und Atticus geborgt. ')
§ 15.
Im Anfange des Jahrs 58 war er Privatmann, nnd diese
Zeit soUte benutzt werden, wie im Felde der Augenblick, wo
der Feind sich ausserhalb seiner Verschanzungen zeigt. Er
konnte sich entfernen und als Proconsul von neuem die Fasces
ergreifen, dann schützte ihn die lex Memmia; ^) aber auch nicht
der Schein einer Flucht durfte die Gegner ermuthigen, deshalb
trat er mit unbewehrtem Arme unter sie, wie einst Sulla; diese
Kühnheit schreckte, und seine Freunde bebten nicht mehr vor
einem also eingeleiteten Kampfe zurück. ]\Ian kannte die Consuln
Piso und Gabinius als seine Anhänger; nnter den Präloren hallen
dagegen L. Domitius Ahenobarbus ^) und C. Blemmius, „rüstige
und eifrige Bürger,"*) längst sein Verderben beschlossen. Der
Senat wurde von ihnen aufgefordert, ihn wegen seiner Ver-
97) Oben §.4. A. 41 n. hier A. 75. 98) Snet. ViteU. S. 99) in
Vatin. 12, vo Graev. u. Ernesti die Nachricht Snetons, welche dieser
nach einem Gerüchte oder auf das Zeiigniss eines Tanusins Gcminns ( Siiet.
Caes. 9) millheilte, bestätigt finden, nnd der Meinung sind, der Raub sei
durch den Tribnn ausgeführt. Lucap. 3, 114 u. retron. .Satyr. 122. v. 292
sprechen Ton dem heiligen Schatze, dessen sich Cäsar im J. 49 bemächtigte,
imd gehören folglich nicht hieher. S. unten §. 43. A. 88. 100) App.
2, 435. 1) ad All. 6, 1. §. 22. Anch a. 52 verschwand Gold ,nus
dem Capitol. Unten §. 34 fin, 2) Quae eovum, ipii reip. cansa abessen!
recipi noniina \etnbat. Val. M. 3, 7. §. 9. Cic. in Vatin. 14 flu. 3) Douiit.
Ahen, ISo. 8. 4) Cic. ad Qu, fr. I, 2 Cn. ünieu {. 2Ö, A, 100.
222 XXI. lULlI. (ai.f.ii.)
waltnng' im vorigen Jalire zur Rechenschaft zu ziehen, da die
Aiispicien nicht Ton ihm beachtet seien. >Sog-leich drang; er selbst
auf eine Untersuchung', und sie erfolgte nun nicht, weil man
fürchtete, er werde lu seiner Rechtfertigung dieselben Mächte
heraufbeschwören, mit deren Hülfe er gefrevelt halte. Nach
einem dreitägigen , fruchtlosen Wortwechsel verliess er die
Stadt.*) Zwar wurde sein Quästor als eins seiner Werkzeuge *)
lind dann er selbst vom 'fribun L. Antistius belangt, da er nun
aber mit Ehren an das Gesetz des Memmius erinnern und sich
durch den Einspruch anderer Tribüne wohl insbesondre des Clodius
sichern konnte, so liess man die Riagen fallen. ')
Indess war noch nicht alles erreicht. Cicero beobachtete aus
der Ferne, mit Groll im Herzen und mit dem heissen Wunsche,
Pompejus dem Senat wieder zuzuführen; dann, hoffte er, werde
Clodius unterliegen und seine schimpfliche Müsse sich endigen.
Diess durfte nicht sein ; er hatte die Hand der Triumvirn zurück-
gewiesen, jede Bürgschaft für sein öffentliches Handeln abgelehnt}
es blieb nichts übrig, als ihn zu stürzen. Vielleicht war Clodius
allein stark genug, vielleicht auch nicht, für Cäsar eine Lebens-
frage; er verweilte drei Monate vor Rom, und unterstützte den
Tribun. ') Durch vier Gesetze bereitete dieser mit grosser Schlau-
heit seinem Feinde den Untergang; dann forderte er in einem
fünften dessen Bestrafung für Bürgermord, ohne ihn zu nennen. ^)
Der geängstigte Consular suchte überall Schutz, nur nicht bei
Cäsar,'") welcher ihm wiederholt einen Ausweg gezeigt und
kein Gehör gefunden hafte; nur die Ueberzeugung, dass Bitten
jetzt fruchtlos seien, hielt ihn zurück, nicht Stolz, Hass oder
1
5) Suet. Caes. 23. Nero 2. Schol. Ambros. in Cic. er. p. Sext. 18
n. in Vatin. 6. 6) Sein (Juästor, Sneton. CaeS. 23, nämlicli vom
■Wrigen Jalir. Lir. 4, 43: Man Terdoppelle (421 v. Clir.) die Zahl der
Od. nt, praeter duos urbaiios quaestores, dno consnlibus ad ininisteria belli
pracsto essent. Nach Dio 48, 43 waren seit 38 v. Chr. jedem Consul zwei
zugeordnet. 7) Sneton. 1. c. 8) Dio 38, 17. Cic. p. red. in Seu. 13.
p. dorn. 9. de bar. r. 22 Cn. p. Sext. 17. 18. 9) 2. Th. 237. A. 87.
243. A. 49. 10) Dio 38, 14. 15 int in der Zeit und in der Sache.
Cäsar machte die Anträge früher, wodurch er Cicero retten wollte, und
dieser kam nicht zu ihm ; es ist an sich unglaublich und wird weder von
ihm selbst , noch -von einem Andern gemeldet ; er gieng nicht einmal zu
Crassuc. 2. Th. 247. A. 74 f.
XXI. lULD. (31. §.15.) 223
Schaam, denn diese Gefühle musste er aach bei Änderen, an
welche er sich wendete, und zum TLeil in noch huLerem Grade
verläugnen. Seine Besorgniss war gegründet; den Beweis gab
C'asars Erklärung vor dem Volke, welches Clodiiis aasserhalb der
Thore versammelte; er billigte, was dieser unternahm, obgleich
mit Ma'ssigung, '') und als Cicero nun im Anfange des April ins
Exil gieng, ehe man ihn verurtheilt hatte, und auch Catos Reise
nach Cjprus entschieden war, eilte er in seine Provinzen. '^)
Seitdem hielt Clodius seine Rechnung mit den Triumviru ftir ge-
schlossen, da er sie nicht mehr bedurfte. Er entriss Pompejus
seinen Gefangenen, den Armenier Tigranes, und liess ihn selbst
in seiner Wohnung belagern. ' ^) Der Bedrängte sehnte sich
nach Cicero, aber Cäsar glaubte, dass dieser noch nicht genug
gezähmt sei,'*) auch sollte die Verlegenheit des Pompejus dessen
Abfall vom Bunde verhüten. Dem Tribun genügte diess nicht;
er verlangte offenen Beistand und griff zuletzt in seinem Wahn-
sinn' die julischen Gesetze an; um so gewisser sah er im fol-
genden Jahre Cicero wieder in Rom. ' *)
In diesen Zeiten hatten die Gallier bereits aufgehört, den
Nachbaren gefährlich zu sein. Einst überschwemmten sie einen
Theil von Italien, und ihnen gelang, was während der Republik
keinem andern Volke gelungen ist, sie legten Rom in Asche,
wie etwa hundert Jahr früher die Barbaren des Ostens Athen.
Auch ihr Glück scheiterte an der Ausdauer und geistigen Ueber-
legenheit der Besiegten; Italien wurde ihr Grab, oder sie zahlten
für die Scholle , deren sie sich bemächtigten , mit ihrer Freiheit.
Bei einer umsichtigen Politik würde man in Gallien die Cisalpiner
als eine Vorhut gegen einen furchtbaren Feind betrachtet und sie
mit aller Blacht unterstützt haben; als man sie aufgab, verloren
auch die Alpen als Schutzwehr ihre Bedeutung. Aie vereinigten
sich die Völkerschaften jenseits zu Einem Staate, keine wurde
die herrschende , obgleich alle darnach strebten , es lenkte die
Blicke vom Auslände ab, und die Römer erhielten durch ihre
Kriege unter einander Gelegenheit, sich als Bundesgenossen ein-
zumischen.
11) 2. Th. 249. 12) Das. 256. Cnten §. 18 in, 13) 2. Th.
273 — 278. 14) Das. 280. 15) Das. 281. 286. A. 706.
224 XXI. lüLII. (31. §.15.)
Diese unterjocLten das obere Italien, ehe der zweite pnniscLe
Krieg begann , in •welchem auch Spanien ihnen znfiel. Ein
Länderraub drängle sie zum andern; das Gewebe des Ehrgeizes
schien sich von selbst weiter fortzuspinnen , weil jeder Schrift
za neuen Verwicklungen führte und für Eroberer, welche keine
natürlichen Gränzen und keine Anhänglichkeit an väterliche
Sitte und Verfassung achteten, nichts sicher war, so lange sie
nicht Alles besassen. Nun unterbrach überdiess Gallien die Ver-
bindung mit Spanien; seine Lage entschied über sein Schicksal.
Aber Rom nahm nicht, was sich gerade darbot; der Erwerb
ransste gewiss und nicht in anderen Beziehungen hinderlich sein;
kein Volk hat scheinbar so viel Enthaltsamkeit und Selbst-
überwindung gezeigt, weil ein grosser Plan sein Leben durch-
drang. Dieselbe Erscheinung findet sich im Leben des Cäsar;
auch er konnte warten, auch sein Wahlspruch war, Alles zu
seiner Zeit; deshalb kamen Rom und Cäsar zum Ziel. Für
Beide war der Kampf um Gallien verhängnissvoll. Er würde
früher begonnen haben, wenn P. Scipio an der Rhone Hannibal
den Weg verlegt hätte. ' ^) Seitdem ^vurden die Römer in an-
deren Gegenden beschäftigt, aber sie verloren diese nicht aus den
Augen. Die Empörnrgen in der cisalpinischen Provinz riefen
ihre Heere häufig nach dem Norden; um so leichter wurden sie
von aussen veranlasst , weiter zu gehen , und zwar durch die
Massilier, deren Colonien Kicäa undAntipolis (Nizza und Antibes)
von transalpinischen Ligurern, den Oxybiern und Deciaten, ge-
plündert waren. Denn wie in Thracien und fast überall so
dachte man auch hier auf die Beraubung und Vernichtung der
griechischen Ansiedler, welche in Rom Schutz suchten. Sogleich
erschienen römische Gesandte, und da die Barbaren sie miss-
handelten, statt ihr Schiedsrichter -Amt anzuerkennen, so folgten
die Legionen; der Consnl Q. Opimius führte sie 154 vonPlacentia
gegen Aegitna, den Ilauptort der Oxybier, und erzwang durch
dessen Eroberung und zwei Siege in offener Feldschlacht die
Unterwerfung. Den giössten Theil des feindlichen Gebiets er-
hielten die Massilier. ") Diess war der erste Schritt zur
16) PolyL. 3, 40 f. 17) Polyb. 33, 5. 7. 8. Liv. 47. Die Be-
merkung bei Flor. 3, 'i, [. 3: Friiua Irans Alpes nruia nosAta sensere Saiji
ist also falsch.
XXI. lULII. (31. §.15.) 225
Erwerbung einer neuen Provinz, nnd er verrietli Grossmntk und
Uueigeiinützigkeit. So kümpflen die Römer aucli jenseits des
ionischen und ägäiscLen Bleers zuerst für Andere, nm die Krüfle
zu iLeilen und sich Freunde zn verscLatfen; in dem Maasse,
als sie inäcliliger wurden, wollten sie oLne Anstrengung ge-
winnen, selbst durch Erbschleicherei.
Da sie nun aber Gallien, wie man glaubte, nicht mehr
beachteten, ' *) so wurden die Blassilier von einem anderen ligu-
rischen Stamme, den Salluyiern oder Saljern ' ') und von den
Voconliern beunruhigt, und sie wendeten sich wieder an Rom.
Hier wünschte man ohnehin den Gonsul 31. Fulvius Fiaccus, den
Freund des jungem Gracchus zn entfernen. Er gieng 125 über
die Alpen und erhielt einige Vortheile, weshalb er 123 trium-
pliir-te. -°)
In diesem Jahre focht der Proconsul C Sextius Calrinns
mit denselben Völkern und drängte sie von der Rüste zuriick.
Die Gründung der Stadt Aquae Sextiae Hess die Absichten Roms
nicht länger verkennen, -') und schon jetzt gab es römisch Ge-
sinnte, deren Zahl er dadurch zu vermehren wusste, dass er
Crato und auf dessen Fürwort 900 Andere begnadigte, als er
bewies, dass er weg-en seiner Ergebenheit gegen Rom von den
Mitbürgern verfolgt sei. ' ^) Durch die Belohnung des Verraths
wurde der Saame der Zwietracht ausgestreut.
Als Beschützer der Massilier hatten sich die Römer der
Küste bemäcLtigt, als Beschützer der Aeduer, westlich vom Arar,
(Saone) drangen sie in das Innere. Diese schlössen Freund-
schaft uud Bündniss mit ihnen, weshalb die Allobrogen, östlich
vom Rhodanus, (Rhone) in ihr Land einfielen, wie sie sich
weigerten, Teutomalius und andere Häuptlinge der Salluvier ans-
18) Gallias — saepe et adfeclaTimos et omisiinns. Vellej. 2 , 39.
19) Die lateiuische nnd gviecliische Form ilires JN'amcns ; jene findet sicli
vnter Anderem in den Fro^m. f.ist. triumph. bei Gruter. p. 298. No. 3«
20) Liv. 60. Flor. 1. c. App. 1, 371. Fast. cap. a. 630. Amm. Ularcell.
15, 12: Hae regiones — panLIaiim levi sudore sul> iiuperiiim \eneie Ro-
ninnnra: primae tentatae |»er FiilYiiini, 21) Liv. Gl. Vellej. 1, 15. (j. 4.
. Amm. Marc. 1. c. Strabo 4, J80. ürnler. 1. c. 22) Diodor. fp. 1. 34.
Vol. 10. p. 129. Arg. Eutrop. 4, 22 (10) verwechselt diesen Calvions mit
Domilins Alienob. Cos. 122, (s, unten) -»eil es aucli unter den Domil.
Calviui gab.
Dnini.nnn, Geschichte Roms III. 15
226 XXI. lULIT. (31. §16.)
zuliefern. Der Consul Cn. Doinitiua Ahenobarbns rüstete 122,
nnd besiegte die Allobrogen und ihren Bundesgenossen Bifuilus,
König- der Arverner, im nächsten Jahre bei Vindalium, ^^) da er
auch nach der Ankunft des C'onsuls Q. Fabius Maximus in Gallien
blieb. Durch ihre Niederlage wurde der Muth der beiden Völker
nicht gebrochen ; sie erlitten aber ohnerachtet ihrer Verbindung
mit den Rutenern 121 am 8. August durch Fabius, den Enkel
des Siegers von Pydua Aemilius Paulus, nnd von fetzt an Allo-
brogicus genannt, am ZusammeDllusse der Isara (Isfere) und des
Rhodanas eine zweite und grössere, worauf die Allobrogen sich
unterwarfen. Die Arverner, nach ihrer Behauptung Kachkommen
der Trojaner und als solche Brüder der Römer,*'') nebst den
Rutenern bUeben frei ; dennoch war es auch für sie eine Be-
schimpfung, dass Domilius, welcher zugleich die nach ihm be-
nannte Landstrasse aidegte , und Fabius , der Patron der Allo-
brogen, *') Trophäen errichteten, nach Florus die ersten römischen
im feindlichen Lande , und noch weit mehr empörte sie das
Schicksal des Bituitus; er wurde veranlasst, in Rom selbst über
den Frieden zu unterhandeln ; der Senat schickte ihn als Ge-
fangenen nach Alba und liess auch seinen Sohn Congentiatus
ergreifen und in Italien bewachen. ^*)
Noch immer glich das römische Gallien einem nnsichern
Aussenwerke, welchem man sich nicht einmal ohne Gefahr nähern
konnte, auch als der Consul Q. Marcius Rex 118 im Durchzuge
die Stoener in den Alpen überwand. Er gründete darauf die
Colonie Narbo Martins , nach welcher die Provinz benannt
wurde. -')
23) Liv. 61. Cic. p. Font. 12. Vellej. 2, 10. 39. Flor. 3, 2. §. 4.
Eutiop. 4, 22 (10). Oros. 5, 13. Strabo 4, 185. 191. App. Call. Exe. XI
ile leg.it. ed. Schw. Gruter Inscr. 298. No. 3. S. das Genauere in Domit.
Ahen. No. 3. Snel. Nero 2 Terwecbselt ihn mit seinem Sohne. Das. No. 4.
A. 94. 24) Lucan. 1 , 427. .Sidon. Apoll. 7. ep. 7. 25) SaUust.
B. C. 41. Cort. App. 2, 430. Cic. de off. 1, II. 26) Liv. 61, Cic.
p. Font. 12. PÜn. 7, 51 (50) giebt den Tag der Schlacht an. Vellej.
1, 10 n. 39. Val. M. 6, 9. §. 4 u. 9, 6. §. 3. Ainui. Blarc. 15, 12. Flor.
3, 2. Eulrop. 4, 22 (10). Oros. 5, 14. Strabo 4, 185. 191. App. B. C.
1. c. n. Call, 755. (lib. 4. eap. 2. cd. Schw.) Gnit. 298. No. 3.
27) LiT. 62. Vellej. 1, 15 (2,8.) Eulrop. 4, 23 (10). Oros. 5, 14.
Cniter 298. No. 3. Vgl. Cic. p. Font, 1. p. Cliient. 6J. de or. 2, 55.
XXI. lULII. (3i.§. 15.) 227
Bald aber fanden sich NebenbiiUer ; die Cimbern und Ten-
tonen und die Lelveziscben Stämme, welcLe sich an sie an-
schlössen, besonders die Tigiiriner, bedrohten das römische Reich.
Sie fielen in Gallien ein und forderten von den Römern Län-
dereien , zuerst durch Gesandte, dann mit den ^Yaffen, nnd ohne
zu ahnden, wie heftig jene seit Jahrhunderten unter sich selbst
über den Ackerbesifz gestritten hatten. ^ ^) Der rohen Tapferkeit
schien der Sieg bestimmt zu sein; mehrere Consuln wurden im
jenseitigen Gallien von ihnen geschlagen, M. Jnnius Silanus
109,'') und L. Cassius Longinus 107 von den Tigurinern auf
dem Gebiete der Allobrogen. ^°) Im J. 106 lernten die Gallier
durch den Consul O. Servilius Cäpio zuerst auf eine abschreckende
Art die Raubsncht der römischen Grossen kennen; er plünderte
Tolosa und dessen reiche Tempel,^') welches nicht hinderte,
ihm für 105 den Oberbefehl zu verlängern , damit er gemein-
schaftlich mit dem Consul Cn. Mallius Slaximus die Provinz
gegen die Germanier vertheidigte. Er blieb aber aus Eifersucht
auf dem andern Ufer des Rhodanus, mit dem Erfolge, dass Beide
Schlacht und Lager verloren, ^ -) und erst Blarius die furchtbaren
Feinde 102 bei Aqua Sextiä aufrieb.
Die Römer behaupteten ihre transalpinischen Besitzungen,
ohne ihnen einen grössern Umfang zu geben. ]Vach dem Auf-
stände der Sclaven in Sicilien, dem marsischen und dem Bürger-
kriege beschäftigten sie Sertorius, Spartacus nnd die Seeräuber,
nnd als sie wieder freier athmeten, mieden ihre berühmtesten
Heerführer, Lucullus, IMetellus Greticns und Pompejus den gefahr-
vollen Kampf in Gallien; sie suchten Gold und Lorbeeren im
Osten, wie später auch Crassus. ^^) Aber die Gallier benutzten
28) Flor. 3, 3. {. 3. 29) S. lunü Xo. 46. 30) 2. Th. 62.
A. 30. 113. A. 69. 31) Strabo 4, 188. Oros. S, 15. Justin. 32, 3.
Gell. 3, 9. Das anrum Tolosannm wnrdo als eia mit Fluch beladener
Besitz zum Spiüchwort , wie das sejauisclie l'ferd, vreil SerTilins bald
naclilier nngliicklich irar. Gell. 1. c. 32) Liv. 67. Tacit. Germ. 37.
VeUej. 2, 12. Justin. 1. c. Oros. 5, 16. I'lut. Mar. 19. Seitor. 3. Dicdor.
£r. 1. 36. 33) Belltun Gallicnm C. Caesare imperatore gestum est, antea
tantuDimodo repulsiim, Semper iUas naiiones nostri iniperalores refntandas
potiiis hello, qtiam lacessendas pntaveriint. — Semitam taritnm Galliae
tenebamus antea. — Propier Tim ac multitudinem gentiiun illanun ntm-
qnam est antea cnin omniI>ns diniicatiini, Cic. de prov. cons. 13.
15*
228 XXI. lULII. (31. §.15.)
diese Zeiten nickt, zn ihrer eigenen SicLernnj tue niiferJocLten
Brüder zu befreien, welche ohne Hülfe nichts vermochten, ob-
gleich die Erpressung'en der römischen Stalthalter und die Gleich-
gültigkeit des Senats gegen ihre Riagen sie zur Verzweiflung
brachten. So konnte P. Leutulus Sura im J. 63 die Gesandten
der Allobrogen , deren Beschwerden in der Curie unbeachtet
blieben, zu seinen Vertrauten machen. In seinem Auftrage er-
ölfnete ihnen P. Umbrenus , welcher des Handels und Wuchers
wegen in Gallien gelebt hatte, dass es ein Mittel gebe, die
Wünsche ihres Volks zu erfüllen, wenn es die Verschwomen
imtersliilze und zu dem Ende Catilina in Etnirien mit Reuterei
verstärke. Sie bewahrten das Geheimniss nicht, weil sie einen
unglücklichen Ausgang fürchteten , und retteten dadurch ihre
Unterdrücker. ^'') Audi wurde Catilinas Versuch, sich zu den
gallischen Stämmen in Oberitalien durchzuschleiclien und sie nebst
den jeuseitigeu zu bewaffnen , durch O. Bletelhis Celer vereitelt,
welcher ihn zum Rückzuge zwang. Er unterlag a. 62 bei
Pistoria,^^) und nun empörten sich die AUobrogen dennoch, da
man ihrer Noth ohnerachtet jenes wichtigen Dienstes nicht ab-
half. ^ '') Ihr Verfahren bestätigt, dass die Völker den inneren
Zustand Roms nicht zu benutzen wussten. Sie bemächtigten sich
der Stadt Vieuna, deren Einwohner sie als römisch Gesinnte
vertrieben,^') uud überfielen a, 61 Blaiilius Lentinus, den
Legaten des C. Pomptinus, welcher unter C'iceros Consulat Prätor
gewesen war, ^ ') imd jetzt das narbonensische Gallien verwaltete,
wälirend der Belagerung von Ventia. Dann setzten sie mit ihrem
Häuptlinge Catugnatus über die Isara ; IManlius gerieth in einen
Hinterhalt, er zog- aber von neuem vor jene .Stadt und nahm sie
mit .Sturm. Andere Legaten, L. Marius und Servius Sulpicius
Galba erhielten nach dein Uebergange über den Rhodanus vor
Solonium nur geringe Vortheile, weil Catugnatus ihnen hinderlich
wurde, bis Pomptinus seine Streitkräfte vereinigle und die Feiudc
einschloss , welche sich unterwarfen. Der Anführer entkam, ^ ^)
34) 2. TIi. 531, 35) 1. TIi. 536. 2. Th. 26. 36) Cic. de
prov. cons. 13. Orliiiu reiionle l)plliim Allobi'Oj;iiui .iKiue h.ic sceler.ila coii-
iurntione excitatiun. 37) Dio 46, 50. 1. Tii. 350. 38) Cic. Calil.
3, 2. SaUnst. B. C. 45. 39) Dio 37, 47. 48. Caos. B. G. I, 6.
I.iv. 103. Cic ile pi-or. cons. 1. c.
XXI. lULlI. (31. §.15.) 229
iiii<l der Sieger liiuiii|)Lirte erst im J. 54 unter der Veniiidlung-
seines elieinaligeii Rauipfgenossen Galba, dessen Collegen AI. Calo
und P. Semliiis aucL jelzt noch EinsprucL (Iiaten, weil ilnn der
Oberbefehl diircL kein giilliges Curialgeselz übertragen sei. ■* ")
Kaum var die Ruhe in der Provinz hergestellt, als sicL
a. 60 das Gerücht Terbreifele, man habe dort einen Angriff der
Ilelvetier zu erwarten, und in der That haflen diese jetzt schon
die Auswanderung- beschlossen.'*') Die Römer hörten es mit
.Schrecken; iiocL war kein halbes Jahrliundert vergangen, seit
isie die Helvefier und Germanier nur mit der grösslen Anstren-
gimg und uuler einem Feldherrn, wie er sich nicht immer fuidel,
nn ihren Grä'nzen zurückwiesen ; statt der Germanier konnten die
Gallier hinzutreten und die .Schlacht am Allia erneuern. Q. Me-
lellus Creticus, L. Fiaccus und Cn. Lcnhiliis Clodianus wurden
beauftragt, über die Alpen zu gehen , zu kundSchafleu und den
gc'fürchleten Bund zu verhindern , nud die Consuln Afranius und
Bletellus Celer , welche nach der Entscheidung des Looses die
\ erwaltuug der beiden Gallien übernehmeu sollten , Truppen
auszuheben nnd keinem Waffenfähigen den Kriegsdienst zu er-
lassen. Indessen trafen bald bessere Kachrichten ein, und die
liüstungen ruhten , nach Ciceros Versicherung nicht zur Freude
des t'onsuls Metellus, welcher sich nach dem Triumphe sehnte,
aber wohl nur unter einem erkünstelten Ehrgeize seine Besorg-
nisse verbarg"') und im niiclisfen Jalire im narbonensischen
Gallien nicht Statthalter war. ''^) Oline Zweifel wnsste Cäsar
besser als Alle, dass die Gefahr nicht vorüber sei, nnd er be-
wirkte auch a. 59 als Consul, dass mau Ariovist, den Germanier,
zum Freunde und Bundesgenossen erhob , obgleich er völlig auf
dieselbe Art und in derselben Absicht wie die Römer sich in
Gallien festgesetzt hatte, und di(' Eroberung des Landes mit seiner
Vertreibung beginnen mussle. Vorerst war nun die Provinz vor
ilnn gesichert. "") ^
40) Die 39, 63. Cic. ad Ai(. 4, 16. {■. 5. ail Qa. fr. 3, 4. J. 4.
Vgl. !>. tlacc 40. 4l) Caes. U. <i. 1, 3. Ad eas res coiilirieiidas
bieniiiiiin silii s.ilis esse duxcrmil; in turliiiuiaiiiiuiii profectiuiieui lege ooiilir-
maot. S. uiileii {. 18 iii. 42) ad Alt. 1, l'J. f. 2. liO. $.0. 43) 2. Tli. 28.
44) Hier <,. 13 liu u. J. 18.
230 XXI. lULII. (31. §.16.)
§ 16. ♦»)
(a. 68.) Cäsar fand Lier den Krieg, nnd als er sich nicLt
intLr Ton selbst darbot , rief er Um herbei , weil er Ihn be-
diirffe. "') Er kam, um Gallien zn erobern,") nnd er eroberte
Gallien, um das römische Reich zu besitzen. Die Strassen-
gefechte, in welchen Bibiilus und Cato flohen und seine Schlachten
hatten denselben Zweck. Nur das eine Jahr 50 ausgenommen,
war er von jetzt an der Würgengel der Barbaren und Römer,
nnd als Leichenfelder in drei Welttheilen seinen Sieg ver-
kündigten und er nun das Diadem ergreifen wollte, da hörte er
auf zu sein. ' ^) Für ihn also war diess ein Ringen ohne Lohn,
ein Kampf ohne Preis, aber für Rom brachte er zum Durchbruch,
was Jahrhunderte gezeitigt hatten. Es ist weder möglich noch
nothwendig, genau zu berechnen, wie viele Städte er als Pro-
consul mit Sturm nahm, ob mehr als 300, 'ä) 800^°) oder
1000; 5') wie viele Völker er besiegte, ob 300 = =) oder 400; '*)
wie viele Schlachten er lieferte, deren Appian 30 zählt, =') wie
viele Menschen darin umkamen, ob 400,000, '=) eine Blillion
oder mehr, '^) nnd wie viele in Gefangenschaft geriethen, '")
aber niemand wird daran zweifeln, dass seine Kriege, nur die
ersten im J. 58 ausgenommen, ein frevelhafter Angriff auf Leben
und Gut von Unzähligen waren, wenn auch Andere in alter und
neuer Zeit nur deshalb nicht eben so handelten, weil sie es
nicht vermochten. Immer härter ahndete er Widerstand und
Abfall. Die JXervier flehten sein JRIitleiden an, als nach ihrer
45) Meiner Aufgabe gemäss , nnd in Betracht , dass Cäsars Geschichte
lier nnr ein Theil einer allgemeinen ist, wird in der folgenden Darstellung
des gallischen Kiiegs dessen Bedeutung für die innern Verhältnisse Roms
nnd für den kiinfligen Herrscher besonders hervorgehoben, 46) Plut.
Pomp. 51. 47) Cic. de prov. cons. 13. Kon sibi solnm cnm iis, quos
iam armalos contra jiopnlum Rom. Tidebat, bellandum esse duxit, sed totam
Galliam in nostram dilionem esse redigeudam. 48) Vellej. 2, 56. §. 3.
Keque illi tanto \iro — plus quinque mensinm principalis qnies conligil.
49) Julian. Caesares p. 321. A. Spanh. 50) Plut. Caes. 15. App.
GaU. 755. (lib. 4. c, 2. .Schvr.) 51) Plul. Pomp 67. 52) Plnt.
a. CO. 53) App. 1. c. u. IJ. C. 2, 523. 54) B. C. 1. c. 55) Vellej.
2, 47. 56) Plut. U. cc. App. GaU. 1. c. l'liii. 7, 25. Julian. 1. c.
57) Nach Plnt. n. App. II. cc. einp Million
XXI. lULil. (3i.§. 10.) 231
frellicli absichtlich tibertriebenen Angabe von 60,000 nur noch
600 Wehrhafte sich fanden. ' ") Bald nachher Hess er 53,000 Adua-
liiken verkaufen.'^) Er verkanfte unter dem Vorwande, dass
das Gesandlenrecht Ton ihnen verletzt sei, auch die Veueter, und
verurtheilte alle ihre obrig-keitlichen Personen znm Tode. ^'')
Duinnorix, der Aeduer, „der freie Bürger eines freien Staats,"
wurde auf seinen Befehl erschlagen, weil er sich gegen das JocJi
sträubte. ® *) Aus gleichem Grunde weihte er ein ganzes Volk,
die heldenniiithigen Eburonen, dem Untergänge, und entbot die
Xachbarn von beiden Ufern des Rheins, die Acht zu vollziehen. ^' -)
Seine Truppen legten Genabum in Asche, die blühende .Stadt der
C'arnuten,^^) nnd schonten, durch lange Gegenwehr gereizt, in
Avaricum nicht Weib und Rind; von 40,000 entkamen kaum
800; ^*) diess Alles aber verschuldete der Urheber des Krieges.
Am meisten zürnte er Ambiorix, dem Häuptlinge der Eburonen;
da er sich seiner nicht bemächtigen konnte, „so schien es seine
A'\"iirde zn erfordern", das Vaterland des Unglücklichen nun
völlig zn verwüsten; ^ ') in UxeUodunum befahl er sogar, Allen
welche gefochten hatten die Hände abzuhauen ; „ das Leben
.schenkte er ihnen, damit sie die Strafe ihres Verbrechens zur
Schau trugen". ^^)
Diess liisst schon vermnthen, dass er mit grossen Schwierig-
keiten und Gefahren kämpfte, und in der That schien der Augen-
blick oft nahe zu sein, welcher die Aristocratie für immer von
ihm befreite, oder ihn nach dem Verluste des Heers und der
Provinz ihrer Rache preis gab. Blan lies't sogar bei Servius,
welcher die Nachricht nach seiner Versicherung aus Cäsars
Schriften entnahm , dass er von einem Gallier gefangen und nur
auf den missverstandenen Zuruf eines andern sogleich wieder
entlassen wurde. ^^) JVach Sveton^*) erfuhr er dreimal die
58) Caes. B. G. 2, 28. Liv. 104. 59) Caes. 2, 33. 60) r).-.s.
3, 16. 61) Das. 5, 7. 62) tJt stirps ac nomen civhalis tollalui'.
Das. 6, 34. 63) Das. 7, H. 64) Das. 7, 28. Flor. 3, 10. §• 23.
CO) B. CaU. 8, 24. 66) Das. 8, 44. 67) Serv. zu Viig. Aeii. 11, 743:
Cum ab toste rajitiis eqno eius portarelnr armatus, occurrit cpiidam ex hostibus,
qiii eum nosset et insultaiis ait: Caesar, Caesar! quod Gallomm liiigua di-
inilte signilii at, et ita factum est, nl diniiltereinr. Hoc aulein ipse Cacsai'
in Ei>lieiueridu sna dicit, ubi propriam comiueniorat (elicilatem. Oben lulii Einl.
A. 43 u. liier} 33. A. 88. Andere lesen Cecos oder Cetos Caesar! 68> 2i.
232 ^ XXI. lULlI. (31. §,16.)
Ungunst des ScLicksals, in Britannien, bei Gergovia und im Lande
der Elmronen, wo der Feind seine Truppen unter Titurius und
Aiirunctilejus Colfa vernichtete. ^^) Aucli ausserdem drohte das
Gebäude seines Ehrgeizes über ihm zusammen zu stürzen. Auf
dorn Zug-e gegen Ariovist verdankte er es seiner Entschlossenheit
und der zehnten Legion, dass der Schrecken sein Heer nicht
auflöste. Dieselbe Legion und Labienus retteten ihn in der
Schlacht mit den Belgiern am Sabis. ' °) Noch gegen das Ende
seiner Verwaltung sah er sich vom Heere abgeschnitten, ' ' ) und
bei Alesia bedurfte es nach den Anstrengungen des Vercingeforix
nur noch eines unglücklichen Zufalls, um ihn zu verderben. ^ *)
Er führte den Krieg mit Völkern, welche im Ganzen kräftig,
tapfer und für die Freiheit begeistert waren. Als die Gallier
daran verzweifelten, ihn anders als durch die Verwüstung des
Landes zu entfernen , brannten die Biturigen an Einem Tage
zwanzig ihrer Städte nieder , und diess Beispiel fand Nach-
ahmung. ' ^ ) Ihre Reuter schwuren, unter kein Dach zu gehen,
Eltern, Weiber und Kinder nicht zu umarmen, bis sie zweimal
durch das feindliche Heer geritten seien. ") Sie lernten voa
den Gefangenen die Belagernngskunst, '^) und zuletzt auch, aber
zu sjjät, durch Erfahrung eine angemessene Art zu kämpfen, den
kleinen Krieg, wobei ihnen ihre Ueberlegenheit an Reuterei zu
Stalten kam, ' ^) Mehrere Häuptlinge der sogenannten Barbaren
entwickelten ausgezeichnete Eigenschaften ; sie konnten Cäsar
nicht besiegen, welches auch Pompejus und Scipio an der Spitze
der Legionen nicht vermochten, aber sie zeigten sich vollkommen
befähigt, ihm den Sieg streitig zu macheu. Nur auf gleiche
Bediugnngen wollte Ariovist der Freund der Römer sein; ihre
Forderung, fü'r das Fortbestehen des Bundes seineu Eroberungen
zu entsagen, erschien ilim als ungereimt; er entsagte dem Bunde
und sie zitterten.") In Britannien begriff Cassivellaunus , wie
man ihnen begegnen müsse, und er würde sie aufgerieben haben,
•wenn er besser unterstützt wäre.'**) Induciomarus, derTrevirer,
69) Caes. 1, 39. 40. 70) Das. 2, 26; (liinm, qiianto in periciilo
et castra, et legioiics et impei-ator versarelnr, cognovissent. 71) Das.
7, 6. 72) Das. 7, 68 f. S. unten. 73) Cacs. 7, 15. 74) Das.
7, 66. 75) Das. 5,42. 7,30.31. 7G) Das 7, 14. C4. 77) Das.
1, 36. 39. 44. 78; Das. 5, 15 f. Unten J. 26.
XXI. lULU. (31. §.16.) 233
fasste Jen kiilinen Entselilnss, Gallien und Germanler zum Wider-
stände gegen sie zu vereinig-en; nie hatte ein Anderer ein so
<;rosses Ansebn gehabt. ' ^) Durch Anibiorix verloren sie ihre
C'ohorten unter Tilurius und C'olta, und die Bemühungen Cäsars,
sich des listigen und gewandten Eburonen zu bemächtigen, ■waren
fiuchtlos. * ") Alle aber übertraf Vercingetorix, der Arrerner, durch
dessen Thaten bei und in Alesia seinem Namen die Unsterblich-
keit und seinem Volke der Ruhm gesichert wurde, dass es mit
Ehren fiel. 8')
Bei dem Allen hafte Cäsar grosse Bürgschaften iiiir den
.Sieg, und insbesondre in sich selbst. Ueber Gallien ent-
schieden nicht eine oder einige Schlachten, wie über Mace-
douien , Syrien imd Griechenland ; er miisste es fast in jedem
Jdhre von neuem erobern , und behauptete es zugleich gegen die
Germanier, furchtbare Nachbaren auch für den Statthalter einer
ruhigen Provinz, nun aber durch wiederholte Niederlagen, nur
Bfiwerke eines riesenhaften Baues, so geschreckt, dass sie den
Khein nicht mehr zu überschreiten wagten. ' ^) Sie wurden
sogar in ihren Gauen angegriffen, und auch zn Landungen in
Britannien , zur Leitung der Innern Angelegenlieiten Roms , der
Curie, der Comitien und Pompejus des Grossen blieben Zeit und
Kräfte übrig. Nur weil Cäsar durch immer glänzendere Unter-
uehniungen die vorigen verdunkelte, und dann die Römer schlu"-
wie die Barbaren, erscheint das Ungemeine zuletzt bei ihm als
in der Ordnung, und die Bewunderung ermüdet.
Die Welt mag das Hohe gern erniedrigen; sie findet die
Ursach ihres Erstaunens um so leichter in der Um^ebun"- eines
Ansgezeichneten , da grosse Geister verwandte an sich ziehen,
und auch die miltelmässigen als ihre Werkzeuge sich über sich
selbst erheben. Unter Cäsars Legaten war keiner T. Labienus
vergleichbar; dieser Eine leistete mehr als Alle; im Biirüerkrieo-e,
ihm gegenüber, leistete er nichts. F. Crassus, der Sohn des
Triumvir und Ciceros Bruder Ouintus zeigten sich als liichti"-e
Anführer, doch sollten sie dem Oberfeldherni iiu-Lr unter einem
ehrenvollen Namen zu Gcisseln dienen und ihm Gelegenheit
79) Caes. 5, 55. Urnen .'. 26. A. 28 u. (,. 27. A. 74. 80) Caes.
S. 2G. B. r.aU. 8, 24. 81) Caes. 7, 4. 68 f. 82; Das. 5, 55.
234 XXI. lULII. (3i.§. 16.)
geben, iiirch GunstbezeiigiingeD sie nud die Ihrigen sich zu ver-
j)flicLten, und mit diesen II eissig Briefe Zu wecLseln. Ausserdem
werden Q. Tituriiis Sabinus*^) und L. Aurunculejus Colta**)
t;enannt; C. Trebonius; ^ ^) P. Sulpicius Rufus; **) C. Fabius;")
L. Roscius;««) L. Miinafius Plancus;«») T. Sextius;»») M. Si-
lauus;'") C. Antistiuslleginus;«^) Q. Pedius ; ^ = i') L. Cäsar; 9^
C. Caninius Rebiliis;9') Q. Fufius Calenus; '') P. Vaünius; 9«)
Ser. Siilpicius Galba^') und L. Minucius Basilas. 9"') Sie
standen Jedoch nicht alle zu gleicher Zeit in Gallien. Als Quästor
diente hier unter Anderen M. C'rassus. ^ ^)
Die meisten unter den Legaten wussten Cäsars Befehle zu
vollziehen und sie huldigten ihm durch strengen Gehorsam, zumal
da die Erfahrung lehrte, dass eine Abweichung von seinen Vor-
schriften ihnen selbst verderblich wurde, ® ') und auch ihre Unter-
gebenen vom innigsten Vertrauen zu der Oberleitung durchdrungen
waren. '"") Mochte mancher feindliche Heerführer ihnen au
Gaben überlegen sein, woran nicht zu zweifeln ist, so erscheinen
sie dennoch als die Stärkeren, da nicht nur Cäsar mit seinen
sicheren Berechnungen der Zeit und dem schnellen Ueberblicke
des Oerilicheu und aller Verbindungs -Linien, sondern auch die
Truppen mit ihrem Muthe, ihrer Kriegskunst und Blannsznchl
sie übertrugen. Di« erste Scheu vor den Barbaren war bald
überwunden , und seitdem fand sich nur Veranlassung, vor einer
zu ungestümen Kampflust zu warnen. ')
Volk und Senat hatten Cäsar vier Legionen gegeben. ") Er
vermehrte sie aus eigener Machtfülle , obgleich für die übrigen
erst später Sold angewiesen wurde. ^) Legio I.'') Ponipejus
83) Caes. 2, 5. 9. 10. 3, II. 17. 4, 22. 38. 5, 24. 26. 27. 29. 33.
3G. 37. 84) 2, 11. 4, 22. 38. 5, 24 f. 8S) 5, 17. 24. 7, 11. 81.
15. O. 8, 6. 46. 54. 86) 4, 22. 7, 90. 87) 5, 24. 46. 47. 53.
6,6. 7, 40. 41. 87. 90. B. G. 8, 6. 24. 27. 31. 37. 54. Vgl. B. C.
1, 37 f. 88) 5, 24. 53. 89) 5, 24. 25. 90) 6, 1. 7, 49.
r,l. 90. B. G. 8, 11. 91) 6, 1. 92) 6, 1. 7, 83.90. 926) 2, 1.
93) 7, 65. Oben No. 22. 94) 7, 83. 90. B. G. 8, 24. 26. 30. 33.
2. TU. 107. 95) B. G. 8, 39. 96) Das. 8, 46, 97) Caes. 3, 1 f.
II. G. 8, 50. 976) B. O. 6, 29. 30. 7, 90. Ueber D. Brulns vgl.
lunü No. 31. A 53. 98) 6, 24. Licinü Crassi No. 39. 99) 5,28.
29. <i, 36. 100) 5, 28. 1) 7, 52. 2) Ubeu j. 14. A. 73.
:5) S. uiitoii 5. 23. A. 100. 4) B, Gall. 8. 54.
XXI. lüLU. (31. §.16.) 235
warb sie a. 55 als Consul im cisalpinischen Gallien , folg'lich in
(.üsars Proyiuz, und lieh sie diesem im Winter 54 auf 53 auf dessen
Antrag'. ') Im J, 50 gab Cäsar sie zurück, als man eine Legion
für Bibulus zum partLiscLen Kriege von ihm forderte. *') L. V.
Alaiida, legio Alandarum. Sie Avurde von Cäsar im trans-
alpinischen Gallien errichtet und später mit dem BiirgcrrecLfe be-
schenkt. ') Ihr Helmbusch hatte AehnUchkeit mit den Federn
auf dem Kopfe eines Vogels, welcher im Gallischen alauda
hiess; so nannte mau sie nun selbst als ein Ganzes und auch den
Einzelnen in ihr, *) jedoch anfang-s, wie es scheint, nur zum
Scherz oder aus Spott, Im Heere zählte sie als die fünfte. ^)
L. VI wird erst im J. 51 erwähnt.'") L. VH ") gehörte nebst
den beiden zunächst folgenden zu den ähesten. '-) L. VIII. '^)
L. IX. ") L. X. Wegen ihres Bluthes und ihrer Ergeben-
heit gegen den Feldherrn eine Stütze und ein Muster für alle
anderen, der Kern des Heers und häufig für den entscheidenden
Augenblick geschont. ' *) L. XI diente vom Anfemge des Krieges
iu Gallien und die Mannschaft war Torzüglich, dennoch erwarb
sie sich nie einen so grossen Ruf, als die vier roi-igen; ' ^) es
fehlte ihr an guten Anführern oder an Glück. L. XII. ' ')
5) Caes. 6, I. B. C. 3, 88. B. G. 8, 54. Dio 40, 65. Vgl. 39, 39.
App. 2, 446. 6) B. G. 1. c. Dio, App. U. cc. Lucan. 7, 218. D,ir-
nach ist die Angaie bei Tlnt. Caes. 25 u. Pomp. 52 zn bericlitigen , narh
•welcher Pompejus zwei Legionen lieh. S. {. 27. A. 79, — Ueber die
Legion, -vrelche man als die dritte in Cäsars Heere aufführt, s. unten A. 21.
7) Snelon. 24. 8) Cic. ad An. 16, 8. PhU. 1, 8. 5, 5. 13, 2. PUn.
II , 44 (37). Snet. L c. Marceil. Kmp. de medicam. c. 29. ed. H. Steph.
p. 375. Gregor. Tur. Hist. 4, 31. 9) In Inschriften: Gruler. 403.
iNo. 2. 544, Ko. 2. 559. Ko. 7. Reines, dass. VI. No. 35. p. 410. Orell.
Inscr. No. 733; aber anch schon in einem Briefe des Asiuius Pollio, Cic.
ad Fam. 10, 33. Ans den oben A. 8 angeführten Stellen bei Cicero ergiebt sich,
dass Antonius die Legion der Alandae an sich zog, ans den Inschriften, dass
sie auch die fünfte hiess , es nnterliegt daher keinem Zweifel , dass die
fünfte des Antonius, deren Asinius gedenkt, die hier besprochene ist.
S. 1. Th. 116. A. 83. 205. A. 19 f. 10) B. G. 8, 4. 11) Caes.
2, 23. 26. 4, 32. 5, 9. 7, 62. 12) B. G. 8, .8. 13) Caes. 2, 23.
7, 47. B. O. 1. c. 14) Caes. 2, 23. B. G. 1. c. 15) Caes 1, 40.
41. 42 2, 21. 23. 25. 26. 4, 25. 7, 47. 51. »io 38, 47. Plut. Caes. 19.
Zonar. 10, 6. IC) B. G. 8, 8. Vgl. Caps 2, 23 u. B, G. 8, 2. 0, 24.
17) Cat'S. 2, 23. 25 3. 1. 7. C2.
236 XXI. lULn, (31. §.16.)
L. XIII. » «) L. XrV ' 9) wurde im Winter 54 anf 53 nacli der
Kiederlage des Tifiirius und Cotta im cisalpinisclien Gallien aus-
gehoben. ^") L, XV. Sie wurde a. 51"°'') im cisalpiniscLen
Gallien als Besatzung^ in die festen Plätze vertlieilt. Cäsar stellte
sie zum parlLisclien Rrieg'e, obgleich er wussfe, dass der Senat
ihn nur schwächen wollte und ersetzte sie durch die dreizehnte. ^ ')
Aus dieser Uebersicht erhellt, dass nicht alle elf Legionen
schon iu den ersten Jahren des Krieges und während seiner
ganzen Dauer unter den Waffen waren, a. 58 fochten gegen
die Helvelier und g-egen Ariovist nur sechs; eine fand Cäsar in der
jenseitigen Provinz;-') da er grössere Streitkräfte bedurfte, so
n-ieng er nacli der diesseitigen zurück, um drei aus den Winfer-
lao'ern bei Aquileja herbeizuführen und zwei neue auszuheben. °^)
Jene ersten vier, Veteranen, ^ '') waren ihm vom Staate bewilligt.
Vor dem belgischen Kriege a. 57 errichtete er im cisalpinischen
Gallien abermals zwei; er hatte nun acht.-*) Bis zum Ende
des J. 54, in welchem eine Legion und fünf Cohorten unter
Titurius und Cotta fast ganz aufgerieben wurden, ^^) blieb diese
Zahl unverändert. -'''') Im folgenden Winter erhielt Cäsar eine
Leo-ion von Porapejus und zwei warb er in der Provinz in
Italien, ^') Wegen jenes Verlustes werden nun docli nur zehn
o-enannt. ^') Die Aushebung im cisalpinischen Gallien im An-
fange des J. 52 ersetzte bloss den Abgang ; ' ^) im Felde standen
zehn Leo-ionen; '°) auch noch am Ende des J. 51. ^ ') Dazu
kam als elfte die L. XV im obern Italien, welche Cäsar a. 50
nebst der ihm geliehenen L. I au Pompejus abgab; die dreizehnte
18) Caes. S, 53. B. G. 8, 2. S4. S. unten A. 21. 19) Ctes.
6, 32. B. G. 8, 4. 20) Caes. 6, 32. vgl. 6, I. PInt. Caes. 25. Gros.
6, 10. 20h) Umen }. 35. A. 56. 21) B. G. 8, 54. t. XV. zählte
unter den Trnpiien des l'ompejus, mit welchen sie vereinigt wnrde, als die
dritte, (Caes. B. C. 3, 88; nach Lucan. 7; 219 als die vierte) vriihrend
die erste, deren er sich ebenfalls heni.'ichtigte, diesen Namen behielt. Nnr
so erklärt^ich der scheinbare Widerspruch in den IN'achrichten. 22) Caes,
1, 7. 8. 23) Pas. 1, 10. 24. 49. 24) Das. I, 24. 25) Das. 2, 2. 8,
26) Das. 5, 24. 37. 26/-) Unten §. 20. A. 29. 27) Das 6,1.32,
■wo: Unani ex üs IU, ipias proxime conscriptas ex Italia transdnxer.nt nach
dem Vorigen zn erklären i.<t. 28) Das. 0, 32. 33. 29) Das, 7, 1,7.
30) Das. 7, 34. 90. 31) B. G. 8, 46.
XXI. lULII. (31. §.17.) 237
naLm ilire Stelle ein, nnd im transalpiniscLen Gallien blieben
acLt. ^^) Die illjrisclieu Krieger wurden nur in ihrer Provinz
verwendet,''^) und die Gallier ans dem verbündeten oder neu
eroberten Lande den Leg:ionen nicLt einverleibt, sondern als ab-
gesonderte ScLaaren gebrauclit, vorziiglicli, die ZufuLr zu sichern. '*)
Dassel])e g-ilt von den Germaniern im römischen Heere, welche
ihm als leichte Truppen gute Dienste leisteten. ^ ')
§ 17.
(a. 58.) Demnach überwand Cäsar seine Feinde mit einer
verhalluissmässig' geringen Macht, und zvsar fast ausschliesslich
mit dem Fussvolke , denn die Reiiterei leistete nichts. Sie be-
stand aus Galliern, ^^) in den letzten Jahren auch aus Spaniern
und Germaniern, ^ ') und war 4 bis 5000 Blann stark,**) die
ausgeuomraen, welche die Legaten in dringenden Fällen fiir sich
aushoben. *^) Man durfte weder auf den Blulh noch auf die
Treue der gallischen rechnen ; fast in allen Gefechten ergriff sie
die Flucht,'") sogar in ganzer IMasse vor 500 Helvetiern und
800 Germaniern. *') Nur wenn der Feind schon zum Weichen
gebracht war oder beim Ueberfalle sah man sie mitunter ent-
scheidend mitwirken.*-) Aber auch der böse Wille hatte An-
theil daran; der Zwang bringt keine "NVunder der Tapferkeit
hervor und er wurde hier nicht einmal wie bei leibeigenen
Kriegern durch die Gewohnheit eines sclavischen Gehorsams
unterstützt; freudig eilten einst die trevirischen Reuter, die besten
unter allen, aus der .Schlacht, als sie Cäsar für besiegt hielten. '^)
Diesem war es indess sehr erwünscht, dass Gallien Ueberliuss
an Pferden hatte; ") als es sich a, 52 gegen ihn empörte, mnsste
32) B. G. 8, 54. lieber die Nachriclit bei Snet. 29. Plnt. Caes. 31
n. Pomp. 59, Cäsar habe sich erboten, 8 Legionen und dem jen^eiiigen
Gallien zn entsagen , und nur zwei mit dem diesseitigen oder eine nnd
lilyTien bis za seinem zweiten Consniat gefordert, s. unten (j. 38. A. 44,
33) Caes. 5, 1. 34) Das. 7, 34. 35) B. G. 8, 36. 36) Caes.
1, 15. 4, 6. 6, 4. 37) D.-.S. 7, 13. 38) Das. 1, 15. 4, 12.
5, 5. 8. 39) Das. 5, 57. 58. 40) D.is. 1 , 24. 2, 19. 24. 27
7. 13. 41) Das. 1, 15. 4, 12. 42) Das. 2, 27. 5, 57. 58. 43y Das.
2, 24. 44) Das. 7, 14. 64.
238 XXI. lULlI. (31. §.17.)
er sie in Spanien xmd Italien kaufen. * ') Die spaniscHen
Reuter*^) und besonders die germaniscLen * '_) thaten sieb in
allen Gefechten Lervor, ihre Zaiil war aber zu gering. Au
LeicLtbewalFnelen folgten dem Heere ausser denen, welche zn
den Legionen gehörten, Numidier, crefensische Bogenschützen,
balearische Schleuderer und Germanier,**) und wie Ariovist so
mischte auch Cäsar sie zuweilen unter die Reuterei. *^)
Seine persönliche Grösse und die Vorzüge seiner Truppen
wurden den Feinden um so verderblicher, da auf der Seite der
Römer die vollkommenste Einheit herrschte, und auf der andern
nicht. Die Gallier handelten, als das Schwerdt schon über Aller
Haupte hieng, wie sie früher gehandelt hatten, so dass sich
innerhalb ihrer Gränzen wiederholte, was Rom bei der Gründung
seines Weltreichs begünstigte, die Bedrohten seihen einander gleich-
gültig fallen, oder sie halfen dem Unterdrücker ihre Nebenbuhler
besiegen. Es ist von diesen Zeiten nicht zu fordern, dass die
sogenannten Barbaren im Norden bis Britannien hinauf sich ver-
banden, sobald der erste römische Krieger die Alpen überschritt,
oder das Schicksal der Cisalpiner und der Spanier sie warnte;
aber selbst die Völker zwischen dem Rhein und den Pyrenäen
standen nicht AUe für Einen, ihre Fehden dauerten fort. Sie
erinnerten sich an ihre verschiedene Abstammung , aber nicht an
ihr gleiches Interesse. * °) Ungern theilten die Gelten oder Gallier
im engern Sinne des Wortes das Land mit den Aquitanern,
Stämmen iberischer Abkunft zwischen der Garnmna (Gai-onne)
und den Pj'renäen, * ') und mit den Belgiern, welche grössfen-
theils aus Germanien eingedrungen waren, ^^) und Uires Ursprungs
mit Stolz gedachten. '^) Auch die Völker desselben Stammes
bildeten in staatsbürgerlicher Hinsicht kein Ganzes ; ihre Ver-
suche, eine politische Einheit zu schaffen, gelangen nicht, sie
erbitterten nur und schwächten; daher die National -Feindschaft. *'')
Es gab freie Staaten und Gebiete. Die Bewohner der letzteren
nennt Cäsar Clienten. Unter anderen halten die Arveruer, '*)
45) Caes. 7, 55. 46) Das. 5, 26. 47; Das. 7, 13. 70. 80.
Vgl. 1, 48. 48) Das. 2, 7. 10. 24. - 49) B. G. 8, 13. B. C. 3, 84.
50) Äjnmian. Marc. 15, 11. 51) Siralio 4, 189. 52) Caes. 2, 4.
6, 32. Tacit. Germ. 2. 53) Tacit. das, 28. 54) Caes. 6, 12 lin.
55) Strabo 4, 191.
XXI. lÜLn (31. §.17.) 239
Aedoer, '*) Adnahiken, *') Trevirer ") unJ Nerrier*^) Nahe
nnd Entfernte in diesen Zustand versetzt, stets in der Absicht,
ganz Gallien in ihr Gebiet zu verwandeln. Bestrebungen dieser
Art zeigten sich früh,*") aber nie gelangte ein Volk zu einem
allgemeinen und immer ■währenden Principat. In der ersten
Hälfte des zweiten Jahrhunderts waren die Arvemer die mächtig-
sten,^') dann die Aeduer;^^) gegen diese riefen die .Sequaner
Ariovist herbei; die Aeduer mnssten nach mehreren Niederlagen
sich ihnen unterwerfen , bis Cäsar ihr Beschützer wurde und
ihnen ihre Clienten zurückgab,*^) jedoch nicht alle; aus allem
Hasse gegen sie schlössen sich mehrere abhängige Völker lieber
an die Remer an, welche erfreut waren, nun wenigstens deu
Bang nach den Aeduern zu erhalfen. '"'')
Solche Entwürfe giengen von den Grossen ans, denn die
Menge fiöhute. ^ *) Sie vollendeten dadurch die innere Zer-
»iittung, dass sie mit Hülfe ihres Gefolges über ihren Gau und
dann über Gallien gebieten wollten. Kein Andrer konnte ihre
Bänke so leicht durchschauen als Cäsar, da er gegen Rom die-
selben Pläne verfolgte ; dort untergrub er Regierung und Verfassuna'
in Gallien fanden sie einen Vertheidiger in ihm ; denn von jenen
Ehrgeizigen hatte er den heftigsten Widerstand zu erwarten,
weil sie als Provincialen am meisten verloren, den Niedrigsten
gleichgestellt wurden. ^^) Daher bemühten sie sich, alle Gallier
gegen ihn zu vereinigen;^') doch nutzte ihm auch ihre Eifer-
sucht,^") wenn er nicht darüber hinausgieng, die Uneinigkeit
zu nähren; wenn er selbst Häuptlinge einsetzte, so wurden sie
erschlagen oder vertrieben, ^ ')
Die inneren Verhältnisse wirkten auf die Feldzüge zurück,
in welchen diese Völker sich ohnehin im Nachtheile befanden.
56) Caes. 1, 31. 6, 12. 57) Das. 5, 27. 58) Das. 4, 6.
59) Das. 5, 39. 60) Liv. 5, 34. 61) StraLo 1. c. Oben §. 15.
A. 23. 62) Caes. I, 31. 6, 12. 7, 54. 63) Das. U. cc. 64) Das.
6, 12 fia. 65) Das. 6, 13. 66) Das. 1, 17: Liscns proponit :
Esse nonnollos, quornm anctoritas apnil plebem plurimam Taleat, qui pri-
valim plns possint, qaam ipsi magistralns. Hos sediüosa atque improba
oralioiie miiltitudinem deterrere , ne framenlum confcrant; qiiod praestare
ilicant, si iam principatnm Galliae obtinore noo possint, Gallornm qTiam
Romanornm imperia perferre. Vgl. cap. 18 u. 7, 4. 67) 7, 30.
68) Dns. 5, 3. 6, 8. 7, 4. 69) Das. 5, 25. 54. 56. 6, 8.
240 XXI. lULn! (31. §.17.)
Mag sich seit Polybitis MancLes bei iLnen geändert Laben , Ja
sie als gelehrig und anstellig geschildert werden, ' ") und nament-
lich ihr dünnes Schwert ohne Spilze bereits gegen ein besseres
vertauscht sein, ' ') so kann doch die Nachahmung- nie ihr Vor-
bild erreichen. Sie hallen befestigte Studie;'^) ihre Lager zu
befestigen, ' ^) und Verschanzungen anzugreifen und einzuscliliessen
lernten sie nothdiirflig erst im Kriege mit Cäsar. '*) Da sie
meistens nur an Streifzüge geAVo'hnt waren, so sorgten sie nicht
fiir Vorräthe, wodurch sie Jetzt oft gezwungen wurden, ein Unter-
nehmen aufzugeben. ' *) Schrecklich war ihr erster Anlauf; ' *)
eine Aufstellung in mehreren Treffen und einen geordneten,
zum voraus berechuefen Rückzug- kannten sie nicht;") ihre
Schlachten endigten sich entweder mit einem schnell erfochtenen
Siege oder mit eiucr vollständigen und blutigen Niederlage, wie
bei allen Volkern, welche in der Kriegskunst unerfahren sind.
Desto mehr leisteten sie in zerstreuten Gefechten , wenn es galt,
ans dem Hinterhalte hervorzubrechen, die Verbindungen zu durch-
ki-euzen, die Zufuhr abzuschneiden, und die feindlichen Stelhingen
zu umschwärmen, zumal da es ihnen an Pferden nicht fehlte. ' *)
Wie sehr sie Cäsar dadurch zu schaden vermochten, lernten
sie erst gegen das Ende seiner Statthalterschaft deutlich einsehen,
über deren Dauer die Alten nicht einig zu sein scheinen. Diese
verwechseln aber grösslentheils nur, mit und ohne Absicht, die
gesetzmässige und die wirkliche Zeit, Sf" dass die Widersprüche
zu heben sind , welche Geschichfschreiber und Ausleger viel be-
schäftigt haben, und den Streit zwischen dem Proconsul und der
Aristocratie zunächst vor dem Bürgerkriege wesentlich berühren.
Durch das vatinische Gesetz vom J. 59 erhielt Cäsar Gallien auf
5 Jahr;'^) durch das trebonische vom J. 55 wurde ihm die
Verwaltung auf einen gleichen Zeitraum verlängert. ^ ") FolglicJi
trat er nach jenen Bestimmungen im Anfange des J. 48 in den
Privatstand zurück; denn die ersten füuf waren am letzten
70) C.ies. 5, 42. 7, 22. 71) Folyb. 2, 33. 72) Caes. 7, 23.
73) Das. 7, 30. 7i) Das. 2 , 6. 5, 42. 75) Das. 2, 10.
76) Polyb- 1. c. 77) Caos. 2, 11. 5, 31. 78) D.is. 7, 14. 64.
79) Oben §. 14. A. 66. SO) S. unten }. 24. A. 59 f. Dio 39, 33
sagt auf drei J.ibio darnach Iiiitle Cäs.w nach dem Verlaufe des J. 51 ab-
gehen müssen, >v<^lchps jener auch nnuiiumt. 40, 44. 59.
XXI. lULn. (31. §.17.) 241
Dccenber 54 verflossen , und die z-vreifen fünf am letzten De»
ceniber 49. IMan kann dagegen einvsendeu: er Labe dann Heer
und Provinzen ein JaLr länger LeLallen, als Pompejus und Crassos,
■svenn das treboniscLe Ge.setz genau zur AusfüLrung kam, da es
ihnen nach iLrem zweiten Consulat für 54 bis 50 Spanien und
Syrien gab, auch lese man im achten Buche des Gallischen Krieges,
dass seine Rückkehr nach Rom im J. 50 habe erfolgen müssen; ")
aber seine C'ollegen im Triumvirat, unter t\' eichen Pomjiejns ins-
besondre sich als sein IVachahmer zeigt, hofften auch auf Ver-
längerung; dann waren sie es, die ihn bei weitem überflügelten,
und der Fortsetzer des Gallischen Krieges vergass, was aus einer
einfachen Berechnung zu entnehmen ist. Davon abgesehen war
es scheinbar C'äsars höchster ^^ unsch, unmittelbar nach der Statt-
halterscheift Cousul zn werden, und sich dadurch vor einer An-
klage zu sichern. Für 49 machte er keinen Anspruch auf das
Consulat; es verletzte ihn nur, dass sein Legat Ser. Gnlba nicht
gewählt wurde; *-) erst in diesem Jalire wollte er werben, wes-
halb er sich im vorhergehenden den IMunicipien im cisalpinischen
Gallien empfahl.*^) JVach seinem eigenen Berichte war es das
J. 4fs, in welchem er gesetzlich, zehn Jahre nach dem ersten,
das Consulat wieder übernehmen konnte,**) und dazu stimmt
nun auch seine Beschwerde,' man verkürze ihm die Slatlhalter-
schaft um sechs Blonate, da man verlange, er solle sich in Person
unter den Candidafen einfinden, mithin schon im .Sommer 49 ; * ')
seiue Feinde glaubten, dass er die Zeit der AYahlen nicht ein-
halten, und lieber bis zum Ende des Jahrs in Gallien bleiben
werde. * ) Auf zehn Jalir waren ihm also seine Provinzen an-
ge\%-iesen, *') er verwaltete sie aber nur neun; ^^) im Anfange
des zehnten betrann der Büro-erki'ies:.
81) 8, 39. 82) B. G. 8, SO. 83) Das. 1. c. Si) B. C.
3, I. Tgl. Cic. ad Att. 7, 9: Ant tum, qnum comitiis etc. 85) Caes.
B. C. 1 , 9. 86) Diess äusserte Pompejns am 27. Decemher 50 gegen
Cicero, ad Att. 7, 8. '. 4, vro hoc anno sich auf die Zeit vor den C'on-
snlar- Comiüen 50 bis dahin a. 49 bezieht; für 49 waren die CoiiMiIn längst
gevriiblt. 87) Im Zorne macht Cicero keinen Unterschied, ad Att.
7, 5 fin. ; Sero resistimns ei, qnem per annos decem alnimus contra nos.
Das. 7, 7. f. 5: Annornm enim decem imperium. Das. 7, 9: Qmd im-
pudentins? Tennisti provinciam per decem annos. 88) Caes. B. C.
I, 7. VeUej. 2, 47. f. 1. Sneton. 25- Eiitrop. 6, 17 (14). Fiat. Caes. 15.
Drumann ■ Geschieht« R<>m.^ 111. \(y
242 XXI. lüLII. (^31. §.18.)
§ 18.
(a. 58.) Cicero War durch den Tribnn P. Clodins von Rom
entfernt, als Cäsar sich im Anfaug-e des Aprils in seine ProTinzen
begab. * ") Nach einer Reise von acht Tagen erreichte er Ge-
neva (Genf), die allobrogische Stadt am Rbodanus , ^ ") denn es
bedurfte jetzt der grössten Eile, da die Helvetier, ein gallisches
Volk,^') in das römisclie Gebiet hereinzubrechen drohten.*')
Sie hatten sich schon früher mit den Römern gemessen, deren
Consul L. Cassius vor etwa einem halben Jahrhunderte von den
Tigurlnern, einem ihrer vier Slämme, überwunden war, ^^) nnd
wenn die Niederlagen der Cimbern und Teutonen auch ihnen
Schranken setzten, so blickten sie doch immer mit Stolz auf jenen
Sieg zurück, nnd beschlossen im J. 61 um so zuversichtlicher,
andere Wohnsitze zu suchen. Ihr kleines Land zwischen dem
Rhein , dem Jura , dem lemanischen oder genfer See und der
Rhone konnte die zunehmende Volksmenge nicht mehr fassen
und ernähren, und nördlich vom Rheine wehrten ihnen die
Gennanier , mit welchen sie viele Kriege führten. Freudig'
stimmten sie daher ein, als Orgetorix, einer der Angesehensten
nnd Reichsten, iu der Hoffnung, über Sieger und Besiegte als
König zu gebieten, die Eroberung des westlichen Galliens in
Vorschlag brachte. Seine Älassregeln verrathen eine unter Bar-
baren seltene Besonnenheit. Der Zug sollte erst im dritten Jahre
nach genügenden Vorkehrungen beginnen. In der Zwischenzeit
gewann er auch Castieus, den Sequaner, und Dumnorix, den
Aeduer, welchem er seine Tochter gab,*») und trieb sie an,
sich der Herrschaft zu bemächtigen, dann werde man an der
Spitze der drei Völker sich leicht ganz Galh'en unterwerfen.
Diess Triumvirat konute dem römischen gefährlich werden ; es
war aber von kurzer Dauer, wenn auch nicht ohne Folgen, Die
Helvetier verurüieilten Orgetorix wegen seiner Meuterei znm
89) Oben §. IS A. 8 n. 12 nnd hier im Folgenden A. 1. 90) Plnl.
Cnos. 17. Caps. B. G. I, 7. 91) des. 1, 1. 3. 25. 92) üers.
1, 1—29. Cic. de prOT. cons. 13. Liv. 103. Flor. 3, 10. Gros. 6, 7.
Dio 38, 31—33. App. Call. 755. lib. 4. c. 3. Exe. 13 d» leg. ed. Schw.
Flui. Caes. 18. Slrabo 4, 193. Zoiiar. 10, 6. 93) Oben §. 15. A. 30.
94j Caes. 1, 3. 9. 18. S. unten J. 2C. A. 31.
XXI. lULII. (31. §.18.) 243
Feuertode, und bewaflnefen sicli gegen ihn, als sein AnLang die
VollzieLunj verliiaderte , weshalb er waLrscLelnlich sich selbst
entleibte. ^^) Das Unternehmen, welches durch ihn veranlasst
war, hatte seinen Fortgang. Die Auswandernden, 263,000 mit
Frauen und Kindern, brannten ihre Wohnungen nieder, ihr
Schwur, nicht zurückzukehren, nnd überredeten mehrere Nachbar-
völker gallischer Abkunft, sich anzuschliessen, die Rauraken
23,000, die Tulinger, 36,000, die Latobrigen, 14,000 nnd die
Bojer aus Noricum 32,000; im Ganzen zählte man 368,000, und
nnter diesen 92,000 Streiter. ^^) Es schien rathsam, dass nur
die AVehrhaften aaszogen und zunächst ein Land erkämpften;
die Uebrigen sahen sich dann aber den Antillen und der Rache
vielfach gereizter Völker preisgegeben. ^') Auf der andern Seite
konute man sich mit einem solchen Trosse nur langsam bewegen,
den Feind nicht überraschen, sich ihm nicht versagen, und da,
wo man sich hätte Freunde erwerben sollen, nicht schonen, weil
die Bedürfnisse zu gross waren. Dazu kam die ungünstige Jahres-
zeit; im April fanden sie leere Felder. Gemz anders musste
sich der Krieg gestalten, wenn die Allobrogen, unzufriedene
Provincialen , und die Aeduer, ohnerachtet des Bruder-Titels^^)
gegen Rom nichts weniger als treu gesinnt, nicht darcli Raub
und Mord erbittert und die Schaaren schnell bis Tolosa ( Toulouse )
vorgedrungen wären; dann würden jene im Rücken Cäsars auf-
gestanden sein.
9S) Caes. 1, 4, Gros. I. c. dentel an, er sei hingericlitet , wogegen
Dio 38, 31 ibn nach dieser Zeit als Anlührer auftreten lässt. 96) Caes.
1, 5. 29. Mehr oder Treniger nennea Flut., App , Strabo, Gros. U. cc. n. Po-
lyaen strat. 8, 23. {. 3. Cäsar fand im feindlichen Lager ein mit griechischen
Bnchstaben abgefasstes Yerzeichniss , 1, 29; nm so mehr ist auch 6, li
graecis lileris zn lesen. Die Drniden konnten dnrch die Massilier die
Schreibkunst überkommen, ohne die griechische Sprache zu erli'rnon. S.
Davis. «. Gudend. bei der letzten Stelle. Jener bemerkt, dass Divitiacus,
nach Cic. de div. 1, 41 ein Druide, sich durch einen Dollmclscher mit
Cäsar Dnterredete, 1, 19. Dessen bedurfte es nicht, vrenn er, \Tie dieser,
des Griechischen kundig war. Einen in ilieser Sprache verfassten Brief
konnten die Gallier nicht entziffern. Unten J. 27. A. 69. Beier Gbserv,-itt.
in Caesar, in der Krit. Biblioth. -von Seebode, 1825. S. 1218 giebt hier
oichis Nenes. 97) Dio 38, 61. 98) Cic. ad Att. I, 19. §• 2.
Caes. I. 33.
244 XXI. lULII. (31. §.18.)
Die Helvelier gerielLen also «nfer jeder Beding'uiig' m grosse
Gefahr. Indess dachten sie nach den Ziiriisfiingen nur an den
Weg, ■Vielehen sie wählen konnten. Der nächste führte durch
die Pässe des Jura in der Gegend, wo dieser das nördliche Ufer
der Khone erreicht, und durch das jenseits des Gebirgs gelegene
Land der Sequaner (Franche-Gomte) in das Innere von Gallien;
er war aber enge und beschwerlich und eine geringe Alannschaft
konnte hier widerstehen. ") Daher beschlossen sie, über die
Rhone durch die römische Provinz zu gehen, nnd sich folglich
zu den Allobrogen zu wenden, zumal da sie deren Hess gegen
die Römer kannten. Am 28. Blärz sollten Alle an jenem Flusse
versammelt sein. ""') Cäsar eilte von den Thoren von Rom nacli
dem jenseitigen Gallien nnd mit der Legion, welche er hier
fand, nach Geneva. Er befahl, die Rhone- Brücke bei der Stadt
abzutragen und versprach, die Helvetier auf ihr Gesuch um freien
Durchzug durch die Provinz am 13. April zu bescheiden. ') In
der Zwischenzeit verstärkte er sich durch die neu ausgehobenen
Trappen , nnd sicherte das allobrogische Gebiet dnrch einen
19,000 Schritt langen ^Yall und Graben und durch Feldschanzen
auf dem linken oder südlichen Ufer der Rhone von Geneva oder
vom westlichsten Puncfe des lemanischen Sees an.') Er erölfnele
darauf den Helvetiern , dass er ihren Wunsch nicht erfüllen
99) Caes. I, 6. 8. 9. 100) Das. 1, 6. 1) Das. J, 7. 2) Das.
1,8. Die Ausleger haben znm Theil ricblig gesehen, dass mni-ns hier,
trie auch soust znneilen, die hier angegebene Bedeutung hat ; in so kurzer
- Zett konnte man nirht eine so lange Alauer aufführen. Uebrigens ist diese
Stelle znerst von dem Hanptm. Roesch in seinem Commeniare über die
Comm. Cäsars S. 151. Taf. 4 Lefriedigend erklärt. Blan dachte sich den
Wall auf dem rechten Ufer der Rhone bis zum Jura, nnd begriff nun nicht,
wantju Cüsar die Werke da anlegte, wo die Besatzung wegen der Zer-
störnng der Biiicke von den übrigen Truppen abgeschnitten viar , vrelche
.nnt dem linken Ufer in der Provinz standen, und wo der von den Helvetiern
jetzt gewählte Weg zu snchen sei. Locus, quocnnque te vertas, magnis
diflicnllatibus iniplicatur. Davis. Den Messungen zufolge, deren Roesch
S. 158 gedenkt, betrügt die Entfernung Genfs vom Passe von Ecluse fast
so viele Schritte, als Cäsar für die Länge des Walls angiebt, oder genauer
18,750, welches mit den 150 Stadien Appians, (Call. Exe. XllI de leg )
•Ins .Stailinm zu 125 Sclirilteu gerechnet, ilbereinstinimt. Der Urheber des
AVei'ks kannte aber ohne Zweifel dessen Ausdehnung am hosten; es wurde
also noch eine Strecke jenseits Ecluse forlgeführl.
XXI. lULII. (31. §.18.) 245
kciiine, niid warf sie zurück, als sie mit Gewalt iliircLziibrecLen
versuclileii. So blieb iluien nur der erste Weg übriii-; sie gieng'en
zu tk'i» .Sequanern, bei -welclien Duninorlx, der Aedner, ihnen
eine giiusti^e Aufnahme verschalfle, und gedacLien bis zu den
.Sau(ouen ( Saintonge ) , nicht weit von Tolosa in der Provinz,
vorzudringen. Auf diese NacLriclit holte C'asar fünf Legionen,
unter welchen zwei aus eigener Blachtfülle von ihm gewoi'ben
wurden , aus Italien herbei ; er vereiuigte sich mit Labienus,
^velcher in seiner Abwesenheit die Truppen bei Geneva be-
feliligte, und lagerte ebenfalls ohne Auftrag vom Senat, aber
durch die Umstände gerechtfertigt, ausserhalb seiner Provinz im
Lande der Segusianer (in der Gegend von Lyon).
Schon hatten die Helvetier aus JVoth die Besitzungen der
Allobrogen westlich von der Rhone verwüstet, und jetzt plün-
derten drei Abtheilungen auf dem Gebiete der Aeduer, (Herzogt
thum Burgund), als Cäsar, welchen diese um Schulz baten, die
vierte oder die Tiguriner östlich vom Arar (Saone), über welchen
sie den Uebrigen noch nicht hatten folgen können , durch einen
plötzlichen Angriff zersprengte, und über den Fluss gieng. ^)
Den Feinden war diess unerwartet; sie trugen durch Divico»
einen ihrer Grossen, auf Frieden an, aber in hochfahrender Rede:
Cäsar möge ihnen Land anweisen, sonst könne eg sich leicht
ereignen, dass der Ort, wo sie ständen, durch die Vernichtung
seines Heers einen Kamen erhalte. Auf seine Forderung, dass
sie Geissein stellten und die Allobrogen und Aedner entschädigten,
wurde ersviedert: die Helvetier seien gewohnt. Geissein zu em-
pfangen, aber nicht zu geben; diess könne Rom bezeugen. Ihre
Zuversicht wurde grösser, als ihre 500 Reuter, die einzigen, wie
es scheint , da andere nicht erwähnt werden , 4000 gallische
schlugen, zum Theil, weil Dumnorix in böser Absicht mit den
seiuigen zuerst entfloh. Cäsar folgte ihnen etwa fünfzehn Tage
läugs dem Arar, auf dem rechten ül'er des Flusses, dessen Schilfe
ihn versorgten, dauu aber zogen die Barbaren westlich, und die
Aeduer lieferten nicht. Die Ursach erfuhr man im römischen
3) Folyaen. strat. 8, 23. j. 3 neuut liier irrig <li(> Rlioiip, irmi riiii.
w. Ajip. U. cc. ( oben A 92 ) sibreilien die Tlial Lnbieniis 7.ii , ■>vel(heii
(Äisar bei dieser Gelcgenbeil uicbl i;rwäbut, obgleich er sonst seine Vei-
ilieusle uicbt verscUvreigt.
246 XXI. lüLlI. (31. §.18.)
Lag'er , wo ilire Hätiptliiige sich befanden , durch Liscus , ihren
Vergobreten, oder ersten Blagisirat : *) Dumnorix sei reich, frei-
gebig, bei der Menge beliebt, mächtig durch Gefolge und Ver-
wandte nnd hoffe zu herrschen ; durch die Römer werde dieser
Plan vereitelt; man höre von ihm, besser sei es, den Helvetiera
als Rom zu gehorchen ; mit jenen verliere auch Gallien seine
Freiheit; er kundschafte für sie, und habe die Niederlage der
Reuterei verschuldet. Sein Bruder Divitiacus konnte diess nicht
läugnen; aber er bat für ihn, nnd gab zu erkennen, dass seine
Bestrafung alle Gallier erbittern werde; so begnügte sich Cäsar,
ihn zu warnen und insgeheim zu bewachen.
Gegen die Helvetier entsandte er in der Nacht Labienus
mit zwei Legionen; er sollte einen Berg in ihrem Rücken be-
setzen, uud mit Tagesanbruch angreifen, wenn die übrigen Truppen
von der andern Seite herankamen. Am Morgen meldete P. Con-
sidius, welcher vorausgeschickt war, man erblicke auf dem Berge
die Waffen und Feldzeichen des Feindes. Sein Irrthum wurde
zu spät erkannt und der Legat zurückgerufen , worauf das
Heer gegen Bibracte, einen Ort der Aeduer, aufbrach, (in der
Gegend von Autün) um sich mit Vorräthen zu versehen. Bei
der Langsamkeit der Helvetier konnte man sie ohne Gefahr eine
kurze Zeit ans den Augen verlieren. Nun aber wurden s i e die
Verfolger; die scheinbare Feigheit ermuthigte sie. Cäsar stellte
seine vier alten Legionen an einem Abhänge in drei Treffen in
Schlachtordnung ; weiter hinauf standen die beiden neu ge-
worbenen mit den Hülfstruppen. Mit gerechtem Misstrauen gegen
die Reuterei entfernte er die Pferde, und um nicht Anstoss zu
geben , das seinige zuerst. Kaum war er in Bereitschaft , als
dichte Massen gegen sein erstes Treffen heranstürmten, aber auch
sogleich von oben herab durchbrochen wurden. Der furchtbare
römische Wurfspiess drang durch ihre Schilde oder heftete gar
mehrere an einander ; daher warfen Viele die hindernde Schutz-
Waffe von sich und um so schrecklicher wüthete das Schwerdt,
bis die Barbaren, mit Wunden bedeckt, nach einem andern Hügel
zurückwichen. In der Hitze des Kampfes Hieb es bei den Rö-
mern unbemerkt, dass 15,000 Bojer und Tnlinger ihren rechten
4) Caes. 1, 16.
XXI. lüLII. (31. §.19.) 247
riiig-el iiDig-ieng-en, die Loosiing' fJir die ScLaaren auf der Hohe,
um aiicL wieder vorzurücken. Nur die Runst und eiue feste
Haltung konnten der Tapferkeit den Sieg noch entreissen. Cäsars
erstes und zweites Treifen widerstanden ihren Torigen Gegnern;
(las drille machte eine Schwenkung, um die Flanke zu decken,
uud bildete mit jenen einen \\ inkel. NacL einem langen Ge-
fechte von der siebenten röniisciien Stunde bis zum Abend, in
\Nelchem keiner der Helvetier den Kücken' zeigte, räumten diese
endlich das ScLIachtfeld ; ein Theil setzte sich auf dem Berge,
ein anderer in der ^^agenburg, welche das Gepäck umschloss,
und erst tief in der Nacht wurden Wagen und Lager genommen.
Diess vollbrachten vier Legionen und ohne Reuter; doch be-
durften sie nach der Blutarbeit drei Tage Ruhe; dann brach
Cäsar gegen die 130,000 auf, welche in grö'sster Eile gegen
Aorden zu den Lingonen zogen, (Langres in Champagne) und
vom Älangel gedrückt, ihm Friedensgesandte entgegenschickten. Er
forderte Geissein, Waffen und die entlaufenen Sclaven, und gebot
ihnen ans MenschUchkeit und Klugheit, ihre Wohnplätze wieder
aufzubauen, damit die Gei-manier nicht einwanderten und im
römischen Gallien plünderten. Die Urbigeuer erklärte er nach
einem Versuche, während der Unterhandlungen zu entfliehen,
für Gefangene; ausserdem blieben die Bojer, aber als freie An-
siedler im Lande derxA.eduer, welche sich durch den kriegerischen
Stamm zu verstärken wünschten. 110,000 kehrten nach Helvetien
zurück.
§ 19.
(a. 58.) Schon ^oc ihnen war Ariovist, der Germanier,
in Gallien eingedrungen uud unter Cäsars Consulat von den
Römern als Freund und Bundesgenoss anerkannt, w'eil jener
einen Angriff auf die iiarbouensische Provinz bis zu seiner An-
kunft verhindern wollte. ') Der Proconsul hatte die Gallier vor
5) Oben §. 13 fin. ^, 15 fm. Ueber die folgenden Ereignisse vgl.
Caes. 1, 30 — 54. Cic. de prov. cons. 13. Liv. 104. Tacit. II. 4, 73.
Flor. 3, 10. §. 11 f. setzt de« Krieg mit Ariovist nacli dein belgiscben.
Oros. 6, 7. Dio 38, 34 — 50 nennt die Germanier Celtea. riat. Caes. 19.
App. lib. 4. GaU. Exe 14 u. 15 de leg. Zonar. 10, 6.
248 XXI. lULII. (31. §.19.)
einem JocLe bewaLrt, er sollte sie mm aucli von einem andern
befreien. Hire Abgeordneten deuteten es an, als sie ihm Glück-
wunsch und Dank überbrachten, und nach einem Landtag-e, welcher
wohl nicht mit seiner Genehmiijung' , aber doch, um nicht Ver-
dacht zu erregen, mit seinem Vorwissen gehalten wurde, kamen
sie von neuem und erolfnefen ihm durch Divitiacus, den Aeduer:
viele Jahre haben Aeduer und Arverner um den Principat ge-
kämpft, ^) und die letzteren haben endlich mit den Sequanern,
15,000 Germanier unter Ariovist in Sold genommen. Durch die
Fruchtbarkeit und den Anbau des Landes seien bald auch Andere
terbeigelockt, und jetzt zähle man 120,000.') Nach einer Nieder-
lage bei Admagetobria ') haben die Aeduer Geissein stellen und
eidlich geloben müssen, den Setpianern stets unterthan zu sein,
und Rom nicht um Hülfe anzuflehen. Aergeres sei jedoch den
Siegern begegnet; ein Dritlheil ihres Gebiets habe Ariovist in
Besitz genommen, und jetzt fordre er ein zweites für die kürz-
lich angelangten Haruden. Bald werden alle Germanier folgen,
und die Gallier auswandern, wie die Helvetier, wenn Cäsar sie
nicht beschütze. Die Sequaner sahen schweigend zur Erde; sie
waren sich ihrer Schuld bewusst, und fürchteten die Rache des
Unterdrückers. Ihr Zustand warnte ihre Stammgenossen nicht;
durch einen Fremden hatte man sich der Herrschaft bemächtigen
wollen und durch einen Fremden wollte man sich befreien. Die
Völker selbst, welche er zn unterjochen gedachte, riefen ihn in
ihre BLtte, und er konnte sie beruhigen, ihnen die Versicherung'
geben , dass es bei seinen persönlichen Verhältnissen zu Ariovist
6) P. Tereiitlas Vano Atacinns, ans Gallien gebürtig, besang dieso
Kriege ond Cäsnrs Thaten in GalUen in einem Gedichte de bello Sequ.inico,
dessen Prise, lib. 10. p 877. P. gedenkt. Weinsd. Poetae lat. min. Tom. V.
P. III. p. 1394. 7) Caes. 1, 51 nnterscheidet Marcomanen, Tribocchen,
(Strabo 4, 193) Vangionen, Nemeten, Sednsicr, Sveyeii «ud Ilainden,
Vielehe nacli Caes. 1, 31 zuletzt sich einfanden. Vgl. Gros. 1. c. 8) Der
Ort ist nicht zn eimittelii. Reichard Geogr. Kachweis, der Kriegsvorfälle
Cäsars S. S sucht ihn mit D'An\ille in la Moigtc de Bioie, nicht weit von
der Vereinigung des Oignon und der Saone, im ösilichea Theile des II.
Burgnnd; Simon Aelteste Nachrichten von den Bewohnern des lirikun
Rhciaiifers S, 70 nicht weit TOn Ponlallier in der Franche - Coni'ie. Kichts
Ist gewiss, als dass der deutsche Häuptling in diesen Provinzen (Aedupr
lind Sequaner) sich festsetzte.
XXI. lULU. (31. §.19.) 249
nicht einmal eines Kriegres , nur seiner Venvencliing' bedürfen
Nverde, dem Uebel abzuLelfen; den König' konnte es niclit be-
fremden, dass die Römer bei der Rnecblscliaft ihrer Freunde, der
Aeduer, nicLt gleicligiiltig' blieben, und die Römer ninssfen be-
i;reifen, wenn es dennoch znm Kriege kam, um welcLen Senat
und Volk ■wieder nicht befragt wurden, dass man nur zwischen
ihm und einem zweiten cimbrischen in der Provinz und in Italien
zu wählen hatte.
Wicht Cäsar trug die Schuld, als der deutsche Fürst auf
seine Einladung, sich mit ihm zu unterreden, ei'wiederte: wenn
er ein Anliegen habe, so möge er zu ihm kommen; übrigens
sehe er nicht, was die Römer in seinem Gallien begehren können.
Diess also, antwortete der Proconsul, sei der Dank für das Gute,
-welches er und Rom ihm erwiesen haben , dass er sogar eine
Zusammenkunft verweigere ; er begehre , dass er nicht neue
Schaaren über den Rhein heranziehe , die Geissein der Aeduer
entlasse und sie und ihre Bundesgenossen nicht bekriege, sonst
werde er sie zu vertheidigen wissen. Ariovist fühlte sich da-
durch empört: wie Rom von dem Eroberungsrechte Gebrauch
mache, so auch er; niemand habe hineinzureden; ohnerachtet
ihrer Verbrüderung mit den Römern werden die Aeduer fort-
fahren, ihm zu steuern und ihre Geissein nicht erhallen; es
stehe bei Cäsar, sich mit den unüberwindlichen Deutschen za
messen. Zu gleicher Zeit wurden die Aeduer von den Haraden
geplündert, und jenseits des Rheins zeigten sich bereits auch die
Sveven. Man durfte sie nicht erwarten, und eben so wenig
Vesontio am Dubis (Besan9on am Donbs), den festen und mit
Vorräthen \vohI versehenen Hauptort der Sequaner, dem Feinde
überlassen, Avelcher vom Norden, wie Cäsar vom Süden gegen
ihn anrückte. Dieser besetzte ihn. Aber die Schilderung der
Deutschen, ihrer Grosse und Tapferkeit, welche sie hier aus dem
Munde der Gallier vernahmen, schreckte sein» Truppen, und die
Tribüne und die jungen Römer in seinem Gefolge am meisten;
es verlautete sogar, man werde seinen Befehlen nicht gehorchen.
In einem Kriegsrathe und in Gegenwart der Cenlurionen rügte
er es als eine Anmassung, dass das Heer sich mit seinen Ent-
würfen beschäftige. Ariovist werde nicht wagen , seine und des
römischen Volkes Ciunst zu verscherzen; wenn er es wage,
250 XXI. IVUi (31. §.19.)
bereite er sich das Scliicksal der Cirabern und Teutonen. Warum
man ihn fürchte? selbst die Helvetier, von welchen die Ger-
nianier fast immer geschlagen worden , Laben den Römern nicht
widerstehen können. Man spreche von Verweigerung des Ge-
horsams ? Sogleich in der nächsten Nacht werde er weiter
ziehen, und wenn keine andre die zehnte Legion ihn begleiten. ")
Sie dankte ihm; Alle waren umgewandelt und gelobten, ihm zu
folgen ; um die vierte Nachtwache brach er auf. ArioVisf, welchem
er am siebenten Tage östlich von Vesontio auf dem Wege nach
dem Rhein gegenüber stand, wurde offenbar dadurch iiberraischt;
er suchte es zu verbergen und trug nun selbst auf eine Unter-
redung an, da Cäsar seinem Wunsche gemäss sich genähert habe,
doch solle von beiden Seiten nur Reuterei erscheinen. Diess liess
ein Einverstandniss zwischen ihm und der gallischen vermulhen ;
sie musste daher ihre Pferde an die zehnte Legion abgeben, unter
deren Schutze der Proconsul wiederholte, was er dem Könige
schon früher über dessen Verpflichtungen gegen Rom und über
seine Forderungen an ihn halte niittheileu lassen. Nicht ans
eig'enem Antriebe, antwortete Ariovist, sondern auf den Ruf der
Gallier befinde er sich in ihrer Älilte, und nicht er habe sie,
sondern sie haben ihn bekriegt. Die Freundschaft der Römer
müsse ihm Vorlheil bringen, sonst leiste er gern darauf Verzicht.
In Gallien sei er früher gewesen , als sie ; diess sei seine Pro-
vinz, wie jene andere die ihrige. Was sie hier suchen? Cäsar
möge sich entfernen, dann wolle er ihm in Allem gewärtig sein;
wenn er sich genöthigt sehe, ihn als Feind zu behandeln, und
ihn tödle, so werde er sich bei vielen römischen Grossen Gunst-
und Dank erwerben ; er wisse es von ihnen selbst durch ihre
Boten. ' °) Eine sehr gesuchte Entgegnung zeugte von Cäsars
Verlegenheit: gehe man in die älteren Zeilen zurück, so habe
Rom bei weitem das nächste Anrecht an Gallien, der Senat wollte
aber, dass es frei sei. Und das narbonensische ? Vielleicht wurde
9) Caes. 1, 40. Front, strat. 1, II. §. 3. 4, 5. §. II. 10) Es
ist nicht unwaliischeinlicli. "Weder die l'.Mricier noch die Nobililät h.-iliea
je eine Verbindung mit den Feinden des Vaterlandes gescheut, wenn sie
sich dadurch Ton einem gefährlichen Gegner befreien konnten. Il.-iss Seiid-
liuge in (iallien waren , welclie nicht erst Weisangen von Rou bedurften,
verslebt sich von selbst.
XXI. ruLn. (31. §.19.) 5J51
er dnrch die denfscLen Renter vor dieser Frage bewaLrf, welche
die römiscLen augriffen, und nng'eslraft, denn er gestattete den
.Seinigen nicht, die Feindseligkeiten zu erwiedern, damit «las
Heer durch die Treulosigkeit des Barbaren, dessen iiberinutL.ig'e
Rede man geflissentlich verbreitete, um so mehr erbittert vi'iirde.
Auch schickte er auf das erneuerte Gesuch um eine Zusammenkunft
nur den Gallier C. Valerius Procillus, und M. Blellius, einen ü ast-
freund des Königs; Beide Murden sogleich in Ketten gelegt. ' ')
Bald nachher zog Ariovist an den Römern voriibei- vjnd
lagerte jenseits, damit sie von den Secinanern und Aeduern ke ine
Zufuhr erhielten. Vergebens boten sie ihm mehrere Tage liin-
durch die Schlacht an; er beschränkte sich auf ReufergeCecIhte.
Um seine Absicht zu vereiteln, errichtete Cäsar wieder jenseits
der feindlichen Stellung ein Lager für zwei Legionen; mit eben
so vielen Treffen kämpfte er gegen die gesammte Reutenn der
Germanier und 16,000 Mann zu Fuss; als das dritte die Arbeiten
beendigt hatte, kehrte er mit vier Legionen nach den alten Vt;r-
schanzungen zurück. Am nächsten Tage führte er alle seine
Truppen ins Feld, aber Ariovist ruhte auch jetzt, obgleich eif v on
zwei Seiten bedroht wurde, in der Hoffnung, der Hung-er ^.verde
den Feiud vertreiben und er Gelegenheit finden, ihn wahrend
des Abzugs anzufallen. Nur mit einem Theile des Heers j;rifE
er gegen Abend das kleinere Lager an und ohne Erfolg. Blan
erfuhr durch Gefangene, dass er seine Horden mit einem Sj iruche
der Wahrsagerinnen beschwichtige: vor dem Neumonde i könne
man nicht siegen. ' -)
Es beschleunigte die Schlacht, welche Cäsar ohnehin ■svegen
IMangel an Unterhalt erzwingen musste. In seinen beiden L agern
blieben nur Wenige als Besatzung , und vor dem kle inern
dehnten sich die Hülfstruppen aus, um die geringe Zahl s einer
Streiter zu verbergen. Indess rückten die Legionen vor, wie
gewöhnlich in drei Treffen, und mit grösster Macht gegen i den
schwachem linken Flügel der Feinde, hinter welchen sich soj leich
eine mit Weibern angefüllte Wagenburg erhob uud den Fi eigen
11) Caes. 1, 47 n. 53. 12) Caes. 1, 50. Dio 38, 48. rin«. Cn es. 19.
Polyaen. sirat. 8, 23. §. 4. Front, sirat. 2, 1. {. 16. Vgl. Tacit, r.( rm. 8.
11. 4, 61. Clem. Alex, ström. 1, p. 131. Svlb.
25Si 1 XXI. lULII. (31. §.19.)
die Hoiriuiiijj zur Flucht benahm. Fast in demselben Ang-en-
blicke sahen sich die Kömer im Handg-emeiig'e ; für ihre Wiirl-
spiesse blieb nicht Zeit und Raum, sie griffen zum Scli-werdte,
niicl nun verwandellun sich die nervig;en Riesen, deren Arm kein
Aberg^laube lühmte, den Schild über dem Kopfe, iu eine beweg-
liche Festung;, Avelihe man zum Theil erstieg, nm von oben z;i
treffen. Endlich wurde der linke Flügel zersprengt, aber die
Scbiaaren des recli(en drängten gewallig , die römische Linie
wankte, von' allen Seiten umkreis't, und drohte sich aufzulösen,
C'ä;iar selbst verlor sich im Getümmel, da Hess P. C'rassus, welcher
als Anführer der Reuterei die Gefahr in der Ferne bemerkte, das
dritte Treffen vorgehen. Für den rechten Zeitpunkt geschont
entschied es das Schicksal des Tages. Nach ihrer Sitte hatten
die Barbaren Alles auf Einen Wurf gesetzt; sie kannten kein
Sparen der Kräfte, keine Eintheiinng als nach Völkern; zum
Rückhalte dienen, während die IJrüder bluteten, würde sie mit
uriauslüschlicher Schande oedeckt haben. Ihrer Flucht war kein
Ende, bis sie den 50,000 Schritt entfernten Rhein erreichten,'-')
an dessen Ufern die IVleisten unter dem Schwerdle der Sieger
fielen; Ariovist entkam auf einem Kahne, aber schwer vei'-
Wnnd'.et, wie es scheint, da er bald starb. ' ')
J\ach seiner Niederlage durften auch die Sreven nichts mehr
hoffen; von den Ubiern verfolgt, welche von ihnen geplünder-t
■waro.n, begaben sie sich wieder in ihre Heimath. Die Frage,
ob Gallien eine deutsche oder römische Provinz werden sollte,
war auf Jahrhunderte entschieden; erst nach der Zerstörung des
weströmischen Reichs konnten die Geruianler sich seiner be-
inäclitigen. In ihrer äussern Geschichte reihte sieh Cäsars Name
an tlen Namen des Marius ; bis dahin als Feldlierr kaum er-
wähnt halte er in wenigen Monaten zwei Völkerkriege geendigt,
die 3aarbonensische Provinz, Italien, vielleicht Rom selbst gerettet
und die Schranken des freien Galliens durchbrochen, auf dessen
Gebiete seine Truppen, ehe noch die Jahreszeit es forderte, im
13) Cnps. 1, 53. Oros. 6, 7. Bei Plut. 1. c. 300 Slailieii = 37,500
Scliril t. 14) Caes. 1. c. u. 5, '09. Die Dc^iinre iiiil TiopliäL-ii in MoivII.
lliesaiir. Caes. T.ib. IV. No. 12 ii. Vaill. Icil. Ko. 13 liat man atif die
Folil/i iige «liesos Jahres geileutel ; man kann alier mit Siclierlieit uiclili bv-
stiouMsn, als (la»s sio üicb iml iSioga über Barbaren beiieUoii.
XXI. lULn. (31. §.20.) 253
Lauile cler Seqnaner die Winterquartiere bezog-en. Den Ober-
befehl «iberlrug er Labienus zur BeloLiiung seiner Verdienste,
:ils er, angeblich um Gericht zu halten, in der That, um den
Zustand der Diuj>'e in Rom in der ]\ähe zu sehen, über die
VIpen gieng-.
Pompt'jus, sein Gesch;if(striiger, A'STirde indess in einen Kampf
von ganz anderer Art verwickelt. Noch halte er sich mit der
A.ris(ocrafie nicht versöhnt, als der Tribun P. Clodius ihn angriff,
miJ er nun in einer kliiglicheu Gestalt zwischen Optimalen und
I'obel in der Mille stand. Hülfe suchend streckte er die Arme
nach Cicero aus, dem Verbannten; aber Cäsar wehrte ihm, weil
Cicero noch gefährlich war, obgleich der Tribun auch die julischen
Gesetze aufzuheben drohte. ' ^) Durch die Siege in Gallien wurden
diese gesichert , und Aller Blicke wandten sich der aufgehenden
Sonne zu ; ein ohnmächtiger Zorn verzehrte die Feinde der Trium-
virn ; sie wussten, dass der Senatsbeschluss vom J. 61, nach welchem
der Slallhalter Galliens die Aeduer beschützen sollte, Cäsar nicht
zu diesen Kriegen ermächtigte, wie er gegen Ariovist behauptet
(lalle, '^) aber sie waglen es nicht, ihn zur Rechenschaft za
'iehen. Wer Geld und Aemler begehrte, eille nach dem Norden,
und kehrte mit Anwe&ungen und gewichtigen Empfehlungen
zurück. ' ')
§ 20.
a. 57. Die römischen Winterlager aui Arar erregten Ver-
dacht. In ihrer Nähe konnte man sich nur einem stammen
Schmerze überlassen, aber geheime Botschaften beförderten die
Rüstungen in Belgien, ' *) „die Verschwörung gegen das römische
Volk".") Ehe noch Labienus Briefe anlangten, wurde Cäsar
15) Oben §. 15. A. 13 f. 16) Caes. 1, 35. Dio 38, 35. 41;
17) l'lut. Caes. 20. Zonar. 10, 6. 18) OLen §. 17. A. 52. 10) Caes.
2, 1 — 35. Liv. 104. Vellej. 2, 46: Cum deinde immaiies res, -vix luuliis
TOlnniinibus explicandas, C. Caesar iii Gallia ageret etc. Suel. 23. Flor.
3, 10. J. 4: Sequens longeyne crueiUior piigna Bclgarnm, qiiippe pro liber-
tale pugnaiiliiim. Dio 39, 1 — 5. Ihm hcissen auch die Belgier Celten.
Oas. c. 1. Vgl. oben 5- 19- A, 5. Seine Nacbrichlen sind unToU&tüudig
und verworren, rial. Caes. 20. App. lib. 4. Call. c. 4. Scbw.
2i54 XXI. lULU. (31. §.20.)
dnrch vielfaclie Gerüchte Savon in Rennfniss gesetzt; er warl»
ohne Auftrag- zwei Leg^ionen im cisalpiniscLen Gallien , und
schickte sie mit dem Legaten Q. Pedius voraus ; als es auf den
Feldern nicht mehr an Weide fehlte, folgte er selbst, und etwa
fünfzehn Tage nach dem Aufbruche mit dem Heere stand er auf
belgischem Gebiete, im Lande der Remer (Rheiras, zwischen der
Marne und Aisne). Ihre Abgeordneten versicherten ihre Un-
schuld, sie bestätigten aber auch, dass alle anderen Belgier unter
den Waffen seien: die Bellovaken, (Beauvais zwischen der Seine
und Somme ) die zahlreichsten und mächtigsten , welche 60,000
Mann stellten , und 100,000 zu stellen vermochten ; die Svessio-
nen, (Soissons) mit einem Häuptlinge Galba; ^°) die IVervier,
(nördlich von der Sambre) die kriegerischsten, deren Anführer
Boduognatus genannt wird;") die Atrebaten; (Artois) die
Ambianer; (Amiens) die Mariner über diesen an der Küste;
die JMenapier ; (zwischen der Scheide und dem Rhein) die
Adnatuken; (w^estlich von der Maas in der Gegend von Lüttich)
ihre Nachbaren, die Condrusen und Eburonen, (zwischen der
Maas und dem Rhein) und die Uebrigen, mit einer Gesammf-
nacht von mehr als 300,000 Mann. Unter Allen, welche vom
Rhein bis zu den Pyrenäen wohnten, galten sie für die tapfersten,
nnd wie die Helvetier die Römer zu schlagen hofften, weil sie
die Germanier, und die Germanier unter Ariovist, weil sie die
Gallier geschlagen hatten, so waren auch die Belgier voll Zuver-
sicht, weil ihre Väter, Deutsche, einst die Gallier aus dem Lande,
wo sie jetzt sassen , verdrängten , und sich sogar der Cimbern
und Teutonen erwehrten.
In der That schien es unmöglich , sie mit acht Legionen zu
überwinden, wenn man sie nicht trennte. Zu dem Ende sollte
Divitiacus mit seinen Aeduern die Bellovaken zur Linken des
römischen Heers in ihrem Lande beschäftigen; er machte aber
nur einen Streifzug gegen Frauen und Rinder, und wegen der
alten Freundschaft zwischen den beiden Völkern mit grosser
Schonung; '=) die Rrieger hatten sich bereits mit den Bundes-
20) Caes. 2. 4. 13. S. die folg. A. 21) Caes. 2, 23. Dio 39, 1
ervfähnt Adra als Oberfolilherrn der Belgier; Cäsar schvreigt von ihm imd
kennt überhanpt nnr IJefelilshaber der einzelnen Völker, worin er ofl
missverstanden ist. 22) Caes. 2, S. 14.
XXI. lüLII. (31. §20.) 255
(nippen vereJnig't. Cäsar näherte sich diesen mit Vorsicht. Er
•jieng auf einer Brücke, welche er vorfand, über die Axoua
1 Aisne) im Gau der Keiner, und liess hier einen Posten zurück,
iiud zu dessen Verstärkung Q. Titurius Sabinus in einem Castell
am südlichen Ufer. Auf dem nördlichen (bei Pont ä Vere)
bezog er mit Beiiulziing' des Flusses ein festes Lager. Bald
meldete ihm Iccius, ein Kemer, dass Bibrax, eine Stadt seines
Volks, von den Feinden belagert werde und er ohne Hülfe sich
nicht länger halten könne. Obgleich nur Numidier und andre
leichte Truppen zu ihm kamen, weil die verhältnissmässig geringe
Schaar der Römer sich nicht schwächen durfte, so wurde doch
die Belagerung des Platzes aufgehoben. '^) Nun aber erschienen
die Belgier an der Axona. Cäsar wollte sich jetzt nicht mit
ihnen messen, sondern durch den Hunger ihren Abzug bewirken;
ihre ungeheuren Massen konnten in einer Gegend, welche sie
zur Wüste gemacht hatten, nicht lange verweilen; wenn sie nach
ihrer Gewohnlieit sich ohne Ordnung entfernten und jeder seinen
Ileerd wieder aufsuchte, so fand sich Gelegenheit, sie mit Nach-
druck zu verfolgen und sie einzeln zu besiegen. Der Eroberer
durfte indess keine Furcht verratlien; seine Reuterei wurde täglich
mit dem Feinde handgemein; dann zeigten sich auch sechs Le-
gionen am Abhänge vor dem Lager, wo die beiden neugewor-
benen zurückblieben; die Flügel deckten zuvor angelegte Graben,
an deren äussersten Enden sich Feldschanzen mit Wurfmaschinen
erhoben; vor dem Heere war ein nicht grosser Sumpf. Unter
diesen Umständen hatte die Herausforderung nur ein Gefecht
zwischen den Reutern zur Folge; die Belgier mochten so wenig
als ihre Gegner in aufgelös'ten Reihen auf dem Kampfplätze an-
langen, und beschlossen, was Cäsar beschlossen hatte, ihm durch
die Zerstörung der Brücke und des Castells in seiuem Rücken
die Zufuhr aus dem iunern Gallien zu entziehen. Nur ein Theil
■war durch die Führten auf das südliche Ufer der Axona vor-
gedrungen , als Cäsar mit der ganzen Reuterei und den Leicht-
bewaffneten über die Brücke gieng, und mit Titurius den kühnen
23) Er lag nicht anf der Südseile der Aisne , wie Reichard in seinen
GeogT. Nachweis. S. 6 wegen des falsch erkiärlea ex itiaere (Caes, 2, 6)
anuiDiml ; der Feind rückte TOm Morden heran.
256 XXI. lULII. (31. §.20.)
Angriff clurcli eine blutige Niederlag-e räcLte. Die Uebrigen zer-
Slreiiteu sicL, zumal da der Blangel ihneu füLlbar ■wurde und die
Bellovaken erfuLren, dass die Aeduer in iLrein Lande seien.
Nur einen Tag yerfolgten die Römer, der eigenen SiclierLeit
wegen und Tveil nun ohne Verzug ein Volk nacli dem andern
unterjocht werden sollte.
Ihr Weg führte gegen ^Vesfen. Früher als die flüchtigen
Svessionen erreichten sie deren Hauptort Noviodunum, (Soissons)
■welcher sich unterwarf. Selbst die BelHvaken flehten wider
Erw"arten um Gnade, als Cäsar sich ihrer Stadt Bratuspantium
näherte. (Nicht ■weit von Breteuil.) Er vergab ihnen auf die
Fürbitte ihrer Freunde, der Aeduer, und insbesondre des Divi-
tiacus, dessen Mannschaft jetzt entlassen "wurde, und erhielt auch
Geissein von den Ambianen. Neben diesen sassen östlich die
Nervier, (in Henuegau, zwischen der Scheide und der Sambre)
ausgezeichnet durch Freiheitsliebe und IMulh, Allem, was ver-
■weichlichen konnte, jedem Verkehre mit Fremden abgeneigt, und
roh bis zur Wildheit.-^'') Sie schmähten ihre feigen Stamm-
genossen, und sch'svuren den Römern, an ■welche sie nie Gesandte
schicken ■werden, ewigen Krieg. Mit ihnen vereinigten sich die
Atrebaten und Veronianduer, ihre Nachbaren; die Aduatuken
■wurden erwartet, und Frauen und Rinder in einem Bruche ge-
borgen , das Zeichen zum Rampf. Bald meldeten Ueberläufer,
die Legionen trenne vieles Gepäck; man könne die erste über-
wältigen, ehe die anderen zur Stelle wären; daun sei jenes eine
sichere Beute, da niemand mehr Stand halten werde. Dazu kam
die BeschafTenheit des Bodens ; die Nervier fochten fast nur zu
Fuss, und suchten deshalb feindlicher Reuterei durch dicht ver-
wachsene Hecken den Zugang zu erschweren ; zu beiden Seiten
der Sabis ferner, (Sambre) waren Höhen und diese auf der
ihrigen am Flusse frei , weiter hinauf dagegen mit einem Walde
bedeckt, in ■welchem sie im Hinterhalte standen; ausserhalb sah
man nur einige Reuter.
Sie hatten aber falsche Runde erhalten. Den Zug der
Römer eröifnete die Reuterei; dann folgten sechs Legionen ohne
23 ^>) ULi isti sini Nervü, et quam longe absint, nescio. Cic. ad (}a. fr.
3, 8. i 2.
XXI. lULII. (31. §.20.) 257
Unterbrectung, und zwischen ihnen und den beiden nen aus-
gehobenen das Gepäck. Die Reuter gieng^en mit den leichlen
Truppen über den Fhiss und i)länkelten, während die sechs
Legionen auf dem andern oder südlichen Ufer das Lager auf-
schhigen und die gewöhnliche Schanzarbeit anfieugen. In tiefster
Ruhe erwarteten die Belgier das Gepäck, wie sie beschieden
waren. In dem Augenblicke, wo es sichtbar wurde, stürzten sie
aus dem Gehölze , und ohne durch die Reuter oder den Fluss
aufgehalten zn werden, mit unglaublicher Geschwindigkeit die
diesseitigen Höhen heran. Cäsar wurde überfallen ; seine Truppen
glichen einer auseinander genommenen Waffe, dei-en Heft er ver-
loren hatte; seinen Zuruf und seine Befehle hörten nur die
Nächsten, au welchen er gerade vorüber sprengte; die Entfernten,
welche auf das Zeichen, sich zu sammeln, herbeieilten, schlössen
sich an, wie es sich fügte; der Soldat musste sich selbst Führet
sein, um eine Stelle in einer Legion, der Legat, um mit der
Legion eine Stelle im Heere zu finden; die Rollen waren ge-
wechselt, der Legionär übertrug den Feldherrn, der Feldherr
kämpfte als Legionär, weil er sich nichts übrig gelassen hatte«
als tapfer zu sein. Man konnte nicht einmal den Kopf mit dem
Helme bedecken oder die Schilde enthüllen ; noch weit weniger
war es möglich, ein regelmässiges Treffen zu bilden und ihm
einen Rückhalt zu geben ; die Schlachtordnung bestimmte der
Feind ; wo er heranwogte , musste man ihn empfangen , und die
Hecken erlaubten nicht, auch nur seine Reihen zu übersehen.
Verschieden wie der Ort , wo man kämpfte , war der Erfolg.
Auf dem linken Flügel trieb Labienus mit der neunten und
zehnten Legion die Atrebaten nach dem Flusse zurück und auf
das andere Ufer, und er behauptete sich hier, obgleich sie von
oben herab, in einer günstigen Stellung-, den Angriff erneuerten. - *)
Auch drängten die elfte und achte Legion in der Mitte die Vero-
manduer bis zur Sabis, Dadurch wurde aber der rechte Flügel
entblösst, die zwölfte und siebente Legion und das Lager; Bo-
duognatus warf sich mit seinen Nerviern in die Lücke ; die
Trujipen wurden umringt , das Lager genommen , die Reuter,
welche hier nach der Niederlage auf dem jenseiligen Ufer
24) Caes. 2, 23 \rird er nicht genannt, aber c, 26.
Drumann, Gescbjchte Roms UI. 17
258 XXI. lULlI. (31.^.20.)
Sicherheit suchten, entflohen in einer nndern Richtung, auch die
Trossknechle, durch ihre Beufegier nus den Schanzen gelockt,
retteten sich, wie jeder vermochte, g-Ieiches Entsetzen bemächtigte
sich der Mannschaft bei dem Gepäck, und die trevirischen Reuter
im Dienste der Römer zogen ab und verkündigten den Ihrigen,
jene seien gänzlich geschlagen. Als Cäsar herbeikam, halte er
den Anblick einer gränzenlosen und wie es schien nnheilbaren
Verwirrung. Die zwölfte Legion war durch den Angriff von
vorn und von den Seilen in einen Knäuel zusammengerollt, fast
aller Anführer durch den Tod beraubt nnd auch schon durch
Ausreisser geschwächt. Bei der Gegenwart des Feldherm, welcher
vorankämpfte, ermannte sie sich;'') er gebot ihr, sich aus-
zudehnen, wodurch der Ann frei wurde; zugleich niussten sie
lind die siebente, nicht weniger bedrängte, sich einander nähern,
damit sie sich den Rücken deckten; aber auch jetzt konnte man
sich nur vertheidigen , die Schfacht nur verlängern, nnd es dem
Schicksal anheimstellen, ob es Hülfe senden werde: da erblickte
man oben anf dem Berge die beiden Jüngsten Legionen; die Noth
der Gefährten beflügelte ihre Schritte, und von der jenseitigen
Höhe, wo er die Gefahr des Feldherrn und seiner Tapferen be-
merkte, schickte Labienus nach der Erobernng des belgischen
liagers die zehnte. Alles stürmte gegen die Feinde heran, auch
die Reuter, um die Schande der Flucht zu tilgen und die un-
bewaffneten Knechte; die Nervier standen; die Todten wurden
ihre Burg; immer höher stiegen die blutigen Wälle, von welchen
sie die Wnrfspiesse der Römer auf diese zurückschieuderten;
schrecklicher schien es ihnen , den .Sieg wieder aufzugeben , als
nicht gesiegt zu haben, nnd Sieg und Niederlage, wussten sie,
W£iren gleichbedeutend mit Freiheit nnd Knechtschaft. Doch ihre
Reihen wurden endlich zu sehr gelichtet und lös'teu sich auf; an
der Stelle der Krieger erschienen Greise, Frauen und Kinder,
und Cäsar begnadigte Alle, nnd entUess sie in ihre Heimath;
kein Nachbar sollte sie belästigen. ^®)
25) Vgl. Valer. M. 3, 2. §. 19. 26) Nach Caes. 2, 28 wurde
fast der ganze Stamm Ternielitet; er rüstete aber mit seinen Gebieten nach
einigen Jatiren wieder ein bedeutendes Heer. Uas. 5, 38. 39. Pen Ort,
vo geschlagen wurde , hat man in Berlaimont, in Freie, einem Dorfe zwei
franz. Meilen von Charleroi n. s. w. lu finden geglaubt ; Ächaintre ist sogar
XXI. lULII. (31. §.20.) 259
Die Adiiatuken, Naclikominen der Cimbern und Teutonen, *')
waren niclit zu rechter Zeit eingetroffen und kehrten jetzt um.
Sie brachten ihre Habe in Eine Stadt, welche durch Abhänge
und auf der einen zugänglichen Seite durch eine doppelte Blauer
geschützt wurde ; hier häuften sie Felssfiicke und Balken , um
den Feind zu zerschmettern. Es war ihnen lächerlich, dass
Cäsar einen hohen Thurm erbaute, da seine Römer, Menschen
von so winziger Gestalt, ihn nicht bewegen könnten. Als die
furchtbare Maschine ihnen dennoch näher rückte, in ihren Augen
eine übernatürliche Erscheinung, nahmen sie ihre Zuflucht zur
List, und versprachen Unterwerfung, wenn man ihre Waffen
nicht fordre, denn diese bedürften sie gegen ihre feindlich ge-
sinnten Nachbaren, Gleichwohl wurde ihnen geboten, sie ausr
zuliefern; sie wussteu aber etwa den dritten Theil zu verbergen,
und machten einen nächtlichen Ausfall. Cäsar benahm ihnen die
Meinung, dass sie einen sorglosen Feind überraschen und seiue
AVerke unbewacht finden werden; er warf sie zurück und ver-
kaufte 53,000 als Sclaven. 2S)
Auch berichtete P. Crassns, dass die Veneter, Uneller und
die übrigen Völkerschaften im nordwestlichen Gallien, (in der
Bretagne und Normandie, zwischen den Mündungen der Loire
und Seine) wohin er mit einer Legion entsandt war, die Herr-
schaft der Römer anerkennen, welches freilich nur besagte, dass
er Geissein von ihnen erhalten habe, welche sie bald zurückf
forderten. ") Doch stand für den Augenblick kein Feind mehr
unter den Waffen, und Cäsars Ruf verbreitete sich über den
Rhein, wo einige Stämme ihm durch Gesandtschaften huldigten.
Er führte die Truppen, welche in Belgien nicht mit Sicherheit
überwintern konnten, nach den Uferu des Liger (Loire) zu den
der Meinnng, Cäsar habe die Scheide für die Sambre gehalten. S. d. Mi?,
iiioire snr les campagiies de Cesar dans la Belgiqne TOn P. J B. heransgeg.
\on Roulez S. 58 f. Uebor die Neryier Tgl. {. 27. A. 60. j. 30. A. 5.
27) Cacs. 2, 29. Dio 39, 4. Man hat diess ohne Grund bezweifelt.
28) Nicht alle Aduatnken waren hier vereinigt, wie Caes. 2, 29 anzudeuten
scheint; die Uebrigen ersahen ihre Zeit, sich zu rächen. Das. 5, 38. 39.
ti, 2. 29) Das. 2, 34. 3, 8. Jene Legion war nicht eine neunte, son-
dern mit Crassns von der Sabis , wo acht gefochten hatten, nacli dem
Westen geschickt, nnd wnrde die sicl)enle genaunt. Das. 3, 7.
17 ■»
260 XXI. lULn. (31. §.20.)
Carnufen, Antlen und Turonen. Nur die zwöIfCe Legion nnd
eiu Tliell der Reiiterei gieng mit .Servius Galba weiter, um die
Wantuafen, die Veragrer und -Sedunen zwischen dem Lande der
Allobrogen, dem lemaniscLen See und dem RLodanns zu ziiclifigen,
und den Weg über die Alpen für friedliclien Verkehr zu sichern.
Der Legat glaubte nach einigen Gefechten nnd der Eroberung
mehrerer Bergschlösser sich seines Auftrags entledigt zu haben,
und lagerte zu Oclodurus, auf dem Gebiete der Veragrer. (Viel-
leicht Martinach oder Martigny an der Dranse in Wallis. ) ^ ")
Indess war Cäsar in Italien angelangt ; er reis'te daun auch nach
Illyrien, und der Senat bescliloss ihm ein funfzehntägiges Dank-
fest, eine Auszeichnung, deren sich vor ihm kein Anderer halte
rühmen können. * ' ) Man bewilligte C Cethegus a. 1 97 vier
Tage,^-) und dann einem Consul oder Consular gewöhnlich
fünf. *^) Nach dem mithridniischen Kriege feierte man zu Ehren
des Pompejus zehn, und zwar auf den Antrag des Consuls Cicero, ^ ')
■welcher auch jetzt durch sein Gutachten die Steigerung veran-
lasste; ") denn der Senat konnte nicht füglich einen Statthalter
abrufen, dessen Verdienste auf eine solche Art anerkannt waren,
und um so mehr durfte Cicero hoffen, dass Gabinius und Piso,
die ihm verhassten Consuln des J. 58 ihre Provinzen verlieren
und die Triumviru ihn gegen Clodius beschützen würden. ' *)
Er sah sich später überboten; im J. 45 verfügte der Senat sogar
eine funfzigtägig-e Supplication. ^ ')
Cicero war seit dem 4. September wieder in Rom; seine
Verbannung endigte sich nach Cäsars Meinung zu früh, doch
mochte dieser den Wünschen des Pompejus nicht mehr entgegen
sein, welcher sich mit Hülfe des Consulars aus seiner Nichtigkeit
erheben ■wollte. ^ *) In seinen Dankredeu schonte Cicero die
Triumvirn aus Furcht ; er vermittelte es auch unter dem Beistaude
des Volks , dass Pompejus auf fünf Jahr die Aufsicht über die
Zufuhr erhielt, *') aber ohne Heer und Flotte, so dass er seine
30) Caes. 3, 1. PUii. 3, 24 (20). Gros. 6, 8. S. unten §. 22 in.
31) Caes. 2, 35. 3, 7. Dio 39, 5. Plul. Caes. 21 n. Cic. in den f. A.
32) 2. Th. 555. A. 75/). 33) Cic. de prov. cons. 11. 34) Das.
1. c. 35) Das. I. c. vgl, c. 10 n. IG. p. Balbo 27. in Pison. 25.
ad Fant. 1, 9. §. 4. 36) .S. unten. 37) Dio 43, 42. 38) 2. Th.
286. A. 70 b. 39) Das, 307. A. 20.
XXI. IVLU. (3l.§.2i.) 261
Iloffnnng;, in Folge des ausserordentlichen Auftrags u!cLt bloss
eine AcLtang' »ebietende Stellung geg'en den Senat zu gewinnen,
sondern auch mit Cäsar auf gleicher Höhe zu bleiben, nicht erfüllt
sah. Diess milderte den Schmerz der Oplimafen, welclie die
Kachrirhlen aus Gallien ohnehin auf das unangenehmste beschäf-
tigten. Erwartungsvoll und in grosser Anzahl strömten sie nach
der Curie, als im December der neue Volkstribnn P. Rutilius
Lupus den Senat versammelte, um die Aufhebung des julisrheu
Ackergesetzes Tom J. 59 zu bewirken. *°) Während seiner
liede herrschte eine tiefe Stille; Cicero insbesondre hörte mit
geheimer Freude, dass er wegen der Vereitelung der servilisclien
Rogation*') gepriesen, Cäsar in bitteren Ausfällen angegriffen,
Gellius Poplicola, der Freund des Clodius,'') geschmäht, und
Pompejus, welcher Italien verlassen hatte, um Getraide herbei-
zuschaffen, und nicht bloss als Vollzieher bei dem Agrargesetze
beiheiligt war,**) getadelt wurde. Da aber der Tribun keinen
ermuthigenden Zuruf vernahm und deshalb nicht stimmen liess,
so bemerkte der erwählte Consul Lentulns Marcellinus, um den
Verdacht der Feigheit von sich und von dem Senate abzuwenden:
Lupus möge nicht von dem Schweigen der Versammlung auf
ihre Gesinnungen schliessen; er selbst schweige nur, weil er es
nirJit für schicklich halte, dass man in Abwesenheit des Pompejus
über den campanischen Acker verhandle, und so ohne Zweifel
auch die Anderen. * *}
§ 21.
a. 56. Die fortwährenden Umtriebe und Streitigkeiten in
Rom nahmen Cäsars Aufmerksamkeit besonders in den ersten
Monaten des Jahrs in Anspruch und verzögerten seine Rückkehr
zu den Truppen. So lange die Nobilität mit ihren Entv\iirfen
gegen ihn allein stand , war sie ihm nicht gefährlich , und Pom-
pejus hatte er nicht nur zum Abfall' verleitet, sondern auch in
eine solche Lage versetzt, dass er dem Bunde mit ihm vorerst
treu bleiben musste. Blit grosser Genuglhuung sah er seinen
Schwiegersohn sich imn r tiefer verwickeln, je mehr er eine
40) Oben ^. II a. 12 Rh. 4I) § i. 42) Uellii Nu. 4.
i3) Oben j. 12. A. 67. 44) Cic. ad yu. £r. 2, 1. §. 1.
262 XXI. lULU. (31. §.21.)
freie Slellung zu gewinnen suchte, weil er eine doppelte Rolle
jspielte, mit Cäsars Hülfe gegen Cäsar erstarken wollte; denn
nun wirkte die senatoriscLe Faction ihm entgegen ; sie versagte
dem Triumvir, nnd wie sie wähnte, dem Haupte des Triumvirats,
was sie dem Haupte der Aristocratie, dem Feinde des Proconsuls
Ton Gallien gern bewilligt haben wirde. Doch trug auch sie
einen Theil der Schuld; sie verkannte seinen durch Cäsar er-
künstelten und ihm lästigen Zustand , seinen Chetracter, seine po-
litische Feigheit, fürchtete Königsherrschaft und stiess ihn von
sich. Durch die Besorgung der Znfuhr ohne Rriegsmacht war
er wenig gefördert ; er hoffte Ptolemäus Auletes, den vertriebenen
König von Aegypten, wieder herzustellen, und dadurch zum Ziele
zu kommen, aber auch dieser Plan scheiterte an der Eifersucht
der Optimaten. '"^) Ehe noch darüber entschieden war, brachten
ihm als Beschützer des Cicero nnd Milo seine Verhältnisse zu
Clodius eina Demüthigung nach der andern; er wurde im An-
fange des Februar bei Milos Processe öffentlich verhöhnt, und
wollte sich im Picenischen nnd anter Cäsars Zustimmung im
Transpadanischen , wo sein Vater Colonien angelegt hatte,*')
eine Bande errichten, *^)
So wenig- nützte ihm Ciceros Gegenwart, welcher auch zn
seinem Nachtheile " ) am 5. April im Senat anf eine neue
Berathnng über das julische Ackergesetz für den J5. Mai an-
zutragen wagte, freilich nur nach einem heftigen innern Kampfe,
und nm seine Hinneigung zu den Triumvirn, das Werk des
Clodius, bei den Gutgesinnten ins Vergessen zu bringen. * ^) An
demselben Tage waren Pompejus 40 BliUioneu Seslertien zum
Behuf der Zufuhr bewilligt; es sollte ihn zum voraus beschwich-
tigen, und zugleich nebst der Theurung, welche seit Ciceros An-
kunft in Rom fortdauerte, zum Vorvs^ande dienen, unter welchem
man die Vollziehung des Ackergesetzes, den Ankauf von Län-
dereien verhinderte, da der Schatz erschöpft sei. '^) Aber die
Gegner geriethen in Aufruhr; in diesem einen wurden alle ju-
lischen Gesetze angegriffen; es entstand ein Geschrei, wie kaum
üb) 2. Th. 335 t. Hier j. 13. A. 37. 4S) Oben }. U. A. 77.
46) 2. Th. 326. A. 32. 47) Oben §. 11. A. 19. 48) ail Farn.
1, !). {. 3. 49) ad 911. fr. 2. 5. OLon 5. 11. A. 2S.
XXI. lULI!. (31. §.21.) 263
ia einer VolLsTersaminlang' , und der IjcscLInss des Senats, dem
VorscLIag-e dennoch Folge zu g-eben, bewirkte nur, dass Cäsar in
seiner Bahn von neuem einen grossen Fortschritt machte. * ")
üedenkiicher waren für diesen die Drohungen des L. Domitius
Ahenobarbas, welcher schon als Prätor sich als sein Feind ge-
zeigt hatte,'') und jetzt bei der Bewerbung um das Consulat
im unbesonnenen Eifer äusserte, er werde nun ausführen, was
er früher nicht vermocht habe , ihm Heer und Provinzen ent-
ziehen; '-) an UnterstülzHug konnte es ihm nicht felilen, und
um so mehr ergieng vom Proconsul die Einladung an Pompejus
»lad C'rassus, sich zu JLuca (Lucca) in seinen Winterquartieren
über die gemeinschaftlichen Angelegenheiten mit ihm zu be-
sprechen.
Pompejns war von den Tagen seines Glanzes nichts übrig
geblieben, als verwelkte Lorbeeren, Auf dem Blarkte wurde er
mit Spott und Gelächter, in der Curie von dem Consul Lentulus
IMarcellinus und von Anderen mit Vorwürfen empfangen, und
ein grosser Theil der Senatoren hörte sie gemj ") sein eigener
College im Triumvirat, BI. Crassus, galt ihm für den Urheber
dieser Beschimpfungen, er glaubte sogar sein Leben durch ihn
gefährdet, '*) da er wohl wusste, wie sehr er ihn einst ge-
kränkt halte, '*) und Cicero zog sich von ihm zurück, um nicht
bei den Optimalen noch ärger anzustossen; '^) so konnte er sich
nach der Entsclileierang- seiner Känke au keinen Andern wenden,
als an den falschen Freund , welcher ihn in diess Labyrinth ge-
führt hatte. Er verbarg seinen Unwillen gegen Cicero, als dieser
ihn am 7. April besuchte, '') uud entfernte sich bald nachher,
in Sardinien und Africa Getraide zu kaufen, *^) zuvor aber sich
in Luca Consulat, Provinzen und Heer zu verschaffen. Crassus
war in derselben Absicht schon früher abgereis't und mit Cäsar
in Kaveuna zusammen getroffen, wo er über Ciceros Unter-
nehmen Bericht erslaltele und zur Versöhnung- mit Pompejus
überredet wurde. '^) D.uiu begab er sich nach Luca, welches
SO) ad Fam. 1. c. 51) Oben §. 15 in. Damit. Aken. j\'o. 8.
52) SiieioD. 24. 53) Cic. »d Qa. fr. 2, 6. J. 4. 54) Das. 2, 3. §. 4.
2. Th. 325. SS) Oben {. 10 in. 56) u.l <Jn. fr. 2, 6. f. 4.
57) ad Fam. X, 9, J. 3. ad ^u. fr 1. e. 58) Cic. U. cc, 59) ud
Faul. I. c.
264 XXI. lULn. (31. §.21.)
Neuere bezweifeU Laben, ^'') obgleich es nicLt einmal eines ans-
drücklicLen Zeugnisses dafür bedarf. ^')
Auch viele andere Vornehme fanden sich ein, selbst Äla-
g-istrafe «nd Staffhaller, und unter diesen der Proprätor von
Sardinien Appius Claudius^') und Q. Metellos Nepos, Proconsnl
im diesseitigen Spanien,^*) um durch Cäsars Verwendung Aemter
und Provinzen oder aus seinem Schatze zur Bestechung des Volks
bei den Wahlen und zur Befriedigung der Gläubiger Geld za
erhalten. Blan zählte 120 Fasces vor seiner Wohnung, nnd
mehr als 200 Senatoren ; sogar Frauen erschienen : Rom huldigte
seinem künftigen Herrscher. Für ihn aber war diess Gepränge
nnr Mittel zum Zweck, ein Antrieb, auf der Schwindel erregenden
Höhe nicht still zu stehen, damit Pompejus, welcher sich mit
grossem Harm' als Client in seinem Hofstaate verlor, ihn nicht
nm so tiefer hinabstürzte, wenn er endlich von seiner Ver-
blendung zurückkam.
In einem geheimen Vertrage wurden Pompejus nnd Crassns
im April dieses Jahrs**) ein zweites Consulat für das nächste
wnd nach dessen Verwaltung Provinzen und Heere zugesichert,
■wogegen sie bewirken wollten, dass man Cäsar die Statthalter-
schaft auf fünf Jahr verlängerte und für die willkührlich aus-
gehobenen Truppen Sold zahlte. *') Zwar schien er Geld am
wenigsten zu bedürfen, da er seine Gäste und ausserdem viele
Andere in Rom so reichlich beschenkte; '*) es war aber schon
Gewinn, wenn er es dem Schatze nnd folglich Pompejus and
der Aristocratie entzog, und bei endlosen Ausgaben hatte er nie
ztt viel. Die Wahl seiner Freunde versprach er durch Empfeh-
lungen an Männer seiner Partei und durch Krieger zu sichern,
welche in den Comitien für sie stimmten. Denn man sah einem
60) Noris. C.n. Pis. Diss. 1. c. 1. p. 27. 61) Snet. Caes. 24.
Pliit. Caes. 21. Cato m. 41. Crass. 14. App. 2, 437. Dio 39, 26. 33
nbergeht die Zusammenkunft in jener Stadt, nnd stellt nun auch die Ei-
nigung der beiden TriuniTirn uud die Verlängerung der Statthalterschaft
für Cäsar in ein falsches Licht. 62) 2. Th. 188. A. 43 f. 63) Das.
34. A. 93. 64) Nicht das J. 55, wie die Bruchstücke eines unächteii,
oben §. 11. A. 94 näher bezeichneten Dinrinm berichten. 65) Die
SteUen in A. 61. VeUej. 2, 46. §. 1. 66) Tlut. Caes. 21. Pompcj. 51.
App. 2, 437.
XXI. lULII. (31. §.22.) 265
lebhaften Widerstände entg-egen, zumal da die beiden Consulare
sich nicht zu rechter Zeit als Candidafen meldeten. *') Uebrigens
waren sie es , welche das Gehässige ins Werk setzten ; der An-
Btifter erndtete, ohne sichtbar zu "\verden, erfreut, dass die neue
Reibung' zwischen Pompejus und dem Senat ein Einyerständniss
zwischen ihnen Torerst unmöglich machte, und dass jener ohne
den Senat ihm nicht gefahrlich werden konnte, Provinz und Heer
nur zu nichtigen Triumphen zu benutzen wasste.
IVach dieser Uebereinkunfl gieng Crassus wieder nach Rom ; *')
Pompejus schiffte nach Sardinien, wo er sich gegen Q. Cicero,
seinen Legaten,*') über dessen Bruder beklagte. Quintus hatte
sich fiir Ciceros Hingebung an die Triumvirn bei ihm verbürgt,
als er ihn bat, sein Exil zu endigen, nun sollte er den Angriff
auf Cäsars Ackergesetz verhindern. Auch ersuchte er den Con-
sular durch Vibullius , diese Angelegenheit bis zu seiner Rück-
kehr ruhen zu lassen. Da traf Cicero ein Abkommen mit der
Republik: sie möge ihm, welcher so viel für sie gethan und ge-
litten habe , erlauben , nun auch die Pflichten der Dankbarkeit
zu erfüllen. ' ") Er halte seine Uebereilung längst bereut und
sich am 8. April auf das Land begeben;") des campanischen
Ackers wurde am 15. Blai im Senat nicht weiter g'edacht. ' *)
§ 22.
(a. 56.) Auch diesen friedlichen Kampf hatte Cäsar sie^
reich bestanden, und er überliess es nun seinen Anhängern und
Pompejus, ihn in Rom zu vertreten, da neue Bewegungen ia
Gallien ihn zu den Legionen riefen. Die Auflehnung einiger Al-
penvölker gegen Servius Galba konnte als ein vereinzeltes Unter-
nehmen ihn nicht beunruhigen. ' *) Sie fürchteten mit Recht,
dass der Legat sie nicht bloss an der Beraubung der Reisenden
hindern , sondern auch ihrS Gebiete mit der römischen Provinz
Tereinig>en solle, und umringten im Anfange des Jahrs sein La-
ger zu Octodurus, welches er aus Sorglosigkeit nicht hinlänglich
befestigt und mit Vorräthea versehen hatte, und dessen Besatzung
67) Dio 39, 27. 68) Pliit. Crass. tS. 69) 2 Th. 310 A. 36.
70) ad Farn, 1, 9 §. 3. 71) ad Qu. fr. 2, 6 §. 3-. Eram poslridia
Roma cxiiuras. 72) Das. 2 , 8. Obea A. 47. 73) Oben §. 20. A. 30.
260 XXI. IlTLIl. (31. §.22.)
durch Entsendungen geschwächt war. Olinerachfet einer uotlii-
gen Gegenwehr beg'snnen sie den Wall niederzureissen nnd den
Graben zu füllen, als ein unerwarteter Ausfall sie schreckte, und
•sie mit Hinterlassung vieler Todfen die Flucht ergriffen. Ihre
Absicht wurde indess erreicht; die Römer entfernten sich, und
überwinterten im Lande der Allobrogen. ' ')
In der neuen Provinz war die Gefahr für Cäsar viel grösser.
Gallien würde Ihm ohne Zweifel bei gleichzeitigen Anstrengun-
gen der Einwohner wieder entrissen sein, da er selbst ihren
theilweisen Aufstand kaum unterdrücken konnte, sie erkannten
diess aber zu spät. Während im vorigen Jahre die Belgier
kämpften , ruhte man im nordwestlichen Gallien , und unterwarf
sich einer einzigen Legion unter P. Crassus,") welcher im
-Winter nicht weit von der Mündung des Liger (Loire) aufdes-
-sen nördlichem Ufer im Lande der Anden blieb. (Anjou.) An
dieser Küste waren die Veneter mit einem Hauptorte Dartoritum
oder Darlorigum ' ^) (vielleicht Vannes in Bretagne) die mädi-
ligsten. ' ' ) Sie verdankten ihr Uebergewicht der Flotte und der
Erfahrung im Seewesen; fast Alle, welche ihr Meer befuliren,
inussten ihnen Tribut entrichten , und diess sowohl als die Be-
schaffenheit des Landes verleitete sie zu einer Ueberschätzung ih-
rer Kräfte. So beschlossen sie, sich zu befreien,'*) und ergrif-
fen die Kriegst rlbuue, durch welche Crassus von ihnen und in
der Umgegend Getraide fordern liess, damit sie zur Lösung ihre
Geissein wieder erhielten, ' *) Auf ihr Anstiften wagten die
74) Caes. 3, 2 — 6. Oros. 6, 8. Dio 39, 5. Apii. lil>. 4 GaU.
c. 4. nennt statt dieser Völker die Allobrogen , ivelche Cäsar nach dem
belgischen Kriege überwnnden habe. 75) Oben §. 20. A. 29. 76) Ptoleui.
2, 8. 77) Caes. 3, 7 — 16. Liv. 104. Flor. 3, 10 §. 5. Oros. 6, 8.
Dio 39, 40. Strabo4, 194 f. glaubt, dass die Veneter am adriatischen
iVIeere von ihnen ausgegangen seien, welchen Polyb. 2, 17 eine von der
celtischen abweichende Sprache zuschreibt, obgleich in Sitten n. Kleidung
sich einige Aehnlichkeit zeige. 78) Nach Slrabo I. c. wollten sie die
Römer hindern, im Verkehr mit Britannien ihre Nebenbuhler zu werden.
79) Bei Caes. 3 , 9. 16 heissen die Tribüne Gesandte, weil ihre Verhaf-
tung als ein Verbrechen erscheinen n. sein Feldzng gerechtfertigt vyerden
soll. Dio l. c. ist gutmüthig genug, zuerst der Lebensmittel wegen Sold.i-
ten, und als sie ins Gefäugniss geworfen waren, Gesandte schicken zu
lassen , welche dasselbe Schicksal hatten.
XXI. lULII. (31. $.22.) 267
INaclibareD, mit welclien sie sich verbanden, eine gleiche Heraus-
forderung. Der Feind mussfe iiacL ihrer Bleinnng ohne Schwerdt-
t;(lilag -weichen, wenn man ihn nicht versorgte, oder er vervvik-
kclle sich in unüberwindliche Schwierigkeiten. Die Weg'e wa-
ren in ihrem Lande häufig mit Stauwasser bedeckt; die Städte,
welche grössfentheils auf Erdzuugen lagen, sicherten Ebbe, Bran-
dungen und Untiefen gegen einen Angriff zur See und die Fluth
liegen ein Heer; im äussersten Falle konnten sie Menschen und
Habe von einem Orte ziim andern bringen, da die Baucirt ihrer
Fahrzeuge ihnen nahe heran zu gehen erlaubte. Auch wurden
sie durch die Schüfe der Bundesgenossen verstärkt, zu welchen
die Moriner und Menapier in Belgien gehörten. Dass sie gerade
auf dem Wasser am meisten gefährdet waren, ahndeten sie nicht,
weil die Römer über keine Seemacht geboten, und ihr Meer
und die wenigen Häfen an der Küste nicht kannten.
Die Unterhandlungen in Luca, deren Cäsar aus Gründen nie
gedenkt, waren noch nicht beendigt, als Crassus ihm über jene
(_; abrang Bericht erstattete. Er wünschte, sie im Werden za er-
sticken, ehe sie sich weiter verbreitete; seine Legionen standen
bereits am Liger, *") und es schien nur noch übrig zusein, dass
man auf diesem Flusse Kriegsschilfe erbaute, und sie mit Rude-
rern versah. Als seine deshalb ergangenen Befehle vollzogen
waren , kam er zum Heer , und legte es zum Theil in entfernte
Gegenden, weil er überall Aufrulir fürchten mussfe und nach
einem Gerüchte Germanier sich anschickten, den Belgiern zu hel-
fen. Demnach gieng Labienus mit Reuterei zu den Trevirern
nach dem Rhein, und P. Crassus mit 12 Cohorten und einer
grossen Anzahl Reuter nach Aquitapien, damit die Feinde von
dort nicht unterstützt und die Einwohner zugleich unter diesem
Vorwande entwaffnet würden; auch jetzt also sollte der Leg-at
die Vorhut befehligen und dem Imperator auf dem allmäligen
verheerenden Zuge durch Gallien die Bahn brechen. Um endlich
die Völker zu treunen, welche schon gerüstet hatten, wurde Ti-
Inrius Sabinus mit drei Legionen bis zu den Unellern und Le-
xoviem vorgeschoben. (Normandie.) Mit den übrigen Truppen
wendete sich Cäsar gegen die Veneter. Er nuhm einige ihrer
80) Oben §. 20 nach A. 29.
268 XXI. lULn. (31. §.22.)
Städte, fand ater wider Erwarten im OertlicLen so viele Hinder-
nisse, dass der Krieg' ins Stocken gerietL, bis die Flotte unter
Decimus Brutus erschien. Diese bestand aus ScLilfen der Gal-
lier, besonders d^i- Pictonen und Santonen siidücli > ^m Lig-er,
(Poitou und Saintong-e) und aus den neu erbauten , und wurde
einen grossen Tbeil des Sommers durch Stürme abgehalten, ihre
Ankerplätze zu verlassen. Als sie sich zeigte, giengen ihr (im
Meerbusen von Blorbihan) 220 Schilfe entgegen, «o fest gebaut
und mit so holiem Borde^ dass man ihnen weder mit den SchilTs-
ßchnäbeln, noch mit den Thürmen und Wurfwaffen beiznkommen
vermochte. Aber die Römer durchschnitten mit Sicheln an lan-
gen Stangen die Taue der Raaen am Masibaum; * ') sobald ein
Schiff dadurch seine Segel verlor, und sich nicht mehr bewegen
konnte , legten sich mehrere an es an , die Mannschaft enterte
mit Uebermacht und focht um .so tapferer, da Cäsar und das Land-
beer an der Küste die Flotten übersahen. Auch die Natur war
mit dem Eroberer im Bunde ; eine plötzliche Windstille bewirkte,
was die Sicheln bewirkt hatten , sie machte den noch unverletz-
ten Schiffen die Flucht unmöglich; sehr wenige retteten sich nach
einem Kampfe von der vierten römischen Stunde bis Sonnen-Un-
tergang unter Begünstigung der Nacht an das Land. Andere be-
sassen diese Gallier nicht und ihre besten Krieger waren erschla-
gen oder gefangen ; daher ergaben sie sich. Ihre Angesehensten
•wurden hingerichtet und die Uebrigen verkauft , damit die Bar-
baren „römische Gesandte ehren," vor der Rache ihrer Unterdrü-
cker zittern lernten.
In derselben Zeit bluteten ihre Brüder an der Nordküste, die
Uneller mit ihrem Häuptlinge Viridovix und Andere für Freiheit
imd Heerd. '-) Voll Ilass gegen den Läiiderräuber tödteten sie
ihre obrigkeitlichen Personen, weil sie nicht für den Krieg stimm-
ten, und forderten Titiirius Sabinus täglich zur Schlacht. Sein
'Zögern machte sie kühner, und noch mehr die falsche Nachricht,
welche er ihnen durch einen feilen Gallier zugehen liess: er
Labe den Aluth verloren und woUe in der folgenden Nacht ent-
81) Nur die Anker liiongen nach Caes. 3, 13 an Ketten, welcJies
Str.il)0 4, 195 in. nuiichtig gefassl liat. 82) Caes. 3, 17 — 19. Dio
39, 45. Oros. 6,8. ■ /
XXI. lULII. (31. §.22.) 269
flieLen, zngleidb nm Cäsar gegen die ihm überlegenen Veneter
zu Terstärken. Alle drangen mit einem Freuden - Geschrei bei
ihren Anlührern auf augenblicklichen Angriff, zumal da auch in
ihrem Heere, wie meistens in den g-allischen, nicht fiir hinläng-
liche Vorräthe gesorgt war; mit Faschinen zur Füllung der Gra-
ben belastet stiegen sie den Hügel hinauf, ohne zu ruhen, und
fast athemlos erreichten sie das feindliche Lager. Hier hatten
die Römer sie erwartet; sie brachen i>16tzlict ans zwei Thoren
heraus und nahmen sie in die IMitte, wodurch der geträumfe Sie"
sich in Flucht und Tod verwandelte.
In Aquitanien wurde Crassus mit gleiclier Zuversicht empfan-
gen. **) Die Soliaten, südlich von der Garumna, (in Gascogne)
glaubten sich nach früheren "N^ affenthaten stark genug , ohne
fremden Beistand *uch ihn zurückzuweisen. Ihre Reuterei, der
Kern des Heers, wurde indess geschlagen, als sie die Römer
auf dem Wege angriff, und dann auch das Fussvolk, welches im
Hinterhalte lag. Kicht glücklicher verlheidigten sie sich in ihrer
Stadt, obgleich sie im Bergbau erfahren waren, und Alinen an-
legten ; sie unterhandelten und Crassus gebot ihnen , die Waffen
auszuliefern. Aur ihr Feldherr Adcantuannus verwarf die schimpf-
liche Bedingung. Er machte mit 600 Solduriern, einer Schaar
von Tapferen, welche sich an einen angesehenen Edlen anschloss,
mit ihm zu leben und zu sterben gelobte, und von ihm unterhal-
fen wurde,"') einen Ausfall, in der Hoffnung, die Römer un-
vorbereitet zu finden; aber auch er wurde besiegt, seine AVort-
brüchigkeit jedoch nicht bestraft. Diess Schicksal eines Volks von
grossem kriegerischem Rufe veranlasste die anderen Aquilanier,
sich zn verbinden und C'autabrer aus Spanien heranzuziehen , un-
ter welchen sie ihre Anführer wählten, JMänner aus der Schule
des Q. Sertorius. Au 50,000 Streiter lagerten und verschanzten
83) Caes. 3, 20 — 27. liv. 104. Dio 39, 46. Flor, 3, 10. <'. 6.
Oros. 1. c. 84) Caes. 3, 22. Athen. 6. p. 249. ed. Casanb. erklärt d.
Wort durcli tv/iali^ntoi, Menschen, welche sich dnrch ein Gelübde znr
Treue Terpflichtet haben, und Cäsar selbst 6, 15 dnrch ambacti nnd clien-
tes, so dass jene etwa eine hühere Classe ausmachten, obgleich eine Closso
zu Fest. T. ambactns sie in Leibeigene rerwandelt. Die Stärke eines sol-
chen freien Gefolges wie der Unfreien im Dienste eines Edeln (Caes. 6, 13)
hieng von dessen Rang nnd Reichthiuu ab, (Ders. 6, 15.)
270 XXI. lULII. (31. §.22.)
sich nach Art der Römer und besetzten die Zugänge zur Stel-
lung' des Crassus , in der Absicht, ihn durch den Hunger zum
Rückziige zu zwingen, und ihn dann mit Uebermacht zu erdrücken.
Als verantwortlicher Befehlshaber berief er einen Rriegsrath ;
Alle waren seiner Meinung, dass man nicht zögern dürfe. Dem-
nach ordneten sich seine wenigen Cohorten in zwei Treffen zur
Schlacht. Aber auch dadurch konnte er den Eutschluss der Gegner
nicht erschüttern; er musste sie selbst angreifen, und sie verthei-
digten ihr Lager mit dem besten Erfolge, bis er auf die Älel-
dung der Reuter, man werde sich des Thors auf der entgegen-
gesetzten Seite leicht bemächtigen, vier Cohorten entsandte, sich
ihm unbemerkt auf einem Umwege zu nähern. Bald verkündigte
ein Geschrei aus der Ferne, dass sie es einstürmt hatten, worauf
auch die Anderen mit verdoppelter Anstrengung vordrangen, und
die Feinde in der grössten Bestürzung die Werke räumten. In
der Ebene ereUte sie' die Reuterei; kaum der vierte Theil ent-
kam , und nur an den Abhängen der Pjrenäen weigerte man
sich auch jetzt noch. Geissein zu geben, weil man in den Ge-
birgspässen und bei der Nähe des Winters gesichert war.
Aus ähnlichen Gründen blieben auch die Moriner und Ble-
napier in Belgien vorerst noch frei. Cäsar griff sie an, weil sie
allein unter den Galliern, jene kleinen Stämme ausgenommen, ihm
nie ihre Unterwürfigkeit bezeigten.*') Durch fremde Erfahrung
belehrt, dass mau in offener Feldschlacht ihm nicht widerstehen
könne, verbargen sie sich in Wald und Bruch; nur die Gele-
genheit zum Ueberfall, welche sich auf einem solchen Boden un-
fehlbar darbieten musste, sollte benutzt, und das Uebrige der vor-
gerückten Jahrszeit überlassen werden. Ihre Hoffnungen täusch-
ten sie nicht. Zwar misslang der Versuch, Cäsar zu schlagen,
während er am Rande des Waldes sein Lager befestigte; auch
drang er weiter vor und fällte die Bäume , welche ihm zugleich
zu Verhauen dienten ; die Witterung nöthigte ihn aber bald, den
Feldzug zu endigen. Er führte die Truppen gegen Westen über
die Sequana (Seine) zu den Lexoviern und deren Nachbaren
(Normandie) in die Winterquartiere, und begab sich nach dem
cisalpiuischen Gallien.
85) Caes. 3, 28. 29. vgl. 4, 21. 22. 6, 5. f. Dio 39, 44. Flor 3, 10. J. 6.
XXI. lULII. (31. §.23.) 271
§ 23.
(a. 56.) Aucli seine Feinde in Rom zeigten sich entscLIos-
sener, als er erwartet hatte. Pompejus fand sie bei seiner Rück-
kehr von Sardinien * *) in grosser Aufre§;ung:. Blochte ihnen vor-
erst verborgen bleiben, was in Luca verhandelt war, so lag- doch
in diesen Verliandlungen an und für sich eine neue Krieg-serklä-
rimg. Sie lauschten , beobachteten , und bewirkten dadurch, dass
Pompejus und Crassus sich um so mehr verstelHeu, und selbst
negen ihre Auhäng-er äusserten, es sei nicht ihre Absicht, ein
zweites Consulat zu übernehmen. ^ ') IVicht Cäsar, Pompejus
fürchtete man am meisten. Vergebens hatte man ihm einen Ober-
befehl zum Behuf der Zufulir * ') und den Auftrag für Aegjpten * ^)
versagt, wenn er nun dennoch Provinz und Heer erhielt, und
durch sein Schicksal nach dem mithridatischeo Riiege gewarnt
lind von seinen beiden Freunden unterstützt nicht wieder in den
Privatsland zurücktrat. Der Consul Lentulus Marcellinus ^ °) wollte
sich und seiner Partei wenigstens Gewissheit verschaffen, auch
^^•ohl durch eine Ueberraschung den Triuuivirn ein Wort ent-
locken, welches sie binde; er fragte sie im Senat, ob sie sich
um das Consulat bewerben werden; Pompejus erwiederte: viel-
leicht, und Crassus mit weniger Keckheit: er werde thun, was
das allgemeine Beste erfordre; jener fügte ausweichend und dro-
hend hinzu, als man in ihn drang: wenn er sich bewerbe, werde
er sich nur an gerechte Bürger wenden, und endlich gieng er
ijsi Wortwechsel mit IMarcellinus zu Sdimälrnngen über, ä') Das
Geheimniss war also entdeckt, und das Verfahren dieser Candi-
daten, welche sich nicht zu rechter Zeit gemeldet hatten,"-)
leicht vorauszusehen.
Es befremdete aber, dass auch Cicero, obgleich in anderen
Beziehungen, sich an sie anschloss. Sein Antrag vom 5. April
86) Oben 5. 21 Cn. 87) Dio 39, 27. Plut. Pomp. 51. Crass. 15.
88) Oben §. 20. A. 39. 89) 5. 21, A. 446. 90) 2 Th. 406.
91) Plut. Pomp. 1. c. lässt diess Tor d. Volke, Crass. 1. e. dagegen rich-
tig im Senat sich ereignen. Nach Dio 39, 30 legte Pompejus ein oirenes
Gesiäiidniss ab, welches weder zu seinem Characier noch zn seinen Eul-
würfen stimmt; auch erfolgte der Auftritt ia einer frühem Zeil des Jahrs,
als jener annimmt. 92) Dio 39, 27.
272 XXI. lüLII. (31.5.23.)
in Betreff des campaniscLen Ackers Latte die Trlumvirn gereizt,
nnd sie konnten C'lodius abermals gegen iLn bewaffnen. Wenige
Tage später gieng er mit grossen Besorgnissen auf das Land, *^)
und dachte auf Mittel sie zu Tersölinen. Im Unmutli über die
Gefahr und Erniedrigung schrieb er an Atlicus : er entsage der
Wah,rheit und der Tugend; die Gutgesinnten, jene stolzen Opti-
maten , beneiden ihn; sie haben ihn getäuscht, verlassen, preis
gegeben; endlich sei er Ton seiner Verblendung geheilt; durch
eine Lobschrift auf Cäsar werde er sich selbst einen Rückfall
unmöglich machen; der grössten Thorheit müsse er sich ankla-
gen , dass er sich nicht längst von den Schwachen , welche ihn
nicht lieben, zu den Mächtigen gewendet habe. ^ '') Er erwartete
seinen Bruder aus Sardinien, *") und hoffte, dass er ihn am 6.
Mai in Rom finden werde ; ' ^) aber auch auf kurze Zeit mochte
er nicht in der Stadt sein, bis der fünfzehnte des Monats vorüber
\var, an welchem man sich nach seinem Vorschlage über das
jnlische Ackergesetz berathen sollte, und nun nicht berieth. ^')
Dagegen wurde ihm die Freude, dass der Senat an demselben
Tage A. Gabinius, dem Statthalter von Syrien, welcher a. 58
als Consul seine Verbannung befördert hatte, das Dankfest für
seine Thaten verweigerte, um in ihm seinen Beschützer Pompe-
jus zu kränken. Die Wobilität zeigte sich „göttlich"; es gieug
Cicero nicht an, dass sie dadurch nach Cäsars Wunsche ihre
Einigung mit dem Triumvir weiter hinaussetzte; war er doch
selbst in dieser Zeit in Antium , und von jeder Theilnahme an
der Beleidigung freizusprechen. '•*)
Bald nachher kam er in die Stadt. Hier herrschte grosse
Zwietracht, wie er an P. Lenlulus, den Proconsul von Cilicien,
schrieb, welcher den König von Aegypten wieder einzusetzen
wünschte, und Pompejus, seinen Nebenbuhler in dieser Angele-
genheit, nicht lieble. ^^) „Die Kräfte waren ungleich: denn die
Gegner der Nobililät hatten nicht bloss durch Geld und Heer und
durch ihren Einlluss auf die Menge das Uebergewicht, sondern
ilir Wille entschied bei dem gänzlichen Mangel an Klugheit und
93) Obea §. 21. A. 48 n. 72. 94) ad All. 4, S. 95) Obpu
§. 21. A. 69. 96) ad Qu. fr. 2, 7. 97) Das. 2, 8. 98) Das. 1. c,
Galiioü No. 5. §. 2. A. 33. 99) 2 Th. 538.
XXI, lULU. (31. §.23.) 273
Festig'keit anf der andern Seite auch schon im Senat. DiircL ihn
erreichten sie unter dem fruchtlosen "VV'iderspniche einiger We-
nig-en, vras sie ohne einen Aufrnhr nicht einmal durch das Volk
erreichen zu können glaubten; man bewilligte Cäsar Sold und
zehn Legaten. Ein solcher Zustand der Republik erregte Ciceros
I^Iissfallen ; er mochte in seinem Briefe nicht länger dabei ver-
v^eilen." ""') Aber er selbst hatte den Beschluss veranlasst, ihn
bevorworte», die Senatoren, welche anderer Bleinung waren, wi-
derlegt, bei [der schriftlichen Abfassung seinen Namen hinzuge-
fügt. Man sollte es wissen, wenn auch eben nicht in Cilicieu,
und wohl im Gedächtnisse behalten, damit seine Feinde sich nicht
erkühnten , in einem solchen Bnnde ihn anzutasten , imd wenn
sie es dennoch wagten, seine erhabenen Schützlinge ihn rerlhei-
digten ; deshalb brachte er es im Senat und vor Gericht in Erin-
nerung.') Ex wusste, dass Cäsar das Geld nicht bedurfte, da
er viele Beute gemacht hatte, und dass der Schatz es nicht ent-
behren konnte, ') es war aber Pflicht, den Feldhemi auszuzeich-
nen, welchem man die Sicherung der Gränzen und den Besitz
von ganz GaUien verdankte, und aus demselben Grunde war es
Unrecht, dass Einige die Legaten verweigerten und Andere eine
so grosse Zahl unerhört fanden, ') oder doch jetzt noch nicht da-
fiir stimmen wollten; seine von aussen so mächtig unterstützte
Beredtsamkeit trug den Sieg davon, auch über Favonius, welcher
sich am hartnäckigsten widersetzte, und endlich aus der Curie anf
den Alarkt lief, ohne jedoch vom Volke gehört zu werden. *)
So musste der Senat zum Nachtheile seiner Ehre und seines An-
sehns für die Unterhaltung der vier jüngsten Legionen sorgen,*)
bei deren Aushebung er nicht von Cäsar befragt war; das Ma-
iestätsverbrechen wurde gebilL'gt, nnd die Summen, welche der
100) ad Fam. 1, 7. 5. 6. 1) uns sehr willkommen; vrir erhallen
dadurch in diesem Theile der innern Geschichte Roms, in vrelchem Alle
o. Neuere wetteifern, die Zeitrechnung zu verwirren, einige wichtige chro-
nologische RichipnnXte. 2) Vgl. §. 21. A. 49. 3) Das gahinische Ge-
setz gab Pompejns a. 67 zum Kriege mit den Seeräubern fünfzehn, Plut.
Pompej. 25. Dio 36, 6. 20. Zonnr. 10, 3. 4) de prov. cons. II. p.
Balbo 27. Plut. Caes. 21. Dio 39, 25 stellt hier Alles unrichtig dar,
anch in so fern , als nach ihm das VolX den Sold zu geben beschloss.
5) Oben §. 16, A. 25.
Druniunn, G^sdiichte Roms III. J3
274 XXI. lULlI. (31. §.23.)
Proconsul nun in seiner oLneliin woLl gefiilllen ^-legscasse er-
sparte, gingen nach Rom, und verslärklen seine Partei.
Ciceros Exil trug auch ferner gute Friiclite. Die Vollzie-
hung der Beschlüsse von Luca, das Unternehmen des Trebonius
im folgenden Jahre wurde durch ihn Torbereitet, obgleich er nicht
mehr als Andere von den Plänen der Triumvirn unterrichtet war.
Sie hatten ihren Bund erneuert , wie jeder wusste, und ihrer un-
umschränkten Herrscliaft stand nichts mehr entgegen, .wenn mau
nicht verhinderte, dass Pompejus und Crassns vermittelst des Con-
sulats Provinzen erhielten, und dass Cäsar in den seinigen blieb.
Man hoffte Beides abzuwenden, das Eine durch die Leitung der
Wahlen, und das Andre durch die Ueberweisung der beiden
Gallien an die C'onsuln des künftigen Jahrs, wobei nun freilich
Toransgesefzt wurde, dass nicht Pompejus und Crassus zu dieser
W^ürde gelangten , und dass man das sempronische Gesetz des
Jüngern Gracchus, nach welchem der Senat jährlich vor den Wah-
len die Consularproviuzen bestimmen sollte, gegen das vatinische
vom J. 59 geltend machen konnte. *) Demnach musste der Con-
sul Lentidus Marcelliuus diesen Gegenstand in der Curie zur
Sprache bringen. Mehrere waren bereits befragt, als Cicero sein
Gutachten dahin abgab , dass man Cäsar, w elcher Grosses ge-
leistet ') und sein Werk noch nicht vollendet habe, vom Schau-
platze seiner Thaten nicht abrufen dürfe. Im Interesse der Re-
publik habe er früher ein Dankfest von fünfzehn Tagen, ^) Sold
und zehn Legaten für ihn gefordert;') im Interesse der Republik
fordre er jetzt, dass man nicht Gallien, sondern Macedouien und
Syrien — die Provinzen des Piso und Gabinius , welche sie zum
Lohn für ihre JMitsvirknng bei seiner Verbannung, als Werk-
zeuge der ihm eben so verhassten aber unerreichbaren Triumvirn
erhalten hatten ' °) — den künftigen Consuln anweise. So ge-
dachte er sich für sein erstes Exil zu rächen und einem zweiten
zn entgehen. Doch wurden seine Wünsche nur zum Theil er-
füllt; Cäsar verlor seine Provinzen nicht, aber man schickte auch
Gabinius keinen Nachfolger,'') sondern nur Piso. ' ^)
6) Oben 5. 10. A. 66. §. 14. A. 62. 7) de'))roT. cons. 12. 13. 14.
8) Das. 11. Oben §. 20. A. 34. 9) <le piov. cons. 1. c. 10) 2 Tli.
243. 260. 11) Gabiu. Ko. i. j. 2. A. 1». 12) S. d. Genaucro im
2 Tb. 70 f.
XXI. lULn. (31. §.23.) 275
Die Reibungen dauerten fort. Wenn die Nobilität iLren
Gegnern nicht zu scLaden vermochte, so wollte sie ihnen doch
eine Deniüthigung bereiten; diess führte zu einem neuen Zwi-
schenspiele ; sie griff nach Ciceros Beispiele die za stark gerüste-
ten Patrone in ihren Clienten an. Li. Cornelius Baibus war
darch Ponipejns römischer Bürger und jetzt auch Cäsars Günsf-
liug, und wenigstens dem Namen nach, da er meistens in Rom
lebte, ijraefectus fabrnm in dessen Heere. Ein erkaufter Gadita-
ner belangte ihn, weil er mit Unrecht behaupte, rönnscher Bür-
ger zu sein. Ausser Crassus und Pompejiis verlheidigte ihn auf
Ersuchen des Letztern auch Cicero, welcher sich dadurch imi die
beiden mächtigsten Triumvirn verdient machte, und besonders um
Pompejus, da er in einer Zeit, wo Cäsar ihn zu verdunkeln
drohte, das undankbare Rom an seine Triumphe erinnerte. Bai-
bus wurde von den Richtern als Bürger anerkannt. ' ^)
Bei solchen Aeussernngen einer feindseligen Gesinnung
musste auch Cäsar nm so mehr dahin wirken, dass die Consnlar-
Comitien den gewünschten Erfolg halten ; Pompejus erhielt da-
durch eine neue Bürgschaft für seine Wahl. Doch schienen die
Aussichten seit der Rückkehr des BL Cato von Cjprus, welches
er auf Clodius Veranstaltung Ptolemäus entrissen hatte, sich wie-
der zn trüben. ' *) Nach Ciceros Abfalle sah die Aristocralie vor
Allem auf ihn; er sollte mit seinem republicanischen Eifer ihren
Angelegenheiten einen neuen Schwung geben , und auch seinen
Schwiegervater, den Consul Blarcius Phib'ppus, in Thäligkeit
setzen oder doch gü'nstig stimmen , damit dessen College Lentu-
lus Marcellinns wenigstens niclit durch ihn behindert wurde. ' *)
Er verlor aber auf der Reise seine Rechnungen, und Clodius,
jetzt ein Freund der Triumvirn, weil Pompejus als Consul ihm
bei seinen Geldforderungen in Asien behnlüich sein konnte,'*)
13) 2. Th. 598. Der Process gehört in eine spätere Zeit dieses Jahrs,
als die VerhandJnngen über den Sold nnd die Consularpro\inzen , da Ci-
cero sie in d. Rede für Balbns c. 27 erwähnt. 14) 2 Th. 266. Er
kam erst in diesem J. nach Rom , nicht schon im -vorigen ; als man über
Sold n. Legaten stritt, vrar er noch abwesend, Plnt. Caes. 21 , nnd als er
in Italien landete, verwaltete Marcius Philippns d. Consulat, l'lut. Calo 39,
und C. Clandius, der Bruder des Clodius, die PrSlur. Dio 39, 21, 22.
15) PIu«. Cato 39. Tgl. 25. 16) 2. Th. 327. A. 42. 333.
IS*
276 XXI. lULn. (31. §.23.)
machte es ihm zur Pflicht, sie vorzulegen, •') nncl wurde Bowoh)
darin als in jedem andern Unternelunen gegen ihn von Cäsar be-
stärkt und geleitet. *^) Man liess diesem sogar die erfreuliche
Nachricht zugehen, dass Cato auch mit Cicero zerfallen Bei, "wel-
cher die Gesetze des Clodlos vom J. 58 und folglich auch da»
Verfahren gegen Ptolemäus für ungültig erklärte. ' ^) Darcli
solche Privathändel wurde der Vertheidiger der Republik nur
noch mehr gereizt, sich ihrem Dienste za widmen. Die Candi-
daten des Consulats trafen zurück, als sie das Nutzlose und Ge-
fährliche ihrer Bewerbung erkannten, nur nicht L. Domitius
Ahenobarbus, der Gemahl der Porcia, der Schwester Catos, wel-
cher ihn überredete, nicht zu weichen, da es sich nicht um das
Amt, sondern um die Freiheit handle. Sein Ehrgeiz und sein
Hass gegen Cäsar machten ihn folgsam , ^ °) und die senatorische
Faction verkündigte das Unglück, welches nnabwendbar herein-
brechen werde, wenn man ihn nicht wähle, und dadurch we-
nigstens Einen Triumvir ausschliesse. ' ') Sie hatte sich aber den
V.Tribun C. Cato verfeindet, welcher jetzt ihren Gegnern sehr
nützlich wurde. Im Anfange seines Tribnnats erhielt er ihren
Beifall, weil er nicht woUte, dass man Ptolemäus Anletes mit
der bewafiheten Macht gegen Aegypten unterstützte,*^) denn da-
durch sah Pompejus seine Hoffnungen vereitelt. Auch war es
ihr erwünscht, dass er im Februar als Freund des Clodius bei
dessen Streite mit Müo über die Ränke des Triumvir und über
dessen Wortbrüchigkeit gegen Cicero sich öffentlich aussprach,^ ^)
obgleich er nur Lientulus Spinther, Proconsul von Cilicien, den
Krieg mit Aegypten zu entziehen, und Clodius zu dienen suchte.
Schon im December des vorigen Jahrs hatte er jenem seine Feind-
schaft bewiesen,**) und im jetzigen machte er einen Gesetzent-
wurf bekannt, nach welchem er seine Provinz verlieren sollte.' '\
Um diess sowohl als die Bestätigung einer Rogation des Tribuns
17) 2. Tli. 267. Hier §. 14. A. 49. 18) Dio 39, 23. Flut. Cato 39 fio.
19) 2 Th. 267. 20) Oben §. 21. A. 52. Cicero schrieb ad Alt. 4, 8 fin.
als er nicht gewählt wurde, er hfibe sein Schicksal selbst verschuldet, weil
er gedroht hatte, als Consnl Cäsar ■vom Heere abzurufen, Sneton, 24.
21) PInt. Cato 41. Pompej. 52, Crass, 15. Dio 39, 31. 60. App. 2, 437.
Suet. 1. c. 22) 2. Th. 537 f. 23) Das. 325, A. 30. 24) Das. 537.
A. 88 f. 25) Cic. ad Qn, fr, 2, 3, §, 2.
XXI. lULII. (31.5.240 277
Caninius Gallus abzuwenden, welcher vorscUug', dasa man Pom-
pejus mit zwei Lictoren nach Alexandrien schickte, kündigte der
t'onsiil Marcellinns viele Feiertage an. - ^) Cato konnte also nicht
mit dem Volke verhandeln; er wurde dadurch erbittert, und da
olinehin Clodins Jetzt mit dem Triumvir einverstanden war, wei-
ther nicht hoffen durfte, unter dem Vorsitze des Marcellinus zu
tlessen Nachfolger gewählt zu werden , so verhinderte er mit sei-
nem CoUegen JYonius Sufenas durch Einspruch die ConsiJar-Co-
iiiitien. ^') Der Senat fand mit seineu Bitten und Drohungen
kein Gehör; selbst seinem Beschlüsse, Trauer anziJegen, das ge-
wöhnliche Gaukelspiel, wodurch er andeutete, dass der Staat in
Gefahr sei, widersetzte sich der Tribun, obgleich ohne Erfolg,
und als dieser ihm auch nicht gestatten wollte, zu demselben
Zwecke sich den öffentlichen Spielen zu entziehen , begab er sich
auf den Markt, wo der Consul über die Umtriebe und die grosse
Blacht des Pompejus klagte. Den kühnen Redner belohnte das
Beifallsgeschrei der Seinigen, *^) die Wahlen aber konnte er
nicht erzvyingen. ^ ^)
§ 24. • -
Das Jahr 55 begann demnach mit einer Zwischenregle-
rnng,^") für Cäsar eine verhängnissvolle Zeit. Er war zum
Bürgerkriege nicht gerüstet; Geld nnd Truppen genügten nicht;
diese mussten mehr vom Vaterlande abgelös't und daran gewöhnt
werden , nur ihm zn gehorchen , ehe er sie gegen Rom führte,
und es fehlte auch noch an einem scheinbaren Vorwande, da der
Senat berechtigt war, ihn in Gallien nach einer Verwaltung von
fünf Jahren durch einen Andern zu ersetzen. Wenn diess nun
aber geschah; wie L. Domitius Ahenobarbus und dessen Anhsmg
drohten,") so wurde ihm das Ziel seines ganzen Lebens Ter-
26) 2 Th. 539. A. 12. 27) Dio 39, 27. Liv. 105. Vgl. Cic. ad
Att. 4, 15. §. 4. 16. 5. 3. ünteu §. 28. A. 91. 28) Die Alten unter-
scheiden auch hier nicht zyrischea dem Volke nnd den Parteigenosseo.
Dio 39, 28. Valer. M. 6, 2. §.6.: Assensns ei clara voce universus po-
pnliis Richtiger sagt Dio 39 , 29 (S. 2. Th. 327. A. 44.) , die Senatoren,
die Optimaten haben Clodius unterbrochen , als er um diese Zeit Marcelli-
nns vor dem Volke schmähte. 29) Dio 39, 30. 30) Ders. 39, 31.
31) Oben J. 21. A. 52.
278 XXI. lULn. (31. §.24.)
rückt , and statt des Diadems erwartete ihn bei der untegränzten
WutL seiner vielfacli überL'steten und gedeiniitl^igten Feinde ewige
Verbannung oder das Dlutgeriisf. Nur Pompejiis und Crassus
konnten iliu in seiner jetzigen Stellung erhalten, und nur, wenn
sie Consuln wui-deu. DaLer bot er Alles auf, diess zu bewirken.
In Luca, wo er sicL dazu verpilicLtet Latte, wf'ren bereits Viele
durch Geschenke und Zusagen von ihm gewonnen, Andere be-
freundeten ihm durch gleiche Mittel seine Sendlinge und Ge-
echäflsträger in Rom , wenn anch der Gegendienst , welchen man
fordern werde, den Erkauften vorerst unbekannt blieb« Dann
schickte er im Winter zur Abstimmung und auch zum gewaltsa-
men Beistande eine Anzahl Krieger mit seinem Legaten P. Cras-
sus, ^^) welcher noch im Spätherbst des vorigen Jahrs in Aqui-
tanien focht. *^) Seine Feinde aber verhinderten, dass die Be-
förderung seiner Nebenbuhler ihm nicht etwa nachtheilig wurde.
Sie verkannten Pompejus und dessen Verhältnisse, und daher
auch ihre Aufgabe, vor Allem den Bund aufzulösen, und dadurch
das Gleichgewicht herzustellen. Zu dem Ende mussten sie den
Wünschen jenes Triumvir entgegen kommen, welcher nur aus
Noth zu. Cäsar hielt, lieber den Senat gegen ihn als ihn gegen
den Senat gebrauchte, und nach seiner Eigenthümlichkeit gleich
unfähig, als Volkshaupt und als König zu herrschen, nur seine
Eitelkeit befriedigen, nur der Erste in einer Republik, princeps
civitatis sein, keinem andern Machthaber huldigen wollte. Diess
lehrte die Vergangenheit; eine nicht schwer zu entschleiernde
Zukunft bestätigte es.
BI. Cato sah, wie seine Partei, nur die äussere Erschei-
nung ; es besteht eine Verschwörung gegen den Staat , zwei Ver-
Bchworne wollen, wie einst Catilina, als Consuln ihre Entwürfe
ausführen; man muss wenigstens Einem Treugesinnten die höchste
Würde verschaffen. Zwar ist das Mittel schon im J. 59 ange-
wendet und hat sich nicht bewährt; es gilt aber einen neuen
Versuch. Am Tage der Wahl begaben sich Cato und Domitius
mit ihren Freunden vor Sonnen-Aufgang nach dem Marsfelde,^*)
32) Dio 39, 31. Vgl Cic. nd On. fr. 2, 9. §. 2. Plnt. Pompej. 51.
33) Caes. 3, 27. 28. Oben § 22. A. 83. 34) So l'tut. Cato 41, wo-
gt'gen er Foin]i. 52 u. Grass. 15 nnrichtig den Markt nennt. Dio I. c
App 2, 437 llisst Pompejus gegeuwürtig seiu, S. uateil A. ftl.
XXI. lüLII. (;ii.5.24.; 270
'im niclit ansgesctlossen zu werden. Sie wurden aber von Be-
waffneten euipfanjen, welche zur Vermehrung' des Schrecken«
uiid der Verwirrung- ihren Fackelträger niederstiessen, und ausser
\ielen Andern auch Cato verwundeten; dennoch hielt er Stand,
und ermuthigte Domilius im Kampfe mit den Tyrannen nicht zn
weichen, deren Herrschaft sich durch Meuchelmord ankündige.
■Sein Client rettete sich indess durch die Fhicht und er folgte;
l'ompejus und Grassns wurden zum zweiten Male zu Consuhi ge-
wühlt *^) Ihr Sieg war nnvoUständig, wenn die Gegner sich
der übrigen Aemter bemächtigten, nnd insbesondere, wenn Cato
Prätor wurde, welches er Jetzt als eine Pflicht betrachtete, Avie
er für das J. 62 als Wächter der Republik Tribun g^eworden
war. ^®) Mau wollte P. Vatinius für ihn einschieben, Cäsars
^^'erkze^g in dessen Consulat,^') und die Stimmen erkaufen,
i'iiisf hatte Cato mit der Nobilität das Volk bestochen, damit Bi-
i)uliis als Cousul seinen Collegen Cäsar zügelte; ") jetzt erschien
ihm das Verbrechen in einem andern Lichte, und man dachte
auf Mittel, Vatinius vor einer Anklage zu sichern. Demnach
^vurde der Senat am 11. Februar durch das Gutachten des Cou-
siilars L, Afranius zu einem Beschlüsse veranlasst, nach welchenx
die BIa°;istrate, deren Walil man entgegen sah, sogleich nach der-
selben ihr Amt antreten sollten , und als Einige darauf drangen,
dass die Prätoren 60 Tage im Privatstande blieben, liessen die
Cousuln es unbeachtet, weil die Absicht, ihre Anhänger unter
den Candidaten vor Gericht zu ziehen, nicht zu verkennen war. ^')
In den Comitien zeigte sich sogleich im Anfange der Abstimmung
ein für Cato günstiger Erfolg; Porapejus unterbrach sie; er gab
35) Plnt. Cato 42. Pomii. Crass. U. cc. Dio 39, 31. 60. App. L c,
LIt. 105. Caes. B. G. i, 1. VeUej. 2 , 4G in : Cii. Pompeius et Ciassas,
Blterma ioiere consulalum ; qni neque petitns honeste ab Iiis , neqne jiroba-
bililer gestns est. Cic. ad Qu. fr. 2, 9. {. 2. Eutrop. 6, 18. (15.) Oros.
6, 13. Cassiod. a. Fast. Sic. a. 698. 36) 2. Th. 29. A. 59. 37) Oben
§. 14. A. 53. 38) Oben § 10. A. 64. 39) Cic. ad Qn. fr. 2, 9
}. 3, eine vielfach missrerstandene Stelle. Man hat III id. Blaii statt III
id. Febr. gelesen, obgleicli aus Cic. Briefen erhellt, dass diese slädtiscben
Angelegenheiten im April, als die Consiiln sich anf dem Lande anfhielten,
längst erledigt waren , und sie im Anfange des Mai nicht zn d. Wahlen
sondern znr Verrechnnng mit den Rittern nach Rom znriickkehreu wollten,
ad All. 4, 11 tu hier A. 71. PIul. Cato 42. 1. Th. 38. A. 93.
280 XXI. lULII. (31. §.24.)
vor, (lass er Donner gebort habe, und nach aberinalig'sn Geld-
Speiulen erhielt in einer neuen Volks - Versammlung Vatlnius die
Praliir. Dio versichert, dass es nicht zu Gewaltthätigkeifen kam,
weil Cato davon abrieth ; die Optimaten begleiteten ihn in g'nosser
Anzahl nach seiner Wohnung. * °)
Desto stürmischer waren die ädilicischen Comitien. Jene
wollten wenigstens diu-ch die unteren Magistrate einigen Eiulluss
behalten, und erschienen nun auch mit Bewaffneten, so dasa
Mehrere im Handgemenge das Leben verloren. Für Pompejus
hatte es ebenfalls unglückliche Folgen, obgleich er die Gegner
vertrieb; Julia glaubte, er sei erschlagen, als er sein Gewand,
welches mit dem Blute der Verwundeten befleckt war , nach sei-
ner Wohnung schickte; diess veranlasste eine Fehlgeburt und
später, sofern ihre Gesundheit dadurch geschwächt wurde, ihren
Tod. Die Alten sehen darin sogar die Ursach des Bürgerkrie-
ges, aber mit Unrecht, da für Caesar die Vermählung seiner
Tochter nur ein Mittel und nie ein Hinderniss sein konnte. *')
Unter den Tribunen waren C. Atejus Capito and P. AquUliug
Gallus für die Nobilität. *=)
Pompejus fühlte sich nach vieljähriger Erniedrigung, welche
mit seinem Triumphe nach der Rückkehr aus Asien begonnen
und ohnerachtet des Triumvirats, zum Theil iu Folge desselben
fortgedauert hatte, wieder gehoben, zwar durch Cäsars Arm und
In dessen Dienste, aber das Eine verletzte ihn nicht, weil er
seinen jetzigen Zustand für ein Ergebniss gemeinschaftlicher An-
strengungen hielt, und er nun reichlich vergalt, das Andre ent-
gieng ihm; Er glaubte zu überlisten. Durch sein Consulat und
durch die übrigen Wahlen war ihm der Weg gebahnt , noch hö-
her zu steigen , und er zögerte nicht. Ohnerachtet seiner Eitel-
keit konnte er sich der Bemerkung nicht erwehren, dass er bis-
her viele falsche Schritte gelhan hatte , und der Procousul von
40) Dio 39, 32. riiit. 1. c. Pomp. 52. Liv. 105. Val. M. 7, S. §. 6:
Noa Caloiü tuiic praelura, sed praeliirae Cato uegatus est. Vgl. Cic. ad
Farn. 1, 9. J. 5. in Valiii. IG fiii. Quiaül. G, 1. §. 13. 9, 2. §. 25.
Spald. u. uate« A. C5. 41) Dio 39, 32. Plut. I'onip. 53. Val. M. 4,
6. J. 4. App. 2, 437 verwechselt die Zeiten j nar.li ihm geiielh Pompejus
schon in den Coasulov - Couiitieu ins Getilian, Unten §. 28. A. 12.
ii) Uio 39 , 32. 34. 35. 36. 39. Plut. Cato 42. 43. Ciass. IG.
XXI. lULII. (31. $.24.) 281
Gallien mit melur SicLerLeit nnd Glück emporstrebte; man innsste
jlin nacLaLinen. Rlit diesem Entschlüsse war er nacL Luca
g:ereis't nnd Consnl geworden. Wie Cäsar a. 59 durcL den Tribun
V. Vatinins, so wirkte er durch den Tribun C. Trebonius; wie
iener verschaffte er sich Heer und Provinzen auf fünf Jahr; wie
Jener Hess er sich vier Legionen bewilligen, und wie jener ohne
Auftrag andere hinzufügte, so wurde er sogleich durch ein Gesetz
dazn ermächtigt ; nur darin war er selbstständig, dass er vor Rom
bleiben, die Legionen im Hintergründe über Senat und Volk
gebieten, und so zwiefach bewehrt Cäsar und seine Feinde in
der Stadt zu Boden drücken wollte.
In stolzer Haltung gab er sich nach den Wahlcomitien das
Ängehn, als ob er nun nichts mehr begehre. '") Trebonius trat
an seiner Stelle auf, und eine schlagfertige Bande erwartete seine
Befehle; als Cicero ihn gegen Ende des April in Campanieu
sprach, war bereits entschieden.*') Der Senat hatte die Pro-
vinzen der Consnln vor deren Wahl nicht bestimmt, wie es das
Gesetz forderte,*') weil er nicht wnsste, ob er Feind oder
Freund versorge, jetzt gieng Trebonius an das Volk, als habe
jener sich seiner Rechte begeben. Er machte zwei Rogationen
bekannt, die Erste für Pompejus und Crassus, und die Andre
für Cäsar; Beide hatten nichts gemein, als die Urheber, und werden
dennoch von den Geschichtschreibern oft zusammengeworfen. Auch
wurde der Consuln nicht einzehi nnd besonders gedacht, sondern sie
verglichen sich über die Provinzen, oder sie waren vielmehr längst
darüber einverstanden. '^) Ferner erwähnte das Gesetz weder
den parthischen *') noch den spanischen Krieg, ob es gleich
Pompejus erwünscht sein mnsste, dass der Proconsul Metellas
Kepos im diesseitigen Spanien mit Empörern kämpfte,*^) und
die Gallier von dort gegen Cäsar verstärkt waren, ''^) da der
grosse Feldherr nun Beruf hatte, gerade dieses Land zu wählen.
Es kann endlich nicht zweifelhaft sein, die Folge lehrt es, dass
43) Dio 39, 33. 44) ad Art. 4, 9. 45) Oben 5. 10. A. 66
n. J. 23. A. C f. 46) Flntarch Grass. IS lässt sio loosen , nnd ver-
meidet damit wenigstens den IrrlUiim, welchen man in anderen SlelJcii
ancli bei ilini findet, als liaJie das Gesetz jedem seine PrOTinr angewiesen.
S. unicn. 47) Ders, Crass. 16. 48) Uio 39, 32. 54. 2. TIi. 34.
49) üben j. 22 Bn.
282 XXI. lULn. (31. §.24.)
Crassus die PartLer ongreifen, nicht Ptoleniäns Anlefes wieJer-
einsetzen wollte, AvelcUen Gabiuias, sein Vorgänger in .Syrien,
in diesem Jalire nach Alexaudrien führte, '") und dass Pom-
pejos nicht Afrika übernahm ; Aeg-yptea und Afrika werden
daher von Einigen mit Unrecht in der Rogation genannt.")
Sie verlangte vielmehr für die C'onsuln Syrien und beide .Spanien,
diese mit vier Legionen, auf fünf Jahr, freie Gewalt über Krieg
und Frieden, und die Befngniss, ihre Streitkräfte nach den Um-
ständen zu vermehren. ' ')
Drei Männer also wollten das römische Reich unter sich
theUen, und die Optimalen verstummten und zagten. Um so
kiihner forderte Favonius das Wort. BI. Cato schickte ihn
voraus, nicht, das Volk zu warnen, denn von Gründen, wnsste
er , durfte man nichts erwarten, sondern durch langes Reden die
Abstimmung unmöglich zu machen. So hatte er selbst schon
nach Art der Unruhstifter gegen das jiilische Gesetz gekämpft,'')
und so gedachte er auch jetzt nach seinem Freunde ohne Ende
zn sprechen. Zwar bewilligte Trebonins jenem nur eine Stunde,
welche er mit Riagen über die beschränkte Zeit ausfüllte , und
ihm nur zwei; er aber achtete kein Verbot, keine Erinnerung^
fruchtete, ein Diener des Tribuns mnsste ihn mit Gewalt ent-
fernen und ins Gefängniss führen; doch enfliess man ihn, da
seine Parteigenossen ihn in grosser Anzahl begleiteten, and mehr
Aufsehn zu erregen nicht ratlisam schien; seine Absicht war
erreicht. *') Tribunicischer Einspruch sollte das Uebrige thun;
um zur Stelle zu sein, verbarg sich Aquillius in der Nacht nahe
am Blarkte in einer Curie, wo man ihn einschloss. Am andern
Tage zeigte sich nur sein College Atejus mit Cato, Favonius,
L. Ninnius Quadratus ") und deren Anhange. Er sollte ein-
schreiten, obgleich der Markt mit Bewaffneten besetzt war, im
änssersten Falle die Republik durch eine Unwahrheit retten, und
rief daher, als man ihn nicht zuliess, er Labe Donner gehört;
SO) Gabinii No. S. f. 2. 51) Plnt. Cato 43. Pomp. 52. App.
2, 437. 52) Dio 39, 33. Plnt. U. cc. n. Crass. 15. Caes. 28. 36 in.
App. 1. c. (n. Panh. 135.) Liv. 105. Cic. ad Att. 4, 9. Tellcj. 2, 46.
5. 2. 48. §. 1. (A. A'ict.) do vir. iU. 77. 53) Oben f. 11. A. 35.
54) Dio 39, 34. Plul. Cato 43. Liv. 105. Favonius A. 52. 55) V.Tiilj.
a. 58 und für Cicero. Dio 39, 35. Vgl. 38, 14 u. 2. TIi, 278. A. 30.
XXI. lULII. (31. §.24.) 283
ein Bürger Lob ilui empor, damit sein Geschrei leichter ver-
nommen würde, in einer gleicLeu Stellung wiederholte es Cato,
und beförderte dadurch einen Sturm anderer Art, da die Mann-
schaft der Consuln den Platz mit Gewalt reinigte. Älehrere
fielen; unter den Verwundeten war auch Aqnillius, welcher im
Getümmel seine Zeit ersah, aus der Curie hervorzubrechen, der
Seuator L. VilUus Annalis blutete unter den Streichen des Cras-
6US, *'') und das Gesetz wurde bestätigt. *')•
An Aufreizungen der Blenge fehlte es nun nicht; Ate|us
führte ihr Aquillius zu , dessen Gestalt bewies, wie arg- der Un-
verletzliche gemisshandelt war, und eine Bande unternahm es,
Pompejus Statuen zu zerstören, doch verhinderte Gato selbst, dass
die Unruhen sich erneuerten. '*)
Die zweite Rogation des Trebonius betraf Cäsar, und ohne
Verzug berief mau das Volk, um auch sie zum Gesetze zu er-
lieben. Es ist schon darauf hingedeutet, dass der Antrag für
den Proconsul nicht in dem Vorigen enthalten war. Plntarch
berichtigt sich in dieser Hinsicht selbst , wie es sich oft bei den
Alten findet; er lässt üb. • Alles zu gleicher Zeit verhandeln,
wenn er nur daran erinnern wiU, dass es solche Gesetze gab; *')
in der genauem Darstellung unterscheidet er, ^°) und Dio sagt
wiederholt, dass Cäsar besonders wnd zuletzt bedacht sei, obgleich
er irrig behauptet, man habe ihm drei Jahre zugelegt, und auch
diese nur, weil seine Partei unter keiner andern Bedingung- in
das erste Gesetz willigen woUte, während Beide auf dem Ver-
trage von Luca beruhten.^') In der Rogation desVatinius war
ihm Gallien auf fünf Jahre überwiesen,*^) oder für die Zeit
vom 1. Januar 58 bis zum letzten December 54; ^^) in der
trebonischen, welche das Volk ebenfalls genehmigte, wurde ihm
die Verwaltung auf fünf Jahre von 53 an verlängert, so dass er
hiernach bis zum Anfange des J. 48 in den Provinzen geblieben
56) Plnt. comp. Nie. cnm Crass. 2. I. TIi. 376. A. 31. 57) Plnt.
1. c. zählt vier Todte. Ders. Crass. 15. Cato 43. Dio 39, 35 f. Ajip.
2, 437 fin. 58) Dio 39, 36. Plnt. Cato 1. c. 59) Pomp. 52.
Crass. 15. 60) Cato 43. 61) 39, 33. 36. 62) Oben §. 14.
A. 66. 63) S. das 'Wcitore in J. 17. A. 79 f. Nach Ciceros nn-
richtigcr Angabe endigte sich seine Statthalterschaft schon am 1. März 54.
2. Th. 70. A. 0. 72, A. 21.
284 XXI. lULII. (31. §.24.)
sein wlirile. Cato begnügte sich, Pompejus die nngliickliclien
Folgen für iLn uud für den Staat vorLerzusagen. "'') Der Consul
ucLfete aber weder auf seine Reden noch auf den Groll der
Aristocrafie, welche ihm am meisten zürnte, weil er bei den ver-
liassten Unternehmungen gegenwärtig und unmittelbar thätig war.
lir wählte unter den Provinzen Spanien, und C'rassus Syrien.
Nach seiner Versicherung N'V'idersetzte sich Cicero im Senat
mit grö'sstem Ernste der Bewerbung des Vatinius «m die Prätur,
nicht aus Feindschaft gegen ihn, sondern aus Wohlwollen gegen
seinen Nebenbuhler M. Cato. ^ ') Man muss diess bezweifeln.
Er war mit Cato nach dessen Rückkehr aus Cjprus zerfallen, ^^^
und sah ihn ungern in der Rolle eines Vertheidigers der Re-
publik; in Vatinius beleidigte er Cäsar, welches er zu vermeiden
suchte, und endlich spricht sein nachmaliges Verfahren dagegen.
Unleidlich war ihm bei seinem hohen Selbstgefühle die schranken-
lose Gewalt der Herrscher, der Bann, welchem Senat und Ge-
richte unterlagen und die schnöde Verachtung jedes fremden
Anspruchs; ®') aber nach den Erfahrungen vom vorigen Jahre
wagte er es nicht, wieder aufzntaiijien. **) Seitdem verspürte
er in sich eine solche Dankbarkeit gegen Pompejus, eine solche
Hinneigong zn ihm, dass Alles, was diesem beliebte oder frommte,
ihm als recht und wahr erschien. Widerstand war ohnehin
fruchtlos , die consularische Würde vernichtet ; es blieb nur
übrig, Pompejus zu unterstützen, oder zu schweigen, oder mit
den Wissenschaften sich zu trösten. ^^) Man bemerkte ihn daher
im Februar in der Wohnung und im Gefolge der Consulu; '")
dann begab er sich auf seine Villen , und erhielt im Ai)ril auf
dem Cumanum einen Besuch von Pompejus, dessen Herablassung
als Dank für seinen Rückzug ihn nur verletzen konnte.''') Er
kam später in einer Angelegenheit Milos auf eine kurze Zeit
nach. Rom, ohne der Senats - Sitzung beizuwohnen,'^) und zu
den Spielen, welche Pompejus bei der Einweihung seines Theaters
6i) Plat. Cato 43. Pomp. 52. Crass. 15. App. 2, 437. (Partlj. 135.)
Dio 39, 33. 36. Liv. 105. Cic. 2 l'IiU. 10. ad Att. 8, 3. {. 2 : lUe (Pomp.)
provinciae propagator. Vellej. 2, 46. §. 2. Suet. 24. 65) ad Farn. I, 9.
J. 6. Oben A. 40. 66) 2. Th. 267. 67) ad Farn. 1, 8. §. 2.
68) Oben §. 21. A. 47. 69) ad Fam. 1. c. Vgl. ad Att. 4, 13.
70) ad Qo. fr. 2, 9. 5- 2. 71) nil Att. 4, 9m. II. 72) Das. 4, 12.
XXI. IÜI.n. (31. §.25.) 285
grab, " ') und lebte dann ^y^eJer auf dem Lnnde ßicL selbst, Innig
erfreut, wie er im Noyember vom Tnsculanum an Atticns scLrieb,
der TLeilnaLme 'an den Streitigkeifen in der Curie überLoben zu
sein. ' *) Alilos Vermählung' und die Erwartung der Wahl - Comitieu
führte ihn um die Alitte des December nach Rom zurück, ^ ') als
Crassus, welchen Cäsar in dem Entschlüsse, die Pariher anzugreifen,
bestärkt halte, ' ^) bereits nach Syrien abgegangen war. ' ')
§ 25.
(a. 55.) Cäsar reis'te früher als gewöhnlich zum Heere,
einen Feldzug zn erö'ffuen, welcher nicht durch grosse Schlachten
und auch durch kein anderes folgenreiches Ereigniss ausgezeichnet
war, als dass Gallien nochmals gegen die Deulstlieu behauptet
wnrde, und dennoch, aus der Feme gesehen, mehr als die vorigen
glänzte. Ohne Gefahr konnte der Proconsul ItaUen verlassen,
Aa Pompejus und Crassus als seine Friedens -Legaten für ihn
wirkten, und bei dem Zerwürfnisse zwischen Urnen und der
Aristocratie nicht wünschten, dass diese ihn jetzt schon aus den
Provinzen abrief. Aber auch er durfte nicht feiern; durch neue
und unerhörte Thaten mnsste er das vergessliche Volk fort-
während an sich erinnern, und in den Legionen ein unerschütter-
liches \ ertrauen zu seiner KJugheit und zu seinem Glücke be-
gründen. Krieg also galt es, ewigen Krieg-, In Gallien schien
dessen Fackel erloschen za sein; nur wenige Stämme an der
belgischen Küste und am Fusse der Pyrenäen waren noch frei;'*)
aber in Germanien gährte es; ein Theil seiner Bevölkerung er-
goss sich über den Rhein, ^ä)
Seit längerer Zeit waren dort die Usipefer nnd Tenchtherer
Ton den Sreven gedrängt. Sie vermochten zuletzt nicht mehr zu
widerstehen, nnd wanderten aus, angeblich 430,000 mit dem
Trosse. *") Nach dreijährigem Umherirren gelangten sie in die
73) ad Fam. 7, 1. §. 2. 74) Das. 4, 13. 75) Das. 1. c.
76) Plnl. Crass. 16. 77) Das Weitere über die innerea Angelegen-
heilen Roms, welche Cäsar znnäclist uichl angehen, s. in : Pomp. IIIt. a. 53.
78) Oben {. 22 fin. 79) Caes. 4, 1 — 15. Dio 39, 47. 48. vgl. 49.
Plnt. Caes. 22. Cato 51. Comp. Nie. e. Crass. 4. App. lib. 4. GaU. Exe.
XVr. de leg. Flor. 3, 10. J. 14. Oros. 6, 8 fin. 80) So Caes. 4, 15.
286 XXI. lULII. (31. §.25.)
GegencI, wo der RLein sicli tLeilf, nnd an beiden Ufern desselben
die Menapier wolinten (Jelzt EiuraericL im Regiernng'S - Bezirk
Cleve). Diese eutlloben über den Fluss, welclien sie bewacLten,
zu iLren Brüdern. Den Germaniern felilte es ohnehin an Schiffen;
aber sie lockten den Feind durch einen verstellten Rückzug' wieder
auf sein Gebiet, und kehrten dann plötzlich zurück. So erhielten
sie einen leichten Sieg über ihn ; sie bemächtigten sich seiner
Fahrzeuge und erschienen nun auch im westlichen Lande der
Menapier, wo sie für den Winter hinlängliche Vorräthe fan-
den. ' ') Cäsar hörte sogar, als er in grössler Eile bei dem
Heere eintraf, dass sie auf die Einladung einiger gallischen Völker
schon über die Maas bis zu den Eburonen und Condrusiern vor-
gedrungen seien. Ohne eine Aeusserung des Missirauens ver-
stärkte er sich durch gallisch^ Reuterei, um den Deutschen sogleich
entgegen zu gehen. Auf dem Wege meldeten ihm ihre Gesandten:
man habe sie aus ihrem Lande vertrieben ; wenn er ihnen den
Besitz des eroberten oder eines andern zugestehe, so dürfe er
auf ihre Freundschaft rechnen ; doch möge er wählen ; die Svevcn
ausgenommen seien sie Allen überlegen. Die Sprache des Ariovist.
In Gallien, bemerkte der Proconsul, gebe es kein herrenloses
Gut, welches er ihnen anweisen könne; er wolle es aber ver-
mitteln, dass die Ubier sie aufnehmen; auch diese beklagen sich
über die Sveven, und lassen ihn so eben um Hülfe bitten. Die
Ubier in der Gegend des jetzigen Cöln waren die einzigen Trans-
rhenaner, welche sich um seine Freundschaft bewarben, und ihm
Geissein gaben, *^) und nicht ihnen ist es zuzuschreiben, dass
sie ihm nicht mit gleichem Erfolge die Thore von Germanien
öffneten, mit welchem die Aeduer ihm die Thore von Gallien
geöffnet hatten. Nach seinem Siege über Ariovist verfolgten
sie die Sveven auf deren Rückzuge , ^ ^) nnd jetzt mussten
Plut. n. App. 11. cc. lassen 400,000 in Gallien nmkommen. Oros. 1. c.
zählt 440,000. 81) Man hat an ein geheimes EinversläiiJniss zwischen
ihnen und den Ueberwiindenen gedacht, welche sich nöthigcnfalls gegen
die Römer damit rechtfertigen wollten, dass die Befreier gegen ihren Willen
eingedrungen seien; dann nahmen die Denischen ihre Rolle zu ernst, da
sie die östlich wohnenden Rlenapier erschlugen , und die Uebrigen so arg
plünderten, dass sie nach ihrer eigenen Niederlage durch Cäsar deren Rache
fürchteten. Caes. 4, 4. 15. 82) Caos. 4, 16. 83) Das. 1,54.
Oben $. 19 fin.
XXI. lüLn. (31. §.25.) 287
sie ilmen Tribut zaLlen nnJ jede Art Ton DemütLig-nng er-
dulden. «♦)
In drei Tagen ■wollten die Gesandten Cäsar Antwort über-
bringen ; sie ersuchten ihn , bis dahin nicht vorzudringen. Ihm
aber schien es nothwendig, dass er bei der Stimmung der Gallier
sich der Fremden so bald als niöglicli entledigte und die Ab-
wesenheit der Reuter benutzte, T^elche sie auf das linke Ufer
der Alaas geschickt hatten, die Ambirariter zu plündern. Als er
nur noch 12,000 ScLritle von ihnen entfernt -v^ar, baten sie aber-
mals, er möge iu seiner jetzigen Stellung bleiben, und der Ren-
terei, welche die Vorhut bildete, den Angriff untersagen; sein
Vorschlag habe ihren Beifall; nur sollen die Ubier ihnen die
Aufnahme eidlich zusichern, wozu eine Frist von drei Tagen er-
forderlich sei. Auch darin erkannte er die Absicht, die Schaar,
welche sie entsandt hatten, vor der Schlacht heranzuziehen; des-
Laib erwiederte er: es fehle ihm an Wasser; um es zu finden,
müsse er noch 4000 Schritte weiter gehen; ihren Wunsch iu
Betreff derReuterei werde er erfüllen; am nächsten Tage möchten
Abgeordnete in grösster AnzeJJ wieder kommen, damit man sich
einige. UumiKelbar nach dieser Unterredung M'urden die 5000
Reuter der Römer * *) von 800 germanischen angegriffen und
ohnerachtet ihrer Uebermacht geschlagen, zum Theil wohl, weil
sie als Gallier sich für ihren Unterdrücker nicht aufopfern
mochten. ^ *) Cäsar erklärte das Verfahren der Feinde für Treu-
losigkeit; die Zeit zu erwarten, wo Alle wieder vereinigt sein
würden, hielt er für Wahnsinn. Da fanden sich am andern
Tage seiner Aufforderung gemäss ihre Vornehmen und Aeltesten
ein, wie er behauptet, ihn ferner zu täuschen, die Schuld der
ungestümen Jugend beizumessen, welche den Befehlen nicht ge-
horcht habe,*') nnd einen Waffenstillstand zu scliliessen. Er
Hess sie verhaften und führte die Legionen sogleich in drei
Treffen gegen das verwais'te Heer, ehe es von dem Schicksale
seiner Häuptlinge unterrichtet war. Die Bestürzung machte es
84) Caes. 4, 3. 8. 16. 85) Cäsar Iiatte meistens 4000. Oben
{, 17 in. 86) a. 58 wiclien 4000 TOr 500 helTezischeu. Oben §. 18,
und überiliess Tcnchtlieri super solitum belloriiiu deciis eqncslris discigilinae
arte praecellunt. Tacit. Germ. 32. llire Fecbtarl beschreibt Caes. 4, 12.
87) Vgl. Dio 39, 47. 48.
288 XXI. tüLII. (31. §.25.)
den Germaniern nnmöglicli, einen EntscLIuss zn fassen; sie Latfen
die Waffen nocli uicLt ergriffen, sich nicht gesammelt und ge-
ordnet, als die Römer schon im Lager standen. Doch kämpften
sie zwischen den Wagen und dem Gepäck, bis sie das Geschrei
der Weiber und Kinder vernahmen, welche hinter dem Lager
bei dem Versuche, sich zn retten, von Cäsars Reutern getödtet
wurden; sie glaubten sich umringt, und entflohen; Mancher fiel
durch das Schwerdt und Viele ertranken bei dem Durchgange
durch den Rhein, *^) aber nicht Alle kamen um, denn die Ge-
schichte gedenkt ihi-er auch später. *^) Dass ihre Reuter, welche
zur Zeit der Schlacht noch nicht von der Maas zurückgekehrt
waren, die Sigambrer erreichten, berichtet Cäsar selbst.^") Den
verhafteten Anführern erlaubte er, ihnen zu folgen, und als sie
aus Furcht vor den Galliern, deren Gebiet sie geplündert hatten,
zu bleiben wünschten, gab er ihnen die Freiheit. In seinem
Heere war angeblich niemand gefallen und die Zahl der Ver-
wundeten gering.
Man hat diese Ereignisse als einen unauslöschlichen Schand-
fleck in Cäsars Leben betrachtet und bereits M. Cafo, ^') dessen
Urtheil über Kriegs -Angelegenheiten nun freilich ohne Gewicht
ist, auch wenn es nicht, wie hier, vom Parteigeiste bestimmt
wurde. Die Gernianier erschienen auf römischem Gebiete, ohne
durch eine Beleidigung gereizt zu sein, und gaben dann der
Aufforderung der Provincialen Gehör, in das Innere vorzudringen
und sie zn befreien ; sie wollten also nicht bloss Wohnsitze in der
Provinz erkämpfen, sondern deren Abfall bewirken, und eine
einzige glückliche W^affenthat genügte, um den glimmenden Funken
zur Flamme anzufachen. Cäsar durfte Gallien nicht verlieren,
ohne selbst verloren zn sein; die Barbaren wurden durch seine
plötzliche Ankunft überrascht; sie hatten den Kern ihres Heers,
88) Caes. 4, 15: Ad conflnentem Mosae et Rheiü kann nichts anders
bedenten, als dass sie in den Keil zwischen dem Rhein nnd der Maas
hineingetrieben wurden , und in der Gegend ühersetzten , wo sie auf deo
Schiffen der Menapier in Gallien angelangt waren, der Arm des Rheins,
welcher die Waal heisst, blieb ihnen zur Linken. Irrig hat man stat
Mosa (Maas) Mosella (Mosel) lesen wollen, und sie bei dem nachmaligen
Coblenz (Conflnentes) übergehen lassen. 89) Tacil. A. 1, 51. 11.4,63.
Germ. 32 n. sonst. 90) 4, 16. 18. Dio 39, 48. 91) S. unten A. 23.
XXI. UILIl. (31. §.25.) 289
fast ihre ganze Reuterei, über die Mosel gesdiickt, und nnfer-
Landelten, damit sie vor der ScLlacLt sich wieder einfand. Noch
hatte man sich nicht verglichen, als ihre anwesenden Reuter mit
den römischen handgemein wurden und sie besiegten. Dadurch
wurde nichts entschieden, wie sie wusslen, es drohte vielmehr,
ihren Plan zu vereiteln, und man glaubt ihnen gern, dass ihre
Häupter das Gefecht nicht bilh'gteu. Gleichwohl trifft sie der
Vorwurf der Verstellung, in welcher sie auch jetzt noch be-
faarrten; denn ihre Angesehensten begaben sich in das römische
Lager, die Unterhandlungen fortzusetzen, weil ihre Mannschaft
von der Maas noch nicht angelangt war. Sie glaubten ohne
Zweifel, dass deren Entsendung für Cäsar ein Geheimniss sei;
er aber kannte die Ursach ihrer Friedensliebe und wollte deshalb
die Schlacht nicht verschieben. Was auch früher besprochen
sein mochte, so war es doch jetzt nicht mehr gültig; der römische
Feldherr konnte von dem Ri-iegsrechte Gebrauch machen, und
sich der Feinde bemächtigen , welche ohne freies Geleit zu ihm
kamen, ehe man die Urheber des Gefechts ermittelt und bestraft
hatte. Er läugnet, dass ein Waffenstillstand geschlossen sei, ^^J
ano- niit Recht, da er sich nicht selbst hinderlich werden mochte,
ohne Verzug anzugreifen. Diess ist aber von keiner Bedeutung;
ohne das Zwischenereigniss war die Verhaftung der von ihm
eingeladenen Grossen eine schändliche Wortbriichigkeit. Es fragt
sich nur, welcher TheU am vorhergehenden Tage angriff. Cäsars
Zeng'niss kann nicht darüber entscheiden, da er in der eigenen
Sache zeugt. Die friedliche Entlassung der Germanier würde
ein Sieg ohne Ruhm gewesen sein, und er wünschte Aufsehn
zu erregen; auch war ihm nicht unbekannt, dass sie gar nicht
die Absicht hatten, sich mit ihm abzuCuden; wenn er nun aber
die Schlacht weder vermeiden wollte noch konnte, so niusste er
sie beschleunigen, weil man jeden Augenblick jene Reuterei er-
wartete. Indess schwebten Unterhandlungen, welche er zwar
nicht veranlasst, aber auch nicht abgelehnt hatte, um den Feind
sicher zu machen. Er bedurfte nun einen Vorwand, sie ohne
92) 4, 12: Is dies inducüs erat ab eis petitiis. 13: Germani —
ad eiim in costra venernnt, — nt, si quid posseat, de inducüs fallendo im-
pelrarent.
Dnnswn, Gescbiclite Roms III. j[9
290 XXI. lULn. (31. §.25.)
Zeitverlnst abzubrechen. Deshalb Hess er seine Renfer so weh
Torrücken, dass die germanischen aus Furcht, ihr Lager überfallen
zu sehen und überdiess von kampflustigen jungen Blännern an-
geführt, sich ihnen enigegeu warfen, so bald sie ihnen zu Gesicht
kamen; ^') nicht immer kann der für den Angreifenden gelten,
welcher zuerst das Schwerdt zieht. Blit Einem Worte also, die
Schuld war auf beiden Seiten , beide Theile wollteu lauschen,
und der Rlügste trug den Sieg davon.
Der Glückliche und Blächlige findet immer Anlass, nm sich
zu greifen, «nd nie feldt es ihm an einem guten Schein'. Wenn
man diess aber anf Cäsar anwendet, weicher jetzt seinen ersten
Feldzag; in Germanien eröffnete , *') so wird man nicht alle
Gründe Terwcrfen, mit welchen er es rechtfertigt, sondern ihm
nur erwiedern, dass er durch die Eroberung Galliens die Noth-
wendjgkeit, deren er gedenkt, seine Waffen weiter zu tragen,
selbst geschaffen hatte. Versetzt mau sich in seinen Standpunkt,
so galt es für eine Herausforderung, dass die Deutschen mehr-
mals in seiner Provinz als seine Nebenbuhler auflrafen. Sich
hier zu behaupten , war für ihn von der änssersten Wichtigkeit.
Ihre Niederlagen westlich vom Rheine schreckten sie nicht«- ab,
wieder za kommen, wie die Erfahrung lehrte, und die Unter-
jochten rechneten auf sie; er musste ihnen beweisen, dass es
ihm nicht an Mnth und an Blitteln fehlte, sie in ihren Gauen
zu züchligen , wenn sie nicht aufhörten , ihn zu reizen. Die
Sigambrer (zwischen der Sieg und der L.ipj;e) zweifelten daran;
sie nannten den Rhein die Gränze des römischen Reichs und
fanden es ungereimt, dass er die Auslieferung der Reuter vom
Heere der Usipeter und Tenchtherer verlangte.^') Ihre Nach-
baren, die Ubier, ^^) hatten sich unter seinen Schutz begeben,^')
und naJimen ihn dringend gegen die Sveven in Anspruch; er
wollte diesen zeigen, dass er seine Freunde zu vertheidigen wisse.
93) Ubi primiun nostros eqnites conspexerniil ; Caes. i, 12. 94) Caes.
4, 16 19. Liv. 105. Siiel. 24. 25 lässt die Ccrmaüier üsllich TOin Rbein
grosse Niederlagen eilriden, n. Flor. 3, 10. §. 14 meint, Cäsar sei über
die Mosel und den Rhein gegangen. Oros. 6, 9 sagt unrichtig: Tone
Caesar in Germaniam facto poote traiisgrediens , Sicambros et Ubios ob-
sidione liberat. Die 39,48. Plnt. Caes. 22. 23. Zonar. 10, 6. 95) Oben
A. 90. Vgl. §. 30. A. 24. 96) Dio 1. t. 97) Oben A. 82.
XXI. lULII. (31. §.25.) 291
and sie nicLt fiircLfe, obgleich „selbst die Unsterblichen ihnen
nicht gewachsen waren". 8^) Aber weder die Rücksicht auf
Gallien, noch ein unüberwindlicher TJiatendrang war die Haupt-
ursach seines Unternehmens. Nur in Verbindung mit dem britan-
nischen gedacht, gewinnt dieser Krieg das rechte Eicht; Cäsar
gieng über den Rhein und über den Ocean, weil es in Rom
als ein Wunder erscliien, und weU er die Legionen durch Be-
schäftigung an Meutereien hindern und durch Ruhm und Beute an
sich fesseln wollte. Wie wenig auch die Deutschen die Probe
der Kriegskunst gegen ihn bestanden hatten , so betrachtete man
sie in Italien doch immer noch als die tapfersten unter den Bar-
baren; man wünschte sich Glück, wenn sie an ihrem Heerde
blieben; sie dort aufsuchen war Vermessenheit, und Cäsar wagte
es; mit welcher Begeisterung musste die Menge, durch welche
er Rom beherrschte, seine Siegesfeste feiern! ^^)
Sie sollte noch eine Zugabe erhalten. Cäsar war auch ein
grosser Architekt, und beschloss, sich nicht der Schiffe za be-
dienen, welche die Ubier ihm anboten, sondern eine Brücke zu
bauen. Ohne Brücke kein Feldzug; diese Bedingung machte et
sich gelbst. Es steigerte das Erstaunen der Römer, wenn er bei
so vielen anderen Gefahren auch noch die Elemente gegen sich
aufrief, und den Barbaren, welche sich bei iLren Einfällen in
Gallien am meisten durch den Rhein behindert sahen , und ihn
als die Schutzwehr ihres Landes betrachteten, wurde seine Ueber-
legenheit fühlbar; sie sollten entmuüiigt nnd wohl auch veranlasst
werden, sich zurückzuziehen und ihn des Kampfs in ihren un-
wirlhbaren und unbekannten Marken zu überheben. Er gönnte
ihnen eine Frist von zehn Tagen, denn so lange dauerte der
Bau , durch welchen er sich zugleich den Rückzug sicherte. ' ° °)
Nach seiner Beschreibung Hess er je zwei Pfähle, welche andert-
halb Fuss im Durchmesser hatten, mit einem Zwischeni-aume
98) Caes. 4, 7. 99) Die I. c. 100) NaTibns Iransirc neqiie
satis tDtnm esse arbitrabatnr, neqne snae, neqne popnli Romaiii digiiitalis esse
statuebat. Caes. t, 17. Der Zweifel der KnnstTersläniligcn, ob das unter-
nehmen so ausgeführt werden konnte , wie er angiebt , berührt höchstens
seinen sehr einfachen nnd doch missverstandenen liericht, nicht die Sache;
seina Zeitgenossen nnd Gefährten ninssten iluu ßlonches glauLeii , aber ein
solches Banwerli durfte er nicht erdichten.
19*
292 XXI. lULII. (31. §.25.)
von zwei Fuss einraininen, nicLt senkrecLf, sondern so, Jass sie
sieb nacli der Seite iieig-fen, -woLin das Wasser floss, und eben
so viele mit einer Neigung' gegen den Strom in einer Entfernung
von vierzig Fuss. Dann legte man Qneerbalken von jedem Paar
Pfäblen bis zu den gegenüber stehenden, nnd befestigte sie mit
Klammem. So trieb das Wasser, ohne in seinem Laufe auf-
gebalten zn ^Yerden, die einzelnen Werkstücke in einander. Auf
die Queerbalken brachte man Bohlen und Flechtwerk. Ausserdem
schützten die Brücke unterhalb Strebebalken gegen den W^ogen-
di-ang nnd oberhalb andere gegen die Baumstämme nnd Schiffe,
welche der Feind etwa den Fluss hinabschicken konnte, sie zu
zerstören.
Das Oertliche hat Cäsar nicht bestimmt; da er indess auf
dem andern Ufer nicht sogleich auf dem Gebiete der Sigambrer
stand , so ist der Uebergangspunkt südlich von Bonn zn suchen,
doch immer noch in einer bedeutenden Entfernung von Coblenz. ')
An den beiden Enden der Brücke blieb ein Wachtposten zurück.
Kaum hatten die Römer den deutschen Boden betreten, als von
mehreren Ortschaften, welche indess auch nicht näher bezeichnet
werden , Gesandte anlangten und um Frieden und Freundschaft
baten. Man gab ihnen auf, Geissein zn senden; daher können
sie nicht Ubier gewesen sein, da diese der Forderung schon ge-
nügt hatten; ^) Andere wollten also die Plünderung von sich
abwenden. Die Geissein kamen nicht ; aber das Bild der Brücke
erhielt doch nun einen angemessenen Hintergrund. Uebrigens
ereignete sich nichts, was des stolzen Baues würdig war. Die
Sigambrer entwichen mit den Reutern der Usipefer und Tench-
therer und mit ihrer beweglichen Habe in die Wälder, und Cäsar
konnte nur ihre Wohnungen und Aecker verwüsten. Als er
zu den Ubiern znrückgieng, erfreuten sie ihn mit der Nachriclit,
auch die Sveven , an welchen er sie zu rächen versprach , haben
das Feld geräumt, aber auf einem Landtage alle Wehrhaften in
die Wälder entboten, wo sie sich anschickten, ihn zn empfangen.
Man sieht nicht^ was die Ubier bestimmen konute, diess zn
1) Oben A. 94. Die beireffenden Schriften , eieren Vf. in sehr ver-
schiedenen Ergebnissen gelnngt sind, s, in Simon Aellesten Nachrichten
II. s. w. S. 79 f. 2) Üben A. 82.
XXI. lULn. (31. §.25.) 293
criUcLfen; weim sie sich dadurch der lästigen BescLiitzer enfledig'en
wulllwi, so wnssteii sie nicbt, ob er den Feind nicht wirklich
suchte oder doch iiach einer solchen Blitlheilung- seiner Ehre
wegen um so länger blieb ; und iiberdiess war es unter den
Germaniern Sitte, sich in Schlupfwinkeln zu verbergen, um ein
durch seine Kriegskunst furchtbares Heer zu überfallen. An
Zeit fehlte es nicht, obgleich Cäsar nur achtzehn Tage auf dem
rechten Rheinufer verweilte. Der Zweck des Unternehmens,
sagt er, war erreicht ; die Brücke wurde abgebrochen.
Man kann nicht an seiner Befähigung zweifeln, unter andern
Umständen da zu erobern, wo Drusus und Tiberius .eroberten;
fr mochte aber seine Rräfle nicht zersplittern. Gallien war und
blieb das grosse Lager, aus welchem er gegen Rom hervor-
brechen wollte, sein Waffenplatz und seine Geldquelle. Alle
Unternehmungen ausserhalb der Provinz bezweckten nur deren
Behauptung-, Ivräfteiibung für das Heer und einen günstigen Ein-
druck auf die öffentliche Meinung. Dieser inusste aber um so
;;rösser sein, wenn die Ereignisse sich drängten, wenn Zeit und
Ort der unglaublichen Thaten gleichsam wetteifernd die Römer
zur Bewundeniug- zwangen. So sollte ohuerachlet des nahen
^Vinters noch in diesem Jahre eine Laudung im fernen Britannien
folgen, *) von welchem sie nicht VMissten, ob es eine Insel sei, ')
ob es Europa oder einem andern AVelftheile angehöre. ') Cäsar be-
merkt, er habe sich von der Nothwendigkeit überzeugt, die Insel
und deren Bewohner, von welchen Gallien fast in allen Kriegen
mit Rom unterstützt sei, mit eigenen Augen zu sehen, wenn es
nun eben auch im .Spätjahre nicht mehr habe geschehen kö'uneu.
3) Caes. 4, 20 — 36. Liv. lOS. VeUej. 2, 46. Snelon. 25. 47. Tacit.
Agric. 13. Lncan. 2, 571 f. Valer. M. 3, 2. §. 23. Eutrop. 6, 17 (14).
Flor. 3, 10. §. 16. Oros. 6, 9. Dio 39, 50 — 52. Plnt. Caes. 23. Coiuii.
'\ic. cum Crasso 4. Diodor. Sic. 5, 21. 22. Slral)o4, 199.200. 4) Mio
I. 0. T.icit. Agric. 10, 28. Caes. 4, 21. 5, 13 nennt es eine Insel; auch
Cic. ad Atl. 4, 16. J. 8. 5) A'^ellej. 1. c. Altenim paene iuiperio ooslro
ac sno qnaerens orbem. Flor. 1. c. 9"^^' '•'<' Romanns orbis non suf-
llceret, alterum cogiiavit. A'irg. Ecl. 1, 67 — folo divisos orbe Bricannos.
Aon. 8, 727. Exn-emi hoiuJnum IMoi'ini. Diod. Sic. I. c. spriclit von Inseln,
welclie zwischen Knropa und luitannicn liegen. V.ilor. M. I. <■. : Hello
quo C. Caesar, non contenlns, upera sua Oceani claudere litoribas, Bri-
tannicae insulae coelestes iuiccil manus, elc.
294 XXI. lULlI. (31. §.25.)
Durch die gallischen Rauflente erhielt er nur einige unbefrie-
digende Nachrichten von der Rüste, wohin sie besonders des
Zinns wegen schifften; das Innere und Character und Sitte des
Volks zu erforschen, hatten sie weder Beruf noch Gelegenheit. *)
•Seine Feinde in Rom verbreiteten , ihn habe nach Perlen , nach
grösserem Reichthume gelüstet, ') aber auch er selbst erlaubt sich
eine Unwahrheit , er war durch keine Feindseligkeit gereizt.
Der Verkehr zwischen Gallien und dem Nachbarlande beschränkte
sich allerdings nicht durchaus auf den Handel; wie wenig auch
auf die Aussage der Remer zu geben ist , Divitiacus , der König
der Svessionen in Belgien, habe über einen Theil von Britannien
geherrscht, *) so stand hier doch Commius, der Atrebat, in be-
sonderem Ansehn; s) im J. 57 entflohen die Häuptlinge der
Bellovaken nach der Insel, "") und die Veneter baten die Be-
wohner der gegenüberliegenden Rüste, w^elche sie oft besuchten,
lim Hülfe gegen die Römer; ' ') die Britannier mischten sich
aber nicht in den gallischen Krieg.
C. Volnsenus wurde als Kundschafter zu ihnen voraus-
geschickt; am fünften Tage kam er zurück; er hatte nicht gewagt,
sein Schilf zu verlassen, und daher wenig gesehen. ") Indes»
führte Cäsar sein Heer nach dem Lande der Moriner, wo sich
auch die Flotte sammelte, weil man hier (in der Gegend von
Boulogne) der Insel am nächsten war. '^) Bald erschienen
Abgeordnete aus Britannien, Geissein zu versprechen, da man
6) Caes. 4, 20. Diod. Sic. 5, 22. Strabo 4, 190. 7) Snefon. 47.
vgl. Tacit. Agric. 12. 8) Caes. 2, 4. 9) Ders. 4, 21. Unten
§. 26. A. 36 u. }. 30. A. 8. 10) Caes. 2, 14. Obeu J. 20. 11) Caes.
3, 8. 9. Obea §. 22. 12) Caes. 4, 21. 23. 13) Mehr sagt er
A, 21 über den Ort der Abfahrt nicht, nnd es ist keineswegs erwiesen,
dass er jetzt wie im folgenden Jahre seine Seemacht im portns Iccins
insammenzog; vielmehr ergiebt sich das Gegentheil; er wählte den Hafen
später, weil er in Erfahrnng gebracht hatte, dass die Ueherfahrt von hier
nach der Insel die bequemste sei; (Caes. 5, 2. S) vorher war es ihm
also niibckannt, auch suchte er anfangs den kürzesten Weg. Strabo
4, 199 lässt ihn freilich vom p. Jccius in der Nacht abgehen und am andern
Tage nm die Tierto Stunde liritannien erreichen, mithin anf der ersten
Fährt; (Caes. 4, 23) er verwechselt diese aber mit der zweiten, denn
sichtbar schöpfte er seine Nachricht aus Cäsars Schriften, nnd diese be-
rechtigen nun oben zu einer solchen Annahme nicht. S. nnteii f. 26. A. 27.
XXI. lüLII. (31. §.25.) 295
durch Raiifleiite den Zweck seiner Rüs'ung'en erfaLren Latte.
Ev bezeugte ihnen seine Zufriedenheit, und gab Ihnen Comniius,
welcher ihm die Ronigswiirde unter den Atrebaleii verdankte,
zum Begleiter, die Völker in ihren guten Gesinnungen zu be-
starken, uud ihnen anzukündigen, dass er sogleich folgen werde. '')
Auch unterwarf sich ihm der grösste Theil der Moriner; um so
erwünschter, weil es ihm den Rücken sicherte. ' ') Doch blieben
Titurius Sabinus und L. C'otta mit eiuer bedeutenden Blacht
zurück, um sie und die Menapier zn beobachten; ' ^) den Hafen
bewachte P. Sulpicius Rufus. Achtzig LastschiiFe sollten zwei
L.egionen übersetzen, die siebente und die zehnte, ") und acht-
zehn, welche ungünstige Winde in einem andern Hafen fest-
hielten, die Reuterei; die Kriegsschiffe wurden unter verschiedene
Anführer vertheilt.
Um die dritte Nachtwache gieng die Flotte in See und um
die vierte römische Stunde langte sie bei Britannien an. Sie fand
ein steiles Gestade mit Feinden bedeckt und fuhr deshalb weiter
nach einer flacheren Gegend; jene aber folgten am Lande, Reu-
terei und Streitwagen, welchen bald auch das Fussvolk nachkam.
Die römischen Fahrzeuge waren zu gross, um nahe heran zu
gehen, und die Soldaten zeigten nicht die gewohnte Entschlossen-
lieit, da sie mit den schweren Waffen ins Wasser springen uud
zugleich mit den Wellen und mit den Barbaren kämpfen sollten.
Deshalb schickte Cäsar Kriegsschiffe mit Wurfmaschinen in die
rechte Flanke der Feinde, welche hier nicht vom Schilde ge-
schützt wurden und etwas zurückwichen. Dennoch zögerten die
Römer, sich einem Meere anzuvertrauen , dessen Tiefe sie nicht
kannten, bis der Adler- Träger der zehnten Legion sich hinab-
stürzte , und sein Beispiel uud sein begeisternder Zuruf die
Nächsten, und durch ihren Vorgang auch die Uebrigen ans der
Erstarrung weckte. Ein Schilf nach dem andern wurde Ton
seiner Mannschaft verlassen; sie bildete aber einen verworrenen
Haufen; der ungleiclie Meeresgrund erlaubte ihr nicht, festen
Fass zu fassen, und >ou dei- Küste herab ergoss sich elu Regen
14) Caes. 4, 21. 27. Vgl. 6, ü. 1>) Ders. 4, 22. 37. Dio39, 51.
Obeu §. 22 Ca. u. Li« A. lü. 10) Cuci. 4, 22. 38. 17) Ueri.
4, 22. 25. 32.
296 XXL lULII. (31. §.25.)
von Pfeilen, wälirend die britanniscben Renter die ilinen woLI
bekannten Untiefen benutzten, und in den aufgelös'ten Gliedern
Einzelne in grosser Anzalil umringten. Cäsar bemannte alle
Boote, den Bedrängten Hülfe zu senden, und nach einem laugen,
blutigen Gefechte erreichten die Römer endlich das Land, wo sie
sich ordnen und den Feind zurückwerfen konnten, ohne ihn
jedoch weit zu verfolgen, weil die Reuterei noch nicht angekommen
war. Sogleich gelobten die Britannier, die Herrschaft Roms
anzuerkennen; sie entliessen Commins, welcher in Fesseln gelegt
war, nach ihrer Versicherung das Werk der unverständigen
Menge, und Cäsar rügte es nur, dass sie Friedensgesandte nach
dem Festlande geschickt, und — ihn dann ohne ürsach bekriegt
Laben; er erhielt Geissein, andere, welche nicht zur Stelle waren,
solllen in Kurzem bei ihm eintreffen.
Ulm blieb aber auch nicht einmal der Schein einer Eroberung.
Seine Reuter waren vier Tage nach ihm von Gallien abgegangen,
und nicht mehr weit von ihm entfernt, als plötzlich in der Nacht
ein Sturm ihre achtzelin Schiffe zerstreute, und auch Cäsars Flotte
an und auf der britannischen Rüste stark beschädigte. Das Heer
war bestürzt; man sah sich abgeschnitten, ohne Reuter, ohne
Schiffe und ohne Vorräthe für den Winter; um frei zu werden,
durfte der Feind nur die Kälte und den Hunger wirken lassen,
und diess wurde beschlossen; der Proconsul sollte als ein Aben-
teurer, als ein Oi)fer seiner Unbesonnenheit endigen. Es gelang
ihm, das Schicksal zu entwaffnen. Die zwölf Schiffe, deren
Herstellung olmeLin unmöglich war, gaben Holz und Eisen zur
Ausbesserung der übrigen , der Soldat legte Hand an , und man
hatte wieder eine Flotte. Diess schien die Britannier irre zu
machen; sie räumten die Umgegend nicht, und zeigten sich im
Lager; nichts deutete auf feindliche Absichten; die Entfernung
des Wohnortes entschuldigte es, dass ihre Geissein vergebens er-
wartet wurden. Aber sie täuschten. Sie verbargen sich in einer
Wacht in der Nähe des Feldes, welches allein noch seine Früchte
hatte, in einem Walde, und überfielen am andern Tage die
siebente Legion, als sie sich mit der Erndte beschäftigte. Grosse
Staubvs'irbcl verriethen Cäsar, was sich ereignete; er eilte mi*
den Cohorten, ^velche die Wache hatten, herbei; zwei sollten
diese ersetzen, und die anderen ihm folgen. Schon aus der Ferne
XXI. rULU. (31. §.25.) 297
bemerkte er , dasa die Seinigen in einen Knäuel zusammen
gedrängt waren, und, Ton allen Seiten angegriffen, kaum melir
\viderstanden. Die grösste GefaLr droLle von den Streitwagen,
iu deren Gebrauche die Barbaren eine besondre Fertigkeit be-
sessen ; sie omschwärinten mit iLnen die Linien, bis sie Geleg'en-
Leit fanden, Lineinzudringen, dann sprangen sie Linab und focLteii
zu Fuss ; doch blieben die Wagen in der JNälie, sie aufzunehmen,
und dem Feinde schnell zu entrücken, wenn dieser ihnen über-
legen war. ' *) Jetzt gaben sie ihre Vortheile auf, als die Legion
verstärkt wurde. Ungeregelte Schaaren schreckt jedes Unerwartete
weit mehr als andre, weil es bei ihnen für einen solchen Fall
keinen Rückhalt giebt, und diess Bewusstsein sie befangen macht;
sonst würden die Eritannier sich getheilt und die heranziehenden
C'ohorten, welche nun mit ihren geretteten Gefährten in das Lager
zurückkehrten, einzeln aufgerieben haben. Eben so wenig sahen
sie ein, wie schwierig es war, die Römer in ihren Verschan-
zungen oder in deren Nähe zu besiegen; sie dachten nur an ihre
Uebermacht, an Beute nnd Freiheit, nnd erschienen vor dem
Lager. Cäsar empfieng sie ausserhalb seiner Linien nnd schlug
sie um so leichter, da eine solche Kühnheit wieder nicht in ihrer
Berechnung lag. Noch an demselben Tage baten sie ihn nm
Frieden, und er forderte die doppelte Zahl von Geissein, welche
man ihm nach Gallien schicken sollte, obgleich er nichts erobert
hatte, als den Boden, auf welchem er stand, und aus Furcht vor
einem Angriffe während der Einschiffung die Insel um Älitter-
nacht verliess. Der ^^'ind war günstig', und ohne Verlust er-
reichte er die belgische Küste.
Zwei Lastschiffe wurden indess durch die Strömung von den
Landungsplätzen der übrigen abgetrieben, nnd die 300 Mann,
welche sie aussetzten, von etwa 6000 Morinern angegriffen. Auf
diese Nachricht entsandte Cäsar seine ganze Renterei, bei deren
Anblicke die Feinde entflohen. Da ihre Sümpfe ausgetrocknet
waren, so konnten sie sich nirgends verbergen, als T. Labienus
mit der siebenten und zehnten Legion ihr Gebiet verwüstete. ' '■')
18) Caes. 4, 33. nio 39, SI. Obne Zweifel hatten Jie M'agen ancli
Sicheln. Vgl. Fronlin. sttat, 2, 3. {. 17 n. 18. 19) Caes. 4, 36. 37.
Oben A. lö.
298 ' XXI. IDLII. (31. §.26.)
Dasselbe ScLIcksal traf durch Titarius Sabiniis und Cotta die
Menapier, in deren Wälder jene jedoch nicht einzndring-en ver-
mochten. Alan endigte also wie im vorig-en Jahre. ^°) Die
Leg-ionen bezog-en die Winterquartiere in Belgien , um die Ein-
>vohner zn zügeln , und zu einem zweiten Unternehmen gegen
Britannien in Bereitschaft zn sein. Sie sollten die beschädigten
Schilfe ausbessern und neue erbauen , und zwar niedriger und
breiter, als sie im mittelländischen Meere zn sein pflegten.^')
Ohne Zweifel verdankte es Cäsar dieser drohenden Stellung, dass
wenigstens zwei britannische Ortschaften Geissein schickten.
Seinen Bericht an den Senat kennen wir nicht, es ist aber
vorauszusetzen , dass er noch günstiger lautete , als seine Denk-
würdigkeiten, in welchen er bemerkt, man habe ihm ein zwanzig-
lägiges Siegsfest beschlossen, fünf Tage mehr, als im J. 57,^^)
ohne zn erwähnen, dass M. Cato nicht nnr dagegen stimmte,
sondern auch auf seine Auslieferung an die arglistig getäuschten
Usipeter und Tenchtherer antrug,*^) damit der Fluch der Treu-
losigkeit von Rom abgewendet werde. ^ ') Durch die Anordnungen
in den Winterlagern wurde er so lange beschäftigt, dass er erst
im Anfange des folgenden Jahrs nach Italien gieng. ^*)
§ 26.
a. 54. Er hielt hier die gewöhnlichen Gerichtstage, «nd
begab sich dann anch nach Illyrien, welches die Piriisten ge-
plündert hatten. Seine Rüstungen bewogen sie. Geissein zu
Stelleu , und die Beraubten zu entschädigen. ' ^) Im jenseitigen
Gallien, fand er bei seiner Rückkehr 600 Last- und 28 Kriegs-
schiffe fast segelfertig. Zu ihrem Sammelplatze bestimmte er den
Hafen Iccins , da er jetzt wnsste , dass man \oii diesem Orte am
bequemsten nach Britannien übersetze, von welchem er etwa
30,000 Schritte entfernt war. -')
20) Oben §. 22. 21) Caes. S, 1, Dio 40, 1. 22) Caes. 4, 38.
Pio 39, 53. Sueton. 24 f.n. Oben §. 20. A. 3t. 23) Oben Ä. 91.
24) rillt. Caes. 22. Cato 51. App. lib, 4 G.iU. Exe, XVI de leg. Siiel. 24.
25) Caes. 5, 1. 26) Ders. 1. c. 27) Uers. S, 2. 5. Siralio 4, 199
320 Stadien oder 40,000 .Schrille. Rcr Hafen lag in deir Nähe TOn Bou-
lognc, wclclies nach der iiciitiiig, Tafel spiilci- üossoriucuiu und danu
XXI. lüLU. (31. §.26.) 299
Um sich für die Zeit seiner AbwesenLeit zu sichern, fuJirte
er vier Legionen und 800 Reuter geg^en die Trevirer, ein nach
seiner Abkunft germanisches Volk zwischen dem Rhein' und der
Maas, welches seine Befehle verachtete. Er fürchtete, dass sie
sich mit Hülfe ihrer Stammgenossen nnd im Vertrauen auf ihre
eigene zahlreiche Reuterei empören werden, wenn er die Provinz
verlasse, nnd wünschte so schnell als möglich zu endigen. Ihre
Grossen erleichterten es. Induciomarus wollte als Befreier durch
die Germanier sein Volk, und dann durch sein Volk ganz Gallien
unterjochen,^') und unter den Nebenbuhlern besonders Cingetorix,
sein Schwiegersohn, lieber den Fremden als ihm gehorchen. ^^')
Dieser gieng Cäsar entgegen, und versicherte ihn seiner Treue;
Andere folgten, und Induciomarus, welcher die Wehrhaften schon
zusammen gezogen und die Uebrigen in die Ardennen geschickt
hatte, sachte sich nun durch das Vorgeben zu rechtfertigen, dass
er unter der Menge Ruhe und Ordnung erhalten und sich nur
deshalb noch nicht eingefunden habe. Alan glaubte ihm , und er
kam mit 200 Geissein, wie ihm geboten war. Es fehlte an
IMiisse , sich mit ihm zu beschäftigen ; aber auch er erwartete
nur andere Zeiten, zomal da der Proconsifl sich selbst für Cin-
getorix um die Gunst der vornehmen Trevirer bewarb.
Obgleich die Meuterei unterdrückt war, so beschied Cäsar
doch nun um so mehr die Angesehensten der Provinz bis auf
einige Unverdächtige nach dem Hafen Iccius. Sie sollten an
seinem zweiten Feldzuge gegen Britannien Theil nehmen, ^ ")
Bonooia hiess. Mau hat ihn anch in anderen Städten gesncht, in Caletum,
(Calais) in Wit-sand odpr Wissan und sonst. Für das Letzte erklärt sich
d'An-ville. (Sur le portns Itius in den Mem. de l'Acad. d. Inscr. T. XXVIIL
J). 397.) Er baut zu sehr auf die doch immer unsicheren Angaben der
Alten über die Entfernungen, und übersieht, dass Strabo den ersten Feldzng
mit dem zweiten verwechselt; (oben J. 25. A. 13) auch nimmt er an,
Cäsar habe anf der zweiten Fahrt den kürzesten Weg gewählt. Mehrere
Gelehrte, welche sich mit diesem Gegenstände beschäftigt haben, erwähnen
Cellar. Ijb. 2 c. 3. p. 376 f. und P. J. B, in seinem Memoire sur les
campagnes de Cdsar dans la Belgiciue, piiblie par Ronlez p. 3. 28) Caes.
5, 3. 26. 55. 29j Ders. 5, 3 56. Unten §. 27. A. 75. 30) Caes.
iS, 5 — 23. Liv. 105: Aliquam partem insulae in poloslatora redegil. Es
kann also nicht befremden , wenn die Späteren noch weiter gehen. Cic.
ad Qu. fr. 2, 15. 2, 16. §. i. 3, 1. J. 3: De Brilannicis rebus cognovi
300 XXI. lULIL (31. §.26.)
eine Massregel, deren Zweck ihnen nicht enfg'ieng-, am wenigsten
Diimnorix, dem Aeduer, welcher früher mit den Helvetiern sieb
verbunden hatte. ^ ') Wie Inducioinarus erbilterte ihn niclit bloss
Bein Veihältniss zu den Römern , sondern auch die Vereitehmg-
seiner ehrgeizigen Entwürfe. Er bat anfangs unter diesem und
jenem Vor^vande, ihn zurückzulassen; dann sagte er den Grossen,
man habe ihren Tod beschlossen, und werde in Britannien aus-
führen, was man in Gallien nicht wage. Cäsar wurde durch
seine Zuträger davon unterrichtet, mochte aber gegen den ge-
achteten Häuptling nicht einschreiten, bis er dessen Schuld be-
weisen konnte. Unter diesen Umständen war es ihm besonders
unangenehm, dass der Nordwestwind ihn 25 Tage am Auslaufen
hinderte. Als er sich endlich einschiifte, und Dumnorix mit
seinen Aeduern entwich, befahl er der Reuterei, ihn zu ver-
folgen , und ihn todt oder lebend zurückzubringen. Jener ver-
iheidigte sich, aber er allein; der Zuruf an die Seinigen: er sei
ein freier Bürger eines freien Staats, fand kein Gehör, und er
wurde erschlagen. Die Aeduer kamen wieder in das römische
Lager. Bei dem Allen war es ungewiss, ob die Ruhe von
Dauer sein werde; deshalb blieb T, Labienus, der bewährteste
unter den Legaten, mit drei Legionen' und 2000 Reutern auf
dem Festlande, die Gallier zu beobachten, die Hafen zu bewachen
und für Vorräthe zu sorgen.
Cäsar gieng mit fünf Legionen und 2000 Reutern , welche
wie jene in der Provinz ausgehoben waren, am Abend unter
Segel. Er wurde bei zu schwachem Winde seitwärts gelrieben,
und hatte bei Tagesanbruch Britannien zur Linken ; nur mit
ex tnis literis nihil esse, nee qnod metnamas, nee qnod gandeamns. ad Att.
4, 15. §. 8. 4, 16. §.8: Constat aditiis iusulae essc^ munitos uiirilicis
jnolibus. Eliaiu illud iani coguitum est, neqne argenti scripiüum esse nllum
in illa insnla, neqiie nilam speni prnedae, nisi 'ex uiancipiis ; ex qulljus
nnllos jinto te literis ant miisicis erudilos exspectare. 4, 1 7. §. 3. ad Farn.
7, 6 : In Urilannia, ne ab essedariis decipiaiis, raveto. (ad Trcbal.) 7,7:
In Uritannia nihil esse audio neqne anri neqne argenti. 7, 17. Vellej.
2, 47. 5. 1. Senec. cons. ad Marc. 14. Snelon. 25. Flor. ^^, 10. §. 18:
Itritannos Calidonias scqnntns in silvos. Eiitrop. 6, 17 (14): Uritannos
slipendiarios lecit. Eben so Sex. Hufiis. »)ros. <i, 9. Itio 40, 1 f. Tliil.
Caes. 23. vgl. 16. Strabo 4, 199. 200. App. üb. 4 GaU. iiu. l'ol)ai.u.
stral. », 23. §. 5. 31) Ulic« 5- 18. A. 04 u, 4.
XXI. lULII. (31. §.26.) 301
Hülfe der RaJer konnte er clen Ort au der Rüste erreicLen, vro
er anzulegen gedacLte nud um Blittaj eintraf,^') Die Feinde
zogen sich bei dem Anblicke von mehr als 800 Schiffen zurück;
man mnsste sie aber angreifen, ehe sie sich verstärkten, und
schon in der folgenden Nacht setzte sich das Heer in Bewegung.
Es fand sie in einer Entfernung von 12,000 Schrillen in einer
oflenbar zum voraas gevN'ählten Gegend hinter einem kleinen
Flusse auf waldigen Höhen, deren Zugänge durch Verhaue ge-
sperrt waren; dennoch gelang es der siebenten Legion, sie zu
vertreiben. Am audern Tage ■wollte man weiter vordringen, aU
aus dem Lager die Nachricht eiogieng, ein heftiger Sturm habe
in der Nacht die Schiffe von den Ankern losgerissen und gegen
einander geworfen. Die Verfolgung wurde eingestellt. Cäsar
zählte vierzig zertrümmerte Schiffe; die übrigen Hess er an das
Land ziehen und innerhalb der Verschanzungen ausbessern ; aach
befahl er Labienu», neue zu erbauen. Nach zehn Tagen rückte
er wieder Ins Feld. Die Britannier hatten indess eine grosse
Kriegsmacht gesammelt, und Cassivellaunus zum Anführer ge-
wählt, welcher jenseits des Flusses Tamesis (Themse) herrschte,
und als ein eroberungssüchtiger und entschlossener Fürst seinen
Nachbaren bisher sehr gefährlich gewesen war. Auch jetzt
standen sie am Abhänge vor einem ^Valde, in welchen sie nach
einigem Geplänkel zurückwichen, aber nur, um die Römer un-
erwartet anzugreifen, als sie ihr Lager aufschlugen. Blit einer
nngemeinen Kühnheit und Schnelligkeit durchbrachen sie mit
ihren Streitwagen die Cohorten, welche sich ihnen entgegen
warfen. Ihre Art zu kämpfen war ein unaufhörlicher ^^ echsel
von Vorrücken und Flucht, wobei die Ermüdeten siels durch
Andere ersetzt wurden und jeder einzeln focht. Mit Massen
konnte man ihnen daher nicht beikommen, und wenn die Co-
horten oder Reuter- Schaaren sich auf lös'len , so wurden die
Soldaten von den Wagen umringt, deren Mannschaft hinabsprang
nnd überall die stärkere war. Doch gelang es endlich sich ihrer
zu erwehren. Entweder hier oder bei einer andern Gelegenheit
rettete ein Legionär zwei seiner Oberen, welche in einen Bruch
32) Nach Dio 40, 1 vfar er hier ancli aoi der ersten Fahrt gelandet;
er sagt es nicht, es ist aber vrahrscheiolich.
302 XXI. lULII. (31. §.26.)
genetLen und vom Feinde hart gedrängt wurden. Cä'gar, vor
dessen Aiigen es geschah, bezeugte Uim seinen Dank nnd seine
Bewunderung; er aber bat weinend und auf den Knien oni
Gnade, weil er den Schild nicht zurückgebracht hafte. Die Zeit
dieser Handlung ist gleichgültig ; sie bezeichnet den Feldherrn
und sein Heer. ' *)
Schon am folgenden Tage überfielen die Britannier C. Tre-
bonins, als er mit drei Legionen und der ganzen Keuterei ent-
sandt war, Getraide und Futter zu holen; sie erlitten einen be-
deutenden Verlust, besonders durch die Renter, welche bei einem
sichern Rücklialt' so schnell vordrangen , dass ihnen nicht Zeit
blieb , die Wagen zu verlassen. Seitdem hatte man nicht wieder
einen so harten Kampf zu bestehen , da der grö'sste Theil ihrer
Hülfsvö'lker sich zerstreute. Die Uebrigen empfingen Cäsar an
der Themse, dessen Bette und nördliches Ufer sie mit spitzen
Pfählen verwahrten, ohne ihre Absicht zu erreichen; denn er
gieng' dennoch durch die Fuhrt nnd vertrieb sie. ^ *) Durch diese
ErfEihrungen wurde Cassivellauuus belehrt, dass sein Gegner ihm
in ofi'ener Feldschlacht stets überlegen sein werde; er entliess
seine Truppen bis auf 4000 nnd deren Wagen, mit welchen er
die Römer an unzugänglichen und waldigen Orten beobachtete,
Menschen und Thiere von den Wegen, welche sie einschlugen,
entfernte, und die Reuter anfiel, wenn sie Weide suchten; nur
in Reihe nnd Glied war man vor ihm gesichert. Sein Verfahren
liess den besten Erfolg hofien ; man durfte nur dabei beharren
und einig bleiben. Es führte aber langsam zum Siege; die Rö-
mer gewannen immer mehr Boden, und als man dem Feldherm
nicht mehr vertraute, regte sich der Hass und die Eifersucht;
man wollte durch den neuen Feind, wenn mau ihm nun einmal
nicht widerstehen konnte, sich am alten rächen. Die Trinoban-
ten, einer der mächtigsten Stämme nördlich von der Themse, ba-
ten Cäsa^, ihnen Maiidubratius, den Sohn ihres Königs zu schicken,
welcher sich zu iiim auf das feste Land begeben halte, als sein
Vater von Cassivellauuus getödtet war. Ihr Wunsch wurde er-
33) rint. Caes. 16. 34) Nach Polyaen. slrat. 8, 23. §. 5 bewiiklp
diess die Fnrcht vor dem Elephaaten der Römer, welchen ausser ihm nie-
mand ervrähnt.
XXI. lüLII. (31. §.26.) 303
füllt, wogegen sie sich unterwarfen und Getraide lieferten. Das-
selbe geschah nach ihrem Vorgange von Anderen, und da es nun
in den Wäldern und Sümpfen nicht afi Führern fehlte, so nah-
men die Römer nach geringem Widerstände den Hauptort des
fassirellaunus, wo sie sich ganzer Heerden bemächtigten. Auch
dieser Verrath eutmiilhigte den britannischen Fürsten nicht. Er
gebot den vier Häuptlingen in Cantium (Kent), südlich von der
Themse, ^ *) das römische Lager an der Küste zu erobern. Bald
meldete man ihm, dass der Versuch uisslungen sei, und nun un-
lerhandelte er durch den Atrebaten Commius. ^ ^) Cäsar verlangte
\ ou Britannien eine jährliche Abgabe und von ihm insbesondre,
dass er sich nicht an den Trinobanten rächte und Gcisseln stellte.")
Beide Theile wussten diese Unlerv^erfung zu würdigen ; der Sie-
ger woUte dadurch seiner Behauptung Glauben verschaffen, dass
er die Insel erobert habe, weshalb er auch die Gefangenen und
Geissein mit sich nahm, obgleich er voraussah , dass er nie Tribut
erhalten werde; der Besiegte beschleunigte Cäsars Abzug, an wel-
chen ohnehin die Jahrszeit mahnte, und ohne Zweifel war die
ihm untersagte Bestrafung des Abfalls sein erstes Geschäft.
Um auf der Flotte mehr Raum zu haben, schiffte sich das
römische Heer in zwei Abtheilungen ein. Aber die Fahrzeuge
der ersten, welche mit den 60 von Labienus neu erbauten leer
Zurückkamen , warfen widrige Winde bis auf wenige wieder an
die gallische Rüste. Cäsar mochte sich nicht den Stürmen der
Herbst- Nachtgleiche aussetzen; nach einigem Zögern gieng er in
See; sie war vollkommen ruhig-, und auch übrigens traf ihn kein
Unfall. ' ä)
35) Caes. 5, 13. 22. 36) Oben §. 25. A. 9. 37) Cic. ad All.
4, 17. §.3 — confecta BritannJa, obsidibiis acceptis, nnUa praeda, ira-
perata tarnen pecnnia. 38) Er schrieb aiu 1. Sept. nacli der nnbericl«-
tigten Jahrform ans Britannien an Cicero, vrelcher diesen liiief am 28,
desselben Alonats erhiett, ad (^n, fr. 3 , 1 Cn. nnd dann, als er im ße-
grilT irar, die Insel zu verlassen, am 26. Sept. ad All. 4, 17. J. 3. „Dioss
stimmt mit Cäsars Angabe, (5, 23) dass er sein Heer gegen d. Aequinocliun
ans Britannien zurückgezogen habe, ganz gnt iiberein. Penn der 26. Sept.
entsprach damals dem 31. Julian. Angnsl, und d. Herbst - AeqiuuociiMm lr.i(
anf den 25, jolian. Sept." Ideler Uaudb, d, Chronol. 2, 116.
304 XXI. lULII. {31. §.27.)
§ 27.
(a. 54.) Er pflegte j«LrIich die Grossen der Provinz zu ver-
sammelu uud dadurch iLrea Gehorsam zu erproben; es geschah
auch jetzt zu Sainarobriva, (an der Samara, Sorame; Amiens)^")
ehe er den Legionen die Winterquartiere anwies. In Folge einer
Misserndte legte er sie weit aus einander. Eine führte der Le-
gat C. Fabins zu den Morinern (Picardie, zwischen der Lys und
Boulogne). * °) Eine andre Q. Cicero, der Bruder des Redners,
zu den Neryiern (am Flusse Sabis, Sambre, in Hennegau.)")
Eine dritte, und zwar die dreizehnte,*-) L. Roscius zu den Es-
suern, (in der Normandie) in deren Lande man am wenigsten
Unruhen fürchtete. * ^) Eine vierte T. Labienus zn den Remern,
(Rheims zwisclien der Matrona und Axona, Marne und Aisne)
so dass er an der Gräuze der verdächtigen Trevirer lagerte,**)
etwa 60,000 Schritte von Cicero,*^) und weiter als dieser von
den Legaten im Lande der Eburonen entfernt, nämlich etwas
mehr als 50,000 Schritte.*^) Die Legion, welche zulezt jenseits
des Padus ausgehoben war, gieng nebst fünf Cohorten mit Q. Ti-
turius Sabinns uud L. Aurunculejus Cotta zu den Eburonen.
(Zwischen der Blaas und dem Rheine.)*') Die noch übrigen
drei Legionen sollten unter den Befehlen des Quästor M. Cras-
39) Caes. 5, 24. 47. 53. Cic, ad Fam. 7, 11. 12. 16. Vgl. Samaro-
briva ou Examen d'iiiie qnestion de Geographie ancienne par M. de C...
Amiens 1832. Die Gründe, welche den Vf. d. Recherches sur Samar. in
d. mehrmals erwähnten Memoire sur les camp, de Cesar p. 76 bestimmen,
von d. gewöhnlichen Meinung abzugehen, und den Ort, später Ambiani
genannt, nicht als ll.inptort der Ambianer in Belgien in Amiens oder doch
in dessen Nähe, sondern in Canibrai zu suchen, befriedigen nicht, Dass
briva Brücke bedeutet, ist freilich nicht verbürgt. 40) Caes. 5, 24. 46.
41) Ders. 5, 24. 27. 38 f. Cicero schrieb im November: Ubi isli sini
Nervii, et quam longe absint, nescio. ad Qu. fr. 3, 8. §. 2. 42) Caes.
S, 53. 43) Dprs. 5, 24; er erzählt c. 53, die Armoriker, wie man
die Völker dieser Küste im Allgemeinen nannte, haben Roscius mit e. An-
griffe bedroht; der Legat stand also im nürdlicheii Gallien, und wenn die
Lesart in Essuos nngewiss ist, so ist die von Mehreren vorgesclilagene in
Aeduos entschieden falsch. 44) Ders. S, 24. Dio 40, 11. 45) Caes.
5, 53. 46) Ders. 5, 27 flu. Labienus wollte im Winter nach Rom rei-
sen, welches der Aufstand in Gallien verhinderte. Cic. od Qu, fr. 3, 8.
47) Caes. 5, 24. 26. Nach Aduatuca, Unten §. 30. A. 22.
XXI. lULII. (31. §.27.) 305
sus, und der Legafen C. Treboniiis und L, Munatlns Plancns,
welcher jedocL bald zu den C'armifen gescLickt wurde,'*') im
westlicLen Belgien überwintern.''^) Alle diese Lag'er befanden
sich bis auf die Slellung des Koscius innerLaib eines Umkr-eises
von 100,000 Schritten; '") man konnte sich abreichen, ohne sich
den Unterhalt zu erschweren , und doch machte man die Erfah-
rung', dass die besten Bereclmung-en eines g-rossen Feldherrn oft
trügen.
Cäsar war noch im jenseitigen Gallien, als man ihm mel-
dete , die Carnuten (zwischen der .Seine und Loire, in Orleanols,
Vendomois und Beauce) haben Tasgetius erschlagen, welcher ans
ihrem fürstlichen Geschlechte stammte, und weg;en seiner Treue
vor drei Jahren von ihm zu ihrem Könige ernannt war. ^')
Ohne zu ahnden, dass diess nur ein Vorsj)iel zu grösseren Be-
wegungen sei, schickte er L. Plancus in ihr Land, an welchen
die Schuldigen ausgeliefert wurden. Dann entfernte er sich Ton
seinen Truppen, da sie nun alle ihren Bestimmungsort erreicht
Latten, um über die Alpen zu gehen. ^ -) Er war aber nocl»
nicht in Italien angelangt, als die Empörung der Gallier ihn zu-
rückrief. '^)
luduciomarus, der Trevirer, Latte sich vor dem britanni-
schen Kriege gegen ihn aufgelehnt. Er war nicht bestraft aber
gedemiithigt, und die Züchtigung, wie er glaubte, nur vei*scho-
ben. *'') Umstrickt und niedergebeugt zeigte er vorerst Anderen
das Ziel und den Weg; die Gallier waren einzeln unterjocht,
durch dieselbe Taclik mussle man sich befreien, uud wenn er
nur erst die niichslen Römer vernichtet und seine Bande gesprengt
Latte, so gedachte er als der Urheber des Unternehinens öffent-
lich aufzutreten, an der Stelle der Fremden zu gebieten, imJ
ihrem Anführer zu beweisen, dass er nur für ihn erobert, für
48) Dcrs. 5, 24. 23. 49) Ties in Belgio conlocaTit, Caes. S, 24,
erklärt durch c. 46: Caesar nuucium in liellevacos (Beaiivaiü iwischeii der
Soinnie u. d. Seine) ad M. Crassum quaostorem midil; aucli die Sendung
des riancus zu den siiiUicli von der .Seine n. also niclit fern T\olinendei»
CaniuCen deutet auf jene Gegend. 50) Caes. 5, 24. 51) Dcrs. 5, 23.
So halte er den Alrekateu Conimins (4, 21) n. den Senonen Cararinas auf-
ggdrangen. (5, 54.) 52) Ders. 2, 25. 29. 53) Dio 40, 5. 9. Plul.
Caes. 24. 54) Ohen f. 26 in.
fIrum.'Uin, Gescliichte Itoms III. 20
30r» XXI. lULII. (31. §.27.)
ihn die alten Ordnnngen aufgehoben und die Völker in Ver-
zweiflung gesliirzt habe. Man übereilte sich aber, und wohl
ohne seine Schuld. Fünfzehn Tage nach dem Abgange des rö-
mischen Feldherrn konnte man zu einer gleichzeitigen Erstiiraiung
seiner Lager noch nicht vorbereitet sein, und ein einseitiger,
wenn auch glücklicher Angriff machte das Uebel nur ärger.
Zu den Häuptlingen , mit welchen Indiiciomarus einverstan-
den war, gehörten die Eburonen Ainbiorix und Cativulcus, der
Letzte ein hochbejahrter Mann, *') Sie empiiengen Titurius und
C'otta, deren Untergang sie beschlossen hatten, als Freunde, und
versorgten sie mit Gelralde. Um so weniger entdeckte man ihre
geheimen Umtriebe , bis sie w^ohl gerüstet vor dem Lager er-
schienen. Ihr Versuch, es zu erobern, misslang, und nun lockten
sie die Legaten ins freie Feld. Ambiorix erölfnele den römi-
schen Abgeordneten, welche auf seinen Antrag zn ihm kamen:
er verdanke es Cäsar, dass er den Aduatnken, seinen JVachbaren,
nicht mehr Tribut und Geissein gebe; sein Volk habe ihn zu den
Feindseligkeiten gezwungen imd werde selbst wieder bei seiner
Unbedeutsamkeit durch den Willen der übrigen bestimmt, welche
sich geeinigt haben , in dieser Zeit alle römischen Lager anzu-
greifen ; in kurzem werden auch germanische Söldner sich einfin-
den; man möge sich daher zu Cicero und Labienus zurückzie-
hen;**) der Pflicht gegen Gallien habe er genügt,") Jetzt wolle
er auch der Pflicht der Dankbarkeit genügen; auf dem Wege
durch sein Land sei nichts zu fürchten, er verbürge sich dafür.")
55) Caes. 5, 24. 26. 6, 31. Liv. 106. Siieton. 25. 67: Clades Tifn-
i'iaiia. Flor. 3, 10. {. 7 u. 8 verwechselt die Zeiten; auch DolabeUa für
Labienns scheint eigner Irrthum zusein; anium ahlatnm für Aiaiinculeiiuu
Coitam kommt dagegen offenbar anf Rechnung der Abschreiber, und sollte
nicht mehr in den Text anfgenomnien Tverdcn, Kulrop. 6, 17 (14). Oros.
C, 10. Dio 40, 4 f. li.it nicht aus Ciisar geschöpft. Plut. Caes. 24. App.
2, 523. Polyaen. sirat. 8, 23. §. 23. 56) Diese waren nach dem Vo-
rigen jetzt auch schon eingeschlossen oder gefangen. 57) Er hatte die
llömer nach seinem Vorgelien nur gezwungen angefeindet. Nichts Unge-
reimteres als diese Rede, aber wohl unr dnrch Ciisars Zusätze, welcher
die Arglist dos Ebnronen u. die Verblendung des Titurius bemerklich ma-
chen wollte. 58) Nemo tantum feroces dixerit Gallo», fraudibus agunt.
Flor. 3, 10. §, 7. Die Eburonen waren aber germanischer Abkunft. CaeS.
2, 4.
XXI. lULII. (31. §.27.) 307
Nach diesen MiftLeiInngen Lielten die Legaten einen Krieg'sratli:
Cofla und meLrere Andere wollten ohne Cäsars BefeLI sich nicixt
entfernen; mau sei stark genug', sieb zu beLanpten , diess zeige
das letzte Gefecht; auch fehle es nicht an Lebensmitteln; auf die
Weisung des Feindes zn handeln sei schimpflicher Leichtsinn.
So dachte Cäsar, v^elther das Gutachten nur im Allgemeinen
kannte. Anders stimmte Tiluriiis: nicht dem Feinde gebe er Ge-
Lö'r, die Sache spreche selbst; der Angriff der Eburonen verrathe
einen mächtigen Rückhalt; Cäsar sei fern, auf Entsatz nicht za
rechnen; zu schwach, den vereinigten Galliern und Germaniern
zu widerstehen könne man sich nur durch einen schnellen Rück-
zog retten. Die Berathung endigte sich um Slitfernacht mit einem
Wortwechsel zwischen ihm und Colta, welcher sich zuletzt fügte.
Am andern Morgen erfolgte der Aufbruch, und ohne Vor-
kehrungen zum Kampfe in einem langen Zuge und mit ^^ele^l
Gepäck; innerhalb drei Tagen hoffte mau in westlicher Rich-
Jung das Lager Ciceros zu erreichen; es war 50,000 Schritte ent-
fernt aber unter allen das näcliste. ' *) Als der grösste Theil der
Römer etwa 2000 Schritte weit in einem Walde in ein Thal ge-
kommen ^var, stürzte sich der Feiud aus einem Hinterhalte zu-
gleich auf die Spitze und auf die Kachhut. Tituriiis zitterte;
Cotia blieb besonnen, weil die Ereignisse ihn nicht überraschten;
er befahl, das Gepäck aufzugeben, und einen Ivreis zu schliessen;
■wenn die Gallier plünderten, so konnte man sich leichter durch-
schlagen, Sie aber setzten den Angriff fort, ohne sich mit der Beute
zu befassen, und da sie im Handgemenge viele Blenschen verlo-
ren, so zog-en sie sich anf Ambiorix Anordnung schnell zurück,
wenn eine Cohorfe vordrang-, und verfolgten sie, wenn sie sich
wieder an den Heerhaiifen ansrhloss. Schon hatte man vom Mor-
gen bis zur achten römischen Stunde gefochten, und das Geschoss
der Gallier die Reihen ihrer Gegner gelichtet, als auch Colta mit
einer Schleuder im Gesichte verwundet wurde. Titurius liess den
feindlichen Feldherrn, von ■welchem er noch immer glaubte, dass
er gegen seinen Willen kämpfe, um Schonung bitten, und dieser
Terpfa'ndele sein Wort für seine persönliche Sicherheil; auch
Wollte er sich für die Truppen verwenden; man möge das Wei-
59) Cnes. S, 27. 30.
20^
308 • XXI. lULII. (31. §.27.)
tere mit ihm bespreclien. Abermals warnfe Colin; Tllnrius gieng
ihit seinem Gefolsje allein, und wurde wiilirend der absicliflich
Verlängerlen Unlerredinig- umringt und erschlagen. Die Barbaren
erhoben ein -wildes Geschrei, und iiberwälligten die Römer, wel-
che sich mutliij vertheidiglen, aber g-rössteniheils mit Cotta für
'den Wahn des andern Legaten mit dem Leben bilssten. Eine
Weine Schaar entfloh nach dem Lager, und tödtete sich hier, als
sie sich hier eingeschlossen sah; nur Einige gelangten auf grossen
Umwegen zu der Legion des Labienus.
•'' Was auch Ambiorix am meisten beschäftigen mochte, die
■Frende, dass nach diesem ersten Siege, nach einem so g-länzen-
■den Erfolge, welchen schon halbe Massreg-eln gehabt hatten, die
Befreiung des Vaterlandes nicht mehr unmöglich schien, oder die
Hoffnung, nun sellist sich der Beweg'ung' zu bemächtigen, und
Iriduciomarus in den Hintergrund zn schieben , er vernachlässigte
"nichts j sondern eilte zu den Wachbaren, den Aduafuken imd Ner-
'viern , und bald standen diese mit den von ihnen abhängigen
Völkern und den Eburonen vor dem Lager des Q. Cicero^ ^'')
■flm Lande der Nervier, südwestlich von Brüssel.^')) Er sollte
'erdrückt Werden , ehe er noch den Tod des Tilurius erfuhr; ein
■Sturm folgte dem andern, und sein Hülferuf drang nicht zu Cä-
sar hindurch, da die Wege besetzt waren. So auf sich selbst
angewiesen gab er seinen eben so braven Truppen ohnerachtet
Seiner wankenden Gesundheit das Beispiel eimr heldenmiilhigen
Vertheidigung; am Tage wurden die Angriffe der Belgier abge-
schlagen, und in der Nacht die Werke ergänzt und verstäikt.^^)
60) Caes. 5, 38 — 52. tiv. 106. Gros. 6, 10. D!o40,7. Plnt.
Caes. 24. App. lil). 4. G.ill. fin. Polyaea. strat. 8, 23. §. 6. 61) Zwi-
$cheu dieser Stadt n. Mons im Ilennegaii. Zu e. genauem Angabe fehlen
'die Naclirichten, obgleich in d. Mem. snr les campagnes de C&ar p. 4
Tgl. p. 22 versichert -wird, Cicero habe zu Castres gelagert, im Flamländi-
schen Kester, einem Dorfe zwischen Brüssel und Engliien , etwa 4^ lieues
von Nivelles. 62) 120 Thiirme konnte man JTrcilicIi in Einer Nacht nicht
erbauen, Caes. 5, 40, und eben so wenig bade man für sie die erforderliche
Mannschaft; ohne Zweifel fällt die überhicbeno Zahl unwissenden Ab-
schreibern zuv Last. Boesch Comment,ir S. 259 lies'l: zwanzig. Auch ist
nicht zu verkennen , dass Cicero die Gelcgonheit benutzte , Cäsar sicTi zu
Ter]>IIichieu , von dessen Gunst das Schicksal seines Hauses abzuhüngen
XXI. lULII. (31.5.27.) 309
^ iclleicht gelange es, auch diese Legion zu yerlocten. - Einige
iiiplliniie der IVervier, welche Cicero kannte, meldeten ihm bei
.^;ier Ziisammenknuft den Tod des Tilurius, und wiederLol(en,
\>as Ainbiorix früher im gleichen Falle gesag-t hatte, mit dem
JJeifiigen, sie wünschen nur, dass es nicht zur Gewohnheit werde,
iin \^ inter unter ihnen zu lag-ern , übrigens g-eslatte man ihm
gern freien Abzug-. Er verwies sie an Cäsar, und erbot sich,
ihr Gesuch zu unterstützen, wenn sie die ^Yaffen niederlegten.
.Sofort beg-ann die Belagerung-. Die Gefangenen und C0,000 Ar-
me ^^) ersetzten, was dem belgischen Heere an liinsitht und an
Geräthschaften fehlte , und Cicero sah sich bald von Wall und
Graben, von Thünuen und Slnrinda'chern umgeben, Zurüslungen,
bei deren Anblicke Cäsar später erstaunte.^') Am siebenten
Tage wurden die Hütten der Römer bei einem starken Winde
mit Brandpfeilen und glühenden Kugeln von Thon angezündet;
das ganze Lager schien in Flaninieu zu stehen , und dennoch
konnten die Feinde nicht hineindringen, weil der römische Sol-
dat, unbekümmert um Brand und Habe, sie mit kaltem Blute
enipfleng-. Die Besatzung eines Thurms wagte es nicht, auf den
A^ all hinüberzugehen , wo man sie dazu aulforderle und zu deaa
linde den Platz räumte. Zwei Centurionen hatten längst wellei-
fernd nach einem höhern Kange gestrebt; Pulfio stürzte wiihrend
des heftigsten Kampfes ans den Linien mit dem Zurufe au Va-
renus : dieser Tag werde über sie entscheiden; er wurde um"
ringt, ^ arenus machte ihn frei, und ihn rettete wieder Pulfio;
unverletzt kamen beide aus dem Getümmel zurück, ihr Streit
war nicht entschieden.
Ein solcher Geist belebte Cäsai-s Heer. Aber ein grosser
Theil war verwundet , und die Belgier ruhten uicht ; sie ermor-
deten die Boten, welche zu dem Proconsul geschickt wurden, vor
den Augen der Rpmer, bis endlich ein Sclav des Vertico, eines
im Lager gegenwärtigen und Cicero ergebenen IVerviers, sein
Ziel erreichte.''^) In derselben Stunde baschied Cäsar seineu
Scliien, und für "welchen er in diesem J.itire dringend eine Lobscbrifl von
seinem Bruder verlungle. .S. nnlen \. ^8. C3) C'.iPS. 5, 49. Hut.
C'aes. 2i. 04) C'acs. 5, S2. 65) Mo? ist nngewiss, .ibcr docli jcu-
seits Saiuarobriv.1 , (oben A. 39) denn bis zu «iic^iCui Orte war der l'rocon-
sul noch uicbt vorgedcuugen. Caes. 5, 47.
310 XXI. lULU, (31, §.27.)
Qnästor M. Crassiis zu sich, welcher 25,000 Schritte weit bei
den Bellovaken stand; ''^) C. Fabius'^') sollte von der Küste zu
den Atrebaten (Ai-tois) vorrücken, und ihn hier, erwarten , und
Labienus^') zu den Nerviern, wenn es ohne Gefahr geschehen
könne ; die übrigen Truppen waren zu fern. Er halle nur 40O
Keuler, als Crassus zu ihm sliess; die 20,000 Schrille, v^'elche
ihn von Samarobriva (Auiieus) trennten, wurden an Einem Tage
zurückgelegt. Hier befanden sich seine Geisselu und l'rkunden,
viel Gei);ick und alles für den Winter aufgespeicherte Getraide
unter dem Schutze einer Legion. Diese übergab er Crassus, wo-
gegen weiterhin Fabius sich mit ihm vereinigte , aber nicht La-
bienus, denn ihn umschwärmten die Trevirer unter ludiiciomarus.
Als Cäsar mit nur zwei ohnehin sehr geschwächten Legionen
die Gränzen der JVervier überschritten hatte, meldete er es Cicero
in einem in griechischer Sprache verfasslen Briefe, ''8) welcher
von einem gallischeu Reuter mit einem Spiesse ins Lager ge-
worfen, aber erst am dritten Tage bemerkt wurde. Bald konnte
er die erfreuliche JNachricht durch die Rauchsäulen der niederge-
brannten Ortschaften bestätigen. Nun aber wandten sich die
Feinde gegen ihn; er wurde durch einen Sclaven des Vertico,
welchen Sprache und Kleidung- des Landes unverdächtig machten,
von Cicero gewarnt, ohne seinen Eulschluss zu ändern, und nur
4000 Schrille war er vorgerückt, als er jenseits eines grossen
Thals, durch welches ein Bach iloss, die Belgier erblickte. Sein
Heer von 7000 Blann ohne Tross und Gepäck musste ihnen ver-
ächtlich sein; überdiess gab er dem Lager einen geringen Um-
fang, damit sie in ihrer Zuversicht um so gewisser und vor der
Ankunft ihrer Verstärkungen durch das Thal giengen und seine
Linien angrilfen. Doch zeigten sich anfangs nur ihre Reuter;
als aber die seinigen wichen , und die Cohorten mit ängstlicher
Eile die Werke erhöhten und zum Schein die Thore verrammel-
ten , folgten die Uebrigen. Sie fanden nicht einmal die Schanzen
besetzt, und begrüssteu den feigen Feind in seinem \ erst eck mit
einem Hagel von Pfeilen; Herolde verkündigten, bis zur drillen
Tagesstunde könne mau gefahrlos zu ihnen übergehen, dann nicht
66) Oben A. 49. 67) Oben A. 40. 68) A. 44. 69) Caes.
6, 48. Dio 40, 9. Obeu §. IS. A. 96.
XXI. lULII. (31. §.27.) 311
melir; zng;Ieich sah mau sie mit Jen Ilünden den Wall einreisseu
Hiid den Graben füllen. Slill und sc]ii;!i;fer(i^ Stauden die llöaier
im Innern; auf ein Zeichen öffneten sich die Thore; sie stiiizle«
Liuaus, die Reuter voran, und wie ein anfg-eja^tes V/ild eut/lo-
Len die Horden, und bedeckten das Feld rait ihren Leibern und
weggeworfenen ^^^aifen.
Um die neunte römische Stunde dieses Tages'") kam Cäsar
zu Cicero. Ilr musterte dessen Legion, in welcher nicht der
Zehnte ohne Wunden war, und dankte ihr und ihrem Fiilirer.
Am andern Blorgen benachrichtigte er sie von Jeui Schicksale
des Cotta und Titurius, welches der Unbesonnenheit des Letztem
zuzuschreiben sei; mau habe die gefallenen Brüder gerächt, und
nicht Ursach, sich länger dem Schmerze zu überlassen. So nährte
er iu seinen Ki-iegern auch im Unglück' ein stolzes Selh^lgefiihl,
die Uebcrzeugung, dass der römische Soldat nur durch elgenn
Schuld überwunden werden könne.'') Er schickte Fabius N\ie-
der zu den Älorinern, uud blieb die noch übrige Zeit des Win-
ters Tou drei Legionen umgeben in Samarobriva ; denn durch die
glänzende That des Ambiorix war ganz Ciallien aufgeregt ; Ge-
sandte giengeu hin und her, uud die Häuptlinge hielten au abge-
legeneu Orten näclilliche Zusamnieukiinfle. 3Iochle sein Sieg-
den lliickziig des Induciomarus bewirken, welclier am folgenden
Tage Labieuuf atte augreifen wollen, und L. Iioscius iL' i mel-
den,'-) dass nun auch die Völkerschaften iu Armorica, deren
Heer ihm schou nahe gewesen war, sich eulferut haben, so
luusste er doch slets ueue Bewegungen fürchten, auch als er die
Vornehmsten der Provinz zu sich entboten und ihnen unter ernst-
licher Verwarnung eröffnet hatte, dass er ihre Umtriebe kenne.' *)
Nur den Aeduern und Kemern durfte er verhauen, und auch
diesen nur, weil sie den übrigen Galliern für Verrälher galten
und Hache fürchteten. Die Senonen, (südlich von der Seine, mit
einem Hauptorte Agendicum , Sens) dcreu Ahnen Kom zerstört
Latten, vertrieben sogar ihren König Cavarinus, welclier seine
70) Caes. S, 53. 71) Uors. 5, 52. fllii dieser Uede liisst sicli die
Kacliricht bei Suet. 67 ii. roljaen. siial. 8, 23. J. 23 iiicbl vereinigen, er
habe nach der Niederlage des Titnrins Uanpl- u. Bnrlkaar wachsen las-
sen, bis sie gerächt sei. 72) Oben A. 4J. 73) Caes. 5, 53. 54.
Die Urheber erscbieueu iiicht.
312 XXI. lüLII. (31, §.27.)
Würde Cäsar verdankte ; sie entschuldigten sich zum Schein , als
aber ihr Senat vorgeladen wurde, erschien er nicht. ■'^'')
Bei dieser Gahrung- waren Aller Blicke auf Induciomarus
gerichtet. Er befand sich mit seinen Trevirern an der östlichen
Gränze des Landes ; dennoch suchten Verbannte und JMissver-
gniigte Schutz bei ihm, Privatpersonen und ganze Völker bewar-
ben sich um seine Gunst. Blan hatte sich von der ersten Betäu-
bung erholt, und das Joch war zu neu, um nicht zu schmerzen.
Gallien zahlte 40 Blillionen Sesterlien an jährlichem Tribut;")
Sommer und Winter mussle es die Legionen unterhalten ; ein
Gebiet nach dem andern wurde verwüstet; die Menge fühlte die
Knechtschaft, die Grossen erbitterte iiberdiess der Verlust ihrer
Einkünfte und ihres Ansehns : jener Häuptling sollte die Schmach
nnd da* Elend hinwegnehmen und die Unglücklichen sich selbst
wiedergeben ; die alten Zwistigkeiten wurden vergessen , man
kannte nur Einen Feind, und mit vereinigten Kräften wollte man
ihn zu Boden werfen. Ohne Zweifel sagte sich Induciomarus,
dass die Germanier, welche sich ohnehin weigerten, nochmals
in Gallien aufzutreten, ihm nicht helfen werden, wenn es sich
nicht selbst helfe; dass der günstige Augenblick vorüber sei, der
Proconsul, gewarnt und gerüstet, ihm zur Seite stehe und seine
Legionen jedes Unternehmen bewachen und erschweren; aber
nacLvdem Feldznge gegen Labjenus blieb ihm keine Wahl, und
auf der andern Seite war die Versuchung gross; die Völker ka-
men ihm entgegen, tausende von Armen trugen sich ihm an;
warum die Wechselfälle des Krieges scheuen, wenn nur im
Kriege Rettung möglich war?
Er berief die Trevirer zu einem bewaffneten Landtage nnd
ächtete hier den Verrälher Cingetorix; ' ^) dann sprach er von
seinen Verbindungen mit den Senonen, Carnuten und mehreren
Anderen, und von der Absicht, zu ihnen vorzudringen, zuvor
aber die Legion des Labienus aufzureiben, weiche ihm im Lande
der Kemer den Weg verlegte, "■) und diese Treulosen zu züch-
tigen. ' ') Der Legat erfahr diess durch Cingelorix, und glaubte,
73h) S. unten (. 30. A. 8. 74) Sneton. 23. Enirop. 6, 17 (l4).
nio 40, 43. 75) Uhen §. 2C. A. 29. 76) Obea A. 44. 77) Cacs.
5, S6. 6, 2. Dio 40, 11. 31. Flor. 3, 10. §• 8 wo stall Dolabella La-
biunns zu Irscn iät. Gros. 0, 10,
XXI. lULIL (3l.§.2S.) 313
dass er Cäsar» Beis<aniT entbebren könne und ein Aufgebot der
Reuter in der Umg-eg'end genüge. Früher als diese erscLien In-
tlucioniarus. Nach dem Beispiele seines Feklüerru stellte sich La-
bieuus verzagt; er sah die Pfeile der Feinde in seinen Verschan-
zungen niederfallen und vernahm ihre Herausforderung', ohne
sich zu regen, bis in einer Wacht die Reuter anlangten. Die
Trevirer bemerkten sie nicht, nnd zeigten sich am folgenden Tage
v\ieder^ Tor dem Lager; als sie sich gegen Abend^ zerstreuten,
brachen jene hervor ; sie hatten den Befehl, nur den Anführer za
suchen , auf dessen Kopf ein Preis gesetzt ^var ; so wurde er in
einer Fuhrt ereilt und getödtet, und sein Heer zersprengt. Diess
entmuthigte auch die Eburonen und Nervier, welche schon unter
den Waffen standen.
Dennoch blieb Cäsar im transalpinischen Gallien. D.^r Win-
ter-Feldzug hatte sein Heer geschwächt; er Hess daher durch
einige Legaten zwei Legionen im cisalpinischen ausheben, und
ersuchte Pompejus, ihm die Legion zu leihen, welche er im vo-
rigen Jahre als Consul in diesem Gallien geworben hatte und
nicht bedurfte, zumal da er die Vei-vsaltung seiner spanischen
Provinzen Anderen übertrug. Sein Wunsch wurde erfüllt, der
Nebenbuhler untei'stützte ihn, und ohne Genehmigung des Se-
uats,'*) wie sehr es auch- Catos Blissfallen erregte; '°) er zählte
jetzt zehn Legionen, ^'') mehr als zuvor, und die Gallier konn-
ten daraus ersehen, wie er bemerkt, dass Rom jeden Verlust
schnell zu ersetzen vermöge.
§ 28.
(a. 54.) Rom umsste diese Rüstungen zulassen, weil es sict
noch immer nicht mit sich selbst versöhnte. Pompejus hielt es
jetzt besonders für überflüssig, mit der Aristocratie einen Bund
zu errichten, da Crassus sich entfernt^') und das trebouische
Gesetz ihn auf fünf Jahr zum Procousul von Spanien ernannt
78) Caes. 6, 1. 32. B. G. 8, 54. Gros. 1. c. D!o 40, 65. §. 16.
A. 27. n. j. 36. A. 93. 79) Pliit. Cato 45. l'omp. 52. Caes. 25. 29
TFO z^vei Legionea genannt werden ; der Irrlhuin ist dadurcli enislanden,
dass Cäsar späcer zwei an roiupejus abgab. Oben §. 16. A. 6. 80) Oben
§. 16. A. 28, 81) Oben §, 24 fni.
314 XXI. lULn. (31. §.28.)
Latte;") er dünkte sicli gross zu sein, und träumte fort. Ein
Titel, eine Stellung-, -worin er mit Senats - und VolksbescLliisseu
die Legionen seines Nebenbuhlers in Gallien entwaffnen konnte,
die Dictafur also, -war sein Ziel.*') Cäsar Latte durch die Gunst
des Volks die Optimalen überwunden, er dagegen verschmähte
die Gunst der Optimaten , nm Cäsar zu überwinden. Seinem
Character treu wollte er durch die Gesetze herrschen, und diese
Herrschaft scheinbar nicht erzwing-eft, sondern man sollte sie ihm
anfragen. Darum stürzte er den ohnehin erschütterten Staat iu
eine unheilvolle Verwirrung. Den Schatten, -welchem er nach-
jagte, erreichte er nicht; seine gehässigen und verbrauchten Mit-
tel erbitterten Rom, und Cäsar gewann Frist. ^') Bei solchen
Entwürfen scliickte er Legaten in seine Provinzen. ' ^) Schon
im vor'^en Jahre hatte er als Consul Truppen für sie ausgeho-
ben,^^) welche er mit der Zeit auf sieben Legionen vermehrte. * ')
Die Aufsicht über die Zufuhr gab ihm einen Vorwand, vor Rom
zu bleiben;**) man war aber nicht der Meinung, dass er mit
seiner jungen Gemahliun Julia zu tändeln wünsche, ^ ^) -wie sehr
er sie auch liebte, man ahndete Böses, nnd bewachte ihn mit
Eifersucht und Furcht ; weil er ferner hei seiner Eigenlliümlichkeit
nur als Beschützer der Republik der Erste sein und folglich uicht
ohne die Zustimmung des Senats gegen Cäsar kämpfen konnte, so
wurde auch sein Aufenthalt in Italien nicht die Ursach des Bür-
gerkriegs, wie Cicero meiut, ^'') er verzögerte ihn.
Wie früher, so sollten auch jetzt Andere für ihn -wirken.
Um sie zu ermuthigen , nahm er C. Cato und Nonius Sufenas in
Schutz, welche vor zwei Jahren als Tribüne sich den Wahlen
widersetzt hatten , damit er Consul würde, ^') und deshalb ange-
klagt, aber am 5. Juli freigesprochen wurden."') Bald nachher
belangte man JL .Scaurus wegen Erpressungen, und auch dieser
erhielt am 2. September ein günstiges Urlheil; Pompejus schickte
82) Das. A. 52. 83) Plut. Caes. 20. 28. 84) Caes. B. C. 1, 8S.
§. 8. 85) Dei-s. B. G. 6, 1. B. C. 1 , 85. Cic. ad Farn. 7, 5 nnd die
übrigen Briefe ans diesem J. ad Farn. 6, 6. Vellej. 2, 48. SO. §. 4. I)io
39, 30. riut. ronip. 52. 53. Caes. 28. 36. Cato 45. Ciass. 10. Ajn».
■2, 438. 80) Dio I. c. Oben §. 27 fin. 87) Caes. B. C. 1, 38. 85.
88) nio 1. c Oben f., 20. A. 39. 89) Flut. Pomp. 53. Crass. 16. 90) ad
Fam. 6, 6. 91) Oben J. 23. A. 27. 92) Uorlensii No. 7. §. 5. A. 28.
XXL lULII. (31. §.28.) 315
nur eine IjobscLrift für ilin ein, und nur, weil er es nicLt ver-
meiden konnte; denn Scaurns bewarb sich um das Consulal, und
man sollte nicht Cousuln, sondern einen Dicialor ■vvülilen. ^ ^)
Er Latte sein Albanuni Tor der Stadt, jedoch nicht Italien ver-
lassen, um Getraide zu kaufen. 9») In seiner Abwesenheit be-
gannen die gerichtlichen \erfolj;iingen des A. Gabiuius, welcher
als sein AVerkzeiig- von den Optimalen längst gehasst wurde, und
wahrend seiner Statthalterschaft in Syrien durch mehrere Verg'e-
Len den Gesetzen verfallen war. Am- meisten rügte man die
Herstellung: des Ptoleniiiiis Auletes. Pompejus hatte ihn gegen
den Willen des Senats dazu angetrieben und ermächtigt, und
schon seine Ehre erforderte, dass er ihn der Strafe entzog-, wei-
ches gelang-. Dann aber wurde Gabiuius wegen Erpressungen
verurtheilt, obgleich ausser Pompejus auch Cäsar ihn zu retten
sachte, ^ä) und Cicero iLu vertheidigte. In ihm sollte sein Gön-
ner büssen. ^'''}
Durch solche Reibungen, in welchen sich der Parteig-eis*
offenbarte, wurde im Wesentlichen nichts gewonnen und nichts
verloren. Desto mehr förderten Pompejus die Bestechungen der
vier Candidaten des Cousulats, Domitius Calvinus, Alemniius, Äles-
sala und Scaurus. Die beiden Ersten versprachen sogar den Con-
suln für ihre Dienste Provinzen oder Geld; diess konnte zum
Ziele führen , ein Zwischeureich und dessen Fulgeu verhüten,
aber IMemmius Hess sich von Pompejus überreden, den Vertrag-
bekannt zu machen.^') Dadurch stiess er Cäsar zurück,^') von
welchem man glaubte, dass er ihn begünstige,^*) obgleich er
a. 58 die jiilischen Gesetze angegriffen hatte. '°°) Der Procon-
8ul wünschte die Wahlen, weil die Dictatur ihm missfuliig- war-
Dennoch hoffte Blemuiius, dass er Krieger und Cisalpiner zur
Abstimmung- schicken werde, wenn die Consular- Comitien siel»
93) 1. Th. 31. A. 32. 94) Schon Tor der Sturmfliilli , -welche erst
ini October nach Gabinias FreisprechuDg einen ^Theil von Rom Terheerle u.
■viele Früchle Terdarb; Cic. ad Ou. fr. 3, 7; gerade nach jenem ersten
Processe seines Schützlings kam er znriick. Jlieinarli ist I>io 39, 63 zu
berichligen. 95) Dia 1. c. 9ü) Gabinii Ko. 5. j. 2. A. 22. §. 3.
97) Uoniit. Calv. Ko. 6. §. 1. A. 29. 98) Cic. nd Att. 4, 16. f. 4.
99) ad Att. 4, 15. J. 7. 100) Üben $. U iu.
316 XXI. rULII. (31. §.28.)
bis zur Zeit der Winterquartiere verzog-en. *) Poinpejiis gab sich
das AnseLn, als ob er für Scaiirus fLälig; sei;') aber schon im
Anfiuig-e des Juni verbreiteten sich beunndiigende Gerüchte über
die Dictatiir; ') Rom sollte mit dem Gedanken daran verfrant
■%^-erden, und die Hülfe sich von fern zeigen, während man eben
durch diese Ausstreuungen auf die Rechtspflege und auf alle 6T-
fenllichen Angelegenheiten störend einwirkte, Furcht erregte und
die innere Zerrüttung vermehrte. Man erzählte sich sogar, Lnc-
cejus Hirrus 'sverde im December oder später als Tribun des künf-
tigen Jahrs das ausserordentliche Amt in ^ orschlag bringen. ')
Pompejus selbst schien nach vertraulichen Mittheilungen bereit,
sich zum Besten des Staats neuen Beschwerden zu unterziehen,
dann aber war er wieder gänzlich abgeneigt , und ersuchte Ci-
cero, dahin zu wirken, dass Coelius Viiiicianus, der künftige
College des Hirrus, sich nicht bei dem Volke für ihn verwende.*)
Kicht bloss seine Anhänger wurden ihm nützlich , sondern aucli
die vier Candidalen, welche man wegen ihrer gesetzwidrigen Be-
werbung belangte;®) die Consuln Domitius Aheuobarbus und Ap-
j)ius Claudius durch den strafuaren \ ertrag; andere Optimalen
durch den Eifer, mit welchem sie die Anklagen betrieben, und
den Tribun Alucius Scävola zu der Ankündigung vermochten, er
werde an allen Comitial- Tagen den Himmel beobachten, damit
die Consuln nicht von ihren Clienten den verheissenen Lohn er-
hielten , und diese nicht durch ihre ^Vahl den Gerichten ent-
sien"'en. ') Demnach fanden die Consular-Comilien immer grössere
Schwierigkeiten. Blan war im Mai , Juni und Juli über ihren
Zeilpunct uugewiss, ^) und sah ihnen dann im September entge-
gen; aber auch jetzt musste man sie verschieben,^) worauf das
Gesländuiss des Älemmius ^") und der Tribun Scävola den Con-
suln hinderlich wurden, welche fast allein sie zu beschleunigeu
1) ad Au. 4, 17. L 2. ail On. fr. 3, 2. §.2. 3, Ö. §. 3, 2) ad
Alt. 4, 15, §. 7. 3) ad (Ju. fr. 2, 15, §. 3. I'lul. Pomp. 54. App.
2, 438. 4) a<l <?«■ &• 3, 8. §. 3. 3, 9. J. 3. Tlnt. 1. c. -wo sein Name
enislellt ist. 5) ad Qu. fr. 3, S. f. 3. 2. Th. 4:i3. Ko. 10. 6) Do-
niit. Cidv. Ko. C. §. 1. A. 38. 7) ad Au. 4, IC. f. 4. ad (In. fr. 3, 2.
j. 2. 3, 3. 5. 2, 3, 9. §. 3. 2. Tli. lUO. Doiuit. C.nlv. 1. c. A 37. 8) ad
AU> 4, 14. 15. §. 7. ad (,)a. fr. 2, 15. §. 3. 9) ad Qu. fr. 2, 16. J.3.
3, 1. f. 7. 10) ad AU. 4, lü. j. 4.
XXI. lüLII. (31. §.28.) 317
wünscLfen. Es niiferlag' nun keinem Zweifel ineLr, dass das JaLr
sich mit einem Zvs isriienreiche endigen werde, und so gescLali
es; ' ') docli wurde Pompejus auch nicht Diciator,
Er verlor im September seine Gemahliun Julia nach deren
Enlbiudung- und -o-enig-e Tage nachher auch ihr neugebornes
Rind, '^) zum Theil eine Folge der blutigen Auftritte in Rom,
welche er veranlasst hatte.'*) Seine Stellung gegen Cäsar wurde
nicht so wesentlicL dadurch verändert, wie die Alten zu glauben
geneigt sind; das Wort und die Schicksale einer Frau wogen iu
der Wagschaale des Ehrgeizes zu leicht. Es bedurfte auch bis
ddliin kaum der Vermittlung einer trefflichen Gatlinn und Toch-
ter, um die Einigkeit zwischen den Triumvirn zu erhalten, da
Beide noch nicht zum Kampfe gerüstet waren; erst später, als
man der Entwicklaug näher kam, und der Eine vor dem An-
griife auf Rom allen Gährungsstolf in Gallien vernichten wollte,
der Andre durch den Bürgerkrieg sich überrascht sah, wurde sie
nothweudig- und wiinschenswerth. Deshalb trug Cäsar seinem
Schwiegersohne die Hand der Ocfavia an, einer Schwester des
nachmaligen Kaisers Augustus und Gemahlina des C. Marcellus,
(Cos. 50}'') und er selbst bewarb sich um die Tochter des Pom-
pejus, welche mit Faustus Sulla verheirathet war, wie er mit
C'alpurnia; '^) Scheidungen galten ihm für kein Hinderuiss, auch
verfehlte sein \ erschlag den Zweck nicht ganz, obgleich er ab-
gelehnt wurde.
Während er mit Pompejus in gutem Vernehmen blieb, und
sogar eine Legion von ihm erhielt,'*) suchte er sich durch die
Verschönerung Roms iu der Volksgunst zu befestigen. Jeuer
Latte im vorigen Jahre sein Theater geweiht; Aemilius Paullus
errichtete eine Basilica, und diess trug ohne Zweifel dazu bei,
dass er in einem neuen Markte, Forum Caesaris, ein Seitenstück
zu liefern beschloss. Ein Pracht^verk der Art schien um so
verdienstlicher zu sein, da das Forum Ronianum für die Gerichte
zu beschränkt war.") Oppius und — Cicero mussleu die Pri-
11) ad Qn. fr. 3, 8. {. 3. 3, 9. §. 3. p. Bliloii. 9. riiil. Pomp. 54.
Dio 40, 17. 45. App. 2, 438. 439. 12) S. §. 11. A. 45. ii. iintni
Ko. 36. 13) Oben §. 24. A. 41. 14) 2. Th. 402. A. 49. 15) K.is.
81. A. 10. 511. A. 29. 512. Hier §. 4 in. 16) Oben J. 27 ßn. 17) App.
2, 492.
318 XXI. lüLn. (31. §.29.)
vafgebäiide , welche ösllicli Ton diesem in der nacLmalig'en achten
Reg-ioii bis zum Atrium der Liberias standen und niederg-erissen
werden sollten, für 60 Millionen Seslerfien ankaufen,'*) und
auch diese ungelieiire Summe reichte nicht hin, der Bauplatz al-
lein kostete 100 Blillionen. ' 8) Er wurde mit einem Tempel der
Venus Genetrix verziert, und im J. 46 mit ihm eingeweiht.^")
Ausserdem wurden jene angewiesen , die Einhegungen (septa) für
die Tribiis auf dem Marsfelde Ton Marmor erbauen und über-
decken zu lassen, und sie mit einer hohen Säulenhalle von einem
Umfange von tausend Schritten zu umgeben.-') Eines Bürger-
kriegs bedurfte Cäsar nicht, wie Pompejus äusserte, damit er sich
zur Vollendung- dieser Werke und zur Befriedigung einer hab-
süchtigen Menge die Mittel verschaifte. ^ -) Er halte Geld ge-
nug, auch viele Einzelne zu beschenken, nicht bloss alte Freunde,
wie den Ritter Rabirius Postumus^^) aus der JVoth zu reisseu,
sondern sich auch neue zu erwerben.
§ 29.
(a. 64.) Vor Allem bemühte er sich um Ciceros Gunst,'*)
welcher sich sowohl ihm als Pompejus ergeben zeigte, und sehr
erfreut war, dass die Verhältnisse zwischen ihnen es gestatteten,
in einer andern Hinsicht aber sich in grosser Verlegenheit be-
fand; er hatte Ursach, sein Einverständniss mit ihnen geheim zu
halten , damit die Optimalen ihn nicht einen Abtrünnigen nann-
ten,*') wogegen es seine Feinde von Unternehmungen gegen
ihn abschrecken konnte, wenn es offenkundig wurde. Die Furcht
vor Clodius entschied; er huldigte den Machthabern, welche ihn
beschützen , seinen Feind w'enigstens nicht von neuem gegen ihn
bewaffnen sollten, und verbarg' es nicht. Diess ist der Schlüssel
zu allem Folgenden, und er findet sich ungesucht. „Man for-
derte mich auf, Gablnius anzuklagen, — dann wäre Pompejus in
die Stadt eingerückt, es wäre zwischen ihm und mir zum Bruch
gekommen, mit Clodius hätte er sich unfehlbar versöhnt. — Ich
18) Cic. ad Ate. 4, 16. §. 9. 19) Siielon. 26. Plin. 36, 24 (15).
§. 2. App. 1, c. 20) .S. unten §. 61. A. 57 i. 21) Cic. 1. c. 22) Siie-
ton. 30. 23) Cic. p. Rabir. l'ost. 15, 16. 24) Vgl. obea j. 24 ßn.
25) ad Fam. 1,9.^. 4. U. p, 250. ed. Schütz.
XXI. lULII. (31. §.29.) 319
bin nicht oLne Besorgniss für das niicLste Jalir,'^) aber doch
ohne Furcht."^") „Procilius ist TenirtLeilf; Hortensius sprach
wie immer, und ich — kein ^A ort ; die RJeine, Tullia, welche
jetzt kränkeh , iingstig-te es , dass ich Clodius , den Ankläger, be-
leidigen könne."-*) „Du schreibst von einem Briefe des Clo-
dins an Ciisar ; ich billige es , dass die Furie keine Antwort er-
hallen hat."-^) Die Furcht „vor diesem "Wahnsinnigen"^")
entfernte ihn aus dem Senat, wo er leicht durch eine gefährliche
Uebereilung die Triumvirn reizen konnte; si,e veru ehrte seinen
Abscheu gegen die Dictatur, weil er voraussah, dass Ponipejus
sich der Wahl des Blilo widersetzen werde, welcher für das J.
52 das Consulat übernehmen und Clodius, den Prätor, zügeln
sollte;^') sie trieb ihn in die Gerichte und wurde die Ursach,
dass er den Parteien, zum TheU tödlich gehassten Feinden, bis
zur Erschöpfung diente; sie machte ihn zum Legaten des Pom-
pejus, zu Cäsars Lobredner, und führte diesem seinen Bruder zu.
Schon vor drei Jahren hatte Pompejus als Oberaufseher über
die Zufuhr ihn zum Legaten ernannt, und ihm gern gestaltet, die
Stelle an den Bruder abzutreten,^') jetzt gab er ihm denselben
Titel als Proconsul von Spanien. ^^) Cicero wurde dadurch kein
Zwang angethan ; es öffnete ihm nnr ein Thor, wenn Clodius zn
arg drängte, und da diess nicht de- Fall war, so gieng er auch
nicht in die Provinz, und erfüllte tl. ait zugleich Cäsars ^Vunsch,
welcher abrieth, da eine zn genaue Verbindung zwischen ihm
und seinem Collegen im Triumvirat ihm schaden konnte. ^ *) Ge-
gen Eude des Jalirs , zu einer Zeit , wo etwa der Gedanke an
die Prätur seines Feindes ihn wieder sehr beunruhigte, meldete
er AtlicHs, er werde im nächsten Januar Rom verlassen,^') dann
aber wurde die Sache nicht mehr erwähnt. Ihm war es bei wei-
tem das ^Vichligste, in Cäsar einen Bückhalt zu haben, da die-
ser durch Thalen, Reichlhum und Ansehn alle Anderen ver-
26) In Tvelchem Clodius sich nm die Präwr bevrerben 'wollte. 27) ad
Qn. fr. 3, 4. §. 1 u. 2. 3, 9. {. 3: Motus lemporöm Teoienlis anni.
28) ail Act. 4, 15. f. 4. Horlensü No. 7. f. 5. A. 28. 29) ail Qu. £r.
3, 1. §. 4. 30) ad Qu. fr. 3, 15 6n, Sin aliquis emnipet amenlis ho-
minis furor etc. 31) Das. 3, 8. §. 5. 3 , 9. §. 2. 2. Th. 340. A. 27
32) 2. Th. 307. A. 24. 310. A. 36. 33) ad Fam. 7, 5. 17. 34) ad
Qn. fr. 2, 15, f. 1. 3, 1. {. 7. 35) ad A«. 4, 18 fin.
320 XXL lULII. (31. §.29.)
dunkelte. Va(inias sagte, das Glück Labe ihn dein Froconsiil
gewonnen,'"') und mit einigen verscliö'nernden Worten Ragt er
es selbst; ") der Mächlig-e konnte ihn scliiilzen. DocL giebt er
auch andere Gründe an: die Optiuiaten haben sich einen Publius
erwählt, '') und können es ihm nicht verargen, wenn er sich
auch einen Publius wähle, '^) und ihnen ebenfalls ein wenig'
Verdruss mache;'") durch ihre Kälte und üiren Neid sei er
veranlasst, sich zu Ponipejus hinzuneigen, und bei dessen Freund-
schaft mit Cäsar habe er sich nun auch au diesen angeschlossen,
•welcher sich ohnehin uin ihn und um seinen Bruder Quintus
grosse Verdienste erwerbe. ■• ' )
So gieng zunächst in diesem Jahre Ouintus nach Gallien. *-)
Er sollte ein Unterpfand der Treue und ein Vermittler fort-
währeader Einigkeit sein, und wurde wiederholt an seinen Beruf
erinnert, besonders nach den Beschwerden des britannischen Feld-
zngs, welcher ihm den Krieg verleidete. *') Cäsar behandeile
ihn von Anfang mit Auszeichnung, **) und diess gab ihm um
so mehr Anspruch auf Dankbarkeit, da er ihn entbehren konnte;
denn es fanden sich nicht Stellen genug für die vornehmen
Römer, welche als Legaten, Tribüne, Präfecten und in anderen
Eigenschaften in das Heer eintreten , Kuhm und Beute theilen
und dann bei den Wahlen unterstützt werden wollten. * ') Fast
keiner erschien ohne ein gewichtiges Empfehlungsschreiben.
Unter Anderen wurde C. Messius , gegen welchen Pompejus
36) ad Fam. 1 , 9. §. 3. II. p. 235. etl. Scliiitz. 37) Das. "J. 3.
p. 252. 38) Clodius. 39) Valiiiius, welchen er aiil: Cäsais Bitte
verllieidigte. 40) Cic. 1. c. §. 3. p. 2SS. 41) Das. {. 4. p. 242
n. 245. 42) ad Oii. fr. 2, 15. §. 1. 43) ad Fam. I, 9. §. 7.
p. 258. ad 9"' ^''' 2, 15 fin. ; I'elis, ut ad te — fiaterne lescribam. Id
est ntnun tue advoles, an ad expediendum te, si causa sit, commoiere. —
In hac Tero re hoc profecto qnaeris ciiiusmodi illam nnnnm, qui seqiiitur,
exspectem?' (Oben A. 26.) Das. 3, 1. §. 3: Scribis de Caesaris summa
iii nos amore. Hunc et tu Xovebis, et nos — aiigobimus. Das. 3, 8. §. 1 ;
Tantum te et moueo et rogo, ut in istis mol**stiis et laboribus et dcsideriis
recordere, consilium noslruiu qnod fuerit pi-ofpcliouis tiiae. Kon enim com-
moda qnaedam seqiiebamur parva ac mediocria. Quid enim erat , quod
discessn nostro emondum putaremns? Praesidiiun tirinissimnm petebarans
ex optimi et potentissirai \iii benevolentia ad omiicm statum nostrae digni-
tatis. 44) .-id Qu. fr. 2, 15. §. J. 45) Vgl. Caes. B, G. 1, 39.
XXI. lULlI. (31. §.29.) 321
VerpflicLfnngen Lafte, nnd wohl eben desLaib, auf die Ver-
wendung des Appius Claudius Legat. * •*) Aber die Meisten
überbrachten Briefe der Art von Cicero, so dass dieser lästig
zu werden fürchtete, aber sicli doch durch die vielfache Bewerbung
um sein Fürwort, durch seinen allgemein bekannten lüinlluss auf
den Imperator gesichert fühlte.") Er empfahl M. Rufus, '"')
LI. Curlius,*^) und am dringendsten ausser seinem Bruder den
jungen Rechtsgelehrlen C. Trebatius, ^ °) welcher früher ihn selbst
nach Spanien hatte begleiten sollen, und dann in CTallien die
noch vorhandenen nichts sagenden, nnd doch durch Witz und
Laune sehr anziehenden Briefe von ihm erhielt. Die Läufigen
Anspielungen auf seine Absiclit, in der Provinz Schätze zu sam-
meln^'') wurden nicht bloss durch ihn veranlasst, denn mit
leeren ond offenen Händen kamen AUe, auch Ouintus, welcher
seine Schulden z« tilgen hoffte. *-) Durch die Einführung seiner
Bekannten bei dem Proconsul fand Cicero einen erwünscLtea
Vorwand, ihm oft zu schreiben. Er versicherte iLn unmittelbar
oder in Briefen an Andere seiner innigsten Ergebenheit, '^) seiner
Dankbarkeit,") seiner Bewunderung und eines unbedingten
Vertrauens;'^) „nur zu lange Latte er einen solchen JMann
vernachlässigt, aber er wollte Alles einbringen"."') Daher
wurden nun auch dessen Freunde mit Briefen von ihm bedacht,
besonders Baibus, „welchen er von ganzem Herzen lieble", weil
er während seines Aufenthaltes in Gallien am meisten dazu bei-
trug, dass Ouintus in der Gunst seines Feldherrn täglich höher
slicglß'') aber auch T. Pinarius, ein Verwandter Cäsars, mit
46) ad Att. 4, IS. §. 7. 2. Th. 308. A. 23. Hier Ä. 83. 47) ad
<Ja. fr. 3, 1. J. 3. 48) ad Fam. 7, 5. 49) ad Oii. fr. 2, 13. f. 2.
3, 1. f. 3. 50) ad Fam. 1. c. 51) Das. 7, 7. 8. 9. 10. 11. 16. 17.
52) ad Qti. fr. 2, 13: Id est, nü-um hiic advoles, m dixpris, an ad ex-
pediendum te, si causa sir, commororo. — Magni aesüiuo iiwfiXn'ffi'ai'
Ulnni tiiam, et exiilicationem debiiorum tiionim. lllud qiiideiu sie habeto,
nihil nobis expedilis, si Talebimus, foie fortanalias. 53) ad (Jn, fr.
3, 1. (j. 7: Ille mihi secundum te et liberos nostros ita est, ut sil paene
par. 5'i) Vgl. ad Fam. 1 , 9. f . 4. II. p. 232. ed. Schütz : Sic enim
te exislimare velim — neminem esse, cuios officiis me tam esse devinctum
non solum coufitcar, sed eliam gaiideam. SS) ad Fam. 7,5.
56) ad (Jn. fr. 2, 15. J. I. 57) «d Qu. fr. 3, I. {. 3 n. 5. ad Fara.
7, 6. 7. 9.
Druniann, Gcschidilc Uoms III. 21
322 XXI. lULn. (31. §.29.)
dessen Bruder Lucius er in Rom fleissig TerkeJirle, '") Labienas,
Lig-uriiis, ^'O und Andere.
Ouintus bat ihn um Verse , welcLe er in ein Werk über
den britannischen Feldzug aufnehmen wollte. Er war bereit, sie
ihm zu schicken und erwartete mit Ungeduld die Nachricht von
der Eroberung der Insel. ^") Dann aber erklärte er, dass es
ihm an Blusse, an Freudigkeit und auch an Interesse fehle, und
sein Bruder als besserer Dichter keiner Hülfe bedürfe;^') der
Krieg endigte sich nicht so glänzend, als man gehofft hatte, ^-)
und der Zauber des unbekannten , fernen Schauplatzes verlor
seine Kraft; ''^) es ist mir angenehm, schreibt er an Trebatius,
dass du nicht nach Britannien gegangen bist ; du hast keine
Plage gehabt und wirst mich nun von diesen Dingen nicht nnler-
faalten; und seinem Bruder gesteht er zuletzt, der Gegenstand,
welchen er besingen solle, habe keinen Reiz für ihn. ^'*) Ein
Epos, worin er Cäsars Thaten im Allgemeinen pries, legte er
eine Zeitlang bei Seite, weil er fürchten mochte, durch eine
solche Huldigung zu sehr ans der Rolle zu fallen und die Opti-
maten zu verletzen; da jener indess Kenntniss davon erhielt, so
vollendete er es, aber neue Bedenklichkeiten bestimmten ihn, es
nickt abzuschicken.^*) Dagegen bekam Cäsar ein anderes Ge-
dicht von ihm, welches nicht näher bezeichnet wird, und dessen
Anfang vielen BeifiiU fand. ^ ^) Audi war Cicero darin mit
seinem Bruder völlig einverstanden, dass Pompejus ein lauer und
unzuverlässiger Freund sei, und eine enge Verbindung mit Cäsar
mehr Sicherheit gewähre; ^') nur machte er es Ouintus und sich
selbst zur PJlicht, diese Verhältnisse und die Vorgänge in Rom
in Briefen mit Vorsicht zu erwähnen. ^*)
Cäsar ehrte ihn zu allen Zeiten ; jetzt aber erkennt man
zugleich Absicht darin. Bei der bloss scheinbaren Einigkeit
58) ad On. fr. 3, 1. §. 9. Vgl. 1. TIi. 99. A. 23 n. hier No. 38 fiii.
59) ad Qu, fr. 3, 7. ad Fnm. 16, 18: A. Lignrias, Caesaris familiaris,
mortuns est. 60) ad Qn. fr. i, 15. §. 1. 16. §. 4. 61) Das. 3, 4.
J. 2. S n. 6. J. 3 n. 5. 62) Das. 3, 1. §. 3. ad Au. 4, 16. §. 8.
17. §. 3. 63) ad Qn. fr. 2, 16. §. 4. 64) ad Farn. 7, 17. ad
9n. fr. 5 n. 6. J.. 3. 66) ad Q». fr. 3, 1. §. 4. 3, 8. §. 3. 66) Das.
2, 16. §. 5. 2. Th. 335. A. 94. 67) ad ^n. fr. 2, 13. 15. 3, 1. §. 3.
68) Das. 3, 8. §. 2. 3, 9. {. 3.
XXI. lULn. (31. §.29.) 323
zwiscien den Triomvirn wollte er den Consiilar an sicli ziehen,
ihm Bürgschaften geben, die Kälte nnd den Stolz des Pom]>ejus
Mnd die Ziiriickhalfung der Optimalen ihm fühlbarer machen,
damit er eben so abgeneigt als untüchtig würde, Pompejus nnd
die Optimalen einander zn befreunden, oder ihnen nach ihrer
Versöhnung als Redner zu dienen. Demnach erwies er seinem
Bruder eine besondere Achtung ^^) und noch mehr ihm selbst.
Er schrieb ihm aus dem Felde, aus den Winterlagern, unter den
grössten Anstrengungen und Gefahren, " ") sogar aus Britannien, ' ')
und stets mit derselben zuvorkommenden Aufmerksamkeit, Wie
oft ihm auch Empfehlungs - Schreiben von Cicero überbracht
wurden, so machte er ihm doch Vorwürfe, dass er ihm in dieser
Hinsicht nicht Vertrauen genug beweise,") und die Empfohlenen
waren einer guten Aufnahme gewiss, wenn sie sich auch völlig
unbrauchbar zeigten, wie Trebalius, welcher die Beute mehr
liebte als den Krieg. '^) Aber auch übrigens mnsste die That
die Worte bekräftigen; Cicero befand sich fast immer in Geld-
Terlegenheit und Cäsar lieh ihm , ' *) und benutzte vielleicht den
Bau seines Marktes, ihm zum Lohn für seine Dienste beträcht-
liche Summen zuzuwenden. '^)
Der Consular wusste, dass der geringste Misston, welcher
diesen Eiuklang störte, ihm verderblich ^Verden konnte; er be-
herrschte sich, und blieb den öffentlichen Geschäften, die gericht-
lichen ausgenommen, so viel als möglich fremd. Im Februar
scherzte er in der Curie über die toga prätexta des Antiochus
von Conmiagene, welche Cäsar als Consul ihm zu tragen erlaubt
Latte; diess aber brachte er auf Rechnung seiner Spoftsucht, ob-
gleich ein liefer Unniuth sich darin offenbarte.'*) Sein Wahl-
spruch war: Friede mit Freund und Feind. Nach dem Wunsche
69) ad Fam. 1, 9. §. 4. ad Alt. 4, 18. §. 2: (Jui quidem Quinfum
mcnm, tniunque, dii boui! quemadmodiuu tractat honore, dignitate, gratia?
non secns, ac si ego essem imperalor. 70) ad Fam. 7, S. 8. ad Alt,
i, 15. (j. 8. 4, 16. J. 8. ad 9u. fr. 2, 15. 3, I. §. 3. 7 a. 9. 3, 5 n. 6,
}, 3. 71) ad Oll. fr. 3, 1 Co. ad Alt. 4, 17. {. 3. 72) ad Fam.
7, S. ad Qu. fr. 3, 1. J. 3. 73) ad Fam. 7, 10. 16. 17. 74) 2. Th.
S 36 {. S. 75) Oben A, 18. Vgl. ad Att. 7, 3. §. 1. De auimo aiitem
meo — sentire et defendere; nnd das, ^. 8: sed scis — carare, ad Alt,
7, 8. I. 4. 76) ad Qu. fr. 2, 12.
21*^
324 XXI. lULII. (31. §.29.)
der nncicron Tiiiimvirn f«ier(e er niii Ende des vorigen JaLrs
mit IM. Crassus ein Ver.sölinnng;sfest. ") Dann verwendete er
sicli für ilin , als man ihn schon in den ersten Monaten ans der
Provinz Syrien zurückrufen wollte; es ist aber nicht glaublich,
dass diess einen ernstlichen Wortwechsel zwischen ihm und deu
Consuln und vielen Consularen zur Folge hatte j '") er mochte
sich nicht für ihn aufopfern; seine Berichte an Abwesende über
seine Bemühungen für sie sind immer übertrieben. Den Mai
verlebte er auf den Villen, wo er auf dem Curaanum Pompejus
sprach ''^) und an dem ^Verke über die Re])ublik arbeitete. *°)
In den ersten Tagen des Juni war er wieder inllom. *') Hier
erwarteten ihn als Sachwalter in der heissesten Jahrszeit sehr
ermüdende Geschäfte. Oft blieb ihm nicht Blusse, seinem Bruder
selbst zu schreiben,"') weil er sich niemandem versagen wollte,"^)
wogegen sein Haus sich taglich füllte, die Parteien sich auf den»
INIarkte um ihn drängten , das Volk ihn im Theater mit Beifall
cmpfieng, und er nun, zumal unter Cäsars und Pompejus Schutze,
gutes Mulhs sein konnte.*') Er vertheidigte Messius, Cäsars
Legaten, welcher sich stellte,'') und noch war nicht entschieden,
als er sich anschickte, für Drnsus und Scaurus aufzutreten. "^)
Auch P. Valinius wurde sein Client, Cäsars Werkzeug in dessen
Consulat, und ihm vor Anderen verächtlich und verhasst; der
Triumvir bat, und er musste sich fügen.") Nicht weuiger
rechneten die vier Candidateu des Consulats auf seinen Beistand;
77) ad Farn. 1, 9. §. 6. 2. Th. 338. Licinii Crassi No. 37. §. 3. A. 14.
78) ad Farn. 5, 8. 79) ad Alt. 4, 14. ad Qn. fr. 2, 14. 80) ad
Qu. fr. 1. c. Tgl. 3, 5 n. 6. ad Att. 4, 16, J. 2. 81) ad Oii. fr. 2, 15.
82) Das. 2, 16. 3,3. 83) Das. 2, 16. Daniiis operam, ne coiiis
aiiimiiDi olTendamus, attpie iit ctiani al> iis ijisis . qiii iios cum Caesare taiu
coniiiiic(os dolciil, diliganuir : ab apijuis vero. aiit eliam a propensis in hanc
parteiii \ehemeiiter et colamur et aueinnr. ad Faiii. I, 9. }. 4. II. p. 250.
ed. Scliütz: Tanlnm enitor, nt neque anünis, neqiie etiam alieuioribiiü
Opera, consilio, labore desim. 84) ad (Jii. fr. 2, 15 fin. ad Att. 4,15.
§. 6. 85) ad Att. 1. e. §. 7. Oben A. 46. 86) ad Att. I. c. ii.
4, 16. §. 4. ad Qu. fr. 2, 16. §. 3. 1. Tb. 31. 87) ad On. fr. 1. c.
«d Fam. 1, 9. }. 2. 4. 5. II. p. 233. 252. 253. ed. Scbiilz ad Fani. 5, 9.
ad Qu. fr. 3, 5 n. 6. §.3: Angor — ininiicos a me partim non oppiigiiatos,
partim etiam esse defensos; raenin non modo nnimnm, scd ne odium ipiidem
es.se liberum.
XXI. lULII. (31. §.29.) 325
wie seLc er aucll in Briefen an Vertraute ihre scLäucIlioiien Be-
stechungen riig-te, so wollte er sie doch Alle vor Gericht ver-
treten, lind auch auf jede andre Art bewarb er sich um ihre
Freundschaft, da er nicht wusste, welche unter ihnen g-ewahlt
■werden und dann ihm und seinen Beschützer Blilo in den Con-
sular- Coinitien des nächsten Jahrs nützen oder schaden konn-
ten.*^) Deshalb erschien er nicht iin Senat, als viele Tage
hindurch mit der grössten Heftigkeit über ihr Verbrechen ver-
handelt wurde; „ohne einen mächtigen Rückhalt mochte er sich
mit der Heilung der Republik nicht mehr befassen". ^^) Im
September war er während der römischen Spiele bei einer über-
mässigen Hitze auf dem Lande, *°) dann folgten neue und grössere
Anstrengungen."') Am schmerzlichsten berührte ihn die Rück-
kehr des Gibinius, unter dessen Consulat Clodius ihn halte ver-
bannen lassen. Statt ihn anzuklagen, und eine glühende Rachgier
zu befriedigen , musste er ihn im October vertheidigen , weil
Pompejus es wollte.") A^or denselben Richtern führte er darauf
die Sache des Rabirius Postumus, welcher als Blitschnldiger des
Gabinius belangt wurde; ^^) seine Verbindung mit Cäsar gab
dem Redner Gelegenkeit , dessen Thaleu zu rühmen. ^ ') Die
gute Jahreszeit war vorüber; er fühlte sich aber so unheimlich
in Rom, dass er in den letzten Monaten so oft als möglich seine
Güter besuchte. ' ')
Es drohte ihn aufzureiben , dass er als Staatsmann ohne
Einfluss und gezwungen war, um den Schutz der Äläuner zu
buhlen, durch welche er ihn verloren halte, dass er als Sach-
walter fröhnen, die slärksfen Gefühle verläugnen musste, und mit
seinem heissen Verlangen nach Ehre, Ruhm und Glanz nichts
Höheres erstreben konule, als Sicherheit. „Nicht bloss das Mark,
sondern auch die Farbe und Gestalt des Staats ist dahin; eine
solche Republik kann keiue Freude gewähren. Zu meinem Tröste
erinnere ich mich daran , wie sie einst war , als ich das Ruder
führte."'') „Du siehst, da i die Republik zu Grabe getragen
88) !>d Att. 4, 15. §. 7. ad Ou. fr. 3, 1. §. 7. Oben J. 28. A. 97.
89) ad 9n. fr. 2, 16. §. 2. 90) Das. 3, 1 ia. 91) Das. 3, 3
u. 3, 5 11. 6. 5 2. 92) Gabinii No. 5. §. 3 93) i>. Rabir. Pose. 5.
Oben §. 14. A. 52. 94) p. Babir. Tosl. 15. 16. 95) ad 9u. fr.
3, 4. §. 4. 3, 7 Cn. 3, 9. J. 4. 96) ad Alt. 4, 16. {. 5.
326 XXI. lüLII. (31. §.30.)
ist, dass wir keinen Senat, keine Gericlite mehr Laben, und
niemand unter uns in einiger AcLtiing' siebt."") „IcL meide
alle Staatsgescbäfte und lebe den Wissenscbaften, und docli muss
icb bekennen , was ich vor Allen dir verbergen möchte : der
Zustand der Bepublik und der Gerichte nagt mir am Herzen; in
einem Aller, 'svo ich im Senat des grössten Ansehns mich er-
freuen sollte, miiss ich mich mit der Arbeit auf dem Markte
plagen oder in meiner Wohnung in den Studien Zerstreuung
suchen ; mit jenem : Immer der Beste zu sein, hervorzuragen vor
Andern, was mir von Kindheit auf das Theuersle war, ist es
nun völlig zu Ende. Bleine Feinde darf ich theils nicht an-
greifen , theils muss ich sie sogar vertheidigen ; nicht bloss der
Gedanke, selbst mein Hass ist unter dem Bann."^') „Der
schändliche und verderbliche Ausgang des Gerichts ( Gabinius
Freisprechung ) hat mir keinen Rummer gemacht. Ich habe ebea
den Vortheil davon, dass die Gebrechen des Staats, die Frechheit
der Verwegenen, über welche ich früher in Verzweiflung gerielb,
mir gleichgültig werden ; denn nichts Verdorbeneres giebt es, als
diese Menschen --und diese Zeiten. Da also die Republik mir
nicht mehr zur Freude gereicht, so weiss ich nicht, warum ich
zürnen sollte. Mich ergötzen die Wissenschaften, nnsere Studien,
die JMusse, die Villen und vorzüglich unsere Knaben." '^)
§ 30.
a. 53. Auch Ciisar war aus der Bahn geworfen; e^ konnte
sich im Winter nicht mit seinen Getreuen in Italien besprechen,
weil die Gallier nach langer Betäubung erwachten. '*"') Durch
den Anblick ihrer Ketten überrascht, und empört durch die Arg-
list, welche ein Volk nach dem andern und durch das andre in
Sciaverei g-es(ürzt halte , beschlossen sie , sich zu befreien. Die
Versuche am Ende des vorigen Jahrs blieben ohne Erfolg; den-
noch galten sie für einen glücklichen Anfang: eine Legion war
aufgerieben und der römische Imperator gelähmt. Ein grosser
Theil der Provincialen rüstete zu einem Kampfe auf Leben und
Tod, zugleich, um einer schrecklichen Rache zu entgehen, und
97) ad Qu. fr. 3 , 4. 98) Das. 3 , S n. 6. §. 3. 99) Das.
3, 9. $. 1. 100) Oben §. 27 fia.
I
XXI. lULn. (31. §.30.) 327
die Herrsclisucht benutzte die Stimmiing' der Völker, wie aucli
sonst woLI die Grossen bei der Abwerfiing eines fremden Jochs
etwas anderes begehren, als die allgemeine Freiheit, unter deren
Panier sie die Menge in die Schlachten führen. ') Unter den
Trevirern nahmen die \ erwandten des Induciomarus dessen
Stelle ein, -) und da die nahe wohnenden Germanier einen Kömer-
krieg scheuten, so gewannen sie die entfernteren Sveven; Ani-
biorix, der Eburone, dessen That keine Verzeihung hoffen liess, ')
W'urde ihr Bundesgenosse, und auch die Kervier, Adualuken,
Blenapier, ihre JXachbaren germanischer Abkunft in Belgien, *)
im Südwesten die Senonen , Carnuten und andere Stämme zwi-
schen der Sequaua und dem Liger (Seine und Loire) waren mit
ihnen einverstanden.
Cäsar kam ihnen zuvor, und entwaffnete sie einzeln, wie er
sie einst unterjocht hatte. Er überfiel die Nervier; Gefangene
und Heerden überwies er den Truj)i)en, damit sie es williger er-
trugen, dass sie abermals ihre Winterquartiere verlassen mnssten
und das Gebiet der kriegerischen und einst vor allen Belgiern
furchtbaren Empörer, welche von jetzt an kaum noch genannt
werden, in eine Wüste verwandelten. ') Dennoch erschienen
die Senonen, C'arnulen und Trevirer im Frühjahre niclit auf dem
Landtage, durch welchen er die Treue der Völker erprobte, wie
einst Athen und Sparta durch ihre Bundestage. Er verlegte ihu
daher nach Lutetia, dem Hauptorle der Parisier auf einer Insel
1) S. über das Folgende Caes. 6, 2 — 9. Liv. 107. Oros. 6, 10. Di«
40, 17. 31. Plat. Caes. 25 übergeht die Geschichte dieses Jahrs und die
»venigen Briefe Ciceros ans dieser Zeit beirelTea Privataugelegeotieiien,
(vgl. {. 31. A. 34.) Blan sieht, dass C. Trebatius (oben §. 29. A. SO
n. 73) noch in Gallien >var, und ohnerachtet seiner Sehnsncht nach Rom
von ihm den Rath erhielt, dort zn bleiben; ad Farn. 7, II. 12. 13. 16. 18.
er sollte anch über den Krieg berichten , ,, \%'eil die Feigsten den meisten
Clanben verdienen ", das. 7, 18, er mochte sich aber nicht einmal in seinen
Schreiben mit ihm befassen, nud liess die A^'arnnng seines Gönners, sich
vor den Treviri (trium\iri) capitales zn Iinten, bei welchen es leicht den
Kopf koste and kein Gold und Silber aasgemünzt werde, wie von dea
trinmviri monetales , nicht nubeachtet ; als Rechtsgelelirter kannte er die
Cautelen. Das. 7, 13. 2) Oben §. 27 fin. 3) Das. A. 55.
4) Vgl, Caes. 2, 4. 5) Oben §. 20. A. 26 n. {. 27. A. 60.
328 XXI. lULII. (31. §.30.)
Äer Seqiiana. *) OLiie Verdacht zu erregen stand er Lier an der
Gräuze der Seuonen, und ehe Acco, ihr Häuptling-, seine Krieger
versammelt halte, war er in ihrer Mitte; auf die Eilte der Aeduer,
ihrer ehemaligen Schutzherren, erliess er ihnen Torerst die Strafe,
und jenen übergab er auch die Geissein, wodurch er sie ver-
antwortlich machte; Cavarinus, der vertriebene König, wurde
wieder eingesetzt. ') Für die Carnuten, welche Gesandte schickten,
weil sie allein nicht widerstehen konnten, verwendeten sich die
Remer aus gleichem Grunde nnd mit demselben Erfolge ; Cäsar
verschob die Rache auf eine gelegnere Zeit, er beendigte den
Landtag und gebot den Galliern , Reuter zu stellen. Sie sollten
gegen Ambiorix und die Trevirer fechten. Kicht zufällig be-
kriegte er seine erbiltertsleu und mächtigsten Feinde zuletzt, und
da er fürchtete, dass jener Fürst bei den noch immer freien
Menapiern, seinen Gastfreunden, einen Zufluchtsort finden uud
sieh in ihren Wäldern und Sünij.fen mit Glück vertheidigen
werde , so drangen fünf Legionen in drei Abtheilungen unter
dem Legaten C. Fabius, dem Quästor BI. Crassus und unter
seiner unmittelbaren Führung über schnell erbaute Brücken iu
ihr Land ein. Auch jetzt erlitten sie keine Wiederlage, weil sie
mit ihrer Habe nach dem Innern entwichen; doch schickten sie
Geissein, und setzten dadurch der Verfolgung nnd den Ver-
Leerungen ein Ziel. Cäsar verpönte die Aufnahme des Ambiorix,
und liess zu grösserer Sicherheit Commius, den Ati-ebaten, *) mit
einem Theile der Reuterei auf dem meuapischen Gebiete zurück.
Vor diesem Feldzuge hatte er Labienns, welcher 'unter den
Remern lagerte, *) das Gepäck des ganzen Heers anvertraut und
zwei Legionen zu seiner Verstärkung abgeschickt. Die Trevirer,
an deren Gränze der Legat überwinterte, standen nur noch zwei
Tagereisen von ihm ; jetzt hielten , sie an , die Ilülfsvölker aus
Deutschland zu erwarten. Aber Labienus gieng ihnen bis in ihr
Land entgegen. Hier schien er seine Kühnheit zu bereuen;
man vernahm im Krieg^rathe, er werde sich vor der Ankunft
der Germanier zurückziehen, nnd am andern Morgen erfolgte der
6) Cnps. 6, 3. vgl. 7, 57. 58. 7) Deis. 6, 5. vgl. 5, 54. Oben
V. -^7. A. 73b. 8) Caes. C, 6. vgl. 4, 21. Oben {. 25. A, 9. 9) Cäsar
^iebl 6, 7 seine Stellung uiclit so gcu<tu uii, uls 5, 2i. S, (. 27, A. 76.
XXI. lULII. (31. §.30.) 329
AnfbrucL, atsicLllIcb mit grossem Geräusch. Gallische Reuter
Lat(en die Geheimnisse des Lagers den Trevirem mitgelheilt,
welche bei dem Anblicke der feigcu Feinde einen Fluss mit
steilen Ufern überschritten. '") Um Alle auf den Abhang zu
locken, von welchem er sie in den Strom hinabstürzen konnte,
zo!j Labicnus weiter. Plötzlich aber wandte er sich in völliger
Schlachtordnung, die Reuter auf den Flügeln, und die Barbaren
entflohen, einer auf den andern geworfen, mehr vom Schrecken
als mit den "Waffen besiegt, in die Wälder. Die Germanier
giengen enimuthigt über den Rhein , und mit ihnen die Ver-
wandten des Indnciomarus, an deren Stelle Cingetorix die Re-
gierung erhielt. ' ') Denn der Proconsul, welcher bald nach der
Schlacht in diesen Gegenden anlangte, wollte ihn für seine Treue
belohnen , zugleich aber durch seinen Einfluss sich den Rücken
sichern , während er zum zweiten Älale in Germanien einfiel,
nm sich für die Untei-stützung der Trevii-er zn rächen und zu
verhindern, dass Ambiorix dort aufgenommen wurde. '-) Diese
Griinde erwähnt er selbst; nach den Erfahrungen aber, welche
er vor zwei Jahren gemacht halle, konnte er sich solchen eilelen
Hoffnungen nicht hingeben ; der Feldzug sollte vielmehr die
Gerüchte widerlegen, ■svelche sich nach so vielen Aufständen in
Gallien in Rom verbreiteten; nichts war mehr geeignet, zu be-
weisen, dass seine Älacht nicht erschüitert sei, dass er seine
Pro'^'inz beherrsche, als wenn er sie verliess, und neuen furcht-
baren Feinden die Stirn bot. In wenigen Tag-en \^^^rde südlich
Ton dem Orte, welchen er früher gewählt hatte, aber nicht
weit von ihm entfernt, eine Brücke erbaut, zu deren Vertheidigung
gegen einen Angriff der Belgier eine Wache zurückblieb. '*)
10) Der Verf. des Memoire snr les campagnes de Ce'sar, heransgeg.
von Roulez, p. 38 lässt sie über die Maas gehen, Tvogegen Reichard Geogr.
Racliweis. S, 9 Iiereits richtig bemerkt hat, dass Cäsar einen so bekannl'?n
Fltiss genannt haben vfürde; an irelchem kleinern aber das Gefecht Statt
fand, ob an der Sure, "welche sich in die IMciel ergiosst, kann man nicht
bestimmen. 11) Oben §. 27. A. 75. 12) Caes. 6, 9. 10. 29. Lir.
107. Flor. 3, 10. f.. 15. 4, 12. §. 22. Dio 40, 32. 13) Südlich vom
jetzigen Bai\n nnd Cohlenz näher, als im J. 55, in der Gegend von Ander-
nach. Den genaneren Bestimmungen in J. v. RcUrenberg noch nngedrncktea
nnd >on Rl. .Simon in seinen Aeltesten iVachrich' - von den Bewohnern
(les linken Ilbeiaufers S, 96 f. im Ansznge luitgetheiltcu Autiquitatos
330 XXI. lULII. (31. §.30.)
Die Ubier'*) betlieiierten, nicht sie, sondern die Sveven Laben
sicli mit den Trevirern verbunden; man glaubte ihnen, und als
sie die Anzeige machten, dass jene mit allen von ihnen ab-
Längigen Völkern sich zum Kriege vorbereiteten, mussten sie
ihre Heerden und ihre übrigen Güter in die Stadle bringen, damit
der Feind durch IMangel genbthigt v\'iirde, in einer ungiinsligen
Gegend zu kämpfen. Bald berichteten ihre Kundschafter, dass
die Sveven an der fernsten Gränze am Eingange des Waldes
Bacenis , welcher sie von den Cheruskern trennte und ein Theil
des hercynischen war, sich aufgestellt haben. Cäsar war nicht
geneigt, sie dort zu suchen. Indess sollte in seinen Denkwürdig-
keiten „ich kam nnd gieng" nicht neben einander stehen, des-
Laib trennte er es durch die Schilderung und Vergleichung der
Gallier und Germanier, welche für uns freilich wichtiger ist,
als einige Schlachtberithte. ' ') Wie viel auch unregelmässige
Schaaren auf durchschnittenem und dicht bewachsenem Boden
vermochten, Latten ihn die Älenapier gelehrt, und wenn er siegte
und wegen Hunger und Wald seine Vortheile nicht verfolgen
konnte , so war das Blutvergiessen ohne Zweck. Für die Ehre
war genug gethan; man hatte sich gezeigt, die Feinde heraus-
gefordert; dass sie dem Kampfe nicht auswichen, sondern sich
nur da nicht finden Hessen, wo die Römer sie zu sehen wünsch-
ten , dass sie vor einer natürlichen Feste wie jene vor ihrem
Lao-er fechten wollten , kam in der öffentlichen Meinung nicht
in Betracht. Um sie aber zu überzeugen, dass man von neuem
in ihr Land eindringen könne und werde, und sie dadurch von
Baubzügen in Gallien abzuhalten , liess er nur einen TLeil der
Brücke von 200 Fuss Länge auf der Seite der Ubier abtragen;
auf der andern errichtete er einen Thurm von vier Stockwerken,
welchen ausgedehnte Linien mit einer Besatzung von zwölf
Cohorten unter den Befehlen des C. Volcatius TuUus umgaben. ' ')
Saynenses ftlüt der Beweis. Ke Manem , deren Ruinen R. am Ende
des 17. Jalirliunderls oberhalb Cunostein- Engeis, nicht weit \on Coblenz,
untersuchte, mögen römischen Ursprungs sein, aber die Rumer sind oft
über den Rhein gegangen. 14) Oben §. 23. A. 2. 15) Caes.
6, 11 — 28. 16) Uers. 6, 29. A'^gl. B. C. 3, 52. Ueber Reiffeubergs
Verinnthnng, dass die Ubier nach dem Abzüge des Tnllus den Briickenkopl
besetzt nnd erweitert Iiaben , und dadurch ein Ort Regio TullJ , entstellt
XXI. lULII. (31. §.30.) 33t
Dann zog er in der Zeit, \vo die Früchte zn reifen an-
fieng-en, durch die Ardennen gegen Ambiorix. So lange dieser
Schlaue lebte, 'welcher die Römer eben so iinTersöhnlich hasste,
als er mit der grössten Gewandtheit ihren Schlingen zu entgehen
Wiisste, "war auf Ruhe in der Provinz nicht zu rechnen; aber
er sollte auch büssen mit seinen Eburonen, sollte mit ihuen von
der Erde vertilgt werden, das Land, worin Titurius Sabinns und
Cotta mit ihren Cohorten gefallen waren, ' ") als Schauplatz einer
fiirchtbaren Rache den Galliern eine ^Varuung sein, oder das
Volk, wenn dessen Vernichtung nicht gelang, voll Hass von dem
Häuptlinge, als dem Urheber seiner Leiden, sich für immer los-
sagen ; deshalb leitete der Imperator den Krieg in Person. ' ^)
L. Blinucius Basilus gieng mit der ganzen Reuterei voran , sich
einzuschleichen und Ambiorix zu überfallen ; diess gelang ; man
fand ihn mit einem kleinen Gefolge in einem vom Walde ein-
geschlossenen Hause ; die Seinigen leisteten aber so lange Wider-
Stand, bis er ein Pferd bestiegen nnd sich gerettet hatte. Er
errieth, was geschehen werde; seine Eilboten durchflogen den
Gau: die Römer seien hereingebrochen, jeder möge für seine
Sicherheit sorgen, die Loosung zu einem allgemeinen Flüchten
in die Ardennen, in die Sümpfe, auf die Inseln des Meers und
auf fremdes Gebiet. Cativulcus , welcher neben ihm regierte, ' ^)
mochte im hohen Alter nicht als Abenteurer umherirren, nnd
tödtete sich mit Gift. =")
Indess näherte sich auch Cäsar. Er begnadigte die Segnier
nnd Condrusen, auf dem rechten Ufer der Maas südlich von den
Eburonen, unter der Bedingung, dass sie diese auslieferten, so
•viele bei ihnen als germanischen Stammgenossen Schutz gesucht
Latten. Um auch die Uebrigen schneller zu erreichen , liess er
alles Heergeräth nach Aduatuca bringen, einem Orte in der IMitte
RJgodnlnm, enUtanden sei, -nelclien er in dem Dorfe Rigol, Reol, Renl
wieder erkennt, s. Simon S. 102 f. ^-rl7) Oben {,. 27. A. 55 f.
18) Caes 6, 29. 34. §. 5. 7 n 8. 43. §. 3. B. G. 8, 24 fin. Liv. 107.
Die 40, 32. Gros. 6, 10. 19) Oben a. a. O. 20) Caes. 6, 31.
Taxo se exanimavit. Plin. 16, 20 (10). Siniilis bis tasns. Mas noxio
frnctu. Letale quippe baccis, in Uispania praecipue, Tenenum inest. Flor.
4, 12. §. 50. Veneno, qnod ibi (iu ilisp.) Tutgo ex arboribus taxeis ex-
jirimitur, praecepere mortem.
332 XXI. lULlI. (31. §.30.)
iLres Landes,") wo im vorigen Jahre Titiiriiis Sabinns und
CoUa l,ig^erten, ' -) und jetzt die vierzeLnte Legion, eine der zuletzt
ausgehobenen, mit 200 Reutern und den Kranken unter Q. Cicero
BefeLIen zuriickbiieb. Dann tlieille er die Truppen; Labienus
verwüstete mit drei Legionen das Land nach dem Meere Iiin
an den Gränzen der Menapicr; eine gleiche Anzahl zog mit
C. Trebonius in die Gegend, wo es das Gebiet der Aduatuken
berührte; die übri en drei folgten dem Oberfeldherrn nach der
Sabis (.Sanibre) und dem äussersten Rande der Ardeunen, weil
man dort Ambiorix mit seinen wenigen Reutern zu finden
hoffte; '') in sieben Tagen sollten Alle wieder bei Cicero ein-
treffen. ]Mau wollte die Eburonen an der Flucht hindern, nicht
aber selbst sie in ihren Schluchten aufsuchen, weil sie bei ihrer
Ortskenntniss kleine vereinzelte Abtheilungen leicht übermannen
konnten ; Cäsar bot die Nächbaren gegen sie auf, Belgier gegen
Belgier , und weder Vaterlandsliebe noch Mitleiden noch die
Furcht vor einem gleichen Schicksale hielt ihre Raubgier in
Schranken ; sie kamen und mordeten ihre Brüder. Aber die
21) Caes, 6, 32. Impedimenla Adnatncam contnlit. Id casteUi nomen
est. IIoc ferc est in mediJs Ebnronum finibiis ; zn unterscheiden von
Aduatnciim oder Adiiaca Tnngrorum, Tongern ^vesllich yon der Maas, nicht
"weit von Liiltich, Cäsar erwähnt die Tungri noch nirlit; er nennt das
Volk dieser Gegend Adnainci, jVachkommen der Cinibern und Teutonen,
welche auf dem Zuge nach Italien hier ihr Gepäck mit 6000 Manu znriick-
liessen ( 2, 29 ). Die Adnatnken mögen tou den Eburonen, deren Gebieter
sie später Tnirden, (Caes. 5,27) auf das linke Ufer jenes Flusses gedrängt
sein , "wälirend ihrem ersten Hauptorte der alte Name verblieb ; in diesen
Zeilen erhielt Belgien oft neue Be>yohner aus Deutscbl.(iid. Ausser der
bestimmten Angabe Cäsars über die Lage des hier besprochenen Adnatiica
hat auch die Bemerkung einiges Gewicht, dass die Siganibrer es vom Rheii^
her erreichten, ohne über die Blaas zn gehen (6, 35). 22) Mau be-
uiiizte die noch vorhandenen Schanzen. Caes ö, 32. Von der jeizigea
Besatzung v\-ird 6, 37 gesagt: Plerique novas sibi ex loco religiones finguni:
Cottaequc et Titiuii calamii -^m, qui in eodcm occiderant castello , ante
ocolos ponnnt. Oben §. 2/. A. 47. 23) Caes. 6, 33: Ad flumen
Scaldem, qnod inlluit in Mosam. S, die Ausleger in ed. Oudend. Die
meisten llaudschriflen haben Sraldem (Scheide), einige und der griechische
Metaphrnst .S.ibin, und diese l.psail ist die richtige ; ileun die SaniLro, nicht
«lie Sclielde ergicssl sicli hei ^ianiür in die IVIaas, und Ciisar konnte in
sieben T.Tgen nicht >on Adualnca nach der SthclJe und zurückgciui.
XXI. lULlI. (31. §.30.) 333
NacIiricLt, dass man !n Gallien ungestraft plündern dürfe, ver-
breitete sicL auch Jenseits des, Rlieins; 2000 .Sigaiiibrer zu
Pferde-') setzten unterhalb der rüiiiisrhen Brücke über den
Fluss. An Streifzüge in Bruch und Dickigt g'ewölint drangen
sie schnell bis in die Nähe von Aduatuca vor, und hörten nun
von Gefangeneu, ^Ye!che sie zu AVerkzeiigen ihrer Rache ersahen,
dass dort von einer schwachen und feigen Besatzung- die Schätze
des ganzen römischen Heers aufbewalxrt werden. Cicero hatte
seiner ]\[annschaft nicht erlaubt, das Lager zu verlassen; so -svar
es ihm von Cäsar geboten; als dieser aber nicht zurückkam, ent-
sandte er am siebenten Tage fünf Cohorten mit vielen Knechten
lind Lastlhiereu, Getraide zu holen ; dreihundert Krieger, grössten-
theils aus anderen Legionen , welche wegen Krankheit bei ihm
geblieben nnd jetzt hergestellt waren, schlössen sich an. Blan
WHSste, dass neun Legionen im Felde standen und ahndete keine
Gefahr. Gerade an diesem Tage erschienen die .Sigambrer; sie
schlichen unbemerkt durch einen AVald und stürmten gegen das
nächste Thor, wo die Wache nur mit der äussersten Anstrengung
sich ilirer erwehrte. Im Innern gerieih Alles in Aufruhr; die
jungen Legionare waren noch ohne die Weihe , welche man
durch den Krieg' erhält ; in wilder Eile liefen sie zwecklos durch
einander; niemand zv^eifelte, dass Cäsar mit dem Heere erschlagen
und dieser Ort, wo Titurius und die .Seinigen geblutet hatten,
vom Schicksale zum Grabe der Römer bestimmt sei; jede Nach-
richt fand um so melir Glauben, je schrecklicher sie war, und
endlich wurden Führer nnd .Soldaten durch das Geschrei betäubt,
der Feind stehe bereits im Lager; auch Cicero verzagte, und
jubelnd ermunterte ein Barbar den andern, die Beute nicht fahren
zu lassen. Da gab ein vielfach bewährter Centurio der zwölften
Legion, P. Sextius Baculus,-') den Dingen eine "VV^endung.
Krank und erschöpft kämpfte er im Thore voran; sein Beis])iel
weckte die Nächsten aus der Erstarrung-, dann auch die Uebrig-en;
als man ihn schwer verwundet aus dem Getümmel trug-, waren
die Wälle nicht mehr von Verlheidigern entblösst. Und doch
verdankte man einem Zufalle das Äleiste. Die Sigambi-er er-
blickten die fünf Cohorten, welche von ihrem Geschäfte ziirück-
24) Oben §. 25. A. 95. 25) Caes. 6, 38. vgl. 2, 25. 3, 5.
334 XXI. lULlI. (31. §.30.)
kehrten; sie waren anfangs der Meinung, dass Cäsar mit der
Hauptmacht nahe, dann übersEihen sie die kleine Schaar, und
grilfen sie an. Voll Schrecken warf sich der Tross auf die
]>Iani|)eln , welche das unerwartete Ereig-niss nicht weniger aus
der Fassung brachte; einem Theile gelang '%s, sich mit dem
Ritter C. Trebonius durchzuschlagen; die Anderen rerliessen
einen Hügel, wo sie sich aufgestellt hatten, um ihren älteren
Gefährten zu folgen, und ^^^Irden dadurch in ein Gefecht ver-
wickelt, in welchem sie sich aber auch den Weg zum Lager
öffneten. Zwei Cohorten wurden gefangen oder getödtet; ")
aber die Sigambrer begaben sich in ihre Heimath, weil sie an
der Eroberung der feindlichen Schanzen verzweifelten. Man
konnte sich hier noch immer nicht beruhigen, nnd glaubte Ver-
sprengte zu sehen , als Cäsars Reuter mit C. Volusenus sich
zeigten; ^') der AVatn, dass der Imperator gefallen sei, dauerte
fort , bis er selbst eintraf. Er rügte es , dass Cicero seine Ver-
Lahungs - Befehle nicht streng befolgt hatte; es lag darin eine
Warnung für alle Legaten; wenn jener mit seiner Legion über-
wältigt wurde , so strömten neue Horden ans Germanien herbei,
und die Gährung in Gallien kam augenblicklich zum Ausbruch.
Nach einem kurzen Aufenthalte in Aduatuca leitete Cäsar
die fernere Verheerung des eburonischen Gebiets durch die be-
nachbarten Völker. Die Häuser wurden niedergebrannt, alle
Sachen von Werth fortgeschalTt, und die Feldfrüchte iheils ver-
braucht , theils durch heftige Regengüsse verdorben ; die Natur
half die Einwohner, die „Verbrecher",^*) dem Hungertode
überliefern. Es ist die trostlose Lehre der Geschichte aller
Zeilen, dass der Blächtigere ond Klügere die Schwächeren unter-
drückt, nnd kriegerischen Blulh, Liebe zur Freiheit und zum
Vaterlande an ihnen verdammt ; nur wenn es dem eigenen Heerde
gilt , treten jene Tugenden in ihre Rechte, nnd oft vereinigt sich
an den Altären der Dank für Siege, wodurch man dem ruch-
losen Eroberer gewehrt und seine .Stelle eingenommen hat. Unter
den Eburonen mochte niemand durch einen Verralh an Ambiorix
sich lösen; er eutgieng mit seinen vier Begleitern der Reuterei,
26) Caos. 6, 40. 44. 27) Hers. 6, 41. Vgl. 3, 5. 28) Ders.
6, 34.
XXI. lULn. (3i.§.3i.) 335
■welche in Erwartung eines grossen Lohns ihn rastlos verfolg-fe,
und nach der Aussage der Gefangenen ilini oft nahe ^yar, ohne
ihn zu erreichen. Wann und wo er endigle, ist unbekannt, aber
seinen Gau, wo er nie wieder eine Stätte finden sollte, verwii-
.stele man spater nochmals mit Feuer und Schwerdt. ^**) Weni-
ger strenge bestrafte Cäsar den Aufstand der Senoneu nnd Car-
uuteu auf einem Landtage zu Durocortorum , einer Stadt der He-
mer, (Kheims) wohin er das Heer zuriickfiihi-te ; nur die Häupter
biissteu; er liess Acco hinrichten,^") und verbannte die übrigen,
welche endlohen waren. Dann schickte er zwei Legionen zu
den Trevirern und zwei zu den Liugonen ( zwischen den Bel-
giern und Aeduern in der Gegend von Langres an den Quellen
der Marne) in die AV^interquartiere ; sechs verlegte er nach Agen-
dicum im Lande der Senonen (Sens) und in dessen JVähe, um
die Völker zwischen der Sequana und dem Liger zn bewachen.
Er reis'te darauf unter dem gewöhnlichen Vorwande der Rechts-
pflege nach Italien, ■«'o er im vorigen Jahre nicht gewesen war. '' )
In seiner Provinz herrschte scheinbar nach den Strafgerichten ein
tiefer Friede.
§ 31.
(a. 53.) Es gereichte ihm zu grossem Voi;theil , dass Pom-
pejus, der Proconsul von Spanien, auch jetzt vor Korn blieb, und
die Ooliiuaten durch das Schreckbild der Dictatur beschäftigte.^')
Poinpejus beförderte einen gesetzlosen Zustand, damit man- ihm
zur Abhülfe jene Würde verlieh. Die Bestechungen der vier
t'audidalen des Cousulats begünstigten ihn,^^) und er hatte vor-
erst die Gennglhuung, dass Rom im Anfange des Jahrs ohne
Cousuln war. Auf dieser Grundlage konnte er weiter bauen,
und Viele halfen , aber die Frucht der langen Anstrengungen war
ein Luftschloss. ^ *) Zu seinen thätigslen Werkzeugen gehörten
29) Ders. 6, 43. B. G. 8, 24. 25. Unten §. 35. A. 57. 30) Caes.
6, 44. Oben A. 7. 31) Caes. 1. c. u. 7, 1. 6. Dio 40, 32. Oros.
6, 10. 32) Oben §. 28 in. 33) Das. A. 97. 34) Cicero schrieb in
ttiesem Jahre nicht an Atlicus, welclier ans Asien n. Ton seinen Gütern
in Epirns zurückgekehrt war. In den wenigen inhaltleeren Brieten vou
Andern (s. {. 30. A. L) beklagt er sich über die grosse Zahl der Zwi-
336 XXI. lULII. (31. §.31.)
die Tribüne Luccejus Hirrus ") und Coelins Vinicianns '*) nebst
Q. Pompejus Rufiis, welclier im folgenden Jahre diess Amt ver-
^vallete. '') Jene beniiicLtif;(en sich der ölfentlichen Geschäfte;
sie vertraten unberufen die Magistrate , unter Anderem die Prä-
foren bei den Spielen.^') Ungiinstig-e Anzeichen, auch eine Feuers-
briinst , wodurch ein Theil der Stadt in Asclie geleg-t wurde, dien-
ten zum Verwände , unter welchem sie nach dem Wunsche des
Triumvir die Wahl der höheren Beamten verhinderten. ^ ') Diess
führte in der Curie und auf dem Blarkte zu lebhaften Erörte-
rungen; insbesondre suchte Pompejus Kufiis das \ olk aufzurei-
zen; er wurde deshalb auf Befehl des Senats verhaftet, jedoch,
wie die Folge lehrt, bald wieder entlassen. '") Der Vorschlag
des Hirrus und der mit ihm einverstandenen Collegen , Krieg-s-
tribune mit Consular - Gewalt zn wählen, sollte ihre guten Ge-
sinnungen beurkunden, als Ausweg eine Einigung der Parteien
vermitteln, in der That aber neuen Verzug bewirken, da sie
wussten, dass diese Verwaltungs-Fonn nicht beliebt war.*')
Indess gedachte man immer wieder der Dictatur; nur Pompejus
regte sich nicht; er entfernte sich sogar weiter von der Stadt;
wer ihn länger beobachtet hatte, konnte die Ursach ahnden:*-)
in seiner Abwesenheit beantragte Hirrus in Verbindung mit Coe-
lius Vinicianus bei dem Volke seine Ernennung. Dem Senat
erschien dieser Eingriff in seine Rechte als das kleinere Uebel;
weniger das Mittel als der Zweck machte ihn bestürzt, und BI. Cato
Sctienkönige, aä Fam. 7, II. iilrigoiis mochte er ans Vorsictt cUe öffentli-
chen Angelegenheilen nicht berühren; ad Fam, 2,4. sie hatten auch in
seiner Eruie. igung kein Jnteresse für ihn ; Ulilos WaU ziim Consul für d.
J, 5ü ausgenommen , "weil dieser ihn gegen Clodius beschützen sollte, ad
Fam. 2, 6. 5- 2. Oben J. 29. A. 31. Den April verlebte er auf dem Lande,
ad Fam. 7, 18. $. 2. 35) Oben §. 28. A. 4. 36) Das. A. 5. 37) 2.
Th. 347. A. 79. 348. A. 86. 365. A. 10. 414. Ä. 79. Pigh. 3. 405 n.
412 n. nach s. A''org.Tnge Tiele Andere halten ihn für den Collegen der bei-
den Vorigen, Tvelclier -nührcnd der Zvrischenregiening bis ins folgende
Jahr oder bis Blilos Verurllieilnng Tribun geblieben sei. Dio 40 , 45. ■vgl.
49 giebt ihm diesen Titel irrig schon in d. Geschichte des J. 53. S. Ascon_
arg. Blilon. p. 34. 38. enarr. p. 43. ed. Orell. 38) Dio 40, 45. 39) Ders.
1. c. 40, 17. Oros. 6, 14 7, 2. Obseq. 125 int in d. Zeit. 40) Dio
40, 45. Unten A. 56. 41) Dio I. c. 42) Ders. I. c, Tlut, Pomp, 54.
Caes. 28. App. 2, 438 fia.
XXI. IinJI. (3i.§. 31.) 337
widersetzte sich mit solchem Nachdruck, dass Ilirnis in Gefahr
gerietL, sein Amt zu verlieren,*^) und die Anhänger des Trium-
vir versicherten, er habe keinen Theil daran.") Diess bestä-
tigte er selbst, als er jetzt nach dem misshmgenen Versuclie zu-
rückkam.**) Cato lobte ihn, aber er nahm ihn auch beim Wort';
auf sein Gutachten wurde Pompejiis vom Senat aufgefordert, flir
Kühe und Ordnung zu sorgen. * ^) Die Götter warnten nicht
mehr, die Tribüne schwiegen, und Domitins Calviuus wurde mit
Valerius Messala im Quinlil (Juli)*') ffir dieses Jahr zum Con-
sul gewählt,**) obgleich Beide wegen Erkaufung der Stimmen
angeklagt waren , und der Erste sogar mit deu vorigen Gousuln
einen strafliaren Vertrag geschlossen hatte. *^)
Cato also glänzte als Wortführer der Aristocrafie , da Cicero
sich zurückzog. Stets verwechselte er Namen und Sache, Form
und Wesen. Er konnte es wissen, dass Pompejus mit dem Ti-
tel, nach welchem er sich sehnte, nicht gefährlich sein, dass er
nicht mehr unternehmen werde, als er später nach seiner Wahl
zum cJIeinigen Consul unternahm. Wenn die Oplimaten bei einer
richtigen M'^ürdigung seines Characters und der öffentlichen An-
gelegenheiten seine Wünsche erfüllten, so waren sie der Rei-
bungen und tribunicischeu Bewegungen überhoben; sie verloren
wenig-er an Ansehn und befreundeten sich den Mann , mit wel-
chem sie zuletzt bei jener Wahl dennoch dingen mussfeu, und
dessen Hülfe gegen Cäsar sie nicht entbehren konnten, wie schoa
sein eigenes Verhältniss zu diesem ihn in Schranken hielt, da
auch er den Beistand des Senats bedurfte. Aber am meisten irrte
43) Cic. ad Farn. 8, 4. Plut. 1. c. wo er Lucillns (Lnccejns) genanat
wird; Dio 1. c. Cicero änsserle seinen Scliiiierz nnr im Umgänge mit Ver-
f ranlen n. mit grüsster Vorsicht in Briefen, ad Farn. 2,4: locerne tecnm
per literas ? civem mehercnle non pnto esse , qni temporibus liis ridere pos-
sic. ad Farn. 2, ä: — Ita stint omnia debilitata et prope iam exstincta.
Sed liaec ipsa nescio , rectene sint literis commissa. Qnare caetera cogno-
sces ex aliis. Tu tarnen, sive habes aliqu.-un spem de re pu]>lica, sive de-
speras: ea para, raeditare, cogila, quae esse in eo civi ac viro debent, qni
sit rem publicam atllictam, et oppressam miseris temporibus, ac perditis mo-
ribus , in veterem dignitatem ac libertatcm Tindicatoros. 44) Flut, l.^ c*
45) Dio 40, 46. 46) Plnt. Pomp. 54. Dio 40, 45. 47) Im siebenten
Monate Dio 40, 17. 46, nicht im achten App. 2, 438 fin. 48) Domilii
CalT. Hio. 6. 5. 2. A. 52. 49) Das. J, 1. A. 26. Hier §. 28.
Drumann, Ocschichte Uonis 111. 22
338 XXI. lULII. (.M.§. 31.)
Pompejus. Es entg;leng ihm, dass Sulla nicLt herrschte, weil er
Dictator war, sondern weil er über ein siegreiches Heer gebot,
wie jetzt Cäsar; dass seia Weg schon Marius und Cinna nicht
znm Ziele geführt hatte , da ihre Senats - und Volksbeschlüsse von
dem Gegner verlacht wurden ; dass ein Feldherr , welcher sich
nur durch sein Gewand und als Ruhestörer bemerklich macht, und
durch Land und Meer von seinen Truppen getrennt wird, weder
Bewunderung nnd Liebe noch Furcht erregt, nnd dass sein Spie]
schon deshalb ein gewagtes war, weil es zugleich die Aristocra-
tie nnd Cäsar bedrohte und warnte.
Gegen Ende des Jahrs gieng die Nachricht ein, dass M.
Crassus mit dem grö'ssten Thelle seines Heers von den Parthern
erschlagen sei, ein schmachvolles Unglück für alle Römer, wel-
ches aber die Optimaten mehr in Beziehung auf das Innere des
Reichs berührte. Im Duumvirat war die Stellung des Pompejus
und Cäsar eine andre als bisher ; Crassus hatte als Vermittler sie
getrennt, sofern er mit seinem Reichthume nnd Anhange Rück-
sichten forderte. Die Alten legen jedoch auf jenes Ereigniss ein
zu grosses Gewicht, wie auf Julius Tod, weil sie Cäsars Selbst-
ständigkeit, sein plannlässiges Fortsclireiten verkennen ; wenn man
ihnen glaubt, so haben Zufälligkeiten ihm seine Entwürfe einge-
geben und ihn gehoben, Alit seinem Gelde konnte Crassus ihn
fordern, aber er konnte in der entscheidenden Zeit den Lauf der
Dinge nicht hemmen, selbst nicht-, wenn er die Arsaciden über-
wand, wie Pompejus Mithridat; weder als Feldherr noch als
Staatsmann war er dem Proconsul von Gallien vergleichbar ; auch
begehrte er nicht der Erste, sondern der Reichste zu sein, und
würde in einem glücklichen Kriege den Euphrat nicht verlassen
Laben, um in Italien Ruhe zu gebieten, oder einen Ehrgeiz zu
befriedigen, welcher in seinem Alter von der Habsucht völlig er-
stickt war. ' °) Schon vor ihm fiel sein Sohn Pubiius , früher
Cäsars Legat in Gallien. Dieser hatte ihn mit 1000 gallischen
Reutern zum Vater geschickt. ' ') An seiner Stelle wurde Ci-
cero, nicht Hirrus dessen Milbewerber, von Hortensius und Pom-
pejus unter die Augurn aufgenommen. ' *)
SO) 8. Liciaii Crassi. £1) Plal, Crass. 25. &2) Horteusii No. 7.
6. A. 36.
XXI. lULII. .«i.§. 32.) 339
Es Latfe grossen WeriL fiir iLn, aber er wiinscLte nun aiicL
seiner Sicherheit wegen, dass Milo, mit -welchem Plnuliiis H^p-
säus und Metellus Scipio sich bewarben, zum Consiil gewühlt
wurde; '^) denn Clodius hoffte im nächsten Jahre Priilor zu sein,
nud konnte seine amtliche Gewalt ohne ein Gegengewicht leicht
zum Nachtheile seines Feindes luissbrauchen. Ponij)ejiis verlobte
sich mit Scipios Tochter, und erklärte sich gegen Bliio, wodurch
er von neuem Clodius zugeführt wurde. In der That aber nahm
er nur seinen alten Flau wieder auf; die Strassengefechte zwi-
schen den Banden des Milo und Clodius, welcher voraussah, dass
er unter dem Consulat seines Gegners sich nicht werde regen diir-'
fen, wurden ihm nützlich, sie sollten ihm zur Dictatur verhelfen.
Mochten die Consuln im Trauergewaude in der Curie erscheinen,
und durch eine Verfügung des Senats die höheren Blagistrate
fünf Jahre von der Verwaltung der Provinzen ausscliliesseu , die
Gewalllhäligkeiten dauerten fort, und Rom erhielt weder Con-
suln noch Prätoren.'*) Auf Cäsars Bitte beförderte Cicero die
Wahl des M. Antonius zum Quästor, welcher sich dagegen er-
bot, Clodius zu tödten,") und Pompejus Rufus, seit dem zehn-
ten December V.Tribun, rächte sich dadurch, dass er den Aedil
Favonius ins Gefängniss schickte, für seine Verhaftung; er wollte
zugleich den kühnen Schwätzer und noch mehr Cato , sein Vor-
bild, von feinerem Widerspruche gegen die Ernennung des Pom-
pejus Magnus zum Dictator abschrecken, ' ^)
§ 32,
a. 52. Im Jannar wurden diese Umtriebe durch die Ermor-
dung des Clodius begünstigt ; Rom sah sich von neuem der Wuth
der Parteien preis gegeben uud der geäugstigte .Senat ermächtigte
Pompejus, über die Sicherheit der Republik zu wachen uud ia
Italien Truppen auszuheben ; im folgenden Blonat' übernahm der
Triumvir allein das Consulat.") Der halbe Sieg legte doch
grosse Mittel in seine Hand, und das Schicksal des Reichs hieng
davon ab, wie er sie gebrauchte.
53) ad Farn. 2, 6. 5- 2 giel)» er andere Griiiide an. ü) 2. Th.
340. A, 26 f. 65) Das. 342. A. 37. 56) Die 40, 45. Oben A. 40.
Favon. A. 59. 57) 2. Th. .147.
90 *
340 XXI. lULII. (31. §.32.)
Cäsar warb im cisalplnlscten Gallien; er wollfe Lier znr
BeobacLtung seines Gegners länger Tcrweilen, als in der jensei-
tigen Provinz ein nener Krieg begann, der blutigste und gefabr-
vollsfe unter allen. '^) Nach secbsjäbriger UnterjocLung betrauer-
ten die Gallier nicht nur den Verlust ihrer Freiheit ond ihres
Ruhms; sie hatten durch Steuern, Winterquartiere, Plünderung,
Verwüstung ihrer Blarken und furchtbare Strafen auch alle Bit-
terkeilen der Knechtschaft empfunden , und nicht mehr Einzelne
sondern das ganze Land. Ihre früheren Versuche, die Römer
theilweise zn vernichten, waren nicht völlig misslnugen; es kam
nur darauf an, dass sie ilinen inehr Ausdehnung und Zusammen-
bang gaben, und diess erleichterten die Abwesenheit des Procon-
suls, die Vorgänge in Rom, in welche er ohne Zweifel ver-
wickelt war, die Jahrszeit, der Mangel, die schlechten "Wege,
welche fremden und geordneten Kriegern am verderblichsten sind,
und Imperator und Heer von einander trennten. Die Häuptlinge
beriethen sich in Wäldern und an abgelegenen Orten ; Accos Hin-
richtung hatte sie erschüttert; '') auch über ihnen schwebte das
Schwerdt, denn keiner wnsste sicli rein. So versprachen sie den
Hochherzigen , welche in dem allgemeinen Nothstande das Werk
der Rettang anfangen würden, reichlichen Lohn und treue Hülfe.
Die Carnuten waren bereit; sie erschlugen am Morgen in ihrer
Stadt Genabum (Orleans) die römischen Kauüeute und Wache-
rer, und schon am Abend gelangte die erfreuliche Nachricht zu
den Arvernern in Gergovia (Auvergne , in der Gegend von Cler-
mont).. Hier hafte ihr Vercingetorix , einer der Vornehmsten,
dessen Vater wegen seiner Herrschsuclit getödtet war, mit Un-
geduld entgegen gesehen.*") Sein Oheim nnd die übrigen Grossen
zwangen ihn, die Stadt zu verlassen, weil sie Cäsars Rache
fürchteten, aber das Volk war mit ihm; er vertrieb die Feigen,
und wurde zum Könige, imd fast vom ganzen nordwestlichen
58) Caes. 7, 1 f. Liv. 107. Plnt. Caes. 2S. Dio 40,33. S(raI)o4, 191.
Flor. 3, 10. §. 20. Oros. 6, 11. 59) Oben §. 30. A. 30. 60) Flor.
1. c. Ille corpori», armis spiiitiiqne terribilis, noniiiie eliam quasi tcrrore
composilo, Vercingclovix. Vgl. Dio 40, 41. Im Vorigen ist der Trevirer
Cingelorix oft erwähnt; (Caes. 5, 3. 6, 8.) die Bedeutung der Torgeselz-
ten Sylbe, vrclche sich auch in d. Namen des A''eigasillaunus £ndet, (Caes.
7 , 76) kennen wir nicht.
XXI. lULII. (31. §.32.) 341
Gallien, welcLes seine Gesandten an die gescLworenen Eide er-
innerten, znin OberanfiiLrer gewählt. In ihm war melir als in
Induciomarus und Ambiorix ; mit seiner Kraft, ScLlauLeit, Uin-
sicLt, EntscLIossenLeit und Ausdauer scLien er für die Zeiten ge-
spart zn sein, wo man eine solcLe Heldenseele verstand, und das
Vertrauen zu ihm und der Abscheu gegen die Unterdrücker schu-
fen seine Heere, nicht, wie Cäsar es darstellt, Marter und To-
desstrafen, obgleicli der Gedanke an sein grosses, folgenreicbes
Unternehmen und an die eigene Verantwortlichkeit ilm bei Schlaff-
heit nnd Verrath nuerbittlich machte.
Er befand sich zwischen den Legionen nnd der narbonensi-
schen Provinz, wohin er zu den Butenern (Rouergue) den küh-
nen Gadurker Lucterius entsandte,^') den Aulruhr zu entflam-
men, den Proconsul fem zu halten, nnd ihm selbst den Rücken
zu decken; dann zog er gegen Norden zu den Biturigen (Berrj).
Dunkle Gerüchte von einer Verschwörung Latten die Winterla-
ger jenseits des Liger (Loire) schon früher erreicht; ^^) jetzt
wurden sie zur Gewssheit; die Römer schickten Eilboten zu Cä-
sar; auch die Aeduer, welche auf iliren Rath den Biturigen, ih-
ren westlichen Nachbaren, Beistand leisten wollten, machten sich
verdächtig; sie kehrten um, weil sie angeblich einen Hinterhalt
fürchteten, und jene vereinigten sich mit den Arvernern. Acht
Legionen waren in der Nähe; sie konnten von zwei Seiten vor-
gehen, die Gallier in die Bütte nehmen nnd den Aufruhr im
Werden ersticken; es schien nicht rathsam, Befehle zu erwar-
ten, welche man unter jeder Bedingung zu spät erhielt :. aber die
Legaten schreckte das Unglück des Titurius Sabinns , und nie-
mand hatte das Recht oder den Blulh, den anderen zu gebieten.
Cäsar durfte keine Zeit verlieren ; er musste den Feldzug eröff-
nen, und war ohne Heer. ^^) In der Provinz, wo Lucterius
mit den umwohnenden Stämmen gegen Narbo vordrang, fand er
wenige Truppen, und auch die Neugeworbenen aus Italien bilde-
ten nur eine kleine Schaar; dennoch wies er den Feind dui'ch
61) Stiabo 4, 191 nennt einen gaUischen Fürsten früherer Zeit ine-
rins, Liv. 38, 16 einen Andern Lutnrins; Crieclien n. Rünier entstellten
ilic Namen der Barbaren. 62) Oben §. 30 fiii. 63) Änch nicht er-
freut : Urhanas res virtute Cu. Pomiieü cominodioiem iu statiuu pcrveuisse'
Cacs. 7, 6.
342 XXI. lULn. (31.5.32.)
die Besetzung: der ßrrjuzplätze zurück, und zog mit der tibrigen
Blaiinscli.'ifl diircL das Land der Heivier und den liefen Schnee
der .Siiveniien zn den Arvernern. Die Keuterei streifte nach allen
Richtungen und verniflirle den Sclirecken über seine unerwartete
Ankunfl. Seine Absiciit, die Aufmerksamkeit auf diesen Punct
zu lenken, nnd iudess auf einem andern durchznscliliipfen, wurde
erreicht ; Vercingetorix näherte sich aof die dringenden Bitten der
Seinigeji, während er die Truppen, welche leicht in das Gebirge
entfliehen konnten, Decimus Brutus übergab,**) und auf Umwe-
gen über Vienna (\ ienne an der Rhone) und unter dem Schutze
der dort zum voraus aufgestellten Reuter dnrcli das Land der
Aeduer zu den Lingonen gelangte, unter welchen zwei Legionen
lagerten (Gegend von Laingres au der Blame.j. Das ganze Heer
wurde bei Agendicnni (Sens) zusammengezogen, ehe noch die ihm
verdächtigen Provincialen , durch deren Gaue sein Weg führte,
oder Vercingetorix tou seinem veränderten Entschlüsse unterrich-
tet waren. **)
Dieser ^ah sich getäuscht ; ein Hauptstreich war verfehlt und
die kostbare Zeit auf unnütze Hin- und Herzüge verwendet; in-
dess hörte man bald , dass er wieder gegen den Liger vorgerückt
sei, nnd den Hauptort der Bojer belagere.**) Wie auch der
Winter Be^vegiingen imd Zufuhr erschweren mochte, so durfte
man doch in einem Augenblicke , wo ganz Gallien sich zum Ab-
fall' neigte, schon der öffentlichen Äleinung wegen ein befreun-
detes Volk nicht verlassen. Zwei Legionen blieben nüt dem Ge-
päck' in Agendicum ; die übrigen nahmen auf dem. W ege nach
dem Liger, westlich von jeuer, die senonische Stadt Vellauno-
64) Oben J. 22. nach A. 80. 65) Prins omnes legiones ia nnnm lo-
cnm cogit, qnam de eius odvenla ArTernis nunciari posset. Caes. 7, 9.
Ante in media Gallia fiiit, quam ab nllima timeretnr. Flor. 3, 10. §. 22.
t)6) Der Name d. Slad« ist nngewiss ; er hatte Aehnlicbkeil mit d. Namen
der arvernischen GergOTia, welcher daher als der bekanntere in Terschie-
denen Formen anch hier (Caes. 7, 9) von d. Abschreibern aufgenommen
ist. S. die Crii. in ed. Ondend. Cäsar niiterscheidet aber 1. c. u. 34 sehr
bestimmt den bojischcn n. den arvernischen Ort, n. dicss fordert anch die
Geschichte des Kriegs, Vfelcbes Reicbard in d. neuen geogr. Ephem. VII.
1. II. in d. geogr. Kachweis, S. 9 verkennt. Die Bojer waren a. 58 mit
d. Ilclvulicru in Gallien eingefallen, n. hatten diese Wohnsitze von Cäsar
erhallen. ObtHi (:. 18 fin.
XXI. lULII. (31. §.32.) 343
danum, (in der Gegend von CLateau - Landoii) welcLe C. Trebo-
niiis besetzte, und ersctieneii dann eben so scLnell vor Gena-
biiin; (Orleans) sie ergriffen die Einwohner, (Jeirnnten, als sie iii
der Nacht über den Liger zn entfiiehea versnchten, und plünder-
ten und verbrannten den Ort, die hier getö'dteten Römer zn rä-
chen. Die Beute wurde unter die Soldaten vertheilt. ^ ') Nacb
dem Uebergaiige über den Flnss zeigte sich Cäsar südlich von
Genabum iin Lande der Bittirigeu vor Noviodunnm (Nouan zwi-
Bchen Orleans und Bourges). Es wollte die Waffen ausliefern,
als es bei dem Anblick' der Renterei des Vercingetorix, welcher
sein Unternehmen gegen die Bojer aufgab, sich zu vertheiJigen
beschloss ; aber die Reuter im römischen Heere , besonders die
germanischen, trieben jene zarück, und die .Stadt öffnete die Thore.
IDnter den Mauern fanden die Gallier keinen Schutz ; wie wenig
sie in der Feldschlacht vermochten , hatte eine lange Erfahrung
gelehrt ; nichts schien übrig zn bleiben , als dass sie ihre Städte
bis auf die haltbarsten und alle anderen Wohnplätzo mit Feuer
zerstörten , und unter der Begünstigung des Winters und einer
überlegenen Reuterei den Feind durch Hunger besiegten. Ihr
Anführer trug darauf an, und der Rriegsrath willigte ein; nur
bitten die Biturigen für ihr Avaricnm; (Bourges an den Flüssen
Auron (Avara) und Eure) kein andrer Ort komme ihm an Schön-
heit gleich, auch werde es bei seiner natürlichen Festig-keit nicht
an die Römer übergehen. Vercingetorix wurde überstimmt; er
ahndete, dass diese Ausnahme das schreckliche Opfer, welches
man durch die Einäscherung von zwanzig biturigischen und vielen
anderen Städten der Freiheit brachte, nutzlos machen werde, und
folgte dem Gegner vor Avaricum, wo er in einer Entfernung
von 16,000 Schritten sein Lager aufschlug. In dieser Stellung
konnte er die Römer beobachten, sie überfallen, wenn sie ihre
Werke verliessen , und ihnen die Zufuhr entziehen.
Cäsar besetzte den Raum zwischen Fluss und Snmpf; die
Stadt mit Wall und Graben völlig einznschliessen , erlaubte das
Oertliche nicht , und doch niusste er hier bald endigen , da schon
in den ersten Tagen Älangel entstand. Seine Truppen forderten
iliu auf, nicht nachzulassen, und zn Ehren ihrer in Genabum er-
67) Caes. 7, II. Oros. 6, U.
344 XXI. lULn. (31. §.32.)
würgten Mitbürger eine blnlige Todtenfeier zu begeben ; aber die
BescLwerden uiid GefaJiren wurden immer grösser ; er mnsste
ßich zwischen Angri/f und VertLeidigung tLeilen. ®*) Auch ge-
lang es ihm nicht, sich des feindlichen Lagers za bemächtigen,
als Verciugetorix nach der Aussage der Gefangenen sich mit der
Keuterei an einem Orte , wo er die Römer auf ihren Streifzii-
gen zu finden hoffte, in den HinterhcJt legte; man konnte ihm
nicht beikommen , weil es auf einer von Sümpfen umgebenen
Höhe staud und die Brücken abgebrochen waren, und leicht ent-
kräftete jener bei den Seinigen den Verdacht, er habe sich ent-
fernt, um sie aufzuopfern; sie glaubten den Sciaven, welche auf
seinen Befehl sich Legionare nannten und versicherten, in drei
Tagen werden die Belagerer abziehen, wenn der Platz bis dahin
nicht erobert sei, da sie den Hunger nicht länger ertragen könn-
ten. Die Furcht verwandelte sich in Zuversicht; 10,000 Mann
sollten die Besatzung verstärken, damit die Biturigen nicht allein
als Sieger erschienen und ein zu grosses Ansehn erhielten. Aber
ihre Ausfalle , ihre Versuche , die feindlichen Werke durch Feuer
und Minen zu zerstören, die Erfindsamkeit , mit welcher sie die
Annäherung der Thiirme verhinderten, alle ihre heldenmüthigen
Anstrengungen retteten sie nicht, sie erbitterten nur: denn die
Römer wurden zu steter AVachsamkelt , zu einer ununterbroche-
nen, ermüdenden Thäligkelt gezwungen; zwei Legionen standen
fortwährend unter den Waffen, die anderen wechselten bei der
Arbelt, und ohne hiiilängDche Pflege, ohne Schutz gegen Kälte
und Regen, in der rauhesfen Jahrszeit und auf durchweichtem Boden.
Verciugetorix überzeugte sich endlich, dass mein die Stadt aufge-
ben müsse, und wollte wenigstens die Streiter dem Vaterlunde
erhalten; er gebot Urnen, in der Nacht in sein Lager zu entflie-
Len. Sein Plan wurde diu'ch die Frauen vereitelt; sie beschwu-
ren Uire Blänner, nicht Weib und Rind dem Tode zu weihen,
und erhohen zuletzt absichtlich ein so lautes Geschrei, dass man
aus Furcht, die Wege besetzt zu finden, nichts unternahm. Am
andern Tage sah Cäsar bei einem heftigen Sturme nur wenige
yVachen. Die Legionen näherten sich uuter Schulzdächern, ohne
68) Caos. 7, 17. Liv. 107: Laboriosac obsidioncs iirbiiuu. Dio 40, 34.
flot, 3, 10. 5. 2,1. Oro-s. G, U.
XXI. lULII. (31. §.32.) 845
bemerkt zu werden , und brachen plötzlich hervor. Fast ohne
Gegenwehr wurde die Blauer ereliegen. Die Besatzung' zog; sich
im ersten Schrecken auf die grösseren Plätze zurück, wo sie sich
Bii vertLeidigen gedachte; als aber die Römer, statt herabzukom-
cien, sie auf der Blauer umkreis'ten , stürzten die .Schaaren nach
den entferntesten Thoren, wo sie theils im wldeu Gedränge von
dem nacheilendea Feinde, theils ausserhalb von der Reuterei er-
sdilagen vnirden, auch Greise, Frauen und Rinder; von 40,000
entkamen kaum 800 in das gallische Lager. *^)
Hier sagte Vercingetorix , um die Gemiither zu beruhigen:
die Körner verdanken diesen Vortheil einer Kriegslist und ihrer
Kenntniss in der Belagerungskunst, nicht ihrer Tapferkeit ; er be-
daure, dass man seinem Rathe, die Stadt zu verbrennen, nicht
gefolgt sei; aber er werde nun anch die übrigen Völker für die
gute Sache gewinnen, und dem Feinde vergelten ; zunächst müsse
man sich durch die Befestigung des Lagers vor einem Ueberfall
sichern. Zum ersten Älale sah man diese Gallier sich im Felde
verschanzen. " °) Der Abgang an Kriegern wurde durch neue
Aushebungen und durch den König der INiliobrigen ersetzt, (Age-
nois an der Garonne) welcher seine Reuter nnd aquitauische Söld-
ner herbeiführte, und auch bei anderen Häuptlingen blieben Ge-
schenke und Versprechungen nicht ohne ^^ irkuug. Koch ver-
weilte CäsEir in Avaricum, wo seine Truppen sich an den Vor-
räthen erholten, als die Aeduer ihn baten, einen Streit zwischen
zwei Grossen zu entscheiden , welche beide auf die "Würde eines
Vergobreten oder jährlichen höchsten Blagistrats Anspruch mach-
ten. ") Diese Nachricht kam zn gelegener Zeit; mit gutem
Schein', unter dem Verwände, dass der Magistrat jenes Volks
nicht über die Gränze gehen und sich bei ihm e'.ifinden dürfe, aber
allerdings anch, um eine Einmischung des Vercingetorix zu ver-
hüten, begab er sich aus seiner gefahrlichen Stellung nach De-
cetia, (Decize an der Loire) wo er auf einem Landlage Con-
victolitanis anerkannte. Er begünstigte ihn, weil die einflussrei-
chen Druiden für ihn waren , angebücJi , weil der Nebenbuhler
69) Caes. 7, 27. Tgl. 47 u. die vorige A. 70) Caes. 7, 30. Die
Aqnilauicr waren schon a. 5(> durch Anführer ans Spanien dnzn augolcitet.
Das. 3, -^3 u. oben J. 22 fiD. 71) taos, 7, 32 vgl. 1, IG.
346 XXI. lULII. (31. §.32.)
{(•eg^en die Gesetze einem noch lebenden Bruder g'efolgt sein \vHrde.
Dann forderte er Reuter und 10,000 Mann zu Fnss, welcLe er
üls Wachtposten zur Deckung- der Zufuhr verwenden wollte.
Diess war ein neues Zeichen seiner Bedrängniss ; indess nahte
die gute Jahrszeit, und er durfte nicht säumen. Er theilte sein
Iieer; vier Legionen und einige Reuterei giengen mit Labienus
"wieder gegen Norden zu den Senonen und Parisiern;") sechs
führte er längs dem Elaver (Allier) gegen die arvernische Stadt
Gergovia,'*) um Vercingetorix zur Schlacht zu zwingen, welcher
Ihm anfangs auf dem linken Ufer des Flusses zur Seite blieb, und
die Brücken bis auf das untere Pfahlwerk abbrechen Hess , dann
aber durch die zum Schein und in gedehnter Linie vorrückende
Cohorten getäuscht weiter zog. Dadurch erhielt Cäsar Gelegen-
heit, mit zwei Legionen eine Brücke herzustellen und hinüberzu-
gehen. ' *) Er erkannte auf den ersten Anblick , dass er die
Stadt, welche auf einem Berge erbaut war, nicht durch einen
Handstreich nehmen und auch nicht mit Erfolg belagern konnte,
wenn er sich nicht der Zufuhr versicherte. Diess erschwerte das
Oeriliche nnd die Nähe des Feindes. Um Vercingetorix in sei-
ner Stellung auf den umliegenden Höhen Weide und Wasser ab-
zuschneiden , bemächtigte er sich eines Hügels nnd besetzte ihn
72) Ders. 7, 34. 43. 56, nach 62 unter anderen die 7. n, 12. Legion,
S. unten {, 33 in. 73) S. oben. Caes. 7, 34 f. Liv. 107. Sneton. 25.
Flor. 3, 10. §. 24 u. 25 yerwechselt Gergovia mit Alesia. Gros- 6, II.
DJo 40, 35. Strabo 4, 191. Polyaen. strat. 8, 23. §. 9, 10, 74) Auf
das linke oder westliche Ufer des Allier, 'welcher sich in die loire er-
giesst (in Nivemois). Als Cäsar die Belagerung Ton Gergovia anflioli, setzte
er wieder über den Allier, um zu den Aeduern zu gelangen ; Caes. 7, 53.
55. er stand »nn zwischen zwei Flüssen , dem A, zur linken u. d. Loire,
welche er dann auch überschritt, zur rechten. Das. 56, Die Stadt lag also
auf dem linken Ufer des A. in der Gegend von Clermont. — "Weil der
Feind am Allier gelauscht werden sollte, so behielt Cäsar nicht die Co-
horten Ton 2 Leg. ztirück, sondern ans allen, von 1 — 60 fortzählend, iuimer
die vierte, welches 19 oder fast 2 Leg. giebt, wenn man die 4. Cohorte
einmal als die letzte unter den ersten 4, und dann nach röm. Art wieder als.
die erste unter den folgenden 4 rechnet, und so fort bis 60. Die Gallier
glaubten nun das ganze Heer, iiUe 6 Legionen sich fortbewegen zn seheii.
Dii;se trefUiche Erklärung der schwierigen Stelle Caes. 15. G. 7, 35 ver-
dankt mau Feldbanscb Allgem. Kcbulüeit. 1030 2, Abth. No. 13,
XXI. lULII (31. §.32.) 947
mh zwei Legionen; zwischen diesem kleinen Lager, welches der
.Stadt näher war, nnd dem grössern zog er einen doppelten Gra-
ben. Nun aber fand sich ein anderes Hinderniss, an welchem
das Geld der Arverner weniger Antheil hafte, als der Hass ge-
gen die Römer, obgle'vch Cäsar die Ursach bloss in Bestechungen
üucht. Um seineu Befehlen nachzukommen , erschienen im Ein-
verständnisse mit C'onvictolilanis die Brüder des Litaricus mit der
Keuterei der Aeduer; 10,000 Mann zu Fuss fiilirle dieser selbst,
und eröffnete ihnen auf dem Wege, dass seine Brüder und viele
Andere ihres Standes mit den Reutern wegen angeblicher Ver-
bindung mit den Arvernern ermordet seien; um sich zu retten
müsse man zu Vercingetorix entfliehen. 3Ian glaubte ihm; die
Römer, 'welche sich an ihn angeschlossen hatten, wurden ge-
tö'dlet, nnd bald war man durch seine Boten auch in der Uel-
math Ton dem schrecklichen Verralh' unterrichtet, Cäsar erfuhr
diess um Mitternacht durch Eporedorix, einen voruehmen Aedtier;
der Abfall eines so bedeutenden Volks'*) bedrohte ihn schon als
Beispiel mit grosser Gefahr nnd schien gewiss zu sein, wenu so
viele Tausende sich dem Feinde als Geissein überlieferten. Ohne
Verzug gieng er den Meuterern mit vier Legionen nnd der gan-
zen Renterei entgegen ; Eporedorix und Viridomarus, welche nach
ihrer Äleinung auch hingerichtet waren, bestätigten durch ihre
Gegenwart und mit ausdrücklichen Worten seine Versicherung,
dass man sie getäuscht habe, und sie baten für ihr Leben; nur
Litavicus entwich mit seinem Gefolge nach Gergovia. Auf der
Rückkehr erhielt der Proconsnl die Nachricht, der Feind habe
mit der äussersten Wnth die Verschanzungen angegriffen, und der
Legat C. Fabius mit seinen beiden Legionen den immer von
neuem mit frischer Mannschaft Anstürmenden kaum widerstehe»
können; seine Soldaten seien verwundet oder erschöpft ; mit grosser
ßesorgoiss sehe er dem folgenden Tage entgegen. Cäsar eilte;
vor Sonnenaufgang war er im Lager.
.Sein Muth sollte noch härtere Proben bestehen. Nach jenen
Bliltheilungen des Litavicus wurden die Römer auf dem Gebiete
der Aeduer, welche die Ermordung ihrer Brüder empörte, be-
raubt und zn Sclaveu gemiicLl oder erschlugen. Conviclolitauis
75) Vgl. Caes. 7, 63.
348 XXI. lüLIi: (31. §.32.)
nnd dessen Anhänger bestärkten das Volk in seinem WaLne, da-
mit es jeden Anspruch auf Beg'uadig'nDg verwirkte nnd im Auf-
riilir bebarrte. '*) Als man Lörte, die Krieger der Aeduer seien
nicht im gallischen sondern im römischen Lager, wurde die IMenge
von den Grossen bei Cäsar der Leichtgläulflgkeit und Uobereiliing
angeklagt, das Vermögen des Litavicus nnd seiner Brüder einge-
zogen und den Geplünderten Ersatz versprochen, ein Verfahren,
■welches in solchen Fällen so gewöhnlich war , dass der Proconsul
nur aus Noth der Lüge Glauben schenkte : der Augenblick war
nahe, wo er zum ersten JMale seinen Gegner als Sieger anerken-
nen sollte.
Er hatte schon beschlossen, die Belagerung anfzuheben, als
er sah, dass Vercingetorix die Hochebne jenseits seines Lagers
befestigen liess, deren Besetzung durch die Römer er liirclitete.
Diese schickten Reuter, welche mit vielem Geräusche die Arbei-
ter umschwärmten, und dann eine Legion, wodurch sie den Feind
verleiteten, sein Lager vor Gergovia zu verlassen, nnd sich in
den neuen Verschanzungen aufzustellen. Indess zogen sie sich
in kleinen Schaaren aus dem grossen Lager in das andre; den
Legaten wurde gesagt, es hcindle sich um einen Ueberfall, nicht
um eine Schlacht; man müsse schnell sein, aber auch verhindern,
dass der Soldat nicht von seiner Kampflust fortgerissen werde.
Die rechte Flanke deckten die Aeduer. Auf ein Zeichen stürm-
ten die Legionen die Höhen hinan; sie drangen in der Mitte des
Abhangs über eine sechs Fnss hohe IMauer vor und eroberten drei
Abtheilungen des Lagers.") Jetzt befahl Cäsar den Rückzug;
die zehnte Legion hielt an; die übrigen verfolgten die Fliehen-
den, ohne auf die Oberen zu achten, und der Centurio L. Fa-
bius erstieg mit einigen Anderen die Mauer der Stadt. Die
Gallier hörten das Geschrei der Frauen und Kiuder; dann mel-
dete ein Bote nach dem andern die dringende Gefahr, und mit
stets wachsender Uebermacht füllten sie Stadt und Lager. Jener
Centurio wurde mit den Seinigen getödtet und hinabgestürzt ; auch
76) Cacs. 7, 42. Flut Cacs. 26. Dio 40, 36. 77) Caes. 7, 46 tii-
nis castris paliantiir, erkliirt Jurcti 7, 36: Veicing. — separatim singvlariim
civiiatum cojiias coulocaTcrat ; tlaLer aucli cap. CG: tiiitis caslris Yeic, cou-
sedit,
XXI. lüLII. (31. §.32.) 349
ein Andrer fiel, welcher die Thore zn erbrechen versncLfe; doch
widerstanden die Römer, bis sich zur Seite die Aedtier zeigten;
man hielt sie für Feinde, die Entblössung; der rechten Schulter,
■wodurch die befreundeten Gallier im Gefechte sich kund gaben,
flir eine Krieg-slist, und wandte sich zur Flucht. Da trat die
zehnte Legion vor; sie selbst stützte sich wieder auf die Gehör-
ten der dreizehnten , welche auf Cäsars Befelil mi* T. Sextius
ans dem kleinern Liag'er vorg-erückt war; sobald man die Ebne
erreicht hatte, stellten sich die Truppen in Schlachtorduung und
Vercingetorix kehrte in seine Linien zurück. Der Tag kostete
Cäsar 46 Centurionen und ausserdem fast 700 Mann; aber am
schmerzlichsten war ihm die Gewissheit, dass die Nachricht von
seiner Niederlage sich mit Uebertreibnngen durch ganz Gallien
und Italien verbreiten, und seine geheimen und offenbaren Feinde
gegen ilin bewajfnen werde. Er tadelte den Ungehorsam der
Soldaten und ihren Ungestüm; doch rühmte er auch den Muth,
mit welchem sie alle natürlichen und künstlichen Schutzwehrea
der Gallier durchbrochen haben, wie er immer mit der Rriegs-
zncht auch das Selbstvertrauen in ihnen zu erhalten wusste;'*)
und um den Schein einer Flucht zu vermeiden, forderte er "Ver-
cingetorix noch zwei Mal zur Schlacht. Wenige Tage später
stand er wieder auf dem rechten Ufer des Elaver in der Nähe
der Aedner.
Hier verliessen ihn mit seiner Genehmigung Eporedorix und
Viridomarus, um Litavicns entgegen zu wirken, wie sie sagten,
welcher voransg'eeilt sei, und das Volk aufreize ; ihr Eifer machte
sie verdächtig, er mochte aber nicht Furcht oder BL'ssfrauen
äussern. Sie erfuhren in Noviodunum, einem Orte der Aeduer
78) Obea §. 27. A. 71. In der That lastete anf ihm die meiste Scbald.
Er hatte die Stadt erobern ■svollcn ; ein andrer Grund des Unternehmens ist
nicht denkbar, u. die Bemerkung, seine Absicht sei erreicht , als man nnter
ilu-en Rianern stand, ist nur Beschönigung seines Fehlers, oder eine Aeusse-
rnng des Stolzes, welcher nicht gestehen mag, dass man "wider "\^'illen
Tiicb. Das Zeichen zum Rücluuge erfolgte ohne Zweifel erst dann , als
die Gallier aus ihren Schanzen nach GergOTia zurückkehrten, n. die Solda-
ten traf nnr in so fern ein Vorwurf, als die Ersten vor der Ankunft der
Uebrigen nad ohne bestimmten Befehl einzudringen Tersnchien , u. dadurch
vor der Zeit Lärmen verursachten.
350 XXI. lULII. (31. §.33.)
am Lig'cr, (Hevers) wo Bich die Casse und alle Kriegsbedürfnisse
der Römer befanden, dass Litavicus in Bibracte, der grössten
ihrer Sliidte (in der Gegend von Auliin) aufgenommen sei, und
Convictolitanis mit einem Tbeile des Senats sich dort an ihn an-
geschlossen und mit Vercingetorix einen Band errichtet Labe.
Diess genügte , um auch ihren Plan zur Reife zu bringen ; auf
ihren Befehl wurden die Römer getödtet, die Geissein entfernt,
und die Getrsdde - Vorräthe fortgeschafft oder vernichtet, worauf
sie die Stadt in Asche legten , und mit den Truppen, welche sie
in Eile zusammenzogen, die Ufer des Liger bewachten. Den-
noch gieng Cäsar in einer Fuhrt durch den Fluss, '*) und wen-
dete sich gegen Aller Erwarten nach dem Norden zu Labienus.
Ein Rückzug nach der narbonensischen Provinz würde ihn in die
Lage versetzt haben, in welcher er im J. 58 den Krieg begann,
und die Ränke und Vorspiegelungen, welche früher seine Waffen
unterstützten, waren jetzt verbraucht; er konnte Gallien nicht
räumen, ohne es für immer zu verlieren und mit ihm das Heer
seines Legaten.
§ 33.
(a. 52.) Die Ereignisse bei Gergovia endigten auch den
Feldzug des Labienus. * ") Um die Völker an der Sequana
(Seine) zu beschäftigen, und sie an der Verstärkung des gal-
lischen Hauptheers zu hindern, führte er seine vier Legionen
von Agendicura, (Sens) wo das Gepäck und die Neugeworbenen
aus Italien zurückblieben , in nordwestlicher Richtung über Melo-
dunum (Melün) nach Lutetia, der Inselstadt der Parisier. In
ihrer Nähe, auf dem rechten Ufer jenes Flusses stiess er auf
den Feind unter Camulogenus, einem hochbejahrten aber kriegs-
erfahmen Aulerker, welcher ihm den Uebergang über die Matrona
(Marne) streitig machte.'') Diess nöthigte ihn, nach Me!o4uuum
zurückzugehen. Die Brücke war hier von den Galliern ab-
getragen; er stellte sie wieder her, und zog nun theils auf dem
79) Caes. 7, 56. Dio 40, 38 sagt das CegentheU. 80) Oben §. 32.
A. 72, 81) Caes. 7, S7. Is, quam auiuiim adverlissHt, perpetuam
esse palndem, quae indoeret in Sequanam etc. Die richtige Erkläruog Gadel
Eich schon in den Geogr. Nachweis, von Reichard S. 10.
XXT. lULn. (31. §.33.) 351
linken Ufer der Secjnana, iLeils auf Scliiffen von neuem gegen
Lutetia, welches er mit seint-n Brücken vom Feinde zerstört
fand. AncL hörte man, dass Cäsars Unternehmen gegen Gergovia
vereitelt und ihm von den Aeduern der Gehorsam aufgekündigt
sei; dadurch wurden selbst die Bellovaken (Beauvais) zu Rü-
stungen veranlasst, obgleich sie jetzt wie spater keinem andern
Volke den Oberbefehl zugestanden. ^ -) Statt anzugreifen musste
Labienus auf sichern Rückzug bedacht sein. Er schickte in der
Nacht in grösster Stille seine Schiffe mit römischen Rittern den
FIuss hinab , mit dem Befehl , ihn in einer Entfernung- von
4000 Schriften zu erwarten; fünf Cohorten giengen mit vielem
Lärmen nach der entgegengesetzten Seite, nnd fünf blieben im
Lager. Dann iolgfe er mit drei Legionen den Schilfen, welche
ihn nach dem nörcQichen Ufer übersetzten. Camulogenus g-laubte,
der Uebergang werde auf drei Puucten bewirkt; demnach theilte
er seine Truppen; einige bewachten das Lager, dem römischen
gegenüber; andere zogen gegen Westen nach Metiosedum; die
Hauptmacht gieng am Flusse hinauf, und toffte hier, wo das
meiste Geriiusth war, Labienus zu finden. Durch die Theilung
hatte er sich so sehr geschwächt, dass der Legat sich durch-
schlagen konnte; die siebente Legion siegte auf dem rechten
Flügel, und erschien dann auf dem andern zur Unterstützung der
zwölften im Rücken der Feinde, welche in grosser Anzahl mit
dem FeldJierrn getödtet wurden. Auch die Cohorten im Lager
waren dadui« h befreit ; denn die Gallier eilten vom gegenüber-
liegenden Ufer auf die Wahlstatt, wo sie zu spät eintrafen nnd
mit den Uebrigen entflohen. Labienus gelaugte ungehindert nach
Agendicum und weiter zu Cäsar.
Dieser war ihm entgegen gekoumien; er verkannte so wem'g
als sein Legat, was das Dringendste sei. Es fehlte ihm aber
an Reuterei, welche er in Gallien nicht mehr werben konnte;
deshalb nahm er germanische in Sold ; ihre Pferde wraren so
schlecht, dass die Kriegstribuue, Ritter und Freiwilligen sie mit
den Ihrigen versorgten; die Mannschaft bewährte sich. *^) Ehe
Cäsar wieder zum Angriff übergieng, hielten die Aeduer gleich-
sam vor seinen Augen einen allgemeinen Landtag zu Bibracte.
82) Caes. 7, £9. 75 fio. 83) S. nntcn.
352 XXI. TULH. (31. §.33.)
Sie erinuerten sicL ihrer elienialigeu Macht und gaLen mit Eifer-
sucht auf die Arveruer; doch vermochten sie nichts oluie Ver*
ciiigetorix, welclier auf ilire Einladung' erschien, und einstimmig
zum Oberfehllierrn gewählt wurde, wie sehr es auch Eporedorix
lind Viridomarus verletzte. Die Remer, Lingonen und Trevirer
nahmen nicht Theil, die beiden ersten als Freunde des römischen
Volks , die letzten wegen ihrer Entfernung und weil die Ger-
inanier s".- bedrängten. *') Vercingelorix verlangte auch jetzt,
dass man die Römer mit einer Wüste umgebe; eine Unterstützung
aus der Ferne hoffte er mit 15,000 Reulern unmöglich zu machen.
In dieser Hinsicht kamen besonders die ADobrogen in Betracht;
die Aeduer und Segusianer (in der Gegend von Lyon) sollten
sie bedi-ohen und seinen geheimen Anträgen Gehör verschaffen, ' *)
und gleichzeitig Andere vom Norden her durch die Seveiuien
und vom Westen gegen die Heivier (inVivarais) und die übrigen
Stänune im narbonensischen Gallien vordi-ingen, damit die Ver-
bindung zwischen dem römischen Heere und Italien gänzlich auf-
gehoben würde. Die Allobrogen stellten zwar Wachtposten an
den Rhodanus und der Legat L. Cäsar besetzte in der Provinz
mit seinen 22 Cohorten, grösstentheik Eingebornen, die wichtigsten
Plätze,®^) aber die Heivier erlitten eine IViederlage, selbst die
Treue der Provincialen war nicht verbürgt, und der Procousul,
fiLr welchen es die äusserste Wichtigkeit halte, dass er sich im
neu eroberten Gallien behauptete, musste nun dennoch näher
rücken.
Auf dem südlichen Gebiete der Lingonen, an der Gränze
der Sequaner, stellte sich ihm VercingetorLx in drei Lag-ern
entgegen,*') und ermulhigfe die Obersten seiner Reuter: die
Römer fliehen, Gallien sei für den Augenblick frei; aber sie
W"erden in grösserer Zahl wieder kommen, wenn man sie ent-
schlüpfen lasse; man müsse sie aufreiben oder sich doch ihre»
Heergeräths bemächtigen; ausserhalb ihres Lag-ers, auf dem Wege,
seien sie nicht zum Kampfe vorbereitet ; alle seine Truppen zu
Fnss werden zum Rückhalt dienen. Die Reuter schwuren, nicht
unter Dach zu gehen oder die Ihrigen zu umarmen, bis sie zwei
84) Caes. 7, 63. Oios. 6, II. 8S) Caßs. 7, 64. Dio 40, 39.
86) Oben No. 22. A. 99. 87) S. §. 3i. A. 77.
XXI. lULII. (31. §.33.) 353
Mal durch die feindlicLen Liuieu geritten seien. Am andern
Tage saLen die Römer zu gleicLer Zeit die Spitze des Zugs
nnd die beiden Flanken bedroLt ; ■\Yiilirend iLre Reuter nun eben-
falls in drei Abllieiliiiigen vorgiengen , Lielten die Legionen an
nnd naLmen das Gepäck in die Bütte; nur wenn jene wankten,
macLten sie eine Bewegung, sie zu nnterstülzen. Man focLt
lange oline EntscLeidung und Cäsar yerlor wahrscLeinlicL Lier
im Handgemenge sein ScLwerdt, welches die Arverner später
als Tro]>Läe zeigten; *') endlich vertrieben zur Rechten die Ger-
mauier ihre Gegner von einer Höhe und diüngten sie nach dem
Flusse, an welchem das gallische Fussvolk stand, worauf die
Uebrigen die Flucht ei'griflen, um nicht umringt zu werden.
Aber der Feind hatte sich schon Alesia im Lande der
Mandubier (Alise in Burgund zwischen Semiir und Dijon)
westlich von seiner jetzigen Stellung , zum Waffenplatze er-
sehen. "S) Cäsar folgte, und tödfete 3000 von der Nachhut.
Er fand eine hoch gelegene Stadt zwischen z'wei Flüssen, \%'elche
nur die Ebene auf der einen Seite ausgenommen mit einem
Kranze von Hügeln umschlossen uud auf länger als einen Monat
mit Lebensmitteln versorgt war. ' ") Gegen Osten lagerte neben
ihr, 80,000 Blann stark, hinter Graben und Älauer, das gallische
Heer. Der Anführer war schon an seinem Plane irre geworden;
die Verödung des Landes halte den Rö'uieni wenig geschadet,
weil man sie nicht auf Einem Pnncte festhalten konnte ; auch
viele andere seiner Voraussetzungen schienen sich als falsch zu
erweisen : Cäsar war nicht von seinen Truppen abgeschnitten,
das uarbonensische Gallien empörte sich nicht, die Reuterei ver-
mochte den Sieg nicht zu fesseln; er verzvreifelte nicht, aber
er liess sich zu früh von efner Kriegführung- ablenken , welche
für ibn die allein richtige war. Wenn die Erfolge bei Gergovia
ihm statt des Parteigänger- den Belagerungs- Krieg empfaiilen,
so brachte er nicht in Rechnung, dass sein Gegner jetzt vier
88) PInt. Caes. 26. Serv. zu V!rg. Aen. 11, 743 Vgl. InUi Einl.
A. 43 n. hier §. 16. A. 67. 89) Nach Diod Sic. 4, 19. 5, 24 war
Ilerciiles «ler Erbauer. Caes. 7, 68 f. Liv. 108. A^cUoj. 2, 47. Plin.
34, 48 (17). Flor. 3, 10. 5. 23. (s. oben J. 32. A. 73.) Oros. 6.11.
Strabo 4, 191. Plui. Caes. 27. Dio 40,30 — 41. Diod. Sic. 4, 19. Polyaea.
«ra«. 8, 23. §. 11. 90) Caes. 7, 71.
Drumann, Ge.schiclil« Umn'i III. 23
354 XXI. lüLlI. (31. §.33.)
Legionen ineLr zählte, als damals, besonders aber Lätfe er sich
nicht in die feindlichen Linien eiiischliessen- sollen , wodurch er
eifersüchtige Befehlshaber von imlerg-eordnetem Talent sich selbst
iiberlies», und sein und seiner Truppen Schicksal an das Scliicksal
einer einzelnen Stadt knüpfte. Davon abg-esehen halte er in dem
Orte eine sehr glückliche Wahl getroffen, und bis zum letzten
Augenblicke erfüllte er freu und männlich seine Pflicht.
Aucl. für Cäsar war diese Belagerung der Wendepunkt des
ganzen Kriegs ; im Geiste Beherrscher des römischen Reichs
musste er für den Fall eines ungünstigen Ausgangs wünschen,
sie nicht zu überleben. Schon die Eiuschliessung des Feindes
war eine nicht leichte Aufgabe; man bedurfte dazu Linien von
11,000 Schritten im Umfange; 23 Feldschauzen sollten die Ar-
beiter gegen einen plötzlichen Ausfall sichern. Nach einem
Reutergefechte in der Ebne, in welchem wieder die Germanier
im römischen Heere sich auszeichneten und siegten , entsandte
Vercingetorix in der Nacht seine gesammte F.euterei , iimerhalb
30 Tagen alle Waffenfähigen in Gallien zum Entsätze aufzubieten,
ehe noch die Werke der Römer vollendet sein würden. Bis zu
ihrer Rückkehr führte er die Truppen in die Stadt, wo er die
Vorräthe unter Aufsicht nahm und mit der grössten Sparsamkeit
vertheilte. Cäsar benutzte diese Frist. Zur Abwehr eines' An-
griffs von innen zog- er einen 20 Fuss tiefen Graben mit senk-
rechten Wänden; hinter ihm in einer Entfernmig von 400 Schritten
folgten zwei Graben von 15 Fuss Breite und Tiefe, unter welchen
der innere mit Flusswasser gefüllt wurde; sie deckten einen
Wall von 12 Fuss Höhe mit Brustwehr, Sturmpfählen und
Thürmen, welche 80 Fuss von einander abstanden. Da ein.
grosser Thcil der Römer mit dem Schanzen und mit der Herbei-
schaffung der Baustücke oder der Lebensmittel beschäftigt war,
und die Gallier häufig aus den Thoren hervorbrachen, um sie za
beunruhigen, so verwahrten sie sich durch fünf Reihen zugespitzter
und in Graben eingesenkter Baumstämme oder starker Zweige,
und vor ihnen durch acht Reihen W^olfsgruben , wegen der
Aehnlichkeit von den Soldaten Lilien genannt, mit spitzen Pfählen,
und mit Strauchwerk bedeckt, und durch Fussangeln. Gleiche
Vorkehrungen traf man in einem Umkreise von 14,000 .Schritte»
gegen äussere Feinde. Auch sollte sich jeder für die Zeit, wo
XXI. lULII. (31. §.33.) 35.5
man sicli vielleicLt nicLt oLne Gefalir vom Lag^er entfernen konnte^
auf 30 Tage mit NaLrnng. und mit Futter versorg'en.
Die Riistunofen der Gallier reclilfertiglen diese Vorsicht,
obgleich ihre Haiiptliiig-e nicht, vrie Vercingetorix -wollte, alle
Wehrhaften zn den ^^'affen riefen, sondern in jedem Lande nur
eine gewisse Zahl, ■weil es unmöglich schien, eine grössere an
Einem Orte zu unterhalten oder zn zügeln. Aber kein persön-
liches Verhältniss, keine Wohlthat fesselte länger an Cäsar, jede
Rechnung war mit ihm geschlossen, und selbst Conimius, det
Atrebat, vor allen Anderen vom Eroberer begünstigt und geehrt)
kannte nur noch Pllicliten gegen sein unglückliches Vaterland. ^')
In Kurzem wurden auf dem Gebiete der Aeduer 8000 Renter
und etwa 240,000 Mann zu Fnss gemustert, 8') nnd unter die
Anführer verlheilt. Den Oberbefehl erhielten Comniias , die
Aeduer Eporedorix nnd Viridomarus , nnd der Arremer Verga-
sillaunus, jeder mit einem Kriegsraihe, welcher aus Abgeordneten
der einzelnen Staaten bestand. A oll Zuversicht zog die nn*
geheure Blasse nach Alesia. Was ausserhalb geschah , blieb
hier unbekannt. Die 30 Tage vergiengen, die Vorrälhe "waren
grösstentheils verbraucht, nnd es zeigte sich kein Entsatz. Einige
stimmten für die Uebergabe, Andere' wollten sich durchschlagen;
Beides ver«'arf Critognatiis, ein vornehmer Arremer, ohne Zweifel
auf Anstiften des Vercingetorix: man habe ganz Gallien zum
Beistande aufgerufen nnd müsse nlin ausdauern; wenn sich keine
andere NaLrung finde, so möge man nach dem Beispiele der
Ahnen Greise und Rinder tödten. Sein Vorschlag erregte Ab-
scheu ; man schickte die Schwachen imd die Einwohner mit
ihren Frauen nnd Rindern aus der Stadt; die Römer, welchen
sie sich mit flehentlichen Bitten zn Sclaven antrugen, nahmen
sie nicht auf, um die Besatzung durch den Hunger zu besiegen ;
aber auch Alesia öffnete sich ihnen nicht, und sie starben.'^)
Bald nachher erschienen die gallischen Hülfsvölker auf den Höhen,
welche nicht mehr als 500 Schritte von den Römern entfernt
waren. Ihre Reuterei rückte am folgenden Ta;;e in die Ebne
91) Caes. 4, 21. 27. 35. 6, 6. 7, 75. 76. 8, 6. Hier §. 35. A. 51,
92) Ders. 7, 76. Flor. 3, 10. §. 23 250,000. Plnl. Caes. 27 300,000.
Strabo 4, 191 nenn« 400,000 and liält Alle für ArTerner. 93) Sd
Dio 40, 40. Caes. 7, 78 lässt ihren qualTOUea Tod nnr errathen.
23*
356 XXI. lüLII. (31. §.33.)
hiuab, und gleicLzeitig drang Vercingeforix aus der Stadt gegen
den ersten Graben vor. Auf diese Herausforderung besetzten die
Legionen den innern und äussern Wall; die Renter giengen um
Mittag den feindliclien entgegen, welche nicht nur die UebermacLt
hatten, sondern auch von Bogenschützen und anderen leichten
Truppen zu Fuss unterstützt wurden, und daher die römischen
zum Weichen brachten. Auf den Bergen ertönte ein Siegs-
geschrei. Aber gegen Abend entschieden die Germanier durch
einen Angriff in geschlossenen Reihen; die Gallier entflohen mit
grossein Verluste nach ihrem Lager und Vercingeforix kehrte tief
bekümmert über seine vereitelten Hoffnungen nach Alesia zurück.
Indess waren Gefechte dieser Art nur als Einleitung zu
ernstlicheren zu betrachten. Die Gallier rüsteten zum Sturm'.
In grösster SliUe näherten sie sich in der Nacht mit Leitern,
Reisig'bündeln und Haken dem römischen Lager und griffen es
an. Ihr Geschrei war fiir Vercingeforix: das Zeichen zum Ausfall.
Blan kämpfte, ohne sich zu sehen, aber die Römer, welche
M. Antonius und C. Trebonius aus entlegenen Werken ver-
stärkten, konnten in der Blenge nicht fehlen, die Gegner kannten
ilir Ziel, und ihre Pfeile wirkten bei der grossen Zahl ihrer
Streiter am verderblichsten, bis sie in die Fussangeln geriethen,
in die Fallgruben stürzten, und von den Geschossen der Wurf-
maschinen erreicht wurden. Als sie bei Tagesanbruch das
Schlachtfeld übersalien und bemerkten, dass sie ihr Blut nutzlos
vergossen und auf dem rechten Flügel umgangen werden konnten,
entfernten sie sich, und auch die Belagerten giengen zurück, ohne
anch nur über die vorderen Graben vorgedrungen zu sein.
In der Ueberzeugung, dass mit Alesia Alles stehen und
fallen werde, wagte mau einen dritten Versuch. Nördlich von
der Stadt war eine Höhe wegen ilires grossen Umfangs von den
Römern nicht verschanzt, und nur mit zwei Legionen unter
C Antistius Reginus nnd C. Caninius Rebilus besetzt.^') Dahin
führte Vergasillaunus in der Nacht 60,000 Mann, ausgewählte
Trupj)en, und verbarg sich auf der andern Seite bis zum Mittage,
wo er nach Verabredung sich gegen jene Legaten in Beweg'ung
setzte, die Reutcrei in die Ebne hinabzog und auch der übrige
94) 1, TIi. 57. No. 18. 2. Tli. 107. Wo. 3.
XXI. lULII. (31. §.33.) 357
TLeil des Heers auf der Westseite unter die Waffen (rat. Ver-
cing-etorix sah in der Stadt, was vorgieng'; durch Kraft und
Gesinnung; zum Befehlen berufen, säumte er auch jetzt nicht, in
einer nntergcordneten Rolle durch einen Ausfall mitzuwirken.
Auf allen Puncten entzündete sich fast in demselben Augenblicke
ein heftiger Kampf, und die Römer konnten ihre w'eilläufligen
Werke kaum nolhdürflig- besetzen. Cäsar nahm eine angemessene
Stellung, um den Gang des Gefechtes zu beobachten, und die
Cohorten , ■welche zu dem Ende zu seiner Verfügung blieben,
hierhin und dorthin zu entsenden, wo der Feind durchzubrechen
drohte; bald aber hörte mau ein Rampfgeschrei im Rücken,"
von Norden her; VergasUlaunus griff die beiden Legionen an,
und verbreitete dadurch über die ganze Linie der Römer einen
plötzlichen Schrecken. Kichts hielt ihn auf; ein Theil seiner
Krieger suchte den ^'V all mit Pfeilen zu reinigen; Andere liefen
Sturm; unaufhörlich folgten ihnen frische Truppen; mit den los-
gerissenen Baustücken selbst verschütteten sie Fussangeln und
Gruben, und die Kräfte und Waffen der Römer ■wurden erschöpft.
Cäsar verstärkte diese durch sechs Cohorten unter Labienus; die
Wahl des Leg-aten bewies, wie viel er leisten sollte; er selbst
gieng von einem Orte zum andern, die Seinigeu daran zu erinnern,
dass alle früheren Siege nutzlos seien, wenn man nicht an diesem
Tage, in dieser Stunde siege. Man setzte das Leben ein, um
das Leben zu retten ; w as nach einer Niederlage zu erwarten sei,
verkündigte die Wuth , mit Avelcher die Truppen des Verciiige-
lorix sich g'egen das Lager auf den Höhen wandten, da es in
der Ebne durch die Gruben und andere A'^onichlungen zu fest
verwahrt war, die Graben füllten, durch ihre Bogenschützen die
Besatzung der Thürme vertrieben und schon den AA'all zu zer-
stören begannen. Anfangs schickte der Proconsul Decimus Brutus
mit sechs Cohorten, dann C. Fabius mit sieben; die Gallier
■warfen Alles zurück; erst als er selbst mit neuer Blannschaft
erschien , wurde das Gefecht hergestellt und der Feind zum
Weichen gebracht.
Nun eilte Cäsar mit vier Cohorten nnd einigen Geschwadern
Reuterci, welche zum Theil Vergasillaunus umgehen sollten, zu
Labienus. Auf dem Wege meldeten ihm IJoleu des Legaten :
er Labe aus den nächsten Verschauzongen 39 Cohorten zusammen-
358 XXI, lüLII. (31. §.33.)
gezogen , aber ■weder Wall nocL Graben verraög'e ihn lünger zu
schützen; er fragte an, was zu thun sei. Man erkannte den Im»
perator am Gewände , und begriisste ihn von beiden Seiten mit
^inem Geschrei, -welches auf der ganzen Schlachtlinie bis zu den
TLoren der Stadt beantwortet wurde. Unverzagt giengen ihm
die Gallier entgegen ; sie känipflen am Abhänge von oben herab,
und waren die stärkeren; die Legionare warfen die Spiesse weg
lind griffen zum Schwerdte, wie es im plötzlichen Handgemenge
und in der grössten Eibilterung zu geschehen pflegte : da zeigte
sich die Reuterei im Kücken der Gallier, auch neues Fussvolk
war im Anzüge, die Feinde entflohen und mit einem schreck-
liehen Gemetzel endigten die römischen Türmen , welche sie
empfiengen , den blutigen und verhängnissvollen Kampf. Viele,
und auch Vergasillaunus wurden gefangen , und 74 Feldzeichen
Cäsar als Trophäen überbracht. Bei diesem Aublick' eiitwichen
die Belagerten nach der Stadt; das Heer, welches sie befreien
sollte, zerstreute sich und würde aufgerieben sein, wenn die
Ermüdung den Kömern gestattet hätte, sie mit Nachdruck' zn
verfolgen. Nun erst war Gallien erobert; wenn bei gleichem
Mulhe unbedingt der grössern Klugheit und Kriegskunst die
Palme gebührte, so hatte Cäsar sie an diesem Tage verdient,
mit welchem nicht Eiuer in Pompejns Lebensgeschichte sich
vergleichen lässt, und doch, nur melir Vorsicht auf der Seite de»
Vergasillaunus, ein Rückhalt für einen unerwarteten Angriff,
und einer der ruhmvollsten Tage im Leben des römischen Helden
wäre sein letzter geworden. Vercingetorix erklärte in Alesiai
nicht im eigenen Interesse, sondern um Gallien zu befreien habe
er sich zum Kriege entschlossen ; mit dem Schicksale könne er
nicht rechten; man möge den Sieger durch seine Auslieferung
oder durch seinen Tod versöhnen, er sei zu Beidem bereit. Die
Stadt unterhandelte und erhielt Befehl, die Waffen zu übergeben,
und die Iläni>tlinge in das römische Lager zu schicken. Hier
sass Cäsar auf dem Foldherrn - Stuhle , als sein Gegner erschien,
und sein Schwerdt vor ihm niederlegte. Er führte ihn sechs
Jahr später bei seinem Triumphe durch die Strassen von Rom,
und liess ihn dann tödlen, ^ *) Die Gefangenen vertheilte er bis
95) Caes. T, 89. Nach Plitt. Caes, 27 nSIierte Vercingetorix sich
XXI, lULII. (31. §.34.) 359
auf die Äedoer nnd Arverner, deren Völker er durch ihre Ent-
lassung zu g-ewinnen Loffte , als Heute nuler d«s Heer. Auch
unterwarfen sich die Aeduer, als er ihr Gebiet betrat, und die
Arverner stellten Geissein; Beiden gab er etwa 20,000 Mann
zurück, >yelche geg-en ihn g-efochten hatten.
Seine Truppen bedurften Ruhe. Zwei Legionen giengen
mit T. Labienus gegen Osten zu den Sequanern in die AVinter-
qnartiere. Eine g'leiche Auzalil führten €. Fabins und L. Mi-
nncins Basilus nach dem südlichen Belgien zu den Remem.
C. Antistius Reginus sollte an der Maas unter den Anibivareten
lagern; ^'^) T. Sexlius mit der 13. Legion unter den Bitnrigen,
■westlich vom Liger ; C. Cauinius Rebilus unter den Rutenern, im
westlichen Theile des narbonensischen Gallien, jeder mit einer
Legion. Q. Cicero und P. Snipicius blieben zur Sicherung der
Zufuhr mit der 6. und 14. Legion am Arar (Saone) zu Cabil-
louum (C'halons sur Saone) und zu Matisco (Ma9on au demselben
Flusse) im Lande der Aeduer, wo auch Cäsar in ßibracte (in
der Gegend von Autiin) überwintern wollte. Auf seineu Bericlit
wurde ihm, wie im J. 55, ®') ein Dankfest von 20 Tagen be-
schlossen. ' *)
§ 34.
(a. 52.) Nach dem Beispiele der alten Patricier, welche
mehr als einmal Heer und Vaterland daran setzten, um ihre
A^orrechte zu behaupten, v^iirde die Nobilität gern Gallien dahin-
gegeben haben , wenn es zugleich das Grab seines Eroberers ge-
worden wäre. Mit eigener Kraft ihn zu verderben, hinderten
sie, von der seinigen abgesehen, die fortwährenden Unruhen in
Rom selbst, und die Zerwürfnisse zwischen ihr und Poni|)C|us,
dessen Verlangen, Dictator zu werden, sie jetzt noch am meisten
schTveigend, wie es seiner M'firde nnd seinem Schick&ale angemessen war,
wogegen er bei Flor. 3, 10. J. 26 seine Lanfbalin mit einer GrosssprechereJ
bescliliessl : Habes; fortemTiruni, vir forüssirae, iricisti. Auch Die (40,41. Tgl.
43, 19 n. die .Slellen hier in A. 89 ) bringt Ungereimtes vor, nni d.is Trauerspiel,
welches nnr Schmerz nnd Bewnndernng erregt, zu verschönern. S. unten
{. 60 A. 30. 96) Caes. 7, 90. vgl. 4, 9. Ueber die einzelnen Le-
gionen s. B. G. 8, 2. 4. 11. 2i. 97) Oben §. 25 fiu. 98) Cato.
7, 90. Sneton. 24 Cu. Dio 40, 60 nenal sechzig.
360 XXI. lüLir. (31. §.34.)
schreckte. Durcü ilin insbesondre war es dahin g'edieLen, dass
es im Anfange des JaLrs keine Lö'Lern Magistrate gab, ^^) und
jetzt vereitelte er aucli die Ernennung eines Zwischenkonigs. ' '"')
Der Staat sollte kranken, damit er den Arzt bedurfte; dann
konnte er seine Bedingungen machen. Es war ihm daher er-
wünscht, dass Milo am 20. Januar bei einem zufälligen Zu-
sammentreffen auf der appischen Strasse P. C'lodius erschlag.
Diese Botschaft erhielt er zu Alsium in Etrurien ; ' ) denn er
hatte sich wieder Ton Rom entfernt, damit man sein geheimes
Treiben nicht bemerkte. Die Parteien wüthelen mit Feuer nnd
Schwerdt , und durch die Wahl eines Zwischenkönigs , des
M. Lepidus, wurde das Uebel nur ärger, weil er als der Erste
nicht gegen die Sitte Consular - C'omitien halten wollte. Dnrch
seine Weigerung erbittert nnd aufgereizt von den Tribunen
T. Munalius Plauens nnd Q. Pompejus Rufiis , trugen die C'lo-
dianer Blilos Mitbe'werbern Plautius Hjpsäus und Bletelliis Scipio
die Fa.sces an, ') nnd als diese sie ablehnten, stürmten sie aus
der Stadt nach dem Garten des Pompejus, welcher aus Etrurien
zurückgekehrt war, und von der Rotte bald zum C'onsnl, bald
zum Dictator ausgerufen wurde. Milos Versuch, sich wegen des
Mordes vor dem Volke zu rechtfertigen, veranlasste neues Blut-
vergiessen; ein Zwischenkönig folgte dem andern; die Banden
gestatteten keine gesetzmässige Wahl. Dem Senat wurde es
fühlbar, dass er einschreiten müsse, wenn er sich seiner- Rechte
und seines Ansehns nicht gänzlich begeben wollte , ihm fehlte
aber die vollziehende Gewalt ; trotz allem Innern Widerstreben
beauftragte er den Zwischenköuig, die V. Tribüne und Pompej'.is,
über die Sicherheit der Republik zn wadien , uud den Letzten,
neben welchem die Anderen nur zum Schein genannt wurden,
in Italien Truppen auszuheben. So fand der Proconsul von
Spanien etwas anderes, als er gesucht hatte ; die Frevel des C'lodius
und Milo beschleunigten den Bund zwischen ihm und der Ari-
stocratie, den geuieinscliafllichen Kampf gegen Cäsar, und führten
ihn aus einer unnatürlichen Stellung, in welcher er jahrelang
von diesem festgehalten war, auf den rechten Weg.
99) Oben §. 31 (In. 100) Vgl. bei dem rnnächsl Folgpnden den
2. Tb. 342. 1) Cic. p Rlilon. 20. 2) Vgl. f. 31. A. 53.
XXI. lULn. (31. §.34.) 361
Vorerst sollten aber seine Rüstungen nicht bloss die Factionen
cinscLiicIitem , sondern onch den Senat. Sein Garten füllte sich
mit Bewaffneten, und der Zustand Roms blieb unverändert, weil
er sich zunächst des Lohns für seine Dienste versichern wollte.
Freunde und erkaufte Seudling^e sahen kein Heil, wenn er nicht
Dictalor wurde ; ihm länger Alles zu verweigern, war nicht melir
möglich; man versuchte daher, mit ihm zu dingen, um wenigstens
dem seit Sulla verrufenen Herrscher -Aamen auszuweichen, nach
C'alos Meinung ein Gegenstand von der höchsten \'\ ichligkeit.
Am 25. Febi-uar wurde Pompejus zum Consul gewählt, der
Statthalter von Spanien, welcher als solcher für abwesend galt,
er allein, und ohne sich gemeldet zu haben; ^) wenn Cäsar irgend
stark genug war, gleiche Forderungen zu machen, so hallen Pom-
pejus und der Senat den Schutz der Gesetze verwirkt. Indess
musste es sich nun zeigen, ob jener einen umfassenden Plan
entworfen hatte. Es stand nur bei ihm, durch Mässigung-, Festig-
keit und treue Hingebung die Arislocralie zu fesseln ; sein Ver-
hältuiss zu dem furchtbaren Nebenbuhler in Gallien empfahl ilmi
Ernst, die ungeheure Verantwortlichkeit, welche er als Haupt
der Republik übernahm, die grösste Vorsicht; sein eigenes Wohl,
und das Wohl des Reichs hieng davon ab, dass er aufhörte,
zwischen den Parteien zu schwanken, und sich als Bandenführer
im städtischen Getümmel zu verlieren, und dennoch beschäftigte
Um nur das Nächste und Kleinlichste; er geberdete sich wie ein
zügelloser Tribun.
Blilo war durch Bestechungen, Gewaltthätigkeiten und selbst
durch einen Mord dem Gesetze verfallen; aber nicht deshalb
verfolgte ihn jetzt Pompejus, sondern weil er als Candidat des
Cousulats -ihm entgegen zu treten gewagt hatte, und bei seiuer
rücksichtslosen Verwegenheit , an der Spitze eben so tollkühner
Fechter ihm auch ferner hinderlich werden konnte. *) Blit einem
guten Scheine, wie er es liebte, als Vollzieher der Geselze gegen
Bestechungen und Gewalt, rächte sich der Consul an seinen
Feinden ; er selbst war der Urheber dieser Gesetze und er gab
ihnen eine rückwirkende Kraft, um Cäsar in die Untersuchungen
ZQ verwickeln, *) auch schärfte er die Sti-afen und änderte das
3) 2. Th. 349. A. 91. 4) nas. 350. 5) Das. 351. A. 99.
362 XXI. lULII. (31. §.34.)
gericLtlicLe Verfahren ; das Uebrige blieb ßeiueii Kriegern vor-
bebalten. Blilo ^yur(le am 8. April veriirtbeilt , '^) wogegen
M. Saiifejiis, welcher bei dem Angriff' auf Clodiiis am thatigslen
gewesen war, wiederholt einen günstigen Spruch erhielt.')
Man braclite nun aber die neuen Gesetze zum TLeil wider den
Wunsch des Pompejus auch gegen die Clodianer in Anwendung:
nicht nur Sex. Cloilius traf das .Schicksal des JMilo, *) sondern
anch viele Andere, *) und im December, als sie das Tribunal
niedergelegt hatten, Pompejus Kufus '") und Munatius Plancus, ' ')
für welchen der C'onsul gegen sein Gesetz eine Lobschrift ein-
schickte. '^) Diesem waren die Freunde des C'Iodius entbehrlich
lind daher grösstentheils gleichgültig geworden. Er konnte sie
retten; die Gerichte folgten, wenn er ernstlich gebot; man be-
langte Milos Mitbewerber wegen Bestechungen; liyjjsäus, sein
Gefährte im milhridatischen Kriege, bat ihn fussfällig um Hülfe,
und er yerweigerte sie mit der Bemerkung, er hindere ihn nur
am Essen, weil er ihn mit seinen Ansprüchen auf das Consulat
beseitigen wollte;'^) auf sein Fürwort trat dagegen Bleuimius
als Ankläger seines Schwiegervaters Scipio zurück , und die
Bichfer begleiteten diesen, als wäre er auf das ehrenvollste frei-
gesprochen, nach seiner Wohnung. ' ')
Eine so parteiische Rechtspflege wurde von Cato gerügt, ' ')
doch besänftigte es ihn und die übrigen Optimaten, dass Pompejus
am 1. Sextil (August) für die noch übrigen fünf Monate Scipio
zu seinem Collegen ernannte. ' ^) Kicht die Wahl erhielt ihren
Beifall, sondern seine .Selbstverläugnung, da er auf den Weg
der Verfassung einzulenken schien, und Cäsar nun für dieses
Jahr von der höchsten Würde ausgeschlossen war. ' ') Nach
6) 2. Th. 356. A. 50 n. 364. A. 4. 7) Ascon. in Milon. arg.
p 54. OreU. 8) 2. Th 364. A. 9. 387. A. 7. 9) Ascon. 1. c.
p SS. 10) Sein Ankläger -war M. Coelins, 2. Th. 4l4. A. 79.
11) Ihn klagte Cicero .in. ad Farn. 7, 2. }. 2. Vgl. 2. Th. 345. A. 67
n. Munatü. 12) I'lut. Cato 48. Dio 40, 55. 13) Die 40, 53.
riut. Pomp. 55. App. 2, 442. Val. M. 9, S. 5. 3. 14) Dio 40, Sl. 53.
App. 1. 0 I'lut. 1. c. u. Cato 48. Val. M. 1. c. Tacit. A. 3, 28: Tom-
peins — suariini legnm aiictor idem ae subversor. 2. Th. 45. 15) Plul.
U. cc. Val. M G, 2, §. S. 16) I'lut. romp. 55. Dio 40, 51. App. 2, 442.
Fast. Sic. n Cassiod. «. 701. 17) 2. Th. 350. A. 93.
XXI. lüLn. (31. §.34.) 363
langen Stürmen erfrente sich Rom wieder der Ruhe , nnd die
Aristocratie blickte noch nicht ohne Misstrauen , aber doch mit
Hoffnunj^en auf den Blann , welcher sich endlich wieder in ihrer
Blilte befand. Auch Pompejus alLniete freier; Senat und Volk
waren zu seiner Verfügung', ' *) und er durfte nicht mehr fürchten,
von den Banden des C'lodius und ]MiIo vom Blarkle yerscheiicht
zn werden ; er hatte sich Bahn g-emacht. Sogleich begannen die
versteckten Angriffe auf Cäsar ; denn ilim insbesondre galt die
Erneuerung des Gesetzes , nach welchem niemand sich abwesend
nm ein Amt bewerben sollte. ' ^) Blan hatte diess Mehreren ge-
staltet, nnd wiederholt Pompejus selbst, wogegen es Cäsar bereits
im J. 60 nicht zugestanden war. - ") Wenn der Eine als Statt-
halter einer entfernten Provinz das Consulat verwaltete, so konnte
der Andre nm so mehr verlangen , dass man ihn als Statthalter
unter die Candidaten aufnahm ; wie er aber im J. 60 dem
Triumphe hatte entsagen müssen , so sollte er jetzt Heer und
Provinzen abgeben, «im sich zu bewerben, und während der Be-
werbung, als Privatmann, angeklag't und verurtheilt werden. Es
kam nur darauf an, dass er in die ScLlinge gieng. Der Zu-
mulhung , auch der Proconsul von Spanien möge als solcher
niederlegen und sich gegen nicht minder erhebliche Anklagen
rechtfertigen , suchte jener dadurch vorzubeugen , dass er sich die
Statthalterschaft'') durch den .Senat auf fünf Jahre verlängern
liess, wobei das Heer auf der Kalbinsel mit zwei Legionen ver-
stärkt und tausend Talente aus dem Schatze zur Besoldung an-
gewiesen wurden.^-) Bei dem Alien war es möglich, dass
Cäsar dennoch zum Consulat gelangte und dann wieder eine
Provinz erhielt ; um diess zu verhindern und mauchen niiss-
vergnügten oder lästigen Opiimaten zu entfernen , veranlasste
Pompejus den Senat zur Erneuerung des Beschlusses vom vo-
rigen Jahre,") welcher städtische nnd proviucial Aemter
durch einen Zwischenraum von fünf Jahren trennte.'') Es
18) Caes. B. C. I, 4. §.4. VeUej. 2, 47. §. 3. 19) Dio 40, 51. 56,
Tgl. 53, 14. Söet. Caes. 26. 28. 20) Oben §. 10. A. 57 — 59.
21) J. 24. 22) Dio 40, 44. 56. Plnt. Pomp. 55. Caes. 28. App.
2, 442. Vgl. nmen }. 36. A. 92 u. i. 38. A. 5. 23) 2. TIi. 341.
A. 36. liier §. 31 fin. 24) Dio 40, 56 erzälüt, nnn erst liabe man
Poropejns die Statthalterschnft verlängert ; obgleich er in seinea Aninassnngen
364 XXI. lULTI. (31. §.34.)
folg-te Ton selbst, dass die älteren Staatsmänner eintrafen, so fern
sie noch keine Provinz verwaltet halten; ") der angebliclie Zweck
der Verordnung aber, den Andrang zu den Aemlern nnd den
Unfug bei den Walilen zn verhüten, wurde nicht erreicht.
Cäsars Freunde nnd Späher berichteten nach Galh'en. Es
befremdete ihn nicht, dass Pompejus ihn zu stürzen suchte und
zu verkehrten Mitteln seine Zullucht nahm, nach seinem Beispiele
die Tochter des künftigen Consnis heirathete und die Verlängerung
seiner Provincial- Verwaltung erzwang; er konnte diess auch
geschehen lassen, da man ilin nicht unmittelbar anfeindete, der
Zustand Galliens machte es rathsam , selbst bedrohlichere Schritte
scheinbar nicht zu beachten. Bei seinen Entwürfen gegen die
Wobililät bedurfte er aber einen Vorvv'and, mit ihr zu brechen;
deshalb beklagte er sich über das Gesetz, welches persönliche
Bewerbung forderte, und er hielt diess der öffentlichen Meinung
wegen bis zum letzten Augenblicke fest ; wenn man nicht nach-
gab, so war Er der Beleidigte, so versagte man ihm, was man
Pompeius bewilligt hatte, nicht die Herrschaft, sondern ein zweites
Consulat kam in Frage , und die Verweigerung erschien bei
seineu grossen Verdiensten als ein empörender Undank ; er konnte
sogar behaupten , dass sein Leben dadurch gefährdet werde.
Schon früher hatte man versucht, ihn wegen der Gesetze vom
J. 59 aus der Zeit seines ersten Consulats zu belangen; - ^) seit-
dem hasste und beneidete man ihn noch mehr; wenn er in den
Privatstand zurückkehrte , nicht von der Statthalterschaft zum
Consulat übergieng, so erwartete ihn statt der Wahlcomitien das
Gericht, wohl gar ein Todesurlheil vom Seuat, da er in den
Augen seiner ergrimmten Feinde ein ärgerer Frevler war, als
Catilina. ^') Seine Anhänger musslen daher Beschwerde füh-
ren.^**) Pompejus sah, dass man ihn verstanden hatte ; erkennte
keine Schranken kannte , so ist es doch glanblich , dass er nahm , ehe er
za nehmen untersagte. Auch handelte er in beiden Fällen durch den Senat,
nicht durch das Volk. S. die folg. A. 25) Cic. ad Fam. 3, 2 : Vides,
ex S. C. provinciam esse hohcndain. ad Fani. 8,8. j. 3. ad Alt. S, 9:
Sinnus hoc exlraordinarium i. e. Ciliciae admiuisiralio. 2. Th. lOI. 26) Oben
J. 15. 27) App. 2, 442. Dio 40, 60. Cir. ad F.rtn. 8, 14. §.2: Cae-
sari persnasura est, so soIyuiu esse noii possc, si ab exercitu recesserit.
28) Uio 40, 56. Flut, ronip. ä6. App. 1. c
XXI. lULII. (31. §.34.) 365
nur noch mit dem ScLwerdfe antworten, aber er war nicht ge-
rüstet, und brachte EnlscLuIdigiingen vor: nur ans Verg-essenLeil
Labe man Cäsar nicht ausgenommen ; eine tribunicische Rogation
sollte den Feliler verbessern, und als man im Senat ■v%idersprach,
beruhigte er ihn durch die Mitlheilung, er habe Briefe vom
Proconsul, nach welchen er die Provinz abgeben wolle, wenn
man nicht auf persönliche Bewerbung dringe, und ihn dadurch
iiöthige, vor beendigtem Krieg'e Gallien zu verlassen. ~^) Diese
Begünstigung des Feindes wurde später von Cicero als eine
Thorheit getadelt, '") weil er seine Unthätigkeit im Bürgerkriege
zu beschönigen wünschte, jetzt aber verwandte er sich auf ein
Schreiben, welches er von Cäsar während der Winterquartiere
aus Bavenna erhalten hatte, bei dem Tribun BI. Coelius, damit
die Rogation an das Volk g'elangte, ^ ') obgleich er in den Phi-
lippiken es läugnet. ^^) Er fürchtete die Mächtigen auch nach
Clodius Tode. Indess war Cäsars Bitte nur eine Schmeichelei,
denn dieser gewann Coelius und die anderen Tribüne selbst.
Auf ihren Antrag- wurde die Ausnahme zu seinen Gunsten in
einem Gesetze, folglich in einem Privilegium, ^ ^) verfügt,^') wie
sehr auch BI. Calo dagegen eiferte und die Zeit mit Reden aus-
zufüllen suchte, ^ ') und Pompejus liess es nachträglich in dem
seinigen bemerken. ^ ^) Cäsar hatte nie die Absicht , dessen
College zu werden, wie Viele glaubten, ^') da das Verbot, inner-
29) Sneton. 26. 28. Dio 40, Sl. 30) ad Att. 7, 3. §. 2. 4. §. 2.
7, 7. §. 5. 8, 3. §. 2. 8, 11. 12. ad Farn. 6, 6. 31) ad Att. 7, 1.
J. 2: TJt iUi lioc liceret, adiiiTi, rogatus ab ipso Raveiinae de Coetio tribauo
plebis. ad Farn. 6, 6 : Rationem haberi absentis non tani pugnavi ut liceret,
qnam ut, <{nando ipso coiisule pugnante popiüus iusseral, haberetnr. 2. Th.
414. 32) 2 l'bil. 10. Duo tcnipora inciderunt, quibus alicpiid contra
Caesarem Pompeio suaseriin. — Uiium, ne quiiiqnennii imperium Caesari
prorogaretiir. Alteruio, ne paterelur ferri, ut abseatis eins ratio baberetur.
Quorum si ulruravis peisuasissem, ia has miseiias nunqiiam incidissemus.
33) Suelon. 28. 34) Caes. 15. C. 1 , 9. §. 2. 32. § 3 wo das Ver-
dienst nicht ohne Ursach bloss dem Volke zugeschrieben wird. Cic. oben
A. 30. Liv. 107. Suet. 26. 28. Flor. 4,2. §. 16. App. 2, 442. Dio
40, 51. 56. 35) Caes. B. C. 1, 32. tiv. 107. l'lut. Pomp. 56.
36) Cic. ad All. 8, 3. J. 2: lile (Foinp. ) conlendit, ul dccem tribuni
Iilcl)is ferieiit , nt absentis ratio baberetur ; qnod ideiu ipse sauxit lege
quadam sua. Suet. 28. 37) Dio 40, 50. Öl, Suet. 26.
366 XXI. lULII. (31. §.35.)
Laib zetn JaLren dasselbe Amt von neuem zu verwalten, nicLt
in Befracbl kam; ^'*) aber der Streit war eingeleitet; dass man
ihm nicht Wort Lalten werde , und er dann um so mehr auf
sein gutes Recht sich stützen konnte, unterlag keinem Zweifel.
Unter den Candidaten des Consulats beg-iinstig-te er Ser.
Sulpicius, welcher geeignet und geneigt schien, seinen Feinden
zu widerstehen, Pompejus dagegen BI. Claudius Marcellns. ^ ')
Um so weniger durfte M. Cato lioifen ; er wollte als C'onsul die
Bepublik, und schon während seiner Bewerbung ihre Gesetze in
Schutz nehmen; weder er selbst noch seine Freunde buhlten mit
Worten oder Geschenken um die Gunst des »Volks, und er be-
TS'achte auch seine Nebenbuhler, welche gewählt wurden.'")
Die Ueberzeugung, dass man seine Tugend fürchte, und seine
strenge Aufsicht Zwang und Bestechung unmöglich gemacht habe,
beruhigte ihn, und gern gönnte man ihm den schönen Walin,
zumal da er von jetzt an dem Consulat entsagte.*') Auch
Scipio bewies seinen Eifer für Ordnung und gute Sitte durch
die Aufhebung des Gesetzes, in welchem Clodius a. 58 die Rechte
der Ceusoren beschränkt hatte; *^) bei seinen Ausschweifungen
war ihm die censorische Rüge am gefährlichsten. Pomj)e)u3
sorgte im Privatleben besser für seinen Ruf; niemand verdächtigte
ihn, als jetzt 2000 Pfund Gold im Capitol vermisst wurden,'^)
obgleich er in dieser Zeit genölhigt war, Anleihen zu machen. * *)
§ 35.
a. 51. Das vorige Jahr halte über Gallien entschieden.
Seine grossen Helden waren landUu'chtig, todt oder gefangen,
und alle Arten von Rrieg'führung versucht und erfolglos geblieben.
Man glaubt , das Opfer lyibe ansgerungen , und sieht es noch in
krampfhafter Bewegung gegen das Schicksal ankämpfen, wodurch
38) Liv. 7, 42. 10, 13. Vgl. Caes. B. C. 3, 1 u. hier §. 17 fin.
39) Dio 40, 58. 59. 2. Tli. 393. 40) Cic. ad F.im. 3, 3. 4, 4. 7. 12.
8, 10. 12, 15. ad All. 5,4. 13 Phil. 14. Liv. 108. Sneton. 29. Dio
40, 30. 58. riat. Cato 49. App. 2, 443. Cassiod. Fast. Sic. r. 702.
41) Dio 40, 58. Vgl. Flui. Cato SO. 42) Dio 40, 57. 2. TIi. 45.
A. 7. 195. A. 94. 243. A. 46. 43) Pliii. 33, 5 (I). Vgl. Ijier §. 14 fin.
44) Val. M, 6, 2. ^. II. Ueber seine Bauleu s. Pomp, IUy.
XXI. lULn. (31. §.35.) 367
es nur seine Qualen vermehrt. In der Voraussetzung, dass Cäsars
SlatiLalterscLaft sich ihrem Ende näliere, und sein Abgang das
Ziel ihrer Leiden sein werde,'*) beschlossen mehrere gallische
Völker, ihm bis dahin zu widerstehen. Es war ihnen also un-
bekannt, wie ihre Unterjochung in seinen Lebensplan eingriff,
dass er ihn ohne den TÖlligen und sichern Besitz ihres Landes
aufgeben niusste. Sie wollten nicht wieder ihre ganze Macht
auf einem Puncte vereinigen, wie bei Alesia, damit sich nicht
auch die Legionen zusammenzogen, sondern diese eiuzeln mit
Uebermacht erdrücken , oder aus unzugänglichen Stellungen in
Wäldern , auf Höhen und hinter Sümpfen sie überfallen und
ihnen die Zufuhr abschueiden, Frauen, Rinder und Habe in ent-
fernten Gegenden verbergen, und sich in der äusserslen Bedräng-
niss durch eine augenblickliche Unterwerfung oder durch Aus-
wanderung für einen neuen Kampf erhalten. Die Zweckmässigkeit
dieses Verfahrens, von welchem insbesondre die Belgier den Sieg
erwarteten, wurde selbst von den Römern anerkannt; '*) indess
rüstete nur ein Theil der Gallier, und Cäsar erfuhr diess durch
seine Späher, ehe „die Verschwörungen" zur Reife gediehen.
Er reis'te am letzten Tage des J. 52 von Bibracle,'") wo
sein Qnästor M. Antonius zurückblieb, zu der dreizehnten Legion,
welche mit T. Sextius westlich vom Liger unter den Biturigen
lagerte, nnd zog auch die elfte an sich. INiemand durfte anzünden,
weil mau sich selbst des Unterhalts beraubt uud dsn Feind ge-
warnt haben würde. Um so leichter bemächtigte sich die Ren-
terei der Landbewohner, ehe sie die Städte erreichten, und die
Gehörten verbreiteten sich in der Umgegend, damit die Flüchtlinge
nirgends Aufnahme oder Unterstützung fanden. Die Unmöglich-
keit, zu entkommen, und die Schonung, mit welcher ohnerachtet
ihrer Meuterei die Nachbaren behandelt »wurden, bestimmte die
Biturigen, sich zu unterwerfen. Am vierzigsten Tage war Cäsar
wieder in Bibracte. Seine Soldaten hatten die Besch%verden des
Winterfeldzugs willig ertragen; zur Belohnung versprach er dem
Legionär 200 und dem Centurio 2000 Sestertien. '*)
Aber seine Wachsamkeit schreckte die Gallier nicht. Schon
45) B. O. 8, 39. 46) Das. 8, 8. 47) Oben §. 33 fin.
48) B. C. 8, 1—4.
368 XXI. lULII. (31. §.35.)
am acLtzelinten Tage rief er die sechste und vierzehnte Legion
ans ihren Lagern am Arar, (Saone) weil die Carnuten (in Or-
Jeannois) in das Gebiet der Bilurigen einfielen, wie es scheint,
sie durch Zwang dem Bunde freu zu erhalten. Er besetzte ihre
Stadt Genabum, (Orleans) wo sie Dach deren Zerstörung*')
mehrere Häuser wieder aufgebaut hatten, und die Römer in diesen
und in schnell hergestellten Hütten währeud der rauhesten Jahres-
zeit sich bargen; die Reuter und die Uiilfstruppen verfolgten die
Empörer über die Gränze. ' °)
Raum war diess Unternehmen beendigt, als die Remer mel-
deten, dass mehrere belgische Stämme nördlich von der Seqnana
(Seine) und an ihrer Spitze die kühnen Beliovaken (Beauvais)
unter der Anführung des Correns und des Atrebaten Commius ^ ')
das Gebiet der Svessionen bedrohten , welche nach Cäsars An-
ordnung zu den Clienten der Remer gehörten. ' -) Diese galten
für seine trenesfen Freunde , und eben deshalb bei den Galliern
für Verräther; er mussfe beweisen, dass er sie auch gegen die
Beliovaken beschützen konnte, deren Kräfte noch ungeschwächt
waren, da sie einem fremden Feldherrn nicht gehorchen mochten
und deshalb nur 2000 Slann nach Alesia geschickt hatten. ^^)
Um seine Truppen zu schonen , liess der Proconsul sie ab-
wechselnd ruhen; die 6, und J4. Legion blieben mit C Tre-
bonius in Genabum, und bildeten hier zugleich einen Rückhalt;
die 11., zwei andere unter C. Fabius im Lande der Remer nnd
eine Legion des T. Labienns auf dem Gebiete der Sequaner er-
hielten Befehl, ihm gegen die Beliovaken zu folgen. Als er
ihre Gränzen überschritten hatte, berIcLtefeu die Reuter nnd ge- .
nauer die feindlichen Kundschafter, welche sie einbrachten, cJle
Waffenfähige ihres Volks , der Atrebaten und der anderen Ver-
bündelen haben sich auf eine Höhe iui Walde hinter einen
Sumpf zurückgezogen, und wollen die Sclilacht annehmen, wenn
49) Oben 5. 32. A. 67. 50) B. G. 8, 4. 5. 51) Oben J. 33.
A. 91. 52) B. G. 8, 6 — 23. Liv. 108. Gros. 6, 11 folgt dem Vf. des
B, G. IMo 40, 42. 43 erziihlt sehr kurz nud ungenau, und l'lnt. Caes. 28
gellt von dein Feldziige des J. 52 sogleich zur (luMrliirhte des Bürgerkriegs
über. In Rom sagten sich dio Opiiuintcn frendig ins Uhr, es stehe sddecht
um Cäsar, er sei von den BelloYakeu eingesclUasSBU. tic. ad Faiu. 8, 1.
§. 4. 53) faes. 7, 75. 90.
XXI. lULII. (31. §.35.) 369
nur drei Legionen erschienen, sonst aber aus dem Ilinferlialte
die ZufiiLr erschweren ; aucL 'werde Comniius niit germanischen
Hiilfbtruppen erwartet. Man niusste durch eine Täuschung den
Kauij)^ beschleunigen. Nur drei Legionen, die 7. 8. und 9.
zeigten sich vor dem Gepäck, die 11. gieug hinter ihm; aber bei
dem Anblick' eines schlagfertigen Heers änderten die Belgier
ihren Entschluss ; sie stellten sich au^ ohne durch das vorliegende
Thal näher za rücken. Cäsar zog vor seinen Werken einen
doppelten Graben, damit er zu ihrer Vertheidigung weniger
Blannschaft bedurfte, und durch zahh-eiche Entsendungen sich
versorgen konnte; seine Vorsicht sollte zugleich für Furcht gellen.
Indess blieben die Feinde auch nach der Ankunft des Conimius
mit 500 germanischen Reutern auf ihren Hohen , und versuchten
sich nur in kleinen Gefechten , in Welchen sie oft im Vortheil'
waren. Zum Angriff herzugehen fühlten sich die Römer zu
schwach; daher A.urdeu JT. Sextius mit einer und Trebonius aus
Genabum mit zwei Legionen herbeigerufen. In der Zwischenzeit
besiegten die Bellovaken die Reuferei der Remer, welche zum
Behuf der Zufuhr das Lager verlassen hatte und ihren Anführer
Vertiscus verlor; dann aber entflohen sie selbst vor den leicht-
bewaffneten Germaniern, und als bald nachher die drei Legionen
eintrafen, fürchteten sie das Schicksal der Gallier bei Alesia.
Nur zmn Schein boten sie den Römern die Schlacht au ; sie
wollten für den Abzug des Trosses mit dem Gepäck Zeit ge-
winnen und ihn verbergen, wogegen Cäsar sich dadurch die
Verfolgung möglich machte, dass er auf Brücken über den Sumpf
gieng und eine Hochebne besetzte , wo die ^Vurflnaschiuen
wirken konnten. Die Belgier sahen seine Reuter, den Zügel in
der Hand, ihren Aufbruch erwarten; länger zu bleiben gestattete
ihnen der Mangel nicht; sie zündeten daher vor ihrer ganzen
Linie Feuer an, und zogen sich unbemerkt nur 10,000 .Schritte
■weit in eine andre von Natur feste Stellung zurück. Als die
Römer es endlich entdeckten, wurden Rauch und Flammen ihnen
Linderlich , auch fürchteten sie eine Kriegslist ; die Abtheilungen,
welche Vorräthe herbeischafften, geriethen fast immer in einen
Hinterhalt.
So konnte Correns hoffen, sie durch den Hunger zii ver-
treiben; allein Cäsar überlistete ihn. Er erfuhr, dass der belgische
DiuDiann, Gcscliicliti) Roms ill. 24
370 XXI. lULn. (31. §.35.)
Heerführer mit 6000 Mann zu Fnss und 1000 Renfern in einem
dichten Walde hinter einer Ebne lagere. Scheinbar unbefang-en
schickte er Renter und Leichtbewaffnete in diese Gegend, ■\vohin
er mit den Legionen folgte. Die Vorhut wnrde anfangs nur von
einem kleinen Geschwader angegriffen; dann brachen die Uebri-
geu hervor, und zuletzt das Fussvolk. Dennoch verlängerte sich
das Gefecht, bis man hörte, der Imperator komme mit dem gan-
zen Heere, für die Belgier die Losung zur Flucht. Sie waren
mit Benutzung des Waldes und. des Flusses, welcher den Kampf-
platz begränzte, eingeschlossen, und nebst vielen Anderen starb
Correus, da er auf keinen Zuruf achtete, sich zu ergeben. Cä-
sar gieng durch den Fluss, und näherte sich dem Lager der
Feinde, welche die Nachricht von der Niederlage und von seiner
Gegenwart fast zu gleicher Zeit erhielten. Ihre Grossen baten
nm Schonung und erklärten Correus fiiü die einzige Ursach des
Krieges ; gegen ihren Willen habe er <;e Menge verleitet. Diess
läugnete der Proconsul; unter allen Galliern haben sich die Bel-
lovaken am hartnäckigsten gezeigt; jetzt klagen sie die Todten
an; doch seien sie genug bestraft. Er empfieng ihre Geissein,
und nach ihrem Beispiele unterwarfen sich auch die Bundesge-
nossen. Nur Conimius mochte sich lieber den Germaniern als
dem Sieger anvertrauen; im vorigen Jahre hatte ihn C. Voluse-
nus, ein Oberst der Reuter, auf Labienus Befehl zu einer Unter-
redung eingeladen, um ihn zn ermorden; sein Gefolge rettete ihn,
er wurde aber doch von einem Centurio am Kopfe schwer ver-
wundet, und beschloss, nie wieder mit den Römern zu ver-
kehren. ' *)
Nach der Entwaffnung der Mächtigsten überliess es Cäsar
seineu Legaten, das Uebrige zu thun. C. Fabius sollte mit 25
Cohorten die 'westlichen Gränzen der narbonensischen Provinz
verlheidigen, Caninius Rebilus auf dem Gebiete der Rutener ver-
stärken, und die Acjullanier bewachen.") Die 15. Legion zog
nach dem cisalpinisclien Gallien, die dortigen Colonien gegen die
Räubereien der Barbaren zu sichern.'^) Mit der H. unter M.
54) B. C. 8, 23. Dio 40, 43, IJnlea Ä. 65. 55) B. G. 8, 24.
Caes. 7, 90. SC) B. G. I. c. haben die Ilandschriflen leg. XII; aber
in d. Zaiilen sind die Abscbieiber am vrenigsten zuverlässig, ii, das. 54
>viril diese Legioa zweimal als XV. bezeichael. S. J. 16. A. 21.
XXI. lULII. (31. §.35.) 371
Antonius nnd einer Legion des T. Labienus, welcher die 15. zu
Jenem Zwecke abgegeben Latte, verwüstete der Imperator noch-
mab das Land der Eburonen, damit sie Ambiorix für den Fall,
dass er noch lebte, als den wahren Urheber ihres Unglücks nicht
wieder aufnahmen,*') oder vielmehr, um sie gänzlich zn vertil-
gen. Dann gieng Labienus mit zwei Legionen zu den Trevi-
rem, welche stets nur aus Zwang gehorchten, und in einem
Reutergefechte geschlagen wurden.'*) Im AVesten belagerte
Dumuacus , der Anführer der Anden, (Anjon) mit welchen die
Carnuten und andere Stämme sich verbunden Latten, Dnratius,'
einen Freund der Römer, in Lemomim, einer Stadt der Picfonen
(Poiliers). Caninius kam znm Entsatz; er Latte aber nicLt Trup-
pen genug, und konnte den Feind, welcher sogar sein Lager zn
nehmen versuchte nnd dann wieder vor der Stadt erschien, nur
aus der Ferne beobachten. Auf seinen Hülferuf näherte sich
Fabius ; er ereilte die Gallier , als sie nun über eine Brücke auf
das rechte Ufer des Liger entweichen wollten , und tödtete ihnen
mehr als 12,000 Mann. Während er über den Fluss setzte, und
die Unterwerfung der Carnuten erzwang, nach welchen auch die
nördlich bis zum RIeere in Armorica wohnenden A''ölker Gehor-
sam gelobten, wandte sich ein Theil der Flüchtliuge mit dem
Senonen Drappes, einem Abenteurer, und Lncteriu.s, dem Cadur-
ker,'*) nach der alten Provinz, die Abwesenheit der Römer zn
benutzen. Durch die schnelle Rückkehr des Caninius wurde ihr
Vorhaben vereitelt, und von ihm gedrängt warfen sie sich in
Uxellodunum, eine arif jähen, vereinzelt siehenden Felsen erbaute
Stadt der Cadnrken (in der Gegend von Cahors in Quercy, einer
Landschaft in Guyenne). *") Dennoch versuchte der Legat, sie
einzuschliessen. Er errichtete auf den höchsten Puncten drei La-
ger, und die Umvs'allnng begann. Lucterius entfernte sich mit
Drappes , und Hess nur 2000 Blann zurück ; das Schicksal von
Alesia , von welchem er Zeuge gewesen war , bewog ihn , mit
Güte und Gewalt grosse Vorräthe zu sammeln. Aber Caninius
57) So B. G. 1. c. Tgl. Gros. 6, 11. n. oben §. 30. A. 24 n. 29.
S8) B. G. 8, 25. 45. 59) Caes 7, 5. Oben §. 32. Ä. 61. 60) Für
die genauere Angabe, Pneche d'lssolon an der Tourmenle, gieb» es kei-
nen Beweis, obgleich man dort eine Q^^Ue a. ein Portal auf diese Ereig-
nisse bezieht.
•24»
,372 XXI. lULII. (31. §.35.)
überfiel ihn in cten ScLliieliteu, und führte die Lasttlüere in sein
Lager ; dann p;riif er auch Drappes an , welcher in völliger Si-
cherheil nur 12,000 Schrille weit im Thale an einem Flus.se stand.
Eine Legion blieb in den Sclianzen ; die andre fand auf dem
Schlachlfelde die Vorhut, Reuler und germanisches Fussvolk,
schon im Handgemenge; in kurzem war das feindliche Heer zer-
sprengt und der Befelilshaber gefangen.
Am folgenden Tage traf C. Fabius ein; die Dinge blieben
aber unverändert. Die Stadt wm'de durch ihre Lage geschiitzli
und durfte nach dem Abgange so vieler Tausende auch den Hun-
ger nicht mehr fürchten. Bei der Stimmung der Gallier konnte
es Cäsar nicht gleichgültig sein , dass ein einzelner Ort ihm Trotz
zu bieten wagte; er beschloss, die Belagerung selbst zu leiten.
Nach der Besieguug der Bellovaken, welche M. Antonius mit 15
Cohorten bewachte, war er zu den Carnuten zurückgegangen,
deren Häuptling Gutruatus er hinrichten liess, wie früher den
Senoneu Acco, '") weil er glaubte, dass sie auf sein Anstiften
sich wiederholt gegen ihn aufgelehnt haben. Jetzt erhielt er
Briefe von Caninius, und nach wenigen Tagen stand er mit der
Reuterei vor Uxellodunum, wohin Q. Calenus mit zwei Legio-
nen folgte. Um es zu erobern,' mnsste man ihm das Trinkwas-
ser entziehen, und auch diess hatte grosse Schwierigkeiten. Der
Strom in dem Thale , welches die Stadt umgab , lloss so tief,
dass man ihn nicht in nc i tiefere Graben ableiten konnte; es
blieb nichts übrig, als durch Bogenschützen und Wnrfmaschinen
die Annäherung an das jenseitige Ufer zu verhindern. Die Be-
lagerten schöpften nun aus einer Quelle hart unter ihrer Blauer,
in der Gegend , wo der Fluss sich von ihnen entfernte, und etwa
300 Fuss weit den Zugang zu dem Felsen frei liess, Raum
scliieu es möglich, sie auch liier zu vertreiben, wo sie fast ohne
eigene Gefahr von oben hinab ihre Waffen gebrauchten. Den-
noch belahl Cäsar zu schanzen , und unter grossen Anstrengungen
und fortwährend im Kampfe gelangte er dahin, dass er die Wege,
welche zum Wasser führten, mit seinen Blaschiuen beherrschte.
Viele Menschen und Tliiere starben in der .Stadt vor Durst. In
dieser Noth iülltcn die Gallier Tonnen mit Pech, Unschlilt und
(.1) Ciios. 6, 4. 44. Oben J. 30. A. 30.
XXI. lULn. (31. §.35.) 373
ScLindeln von Kien, und rollten sie gegen den Wall ; er g-erielL
in Flammen, und ein gleichzeitiger Ausfall erschwerte das Lö-
schen. Als aber die übrigen Cohorleu auf allen Seiten mit Ge-
schrei die Höhen erstiegen, riefen die Belagerten ans Furcht vor
einem Stnrme ihre Rrieger zurück , und besetzten die Manern.
Nun konnte man dem Feuer Einhalt thun. Jene vertheidigten
sich jedoch auch jetzt noch, bis die Römer durch Minen der
Quelle das Wasser nahmen; sie war sonst nie versiegt; die Göt-
ter schienen einen längern ^Viderstand nicht zn wollen, und die
Stadt öifnete die Thore. Der Proconsul liess den Gefangenen die
Hände abhauen; das Leben schenkte er ihnen, damit sie Anderen
zur Warnung dienten.''^) AYohl mochten die nie endigenden
Empörungen seine Geduld ermüden, aber nur der Unterdrücker
■war anzuklagen ; ohne gereizt zu sein, hatte er diese Völker an-
gegrilfen, und er bestrafte ihre Liebe zum Vaterlande, weil er
Ruhe bedurfte , das seinige zu bekriegen. Drappes tödfete sich
durch Hunger, und Lucterius wurde auf der Flucht Ton einem
rö'misch gesinnten Arverner verhaftet und ausgeliefert.
Bis auf einige Häuptlinge, welche an ihrer Begnadigung ver-
zweifelten, hatten alle Gallier die Waffen niedergelegt. Auch
die Aqnitanier , welche früher zum Theil von P. Crassus unter-
jocht waren, ^*) schickten Gesandte und Geissein, als Cäsar jetzt
zum ersten Blale mit zwei Legionen ihr Gebiet betrat. Dann
giengen vier Legionen mit M. Antonius, C. Trebonius, F. Va-
tinius und O. TuUius nach Belgien in die Winterquartiere; zwei
mussten die Aeduer aufnehmen, welche man bei ihrem grossen
Ansehn noch immer am meisten fürchtete; zwei die Turonen am
Liger, westlich von den Carnufen, (Touraine) und eine gleiche
Zahl die Lemoviken, die westlichen Kachbaren der Arverner.
So wurden die Gallier in den verschiedensten Gegenden bewacht,
und die Trnppeu doch nicht zu sehr vereinzelt. * *) Cäsar begab
sich auf eine kurze Zeit nach Narbo, nm Gericht zu halten, und
die Provincialeu für ihre Treue zu belohnen. Nach seiuer An-
kunft in Ä'emetocenna, der Stadt der Atrebaten in Belgien, (Ar-
ras in Aitois) wo er mit der stärksten , Abtheilung des Heers
62) B. O. 8, 44. Oros. 6, 11. 63) Oben §. 22. A. 83. 64) B.
C. 8, 40.
374 XXI. lULIf. (31, §.36.)
überwintern wollte, benacLricLtig^fe man Um von den letzten Un-
ternelimungeu des Commius. Er hatte hier, in seinem Vafer-
laude , den Krieg als Parteigänger fortgesetzt, und mit einer Reu-
terscLaar sich der Vorräthe bemächtigt, welche für die römischen
Winterlager bestimmt waren. Obgleich die Einwohner ihn nicht
unterstützten , so konnte man doch seine Streifziige nicht länger
dulden. Antonius beauftragte C. Volusenus mit seiner Verfol-
gung, weil dieser nach dem misslungenen Versuche, ihn za A
tödten , und sich dadurch bei Labienus Lohn und Beifall zu er-
werben, ihn am meisten hasste. **) Der Atrebat benutzte den
Ungestüm , mit welchem sein Gegner im Gefechte auf ihn ein- ■
drang, ihn lebensgefährlich zu verwunden, und rettete sich durch
die Flucht. Indess hatte er nun Genugthuung; er versprach An-
tonius, sich friedlich an den Ort zurückzuziehen, welchen er be-
stimmen werde , wenn man ihm nie zumuthen wolle , wieder
einen Römer zu sehen; diese Bedingung, welche die Beherrschet
der Welt als treulose Meuchelmörder brandmarkte, wurde be-
willigt.
§ 36.
(a, 51.) Das Dankfest, mit welchem der Senat Cäsars Feld-
zng vom vorigen Jahre belohnt hatte , sollte das letzte sein ; man
erklärte den gallischen Krieg für beendigt, und den längern Auf-
enthalt des Imperator in seinen Provinzen für überflüssig. Da-
durch wurde er zum Schweigen gebracht, wenn er im Namen
der Republik Forderungen machte. Aber er konnte zugeben, «dass
er entbehrlich sei, und gleichwohl mit Fug und Recht Gallifln
auch ferner verwalten; er durfte sich auf das trebonische Gesel.^
stützen, nach welchem seine Zeit noch nicht verüosseu war;*"*)
ein anderes entband ihn sogar von der persönlichen Bewerbung
um ein zweites Consulat. ®') Pompejus hatte diese Gesetze ge-
nehmigt, und sich weit mehr angemasst, als sie besagten; der
Senat hatte seine Anmassuogen geduldet; das Recht, so fern es
sich auf öffentliche Verordnungen gründet, war auf der anderen
65) Oben A. 54. U. G. 8, 47. 48. Fromiii. strat. 2, 13. §. 11. Dio
40, 43. 66) Oben 5. 24. A. 64. 67) §. 34. A. 34.
XXI. lULII. (31. $.36.) 375
Seite. Diess irrte jedoch nicLf; als Beherrscherinn des Reichs
glaubte die Nobilität, so feig' sich auch der Einzelne in ihr zeigte»
iin Besitze der grossem IMacht zu sein; im Bunde mit einem be-
rüLintea Helden sah sie eia Unterpfand des Siegs; Beschlüsse
konnte mau zurücknehmen. Nur Eins wachte sie besorgt; sie
niusste auch Pompejus bewachen, durch dessen Ehrjjeiz sie nicht
■weniger gefährdet war; seine Lorbeeren und sein siegreiches
Schwerdt sollte er in die Wagschaale legen, aber nur als Voll-
zieher ihres Willens. In einer solchen Bolle wünschte er auf-
zutreten, um zu beweisen, dass nichts von Ihm ausgehe, dass
kein persönliches Interesse, sondern lediglich die PJlicbt gegen
Regierung und Vaterland ihn bestimme, und er mit schmerzlichen
Gefühlen die Bande löse , welche so lange ihn und Cäsar verei-
nigt hatten, dessen strafbare Entwürfe er aufrichtig beklage.
Durch Sendlinge zu wirken und eine ihm scheinbar verhasste
Entwicklung der Dinge zu befördern, blieb ihm bei dieser Ver-
stellung unbenommen. Allein das Gaukelspiel verwandelte sich
in Ernst ; die Optimaten behandelten ihn im Felde als ihren Söld-
ner; nicht einmal über den Krieg durfte er nach eigener Einsicht
verfügen, und als er zum TheU eben deswegen sich nicht be-
währte, sagten sie sich von ihm los; nach einem vernichtenden
Schlage gegen Cäsar wirde er seiner Absicht gemäss durch das
Heer über Senat und Volk, und durch diese über den Staat ge-
schaltet haben. Es war leicht zu erachten, dass ein solches Ver-
hältniss zwischen ihm, Cäsar und dem Senat zu unheilvollem Zögern
und dann zu Uebereilungen führen werde. Doch trug Pompejus
die meiste Schuld, nicht bloss, weil er den rechten Zeitpnnct
für den Anfang des Krieges nicht erkannte, sondern auch wegen
seiner Verschlossenheit. Rom und ganz Italien waren iu der
grössten Aufregung, da man einem Bruche zwischen Cäsar und
der Aristocratie entgegen sah; mit dieser Erwartung gieng Ci-
cero nach Cilicien, und das Unvermeidliche schien ihm so nahe
zu sein, dass er auf der Reise im Alai und Juni fast in jedem
Briefe um Nachrichten mahnte;^') die Parteien bildeten sich;
man sprach von Gut- und Schlechlgesinnteu; Cicero nannte Pom-
pejus schon den „Uusrigen," und empfahl M. Coelius, sich ihm
68) ad Au. 5,2, 12 — 15.
376 XXL lULn. (31. §.36.)
gänzlicli hinzugeben;®') Einige raunten sich ins Ohr, die ganze
Reuterci, Andere, die siebente Legion sei in Gallien niederge-
hauen, und Cäsar selbst von den Bellovaken umringt,'") und
Alle murrten, mochten sie auch selbst aus Vorsicht sich zurück-
ziehen, dass M. Marcellus so lange zögerte, den Senat zur Ver-
fügung über die Consular- Provinzen aufzufordern:'') Pompejus
allein äusserte sich nicht oder mit Ralte und Zurückhaltung, jetzt
auch aus Grundsatz; bis zum Herbste 'svar mau ungewiss, was
er über Gallien beschlossen habe. ' ')
In den ersten Tagen des Mai, als Cicero nach Brundusium
gieng, um sich einzuschiffen, erzählte man sich ausserhalb Korns,
Marcellus habe den Senat unter tribunicischem Einspruch veran-
lasst, den Proconsul von Gallien abzurufen, und dieser aus eige- -
ner Blachtfülle den Transpadanern die Rechte der Municipien
verliehen. Solche Gerüchte entstanden meistens durch die Lauen ■
in den Villen , wo man AUes tadelte , viel schwatzte, und nichts
Ihat. Sie waren falsch;'^) die Berathung über jene Provinzen
wurde von Marcellus ohnerachtet seines Hasses gegen Cäsar, den
Feind der Optimateu, bis zum 1. Juni verschoben,'*) weil Pom-
pejus abwesend war, und nebst mehreren Tribunen der andre
Consul Ser. Sulpicius nicht dafür stimmte, welcher schon früher
in Ciceros Gegenwart den Senat vor den Gräueln des Bürger-
krieges gewarnt, und es einen Wahn genannt hatte, wenn sein
College und viele Andere mit Blachtsprüchen zu entscheiden hoff-
ten. ") Pompejus befand sich auf seinem Gute bei Tarent; seine
Gesundheit mochte zum Verwände dienen, in der That aber wollte
er den Verhandlungen im Senat vorerst noch fremd bleiben. Auf
seine Einladung besuchte ihn Cicero , welcher ohnehin nicht so-
gleich in See gehen konnte, und am 18. Mai in der Stadt ein-
traf. Der Proconsul von Cilicien bedurfte den Kath des berühm-
ten Kriegers; noch weit mehr wünschte er für mögliche Fälle
sich ihm zu empfehlen, und über die Zukunft Aufschluss zn er-
halten. In den drei Tagen ihres Zusammenseins wurde ihm die
beruhigende Gewissheit, dass jener nicht nur ein trelflicher Bür-
69) Das. 5, 11. ad Farn. 2, 8. 70) nd Farn. 8, 1. j. 4. 71) Das.
2. Ti) ad Farn. 8, 8. §. 3. 73) ad Att. 5, 2 fin. ad Fam. 8, 1.
2. 7i) ad Fam. 1. c. 73) ad Farn. 4 , 3.
XXI. lULn. (31. §.36.) 377
ger sei , sondern auch den Willen und die Alacbt Labe, den dro-
henden Stiinn zu beschwören ; es überraschte ihn , über die An-
gelegenheiten des Staats die offensten Älittheilungen zu verneh-
men , welche er den Briefen nicht anzuvertrauen wagte ; nur
konnte er es nicht billigen , dass Ponipejus , wie es schien , Spa-
nien selbst verwalten wollte, weil Italien in ihm seinen Beschützer
verlor; er lioffte, Theophanes , der viel vermögende Günstling,
um dessen Verwendung er bat, werde es verhindern.'^) Doch
bereute er es auch jetzt nicht, Cäsar bei der Ausfiilirung seiner
Plane begünstigt zu haben; er war nun von beiden Seiten ge-
deckt. ") M. X'oelius schrieb ihm, Pompejus fehle es nicht an
dem Willen aber am Verstände, seine wahren Gesinnungen zu
verbergen; er möge Uim melden, was er von ihm gehört habe.'*)
So viel ist ausgemacht, dass die Befriedigung, mit welcher Ci-
cero sich von ihm trennte, nicht eben von grosser Menschen-
ken^tniss zeugt; nur die zuversichtliche Hoffnuug des IMannes,
dass er Cäsar eben so leicht werde unterdrücken können, als er
ihn nach seiner Bleinung gehoben hatte , war nicht Verstellung,
sondern Verblendung, und diese konnte seinen Gast nicht be-
fremden, weU er sie theilie. ■'^)
Ohne den Beistand des Pompejus vermochte IMarcellns umso
weniger gegen Sulpicius und die Tribüne durchzudringen; die
Angelegenheiten Cäsars ruhten auch am ersten Juni. * °) Dauu
beschäftigten den Consul die Magistratswahlen , welche bis auf
Pompejus Rückkehr mehrmals ausgesetzt wurden.^') Unter dem
Einflüsse dieser Partei erhielten L. Aemilius PauUus und C. Clau-
dius Blarcellus im Juli das Consulat;^^) Beide galten für ent-
schiedene Anhänger des Senats.*^) Aus demselben Grunds lenkte
man in den tribunicischen Comitien die Wahl auf C. Scribonius
Curio. ") Man erwartete, dass er nach dem Beispiele seines
Vaters Cäsar anfeinden und ihn stürzen werde ; * ') auch M. Coe-
76) ad Att. 5, 6. 7. 11. §. 3. ad Fam. 2, 8. n, 3, 10. ?. 2: Oaid
non mecum commuaicavit (Pompejus)? 77) ad Att. 5, 13. §. 3. 78) ad
Fam. 8 , 1. J. 3. 79) Plut. Caes. 28. 80) Obea A. 74. ad Farn. 8,
2. §. 2. LiT. 108. Sueton 29. 81) ad Fam. 8, 4. 82) Das. 1. c. 1.
Th. 8. A. 90. 2. Th. 400. A. 26. 83) App. 2, 443. Dio 40, 59.
84) Cic, ad Fam. 1. c. u. 2 , 7. Dio u. App. U. cc. 85) Liv. 109. Dio
II. App. 11. CO,
378 XXI. lULH. (31. §.36.)
lins , welclier selbst zum citrullscken Aedil gewählt wurde , * *)
nnd fast in allen seinen UrtLeilen und Berechnungen irrte, war
der Bleinung , Curio habe die Freunde des Proconsuls in den
C'omilien g-eläiischt, *') nnd Cicero beklagte seine Abwesenheit
von Kom, weil er nun nicht Zeuge seiner ruhmwiirdigen Hand-
lungen sein konnte. ' ") Das Ansehn und die Beredtsamkeit nnd
K.iihnheit des künftigen Tribuns liessen viel von ihm hoffen;*^)
er hatte aber mit M. Antonius sein Erbe verschweigt,^") und
wui'de abtrünnig, als Cäsar fiir ihn zahlle. ^') Mit BescUiissen
nnd Gesetzen also wollte man Cäsar im nächsten Jahre aus dem
Felde schlagen , wenn es in diesem nicht gelang , und an rüsti-
gen Kämpfern fehlte es nun nicht.
Ein unmittelbarer Angriff war nicht möglich, so lange Pom-
pejus sich nicht öffentlich ausgesprochen halte, Marcellus hoffte
diess am 22. Juli zu veranlassen, als der Senat im Tempel des
Apollo ihm für seine Truppen in Spanien und Italien Geld be-
willigen sollte.^'-) Er fragte ihn, wem die Legion in Rech-
nung zu bringen sei , welche er Cäsar geliehen , and warnm die-
ser sie von ihm verlangt habe. ^*) Durch eine Ueberraschung
wollte man ihm Rede abgewinnen und ihn dann weiter locken;
die Legion , erwiederte er , stehe in Gallien , er werde sie wie-
der an sich ziehen , aber nicht sogleich , damit seine Feinde nicht
Stoff zu neuen Verläumdungen erhielten. 8') Knu drang man
ferner in ihn: ob er dafür stimme, dass man Cäsar einen Nach-
folger schicke ? Seine Antwort war ausweichend : an den Bera-
thungen über die Pro\'inzen könne er jetzt nicht Theil nehmen,
da er nach Ariminum zu seinen Truppen reise. Offenbar sollten
86) 2. Th 416. A. 100. 87) ad Fam. 8, 4. 5. 8. 5. 4: Ciuio se
contra euiu (Caesarem) totiuu parat. 8, 10. Jener gehörte noch nicht zu
den Cäsarianern, da es aber ein unfehlbares Mittel gab, ihn ?.n gewinnen,
SO konnte seine Wahl ihnen nur erwünscht sein. 88) ad Fam. 2, 7.
89) Vellej. 2, 48. §. 3. Siiet. 29. Dio 40, 60. App. 2, 443. 90) A''el-
lej. 1. c. Plin. 36, 24. {.. 8. Val. M. 9, 1. 5- 6. Lucan. 1, 269. 4, 820.
Plnt. Caes. 29. I. Th 65. A. 75. 91) S. unten §. 37. A. 38. 92) Cic.
ad Fam. 8, 4. Vgl. 8, 1* fin. Hier §. 34 in. u. A. 22. 93) Oben
5. 27 fin. 94) liine Anspielung auf M. C'ato n. dessen Partei, welche
seine Bereitwilliglieit , den Troc. v. Gallien zn unterstützen , getadelt bal-
len, (^1. 27 fin.) u. nicht rühmen sollten, sie haben recht gesehen, er müsse
diess uuu selbst zugeben.
XXI. lULII. (31. §.36.) 379
Andere die Babn brechen, •welches noch deutlicher ans der Be-
merkung hervorgieng;: dem Senat sei jeder Gehorsam schuldig.
Dieser verstand ihn; er beschloss aber dennoch, bis zu seiner
Rückkehr, nach Coeliiis Vermtilhung etwa bis zum 13. August,
Jie Sache ruhen zu lassen. Pompejus reis'te; er entfloh vordem
lästigen Ausinnen seiner eigenen Partei, welche ihn schon zum
Theil ans seinem Versteck' vertrieben hatte. ^') Den Gegnern
war jede Frist willkommen, sonst hätten auch sie ihm und zu-
gleich dem Senat Fragen vorlegen köunen ; warum man die
Truppen in Italien nicht entlasse, da der Zweck der Rüstung
längst erreicht sei , und ^warum sie an den Gränzen des cisalpi-
nischen Galliens lagern? Gegen die Meuterer in Rom, nicht
gegen Cäsar habe man sie ausgehoben; ob diess etwa die Vor-
hut eines Heers sei, welches man gegen Ihn aufzustellen gedenke,
und der Schatz im Dienste der Nobiütät durch unnöthige Ausga-
ben verschwendet werden solle?
Es war nicht die Absicht des Pompejus, sich so schnell wie-
der einzufinden, als man ihm im Senat empfohlen hatte. ^ ^) Die
verzögerte Entscheidung über die Consular- Provinzen, zu wel-
chen Cilicien wie Gallien gehörten, machte auch Cicero verlegen,
welcher aus anderen Gründen und besonders aus Furcht vor den
Parthern sich nach Italien sehnte. Alles stockt, schrieb ihm Coe-
lius, wie in einem Graben ohne Abzug; Jahre können vergehen,
ehe die fragliche Angelegenheit erledigt wird. ^') So oft Mar-
celius die Senatoren versammelte , fehlte es an einer hinlängli-
chen Anzahl, um einen gültigen Reschluss zu fassen, weil nie-
mand den Furchtbaren, welcher gestürzt werden sollte, zu be-
leidigen wagte. 8 *) Nur der lächerliche C. Luccejus Hirrus, einst
Ciceros unglücklicher Nebenbuhler, als dieser sich um das Augu-
rat bewarb, und jetzt von M. Coelius in den ädilicischen Comi-
tien überwunden, ereiferte sich im Senat gegen Cäsar, welcheu
er vorher vertheidigt hatte, um für die nächsten Wahlen den
Beistand der Optimaten zu erkaufen, s 9) Eine Zeitlang wurde
man auch durch den Process des künftigen Consuls C. ÜMarcellus
95) ad Farn. 8, 4. ad Att. 5, 19. §. 1. 96) ad Farn. I. c. 97) Das.
8, 5. 5. 2. 98) Das. 1. c. 99) Das. 8, 9. J. 1. Vgl. {. 31. A. 43.
Honens. 7. §. 5. A. 36. 2. Th. ili. A. 88.
380 XXI. mLII. (31. §.36.)
besciläftigt. "'°) So gieng' der 13. Aiignst nnbenntzt vorüber, und
ancli am 1. September, an welchem Marcellus den Anirag' gegen
Cäsar ernenerte, konnte -wegen der geringen ZaM der Senatoren
nicLts beschlossen werden. ') Pompejns erklärje, da er sich so
wenig unterstützt sah, man müsse jetzt gar nicht über die Con-
sular- Provinzen verfügen, weil nämlich Siilpiciiis und die Tri-
büne zuvor durch Andere ersetzt werden sollten , worauf sein
Schwieg'ervater Metellus .Scipio sichtbar nach Verabredung sein
Gutachten dahin abgab, der Senat sei am 1. Blärz des folgendeu
Jahrs ausschliesslich über d^e beiden Gallien zu befragen. Damit
■war für Cäsar wieder viel gewonnen; er konnte sich im Besitze
seiner transalpinischen Provinz befestigen , und die Gesinnungen
der künftigen Älagistrale mit Blusse erforschen , mit Gelde und
Versprechungen auf sie wirken. Seine Anhänger verbargen ihre
Freude unter Riagen. In Privafgesprächen äusserte Pompejus :
unter keiner Bedingung könne Cäsar eine Provinz und das Con-
sulat zugleich verwalten. ^)
Da man sicli nun nberzengt Latte, dass er den Nebenbuhler
nicht länger in Gallien dulden wolle , so nahm man Blassregeln,
jedes andre Hinderniss für das nächste Jahr zum voraus zu be-
seitigen. Auf Marcellus Antrag wurde am 30. September im
Tempel des Apollo beschlossen: die künfligen C'onsuln sollen am
1. März über die Consular- Provinzen an den Senat berichten,')
«ber nicLts anderes vorher oder zugleich ; *) sie sollen ihn in dier
ser Angelegenheit auch an Coniitial- Tagen berufen,') und die
Senatoren unter den 300 Richtern zuziehen dürfen,'') und wenn
ein Gesetz oder Plebiscit erforderlich ist, sollen sie selbst, oder
100) ad Fam. I. c. §. 2. 2. Th. 400. A. 25. 1) ad Fam. 1. c.
2) Das. 1. c. §. 6. Plut. Caes. 29, -welcher die Zeiten ver-ivecIiseH (s. un-
ten) Apv- 2, 443. Dio 40, 59. 3) Nnr auf die beiden Gallien >var os
abgesehen , wohin man statt Cäsar Andere schicken wollte, 4) Damit
das Wichtigste nicht mit etwas anderem , welches etwa der IVIehrzahl ijn
Senat misslällig war, verworlen oder die Zeit mit Reden ausgefüllt würde.
5) An welchen es sonst nicht gestattet war. ad (lii. fr. 2, 2. §. 5.
6) Weil man sie bei der Absiimuiiing bedurfte. 300 die runde Zahl für
360, 2. Th. 354. A. 32, welches sich aber nicht, -N>ie Mannt n. Scliiil/.
za Cic, all Fam. 8. 8. §.3 aiinehuion . auf die Dpcurie der Senatoreu un-
ter den Richtern , sondern auf die (»csommtzahl der Richter bezieht.
XXI. lULII. (31, §.36.) 381
die Prätoren nnd die Tribüne oder deren NacLfolger sich an das
Volk wenden. Ein Einspruch erfolgte nicht,') und mehrere der
angesehensten Senatoren setzten bei der schriftlichen Abfiissiiny
des Beschlusses ihre Namen vor. Reiner, welcher an sich dazu
berechtigt ist, soll die Verhandlungen im Senat unterbrechen, ^^
oder er wird als Reichsfe'nd geächtet werden. Wenn jet^t je-
mand sich widersetzt, so ist der Beschluss gleichwohl niederzu-
schreiben, und darüber an Senat und \ olk. zu berichten. Ein-
spruch der Tribüne C. C'oelius,^) L. Vinicius, P. Cornelius und
C. Vibius Pansa. Der Senat soll untersuchen, welche Rrieger
in Cäsars Heere ausgedient haben, oder aus anderen Gründen
ihre Entlassung fordern können. ' ") Einspruch der Tribüne Coe-
lius und Pansa. Cilicien") und die acht anderen prutorische«
Provinzen sollen nach der Entscheidung des JLooses die Prätorier
übernehmen, welche keine verwaltet haben, und nach einem frü-
heren Senats -Beschlüsse dazu verpilichtet sind,'-) zunächst die
Prätoren vom vorigen Jahre, so viele es angeht, und wenn ihre
Zahl nicht zureicht, die älteren. Einspruch des Coelius nndPan-r
sa. '^) Auch der Consul Sulpicius stimmte gegen den Antrag sei-
nes Collegen. ' ■*) Pompejus sprach wider Willen ; man drängle
ihn, weil er aus sich herausgehen, bei diesem Gewebe von Arg-
list und Feigheit, mit welchem man Cäsar zu umgarnen hoffte,
nicht im Hintergründe bleiben , sondern sich anschliessen uud die
Schwachen ermuthigen sollte. Zu unbehülllich, um durchzuschlüp-
fen, bethenerle er, seiner Macht und Würde eingedenk: ohne
7) Coelius wüide ad Fam. I. c. die Tiibnne, von welchen er ansgieng,
genannt haben , wie es veiterbiu geschieht. Die Buchslaheu L. V. nach
den "Worten : plehemve ferreut , geben freilich keinen Sinn ; sie in 1. N.
intercessum, oder I. V. iideni -viri, za -verwandeln ist nach dem Vorigen
unzulässig oder ungereimt. 8) Am 1. März. 9) 2. Th. 424. Ko. II.
10) Eine Fürsorge, deren Zweck den Veteranen nicht enigieng. 11) Bis-
her n. auch jetzt nnter Cicero Consiilar- Provinz, u. nun zu den präiori-
schen geworfen , damit der consnlarischen weniger wurden , n. man um so
mehr Gallien den Consuln anweiben koniüe; die Statthalterschaft in Spa-
nien war rompc.'us verlängert; so blieben nur Syrien, wo liibulns stand,
u. CaUien. 12) Oben J. 31 fin. §. 34. A. 23. 13) ad Fam. 8, 8.
§. 3. Veliej. 2, 48. §. 1. Sueton. 28. Eutrop. 6, 19 (16). l>lul. Caes. 29_
App. 2 , 443. üio 40, 59. 14) Uio 1. c. vgl, Liv. lOö. Cic. ad Fam. i,
3. n. 8, 10.
382 XXI. rULn. (31. §.36.)
Unrecht zu thun, könne er vor dem ersten März über Cäsars
Provinzen sich nicht erklären;") dann werde er keinen Ausland
nehmen. Und wenn Einspruch erfolgt ? — Es ist völlig dasselbe
ob Cäsar dem Senat den Gehorsam verweigert, oder ihn hindert,
gültige Beschlüsse zu fassen. Wie aber, wenn er Consul sein^
und dennoch Heer und Provinzen nicht entsagen will? — Wie,
wenn mein Sohn den Stock gegen mich erhebt?'^) Dann also
wollte er den Ungerafhenen im Namen des Vaterlandes züchti-
gen, ihn wie einen Schulknaben durch Befehle heimschicken^
Hnd doch verwirkte er immer mehr das Recht , ilmi zu befehlen ;
weder sein Beispiel, da er selbst zugleich Consul und Statthalter
gewesen war, noch die Ausnahme zu Cäsars Gunsten in seinem
Gesetze über persönliche Bewerbung, stimmte zu seinen bedroh-
lichen Worten ; oder glaubte er den Mann zu schrecken, der vor
eiiiem Sulla nicht gezittert hatte, und wohl wusste, dass der erste
Schritt von seiner Höhe der Anfang eines endlosen Falls sein
Sverde? ' ') Cäsar Hess nicht mit sich dingen, wie Coelius wähn-
te,'*) nur gewaltsam konnte man den Knoten lösen, und den-
noch rüstete man nicht. ' ^)
Während Marcellus dem Feinde der Optimaten seine Pro-
vinzen zu entreissen suchte, fügte er ihm im Juni auch eine andre
Kränkung zu, wodurch er zugleich den Bruch beschleunigen
wollte.-") Pompejus Strabo, der Vater des Triumvir, schickte
Colonisten nach dem transpadanischen GalL'en, und gab ihnen das
lateinische Recht , so dass sie römische Bürger wurden, wenn sie
in ihrer Stadt obrigkeitliche Aemter verwaltet hatten. ^ ') Zu die-
sen Colonien gehörte Comnm , von jetzt an Novum Comum ge-
nannt, ^^) welchem Cäsar im J. 59 als Consul durch das valini-
sche Gesetz das römische Bürgerrecht verlieh; ^^) es sollte iu al-
15) 'Weil der Senat sich bis dahin die Enischcidang vorlebielt. ad
A«. 8, 3, §. 2. 16) ad Farn. 8, 8. §. i. vgl. 8, 14. J. 2. 17; Snet,
29. Pliit. Caes. 28. Senec. ep. 94. Flor. 4,2. §. 14. 18) ad Fam. 1. c.
19) Utiuain, Fompei, cnm C. Caesare socielatem am iiiiuqiiam coisses, anl
nunquam diremisses ! Cic. 2 l'hil. 10. 20) Aiu 6. Juii vtar Cicero in
AtLen davon nnterriclitet. ad Att. 5, II. §. 2 n. 4. 21) Ascon. in Fi-
son. p. 3. ed. Orelli. App. 2, 443. Sli-abo 4, 187 n. die Stellen ih' §. I4.
A. 77. 22) Slralo 5, 213. vgl. Liv. 33, 36. 37. 23) Oben §. 14.
A. 76 f.
XXI. lULTT. (31. §.36.) 383
len anderen Transpadanern gleiche Hoffnnngen erregen tind sie
ihm gewinnen. ' *) In melir als einer Hinsicht musste es ihn da-
her verletzen, dass Blarceilus im Senat darauf antrug, diess Ge-
setz aufzuheben, weil es den Befugnissen, welche man auf den
Vorschlag des Pompejus Strabo zugestanden habe, eine willkiihr-
liche und unstatthafte Ausdehnung gebe, nnd als diess erreicht
war,-') einen Novocomenser geissein und auffordern Hess, sei-
nem Beschützer die Narben zu zeigen. - ^)
Die Parteiungen verriethen sich überall, auch bei der Nach-
richt von einem Einfalle der Parther in das römische Gebieti
Vergebens drang man in die Consuln, den Senat zn berufen; sie
selbst mochten Crassus nicht an den Barbaren rächen, und eineft
Andern mit einem Heere abzuschicken, erlaubte ihre Ehre nicht;
iiberdiess forderte ein Theil der Römer einen ausserordentlichen
Oberbefehl für Cäsar, ein andrer für Pompejus, welcher ihn jetzt
nicht wünschte und der Nobilität unentbehrlich war. Der Streit
verlängerte sich bis zum 7. October, und ohne Grund, da der
Feind sich schon im September aus Syrien zurückgezogen halte.")
Am meisten beschäftigte sich Rom mit seiner eigenen Zukunft;
man fragte sich , wie die neuen Blagistrate handeln und die Rol-
len unter sich rertheilen -werden, und zweifelte nicht, dass der
Senat von dem erwählten Consul L. PauUus nnd von C. C'urirt
als Tribun das Beste hoffen dürfe, von diesem namentlich eine
eilige Anweisung des noch übrigen campanischen Ackers , damit
24) S. nnten §. 46. A. 70. 25) FInt. Caes. 29. Snet. 28 spricht not
vOQ dem Antrage; wenn er nicht genehmige vräre, so würde Cicero ad
Alt. 5 , 11. J. 2 die Misshandliiug des Novocomensers anch aus diesem
Grnnde getadelt haben. 26) Cic. Plnt. App. 11. cc. Plutarch setzt das
Ereigniss irrig in das J. 49. Das lat. Recht machte niarcellus ihm nicht
streitig, welches die NoTocom. nicht, wie App. annimmt, yon Cäsar, son-
dern schon Ton Pomp. Strabo erhalten hatten; er wollte ihnen yielmehr
beweisen , dass sie das r5m. Bürgerrecht verloren haben ; dieses , nicht je-
nes, sicherte vor Geisselung. Ciceros Bemerkung: wenn der M<inn nicht
Magistrat gewesen wäre, so ist er doch Transpadaner, bezieht sich im All-
gemeinen auf die Begünstigung dieser Colonisten durch Pomp. Strabo, dessen
Sohn ein solches Verfahren beleidigte. Ita mihi viiletnr non rainns sloma-
chi nostro ac Caesari fecisse. 27) Cic. od Farn. 8, 10. 2. Th. 101. 119.
Am 7. October wurde Cassius Siegsbericht vorgelesen ad Att. S, 21, ^. 2.
38* XXI. lULll. (31. §.37.)
Cäsar nacli der Rückkehr ans Gallien nicLt zu Gunsten seiner
Veteranen über iLn verfügen konnte. '^^)
§ 37.
a. 50. Der Proconsiil \Vurcle durch seine Freunde von den
Ereignissen in Rom unterrichtet; er blieb aber nach dem Feld-
zuge des vorigen Jahrs in Neraelocenna , ' ^) um die Gallier zu
beobachten. Ihre Unterjochung war für ihn ein Mittel, von wel-
chem er nur Gebrauch machen konnte, wenn sie sich in ihr
Schicksal ergaben. Das bisherige fruchtlose Widerstreben liess
es hoffen, und nun suchte er ihre Retten dadurch zu vergolden,
dass er auf strenge Mannszucht hielt, ihnen keine neuen Lasten
auflegte, ihre Grossen beschenkte und ehrte, und in ihren Ge-
setzen und Verlassungen nichts veränderte. ^ °) So lange sie noch
an ihre Befreiung glaubten, verschmähten sie grösstentheils seine
Wohlthaten als Sclaven-Sold, oder sie warfen sie von sich, so-
bald sie es vermochten; jetzt galt dagegen die Gunst des Herr-
schers für die einzige Ouelle des Glücks. Einst voll strotzender
«ind übersiirudeluder Rreift und stolz auf seinen Kriegsruhm, glich
Gallien einem vom Fieber erschöpften und entstellten Körper;^')
die Krankheit halte eS beschlichen und um so grössere Verhee-
rungen angerichtet, je heftiger seine noch ungeschwächte Natur
den Giftstoff wieder auszuwerfen strebte; jetzt lockte es kein
Schlachtruf mehr, welchen es früher mit freudiger Begeisterung
vernommen halte; es fürchtete in neuen Auflehnungen nur neue,
namenlose Leiden , mit einem brennenden Durste nach Freiheit
fühlte es das Uu vermögen, ihn zu stillen.
Cäsar also schonte die Gallier, damit sein kühner Bau nicht
zusammenstürzte, wenn er die Hand von ihm abzog, und dieser
Zeitpunct nahte herau. ^=) In Rom waren Unternehmungen gegen
28) Cic. 1. c. Oben j. 12. A. 85. 29) Oben §. 35 fin. 30) B.
G. 8, 49. Die 40, CO. 31) Oros. 6, 12. 32) Man kennt im \Ve-
sentlictiett die Veiliaiullmigen in Koiii in diesem Jahre, n, die Gesinnungen
u. Bewegnngsgründe der licdontendsten Männer, ■welche daran Theil nah-
men. Ueber das Einzelne al)er n. über die Zeitfolge erhält man nirgends
genügenden Aufschlnss. Cicero kam erst im November ans CiUcieu zurück,
(ad Fam. 16, 19) scia Freund Atlicus lebte mehrere Monate in Epnus,
XXI. lULII. ^ (31. §.37.) 385
iLn einj^eleifel , ^velclie es nölLig' machten, dass er tLälig'er ein-
griff, obgleich dort im Anfange des Jahrs eine grosse Sliüe
daher die öffentlichen Angelegenheilen in den Antworten anf dessen Briefe
wenig berührt ■werden. Ueberdiess Tvar er zn sehr mit sich beschäftigt;
seine Blillheilnngen betreffen die Parther, deren Angriff er fürchtete, seine
innsterhafle Verwaltung, seine Thaten in Amanus, die Siijiplication , der
Triumph, die ünwürdigkeit des Bibulus , welchem man jene so leicht zu-
gestanden habe, n. den Wunsch, nicht über ein Jahr in der Provinz zn
bleiben. Der Ereignisse im Westen gedenkt er nnr beiläufig , so fern sie
ihn nicht niuuitlelbar angehen, ihre auch für ihn schrecklichen Folgen ahn-
det er so wenig, dass er bei der Nachricht Ton Corios Abfall sich nach
Coelias sehnt, mit welchem er über den Abtrünnigen lachen möchte, (ad
Fam. 2, 13 §. 4.) So lange Pompejus „steht oder auch nur sitzt," sieht
er keine Gefahr, (ad Att. 6, 3. §. 2) man müsste ihm denn seine Statt-
halterschaft verlängern, wenn der Stieit zwischen den Parteien die Ent-
scheidung über die Constilar - Provinzen verzögert, (ad Att. 5, 21. §.3)
Kurz vor seinem Abgange bittet er endlich di'ingend nm Nachrichten, da-
mit er nicht als Fremdling anlange, (ad Fam. 2, 12. §. 1. ad Att. 6, 3.
J. 2) n. namentlich benrtheilen könne, ob es rathsam sei, unter dem Ver-
wände des Triumphs sich dem Senat zn entziehen, (ad Fam. 2, 17 in, ad
Att. 6 , 7. o. 7, 3. ^. 2.) Dann erst erkannte er die Dinge in ihrer wah-
ren tiestalt, als anf dem Rückwege, in Athen, das übrigens falsche Ge-
rücht von Cäsars Einfall in Italien auch ihn erreichte, u. nun begannen
die endlosen Anfragen bei Atticns, welcher Partei er sich anschliessen
soUe. ad Att. 7, 1. §. 1. 2.
Jener war bis zum September von Rom abwesend , (ad Att. 6 , 9)
und dachte nnr an seine Geldangelegenheiten, und an die Forderungen des
M. Brutus, dessen Gläubiger in Asien Cicero zur Zahlung zwingen sollte.
In den Briefen Ciceros an den stolzen Patricier App. Claudius findet
man nnr kalte Höflichkeit oder erheuchelte Theilnahme , u. schmeichelhafte
Aeussernngen über dessen Verwandten Pompejus. (ad Fam, 3, 10. §. 1:
Pomp, qnem unnm ex Omnibus facio, nt debeo, plui-imi. Das. §, 2: Qnis
nnqnam tanti qnemquam fecit, ant facere potuit, ant debuil, quanti ego Cn.
Pouipeinm? ad Fam. 3, 11. §. 1: Laetor virtiite et oßicio alterins, omnium
saecnlorum et gentium principis. Vgl. ad Fam. 2, 15. §. 3: Pro Pompeio
emori possnm.)
M. Coelius endlich, welcher jetzt Aedil war, u. Cicero über die Vor-
gänge ia Rom genau belehren konnte, schrieb selten, (ad Fam. 2, 12. 13)
ti. meistens von Privat-Angelegenheiten, von seinem Streite mit App. Clau-
dius, n. von den Panthern, welche Cicero ihm zu seinen Spielen schicken
sollte. Das Schicksal des Staats war ihm gleichgültig; „du regst dich nicht
sehr," (ad Fam. 2, 15. [. 3.) obgleich er sich noch eine Zeitlang zn den
Cntgesinoten rechnete, (ad Fam. 8, It. ^>. 2: Nostri.) Auch er hoffte mit
ürumann , Ciescliichtc R«>ti^ III. 9^
386 XXI. lULn. (31. §.37.)
berrsclitc, die Consnln L. Aeinilius Panlins nnd C. Claiiclias Mar-
cellds nur eiuen Bescliluss über die lateinischen Serien veranlass-
(en, und der Tribun C. Scribonins Curio , wie man glaubte, seia
erbi((er(ster Feind, gänzlich erstarrte. ^ ^) Man schien sicli nur
mit den Processen des Appius Claudius zu beschäftigen;^*) aber
die Optiinaten rüsteten und warben, Cäsar am 1. Blärz durch den
Senat den Todesstreich zn versetzen.'^) Solche Waffen fürchtete
er nur, weil er den Werth der öffentlichen Meinung kannte;
man sollte das Gesetz, welches ihm die Befirgniss gab, sich ab-
wesend um das Consulat zu bewerben, nicht durch eiuen gülti-
gen Beschluss aufheben , ein Tribun sein gutes Recht vertheidi-
gen, ein Consul es schweigend anerkennen, und wenn es ihm
dennoch versagt wurde, wie vorauszusehen war, Dor die andre
Partei für die FoJgen verantwortlich sein. Doch schien er nicht
zu glauben, dass e» dahin kommen könne; es bezeugte nicht nur
seine Liebe zum Frieden , sondern auch die Hoffnung, ihn erhal-
ten zu sehen, dass er neben dem Hain' der Diana bei Aricia
eine prachtvolle Villa erbauen liess ; ' ^) hier wollte er nach so
vielen Beschwerden ruhen, und die Freuden des Lebens ge-
niessen ; wenn er einen Bruch gefürchtet hätte, so würde er sein
Geld anders angelegt haben. Cicero meinte, sein Unternehmen
werde stocken , weil Atticus 50 Talente von ilim zurückforderte,
und Pompejus, welcher ebenfalls aus früheren Zeiten sein Gläu-
biger war, nach einer solchen Zahlung um so weniger von üim
befriedigt werden.") Als aber Cicero diess schrieb, Latte Cäsar
Cicero -vifl xn lachen, .niif Appins Kosten; (ad Farn. 8, 14. §. 3) wie er
sich im läiirgerkriego slellcn werde, wiisste er nocli nicht; (das. §, 2.) vor
dem Knde des Jahrs war er Cäsarianer. (ad Att. 7, 3. §. 4.)
"Wir sind demnach vorzüglich auf die griechischen Schriftsteller ange-
wiesen, unter welclien Appian am ausführlichsten erzählt, ohne jedoch die
Folge der Begebenheiten zu beachten , so dass er oft das Spätere voraus-
schickt, und es ungewiss lässt, bei welcher Gelegenheit man so sprach
oder handelte, als er berichtet. Wie schlecht man in einem solchen Falle,
oh... lünlängliche Zeugnisse der Zeitgenossen, borathen ist, ergiebt sich da
am deutlichsten, wo man vergleichen kann, 33) ad Fam. 8, 6. §. 3.
Cnrioni nostro tribunatns conglaciat. 34) 2. Th. 194. 33) Oben §. 36.
A. 3. 36) ad Atl. 6, 1. J. 22. n. 15 , 4 flu. Snel. 46. 37) ad Atl.
6, 1. §. 22.
XXI. lüLII. (31. §.37.) 387
bereits clie betriicLflicLen ScLuIden des Ciirio getilgt, '*) welcLer
»Lm dageg'en seine Dienste verspracH , ^ ^) und dem C'onsul
L. Paulliis vielleiclit unter dem Namen einer Anleihe zum Bau
seiner Basilica 1500 Talente g'escLenkt. ■• °) Auch Anderen öffnete
er die Schätze Galliens, Selbst Sclaven, wenn sie über ihre Herren
viel verniocliten , oder sie wurden vorerst durch Znsag-en ge-
wonnen. *') Indess ist Ciceros Bemerkung nicht durchaus ge-
gründet: er könne anf Alle rechnen, welche von den Ge-
richten oder Censoren verurtheilt worden, oder verartheilt zu
werden verdienen ; fast auf die ganze Jugend, auf den gesammten
Pöbel in Rom, auf die angesehensten Tribüne, und auf alle Ver-
schuldeten, deren Zahl grösser sei, als er gedacht habe; *^) die
meisten Optimafen in den Reihen des Pompejus wünschten und
bedurften den Krieg eben so sehr, um ihre Gläubiger zu er-
morden, und ihre Blilbürger zu berauben. *^) Noch vor wenigen
Jahren hatte Cäsar mit Cicero selbst scheinbar in den innigsten
"Verhältnissen gestanden;*') er kannte seine Stellung, welche
ihm vorerst einen offenbaren Abfall von der Arislocratle nicht
erlaubte, aber auch seine Schwächen. Calo fand die Thaten im
Aniauus zu unbedeutend, um für ein Dankfest zu stimmen; Cäsar
wusste, wie sehr der Imperator sich dadurch verletzt fühlte, und
trug nach Kräften dazu bei, dass die Wunde nicht heilte; er
iiberschickte ihm seinen Gliickvsimsch, ein unverwerüiches Urtheil,
nicht ohne Catos Ungerechtigkeit zu tadeln, und fügte grosse
Versprechungen hinzu, dass er als Consul ihm den Triumph vei^
schaffen und in Allem nach seinem Rathe heiudeln werde , ' ')
38) Sie betrugen nach Val. M. 9, 1. 5. 6 sechzig Millionen Sestertien,
nacli Vellej. 2, 48. {. 4 zeljn ; hier ist aber die Lesart falsch; Cnrio soll
mehr grhalien haben, als L. Paiillus ; dass er sehr grosse Summen bedurfte,
um seine Gläubiger abzufinden, erhellt aus Dio 40, 60. Plut. Caes. 29.
Pomp. 58. Suet. 29. Lucan. 1, 269. 4, 820. Serv. zu Tirg. Aen. 6, 621
nennt 27,000 Sestertien. 39) B. G. 8, 52. Caesaris cansam dignitatem-
que defendendam snscepit. 40) 1. Th. .S. 7. A. 85 n. die Stellen das.
5. 9. A. 99. Tgl. S. 11. A. 28. Als Cicero in Cilicien Nachricht davon
erhielt, schrieb er Alticns : llnc odiosa afferebantnr de Curione, de Panllo —
mehercule Curionis et TauUi , meomra familiarium , Ticem doleo. od Atf.
6, 3. f. 2. 41) Sneton. 27. Plnt. Caes. 29. Dio 40, 60. Zonar. 10, 7.
42) ad Att. 7, 3. §. 3. 7, 7. J. S. 43) S. naten. 44) Hier J. 29.
45) ad Att. 7, 2. §. 6.
25*
388 XXI. TULH. (3i.§. 37.)
wogegen er des Geldes , welches er fordern konnte , nie gr
dacLte. *^) Es gab seiner Sache einen gnten Schein, wenn der
Retter der Republik nicht in die Curie eilte, nm ihn mit C'ali-
linarien anzugreifen, und die Gegner entbehrten das ansgezeich-
netste Talent, so lange man mit Worten kämpfte.
Sie selbst vermehrten die Zahl seiner Anhänger. Appiu.s
Claudius war unter dem Einflüsse des Pompejus freigesprochen, *')
und mit L. Piso, Cäsars Schwiegervater, (Cos. 58) Censor ge-
worden. Seine Strenge gegen Viele, besonders gegen Feinde
seiner Partei, erbitterte um so mehr, da Piso sich sehr milde
zeigte, und namentlich Curio gegen ihn vertrat. '*) Dieser er-
wachte;'^) seine Schilderhebung galt aber nur der Republik;
keine Parteien, wie sie auch heissen mochten, nur Recht, Friede
nnd Vaterland schien sein Wahlspruch zu sein. So war es
nicht seine Schuld, wenn er sich den Optlmaten widersetzte,
welche als Partei fortregieren wollten, das Ungerechte verlangten,
und dadurch den Bürgerkrieg heraufbeschwuren; man konnte
ihn nicht anklagen, werji er endlich sich gänzlich von ihnen
lossagte, und die billigen und durch Gesetze und Beschlüsse wohl
begründeten Forderungen Cäsars unterstützte. Seine ersten Unter-
nehmungen berührten sogar die grosse Lebensfrage nicht; sie
reizten seine bisherigen Freunde nur zum Streite, bewirkten eine
Spannung, welche Feindschaft werden konnte, und den Verdacht
-äntfemte, dass er für Gold die RoUen wechsle. *") Wie sehr
es ihm gelang, zu täuschen, beweis't M. Coelius verkehrtes Urlheil
auch über ihn. ' ')
In der Voraussicht, dass er bei seinen Collegen im Pontißcat
Widerspruch finden werde, trug er auf die Einschaltung eines
Monats an. Die Jalirform war so verschoben, dass es an sich
nicht befremdete; auch pflegten die Pontifen aus Gunst oderHass
gegen die Statthalter und Pächter unter den Rittern das Jahr zu
verlängern oder zu verkürzen. ^'') Jetzt aber würde Cäsar ein
46) Hier §. 29. A. 75 «. Tullii. 47) Oben A. 34. 48) 2. Th.
7S. A. 54. 195. A. 4. 49) Oben A. 33. ad Farn. 8, 6. J. 3: (Jnoil
tibi snpra scripsi, Cnrionem -valde frigere; iam calet. 50) Liv. 109.
Vellej. 2, 48. §. 4. App. 2, 443. Dio 40, 61. 51) ad Fam. 1. c. Le-
vissinie, quin de intercalando non obcinnerni, «ransfiigit ad popnluni, et pro
Caesare loqni coepil. 52) Ceusor. de d. nat. 20. Cicero fr.iKlp im
XXI. lULII. (31. §.37.) 389
Monat zur ProTi'ncial -Verwaltung' zugelegt sein; der Tribun
«Innig- nicht durch. '^) Er brachte nun ein Gesetz über die
Anlegung und Pflasterung von Landstrassen in Vorschlag, lex
viaria, und wollte, wie einst Rullus, gegen Fug nnd Recht ")
mit der Vollziehung selbst beauftragt werden, und auf fünf Jahr,
die Klippe, an welcher der Entwurf nach seiner Absicht schel-
ferte. ' *) Auch die Rogation , nach welclier die Aedilen auf
Kosten des Staats unter die Annen Getraide vertheilen sollten,
lex cdinientaria, wurde nicht genehmigt, weil sie dem Schatze
und den Magistraten eine neue Last aufzubürden drohte."*)
Diess genügte dem Urheber, um den Beleidigten zu spielen ; auch
iKihnien jetzt wichtigere Dinge seine Anfinerksanikeit in An-
spruch; er unterdrückte daher, was er noch hatte hinzuTügen
wollen,") unter Anderem ein Aufwandgesetz. '^) Für Cicero
konnte der Streit leicht die Folge haben , dass ihm das Siegsfest
?n(gieng; denn da die Consuln dnrch Beobachtung des Himmels ^ ')
L'urio an Verhandinngen mit dem Volle hinderten, so widersetzte
lieser sich im Senat den Beschlüssen über die Supplicationen,
loch gelang es, ihn zu besänftigen. ''°)
Bei dem Allen hatten weder der Tribun noch L. Paullus
Iire Verhältnisse zu Cäsar kund gegeben, als der Senat nach
leni Antrage vom 30. September des Torigen Jahrs am 1. März
iber die Consular- Provinzen entscheiden sollte.*') Cäsars
'ebrnar in einem Briefe ans Cilicien, ob eingeschaltet sei. ad Att. 5, 21 fin.
gl. das. 6, 1. J. 9 u. fm. 53) Cic. ad Farn. 8, 6. J. 3. Die 40, 62.
4; Oben §. 6. A. 48. 55) ad Farn. 1. c. App. 2, 443. 444; nnten
i. 58. 56) ad Farn 1. c. 57) Caeleras suas abiecit actiones. ad
aui. 8, 11. §. 2. 58) ad Att. 6, 1. §. 22. Man hat es auf eine ge-
nungene Art mit der yiaria in Verbindnng gebracht, und es für Eins mit
ir gehalten, als haben ilie Reisenden zum Behuf des Strassenbaus be-
teuert vrerden sollen, Za dieser Annahme vrird man durch nichts be-
echtigt. Cnrio hatte freilich selbst sein Vermögen verschwendet , aber
nter den Gesetzgebern dieser Zeit war kaum Einer tou den Lastern nnd
'erbrechen rein, vrelche er Terpönte. 53) Oben §. 12 in. 60) ad
am. 8, 11. §. 1. 61) Dass er sich an diesem Tage yersammelle, Tvird
irgends ansdriicklich gesagt; aber Cicero, welcher fürchtete, man werde
im vor der Erledigung des streitigen Fnnctes keinen Nachfolger schicken;
ad Alt. 5, 21. (. 3) schreibt an Alticus , er habe Nachrichten aus Rom
is zum 7. März , nach welchen er glauben dürfe , der hartnäckige Wider-
390 XXI. lULII. (31. §.37.)
StatlLalferscIiaft encligte sich am letzten December des J. 49; ^*) in
diesem wollte er sich für das folg-entle um das C'onsulat bewerben, and
zwar, wie iLm gestattet war, nicht in Person, ^ ') damit er nicht als
Privatmann angeklag't wurde, sondern unmittelbar nach der Ver-
wallung Galliens sein Amt antrat. ^') Aber Pompejus und die
anderen Geg-ner fürchteten, er werde als C'onsul dem Oberbefehle
nnd den Provinzen nicht enlsag-en, und an der Spitze seiner
Truppen , von der verblendeten Menge durch Gesetze unterstützt,
die Herrschaft an sich reissen ; auch ohne diese Besorgnis»
wünschten sie seinen Untergang' aus Hass. Demnach Hess der
Consul C. Marcellus, sein Verwandter,^') darüber stimmen, ob
er am 13. November dieses Jahres abzurufen sei. ^^) Die Mehr-
zahl der Senatoren war dafür; L, Paullus scliwieg, wogegen
Curio sich durchaus beifallig erklärte, weil ein Bürger, welcher
zu lange im Besitze von Heer und Provinzen sei, dem Staate
gefährlich werde ; daher müsse auch Pomi)ejus Spanien entsagen,
dessen Verwaltung ihm der Senat Tor zwei Jahren auf fünf
verlängert hatte.*') Sein Gutachten war folgerecht; man ver-
läugnete den Grundsatz, nach welchem man handelte; er gab ihm
eine allgemeine Geltung, und machte durch diess einfache Ver-
fahren die Arglist zu Schanden; den Optimalen blieb kein Aus-
weg, kein Mittel zur Vertheidigung , und durch den Einwurf:
die Zeit des Pompejus sei noch nicht verflossen , gerielhen sie
noch tiefer in die Schlingen; sie bezeichneten sich selbst als
Facliou, und Curio nahm seinen Vortheil wahr: Pompejus nnd
Cäsar befinden sich im gleichen Falle; sie haben Heere und
Provinzen, man müsse sie Beiden entziehen oder sie Beiden auch
ferner zugestehen; nur dann erhalte man das Gleichgewicht; ein-
seitige Beschränkung werde er nicht dulden.^") Die Consuln
Spruch Cnrios v^erde jede Nenernng in Betreff der Proviiizca Terbindern.
(ad Att. 6, 2. §. 4.) Die Festigkeit des Tribuns war also scüon auf die
Trobe gestellt. C2) Oben §. 17 fia. 63) J. 34. A. 33. 64) Das.
A. 26 n, Cic. ad Farn. 8, 14. §. 2. 65) 2. Tb. 401. No. 17. 66) Cic.
ad Fam. 8, 11. 5. 2. vgl. 8, 14. §. 2. Liv. 109. Suet. 29. (A. V.) de
vir. iU. 77. 78. Oros. 6, 15. App. 2, 444. Dio 40, 62 f. 67) Oben
§• 34. A. 21. 68) ad Fam. 8, 11. §• 2, vre Coelius leider die ciuzelnett
Ciitachtea nicht mitthuilt, weil sie im Anschlüsse unter den für Cicero be-
slimmteu Sladlneuigkeiten enthalten waren. (Das. §. 3.) nd Att. 6, 2.
{. 4 u. 6, 3. J. 2. B. 0. 8, 52. l'lut. Caes. 30. App. u. Dio U. cc.
XXI. lULlI. (31. §.37.) 391
\> urdeii aufgefordert, über diesen liiusprucU un den Seuat zu bc-
ricLleu. 6^)
ObjjleicL Poinpejns nicLt im Senat gewesen war, so konnte
lUiin doch über seine \^ üuscLe uicLt iu Zweifel sein. Er zog-
sicL absicLllicli zurück, jelzf, wo es g-ilt, "ud beklagle siiL über
die StreitsucLt des Curio; '^) in der TLat war er so eiDg;eengf,
dass man iLn überall mit seinen eigenen A'V aifen , mit seinen
eigenen Handhingen und Gesetzen zu scLlagen vermoclite. Die
Optimuteu standen an der Gränze zwiscLen Krieg und Frieden,
und wagten ebne Fiibrer nicht zu wählen, ' ') Als daher der
Senat über den tribunicischen Einspruch befragt wurde , und
BI. Marcellus, der Consul des Torigen Jahrs, der Meinung war,
man müsse mit Curio unterhandeln, damit er ihn zurücknehme,
mochte keiner ihm beistimmen, so dass Casars Belugniss, sieh
abwesend an die C'andidaleu anzuschliessen, gültig blieb. ' ')
Am Ende des April oder im Anfange des folgenden Monats
kam M. Autouiiis nach Rom, um Augur an O. Horlensius Stelle,
und dann auch Volks -Tribun zu werden, bisher Cäsars Quäslor,
der kühnste und gewandteste unter dessen Gefährten und ihm
unbedingt ergeben.'*) Etwas später, nach den Cousular-Co-
mitieu, in welchen seine anerkannten Feinde L. Lentulus und
C. Blarcellus über seinen Legalen Ser. Galba siegten, reis'te aucli
der Imperator nach Ilalien, augeblich, um durch seine Verwendung
iu den Municipiep und Colonien Aulonius Wahl zum Priestfer
zu befordern. "') Mau meldete ihm auf dem "Wege, dass sein
'>\ unsch unter Curios Vermiltelung- schon erfüllt sei; nun war
69) ad Fam. 8, 13. §. 2. 73) ad Farn. 8, H. 5. 2. 74) Noslri
jiorro, qiios ta l)ene nosli, ad extremuni cerlamcn rem deduccie non audent.
Das. 75) ad Fam. 8, 13. {. 2, -wo die Ausleger am Texte gekiinslelt
liabeii; der Ziisamnieiiliang fordert offenbar die gewühnliche Lesart : Trausie-
raiit iUiic, iit ralio esset eins lialieiida, qiii iieijne exeiciiiim, neijiie pro-
\iacius Iradere \eUet; der Senat Lescliloss iiitUt, dass AJles lieiiu Alten
Iileilien sollte, sher es folgte von selbst, ad Att. 7, 7: Kumquam Curio
siistiniüsset, si cum eo agi coeptum esset. B. G. 8, 53 irrt der Vf. iiu
J.ilire, weil M. Marcelltis,« welclier a. 51 als Consul sich feindlich gegen
Ciisar gezeigt halte, sein Guladiten jetzt zuerst abgab. 70) 1. Th. «7.
A. 9i f. Horlensius war am 5. April noch am Leben , er starb aber bald
nacliher. S. lloriensii Ko. 7. '. 5. A. 55, und über ilio M'ahl der Auguren
im AUgeuieiueu hier §. 7. A. 19. 77; B. U. 8, 50.
392 XXI. lULII. (31. §.37.)
es seine PflicLt, jenen .Städten zn danken, welchen er oLnehin
zur näclisten Consnln-WaLl sich selbst empfehlen wollte. Sie
feierten ihn durch Opfer und Freudenfeste, überall wogten Vor-
nehme und Geringe ihm entgegen, nnd die Eltern führten ihre
Rinder herbei, damit auch sie rühmen konnten, den Eroberer von
Gallien gesehen zu haben. Diese nngehenchelte Begeisterung
verbürgte ihm die Treue seiner Transpadaner; '*) auch ver-
mehrte er durch die gewöhnlichen Blittel die Zahl seiner Freunde
in Rom, welche Heissig berichteten ond belehrende Antwort er-
hielten. Dann kehrte er nach Nemefoceuna ") zurück nnd
musterte die Legionen auf dem Gebiete der Trevirer. ^°) Das
ganze Heer sah ihn zum ersten Male nach der Beendigung des
gallischen Krieges; der .Soldat sah seine Walfengef ährten , und
erinnerte sich mit Stolz an die Beschwerden, welche er mit
ihnen ertragen hatte, an die gemeinschaftlich errungenen Siege,
und Alle blickten mit Dank und Bewunderung auf den Feldherrn,
nnter dessen Leitung das grosse Werk gelangen war, von welchem
äe jetzt ihren Lohn erwarteten. Er hatte für Pompejus Vete-
ranen so gnt gesorgt,"') was durften nicht die eigenen hoffen?
Seine Thaten und Ansprüche und die ihrigen, seine und ihre
Vergangenheit nnd Zukunft verloren sich in einander, sie waren
Eins und er der Älittelpunct. Von diesen Gedanken und Ge-
fühlen sollten sie noch einmal recht lebhaft durchdrungen werden,
ehe er zum Aufbruch' nach Rom das Zeichen gab; deshalb ver-
einigte er sie, und es ist leicht zu erachten, wie er zu ihnen
sprach. Zugleich aber streckte er seinen gewaltigen Arm über
Gallien und Germanien aus; die Heerschau an ihren Gräuzen
sollte Schrecken erregen, auch in Rom, obwohl aus weiter Ferne,
damit er nicht zii drohen, nichts zu erzwingen schien. Er enlliess
die Truppen in ihre Lager. Unter den Anführern befand sich
mehr als Einer seiner künftigen Mörder; jetzt war ihm nur
T. Labienus verdächtig, durch Rriegsruhm vor Allen ausgezeichnet,
«nd eben deshalb und wegen seines Reichthums, welchen er
Cäsar verdankte, *') nicht ohne Eiulluss. Der Legat entdeckte,
78) Oben {. 36, A. 24. 79) Hier A. 29. 80) B. G. 8, S2.
81) Oben §. 11. A. i. 82) Cic. ail All. 7, 7. (. 5. Labieui divitiae.
Cjos U. C. 1, 17. fiü. Ital. 10, 34.
XXI. lüLH. (31. §.38.) 393
dass er sicL in einer Atig-elegenheit Latte gebrauchen lassen , an
■«■elcLe er mit Abscheu dachte ; seine Stimmung verrieth, was in
seinem Innern vorgieng; man musste ihn entfernen, den Abfall
ihm erleichtern, ehe er Andere nach sich zog; er -wurde zum
IJefehlshaber der Cohorten im cisalpiniscLen Gallien ernannt.
Hier unterhandelte er mit den Optimalen, und Cäsar hörte auf
keine Warnung, -weil er wnsste, dass der Abtrünnige nur neben
ihm, nicht ihm gegenüber zu schaden vermochte. *^)
§ 38.
(a. 50.) Der Triumph im nördlichen ItaDen und das grosse
Schauspiel jenseits der Alpen gieng Pompejus am nächsten an,
nnd niemand wurde weniger davon berührt. Auch er feierte
seine Feste, und der Weihrauch umnebelte ihn. Er verHess
seinen Garten vor Rom, um nach Campanien zu reisen, weil die
Rriegspartei ihn eväg drängte , in W^ort und That ihn vor-
zuschieben sucäte, und er nicht als Urheber, sondern nur als
Vollzieher ihrer Beschlüsse erscheinen und den ersten feindlichen
Schritt von Cäsars Seite erwarten wollte. Diess bezweckte auch
sein Schreiben an den Senat, worin er die Verdienste seines
Nebenbuhlers nnd dann die eigenen erwähnte. So zeigte er sich
gerecht, und jeder mochte aus seiner einfachen Erzählung- nun
selbst entnehmen, wem der Staat am meisten schulde und zu
vertrauen Ursach habe, Cäsar oder ihm, der in drei Weltlheilen-
gesiegt Latte, in einer Zeit, wo jener noch völlig unbedeutend
war, und ohne dem Senat, wie man es jetzt erlebte, den Ge-
Lorsam zu verweigern. Zuletzt gedachte er seines dritten Con-
.snlals, seiner Provinzen und Truppen; die Gegner sprachen von
einer angemassten und ungebührlichen Gewalt; der Senat wusste
am besten, dass sie in grossen Gefahren iLm aufgedrungen war,
da aber jene so viel Ansloss daran nahmen, so wollte er gern
noch vor der bestimmten Zeit der ihm aufgebürdeten Last sich
wieder entledigen. **) Mau sollte sich also erklären, nicht ihm,
sondern Cäsar gebieten, die WalTeu niederzulegen, nnd wenn er
83j B. O. 8, 52. Dio 41, 4. Unten §. 42. A. 47 i. 84) App.
444.
394 XXr. lULlI. (31. §.38.)
nicLt geliorclito , iLn achten, und Ponip'-Jiis mit der Vollzieliing
beauftragen. Dieser verliinderte es aber selbst durcL seine Ab-
wesenLelt und VersteUnng; es war vollkommeu iiberilüssig, das»
er Cäsar als einen Neuling' in der Kriegskunst bezeiclinele, der
sicli iLm gleichzustellen , mit ihm zu rechten wage, die Republik
erschüttere, welche er mit grosser Anstrengung gerettet habe;
der Senat theilte seine Ansichten und Wünsche ohnehin; die
Kiihuheit fehlte, dem Feinde die .Stirn zu bieten.
Bald nachher verfiel Ponipejus in ]Vea2>el in eine schwere
Krankheit. Sowohl hier als in der Umgegend that man Gelübde
für ihn. Nach seiner Genesung bekränzten sich die Neapolitaner
auf den Vorschlag des Protagoras; sie überschickfen ihm durch
eine feierliche Gesandtschaft ihren Glückwunsch und brachten
den Göttern Daukopfer. Diesem Beispiele folgte man in Puteoli,
und ebenfalls nach einem ölfenllichen Beschlüsse , eine Aus-
zeichnung, deren sich nie ein Römer hatte rühmen J&.önnen, und
nicht bloss dffe- Griechlein , welche nach ihrer Weise, wie Cicero
6a"t , durch übertriebene Huldigungen sich lächerlich machten,
sondern die Einwohner aller Ortschaften an der Strasse nach
Rom empfiengen ihn bei seiner Rückkehr mit Kränzen, Fackeln
und Freudenfesten , ^ ^) ein Tribut der Schmeichelei und der
Furcht, nicht der Liebe, welche er sich so wenig zu erwerben
wusste; *^) und dennoch bestärkte es ihn in dem Wahne, dass
auf seinen Wink ganz Italien sich für ihn erheben werde.")
Als er vor Rom angelaugt war, sprach er, wie er geschrieben
Latte: er wolle niederlegen; gewiss werde auch Cäsar, sein
Freund und Verwandter, nach so vielen Beschwerden sich gern
der wohlverdienten Ruhe und Ehre erfreuen. Leere W^orle
sollten für ein Beispiel gelten , die Römer ihn um so mehr be-
wundern, da er des allgemeinen Besten sogar vor der Zeit
entsagte: allein Curio forderte ihn auf, seinen Entschluss aus-
85) Cic. Tiisc. I, 35. ad Att. 8, 16. 9, 5. Vellej. 2, 48. §. 2.
IiiTenal. 10, 283. I'lnt. l'oini.. 57. Dio 41, 6. App. 2, 444. 86) Cic.
ad Att. 8, 16: Muiiiciiii.i deiuii ( Caesaiem faciuiit); nee Simulant, «t ijiinm
de illo aegioto vola faciebant. Sie erklärten, als roni|icjiis ans Italien ent-
floh, die Fnrdit habe sie bestimmt; ad All. 9, 5 lin.: (^tnidqnam in illa
putas fnisse de valeludina decreta jnuuicijiiorum inae bis de \Jctoria gralula-
tionibns i Tiiueut, inyuies. At ipsi tum se liinuisse dicunt. 87) I'lnt, 1. c.
XXI. RTLn. (31. §.38.) 395
zuliliLren, und brachte im WesentlicLen dieselben Gründe vor,
wie früher: man werde sich selbst einen Herrn geben, wenn
mau gestatte, dass nur Einer unter den Waffen bleibe; der Streit
zwischen Cäsar und Pompejus dürfe Rom nicht entzweien ; Beide
müssen sich ihrer Blacht entäussern oder als Reichsfeiiide geächtet
werden. Koch immer vertrat er die Republik; in dieser Maske
war der Söldner unüberwindlich; er halle das Blendwerk des
Pompejus zerstört, ihn in seinen eigenen Schlingen gefangen,
und dieser zog sich voll Zorn in seinen Garten zurück ; die
Herstellung der tribunicischen Rechte, zum TheU sein ^Yerk,
trug ihre Früchte. * '')
Indess hoffte er noch immer, Cäsar anf Schleichwegen bei-
znkommen. Im vorigen Jahre hatte der Proquäslor C. Cassius
die Parther in Syrien geschlagen, ^ ') und dann die Provinz dem
Proconsul M. Bibulus übergeben, welch.er a. 50 mit nicht ge-
ringerer Furcht, als sein Nachbar Cicero in Cilicien, einem neuen
Angriff' entgegensah. Cicero schrieb schon im Winter , der
König Orodes habe seinen Sohn Pacorus über den Euphrat in
die Landschaft Cjrrhestica geschickt; ^°) am Ende des Juli dürfe
er einen Nachfolger erwarten, wenn man ihm die Statthalterschaflt
nicht verlängere, und Bibulus bis dahin sich behaupte, so werde
er dem Kriege entgehen. ^') Dieser schien ihm aber auch nach
Briefen aus späterer Zeit unvermeidlich zu sein, 's-) bis er endlich
um die IMilte des Juli die Gewissheit erhielt, dass die Feinde
ihr Unternehmen gegen Sjiien aufgegeben haben, und der Euphrat
sie wieder von ihm trenne. ^ ^) Auch der Senat wurde durch
die Nachrichten aus dem Osten beunruhigt, doch weit weniger
wegen der Gefahr , welche einer der wichtigsten Provinzen
drohte, — Parteien sind immer bereit, den Staat ihrem Interesse
aufzuopfern — als weil er Bibulus verstärken mnsste; er war
zum Kriege mit Cäsar ohnehin nicht gerüstet, und beklagte es
jetzt besonders, dass Pompejus ihm a. 54 nach der Niederlage
88) App. 2, US. Tgl. 2. Th. 483 n. Pomp. UIv. a. 70. 89) Obea
5. 36 Cn. 2. Th. H9. 90) ad AU. 5, 21. {. 2. (rgl. das. 5, 18. {. I.)
91) Das. 6, 1. §. 11. 92) ad Faiu. 13, 57. ad All. 6, 2 — 5.
93) ad Fam. 2, 17. ad Alt. G, 6. J.3: LacrediliUis felicitas. Das. 7, 2fiu.:
Rej[>enle Bibiilam semiTiTiun reliquernut.
396 XXI. lULII. (31. §.38.)',
des Tihirius und Coffa eine Legioii geüeLen hafte. "'') Indess
en(deckfe er bald, dass sich eine Geleg-enheit zeigte, sie mit
ä;iitem Scheine zurückzufordern und noch mehr, und beschloss auf
dfii Antrag des C'onsuk C. Marcellus, dass sowohl Cäsar als
Pompejus eine Legion an Bibulus abgeben solle. ^*) Pompejus
Jjalle diess bewirkt; er schien aber nur zu gehorchen, als er
Cäsar ersuchte, jene Legion, welche in dessen Provinz ausgehoben
war, zu entlassen, da sie eine andere Bestimmung erhalten habe
und in Gallien fetzt entbehrlich sei; eine zweite verlangte der
Senat von ihm, vielleicht mit der geheimen Hoffnung, dass er
die Probe nicht bestehen, und dann gegen den Willen seines
Nebenbuhlers der Krieg beginnen werde. Wenn er sich fügte,
so mnsste diess in Betreff seiner eigenen Forderungen das gün-
stige Vorurtheil erregen, dass er nur Billiges und Gerechtes
wolle, und seine Feinde erschienen in einer gehässigen und ver-
ächtlichen Gestalt, wenn die Truppen in Italien blieben, wie er
voraussah,^') er erhielt dadurch neuen Anlass zu Beschwerden,
neuen Vorwand, sich nicht von seinem Heere zuwennen, und
den Abgang zu ersetzen. ^ ') Deshalb übergab er die geliehene
Legion, die erste genannt', **) Appius Claudius, dem älteren
Neffen des gleichnamigen Censors, ®^) nnd die fünfzehnte im
cisalpinischen Gallien, deren Stelle die dreizehnte einnahm, schloss
sieh an sie an. '"") Beide beschenkte er, den Mann mit 250
Denaren, und die Anführer nach Verhältnlss, •) wodurch er
sich ihrer Treue versichern und sie ihrem künftigen Feldherrn
verdächtig machen wollte. °) Marcellus schickte sie nach Capua,
weil in Syrien nichts mehr zu fürchten sei. *) Durch Appius
94) Oben §. 27 fin. a. §. 36 A. 93. 95) Cicero kannte dieso
Verrügiing in Cilicien in iler Alilte des Jnli. ad Farn. 2, 17. §. 1. Coelius
iiherliess sicti ancti jetzt noch der Hoffnung, einer der beiden ehemaligen
Ti'inmvirn werde selbst gegen die Parther ziehen, nnd dann der Friede
im Innern gesichert sein, ad Fam. 8, 14 fin. 96) B. G. 8, 55. Caes.
B. C. 1, 4 fin. Cic. ad Alt. 7, 13. §. 2. 97) B. C. 1, 2. Dio 40, 65.
98) liier §. 16. A. 4 — 6 n. 21. 99) 2. Th. 384. A. 7.8. 100) B.C.
8, 54. Caes. B. C. 3, 88. Hier J. 16. A. 21. §. 35. A. 56. 1) l'lut.
Caes. 29. Pomp. 56. Apii. 2 , 446. 2) Gleichwohl weigerten sie sich
nicht, gegen die Cäsaiianer zn fechten. Caes. li. C I. c. 3) B. 0.
8, 55. Caes. B. C. I, 4. Cit. ad All. 7, 13. App. I. c. Dio 40, 66.
XXI. lüLII. (31.5. 38.) 307
erLielt man nnn auch NacbricLfen über das Heer in Gallien; er
Iialle aber mit den Angen der Clandier ^eseben , und erzäblfe :
unter den .Soldaten berrsche grosses Missverg-uiigen ; sie sebnen
sich nach Rübe und nach ihrer Heimatb; nie vrerden sie sich
dazu hingeben , Cäsars ehrgeizige Entwürfe auszufiibren , welche
sie verabscheuen, sondern bei dem ersten Zusammentreffen mit
Ponipejus übergehen. ') Dieser glanbte ihm , und bebarrte nun
um so mehr bei seiner Unthätigkeit; er vertraute den Italern,
seinen Liegionen in Spanien , dem Heere des Gegners und der
Macht des Senats, von welcher er so eben einen Beweis er-
halten hatte; selbst Cnrio war nicht hinderlich geworden und
dabin vermocht, dass er sich auch der Anweisung des Soldes
für seine Truppen nicht länger widersetzte. ')
Wenig stimmte die Ruhe des Proconsuls zu dem Ungestüme
seiner Partei; aber auch sie war in einem argen Widerspruche
befangen; schon zweifelten Viele, ob er w'ei'de Legionen aus
der Erde stampfen können , wie er verhiess , und doch beschleu-
nigten sie den Krieg. Cnrios Fordemng, dciss nicht Cäsar allein,
sondern auch Pompejas niederlegen sollte, halte die Verhand-
lungen zum Stillslande gebracht;®) da sich jetzt manches günstiger
stellte, so nahm C. Marcellns sie wieder auf, and zwar gründete
er seinen Antrag scheinbar auf die Erklärung des Tribuns, aber
so, dass er über Jeden Proconsul besonders stimmen Hess. Die
Rleisteu waren der Bleinnng, dass man Cäsar, Wenige, dass man
Pompe)us einen Nachfolger geben müsse. Durch diess Verfahren
wurde die Angelegenheit eine Parteisache, und zugleich eine
persönliche ; nach Curios angeblicher Absicht sollte man nur das
Wohl des Slaats beachten ; er veranlasste daher eine Abstimmung
über die Frage: ob es ratbsam sei, dass Beide entsagten. Die
Senatoren, welche besonnen waren, oder doch den Xiieg fürch-
teten, wagten nnn, sich offen auszusprechen: 370 bejahten, nur
22 verneinten. ') Curio gieng auf den Markt, nicht als Cäsa-
rianer, sondern als Beschützer des Rechts und der Republik;
4) Plut. n. App. U. CO. 5) Cic. ad Farn. 8, 14 fin. Hier §. 34.
A. 22. {. 36. A. 92. 6) §. 37. A. 68 n. 75. 7) App. 2, 446 hat
diess richtiger dargestellt, als Plntarch, Pomp 98, nach welchem Curio
Tüllig gegen seinen Grundsatz den Senat znerst über jeden Frocousiil be-
scnders befragte.
398 XXI. lüLII. (31. §.38.)
das Volk, dessen Gesinnnnn^en er kannte, sollte sicl» änssern,
und Marcellus und dessen AnLänger scLrecken. Wie gewölin-
licli, wenn es einen näheren AntLeil naLui, war er von dem
Erfolge der BeraÜiungen in der Curie bereits unterricLfet; es
euii)fieng den Tribun mit Beifallsgeschrei , strenete iLra Blumen,
und begleitete iLn nach seiner Wohnung, ") nachdem er in einer
Rede die Verkehrtheit und Anmassung des Pompejus gerügt
Latte, besonders seinen Eifer für Cäsar in seinem zweiten Consulat
a. 55, imd die Willkühr, mit welcher er ihm jetzt rauben wolle,
was er ihm selbst gegeben habe. °)
Mit den zornigen Worten: wohl, möge denn Cäsar ener
Herr sein! hatte G. Blarcelhis indess die Sitzung aufgehoben. '")
Die Feigheit und Lauheit des Senats und der Widerstand des
Tribuns, brachte ihn und seine Faction zur Verzweiflung; sie
bedurften Krieg, Krieg um jeden Preis, um ihren Hass zu be-
friedigen und sich auf die Beute zu stürzen, und erdichteten, er
Labe schon begonnen, Cäsar führe vier Legionen nach Placentia,
(Piacenza) er sei im Anzüge gegen Rom.'') Auf den Grund
dieses Gerüchtes sollte der Senat die Truppen in Italien gegen
ihfl aufbieten; Curio bewies, dass diesseits der Alpen nur eine
Legion, die dreizehnte, als Besatzung in die .Städte vertheilt sei,
lind vereitelte die Absicht des Cousuls durch seinen Einsprach.
Dieser aber schrie höchst entrüstet, -wenn man mich hindert, den
Senat beschliessen zu lassen, was Noth ist, so werde ich selbsf
meine ]Massregeln nehmen, und eilte mit den erwählten Consuln
C. Marcellus und L. Lentulus ' ') und mit den gleichgesinnten
Senatoren, besonders Scipio, in den Garten des Pompejus, ihn
zur Vertheidigung der Republik aufzufordern und zu ermächtigen,
und zu dem Ende alle Truppen in Italien, welche er nach Gut-
dünken durch neue Aushebungen verstärken sollte , zn seiner
Verfügung zu stellen. Pompejus nahm den Auftrag an für den
unglücklichen Fall , dass man Gewalt mit Gewalt vertreibeu
8) Plnt. 1. c. App. 2, 444 erwähnt es gelegentlich. 9) Vgl. ad
Fam. 8, 11. 5. 2 n. 2, 12 in. 10) App. 2, 446. l'lnt. Pomp. 58 fin.
verwechselt diese mit der folgenden. 11) ad Att, 6, 9 fin.: Idibns
Oclob. has dedi literas, qno die, iit scribis , Caesar Placenliam legioncs
qnaliior. Das. 7, 1. §. 1. App. 1, c. 12) Nicht mit seinem Collegei»
L. Paalins, wie Appian sagt.
XXI. ITJLn. (31.§.S8.) 399
müsse; ' ') Jer Krieg' war nngekündigf, uicLt von Cäsar, sondern
von seinen Gegnern, und nicht von Senat nnd Volk, sondern
von Pompejus und dessen Faclion; sie erhoben sich über den
Senat, verachteten den Widerspruch des Tribuns und bildeten
jetzt schon das auswärtige Roiu. Älit grosser KJiigheit hatte
Curio sich in einer schleclilen Rolle bewährt; er hatte die Aech-
U\ng seines Gönners verhindert und seine Ansprüche gültig er-
halten; jetzt erklärte er nur noch vor dem Volke, Recht und
Verfassung werde mit Füssen getreten, der Staat aus dem Lager
des Pompejus regiert, niemand sei zum Kriegsdienst verpilichtet;
dann gieng er nach dem 10. December, an welchem sein Tribunat
sich endigte, zu Cäsar nach Ravenna. '')
Schon früher hatte Pompejus sich von Rom entfernt, jedoch
nicht vor dem 6. December, ' ') und vor dem 1. Januar kam er
zurück. Er reis'te nicht, nm zu rüsten, sondern um nicht den
neuen Tribunen M. Antonius und Q, Cassius Longinus ' ^) über
seine Befugnisse Rede zn stehen, und indess seinen Schwieger-
vater Bletelhis Scipio und den Consul Marcellus handeln za
lassen. Unter den Opiimaten erregte es grosse Unzufriedenheit,
dass er sich in so schwierigen Zeilen den LJeralliungen entzog;
besonders (adelten ihn die Senatoi'en, welche selbst abwesend
waren. '') Zu diesen gehörte auch Cicero; er hatte Ciliciea
verlassen, und laudete am 25. November bei Brundusium; ' *)
als luiperalor nnd in Erwartung' eines Triumphs verschob er
seine Rückkehr nach Rom. Pompejus äusserte am 10. December
in einer zweistündigen Unterredung seine Freude, ihn wieder
zu sehen; auch rieih er ihm, dem Triumphe nicht zu entsagen;
er werde sich für ihn verwendei.^ nur möge er sich vor der
Entscheidung Rom nicht nähern , damit er nicht etwa in einer
Sitzung^ des Senats vor den TLoren du; h sein Gutachten einen
Tribun beleidige. Der Krieg sei kaum zu vermeiden; Cäsar
wolle keinen Vergleich; noch kürzlich habe ts sich davon über-
13) App. 2 , 447. Plnt. Pomp. 58. 59. Anton. 5. Dib 40 , 64. 66.
Oros. 6, 15 Tcrlegt die Legionen, Tvelche bei Capna standen, iineh Lnceria.
14) App. 1. c. Dio 40, 66 fin. 41, 1. Plut. Ant. 6 bringt Maw-ln-s auf
Rechnung des Antonius, -(vas dnrcli Cnrio geschah. 15) nd All. 7,4 lin.
16) 2. Th. 154. A. 65. 17) ad Alt. 7, 5. §.4. 18) ad Faiu, 16,Q.
§. 1. ad Att. 7, 2 in.
400 XXF. lULII. (31. §.38.)
zeugt, da Ilirthis, der Vertraute des Proconsuls, in Rom gewesen
sei, ohne ilin zu bfesucLen. '^) Durch solche MiltheUungen er-
hielt Cicero wenig Aufschhiss, auch -wurde ihm die Aufrichtigkeit
des Pompejus in einer andern Hinsicht verdächtig, als man ihm
sagte, er solle die Vertheidigung Siciliens übernehmen, da er
ohnehin Befehlshaber sei ; er mochte nicht gegen Cäsar stimmen,
und noch viel weniger gegen ihn fechten; weder der Senat,
schrieb er an Atticus , noch das Volk haben es geboten , wenn
man ihn dränge, werde er durch das erste Thor in Rom ein-
ziehen, welches er offen finde. ^ °)
Seine Briefe aus Cilicien, aus einer Zeit, wo der Gedanke
an den Bürgerkrieg ihn noch nicht beunruhigte, setzen es ausser
Zweifel, dass ihn wie jeden Statthalter nach dem Triumph ver-
langte. Stets sehnte er sich nach der Ehre, welche dem Römer
die höchste war, und auch aus diesem Grunde wünschte er die
Fortdauer des Friedens. Aber die Aussichten wurden immer
trüber, die Gemüther erhitzten sich immer mehr. Unter diesen
Umständen dachte er auf Mittel, parteilos zu bleiben; mit dem
Titel eines Imperator, welchen er nun auch deshalb nicht ablegte,
konnte er nicht in Rom sein , an den gefahrvollen Berathungen
in der Curie nicht Theil nehmen; einigermassen entschuldigle er
ihn , wenn er selbst vor der Stadt sich nicht einfand , und hier
wie Pompejus und Andere in seiner Lage den Senat unlerstützle.
Indess konnte man behaupten, dass- er aus Eitelkeit und Eigen-
liebe dem Staate in so bedenklicher Zeit seine Dienste versage ;
um gegen diesen Vorwurf gesichert zu sein, gab er sich das
Ansebn, als ob er den Friede,n zu erhalten suche; diess machte
es nothwendig, dass er sich /.urückzog, gegen keinen Theil feind-
liche Gesinnungen zeigte, damit beide ihm vertrauten. ^ ») Bleh-
rere unter den Alten sind durch ihn getäuscht ; sie haben geglaubt,
er sei als Vermiltltr thätig gewesen.^') Ohne Zweifel wiiuschle
er als solcher aufzutreten und Gehör zu finden; der Krieg be-
drohte ihn mit Gefahr und Verlust; wenn er ihn verhinderte,
so sichei<e er sich nicht nur Leben und Güter und den Triumph,
19) ad Att. 7, 4. §. 2. 2. Th. 603. A. 77. 20) ad All. 7, 7.
21) Das. 7, 3. §. 3 : Ipsuin Pompeiam separatim ad cOncordiam tiorlabor. —
Uic omnia facere omiies, ne ariiiis decerletur. 22) Vellej. 2, 4Ö iin,
Hut. toiup. 59. Caes. 31. Cic. 37.
XXI. lüLn. (31. §.38.) 401
sondern ein so grosses Verdienst mnsste Uim auch wieder Einfluss
verscLafFen. ' ') Ueberdiess war die senatoriscLe Partei nicht
zum Kampfe vorbereitet,'*) und die andre stark, und befugt,
sich auf die Gesetze zu beziehen , ") deren Ausführung ihm
daher zweckmässig zu sein schien.*^) Aber er wussle jetzt sehr
wohl, dass die Parteihaupler keinen Frieden wollten, dass Cäsar
nur zum Schein die Hand zur Versöhnung bot, und Pompejus
nicht einmal frei war, dass endlich er selbst durch seine Hin-
neigung zu den Triumvirn nach dem Exil, ^') durch sein Schwei-
gen, wenn es galt, die Republik gegen sie zu yertheidigeu, und
durch seine wohlbekannte Erbitterung gegen die Machthaber,
welche diess Schweigen erzwangen, das Vertrauen aller Grossen
Terlorön hatte, und sie also auch dann, wenn sie einen Vermittler
suchten, Uin zuletzt wählen würden. In dem Berichte über seine
erste Zusammenkunft mit Pompejus zeigt sich keine Spur, dass
dieser ihn aufforderte, die Einigkeit herzustellen, oder dass er
selbst Worte des Friedens sprach,'*) und noch viel weniger
war bei der zweiten am Ende des December die Rede davon. ' ^J
Cäsar schrieb ilim in den verbindlichsten Ausdrücken; '") schon
auf der Rückreise von Cilicien erhielt er Briefe von ihm und
von Pompejus, Beide rechneten auf seinen Beifall und auf seinen
Beistand, ^') und er verfehlte nicht, ihre Aufmerksamkeit zu er-
wiedern, obgleich er einsah, „dass sie nur um die Herrschaft
23) ad Att. 7, 3. §. 2: Sito ad concordiam res addnci potest, sive
ad bonortun Tictoriam ; utrinsvis rei me aut adintorem velim esse, ant certe
non expertem. 24) Das. 7, 6: Kisi foite haec iUi tum arma dedimus,
«t nnnc cnm bene parato pngnaremns. Das. 7, 7. f. 5. 25) Das. 7, 7.
$. 6 : Cum hoc ant depngnandnm est, aut hahenda e lege ratio. Hier S. 34,
A. 33. 26) Das. 7, 6, §.4: Ego iü sum, qui Uli coucedi putem utilius
esse, qnod postnlat, quam signa conferri. Das. 7, 6 : De re publica Talde
timeo; nee adhuc fere inveni, qui non coucedendum pularet Caesari, qnod
postularet, potius, quam depugnandnin. Das. 7, 7. §.5: Oiüd ergo? Exer-
cilnm relinentis, quum legis dies transierit, ralionem haberi placet? Alihi
vero ne absentis qnidem. Sed qnnm id datnm est, illud nna datum est.
Annorum enim decem imperium. Das. 7, 9. 27) Das. 7, 1. §.2:
Videsne, nt te auctore sim lUrnmqne coraplexns? — We «terque nnmerat
snum nisi feite simnlat alter. 28) Das. 7,4. §. 2. 29) S. unten
A. 35. 30) ad Att. 7, 3. §. 8: lUe mihi literas blandas mittit. l'acit
idem pro eo Baibus. 31) Oben A. 27.
UruuiWHi, Ucschidilc Hums 111. 26
402 XXI. lULlI. (31.5.38.)
stritten", '') aber and» Cäsar nahm seine Verwendang noch nicht
in Anspruch.
Dieser hatte clafür gesorg;(, das9 Cnrio in seinem ehemaligen
Quästor, dem Tribun M. Antonius einen eben so verwegenen
Nachfolger erhielt, welcher am 23. December in einer Rede an
das Volk das ganze öffentliche Leben des Pompejns durchgieng,
nnd alles Gehässige hervorhob, besonders die Verurtheilung vieler
Bürger nach seinem Gesetze über Bestechungen bei den Wah-
len'^) nnd sein wiederholtes Einschreiten an der Spitze der
Bewaffneten, mit welchen er, der Proconsul von Spanien, vor
den Thoren von Rom lagerte , und es beherrschte. ' ') Blan
schickte Pompejns eine Abschrift, nnd er theilte sie Cicero mit,
als er am 27. December ihn bei Lavemium einholte und bi:<
Formiä begleitete, von der achten römischen Stunde bis zum
Abend.") Er bemerkte, ans der kecken Sprache de» Tribuns
könne man abnehmen , was von Cäsar als Consul zu erwarten
sei, auch wenn er zuvor in den Provinzen niederlege. Wahr-
scheinlich werde er jedoch auf die Nachricht, dass man gegen
ihn rüste , im nächsten Jahre ^ *) sich nicht um das Consulat be-
werben nnd Heer nnd Provinzen vorziehen. Wenn er aber edle
Schranken durchbreche, so habe man die Blittel, ihn mit semen
höchst unverschämten Forderungen zurückzuweisen ; besser offener
Krieg, als Ungewisser Friede, und was auch geschehen möge, sei
die Freiheit mehr als das Leben. Die Worte des grossen Feld-
Lerm beruhigten Cicero, ' ') wenn auch nur für den Augenblick,
da er sich bald, wie schon früher, gestehen musste, dass man zu
einer solchen Zuversicht wenig berechtigt sei.
Aber Cäsar schien in der That zu fürchten. Er war in
Bavenna, an der südlichen Gränze seiner cisalpiuischen Provinz,
welche nur die dreizehnte Legion besetzt hielt. '^) Um so
32) ad Art. 7, 3. §. 2. 33) Oben §. 34. A. 5. 34) ad Alt.
7, 8. §. 4. 35) Cicero äassert sich I. c. über diese zweite „gelieime"
Unterredung, und ergänzt den Bericht ad Att. 7, 9: ut idem dicif ; — ut
ait idem (Pompeins). 36) Hoc anno, ad Att. 7, 8. §. 4. Hier §. 17.
A. 86. 37) Levabar cnra, yirum fortem et perilnm et plurimum anrto-
rilate Talentem audiens. ad A«. 1. c. 38) 5000 Mann zu Fnss und
300 Kenler. Plnt. comp. AgesU. c. Pomp. 3. Caes. 32. App. 2, 447.
B. G. 8, 55. Caes. B. C. 1, 5. Oros. 6, 15.
XXI. lULII. (3i.§. 3S.) 403
mehr sollte man glaubeu , dass er Jarch seine AnnaLerung' die
ünferliandJung-en erleicLiern 'wolle. Carlos Ralh, nun oLne Auf-
ecLub mit dem ganzen Heere geg-en Rom zu zieLeu, VTirde von
ihm ver\>orfen , wie seLr er ihm für seine treuen Dienste
dankte, ^') und der Bote des Krieges in einen Friedens -Herold
mngeschaffen. Cäsar entliess ihn am 29. December ''") mit einem
an den Senat und an die neuen Consuln gerichteten Schreiben,
worin er seine Thaten erwähnte, die gegen ihn vorgebrachten
Beschuldigungen widerlegte, und sich erbot, in den Priratstand
zurückzukehren , wenn auch Pompejns sich dazu entschliesse ;
wenn man aber noch ferner es aar von ihm verlange, ihm zn-
mnthe , sich seinen Feinden auszuliefern , so werde er auf seine
Sicherheit bedacht sein.*') Zugleich ermächtigte er die Freunde
in Rom, in Briefen, welche ihnen von Curio eingehä"ndigt, oder
doch um diese Zeit abgeschickt wurden, sich mit den Gegnern
dahin za einigen, dass ihm bis zu den Wahlen und bis zum
Antritt' seines zweiten Consulats *-) zwei Legionen und das
diesseitige Gallien und Illyrien,*^) oder wenigstens eine Legion
und Illjrien verblieben. * ') Seine Forderungen musste Jeder
Unbefangene billig finden,'^) zumal da M. Cato geschworen
hatte, ihn anzuklagen, sobald er Privatmann sei, nnd Andere
verkündigten : diess solle unter dem Schulze der Bewaffneten
ein zweites Gericht des BIUo werden ; * ^) man durfte sich nicht
auf Verbannung beschränken , bei solchen Gelegenheiten war
schon ]yiancher im Getümmel ermordet. Freilich konnte eine so
39) Oben A. 14. App. 1. c Cic. ad Fant 16, 11. §. 2 : Cnrio mens
illniii incitabat. 40) App. L c. la drei Tagen legte Curio den AVeg
znTÜck nnd am 1. Janaar entledigte er sich seines Auftrags. 41) Die
4], I. App. 2, 448. Snet. 29, 30, tvelcher diess irrig vor seiner Anknnfl
IQ Italien geschehen lässt, Cic. ad Farn. I. c. : Minaces ad senatum et acer-
bas literas miserat. 42) Am I. Jannar 48. 43) App. 2, 447 fin.
Flut. Pomp, 59. Caes. 31. vgl. Anton. 5. Cato 51 vrirft nicht mir Sachen
«ind Zeiten dnrch einander, sondern er glaubt auch, der A'orscUag sei von
Cicero als Vermittler ausgegangen. Sneton. 29. 44) Vellej. 2, 49. ^ 5.
Plnt. Pomp. 1. c. Nach .Sneton. 1. c. wollte Cäsar 8 oder 9 Legionen ab-
geben , nnd zwei oder eine behalten ; er zählte aber nur 9 , seit man ihm
zwei unter dem Verwände des parihischen Krieges enlzogeu halte. Oben
§. 16. A. 32. 45) Lenissim» poslulaia. Caes. B. C. 1,5. 46) Sue-
Ion. 30.
2G*
404 XXI. lULn. (31. §.39.) J
hoch gesteigerte Verstellung' Cäsar schaden , wenn Pompejns,
■welcher am Ende des Jahrs von der Reise zurückkam, sich fiigte,
wie es scheinen sollte,*') denn er wurde dann von dessen
Truppen in Spanien, von dem neuen Proconsul im jenseitigen
Gallien, und von den Feinden in Italien eingeschlossen, aber er
vertraute ihrer wilden Kampflust und den Legionen in Gallien ;
sie waren die seinigen, wer sie auch befehligen mochte.
§ 39.
a. 49. Man durfte nun endlich hoffen, mit einer Kriegs-
erklärung gegen Cäsar durchzudringen ; beide Consuln waren
dafür, C. Marcellus , ein Mann ohne eigenen Willen, aber mn
so fügsamer unter der Leitung seiner Verwandten, besonders
seines Bruders Marcus, Cos. 51, und L. Lentulus Crus, dessen
Schulden nur mit Bürgerblute getilgt werden konnten.**) Sie
versammelten den Senat am 1. Januar*') in der Stadt, ein
Beweis, dass Pompejus sich nicht einfinden, sondern als Feldherr
die Befehle der Regierung erwarten wollte; '") sein Schwieger-
vater Metellus Scipio war bestimmt, in seinem Namen zu handeln.
Aber auch die Gegner hatten sich vorbereitet. Cnrio übergab
den Consuln Cäsars Schreiben im Senat,") wodurch er es
unmöglich machte , es zu unterdrücken , und die V. Tribüne
M. Antonius und Q. Cassius Longinus erzwangen die Vor-
lesung; '^) ihr Antrag, dass darüber verhandelt und abgestimmt
werde, blieb unbeachtet,'^) und zwar verschafften die Drohungen
am Schlüsse des Briefs einen willkommenen Vorwand, iLn unter
dem Geschrei, diess heisse den Krieg ankündigen, durch die
Tagesordnung zu beseitigen.**) Die Consuln veranlassten darauf
47) App. 2, 447 Cn. Plnt. Pomp. 59. Caes. 31. VeUej. 2, 48. §. 5.
48) 2. Th. 398. 548. 49) Cic. 2 PhU. 21. App. 2 , 447. Die 41 , 1.
50) Caes. B. C. 1, 2. 3. 6. 51) App. n. Dio U. cc. nennen Coric,
nicht den Legaten C. Fa])ius; (oben {-. 10. A. 87) die Lesart a Fabio
Caes. li, C. 1, 1 beruht auf einem Irrthume der Abschreiber. .S. Oudend.
das 52) Caes. I. c. Dio I. c. Flut. Anton. 5. Cato 51. Derselbe
erzählt Caes. 30. Pomp. 59 Antonius habe den Brief gegen dea Willen der
Cuiuuln dem Volke niitgelhcilt. 53) Caes. 1. c. 54) App. 2, 448.
TeUej. 2 , 49. §, 4. Nach Dio 41 , 2 wurde im Senat darüber geslimml
XXI. lULII. (31. §.39.) 405
eine BeratLnng über den Znstand des Reicbs, und deuteten damit
;in, ^vas jeder ^Yusste, dass es in GefaLr sei, und nur durch
emsserordentliche Blassregelu g-ereflet werden könne, ■welche aus-
zrifüLren Lentulus sich bereit erklärte, wenn man einen kühnen
und männlichen Enischluss lasse, wenn man dagegen wieder aus
Furcht vor Cäsar zurückhalte, oder aus Gunst ihn schone, so
^^erde auch er sich mit ihm zu einig-en wissen. In demselben
Sinne sprach Scipio : Pompejus biete dem Staate seine Hülfe an,
unter der Bedingung', dass man sich treu und fest an ihn an-
schliesse; spater werde man sich vergebens an ihn wenden; es
sei jetzt nichts übrig, als dass man Cäsar befehle, vor einem ge-
wissen Tage das Heer zn entlassen, nud wenn er nicht gehorche,
ihn als Reichsfeind zu ächten. Dennoch warnte sogar BI. Mar-
cellns vor üebereilung : ehe mau zum Aeussersten schreite, müsse
man rüsten; M. Caliilius verlaugte, Pompejus möge sich in seine
Provinzen begeben, dann sei keine Ursach zum Kriege, und
M. Coelius Kufus , Curio, Antonius, (J. Cassius und Andere
traten ihm bei, aber Lentulus schmähte sie; der Waffen bedürfe
es, nicht mehr der Worte, und Hess nur über .Scipios Gutachten
abstimmen, welches von den Bleisten genehmigt wurde. ") Cäsar
sollte also ohnerachtet der ihm gewordenen Vergüustigung- ' ^) in
den nächsten Wahlcomitien als Privatmann und in Person sich
bewerben , er soUte sich den Gerichten stellen. Obgleich sein
Schicksal nicht von der Curie abhieug, so war es doch für seinen
Ruf von Wichtigkeit, dass er und nicht der Nebenbuhler sich
auf öffeulliche Beschlüsse beziehen konnte; Antonius und Q. Cas-
sius thaten daher Einspruch. *') ]Man hatte diess vor zwei Jahren
für einen solchen Fall bei harter Strafe untersagt;'*) deshalb
ob Pompejus, und dann ob Cäsar, nnd nach Plnt. Ant. u. Cato 11. cc. zuletzt
ancb auf Antonius Verlangen , ob Beide Heer nnd Provinzen niederlegen
sollten; sie verwechseln diese Sitzung mit einer früheren. Oben §. 38.
A. 7. 55) Caes. 1, 2. Liv. 109. VeUej 2, 49. §. 5. Sueton. 30.
Flor. 4, 2. {. 15. Eutrop. 6, 19 (16). Dio n. App. 11. cc. Plnt. Caes. 30.
56) Oben §. 34. A. 34. 57) Nicht ohne Grund halte Pompejns schon
früher geäussert: Omues oportere senatni diclo audientes esse. Cic. ad
Fain. 8, 4. Cicero verninthete im vorigen Jahre, dass die Dingo sich so
entwickeln werden, vie es jetzt geschah, ad At«. 7, 9. 58) «d Faui.
ö, 8. J. 3. Oben J. 36. A. 8.
4Ö6 XXI. lULII. (31. §.390
erfolgte eine Umfrage über die Gültigkeit des tribnniciscLen Ver-
faLiens, und der Senatsbeschlass wurde nach neuen, heftigen
Angiilfen auf Cäsar und dessen Freunde niedergeschrieben.
Ihre Gegner legten Traner an, ein gewöhnlicher Kunstgriff,
wodurch man auf die Menge zu wirken suchte; 'S) weder die
Tribüne konnten sie daran hindern, noch die Drohung des Cen-
turio, welcher aus Cäsars Lager gekommen war, und am Ein-
gange der Curie mit den Worten: dieses wird ihm verschaffen,
was er fordert, an sein Schwerdt schlug. «°) Pompejus beschied
sie an demselben Abend in seinen Garten; er lobte, tadelte,
empfahl Beharrlichkeit, und schickte einen Theil seiner Veteranen
und der beit'jn Legionen Cäsars, deren er sich bemächligt hatte,
in die Stadt, damit sie Scipios Antrag gegen die Tribüne in
Schutz nahmen und die Furchtsamen ermuthigten; auch wurden
Alle, welche ferner für Gutgesinnte gelten wollten, in den Senat
entboten. So kam dieser, zwei Comifial - Tage ausgenommen,
bis zum 6. Januar täglich zusammen;^') Mässigung und Be-
sonnenheit machten verdächtig, und um gehört zu werden, musste
mau in Lentulus, Scipios und Catos Rriegsgeschrei einstimmen. ^ ^)
Der Censor L. Piso Cäsoninus, welcher den Frieden mehr liebte,
als seinen Schwiegersohn, war der Meinung, dass man diesem
wenig':.ens antworten und seine weiteren Vorschläge entgegen
nehmen müsse; er forderte mit dem Prätor L. Boscius zur Beise
nach Bavenna nur eine Frist von sechs Tagen; an Cäsar sollte
aber nur Eine Botschaft gelangen, der Beschluss vom ersten
Januar. Als Antonius und Q. Cassius bei ihrem Widerspruche
beharrten , die Gemüther sich erhitzten und der Wortwechsel in
Gewaltthätigkeiten überzugehen drohte, wozu es nur eines Winks
an die Bewaffneten bedurfte, verwies Lentulus am 6. Januar die
59) Dio 4l , 3, Plut. Pomp. 59. Caes. 30. Die Constilare wareni
immer .-insgenommen ; um so mehr TerpHichteten sie ihre Partei, ■wenn sie
deren Beispiele folgten. 60) Plnt. Pomp. 58. Caes. 29. Zon. 10, 7.
App. 2, 443 erzählt es in dei' Geschichte des J, 51 TOn Cäsar selbst,
■welcher damals noch nicht durch ein so nnzvreiclentigcs Zeichen seine Ah-
sichten kund gab ; aber ein Centurio Octavians iinsserte sich a. 43 auf
Shnlicho Art; 2. Th. 332. A. 70, wie man überhaupt im dritten Bürger-
kriege Cäsar und dessen Veteranen znm Muster nahm. 61) Caes. 1, 5.
62) Uurs. 1, 4. l'liit. Anton, ä. Cato 51.
XXI. lULII. (31. $.39.) 407
beiden Tribiiue aus dem Senat. ' ^) Dieser ermäcLtig-te an dem-
selben Tag- die Consnln, Präloren, V. Tribüne und die Consiilare,
welcLe als Anfiilirer sich in der NaLe der Stadt befanden , über
die Sicherheit der Republik, zu •wachen , wodurch in der That
Cäsar der Krieg angekündigt und Pompejus zum OberbefeLIs-
liaber gegen ihn ernannt wurde, obgleich es zu seinem grössten
IiüssTergniigen auch Cicero angieng, da er nach der Rückkehr
iiiis C'ilicien die Lictoren noch nicht entlassen hatte. ^*) So war
demnach Cäsars Absicht erreicht; die Aristocralie trat zuerst
;;ejren ihn in die Schranken, und ihr erster Schritt war ein Ver-
lirechen. Antonius und Q. Cassius verstanden ihre Rolle, welche
\\ eilig Scharfsinn erforderte;®') ihre Verfolgung war in den
Gesetzen mit Fluch verpönt; sie sprachen ihn aus, und handelten
wie Älenschen , für welche es in Rom keine Sicherheit mehr
yab ; in der Nacht vom 6. auf den 7. Januar reis'ten sie in
.Sclavenkleidern und auf einem Bliethwagen mit Curio und Coelius
zu Cäsar; Tribüne entflohen vor Consuln und Senat, die Un-
verletzlichen mussten Schutz suchen bei den Legionen, ihre EUe
und Vermummung verrieth die Grösse der Gefahr, **)
lu den nächsten Tagen beriefen die Consulu den Senat
63) Am siebenten, in der nächsten NacBf, Terliesseu sie die Stadf,
C'aes. 1,5. App. 2 , 448 , aber scboa am sechsten , '.to sich nnn anch deu
Consnln kein Hinderniss mehr zeigte, yrurden sie ans der Curie entfernt,
nnd nicht durch einen scheinbar vfohlgemeinten Rath , etrra durch die Er-
klürnng des Lentulas, dass er ihre Sicherheit nicht länger verbürgen könne,
Dio 41, 3, sondern dnrch ein Machtgebot. Urbe pnlsi, sagt anch lar. 109.
Snelon. 31. Lncan. 1, 278. Dionys. H. 8, 87. Plnt. Caes. 31, vro statt
Cassins Curio genannt Tvird. App. 1. c. : Antonius gieng mit Verwünschnn-
gen , und Cnssius und Curio folgten ihm , denn man sah schon die Soldaten
des Pompejus die Cnrie umringen; Zonar. 10, 7. und diesen Augenblick
mosste Antonius erwarten, ivenn der Zweck der Flucht erreicht werdea
sollte. ^'nUa vi expulsns, Cic. ad Fam. 16, II. ^. 2, würde er die tribn-
nicischen Rechte verwirkt haben, nicht aber zu Klagen befugt gewesen
sein. Noch mehr werden diese Ereignisse 2 Phil. 21. 22 entstellt.
64) Caes. I, S. Cic. ad Fam. 1. c. ad Alt. 10, 8. T. 4. p. 210. ed. Schütz.
65) Cicero sagte vorher ad Att. 7, 9: Ire ad arma, aut hanc onam ob
causam, quod ratio non babeatnr, aut addita causa, si forte tribunus pl.
senaliira impediens — aut snblatns, ant expnlsus sit, dicensve, se expulsuin,
ad iUiim confngerit. 66) S. dio Stellen in A, 63 n. Dio 41, 3. 45, 27.
•JO, 11. Lucau. 1, 269. Oros. 6, 15.
408 XXI. lULII. (31. §.39.)
ausserhalb Aer Stadt; denn nun erschien auch Pompejus, nm zu
veriielimen , was auf sein Anstiften gescLeben war ; er erkannte
den Mu(h und die Festigkeit der Väter an, der Partei, welcher
er durch seine Krieger den Sieg verschafft Latte, und erklärte
sich bereit , den Beschluss über die Vertheidig-ung der Republik
zu vollziehen; jetzt schon zähle er zehn Legionen,*') und er
wisse, dass Cäsars Heer nicht gegen Mitbürger fechten werde.*')
Man gab ihm nun noch insbesondre den Auftrag, welchen er im
vorigen Jalire auf eine gesetzwidrige Art erhalfen hatte, *^) in
Italien zu werben; auch wurde Geld zur Besoldung ans dem
Schatze angewiesen. ' ") Durch Pompejus Schuld hatte sich diess
Alles verzögert ; nm das Versäumte einzubringen , iheilfe man
vor dem 12. Januar") die Halbinsel in Kreise, und ernannte
für jeden einen Vorstand, Blaiuischaft auszuheben und Geld ein-
zutreiben. Die Optimaten durften wählen, wenn die herrschende
Partei ihnen vertraute. So entschied sich Cicero für die cam-
panische Küste, weil er hier Güter besass, und dem Kriegs-
schauplätze fem zu bleiben hoffte.'^) In Elrurien sollte L.
Scribonius Llbo rüsten;'^) auf der östlichen Küste im Pice-
nischen P. Lentulus Spinther (Cos. 57) zu Asculum'*), und
P. Attius Varus zu Auximum und Cingnium,'*) spater auch
L. Vibullius Rufus,'*) nnd iu Umbrien zu Iguvium Q. Mi-
nucius Thermus. ' ')
Blit Benutzung des Beschlusses, welcher erst fünf Jahr nach
dem städischen Amte eine Verwaltung der Provinzen gestattete, ' ")
Terfü"gte man willkührlich auch über diese. Die consularischen,
Syrien und das jenseilige Gallien, bestimmte man Metellus Scipio
Cos. 52, und L. Domitius Ahenobarbus Cos. 54. ' *) Unter den
67) In Spanien sieben nnd in Italien drei. 68) Caes. 1,6. Hier
§. 38. A. 4. 69) Oben §. 38. A. 12. 70) Caes. 1 , 6. 9. Dio
41, 3. App. 2, 449. 71) Cic. ad Fam. 16, 11. 72) ad Farn. I. c.
n. 16, 12. ad Alt. 7, 11. 14. 8, 3. 11. 12. 10, 8. Unten j. 41. A. 38.
73) Flor. 4, 2. {. 19. Lacan. 2, 462. 74) Caes. 1, 15. Cic. ad Atl.
7, 23. Lucaii. 2, 469. 75) Caes. 1, 12. 13. Cic. ad Att. 7, 13. vgl.
7, 11. 15. 20. Luc. 2, 466. 76) Caes. 1, 15. Cic. ad Alt. 7, 24. Tgl.
8, 15. 77) Caes. 1, 12. Cic. ad Atl. 7, 13. 23. Lnc. 2, 463.
7«) Oben {. 34. A. 24. 79) Caes. 1, 6. Cic. ad Faiii. 16, 12. Sael.
Caes. 31. Kcio 2. App. 2, 448. 450. 479. Lucau. 7, 607. Blit Scipio
XXI. lULII. (31. §.39.) 409
prätoriscLen fiel Jas diesseitige Gallien M. Considius Nonianns
za; '") Sicilieii M. Cato;*') Sardinien AI. Aurelius Cotta; ")
Africa L. Aeliiis Tubero,'^) und Cilicien P. Sextius. ") Ein
Ciiriatg^esefz, welches den StattLaltern die Befug'iiiss gab, Tiiippen
anzofiihren , Lielt man für überflüssig';^') aiicli ver'„jnderle der
Tribun L. Philippus die Sendung' des Fnustus Sulla nacli IMau-
ritanien, und der C'onsul C. Blarcellus einen BescLluss, 'Nvorin
der numidiscbe König Juba jetzt schon als Freund und Biiudes-
genoss anerkannt -«Tirde. * ^)
Der Krieg 'war erz^>'ungen, den Worten sollten endlicli
Handlungen folgen ; * ') nun aber fehlten Zeit und Mittel. Die
sieben Legionen in Spanien kamen nur in Rechnung, ■v^'enn man
Cäsar nach Gallien zurückwerfen konnte,*^) die zwei Legionen,
■welche ihm entzogen waren , ■wenn ein grösseres Heer sie mit
sich fortriss,*') imd durch die Aushebung erhielt man wenige
nnd ungeübte Mannschaft, zum Theil, weil die Optimaten in
ihren Bezirken nnthätig blieben. Nur in Erpressungen wett-
eiferten fast Alle; der Krieg lieh ilinen einen willkommenen
Voi-wand; selbst die Tempel verloren ihre Schätze,^") und nicht
die ÜMunicipien allein erwarteten den als Retter, welchen man
ihnen als ihren Feind bezeichnete.
Diess war der Anfang einer gewaltsamen Umkehr, deren
Ursachen in der Entwicklung des staatsbürgerlichen nnd sittlichen
Lebens unter den Römern überhaupt zn suchen sind. Hier wird
machte man also eine Aasnahme, obgleich es allere Consnlare gah, z, B.
L. Marcins Philippns, Cos. 56 ; dieser ■mirde aber ■wegen seiner 'VerTrandl-
schaft mit Cäsar , als Sliefvater des Angnstns , übergangen. Caes. I. c.
Dasselbe begegnete M. Marcellas, nicht, Tfeil er erst a. 51 C'onsul geTcesen
■war, als -weil er durch den Rath , nicht Krieg zn führen, ehe man Tor-
bereitet sei, Missfallen erregt hatte. Caes. 1, 2. 6. 80) ad Fam.
16, 12. ad Att. 8, 11. 13. 81) Caes. 1, 30. Cic. ad Att. 10, 12. 16.
rint. Cato 53. Pomp. 61. 82) Caes. 1. c. Cic. ad Att. 10, 16. Dio
41, 18. 83) Caes. 1. c. Cic. p. Ligar. 7. 8. Oros. 6, 15. 84) Cic.
ad Fam 5, 20. §. 3. ad Att. 8, 15. 11, 7. Plnt. Brut. 4, vro die Lesart
Sicilien falsch ist. lunü Ko. 40. J. 2 in. 85) Caes. 1, 6. 2. Th. 492.
A. 60. 61. 86) Caes. 1. c. 87) Caes. 1. c. Dio 41, 9 fia.
88) Cic. ad Fam. 16, 12. 89) Spes omnis iu duabus, invidiose relenlis,
pacne alieiiis Jtgionibus. ad Atl. 7, 13. ÖO) Caes. 1, 6. App. 2, 449.
Dio 41, 9.
410 XXI. lULII. (31. §.39.)
das Friitere als bekannt vorausg'eselzt ; es ist in der Geschichte
des Sulla und Marius besprochen, aus welcher hervorgeht, dass
der Kampf zwischen der Nobilität und der Volkspartei von Pom-
))ejus und Cäsar keineswegs veranlasst , sondern nur benutzt
■^^•urde. Nach ihrer Versicherung zogen sie das Schwerdt für
Freiheit und Recht. Cäsar beklagfe sich über vielfache Be-
leidigungen: man erlaubte ihm, sich abwesend um ein zweites
Consulat zu bewerben , und widersetzte sich , als er davon Ge-
brauch machen wollte; man verlängerte ihm Provinzen und Ober-
befehl, und forderte ihn auf, ihnen vor der Zeit zfl entsagen;
man rief zur Vertheidignng des Reichs einen Theil seiner Truppen
zurück, und stellte sie unter die Fahnen seines Feindes; man
bev^illigte diesem, was man ihm verweigerte, und vertrieb die
Tribüne, als sie die Ungebühr rügten ; gültige Senats - und Volks-
beschlüsse wurden verachtet, und andere, gegen welche tribu-
nicischer Einspruch erfolgt war, traten in Kraft; ein solcher
Unfug der Regierenden durfte nicht geduldet werden.*') Die
Gründe des Proconsuls befriedigten die Freunde, weil sie bei
dieser Ansicht kein Vorwurf traf, und die Achselträger unter den
«logenannten Pompejanern, weil sie dadurch gerechtfertigt wur-
den ; auch die Schriftsteller aus späterer Zeit wiederholen sie oft,
ohne einzusehen, dass sie nur zum Verwände dienten. Cicero
nrthellt darüber, wie es seiner jedesmaligen Stimmung angemessen
war; aber auch er, der Aristocrat, der Gegner, erklärt sowohl
in Briefen an Cäsar ' ') als sonst die Wortbrüchigkeit seiner
Partei in Betreff des Consulats und der Provinzen für die Ursach
des Kriegs. ^^) Pompejus blieb nichts übrig, als zu schweigen,
oder den Anklagen ungereimte Beschuldigungen und Machtsprüche
entgegenzusetzen. Er konnte die Rechte, welche Cäsar geltend
zu machen suchte, nicht gesetzwidrig 'nennen, denn er hatte sich
weit grössere angemasst; er konnte die Verordnungen, durch
w^elche jene begründet wurden, nicht angreifen, da er aus freiem
Antriebe sie befördert hatte; er durfte nicht für sich anführen,
91) Cacs. 1, 32. 92) ludicavi, eo hello te violari, contra cuins
honorem, populi R. beneficio concessam, iniuüci atqiie invidi nilerentnr. ad
Att. 9, 11. 93) od Atl. 7, 4. §. 2. 7, 7 §. 5. 7, 15. ad Farn. 4, 3.
6, 6 : RatioQcm haberi absentis non lam pngiiaTi ut liceret, quam n(, qnaiulü
ipso coDsale |ingnanle |i0|>iilii3 iiisserat, Iiabcretur, ud Faiu. 8, 15 iu.
XXI. lULII. (31. §.39.) 411
dass er gfc^äascht nnd überlistet sei, wenn auch seine Eitelkeit
es zuliess, denn man hatte ihn oft gewarnt. Als der Streit be-
gann, weil fijan die Zug'eständnisse zurücknahm, bezeichnete er
den Nebenbuhler als einen Unruhstifter, welcher seine Bauten
in Rom nicht vollenden, und die Versprechungen, welche er dem
Volke gemacht habe, nicht erfüllen könne, ohne den Staat zu
zerrütten. ^')
Bei dem Allen sollten Cäsars Forderungen nur einen Bruch
herbeiführen ; aber gleich nnlautere Gründe bestimmten seine
Feinde, nicht darauf einzugehen. Die Aristocratie war von Sulla
in ein Scheinleben zurückgerufen ; sie glich einem Greise mit den
Begierden der Jugend ; ohne die Kraft und die übrigen Vorzüge
der alten Patricier, hatte sie deren Gebrechen, und ihre Stellung
WEIT eine erzwungene, in welcher sie äusserer Stützen bedurfte.
Um so leichter wurde es dem Ehrg-eize Einzelner, gegen sie an-
zukämpfen; die Zeit der Vorrechte war vorüber; Rom hatte sie
den Patriciern entrissen, und sah mit Abscheu die Nobilität in
ilirem Besitze , welche von ihm verachtet wurde ; durch Sulla
selbst war das Ansehn in der Gesellschaft vom persönlichen
Verdienste abhängig geworden, weil der Krieger im Kriege gilt.
Cäsar begriff seine Aufgabe; er wurde das Haupt der Miss-
vergnügten, und errichtete mit Crassus nnd Ponipejus, dem Ersten
unter den Aristocraten, einen Bund. Jene fühlten sich verlassen,
nnd am meisten fürchteten und zürnten die verarmten und ver-
schuldeten Schwelger, welchen selbst die suUanische Verfassung
nicht mehr genügen, deren Zustand nur durch eine Um-vs'älzung
verbessert werden konnte; diese insbesondre freute Pompejus
Rückkehr zu ihrer Partei ; früher hatten Laster und Verbrechen,
welche in ihrem Schosse empfangen und gepflegt waren, und die
Noth als unvermeidliche Folge, die Verschwörung des Catilina
veranlasst, jetzt beschloss sie selbst Plünderung und Blord. Aber
keine Beute ohne Sieg, nnd diesen schien Pompejus zn ver-
bürgen; er sollte ein Heer schaffen. Schlachten gewinnen, und
übrigens gehorchen, und nach gefhaner Arbeit oich mit dem An-
theil' an Einlluss, Ehre und Gewinn begnügen, welchen man
ihm bewilligen werde , oder auch ganz vom Schauplatze ab-
94) Suelou. 30. vgl. 26.
412 XXI. lULII, (31. §.39.)
treten.^*) DaLer sagte M. Brtitus bei PLilippi, wie einst Pom-
pejns , so solle ancL er uicLt befeLlen , souderu Befehle vollzie-
]ien,9'^) und eben, weil jener nur zum Werkzeuge diente, er-
stai-b der Kiüeg in seiner Asche nicht. ^ ') Diese Doppelherr-
schaft, dieser Jlangel an gegenseitigem Vertrauen brachte den
Fluch der Verkehrtheit über Berathung und Schlacht. r
Cicero iheilt die Ojjlimaten seiner Partei in zwei Classen,
in die Lauen und in die Rasenden. Jene waren nach seiner
Schilderung die Begüterten, -svelche ferner in Ruhe geniessen
wollten; sie lebten auf ihren Villen und in den Muuicipien, und
erwarteten , was kommen werde. Als Pompejus aus Italien ent-
wich, schickten Einige wie Ser. Sulpicius und Pontius Tilinianus
ihre Söhne zu den Cäsaiianern vor Brundusium, ohne selbst ge-
gen ihn zu kämpfen,^') und nach und nach kamen die Meisteo
zu dem neuen Herrscher nach Rom , wo man sie daran als die
Gutgesinnten erkannte , dass sie yiele Gastmäler anstellten , gut
assen, und gut gefüllte Gassen hatten. ®ä) „Ausser ihren Lün-
dereien, ihren kleinen Villen, und Geldsäcken war ihnen AUes
gleichgültig;" ""') für ein Geringes gaben sie sich Cäsar hin,')
und da sie sich nun einmal schuldig fühlten, so wünschten sie
ihren bisherigen Parteigenossen den Untergang. ') Und solche
Menschen tadelten Cicero , dass — auch er sich nicht bei Pom-
pejus finden liess. *) Die Anderen aber, welche diesem folgten,
wurden nicht durch eine an sich edle, nur in Ueberspannung und
Schwärmerei entartete Begeisterung, sondern durch die Ver-
zweiflung nnd die yerächtlichsten Leidenschaften dazu bestimmt.
9S) Cic. ad Fam, 6,6: Dnce Pompeio freti, peropportnnam et rßbns
«lomesticis , et ciipiditatibns suis illius belli Tictoriam fore pntabant. Liican.
5 , 13 : Docnit populos venerabilis ordo non Magai partes, sed Alagaum in
pariibas esse. Vellej. 2, 49: Consnles senatnsqne cansae, non Pompeio,
sammam imperü detulerunt. Eatrop. 6, 19 (16) fiu. Plol. Pomp. 67.
Cato 54. 96) -App. 4, 661. 97) Flor. 4, 2. §. S3. Quis non per-
actnm esse cum Pompeio crederet bellnm ? Atqiii acrins mnlto alqne Tehe-
menlius Thessalici inceiidii cineres recaluere. Das. §. 66; Eo acrior Cae-
sarianorum impetns fiiit, indignantiam , post Pompeinm creTisse bellnm.
98) ad Att. 9, 18. 19. 10, 3. Unlen §. 43. A. 37. 99) ad Alt. 8, 1.
9, 1. 7. n. 13. 5. 5. 100) Das. 8, 13. u. 9, 12: Viri boni iisiiras
perscribnnt. ad Fam. 9,5. 1) ad Alt. 8, 16. 9, 5. 2) Das. 8, 13.
3) Das. U cc.
XXI. lULII. (31. §.39.) 413
GrösstentLeils sncLten sie in den Lag:ern Sclmlz g'eg'en iire Gläu-
biger,*) insbesondre Scipio , Faustus Sulla, Scribouius Libo nud
der Consul Lenttilus. ') Sie wollten sich aber nicJit bloss Ton ih-
ren .Schulden befreien, sondern auch auf Rosten ihrer Mitbürger
wieder erwerben, was sie verschwendet halten; selbst die Cäsa-
rianer zeigten weniger Raubgier, denn die ihrige ■war gränzen-
los. *) Deshalb mochten sie sich nicht vergleichen;') nur ihnen
sollten alle Schätze, Ehrenstellen und Provinzen zufallen;*) sie
wünschten Krieg; ^) wer zum Frieden rieth, war feig,'") wer
sich nicht anschloss , ein Venäther au der Republik ; ' ' ) unter
den schrecklichsten Drohungen entfernten sie sich,") und sie
wiederholten sie im Felde , ' ') und belhätigten sie durch ihre
Grausamkeit gegen die Gefangenen; Bibulus, Otacilius Crassus,
Xiabienus und die Meisten mordeten die ihrigen, selbst gegen das
gegebene Wort. IMan konnte daraus abnehmen , was zu erwar-
ten war, wenn sie siegten; '*) sie sehnten sich nach sullanischeu
4) ad Fam. 7, 3: Maximnm aes aliennm amplissimornm virornm. ad
Fam. 6, 6. 5) ad Ätt. 9, 11. Caes. B. C. 1 , 4. 6) ad Au. 9, 9.
§. 3: Omnia postnlantes. ad Fam. 7, 3. Rapaces. ad Att. 11, 6. §. 3,
Kisi quod illud erat infinitnm. Caes. B. C. 3, 31. 32. 7) ad Fam. 15, 15:
Afbilrantar , melius esse, deleri omnino rem pnbl. quam immiuntam ac de-
bilitatam manere. 8) ad Fam. 6, 6. Caes. B. C. 1, 4. 9) ad Fam.
4, ^1: Incideram in hominum piignandi cöpidornm insanias. ad Fam. 9, 6 ;
Vidi enira , nostros amicos cupere bellum. Das. 16, 11. §. 1: Cupidjtates
certorum hominum (nam ex ntraque parte sunt , qui piignare ciipiant) impe-
dimenlo mihi fnerunt omnino. Das. 16, 12: Blirns invaserat furor non so-
Inm improbis , sed etiam bis , qui boni b.-ibentnr , ut pngnare cnperent.
10) ad Fam. 6, 21: Ego, quem tum fortes illi Tiri et sapientcs Domitii et
Lentuli, timidum esse dicebant. Das. 4, 14. §. 1: Oni me — inalebant ni-
mium timidum quam satis prndentem existimari. 11) ad Att. II, 6. §.3:
Omnes, qni in Italia manserant, hostium numero habebantnr. ad Fam. 9, 6:
Erant nobis perirati, quasi quidqnam de nostra salute decrefissernns. 12) .id
Att. 9, 11: UUc ■vero omnes quae portenia piitas oslendere ? Sermones mi-
naces — mcros Sullas. 13) ad Farn. 7, 3: In oralione ita crudeles, nt
ipsam 'victoriam horrerem. 14) ad Fam. 9, 6: Si essent nostri politi,
Talde intemperautes fuJssent. ad Att. 9, 6 : Melioris mediusfidins civis et
iriri putabam, qno\is snpplicio alHci , quam illi cnidelilali non solnm prac-
esso , verum eliam interesse. ad Fam. 4, 9: An tu non videbas luecnm &i«
mul, quam illa crndelis esset futnra victoria? . ii ".
414 XXI. lULII. (31. §.40.)
Proscriptionen;'*) schon der Gedanke an Ihren Sieg erregte
Schauder. ' *) Hiernach war Cicero überzeugt, dass es gar keine
Gutgesinnte gebe, sofern von Standen nnd Parteien die Rede
sei; denn Einzelne finde man wohl. "')
§ 40.
(a. 49.) In dieser Faction , von welcher er ein ungünstiges
und doch treffendes Bild entwirft, fehlte es also nicht an Gäh-
rungsstoff. Sie wurde zugleich durch ihre Leidenschaften ver-
blendet; voll Uebermuth stürmte sie in den Kampf, nnd erlaubte
Pompejus nicht , nach seiner Einsicht zu handeln , „die Republik
zu regieren." '*) Aber auch ihn verlangte nach Krieg, seit er
erkannte, zu welcher Höhe Ciisar sich neben ihm emporgeschwun-
gen hatte; die zweite Sonne musste untergehen, wenn die erste
nicht erlöschen sollte.") Er gab sich das Ansehn, als ob er
den Staat in Schutz nehme,*") und auch Cicero schien dieser
Meinung zu sein , so oft die democratischen Umtriebe des Geg-
ners lebhaft vor seine Seele traten, und die Furcht vor dem
neuen Marius ihn übermannte ; dann wiederholte er : die Sache
des Pompejus sei die gerechte, die gute,^') sie sei die Sache
der Republik, welche ohne ihn nicht bestehen werde. ^') Doch
beschlich ihn der Verdacht, dass ihr Beschützer dieselben Ab-
sichten habe, wie Cäsar, und bei längerer Beobachtung wurde
es ihm zur Gewissheit, zumal wenn er sich an sein früheres Le-
ben erinnerte, an den Bund mit dem Feinde des Senats, und an
15) ad Au. 8, 11: Genns illad Snllani regoi iampridem appetitnr, mnl-
tis, qni nna snnt, cupientibus. Das. 11, 6: Tauta erat in Ulis crudelitas,
ut noa uominatim, sed g^eueratim proscriptio esset informnta. ad Farn. 4, 14 :
Bellam, cuius exitns ex alteraparte (Fouipeianorum) caedeni ostendil , ex
altera serTitntem. — InteUigebam , et iratoi'uin hominnm, et cnpidoruin,
et insolentiam qaam esset crudelis fiitiira victoria. 16) ad Farn. 7,3.
17) ad Att. 7, 7. §. 5. 9, 1. ad Faiu. 16, 12. 18) ad Att. 7, 25.
19) Caes. B. C. 1, 4: Neminem secnju tlignitate cxaequari volebat. Lncaji.
1, 125: Nee quemquam iam feiie potest Caesarve priorem, Pompeiusve pa-
reiu. Flor. 4, 2. §. 14. Uio 41. 53. 54. 20) Unter Anderen in den
Briefen an die Consnln u. an L. Domitins in ad Att. 8, 12. A. B. 21) ad
Att. 7, 25. 26. 9, 5. 7. 10, 1. 4. ad Fam. 4, 7. 6, 1. 7, 3. 22) ad
Au. 8 , 3. 7.
XXI. lULlI. (31. §.40.) 415
seinen Anllieil an den üntemeLinungen des Clodius. * ') Auch er
strebt nacli einer königlitLen Ge\%alt,^') aucli sein Ziel ist die
höcLste MacLt. ^ ') Den Tyrannen bekriegt er, um Tyrann zn
werdet'.,'^) und wenn er unter Beiden der bessere nnd ge-
mässigtere ist,") so Lat er doch Rom mit seiner RacLe be-
droht;-^) als Sulla Tvird er zurückkehren,^'') mit seinen Flot-
ten will er Itah'en aushungern , mit Barbaren , ■wilden Horden es
Terwüsten, kein Stein wird auf dem andern bleiben.^") Als
man nach seinem Falle Cäsar huldigen musste, tröstete sich Ci-
cero: es würde nicht besser um uns stehen, wenn der Andre am
Ruder wäre, wir würden Sclaven sein, wie jetzt.")
Cäsar war also keineswegs allein die Ursach des Krieges,
aber diess rechtfertigt ihn nicht, und der Entschluss, eine Um-
wälzung der Republik zu bewirken, entstand in ihm nicht erst
nach den Siegen in Gallien, nicht in Folge des Streites über
Cousulat, Heer und Provinz, sein ganzer Lebensplan war darauf
berechnet, der Bürgerkrieg die Vollendung, der Schlussstein eines
kühnen Bau's. Für den Ehrgeizigen lag die Versuchung nahe,
zu thun, was er vermochte. Der Staat bedurfte des Arztes, des
]\Ionarchen, wie Cratippus angeblich dem überwundenen Pompe-
jns sagte,*') nnd konnte sich seiner nicht erwehren; er drang
sich ihm auf. Pompejus wollte in nnd mit der ungesunden
Masse fortbestehen, welche sich die Gutgesinnten nannte; Cäsar
wollte Rom von ihr befreien, weil seine Ansprüche nnd die ih-
rigen unverträglich waren ; jeuer strebte nach dem ersten Range
in der Republik , nach einer immerwährenden Dictatur , dieser
nach erblicher Alleinherrschaft ; darum wurde der Eine getadelt,
23) Das. 7, 3. §. 3. 10, 4. §. 1. 24) Das. 10, 7. §. 1: Regnandi
contontio est. 25) Das, 7, 3. §. 3 : De sna polentia dimicant homines.
Das. 8, II : Dominatio qnaesita ab ntroqne est: noa id actniu, beata et
honesta ciWlas ut esset, — Nentri axoTtos est ille, nt nos beati simas;
nterqne regnare vnlt. 26) ad Att. 7, 5. {. 4. 9, 4. vgl. Dio 41, 56.
27) ad Att. 10, 7. §. 1. 28) S. nnten J. 43. A. 52. 29) ad Att.
9, 7: Mirandom ia modnm Cneus SuIIani rpgni simililudinem conciipivit.
Das. 9, 10: <^)uaiii crebro illad : Sulla potuit, ego noo potero ? — SuUa-
tnrit aiiimns eins et proscriptiirit diu. Das. 10, 7: Sin autem viucit, Siilla-
no more exemploque vincet. 30) Das. 8, 11. 9, 9. 11, 6. 9, 7: Pro-
mitio tibi, si valebil, tegulam illnm in Italia nuUaiu relictarnm, 31) ad
Fain. 4, 9. 6, 21. 32) Plnt. Pomp. 75. unten §. 52, A. 70.
.«
416 XXI. IIJLII. (31.5.40.)
und der Andre verwünscht. Jetzt freilich blieb dem Proconsiil
von Gallien auch keine Wald; der Krieg' war Nothwehr für ihn ;
man gedachte Gericht über ihn zu halten, und halle das Urlheil
schon gesprochen;'*) aber diese äussere Nöthigung' Avar sein
Werk. Da er demnach nur ausführte, was er längst beschlossen
hatte, und es ausführen musste, um sein Leben zii retten, so
verstellte er sich, wenn er immer von neuem aof Frieden antrug,
auch als er seinen Feinden eine Stadt nach der andern eutriss,
und sie über das Meer verfolgte.
Ciceros Bemerkungen über ihn haben um so mehr Interesse
für uns, da man sie mit der AVirklichkeit vergleichen, über sei-
nen Scharfsinn und seine Welt- und Menschenkenntniss urthei-
len kann. Das erste Consulat C'äsars, sagt er, lässt auf das zweite
schli essen. ' *) Er ist ein wahnsinniger, elender Mensch,^') eia
verruchter Strassenräuber, ^ *) und wird ein Tyrann sein,*') ein
Pisistratus oder Phalaris , ' ') welcher nicht nur die Macht son-
dern auch den Namen fordert.^') Nicht Biirgerzwist , sondern
seine heillose Verwegenheit hat diesen Krieg herbeigeführt;*")
wer ist er denn, dass er vorschreibt: wenn Pompejus nach Spa-
nien geht, wenn er niederlegt?") Und während er unferhan-
handelt, dringt er vor.'-) Labienus Abfall von ihm verdient
grosses Lob ; sogar sein Schwiegervater Piso mag sich nicht durch
die Theilnalime an seinen Verbrechen entehren.*') Mit den
gallischen Banden wird er in Rom einrücken,**) er wird sen-
gen und brennen,*') niemanden verschonen,*^) wülhe'n wie
Cinna, rauben und ächten wie Sulla. *^) Sogleich im Anfange
des Krieges wurden in Corfinium und sonst mehrere seiner er-
bittertsten Feinde gefangen genommen und von ihm entlassen.
„Wenn es wahr ist, wenn er mehr Milde beweis't, als man
hoifen durfte, so wird man ihn leidenschaftlich lieben."**) Es
33) Cic. ad Fani. 8, 14. §. 2; Caesari persiiasum est, se salrmn esse
non posse, si ab exercilu recesseril. Obpii §. 38 lin. 34) ad Att. 7, 9.
35) Das. 7, 11. ad Farn. 14, 14. 36) ad AlC. 7, 18. 37) Das. 7,
11. 8, 2. 9, 4. 10, 1. 38) Das. 7, 12. 20. 39) Das. 10, 4. 40) Das.
7, 13. 41) Das. 7, 17. 42) Das. 7, 1«. 43) Das. 7, 17. ad
Farn. 14, 14. 44) ad Att. 7, 13. 45) .id Farn. 14, 18. 16, 12. ad
Alt. 8, 2. 9, 7. 40) ad Att. 7, 12. 47) Das. 7, 7. 22. 48) Das.
8, 13. 9, 13.
XXI. lüLII. (31. §.40.) 417
bestätig'te sich. „Nun fragen die 0])tinia<en sich ilim an, die
Municipien vergöltern ihn; was dieser PIsistratus nicht thut, das
bringen sie ihm in Rechnung, als habe er Pompejus daran ge-
hindert; seine Gnade bezaubert sie, weil sie seine Arglist nicht
ahnden."**) Wie könnte er anders als schändlich handeln?
Sein Leben, seine Sitten, die frühere Zeit, sein jetziges Begin-
nen, seine Gefährten bezeugen es.'") Cäsar kam nach Rom und
achtete nicht. „Dadurch will er sich vorerst bei der Bienge in
Gunst setzen, meint Curio." ") Er muss noch zurückhalten;
Italien hat er erobert, nun treibt ihn seine Herrschsucht, welche
kein Verbrechen scheut, nach Spanien ; ' -) wenn er zurückkommt,
wird er morden, die Reichen plündern, die Verbannten herstel-
len, die Schuldbücher vernichten, die ]^ichts^yürdigen befördern,
ein Röniglhum gründen, welches selbst ein Perser nicht ertragen
könnte;'^) er ist sein eigner grösster Feind; sein Reich kann
kaum ein halbes Jahr bestehen. ' ') Obgleich die Erfahrung Ci-
cero von seinem Irrlhum' überfiihrte, so tauchte doch das Schreck-
bild stets von neuem in ihm auf, die Furcht für sein Haus in
Rom , für die schönen Landgüter und für sein Leben. Man
sagte während der Feldzüge in Aegypten und Vorderasien, Cä-
sar verzeihe Allen, und eben diess erregte den Verdacht, dass
er die Rache verschoben habe;**) auch die Achtung, mit wel-
cher er dann seinen berühmten Zeitgenossen, einen Pompejaner,
behandelte, konnte diesen nicht von seinem W^ahne heilen; er
sah Täuschung darin, und erwartete die Proscriplionen nach dem
africanischen ' ^) und zuletzt noch nach dem zweiten spanischen
Itriege. ")
Indes's mnsste er doch manche Vorzüge an Cäsar anerkennen,
die Cäsarianer traf dagegen nubedingter Tadel. Es verletzte ihn
zu sehr, dass Blänner Einfluss erhielten, welche vorher zum
Theil tief unter ihm standen, dass er, der Retter des Reichs, ge-
nöthigt war, seiner Sicherheit wegen sich um ihre Gunst zu be-
werben, als ein Begnadigter und nur Geduldeter in ihrer Bütte
zu leben. Aber schon vor dem Kriege äusserte er gegen Atti-
49) Das. 8, 16. SO) Das. 9, 2. §. 2. 51) Das. 10, 4. {. 3.
52) Das. §. 1. 53) Das. 10, 8. 54) Das. 1. c. n. 10, 12. 55) Das.
11, 20. 56) ad Farn. 5, 21. 9, 6. 57) ad Alt. 13, 10. 28, ad
Farn. 6, 3.
DruiiMiiB, GcscbichC« Bon» Kl. 27
418 ^XI. lUUI. (31. §.40.)
CHS, alles voruebme und geringe Gesindel werde sich an£ diese
Seite neigen, '') und er fand es später bestätigt, die Freunde
des Herrschers waren ihm der Auswurf der Menscliheit , '') die
Schätze der Bürger und des Staats reichten nicht hin, ihre Be-
dürfnisse und ihre Habsucht zu befriedigen.'") Und nicht bloss
Einzelne schlössen sich an , weil ihnen ein Zufluchtsort gegen
Gläubiger, Hunger, Schande und Strafe erwünscht war,®') son-
dern ganze C'lassen und Völker: die Ritter,'^) welche Cicero in
seinem Consulat dem Senat gewonnen, ^^) und Cäsar in dem sei-
nigen iluu wieder abwendig gemacht hatte;'*) selbst viele Se-
natoren, so das8 der Feind um scheinbar gültige Beschlüsse nicht
verlegen war;'^) die Transpadaner , in der Hoffnung', das Bür-
gerrecht zu erhalten;") die ehemaligen italischen Bundesgenossen,
mn es nicht länger bloss dem Namen nach zu besitzen,") IMu-
nicipien'") und Landbewohner,'') auch aus Furcht vor der Ra-
che der vertriebeneu Partei. Cicero erwälmt diess oft, um sein
Verweilen in Italien nach der Flucht des Pompejns mit dem Bei-
spiele Anderer zu entschuldigen: als Aristocrat fühlte er sich da-
durch empört; er übersah in seinem Zorne oder wollte nicht se-
hen, dass nicht bloss Selbstsüchtige und Verworfene Cäsar folg-
ten, oder doch nicht gegen ihn fochten, sondern Manchen auch
edlere Gründe bestimmten, persöuliche Anhänglichkeit, mochte
sie sich auf Dankbarkeit oder Bewunderung gründen, und selbst
das Verlangen nach einer bessern Regierung, welche Cäsar hof-
fen liess.
Es unterliegt nach dem Allen keinem Zweifel, dass weder
der eine noch der andi-e Theil ausschliesslich als Urheber des
zweiten Bürgerkriegs betrachtet werden darf, welchem Einige
unter den Alten eine Dauer von 20 oder 21 Jahren geben, weil
sie den dritten nicht von ihm unterscheiden. ' °) Sie vei^leichen
58) ad Att. 7, 3. §. 3. 59) Das. 9, 18. 19. 60) Das. 9, 7.
9 ßn. 61) Das. 7, 3. §. 3. 62) Das. 7, 7. f. 5. 63) Cousensns
bononnu, quem ego elleceraiii. ad Fajju 5, 21. 64) Oben §. 13. A. 4 f.
65) Caes. B. C. 1 , 32. Cic. ad Farn. 4, 1. Suel. 34. Dio 41, 15. Flor. 4,
2. §. 5: Totos senants in parlibus. 66) Cic. ad Fam. 16, 12. ad Atl.
7, 7. §. 5. Tgl. 5, 2 IIa. n. hier }. 36. A. 24. 67) 2. Th. 582. A. 25.
68) ad Att. 8, 13. 16. 60) Das. 7, 7. J. 5. vgl. 8, 13. 70) Lir.
133. VeUej. 2, 48. §. 3.
XXI. lULII. (3l.§, 41.) 419
ihu auch mit dem ersten, um zu zeigen, dass der spätere weit
mehr Menschen weggerafft habe;'') so wenig diess gelüiignet
werden kann , so beruht doch die Berechnung bei Plutarch und
bei den Schriftstellern, welche seine Nachiicht wiederholen, auf
einer falschen Ansicht.'^)
§ 41.
(a. 49.) Cäsar erfuhr in Kavenna'^) die letzten Beschlüsse
des Senats; seine Anträge waren nicht angenommen, und Anto-
nius und Q, Cassius, welche sie unterstützten, aus der Curie
verwiesen. ' *) Er wandte sich an seine Truppen , eröffnete ih-
nen, was ihm gemeldet war, beklagte sich über die Ungerech-
tigkeit seiner Feinde , über den Neid des Pompejus und über die
Verhöhnung der Tribüne, und legte sein Schicksal und seine Ehre
in ihre Haud. Nur die dreizehnte Legion war um ihn versam-
melt,^') die übrigen standen noch jenseits der Alpen; mit Be-
geisterung erkliü-le sie sich bereit, ihn und die Tribüne zn rä-
chen. Seine geringe Blacht war kein Hinderniss für ihn; sie be-
wies scheinbar, dass der Krieg ihn üben-aschle; er aber wollte
selbst überraschen, durch seine Kühnheit und Schnelligkeit be-
täuben, damit die Gegner mit den grösseren Streitkräften, über
welche sie für den Augenblick verfügten, nichts dachten und wag-
ten, als eilige Flucht.'^) Ohne Verzug überschritt er den klei-
nen Fluss Kubicon, die Gränze seiner Provinz. Q. Hortensius
gieng insgeheim mit einigen Cohorten voraus, um Aiüminum, die
erste italische Stadt, durch Ueberfall zu nehmen,") und eben so
71) Flor. 4, 2. §. 2: Snllana tempestas latius, intra Italiam tarnen de-
tonaerat. Der Vf. dachte also nicht au die Feldziige in Afrika nud Spa-
nien, Tvöhin man die Marianer verfolgte. 72) Plut. Caes. 55. App. 2,
492. Zouar. 10, 10. S. nnten §. 61. A. 86 f. 73) Caes. B. C. I, S.
74) Oben {. 39. 75) Caes. I, 7. IZ 5000 Mann zn Fuss n. 300 Renter.
Plnt. Caes. 32. Pomp. 60. App. 2, 449. 76) Plut. Caes. 32. Cicero er-
staunte; ad Att. 8,9: Hoc t^q«; horribili -vigilantia, celerifate, diligentia
est; plane, quid futurum sit, nescio. D.is. 8, 14: Eo modo ambulat Cae-
sar, et iis diariis militnm celeritatem incilat, nt timeain etc. Das. 9, 18:
Midtiim \igilat, andet: nnllum video finem mali. 77) Cnes. 1, 8. Snel.
31. Plut. Caes. 32. App. 2, 449. Dio 41, 4. Vgl. Cic. 6 Phil. 3. 7, 9.
Hortensü No. 10. A. 6.
27*
420 XXI. lULII. (31. §.41.)
unbemerkt entfemfe sieh Cäsar ans Bavenua, wo er FecHterspie-
len beiwolinfe, und am Abend ein Gastmal gab, um keinen Ver-
dacht zu erregen. Leicht war ein Verwand ersonnen, unter wel-
chem er nach Sonnen - Untergang die Gesellschaft Terliess , und
nach und nach folgten ihm seine Vertrauten. Am Rubicon ver-
sank er angeblich in tiefes Nachdenken; er äusserte gegen Asi-
nius Pollio und die übrigen Begleiter: noch können wir zurück-
kehren, Jenseits der Brücke erwartet uns der Krieg. Da erblickte
man eine hohe Gestalt, welche auf einem Rohre blies, plötzlich
aber einem Soldaten die Tuba enfriss, mit lautem Schalle das
Zeichen zum Aufbruch' gab , und voranschwebte auf das andre
Ufer. Wohlan denn, rief Cäsar, die Götter wollen es, die Feinde
fordern uns, der Würfel sei geworfen.''*) Er selbst und meh-
rere andere Schriftsteller erwähnen diess nicht; '°) Asinius Pol-
lio mag die Erzählung in seine Geschichte des Bürgerkriegs auf-
genommen, und sie erdichtet oder doch ausgeschmückt haben.*")
Was jetzt geschah, war längst beschlossen, und es ist völlig nn-
gereirat, den Imperator bei der Ausführung schwanken oder er-
schrecken zu lassen ; sogar Plutarch, welcher seine kurzen Aensse-
rnngen, wenn er sich überhaupt äusserte, in eine Unterredung
verwandelt, muss diess bei einer andern Gelegenheit zugeben; ")
aber ein Gaukelspiel, wodurch er das Heer von seinem Wider-
willen gegen einen solchen Krieg überzeugen und es zugleidi er-
muthigen wollte, ist wenigstens nicht undenkbar, und dann wa-
ren seine letzten Worte nicht griechische. ' -) Einer Anzahl
Pferde, deren er sich in Gallien bedient hatte, gab er die Frei-
heit ; er weihte sie keinem Gotte , sondern sie sollten unter Pflege
und Obhut nun ruhen. *^) Dass gerade ein Comet am Himmel
stand, machte ihn nicht verlegen.*'')
Nach dem Uebergange über den Flnss war er noch vor Ta-
J8) Saeton. 31. 32. Plnt. Caes. 32. Pemp. 60. App. 1. c. Zonar. 10, 7,
Lncan. 1, 183 1. 79) Caes. 1, 8. Vellej. 2. 49. Dio 41, 4. 80) 2.
Th. S. 12. A. 78. 81) riut. Anton. 6. 82) Ders. Pomp. 60.
83) Suet. 81. Kurz vor seinem Tode nahmen sie nach der Sage keine
Kahrung; diess konnte man nicht einmal ersinnen, -nenn sie mcht nntcr
Aufsicht standen und beobachtet wurden, ■welches Sveton in dem Znsatze
vagos et sine cnstode dimiseral zu läugoen scheint. 84) Lucan. 1, 526.
PÜn. 2, 23 (26).
XXL lüLII. (31. §.41.) 421
g'esaubrucL in Ärimlanm, '„nm mit einigen CoLorten clie Welt
anzagreifen" '*) und „für Land und Bleer das Kriegsflior zu öif-
nen." ' *) Die Tribüne BI. Antonius und Q. Cassius, weldie Lier
mit C. Ciirio und AI. Coelias zu ilim kamen , mussten die Ge-
rechtigkeit seiner SacLe noch einmal recht augenfällig' machen. In
der kläglichen Gestalt von Vertriebenen flehten die Unverletzli-
chen um seineu Schutz;*^) „Helena entzündete den trojanischen,
Antonius den römischen Bürgerkrieg."**) Schon ihr Anblick
forderte zur Rache auf, und als sie gesprochen halten, nahm
Cäsar das Wort ; weinend zerriss er seine Kleider und beschwur
die .Soldaten, ihn und die Republik nicht zu verlassen,* 8) wo-
mit er zugleich Alles für ungültig erklärte, was nach der Abreise
der Tribüne in Rom verhandelt war. ^'') Man sagte sich, er habe
die linke Hand erhoben und betheuert, selbst seinen Ring wolle
er daran setzen , um seine Anhänger zu belohnen , und diess sei
von den Fernstehenden so gedeutet, als habe er ihnen einen
goldnen Ring und 400,000 Sestertien verheissen, das Zeichen
und Erforderniss der Ritterwürde. ^ ') Den Sold hatte er den
Legionen schon früher für immer verdoppelt.^')
Ein Thfeil der Trupi)en im jenseitigen Gallien erhielt Befehl,
die Winterquartiere zu verlassen, und zu ihmzu stossen, ^^) Vor-
erst war Pompejus stärker,'*) denn ausser den beiden Legio-
nen, welche Cäsar geschickt hatte, standen viele seiner Vetera-
nen und auch schon Neugeworbene unter den W^atfen ; aber stets
vermochte er nur mit grossen Ivriiften Grosses zu leisten, den
Truppen aus den feindlichen Reihen vertraute er nicht , und die
Aushebung erfolgte langsam und za spät: er bedurfte Zeit. Da
nun der Anh-air des L. Piso und des Prätor L. Roscius Faba-
85) LiT. bei Gros. 6, IS. 86) Plnt. Caes. 33. Coes. 1, 8. Cic. ad
Fani. 16, 12. Lir. 109. VeUej. 2, 49 J. S. Snel. 33. Luc. 1, 231. Flor.
4, 2. §. 19. Eutrop. 6, 19 (16). Plut. Caes. 32. Pomp. 60. Antoo. 6.
App. 2, 449. Dio 41, 4. Zon.->r. 10, 7. 87) Oben §. 39. A. 66.
88) Cicero bei Plut. Anton. 6. vgl. Cic. 2 PIül. 22. 28. 29. .nil Alt. 7, 9.
89) Suet. 33. Luc.m. 1, 299 t. 90) Cic. .id Alt. 11, 7. Auch die
Schriftsteller, welche seiner Zweifel am Ufer des RuJticon gedenken, Ter-
kennen hier das Veranstaltete mclit. Plnt. Caes. 31. Gros. 1. c. Uiouys.
II. 8, 87. 91) Sne«. 1. c. 92) üers. 2C. >j;l. Plul. Caes. 17.
93) Caes. 1,8. Plul. Caes. 32. KeJueswegs das gau»o Ueor. Caes, 1, 37.
94) Plnt. Caes. S3.
422 XXI. lüLII. (31. §.41.)
lus, einen Vergleich zu sliften, und jede Einig-img' von der Kriegs-
partei im Senat verworfen war, 5') so liess er aus eigner MacLt-
fiille durch üoscius «nd L. Cäsar den Jiing-ern, einen Verwand-
ten seines Nebenbuhlers,'^) in Ariminum unterhandeln. Sie
mussten versichern, dass nicht persönliche Feindschaft, sondern
nur die Rücksicht auf den Staat ihn bestimme, welcher ihm hei-
liger sei, als jedes Privatverhältniss, und Cäsar auffordern, seiner
Pflichten gegen das Vaterland ebenfalls eingedenk zu sein, und
den Hass gegen seini? Feinde zu beschwichtigen.") Demnach
sollte er Italien räumen, obgleich das Nähere nicht erwähnt wird.^ ')
In der Erwiederung bezeugte er gleichen Eifer fiis das allgemeine
Beste; nicht weniger als der Gegner wünsche er die Erhaltung
des Friedens , man versage ihm aber das Cousulat ; man fordere
persönliche Bewerbung, wodurch seine Statthalterschaft um ein
Laibes Jahr verkürzt werde; man verlange von ihm, dass er das
Heer entlasse, und in ganz Italien werde geworben, sogar die
beiden Legionen , welche man ihm entzogen habe , verstärken
das neu errichtete Heer. DocL, Pompejus möge jetzt noch in seine
Provinzen gehen und die Rüstungen in Italien ehistellen , damit
Volk und Senat in freier Berathung über die streitigen Angele-
genheilen entscheiden können; dann wolle er das jenseitige Gal-
lien L. Domitius, das diesseitige Considius Nonianus übergeben,")
und in Rom unter den Caudidaten sich einfinden; eine Unterre-
dung werde am schnellsten zum Ziele führen. '°°) Am 25. Ja-
nuar Wcir Lucius Cäsar auf der Rückreise zu Älinturnä, wo Ci-
cero ihn sah. Dieser hielt die Forderungen für so abgeschmackt
und unverschämt, dass er glaubte, der Ueberbringer, welcher
ihm ohnehin für ein so wichtiges Geschäft schlecht gewählt zu
sein schien, habe für Auftrag genommen, was nur gelegentlich
im Gespräch geäussert sei,') zumal da er nichts Schriftliches auf-
zeigen konnte. ^)
95) Obea §. 39. A. 62. 96) Obea No. 23. 97) Caes. 1 , 8. Dio
41 , 5. 98) Caes. 1. c. Is (L. Caesar) reliqno sermone confecto , ciiins
rei causa veneral. 99) Oben §. 39. A. 79. 80. 100) Caes. 1, 9. Cic.
od Fani. 16, 12. Dio 41, S. Unten §. 43. A. 35. 1) ad Alt. 7, 13.
5 6. 7, 17. 2) Das. 9, 15. §. 1. Tiiuslall ep. nd JliJdlet. \>. 149. 150
folgert daraus, jener Verdaclit-niöge gegründet gewesen sein, und doch er-
hellt aus Cäsars Commentaron das (> "gentheil.
XXI. lULH. (31. §.41.) 423
Lucius eiTcIcLte Poiupejus und die Coiisuln an demselben
Tag;e zu Teanuiu Sidiciuum. ^) Sie genelimigten Alles j') nur
Faronius schrie am 27. iu einer RatLsrersammlung za Capua,
man müsse keine Ciesetze anneLmen ; er wurde selbst von Cato
uic'Lt unterstützt, "svelcLer sich nur vorbehielt, bei den weiteren
Verhandlungen iu der Curie gegeuwiirtig' zu sein, ^) Jedoch
machte man die Bedingung, dass Cäsar seine Besatzungen aus
den italischen Städten sogleich zurückziehe, dann AvoUe man nach
Rom zurückkehren, und, wie er wünsche, die Entscheidung dem
Senat überlassen. ^) So hoffte Cicero den Frieden wenigstens
vorerst erhalfen zu sehen ; der Eine, meinte er, werde seine Ver-
wegenheit bereuen , und der Andre begreifen , dass man ohne
Truppen nicht fechten könne;') jener müsse wahnsinnig sein,
wenn er sich nicht füge; durch die Bewilligung des zweiten
Consulats sei ihm der Sieg zugestanden, und ein Sieg ohue Ver-
brechen. ^) Es verletzte ihn iudess, dass man nicht durch ihn
unterhandelte, an sich, und weil er unter diesem Verwände par-
teilos bleiben -wollte, dass sogar Sextius , welchem nach seinem
Urtheile die Beiiihigung dazu gänzlich abgieng-, jene Antwort an
Cäsar, eine so wichtige öffentliche Urkunde, abfassen musste. ')
Sie vsTirde dem Volke in Rom vorgelesen, dessen Beifall sie er-
hielt , ' ") lind Lucius Cäsar beförderte sie in das feindliche La-
ger. ' ') Hier veranlasste sie neue Beschw'erden , obgleich fast
nur die eignen Bedingungen des Ini])erator darin wiederholt wur-
den:'^) ihm gebiete man, in die Proviuz zurückzukehren, und
Pompejus bleibe in Italien, er bestimme nicht einmal die Zeit,
wann er nach Spanien abgehen wolle, und fixhre fort, zu rüsten,
ohne den Vorschlag in Betreif der Zusammenkunft auch nur der
Beachtung zu w^ürdigen. ' ') In der That war er iu diesem
Augenblicke mit der Aushebung beschäftigt;") aber auch Cäsar
3) ad Att. 7, 14. Tgl. 7, 13 fin. Nicht jq Capiia. Caes. 1, 10.
4) ad Att. 7, 14. 17. ad Fam. 16, 12. 5) ad Att. 7, 15. 6) Caes.
1, 10. Cic. ad Au. 7, 14. 15. ad Fam. 16, 12. 7) Die Kiiegsmacht
des Pompejus Iiielt ei' bald für sehr gross, bald für nnzureichend. S. nnlen.
8) ad Alt. 7, 14. 15. 17. 9) Das. 7, 17. • 10) D.iv. 7, 18. §. 2.
8,9 11) Caes. 1, 10. Cic. ad All. 7, 16. 17. 18. 19. Dio 41, 5 Cm.
12) ad Ati. 7, 19. 13) Caes. 1, II. 14) ad Att. 7, 16. nd Faiu.
lü, 12.
424 XXI. lüLn. (31. §.41.)
ruhte nicLt; er besetzte einen Platz nacL dem andern,") wo-
durcli er Pompejus schon vor deu letzten Uuterliandlung^en ans
Rom verscheucht halte.
Die Nachricht von seinem Einfall' in Italien vei-breitete dort
die grö'sste Bestürzung'. Man glaubte, er komme mit dem ganzen
Heere, mit Galliern und Germauiern, ■«eiche er zu Henkern sei-
ner Mitbürger ersehen habe , um ein zweites Blordfest des Ma-
rius zu feiern. ' ^) Daher das Flüchten vom Lande in die Stadt,
aus der Stadt auf das Land, gleich einer Völkerwanderung, und
das Entsetzen, als raub- und blutgieriges Gesindel sich herbei-
drängte, um seine Erndfe zu halten. Die Parteiwnlh entfesselte
sich; die Hefen der Menge stiegen empor, und Blick und Miene
verrieth, wie man zu handeln gedenke. Nun sollte Pompejus
helfen ; die Consuln und der Senat bestürmten ihn Tor den Tho-
ren mit falschen oder übertriebenen Berichten von der Macht und
Nähe des Feindes , mit verdienten und unverdienten Vorwürfen,
und nahmen dadurch dem tief erschütterten, was ihm an Beson-
nenheit noch übrig war.'') ^Vie ein Schulknabe niusste er sich
vor denen rechtfertigen , deren wilde Kampflust im Bunde mit
seiner stolzen Sicherheit es dahin hatte kommen lassen. Wo ist
nun das Heer, fragte L. Volcatius TuUus, mit welchem du Cä-
sar entgegen gehen wolltest? Stampfe es aus der Erde, rief Fa-
Tonius. Kleinlaut erwiederte er : ausser den beiden Legionen aus
Gallien hoffe er in kurzem 30,000 Mann aufzustellen; so sind
wir getäuscht, unterbrach ihn Volcatius, wir müssen um Frieden
bitten , und C«to erinnerte daran , dass er während des unheil-
vollen Triumvirats'^) Alles vorausgesagt habe, welches mit der
Bemerkung zugegeben wurde: Da bist ein nur zu guter Seher,
und ich bin ein nur zu treuer Freund gewesen. ' s) Indess konnte
man in Rom, und wie Pompejus einsah, auch in Italien sich
nicht behaupten. Das Letzte durfte jener jedoch nicht gestehen.
15) ad Au, 7, 14. 17: Debnit esse panllo qiüctior, dam responsa re-
ferrentnr; dicitnr antem nunc esse acerrimns. Das. 7, 18: Caesarem qui-
dcm, !■. Caesare cum ranndatis de pace misso , tarnen ainnt acerrime de-
lectum habere, loca occnpare, ■vincire praesidiis, O perdittim lalronem!
16) ad Att. 7, 13. §. 3. 17) Kihil timidins, nihil pertiirbatins. Das. I. c.
J. 2. 18) Decem annomm peccata. Das. I. c. 19) Flntarch. Pomp.
60. 61. Caes, 33. Calo 52. App. 2, 449. 450. Oros. 6, 15. Zouar. 10, 7.
XXI. lüLII. (3l.§.4l.) 425
Er veranlasste einen SenatsbescLIuss , nach ■welcliem der Si(z der
Kegierang nach Capua verlegt werden , und jeder Senator, Ritter
und Beamter bei Strafe, fiir einen Anhänger des Feindes zu
gelten , ihr dahin folgen sollte. Ein Schreiben, worin Cicero ihn
warnte, Rom preis zu geben,'"') machte keinen Eindruck, weil
Ciisar im erforderlichen Falle alle Truppen über die Alpen her-
beirufen konnte, ehe er die Aushebung- beendigte. Er gieng spät
am Abend nach Capua,*') nicht um iu diesem Theile der Halb-
insel den Krieg zu führen, ^^) und noch weniger am Tage der
Schlacht bei Munda, -^) sondern im Anfange der zweiten Hälfte
des Januar.'*) Die Cousuln entfernten sich am andern Bloi-gen
mit dem grössten Theile der Senatoren und übrigen Opfimaten,
unter welchen auch Piso sich befand, dessen Flucht seinen Schwie-
gersohn, Cäsar, zu verdammen schien.'*) Sie opferten nicht,
wie es vor dem Feldzuge geschehen musste,-^) und Lenfulus*
welcher sich noch lange nachher von seinem Schrecken nicht er-
holen konnte, verschloss zwar den heiligen Schatz, obgleich Cä-
sar zu seiner eignen Entschuldigung das Gegentheil sagt, er be-
dachte aber nicht, „dass die Axt den Schlüssel entbehrlich macht,"- ')
und auch die Weihgeschenke in dön Tempeln wurden vergessen,
weil nach einem falschen Gerüchte die feindlichen Reuter sich
schon vor dem Thore zeigten.")
Plutarch vergleicht Rom mit einem Schilfe ohne Steuermann,' ')
und Dio schildert in einer fast dichterischen Sprache den trostlo-
sen Zustand der Abgehenden und der Bleibenden. ^ ") Am mei-
sten war Cicero über diese Blassregel erbittert, obgleich er schon
20) ad Att. 8, 1. n. II. D: Mea quae semper fnerit sententia, pri-
mnm de pace Tel iniqiia coiidilione retineiida, deinde de urbe (najii de Ita-
lia qiiidem nihil milii ninqnam ostenderas) meminisse te arbitror. 21) Caes.
1, 14. 33. Cic. ad Att. 7, 10. Vellej. 2, 49, Suet. 75. Incan. 1, 522.
Entrop. 6, 19 (16). Oros. 6, IS. Dio 41, 6. Plntarcli. II. cc. u. Cic. 37.
App. 2, 450. Zonar. I. c. 22) Dio I. c. Lncan. 2, 394. 23) Pliit.
Caes. 56. Oios. 6, 16 fin. unten §. 62. A. 95. 24) Diess erhellt aus
Ciceros Briefen. S. unten §. 42. A. 44 f. 25) ad Farn. 14, 14. ad All.
7, 13. 26) Plnt. Caes. 34. Pomp. 61, Unten {. 46. A. 89. 27) ad
Alt. 7, 12. 8, 3. §. 2. Caes. 1, 14. Dio 41, 6. 17. Unten §. 42. A. 70.
28) Caes. 1. c. Dio 41, 6. Unten §. 46. A. 79. 29) Caes. 34.
30) 41 , 7. 8,
426 XXI. lULlI. (31. §.41.)
im vorig:«! Jalire an ihre Möglichkeit gedacLt Lafte; ^ ') er konnte
kaum Ausdrücke finden, ihre Verkehrtheit zu schildern,*^) uqd
Poinpejus, vor kui-zem in seinen Augen der grösste unter den
Feldherrn, war nun unter allen der schlechteste.^^) Jener
äusserte, die Republik bestehe nicht ;n Wänden und lilaueru ;
er handle wie Themistocles; Cicero wollte dagegen, man solle
Heerd und Altar nicht verlassen. *') Die Räumung der Haupt-
stadt brachte allerdings nicht geringen Nachtheil; sie v^ar eine
Niederlage vor dem Kriege und deshalb um so schimpUicher, ein
Geständniss, dass man nicht einmal zu rüsten wisse, oder nicht
IMuth genug habe, sicli mit dem Gegner zu messen, uud nach
der Verfassung konnte der .Senat fern von Rom nichts Gültiges
beschliessen , uud das \ olk , wie viele Bürger auch in den La-
gern waren, keine neue, der Aristocratie ergebene Blagistrate
wählen;^*) selbst die Hoffnung, dass der Feind in einer Stadt
ohne Senat und Consuln in Betreff der öffentlichen Handlungen
in Verlegenheit sein werde, wurde nicht erfüllt ;^^; aber davon
abgesehen, dass Cicero an Altar und Heerd sich vergebens er-
warten Hess, und die politische Wichtigkeit Roms überschätzte,
weil er hier allein als Redner und Sachwedter zu glänzen ver-
31) ad Att. 7, 9. 32) Das. 7, 10: Amentissimnm consiliam. Stnlte
omnia et incaute. Das. 7, II. {• 2: Per fortunas! qnale tibi consiliiua
Pompeü Tidetur? Hoc quaero , qiiod nrbem reliquerit. Das. 7, 12: Tarn
nnllo consilio, ant tarn contra meum coasiLium gesta esse omnJa! Das. 7
21 : Nisi omnia esseut acta tnrpissime. Das, 8 , 1 : Iniitus in eam cansam
descendo, in qua neque pacis, neque victoriae ratio quaesita sit njnquam,
sed semper flagitiosae et calamitosae fngae. Dos. 8, 13: Id quantis nostris
peccatis viliisque evenerit, non possiuu sine noleslia cogitare. 33) ad
Att. 7, 13. J. 2: Dux quam ((ffrouiijj'ijioj, tu qnoqne aoijnadTertis. Das.
7, 21: Cnens noster (o rem miseram et incredibilem) ut totos jacet ! non
animns est, non consilium, non copiae, non diligentia. Alitto iljam lugain
ai> lU'be turpissimam. Das. S , 2 : Alibi nihil ulia in gente iimqnam , ab
«Uo auctore reip. ac duce turpius factum esse \idetur, quam a nosiro amico
factum est, qui nrbem reliqiüt , id est patriam, pro qua et in qua mori
praeclaram fuit. Das. 8 , 3 : Nihil actiuu est a Tompeio noslro sapienter,
nihil fortiter; addo etiam, nihil nisi coatra consilium auctoritatemqne meam.
Das. 8,8: O rem turpem et Ca re miseiam — urbem reliqneral. Das. 8,
16 : (Pomp.) (^>iiem ego hominem uthjXit ly-iuiciof omiiium iam nuto cogno-
ram, niinc vero eliam i'iiiTni;i)j)ixioiciiüP' 3i) ad All. 7, 11, \. 2. 10,
ö. App. 2. 440. 35) Uiü 41, 43. 36) .id Alt. 9, 15.
XXI. lULII. (31. §.41.) 427
mochte, zeiijt es von -weni^eui Urtlieil', dass er jetzt erst tadelte
nnd klag:te, als man für die frühere Verblendung' büsste.
Aus mehreren Gründen konnte Pompejus nicht sofort auch
Italien aufgaben; er musste durch seine Anstallen darauf vorbe-
reiten nnd bei Brnndusiimi eine Flotte zusammen ziehen; auch
hoffte er in der Zwischenzeit seine Sfreilkrüfte zu vermehren.
Während er durch L. Cäsar unterhandelte, vsarb er unter den
Colonisten in Campanien, -welche zum Theil iu Asien in seinem
Heere gedient und in Folge des julischen Ackergesetzes vom J.
59 Ländereien erhalten hatten, aber wenig Neigung zeigten, sich
von neuem zu bewaffnen.^') Dazu kam, dass Cicero sich des
Auftrags, in dieser Gegend zn rüsten,^") auch nicht einmal zum
Schein entledigte,*^) um nicht bei Cäsar zu Verstössen. Diesen
Grund gesteht er freilich nicht, sondern er übernahm nach sei-
nen Briefen Capua wider ^Villen, weil er bei der Stimmung der
Einwohner, nnd ohne Truppen und Geld, keinen Erfolg davon
erwartete, nnd sich überzeugte, dass der Oberfeldherr nur anf
die Flucht bedacht war.*") Daher spricht er in der falschen
Voraussetzung, dass Andere, besonders die Consuln, mehr thun
werden, von grossen Trnppen -Massen, nnd dann wieder, wenn
er sah, wie wenig man Pompejus nn'erstiitzte, aufweichen alle
Schuld und Verantwortlichkeit gewälzt wurde, von gänzlicher
M ehrlosigkeil. ") Er wollte nicht kämpfen, sondern mit beiden
Theilen in gutem A'^ernehmen bleiben, und trug kein Bedenken,
Cäsar, dem Feinde, kurz aber freundlich zu antworten, als die-
ser ihm seine Gladiatoren in Capua empfahl.*') Der Consnl
37) Caes. 1, 14. Cic. ad Att. 7, 14. {. 1. Hier §. 12 fin. 38) Oben
5. 39. A. 72. ad Alt. 1, c. Me PompeiDS Capnam venire voluit et adiiivare
delectum. 39) ad Att. 7, 23 : Tota Capna, et omnis hie delectus iacet.
Pas. 8, 3. §.2: Itacpie habui nihil omnino negotii. 40) Das 8, 3. §. 2.
8, 11. D. Brief an Pompejns : tjnod qnidem tibi ostenderam, qnum a lue
Capnam reiiciebani etc. Das. 8, 12 in.: Naiu certe neque tum peccavi,
quam imparatam iam Capnam etc. 41) ad Fam. 16, 12. §. 1: Delectas
in.ignas babebamns. ad Att. 7, 13. §, 2; Delectns adhnc qnidem invitornm
est et a pugnanda abborrentiiun. Das. 7, 14: Pantm prolixe respondent
Canipani coloni. Das. 7, 2! : Haec, Capnae dnm fui, cognovi, nihil in con-
sulibns, nulluni nsquam delectum. Das. 8, 3. §. 2 : Alultitndo et inflmns
quisque propensns in alteram petlem, muUi uutationis rerum cupidi.
42j ad Alt. 8,2.
428 XXI. lULII. (31. §.42.)
JLentiiliis La((e sie in seiner Bestiii-zunj unter der Zaaage der
Freiheit zu den Waffen gerufen, und Poinpejus die Verfügung
aufg-eLoben, weil man Sclayen, zumal so verdäcütig-e , ung'ern
im Heere sali, und je zwei den Bürgern zur Bewathonj^ über-
geben. *^)
§ 42.
(a, 49.) Nach dem Rückzuge Ton Rom traf Cicero am 19.
Januar mit Pompejos zusammen. Er fand ihn von Furcht und
Sorgen gebeugt, ''') und in gleicher Stimmung sah er am 23. den
Consul L. Lenlulus in Formiä. **) Zwei Tage später war er
in Minturnä , wo L. Cäsar ihn besuchte, als er von der ersten
Gesandtschafts -Reise zu Cäsar zurückkam.*'^) Man wusste jetzt
schon allgemein, dass dessen Legat, T. Labienus, sich für die
senatorische Partei erklärt hafte,*') und hoffte, er werde viele
Andere nach sich ziehen, „ein grosser IMann, ein Heros," wel-
cher durch den Abfall das Unternehmen des Imperator verdamm-
te, ") und Pompejus, bei welchem er am 24. Januar zu Tea-
num Sidicinum in Campanien anlangte,*^) durch die Nachricht
von den geringen Streitkräften des Feindes ermudiigte.'") Blochte
er die Treulosigkeit gegen seinen Wohllhäler mit den höhereu
PHichteu gegen das Vaterland entschuldigen, obgleich man nach
Cicero fragen konnte, welcher Theil es vertrete, so wurde Cäsar
doch nicht dadurch gekränkt uud in Verlegenheit gesetzt, wie
man glaubte; er hatte den Legaten laugst durchschaut, und war
grossmüthig genug, ihm Geld und Gepäck nachzuschicken;*')
Labienus aber bewährte sich nicht ; der Ueberläufer verlor mit
der Ehre den sittlichen Muth, und man empiieng ihn gern, aber
43) Nur Ciisar 1 , 14 gedenkt der Absicht , sie zn bewaffnen ; Ciroro
erzählt ad Att. 7, 14, wo die Angabe der Zahl an! einer nnsichcru Lesart
beruht, man habe gefürchtet, sie werden dnrchbrechen ; diese Besorgniss
konnte entstehen , als Hoffnungen in ihnen erregt und nicht erfüllt waren.
44) ad Att. 9, 10. 45) Das. 7, 12. 46) ad Fam. 14, 14. ad Ati.
7, 13. {. 6. Oben §. 41. A. 1. 47) Oben §. 37 im. ad Att. 7, 11. 12.
ad Fam. I. c. 48) ad Farn. 16, 12. ad Att. 7, 13. §. 1. 49) ad Alt.
L c. §. 7. 50) Vai. 7. 16. vgl. Dio 41 , 4. Flut. Poiui>. 64. Caes. 34.
51) ad Att. 7, 13. §. 7. l'Iut. Caes. I. c. Obea §. 37 Cu.
XXI, lULIIi (31. §.42.) 429
oline Vertrauen.*') In Teannm kam am 25. ancli L. Cäsar zn
Ponipejus nnd den Consnln,^^) und diese reis'ten dann weiter
nach Capua. Der Proconsul gieng dagegen mit Labienns nach
der Ostküste, nach Larinum im Frentanischen; '*) er schrieb
Cicero, dass er bald ein zahlreiches Heer haben, und das Pice-
nische besetzen werde, dann könne der Senat gefahrlos nacb
Rom zurückkehren;") in der That aber näherte er sich ßrun-
dusium, um dem Feinde auszuweichen, und sich zur Einschiffung
vorzubereiten; auch standen seine Gehörten zum Theil schon in
Apulien. *®) Eine lange Zeit blieben seine j\.bsichten unbekannt ;
Cicero glaubte , er werde seine Legionen in Spanien aufsuchen ;
dann wurde er Avieder zweifelhaft, nur gelaugte er immer mehr
zn der Gewissheit, dass gegen seinen Ratii Italien nicht zum
Kampfplätze bestimmt sei.*') Das stete Vordringen Cäsars
brachte Pompejus der Rüste immer näher. Gegen die Blittc des
Februar lud er Cicero ohne Erfolg nach Luceria ein, in sein La-
ger, wo er sicher sein werde; „einen Ort also hatte er gewählt,
welchen er nicht halten konnte, Apulien, ein Land, welches un-
ter allen in Italien die wenigsten Hülfsmittel bot, aber freilich
am günstigsten lag, wenn mau zur See entfliehen wollte.""*)
Er schickte Scipio mit zwei Cohorten nach Brundusium voraus ; * *)
auf demselben Wege kam er nach Canusinm, und erliess hier
am 20. Februar eine Aufforderung an Cicero, so schnell als mög-
lich bei ihm einzutreffen.*") Am 22. war er selbst in Brun-
dusium;*') alle Truppen - Theile sollten ohne Verzug zu ihm
stossen. *^)
Aber er fand nirgends Gehorsam und Unterstützung. Die
Consuln hatten sich am 25. Januar zu Teanuni von ihm getrennt,
um nach Capua zu reisen, und die öffentlichen Angelegenheiten
52) ad Att, 8,2: In Labieno pnrnm est dignitatis. Lncan. 5, 345:
Fortis in armis Caesareis Lahienus erat : nunc transfnga "vilis cum dnce
praelato terras atqne aequora lastrat. 53) ad Att. 7, 14. Oben §. 41,
A. 3. 54) ad Att. 7, 13. §.7, 7, 15. 55) Das. 7, 16. -»gl. 7, 15 ßn.
56) Lucan. 2, 608. Cic. ad Att. 7, 12. 57) ad Att. 1. c. 7, 17. }. 2.
7, 20. 8, I. 58) Das. 8, 1. S, 3. §. 2. 8, 11. A. App. 2, 451.
59) ad Alt. 8, 3. §. 3. 60) Das. 8, 11. D. vgl. 8, 9 fin. 61) Das.
8, 14. 9, 1. Caes. 1, 24. Vellej. 2, 50. Plui. romp. 62. Caes. 35. App.
1. c. Dio 41, 11. 62) ad Alt. S, 12. A — D.
43Ö XXI. lüLlI. (31. §.42.)
ztt besprecLen, wälirend Cäsar Landelle. *^) Sie berietlien sidr
dort am 27. mit Cicero und mit vielen anderen Senatoren.**)
Auf den 5. Februar setzten sie eine iiene Versanimlnng' an , za
TvelcLer Cicero ebenfalls von seinem Formianum nach der .Stadt
kam. ^') Lenlalus erschien spät, und sein Colleg-e Marcelhts
Wurde vergebens erwartet ; Beide aber waren gleich iinthätig', und
nicht minder Cicero, ^velcher sie bei Atticns anklagte,^*) auf
seine Güter zuriickgieng, zu seiner .Sichernng fiir den Fall der
Proscriptionen mit seinem Schwiegersohne Dolabella, mit Balbas
und anderen Freunden Cäsars Briefe wechselte, diesen durch
Trebatius wissen liess, er sei anf seinen Villen, und werbe we-
der Truppen, noch befasse er sich mit einem andern öffentlichen
Geschäfte,®') und Pompejus meldete, T. Ampius betreibe die
Aushebung in Campauien mit grossem Eifer , und auch Scribo-
nius Libo, welcher die Neuge-worbenen in Empfang nehme, lasse
es nicht daran fehlen. *8) Der V.Tribun C. Cassins''^) über-
brachte am 7. Februar den Consuln ein Schreiben des Pompejus,
wrorin er ihnen auftrug, das Geld aus dem heiligen Schatze in
Rom zu holen, und die .Stadt sogleich wieder zu verlassen;'")
Lentulus erwiederte, er möge zuvor Rom dadurch decken, dass
er das Picenische besetze; nur Cicero wnsste, und zwar durch
Mittheilungen des Dolabella, dass jene Gegend schon vom Feinde
überschwemmt war, und erklärte deshalb gegen Atticus die Zu-
muthung, jetzt nach der Hauptstadt zu gehen, fiir ungereimt. Bis
dahin rechnete man noch einigermasseu auf die Truppen, mit wel-
chen L. Domitius zu Corfinium stand; die Gutgesinnten auf deW'
Formianum athmeten freier, als sie am 9. Februar aus einem
Briefe des Philotimus ersahen, dass jener ein starkes Heer habe;' ')
allein Domilius war im Gedränge; die Consuln erfuhren diess
durch Pompejus selbst, welcher am 17. sie mit ihrer ganzen
Mannschaft zu sich entbot; nur in Capua sollte eine Besatzung
bleiben. '^) Seine Befehle widersprachen sich, und um so we-
niger wurden sie ausgeführt; in einem andern Schreiben, woriu
63) Das. 7, 14. 64) Pas. 7, 15. 65) Das. 7, 18. §. 1. 7, 20.
66) Das. 7, 21. 67) Das. 7, 17. 68) Das. 8, 11. 15. Unten A. 81.
69) 2. Th, 121. A. 37. 70) ad Att. 7, 21. Hier §. 41. A. 27. u. J. 43.
A. 88. 71) ad Att. 7, 23 in. 72) Das. 8,6. §. 2.
i
XXI. lULII. (31. §.42.) 431
er die Absicht, nacli Djrrliadiinin zu eiifweicLen, iiiclit meLr
verbarg , äusserte er den Wunsch , dass ein Consul zu ihm kom-
nieu, und der Andre uilt den Neugeworbenen aus C'ainpauien
sich Siciliens versichern mög-e;'^) das Letzte wurde nicht be-
liebt, vielleicht, weil Calo mit der Vertheidigung- der Insel beauf-
tragt war; Beide trafen bereits vor defti 20. Februar in Apulien
ein.") Zu spät erschien nun der jüngere Baibus bei Cicero auf
dessen Formianum , um Lentulus , welcher nebst seinem CoUeg-ea
,,beweglicher war als ein Federflaum oder ein Blatt," durch
g-rosse Ver.sprechuDgen zur Rückkehr nach Rom zu bewegen. ''*)
Pomi)ejns unterhandelte, seit der Feind in Ariminum in Umbrien
eingerückt war,'^) Aveil er dessen Fortschritte hemmen wollle.
Seine Absicht, hinler der Flotte, welclie das Meer beherrschte,
und vom Winter begünstigt, in den östlichen Provinzen ein Heer
zu sammeln, konnte Cäsar nicht entgehen ; dieser uahm die Frie-
densboten an , da es ihn in den Augen der Welt rechtfertigte,
aber er ruhte nicht, weil er Pompejus auf dem Wege nach Brun-
dusium oder in der Stadt zu erreichen, und den Krieg im Wer-
den zu endigen hoffte ; auch aus politischen Gründen war es ihm
erwünscht, dass man ihn durch die Flucht eines Angriffs auf
Rom überhob, da ein Gefecht innerhalb seiner Mauern den Be-
freier doch immer nur in ein zweideutiges Licht stellen konnte.'")
Er entschied demnach an der Rüste des adriatisclien Äleers, ob-
(,»eich der Gegner entkam, und folglich das Wichtigste nicht ge-
lang. Als die Verstärkungen aus Gallien eingetroffen waren,'")
blieb er vorerst noch mit zwei Legionen in Ariminum , wo er
Truppen warb. 'ä) Die italischen Städte, besonders die Munici-'
pien, seliuten sich nach ihm, weil die andre Partei durch Härte
und Drohungen sich verhasst machte , und seine Anhänger ver-
breiteten Schreiben, worin er ihnen eröffnete, wie sehr er den
Frieden zu erhallen wünsche, und dass sie durch ihn unter keir'
73) Pas. 8, 12. A. 2. Tli. 398. A. 7. An Sicilien Latte er srlion
früher erinnert, ad Atl. 8, 3 fin. 74) ad Atl. 8, HC. Dass dieser
Rricf an Cicero vor dem genannten Tage gesnlirieben vrnrde, erhellt aus
dem folgenden D: Interim accepiiniis tiias literas, Caniisio a. d. X calend.
Marl, dalas. 75) Das. 8, 9. {. 3. 8, 11. §. 2, 9, 6. 5. 1. 2. Th. SSO.
A. 17. 608. A. 33. 76) Oben {. 41. A. 86. 77) Die 4l, 10.
78) Oben §. 41. A. 75 n. 93. 79) Caes. 1, 11.
432 XXI. lULn. (31. §.42,)
ner Bedingung leiden werden; man Lörfe diess gern, wogegen
die Reden des Poinpejus im siidlicLen Italien nicht auf die Gemü-
Iker -wirkten. ^°)
, Um den rechten Flügel za decken, nnd seine geringe Macht
zu verbergen , entsandte Cäsar den V. Tribun M. Antonius mit 5
Cohorten nach Arelium in- Etrurien, wo Scribonius Libo ohne zu
kämpfen nach Campanien entfloh.*') In Umbrien wurden Pi-
saurum uud Fanum besetzt.'^) Dadurch bahnte man sich den
Weg zu den Picenern, den Clienten des Pompejus, welcher in
ihrem Laude auch bedeutende Güter besass;*^) niemand regte
sich, Ancona za vertheidigen , und das Gerücht, an welchem die
Optimaten in Formiä sich ergötzten, O. Cassius sei wieder aus
der Stadt vertrieben, war falsch.'*) Desto ernstlicher war Q.
]VIinucius Thermus zu Iguvium in Umbrien auf Widerstand be-
dacht; er hatte 5 Cohorten und befestigte den Platz; kaum aber
erschien C. Curio mit 3 Cohorten, als sich unter den Einwohnern
des Municipium eine so bedenkliche Gährnng zeigte, dass Ther-
mus mit seinen Truppen abzog, und diese sich verliefen, * ') Nun
konnte Cäsar diese Gegend verlassen. Er wandte sich mit der
dreizehnten Legion nach Auximum im Picenischen, wo P. Atfius
Varus sich noch mit der Aushebung beschäftigte , und von den
Decurionen der Stadt selbst zur Uebergabe aufgefordert wurde;
daher entfernte er sich, und als man ihn verfolgte, giengen seine
Truppen theils über, theils zerstreuten sie sich in ihre Ueimath;
doch wurde er nicht gefangen, und kämpfte noch in diesem Jahre
in Africa gegen Curio. *^) Auch Ciugulum, ein andrer piceni-
scber Ort, welchen Labienus erweitert und befestigt hatte, er-'
klärte sich für Cäsar und rüstete für ihn,*') nnd da dieser nun-
80) Dio 41, 10. TgL Caes. 1, 12. Cic. ad Att. 8, 16. 81) Caes.i
1, 11. Cic. ad Fam. 16, 12. ad Att. 8, 11. B. Lncan. 2, 462. Suetou. 34.
Plor. 4, 2. §. 19. App. 2, 449. Oben A. 68. 82) Caes. 1, c. Cic. ad
Fam. 1. c. Faaiim Forttiiiae. Plin. 3, 19 (14). Colonia Fanesiris. Mola
2 , 14. Stiabo 5 , 227. 83) VeUej. 2 , 29 in. Dio fr. 133. App. 1 , 399.
B. AJric. 22 fin. Plnt, Fonip. 6. 84) Caes. I. c. Cic. ad Fam. !(}, 12.
ad Alt. 7, II n. 18. 85) Caes. 1, 12. Flor. 4, 2. §. 19. Lucan. 2,
463. Vgl. Cic. ad Att. 7, 13. 23. ad Fam. 8, 12. 86) Caes. 1, 12.
13. 31. Lncan. 2, 466. Unten §. 44. A. 32. 87) Caes. 1, 15. Cic. ad
At«. 7, 11. SU. Ital. Fun. 10, 34.
XXI. rULII. r3l.§.42.) 433
die zwö'Ifle Legion an sich zog' und gegen die Hauptstadt Ascu-
luni vordrang, mocLte P. Lentulus Spiniber Cos. 57 mit seinen
zehn Cohorten ihn hier nicht erwarten; die Flucht hatte auch für
ihn die Folge, dass Viele seinen Fahnen untren wurden.*')
Blit den Uebrigen stiess er auf L. Vibullius Rufus , welcher sie
Tou ihm übernahm, ein Blann von weit grösserer Umsicht und
Entschlossenheit.'*) Er war von Pompejus abgeschickt, dem
femern Abfall im Picenischen Einhalt zu thun, und die Verthei-
digung zu leiten. ^'') Dass er hier nicht mehr wirken konnte,
und die Zersplitterung der Klüfte verderblich geworden war, er-
gab sich sogleich. Deshalb verstärkte er sich durch C. Lnccejus
Hirrus^') und durch Neugeworbene, und eilte mit 13 Cohorten
zu L. Domilius Ahenobarbus Cos. 54 nach Corfinium im Lande
der Peligner,'^) wo auch Lentulus Spinther sich einfand.*^)
Aller Blicke waren nun auf Domitins gerichtet. Man kannte
seinen Hass gegen Cäsar, dessen Provinz jenseits der Alpen der
Senat ihm angewiesen hafte, und erzählte sich in den ViUen
südlich von Rom, er habe 30 Cohorten, mit welchen er den
Feind einschliesseu werde;**) doch horte man auch wieder, dass
er nicht über 3000 Mann verfüge.") Cicero war geneigt, das
Schlimmste zu glauben , * ^) obgleich er sich mitunter der Hoff-
nung hingab, Pompejus werde sich mit dem Consnlar vereinigen,
schon durch seinen Namen Schrecken verbreiten , und den Geg-
ner mit Uebermacht erdrücken.*^) Uniäugbar Latte Domitius
88) Caes. 1, IS. 16. Incan. 2, 469. Vgl. Cic. ad Au. 7, 23. Selbst
am 7. Februar war diess den Consnin in Capna noch unbekannt, nur Ci-
cero hatte durch den Cäsarianer Dolabella Kunde davon erhalten. Das. 7,
21. 89) ad Att. 8, 4. B : Vibullii virtutem industriamcpie libenter aguovi.
Unten f. 45. A. 90. 90) Caes. 1, J3. Cic. ad Alt. 7, 2-1. 8, 1.
91) Caes. 1. c. ist Lncccium H. zu lesen. Sein Vorname findet sich in
einem Briefe des Pompejns, ad Att. S, II A. Es ist also ohne Zweifel
der Bekannte, welcher sich mit Cicero ohne Erfolg nm das Angnr.it be-
w.->rb. Hortensii Ko. 7. 5- S. A. 36. Hier J. 36. A. 99 n. J. 47. A. 23.
92) Caes. 1, 15. Pompejns, welcher am 29. Januar davon nnlerrichtet
war, giebt Himis nicht wie Cäsar 6 sondern 5, u. A'ibullius 14 oder auch
19 Cohorten. ad Att. 8, 11. A. 8, 12. A. 93) ad Att. 7, 23.
94) Das. I. c. 7, 26. 8, 3. §. 3. 8, 7. 95) Das. 7, 24. App. 2,
448 n. 450 nennt 4000. 96) ad Att. 7, 24. 8, 7. 97) Das. 8, 3.
J. 3. 8, 6. J. 3. 8, 11. D.
Druniann , Cesdiiclite Uuui» ill. 2S
434 XXI. lULII. (31. §.42.)
inelir Truppen als Cäsar; er ziililte etwa 20 CoLorten,^*) niij
mit deu anderen, welche Vibulllus LerbeifüLrte , mehr als .SO. ")
Die Consuln und Cicero wurden durch seine Thätigkeit beschüml,
welchen Grund sie auch haben mochte; er fehlte aber darin, dass
er seine Macht nicht auf einem Puncte zusammenzogt, sondern
sie in drei Städte, Corfinium, Alba in Picenum und Sulmo im
Pelignischen vertheilte, iiud wurde deshalb von Pompejns geta-
delt.'"'') Cäsar näherte sicli mit zwei Legionen, mit der 12.
und 13; ') Jeder Verzug- liess fürchten, dass Pompejns indess über
das Meer entwich, und doch wurde er durch diesen verlornen
Posten 7 Tage beschäftigt, vom 16. bis zum 22. Februar -)
Etwa 3000 Schritt von Coriiniura warf er 5 Cohorten zurück,
welche zu spät abgeschickt waren , eine Brücke zu zerstören,
lind bald nachher lagerte er vor der .Stadt. ^) In seinen Unter-
nehmungen herrschte Einheit, weil er allein gebot; nicht so auf
der andern Seite; Ponij)ejus wollte sich über das Meer zurück-
ziehen, und seine Grossen verlangten augenblickliche Entschei-
dung in Italien ; er verbarg- daher seine Absichten , bis sich keine
Rettung mehr zeigte, als auf der Flotte, und allerdings liebte er
es auch nicht, sich mitzutheilen. So war Domitius nicht einge-
weiht; er glaubte, Corfinium sei zum Waffenplatze bestimmt, wo
sich Alles vereinigen werde,*) und bat nur, zu eilen, damit man
den Feind in die Mitte nehmen und durch den Hunger besiegen
könne; das Oertliche begünstige es;^) demselben Wahne über-
liessen sich die Senatoren und Ritter in seinem Gefolge. Man
verständigte sich, als es nicht mehr Zeit war; es entschuldigt
Pompejus keineswegs, dass der Cousular nicht Verhaltungs- Be-
fehle forderte ; ®) als er sich endlich um die Mitte des Februar
98) Caes. 1, 15. Pompejns fehlte es an genanen Berichten; er giebf
nni; H oder nur 12 an. ad Atl. 8, 11 A. 8, Vi, A. 99) Caes. 1, 17.
Plut. Caes. 34. Dazu stimmt Gros. 6, 15, -welcher seine Macht zu 3 Le-
gionen berechnet. 100) ad Att. 8, 12. A. C. 1) Caes. 1. 15.
2) D.1S. 1, 23. Die Uehergabe von CorBninra erfolgte am 22. Februar;
s. nnlen. Domitins entsandte bei der ihm drohenden Oofnhr Eilboten an
l'onipejus, welchen sie am 17. Februar erreichten, ad An. 8, 6. §. 2;
nach 8, 12 D. .nm 16. 3) Caes. J, 16. Liican. 2, 478. Bio 41, 10.
Tlut. Cies. 34. App. 2, 450. Zonar. 10, 7 tin. Gros. 6, 15. 4) ad Atr.
8, 12. C. 5) Caes. 1. 17. Cic. i«d All. 8, 3 11. 1. c. 6) adAtt.8, 12B.
XXI. lULH. (31. §.42.) 435
gegen ihn aiisspracli, ond ihn zu sich nach Lnceria beschied,
konnte man ihm nicht mehr gehorchen. ') Aber auch nur in so
fern ist er anzuklagen , wie die Din»e sich iiun einmal gestaltet
hatten; Cicero wünschte und erwartete den Entsatz von C'orfi-
ninm; das Leben vieler Optiinaten, das Heil der Republik hienj
daron ab; es brachte ihn — in seiner Masse auf dem Formia-
nnm — zur Verzweiflung', dass er sich getäuscht sah, und doch
hätte er nur die früher gemachten Fehler rügen sollen. ^)
Domitins rechnete auf Beistand, als er sich zur Vertheidi-
gnng anschickte und jedem Soldaten 4 Jngera auf seinen Gütern
versprach. ^) Aber er verlor gleich Anfangs 7 Cohorlen unter
p. Lucretius und dem Peligner Attius in Salmo, dessen Ein-
wohner sich dem Feinde antrugen; sie öffneten M. Antonius die
Thore, und die Besatzung gieug zu ihm über. ' ") Cäsar entliess
Attius, welchen Antonius ihm als Gefangenen zuführte, und bald
nachher trafen die achte Legion, 22 neu geworbene Cohorten
aus Gallien und etwa 300 Reuter bei ihm ein, so dass er nun
den Werken vor Corfinium einen grössern Umfang geben und
unter C. Curio ein zweites Lager errichten konnte.'') Mehr
förderten ihn jene Briefe des Pompejus. Doniitius , welchem sie
jetzt überbracht w urden , dachte seitdem mit seinen Freunden nur
noch auf persönliche Sicherheit. ' ^) Seine ängstlichen Blicke und
die geheimen Zusammenkünfte in seiner W^ohnung verriehen ilin ;
auch die Truppen fassten nun ihren Entschluss ; sie führten ihn
an einen öffentlichen Ort, wo er bewacht wurde, und meldeten
dem Feinde in der Nacht, dass sie bereit seien, sich zu ergeben.
Um einem härtern Schicksale zu entgehen, wollte Domitius sich
durch Gift tödten; er war erfreut, dass man ihm nur einen
Schlaftnjnk gereicht hatte, als er vernahm, dass sein Leben nicht
gefährdet sei. ' ^) Denn Cäsar zeigte sich milde. Aus Furcht
vor einer Kriegslist, welche vielleicht Ausfall oder Flucht erleich-
tem solle, blieb er ii» der Nacht unter den M'atfen; aber um
7) Das. B. C. D. Tgl. das. A. Cacs. 1 , 18. 19. Dio 4l , 11. 8) ad Au.
8, 3 — 6. 8, 8 n. 12. 9) Cacs. 1, 17. Pio 41, 11. Doraitii Ahen.
No. 8. A. 61. 10) Caes. 1, 18 -sro nacli Voss, riclitiger Bemerkung le-
gionis XII oder XIII statt VlII zn lesen ist. Tgl. caji. 12. 15 u. 18 lin.
Gros. 6. 15. 11) Caes. 1, 18. 12) Ders. 1, 18. 19. 2, 32. Cic. ad
Au. 8, 8 fin. 13) Domitii Ahen. Ko. 8. A. 51.
2K*
43G XXI. lULlI. (31. §.42.)
die Zeit der vierten WacLe erschien Lenfnlus SpintLer; er er-
■wäLnte, ■svie viel er dem Proconsnl verdanke,") und dieser
vergab ilim, ehe er geendigt Lalle, mit der Bemerkung: er sei
nicht gekommen, Anderen Böses zuzufügen, sondern um sich zu
vertheidigen , die Tribüne herzustellen, und den Staat von der
herrschenden Faction zu befreien. Lentulns gieng mit der frohen
Botschaft zu den Seinigen zurück. Am andern Tage, am Morgen
des 22. Februar oder an den Feralien ' ') sah Cäsar die Vor-
nehmsten, Domitius, Vibullius, ' ^) und die übrigen Senatoren,
die Ritter und die Decurionen der Munitijiien , vs'elche man als
Geissein in die .Stadt gerufen hatte , in seinem Lager. Die
Meisten waren ihm verpflichtet; er erinnerte schonend an ihren
Undank, und bewilligte ihnen ohne Ausnahme die Freiheil; ' ")
Domitius verblieb sogar die Kriegscasse, 6 BliUionen Seslerlien,
obgleich man sich auf den Villen das Gegenlheil erzählte;")
seine .Soldaten mussten Dienste nehmen. ' ä)
So durfte nun auch Cicero hoffen; diess war kein Vorspiel
zu Proscriptionen, wie Baibus in einem Briefe an ihn äusserte; ' °)
er bezeugte Cäsar seine Erkenntlichkeit für die Erhallung des
Lentulus Spinther, welcher sich in seinem Exil um ihn verdient
gemacht hatte , und wurde in einer sehr befriedigenden Antwort
zur Rückkehr nach Rom eingeladen. -') Cäsar fand es in der
Ordnung, dass die Anhäuger und Parteigenossen des Pompejus
gegen ihn fochten ; nur dann biisslen sie mit dem Leben , wenn
sie nach der Begnadigung sich wieder gegen ihn bewaffneten,
nnd auch in diesem Falle machte er oft Ausnahmen;'^) mit
Recht rühmte er sich seiner Milde. ^') Doch wirkten auch po»
14) 2. Th. 542. A. 40?'. 15) ad Att. 8, 14 n. das. Bosius. 9, I.
Cicero konnte am 22. in Formiii noch nicht dayon «nterrichlet sein, ad Att.
8,5. Schoa am Kachniittage verliess Cäsar Corfinium. ad Att, 8, I4.
Caes. 1, 23. 16) Caes. 1, 23. 3, 10. Cic ad Alt. 8, 15. 17) Caes.
1, 23. Liv. 109. Senec. de hcnef. 3, 24. PUn. 7, 54 (53). Vellej. 2, SO.
Lncan. 2, 511. Snet. Caes. 34. Kero 2. Flor. 4, 2. §. 19. Gros. 6, 15.
Dio 41, 11. Plnt. Caes. 34. App. 2, 4SI. Zonar. 10, 7. 18) Caes.
1. c. App. 1. c. u. 453. Cic. ad All. 8, I4. 19) Caes. 1, 23. 25.
2, 28. 20) ad Att. 8, 15. 21) Das. 9, 11. 16: Tu Teliiu mihi ad
nrbem praesto sis. Cicero hatte noch den Imperator - Titel und die Lictoren.
22) Caes. 3, 10. Ders. 1, 23. 2, 28. Cic. 13 Phil. 15: Varus bis captas.
23) ad Att. 9, 7 fin. 9, 16.
XXI. lULlI. (31. §. 43.) 437
litiscLe Gründe, nicLt der, welcLen er selbst angiebf, er wolKe
Pompejus nnd die Aristocratie nicht durch Grossinnth mit sich
versöhnen,**) sondern die Römer, die Ilaler und auch wohl die
feindlichen Rrieg'er sjewinnen, und durch seine Handlungen an
die Drohungen der Gegner erinnern, nnd diess erreichte er;*')
viele Optimaten kamen von ihren Gütern wieder nach Rom; *^)
es wurde ihm dadurch möglich, den Senat zu versammeln, und
um so leichter konnte er es vergessen, dass die Angeseheusteu
unter den Gefangenen von ueaem in die Reihen der Feinde
traten. * ')
§ 43.
(a. 4S.) Dorcli dieses Zwischenereigniss wurde Porai)eJn9
gerettet; mitunter sind es die Fehler, welche sich belohnen.
Er begab sich am 22. Februar von Canusinm nach Brnndnsinm, -^)
wo nach und nacli auch seine Truppen eintrafen, die beiden
Legionen aus Gallien, ein Theil seiner Veteranen und die Neu-
geworbenen, überhaupt 50 Cohorten, wenn es gegründet ist, dass
er die Consuln mit 30 über das Meer vorausschickte, *") und
mit 20 ihnen folgte. ^°) Für Cäsar galt es, die verlorene Zeit
wieder einzubringen ; schon am Tage der Uebergabe verliess er
Corfinium, ^ ') um durch das Land der IMarruciner undFrentaner
nadi Apulien voi-zudringen. ^ -) Die Besatzungen von Alba*^)
und anderen Plätzen entflohen oder schlössen sich an ihn an;
24) aä Alt. 9, 7. 25) Das. 9, 12: Et isle, qnia plus osteuderat,
qnam fecil, amator; et vnlgo illum, (Fornpeinm) qiii amarnnt, non amant. -
Das. 8, 9 : Obsecro te, quid hoc miserins, quam — jJternm existimarl con-
serTatorem iiiiinicornni, alienim desertorem amicorum •" M. Coelius ad Fara.
8, 15: Bequem Caesare nostro acriorem in rebus gerendis, eodem in
>ictoria temperatiorem ant legisti , ant aiidisti ? 26) PUit. Cacs. 34 fni.
Oben §. 39. A. 99. 27) ad Att. 9, 16. 28) Oben §. 42. Ä. 61.
29) Plut. Pomp. 62. 30) Caes. 1 , 25. In einem Schreiben , welches
Cicero las, wurde das Heer zu 30,000 Mann berechnet, da es aber ia
andrer Beziehung Falsches enthielt, so mochte auch diese Mittheilnng auf
einem Gerüchte beruhen, ad Alt 9, 6 f.. 4. In Luceria lialte Ponipcjns
M.r 14 Cohoricn. Das. 8, 12. A u. C. 31) Oboii {. 42. A. 15.
32) Cacs. 1, 23. Cic, ad At«. 8, 11 Cu. 8, 14. 33) Caes. I, 24.
Cic. ad Att. 9, 6.
438 XXI. lULn. (31. §.43.)
ancli gerielLen mehrere CoLorfen auf dem Wege nach Bmn-
dosium in seine Gewalt, und mit diesen der Feldzeiigmeister
Cd. Magius. ^ ') Er erlanble ihm, die Reise fortzusetzen, nur
sollte er Pompejus in seinem Namen nochmals zu einer Unter-
redung' anffordern, da man sich mündlich am schnellsten einigen
könne. ^^) Auf den Feldzug halte es keinen Einfluss, da er
sich vielmehr des Gegners bemächtigen wollte; ^^) am J. März
■war er bereits in Arpi, östlich von Lnceria. ^') Ehe er jedoch
Brundusium erreichte, gieng die grössere Hälfte des feindlichen
Heers am vierten ^^) nach Dyrrhachium. "") Diese Massregel,
welche Cicero tadelte, weil nun der Vorwand, er bleibe, um
Frieden zu stiften , ihm genommen wurde , * °) mochte zum Theil
im Missfrauen ihren Grund haben, so fern Pompejus auch die
Consuln L. Lentulus und C. Marcellus sich einschitfen liess; sie
waren eingeschüchtert und für den Augenblick nicht abgeneigt,
Cäsars Anträge zu beachten;*') die vorzüglichste Ürsach lag
aber im Mangel an Fahrzeugen, msin konnte die ganze Macht
nicht zugleich übersetzen.
Als Cäsar am 9. März*^) vor der Rückkehr der Flotte mit
6 Legionen, unter w^elcheu drei, die 8., 12. nnd 13. aus Vete-
ranen , und die übrigen aus Neugeworbenen bestanden , ' ^ ) vor
Brundusium anlangte, kam endlich Cn. Magius zu ihm, mit einer
Antwort, welche eben so wenig besagte, als seine Erwiederung.*')
34) Caes. I. c, n. Ders. Ja dem Briefe an Opp. n. BaU>. ad Att,
9, 7 ßn. , nacli VTelchem zwei praefecti fabrnm gefangen iintl entlassen
Trarilen. Bei Plut. Pomp. 63 heisst Magins unrichüg Kumerius. Dio 44, 44.
35) Caes. I. c. Oben §. 41. A. 100. ad AU. 8, 15: Optas congressum,
pacemqne non desperas. Sed ego — nee illos eongressnros , nee, si con-
grcssi essent , Pompeinm ad nllam conditionem accessnrnm patabam.
36) Sneton. 34: Hos (Coss. et Pomp.) frustra per omnes nioras exita
prohibere conatQS. 37) ad Att. 9, 3. 38) Wenn Cicero die Wahr-
heit erfuhr; es ist gewiss, dass Pompejns sich an diesem Tage nicht ein-
schiffte, ad Att. 9, 6. 39) des. 1, 25. Cie. p. Deiot. 4. 13 Phil. 14.
A^eUej. 2, 49. Pl,;t. Pomp. 62. Caes. 35. Dio 4l, 12. App. 2, 451, 452.
40) ad Att. 9, 9: Discessii illorum actio de paco sublata est, quam quidem
ego nieditabar. Das. 9, 1: Blarcelli quidem, nisi gladium Cnesaris timnis-
sent, inanerent. 41) Dio 41, 12. 42) Sein Brief an Opp. u. Baibus
ad Att. 9, 13 fin. vgl 9, 3. 43) Caes. 1, 25. -vgl. 12. 15. 18. Cic.
ad Att. 9, 18, 44) Das» aber jelit eine Antwort erfolgte, meldet nicht
XXI. lULII (31. §.43.) 439
Niemand mochte ernstlich g-lauben, dass er Pompejiis nur forl-
srlieucbeii und nicLt gefangen nehmen, oder dass dieser den Krieg
auf zwei Rüsten zugleich führen wollte.*') Um den Gegner
▼on der Flotte abzuschneiden und seine Flucht zu verhindern,
liess Cäsar an der engsten Stelle des Hafens von beiden Selten
einen Damm mit Tliiirmen im Wasser erbauen , und ihn nach
der Glitte hin -wegen der zunehmenden Tiefe des Meers durch
wohl befestigte, und mit Balken und Erde bedeckte Flösse
verlängern. Die Jlannschaft auf dem Damme und an den Küsten
empfieng die Lastschiffe, welche mit Thürmen von drei Stock-
werken und mit allem Andern versehen, was zur Zerstörung
dienen konnte , aus dem Innern des Hafens gegen diesen Bau
vordrangen, mit Wurfgeschossen aller Art. Täglich erneuerte sich
der Kampf. *^) Gleichzeitig musste Cäsars Legat C. Caninius
Rebilus ") seiren Freund Scribonins Libo aufsuchen, um durch
ihn das harte, unzugängliche Gemüth des Pompejos zu erweichen,
welcher bemerkte : in Abwesenheit der Consnln könne er nicht
unterhandeln.*^) Nach einer Arbeit von 9 Tagen war der
Damm fast zur Hälfte vollendet, als die Flotte von Dj-rrhachium
zurückkam. Pouiiiejus fürchtete, der Feind werde während der
Einschiffung die Stadt erstürmen ; man verrammelte daher die
Tliore, die Strassen wurden gesperrt und durch Graben mit zu-
gespitzten Pfählen nnd einer leichten Bedeckung von Flechtwerk
und Erde unwegsam gemacht, und die beiden Zugänge zn dem
Hafen ausserhalb der Blauern durch Schanzpfähle gesichert;
einige Blannschaft, welche man durch ein Zeichen abrief, als die
Truppen in grösster Stille die Schüfe bestiegen hatten, besetzte
nur Cic. ad Att. 9, 13. §. 8. (wo die Aliscbreibcr den Vornamen des
Riagins Cnens in N. nnd dann in M. verwandelt haben) sondern aiicli
Cäsar selbst in einem Schreiben an seine Freunde. Cic. I. c. n. Dio 41, 12.
In den Comment. 1, 26 -wird es geliingnet; der Friedliebende fand nie
Gehör; Cicero war es nur befremdlich, dass er doch mit dem grüssten
Ungestüm auf l'ompejns eindrang, und ihn belagerte; et tarnen ojipngnatur.
1. c. 45) Caes 1, 25. 46) Lucan. 2, 713. Hie primum vnbuil
civil! sanguine Nereus. Caes. 1 , 25. 26. Sein Brief an (J. Pediiis Toni
14. März, ad Att. 9, 14. Das. 9, 12: — Circnuivallatum esse rompeium,
ratibus etiam exitus portus teneri. Non medins lidins prne lacrimis possum
reliqua nee cogitare, uec scribere. 47j Oben J. 16. A. 94. 4ö) Caes.
J, 26. Dio 41, 12.
440 XXI. lULü. (31. §.43.)
Maner und Tliürine. "') So gieng Pompejus mit vielen OiJtimalen,
deren Cicero zum TLeil gedenkt, * °) in der Nacht des 17. Märzes
unter Segel. ^ ')
Obgleich er weniger blutgierig war als seine Facfion, so
Latte er doch auch von Anfang erklärt, dass er jeden als Feine!
der Republik behandeln werde, der nicht mit ihm sei, und man
erinnerte sich dabei an sein Verfahren unter SuUa. *^) In Luceria
wurden Proscriptionen angekündigt ; die Aeusserungen seines
Zorns während der Flucht Hessen voraussehen, was man von
ihm als Sieger zu erwarten habe. „Wie schrecklich drohte er
den Municipien, den Gutgesinnten und Allen, welche zurück-
bleiben würden!" Drohungen waren auch sein und der Seinigen
Abschiedsgruss in Brundiisium; mir dem „auswärtigen Rom"
sollte man helfen und gehorchen. ^^) Pompejus selbst, sagt
Cicero, verliess die Republik; er wollte sie sogar anfeinden und
zerstören;'') sein Rückzug war schimpflich, ein Verbrechen,
eine Folge von den Eingebungen seiner Günstlinge, des L. Luc-
ceJHS, des Theophaues und anderer Griechen. '') Zu anderen
Zeiten erkannte auch Cicero, dass man in Italien keine hinläng-
liche Macht aufstellen,*^) dass man also nur Themistocles, nicht
Pericles Beispiel nachahmen konnte.") Die Geschichtschreiber
verweilen mehr bei dem Abstände zwischen dem Flüchtlinge und
dem Ueberwiader Blithridats; '^) sie müssen aber doch zugeben.
49) Caes. 1, 27. SO) ad Alt. 8, IS. 9, 1. Sl) Nicht am
4. Mürz, wie ein falsches Gerücht sagte, ad Att. 9, 6, §, 4; es wurde
bald durch Augenzeugen ausser Zweifel gesetzt, dass er am 6. und 8. sich
noch nicht entfernt liatte. Das. 9, 11. Erst am 9. rückten die Feinde vor
die Stadl, und am 14. wurde er noch belagert. Das. 9, 14. Tgl. 9, 9. §. 2 :
Bibnlnm audio venisse et redisse pridie idus. Dann erzlihlte man in Capua,
er sei am 15. abgegangen. Das. 9, 14 fin. , bis man endlich eines bessern
belehrt wurde; Das. 9, IS. (Brief des Matiiis.) Auch die Nachrichten
von der Ankunft Ciisars und -von der Daner der Belagerung entscheiden für
den 17. M.irz. — Caes. 1, 27. 28. Liv. 109. Lucau. 2, 680. Flor. 4, 2.
J. 20. Gros. 6, 15. riiit. l'omp. 62. Caes. 35. Cato 53. Dio 41, 12. 13.
App. 2, 452. Zouar. 10, 8. 52) Caes. 1, 33. Sneton. 75. 53) Cic.
ad Atl. 8, II. 16 9, 7. 9. 10. U. 15. Dio 41, 18. 54) ad Att. 9, 9.
§. 2. Dio 41, 13. 55) ml Au, 9, 1. 11. Vgl. Caes. 3, 18 u. hier
J. 40. A. 30 f. 56) ad All. 7, 12. 57) App. 2, 459. A^gl. Cic.
od Alt. 7, 11. 5. 2. 10, 8. 58) Dio 41, 13. I'liil. Calo 53. l-'lor. 4, 2. 5. 20.
XXI. lUm. (31. §.43.) 441
dass die Räumung Italiens eben so sehr von der NotLwendigkelt
als von der Klugheit geboten wurde; Einige erklärten sie sogar
für ein Meisterstück des grossen Feldlierrn. ' ^) Unter den
jetzigen Umständen durfte Pompejus freilich nur dann noch den
Sieg hoffen , wenn er dem Kampfe auf der Halbinsel auswich
lind nach dem Osten gieug; hier konnte er eine stärkere Älacht
sanmieln, als selbst in Spanien, M'ohin der Feind ihm sogleich
durch Gallien gefolgt sein würde, davon abgesehn, dass eine
weite Fahrt zur See im Winter besondere Schwierigkeiten hatte.
£r war auch in Brundusinm nicht beliebt. Die Einwohner be-
nachrichtigten Cäsar, als er sich entfernte, und dieser liess so-
gleich die Blauern ersteigen, ohne jedoch in der Nacht die Stadt
zu besetzen, weil man ihn vor den verborgenen Gefahren warnte.
So nahm er nur zwei Schiffe mit den zuletzt eingezogenen Posten,
welche an den Dämmen strandeten ; die übrigen entkamen ; denn
zum Seekriege war er nicht vorbereitet. ^°)
In zvsei ßlonaten und in der rauhesten JeJirszeit hatte er
sich fast ohne SchwerdtscLIag Italien unter\^orfen. ^') Blan
fragte sich, wohin er sich wenden werde; Cicero meinte, eher
nach Griechenland als nach Sj)anien. ^-) Aber der Bau der
Flotte erforderte Zeit, und nm diese nicht zu verlieren, beschloss
er zunächst die Legaten des Pompejus jenseits der Pyrenäen zu
entwaffnen. Sie bedrohten ihn im Rücken und konnten durch
Gallien, welches ihn hasste, ^') bis Italien vordringen, wenn er
in Griechenland oder Macedouien war ; in jedem Falle wurden
die Trujjpen in seinen bisherigen Provinzen durch sie in Un-
thätigkeit erhalten, nnd endlich war er überzeugt, dass er im
\S esten ein Heer ohne Feldherrn , und dann im Osten einen
Feldherrn ohne Heer finden werde. ''*) Er legte indess Be-
59) Dio 41 , 10. Plnt. Pomp. 63. 60) Caes. 1 , 28. 29. Cic. .-id
Am. 9, 15 fin. Plnt. Pomp. 62. 63. Caes. 35. Dio 41, 12. Lucan. 2,708:
Hea podor ! exigua est fngiens Ticloria Alagnns. 61) Plularch. 11. cc.
Cic. ad Farn. 8, 15: Qiüd est? JViiac tibi noslri mililes, qui durissimis et
frigidissimis locis , teterrima hieme, fcellnm ainbiilando confecenint, malis
orbiciilatis esse pasti \identar. Quid iam inqiüs? Gloriose omnia. ( Coe-
Uns aa Cicero.) 62) ad Att. 9, 15. 63) ad Farn. 16, 12: Ambas
{ Gallias ) ha))et ininiicissimas , praeter Trauspadanos, 64) Soeton. 34.
Caes 1, 29. l'lul. Tomp. 63. Caes. 36. Antou. 6. Dio 41, 15. 18. App.
2, 452. Flor. 4, 2. §. 22.
442 XXI. lüLlI, (31. §.43.)
Siitzungen in die ■wichtigsten Seeplätze Calabriens und Apnliens,
in Bnimlusiuin, Tarenfum, Sipuntam und Hydriintum, damit Pom-
pejus den ersten Angriif erwartete, nnd durch die Nachriclit,
dass er in Spanien sei, nicht zur Rückkehr versncht wurde. *')
Neue Aushebungen verstärkten sie, *^) und Cäsar versprach jedem
Soldaten , welcher am WinterfelJziige Theil genommen halte,
fünf Blinen. *') Den Municipien befalj er, Schiffe zn erbauen
lind herbeizuschaffen, deren Sammelplatz ßmndusium sein sollte,
aber auch alle anderen Städte in Italien, so weit sie sich dazu
eigneten, und selbst die gallischen mussteu zur Ausrüstung der
Flotte ihren Beitrag geben. * ')
Sein Aufeullialf unter den Brundusinem, welchen er für die
Be-weise ihrer Anhänglichkeit dankte, war von kurzer Daner. *"*'")
Man erwartete ihn in Kom und auf den ViUen an der Land-
strasse in grosser Aufregung, und die Unr-iwissheit, welchen
"Weg er wählen, nnd wann er eintrelfen werde, vermehrte sie.
Cicero glaubte, er werde am 22. März in Fomiiä sein, wo er
selbst noch verweilte und ohnerachtet seiner Vorkehrungen ängst-
lich mit Telemach fragte: „Mentor, wie soll ich denn gehn,
wie zuerst mich wenden an Jenen?" ^^) Dann hörte man, dass
er am 25. in Benevent, am 26. in Capna und am folgenden Tage
zu Sinuessa überuachten werde. '") Ehe er an diesem Orte an-
langte, erhielt Cicero einen Brief von ihm als Antwort auf das
Schreiben, in welchem er ihm für die Blilde gegen Lentulus
Spiniher gedankt hatte, in der That aber eine Einladung, sich
im Senat einzufinden,'') und damit die neue Ordnung der
Dinge anzuerkennen, wie ihm schon früher augemulhet war. ' ')
In dieser Beziehung' insbesondre fürchtete er die Zusammenkunft
iu Formiä , aber er konnte ihr nicht ausweichen. Schon das
Gefolge des Im])eralor erregte ihm Grauen, Menschen, welche
nichts zu verlieren halten, eine Bande, und in ihr die Sohne
eines Servius Sulpicius und Tilinianus. ' ') Cäsar wurde driu-
65) Caes. 1, 32. Cic. ai Att. 9, 13. Dio, App. II. cc. 66) ml
Att. 9, 19. 67) App. 2, 457. Unten §. 46. A. 47. 68) Caes.
1, 29. 30. App. 2, 453. 68/.) ad All. 9, 1511«. 69) O.lyss. 3, 22.
Cic. ad Alt. 9, 8. 70) aJ All. 9, 15 Im. 9, 16. 71) l>as. 9, 16.
Oben >J. 42. A. 21. 72) ad Alt. 9, 6. 7. 73) Das. 9, 18. üben
§. 39. A. 98.
XXI. lüLn. (31. §.43.) 443
gend: wenn Cicero nicLt vor Rom erscheine, so Temrtbeile er
iLn , und dann werde niemand kommen. — Andere sind nicht
durch Verhältnisse gebunden, wie ich. — .So trag-e auf Frieden
an. — Nach meinem Gutdünken ? — Sollte ich dir Tor-
schreiben? — .So werde ich auf einen Beschlnss antragen, der
Senat wolle nicht, dass dn nach Spanien gehst, oder das Heer
nach Griechenland führst; über das Schicksal des Pompejus werde
ich lante Riagen erheben. — Solche Dinge wünsche ich nicht
zu hören. — Ich weiss es , eben deshalb will ich fern bleiben.
Diese peinb'che Unterredung endigte sich mit der Bitte, Cicero
möge die Sache noch einmal überlegen, und er versprach es. ' ')
Die Verzweiflung gab ihm Äluth; sich öffentlich äussern, wie
hier, hiess sein Leben verwirken, sich öffentlich und schon durch
seine Gegen warf in der Curie von der Aristocratie lossagen,
nach seinen Ansichten nnd \ erbiiidiingen sich selbst 'jcandmarken.
Er gicng auf sein Arpiuum, und Cäsar, welcher schon in
Formiü hatte bekannt machen lassen, dass er am 1. April den
Senat zahlreich versammelt zu sehen hoffe, nach Rom. '*) Tau-
sende zitterten, und doch wünschte er nur, dass man sich von
seinem Rechte und von seiner Versöhnlichkeit überzeugen möge.
Diese Ueberzeugung sollte aber öffentlich von verfassungsmässigen
Gewalten ausgesprochen werden, damit man erkannte, der Staat
sei nicht verwais't, das Lager des Pompejus sei nicht der Sitz
der Regierung, sondern der Heerd des Aufruhrs, nnd Cäsar ver-
iheidige die Republik. Als Proconsul und Imperator war er
nicht befugt, den Senat zu berufen, dessen Blilglieder in nicht
geringer Anzahl vom Laude zurückkehrten,'^) nnd nur ausser-
halb der .Stadt durfte er seinen Sitzungen beiwohnen. Es zeigte
sich ein Ausweg; die V. Tribüne hatten jene Befugniss schon
früher gehabt, '') und 31. Antonius und Q. Cassius machten am
74) ad Att. 1. c. n. 9, 19. 75) Das. 9, 17. 18. 76) Pliit.
Caes. 35 in grösserer, aU Die 41, 9 anniiimit. 77) Der Tribiici Iciliiis
456 T. Ctir. zwang die Consuln nur, den Senat zn versamraeln , vretrhes
Dionjs. H. 10, 31 irrig so deutet, als sei es durch ihn selbst geschehen,
obgleich aas seiner eigenen Ei-ziihlong das Gegeniheil erhellt. Vor dem
atinischen Gesetze , für dessen Vrhcber nicht erst C. Atinins Labeo Ir. pl.
130 gellen kann, (2. Th. 20. A. 67) -naren die Trihnnc nicht einmal
Senatoren, Gell. 14,8; wenn ihnen also lür frühere Zeilen Senatns habendi
444 XXI. lULII. (31. §.43.)
1. April zu seinen Gunsten Gebrauch davon, zng'leich eine Genng-
tliuung für sie selbst, da sie ausgestossen ^'areu. ' *) Cäsar
M'iederLolte im Senat die Beschwerden, deren oft gedacht ist,
und äusserte zugleich den Wunsch , dass man Friedensgesandfe
zu Pompejus schicken möge, welches beschlossen wurde.'*)
Eineu solchen Antrag hatte Cicero gewünscht, '°) und doch ver-
ursachte er ihm neuen Kummer: er mochte nicht als Bote des
Siegers und eines Gegen -Senats vor seiner Partei erscheinen;
dass ein Anderer gieng, etwa Ser. Sulpicius, ^') wollte er auch
nicht, und dass man ihn in Rom so gänzlich entbehren konnte,
sein Nicht -kommen nur verzieh, '^) war ihm schmerzlich; **)
dann stimmte er Atticus bei: Alles sei VersteUnng. ^*) .Seine
Besorgnisse waren ungegriindet. Jeder weigerte sich, die Reise
zu Pompejus zu unternehmen; weil man dessen Rache fürchtete,
sagt Cäsar ; allerdings , aber auch, weil man diesen verstand.
Kach dreitägigem Hin- und Herreden wurde die SacLe auf-
gegeben , * ') und der Censor Piso sah sich unfreundlich zurück-
gewiesen, als er später seinen Schwiegersohn daran eriniierte. * ^)
Auch in einer Volksversammlung vor den Thoren beklagte Cäsar
sein Leos , dass er gezwungen sei , zu den ^Vaffen zu greifen ;
er beruhigte die Bürger, und versprach ihnen völlige Sicherheit
und ausserdem jedem 75 Denare, deren Zahlung jedoch erst iui
ins zngesclirieben wird, ( das. ) so ist diess nnr anf jenen Zwang als Miss-
Lrancli ilirer Gewalt zu bezielien. Seit den gracchischen Unruhen aber
findet man oft, dass sie den Senat beriefen nnd in ihm den Vorsitz fütuten,
anch wenn die Consnin in der Stadt waren; Plnt. C. Gracch. 6, Cic. de
leg 3,4. p. Sext. 11 fin. Sueton. Tiber. 23; um so weniger konnte es
jetzt, in deren Abwesenheit, befremden. 78) Caes. 1, 32. Vellej. 2, 50.
Sueton. 34. Dio 41, 15. Cic. ad Att. 10, 1. §. 4: Consessus senatormu,
senatum non enim pnto; geschrieben am 3. April, ad Farn. 4,1: senatns
sive potius conventus senatorum. Lucan. 3, 104 : Turba pairnm. 79) Die
vorige A. n. Caes. 1, 33 Cic. ad Att. 10, 3. p. Deiot. 4: studinm con-
cordiae et pacis. I'lul. Caes. 35. Pomp. 62. Zonar. 10, 8. 80) «id Att.
9, 19. 81) <lui filium Brundusinm de pace misit. Emptus paciGcator.
ad Att. 10, 1. Hier 39. A. 98. (De pace; damit beschönigte er es bei
den Gutgesinnten auf den Villen, dass er seinen Sohn zu Cäsar .-digehen
liess. ) 82) ad Att. 10, 3. 83) Das. 10, 1: Qnare si <(uid eius-
niodo evenerit etc. 84) Das. fin. 85) Caes. I, 33. PIul Caes. 35.
86) Dio 41, 16. Es ist nicht wahrscheinlich, das» die Oesaudleu gewäliK
worden, und unr nicht abgiengeu. Dcrs.
XXI. lüLn. (31. §.43.) 445
J. 46 nadi dem africaniscLen Krieg'e erfolgte, nnd dann mit
Wucher. *')
Jetzt hatte er seihst grosse Bediirfuisse, nnd forderte deshalb
das Geld ans dem heiligen Schatze, "welches die Consuln znrück-
gelassen halten.*^) Sancfius aerarium '") oder aerarium san-
ctuni, ^°) war der Theil des Schatzes im Tempel des Saturn, 8')
in welchem man Gold und Silber, geprägtes und nicht geprägtes,
zn ausserordentlichen Ausgaben aufbewahrte. Lirius folgt der
Sage, dass Camillus im J. 389 v. Chr. die Gallier ans Rom
Tertrieb, das Gold, mit welchen man sie abfinden woUte, ihnen
entriss, und es mit dem andern, welches in Eile ans den Tem-
peln in das C'apitol geflüchtet war, hier als heilig verschlossen
wurde. ^-) Aber die Römer mussten vielmehr geben, was der
Feind verlangte, und ihre zerstörte Stadt wieder aufbauen. Nur
der Gedanke, für solche Fälle zu sammeln, kann yizt in ihnen
entstanden sein , die Ausführung blieb besseren Zeiten vor-
behalten. Wahrscheinlich wurde die vom Consnl Cn. Alanlius
357 V. Chr. eingeführte Steuer fünf von hundert vom Werthe
freigelassener Sclaven,^^) zuerst dazu bestimmt, jedoch so, dass
auch anderes Erspartes hinzukam. Blehrere versichern, um Cäsars
Verbrechen in das rechte Licht zu stellen, dieser Schatz sei ^vegen
des Fluchs , mit welchem es zur Zeit des gallischen Krieges
verpönt war, seit vielen Jahren nicht berührt, oder auch nie; ^'')
man öffnete ihn unter anderem im zweiten punischen Kriege
87) TeUej. 2, SO. Dio 4l, 16. 17. 43, 21. App. 2, 453. S. nnfen
§. 61. A. 50. 88) Oben J. 41. A. 27. §. 42. A. 70. 89) Caes.
B. C. 1, 14. Cic. ad Au. 7, 21 u. sonst. 90) Flor. 4, 2. }. 21.
91) Lucan. 3, 115. Diese Stelle erlanht docli nicht, mit Bunsen an-
zunehmen, dass im Saturn -Tempel nur der Eingang zum aer. sanct. ge-
vresen sei. S. dessen Schrift Le Forum Rom. expliqu^ seien l'elat des
fouilles. 1835. p. 11. 92) 5, 50. Pün. 33, S (1). App. 2, 453.
93) Vicesima eomm, qui mannmitterentur. Liv. 7, 16. Aurnm vicesi-
marinm qnod in sanctiore aerario ad Ultimos casus servabatnr. Liv. 27, 10.
Die Annahme des Mannt, zn Cic. ad Alt. 7, 15, dass man drei Abtheilnngei»
im Tempel des Saturn unterscheiden müsse, den Schatz für die gewöhn-
lichen Ausgaben, "welcher durch l'oinpejns Rüstungen erschöpft sei, den
Schatz für die ausserordenilichen, uud den heiligen, in welchen die vicesima
üoss, ist durcli nichts begründet, obgleich die Ausleger ihm meistens nach-
schreiben. 94) Lucan, 3, 156. App. 2, 453. 515.
446 XXI. lULn. (31. §.43.)
209 V. CLr. -wo man gegen 4000 Pfund Gold fand und zum
TLell für die Heere verwandte,^') auch sclioiifen ihn -weder
der ältere noch der jüngere Marios im Kampfe mit den Sulla-
nern. ^*) Es ist ferner sehr glaublich, dass Cäsar bei dem
IV unsche, Alles auf scheinbar rechtmiissig-em Wege zu bewirken,
im Senat eine Anweisung beantragen Hess, und dass der Tribun
Li. Mefelhis ") mit Beziehung auf den alten Finch Einspruch
that,'") worauf der Proconsul bemerkte: durch die Eroberung
Galliens habe der Fluch seine Kraft verloren, und das Geld
selbst nahm. ' ^) Metellus wurde von ihm mit dem Tode be-
droht, als er im Vertrauen auf sein Amt, welches ihn unverletz-
lich machte, sich vor die Thiir des Tempels stellte, und diese
erbrochen , weil die Schlüssel in den Händen der Consulu
waren. "'°) Dadurch versclialfte er sich nach Plinius 26,000
Barren Goh' und 40 Blillionen Sestertien ; ') Orosius giebt we-
niger an. ') Cicero war am 13. April auf dem C'umannm durch
C. Curio von diesen Ereignissen unterrichtet, ^) und als Reduer
und Sachwalter gewohnt, auf den Beifall der Menge grosses
Gewicht zu legen, glaubte er jenem, welcher seine Wünsche
kannte, das Volk sei durch den Raub und die Gewaltthätigkeit
gegen den Tribun erbittert; Cäsars Untergang schien ihm nun
gewiss zu sein;*) dem Volke missfiel aber nichts, als dass es
nicht sofort das versprochene Geld erhielt.
Blit den inneren Angelegenheiten des Staats konnte der
Proconsul sich nicht befassen ; es ist daher an sich unwahr-
scheinlich, dass er die Söhne der von Sulla Geächteten schon
95) Liv. 27, 10. 96) 2. Th. 462. A. 1. 477. A. 29. 97) 2. Th.
57. 98) Caes. 1 , 33 spielt darauf au ; ancli Coeliiis in Cic. ad Fam.
8, 16: His inlercessiouibus plane incitatus est. Dio 41, 17. 99) App.
2 , 453. 100) Cäsar behauptet , der Schatz sei nicht verscUassen ge-
wesen. I, 14. oben §. 41. A. 27. S. aber Cic. ad Att. 7, 12: Nee
aeririnra clansam tardahit. 10, 4. ^. 3. 10, 8. Lncan. 3, 154. Pelron.
Satyr. 122. v. 292. Plut. Caes. 35. Pomp. 62. Apophlh. V. 8. p. 167.
ed. lliilt. Dio 41, 17. App. 11. cc. Zonar. 10, 8. Flor. 4, 2 {. 21. Gros.
6, 15. 1) 33, 17 (3). Nach einer andern Lesart 25,000 Gold- und
35,000 Silber -Barren ausser dem gemünzten Metall. 2) 1. c. 4135
Pfiird C.old nnd fast 9000 Pfund Silber. In einer andern Stelle 19, 15 (3)
fügt l'liiiius noch 1500 Pfnud laserpitium hinzu» 3) ad Att. 10^ 4.
5. 2. 3. 4) Das. §. 3. 10, 7. J. 3. 10, 8 12.
XXI. lüLn. (31. §.44.) 447
je(7.t Lerstellfe, ') niid liberdiess sind die meisfen Zeng'nisse da-
gegen. Er endiess den jüdischen Fürsten Aristobulus, einen Feind
des Pompejus, damit er im Osten gegen Um rüstete, '^) und gieng
nach Spanien.
§ 44.
(a. 49.) Hier stand die feindlicLe HaiipfmacLt ; aber auch
Sicilien, Sardinien nnd Africa waren in der Gewalt der Arislo-
cratie , u.:d nach Cäsars Plane sollte ihre Herrschaff im Westen
vernichtet sein, ehe er jenseits des ionischen Meeres focht. Seine
Sicherheit erforderte es, und die Rücksicht auf Rom; es konnte
die Zufulir aus jenen Provinzen nicht entbehren. ') BI. Cato,
welchem Sicilien übertragen war, ■) beeilte sich nicht, dort den
Proprälor Furfaniiis zu ersetzen, und Postumius wollle nicht
vorausgehen, obgleich der pompejanische Senat es ihm geboten
hatte ; man schickte Fannius nach der Insel. '') Indess befand
sich Cato in C'apua, wo er mit den C'onsuln Rath Jiflog, und
ihnen am 27. Januar erklärte, ohne ihn dürfe man in Rom nicht
unterhandeln, wenn Cäsar die Rückkehr gestatte; „das Drin-
gendste that er nicht." '") Doch Hess er durch seine Legaten
im untern Italien einige Tru])pen ausheben, nnd dann auch in
Sicilien, als er endlich in Syracus anlangte, und befahl den
Städten, Schilfe zu rüsten; ' ') er blieb aber zu kurze Zeit, als
dass er die Consulu hätte mit Gelde versehen können. ' ^) Sein
strengster Richter war Cicero; man sagte diesem auf seinem
Gute zu Cumä, die Siruler haben ihren Statthalter zur Ver-
Iheidigung aufgefordert, und ihm nachdrücklichen Beistand ver-
sprochen, seitdem sei er thätig geworden; er zweifelte nicht an
S) Dio 41 , 18. S. ontea f. 46. A, 69. 6) Dio I. c. Joseph.
A. J. 14, 7 (13). §. 4. S. Cabinii No. 5. §. 2. A. 17. 7) Flor. 4, 2.
^. 22: Sicilia et Sardinia, aniioiiae pignora. Liican. 3, 6ä. 8; Obeu
{. 39. A. 81. 9) ad Att. 7, 15. 10) Das. 1. c. 11) Caes.
1, 30. IMiit. Cato 53. ronip 61. 12) Man bat Denare mit seinem
IN'anien irrig biehergezogeii. A^aill. Pore. Ko. 6; sie "wnrdon entweilor in
Cvpriis gepriigt, als er die Insel iii 15esilz ualiiii, (2. Th. 262) oder a. 46
in Africa. Eckh. 5, p. 286. Auch die ßlüuze in l'arula Sicil. iitiui. p. 57.
K. Tab. 3. Ko. 25. ed. Liigd. Bat. mit der lusckrift Leul, Cos. und der
Triqueira gelil ibn iiiclil an.
448 XXI. lULH. (31, §.44.)
der MöglicLkelf, die Insel zn behaupten, woLl aber an der Be-
geisterung- ihrer Bewohner für die senaforisclie Partei. ")
Anfangs glaubte man, Flavius -werde Sicilien angreifen; ' *)
Cäsar -wählte nicht ihn , sondern C. Curio ; ' ^) Asinius Pollio,
welchen Einige als Anführer nennen, war ihm untergeordnet.'*)
Curio verweilte um die Älitte des Aprils mehrere Tage auf dem
Cumanum bei Cicero, ") obgleich er sich des Auftrags, Sicilien
und dann Africa zu erobern, vor der Rückkehr der guten Jahrszeit
zu entledigen wünschte, ehe die Flotte des Pompejus in See gieng. ' ')
Uebrigens war er voll Zuversicht; mit vier Legionen ' ^) hoffte er
seinen Gegner leicht zu besiegen ; die sechs Lictoren, welche ihn
begleiteten, weil Cäsars Senat ihn zum Proprätor der Insel er-
iiannt hatte, mussten ihre Fasces zum voraus bekränzen. - °) Bei
der Ankunft der Feinde' liess Cato sie befragen, wer sie er-
mächtigt habe, in seine Provinz einzurücken; ihre Antwort: der,
welcher über Italien herrscht, vermehrte seine Bestürzung. ' ')
Er liebte die Schlachten nicht, und auch jetzt fehlte es ihm nicht
an einem Vorwande, ihnen auszuweichen, aber gewiss suchte er
ihn nicht darin, dass er Pompejus in einer Versammlung- der
Sjracusaner wegen unterlassener Rüstungen anklagte, ° ^) sondern
er eröfiiiete ihnen, dass er nicht gegen die üebermacht unnütz
Blut vergiessen wolle , und empfahl ihnen Rahe und Unter-
werfung.'^) Seit dem Rückzuge seiner Partei aus Italien hielt
er alle Anstrengungen auf der Insel für zwecklos; er verliess
Syracus am 24. April, "*) und schiffte über Corcyra zu Pompejus.
Am wenigsten durfte Cicero ihn tadeln, ' ^) da er seine Pllichten
gänzlich vergass, und sich schon bei Curio, dem Feinde, die Er-
laubniss erwirkt hatte, über Sicilien nach irgend einer ablegenen
Gegend zu reisen;^*) allein der Feldherr, welcher jetzt die
13) ad Att. 10, 12. 14) Das. 10, 1. 15) Caes. 1, 30. Lncan.
3, 59. Dio 41, 41. App. 2, 453. 16) Plnt. Cato 53. App. 2, 452 fin.
2. Th. 4. A. 29. 17) ad Alt. 10, 4. §. 2. 3. 7. §. 1 u. 3. 18) Das.
n, ec. 19) Caes. 2, 23. 37, Tiogegea 1, 30 -wohl durch die Schuld
der Abschreiber nur drei erwähnt -nerden. 20) ad Att, 10, 4. 5- 3.
Caes. 1, 30. 21) Tlut. u. App. II. cc. vgl. oben A. 16. 22) Caes.
1. c. 23) Plnt. Cato 53. 24) ad Alt. 10, 16. §. 3. vgl. Caes.
1, 30. 31. 2, 3. 3, 4. Dio 41, 18 fin. 41. Plut, I. c. App. 2,453. Oros.
6, 15. Unten J. 47. A. 11. 25) 1. c. 26) ad Att. 10, 12 in.
vgl. 10, 4. 5. §. 2. 7. {. 3.
XXI. lULII. (31. §.44.) 449
Probe so sclJecLt bestand, naLm einst Clodius Gesetze geg'en ihn
in Scliutz, und versagte ILm noch kiirzlicL Siegsfest und Triumph,
weil seine Thaten in Cilicien nicht geniig-ten ; ^venn nun M. Au-
relius Cotta sich in Sardinien behauptete, wie noch um die Blitte
des Med in Pompeji vei-sichert wurde, „welche Schande für
Cato!"^') Cäsars Legat Q. Valerius sollte mit einer Legion
ihn vertreiben; die Sardinier kamen ihm zuvor; auf die Nach-
richt, dass er landen werde, griffen sie selbst zu den Waffen,
.und Cotta entfloh aus Caralis nach Africa. -'")
Diese Provinz ' °) hatte im J. 50 C. Considius Longus mit
dem Titel eines Proconsuls verwaltet, und bei seinem Abgange
dem Legaten O. Ligai-ius übergeben. ^'') Für das folgende Jahr
war sie vom Senat L. Aelius Tubero bestimmt, welcher wegen
Krankheit oder doch unter diesem Verwände mit seinem Sohne
Quintus Italien zu spät verliess. ' ' ) Indess viTirde P. Attius
Varus im Picenischen von den Cäsarianern zur Flucht gezwun-
gen; ^-) da er im J. 51 in Africa Proprätor gewesen war, ^^)
so kehrte er dahin zurück , und Ligarins nahm ihn auf. Seine
alten \ erbindungen erleichterten es ihm , zwei Legionen aus-
zuheben, nnd Tubero, welcher jetzt erst eintraf, zurückzuvseisen. ^'')
Nach den glücklichen Erfolgen in Sicilien hielt Curio auch diesen
neuen Gegner für unbedeutend , und doch konnte er niclit auf
seine Truppen rechnen, da sie zum Theil in Corfinium sich mit
Domitius ergeben hatten, und manche ihrer Anführer, unter an-
deren der Quästor Sex. Ouintilius Varus, im feindlichen Heere
Stauden. ^ ') Deshalb kam er mit nur 2 Legionen und 500 Reu-
tern nach Aquilaria, nicht weit vom Vorgebirge des Blerctfr und
von Clupea, wo L. Cäsar der Jüngere ^^) mit 10 Schiffen des
27) ad Alf. 10, 16. §. 3. 28) Caes. 1, 30. Lncan. 3, 64. Dio
4l, 18. App. 2, 452. 453. 29) Omninm prOTinciarnm arcem, natam ad
bellum contra hanc urbem gerendiim. Cic. p. Ligar. 7. 30) Cic. das.
1. 2. Tgl. B. Afric. 3, 33 u. hier {. 58. A. 72. 31) Caes. 1, 30.
Cic. 1. c. 7. 8. Gros. 6, 15. Hier §. 39. A. 83. 32) Hier §. 42. A. 86.
33) Caes. 1, 31. 34) Cic. I. c. I, 2. Caes. 1. c. Plut. Cato 56. 57,
Dio 41, 41. App. 2, 454. Tubero gicng zu Pompejas; sein Sohn focht
bei Pharsaliis. Cic. 1. c. 3 fin. 35) Caes. 1 , 23. 2, 28. 32. Lucan.
4, 697. Dieser Varus fiel bei Fliilippi, Vellej. 2, 71, nnd sein Sohn gegen
Arminius. 36) Oben No. 23.
Pcumann, Geschichte Roms III. OQ
450 XXI. lULII. (31. §.44.)
Vaius krpiizfe , abei' sogleicb an das Land und nach Adrnmefnm
zu der Legion des C. Considitis Long-us eutlloli. ^ ^) C'urio
schickte seine zwölf Rrieg-sscliiffe unter dem Oiiiistor M. Rufii»
gcgeu Westen nach Ulica, nnd folgte mit den Truppen langes der
Küste bis zum Flusse Bagradas zwischen jener Stadt nnd dem
allen Carthago. Hier liess er die Legionen mit dem Legaten
C. Caniniiis Rebiltis zurück, ^*) und untersuchte mit der Reuterei
das cornelische Lag'er, -welches Tom altern Scipio Africanns den
Namen hatte, und etwas über 1000 Schritt von Utica entfernt
war. Neben dieser Stadt hafte sich Attius Varus yerschanzf.
Der numidische König- Jiiba gab ihm Reuterei, weniger aus
Dankbarkeit gegen Pompejus, von welchem sein Vater Hiempsal
den Thron erhielt, ^^) als aus Hass gegen Curio, da dieser im
J. 50 als Tribun darauf antrug-, sein Reich mit dem römischen
zn vereinigen.'''') Nach einem glücklichen Gefechte seiner Reuter
bewirkte Cuiio durch Drohungen, dass 200 Schiffe mit Lebens-
mitteln in den Bereich seines Lagers kamen, -wo er als Imjjerator
begriisst wurde.*') Dann rückte er vor Utica nnd schlug die
königlichen Hiilfsvölker, welche Varns verstärken sollten. Dieser
hörte von Ueberläufern, dass alle feindlichen Soldaten ihrem Bei-
spiele gern folgen -werden, wenn er ihnen Gelegenheit dazu ver-
schaffe; er zeigte sich daher, und als nun jenseits eines kleinen
Thals auch die Cäsarianer sich aufstellten , versuchte Quiufilius
Varus, sie zu verlocken. Sein Zuruf fand keinen Anklang, aber
es gab sidi auch kein Unwille kund, und man sprach in Curios
Kriegsratlie von der Nothwendlgkeit , sich zurückzuziehen. Den
jnnge« Feldherrn empörte der Gedanke an eine solche Schmach;
er versammelte seine Soldaten: Cäsar verdanke ihrer Hingebung
bei Corfiniuni den Besitz von Italien; voll Vertrauen habe er sie
nach Afiica geschickt, wo man sie zu verführen suche, iim sich
an ihnen zu rächen ; nur wer sein eignes Unglück wolle, könne
jetzt zum Feinde übergehen, wo Cäsar auch über Spanien herr-
sche, und sein Sieg entschieden sei. Man erinnere sie an frühere
37) Caes. 2, 23. Dio 41, 41. App. 1. c. 38) 2. Th. 107.
3'J) Oben J. 5. A. 22. 40) Cacs. 2, 25. Liican. 4, Ü89. Dio 41, 41.
Eben ilcshalb und wegen der Arglist des Kumidiers hätte nicht der junge
und toUkiihno Ciu-io gegen ihn befehligen sollen. 41) Caes, 2, 26. 32.
App. 2, 455.
XXI. lüLII. (31. §.44.) 451
EiJe ; nicLt sie Laben Domiliiis , sondern er Labe sie verlassen ;
und was ilin selbst beireffe, so könne er nicht glauben, dass sie
ihn nur desLaib Imperator genannt Laben, um iLu zu verLöLnen
und desto sicherer zu verratLen. Sie nnterbracLen ihn oft; sein
Blisstrauen kränkte sie; um sich bewähren zu können forderten
sie die Schlacht, und Varus uahm sie an. Seine Renter uud
das leichte Fussvolk erlitten in dem Thale , welches die Heere
trennte, eine Niederlage; auf Rebilus Rath, den ersten Schrecken
zu benutzen, erstieg Curio die jenseitige Hochebene, und der
Feind entfloh, ohne Widerstand zu leisten, in grosser Unordnung
nach dem Lager, zum Theil selbst nach den Thoren von Utica,
wohin Varus sich in der Nacht mit allen seinen Truppen zurück-
zog. « 2)
Am andern Tage begann die Belagerung ; die Einwohner
verlangten aus Zuneigung zu Cäsar, wie dieser erzählt, aber
wohl mehr aus Furcht die Uebergabe, nnd Varus Untergang
schien gewiss zu sein, als Juba angekündigt wui-de. Curio hielt
die Nachricht anfangs für erdichtet; er glaubte nicht, dass der
König nach der Eroberung Spaniens sich zu regen wage , dann
entwich er nach dem cornelischen Lager, wohin er nun auclir
die beiden anderen Legionen und die Reutcrei in Sicilien be-
schied. Die Wahl des von Natur hallbaren Ortes in der Nähe
der Schüfe, welche ihn versorgen und aufnehmen konnten, wird
von Cäsar gebilligt; auch würde dieser es nicht verschwiegen
haben, wenn jetzt oder früher das Trinkwasser von den Nii-
midiern vergiftet und ein grosser Theil Jer Mannscliaft deshalb
erkrankt wäre. *^) Dennoch erschien Juba bald als deij ge>-
fährlichste Feind; er kannte Curios Zuversicht, uud hoffte ihn vor
der Ankunft der Verstärkungen aus einem Hinterhalte zu überfallen ;
zu dem Ende mussfeu Soldaten sich als Ueberläufer melden und
aussagen : der Rönig sei wegen eines Aufstandes und uuerwai--
telen Krieges abgerufen, nur sein Feldlierr Sabura stehe mit
einer kleinen Schaar am Bagradas. Jetzt warnte auch der er-
fahrne Rebilus vergebens ; * ') Curio entsandte in der Nacht seine
ganze Reuterei, welche die Barbaren in grosser Anzahl erschlug
42) Caes. 2, 34. 35. 43) Äff. I. c. 44) Lncan. 4, 7351-
Miilluia fiustraijuc rogatus, ut lihycas metiiat fi'auclos,
29*
452 XXI. lULII. (31. §.44.)
und iLiu die Gefang:enen zuführte, als er mit den CoLorten folgte.
Er träumte nur von KuLm und Beute , und beaclitete weder die
Ermüdung' der Reuter, von welchen nur 200 sich anschliessen
konnten, * ^) noch die brennende Hitze und den Weg durch eine
sandige Steppe, wo man nirgends Wasser fand. ") So wurde
Sabura von neuem angegriffen; auf Befehl seines Herrn, welcher
ihm 2000 Mann schickte und mit den übrigen und mit 60 Ele-
])hanten nachkam, stieg er fechtend in die Ebene liinab; hier hielt
er an; die erschöpften Römer fühlten, dass er der Stärkere wurde,
' ehe sie die Ursach erkannten , bis endlich die Geschwader vom
Heere des Königs sie auf beiden Flügeln iimgiengen, und sie in
einen Knäuel zusammen trieben , aus welchem man nicht einmal
die Verwundeten entfernen konnte.'') Es begann der ver-
nichtende Kani|)f einer aufgelös'ien Masse von Fussvolk gegen
überlegene Reulerei, welche unerreichbar üieht, wenn man vor-
dringt, und verfolgt, wenn man sich wendet. ■") Bei dem ersten
Versuche Curios, die Höhen wieder zu gewinnen, wurden auch
diese von den Numidiern besetzt, und so in einem Augenblicke
nach den schönsten Hoffnungen der Verzweiflung preis gegeben,
Zeuge , wie man die Seinigen als Opfer seiner Führung nieder-
mähte, verwarf er dag Anerbieten des Domitius, ") mit seineu
Reutern ihn zu retten ; er fiel mit dem .Schwerdte in der Hand,
und sein Kopf wurde dem Könige überbracht. ' °) Mit anderen
Erwartungen hatte er sich an Cäsar verkauft; Schwelgerei und
Schulden bereiteten iLm ein frühes Grab.") Ausser Domitius,
Rebilus und Asinius PoHio, welche auch nach Sicilien gelangten,
entkamen fast nur die IVachzügler unter den Reutern nach dem
cornelischen Lager, wo der Quästor M. Rufus mit fünf Cohorten
zurückgeblieben war. AUes eilte, sich einzuschiffen; aber die
Forcht Latte Flamma bereits mit der Flotte von der Küste ver-
45) Caes. 2, 39 fin. 41. 46) App. 2, 455. 456, Dio 41, 42.
47) Tunc primum pataere doli. Lucan, 4, 746. 48) Neqne enim licuil
procnrrcre contra, et misccre manus. Ders. 4, 772. 49) Cn. Somitias
Calvinns. Domitii Calv. No. 6. §. 2. A. 55. 50) Caes. 2, 42. 3, 10.
Lir. 110. Vellej. 2, 55. Lucan. 4, 797. 5, 40. Sneton. 36. Plia. 36, 24 (15).
{. 8. Euseb. Mo. 1960. Flor. 4, 2. §. 34. Oros. 6, 15. Dio 41, 42. App.
2, 456. 51) Momentam luit mutatus Curio rerum, GaUorum captns
■foliü et Caesaris aaro. Lncaa. 4, 819.
XXI. lULH. (31. §.44.) 453
scheocLt, und die HandelsfaLrzeiig'e , 'welcLe insbesondre Asinlns
LerbeizuscbaiFen sucLte, wurden zum Tlieil übermannt und ver-
sanken; man glaubte sogar, dass Soldaten über Bord g-eworfen
seien, -weil die Ruderer nach ihrem Gelde gelüstete.*') Ihre
WaiTengefä'Lrten am Lande ergaben sich an Attius Varus; aber
Jnba erklärte sie für seine Gefangenen und tö'dlele viele; '*) die
Angesehensten schickte er -als Geissein nach Numidien. Bei
seinem Einzüge in ülica begleiteten ihn römische Senatoren,
Servius Siilpiciiis, Licinius Damasippus und Andere; er behandelte
die Römer jetzt schon als Schützlinge, und gab ihnen Verhaltungs -
Befehle, ehe er mit dem Heere in sein Reich znrückgieng. ' *)
Ohne ihn würden sie allerdings sich nicht behauptet, und die
Flüchtlinge von Pharsaliis in Africa nicht einen neuen Kampf-
platz g-efunden haben ; der pompejanische Senat belohnte ihn mit
dem Titel König und Bundesgenoss. ")
AVenn Curio von Anfang seine ganze Macht aufgeboten
hätte, wie er es sollte, so würde es nicht dahin gekommen sein;
auch hier bestrafte sich die Abweichung von Cäsars Befehlen.
Dieser erfuhr um dieselbe Zeit**) auch in einer andern Gegend
die Ungunst des Schicksals. ") Er ernannte vor dem Feldzuge
in Spanien M. Crassus, den Sohn des Triumvir, zum Nachfolger
des abtrünnigen Labienus im cisalpinischen Gallien,") und
schickte C. Antonius , den Bruder des Marcus, nach Illyrien, nm
zu verhindern, dass der Feind sich dort festsetzte. Dann erschien
zu gleichem Zwecke und zur Beschützung der Inseln P. Dola-
bella mit einer kleinen Flotte im adriatischen Meere. ' ') Diese
wurde von der feindlichen unter M. Octavius und L. Scribonins
Libo, Legalen des Oberfeldherrn zur See M. Bibulus, gedrängt,
und Antonius , welcher ihr Beistand leisten wollte , auf der illj-
rischen Insel Coricta eingeschlossen, und durch Hunger und Ver-
52) App. 1. c. 53) Nicht aUe. B. Afric. 40. 54) Caes. 2, 44.
55) Dio 41, 42. Lncan. 5, 56. Für den Fall, dass dieser Partei der Sieg
verblieb, eia für iha sebr ■wichtiger Bescbliiss. Cic. de lege agr. 2, 22.
Oben <}. 5. A. 22. 56) App. 2, 457 in. 57) Flor. 4, 2. §. 30.
Aliqnid tarnen adversns absentem diicem ausa fortnna est circa Illyriciun et
Africam, qnasi de industria prospera eins adversis radiarentur. 58) App.
2, 453. vgl. hier {. 27. A. 66. 59) App. 2, 457 nennt ihn OctaTiun
Dolabella nnd Fompejaner ; 453 hat sr dal Richtige.
454 XXI. lULII. (31. §.45.)
rath gezwiing/en, sieb mit 15 Coliorten an Octavius zu ergeben. "")
Nur die Rrieg'er aus Oi)iterg-iiim im transpadaniscLen Gallien
tödteten einander selbst, als ibr ScLi£f nmringt war, und Wenige
retteten sich auf das feste Land. "■) '
§ 45.
(a. 49.) Durch die Verluste Cäsars in Africa und Illyrien
wurde im WesenllicLen nichts verändert; sie konnten nicht ein-
mal ungünstig auf die öffentliche Meinung wirken , da er gleich-
zeitig und fast ohne Schwerdtschlag das Heer des Poinpejus in
Spanien entwaffnete. Er gab vor seinem Abgange von Rom
dem Prätor M. Aemilius Lepidus die Würde eines Stadt -Prä-
fecten, und huldigte damit seinem Reichlhum' und ererbten An-
sehn; ^^) aber er kannte auch seine Schwäche. Deshalb übertrug-
er dem V. Tribun M. Antonius mit dem Titel eines Proprätor^^)
den Oberbefehl über die Truppen in Italien, wodurch er ihm
alle Ge^Yalt verlieh. ^') Dann reis'te er gegen die Blitte des
April nach Gallien, ^^) ohne dem Senat zu zürnen, welcher ihm
nichts versagte, oder wegen der Beraubung des Schatzes das Volk
au fürchten, so dass er etwa ans diesem Grunde nicht noch ein-
»nal auf dem Blarkte auftrat;'"'') durch solche Mährchen wurde
Cicero von C. Curio nnd M. Coelius geschreckt, damit der Ge-
danke an die Rache ihres Gebieters ihn endlich zur Rückkehr
nach Rom bestimmte. Von Ciceros Wunsche begleitet, dass er
nnterliegen möge , ® ') gieng Cäsar über Arimiuum nach den
Alpen. ^^) Wie wenig er dem Gerüchte glauben mochte, dass
60) S. das Weitere im 1. Th. 524 n. 2, 567. In des. B. C. 2 ist
der Abschnitt verloren, welcher diese Ereignisse betraf; es erhellt aas 3, i
n. 67. 61) Liv. 110. Lncan. 4, 462. Dio 41, 40. 62) Plutarch.
Anton. 6. App. 2, 453. Dio 41, 36. 1. Th. 12. 63) So nennt er sich
in einem Briefe an Cicero, ad Atl. 10, 8 fln. 64) Plnt. u. App. 11. cc,
Dio 41, IS. vgl. Cic. adAtt. 10, 3. 65) Vor dem 13. dieses Monats.
Cic. I. c. n. ad Att. 10, 4. §. 2 u. 3. Am 17. schrieb er auf der Reise
an Cicero. Das. 10, 8 fin. Caes. 1, 33. VeUej. 2, 50. Sueton. 34.
Lncan. 3, 298. Entrop. 6, 20 (16). Flor. 4, 2. §. 23. Oros. 6, 15. Dio
41, 18. riut. Caes. 36. App. 2, 453. Zonar. 10, 8. Hier f. 43. A. 62 f.
66) ad Att. 10, 4. §. 3. ad Farn. 8, 16. 67) ad Att. 10, 8 in. : Ne-
cesse est enim aiit, id qnod raaxime vplim, pclli istum ab Hispania etc<
68) Oros. 1. c.
XXI. lULII. (31. §.45.) 455
Pompejiis durcli Älauritanien zur Vertbeidig'ung' Spaniens Leran-
zieiie, ^') so war doch der Krieg im "Westen nur vorbereitend,
nur ein Zwlschenereigniss, welches ihn nicht lange beschäftigen
diiifle, und daher der Abfall Massilias, der phocäischen Colonie,
eben so unerwartet als störend. ' ") Die Einwohner wurden als
Fremdlinge von den Barbaren gehasst, und auch wegen ihres
Reichlhums von ihnen angefeindet; sie begaben sich unter rö-
mischen Schutz und bahnten dadurch schon im zweiten Jahr-
hundert vor Chr. den Legionen den Weg nach Gallien. ' ') Nun
zerllel Rom mit sich selbst ; sie sollten Avülilen. Cäsars Heer
stand in ihrer Nähe, er war aber genöthigt, es in Spanien zu
verwenden; die Eroberung- Galliens hatte Jahre erfordert, dort,
wo die Eingebornen von römischen Truppen, von Veteranen
nnterstülzt wurden, durfte er kaum auf Erfolge rechnen; und
weun er nach langen Anstrengungen siegte, so musste er dem
Feinde in Osten entgegengehen. Vielleicht fand er diesen schon
in Italien, in Gallien selbst, und Pompejas beherrschte das Meer;
seine Flotte konnte die See- und Handelsstadt einschliessen , sie
nehmen, oder auch ihr Truppen und Vorräthe zuführen; wenn
es also nicht gelang, parteilos zu bleiben, so erklärte man sich
für ihn.
Die Blassilier hatten sich aus ilirem Gebiete versorgt und
verstärkt; sie schmiedeten Walfen, rüsteten die Flotte, besserten
Blauern und Thore, und nahmen Cäsar nicht auf. Er berief die
Fünfzehn in sein Lager, welche im Käthe der 600 oder der
Timucheu den Vorsitz hatten,'*) und verlaugte im Namen der
Bepublik ihren Beistand. Auf ihren Bericht wurde ihm er-
wiedert: es gezieme der Stadt nicht, darüber zu eulscheideu, auf
wessen Seite im römischen Bürgerkriege das liecht sei; da sie
gegen Pompejus und gegen Cäsar Verpflichtungen habe, so wolle
sie weder den Einen noch den Andern uule;stiitzen. ' ^) Als
aber bald nachher L. Doniitius Ahenobarbus Cos. 54 sich Tor
69) Caes. I, 39. 70) Ders. 1, 34. tiv. 110. Veliej. 2, 50.
locan. 3, 298. Sueion. 34. Flor. 4, 2. §. 23. Oros. 6, IS. Ilio 4l, 19.
Slrabo 4, 180, 71) Oben J. J5. A. 17 f. Cic. 13 Phil. 15: Civiias
luiio reip. S(*uippr aiiiicis^^iina. de ofl", 2, S: Urbs, sine qua iiiiiit|iia(u iiosiri
imppratores ex transalpliiis boUis tiiiiiuiiUaruut. 72) Caes. 1, 35. .Slrabo
4, 179. 13) Caes. l. c. Dio 41, 19. Cic. aJ Alt. 10, 10. 12. 14.
456 XXI. lULII. (31. §.45.)
dem Hafen zeigte, wurde er nicht zuriickg'ewieseD. Er Latte in
Cosa an der etrusciscLen Küste und auf der nahe gelegenen Insel
Igilium auf eigene Kosten , aber -wolil grössleniLeils von dem
Gelde, welches ihm bei der Uebergabe von Corfinium verblieb, ' *)
sieben ScLifFe mit Sclaven, Freigelassenen und mit Lenten von
seinen Gütern bemannt, und wurde in Massilien zum Anführer
gewählt, ' ') Der Ort erhielt nun nicht bloss als Vormauer
Spaniens, sondern auch als Waffenplatz des Consulars eine hohe
Wichtigkeit, denn ihm war Gallien vom Senat zur Provinz be-
stimmt. "') Cäsar musste sich also zum Angriff entschliessen ;
er Latte drei Legionen und nach 30 Tagen auch ein kleines Ge-
schwader von 12 Schiffen, welche zu Arelate an der Mündung
der Rhone erbaut und von D. Brutus befehligt wurden.")
Allein die Lage der Stadt erschwerte sein Unternehmen, und sie
war überdiess mit allen Rriegsbedürfnissen reichUth versehen; ^*)
er durfte daher nicht hoffen , sie durch einen Handstreich zu er-
obern , und übergab das Heer dem Legaten C. Trebonius, ' ^) da
er selbst nicht länger verweilen konnte.
In Spanien , der Provinz des Pompejus , "^) erwarteten ihn
dessen Legaten mit 7 Legionen,^') unter welchen die siebente
auf der Halbinsel selbst ausgehoben war. '^) Drei standen unter
L. Afranius Cos. 60'^) in der diesseitigen Provinz, zwei unter
M. Petrejus, dem Prätorier, in der jenseitigen, und zwar in
Baetica, von Castulo am Baetis (Guadalquivir) bis zum Anas
(Guadiana), welcher jenes Land von Lusitania trennte, und eine
gleiche Zahl in diesem, westlich vom Anas, unter M. Terentius
Varro. * ') Ihre Freunde in Italien rechneten auf sie , als sie
sich in Pompejus getäuscht sahen; Trebonius, sagte man, sei in
den Pyrenäen geschlagen, und Fabins übergegangen, Afranius
74) Oben §. 42. A. 18. 73) Caes. 1, 34. 36. Cic. ad A». 9, 3.
6. 9. 15. Siiet. Nero 2. Dio 41 , 21. 76) Oben §. 39. A. 79.
77) Caes. 1, 36. Dio 41, 19. Oben §. 22. 78) Caes. 2, 1. 2.
79) Oben 5. 16. A. 85. Caes. 1, 36. Dio 1. c. 80) Oben §. 34. A. 22.
81) Caes. 1, 37. Ciceros Briefe (s. unten). Liv. 110. Vellej. 2, 50.
vgl. 48. Suelon. 34 u. 75. Lucan. 4, 1. Eutrop. 6, 20 (16). Flor. 4, 2.
§. 26. Oros. 6, 15. Plut. Caes. 36. App. 2, 453. Dio 41, 20. Zonar.
10, 8. 82) Caes I, 85. 83) I. Th. 38. 84) Caes. 1, 37. 38.
2, 17. 18.
XXI. lULU. (31. §.45.) 457
ziehe mit einem grossen Heere nach den Alpen,") und später,
Pompejus rücke darcli lUyriciim und Germanien vor, um zu ihm
za stossen. *^) Cäsar kannte seine Gegner, und fiircLtete sie
nicht;*') auch Curio war der Meinung;, Spanien gehöre ihm,
ehe er es noch erreicht habe; eben so urtheilfe Coelius, und
Cicero äusserte, um in einem trostlosen Zustande sich aufzurichten,
mit Spanien sei noch nicht Alles verloren.*') Afranius, ein
besserer Tänzer als Feldherr , konnte nur die Befehle eines
Andern vollziehen, und war ohne ^\ illeuskraft; *^) Pefrejus
zeigte eben so wenig Talent, wenn auch mehr Entschlossenheit
und Festigkeit, und Varro verdunkelte seine Zeitgenossen als
Gelehrter, aber nicht als Held. Aus der Ferne vermochte Pom-
pejus sie nicht zu leiten; er schickte Oineu seinen Vertrauten,
den Senator L. Vibullius Rufus , welcher in Italien thätig ge-
wesen, und dann in Corfinium begnadigt war, als Rathgeber
jedoch nur in einem untergeordneten Verhältnisse wirkte. ^°')
Ohne Zweifel musste er ihnen empfehlen, nicht vereinzelt za
fechten, da diess in Italien sehr geschadet hatte, und die
Pyrenäen zu bewachen. Petrejus vereinigte sich mit Afranios
östlich vom Iberus ; ( Ebro ) Varro , von welchem man oft hörte,
dass er Cäsars persönlicher Freund sei, aber seine Pflichten kenne,
Blieb im Westen.*') Unter den Eingebornen wurden 80 Co-
horten und 5000 Reuter ausgehoben. Mit fünf Legionen und
vielen Hülfstruppen lagerten die beiden Legaten bei llerda, (Le-
rida in Catalonieu ) einer Stadt im Laude der Ilergeten auf einem
Berge am nördlichen oder rechten Ufer des Sicoris ( Segre ),
welcher südwestlich den Cinga (Cinca) aufnahm und sich in den
Iberus ergoss. '-) Hier hatten sie eine feste Stellung; siedeckten
Spanien und die Zufuhr, und beherrschten die Wege im Gebirge.
Der Abfall AlassUiens hatte Cäsars Bewegungen unterbrochen.
Er befahl C. Fabius'^) mit den drei Legionen, welche bei Narbo
standen, vorauszugehen, und die Pässe an den Gränzen zu rei-
nigen; die Truppen in den entfernteren Winterquartieren nud
85) ad Au. 8, 2. 3 fin. 86) Das. 10, 9. 87) Sneton. 34.
88) ad Au. 10, 4. §. 3. ad Fam. 8, 16. ad A«. 10, 13. 89) 1. Th. 39
90) Caes. 1, 23. 34. 38. 3, 10. lüer §. 42. A; 89 u. 17. 91) Caes.
I, 38. 2, 17. 92) Ders. 1, 38. 45. 61. 63. Lucan. 4, 11—23. Dio
u. App. obeu Ä, 81. 93) Oben f. 16. A. 87.
458 XXI. lULII. (31. §.45.)
6000 Blann zu Fiiss nebst 6000 Reutern aus Gallien sollten ILin
folgen. Blan sah in der raulien Jahreszeit einem bescLwerlicLen
Gebirgskriege entgegen, und einem Kriege mit Kömern ; um der
Treue seines Heers desto gewisser zu sein , borgte Cäsar Geld
von den Trib.inen und Centurioneu und veriLeille es; jene ■svaren
gebunden, sie wussten, dass sie mit ihrem Eigeuthume wucherten,
und freudiger zog der Soldat in den Kampf. **) Fabius war
Eile zur Pflicht gemacht; er sollte den Feind iibei'raschen ; aber
die Hoffnung, ihn allein zu schlagen, verblendete ihn, zumal da
er die Pos(en in den Pyrenäen ohne Anslrenguug zurückwarf,
und eine vierte Legion unter L. Alunatius Plauens ^') zu ihm
stiess. '*) Alles begünstigte d'.e Gegner; sie hatten die Ueber-
macht, bedeutende Vorr^the, und wurden von dem grössten Theile
der Eingebornen , welche seit dem sertorianischen Kriege Pom-
pe|us ergeben waren, ^^) bereitwillig imterstiilzt, so lange sie
für die Stärkeren galten ; ihr Lager ferner stand zwischen den
beiden Flüssen auf Höhen, nördlich von Ilerda, ^') und eine
Drücke über den Sicoris neben dieser Stadt setzte sie mit dem
übrigen Lande in Verbindung, wo sie fast nichts zuriickliessen,
was zum Unterhalte dienen konnte. Dennoch gieng Fabius auf
zwei schnell erbauten Brücken über den Sicoris, um auf den»
beschränkten Gebiete zwischen ihm und dem Cinga die Pom-
pejaner anzugreifen. Bald fehlte es ihm an i<"ulter für die Pferde;
er schickte Reuter über den Fluss, welches Gefechte veranlasste,
lind endlich, weil jene ins Gedränge geriethen, L. Plancus mit
zwei Legionen ; sogleich führte Afranius 4 Legionen und die
ganze Reuterei auf dieses Ufer; bei den ungleichen Kräften
neigte sich der Sieg auf seine Seile, als die beiden anderen
Legionen des Fabius über die zweite Brücke herankamen, und
nun die Kämpfenden sich trennten. ^^)
Jetzt erschien Cäsar mit 900 Reutern, und schon am folgen-
den Tage zog er gegen den Feind. Da dieser sich zwar auf-
stellte, aber nicht angrilf, so machte das dritte Treffen unter dem
Schutze der anderen unbemerkt eüien Graben von 15 Fuss Breite,
94) Caes. I, 39. 9;>) Oben §. 16. A. 89. 9G) Ks ist dnher in
Caes. I, 37 n. 40 Iceiii Widcrsiirncli. 97) Caes. I, 48.61. 98) Uas.
], 43. 61. 63. Liicnn, 4, 14. 21. 144: CeUa Ilerda. 261: Atta U.
99) Caes. I, 40. Dio 41, ".iO.
XXI. lULU. (31. §.45.) 459
liinter welcben man nnii ohne Gefahr das Lager aufschln^; das
ältere wurde geräumt. Doch war \venig' damit gewonnen ; denn
der Versnch, einen Hiig-el zwischen dem feindlichen Lag-er und
Ilerda zu neLmen, die Pompejaner von ihren Vorräthen in der
.Stadt nnd von der Brücke abzuschneiden, endigte sich nach einem
Gelechte von fünf Stunden mit einem Rückzüge, worauf Afranius
den wichtigen Pnnrt besetzen und befestigen liess. Der Legionär
war an die Rampfart der Spanier und Lusitanier, durch welche
sie noch jetzt am furc'itbarsleu sind, nicht gewöhnt; sie fochten
einzeln, zerstreut, stets vordringend und flicliend, und in so aus-
gedehnter Linie , dass man sich jeden Augenblick iibei-flügelt
glaubte , ohne sie selbst in geschlossener RIasse erreichen zu
können. 1"°) Zwei Tage später wurden auch die beiden Brücken
des Fabius von Sturmlluthen fortgerissen, da die Ströme bei dem
Schmelzen des ScLuees in den Gebiigeu plötzlich anscliwollen.
Blan war nnn auf einem Räume von 30,000 Schritten zwischen
zwei Flüssen eingezwängt; die Verbindung mit dem übrigen
Spanien und mit Gallien hörte auf, und die Reuter, welche Futter
Iierbeiholteu , konnten nicht zurückkehren , und wurden grössfen-
theils von den Eingeborneu ersclJag'en. ') Der hohe Wasserstand
nnd die Pfeile der Pompejansr machten die Herstellung der
Brücken unmöglich, wogegen Afranius die seinige benutzte, um
einen Heerhaufen zu zersprengen, welcher mit vielen Wagen und
grossem Gepäck' am Sicoris eintraf, Fussvolk nnd Reuter ans
Gallien mit ^\ eibern und Rindern, Gesandte der dortigen Städte
nnd junge vornehme Römer. So war nun Cäsar der Belagerte 5
er bezalJle den Scheffel Getraide mit 50 Denaren und seinen
muthloseu Soldaten schwanden die Rräfte, weil er sie nicht mehr
zu sättigen vermochte. Der Zeilpunkt scMen nahe zu sein,
welchen Cicero hoffend und fürchtend ei-wartete, von welchem er
seine Reise zu Pompejus abhängig machte, nachdem jeder andre
Vorwand, niclit zu reisen, verbraucht war; -) in Rom lasen die
100) Caes. 1 , 44. 1) Ders. 1, 48 n. die Stellen in A. 81 hier.
2) ad Att. 10, 8. 9: Lacrimae meoruui nie interdnm moUiuiit, ])rocauliiim,
ut de Ilispaiüis exspecteuins. Das. 10, 12. IS. £r T\~allie zuvor bissen,
recte esse in Illspauüs , wie er sich vorsichtig auszudrücken jilegC , Das.
10, 12. 13, dass Cäsar eingeschlossen, von einem Theile seiner Trnppon
verlassen, Das. 10, 13, oder auch schon gefangen oder erschlagen sei, oli-
460 XXI. lULlI. (31. §.45.)
Optimalen mit walirer und erhencLelter Freade die Briefe des
Afranius; sie begaben sich m dessen WoLnung', den Seinigen
Glück zu wünsclien , und Viele scLifflen sich eilig nach Dyr-
rLacLium ein, damit sie vor den Berichten, scheinbar nicht in
Folge derselben, dort anlangten. ^)
Allein Cäsars Geist war stärker als das Element, welches
nicht zum ersten Male ihn zu verderben droIUe. Er brachte
leichte Fahrzeuge von der Bauart der brilannischen auf Wagen
an einen Ort am Sicoris, wo ein Theil der Truppen unbemerkt
hinüber gieng, und schon nach zwei Tagen eine Brücke stand,
weil die Arbeiter von beiden Ufern einander entgegen kamen.
Nun zog man jene Gallier und Reuter an sich , so viele sich ge-
rettet haften ; man überfiel im Felde die zerstreuten Abtheiluugen
des Afranius, dem Mangel war abgeholfen, und zur Vergrö'sserung
der Freude meldete Brutus von Massilien, dass die feindliche
Flotte geschlagen sei. Nach häufigen, empfindlichen Verlusten
wagten die bestürzten Pompejaner bald nur noch in der Nacht,
sich aus der Umgegend zu versorgen, während die Städte im
diesseitigen Spanien wetteifernd durch Gesandtschaften und reich-
liche Zufuhr Cäsar ihre Ergebenheit bezeugten, selbst entferntere
sich um seine Gunst bewarben und mehrere ihrer Coliorten zn
ihm übergiengen , zumal da das Gerücht, Pompejus führe ein
Heer durch Mauritanien herbei , Jetzt keinen Glauben mehr fand.
Jene Brücke war nun aber sehr abgelegen und ihre Erhaltung
ungewiss ; auch musste man das feindliche Lager näher um-
kreisen, um es auszuhungern; zu dem Ende zog man mehrere
Graben von 30 Fuss Breite, in welche das Wasser des Sicoris
so w^eit abgeleitet wurde , dass man ihn durchwaten konnte.
Afranius und Petrejus sahen die Folgen voraus; die treffliche
gallische Reuterei hatte die ihrige ohnehin fast ganz von der
Ebene verscheucht; sie beschlossen daher bei Octogesa, 20,000
Schritte von ihrem Lager, wo sie in Eile eine Schiffbrücke er-
bauen Hessen, über den Iberus zurückzugehen, und sich hinter
diesem Flusse aufzustellen. Dann waren sie gesichert; sie konnten
gleich der Gedanke an Pompejus Puickkehr ihn sehr bennmhigte ; oben
§. 40 in. u. §. 43. A. 52. Als er im Juni Italien verliess, ad Fam. 14, 7,
war Cäsars Schicksal noch nicht entscliieden. 3) Caes. 1 , &3. Dio
il, 21.
XXI. lULII. (31. §.45.) 461
Varro an sich zieLen, Trappen ausheben, im äassersten Falle
sich in die Gebirge werfen, und in einem fruchtbaren Lande auf
Zufuhr rechnen, ■wogeg'en Cäsar in der erschöpften Provinz Ton
Hunger und Kälte bedroht wurde, wenn es ihnen gelang, den
Krieg bis zum Winter zu verlängern; indess hoiften sie, werde
auch Pompejus sich regen, Rom wieder erobern, und seinen
Feind in Spanien aufsuchen. *) Zunächst schlagen zwei Legionen
jenseits des Sicoris ein verschanztes Lager auf, wohin die übrigen
bald nachher in der Nacht folgten ; nur zwei Cohorten blieben
in llerda. Nun galt es, den Fliehenden den Weg zu verlegen;
die Reulerei, welche durch die Furt gieng und die JVachhut an-
griff, konnte woLl Verzug bewirken, aber nicht mehr; mit Un-
geduld erwarteten die Legionen das Zeichen zum Aufbruch,
nichts fürchtend, als dass Afranius entkommen möge; Cäsar
führte sie auf ihr dringendes Verlangen durch den Fluss, nicht
ohne grosse Gefahren aber doch ohne Verlust, und in wenigen
Stunden erreichten sie den Feind.
Die Pompejaner waren nur noch 5000 Schritte von den
Gepirgspiissen entfernt ; wenn sie bis dahin gelangten, so konnte
sie nichts mehr am Uebergange über den Iberus hindern; aber
Cäsar stand zu nahe; sie mnssten sich zur Schlacht ordnen, und
jener rückte vor, so oft sie es wagten, den Rückzug fortzusetzen.
Auch ihr Versuch, in der Nacht zu ent^veichen, wurde durch
seine Wachsamkeit vereitelt ; ein absichtlich vermehrtes Geräusch
in seinem Lager gab ihnen die Gewissheit, dass er nicht ruhen
werde. Man war also genö'thigt, sich durchzuschlagen, und diess
wurde am andern Tage nach Besichtigung der Gegend be-
schlossen. Cäsar halte durch L. Decidius Saxa , einen Celt-
iberen, ') sich ebenfaUs eine genaue Ortskunde verschafft; er
verschwand mit den Legionen, und die Pompejaner jubelten; der
Mangel, hiess es, zwinge ihn zur Umkehr. Indess gieng er seit-
wärts durch tiefe, unwegsame Thäler, und zeigte sich dann plötz-
lich zur Rechten auf den Höhen. Zn spät suchte nun Afranius
bis zu den Pässen vorzudringen ; die feindliche Reuterei blieb
4) Caes. 1, 61. "Oio 4l, 22. App. 2, 454. Lacau. 4, 143. Flor. 4, 2.
{. 28. 5) Später dnrcti ihn VoHsiribun nnd SI. Antonios Frenod.
Caes. 1, 66. Cic 11 FUI. S. 13, 13. 2. Th. 513. A. 49.
462 XXi: lULn. (31. §.45.)
ihm auf den Fersen, und Leiumte ihn, so dass Cäsar früLer ziim
Ziele kam; die Coliorlen, weldie durch die Beselzung- eines Ber-
g-es eine andre Slrasse öffnen sollten, wurden niedergehauen.
Immer stürmischer äusserte sich unter den Truppen des Procon-
suls das Verlangen nach einer Schlacht; er dagegen wollte ohne
Blutvergiessen siegen, aus Menschlichkeit, wie er sagt, aus
Liebe zu den Blitbiirgern, vorzüglich aber, weil er für andere
Schlachten sparen musste. Um die Legaten noch mehr zu um-
garnen, liess er seine Reuterei zurückgehen, ^vorauf sie ihr vo-
riges Lager bezogen. Sie hatlea noch . Getraide aus Ilerda;^)
AVasser konnten sie nur dann erhalten, wenn sie den Weg' da-
hin verschanzten. Während sie die Arbeiten selbst anordneten,
■weil es das dringendste w^ar, begann zwischen üiren Soldaten
und den feindlichen ohne Zweifel auf Cäsars Anstiften ein sehr
bedenklicher Verkehr. Zuerst begrüssten sicli Freunde und Be-
kannte; dann traten auch Andere hinzu, und als man sich ver-
ständigt hatte , die Pompejaner der Verzeüiung auch für ihre An-
führer gewiss zu sein glaubten , schienen beide Lager sich in eins
zu verwandeln; C'enturione und Xriegstribune des Afranius, und
die Grossen des Landes , welche ihm als Geissein folgten , baten
um Frieden, und sogar sein Sohn ersuchte Ser. Sulx>icius «m
seine Vermittlung.
Den Legaten blieb dless nicht lange verborgen; sie kamen
zurück. Afranius liess die Seinigen gewähren, doch wohl, weil
der Sohn in seinein Auftrage gehandelt hatte ; deshalb wurde er
später des Verraths beschuldigt;') er war aber nicht erkauft, er
wollte sich vergleichen , weil er keinen Ausweg sah. Kicht so
Petrefus, welcher mit grosser Entrüstung die Fremden vertrieb,
mehrere todtete, und feierlich schwur, Pompejus treu zu bleiben;
denselben Eid forderte er von Afranius und von den Truppen,
und alle gehorchten; die feindlichen Soldaten, deren man sich in
ihren Verstecken bemächtigte , wurden hingerichtet. Cäsar er-
laubte dagegen den Pompejanern im Bereiche seines Lagers, sich
zu entfernen , ') und beförderte dadurch , was man ohnehin nicht
6) Caes. 1, 78. 7) Ders. 1 , 75. 3, 83. Pin«. Caes. 41. Pomp. 67.
Unten §. SO. A. 79 n. 81. 8) Caes. 1, 77. Uio 41, 2i. Polyaeii. strat.
8, 23. §. 28. Suet. 75.
XXI. lULIL (31. §.45.) 463
nicLr abwenden konnfe , denn man war und blieb vom Ibenis
nbjrcscbnitten, der Älangel an Meide und Wasser ^vurde immer
cinpßndlicLer, nnd diess veranlasste endlich den EntscLInss, nach
Ilerda zuriickzug'elien,'') wo sich noch VorriilLe befanden; Tar-
raco , (Tarrag-ona) für vseldies Andere stimmten, sickerte zwar
die Verbindung' mit der Flotte, ■svenn diese an der Rüste er-
schien , es war aber zu entferaf. Da die lienter ohnernchtet ili-
rer g-rossen Zahl so entmuthigt waren , dass man sie in die Mitte
nehmen musste, so bildeten leichte Truppen die iVaclihuf, und
wenn man in Thiiler hinabstieg, ganze Legionen. Bei den nn-
aufhörlichen Angrilfen der feindlichen Reuterei hatte das Heer in
längerer Zeit nur 4000 Schritte zurückgelegt, als e.s anhielt und
schanzte, um zu tauschen und einen Vorsprung zu gewinnen;
um die sechste römische .Stunde setzte es sich wieder in Bewe-
gung, aber Cäsar verfolgte mit den Legionen, und in kurzem
waren anch die Reuter, welche Futter holten, wieder zur Stelle.
Die Legaten lagerten nun fern vom Wasser in einer auch übri-
gens ungünstigen Gegend; sie konnten ihren Rückzug auf keine
andre Art mehr bewirken als durch eine Verlängerung ihrer Li-
nien in der Richtung von Ilerda; da sie also ihre Stellung fast
gar nicht veränderten, begann Cäsar, sie mit Wall und Graben
einzuschliessen. Sein Werk war schon weit fortgeschritten, und
ein grosser Theil der Lastthiere wegen Mangel an Weide vott
den Pompejanern getödtet, als diese ihm die .Schlacht anboten.
Längst hatten seine Truppen sieh nach einem entscheidenden
Kampfe gesehnt; die .Schanzarbeiten -«aren ermüdend, und sie
hielten es überdiess lür schimpflich, Fliehenden das Geleit zu ge-
ben; er versagte sich daher nicht, aber er erwartete den Angriff,
welcher nicht erfolgte. Als Afranius auch die Furt im Sicoris
besetzt fand, durch welche er entschlüpfen wollte, trug er mit
Petrejus auf eine Unterredung an , und schickte seinen .Sohn als
Geissei. Vor den Augen der beiden Heere entschuldigte er mit
demiithiger Geberde die hartnäckige Vertheidigung ; man habe nun
der Pflicht genügt, nnd bitte um Schonung. ' ") Cäsar rügte die
Verletzung des Waffenstillstandes, welchem wenigstens Petrejus
fremd geblieben war, die Ermordung seiner Soldaten, und die
9) Lucan. 4, 261. 10) Ders. 4, 337.
464 XXI. lULII. (31. §.45.)
Arglist und Ungereclitigkeit des Poinpejus und der Arisfocrafie ; •
doch möge man die Provinzen räumen und die Truppen entlassen ;
unter dieser Bedingung wolle er Alle begnadigen und niemanden
zwingen, unter seinen Adlern zu dienen. Diese Grossmutli er-
reffte die lebLafteste Freude; die Eingebornen zerstreuten sich
sogleich, und die Italer zogen mit einer Wache unter Q. Fufius
Calenus nach dem Varus (Var) an der östlichen Gränze des nar-
bonensischen Galliens,'*) wo sie sich trennen sollten; sie wur-
den nicht nur auf dem Wege unterhalten, sondern C'asar gab
ihnen auch die Beute zurück , für welche er seine Soldaten ent-
schädigte; um so mehr schickte er in den Besiegten Herolde sei-
ner Thaten und einer gleich beispiellosen Hochherzigkeit in dsis
Vaterland, obgleich der günstige Eindruck in Vielen bald wie-
der erlosch. ' ') Nach alten Calendern ergaben sich Afranius und
Petrejus am 2. August,'^) an welchem zwei Jahre später Phar-
naces unterlag. ' ') Beide wurden wortbrüchig; sie giengen mit
einem Theile ihrer Truppen wieder zu Pompejus, und starben
im J. 46 in Africa. ' ')
Am Sicoris war auch M. Varro überwanden.'^) Pompejus
Flucht und Cäsars Zug über die Pyrenäen entmuthigt& ihn; er
wünschte anfangs einen Vergleich; als er aber erfuhr, dass Mas-
silien sich mit Glück vertheidige, und der Feind an jenem Flusse
im Gedränge sei, mochte er nicht länger bei seiner zweideutigen
Rolle beharren. Seine beiden Legionen sollten im jenseitigen
Spanien den anderen zum Rückhalte dienen, ") und er säumte
jetzt nicht , sie zu ergänzen und durch 30 neu geworbene Cohor-
ten zu verstärken; die Seestädte mussten ihm Schiffe stellen, alle
11) PUn. 3, 5 (4). tncan. 1, 404. Untea §. 46. A. 43. 12) Caes.
1, 87. Liv. 110. VcUej. 2, SO. Lncan. 4, 363. Siieton. 34. 75. Euliop.
6, 20 (16). Flor. 4,2. §. 28 u. 29, Oros. 6, 15. Dio 41, 22. Pliil. Caes,
36. Pomp. 65. App. 2, 454. 13) IV Nou. Sexlil. Caleud. Maffaeior.
Capranic. Amitern. Antiat. in Fast. Verr. Flacc. p. 112. ed. Foggin. Gm-
fer. p. 133. Orell. Iiiscr. Vol. 2. p. 396. Curio beschränkt Caes. 2, 32
die Zeit des ganien Feldzngs auf 40 Tage ; er dauerte über drei Monate.
14) Calend. Anülern. 1. c. S. unten §. 55. A. 100. 15) 1. Th. 38. A.
98 f. und hier iin Folgenden. 16) Oben A. 84 u. 91. 17) Caes. 2,
17. 18. Flor. 4, 2. §. 29 giebl ihm nur eine, weil die andre tou ihiu
abGel.
XXI. lULn. (31. §.45.) 465
Provinclalen üre Waffen abgeben, Getraide liefern und Geld
zahlen; selbst die Schätze im Tempel des Hercules bei Gades
worden nicht Ton ihm verschont, die römischen Bürger in der
Provinz zn scheinbar freiwilligen Steuern gezwungen, und ver-
dächtige Gesinnungen oder unvorsichtige Reden mit Einziehung
des Vermögens bestraft. Zum \'\ affenplatze ersah er Gades auf
der gleichnamigen Insel, wo er bis zur Ankunft der pompejani-
schen Flotte sich zu behaupten oder doch günstige Bedingungen
zu erhallen hoffte. In der That konnte Cäsar ohne die grösste
GefaJir nicht länger in Spanien verweilen. Er schickte zwei Le-
gionen mit dem V.Tribun Q. Cassius Longinus'*) über den
Iberns, und folgte mit 600 Reutern; ein Befehl an die Provin-
clalen, Abgeordnete nach Corduba zu senden, in eine vom Feinde
besetzte Gegend, gieng ihm voraus, und bezeichnete diesen als
besiegt. Sogleich befreiten die Städte sich selbst; Corduba ver-
Echloss Varro die Thore; auch Carmo erklärte sich gegen ihn,
und vertrieb seine Cohorten ans der Burg; ganz Baetica gerieth
in Aufstand, und auf dem Wege nach Gades kamen ihm Boten
mit der Nachricht entgegen , C. Gallonius , ein römischer Ritter,
welchem er die Stadt anvertraut halte, sei von den Einwohnern
und von der Besatzung zur Flucht gezwungen. Der Feldzugs-
plan war vereitelt, und nun verliess eine Liegiou vor seinen
Augen das Lager, und wandte sich nach Hispalis , (Sevilla) wo
man sie mit Freudensbezeugungen empfieng. Als er erfuhr, dass
auch Italica ihn nicht aufnehmen werde, übergab er seine Le-
gion nach kurzen Unterhandlungen Sex. Cäsar, und reis'fe nach
Corduba zum Proconsul, welchem er über die Kriegscasse, die
Schiffe und Blagazine die erforderlichen Jlilthellungen machte,")
Cäsar war in dieser Provinz Quästor und Proprätor gewesen,'")
und hoffte deshalb, dass seine Worte auf dem Landtage zu Cor-
duba um so mehr Anklang finden werden ; er dankte , belohnte
Einzelne, erliess das Geld, welches Varro von den römischen
Bürgern verlangt hatte, gab eingezogene Güter zurück, und ver-
sicherte Alle seines Schutzes und seiner Znfi-iedenheif.- ') Dann
18) 2. Th. ISS. 19) Caes. 2, 20. Lit. 110. Cic. ad Fam. 9, 13.
Flor. 1. c. Dros. 6, 15. 20) Oben J. 3. A. 31. ^. 10. A. 25. 21) Caes.
2, 21. App. 2, 454.
Urumumj Gcsciuclitc Kouis IIL 30
466 XXI. lULn. {31, §.46.)
erfrente rieh ancL Gacles seiner Gegenwart ; die Stadt erhielt von
ihm das römische Bürgerrecht,'^) und der Tempel des Hercules,
Tvas ihm durch Varro entzogen war. Zum Proprätor im jensei-
tigen Spanien'*) ernannte er Q. Cassius Longinus, welcher als
Quästor des Pompejns das Land genau kennen gelernt, aber auch
die Einwohner gegen sich erbittert hatte. Er Hess ihm die bei-
den Legionen Varros zurück, und die ein und zwanzigste und
dreissigste, **) und fuhr auf den Schüfen der Gaditaner nach
Tarraco, wo ihn die Abgeordneten des diesseitigen Spaniens er-
warteten, und wieder Städte und Einzelne durch Belohnungen
ausgezeichnet wurden. Ohne in den Pyrenäen nach einem Siege
über Mitbürger Trophäen zu errichten, wie einst Pompejus nach
dem Kriege mit Sertorins, begab er sich nun in grösster Eile
über Warbo za dem Belagemngs - Heere vor Massilien. '')
§ 46.
(a. 49.) Hier befehligten seine Legaten C. Trebonins und
Decimus Brutus, jener zu Lande und dieser zur See. Es war
ihnen noch nicht gelungen, die Sfadt zu erobern, deren Verthei-
digung La Domitius leitete; sie hatten aber bereits so grosse
Fortschritte gemacht, dass fast unuiittelbaj; nach Cäsars Ankunft
die Uebergabe erfolgte. ' *) Diess verdankte er Brutns , welcher
mit geringeren Kräften das Wichtigere unternahm. Seine Flotte
bestand aus 12 schlecht gezimmerten und schwer beweglichen
Schiffen von frischem Holze, und den Ruderern fehlte es gänz-
Lch an Uebuog und Erfahrung , da er sie von Handels - F.ahr-
zeugen erhalten hatte; die Schiffe der Massilier waren dagegen
leicht, schnell und gut bemannt; der Sieg konnte ihnen nicht
entstehen, wenn sie Gelegenheit fanden, nach den Regeln der
Kunst zu fechten ; nach dem Entern sollten die Sclaven und
Bauern des Domitius und die Albiker, Menschen aus einem küh-
nen Gebirgsvolke im massilischen Gebiete die Niederlage des
Feindes vollenden.'^) Dennoch wurden sie zweimal geschlagen,
22) Liv. 110. Dio 41, 24. 2. Th. 604. A. 89. 23) B. Alex. 48,
Unten J. 46. A. 88. 24) 2. Tti. 154. A. 60. 155. Ä. 69. 25) Caes-
2, 21. Dio 1. c. 26) Oben {. 45. A. 74 — 79. 27) Caes. 1, 56
— 58. Hier §. 45. A. 75 n. 77.
XXI. lüLII. (31.5.46.) 4C7
weil Braliis auf tdinliclje Art wie im Kriego mit den Venetern - ')
uud vne die Väter Lu den panischen die Entsclieidung den Le-
gionaren iiberliess, einer aaserwäUten Blannscliaft. Er stand bei
einer Insel,- ^) Lacydon, dem Hafen von Massilien, gegenüber,*")
als Domilius voll Vertrauen zu seiner Ueberlegeulieit mit 17
grossen und vielen kleineren ScLiifen ihn angrilT, mit melireren
sich an ein einzelnes anzulegen , im Vorüberfahren die Ruder
abzustreifen und zugleich die Linie so auszudehnen suchte, dass
er ihn umgieng. Mit nm so mehr Erfolg bedienten sich, die Rö-
mer ihrer Wurf Waffen und Haken; es kam zum Handgemenge,
und Brutns siegte nach einem kurzen aber blutigen Kampfe, iu
welchem insbesondre C. Acilius, ein Soldat der zehnten Legion,
sich hervorthat, ^ ') und der Feind 9 Schiffe verlor. Gasar er-
hielt den Bericht seines Legaten bei Ilerda. ^^)
Zu Lctnde konnte weniger geschehen, weil die Stadt bis auf
den vierten Theil vom Bleere umgeben war. Trebonius liess
von zwei Seiten einen Wall von 80 Fuss Höhe anlegen, wel-
ches ihm auf einem Puncte durch ein tiefes Thal, überall aber
durch treffliche Werke mit vielen Wurfmaschinen uud dnrch Aus-
fälle der Albiker erschwert wurde. ^^) Auch schickte Pomi>eju.s
in dieser Zeit L. Nasidius mit 16 Segeln; er war diurch die
Meerenge von SicUien gegangen, ohne von Curio bemerkt zu
werden, und hatte sich sogar in Messana eines Schiffs bemäch-
tigt. Die JMassiUer waren hoch erfreut; ihre Flotte vereinigte
sich mit ihm bei Tauroenta, einem östlich gelegenen Xiist«n-
platze, nud bildete den rechten FliigeL J3ald darauf näherte sich
Brutus mit 18 Schiffen, unter welchen 6 zu den eroberten ge-
hörten. In der Sladt fiillten sich die Tempel; man flehte tmi
Sieg; Andere begaben sich auf die Mauern und Cänuue, und
streckten mit banger Erwartuug die Arme zum Himmel; ihr
Blick ruhte auf dem Meere, dort waren die Väter, Gatten und
Söhne, auch die Männer und Jünglinge aus den ersten Geschlech-
tern, und jede Familie zitterte zugleich für die Ihrigen und für
28) Hier §. 22. 29) Alela 2, 7 fin. rechnet sie zn den Stoecliaden.
30) Ders. 2, 5. Eustath. za Dionys. Per. V. 7S. 31) Val. Max. 3, 2.
§. 22. Saeton. 68. Plul. Caes. 16. 32) Caes. 1 , 57 — 59. Lir. 110.
Lncan. 3, 538. Ftor. 4, 2, J. 24. 25. Sidon. carm. 23, v. 16. Dio 41, 21.
33) Caes. 2, 1. 2.
30*
468 XXI, lULII. (31. $.46.)
die allgemeine FrelLe:t. Die Hoffnung dieser ScLaaren , Zengen
des Kampfs zu sein, wurde Tereitelt; man schlug sicL in zu
grosser Feme '*) Durcli das vorige Treffen gewarnt, sncLien
die Gtiechen besonders das Entern zu verLindern ; so oft eine
Trireme mit den Haken ergriffen wurde , eilten andere zu ihrem
Beistande hinzu, und dann fochten die Albiker mit gewohnter
Tapferkeit Mann gegen Mann, während die Bogenschützen auf
den Böten die Römer mit Pfeilen bedeckten; Brutus selbst ge-
rieth in Gefahr, mit seinem Schiffe genommen zu werden. Da
er indess ohnerachtet der üebermacht des Feindes nicht bei dem
ersten Angriff unterlag, so hielt Nasidius die Schlacht flir ver-
loren; man kämpfte noch mit gleichem Glücke, noch hatte er
kein Schiff eingebiisst, als er niit seinem ganzen Geschwader nach
dem diesseitigen Spanien entfloh, und sogar eine Trireme der
Bundesgenossen mit sich fortriss. ^ ') Dadurch wurden mm auch
die Griechen zum Rückzüge gezwungen, nachdem 5 ihrer Schiffe
in Grund gebohrt und 4 erobert waren. ^ 6)
Sie wagten es nicht mehr, den Hafen zu verlassen, aber
sie verzweifelten nicht, da Domitius sie in dem Wahne bestärkte,
dass Ponipejus sich mit seiner Land« und Seemacht nach dem
Westen wenden und Massilien entsetzen werde. Gegen Brutus
durch die Dämme an der Küste gesichert, fürchteten sie jetzt nur
Trebonius, welcher auf seinem rechten Flügel einen steinernen
Thurm von 6 Stockwerken errichtete, und zwischen ihm und
der Stadtmauer ein Sturmdach von 60 Fuss Länge. Auch dieses
Werk war so fest, und durch eine Bekleidung gegen Feuer so
wohl verwahrt, dass die Griechen ohne Erfolg Felsblöcke und
brennende Tonnen hinabwälzten. Unter seinem Schutze brachten
die römischen Soldaten den feindlichen Thurm mit Brecheisen
zum Wanken, während andere von dem diesseitigen mit Pfeilen
und Wurfmaschinen die Vertheidiger zur Flucht zwangen. Um
das Aergste abzuwenden baten die Belagerten um einen Waffen-
stillstand; man erwarte Cäsar, sobald er eintreffe, werden sie
sich ergeben; Trebonius war es ohnehin untersagt, die Stadt mit
34) Ders. 2, 7 fin. 35) Man findet ihn später bei den Pomppja-
nernia Africa. Cic. ad Att. 11, 17. 36) Caes. 2, 6. 7. 23. Liv. 110.
Dio ii , 25.
XXI. lULIl. (31. §.46.) 469
.Sfnrm zu erobern, weil man bei der Erbitterung seiner Krieger
IMord und Plüuderuiig kaum verhüten konnte; der Antrag wurde
f;euehmigt. ") Jene murrten über die nnzeilige Ruhe und den
> orenthaltenen Lohn; arglistige Absichten ahndete niemand, als
die Feinde an einem jMittage bei heftigem Winde die Sorglosig-
keit der Römer benutzten, und Wall, Thurm und Blaschinen, das
Werk vieler Monate , mit Feuer rernichteten. Am folgenden
Tage wandten sie sich mit denselben Zerstörnngsmitteln gegen
den linken Flügel, wo man nun aber gewarnt war, und sie zu-
rückschlug. Die Belagerer hatten in kurzem Alles wiederherge-
Btellt , und in solcher Nähe , dass sie ihre Spiesse mit der Hand
auf die Alauern schleudern, und die feindlichen Maschinen dage-
gen nicht wirken konnten; ein Thurm wurde umgeworfen, auch
ein grosser Theil der Mauer drohte einzustürzen, die Vorräfhe
5n der Stadt waren erschöpft und der Genuss ungesunder Nah-
rung erzeugte Seuchen : man musste von neuem unterhandeln.
Domitius mochte diess nicht erwarten ; er gieng in See, während
ein Sturm die Verfolgung erschwerte; doch entkam er allein;
Beine Freunde kehrten mit den anderen beiden Schiffen ans Furcht
vor Brutus, welcher sie angriff, in den Hafen zurück.^') Mit
grossen Besorgnissen^ sahen die Massilier der Strafe ihrer Treu-
losigkeit entgegen , als Cäsar Jetzt aus Spanien anlangte. Aber
der Ruf der Milde, mit welcher er bis dahin alle Ueberwundenen
behandelt hatte, sollte ihm nach Italien und auch nach Griechen
land vorausgehen , und die Gemüther ihm günstig stimmen ; des-
halb liess er niemanden tödten , und die Stadt blieb dem Namen
nach frei; übrigens musste sie ihre Waffen und Schifle und das
Geld im Schatze ausliefern , dem grössten Theile ihres Gebiets
entsagen,") und eine Besatzung von zwei Legionen aufiieh-
men. *")
Ehe Cäsar mit den anderen Truppen nach Italien aufbrach,
erhielt er die Nachricht, dass er auf den Antrag des Prätor und
Stadtpräfecten M, Lepidns*') vom Volke zum Dictator gewählt
37) Caes. 2, 13. 38) Domidi Alien. No. 8. A. 55. 39) Dia
41, 25. Oros. 6, 15. vgl. Caes. I, 34 n. über ihre Colonien Strabo 4, 180.
40) Caes. 2, 22. Cic. 8 Phil. 6. 13, 15. ad Au. 14, 14. de offic. 2, 8.
Lir. llOl Flor. 4, 2. $. 25. Oros. I. c. Strabo 4, 181. Diol. c. 41)Obea
f. 45 in.
470 XXI. lULIL (31. §.46.)
eel. * ^) So halte er es geboten , damit er in dieser Eigenscliaft
Verfiig'iing'en machen und bei der Wahl der höheren Magistrate
den Vorsitz führen konnte. Einen mag-ister eqnituu) ernannte er
nicht, und auch diess war gegen die Verfassung,
Er beschleunigte die Reise über die Alpen , weil unter den
Ijegionen, welche die pompejanischen nach dem Varus begleitet
Latten,'^) bei Placentia am Padus eine Meuterei entstand. Die
neunte insbesondre'*) verlangte im Bewusstsein ihres Ruhms
und ihrer Unentbehrlichkeit den Abschied, weil angeblich Alter
und Erschöpfung nach so vielen Feldzügen ihr nicht länger zu
dienen erlaube.*') In der That erbitterte sie Cäsars Grossmuth
gegen die Feinde; in Spanien hatte man diesen das Erbeutete
zurückgeben müssen, Massilien wurde nicht geplündert, nnd nun
sollte man durch eine strenge JRIanuszucht auch Italien versöhnen,
statt eine Anweisung auf Geld und Gut der Bürger zu erhalten ;
der Krieg gegen das Vaterland erschien als ein Verbrechen, Cä-
sar als ein Empörer, der Lagereid verpflichtete nicht mehr. *^)
Man hoffte es wenigstens zu erzwingen , dass er die fünf Minen
zahlte,*') fü'r die Verluste in Spanien entschädigte, und fernere
Dienste mit neuen Zusagen erkaufte, **) Der Imperator traf
einen glücklichen Mittelweg; wie er auch gesprochen haben
42) Caes. 2, 21. 3, 1. Lncan. 5, 382. Fast. cap. a. 704. Dio 4l, 36.
43, 1. App. 2, 457. Er ernannte sicli also weder selbst, n. am iprenig-
sten schon TOr dem Felilznge in Spanien, Entrop. 6, 20 (16). Flor. 4, 2.
Ji. 1. (welcher ihn zu dieser Zeit Consul werden lässt) noch wählte ihn
der Senat, Flut. Caes. 37. Zonar. 10, 8; auch erfolgte die Ernennung
nicht erst nach seiner Anknnft in Rom, App. 1. c. Cicero hatte früher dio
Aeussernng des Lepidus getadelt, ein PrUtor könne Consnlar-Comitien hal-
ten , ad Alt. 9,9. §. 3. aber bald entstand der Verdacht in ihm , dass
man so verfahren werde. Das. 9, 15: Rapiemur, aul absentes Texabimnr;
Tel nt consules reget praetor, "vel dictatorem dicat, qnonira nentrum ins
est. Sed si Sulla potuit elGcere, ab inierrege nt dictator diceretnr, CU|.
hie non possit? S. 2. Tfa. 476. A. 10. 43) Oben §. 45. A. 11-
44) Sueton. 69. App. 2, 457. Oben §. 16. 45) Dio 41, 26; 35. Cäsar
übergeht diese Ereignisse, oder es findet sich auch hier in seinen Cuiu-
mentareu eine Lücke. 46) Rheni mihi Caesar in unrtis dnx erat, hie
socins. Facinus quos inquinat , aeipiat, Lncan. 5 , 289. 47) App. 1. c.
Oben {. 43. A, 67, 48) l'raemia miles dum maiora potit, damnat can-
samtjuc ducemque. Luc. 5 , 246.
XXI. lULll. (31. §.46.) 471
inag',*^) so zeJg'fe er doch eiue ruLige, wilrdevolle Haltung; er
bestraffe den Aufruhr, und bewillig'te zugleich, was man begehrte,
diese Züchtigung aber war die empfindlichste. Demnach liess er
den Gesetzen gemäss auter 120 Rädelsführern der neunten Le-
gion den zehnten nach der Entscheidung des Looses hinrichten,
folglich 12; für einen der Verurtheilten trat der Centurio ein,
welcher ihn fälschlich angeklagt hatte; der Legion kündigte er
an, dass sie entlassen sei, und nur auf ihre dringenden Bitten
und nach den nnzweideutigsten Beweisen der Heue gestattete er
ihr, unter den Waffen zu bleiben.
Bei seiner Rückkehr nach Rom *°) überzeugte er sich von
der treuen und kraftvollen Verwaltung des M. Antonius, dessei»
anstössiges Privatleben ihn nicht berührte und ohne Rüge blieb.' •)
Mochte er dadurch selbst Missfallea erregen, so war man doch
sehr erfreut, dass er auch jetzt seine Feinde nicht verfolgte; '^)
die Dictatur hatte keinen verwerflichen Zweck, sie soUle nur
Einrichtungen begründen, welche dem Unbefangenen als noth-
wendig und nützlich erschienen. Demnach wurden zunächst die
Geldverpflichtungen keineswegs von ihm aufgehoben, wie die
Reichen und Rechtlichen fürchteten,' ') und seine schwelgerischen
jungen Freunde holften, sondern er gab ein Gesetz, wodurch er
beiden Parteien half und die betreifenden gerichtlichen Klagen
niederschlug. Deis Vertrauen war im Kriege gesunken; jeder be-
durfte, was er verliehen hatte, und niemand zalJte; Härte und
absichtliches Zurüekziehen des Baaren aus dem Verkehre von
der einen, Unvermögen und böser Wille, welchem der geringe
Preis der Güter bei der allgemeinen Unsicherheit zum Verwände
diente, von der andern Seite vereinigten sich, das Uebel zu ver-
grössern. ") Wie schwer es war, Geld zu erhalten, oder auch
nur das eigene wieder zu bekommen , ergiebt sich ans Ciceros
Briefen. ' *) Nun sollten Schiedsrichter den Werth der Grund-
49) S. die erdiclitete Rede bei Dio I. c. App. 1. c. bei welcliein offea-
bar für IItJ(>t'ia> narnito röiuot zn leseu ist, (Casaub.) führt nur -wenige
Worte an. 50) Caes. 2, 22. Sneton. 35. 51) 1. Th. 70. Hier J.
45 in. 52) Oben §. 40. A. 53. 53) Oben 1. c. Caes. 3,1. Cic. ad
Alt. 7, 11. 10, 8. Daher treffen die Bemerkungen de otfic. 2, 22 den
Dictator nicht. 54) Dio 41, 38. 55) ad Att. 7, 18. 9, 9« Num-
luoniiu Caritas. 10, II. ad Farn. 2, 16. §. I Gn. vgl, Caes. I. c.
472 XXI. lULn, (31. §.46.)
stücke, welclicn sie ror dem Biirg'erkriege gehabt hatten, bestim-
uieu , und die Schuldner sie mit Berechnung dieses Werthes den
Gläubigern abtreten, (',:jnomni cessio) jedoch die schon gezahlten
oder verschriebenen Zinsen ^^) abziehen dürfen,") wodurch
der Gläubiger etwa den vierten Theil des Capitals verlor.")
Diess konnte leicht die Folge haben , dass man sein Geld yer-
schloss, zumal da man noch immer vom Dictator oder von Pom-
pejus Proscriplionen erwartete, oder doch nicht wusste, ob die
Güter wieder im Preise steigen werden; deshalb beforderte Cäsar
den Geldumlauf durch ein Gesetz, nach welchem niemand mehr
als 15,000 Denare baar besitzen, jedoch auch in dieser Angele-
genheit kein Sclav gegen seinen Herrn zeugen durfte. * ^)
Dann gedachte er der Verbannten, eine scheinbare Gerech-
tigkeit, wodurch der Sieger in bürgerlichen Unruhen die Gegner
dem Hasse preis giebt, und die eigene Partei verstärkt. Daher
erwartete Cicero , dass Cäsar „ausser unzähligen anderen auch
dieses Verbrechen begehen werde;" es empörte ihn, als man ihm
56) Sneton. 42: Si quid nsnrae nomiae nnmeratTun ant perscriptnm
fuisset, nach Doker's richtiger Erklärnng zu Lir. 24, 18, vrenn der Schuld-
ner eine Anweisung auf seine Schuldner gegeben hatte; von Sicherstellnng
durch Hypothek. (Wolf zu Snet. 1. c.) yrar gar nicht die Rede, sondern
von einer endlichen Regulierung dieser Verhältnisse, von einer gänzlichen
Auseinandersetzung. 57) Kicht TOm letzten Lnstralschlnss gerechnet»
(Schultz Staalswiss. d. Rüm. S. 394) und nicht Yom Anfange des Kriegs,
welcher üherdiess erst ein nicht zwei Jahre gedauert hatte , ( Rein Rom.
PriTatrecht S. 311) sondern vom Zeitpnncte der nn-wirksam gebliebenen
Kündigung. Aehnliches besagte das ^Gesetz der Tribüne C. Licinius n d
l. Sextius T. J. 376 T. Chr. LiT. 6, 35. 58) Sueton. 1. c. Folglich
hatte die Stockung im Geldverkehre bei der gewissen Aussicht auf Krieg
schon im vorigen Jahre begonnen, man kannte schon die Zinsen von 2
Jahren oder 24 p. C. verrechnen , welche man gezahlt oder angewiesen
hatte, seit das Capital znrückgefordert war. Caesar 3, 1. 20, Dio 41, 37.
38. Tgl. 42, 22. 51. PInt, Caes 37. App. 2, 458. Cic. ad Att. 12, 28.
J, 5. 13, 33 in u. sein Spott über diese Anordnung, weil Cäsar ihr Ur-
heber war, ad Farn. 9, 16. J. 2; M. Coelins verfuhr a. 48 nicht so scho-
nend. 2. Tb. 420. 59) I>io 41, 38. Tacit. A 6. 16. Unter Tiber
wnrden Viele verurlheilt, qnod pnrtem rei familiaris in pecnnia haberent,
Suet. Tiber. 49; der Kaiser dachte nicht an das allgemeine Beste, sondern
ou soino Sicherheit; ohne Ould konnte man sich nicht gegen ihn ver-
schwüren.
XXI. lULU. (31. §.46.) 473
sagte f Jass es fest bescLlossen sei, als Curio es bestätigte, nnd
M. Antonios auf seiner berüchtigten Reise durch Italien den Un-
glücklichen das Ende ihrer Leiden öffentlich verkündigte; ®°) auch
Ser. Snlpicius äusserte im höchsten Unmuth : wenn man die Exi_
lirten zurückrufe, so werde er selbst ins Exil gehen. ^') Cäsar
erzählt, nicht genau nnd mit absichtlichen Abweichungen Yon
der^iVahrheit , im Anfange des Bürgerkriegs haben Römer, wel-
che in Folge des pompejischen Gesetzes gegen Amtserschleichung
vom J. 52 verurtheilt worden,*^) ihm ihre Dienste angeboten;
er habe diess dankbar anerk£innt, aber dem Volke nicht vorgrei-
fen woUen, und nun durch Prätoren und Tribüne ^^) auf Ge-
setze, mithin auf Privilegien antragen lassen, wodurch Einigen die
Rückkehr gestattet sei. ^*) So Termied er freilich den Schein
einer Anmassong, die Verfügung wurde unumstösslich und die
Blenge ihm verpflichtet. Seine Fürsorge beschränkte sich aber
nicht auf jene Verurlheilten, oder gar nur auf einige; er nannte
das Gesetz des Pompejus, weil in ihm die Willkühr am stärk-
sten hervortrat, aber er liess auch solche begnadigen, welche sich
anderer Vergehen schuldig gemacht hatten, wie das Beispiel des
Gabinins beweis't. ^ ') Dagegen ist auch die Nachricht unge-
gründet , dass alle Verbannte zurückgekommen seien , nur Älilo
nicht, ^^) vielleicht weil er in den Aufstand der Massilier ver-
wickelt war; auch C. Antonius Cos. 63 müsste noch länger
büssen,*') nnd ohne Zweifel er nicht allein.
Cicero war schon in den Lagern der Aristocratie ; dennoch
wurde er auf das empfindlichste dadurch verletzt, dass Gabinius,
das Werkzeug des Clodius bei seiner eigenen Verbannung, wie-
der in Rom erschien, und Milo, sein Vertheidiger , nnbeachfet
blieb. Sogleich erfolgte eine neue Demüthigung; er hatte als
Cousnl die Verordnung Sullas gültig erhalten, welche die Nach-
kommen der Proscribirten von den Aemtern ausschloss, ^*) jetzt
60) ad Am. 7, 11. 9, 14. 10, 4. §. 3. 10, 8. 13. Vgl. ad Fara. 15,
19. 61) ad Att. 10, 14. 62) 2. Th. 352. A. 5. 63) Beson-
ders, dnrch M. Anlonias. Cic. 2 Phil. 38. 64) Caes. 3, 1. vgl. Sueton.
41. Plul. Caes. 37. App. 2, 458. Dio 4l , 36. 43, 27. Zonar. 10, 8.
65) Gabinii No. 5. §. 3 Cn. §. 4 in. 66) App. 1. c. Dio 41 , 36, 42,
24. vgl. VeUej. 2 , 68. n. 1. Th. S. 48 o, 60. 67) 1. Th. 70. A. 63.
540. 68) 2. Th. 479.
69) PInt. Caes. 37. Dio 41, 18 setzt es vor den Feldzng in Spanien,
(oben §. 43. A 5.) Vcllej. 2, 43. {. 4 in Cäsars Aedililät. Snet. 41. Tgl.
Dio 44, 47. 45, 17. Cic. ad Att. 9, 14. 70) Dio 41, 36. Tacit. A.
II, 24. 71) Oben {. 3. A. 32. 33. 72) Dio 37, 9. 73) Sne-
ton. 9. 2. Th. 88. A. 87. 74) Oben J. 14. A. 76. §. 36. A. 20 f.
75) Cic. ad Att. 7, 7. § 6. «d Farn. 16, 12 (11). 76) Caes. B C.
3, 87. 77) Cic. de offic. 3, 22. 78) App. 2. 458. 79) Dio
41, 39. Oben ^. 41 A. 28.
474 XXI. lULlI. (31. §.46.)
■WTirde sie als eine Grausamkeit g-egen ünscLuldig'e aufgeboben,*')
und damit Pompejtis uud den übrigen SuUanem das Urtlieil ge-
sprochen.
Viel länger bescLäfligte Cäsar ein andrer Plan , dessen Aus- -
füLrimg nun ebenfaUs keine Schwierigkeiten hatte ; er verschjLffte
den Transpadanern das römische Bürgerrecht. ' °) Es Tvar eine
Ehrensache für ihn, weil er fast seit seinem ersten Öifentlichen
Auftreten dahin wirkte. Auf dem Gebiete dieser Provincialen
■wollte er sich gegen Kom be'waifnen , er suchte daher zeitig ihre
Gunst; man glaubte schon im J. 68, dass er mit ihnen einyer-
standen sei;'') drei Jahre später, als die Censoren M. Crassus
und Q. Catuhis über diese Angelegenheit miteinander stritten,'*)
verbreitete sich wahrend der ersten caliliuarischen Verschwörung
das Gerücht, er werde sie für die Meuterer nach Rom entbie-
ten,") und unter seinem Consulat verlieh das Tatinische Gesetz
vorerst der Colonie Comiim das Bürgerrecht, wodurch er zum
grossen Missvergnügen der Optimaten von neuem in allen ande-
ren Hoffnungen erregte.'*) Jetzt konnte er endlich sein Wort
lösen, die Wünsche treuer Anhänger erfüllen, welche ihn als
Patron ehrten,' ') und ihn auch ferner mit ihrem kräftigen Arme
nnterstützten , ' ^) deren Forderung selbst der strenge Aristocrat
C. Cnrio der Vater als billig anerkannt und nur aus Rücksicht
auf die Interessen Roms verworfen hatte.") Doch wurde auch
die Menge in der Stadt nicht vergessen; er vertheilte Getraide,
weU es daran felilte,'") und entschädigte sich durch die Weih-
geschenke in den Tempeln. ' ')
Dem Sieger war es vergönnt und die Dictetnr heiligte die
Willkühr Alles für das Volk, und nichts ohne das Volk, blieb
auch ferner sein Wahlspruch. Er zeigte sich ihm als Candidat,
lim zum zweiten Blale Cousul zu werden; ein Beweis, dass er
XXI. lULH. (31. §.46.) 475
aus keinem nnJem Gmude mit der ArfsfocraHe zerf\illen war,
(lass er nur sein g'utes Recht begehrte, *") nur die Weihe und
die Befug-niss zur Vertlieidigung' des Volks. ^') Da aber die
Consaln abwesend und die Zwisctenkönige immer Patricier wa-
ren , unter deren Vorsitze der Erfolg' der Comitien sich nicht ver-
bürgen liess,"') und der Prätor M. Lepidus nach dem Augii-
ralrechte bei der Wahl höherer IMagistrate nicht einschreiten
durfte,*^) so war Cäsar Dictator geworden, um die Bürger selbst
zu versammeln; er wurde gewählt, und Kiit ihm P. Servilins
Isaaricns. * ') Dann folgten die Comitien für die übrigen 3Ia-
gistrate, *') und die Verfügungen über die Provinzen:'^) M.
Lepidus sollte das diesseitige Spanien mit dem Titel eines Pro-
consuls verwalten;*') im Jenseitigen blieb Q. Cassius; **) A. Po-
stuniius Albinus erhielt Sicilien ; Sex. Peducäus Sardinien ; D. Bru-
tus das trcinsalpinische Gallien, imd M. Calidius das diesseitige.
Cäsar war im Begriff, auch die andre Hälfte des Reichs zu
befreien ; daher geziemte ihm die Feier des Lateiner - Festes
überdiess eine Pflicht der Consuln vor der Eröffnung eines Feld-
zngs, welche die jetzigen vernachlässigt hatten. *ä) Diess Alles
erforderte nur elf Tage, nach welchen er die Dictafur nieder-
legte,'") und noch vor dem Ende des Jahrs bei seinem Hee-
re in Brundnsium eintraf, ' ') um den Feind zu überra-
80) Is enim erat annns, qao per leges ei consnlem fieri liceret; Caes.
8,1. zehn Jahre nach dem ersten Consnlat. LiT. 7, 42. 81) Oricmn u.
andere Städte nahmen ihn anf, vfeil er Consnl -war; Caes. 3, H. 12. Ajip.
2 , 461. Soldaten im feindlichen Heere erklärten : sese contra civem et
consnlem arma non latnros, Caes. 3, 21 ; nnd er selbst behauptete : Con-
troversias regnm ad populnm R. et ad se , qnod esset consnl , pertinere.
Das. 3, 107. 82) Fermagni eins interest, rem ad interregnom non -ve-
nire. Cic. ad Att. 9, 9. §. 3. 83) Cic. I. c. n. ad Att. 9, 15. 84) Caes
3, 1. 21. 107. B Alex. 68. Val. M. 8,3. §. 2. VeUej. 2, 53. Snelon.
76. Lncan. 5, 389: Addidit fasces aqnilis. Flor. 4, 2. J. 21 irrt in der
Zeit. Dio 41, 43. 42, 17. Plut. Caes. 37. App. 2, 457. Zonar. 10, 8.
Fast. cap. a. 705. Morell. thes. Caes. Tab. 2. N». 67. Tab. 5. So. 22.
Ursin, Fam. Rom. p. 114. VaiUnnt Inlü Ao. 18. 85) Caes. 3, 2. Dio
41, 43. 86) App. 2, 457 fm. 87) Das. o. 1. Th. 12. A. 51.
88) Oben §. 45. A. 23. 89) Caes. 3, 2. Oben §. 41. §. 26. 90) Caes.
I. c. Uio 41, 36. Plut. Caes. 37. App. n Zon. 11. cc. 91) In de«
letzten Tagen des J. ehe er das Consnlat übernahm, Dio 41, 39 j im Win-
476 XXI. lULlI. (31. §.47.)
scten. ") Das Volk g-ab ILm das Geleite, aber unter einem
inissfalligen Zuruf, es bat um Frieden , ^ ^ ) in einer Zeit , wo
selbst die Knaben als Pompejaner und Cäsarianer mit einander
fochten. 9*) »
§ 47.
(a. 49.) Indess Latte ancL Pompejus gerüstet. Er war am
17. März von JBrnndusium abgegangen, um den Consuln nach
Dyrrhachium (Durazzo) zu folgen,*') welches die Alten ein-
stimmig als den Landungspunct bezeichnen. ^ 6) Appian unter-
scheidet^') eine tiefer im Lande liegende Stadt Epidamnns und
einen Hafenplatz Dyrrhachium. JNach geiner Erzählung liessen
sich in diesem Corcjräer nieder, und nannten ihn wie die Stadt»
■weU sie in seinem Namen eine unglückliche Vorbedeutung fan-
den, als sei er wegen Klippen und Brandung, ^ya;^/«, schwer za
erreichen ; später führte man den altern wieder ein. Diess strei-
tet mit der Geschichte , und auch Strabo bezieht beide Namen
auf denselben Ort, welcher den zweiJen von der Halbinsel Djrr-
hachium erhielt, wo er erbaut war. ^*) Die Römer dachten bei
Epidamnus allerdings an .Schaden, Verlust, damnum, es ist aber
nicht wahrscheinlich, dass sie zuerst diesen Namen durch den
jungem verdrängten, durch einen griechischen, welcher überdiess
auch UnheU verkündigte , obgleich der römische Soldat es nicht
Wusste. ^ ') Bei den griechischen Schriflstellem findet man auch
in späterer Zeit noch den altern. "'°) Da die Stadt zum ehe-
ter, ders. 41, 44. Fiat. Anton. 7. Flor. 4, 2. ^.36; im December (nach
der unbericlitigten Jahrform) zur Zeil der Winter -Sonnenwende, Plnt.
Caes. 37. Pomp. 65. App. 2, 458. 460 fin. S. unten §. 48. A. 63.
92) Dio 41, 44. App. 2, 460. 93) App. 2, 458. 94) Dio 41, 39.
Dasselbe erzählt er 50, 8 in der Geschichte des Kriegs von Actiura; es
ist nicht nnglanhlich , dass es sich unter gleichen Umständen wiederholte.
1. Th. 471. A. 42. 95) Oben §. 43. A. 51. 96) Caes. 1, 25. 27.
Vellej. 2, 49. Oros. 6, 15. Dio 41, 14. Plntarch. Pomp. 62. Caes. 35.
App. 2, 451. 452. 97) I. c. Tgl. Pansan. 6, 10. 98) Strabo 7, 316.
Schol. zu Thucyd. I, 24. 99) Plant. Menaechm. A. 1. Sc. 1. t. 38:
Propterea hnic nrbi nomcn Epidamno inditnm est, qnia nemo fcrmo huc sine
damno divortitnr. Flin. 3, 26 (23). Mela 2, 3. Dio 4l, 49. 100) App.
4, 650. vgl. Dio 47, 37.
XXL lULn, (31. §.47.) 477
inaligen Lande der paTtLinJschen Elyrier nnd dann znr Provinz
IVIacedonien gehörte, ') so gieng- Pompejus uiclit nach Epirus,')
überhaupt zunächst nicht nach Griechenland,^) Es brachte ihn in
eine ungünstige Stellung, dass er Rom und dann auch ItaUen
verliess, schon deshalb, 'vveil ein solcher Rückzug grosses Auf-
sehn erregte , und ihn des Vortheils beraubte , durch Senat nnd
Volk zu wirken; er erschien als der Feind des Vaterlandes,
welcher sich in die Arme der Barbaren warf, um es zu bekrie-
gen , es anszuhungem , zu plündern , nnd die Bürger zu ermor-
den ; *) daher konnte man Erdbeben , Sonnenfinsteruiss nnd an-
dere Anzeichen in dieser Zeit sowohl auf ihn als auf Italien
deuten. *) Wenn er nun aber zur Flucht genöthigt wurde, so
durfte er auch nicht geringen Gewinn davon er^varten, dass er
gerade in lUjrien lagerte. Sein Name war im Osten gefeiert;
man bewunderte ihn dort als den Ueberwinder des furchtbaren
Mithridat und der Seeräuber, der Geissei der Menschheit;*) fast
alle Dynasten kannten ihn persönlich, und die Völker, welche
von Cäsar nnd dessen Thaten im fernen Gallien wenig oder
nichts vernahmen , waren an den Gehorsam gegen ihn gewöhnt ;
sie hatten Ueberflnss an Schiffen, Reutern und leichten Truppen,
und öffneten auf sein Gebot ihre Schätze, ihre Vorräthe und Ha-
fen ; ' ) selbst ein Theil seiner Veteranen stand hier noch unter
den AVaffen, oder er konnte sie leicht von den Orten ihrer An-
siedlung heranziehen und auch durch Söldner verstärken, und
eine Frist von beinahe einem Jahre verschaffte ihm der Winter
die Flotte und der spanische Krieg. *)
Seine Landmacht bestand aus neun Legionen; ^) fünf waren
1) Dio 41, 12. 15. 49. Pint. Anton. 7. Bmt. 4. Cic. p. Ugar. 9.
Sneton. 35. 2. Th. 69. 72. Cäsar gebtanclit in seinen Comment. den Na-
men 3Iacedanien im engeren nnd ■weiteren Sinne. Unten §. 48. A. 67.
2) App. 2, 452. Flor. 4, 2. f. 35. 3) Liv. 110. Entrop. 6, 19 (16).
Oros. 6, 15. 4) Cic. ad Att. 8, 11. 9, 7. 9. 10. 19. 10, 4. Oben f.
40. A. 30. 5) Lncan. 1, 522. Pio 41, 14. 6) Lncan. 2, 633:
Euphraten Kilonqne mo^e, qno nominis nsqne nostri fnma Tenit. 8, 320 t
Qnas magis in terras nostmm felicibus actis nomen abil, aut nnde redit
maiore trinmpho? 7) Caes. 3, 3 f. Plut. Pomp. 64. App. 2, 451. 458.
Enuop. 6, 20 (16): Tolins orieuüs auxjlia, 8) Caes. 3, 3. 9) Ders,
3, 4. App. 2, 458.
478 XXI. lüLIL (31. §.47.)
ihm ans Italien g'efolgt, niid unter diesen die I und III, beide
früher in Cäsars Heere, die letzte als XV;'") eine kam mit M.
Cato aus Sicilien, die Zwillings - Legion , gemella, genannt, weil
zwei unvollzählige in ihr vereinigt wurden;'') eine aus Greta
und Macedonien , ebenfalls Veteranen, welche nach ihrer Entlas-
sung in diesen Provinzen zurückgeblieben waren; zwei endlich
liess der Consul L. Lentulus in Asia ausheben. Ausserdem er-
wartete man Pompejus Schwiegervater, Metelhis Scipio Cos. 52,
mit zwei Legionen aus Syrien; '^) daher spricht Appian von elf.
Zur Ergänzung dienten die Cohorten des C. Antonius, mithin Ge-
fangene,'^) und die Neugeworbenen aus Griechenland, wo aber
Appius Claudius Cos. 54 wenig Eifer zeigte und bald in völliger
Uuthätigkeit auf Euböa sein Leben beschloss. ' ') Sie wurden
von 3000 Bogenschützen aus Greta, Griechenland und Asien,
und von zwei Cohorten Schleuderer unterstützt. Unter den 7000
Reutern befanden sich viele römische Ritter und andere junge
Männer ans den reichsten und angesehensten Familien in Italien;
die Mehrzahl stellten abhängige und befreundete Fürsten: ' ^) De-
jotarus in Galatien, welcher mit seinem Enkel Castor selbst er-
schien ; * ^) Ariobarzanes iu Cappadocien ; Gotys in Thracien, des.
sen Sohn Sadales die Mannschaft befehligte;") Rhascnpolis, der
Anführer einer andern ihracischeu Reuferschaar; ' *) Tarcondimo-
tus im obern Cilicieu ; '^) DonUaus in Galatien, nnd Autiochus
10) Oben §. 16. A. 4 n. 21. 11) Oben §. 44. A. 24. 12) Caes.
3, 4. Fiat. Pomp. 62. App. 2, 458. Hier §. 39. A. 79. §. 42. A. 59. 2.
Th. 46. A. 9. 13) Oben J. 44. A. 60. 14) 2. Tb. 197. A. 14.
15) Caes. u. App. U. cc. «. 471. 475. Dio 41, 55. 60. VeUej. 2, 51.
Plut. Pomp. 64. Flor. 4, 2. §. 5. Oros. 6, 15. 16) Caes. 1. c. App.
2, 458. 472, Dio 41, 63. Lncan. S, 55. Cic. p. Deiot. 4. 5. 10. de divin.
1, 15. Flor. 1. c. 17) Caes. 1. c. n. 3, 36. VeUej. 2, 129. Lucan.
S, 54. Flor. 1. c. Dio 4l, 51- 63. 47, 25. Eckh. 2, 58. 18) Caes. 3, 4
lässt ihn aus (der Provinz) Macedonien kommen; er vrar ein Thracier-
vgl. Tacit. A. 2, 64. Sueton. Tiber. 37. VeUej. 1. c. Lncan. 5, 55. Dio
47, 25. 48. 2. Th. 138. 139, Ueber die Terschiedenen Formen seines
Wamens s. Turneb. Adv. 14, 17. Fabric xn Dio 47, 25 n. Oudend. za
Caes. I. c. Die Münzen haben Rhascuporis. Eckh. 2 , 59. 19) Caes.
1. c. Lucan. 9, 219. Dio 41, 63. Auch sein Name ist vielfach entstellt;
in dieser Form findet er sich bei Cic, ad Farn. 15, 1. Strabo 14, 676.
Flor. 4, 2. §. 5. E. das. Dnker. Tarcondariu;s Castor bei Caes. I. c. er-
XXI. lULlI. (31. §.47.) 479
in Comma^eiie, Ton welcLera man besonders Bogenschützen zu
Pferde erhielt;^") er verdankte es Pompejiis, dass sein kleiner
Staat a. 64 nicLt mit dem übrigen Syrien dem römischen JReiche
einverleibt wurde. ^ ') 500 Reuter, ■welche seit der Herstellung
des Ptolemäns Auleies durch A. Gabinius a. 55 in Alexandrien
waren, brachte Cn, Pompe jus der Sohn mit der Flotte zurück; '^)
andere wurden unter den Dardaniern , Blacedoniern und Thessa-
lien! gemielhet oder geworben. Man vergass selbst das schmach-
volle Schicksal des M. Crassus, um sich parthische zu verschaf-
fen. Luccejus Hirrus*^) begab sich zu dem Könige Orodes, wel-
cher für seine Hülfe Sjrien forderte, nnd als man nicht darauf
eingieng, den Gesandten ins GefJingniss warf. ^ ') Auch Phar-
naces, der Sohn Mithridates des Grossen, mischte sich jetzt nicht
in den Krieg; ^') er hoffte ihn zur Eroberung des väterlichen
Reichs zu benutzen, da ihm nur ein Theil des bosporanischeu
verblieben war. ^ *)
Pompejus durfte darauf rechnen, dass er dem Feinde an Trup-
penzahl und besonders an Reuterei überlegen sein werde, und
klärt sich durch Strabo 12, 568: Tarcond. vrar der Schwiegersohn des
Dejotams n. Vater des Castor. 20) Caes, 3 , 4. App. 2 , 458.
21) App. Mith. 244. 251. Strabo 16, 749. Dio 35, 2. 49, 20. vgl. Cic. ad
Farn. 15, 1. 22; Caes. 1. c. n. 3, 103. Gabinii No. 5. §. 2. 23) Oben
§. 42. A. 91 n. nntea §. SO. A. 80. 24) Caes. 3, 82. Dio 41, 55.
42 , 2. 44 , 45. Justin. 42 , 4 nennt die Parther irrig nuter Pompejus Bun-
desgenossen. Zur Zeit der Schlacht bei Pharsalns war Hirrus noch nicht
zurückgekehrt, n. die Optimaten, welche in der zuversichtlichen Erwartung
des Siegs über die Ehrenstelleu stritten, konnten sich nicht darüber eini-
gen, ob er als Abwesender in den nächsten priilorischen Comiiien zn be-
rücksichtigen sei. Cäsar begnadigte ihn n. er kam wieder nach Rom. Dann
aber wurde er a, 43 von den Triumiriru geächtet. Er rettete sich unter
dem Beistande treuer Sclaven, u. verstärkte sich durch andere, so dass er
in Bruttien selbst Städte brandschatzen konnte, bis eine überlegene Machl
ihn zur Flucht nach Sicilien zwang. Hier trug er mit Fannius u, anderen
Geächteten durch Ueberredung dazu bei, dass Pompejus Bithynicus, der
Statthalter der Insel, deren Besitz Sex. Pompejus nicht länger streitig
machte. Caes. 1. c. App. 4, 614 638. Dio 48, 17. LiT. 123. S. Sex.
Pompeius. 25) Dio 41, 55. 63 42, 47. 44, 45. B. Alex. 69. 70.
Eutr0|i. 6, 22 (17) sagt das GegenlheiL S. unten f. 55. A. 60. 26) Dio
37, 14. Pompej. lllv, a. 63. Ueber die Gesammtzahl der Landtruppen s.
unten.
480 5^1- lULH« (31. §.47.)
nocli entsciüeclener war seine UebermacLt zur See. Griechen-
laud, Asien, Aegy^iten nnd die Inseln rüsteten für ihn,") so
dass er im Anfange des folgenden Jalirs an 600 KriegsscLilTe zn
seiner Verfügung' Latte. ^*) Sie sicherten ihm die Zufuhr, ein
unennesslicher Vortheil, und bildeten ein Bollwerk gegen Cäsars
furchtbare Legionen; aber in dieser Beziehung \Tusste man sie
nicht zu gebrauchen. Anfangs war der Oberbefehl M. Cato zuge-
dacht, welcher in Asien und Rhodus Truppen und Schiffe sammelte ;
Pompejus änderte seinen Entschluss, weil Theophanes nnd andere
Günstlinge daran erinnerten , dass er nach Cäsars Wiederlage auch
ihn in die Schranken des Privatmanns zurückweisen werde. ^ ')
Seiue Untüchtigkeit war kein Hinderniss, denn die Wahl fiel nun
auf M. Bibulus. ^ °) Die asiatischen Schiffe führten unter dessen
Leitung D. Laelius und C. Valerius Triarius , Volks - Tribun
a. 51;^') die rhodischen C. Marcellus nnd C. Coponius;^')
die syrischen, phoenicischen und cilicischen C. Cassius Longinus,
jetzt V.Tribun und später Cäsars Mörder;'^) die aegyptischen,
deren Zahl auf 50 berechnet wird,'*) Cn. Pompejus, der ältere
Sohn des Oberfeldherrn;*') die liburnischen und achäischen L.
Scribonius Libo und jifl. Octavius. * ^) Zur Unterhaltung einer
so grossen Land- und Seemacht bedurfte man bedeutende Vorrä-
the und Geld; die Provinzen und Bundesgenossen mussten liefern
und zahlen, und die Pächter die ölfentlichen Einkünfte in das
La-i-er schicken;") unter Anderem liess der Proquästor in Ma-
cedonien T. Antistius in Apollonia münzen.*^) Jetzt also konnte
es Pompejus nicht mehr an Gelde fehlen , * ^) wenn er auch frü-
Ler bei Cicero und sonst Anleihen gemacht hatte, vielleicLt nur
27) Caes. 3, 3. S. Cic. aä Att. 9,9. J. 2. 28) App. 2, 4S9j
600, unter welchen gegen 100 mit Römern bemannt waren, ausser den
Lastschiffen. Dio 41, 52. Plut. Pomp. 64. Cato 54: mehr als 500 grosse
n. viele kleinere. Nach iler pharsal. Schlacht standen bei Corcyra noch
300. App. 2, 482. 29) l'lut. Cato 54. 30) Caes. 3, 5. Plnt. I. c,
App. 2, 459. Dio 41, 44. 31) Caes. 3, 5. 7. 92. Cic. Brut. 70. ad
Farn. 8, 7. unten §. 51. A. 36. 32) Caes. 3, 5. 26. 33) Ders. 3,
5. 101. Dio 42, 13. 2. Th. 121. 34) Caes. 3, 111. von App. 2, 472
auf 60. vgl. Dio 42, 2. 35) Caes. 3, 5. 40. Plut. Pomp. 62. 36) Caes.
3, S. Oben §. 44 fm. 37) Caes. 3, 3. 5. App. 2, 458. 38) Cic.
ad Fam. 13, 29. 1. Th. 56. Ko. 10. 39) ad Alt. 10, 4. 11, 3.
XXI. rULII. (31. §.47.) 481
bei Rlännern von zweideutiger Gesinnung', welche er dadurcli
binden wollte. ♦")
Obgleich nie ein Römer über so viele Fürsten gebot,*') go
lag doch in seiner Stellung etwas gehässiges ; denn er erschien
als ein orientalischer Grosskönig, als Anführer der Unterjochten,
welche siegreich in die Thore von Rom einzuziehen und auch
für seine Triumphe sich zu rächen hofften. Die Bemerkungen
der Alten über diese Verhältnisse sind zum Theil nur der Nach-
hall von Ciceros Klagen,'-) doch schonen sie auch Cäsar nicht.
„70,000 Römer, einen Cäsar und Pompejus an der Spitze, wür-
den unwiderstehlich gewesen sein ; aber die Ehrgeizigen , beide
vor dem Rjiege als unüberwindlich gepriesen, wollten lieber er-
proben, wer unter ihnen der Grössere sei, den Barbaren lieber
die Freude gewähren, fliehende Römer zu sehen, lieber die
Gränzen des Reichs mit Schlachtfeldern bezeichnen, wo Römer
im Kampfe mit einander bluteten und unterlagen, als vereinigt
Germanien, Scjthien, Parthien, alle Länder bis zum Indus er-
obern."*^) Allein Pompejus handelte nicht aus freier Wahl;
er büsste für seine Fehler, und ahndete vielleicht, dass diese
Massen nur bestimmt waren, ihm das Grabgeleite zu geben. *')
Schon ihre Verschiedenheit in Abstammung, Sprache, Sitte und
Bildung machte ihnen ein kräftiges Zusammenwirken unmöglich; ^ ')
es fehlte ihnen überdiess an Bluth, besonders den asiatischen,*^)
nud grösstenthcils auch an Erfahrung und an Fertigkeit im Dien-
ste;*') man musste sie üben, wobei Pompejus selbst thätig war,
mit seinem Beispiele voraugieng , und durch Versprechungen den
Eifer zu wecken suchte.*') Er wollte mit diesen Hülfsvölkern
die Städ-'e besetzen, damit er die italischen Tru]>pen, den Kern
des Heers, nicht zu schwächen brauchte, oder auc'i in der Schlacht
den Raum mit ihnen ausfüllen , und sie dem besiegten Feinde
40) ad Att. 11, 13. §. 4. 4l) Lncan. 3, 287. 42) Oben A. 4.
43) Dio 41, 13. Plut. Pomp. 70. Eulrop. 6, 21 (16). Gros. 6, 15. 17.
44) Lncan. 3, 291 : Diguas Innere Magni exseqnias Forlnua dedit. 45) Ders.
3, 288 : Coiere nee nnqnam tarn \ariae cultn geutes, tarn ilissona Tolgi ora.
App. 2 , 475. 46) Dio 41 , SS fin. App. 2, 472. 47) Cic. ad Farn.
7,3: Signa tirone et colleclido exercitn cum Icgionitus robnslissiinii eon-
luUt. Dio 41, 61. Pia». Pomp. 71. 48) ^Plnt. Pomp. ü4. App. 2, 458.
Lncan. 5 , 49.
Dcumann, Cescliiclite Korns III. ^ 31
482 XXI. lULII. (31. $.47.)
naclisen^eii. In so fem imferliess er nichts, was Jetzt nocli ge-
scLeLen konnte; es ist aber äusserst befremdlicL, dass er aiicli iu
diesem Winter, wie im Torigen iiberfalleu wurde; die Jahrszeit
und die Flotte, welche gemessene Befehle erhielt, das Meer zu
bewachen, machten ihn sicher. Daher schickte er die Truppen
nach einer kurzen Anrede*^) in die Winterlager, nnd diese er-
streckten sich von Djrrhachium bis Beröa und Thessalonich,*»)
wo er selbst mit den Senatoren und Consuln z»i bleiben und die
noch übrigen Verstärkungen aus Asien zu erwarten beschloss.")
M. Bibulus fuhr mit 110 Schiffen nach Corcyra und vertheilte die
anderen Schiffe in die Städte an der Ostkiiste des adriatischen
Meers. '=)
In Thessalonich, dem Sitze der auswärtigen Republik, wur-
den alle Formen der Verwaltung beobachtet, so weit die Um-
stände es erlaubten ; man weihte ein Gebäude zu Versammlungen
des Senats, da an 200 seiner Mitglieder und unter diesen viele
Consulare gegenwärtig waren,' ^) und er verlängerte darauf Pom
pejus den Oberbefehl,'*) und übertrug den Consuln, Prätoren
n. s. f. die bisherige Gewalt mit dem Titel Proconsuln und Pro-
prätoren auch für das nächste Jahr, weil man nicht Comitien hal-
ten, nicht Magistrate wählen und sie durch Curiatgesetze zur
Rriegfiihrung ermächtigen konnte. ' ') Auch wurde auf Catos
Antrag beschlossen, das Leben der Gefangenen zu schonen, und
die Städte nur dann zu plündern, wenn sie sich empörten; '®)
aber niemand gehorchte, und die Vorsicht dss Pompejus, welcher
seine Gemahlinn Cornelia mit dem Jüngern Sohne Sextus nach
Lesbos schickte, machte einen ungünstigen Eindruck auf das
Heer. »')
49) Lange u. begeisternde Reden zn halten war ihm nicht gegeben.
App. 2, 459 leiht ihm Worte und Gedanken. SO) Caes. 3, 5. Veliej.
2, 51. Dio 41, 18. 43, 44. l'lut. Pomp. 64. App. 2, 460. 51) Dio 11. cc.
52) Caes. 3, 5. 7. App. 2, 458. 460. VeUej. 1. c. 53) Dio 41, 43.
Plut. Pomp. 64. 65. Eiitrop. 6, 20 (16). Oben J. 45. A. 3. 54) Lu-
can. 5, 46. 55) Dio 1. c. 56) Plnt. Pomp. 65. Gato 53. 57) Plui.
Pomp. 06. 74. App. 5, 747. Dio 42, 2. 5. Zonar. 10, 9. Lucan. 5, 724.
801. 8, 151. 190. 205. 2. Th. 49. Aach Sexlus; Lucan. 6, 420. 827.
Tgl. 8, 205 lässt ihn bei Fharsalns fechten. Veliej. 2, 53, auf welchen
Bimard iu Murator. Ihes. inscr. T, I. p. 6 f, sich bezieht, spricht von der
XXI. lULII, (31. §.48.) 483
§ 48.
a. 48. Cäsar Cos. 11 befand sicL im Anfange des Jalirs in
Bnindusium, '^) wohin 12 Legionen''') und die ganze Reuterei
bescLiedeu waren. ^'') Sie Latten durch den Feldziig in Spauieu
iu Folge der Beschwerden und durch die R.raukLeiten , welche
die feuchte Herbstluft an der apulischen Rüste erzeugte, viele
JMannschan verloren; dennoch fehlte es an Fahrzeugen, um alle
zugleich nach Illjrieu überzusetzen,^') -svie sehr CäsEir diess auch
wünschen musste, damit die Feinde, welchen er nur 12 Kriegs-
schiife entgegenstellen konnte, vor der Ausiührung von seinem
Unternehmen keine Renntniss erhielten.^-) Die Soldaten ge-
horchten , als er sie aufforderte , den Tross mit dem Gepäck' zu-
rückzulassen, weil er den Raum verenge, und freudig glaubten
sie ihm , als er nach Art der Eroberer den nächsten Kampf als
den letzlfen bezeichnete, und Beute und reichlichen Lohn verhiess.
Am 4. Januar nach der nnberichtigten Jahrform, ^^) in der Thut
aber im Spällierbst, gieug er mit 7 Legionen*') oder mit 15,000
Mann, zu Fuss und 600 Reutern in See. Am andern Tage lan-
dete er im südlichen lllyrien an der Gränze von Epirns, am Vor-
gebirge Acroceraunia, der äussersten Spitze der cerauuischeu
Berge, *') bei einem öden Ankerplätze Palaeste,*^) etwas über
Flacht des Vaters im Allgemeinen, oline die Zeit vor n. nach dessen An-
kunft bei Rlitylene zn unterscheiden. Vgl- J. 49- A. 40. §. 52. A, 69.
58) Oben§. 46 Cn. 59) Caes. 3, 2. TgL 6 n. 29. Nach Flor. 4, 2.
j. 5 belief sich ihre Zahl nnr auf 11; nach App. 2, 458 n. Senec. ep.
104 nur anf 10. 60) App. I, c. giebt ihm 10,000 gallische Renter; ob-
gleich gallische nnd germanische unter ihm dienten, Flor. 1. c. so ist jene
Stelle doch offenbar Terfälscht, 600 begleiteten ihn, 800 führte ihm Auto-
«ÜDS ZD, ein Theil blieb noch znrück, Caes. 3, 2. 29. Bei Pharsalns war
ihm Pompejns (oben J. 47. A. 15) in dieser AVaffe bei iiveitem überlegen.
61) Oben J. 43. A. 68. 62) Caes. 3, 2. 7. Sueton. 58. Flor. 4, 2.
§. 37. 63) Caes. 3, 6. Flut. Caes. 37. App. 2, 461. lUjr. c. 12. ed.
Schw. Dio 41, 44. Oben §. 46. A. 91. 64) Caes. 1. c. App. I. c. nn-
terstützt die hier vorgezogene Lesart, detji er lässt während der Einschif-
fung noch 2 in Brnndnsinm eintreffen n. mit den fünf anderen aligehen.
Plnt. I. c. ervTähnt nur fünf. Sie waren nicht vollzählig. 65) Caes.
I. c. Dio 41, 44. App. 1. c. u. VeUej. 2, 51. Lucan. 5, 403. 457.
66) Luc. 5 , 460. Einen Ort Fharsalia kennt hier niemand als dio Ab-
schreiber in Caes. 3,6; bei einigem Zweifel, wie der Name za lesen sei,
31*
484 XXI. lULn. (31. §.48.)
400 Sladien oder 10 g'eograpLiscLe Meilen von Brnnclusiam. "')
In geringer Entfernung gegen Norden überwinterte ein poin-
pejauiscLes Geschwader in Oricum , und südlich in Corcyra
M. Bibulus. Er hatte es überflüssig gefunden, auf dem Meere
zu kreuzen; jetzt erkannte er die schrecklichen Folgen seiner
Kachlässigkeit; der Feind am Lande, das eigene Heer zerstreut
und fern, der OberfeldLerr nichts ahndend in Thessalonich ; doch
war bei Cäsars geringen Mitteln ohne Zweifel nur ein Theil
seiner Legionen übergesetzt; man mussfe den übrigen entgegen-
gehen, sie vernichten, und die Tollkühnen auf der diesseitigen
Küste von Italien abschneiden; bestürzt und entschlossen, die
Benutzung seiner Fehler blutig zu rächen, eilte er nnverzüglicli
auf das Meer, und verbrannte 30 von den Schiffen, welche unler
Fufius Calenus Führung zurückgiengen, um Truppen nachzuholen,
ohne Erbarmen mit der Mannschaft. ^^) Auch die Unterbefehls-
Laber brachen auf seinen Wink aus ihren Hafen hervor; sie
Terbreiteten sich von Oricum nördlich hinauf bis Salonä in Dal-
matien, und suchten zugleich die Anha'nger des Feindes auf den
Inseln und Küsten zu entwaffnen, Diess gelang aber nicht
überall ; M. Octavius ^ ^) bemächtigte sich der dalmatischen Insel
Issa; die römischen Bürger in Salonä widerstanden dagegen mit
ihren Sclaven, und zwangen ihn zuletzt diuxh die Erstürmung seiner
fünf Lager zur Flrcht; er wandte sich nach Dyrrhachium. '")
Dieser Ort, die Niederlage aller Kriegsbedürfnisse, war
anch Cäsars Ziel ; wenn er ihn vor Pompejus erreichte , so hafte
er einen Stützpunkt, einen sichern Landungsplatz, genügende
Vorräthe für die Truppen, und Heer und Flotte der Feinde
wurden getrennt; demnach zog er gegen Norden. Die Küsten-
bewohner vertrauten seiner Kühnheit und seinem Glück ; mochten
vrählten sie den, welcher ihnen gerade bei diesem Werke am meisten vor
der Seele schwebte. 67) Straho 6, 281. Die Alten sind anch hiev ia
ihren Angaben nicht genan ; darnach schilTie er nach Macedoiiien, Sneton. 35.
oben {. 47. A. 1, oder Griechenland, Liv. 110. Entro)). 6, 20 (16); Andere
nennen Städte, -welche später in seine Gewalt geriethen, oder auf deren
Gebiete er schtng, als den Ort, wo er anlegte, Dy rrhachinni , Snet. -68,
»nd Oricnin. Plnt. Pomp. 65. Caes. 37. FJor. 4, 2. {. 37. 68) Caes.
3, 8. Dio 41, 44. Uuteu A. 81. 69) Oben J,. 44 fin. §. 47. A. 36.
70) Caes. 3, 9.
XXI. lULII. (31. §.48.) 485
sie auch nur ein Jocli gegen das andre vertauschen , so konnte
es doch nicht arger mit ihnen werden , als unter der eisernen
Hand der Arisfocratie, und einen willkommenen Vorwand zum
Abfall gewährte das Consulat. '') L. Torquatns ergab sich ia
Oricum, weil die Besatzung gegen den Consnl nicht fechten
wollte, und die Einwohner im Begriff waren, ihm die Thore za
offnen; grössere Wichtigkeit hatte Apollonia; hier schickte sich
L. Staberins zur Vertheidigung £in; er befestigte die Burg und
forderte Geissein von der Stadt; diese aber verweigerte sie, da
man sich gegen die Beschlüsse des römischen Volks nicht auf-
lehnen dürfe, und Staberius entfloh. Aus der ganzen Umgegend,
selbst aus Epirns trafen Gesandte ein , Cäsar Gehorsam zu ge-
loben.'^) Pompejus war nicht mehr in Thessalonich, sondern
in den candavischen Gebirgen in Illyrien, der Westküste näher,
und ohne Zweifel schon durch die Seinigen von der Ankunft
des Gegners unterrichtet, ' ^) als L. Vibullins Rufus, sein Vertrauter,
und zweimal Cäsars Gefangener,") ihm mit Friedensanträgen
entgegenkam: noch sei es Zeit, die AVaffen niederzulegen; beide
Theile können noch mit Ehren unterhandeln nnd die Entscheidung
Senat und Volk anheimstellen, wenn sie öffentlich schwören,
dass sie innerhalb diei Tage ihi-e Heere entlassen wollen ; gern
werde Cäsar mit seinem Beispiele vorangehen. ]\Ian kannte ihn,
seine Versöhnlichkeit, welche ihn nicht abhielt, fortwährend vor-
zudringen, ") und nur die Schuld von ihm auf Andere wälzen
sollte; mehr durfte er auch jetzt nicht hoffen, denn Pompejus
ruhte weder Tag noch Nacht; er gönnte den Truppen nicht die
Zeit zum Blahle, und war zufrieden, wenn nur die grössere
Masse sich forlbewegte, wälirend Viele vor Ermattung zuriick-
blieben, oder aus Furcht bei dem oft erneuerten Gerüchte, der
Feind sei da, die AVaffen wegwarfen und sich zerstreuten. Die
Uebrigen gelangten von Fackelschein nnd gegenseitigem Zuruf
geleitet durch die wilden Schluchten ' *) nach D^-rrhachium, und
lagerten neben der Stadt, wo Labicnus zuerst, dann die anderen
71) Oben f. 46. A. 81. 72) Caes. 3, 11. 12. Flor. 1. c. DIo
41, 45. Flut. Caes. 37. 38. Pomp. 63. App. 2, 461. 462. Zonar. 10, 8.
73) Caes. 3, 11 -nird «Hess geläiignet. 74) Oben §. 45. A. 90.
75) Oben J. 38 fin. J. 43. A. 35. 41 u. 79. 76) Pec deserta Can-
da^iac. Senec. ep. 31.
486 XXI. lULn. (31. §.48.)
AnfiiLrer nnJ zuletzt die Soldaten sich eidlich Teri>flichtefen, was
auch geschehen möge, Pompejus nicht zu verlassen.'") Der
grosse Wurf war Cäsar misslungen; er hielt an, und verschanzte
sich zwischen ApoIIonia und jener Stadt am Apsus (Chrevasta).
Hier wolhe er unter Zelten von Fellen seine Truppen aus Italien
erwarten , und die Feinde beobachten, welche ihm gegenüber ein
Lager aufschlugen, durch den Fluss aber wegen seiner bedeutenden
Tiefe zunächst an der Mündung nicht vorzudringen vermochten. ")
Deshalb konnte er ohne Gefahr mit einer Legion sich ent-
fernen, und die Städte im Süden bis Bnthrotum in Epirus be-
setzen. ") Er hoffte dadurch die Flotte zu verscheuchen, welche
mit grossen Beschwerden ihre Bedürfnisse , selbst Holz und
Wasser, von Corcyra bezog und noch mehr durch Krankheiten
litt, weil das Land ihr verschlossen und die Mannschaft stets der
kalten und feuchten Seeluft preis gegeben war. Bibulus begriff
dagegen, dass er unter keiner Bedingung weichen dürfe; die
Verstärkungen des Feindes standen in Brundusium bereit; '")
Fufius Calenus hatte sie schon eingeschifft, und nur auf Cäsars
Warnung, die Strasse sei nicht offen, in den Hafen zurück-
geführt. Ein Fahrzeug versuchte, sich durchzuschleichen, ni^
wurde bei Oricum von Bibulus genommen, welcher Freie und
Sclaven bis auf die Kinder ermorden liess. Seine Grausamkeit
war ein neues Hindemiss einer Einigung,^') und wenn Cäsar
sie übersah, so empfand er doch selbst als vieljähriger Feind
einen so tiefen Groll gegen ihn, dass nur die grösste Noth ihn
be%vegen konnte, sich ihm zu nähern.*^) Zum Vermittler
wählte er Scribonius Libo. Dieser war bei Oricum zu ihm ge-
stossen, *'^) und machte den dort befehligenden Legaten M'. Aci-
lius und Statins Marcus die Anzeige, dass man eine Unterredung
wünsche. Für Cäsar lag kein Vortheil darin; Verzug war für
ihn Verlust, aber er durfte nicht aus der Rolle fallen, die Sen-
dung des Vibullius liess eine Antwort erwarten, er kam daher
77) Caes. 3, 10 — 13. PInt. roitip. 65. App. 2, 462. 78) Caes.
3, 13. 30. Lncaii. 5, 462. App. 2, 463. Dio 41, 47. 79) Caes. 3, 16.
«0) l'liU. Caes. 37, App. I. c. 81) Caes. 3. 14. tH.eii A. 6«.
82) Caes. 3, 16. Ölen §. 4. A. 40. 5. 9 in. §. U f. 83) Auf dem
Bloere, denn App. 2, 462 fm. irrt; die Pompejauer hatten die Stadt niclii
\>ioder erobert.
XXI. lULII. (31. $.48.) 487
von BntLrotam nach Oricam, wo Libo ihn ersuclite, einen Waffen-
stillstand zu schliessen , nnd ihm seine Fordernng'en vorzulegen,
damit er sie Pompeins mittheilen könne , welcher zum Frieden
g-eueigt sei. Folglich hatte er keine Vollmacht, nicht einmal
einen Auftrag, man wollte nur die Schiffe versorgen, und die
Kranken absetzen ; Cäsar verlangte daher Bürgschaft für die
Sicherheit der Gesandten, welche er selbst zu Pompejas schicken
werde, nnd Aufhebung der Küstensperre, wodurch der Plan
vereitelt wurde. Wie auch Bibulus gefehlt haben mochte, ßo
erwarb er sich doch durch seine Aasdauer die gegründetsten An-
Bpriiche auf den Dank seiner Partei ; er litt mit der Blannschaft,
welche den Durst oft mit aufgefangenem Thau stillen masste,
und entbehrte wie sie nebst der Pflege auch jeden Schutz gegen
die Witterung, weshalb er jene Unterhandlungen nur eine kurze
Zeit überlebte. * *) Seitdem war die Flotte ohne eine obere
Leitung, eine Verkehrtheit, welche auf dieser Seite nicht be-
fremdet, aber nnerraesslichen Nachtheil brachte;^') vielleicht
fürchtete Pompejus die Eifersucht der Optimaten gegen einander;
es stimmte aber nicht zu den zornigen Worten, mit welchen er
VibuUins untersagte, ferner von Frieden zu sprechen : nicht Cäsars
Gunst wolle er das Leben und die Rückkehr nach Italien ver-
danken.
Das Verfahren des Gegners erregte seinen höchsten Un-
willen; man trieb Scherz mit ihm, und einen gefährlichen Scherz,
denn es konnte doch die Truppen zuletzt an ihm irre machen,
dass er Alles zurückwies , was scheinbar die Beendigung des
Bürgerkriegs bezweckte. Und nun versuchte Cäsar am Apsus,
wie einst in Spanien, ^^) die feindlichen Soldateu selbst in die
Unterhandlungen zu venvickeln, in der Hoffnung, dass sie über-
gehen werden, wenn man den Frieden nicht bewillige. Nach
einem schweigenden Uebereinkommen aber wohl nicht ohne sein
Znthun trat eine Waffenruhe ein; man verkehrte am Ufer, und
als die gleiche Sprache und die gleiche Rüstung an das gemein-
84) Caes. 3, 18. Dio 41, 48. Plnt. Bnil. 13. Oros. 6, 15 ist der
Meianng, er habe ans Verzweillnng über seine frühere Sorglosigkeit dorch
Hunger nnd Nachtwachen seiuea Tod beschlenuigt. 85) Caes. 1. c,
Uio 1. c. nennt Libo als Bibolns Nachfolger, aber mit Unrecht. 86) Obeo
§. 45.
488 XXI. lULII. (31. §.48.)
eame Vaterland erinnert hatte, fragte Cäsars Legat, P. Vatinins:
ob es vergöüut sei, an Blitbürger Gesandte zu scliicken, um sich
mit ihnen zu verständigen? Die tiefste Stille verrietL, was man
wünsclite, dalier endlich nach mehrmals -wiederholter Frage die
Antwort: am andern Tage werde A. Varro *') sich zur Unter-
redung einfinden. Pompejus vermochte nichts gegen eine List,
welche die Völker und nun sogar seine Truppen zu ihren Ver-
bündeten machte, und eine unmittelbare und öffentliche Erklärung,
eine Bestätigung der Anklage, dass ihn nach Blut, nach der
Herrschaft gelüste, zn erzwingen wnsste. Statt Varro kam zur
festgesetzten Stunde T. Labienus ; erwartungsvoll lauschte die
Menge ; aber schon die Wahl des Boten Hess ahnden , was er
bringe. *^) Er sprach vom Frieden, sagt Giisar, und reizte Va-
tinins zum Wortwechsel ; durch Schmähungen nämlich gegen den
Urheber dieses Gaukelspiels, durch die Schilderung seines Ehr-
geizes und die Entschleierung der AYiderspriiche zwiscjien seinen
Worten und Handlungen. ]Man unterbrach ihn, den Abtrünnigen,
den Treulosen , durch Pfeilschüsse ; auch die Pompejaner griffen
zn den W^affen, RIehrere wurden verwundet, nnd der Legat ent-
fernte sich mit dem Ausruf : da sehe man Cäsars Friedensliebe;
nicht eher werde Rom Frieden haben, als bis sein Kopf gefallen
sei. ^^) Nach Dio benutzte Pompejus die günstige Stinunung
seines Heers zu einem Angriff'; er liess eine Brücke über den
Apsus schlagen, welche brach; dadurch wurde das Unternehmen
vereitelt.^") Ein so wichtiges Ereigniss würde auch Cäsar er-
wähnen , und bei seiner grossen Wachsamkeit konnte man vor
seinen Augen keine Brücke erbauen ; vielmehr giengen weiter
Liuauf die Reuter durch den Fluss, welches kleine, nichts ent-
scheidende Gefechte veranlasste.^') •
Nach Pompejus Plane sollte Cäsar durch Hunger, Kälte nnd
Seuchen für seiue Verwegenheit biissen, und den Abgang nicht
ersetzen; er holflc indess seine jungen Soldaten noch mehr zu
üben, und die übrigen Veteranen aiis dem Osten an sich zu
ziehen, um zulel/.t mit ungeheurer Uebermacht den Goguer zu
erdrücken.^-) Dieser konnte sich nicht von der Küste ent-
87) Cic. ad Fam. 13, 22. 16, 12. 88) Oben §. 42 in. 89) Caes.
3, 19. Dio 41, 47. 90) 1. c. 91) An). 2, 4G3. 92) Ders.
1. <;. Oben { 47. A. 8 f.
XXI. lULII. (31. §.48.) 489
fernen, well sonst die Vereinigung mit den Truppen in Italien
iinniog-lich wurde; wenn sie nicLt eintrafen und die VorKitLe im
südlichen lUyrien und in Epirus erscLöpft waren, so bedurfte es
diT Waffen kaum, damit er als ein nnbesonnener Abenteurer
endigte. Im Lager der Aristocratie drangen Einige auf Frieden;
Andere und die Meisten verlangten die Schlacht; der Feldherr
stand fast allein, als er Tiir den Augenblick dadurch von Scribo-
nius Libo unterstützt wnirde, dass dieser nach langem, nutzlosem
Kreuzen mit 50 Schiffen von Oricum nach Brundusium jrieu",
und der Stadt gegenüber bei einer kleinen Insel eine Stellung
nahm. Er verbrannte mehrere Lastschiffe und schreckte durch
nächtUchen Ueberfall auch die Truppen am Lande; kein Kahn
konnte auslaufen , ohne seine sichere Beute zu sein. Hoch e r
freut über seinen kühnen Gedanken, von welchem er sich den
glänzendsten Erfolg versprach, erklärte er in einem Schreiben an
Pompejns den übrigen Theil der Flotte vorerst fiir überfliLssig;
man sollte die Schiffe an das Ufer ziehen und ausbessern. ^ *)
In Brundusium befehligte M. Antonius; Cäsar zweifelte nicht an
seiner Treue, wie Dio sagt, 8*) aber er kannte die Ursach seines
Zögerns nicht, welches ihn mit jedem Tage dem Verderben
näher brachte; man wusste es in Italien; man wusste auch, dass
eine Fahrt zu ihm unüberwindliche Schwierigkeiten hatte, wenn
der Feind im Frühjahr sich frei bewegen konnte ; weigerten
sich die Soldaten , ihren Führern zu folgen ? War Italien im
Aufstande? Ein Schreiben nach dem andern gieng ab; immer
ernstlicher wurde geboten, sich einzuschiffen, und bei Apollonia
anzulegen, wo man, südlich vom befreundeten Lager, am wenigsten
Hindernisse finde ; Alles blieb fruchtlos. Dort also war Gäsars
Gegenwart am nöthigsten, und die Reise nach Brundusium wurde
beschlossen. Selbst seine- Vertrauten erhielten keine Kunde
davon, er hoffte, dass sein Name das Heer am Apsns beschützen,
nnd PompeJHS, welcher so lange geruht hatte, auch jetzt nichts
wagen werde; wenn man sein Fahrzeug nahm, oder der Sturm
CS zerstörte, so war doch das Letzte versucht, ihn nnd die Seinigen
zu retten , sie konnten ihm nicht fluchen , da er sich zuerst zum
03) Caes. 3, 23. Dio 41, 48. 94) 41, 46. Auch App. 2, 464
ilmilct es ou.
490 XXI. lULII. (31. §.48.)
Opfer weiLte. In einer Nacht bestieg er allein, in einer Ver-
muinm ^ und unter einem falschen Namen, als habe er Auf-
träg'e vom Imperator, ein 12 riidrig'es .Schiff auf dem Aons, süd-
lich von ApoUonia. Ein Stauwind trieb das Wasser in die Höhe
und in das Boot; der Steuermann wollte umkehren, doch rer-
mocLte ihn der Zyriif: fürchte nichts, du fährst Cäsar! zu neuen
Ansfreng-ungen ; aber in der Mündung des Flusses wälzten sich
die TV^ogen mit solcher Heftigkeit gegen das Land , dass Cäsar
sein Vorhaben aufgab. Die Truppen hatten ihn vermisst ; sie
beklagten sich, dass er sein Leben daran setze, als könne er mit
ihnen allein nicht siegen.^') Nach Appian entsandte er nun
A. Postumius Albinus, um Gabinins, und wenn er sich weigere,
Autonins, und wenn auch dieser nicht gehorche, Fufins Calenus
den Befehl zur Ueberfahrt einzuhändigen, im äusssrsten FcJle
aber die Legionen selbst herbeizuführen; Gabinins, wird erzählt,
zog darauf nach Illj'rien, und Antonius setzte nach ApoUonia
über. ^*) Allein dem Legaten, welcher zum Boten diente, war
Sicilien zur Provinz angewiesen,") und Gabinins verliess Italien
Tiel später. ^ ^)
Es bedurfte auch in Brnndnsinm keiner Befehle, jeder sagte
sich selbst, was Noth war; man musste vor Allem Libo ent-
fernen; wenn es gelang, so wurde die Vereinigung mit Cäsar
wahrscheinlich durch sein Unternehmen erleichtert, weil die an-
deren Abtheilungen der Flotte hinter einer solchen Vorhut nichts
fürchteten. Antonius bereitete dieser das Schicksal des Bibulus,
der Hafensperre folgte eine Anssehliessung vom festen Lande;
er bemannte etwa 60 Ruderboote mit seinem besten Fussvolke
und vertheilte sie an der Rüste; hinter ihnen hielt Reuferei ; man
lockte sogar ein Rriegsscliiff in den Hafen und eroberte es , ein
schmachvoller Verlust für Libo, welchen der gänzliche Maugel
an Trinkwasser bald zum Rückzüge zwang. ^^) Cäsars Soldaten
murrten, als man sie nach Brundusium führte; sie verlaugten
95) Er selbst schvreigt davon. Dio 41, 46. Plnt. Caes. 38. Äpophth.
Vol. 8. p. 167. ed. Hntt. App. 2, 463. ST2. fin. Zonar. 10, 8. Liicnn.
5, 500. Derselbe nennt 520 den Stenerui.inn Amydas. Flor. 4, 2. §. 37:
9nid tiincs? Caesarcm vehis. 96) App. 2, 464. 97) Oben J. 46.
A. 86. 98) Gabinii No. 5. ^. 4. A. 24. 99) Cncs 3. 24. Dio
41, 48. riut. Aiit. 7.
XXI. lULU. (31. §.48.) 491
nach 60 Tlelen BescLwerden uud Wunden za rulieu; als sie ihn
niclit mehr fanden, legten sie den Verzug den Oberen zur Last
nnd blickten seLnsucLtsvoU über das Meer. '°°) "VVoLI mochte
die Besorg-niss, Beule iind Lohn zu verlieren, einigen Vntheil
daran haben, aber sie fürchteten noch ■weit mehr den Untergang
ihres Feldherrn und ihrer Gefährten; selbst der allgemein ver-
breitete Glaube, Pompejos werde sich Italiens bemächtigen, sobald
es geräumt sei, hielt sie nicht zurück, ') nnd Antonius und Ca-
lenns liessen diese Aufregung nicht unbenutzt; in korzem \^-area
drei Legionen Veteranen und eine neugeworbene nebst 800 Reu-
lern eingeschifft. ') Aber ein frischer Südwind trieb sie am
andern Tage über ApoUonia hinaus nach dem Norden, der feind-
lichen Flotte entgegen; C. Coponius verliess Djrrhachium mit
seinen rhodischen Schiffen, ^) und jagte sie bis Njmphäum in
Dalmalien, einen Hafen 3000 Schritt über Lissus, (Alessio am
Drino) wo sie auf die Gefahr, an die RJippen geschleudert za
werden, einen Zufluchtsort suchten, und dadurch gerettet wurden,
dass der Wind gegen Westen umsprang; er warf Coponius an
das Land; seine 16 Schiffe scheiterten, nur ein Theil der Mann-
schaft, welche Cäsar dann unverletzt nach ihrer Insel zurück-
schickte, wurde mit Hülfe der Antonianer geborgen. Zwei Fahr-
zeuge der Legaten hallen sich in der Nacht nach Lissus verirrt;
Otacilius Crassus, der Anführer der Pompejaner, tödtele die
Neiigeworbenen des einen gegen sein gegebenes Wort ; das andre
war mit Veteranen bemannt, welche am Lande zum Schein unter-
handelten und sich durchschlugen. Nach jener zwecklosen Grau-
samkeit gieng Otacilius in See, und Antonius nahm die Stadt
in Besitz, deren Einwohner, zum Theil Römer und von Cäsar
in diese Gegend übersiedelt, ihn als Freund empfiengen. Er
entsandte Schiffe für die noch übrigen Truppen nach Bruudusium,
und Bolen nach Apollonia, seine Ankunft zu melden. ') Blan
100) Plat. Caes. 37. 1) Caes. 3, 29. 2) Ders. 1. c. Plai.
Aaton. 7 berechnet das FnsSTOlk aaf 20,000 Mann; diess ist za -viel; die
Legionen waren bis auf die letzte nicht vollzählig; auch die Stärke des
Heers . bei Pharsalus vriderlegt ihn , obgleich der allerdings Mntige Kampf
bei llyrrhacliium \oraasgieng. 3) Oben J. 47. A. 32. Dio 41 , 48 fin.
nennt irrig Libo. 4) Caes. 3, 26 — 29. Flut. Caes. 39. Anton. 7.
tic. 3Ö. Api>. 2, 404. 4b5. Uljr. c. 12. ed. Schw. Dio 41, 4«. «9.
492 XXI. lULII. (31. §.49.)
hatte iLn in äen beiden Lag'ern am Apgus bemerkt; der Ort der
IjanJnng; war imbekannt. Ponipejus, welcher sogleich in der
Nacht ihm entg'egengieDg', stand an sich näher, und Cäsar ninsste
iiberdiess einen grossen Umweg machen, weil es an der Bliin-
diing des Flusses keine Furten gab. Jener verlor aber die Zeit
in einem Hinterhalte , vor welchem die Eingeborenen Antonius
warnten, und als er hörte, dass die Feinde sich vereinigt haben,
und er fürchten musste, in die Mitte genommen zu werden, bezog
er ein festes Lager bei Asparagimn , südlich von Dyrrhachium
am Flusse Genusus. *)
§ 49.
(a. 48.) Bald nach ihm erschien auch Cä"sar, dessen Zn-
stand jetzt sehr verändert war. Er konnte Truppen ausschicken,
welche seine Partei iu Griechenland und Macedonien unterstützen,
für Zufuhr sorgen, und Metellus Scipio bei dessen Rückkehr aus
Asien beschäftigen sollten, ^) und war doch noch stark genug,
von der Vertlieidigung zum Angriff' überzugehen. Die Seeplätze
Latten wenig Werlh für ihn ; Getraide durfte er auf diesem
Wege nicht erwarten , und sein Heer war grösstentheils zur
Stelle; nur Oricum musste man sichern, weil hier die Kriegs-
schiffe lagen. Es behielt drei Cohorten unter M'. Acilius, ')
welcher den Hafen durch versenkte Falirzeuge und einen Thurm
unzugänglich machte. Unter den Söhnen des Pompejus wurde
der ältere, Cneus, wegen seiner Heftigkeit und Härte selbst von
den Parteigenossen gefürchtet ; er langte jetzt mit der ägyptischen
Flotte an , *) und wandte sich voll Entrüstung über das Miss-
geschick, welches man bei einem bessern Gebrauche der Seemacht
• hätte verhüten können und sollen , gegen Oricum , um in seinem
Grimme wenigstens zu zerstören, was den Cäsarianern so nützlich
geworden war. Mit grosser Anstrengung öffnete er den Hafen,
Avo er vier Schiffe nahm und die übrigen verbrannte. D. Lälius,
der Anführer der asiatischen Flotte , ^) blieb zur Einschliessung
5) D.idiMrli, dass Cellar diesen südlicli vom Apsns sucht, nnd Mannen
den Flecken an den lelzten Fluss verlegt, wird Alles verschoben. Cacs.
3, 30. Tgl. 41. 76. Dio 41, 49. 50. Tlnl. Cacs. 39. 6) S. nuten
§. SO in. 7) Vgl. Caos. 3, 15. 8) Oben §. 47. A. 35. 9; Das.
A. 31.
XXI. lULn. (31. §.49.) 493
der Staclf zurück, wliLrend er bei Lissiis auch 30 LasfscLifle ^es
Anlonins anzündete, den Ort selbst aber ebenfalls verg-ebens za
erobern versnchfe, ' ")
Anf den Gang des Kriegs halte es keinen Einüass; desto
gevrisser erwartete man die Entscheidung bei Asparagium. Allein
Cäsar konnte hier kein Gefecht erzwingen, deshalb zog er anf
Um-wegen um die feindliche Stellung gegen Dyrrhachium, von
•welchem Ponipejus abgeschnitten wurde. Dieser Terkannfe den
Zweck seiner Bewegung, weil er anfangs eine ganz andre Rich-
tung nahm, und verschanzte sich nun bei Petra. Euer Latte er
den Genusus im Rücken, das Bleer zur linken, und vor sich
gegen Korden das Lager Cäsars , welches ihn von Dyrrhachium
trennte; eine Reihe von Hügeln gegen Nordost bildete den Hinter-
grund. ' ') So begann gegen die Zeit, wo die Saaten reiften,
ein fast viermonaüicher Kampf, nicht unähnlich dem Festungs-
kriege. ' -) Pompejus wollte sich nicht vom Bleere und Ton
Djirhachinm entfernen, nüt welchem er durch die Flotte in
Verbindung blieb, und auch jetzt sich nur vertheidigen, weil er
Lolfte, dass Maugel und Krankheiten den Feind aufreiben werden,
und Soldaten, auf deren IMnth oder Treue nicht zn rechnen ist,
hinter den ^Valien mehr leisten als in' offenen Felde. Cäsar
verlangte dagegen nach der Schlacht, denn die Hiilfsquellen in
der Umgegend niussten sich bald erschöpfen. ' ^) Als er seine
Absicht nicht erreichte, fieng er an, den Gegner einzuschliessen,
des Rufs wegen, damit man sage, jener werde belagert, und wase
nicht zu fechten, ' *) noch weit mehr aber, um ihn von der Küste
wegzudrängen; ein kühnes Unternehmen, da er mit einem klei-
nern Heere ein grösseres von noch nngeschwächfer Kraft, furcht-
bar durch seine Reuterei und Flotte , und innerhalb eines engem
Kreises zu schnelleren Bewegungen geschickt, umwallen musste;
der unglückliche Ausgang war nur die Folge eines Zufalls; er
10) Caes. 3, 39. 40. vgl. 34 in. 11) Ders. 3, 41 f. Lncan.
6, 14. 70. Kach Dio 41, 49. 50 stand Fompejns Dyrrliachinra näher, und
Mannen 7, 398 setzt Petra, einen nnbedentenden Hafenplatz, nördlich ron
dieser Stadt. 12) Caes. 3, 49. Lucan. 6, 109. Sueion. 35. 13) Flui.
Caes. 39. Dio 41, 49. Flor. 4, 2. {. 38. 39. Zon. 10, 8. Lncan. 6, 264.
14) Caes. 3, 43. 56. Cfc. ad Farn. 9,9: Circrnnvallatas nunc deniqne,
qnod nescio, an nnlli nmqnam nostro accideril imperatori.
494 XXI. lÜLII. (31. §.49.)
konute es daLer woLl bereuen, aber nicLt für einen FeLler er-
klären. ") Zunächst dacLte er an den UnterLalt; Q. Tullius ' *)
und L. Canulejus solKen ihn aus Epirns versorgen, welcLes zu fern
lag-; das raube lllyrien erndfete wenig und der Feind Latte die
Vorräthe fortgescLaift ; man konnte daber nicbt so viel Getraide
aufspeicbern, als mau bedurfte, und «ab sieb bald genötbigt, Brodt
aus Gerste und zuletzt aus einer Wurzel zu bereiten. ' ') Es
veranlasste Pompejus zu dem Ausruf : so muss man sieb also mit
wilden Thieren schlagen ! in der Tbat fiircbf ete er bei einer solchen
Abhärtung und Ausdauer der Gegner für das Gelingen seines
Plans , und man durfte im Lager nicht davon sprechen. Die
Cäsarianer fügten sieb gern; „sie wollten sich lieber von Baum-
rinde nähren, als Pompejus die Thür öffnen"; auch litt ihre
Gesundheit nicht, weil es nicht an Wasser und Schlachtvieh
fehlte. •^) Den Feind drückten Uebel anderer Art; änrch die
Schiffe erhielt er Getraide in Ueberlluss, aber kein Futter; auf
seinem beschränkten Räume fand er kaum genug für die Pferde,
er mussle es bald von Corcjra nnd Acarnanien herbeiholen,
welches sehr schwierig war; die Lastthiere fielen und verpesteten
die Luft; die Brunnen, welche man grub, weil die Bäche nnd
Quellen von Cäsar abgeleitet oder gedämmt wurden, gaben Sompf-
wasser, und diess Alles und die täglichen ungewohnten An-
strengungen vermehrten die Sterblichkeit auch unter den Men-
schen. ' ^)
Als Pompejus bemerkte, dass Cäsar ihn mit Schlössern
umfasste und diese durch Linien verband, legte auch er so fern
als möglich vom eigenen Lager in einem Umkreise von 15,000
Sehritten 24 Castelle an, wodurch er sich zugleich Weideplätze
sichern und dem Feinde die Arbeit und die Vertbeidigung seiner
Werke, deren Umfang 17,000 Schritte betrug,^") «rJschweren
IS) Plat. Caes. 39. App. 2, 468. Fompejns TJeberlegenheit an Zahl,
besonders an Renterei, erwälinen Caes 3, 43. 44. 47. Polyaen. strat. 8, 23.
§. 2. Tgl. Lncan. 6, 29 f. 16) Caes. 3, 42. B. Hisp. 17. 17) Nach
einer nnsictiern Lesart liei Caes. 3 , 48 wurde diess Gewächs Chara ge-
nannt; nach Plin. 19, 41 (8) lapsana. S. die Auslpger. Suet. 68. Veliej.
2, 51. Flut. Caes. 39. Pomp. 65. App. 2, 465. 466. Polyaen. strat. 8, 23^
§. 24. Lncan. 6, 113. 18) Caes. 3, 47. 49. 19) Pers. 3, 49. 58.
Plut. Caes. 39. Lncan. 6, 93. 20) Caes. 3, C3. §. 4. Flor. 4, 2. §. 39
Lerechnel ihn auf 16,000 Schritte, App. 2, 466 auf 1200 Stadien.
XXI. lULn. (31. §.49.) 495
wollte. Man käiinpfte niu die Oiijsel, iiud oft war Cäsar im
INaclilLeil, weil seiue Truppen auf der längern Linie sich mehr
verlheilen inussten. Sie gerielLen selbst in Gefahr, TOm Lager
abg'eschnitten zu werden , namentlich die neunte Legion unter
BL Antonius; Pompejus betheuerte, er wolle für einen schlechteu
Feldlierrn gellen, wenn sie von dem Orte entkomme, wo sie
eben schanzte, dennoch gelang es, sie zu befreien.^') Mit mehr
Erfolg liess er in der Nacht die C'äsarianer mit Pfeilen über-
schütten, bis sie ihn durch ihre Feuer täuschten. An einem
Tage wurden sie in 6 Castellen gleichzeitig angegriffen, damit
sie einander keinen Beistand leisteten, in 3 auf dem rechten
Flügel in der Kahe des Lagers, oder „bei Djrrhachium", --)
und in 3 auf dem linken, welcher sich am Pompejus Schanzen
und südlich von diesen nach dem Bleere hin zog. Hier war
ohne Zweifel Cäsar, nm die Arbeiten zu beaufsichtigen; dass er
sich vielmehr gegen einen Ausfall aus der Stadt vertheidigte,
wird in den vorliegenden Brucl stücken seiner Denkwürdigkeiten
nicht gesagt. Im Lager befehligte P. Sulla; ^^) er führte zur
Rettung einer bedrängten Cohorte zwei Legionen hinaus, ohne
das Gefecht fortzusetzen, als der Zweck erreicht war; durch eine
kräftige Verfolgung hätte er vielleicht den Krieg endigen können;
man tadelte ihn , Cäsar dagegen billigte es , dass er seine Be-
fugnisse als Legat nicht überschritt. Der Feind wurde überall
zurückgewiesen, es ist aber nicht wahrscheinlich, dass er 2000
Todte hatte , und das andre Heer nnr 20 , gänzlich ausser Ver-
Lältuiss zu der Zahl seiner Verwundeten; fast kein Soldat in
den Schlössern blieb unverletzt; vier Centurionen derselben Co-
Lorte verloren die Augen ; der Schild des Centurio Cassius Scäva,
welcher auch ein Auge einbüsste, war 120 Mal durchlöchert, ' ')
21) Caes. 3, 45. 46. Seioe Nachrichten von den Ereignissen bei
Dj-rrhachium sind zum Theil oline allen Zusammenhang, weil sich hier
vorzugsweise grosse Lücken finden. 22) Caes. 3, 53. 23) Ders.
3, 51. 2. Th. 522. 24) Bei Caes. 3, 53 ist die Lesart 230 ohne
Zweifel falsch; die hier angenommene haben Sneton. 68. Val. M. 3, 2.
5. 23 u. Flor. 4, 2. §. 40. Flut. Caes. 16, welcher ihn 130 Geschosse
auffangen lässt, fügt nebst Sneton. den Namen Cassius hinzu. App. 2, 465
erwähnt ScäTa, den Schild aber giebt er Klinntius. vgl. Lncan. 6, 144.
Jeuer hatte sich schon in Britannien hervorgethan , Val. M. I. c. und wnrde
496 XXI. lULII. (31. §.49.)
und man fand innerLaib Jer Linien an 30,000 Pfeile der Pom-
pejauer. ^ ')
Seitdem rückte Cäsar fast (äg'lich in die Ebene Linab,
welcLe sein Lager vom feindlichen trennte, nnd der Ehre wegen
stellte auch Ponipejus sich auf, aber immer unter dem .Schulze
seiner Wälle. Bald mahnten diesen der Mangel an Futter und
der Verfall der Pferde an den Abzug; er Latte schon Reuter zur
See nach Dyrrhachium geschickt und dann zurückgerufen, weil
der Feind ihnen durch die Verschanznng der beiden engen Ang-
gänge die Gegend verschloss; er musste sogar fürchten, dass die
Stadt mit dem Kriegsbedarf vom Consul genommen wurde, welcher
schon einmal in der Nacht bis zum Thor' und Tempel der Diana
vorgedrungen, und nur mit Hülfe der Verräther, wie es scheint,
von welchen er selbst ven-atLen wurde, zurückgeschlagen war. ^ ®)
In dieser Zeit gieugen zwei vornehme AUobrogen zu ihm über,
Brüder, welche im gallischen Kriege Avegen ihrer Tapferkeit
und Treue von Cäsar ausgezeichnet, jetzt einen TLeil des Soldes
für ihre Reuter unterschlugen, und obgleich ihnen Verzeihung
zugesichert wurde, aus Srhaam und aus Fuixlit vor einer vieK
leicht nur verschobenen Strafe mit einem nicht unbedeutenden
Gefolge ihren Feldherrn verliessen, ^'') die ersten Ueberläufer
von dieser Seite, denn auf der andern war man schon gewohnt,
die Griechen, deren Länder der Feind besetzt hielt, entlaufen
zu sehen. Sie machten die Anzeige, dass die neunte Legion
unter dem Ouästor P. Lentulus Marcellinus '^) und dessen Ge-
Liilfen Fulvius Postumus auf Cäsars linken Flügel, in grosser
Entfernung von seinem Lager und fast südöstlich vom pompeja-
nischen, eine Verschanzung anlege, etwa 600 Fuss von den dem
Feinde zugekehrten Linien, und dass der Queerwall, welcher die
inneren und äusseren auf der See -Seite verbinden solle, nicht
1
mit seiner Cohorte reichlich belohnt. Cacs. I. o. Cic. ad Att. 14, 10.
Unten §. 56. A. 66. 25) Caes. 3, 53. Nach Sucton. 1. c. 130,000.
In den Commentarcn -wird bemerkt, wie viele man sammelte; der Feind
verbrauchte aber weit mehr; er hatte eine grosse Anzahl Bogonschülz.en.
26) Dio 41 , 50, App. 2 , 465. Cilsar suchte stets durch Geld nnd Ver-
sprechungen zn wirken; der jüngere L. lialbus mnsste anch mit L. Len-
tulus, dem Consul des vorigen Jahrs, von neuem unterhandclu. 2. Th. 551.
A. 21 n. 609. 27) Caes. 3, 59—61. 70. 84. 28) 2. Th. 406,
Oros. 6, 15,
XXI. lüLn. (31. §.49.) 497
vollendet sei, dass folglich das Werk seiner Bestimninng, den
Truppen Widerslaud zu leisten, welche vrälirend einer SiLIacLt
siidlicli vom Kampfplalze landen und C'asars Sielhing' umgeLen
konnten , noch nicht entspreche. Sofort zogen in der Nacht
60 Gehörten nach den südlich am Meere gelegenen Schanzen,
wohin auch viele Leichtbewaffnete mit Faschinen zn Schiffe ab-
giengen. Mit Tagesanbrnch stiegen diese an das Land , und
stürmten gegen das äussere Werk, von aussen und duich die
Lücke im QneerwaU ; zugleich wurde das innere von den C'o-
Lorten angegriffen. Ueberall wichen die Cusarianer vor der
Uebermacht ; Marcellinus , welcher krank war , schickte Ver-
stärknngen, sie wurden aber von den Flüchtlingen fortgerissen,
bis ÄL Antonius mit 12 Cohortcn des nächsten Postens von der
Höhe herabkara, «nd sich den Pompcjanern entgegenwarf. ^^)
Bald nach ihm erschien auch Cäsar; durch Rauchsäulen von der
Gefahr unterrichtet, raffle er an Blannschaft zusammen, was zur
Hand war, aber der erste Blick sagte ihm, dass der Feind seine
Linien durchbrochen und ausserhalb , am JMecre , wo er un-
gehindert in jeder Richtung sich entfernen und seine Reuter auf
Futterung ausschicken konnte, ein anderes Lager aufgeschlagen
habe. Er verschanzte sich ihm gegenüber hinter einem Walde.
Auf dem mittlem Räume hatte die neunte Legion früher ein
Lager errichtet, welches dann von ihr verlassen und von Pom-
pejus erweitert aber auch wieder aufgegeben war. Jetzt befahl
dieser einer Legion unter L. Torquatns, ^°) es zu besetzen, wo-
durch er die Verbindung mit den Truppen im allen Lager bei
Petra sicherte. Cäsar beschloss, sie zn überfallen, und rückte so
geheim als möglich und auf Umwegen mit 33 Gehörten in zwei
Treffen gegen sie vor. Der Unke Flügel drang nnter seiner
eigenen Führung in die weitläufligen, von Pompejus erbauten
Schanzen, und verfolgte den Feind in die kleineren, oder in das
ursprüngliche Lager der neunten Legion, welches von jenen um-
geben wurde und zum Castell diente. Aber ein Irrthnm der
Truppen zur Rechten vereitelte Alles. Während Pompejus im
Besitze war, hatte er die Linien etwa 400 Schritte weit nach
20) Caes. 3, 65. riul. Auton. S. 30) Oros. 6, IS. vrI. Caps.
3, II. B. Alric. 96 u. hier J. 4S in.
Drumnnii, (iescliiclile Uums III. QO
498 XXI. lULI!. (31. §.49.)
einem Flusse Lin verlängert, damit es nitlit an Wasser feLlle;
der recLte Flügel liielt das Nebenwerk fiir das Lager ; er verlor
Zeit mit dem .Suchen des Thors , nnd öffnete sich endlich, als er
von seinem Wahne zurückkam, denW^eg mit Gewalt; die Renter
folgten. Indess näherte sich Pompejus mit der fünften Legion
und der Reuterei. Bei diesem Anblick' wagten es die Soldaten,
welche er befreien wollte, den Kampf zu erneuern; Cäsars Reuter
ergriffen die Flucht, und nun entwichen auch die Cohorten, da
sie sich verlassen und durch den Wall des Lagers vom linken
Flügel getrennt sahen, in so grosser Eile, dass die Ersten,
welche in die Graben hinabsprangen, erdrückt wurden , und den
Anderen zur Brücke dienten. Ihre Geführten im Lager waren
nun von innen und von aussen bedroht") und des Beistandes
beraubt; noch vor kurzem Sieger retteten sie sich, wie jeder es
vermochte; Cäsar suchte die Träger der Feldzeichen zum Stehen
zu bringen , er griff den Reutern in den Zügel , niemand ge-
horchte, ein Soldat zog sogar das Schwerdt gegen ihn, ^ ') übercill
zeigte sich ihm Verwirrung und Entsetzen.
So endigte sich die lange ersehnte Schlacht; zum ersten
Male kämpfte der Eroberer Galliens mit dem Ueberwiuder Mi-
thridats, und er unterlag; wie musste es auf die Truppen, auf
die Völker wirken , und auf Rom ? Die grosse Lebensfrage
schien entschieden zu sein. Cäsars Schaaren wurden in den
beiden Gefechten dieses Tags aufgelös't, 960 Mann getödtet, '*)
32 Feldzeichen verloren , ^ ') und die Gefangenen von Labienus
zur Schau gestellt, von ihm, ihrem ehemaligen Legaten, mit der
verhöhnenden Anrede: Rriegsgefährten, gefragt, ob es sich für
Veteranen gezieme, zu fliehen, und dann öfFentlich ermordet. Es
stand bei Pompe/us, das ganze Heer aufzureiben;^') aber er
war anfangs über sein Glück betroffen, die vielen Verschanzangen
hinderten seine Reuter, mit Nachdruck zu verfolgen, und über-
31) Fioiitin. strnt. 3, 17. §. 14. 32) Pliit. Caes. 39. App. 2, 466.
Zonar. 10, 8. 33) C;ies. 3,71, Plnt. Caos. 4l : 1000. Pomp. 65: 2000.
Oros. 6, 15: 4000. Viele fanden den Tod iii den Gniljea oder unter dem
Hufe der Pferde. 34) Caes. 1. c. u. Pliit. Caes. 39. Kach Api».
2, 467: 28. 33) Caes. 3, 70. Flut. 1. «. u. Pomp. 65. App. 1. c.
Zon. 10, 8, Snet. 36; negavit (Caesar), eum \incere scire. Eulrop.
6, 20 (16).
XXI. lULII (31. §.49.) 499
diess fiircLfete er einen Ilinlerlialt. ' ^) Die Soldaten nannten
ihn Imperator, "welcLes in Bürgerkriegen an sich nicLt zu ge-
ScLelien pflegte, und aucli übrigens nur, wenn die Zahl der
Todten grösser var;^') diess war der Grund, warum er in
Briefen sich des Titels entliielt und die Fasces nicLt mit Lor-
beeren umwand.^*) Auch bestimmte iLn nicLt bloss die Eitel-
keit, sondern eben so seLr 0'*^ Verlangen, sein gesunkenes
AnseLn herzustellen, als er nacli allen Weltgegenden SiegsbericLte
abgehen liess; ^^) nach Lesbos überbrachten mehrere Freunde
sie selbst, um Cornelia zn beruhigen. ■*") Die Optimalen waren
endlich mit ihm zufrieden; sie hielten sich nun überzeugt, dass
er sie nach Italien zurückführen, die Aemter und Güter geächteter
Mitbürger ihnen überweisen , die sullanische Verfassung- und mit
ihr die Republik wiederherstellen werde. * ') Das Letzte hoIFte
auch Cato; der unbeugsamste unter Cäsars Gegnern hatte er die
Truppen in einer begeisternden Rede zum Kampfe ermuntert,
weil er wolJ wusste, dass man mit stoischen Floskeln den Feind
nicht schlägt, und jetzt beweinte er die Opfer einer verderblichen
Herrschsucht. *') Cicero, dessen Beilrag znni Kriege in Witze-
leien und Tadel bestand , sprach von den Erfolgen dieses Tages
stets mit Verachtung. ' ')
Man verdankte sie freilich nur dem Zufalle; was aber auch
die Ursach sein mochte, die Wirkung war für Cäsar dieselbe;
wie Afranius am Sicoris, so suchte er jetzt einen Zufluchtsort,
Kräfte zu sammeln, nur mit dem Unterschiede, dass diess nicht
der Anfang, sondern, wie man glauben musste, das Ende war.
In Bürgerkriegen insbesondre entscheidet in den Augen der
Menge das Glück oft über das Recht; der geschlagene Feldherr
36) Nicht die Nacht hinilerte ihn, Trie Eutrop. I. c. sagt, Senn CSsav
traf noch am Tage Vorkehrungen zum Ahziige nach dem Gennsus. Caes.
3, 75. Dio 41, 52. 37) App. 2, 455. 38) Caes. 3, 71. Uio 1. c.
39) Caes. 3, 72. 79. App. 2, 467. Cic. ad Alt. 11,4: Negotinni geiil,
estque in spe magna. 40) Tlut. Vomp. 66. 74. Olien \\. 47 ün.
41) Flut. Pomp. 66. Cic. ad Farn. 7, 3 : In ipso Iiello i-.-ipaccs ; doiude in
oiatJonp ita ciudcles, nt ipsam ifictoriam horierpni. 42) Pliit. Cilo 54.
Caes. 41. 43) Plut. Cic. 38. Cic. ad Att. 11, 4. ad Fain. 7, 3: Sna-
deie instiini, nt bellum dncciet. — In oa senicntia fuisset fortasse, nisi
Hu7dam ex pugna coepissct snis uiiUlibiis conlideie.
32*
500 ^>^^- lULlI. (31. §.49.)
erscLeiiit als von einer Iiölern BLicht verworfen, der SoWaf,
dessen Alles doch aiicli auf dem Spiele sfelit, Lat Vorwand, ihn
zu verlitfiseu, Cäsar fiircLlele diess nicht; die Bande, vvehlie
die Truppen an ihn fesselten, waren älter, und die Grausamkeit
des Feindes g'eg^eh die Gefangenen Hess nach Abfall und Verralh
kein glänzendes Loos erwarten; er sah sie aber ersrhiitterl , lief
heschämt, weil der Schrecken >''A! überv^altigt halle, und irre ge-
worden an sich selbst , als können sie wohl Barbaren aber nicht
Römer überwinden. Deshalb w^eckle er in einer Rede das Be-
wnsslsein in ihnen, dass sie sich henfe nur verläugnet haben; er
bezeichnete die Ereignisse des Tag'es als ein BLssgeschick, wehJies
g'egen ihre früheren Thaten und die bisherige Gunst des Schi< !
»als fast versch^'S'indc; es werde auch ferner g-iinstig sein, wenn
sie nur die Alten blieben; was verloren worden, müsse man
"wieder einbringen; er spreche zn den .Soldaten von Gergovia. **)
Nach dem Herkommen konnte er Feigheit und Ungehoi-sam an
jedem Zehnten mit dem Tode ahnden ; er nahm aber nur einigen
Trägern der Feldzeichen ihren Rang , damit wenigstens zum
Schein der Kriegsziicht ein Genüge geschah, und diese Nachsicht
vermehrte in den Truppen das Gefühl ihrer Schuld; sie selbst
forderten die übliche Strafe, welche nicht über sie verhängt
wurde, und niemand begehrte in die vielen erledigten Stellea
der Tribüne und Cenlurionen einznrücken. * ')
Die Kranken und Verwundeten zogen spät am Tage mit
dem Gepäck' unter dem Schutze einer Legion südlich gegen
ApoUouia ; um die vierte Nachtwache folgten die anderen Le-
gionen bis auf zwei, und bald nachher auch diese mit Cäsar
selbst, Avelcher nun den letzteren die weithin tönenden Zeichen
zum Aufbruch geben Hess; er hatte nun einen Vorsprung und
schien doch nicht schimpflich zu entweichen. Bei einiger A^'acli-
sainkeit hätte Pompejus mit seiner zahlreichen Reuterei diess ver-
hindern können ; er erreichte die feindliche Nachhut nur erst am
Genusus, wo seine Reuter zurückgeworfen wurden. Jenseits des
Flusses niihmen beide Feldherren ihre Lager bei Asparagium
wieder ein, < ") aber Cäsar legte am Nachmittage mit verdoppelter
44) Oben §. 32. A. 7S. Caos. 3,73. 45) Caes. 3, 74. Apii.
2, 4C7. rolyaeii. slial. «, 2.1. §. 26. Siieton. fiS. 46) Olion <.. 48 Hu.
XXI. lum. (31. §.50.) 501
Eile noch 8000 Schrille /.iiriick, vitlircnd die TnrpjK'n des Gegners
in Uirer Sicherheit zum Tlieil sich in das Lager bei Pelra be-
j;;ibcM, um (»ei)äck. narlizuholen, oder Holz und Falter sanimellen.
Amh ferner scliickte er das Ilcerj;criith um Abend vorans , und
blieb (iadtinh so sehr im A'orlheil , dass Ponipejus am vierten
Taj;e die Verfolgnug einstellte. In Apollonia znhhe er den rück-
ständigen Sold und sorgte für die Pflege der Kranken, welche
er hier abselzle. Aber lauge konnte er nicht verweilen; er be-
stimmte einige Gohorlen für die Stadt, für Oricum und Lissus,
und führte die übrigen durch Epirus und Athamanien '*^) nach
Thessalien, um Cn. Domitiiis Calviniis an sich zu ziehen, und
mit ilim die Legionen des Scipio zu vernichlen, oder doch seinen
Legaten gegen einen gleichzeitigen Angriff »les Poiupejus und
Scipio zu sichern. "*)
§ 60.
(a. 48.) Q. Mefellus Scipio, dem Schwiegervater des Pom-
pejns , Cos. 52 , ^yurde vom Senat vor dessen Auswanderung
Syrien angewiesen. * ') Er verlies« Italien mit seiner Partei,
und zog in jener Provinz zwei Legionen und einige Keuterei
zusammen. ' ") Ein Unteruelinien gegen die Bewohner des
Anianus verschaffte ihm den Imperalor- Titel, seine Ranbsncht
aber machte ihn zur Geissei Syriens und der Länder, welche er
herührle.' ') Wahrend der Winterquartiere zu Pergamum jtlüu-
derle er besonders die Provinz Asia ; unter jedem denkbaren Vor-
vvande suchte er sich zu bereichern; die Rüstungen liehen den
INumeu; iinermcsslich waren die Bedürfnisse seiner Truppen,
damit er statt der Lieferungen Geld fordern konnte , und die
Einnehmer, welche es eintrieben, füllten zugleich die eigene
Casse. So geriethen die Provincialen in noch grössere Schulden,
47) Das GrUniland von Epiius luid Thessalien; Caes. 3, 78 wird
Acarnanien genannt; es gab keinen Grand, so lief nach Süden hinabzu-
steigen , wohl aber tv.ir es äusserst dringend , den ohnehin grossen Um-
weg mSglichst abzukürzen, Pas. 3 , 79 haben alle HandschriXien Ilera-
clea Sentica, -welches gleichwohl falsch ist. .S. niilcii j. 50. A. 59,
48) Cacs. 3, 75 — 78. V. llej. 2, S>. I.ncan, 6, 31i. Dio 41, 51, Zo-
nar, 10, 8, 49) Oben §. 39, A, 79. 50) Oben §, 42. A. 59.
§, 47. A. 12. 51) 2. Tb, 4C,
502 XXI. lULn. (31. §.50.)
zumal da ancb die PäcLter die Einkünfte des künftig^en Jabrs
nls eine vom Senat gebotene Anleihe ziun voraus zaLlen mnssfen,
und dem Soldaten, welcher ungern zum Kriege gegen seine Mit-
bürger folgte, jede Gewaltthäligkeit gestattet war. Am meisten
lockten Sci])io die Schätze im Dianen -Tempel zuEpLesus; schon
■war der Tag bestimmt, an welchem Senatoren sich ihrer be-
mäcLtigen sollten, als Pompejas ihm meldete, dass Cäsar ans
Italien nach Illjrien übergesetzt sei, und auf schleunige Rü'ckkehr
drang. *^) Er säumte nicht, aber frülier als er traf M. Antonius
auf dem Kriegsschauplätze ein, und Cäsar konnte nun, weniger
zur Beschützung- der Griechen, welche ihm Treue gelobten, als
zu seiner eigenen SicherLeit und der Zufuhr wegen, Entsendungen
machen. L. Cassius Louginus, der jüngere Bruder des nach-
maligen Befreiers , erhielt Befehl , mit der neu geworbenen
27. Legion und 200 Reufern in Thessalien einzurücken;^')
C. Calvisius Calvinus gieng mit 5 Cohorten und einer kleinen
Ileuter-Schaar nach Aetolien, und Cn. Domitius Calvinus, Cos.
f)'d und im vorigen Jahre unter Curio in Africa, wo er sich durch
Piluth und Gegenwart des Geistes auszeichnete, mit der 11. und
12. Legion, Veteranen, und 500 Reutern nach Macedonien. '*)
In dieser Provinz landete Scipio. Er verbreitete das Gerücht,
dass er Domitius angreifen werde, und näherte sich ihm auf
20,000 Schritte; dann wandte er sich plötzlich gegen Cassius
als den Schwächern ; um ihn gewisser zu überfallen, liess er das
Gepäck am Haliacmon zurück, einem Flusse an der nördlichen
Gränze von Thessalien, wo M. Favonius mit 8 Cohorten es be-
wachen sollte. Allein Cassius entwich durch die Gebirge nach
Ambracia, und Domitius warf sich so schnell auf Favonius, dass
Scipio die Verfolgung aufgeben musste, und nur wenige Augen-
blicke vor dem Feinde nach dem Haliacmon zurückkam. Er
fürchtete dessen Veteranen, obgleich er es durch Herausforderungen
zu verbergen suchte; Domitius, welcher die Schlacht wünschte,
fand nur zu Reuter- Gefechten Gelegenheit. ")
52) Caes. 3, 31 — 33. Hut. Pomp. 66. Caes. 39. Ajip. 2, 465.
53) 2. Tli. 152. 54) Caes. 3,34.55. Dio 41 , 51. Oben Domiiii
Cr.lTin. No. 6, {. 2, A. 56. 55) C.ies. 3, 36 — 38. Demnacli erliit
Cassiiis iliiicli Scipio keiiiu NiedL'riajje, und Domitius wnrdo niclil you
Faiisliis Sulla (2. Tli. 511) aus IVlacedonieu vertrieben. Dio 1. c.
XXI. lULlI. (31. §.50.) 503
Hier Lielt man sich also das GleicLgewicht , \YäIireiid di«
OberfeldLerrn bei DyrrhacLiuin kämpften. Cäsars Versuch, sich
;mcL nach dem Süden hin auszudehnen, "wurde zum Theil Ton
Tuitilius Lupus dadurch vereitelt, dass er sich auf dem corin-
iLiscLen Isthmus verschanzte und Q. Fufius Calenns mit L. Cassins
und Calvisius zurückwies, welche nun mehrere Städte in Bu'otien
und Phocis besetzten. ' ^) Bei dem Allen bot der C'onsul aus
bekannten Gründen wieder die Hand zum Frieden; ^'J er
schickte einen g'emeinschaftlichen Freund P. Clodius^^) zu
Scipio, und ersuchte ihn als ang-esehenen Optimaten und Ver-
wandten des Pouipejus um seine Vermittlung-; Favonius zürnte,
dass man den Boten auch nur zuliess; der Antrag' wurde ver-
worfen. Kach der Schlacht bei Djrrhachium fürchtete Cäsar,
der Sieger, dessen Weg der kürzere W£ir, werde Domitius mit
Uebermacht erdrücken; er befahl diesem wiederholt, sich auf
ihn zurückzuziehen; die Schreiben wurden aber aufgefangen,
dem Legaten blieben die Ereignisse an der Küste und die Stel-
lungen der Heere unbekannt, und da er wegen Mangel nicht
läuger am Ilaliacmon bleiben konnte, schlug er die Strasse von
Dyrrhachium ein. Bei Heraclea in der raacedonischen Land-
schuft Ljncestis ' ^) erfuhren seine Kundschafter durch die g-al-
lischen Reuter des Pompejus, ^'') dass dieser einen grossen
Sieg erfochten habe , und kaum vier Stunden entfernt sei ; Ge-
schwätzigkeit oder alte Freundschaft verrieth ihnen auch , in
welcher Gegend Cäsar sich befinde; sogleich gieng Domitius ihm
entgegen, und bei Aeginium im nördlichen Thessalien erfolgte
die Vereinigung.^') Sie hofften ihre Truppen in diesem Lande
zu verpflegen, da es wenig gelitten hatte, und die Erndte nalie
war; auch konnten die Eiuwohuer es nicht verhindern, obgleich
jetzt nicht mehr eine Partei, wie früher, *^) sondern alle Pom-
pejus begünstigten, wie die Griechen überhaupt. So fand Cäsar
besonders auf Betrieb des Androsthenes die Thore von Gomphi
verschlossen; er eroberte es aber an demselben Tage mit Sturm }
56) Caes, 3, 55. Oben §. 48. A. 80n. 2 nnd hier A. 87. 57) Ders.
3, 57: Non oblitiis prisiiui insiiiuti. Olien §. 48. A. 86. 58) 2. Th.
387. 59) OestUcli von CaiulaTia. Her. Seulica oder Sintica lag am
Sirrinoii in Thracieii. Oben §. 49. A. 47. 60) Oben §. 49. A. 27.
61) Caes. 3, 78. 79. 62) Ders. 3, 35.
504 XXI. lULII. (31. §.50.)
Viele verloren das Leben , und zwanzig' der AngeseLenslen , die
UrLeber des Abfalls, tödteten sich selbst diircli Gift. ^*) Die
Vorrälhe, weldie man gesammelt Latte, um bis zum Entsätze
•widersieLen zu können, entscLädigten die Soldaten für die lange
Entbelirung , und wenn aucL MancLe sicL im Genüsse libernah-
nieu, am meisten die germaniscLen,^*) so erfolgte doch von jetzt
an in Betreff der Gesundheit eine merkliche Veränderung. Ein
Beispiel der Strenge sollte den Thessaliern beweisen, dass C'äsars
Arm noch stark genug sei , sie zu züchtigen ; es wirkte auf die
nächste Stadt Metropolis, wo man die feindseligen Beschlüsse ge-
gen ihn aufgab, und da sie mit Schonung beLandelt wurde, so
unterwarfen sicL alle.^') Indess veranlasste diese Gähruug unter
den Eingebornen und die Erschöpfung des Heers einigen Auf-
enthall; man konnte Scipio nicht mehr augreifen, welcher sich
am Peneus bei Larissa aufgestellt halte. ^8)
PompeJHs stiess auf Hindernisse andrer Art; der Sieg ver-
mehrte seine Abhängigheit von den Grossen. Sie woUten sich
sofort der Beute bemächtigen, nach Italien zurückkehren, und
nicht länger bei Unternehmungen mitwirken, welche ihnen als
unnütz erschienen, sie vom Ziele entfernten und einen mit Bliss-
trauen beobachteten Feldherru ihnen nothweudig erhielten; nach
Appian war es daher ein Glück für Cäsar , dass er bei Dyrrha-
chium unterlag,^') Als man ihn südlicL vom Genusus aus dem
Gesichte verlor, versammelte sich der Rriegsralh, die ferneren
Blassregeln zu besprechen. Man konnte nach Italien gehen, Cn.
Domitius entwaffnen , oder die Besatzungen aus Apollonia und
Oricum vertreiben, damit Cäsar vom Meere getrennt wurde.**)
Das Erste beantragte Afranius als ^Vortführer jener Partei: es
sei die höchste Pflicht, das Vaterland zu befreien ; in ihm werde
man den ganzen Westen gewinnen , dann könne man dem Feinde,
welchen die Flotte indess bewache, mit verstärkter Macht leicht
den Todesstreich versetzen. * ') Wie sehr- Pouipejus seinen Ne-
benbuhler früher verkannt halte, so War er doch nun zu der
63) App. 2, 468. 64) Ders. 1. c. 65) Ciics. 3, 80. 81. Flui.
Caes. 41. App. 1. c. Uio 41, 51. 66) Caes. 3, 80. 67) 2, 472.
Olieu §. 4'J. A. 41. 08) Cnos. 3, 78. 6'J) I'liit. l'oiup. 66, Dio
41 , ii, KacU Vellej. a , 02 u. App. 2 , 4C8 ein guter Ualli.
XXI. IL'LII. (31. §.50.) 505
Ueberzengnng' gelangt, dass jenet eine solche Frist mit fiircLtljarer
TLätigkeit benutzen ■werde. Da aber Wenige diese Ansiclit
(Leuten, so fragte er nur: ob man abermals vor Cäsar Hieben
Molle, und jetzt, wo er selbst auf der Flucht sei, und die nahe
nnd gänzlithe Beendigung des Kampfs keinem Zweifel unterliege?
Ob es recht und klug- gehandelt sei, ■wenn man Scipio mit sei-
nen Legionen und die tieuen ^ ölker uud Fürsten im Osten auf-
opfere ? Ob man für das Vaterland nicht am besten sorge, ■wenn
man den Krieg von ihm entfernt halte?'") Sein Gutachlen
siegte; nun aber sollte er schnell endigen, die Trümmer des ge-
schlagenen Heers sogleich aufsuchen und vernichten, und er sali
kein Heil, ■wenn man nicht Hunger und Seuchen zu Bundes-
genossen machte, damit das Schwerdt dem Feinde enlllel, ehe
man das eigene zog. Diese Besonnenheit, eine so kalte Berech-
nung galt für Feigheit und Verrath; er ■«'urde von dem l'nge-
slüm' seiner Geführten vor der Zeit auf das Schlachtfeld ge-
drängt, wo die Erfahrung ihn rechtfertigte, aber zu spät.")
Mag es wahr sein, dass Cicero den Ralh gab, den Krieg in die
Länge zu ziehen; seine Worte hatten kein Gewicht, weil seine
Gesinnung und seine Kenntniss des Ki-iegs gleich wenig Ver-
trauen erregten; deshalb wurde ihm auch gern gestattet, an der
Schlacht in Thessalien nicht Theil zu nelinien.'-) Aus anderen
Gründen verfügte Pompejus, dass M. Calo mit 15 Cohorten, der
Kriegscasse und dem Gepäck' in Djrrhachium blieb.' ^)
^ViUig folgte das Heer dem Imperator durch die candavi-
scljen Gebirge;'*) es WRi voll Zuversicht, und günstige Anzei-
chen, ■v^'elche auch die Freunde in Rom bemerkten und in ihren
Briefen erwähnten, bestärkten es darin. '^) Pompeius aber mochte
es sich selbst nicht verzeihen, dass Domitius Calrinus entkam,
und er auf dem kürzeren Wege einige Tage später als Cäsar in
Thessalien eintraf, ' ^) -vveil die Verfolgung- mit nutzlosen Hin-
und Herzügen und die Berathnng ihm Zeit geraubt hatte. Bei
70) Dies. U. cc.'Caes. 3, 78. 71) Plut. Pomp. 1. e. Caes. 40.
Zonar. 10, 8. VeUej. 1. c. Flor. 4, 2. §. 42. 72) Cic. ad Farn. 7, 3.
Lir. 111: Vir nihil niinns qnam ad bella natos. FInt. Cic. 39. 73) FInt.
Cato 55. Pomii. 67. Dio 42, 10. Cic. de div. 1, 32. Union §. 57 in.
7*) Oben §. 48. A. 73 u. 76. 75) des. 3, 79. Arji. 2, 409. Cic. de
div. 2, 2-1. 76) Caes. 3, 82. riul. rouif. 67 ii. Oio 51, 52.
506 XXI. lULll. (31. §.50.)
der VerWenJiing der Seinigen brachte es iLm sogar NacLlLeil,
dass Scipio sich jetzt an ihn anscLIoss. Um die eifersiicLfigen
Optiinuten zu bescLwiclitigen , bewilligte er ihm die Ehren des
Oberbefehls ; Scipio bildete in demselben Lager ein besonderes
Hauptquartier; er war demnach befugt, die Anführer und Solda-
ten zu versammeln und anzureden, dem Heere Zeichen zu g-t'^en
und das Losungswort, und täglich Berichte über die Ereignisse
und über den Zustand der Truppen entgegen zu nehmen ; die
Einheit horte auf, wenn der neue Befehlshaber sich seiner Rechte
überhob.' ') Blan findet nun zwar nicht, dass er seinem Schwie-
gersohne in jener Eigenschaft hinderlich "wurde , übrigens aber
duldete auch er keinen Verzug, weil mau dadurch au sich selbst
zu freveln schien. Als Pompejus bei Pharsalus stand , und auch
nach einem so bedeutenden Zuwachs an Kräften dem Kampfe
auswich, wurde der Unwille laut: dieser Agamemnon, dieser
König der Könige, wie L. Domitius Ahenobarbus ihn nannte,' ^)
gefaUe sich darin, über die Herren der Welt zu herrschen, den
Ersten Roms, Consularen und Prätoriern, Befehle zu geben, des-
Laib wolle er endlosen Krieg; Favonius verzweifelte daran, ia
diesem Jahre Feig ^a von Tusculum zu essen , und Afranius be-
gegnete dem Vorwurfe, dass er in Spanien von Cäsar bestochen
sei,") mit der Frage: ■warum man denn nun selbst nichts ge-
gen ihn unternehme, w^un er nur durch Gold zu siegen wisse?
Zugleich erhob sich ein Streit über die Reihenfolge bei der Ver-
waltung der Aemter und über die Ehreustellen und Güter der
Besiegten. Domitius Ahenobarbus, ', entulus Spinther Cos. -57
und Scipio nahmen in heftigem Wortwechsel Cäsars Oberponti-
fen - Würde in Anspruch; Luccejus Hirrus, welcher für die
Aristocralie mit den Parthern unterhandelte, sollte als Abwesen-
der in den prätorischen Comitien übergangen werden ; * °) um
auch L. Afranius von einem zweiten Consulate auszuschliessen,
klagte Attius Rufus ihn bei dem Feldherrn als Verrälher an,
und noch mehr Nebenbuhler wurden beseitigt, wenn Domitius
77) Caes. 1. c. Vegot. 2, 22. 78) Cos. 54. nomhii Alien. No. 8.
79) Oben J. 45. A. 7. Cnes. 3, 82. l'lul. roiiip. 67. Caes. 41. Aiij). 2,
470. Dio 42, S betraclitel den Namen Agaiu. als einen Ehrentitel. Flor.
4, 2. §. 43. 80) Oben (.. 47. A. 23.
XXI. lULn. (31. §.50.) 507
mit dem VorscLlag^e diircLdrang', jeden, welcter iiicLt aiifricLtig
und thittig^ am Kriege Tlieil genommen habe, am Leben oder am
Verinög'en zu strafen.^')
Der Imperator kannte die Wünsche seiner Partei, ehe er
Pharsalns erreichte, und anch aus diesem Grunde lag^erte er auf
Hin'hen. *-) Er stelhe sich auf, Avenn Cäsar ausserhalb seiner
Schanzen erschien, aber ean Abhänge, und wies jeden Tadel da-
mit zurück: jenen treibe der Hung'er, um so mehr müsse man
ruhen; denn er hatte für reichliche Zufuhr gesorgt. Die Reuter
allein gieng-en vor, und wurden oft geworfen, weil der Gegner
nach dem Beispiele der Germanier leichtes FussYolk unter die
seinigen mischte.*^) Allraälig^ gewöhnte Cäsar die Truppen an
den Anblick des Heers, vor welchem sie geflohen waren; er
führte sie anfangs nicht aus dem Bereiche des Lagers, und dann
weiter bis an die Hügel; dadurch weckte er ihr Selbstrertrauen,
weil man es nach ihrer Meinung- nicht wagte, sich mit ihnen zu
messen. Für ihn aber waren diess bald nicht mehr Scheinbewe-
gnngen ; wenn man nicht schlug, so musste er Thessalien wegen
Mangel an Unterhalt verlassen; und wohin sich wenden? was
sollte werden, wenn ihn vor der Entscheidung der AVinter über-
fiel? Vielleicht kam er bei den bekannten Gesinnungen der
Optimaten dadurch zum Ziele, dass er aufbrach; auch 'V^'enn sie
ihm nur in der Ferne folgten , fand er zum AngiifT doch leich-
ler Gelegenheit.^*) Die Vorkehrungen zum Abzüge in der Rich-
tung von Scotussa * ') verursachten grosses Geräusch und wu.'^'eii
nicht übereilt ; sie waren kaum beendigt , als die Vorposten den
Feind ankündigten; wohl, rief Cäsar aus, unser Wunsch wird
erfüllt; der Tag ist da, wo wir mit Menschen, nicht mehr mit
dem Hunger kämpfen werden; ^^) er zog die Trupjien wieder
an sich, welche er entsendet hatte,") die übrigen ordneten sich
81) Caes. 3, 82. 83. Cic. ad A«. II, 6. §. I: Tanla erat in ilL's cm-
delitas , — nt neu nominatim sed gcneratim proscriptio esset iiiformata*
p. Ligar. 11. Plal. Pomp. 1. c. Cae$. 42. App. 2, 471. Douiilü Ahen.
Ko. y. A. 57. 82) Nach App. 2, 469 30 Stadien toui Feinde.
83) ners. 1. c. Caes. 3, 84. Oben J. 17. A. 49. 84) Caes. 3. 83.
Polraen. strat. 8, 23. J. 14. App. I. c. 85) Piut. Caes. 43. 44. Foinp.
68. Lncan. 7, 235. 86) Caes. 3, 85. Plnt. Pomp. 68. 87) Docli
nicht drei Legionen, App. 2, 470, da er die Gegend verlassen oder schla-
508 XXI. lULH. (31. §.50.)
sclmeH, da sie scLon in Bereitschaft standen. Durch diese Kriegs-
list bescLIeuiiigte er nur, -was oLneLin erfolgt sein würde: Pom-
pejus war in den vorig;en Tagen von den .Senatoren und liilteru
überwunden , er musste seinen Grundsatz aufgeben , und da ein-
mal die Würfel lagen, so Lörte man nun auch von ihm, weil
er das Heer ermulhigen wollte : der Legionen bedürfe es nii 'it,
der Feind -sverde vor der Reuterei entüiehen ; Labieuus, welcher
im Missgeschick stets an günstige Orakel erinnert hatte,**) be-
stätigte es : man sehe nur Neugeworbene Tor sich ; die Vetera-
nen, die Eroberer Galliens seien von Schwerdt und Krankheit
weggerafft oder in Italien geblieben; er schwur, nur als Sieger
in das Lag'er zurückzukehren, und verlangte denselben Eid von
den Gefiihrlen; all^ gehorchten und zuerst Pompejus, welcher der
unwürdigen Rolle sich nicht ganz bewusst sein mochte.*') Aber-
glaube und Schmeichelei erfanden und deuteten später Anzeichen
seines Falls ; man wollte sie in der Nacht vor dem Kampfe be-
merkt haben, wobei vorausg'esetzt wird, dass dieser nicht bloss
im Allgemeinen sondern für den folgenden Tag- von ihm be-
schlossen war. Bieuensch-wärme bedeckten seine Feldzeichen und
die Opferthiere verliessen den Altar; gegen Morgen schwebte ein
feuriger Lichtstreif von Cäsars Lager zu dem seinigen herüber,
wo er erlosch, ohne Zweifel die Ursach des panischen Schreckens,
Avelcher hier entstand; als er die Truppen beruhigt hatte, ver-
sank er in einen tiefen Schlaf, und glaubte in seinem Theater
da»- Freudengeschrei des römischen Volks zu vernehmen, und
dann den Tempel der Venus Genetrix, der StammmuKer der Ja-
lier mit Beute zu schmücken, so dass der eine Traum dem an-
dern widersprach. "") Auch in entfernten Gegenden Griechen-
lands, in Asien und Italien wurde sein Untergang- voraus ver-
kündigt,"') in Patavium vom Seher Cornelius sog-ar am Tage
der Schlacht, über welchen seine Kuust ihn belehrte. '■*•) Die
gen -wollte. Pliitarch sagt Caes. 43 , er stellte es den Trnppen anheim,
ob sip vor dem Ueferhte VorstSrkiingen unter O. Coiaiticius (2. Tli. 617)
jiud Fuliiis Calenus (oben A. M) ei-nnrieii wollten, n sie lohnten es ab.
88) Plut. Cic. 38. 89) Caes. 3, 87. Flut, roiui.. C8. 90j Plut.
1. c. Caes. 42. 43. App. 2, 470. Itio 41, 61. Val. »lax. 1, 6. J. 12. Lu-
can. 7, 7 n.. 131. Flor. 4, 2. §. 45. Obseq. 125. 91) Caes. 3, 105.
Val, M. 11, Dio U. cc. 92) Tlul. Ca^es. 47. Gell. 15, 18.
XXI. lULH (31. §.51.) 500
(.'rossen im Ilecre vennorlite iiidils zn bejiiiniliigen; sie wareu
voll Freudiiikeit , als sie bemeiklf ii , ilass Cäsar slalf zu entwei-
ilieii, die Herausforderung- anuaLin, und trafen Ausfallen zu fest-
lichen Gelagen; die kostbarsten Gefiisse iinj Teppiche wurden
liervorg-esnchf , und die Zelte mit Lorbeeren, Ephen und 3I_vrle
bekränzt. Solche Verkehrtheit und Anmassung- erfüllte Ponipejus
mit Kummer; ein vom Wahnsinn erzwungener nud so eingelei-
teter Kampf konnte kaum g-lücklich endig-en, und wenn er den-
noch siegte, so stürzte ihn unfehlbar seine Partei.'") Auf der
andern Seite opferte Cäsar Blars und Venus, welcher er einen
Tempel g-eloble; ^'*) dann befahl er, Wall und Graben zu zer-
stören, der Soldat sollte seine eigene Schufzwehr sein."')
§ 51.
(a. 48.) Eine genaue Beschreibung des Oerilichen von der
Hand des Siegers sucht man vergebens; er erwähnt Pbarsalus
nicht, und den Enipeus nicht namentlich. ^^) Dieser entsprang
auf dem Gebirge Othrys nnd strömte au Pharsalus vorüber;
nördlich von der Stadt ergoss er sich in den Apidanus und mit
diesem in den Peueus. ^') Den Kampfplatz setzt Applan zwi-
schen den Enipeus und Pharsalus;**) richtiger würde er Paläo-
pharsalus gesagt haben,"*) welches aber von jenem nicht weit
entfernt war.'"") Es ist lediglich auf eine grössere Wirkung
berechnet, wenn die Dichter und so nun auch Florus diese
Schlacht wie die spätere, in welcher Brutus und Cassius starben,
nach Philippi verlegen; ') so nannte Philipp 3. das phtlüolische
Tliebä in Thessalien, als er es erobert und in eine niacedouische
Colouie verwandelt halte. ') Als den Tag, an welchem Pompe-
93) Caes. 3, 96. Plut. Pomp. 72. App. 2, 470. 471. 479. 94) lulii
in. Diess geschah aber nicht luu Mllleinacht , App. 2 , 470. 492 , wo er
uoch nicht vvusste, dass die Entscheidung nahe sei, sondern Tor de« Angea
des Feindes, riiit. Caes. 43; es erhellt anch ans seinen Coiunicntaren.
95) App 2, 474. 475. 96) Caes. 3, 88: Rivas (pudam. Lucan. 7,
MC. 224. 97) Strabo 9, 432. Tgl. 8, 356. 98; 2, 474. 99) Auch
l'aläpharsalns. Strabo 17, 796. Fronlin. strat. 2,3. §. 22. Eiitroj). 6, 20
(16;. Oros. 6, 15. Tgl. Liv. 44, l. 100) Strabo 9, 431. 1) Virg.
(ieorg. I, 490. Ovid. Met. 15, 824. Flor. 4, 2. {. 43. 2) PolTb. 5,
'19. 100. Strabo I. c, Stepb. Bjz. ▼. Qi'ifiii n. 'l'ü.innot. Man benutzte
510 XXI. lULII. (3i.§.5i.)
jus besiegt warcle,') bezeicbnen alte Calender den nennten An-
glist. ') Jener Lalte an Kölnern und Italern ausser einer Lag'cr-
■wacbe von 7 Coborten und 2 , welcLe ausg-edient Latten und sicL
wieder einfanden, 110, oder 45,000 Mann zu Fuss, 7000 lleu-
ter und eine grosse Masse leicliler Trnppen;') Cäsar dagegen
ausser 2 CoLorten bei dem Gepücke 80 nicLt vollzälilige, oiler
22,000 Blann zu Fuss,'') und 1000 Reuter, Gallier und Germa-
nier , niimlicb Belgier von geruianisclier Abkunft.') Im Ganzen
fochten also gegen 70,000 Italer. Auch Applan btilt diess für
das Ricbtige, und bemerkt, dass Andere 400,000 nennen,') eine
übertriebene Angabe, selbst wenn man die Provincialen und Bun-
desgenossen in Rechnung bringt.
Pompejus -wusste, wie wenig er ihnen vertranen durfte. ')
Seinen linken Flügel bildeten die 1. und 3. Legion, früher in
Cäsars Heere unter anderen Namen,'") und fast die gesammte
Reuterei, welche den Feind umgehen und dadurch entscheiden
sollte. Deshalb war er hier selbst; ' ') unter ihm befehUgte L.
Domilius Ahenobarbus Cos. 54; er war einst zu Cäsars Nach-
folger in Gallien bestimmt, und hatte nach der Uebergabe von
also den gleiclien Namen einer nicbt vreit von Fharsalas entlegenen Stadt
n, der tbracischen, um es als etwas verhängnissvolles darzustellen, dass
die Römer zweimal bei (einem) l'hilippi einander erwürgten. 3) Vellcj.
2, 52. Crnentissimum Romano nomini diem. Lucan, 7, 411: Hunc (Roma)
TOlnit nescire diem. 4) V, id. Angnst. (Sextil.) Calendar. Amitern, M.
Antintin. in A'^err. Flacc. Fast. p. 112 ed. Foggin. nacli der nnbericlitigten
Jahrform, nach der jnlianischen im Jnni. Noris. Epoch. Syromaced. p. 163.
Eckhel. 4. p. 400. Ideler Handb. d. Chron. 1, 467. Nach keiner aber no-
terlag Pompejus an einem der Tage, an welchen er (Ende Sept. a. 61)
über Blithridat tiiumphirt halte, wie "VVetzel Vita Cic, p. 35 in. ed. Epist.
ad Farn, auf Dio's Zengniss annimmt. Die anliochenische oder cäsariani-
sche Aere datirte" nicht von der wahren Zeit der pharsal. Schlacht , son-
dern -vom Herbste des vorigen Jahrs. 5) Caes. 3, 84. 88. Hut. Cacs.
42. Pomp. 69. Nacii Eutrop. 6, 20 (16) n. Gros. 6, 15 88 Coborten oder
40,000 INIarin. 6) Caes. 3, 89. Plnt. 11. cc. App. 2-, 471. Nach Gros.
I. c. 30,000 Mann. 7) Caes. 3 , 84. App. 1. c. Oben §. 20 in. 8) 2,
471. Flor. 4, 2. §. 44: 300,000 ausser den lliilfstriii.pcn der Könige. Oben
{. 47. A. 13. 9) üben §. 47. A. 45. 10) Caes. 3, 88. Oben f. 10.
A. 21. {. 38. A. 95. 11) Caes. 1. c. Nicht auf dem recbtca Flügel,
riul. Caes. 44, l'oiup, 69.
XXI. R'LIL (31. §.51.) 511
Corfmiiim von neuem bei Massilia gegen iLu gefocLfen. ' -) In
der ]Mitle stand Q. Bletelliis Scipio mit den sjriscLeu Legionen, ")
und auf dem rechten Flügel, vrelcLer sicli an das sumpfige Ufer
des Enipeus lehnte, L. Lentiilus Crus, Cos. 49,'*) mit der ci-
licischen Legion und den Truppen des Afrauius aus Spauien
nebst 600 Reutern.") Das ganze Heer TVar wie das feindliche
in drei Treffen aufgestellt und jedes Treffen in zehn Gliedern.' ^)
Es bedurfte keiner Verrälher oder üeberläufer, um Cäsar über
die Absichten der Pompejaner zn belehren ; er ■wusste , wie je-
der, dass'ihre Stärke in der Reuterei lag, und dass sie diese
nicht am Flusse, nicht gegen den linken Flügel verwenden
konnten. Für ihn bestinunte er daher nur die 9. Legion, wel-
che bei Dyrrhachiiim sehr gelitten hatte, nnd die achte unter M.
Antonius. ' ^) Cn. Domitius Calvinns Cos. 53 sah sich in der
Mitte wieder Scipio gegenüber,'*) und der rechte Flügel, wo
P. Sulla ' ^) nnd Cäsar selbst sich befanden , wurde der bewähr-
ten 10. Legion ^°) und der Reuterei angewiesen; welcher wie-
der leichtes Fussvolk beigegeben war. Dem ersten Treffen diente
das zweite unmittelbar zum Rückhalt und zur Unterstützung.- ') Aus
dem dritten Treffen, ^velchem es besonders zur Pflicht gemacht
wurde, ohne ausdrücklichen Befehl sich nicht zu regen, zog Cä-
sar sechs Cohorten,'^) und stellte sie stafFeliormig ^ ^) hinter die
12) Domitii Ahen. No. 8. A. 59. Plnt. 11. cc. App. 2, 475. Liican.
7, 218 nennt irrig Lentulns. 13) Caes. 3, 88. Plnt. App. 11. cc. tn-
can. 7, 223. 14) Wahrscheinlich dieser 2. Th. 551. A. 23, nicht P.
Lenlul. Spinther Cos. 57. 2. Th. 543. A. 47, obgleich auch dieser an dep
Schlacht Theil nahm. Bei App. 2 , 475 wird der Anführer nur Lentnlus
genannt; auch bei Lucan. 7, 218 welcher ihm eine falsche Stellung giebt,
Caes. 1. c. erwiihnt ihn nicht. IS) So Frontin. sirat. 2,3.}. 22. Oros.
6, IS zählt 50O, so auch Eulrop. 6, 20 (16), welcher auch dem linken
FI. nur 600 zutheilt. Caes. 1. c lässt sich auf solche Einzelnheiten nichl
ein. 16) Froutiii. 1. c. Flut. Caes. 44. App. 2, 475. Gros. 1. c.
17) Caes. 3, 89. Cic. 2 Fhil. 29. Flut. 1. c. I'omp. 69. Anton. 8. App. 2,
475. Dio 46, 15. 18) Caes. App. II. cc. Flut. Caes. 44. Oben §. SO.
A. 54. 19) Oben §. 49. A. 23. 20) Oben §. 16. A. 15. 21) Fron-
tin. 1. c. Dio 41, 60. 22) Flut. Pomp. 71 n. App. 2, 475 berechnen
sie zu 3000 Blaun, welches zu riel ist, u. Flor. 4, 2. {. 48 nennt sie
Germanier; es ist nicht wahrscheinlich, dass Cäsar den Ausgang der Schlacht
von Anderen als tou seinen Teteraaen abhängig maclile, 23) Lucan.
512 . XXI. lULII. (31. §.51.)
zelinte Legion,'*) so dass sie den Raum zwischen den beiden
ersten «nd dem driften TrelFeu ausfüllten, und, ^yie dieses, in
eben dem Maasse vorrückten, als jene, •weil sonst doch Lücken
entstanden sein würden. TV^enn die Reuterei entwich, wie ihr
geboten wurde, um sie nicht nutzlos aufzuopfern,^') sollten sie
die feindliche empfangen, und die Waffen gegen das Gesi;lit
richten, damit „die schönen, jungen Tänzer" ans Furcht, eut-
stellt zn werden, nra so gewisser die Flucht ergriffen. ^^) Für
den Fall, dass die Pompejaner bei dem unerwarteten Wider-
Stande weiter zogen, nnd die ganze Stellung umgiengen, "wurde
das dritte Treffen geschont; es konnte sich dann nach aussen
•wenden , nnd das Heer war auf allen vier Seiten gesichert , auf
den beiden kürzesten durch den Enipeus und die sechs C'ohor-
len; wenn aber die Reuter das Schlachtfeld räumten, so sollten
jene einscliwenken und der zehnten Legion zur Rechten den
Feind überflügeln ; • ') ihre Aufgabe -war daher die wichtigste,
man deutete ihnen an , dass Ton ihnen das Schicksal des Tages
abhänge. '^)
Cäsar mochte in der Rede an seine Soldaten ihrer Siege ge-
denken; dass er sie von der Gerechtigkeit seiner Sache unter-
hielt, war vollkommen überHüssig, weil sie ihnen gleichgültig
■war; deshalb sprach er, "wie es scheint, nicht von der Ursache
des Streites, sondern nur von seinen wiederholten Versuchen,
ihn friedlich beizulegen.^') Mit welchen Worten Pompejus die
Seinigen ermuthigte, ist leicht zu erachten, sie werden uns aber
7, 521. Frontill. 2, 3. §. 22. Vgl. Roesch Conimentar über die Comm.
Cäsars S. 301 f. Der Plan in Kausler's Atlas der nierkw. Schlachten S. 69
erläutert nichts. 24) Plnt. Caes. 44. Pomp. 69. 25) Plnt. Pomp. 71.
26) Plnt. Pomp. 69. 71. Caes. 45. App. 2, 475. Flor. 4, 2. f. 50 n.
Oros. 6, 15: Uliles, faciem fieri! Polyaen. strat. 8, 23. §. 25. Fronlin.
4, 7. C. 32. Riitgers. A''ar. Lect. 1, 4 verwirft diese Erklärung, weil die
jnngen Ritter bei einem solchen Grade Ton Eitelkeit , als sie voraussetze,
in der Verzweiflung nur nm so muthiger gefochtea haben würden; Cäsar
habe vielmehr durch "Wunden im Gesichte Freunde n. Verwandle einander
nukeualUch machen wollen, damit mau sich nicht nniarmte, statt sich zn
lüdten. Ohne Zweifel sollten die Ritter nur lächerlich n. verächtlich n.
die eigenen T™ppcn dadurch erraulhigC werden. 27) Flut. Pomp. 71.
Flor. 4, 2. §. 47. 28) Caes. 3, 89. 94. 29) ners. 3, 90. App. 2,
473. 474. Dio 41, 57. Lucan. 7, 250.
XXI. lULn. (31.^.51.) 513
nicht mitgetheilt. '") Beide legten iLre Gaben und Erfahning-en
in die Wagschaale ; es handelte sich nicht um einen Triumph,
sondern nm das Reich, ja noch mehr; für Beide war der WalJ-
platz die Welt; wer ihn verlassen musste, der fand keinen an-
dern , wo er seinen Feldherrnruf wiederherstellen konnte, er fand
nicht einmal einen Znflachtsort ; für seinen Nebenbuhler halte er
erobert und gelebt.^') Auch ihre Anhänger fühlten die Bedeu-
tung des Tages, „an welchem eine der beiden Sonnen unterge-
hen sollte;" Rom hatte sich zwischen ihnen getheilt, sein Sieg
und seine Niederlage waren Eins. ^^)
Zum Feldgeschrei wählte Cäsar : Venus Victrix , wie später
bei niunda, und Pompejus : Hercules invictus. '^) Der Kampf
verzögerte sich nicht, weil jene etwa mit Thränen im Auge An-
stand nahmen, Bürger gegen Bürger zu führen, oder diese selbst,
welche ihn mit Ungeduld gefordert hatten , ' ') vor ihm zurück-
bebten,*') sondern Pompejus befahl nur, auf den Ralh des C
Valerius Triarins , wie man glaubte,*^) den Angriff zu envar-
ten, damit die Feinde athemlos und nicht in fest geschlossenen
Gliedern anlangten und ihre Wnrfspiesse weniger tief verwunde-
ten,*') nach Cäsars ürtheil ein Fehler, da der rasche Anlauf
wie der Trompetenklang und das Kriegsgeschrei den Soldaten
aufrege und den Gegner schrecke. Gleichwohl lag es für ihn
ausser der Berechnung ; seine Legionen ruhten daher einige Augeu-
,blicke in der Mitte des Zwischenraums, und als die Ponipejaner
sich auch jetzt nicht bewegten, schleuderten sie im erneuerten
Laufe ihre Spiesse, und griffen dann sogleich, wie ihnen gebo-
ten war und bei grosser Erbitterung ohnehin zu geschehen pflegte,
zum Schwerdte. ") Voran kämpfte Cajus Crastinus, welcher
30) Nur in erdicliteten Reden von App. «. Dio 11. cc. n. v. Lucau.
7, 342. 31) Dio 41, 55. 56. App. 2, 476. Julian. Caesares p. 321.
ed. Spanh. 32) VeUej. 2, 52. Dio 41, 57. 33) App. 2, 475. vgl.
493. 34) Caes. 3, 90. Plnt. Caes. 43. Pomp. 68. 35) App. 1. c.
n. 476. Dio 41, 58. 36) Cnes. 3, 92. Tgl. das. 5 n. oben §. 47. A. 31.
37) Caes. 1. c. Plnt. Caes. 44. Pomp. 69. App. 2, 477. 38) Caes. 3,
93. Also niclil Pompejus brach zuerst herTor, weil er eR\"a Unrulie und
Unordnnng nnter seinen Hiilfstruppen bemerkte und fürchtete, sie werde
sich weiter verbreiten; Plnt. Pomp. 69. App. 2, 476, anch bescblcuniglen
beide Feldherren das Gefecht nicht aus Uesorguiss, ilire Heere müchteu
sich versöhuen. Dio 4l , 58.
l).-uiuaim, Ucscliicbtc Uoins HI. 33
514, XXI. lULn. (31. §.51.)
noch im rorig'en JaLre erster Centiirio der zehnten Leg'ion g;ewe-
sen und wieder in sie eingetreten war. RDt einem Zurufe an
seine ehemaligen Gefalirfen und der Versicherung, lebend oder
todt wolle er heute den Dank des Imperator verdienen, öffnete
er die feindliche Linie, der Bravste unter den Braven, deren
120 ihm folgten; als er erschlagen w^urde, war man auf diesem
Flügel schon überall im Handgemenge. ^^) Jetzt wogte Pompe-
jns Reuferei mit dem ganzen Schwärme von Sclilenderern und
Bogeuschiitzen gegen die cäsarianische heran, welche dem gewal-
tigen Andränge nicht widerstand, aber langsam und in Ordnung
zurückwich; jene verfolgte mit immer grösserer Hitze, ihre Ge-
schwader dehnten sich aus, und nmfassten schon das Heer anf
der verwundbarsten Seite, auf der rechten, als die sechs Cohor-
teu , welche sie bis dahin nicht hatte bemerken können, sich ihr
enf gegen warfen , so dass sie im Schrecken die höchsten Hügel
hinanritt, und nach einem furchtbaren Gemetzel unter den leich-
ten Truppen Pompejus linken Flügel umgiengen, welcher sich
gegen sie nnd die zehnte Legion zugleich vertheidigen musste.
Cäsar war vor Ueberllügeluug gesichert, er konnte das dritte
Treffen heranziehen, die Ermüdeten zu ersetzen, für die Feinde
die Loosung zu einer allgemeinen Flucht , auch für die Mitte und
den rechten Flügel, wo man mit wechselndem Glücke gefochten
hatte.
Als Pompejus seinen Plan vereitelt sah, lenkte er sein Pferd
mit dumpfem Schmerze nach dem Lager, und gebot der Thor-
wache , ihren Posten zu behaupten ; er werde auch übrigens die
geeigneten Massregeln treffen ; er begab sich aber in sein Zelt, ohne
ferner ein Wort zu sprechen, und liess, wie betäubt, das Schick-
sal walten. * ") Sein Heer war nur verscheucht und aufgelös't ;
die Reuterei konnte den Rückzug decken, bei einer trägen oder
unvorsichtigen Verfolgung die Schande tilgen , und eine neue
Aufstellung möglich machen; diess sollte verhindert, nicht bloss
die Schlacht sondern der Krieg sollte geendig-t werden, ein hal-
39) Caes. 3, 91. 99. Flor. 4, 2. §. 46. Pliit. Pomp. 71. Cacs. 44.
App. 2, 479; Beide entstellen seinen Namen. Cäsar bestimmte ihm auf
dem Schlarhifelde ein besonderes Grab , eine grosse Auszeichnung. App.
I. e. 40) Caes. 3, 94. Plnt. Pomp. 72. Caes. 45 n. App. 2, 478 erin-
nern an Ajax. (II. II, 544) Zon. 10, 9.
XXI. lULII. (31. §.51.) 515
ber Sieg genügte Cäsar nicLt, und ancb aus diesem Grunde eni-
pfaLI er, nur die Hülfstrnppen zu tödten nnd die Bürger zu
schonen , damit sie im ersten Sdirecken sieb ergaben, * ' ) Die
Truppen begriffen, was Noth war, aber sie wollten iiud ver-
mocbten es aucb; vom Kampfe in einer gliibenden Hitze enniidel
erstürmten sie um Mittag'*) das feindlicbe Lager, dessen Be-
satzung, 7 Coborten und Barbaren, besonders Tbracier, nach
einer Lefligen Gegenwebr auf die rückwärts liegenden Höben
entwich, wo auch die meisten Flüchtlinge aus der Schlacht Ret-
tung suchten. In diesem Getümmel erwachte Pompejus aus der
Erstarrung; mit dem Ausruf: auch ins Lager also! warf ersieh
auf ein Pferd; AVenige begleiteten ihn auf der Strasse von La-
rissa. '^) Die Sieger wollten nun plündern und geniesseu, was
die Feinde zum Festmahle bereitet haften, ihr Tagewerk war
aber noch nicht gelhan ; sie fiengen an , die Pompejaner auf den
Höhen mit Linien einzuschliessen , nnd als jene in der Rich-
tung Ton Larissa weiter zogen, eilte ihnen Cäsar mit 4 Legionen
auf einem Räume von 6000 Schritten voraus nnd trennte sie auf
dem Berge, welchen ihre Massen bedeckten, durch Schanzen
noch spät am Abend vom Enipeus. Der Mangel an Wasser
zwang sie zu unterhandeln ; am andern Morgen stiegen sie in
die Ebene hinab uud streckten die Waffen. Nach seiner eigenen
Angabe verlor Cäsar nur 30 Centnrionen nnd 200 Soldaten; die
zehnte Legion bestand aber anfangs einen blutigen Kampf, und
auch die Eroberung des feindlichen Lagers kostete Opfer; daher
rechneten Andere 1200.*') Ueber die Zahl der erschlagenen
Pompejaner, unter welchen auch L. Domilius sich befand,'*)
konnte man sich keine Gewissheit verschaffen; nicht Alle waren
gefallen, welche die Gefangenen in ihren Reihen vermissten,
etsva 15,000; mehr als 24,000 hatten sich ergeben, zum Theil
in den umliegenden Castellen an P. Sulla; an Trophäen zeigte
man 9 Adler und 180 andere Feldzeichen. '*)
41) Sneton. 75. Flor. 4, 2. §. 50: Farce cifibns. App. I. c. Polyaen,
siral. 8, 23. {. 29. 42) Caes. 3, 95. App. 1. c. : gpgen Abend. Ln-
can, 7, 731. Plnt Zon. U. ec. 43) Caes. 3, 96. PUt. U. cc. App. 2,
479. Liv. 111. Lucan. 7, 712. 44) Caes. 3, 99. App. 1. e. 45) Do-
miiii Alien. No. 8. A. 60. 46) Caes. I. c. Oros. 6, 15. Plnt. Pomp.
72 u. Caes. 46 u. App. 2 , 479 lasen in dem Werke des Asinins PolUo,
33*
516 XXI. niLir. (3i.§. .01.)
Cäsar sagte, als er <las SrIJacliffeld übersali, zu seiner
KecLffertigniig- : sie Laben es so gewollt-, iiacL so vielea TLateii
würde ich verurtLeilt sein, weDn ich ohne Heer vor ihnen er.
schienen ■wäre.*') Er wurde nicht Imperator, wie Pompeju^
bei Dyrrhachium, und forderte kein Dankfest, keinen Triumph;*")
von Pharsahis hoffte er nach Italien zurückzukehren, dann war
das römische Volk nur Eine Familie und er ihr Haupt. Seine
Milde gegen die Ueberwundenen wurzelte in der ihm natürlichen
Menschenfreundlichheit , aber auch in dieser Voraussetzung ;*'■')
eine so starke und edle Seele verschmähte nutzlose Rache, Des-
halb vernichtete er die Briefe unter Pompejus Papieren, ohne sie
zu lesen;*") er fand es in der Ordnung, dass man in bürgerli-
chen Unruhen Partei nahm, wie Grundsatz, Neigung oder Ver-
hältuisse es mit sich brachten, auch war es ihm nicht unbekannt,
dass Viele aus Zwang für seinen Gegner fochten ; nur sollte man,
einmal gefangen und begnadigt, das Rriegsrecht ehren, und dann
später nach Pompejus Tode den Kampf nicht fortsetzen, weil
man nach dem Verluste des Führers, nach der Erfahrung, dass
selbst dieser nichts vermocht hatte, nur noch Befriedigung eines
persönlichen Hasses zu suchen schien. ' ' ) Die Fürsten also, un-
ter welchen Dejotarus nicht durch die Theilnahme am Kriege
seine Gunst verwirkte, und die römischen Optimaten durften auf
Verzeihung rechnen, wenn sie jetzt die AVaffen niederlegten
wie M. Brutus.'') Die Legionare vertheilte er unter das
eines Angenzengen, (2. Th. S. 5. A. 31) dass nnr COOO Soldaten des Fom-
pejus getödtet seien ; die übrigen waren IliilTstnippen nnd Sclaven , -welche
man im Lager fand. 47) Sueton. 30. Plnt. Caes. 46. Cic. p. Ligar. 6:
Tna quid aliud arma Toluernnt, nisi a te contnmeliara propnisare? <Juid
egit tnns ille in\ictns exercitns, nisi nt snom ins Jueretur et dignicalem
tuam? 48) Cic. 14 Pliil. 8: Ad te ipsnm, P. Semli , (Cos. 48) num
misit iiUas collega literas de illa calaniilosissima pngna Pharsaliae? Num
te de snpplicatione \oliiit reXerre? Profecto noluit. — Pharsalicae pngnae
ne triumphiiin qnideni egit. 49) Cic. p. Ligar 6. p. Dciol. 12 : Onae
semper in civili \icloria .S('nsimii.s, ca te Victore non 'vidiiniis. Solns inqnam
es, C. Caesar, cnius in victoria ceciderit nemo, nisi armatns. Liv. 111.
Vcllej. 2, 52 fin. Flor. 4, 2. §. ^0: Pensatnm dementia bellum. Dio
41, 62. 50) Plin. 7, 26 (25). Seaeca de ira 2, 23. Dio 41, 63. vgl.
43, 13. 17. 44, 47. u. liier }. 59. A. 17. 51) l>io 41 , 62. 44, 45,
52) Plnt. Brut. 6. Caes. 46. 02. Dio 41, 63. 4t, 47. Zonar. 10, 9. Vcl-
XXI. lULlI. (31. §..02.) 517
Ileer.") Um den Ort aiiszu/.eicLnen , bei welchem er den fol-
;;i'nreicLsten seiner Siege erfoclit, erklärte er PLarsaliis für frei.'*)
Lfbrig-ens dachte er jetzt nur auf die Verfolgung des Feindes;
die Truppen , welche bis dahin unter grossen Anstrengungen ihn
begleitet haften , giengen zurück , wogegen die anderen vom La-
gerplatze zu ihm stiessen ; schon am Tage nach der Schlacht war
er ia Larissa. ^ ')
§ 52.
(a. 48.) Das Glück hatte Pompejus erhoben, nnd er über-
liess sich dem Wahne, dass er seine Grösse sich selbst verdanke
und mit eigener Kraft noch höher steigen könne, '^) obgleich er
die Mittel zu seineu Unternehmungen ausser sich fand, und un-
geheure Mittel, mit welchen er iiberdiess meistens dann erst
wirkte, Avenn das Schwierigste durch Andere geschehen war;
als Besiegter auf sich angewiesen that er nur noch einen Schritt,
den Schritt zum Grabe. Nach der Vereitlung des SclJachtplans
verzweifelte er an der Schlacht, nach dem Verluste der Schlacht
an sich selbst; dem plötzlichen Erwachen nach einen» langen,
süssen Traume konnte nur Betäubung folgen. Er hatte sich von
der Flotte entfernt und dem Heere keinen Sanmielplatz bezeich-
net, vielleicht, weil es zu den Kränzen einer vom künftigen
Siege berauschten Nobililät nicht stimmte,^') dennoch war ihm
nicht jeder Weg zur Rettung versperrt; das Lager bot ihm einen
lej. 2, 52. (A. Vict.) de vir. iU. 82, Dio 41, 62 irrt, wenn er von Hin.
riclilnngen spricht , -welclien die Fürbitte der Freunde ein Ziel gesetzt
habe; erst später Tergab Cäsar Manchen, scheinbar -weil Andere, nnd selbst
Begnadigte ein Fürwort "'inlegten , um Mehrere zugleich sich zu verpHich-
ten. Sneton. 75: Nemini non snornm, quem Teilet, nnnm partis adversae
servare concessit. l'lnt. Brut. 6, Caes. 62. Polyaen. strat. 8, 23. §. 30.'
Tgl. Dio 43, 13. 53) Dio 41, 62. Flut. Caes. 46. Zonar. 1. c. Tgl.
Caes. 3, 98. 54) Plin. 4, 15 (8) nnterscheidet die Stadt durch diesen
Znsatz von anderen; die Vergünsligung vrnrde nicht anf alle Thessalier
ausgedehnt, Flut. Caes. 48 nicht einmal auf alle, Trelche sich an Cäsar an-
geschlossen hatten. App. 2 , 482. Vgl. Dirksen über die Uhcrae ci^'itates
in dessen Versuchen zur Kritik S. 140. 55) Caes. 3, 98. 56) Cic-
p. Sext. 31. VeUej. 2, 53: In id eveclus, super quod asccndi non polest*
Flut. Fouip. 73, App. 2, 481. 482. Diu 42, 1. 57) Dio I, c.
518 XXI. lULII. (31. §.52.)
Halfpiinct, und er machte keinen Gebranch davon; seine Tmppen
bedeckten die nahen Höhen, und er zeigte sich ihnen nicht, für
die Zerstreuten einen Stamm zu bUden,'^) an der thessalischen
Küste in Verschanzung-en oder hinter den cambunischen Gebirgen
in Macedonien seine Schiife zu erwarten,' 8) dem Osten Ehrfurcht
zu gebieten, und Aufnahme und Hülfe, wohin er sich auch wen-
den mochte, zu erzwingen;"") welche Kräfte er unbenutzt liess,
beweisen die Schiachten von Thapsus und Munda; er bereute es
nicht; wie versichert wird, denn es stand bis zum letzten Augen-
blicke bei ihm, den Fehler zu verbessern. * ' ) Nur vier Freunde
folgten ihm nach Larissa , wohin er in einer Vermnmmung ent-
floh. *') Die Zahl seiner Begleiter vermehrte sich in der Nacht
auf dreissig, dennoch gieng er aus Furcht verrathen, oder vom
Feinde ereilt zu werden, nicht in die Stadt, *^) sondern zog so-
gleich weiter durch das Thal Tempe nach der Mündung des Pe-
neus. ^*) Hier bestieg er mit Lentulus Spinther Cos. 57, Len-
tulus Crus Cos. 49 , mit Favonius und einigen anderen , zn wel-
chen noch Dejotarus, der Galatier, kam, ein kleines Fahrzeug.
Zu gelegener Zeit begegnete ihm das Getraide-Schiff des Römers
Peticius,^') welcher ihn kannte und ihn mit seinem Gefolge
aufnahm , obgleich er die ürsach seiner Reise errieth und keine
Verpflichtungen gegen ihn hatte. Auch Favonius ehrte den ge-
fallenen Helden; er, ein Prätorier, bediente ihn, da die Sclaven
an der Küste entlassen waren."*)
Pompejus blieb eine Nacht bei Amphipolis vor Anker , um
sich durch seine Gastfreunde mit Gelde zu versehen; der Befehl,
in der ganzen Provinz Macedonien auszuheben, sollte die wan-
kelmülhigen Griechen über seinen Zustand täuschen"^) und ihn
SS) Ders. 42, 2. Liv. 112. Lncan. 8, 273^, Sparsit potins Pharsalia
nostias quam snbTertit opes. Flor, 4, 2. ^. 65. 59) Lncan. 8, 35.
60) Cic. ad Att, 11, 6. §. 3: Desperatio remm eins omninm regiun et po-
pulornin animos occnparat. 61) Flut. Pomp. 76. 62) App. 2, 479.
Oben §. 51. A. 43. 63) Dia 42, 2 glanbt, weil er nicht yroUte, dass
Cäsar sie für seine Znlassnng bestrafte. Er empfahl ihr, wie dann den
Lesbiern, sich zn unterwerfen. Ders, 1. c. Valer. M. 4, 5. §. 5. Lncan.
7, 720. 64) Caes. 3, 96. 65) Wenn Plnt. Pomp. 73 den wahren
Namen g!ebl. 66) Fiat. L c. App. 2, 479. Dio 42, 2. Caes. 3, 96.
Vellej. 2, 53, Flor. 4, 2. {. 51. 67) Caes. 3, 102. Flut. Pomp. 74.
Zonar. 10, 9.
XXI. lULII. (31. §.52.) 51J)
sicnern. Aber bald vertrieb iLn das Gerücht von Cäsars Annü-
Lerung'. Bei Mitylenä^') inocLfe er eben so ■wenig landen; er
bescLied Cornelia mit dem jungem .Sohne Sextus auf das ScliifF.*')
.Seine Gemahlinn war nur von dem Siege bei DjTrhachinm un-
(errichtef; sie wurde tief erschüttert, als sie unvorbereitet das
Schrecklichste vernahm ; ihm aber konnte bei seiner Kälte und
Verschlossenheit nichts ferner liegen , als dass er durch eine Un-
terredung mit dem lesbischen Philosophen Cratippus sich zu bern-
lugen suchte, wenn auch der Grieche sich ihm aufdrang. ' ") Wi-
drige Winde nöthigten ihn , zwei Tage bei der Insel zu verwei-
len, ■wo er Dejotarns die Rückkehr nach Galafien gestattete,'')
nnd zur grössern Bequemlichkeit für sich und die Seinigen noch
einige Schiffe miethete. Die Nachricht von seiner Niederlage
verbreitete sich so schnell, dass er an der Küste von Vorderasien
nur anlegte, um Wasser und Lebensmittel einzunehmen. Etwas
länger blieb er jedoch zu Altalia in Pamphjlien, ohne Zweifel,
•weil hier Kriegsschiffe zu ihm stiessen, und auch noch mehrere
Senatoren, deren Zahl angeblich jetzt 60 betrug.'^) In Syedra
oder Sydra,'^) einem öden Orte im rauhen Ciücien, musste man
sich endlich über ein letztes Ziel der Reise einigen. ' *) Pom-
pejas stimmte für das mächtige Parthien. ") Im Anfange des
Krieges hatte der König Orodes ihm seinen Beistand versagt und
den Gesandten Hirrus in Fesseln gelegt, weil er ihm Syrien
nicht abtreten wollte;'*) es ■war vorauszusehen, dass er jetzt
noch weit grössere Opfer fordere, und ^venn man ihn selbst in
die römischen Provinzen führte, nach Willkühr nehmen werde J
68) So die meisieo Handschriften ; anf den Münzen Mytilenä. 69) Obea
j. 47. A. 57. §. 49. A. 40. 70) Caes. 1. c. Plnt. Pomp. 74. 75. Oben
§. 40. A. 32. 71) Lucan. 8, 210. 240. 243. Cic. p. Deiot S. de div.
2, 37. Tgl. Plnl. Pomp. 73. 72) Plnl. Pomp. 76. Zonar. 10, 9. Ln-
can. 8, 250 Tgl. 25S lässt ilin bei der pamphyl. Stadt Phaseiis landen.
73) S. Saliuas. zu Flor. 4, 2. J. 51 n. Burmann zu Lucan. 8, 259.
74) Lncan. I. c. nimmt au, dass die Berathang, deren Caes. 3, 102 nicht
gedenkt, hier Statt gefunden habe, nicht, \T>e Plnt. Pomp. 77 glaubt, ia
Cyprns; die Fahrt nach dieser Insel be'weis't, dass man schon Torher be-
schlossen halte, nach Aegjpten zn gehen. 75) Plnt. Pomp. 76. App.
2, 480. Lncan. 8, 289. Auch Caes. 3, 103: dcposito adeuudae Sjriae
consilio, Vellej. 2, 53. Flor. 4, 2. J. 51 u. Dio 42, 2 denten darauf hin.
76) Oben {. 47. A. 24.
520 XXI. lULn. (31. §.52.)
cleslialb Lielt Dio den uiigereimlen VorscLlag fiir erdicLtet; dem
•widerspreclien aber die anderen Zeugnisse, und wenn man einmal
das Rechte, ■welches ziig-leich das Nächste war, übersah, nicht
nach Corcyra zur Flotte znriickgieng und mit ihrer Hülfe die
zahlreichen Schaaren der FliichtÜuge wieder an sich zog, so blieb
nur das Verkehrte übrig. Offenbar entschied in dieser Ver-
sammlung Theophanes der IMitjlenä'er und Pompejus Günstling,
und er hatte längst den Rückzug nach Aegypten beschlossen. Die
Gründe, mit welchen er die Gutachten Anderer bestritt, warea
gesucht: den meineidigen Parthern dürfe man sich nicht an-
vertrauen, schon aus Rücksicht auf Cornelia nicht; Leben und
Ehre der schönen Wittwe des P. Crassus würden gefährdet
sein. ") Man nannte nun Juba den Numidier ; Curios Untergang
und die Ermordung der Gefangenen verbürgten seinen Ilass gegen
Cäsar und machten eine Versöhnung mit ihm unmöglich; ' ^) an
seinen Gränzen , in der Provinz Africa standen noch Truppen,
vom Heere der Aristocratie ; an der Spitze der Flotte und der
Besatzungen von den Inseln des ionischen Meers erschien Pom-
pejus nicht als flehender Abenteurer, allein Theophanes erklärte,
diesen JBundesgenossen für zu schwach; warum man den nächsten
und sichersten Zufluchtsort versclimähen wolle ? In drei Tagen
könne man am NU sein, wo Pompejus eine Flotte, Geld und
Getraide finden werde, nnd einen König, dessen Vater ihm seine
Herstellung verdanke,") der ihm Schiffe geschickt und dadurch
seine Verpflichtungen bereits anei-kannt habe. "") Dieser Ralh
Wurde befolgt. *')
Blan setzte nach Cyprns über, nach der Stadt Paphos. *')
Wenn es schmerzliche Gefühle in Pompejus erregte, dass An-
tiochien nnd die dort lebenden Römer sich bewaffneten, um ihn
an den Thoren zurückzuweisen, wie er jetzt erfuhr, so musste
die Nachriclit von einem Bürgerkriege in Aegypten ihn noch weit
77) 2. Th. 27. Phit. n. App. 11. cc. tncan. 8, 328 fheilt einem Len-
tulus (oben A. 65) die Rolle lies Ttieoph.mcs zn, aber Beide b.ilten sich
schon \on Pompejus getrennt. Caes. 3, 102. S. unten A. 22. 78) Oben
J. 44. 79) Gabinü No. 5. §. 2. A. 22. 80) Oben §. 49. A. 8.
81) riut. n. App. U. cc. Liv. 112. Caes. 3, 103. VclUj. 2, 53. üio
42, 2. Flor. 4, 2. §. 51. Zonar. 10, 9. 82) Cic. 2 l'liü, 15. Val. M.
I, 5. ^ 6. Lucüu. 8, 458. Cucä. 3, 102.
XXI. lüLII. (31. §.52.) 521
melir bennmLig'en. IVacL dem Testamente des Ptolemäiis Aiiletes,
•welchen Gabiniiis tnit geheimer Vollmacht von Pompejus im J. 55
dem Lande wieder aafg'edriing-eu hatte,"') sollten liier seine
ältere Tocliter Cleopatra und sein älterer Sohn Ptolemäus Dionysus
gemeinschaftlich regieren, und sich mit einander vermählen, die
Römer aber über die Vollziehung wachen.'''') Der König zählte
nur 13 Jahre;'') er stand unter der Vormundschaft des Pothinu.s,
eines ehrgeizigen und habsüchtigen Verschnittenen,*^) nach
welchem Achillas als Anführer des Heers den meisten Einfluss
hatte, ein Verv\egener und mit ihm einig, wenn es sich darum
handelte, zur Befriedigung ihrer Leidenschaften Verbrechen zu
begehen.^') Beiden schmeichelte Theodotus, ein Rhetor und
Sophist aus Chios und Lehrer des Königs, über welchen er viel
vermochte, daher sie auch ihn nicht entbehren konnten. '') Ei-
nige Blonate vor den Ereignissen in Thessalien vertrieben sie
Cleopatra, eine kluge und entschlossene Fürstinn und schon im
reifern Alter, um sich in ihrer Stellung zu behaupten. Blit
■welchem Rechte sie jetzt schon beschuldigt wurde, dass sie ihren
Bruder verdrängen wolle, ist ungewiss, in jedem Falle aber
hatten die Räthe nur ihren eigenen Vortheil im Auge;*^) sie
führten auf die Nachricht, dass die Königiun an der ägjptisch-
arabischen Gränze rüste, ein Heer nach dem casischen Vorgebirge,
östlich von Pelusium. ^°) Dahin wandte sich nun auch Pompejus
83) 2. Th. 535. Gabinii No. 5. §. 2. tncan. 9, 132. 1028. 84) Caes.
3, 108. App. 2, 480. Er schickte zn dem Ende eine Abschrift der Ur-
kunde nach Rom, vrelche aber im Drange der Geschäfte nicht sogleich im
Schatze, sondern in der AVohnnng des Pompejus niedergelegt vnirde. Caes.
1. c. u. B. Alex. 33. Dio 42, 35. 85) App. 1. c. Lucan. 8, 282.
484: Puer. 86) Caes. 1. c. n. 112. Lucan. 8, 552. 9, 152: Semivir.
10, 95. Senec. ep. 4. Vellej. 2, 53 : Aegyptinm mancipium. Plut. Pomp. 77.
App. 1. c. Dio 42, 36. Zonar. 10, 9. 10. Joh. Malel. Chron. lib. 9 in.
Vor der Lesart Fhotinns warnt schon J. Scalig. Anim, in Chron. Euseb.
p. 144 zu Ko. 1969. 87) Caes. 3,' 104. 108. Lncan. 8, 538. 10, 523.
App. 1. c. Dio 42, 4. 88) Plnt. Pomp. 77. Brut. 33. Zon. 10, 9
nennen jene Insel sein Vaterland ; nach App. 1. c. stammte er ans Samos.
Vgl. Liv. 112. 89) Caes. 3, 103. Liv. 111. Flor. 4, 2. §. 56. (A.
Vict. ) de vir. iU. 86. Plnt. Pomji. 77. App. 2, 480. Dio 42, 3. Zon.
10, 10. Joh nialel. 1. c. lässt flie Küniginu nach Thcbais Terbannen,
90) C.1US. I. c. Cic. de div. 2, 9. Lura». ö, 470. 539. 858. 10, 434.
Plut 1 c App. 2, 4S0, 483. Dio 42, 3. 5. Straijo 16, 760. 17, 796.
522 XXI. lULII. (31. §.52.)
mit seinen ScLiffen uud etwa 2000 Bewaffneten, welche er in
Cilicien und Cyprus gesammelt Latte.") Man war durch die
Küsten - Wache kaum darauf vorbereitet, **) als seine Abgeord-
neten für ihn um Aufnahme baten, und freundlich beschieden
wurden. Es konnte nicht für Meuterei gleiten, dass sie ihn auch
den römischen Soldaten empfahlen , 'welche unter ilim und dann
unter Gabinius gedient hatten und zum Schutze des Auletes
zurückgeblieben waren , aber es rechtfertigte scheinbar den Ver- ,
rath. '^) Polhinus berief die Vertrauten, unter welchen wenige-
dem greisen Achoreus beistimmten, dass man jetzt die Wohlthalen
vergelten müsse, für welche man dem Imperator schulde,^*) den»
anders hatte der Eunuch beschlossen, welchem daher der Tod des i
Pompejus mit Recht als dem wahren Urheber zur Last gelegt
wird; Theodotns, der fügsame und beredte Grieche sprach inj
seinem Auftrage, und beleuchtete die Frage nur mit Gründen einer
sophistischen Politik: wenn man den Römer zuleisse, so setze
man sich einen Herrn und beleidige Cäsar; wenn man ihn ab-
weise , so müsse man seine Rache fürchten , ohne die Gunst des
Gegners zu gewinnen ; es bleibe nichts übrig , als ihn aus dem
Wege zu räumen, „die Todten beissen nicht". Für die Mehr-
zahl war diess überzeugend; sie ahndete nicht, dass man den
Mord wollen und den Mörder bestrafen konnte; Achillas über-
nahm die Ausführung.^*)
Cäsars Dauk war keineswegs der höchste Preis ; weder
Sieger noch Besiegter sollte sich in Aegypten festsetzen und mit
dem römischen Bürgerkriege zugleich den einheimischen e,,t-
scheiden, da die jetzige Verwaltung dann unter jeder Bedingung
aufhörte ; ' *) wenn man den Einen erschlug, so hatte der Andre
nach der Berechnung dieser Menschen am KU kein Geschäft, er
91) Caes. 1. c. Kiclit nach Alexandrien, Entrop. 6, 21 (16), wo aoch
irrig erzählt wird , er sei TOm Senat znm Vorninnile des jungen Königs
ernannt. S. das. Tzschueke. Der Vf. hat Caes. 3, 108 falsch verstanden ;
auch Lncan's Bemerkung über eine Tutel des Pompejus ( 8, 449 ) ist nicht
•würtlich zu nehmen; s. oben A. 84. 92) Lucan. 8,472. 93) Caes.
3, 103. 104. Gabinü No. 5. (.. 2. A. 35. 94) lucan. 8, 475. Tlut.
l'omp. 77. 95) Caes. 3, 104. läv. 112. Incan. 8, 483. 10, 103.
Vcllej. 2, 53. Flor. 4, 2. §. 52 n. 60. Plut. Pomp. 77. 78. Brut. 33.
App. 2, 480. Dio 42, 3. Zouar. lO, 9. 96) B. Alex. 3.
XXI. lULH. (31. §.52.) 523
musste sich rielmelir Glück ■wünscLen, dass er ebne Verzug nach
Koin zurückgehen, und dort das Erforderliche einrichten konnte. ^ ')
Während die Abgeordneten ihrem Gebieter dio Einladung des
Hofes überbrachten, bestieg Achillas mit einigen Dienern und
zwei feilen Gabinianern, dem ehemaligen Kriegstribun Lucius
Septimius *") und dem Centurio Salvins ein gewöhnliches Fischer-
boot, in welchem nur noch Wenige Raum fanden und folglich
kein Widerstand zu fürchten war. Zu gleicher Zeit sah man
das Heer, in dessen Mitte der König in Purpur erschien, an der
Küste sich aufstellen, und Kriegsschiffe bemannen. Es erregte
Verdacht ; wie später Cornelia , so konnte auch ihr Gemahl sich
noch retten ; man richtete die dringendsten Bitten an ihn , er
aber blieb. Der Tribun begrüsste ihn als Imperator, und Achillas
entschuldigte in griechischer Sprache, dass man wegen der Un-
tiefen kein grösseres Schiff geschickt habe; unter diesem Vor»
wände ersuchte er ihn auch, das seinige zu verlassen. Wie ein
willenloses Opfer Hess er sich zur Schlachtbank führen. Er fühlt«
sich dadurch erniedrigt , dass er den Sohn seines Schützlings
nm Schutz bitten musste und so unwürdig empfangen
wurde , denn die Rriegsschiife , welche das Meer an der Küste
trug, konnten noch viel mehr gefahrlos zn ihm herüberschwim-
men: deshalb trennte er sich yon Gattinn und Sohne mit den
Worten des Sophocles: wer zum Tyrannen geht, wird Sclav, ^'')
aber Muth und Kraft zum Widerstände waren von ihm gewichen.
Nur zwei Centurionen, sein Freigelassener Philippus und ein
Sclav'"") folgten ihm in das enge Boot, wo man beschlossen
hatte, ihn vor der Laudung zu tÖdten, damit nicht seine Veteranen
oder der junge Kö'uig aus Mitleiden den Anschlag vereitelten.
Alles schwieg; auch auf die Bemerkung, mit welcher er die
ängstliche Stille unterbrach: er glaube in Seplimius einen allen
Kriegsgefährten zu erkennen, antwortete dieser nur mit Kopf-
nicken. Nach solchen Uuheil verkündigenden Anzeigen las er
die griechisch geschriebene Rede, mit welcher er sich dem Könige
97) Fl«l. Caes. 43. 9S) Bei App. 2, 480. 481 Sempronlns.
99) Plnt. Pomp. 78. Apophth. Vol. 8. p. 162. ed. Hu«. App. 2, 481.
Dio 42, 4. Zoaar. 10, 9. 100) Ein Scylhe, wahrscheinlich im milbri-
datischen Kriege erworben. So Zoaar. I, c, nach welchem die Lesart bei
Flui. Pomp. 78 zn berichtigen ist.
524 XXL lULII. (31. §.52.)
vorstellen wollfe, bis man sich dem Lande näherte. Er saL Lier
die Diener des Hofes versammelt, und reichte mit neuen Hoff-
nungen PhilipputS die Hand, um aufzustehen; in diesem Augen-
blicke verwundete ihn Septimius von hinten ; ohne eine Aens-
sening' des Unwillens oder des Schmerzes verhüllte er sein Gesicht,
unx mit Würde zu sterben , und wahrend er zurücksank , durch-
bohrten ihn auch Salvius und Achillas. *) Der Tod dieses
Mannes, welcher mehr durch seine Schicksale als durch seine
Eigenschaften ausserordentlich war , erinnert die Schriftsteller an
die Unbeständigkeit des Glücks, an die Zeit, wo Italien für seine
Herstellung' Gelübde that, und er als der Grosse, als der Unüber-
windliche und Unerreichbare gestorben sein würde, '^) aber auch
an den kalten Hohn, mit welchem er einst im Dienste Sullas
seine Mitbürger mordete. *) Er war 106 v. Chr. geboren, und'
wurde folglich in einem Alter von 58 Jahren getö'dtet,*) am-
29. September oder am Tage vor seinem Geburtstage, um die
Zeit der Herbst -Nachfgleiche nach dem unberichtigten Calender. *)
Mit einem Schrei des Entsetzens wandten sich Cornelia und
ihre Gefährten zur Flucht; da der Wind ihnen günstig' war,
gelangten sie nach Cyprus , ohne von den Aegyptiern ereilt zv.
werden, welche sie verfolgten. ^) Dann vereiuigten sie sich mit
den Häuptern der Arisfocratie in Africa, wo auch der ältere Sohtt
des Pompejus sich befand; ') Cornelia wurde aber von Cäsar noch
vor seinem zweiten Feldzuge in Spanien begnadigt; sie kehrte
nach Rom zurück, *) und erhielt auch Gelegenheit, ihrem Ge-
mahle die letzte Ehre zu erweisen. Die Mörder versicherten
sich seines Kopfes, nicht sowohl in der Hoffnung, dass Cäsar
ihn mit grossen Belohnungen einlosen, als dass er sich sogleich
1) Caes. 3, 104. Uv. 112. Vellej. 2, 53. Lucan. 8, S36. Flor. 4, 2.
§. 52. (A. V.) <le Tir. iU. 77. Oros. 6, 15. Plut. Pomp. 78. 79. Caes. 48.
App. 2, 480. 481. Dio 42, 4. 5. Zoiiar. 10, 9. Cicero schrieb am 28. No-
■veinber in Braniliisium, ohne Theilnahme zu verrathen, er habe eiu solches
Ende voransgesehn. ad Att. II, 6. {.3. 2) Cic. Tusc. 1, 35.
3) Valer. M. 5, 3. §. 5. 4) Vellej. 2, 53. App. 2, 482. Dio 42, 5.
Nach PlntarcVs irriger Angabe (Pomp. 79) hatte er das neun und fünf-
7.igste zurückgeleg«. 5) Lucan. 8, 467. S. das Genauere in Pomp. lllv.
«) Liv. 112. Lucan. 9, 117. Unten §. 57. A. 1. 7) Lucan. 9, 119.
121. 145. 8) Plut. Pomp. 80. Uia 42, 5.
XXr. lüLÜ. (31. §.52.) 525
Tsieder entfernen vrerfle , wenn sie ihn dnrcL den Aug^enscliein
vom Tode seines Gegners iiberzeiijjfen; den Körper warfen sie
oliue Iliille an das Land, den Kaubtliieren zur Speise, welcLen
sie fliehen. Als die Umstehenden nach befriedigter .Schaulust
sich zerstreuten, errichteten Philippus und Servius Cordus, ein
ehemaliger Quästor des Verstorbenen, ^) am casischen Berge von
den Trümmern eines Fischerkahns einen Scheiterhaufen , und
bälgen die Ueberreste nnter einem Grabhügel. '"') Spater wurde
die Asche Cornelia iiberschickt und von dieser auf dem albanischen
Gute ihres Gemahls beigesetzt. '') Philippus wagte es wohl
nicht, dem Grabe eine Inschrift zu geben,'-) da sie in jeder
Fassung fiir die ägyptische Regierung einen Vorwurf enthielt;
erst mit der Zeit erbaute jemand, vielleicht ein Gabinianer, ein
kleines Denkmal in der Kühe von Pelusium, und weihte darin
Bilder von Erz ; Hadrian , welcher es auf seinen Reisen sah,
sprach die Worte, deren Appian als einer Inschrift gedenkt; er
brachte ein Todtenopfer und stellte den Bau auf eine würdige
Art wieder her. '^)
Einige Tage nach der Ermordung seines Schwiegersohns
zeigte sich Cäsar vor dem Hafen von Alexandrien; mau meldete
ihm, deiss jener nicht mehr lebe, and ehe er landete, überbrachte
ihm Theodotus ' *) dessen Kopf und Siegelring. Er nahm den
Ring , welcher in Rom das wichtige Ereigniss beurkunden
sollte ; ' ^) von dem andern Geschenke, ihm in zwiefacher Hinsicht
ein üuteq)fand seiner Sicherheit, wandte er sich weinend ab,
n^ichdem er angeblich es scharf ins Auge gefasst und sich über-
zeugt hatte, dass man ihn nicht täusche. '^) Der Kopf wurde
9) Lncan. 8, 715. (A. Vict.) de vir. ilt 77. Den Namen des Cordas
verschweigen PInf. 1. c. Zonar. 10, 9. 10) Plut. 1. c. App. 2, 481.
Strabo 16, 760. Zonar. 1. c. Plin. 5, 14 (12). SoUn. 34. Val. M. 1, 8.
{. 9. 5, 1. §. 10. Lncan. 8, 793. 10,380. H) Plnt. 1. c. 12) Hie
silns est Magnus. Lntan. 8, 793. (A. Vict.) de Tir. iU. 77. 13) Dio
69, 11. Sjiartian. HaOr. 7. App. 2, 481. Aniliolog. T. 11. p. 286. ed.
Brnuck. 14) Liv. 112. Plut. Caes. 48. Nach (A. Vict.) de vir. ill.
1. c. Achillas, Ptolemaei salellos; auch Lncan, 9, 1010: salelles rcgis,
deuiel auf diesen, welcher als Heerführer Tieluiebr liei Pelusium blieb.
Caes. 3, 108. 15) Dio 42, 18. 16) Lncan. 9, 1035. 1040. 1064.
Val, M. 5, 1. J. 10. Eulrop. 6, 21 (16). üros. 6, 15. App. 2, 481. 484.
52G XXI. lULn. (31. §.53.)
auf seinen BefeLI mit kostbarem Weihrauch verbrannt, und die
Asche iu einer Capelle der Nemesis aufbewahrt, welche er vor
den Thoren von Alexandrien erbaute und die Juden in einem
Aufstande unter Trajan zerstörten, um das Material zum Kriege
zu verwendeu, ") Durch die That der Ae^jptier sah er sich
eines Verbrechens überhoben ; er beweinte Ponipejus, wie Mar-
cellns das Schicksal des von ihm eroberten Syracus, ") und er
ehrte ihn, wie Antonius seinen Feind M. Brutus, welchen er
bis an das Grab verfoIj;t hatte; ' ^) wie es Pflichten giebt, welche
man nur mit Selbstüberwindung^ erfüllt, so ist anch ein innerer
Abscheu g^egen das Unrecht, zu welchem eine ungeziig'elte Leiden-
schaft ihn fortreisst, in einem übrigens edlen Menschen denkbar,
und Cäsar hatte den Gefallenen nicht gehasgt, nie Rachgier gegen
ihn empfunden ; die Rechnung zwischen ilinen war geschlossen,
er weinte keine Freudenthränen. ' ") Die Höflinge konnten
freilich nur Verstellung darin finden ; es erschien ihnen als eine
unbegreifliche Grossmuth, dass er den Anhängern seines Weben-
buhlers , welche sie ihm gefangen überlieferten , eine besondere
Fürsorge widmete;^') nur als Henker glaubten sie sich seinen
Beifall erv/erben zu können ; deshalb erwürgten sie anch L. Len-
tulus Cos. 49, als er bald nach dem Tode seines Imperator in
Aegypten eintraf. ^^)
§ 53.
(a. 48.) Der Landkrieg wirkte auf die Flotte der Opli-
inaten zurück. Sie hatte ihre Aufgabe nicht gelöVt, das feind-
liche Heer in Italien festzuhalten ; weder Cäsar war durch Bi-
bnlns, noch Antonius durch Scribonius Libo^') am Uebergange
nach Illjrien gehindert. Auch während des Feldzugs in Thes-
Dio 42, 8. Zonar. 10, 10. Ein fliichliger Blick genügte, Tvie sehr anch
der Tod es schon entstellt haben mochte. 17) App. 2, 484. (A. Vict.)
de vir. ill. 77. 78. vgl. Dio 68, 32. Enseb. H. E. 4, 2. Oros. 7, 12.
18) Liv 23, 24. Val. M. 5, 1. §. 4. 19) 2. Th. 149. A. 11.
20) Lncan. 9, 1038: Lacryinas neu sponte cadentis elTiidit, geniitnsqne ex-
prcssit pecloi'e laelo, iioii aliter inanifesta piitans abscondere inenlis gaudia,
qnain lacryinis. Eben so Dio 42, 8. 21) Phit. Cacs. 48. Zonar. 10,10.
22) 2. Th. 551. Ygl. 543 u. Cic. ad Farn. 9, 18. ,23) Oben {. 48.
A. 93. 99.
XXI. lULII. (31. §.53.) 527
Kalien le!8tete sie wenig'; jedoch konnte man die Sclmld niclit iLr
allein beimessen; es fehlte die Beg-eisterunj für einen grossen
Zweck, weil sie wusste, dass ihre Anslrengungeu uuch bei dem
g'liickliclisten Erfolge von gering'er Bedeutung waren , und seit
Bibnlus Tode vermisste man auch Einheit nnd Zusammenhang. ^*)
Einen Theil der Schiffe führte Decimus Laeüus vor Brundusium,
wohin P. Vatinius aus Cäsars Lager entseudet Avurde, um die
noch übrigen Truppen nachzuholen.^') IVach Libos Beispiele
besetzte er die Insel vor der Stadt, und behauptete sich auf
seinem Wachtposten mit der grössten Hartnäckigkeit, znmal da
er iu einer bessern Jahrszeit sich von Corcjra und Dyrrhachium
mit Wasser versorgen konnte. Es brachte ihm keinen Nachtheil,
dass Vatinius an der Rüste Reuterei aufstellte, und auch der
Verlust einiger Fahrzeuge, welche jener in den Hafen zu locken
wusste , machte ihn nicht irre , bis die Nachricht von den Ereig-
nis!<en bei Pharsalus ihn zum Rückzüge nach Corcjra bewog. -'')
Um dieselbe Zeit verbrannte C. Cassius Longinus die 35 Schiffe,
mit welchen IM. Pomponius Lei Messana stand; auch die Stadt
gerieth in Gefahr; kaum konnte die Besatzung sich seiner er-
wehren. Er wandte sich nun gegen den Prätor P. Sulpicius
nach Vibo an der farullischen Küste und zerstörte ihm mehrere
Schilfe durch Feuer. Italien und Sicilien waren seinen Räube-
reien i)reis gegeben, welche erst dann aufhörten, als er die Gewiss-
Leit erhielt, dass Pompejus geschlagen sei.") Cäsars Sieg unter-
warf ihm zunächst Griechenland. Sein Legat Fufius Calenus ' *)
wurde jetzt nach langem Widerstände von den Atheniensern
aufgenommen , welchen der Consul „ aus Achtung vor ihren
Ahnen" verzieh.-') Nur Megara verschloss Calenus auch jetzt
die Thore; er musste es erobern, und verkaufte die Gefangenen,
deren Auslösung jedoch gestattet wurde. *°) Er verbreitete sich
darauf an der Nordküste des Peloponneses, um zu verhindern,
dass die Flüchtlinge von Pharsalus sich in diesen Gegenden
wieder sammelten ; seine Annähenmg genügte , M. Cato uuJ
24) Oben A. 84. 25) Das. A. 87. Ueber Läliiis s. Cic. ad Au.
8, 11. D. Dio 48, 21. 26) Caes. 3, 100. B. Alex. 44. Pliit Cato 55.
27) Caes. 3, 101. Dio 42, 13. (A. Viel.) de Tir. ill. 83. 2. Th. 121.
28) Oben {>. 50. A. 56. 29) Dio 42, 12. App. 2, 482. 30) Dio
42, 14. Plul. Brut. 8.
528 XXI. lULII.. (31. §.53.)
dessen Heftleiter zu verscheuchen, welche sich auf dem Wege
■von Corcyra nach Africa in Paträ einj;efunden halfen.^') Die
Mehi-zahl der Besiegten begab sich aus Thessalien nach Ill^rien,
woliiu auch M. Oclavius^') mit seineu Schiffen zurückkehrte^
Q. Cornificius, Cäsars Slafthalter, wurde hart bedrüng-t; Gabinius
sollte ilim Truppen aus Italien zuführen, er zögerte aber, und
starb bald nach seiner Ankunft; erst als Vatiniiis ans Brun-
dusium mit Verstiirkung-en anlangte , enlHoh Octavius nach
Africa. ^^) Es gährte auch im jenseitigen Spanien, aber lediglich
durch die Schuld des Proprätor O. Cassius,^') welcher durch
seine Erpressungen und Grausamkeiten Cäsars Herrschaft yerhasst
machte. ^ ')
In der Partei des Consnls gab es fetzt schon viele Miss-
vergnügte; ihre Hoffnung, durch Proscriptionen bereichert, oder
doch von den Verpflichtungen gegen ihre Gläubiger entbunden
zu werden, war nicht erfüllt; das julische Schuldengesetz vom
vorigen Jahre genügte ihnen nicht, ^^) der Prator M. Coelius
versuchte, es aufzuheben, und a',s er in Rom nicht durchdrang,
iu Verbindung mit Blilo und angeblich zu Gunsten des Porapejus
in Italien einen Aufruhr zu stiften ; Beide wurden bald das Opfer
ihres Wahnsinns.^') Die Gemüfher waren ohnehin in grosser
Aufregung; ") täglich und stündlich wechselten in Rom die Ge-
rüchte über den Kriegsschauplatz, und in eben dem Maasse
Freude und Trauer bei den Factionen; nichts Anderes hatte ein
Interesse für sie, doch hielt die Furcht sie in Schranken, die
Freunde der Opfimaten auch die Gegenwart des Consuls P. Ser-
vilius und seiner Bewaffneten. ^^) Selbst nach der |)harsalischen
Schlacht dauerte die Ungewissheit noch eine Zeitlang fort, weil
Cäsar weder jetzt noch später nach Siegen über seine Ulilbürger
an den Senat berichtete ; ' °) man zweifelte an Pompejus gänz-
licher Niederlage, und nur die Kühnsten wagten es, die Statuen
umzuwerfen, welche Sulla*') und ihm auf der Rednerbiihne
31) Dio 1. c. B. Alex. 44. Plntaicli. Cato 56. 32) Oben §. 48.
A. 69. 33) 2. Th. 618. Gabinü No, 5. §. 4 in. 34) Oben §. 45 Oii.
35) 2. Th. 155. 36) Oben §. 46. A. 53. 37) 1. Tb. 50. 2. Th. ^
419. Hie^ §. 56. A. 30. 38) l'Iul. C'aes. 47. Oben §. 50. A. 92.
39) Dio,42, 17. Oben §. 46. A. 84. 40) Dio 42, 18. 41) 2. Th.
474. A. 99.
XXI. lULII. (31. §.53.) 529
crricLiet waren.*') Äucli die NacLricLt von seinem Tode fand
keinen Glauben, bis sein Siegelring' ans Alexandrien eintraf. ♦ *)
ScLon früLer ^yar M. Antonius mit einem Tlieüe des Heers aus
TLessalien zurückgekommen , ^veil leicht neue Meutereien ent-
SteLen oder die Feinde mit der Flotte Italien angreifen konn-
ten;*') er trug Avesentlicli dazu bei, dass sicL Jetzt ein Wetteifer
zeigte, dem Sieger zu scLineicLeln. Die Elirenbescliliisse \^^lrden
indess mit jedem JaLre gesteigert, und nicLt immer lässt sich bei
den einzelnen ermitteln, welchem sie angehören. Da Cäsar nicht
WHSSte, wann er selbst wieder in Rom sein werde, so schickte
er Antonius, welcher ihn während des ersten spanischen Krieges
treu und kräftig vertreten hatte, und sich auch jetzt bewälirte.
Der Machthaber wollte aber die höchste Gewalt unter einem
gesetzmä'ssigen Titel ausüben ; es gieng von ihm aas , dass man
ihn zum zweiten Male zumDictator wählte,**) als er in Alexaa-
drien war, und nicht auf sechs Monate oder auf eine kürzere
Zeit zu einem bestimmten Geschäfte, sondern auf ein Jahr, der
erste Schritt, die Staatsverfassung zn untergraben. Er übernahm
aber diese Würde im September; der Anfang und das Ende der
Dictatur und seines Consulats fiel nicht zusammen; diess gilt
auch von den folgenden Jahren, und ist nicht immer beachtet. ' ^)
Zu seinem Magister equitum halte er zum Voraus Antonius er-
nannt,*') obgleich dieser sich jetzt erst als solcher ankündigte,
und Cicero deshalb behaupten konnte, er sei ohne Wissen seines
Feldherrn durch dessen Freunde zu dem Range erhoben. * ^)
Verg-ebens suchten die Angum, welche doch bei der Wahl des
Dictator geschwiegen hatten , seine Würde auf die gewölmlicLe
42) Dio 1. c. Tgl. Tellej. 2 , 61. Cäsar Hess sie vrieder aufstellen.
Die 43, 49. Plut. Caes. 57. Cic. 40, Apophth. Vol. 8. p. 165. ed. Hutt.
Polyaea. strat. 8, 23. j. 31. Zonar. 10, 11. 43) Dio 1. c. 44) l.Th.
72. 45) Oben J. 46. A. 42. 46) Cic. 2 Phil. 25. Liv. 112. Fast,
cap. a. 705. Dio 42, 20. 21. 35. 55. Plnt. Caes. 51. Anton. 8. Josepti.
A. J. 14, 10. §. 2. Zoiiar. 10, 10. Crsio. Farn. R. p. 116. VaiU. lul,
Mo. 19. MoreU. ihes. Caes. tab. 7. No. 15. 16. Eckh. 6, p. 7. Bei Dio
46, 13 findet sich die falsche Angabe, Cäsar sei uicht ein ganzes Jahr
Uict. II gewesen. Das 'Weitere über diese Berechnung s. nnten §. 56.
A. 50. 47) Dio 42, 21. 27. 45, 28. 46, 13. Plut. Anton. 8, wo
inrnto/oy zo lesen ist. App. 2, 485. Cic. ad Att. II, 13. 18. 2 Thil.
25. 29. LiT. 113. 48) 2 l'bU. 25.
nrumann, Geschichte Roms ilL QA
530 XXI. lULII. (31. §.53.)
Zelt zu bescLräuken; auch kam es nicLt in Betracht, Jag» er
noch nicht Prätor gewesen war. ■* ') Wenn man Cäsar das
Cousulat auf fünf Jahre zugestand, so machte er wenigstens
im folgenden , wo eine Zeitlang wegen des alexandrinischen
Krieges alle Verbindung zwischen ihm und Italien aufhörte,
keinen Gebranch davon. Er erhielt die tribunicische Ge'yalt auf
Lebenszeit, das Recht über Krieg und Frieden, wodurch er als
unverletzlicher Herrscher anerkannt wurde, und die Befugnis»,
die StatthiJter in den präloiischen Provinzen zu ernennen , und
über Juba von Numidien und die Römer in dessen Heere zu
triumphiren. Der König halle nun zwar über seinen Legaten
gesiegt, ' °) man setzte aber voraus, dass der Diclalor ihn schlagen
werde , und in der That sollte jener nur nach der Beendigung
des Bürgerkriegs bei dem Aufzuge den Namen herleihen. Ausser-
dem beschloss man, ihn durch Statuen, Ehrenkronen und den
Vorsitz in den ölfentlichen Versammlungen auszuzeichnen , und
bis zn seiner Rückkehr in den Gesetzen und Eiurichliiugen des
Staats nichts zu verändern. ^ ' ) Für das nächste Jahr wurden
nur V. Tribüne gewählt. '')
Cäsar begnügte sich nach seinem Siege für Rom das All-
gemeinste anzuordnen; er verfolgte Poinpejus, und so rastlos,
dass man sieht, er wollte ilm nicht bloss an neuen Rüstungen
Lindern, wie er sagt, sondern ihn ereilen, ohne Zweifel in der
Voraussetzung, dass er sich seinen Händen durch Selbstmord ent-
ziehen werde. ") Schon am Tage nach der Schlacht war er in
Larissa; '■*) um die Si)ur nicht zu verlieren, zog er mit der
Reuterei sogleich weiter; eine Legion folgte.*^)- Dennoch er-
reichte er Am|)hipoHs zu spät, und als er auf einigen kleinen
Fahrzeugen über den Hellespont gieng, bewahrte nur seine Ent-
schlossenheit und die Bestürzung des C. Cassius Longinus, seines
nachmaligen Mörders , ihn selbst vor der Gefangenschaft. ' ^)
49) Dio 42, 21. SO) Oben §. 44, Sl) Dio 42, 19. 20. 29.
52) Ders. 42, 27. 53) Caelera cur.iriun proiecit poiidera , soli iiiteiitns
genero. Lncan. 9, 951. Uio 44, 45 lässl Antonius versichern, Cäsar tvürde
»einem Gegner verziefien lialea. 54) Caes. 3, 98. Oben §. 52. A. 62.
55) Caes. 3, 102. 106. 50) Dieser Cas.siMS winl von Api). 2, 483.
497 genau beieicjineli vgL 2. TIi. 121. A. 41. Wach der gewöhnlichnn
Lesart findet sich bei Suetou, 63 wio bei Uio 42, 6: Lucius, so liicss der
XXI. lULII. (31. §.53.) 531
Dieser begegnete ihm mit 10 Krieg-sschiffen; ") er war von
Sicilien über Corcyra in diese Gewässer gekommen, nm fiir seine
Partei mit Pharnaces über ein Bündniss zn nnferliandeln, '*) nnd
konnte es überflüssig machen , wenn er den Zufall benutzte ;
allein er hielt diess Zusammentreffen nicht für zufällig, sondern
glaubte sich gesucht; er ergab sich, und wurde begnadigt.'^)
In der Provinz Asia reis'te Cäsar bald mit weniger Eile, weil
er erfuhr, dass Pompejus über Cyprus nach Aegj pten entkommen
sei, nnd er noch Truppen herbeiziehen wollte, ehe er ihm dahin
folgte. ^°) Vor kurzem hatten Scipio und seine Genossen in
diesem Theile des Reichs geraubt,^') um so mehr Gunst ver-
schafften ihm die Einrichtungen, wodurch er die Wunden zu
hellen suchte; er ermässigte die Abgaben, ^^) und steuerte der
Willkühr der Pächter, da er den Zoll auf bestimmte Summen
setzte, eine Verfügung, welche sie vergessen liess, was er früher
fiir sie gelhan hatte; *^) den Bestand in den öffentlichen Cassen
raussten sie an ihn abliefern. ^♦) Auch rettete er zum zweiten
Male^') die Schätze des Dianen -Tempels zu Ephesus; denn bei
Bruder jenes Ersten, ein Cäsarianer; 2. Tb. 152. Xylanfler hat den Irr«
thnm En Dio 1. c. längst gerügt, vrogegen Fabricins daselbst darcb die An-
nahme eines zweiten Lucins das Uebel ärger macht. Auch von <^. Cassins
kann hier nicht die Rede sein; oben Ä, 34. Das Richtige, Cajus, hat Dio
42, 13; er erzählt nnr Ton iwei Personen, was Eine angeht. 57) So
Snet. 63. App. 2, 483 giebt ihm 70. 58) App. 2, 482. Oben A. 27.
59) S. die TOrigen A. n. Cic. ad Farn. 15, 15. Cicero war indess in Brnn-
dnsinm, wo er yiel Falsches hörte; er wiederholte es znm Theil später,
wenn es ihm gerade znsagte. Man erzählte ihm nnter Anderem, Cassias
wolle nach Alexandrien reisen, um Verzeihnng za erflehen, nud dann, er
habe seinen Entschlnss geändert, ad Att. 11, 15, wo Mongaiilt vermuthet,
jener sei Cäsar erst nach dem aiexandrinischen Kriege begegnet, weil der
Brief im Mai 47 geschrieben ist ; diess streitet nicht nur mit den bestimmten
Nachrichten Appians, sondern es enthält anch einen A^ iderspruch ; dena
dann war Aegyi)ten nicht mehr das Land , wo man sich mit dem Dictator
versöhnen konnte. 2 Phil. 11 wird Tersichert, Cassins würde diesen auf
dessen Fahrt nach dem Kil an der ciliciscben Küste getödtet haben, wenn
er nicht an einem andern Orte gelandet wäre. 2. Th. 122. A. 43. 44.
60) Caes. 3, 106. 61) Oben §. 50 in. 62) Nach Plat. Caes. 48
n. App. 5, 673 erliess er den dritten Theil. Cic. ad Fam. IS, 15. App.
2, 483. 63) Oben §. 13. A. 19. 64) Dio 42, 6. 65) Oben
{. 50. A. 52.
34*
532 XXI. lULII. (31. §.54.)
seiner Ankunft entfloli T. Ampins Balbuä, als er im Beg'riff wnr,
iLn zu pliinJeni, sein erbilferter Feind, welcljem er aber dennoch
siiiifer die Rückkehr nach Rom gestaltete. ^*) Die Cnidier er-
klärte er für frei, um ihren Mitbürger, den Myl]»ograj)hen Tlieo-
poinpus zu ehren, welcher dann auch nach Italien kam. *') Als
er das Nöthigsfe angeordnet hatte, übergab er Asia dem Consiilar
Cd. Dorailius Calvinus, die Provinz nud die nmwohnenden Bundes-
genossen mit drei Legionen zu beschützen. ^^) Wie der Legat
unerwai'tct durch Pharnaces in eine bedrängte Lage gerieth, so
ahndete Cäsar nicht, dass er selbst grossen Gefahren entgegen
gieng, und führte deshalb nur zwei Legionen, unter welchen die
eine ihm aus Thessalien gefolgt und die andre aus Achaja von
den Trnppen des Fufius Calenus herbeigerufen war, im Ganzen
3200 Mann nebst SOO Reutern nach Aegypten. ^^y .Seine Flotte
bestand aus 35 Schiffen ; doch wurde eins der zehn rhodischen,
welche Euphranor befehligte,'") verschlagen; die Uebrigen ge-
hörten theils zum Geschwader des Cassius, theils waren sie von
den Asiaten des Festlandes gerüstet.") Auf der Höhe» von
Alexandrien , wo er nach einer Fahrt von drei Tagen eintraf,
überbrachte man ihm die Nachricht vom Tode des Ponipejus «ind
dessen Ropf;'^) die Aegjptier halten sich Rom seit der Her-
stellung des Auletes in Allem gewärtig gezeigt; er glaubte daher
nach dieser Botschaft und als Sieger von Pharsalus unbedenklich
landen zu können. '^)
§ 54.
a. 48 und 47. „Aus der Asche des thessalischen Krieges,
welcher das Ende zu sein schien, brach eine neue Flamme her-
vor, der alexandrinische , ein Zwischenereigniss , ohne innern
Zusammenhang mit den Parteiungen in Rom", '*) und doch von
66) Caes. 3, 105. Cic. .id Au. 8, II. B. ad Farn. 2, 16. 6, 12.
67) Plnt. Caes. 48. Cic. ad Att. 13, 7; nach Slrabo 14, 6S6 der Vater
<Irs Aileinidor. 68) B. Alex, 34. 69) Caps. 3, 106. 109.
70) B. Alex. 15. 25. Liioan. 9, 1003. 71) Caes. 1. c. B. Alex. 13,
App. 2, 483. 72) Oben §. 52 l!n. 73) Caes. 3, 106. Liv. 112.
Siicl. 35. !>io 42, 7. Plnl. Caes, 48. 74) Flor. 4, 2. J. 53 «. 54:
Sine parlibuü bellum.
XXI. lULlI. (31.^. j4.) 53.i
In-dciiteiiJer Rückwirkung'; der Unanf Laluame ■wui'de durch eincu
Iviiiiiirlien 011J dessen Helfer geLemmt, PLarnaces eroberte indess
III Asien, uiid die Optiuiaten gewannen Lebeusfrist auf ein JaLr.
Cäsar verweilte nenn Blonale in Aeg-^-pten, vom Anfange des
October 4S bis zum Juli 47 nach dem «uberichfigten CcJender. ' ^)
l£r erzäLll , seine Abreise sei zuerst durcli nngüustige Winde,
durch die Etesien, verzögert; '") aber auch ohne diess Hinderniss
würde er siih nicht sogleich wieder eingescliifft haben, weil er
Geld verlangte und Cleopatra kennen zu lernen wünschte ; ' ')
die Rückkehr nach Italien schien nicht mehr dringend zu sein.
In seinem ersten Consnlat war Ptoleniäus Auletes, der Vater des
Jetzt regierenden König-s, unter seiner Vermittelung zum Bundes-
genossen der Römer erhoben und damit als Beherrscher von
Aegypteu bestätigt ; ' ^) Auletes verpflichtete sich , liir diesen
Schutz grosse Summen za zahlen; vielleicht kamen Anleihen
Linzn, als jener sein Land verlassen musste, und in Rom Bei-
stand suchte, denn die Geldverschreibungen lauteten nach Plutarch
Huf 17 Blillionen 500,000 Drachmen ; 10 IMillioneu wurden
jedoch nur gefordert. '8) Blan beeilte sich nicht, sie zu tilgen,
und um so mehr unterstützte Cäsar die junge Röniginn, welcher
schon der Ruf ausgezeichneter Schönheit seine Gunst verschaffte.
Die Höllinge fürchteten seine Ansprüche an den Schatz und eine
Einmischung in den obwaltenden Streit, welche das Testament
des Auletes * °) und seine Würde ihm sogar zur Pflicht zu macheu
schien; sie fürchteten noch mehr, da er Aegj^^iten bereits früher
mit dem römischen Reiche hatte vereinigen wollen,") und die
Art, wie er als Consnl mit den Lictoren in Alexandrien einzog,
bestärkte sie in ihrem Verdachte. Die Besatzung erhob ein
Geschrei, die Menge tobte, und mehi-ere seiner Soldaten wurden
an diesem und den nächsten Tagen getödtet. *^) Er verkanulu
die grosse Erregbarkei der Alexandriner, und ihre nicht gering'cre
Anhänglichkeit an das regierende Haus und an die Landessitte j
75) App. 2, 484. Mora Alexandrina; Cic. ad Att. 11, 16. Am
2. Allgast siegte er bei Zela. 7t») 3, 107. 77) Plui. Caes. 48.
Dio 42, 34. 78) Oben $. 13 fin. 79) Fiat. I. c. Dio 39, 12.
42, 9. 34. 44, 46. Suetou. 54. 2. Tb. S3S. SO) Oben §. 52. A. 84.
81) Oben 5. 4. A. 65. 82) Caes. 3, 106. Liv. 112. tucaa, 10, 11.
Uio 42, 7.
534 XXI. lULlI. (31. §.54.)
ein Fürst miissfe so verworfen und zugleich so kraftlos sein,
wie Aiiletes, um von ihnen gestürzt zu werden. Nach dem
Herkommen gebührte die Nachfolge dem Erstgebornen; kanm
gestatteten sie ihren Königen selbst, anders zu verfügen ; ' ^) der
Fremde sollte in einer solchen Angelegenheit am wenigsten ent-
scheiden, wohl gar zum Nachlheil des Ptolemäus; es war aber
zu erwarten, da er nicht als Gast, sondern mit dem Gepränge
eines Oberherrn unter ihnen auftrat. In der That gebot er den
beiden Geschwistern , die Waffen niederzulegen und sich seinem
Urtheile zu unterwerfen. * ') Pothinus kam mit dem Könige ans
dem Lager von Pelusium zurück,*') die Truppen aber blieben
dort unter den Befehlen des Achillas, während Cleopatra die
ihrigen eutliess. Den Käthen war der Tod gewiss , wenn ihre
Gebieter sich versöhnten ; sie schürten das Feuer. Unmöglich
konnte Cäsar die steigende Gährung entgehen; indess gab er sich
das Ansehn, als glaubte er sich sicher, er nahm die Stadt in
Augenschein , auch den Sarg Alexanders , dessen Bild ihm einst,
wie behauptet wird, Thränen entlockt hatte, *^) und hörte die
Philosophen. ' ^)
Der König war mit ihm in der Burg, dem Namen nach
frei , aber unter grossen Ehrenbezeugungen genau bewacht , weil
er zur Geissei diente. ' ') Seine Schwester hatte sich durch
Abgeordnete um Cäsars Schutz beworben , ehe er sie vor seinen
Richterstuhl forderte; bei persönlichen Unterhandlungen konnte
sie nur gewinnen ; sie vertraute seiner Leidenschaft für ihr Ge-
schlecht, von welcher sie bereits unterrichtet war, ihren Reizen
und ihrem Unglück, welches an sich schon seine Theilnahme er-
regte, den Mann, den Machthaber zu ihrer Vertheidigung aufrief.
Es wurde ihm noch fühlbarer, dass seine Gerechtigkeit ihre ein-
zige Zuflucht seij als sie in der Nacht, vermummt, nur von einem
Freunde, ApoUodorus aus Sicilien, begleitet, in der Burg ihrer
Väter bei ihm anlangte. ' ^) Sein Verhältniss zu ihr gestaltete
83) Polyb. fragm. 1, 28 fin. sive legat. 84. Iiistin. 39. 3. 84) Caes,
3, 107. 8S) Liican. 10, 53. 86) Ders, 10, 20. -vgl. Sueton. Octav,
18. Strabo 17, 794 v. hiar }. 3. A. 31. 87) App. 2, 483. Fronlin.
sirat. 1, 1. §. 5. 88) Lucan. 10, 55. 89) Dio 42, 34. Plut. Caes.
49. Zonar. 10, 10. Lucau. 10, 56. Flor. 4, 2. }. 56. (A. Vict.) de Tir.
i». 86. ,
XXI. lULIL (31. §.54.) 535
sith auf Kosten ihrer ELre wie sie es _>viinscL»e; doch wurde
c I- iiirLl von der SimilicLkeit verblendet, wie sieben JaLre später
iM. Antonius, und uirLt aus Liebe zu ihr führte er den Krieg-, ^")
w i-Icher vielmehr sehr ungelegen sich ihm aufdrang. Die Nach-
ilclit von Cleojiatras Gegen^vart machte ihre Feinde bestürzt; die
liikliirnng, dass der Wille des Vaters gültig bleiben, der Bruder
ilio königlichen Kechte mit ihr theilcn solle, brachte sie zur
VerzweiJhing; ^ ') es gelang ihnen leicht, die Menge auf ihre
Seite zu ziehen. Am thäligslen war Pothinus mit seinen Send-
lingen. Diese nuissten über Cäsars angemasstes Richteramt Klage
erheben und versichern , nur zum Scheine werde der König- ge-
duldet, der Thron sei als Preis der Buhlschaft ausschliesslich
Cleopatra bestimmt, aber Achillas, welcher Befehl erhielt, das
Heer von Pelnsinm herbeizuführen, werde Aegjpten an den
iibermüthigen Römern rächen.^') Zugleich beraubte man die
Tempel, nuter dem Vorgeben, dass man den Imperator nicht
anders befriedigen könne; es bezeichnete ihn besonders den Alt-
Aegj-ptiern, deren Wuth bei der Verletzung des Heiligen gränzeu-
los war, als einen Feind der Götter. ^^) Die königliche Partei
war ihm au Streitkräften vielfach überlegen ; in Pelusiitm blieb
eine starke Besatzung zurück, seine Truppen in Asien abzuschnei-
den; 9") dennoch zählte Achillas 2000 Reuter und 20,000 Mann
zu Fuss, zum Theil eingebürgerte Soldaten des Gabinius, ab-
gehärtete Söldner und entlaufene Sdaven aus den römischen
90) Dio 42, 44. 91) Dio 42, 35 hat liier Eiiizelnheiccii , -n eiche
«heils das Gepräge der Erdichtung tragen, fheils anf Verwechslnng der
Zeiten bernhen: Ptolcuiäus sei aus der läiirg zn dem Volke eniQohen nud
genaltsaiu zniiickgeführt ; die Alexandriner Laben zn Lande nnd znr See
angegrilTen, nm ihn zu liefreien, nnd dann in einer Versamnilnng von Cäsar
gehört, dass tr nur das Testament des Auletes ■vollziehe, und als Dictator
daza berechtigt sei; um sie noch mehr zn beschwichtigen, habe er dem
Jüngern Ptolemäns und dessen Schwester Arsinoe die Insel Cyprns gegeben,
folglich eine römische Provinz, welche M. Cato nach einem Ueselze des
Triljuns P. Clodius vom J. 58 in Besitz genommen hatte. 2. Th. 262.
Auch Plntarch. Caes. 49 verfällt dadurch in einen Irrthum , dass er der
Geschichte vorgreift; Pothinus wnrde nicht schon vor dem Ansbmche des
Krieges getödtet, weil er Cäsai- nachstellte, und AchiUas gieng nicht jetzt
erst zn den Tnipiien nach Pelnsinm. Vgl. Caes. 3, 109. 92) Caes.
3, 108. Dio 42, 36. 93) Dio 42, 34. Gros. G, 1 5. 94) B. Alex. 2ti.
53Ö XXI. lULlI. (31. §54.)
Provinaen, welcLe das Kreuz erwartete, wenn sie nicLt siegten;
an diesem entarteten Hofe liebte man aber die Mittel der Feigheit
nnd der SchwäcLe, PotLiniis Loffte sich Cäsars zu entledigen,
wie er sich des Pompejus entledigt Latte, Der König versöhnte
sich in scheinbarer Unterwiirligkeit mit seiner Schwester; bei
dem Gastmeihle, wodurch man das wichtige Ereigniss zu feiern
gedachte, sollte Cäsar vergiftet werden; ein Sclav aus seinem
Gefolge warnte ihn, und der Plan wurde vereitelt, der Urheber
blieb jedoch wegen JMangel an Beweisen und aus Bücksicht auf
die oLuehin erbitterte Menge noch unbestraft. ^'^) Ueber solche
ßänke vergass man die Flotte im Helfen za sichern, 50 Schiffe,
welche unter Cn. Pompejus für dessen Vater gefochten hatten,
22 andere und mehrere auf den Werften. ^')
Der Consul befahl Domitius C'alvinus, ihn durch Legionen
ans Asien zu verstärken; *') Khodns, C'ilicien nnd Syrien soUlen
Schiffe senden, Greta Bogenschützen, Malchns, der König der
Nabatäer im petraischen Arabien, Reuter, AUe aber Getraide und
Riiegsbedarf. ^^) Allein Achillas stand näher, und gehorchte
nicht, als zwei hohe Beamte Dioscorides nnd Serapion ihm im
Namen des Hofes geboten, nicht weiter vorzudringen, weil er
wusste, dass der König nicht frei war; ohne gehört zn sein,
wurde der Eine dieser Abgeordneten tödtlich verwundet, nnd der
Andre erschlagen, und der ägyptische Feldherr besetzte einen
Theil der Stadt. So begann für Cäsar ein ungleicher Kampf,
ein Strassen- und Häuserkrieg; er musste als Abenteurer sein
Leben vertheidigen , während Rom sich anschickte , ihn als Be-
herrscher der Welt zu emi>fangen. Im äussersten Falle hatte er
keine Bürgschaft für seine Rettung, als die Person des Königs,
aber es vergrösserte die Gefcihr, dass er ihn von jetzt an als
Gefangenen behandelte, im eigenen Reiche, in der väterlichen
93) Caes. 3, 110. 111. Die 42, 36. 38. Lucan. 10, 349. 398. Oros.
1. c. 96) Plul. Caes. 49 erzählt, Pothinns sei sogleicli gctüdtel, -welchem
Caes. 3, 112 vvidersprichl; übrigens lässt auch Vellej. 2, 54 ilie Ver-
schvröruiig dem Kriege Torausgeheu. Vgl. Snelon. 35. Lucan. 10, 108. 333.
Eniroji. 6, 22 (17). Flor. 4, 2. §. 57. Oros. 1. c. Zonar. 10, 10.
97) Caes. 3, 111. Im B. Alex. 12 wird ihre Zahl übeitriebeu zu 110
nngegebeu. 98) Caes. 3, 107. Die 42, 37. Oben 5. 53. A. 68 u. hier
A. 25. 99) U. AI. 1. ,
XXI. lULII. (3i.§. Ö4.) 537
Burg', clenn das Volk Yviirde dailiircli empört. Alexandrien Latte
um diese Zelt 300,000 EinwoLner. ">°) Es lag 12,000 ScluiKe
■westlicL von der cauopisclien ÜMündaug ') auf einer Eidenge
zwischen dem mittelländischen Meere im Norden und dem See
Blareotis im Süden, und war 30 Stadien oder ^ geogr. Meilen
lang und 7 bis 8 Stadien breit. ') Die Längenseilen erstreckten
sich von Osten nach Westen, und traten an ihren Enden etwas
näher zusammen, wodurch der Ort eine ovale Form erhielt. lu
derselben Richtung' wurde dieser von einer der grossen Ilaupt-
strassen getheilt , welche eine andre im rechten ^'V inkel durch-
schnitt. ') Unter den fünf Stadtvierteln'') warRhacolIs als Flecken
schon vor Alexander vorhanden^) und dann durch seinen Serapis-
Tempel ausgezeichnet; östlich bis zum Meere hin lag' Bruchium,
auch die königliche Burg genannt, obgleich dieses Quartier viele
andere Gebäude umschloss, und den dritten oder vierten Theil
der ganzen Stadt ausmachte. ^) Vor dem östlichen oder cano-
pischen Thore gelangte man nach, der Kennbahn oder dem Hippo-
dromus und dem 30 Stadien entfernten Kicopolis, und im Westeu
der Stadt an der Strasse von Parätonium nach Kecropolis. ') In
Cäsars Geschichte wird vor Allem die Insel Pharus erwähnt,
nördlich von Alexandrien und durch das Heptastadium , einen
Damm von etwa 7 Stadien oder genauer 800 Schritten mit ihm
verbunden. *) Sie war bewohnt, ehe dieser Krieg sie verödete;
seitdem fand man hier nur noch einige Schiffer. ^) Auf ihrer
östlichen Spitze stand der Leuchtthumi Pharus, denn die Einfahrt
iu den anliegenden grossen Ilafen, bei welcher mau die Insel
zur Rechten und ein Riff und hinter diesem das Vorgebir"'e
Lochias mit einem königlichen Palast zur Linken hatte, war eu^-e
100) Docli ■wohl die SclaTcn mitgerechnet, iivelche Diodor. Sic. 17, 52
ansschlicsst. Tgl. Bonamy Descriptioa de la -»ille d'Alexandrie u. Expli-
cation tojiogr. de la gnerre de Cesar dans Alexaudiie in den Hlem. de
l'Acad. des liiscript. T. 9. p. 416 u. 432. Die lelzte Abhandlung ist fast
nur Uebersetzung des B. Alex. Kausler Atlas der merkw. ScUachten
S. 54 giebt keinen Aufschluss. 1) Pliu. 5, 11 (10). 2) Sirabo
17, 793. 3) Ders. u. Diod. 11. ec. 4) Fhilo in Flacc. p. 973.
5) Strabo 17, 792. Pansan. 5, 21. 6) Strabo 17, 793. Aach Plin.
1. c. den liinften. 7) Strabo 17, 795. 8) Cnes. 3, 112. Amin.
Mareen. 22, J6. f. 10 rechnet lOOO Schritte. 9) Strabo 17, 792.
538 XXI. lULn. (31. §.54.)
nnd wegen der Klippen und Sandbänke seLr scLwierig'. ' °) Der
Umfang des Hafens betrug 30 Stadien; auch Lalle er eine be-
deutende Tiefe.'') Im Heptastadium , "welcLes ilin von dem
westlichen oder dem Eiinostus (rennte, waren zwei mit Brücken
bedeckte Cauäle gegraben, wodurch die beiden Hafen in Ver-
bindung standen. ") Oberhalb des letzten befand sich ein dritter,
der Cibotns , von welchem ein schiffbarer Canal bis zom See
Mareotis führte. ' ^)
Als Achillas in die Stadt eindrang, warfen sich ihm einige
Cohorten entgegen, welche vor der Ueberniacht wichen; doch
konnte mau den Theil des Bruchinm nicht nehmen, wo Cäsar
sich verschanzt hatte. In der Rriegsbankunst und in der Feld-
schlacht gleich unübertrefflich verwandelte er jedes Haus in eine
Festung ; durch Oeffnungen in den Wänden richtete er die Älauer-
brecher gegen das nächste, und wenn es zerstört war, rückten
seine Linien unter dem .Schutze der Sturmdächer vor. ' ') Er
mnsste wünschen, sie bis zum See Mareotis auszudehnen, damit
er Trinkwasser erhielt. Die Stadt hatte keine Brunnen; das
Wasser wurde ihr in Canälen zugeführt, in Cistemen gesammelt
und durch den Niederschlag gereinigt ; jener Graben aber, welcher
am Cibotns mündete, war in der Gewalt der Feinde. ") Nur
durch Klugheit, Kunst und Ausdauer vermochte man den Alexan-
drinern zu widerstehen; sie waren nicht bloss die Stärkeren,
sondern sie besassen auch weit mehr Hülfsqnellen. In ganz
Aeg-jiJten wurde geworben ; es schickte Lebensmittel nnd Waffen ;
in der Stadt fochten die Herren neben ihren Sciaven; sie gaben
ihnen Unterhalt und Sold, uud ai'beiteteu nüt ihnen in den
Werkstätten, Geschosse nnd Kriegsmaschinen zu verfertigen, oder
an den Verschanzungen, welche die Strassen sperrten; die Ga-
linianer leiteten sie an; Anderes lernten sie während des Kampfes
vom Feinde, und ahmten es nach, sogar die Aufstellung versuchter
Truppen zum Kücklialt; aber es fehlte auch nicht an eigener Er-
findungskraft, und ilire Grossen vermehrten Muth und Eifer durch
10) Ders. 794. 11) Ders. 792. Joseph. B. J. 4, 10 (II). ?. 3.
12) Straho 792. 13) Ders. 795. 14) Caes. 3, III. 15. AI. 1.
Lucan. 10, 398. 439 478. Flor. 4, 2. J. 58. Dio 42, 38. App. 2, 484.
15) IJ. AI. 1 u. 5, wo et flumen Nilus genannt wird, weil das Wasser
mittelliar aus dem Nil kam.
XXI. lULII. (31. §.54.) 539
die Klagen: scLon werde es den Römern znr Gewohnheit, sich
nach dem Nil zu wenden; vor einigen Jahren sei Gabiuins ge-
kommen, dann Pompejus, nun Cäsar, und er bleibe, obgleich der
Feind todt sei, welchen er verfolgt habe; man müsse ihn ver-
treiben , und ehe er in der bessern Jalirszeit seine anderen Le-
gionen zur See herbeiziehe , sonst werde Aegjpten unfehlbar
eine römische Provinz. ' ^)
Die Lösung der Frage hieng besonders von der Flotte ab;
ma" hätte sie aus dem Bereiche der Römer, aus dem grossen
Hafen entfernen sollen , damit sie im Frühjahre auf dem Meere
kreuzen und Zufuhr und Verstärkungen auffangen konnte ; da
es nicht geschehen war, und Cäsar die Büttel fehlten, sie zu er-
obern , so verbrannte er sie , auch die Schiffe auf den Werften,
welches die Folge hatte, dass die nahe stehenden Gebäude in
ßruchium, die Getraide- Speicher und die Bibliothek ebeufalls in
Asche gelegt wurden. ") Wie er die eigenen Schiffe vor den
Flammen bewahrte, ' ') wo ihr Standort war, wird niclit gesagt;
wenn aber die Feinde ihnen nicht andere entgegenstellen konnten,
so erhielten sie nun die grösste Wichtigkeit für ihn. Zunächst
schickte er Truppen nach der Insel Pharus , um den Eingang
zum Hafen zu beherrschen. ' ^) Zu Lande durfte er bei der be-
deutenden Macht der Alexandriner kaum Entsalz erwarten; sie
beschränkten ihn in der Stadt, wo er das Theater im Bruchium
als Castell benutzte, auf Verlheidigung, und bald erhielten sie
auch einen tüchtigen Anführer. Ein Eunuch Ganymedes traf
Veranstaltungen, wodurch es Arsinoe, der jungem Schwester des
Ptolemäus, möglich wurde, aus der Burg zu entfliehen, und da
das Heer sie freudig als Königstochter begrüsste, so gelangte ihr
Befreier zu grossem Ansehn. Diess erregle die Eifersucht des
AchiUas; er vertheilte Geld unter die Truppen, aber durch das-
selbe Mittel ■wirkte die Gegenpartei, welche ihn endlich gewalt-
sam aus dem Wege räumte. Sie kam ihm nur zuvor, denn der
16) B. AI. 2. 3. 17) Caes. 3, 111. B. AI. 12. Lucan. 10, 491.
Flor. 4, 2. §. 59. PInt. Caes. 49. Dio 42, 38. Zoaar. 10, 10. Nach Lir.
bei Sencc. de Iranq. an. 9 ireiiiichtete das Feuer 400,000 llücberroUen;
so aiicli Oros. 6, IS, wogegen Gell. 6, 17. Ainm. »laicell. 22, 16. {. 12
n. Uidor. Orig. 6, 3 700,000 zälilen. 18) Caes. 1. c. B, M. 8. 10.
19) Caes. 3, 111. 112. Lucaa. 10, 509. Flor, 1. c.
540 XXI. lULU. (31.5.54.)
Tod des Pouipejus bcweis't , wie wenig; aucL er den I\IeiicIiL'l-
mord sclieufe, und für Aegypten war es ein günstiges Ereigniss,
da sein Nebenbuhler, auf welcLen der Oberbefehl iibergieng, weit
inelir leistete. *°) Um diese Zeit büsste auch Polhinus; Cäsar
gehonte ihn nicht länger, als er entdeckte, dass er mit Achillas
eine geheime Verbindung- unterhielt.^') Theodofus begab sich
nach Asien, wo er im Elende und in grosser Verachtung lebte,
bis Brutus und Cassius kurz vor den Schlachten bei Philippi
durch einen uiartervollen Tod Pompejus an ihm rächten. " -)
Den Kömern wurde die Veränderung im feindlichen Heere
b.ild fühlbar ; in Ganymedes vereinigten sich Erfindungsgeist,
Sluth und Kraft; er wusste, dass er dem Gebieter eines furcht-
baren Reichs gegenüber stand, und wollte entscheiden, ehe er
sich als solcher geltend machen konnte; die Eigenthümlichkeit
der Stadt zeigte ihm das Büttel. Demnach verstopfte er die
Graben, welche jenem süsses Wasser brachten, nnd füllte durch
Maschinen die Cisternen mit salzigem aus dem IMeere. Anfangs
waren die Römer darüber erstaunt, dass das Getränk seinen Ge-
schmack verlor; als es ungeniessbar wurde, geriethen sie in Ver-
zweiflung-. Cäsar beruhigte sie: man werde Brunnen graben,
und wenn auch diess nicht zum Ziele führe, von Parätoniuni
oder vom Osten Wasser herbeischaffen;'^) die Flucht aber sei
unmöglich ; das Einschiffen erfordre Zeit, der Feind werde hervor-
brechen und es verhindern ; Sicherheit finde man nur hinter den
Schanzen. ' ') Durch die Brunnen an der Küste wurde der
Noth einigermassen abgeholfen, und bald durfte man gänzliche
20) Caes. 3, 112. B. AI. 4. tncan. 10, 520. TeUej. 2, 54. Dio
42, 3. 39. 40 behanplet, mau habe Arsinoe als Königinn anerkannt; es
>var nicht der Fall, viie das Folgende lehrt. Auch beschuldigte mau
AcIiiUas nicht, dass er die Flotte dem Feinde übergeben vroUe, denn sie
Var schon zerstört; vielleicht Tvnrde der Verlust ihm als Oberfeldherrn in
Rechnung gebracht; seine Menterei gegen Arsinoe -vrar aber das llanjit-
verbrechen, -welches man ihm zur Last legte, obgleich ihr Günstling ihn
zuerst ongeleindet hatte. Cäsar \>ird hier von Plutarch. Pomp. 80. Brut.
33 nnd von App. 2, 484 mit Unrecht genannt; er tüdtete ihn nicht.
21) Coos. o. VeUej. 11. cc. Lucan. 10, 515. Flor. 4, 2. $.60. Dio n. PInt.
App. 11. cc. Zonar. 10, 10. loh. Älalel. Chron. I. 9 in. 22) Plut.-ircb.
n. App. U. cc. Oben §. 52. A. 88, 23) B. AI. S; Ab insiüa ; TOm
Delta, (-ijaof, Slrabo 17, 788. 24) B. AI. 5-9.
XXI. lULn. (31. §.54.) 541
f!ifreiung' Loffen. Denn Cn. DomitiiiH Calviniis scLickfe aiif
t.isars BefeLl,"^) wie sehr er sie auch selbst g'egen Pliarnaces
Indiirfle, zwei Legionen, eine zu Lande durch Syrien, welche
711 si);it eintraf,'^) und die XXXVII, deren Mannscliaft aus
C-efang'enen von Pharsahis bestand, mit Getraide, Waffen und
Kriegsmaschinen zur See. Der Ostwind trieb sie über Alexan-
drieu hinaus an einen Ort ohne Wasser. Als sie dem Dicfator
durch ein Ruder -Fahrzeug- davon benachrichtigte, verUess er mit
der Flotte den grossen Hafen, um sie aufzusuchen; die Gehörten
blieben in den Werken. Bei dem Castell Chersonesus, TO Sta-
dien von der Stadt, ^') wo er Wasser einnalini, wurden einige
Ruderer von den Reutern der Feinde ergriffen , welche dadurch
erfuhren, dass Cäsar selbst sich in jener Gegend befinde, und
ohne Truppen, und ihm bei seiner Rückkehr mit einem Ge-
schwader aus dem Eunostus entgegen giengen. Sie erlitten aber
eine Niederlage und der Sieger führte die Transportschiffe an
Tauen in den Hafen. "*) Der Kampf zu Lande dauerte fort,
und hatte für Cüsar besonders den Zweck, ihn des Wassers
wegen mit dem .See Blareolis in Verbindung zu setzen. Gany-
medes beschäftigte sich am meisten mit der Flotte; er verstärkte
sie durch Wachtschiffe von den Kilmünduugen und durch alte,
welche er herstellen liess, auf 27 ohue die kleineren; ^^) über-
diess gewährte es ihm eiueu grossen Vortheil, dass nicht nur das
Heptasladium , sondern in Folge von Gefecliten, deren nicht ge-
dacht wird , auch die Insel Pharus in seiner Gewalt war. ^ ")
Man musste diese Rüstungen unterbrechen. Cäsar fuhr mit
34 Schilfen*') in zwei Treffen um die Insel gegen den Eunostus,
und als die Feinde die Schlacht annahmen, von deren Ausgange
25) Oben A. 98. 26) B. Al. 34. 27) Slrabo 17, 799. Ptolem.
4, 5. 28) B. AI. 10. 11. Dio 42, 38 vrirft die Ereignisse unter ein-
ander. Wenn die Aegypiier ans Fnrclit -vor einem AngrilTe die IVlündnng
des -VTesUiclien Hafens oder des Eunostus bis anf eine kleine Oeirnung
vcrscbiiltetea, nnd Cäsar nun anch diese mit ScIülTcn versperrte, 'nelche
er lüit Steinen belud, so ist sowohl das Gefecht bei Chersonesus , als das
folgende niierklUrlich. Ohne Zweifel berichtet Pio ■von dem Hafen, was
sich auf die Canälo im Heplastadiuni bezielit. S. unten. 29) B. AI. 13.
Dio 42, 40. 30; B. AI, 17. Oben A. 19. 31) B. AI. 13. Oben.
§. 63 lin.
542 XXL lüLII. (31. §.54.)
sein Schicksal abziiLängen scLien, und Alexandriner und Römer
an der Küste die LöcLsten Puncte suchten , um Zeugen zn sein,
eröffnete Euphranor, ein kühner und kriegskundiger Rhodier,
das Gefecht, indem er mit 4 Schilfen durch den von Sandbänken
verengten Eingang- in den Hafen drang, und die übrigen mit
einem ermulhigenden Zurufe aufforderte, ihm zn folgen. .So
wussle Cäsar auch zu Lande Blänuer herauszufinden , -welche
durch Wort und That ihre Geführten mit sich fortrissen. Künst-
liche Bewegungen konnte man auf dem beschränkten Räume
nicht ausführen, und das Sch-werdt entschied zu Gunsten der
Römer; sie verloren kein Schiff, die Aegyptier dagegen fünf;
doch -wurden diese von den Ihrigen durch Pfeilschüsse vom Hepta-
stadium und von den Häusern des Pharus auf dem Rückzuge
gesichert. ^ ^)
Damit sich diess in Zukunft nicht -wiederholte, musste man
sich des Damms und der lusel bemächtigen, and sogleich, ehe
die Feinde von ihrer Bestürzung sich erliolten. Zehn Gehörten
und gallische Reuter, -vs'elche ihre Pferde verloren hatten und als
leichtes Fussvolk dienten, soUten vermittelst der kleineren Fahr-
zeuge auf Pharus landen , während andere Truppen auf den
grösseren Schilfen nach der entgegensetzten Seite abgiengen , um
einen Scheinangriff zu machen. Ln Anfange vertheidigten sich
die Phariten von den Dächern ihrer Häuser und von dem steilen
Ufer mit Erfolg, zumal da auch einige Schiffe sie unterstützten;
als aber die Römer in immer grösserer Anzahl festen Fuss fassten,
nnd auch ihre Gefährten vom Norden herankamen, -wandten sich
jene zur Flucht; sie räumten selbst ihren Flecken, obgleich er
Thürme hatle, und ihre Gegner nicht auf eine Belag-eruiig vor-
bereitet -waren, und stürzten sich in das Meer, um nach der Stadt
zu sch-wimmen ; Viele wurden gefangen oder getödtet. Cäsar
erlaubte seinen Soldaten , den Ort zu plündern, und besetzte daa
Castell an der nördlichen Brücke des Ileptastadium; am andern
Tage nahm er auch die Brücke auf der Seite von Alexandrieu.
Etwa drei Cohorten , welche auf dem Damme Platz fanden,
suchten unter Cäsars Leitung den Zugang zum Heplastadium
durch Schanzen zu versperren, und zugleich die Brückenbogen
32} B. AI. 14 — 16.
XXI. lüLII. (31. §.54.) 543
mit Steinen auszufüllen, damit die Verblndang' zwiscLen dem
grossen Hafen und dem Eunostus aufLörte. Schon war das
Werk in dem Einen vollendet und in dem Andern augefangen,
als die Alexandriner g^es^eu den Brückenkopf Leranstürmlen, und
ihre Schüfe sich an den Damm anlegten, durch dessen OelFaungen
sie bisher oft eingedrungen waren, um die römischen zu ver-
breuneu. Während des Gefechts erstieg- ein Theil der Mannschaft
auf Cäsars Flotte den Kaniiifplafz , und trieb die feindliche mit
Schleudern und Steinwiirfen zurück. Da sich abe» bei diesea
Sireitern weder Plan noch Ordnung' zeigte , so landeten die
Alexandriner in ihrem Rücken, ein Anblick, welcher ihnen in
dem Maasse die Besonnenheit raubte, dass sie auf der Flucht die
Leitern mit sich nahmen, und die Schüfe entfernten. Nun sahen
sich die drei Cohorten im Brückenkopfs von zwei Seiten an-
gegriffen; sie suchten an Bord zu kommen, so lange es möglich
war, die noch übrigen Fahrzeuge wurden übermannt und giengen
unter, und wer auf dem Damme blieb, in der Hoffnung, sich
durchzuschlagen, der fiel durch dais Schwerdt, nur Wenige retteten
sich durch Schwimmen. C'ä'sar's Bemühungen, der Verwirrung
Einhalt zu thun, waren fruchtlos; man hörte ihn nicht; er musste
sich endlich selbst auf ein Schiff werfen, verUess es aber, weil
es ebenfalls mit Menschen überfüllt wurde , und schwamm 200
Schritte weit zn einem andern, worauf jenes sank. Etwa 400
Legionare und noch mehr Ruderer und Seesoldaten verloren das
Leben, dem Diciator um so schmei-zIicLer, da er sie nicht er-
setzen konnte ; die Alexandriner waren wieder im Besitze des
Damms und öffneten den verschütteten Durchgang unter der
Brücke. ^^)
33) B. AI. 17 — 21. Lncan. 10 fin. Gegen die Erzählnng bei Sneton.
64. Tgl. 57. Gros. 6, 15. Dio 42, 40. Plut. Caes. 49. Zonar. 10, 10,
dass Cäsar im Wasser gewisse wichtige Schriften mit der Linken in die
Uühe Ijiell, damit sie nicht nass wurden, erheben sich bedeutende Zweifel,
aoch davon abgesehen, dass der Verf. des B. AI, es nicht erwähnt, nnd
der Feldherr nach App. 2, 523 oft untertauchen, sich den Blicken der
Feinde entziehen musste, um nicht von ihren Geschossen getrolTeu zn wer-
den. Man sieht keinen Grund, warum er solche F.i]iiere aus seinem wohl-
Terschanzten Lager mit sich in das Gefecht nahm , nnd wenn er von der
Barke in das »' asser sprang, so konnte er weder sieb noch irgend etwas
544 XXI. lULII. (31. §.54.)
Sie überzeugten sich bald , dass nichts dadurch verähderf,
lind der feindliche Heerführer nicht getödtet sei, wie sie anfangs
glaubten; ihre Angriffe auf die römischen Werke, von welchen
sie sich jetzt den besten Erfolg versprachen, wurden mit eines
solchen Erbitterung abgeschlagen und erwiedert, dass Cäsar die
Seinigen kaum zu zügeln vermochte. Da sie also ihren König
nicht mit Gewalt befreien konnten, so trugen sie durch Abgeord-
nete auf dessen Entlassung an : mau sei des Zwischenreichs der
Arsinoe , dier Herrschaft und Grausamkeit des Ganymedes über-
drüssig; Cäsar möge Ptolemäus seinem ^ olke wiedergeben ; wenn
dieser nicht frei sei , so sei auch kein Vertrag möglich, und man
werde sich gern unterwerfen, wenn er Frieden schliesse. Kichfs
berechtigt zu der Annahme, dass die Freunde des Jungen Fürsten
auf Cäsars Anstiften ihren Mitbürgern eine solche IMassregel em-
j)fahleu , sondern sie ist wahrscheinlich von jenen ansgegangeu*
Denn Ptolemäus musste die Gefangenschaft unleidlich werden,
die Nähe der gefeierten Cleopatra, der Gedanke, dass die jün-
gere SchAvester vielleicht seine Absetzung, die ältere seine Er-
mordung herbeiführte, oder der römische Imperator nach der
gänzlichen Besiegung der Aegyptier ihn bei dem Triumphe zur
Schau stellte ; seine Frendeuthräuen bei dem Abgange von der
Burg verrathen sein Inneres, die Sehnsucht, mit w^elcher er die-
sen Augenblick herbeigewünscht hatte. Auf der andern Seite
fand der Vorschlag Gehör, nicht weil Cäsar, der feine IMen-
schenkenner, den Worten des Königs glaubte, welcher Vei-sÖhn-
lichkeit heucheile und sich kaum von ihm trennen zu können
versicherte, sondern weil dessen Haft sich als nutzlos erwies,
und er ein Zerwürfuiss unter den Feinden , den Sturz des un-
ternehmeudcu Ganymedes helfen durfte, da Ptolemäus in dem
Verfahren der Arsinoe eiue strafbare Anmassuug und in ilim die
Ursach sah. Beide traten auch sogleich vom Schauplätze ab, und
des Eunuchen wird nicht weiter gedacht. ■* *)
anileies vor giiiizliclier Durciiiiiissung bewahren. Sein Pnrpiunianfel , v/ei-
chen er ab^Yai'f, diente den Aloxandr, zur Trophäe ; l)io 1. c, Ai)p. li, 4S4,
523. I'ior. 4, 2. §. 59. 00. er eiilledigte sich der Kleidung, um siih leich-
ter zu bewegen, und nm nicht eikannt zu werden ; beides aber w nide ver-
fehlt, wenn or sie mit dea Zähnen fortzog, auch Tvar diess an sich nicht
luüglich, da das Wasser das Gewicht vermehrte. Sueton. I. c. 31) li.
XXI. lüLII. (51. §.44.) 545
Der König' liielt die Zusagen nicLt, mit welcLen er von Cä-
sar gescLiedeu war ; er setzte die Feindseligkeiten fort , aber
scLwacli und jung durfte er nicht auf sich rechnen, und die Um-
stände waren ihm nicht günstig'. Denn gerade jetzt erwarteten
die Römer neue Zufuhr zur See , und Verstärkung- zu Lande.
Um jene aufzufangen , legte sich ein ägyptisches Geschwader an
der Mündung des canopischeu Kilamis in den Hinterhalt. So-
gleich gieng auch das römische unter Tiberius Claudius Nero in
See; bei dem Angriffe kämpfte, 'wie immer, liuphranor, der
Rhodier , Toran ; er wurde aber von den Anderen nicht unter-
stützt, umringt und getödtet; das Gefecht blieb unentschieden.^')
Desto folgenreicher war die Aukunft der Ilülfsvölker aus Cili-
cieu, Sjrieu und den angränzenden Ländern, welche Blithridates
der Pergamener den Römern zuführte , der Sohn des Blenodotes
inid der Adobog'idn. Diese stammte aus dem Geschlechte der
Tetrarchen von Galatien; da Milhridates d. Gr. ihren Sohn in
dessen KindJieit wegen seines hohen Standes, wie der Verfasser
des alexandrinischen Krieges sagt, oder vielmehr wegen seiner
Schönheit aus Pergamum mit sich fortnahm, und an seinem Hofe
erzog, so nannte sie ihu nach dem königlichen Gönner, damit
man glaubte , sie habe ihn mit diesem erzeugt. * ^) Er ■«'urde
Cäsar in Asien bekannt, und zeigte sicli treu und tüchtig-; des-
Laib erhielt er im Anfange dieses Krieges Befehl , dort zu rü-
sten. Bei seinen grossen Verbindungen hatte das Unternehmen
guten Erfolg, zumal da er für den Sieger rüstete. Selbst Anti-
pater, der Idumäer, früher für Pompejus und daher be«>orgt, ver-
stärkte ihn mit 3000 Blann, luid bewirkte, wenn Josephus nicht
mit jüdischer Ruhmrsdigkeit iiberti-eibt, dass auch Araber und
Dynasten, welche in Syrien und am Libanon wohnten, Jambli-
chus und dessen Sohn Ptolemäus und Tholomäus zu ihm stiessen.^ ')
AI. 23. 24. Gros. 6, 16. Dio 42, 42. rint. des. 49. Zonar. 10, 10.
35) B. AI. 25 lässt sogar TenuiUtieo , «lass die Alex, im Vortheile ■waren,
wogegen Dio 42, 40 Äero den Sie» zuschreibt. Sneion. Tiber. 4. 36) So
erkliiien sclion Viciorius Var. lect. 3, 23 n. Casaiib, ilie verdorbene Slelle
bei Sirabo 13, 625. B. AI. 26 u. 78. Plulap.Ii de iniil. -vinut. Vol. 8.
p. 299. ed. llu«. 37) Josej>h. A. J. H, 8 (|4). }. 1. «. J. 1, 9 (7).
Jj, 3. Gewiss ist, dass ilie Juden roiuj)ejus basslen, »eil er Jerusalem
i)rum.inn .. Ccscliä'htt: Uodin III, "i^
546 XXI. lULII. (31. §.54.)
ScLweriger war der Zii» durch Aegyplen , über welclien d!e |
Alten , besonders in Betreff des Oertlicbeu , sich sehr iinbefriedi-
g-end äussern. Mithridat nahm Pehisiuin , wo Acliillas eine Be-
satzung- zurückgelassen Latte'") und Antipater sich ausg;ezeichnet I
haben soll , nach einem heftigen Kampfe mit .Sturm ; und rückte
in das kleine Delta ein.'') Weiterhin schlug er eine Ablhei-
lung des königlichen Heers, welche ihm entgegen geschickt war,
und sich unvorsichtig näherte, bei einem plölzlichen Ausfalle aus
dem Lagei.*") Als man diess in Alexandrien erfuhr, schitfle
der König nach dem cauopischen Nilamie, wodurch er einen be-
deutenden Vorsprung erhielt. Denn Cäsar mochte ihm nicht fol-
gen , um nicht auf dem Flusse kämpfen zu müssen ; er gieug
zwar in der Nacht in derselben Richtung unter Segel, und mit
Laternen an den Schilfen , damit man ihn beobachten konnte,
dann aber liess er die Lichter auslöschen und wandte sieh gegen
Westen, liier landete er bei Chersonesus, und führte darauf die
Truppen so schnell um den See Alareotis, dass er sich mit Mi-
thridat vereinigte, ehe die Aegyptier ihn erreichten.'')
Der König lagerte, offenbar nach Anleitung eines Kriegs-
kundigen , etwa eines Gabinianer, welcher die römische Befesti-
gungskunst kannte, auf Höhen zwischen einem Sumpfe und dem
Nil. In einer Entfernung Ton 7000 Schritten deckte ihn auf der
Seite, wo man den Feind erwartete, ein CaucJ mit steilen Ufern,
und die ganze Reuterei wurde nebst leichtem Fussvolk dazu ver-
wendet , den Uebergang zu erschweren. So erlitten die Römer
in einem völlig' erfolglosen Kampfe grossen Verlust, bis die ger-
manischen Reuter Furien fanden .nid die Legionare auf schnell
gezimmerten Flössen übersetzten; da mau nun in der Nähe focht,
wurden die Aegyptier geworfen, und bis an das Lager verfolgt;
man holfle mit Ihnen einzudringen; es war aber von Natur fest,
erobert hatte, und dass Cäsar, welchen sie noch im Tode ehrten, Sae«.
Caes. 84. 1. Th. 103 Uinen viel Gutes erwies. S. Tinten. 38) Oben
A. 94. 39) Ptoleni. 4 , 5. Ohne Zweifel drang er auf dem nächsten
Wege vor, nnd berührte nicht Mem|ihis, wie Josephus eriählt, um Anti-
pater zn vorherrlichen , dessen Eiutlnsse er angeblich die Gunst der Stadt
verdankte. 40) B. AI. 26. 27. Den Anführer der Aegypt. nennt Dio
42, 41 Uioscoridcs ; dieser liünnle nur der früher erwähnte sein. Oben
A. 99. 4l) R. AI. 28. Dio 42, 43.
XXI. lULII. (31. §.54.) 547
wolil TerscLanzt und der Soldat ermüdet. Am andern Tage nalira
Cäsar ein Feldcaslell, ■welches Linien mit dem Lag-er verbanden;
er halte alle seine Truppen aufyei)oten, -weil er in Einem An-
laiir auch die übrigen Verschanzungen erstürmen wollte. Diess
gelang' nicht; da, wo kein örtliches liinderniss sich fand, stellte
sich ihm eine überlegene Älacht entgegen , und zwischen Lager
und riuss, welchen viele stark bemannte Schilfe bedeckten, wur-
den die Seinigen von zwei Seiten mit Wurfgeschossen empfan-
gen, und ihre Anstreuguugen vereitelt. Indess bemerkte er, dass
die Besatzung der höchsten und enlfernlesten Verschanzungen
nach und nach herabkam , weil sie das Gefecht in der Nühe se-
hen oder nicht unihälig bleiben wollte; sofort schickte er einige
Cohorten ab, diesen Fehler zu benutzen. Der Anführer Carfu-
lenus , ein bewährter Rrieger und von der Wichtigkeit des Auf-
trags durchdrungen, von dessen Vollziehung das Schicksal des
Tags abhieng, überraschte die Wenigen, welche zurückgeblieben
waren, und schlug sie nach kurzer Gegenwehr in die Flucht.
Durch das GesrJirei in -ihrem Kücken wurden auch die anderen
Truppen bestürzt; sie schwächten sich durch Entsendungen, nm
das Lager auf allen Puuclen zu vertheidigen, und um so gewis-
ser wurde es von zwei Seiten erobert, und ein grosser Theil des
Heers getödlet. Die Uebrigen eilten nach dem Flusse zu den
Schiffen; die Ersten füllten den Graben der Linien und machten
den Folgenden Bahn, unter welchen auch der König war; er
ertrank , weil sein Schilf übermannt wurde. * '') Seinen Körper
fand man i> Nilschlamm', und erkannte ihn an dem goldenen
Brustharnisch; ' ^) es ist daher mit Unrecht behauptet, dass er
spurlos verschwunden und die Art seines Todes ungewiss sei,'*)
obgleich später ein Betrüger unter seinem Namen auftrat, wel-
cher auf Antonius Befehl an Cleopatra ausgeliefert wurde.'*)
Cäsar schickte den Alexandrinern die Rüstung zum Beweise,
dass ihr König- nicht mehr lebe;'^) und gieng mit der Reuterei
voraus, um ihrer Unterwerfung gewiss zu sein. Ungehindert
42) B. AI. 28 — 31. Liv. 112. Eiiirop. 6, 22 (17). Flor. 4, 2. §. 60.
Opos. 6, 16. (A. Vict.) de Tir. UI. 78. 86. Dio 42, 43. riut. Caes. 49.
Tgl. App. 2, 484. 43) Flor. Oros. 11. ec. 44) l'lut. I. c. m. Pom-
pej. 80. App. i, 676. Zonar. 10, 10. 46) I. Th.393. A. 73. 46) Oro«.
6, 16.
35»
548 XXI. lULrt. (31. §.54.)
zog er durrli ihre Werke nach der Burg; denn sie halfen die
Wa/fen niedergelegt, und flehten in Erwartung eines harten
Strafgerichts nm Gnade, welche er ihnen zusicherte. Den Juden
in der Stadt, wo sie besondere Quartiere bewohnten,*') bestä-
tigte er urkundlich auf einer ehernen Säule zum Lohn für ihre
Dienste die ihnen von Alexander verliehenen Rechte.") In der
Hauptstadt beherrschte er das ganze Land,*^) und er vollzog
das Testament des Auletes , so weit es jetzt noch geschehen
konnte, er übertrug die Regierung Cleopatra und ihrem Bruder
Ptolemäus dem Jüngern, einem Rinde, dessen Ernennung zun»
Mitregenten den Gehorsam gegen die Schwester verbürgen und
jeden Gedanken an Willkiihr in dem Verfahren des Siegers ent-
fernen sollte. ' ") Sein Verhältniss zu der Rö'niginn war nicht
allein die ürsach , dass Aegypten frei blieb ; es versöhnte sich
leichter mit einer angestammten Fürstinn als mit einem römischen
Statthalter, und er bedurfte seine Schiffe und sein Getraide. Ar-
sinoe begab sich auf seinen Befehl nach Rom, damit die Gegen-
partei nicht unter ihrem Namen von neuem Unruhen erregte; ")
auch stellte er drei Legionen unter Rnfio, dem Sohne eines sei-
ner Freigelassenen , zu Cleopatras Verfügung , nm sie zu be-
schützen und zu bewachen;'^) nur die VI, welche ans Vete-a-
nen bestand, aber nicht mehr 1000 Mann zählte, begleitete ihn
nach Asien. ' ') Cleopatra hatte am meisten durch den Rriej
gewonnen; sie begann das Spiel, wodurch sie später Antonius
ins Verderben stürzte. Ohne einzusehen, dass sie sich nicht be-
haupten werde, wenn Cäsars Feinde ihm den Sieg wieder ent-
rissen, und dass er schon zu viel Zeit verloren halte, war sie
47) Joseph. A. J. 14, 7 (12). §. 2. Contra Apion. 2, 4. 48) Ders.
A. J. 14, 10. §. 1. B. J. 2, 18 (21). §. 7. 49) B. Al. 32. 33. Oros.
1. c. Die goldene Münze bei Goltz Fast. a. 707 mit Cäsais Kopfe, dem
Awgnrstahe, dem Cronodil und der Inschrift: Aegrpto capta , haben anch
VaiUant. lul, No. 28. Morell. thes. Caes. fab. 7, No. 13. 14. Tgl. tab. 8,
No, 11. 12. anfgenoininon, ihre Aechtheit ist aber zweifelhaft. 50) B. AI.
33. l,iv. 112. Siieton 35. Eulrop. C, 22 (17). (A A^ict.) de vir. ill. 86.
Oros. 6, 16. Dio 42, 4*. vgl. 3S ii. 43, 27. Flut. Cnes 49. App 2,484.
Sdabo 17, 796. 51) B. AI. 1. c. S. unten §. 60. A. 34. 52) .Sne-
ton. 76. B. AI. 33. Dio 47, 28. App. 3, 576. 4, 623. 53) B. AI.
33. 69.
XXI. lULII. (31. §.55.) 549
tinraiif beJacIif, Uin so lange als uiüjjlicli festzuhalten. Zum Glück
iiir lieide war er kein Antonius; er versclimiilile ilie glänzenden
und scliwelg'eriscLeu Feste seiner köuigliclieu ^Virlliinn nicLt,^')
und fiiLr mit ilir auf einem PrachtscLIife , TLalamegos, an wel-
clies viele andere sicL anscLlossen, den Kil hinauf, um die Wun-
der des Landes in Augenschein zu nehmed,") dann aber eilte
er ins Feld.
Nach einem alten Calender ergaben sich die Alexandriner
am 27. Blarz nach der unberichligteu Jahrform, ' ^) oder nach
der julianischen im Januar; in diesen Blonat fallt daher auch die
]\iederlag-e und der Tod des Ptolemäus , und im Anfange des
Juli oder im Blai nach der wahren Zeit gieng- Cüsar nach Asien
zurück. Cicero meldet Terentia am 12. August, dass er den er-
sten Brief von ihm erhalten habe, und zwar aus Asien durch
den Freigelassenen Philotimus; ") mau reis'le von Serien in et-
wa 28 Tagen nach Italien, folglich war das Schreiben im Juli
von dort abgegangen, und im Juli traf auch C Trebonius in
AnliocLien mit Cüsar zusammen. ^ ^)
§ 55,
(a. 48 und 47.) Die Gelegenheit, Rom am Kil zu erobern,
war von den Optimalen nicht benutzt; ein kleiner Theil ihrer
k. 51) Suetori. 52. Die 42, 34. 44. 45. 43, 27. PInt. Caes. 49. App. 2,
484. SS) Suel. App. 11. cc. vgl. App. praef e. 10. Plnt. Demetr. Pol.
43. Athen. 5, 204. Eine solche Reise entsprach der Absicht der Köui-
ginn , ihren Gast zu fesseln und zu verpflichien, und dem lebhalten Inter-
esse, mit welchem dieser jedes »issens- und Sebenswerthe ergriff. Aus
dem Folgen len ergieht sich, dass Cäsar Aeg. nicht sogleich nach seinem
Siege verliess und es also nicht an Müsse fehlte. Befremdlich ist nur die
Uemerknng Suetons 1. c. der Dictalor sei diuch die 'Weigonuig seiner Sol-
daten, ihm bis an die äthiopische Gräuze zu folgen, zur Rückkehr gezwun-
gen. Eine Lnstfahrt auf dem Kil, mit einer Fiii*slinn, welche sieb durch
eine reichliche Vcrpllegnug auch um die Cnnst der fremden Soldaten be-
warb, hatte nichts Abschreckendes, auch genügte ein Theil der Trnppea
ziu" Bedeckung. Kur die Zurückbleibenden machten murren. Sueton will
seine Leser glauben machen, sogar der gemeiue Krieger habe an Ciisars
l'nigange mit Cleop. Anstoss genommen. SO) VI Cal. April. Caleitdar.
Itlailaeior. in Verr. Flacc. Fast. p. 107. ed. Fogg. n. in Gruler. luscr.
p. 133. 57) ad Fom. li, 2J. «d Atl. II, 23. 24. SS) aJ All. 11, 20.
550 XXI. lULIl. (31. §.55.)
Land- lind SeemacLt würde sie dort von ibrein Feinde befreii
Laben. Sie gönnten ihm Zeit, aucli einen andern Krieg zu
beendigen. Als Mitliridates der Grosse, König von Pontus, v<n»
Pompejiis überwunden war, empörte sich »ein Sohn PLarnace»
gegen ihn, welchen er allen anderen vorgezogen hatte; in des
Verzweiflung tödtete fer sich selbst , 63 v. Chr. Mit dem Blute
des Vaters ■wollte jener das väterliche Reich erkaufen ; aber Pon-
tus wurde eine römiscke Provinz , und er erhielt nur das kleine
bosporanische Reich am cimmerischen Bosporus, welcher dei»
mäotischen See mit dem Pontus Euxinus verband; Pompejus er-
klärte sogar die wichtige Stadt Phanagoria zum Lohn für ihren
Abfall vom Könige für frei. *') So brütete Pharnaces über Ent-
würfen der Rachgier und des Ehrgeizes, bis der römische Bür-
gerkrieg sie zur Reife brachte. Wicht bloss aus Groll über den
Undank schickte er Porapejus keine Hülfe, ^*') sondern weil er
jetzt erobern wollte.*') Die Herrschsucht und die Grausamkeit
des Vaters war auf ihn übergegangen, aber nicht dessen Kraft.
Er zog längs der Ostkiisfe des schwarzen Meers nach Colcbis,
und unterwarf sich dann auch Klein - Armenien , welches Rom
dem Dynasten in Galatieu Dejotarus gegeben hatte, und Cappa«
docien, das Land des Ariobarzanes. Wenn er sich auf den
Erbstaat beschränkte, so konnte er als Befreier auftreten, da das
römische Joch Provincialen und Bundesgenossen unerträglich war;
nun aber verfeindete er sich die Fürsten , und die Völker hass-
ten ihn, weil er erpresste, plünderte, selbst die Tempel beraubte,
Knaben entmannte, die schönsten Jungfrauen den Ihrigen eniriss,
Hnd Römer und Eingeborne ermordete.*') ludess zeigte sich
nirgends Widerstand. Die vertriebenen Fürsten baten Cäsars
Statthalter, Cn. Domitius Calvinus, um Schatz,**) und er ver-
langte die Räumung ilires Gebiets , weil er schon der Ehre we-
gen nicht anders handeln konnte, obgleich er nicht auf den Krieg
vorbereitet war. Denn er hatte die XXXVH Legion und eine
i9) Dio 37, 14. 42, 45. App. Millir. 250. S. Pomp. IIIv. 60) Oben
§. 47. A. 25. 61) Dio 42, 9. 45. Sueton. 35. Lncan. 10, 475. Flor.
4, 2. §. 61. 62) B. AI. 3i f. 41. 70. §. 6. Dio 42, 45. 46. Plut. C.ies.
SO. App. 2, 484. RKihr. 253. Strabo 11, 498. Eiitrop. 6. 22 (17;.
63) ü. AI. 34. Oben ^. 53. A. CS,
XXI. lULII. (31. §.55.) 551
fandre an Cäsar abgeg'eben;^') nur die XXXVI stand nocL zu seiner
Verfügung-; auf die beiden, welcLe Dejotams nacL römischer Art
bewaiTnet uud eingeübt Iiatte, war nicLt zu rechnen; eine vierte
Wnrde in Pontus errichtet, und für alle, wie für die 200 Reu-
ter der befreundeten Könige und die Hülfsvölker aas C'ilicien un-
ter Q. Patisius das pontische C'ouiana zum Sammelplatze be-
stimmt.^'} Als er vorrückte, wich der Gegner aus Cappadocien
nach Kleiu- Armenien zurück, um seinen IlülfsqueUeu niiher zu
sein; über die Gülligkeit seiner Ansi)rüche an dieses Land sollte
Cäsar entscheiden; allein Domitius beharrte bei seiner Forderung,
uud zog aus Furcht vor einem Hinterhalte auf de.u Ramme des
Waldgebirgs gegen ihn heran, welches von Comana nach Arme-
nien führte.
Hier lagerte er etwa 7000 Schritte von Nicopolis,^®) hinter
einem Engpasse, in welchem feindliche Reuter sich verbargen.
In der jenseiligen Ebene weideten Heerden und die Landleute
selten ihre Arbeiten fort; er sollte die Gefahr nicht ahnden, da
man ihn als Freund empfieng-, oder bei dem Plündern überfalle«
werden ; zugleich folgte ein Friedensbote dem andern. Aber eben
diess verzögerte seinen Aufbruch, nicht, weil er getäuscht wurde,
sondern weil er dadurch Zeit zur Ruhe gewann, deren die Trup-
pen vor dem Kampfe bediirflen;. am andern Tage verschanzte er
sich zwischen dem Passe, welchen der Feind geräumt hatte, und
der Stadt. Pharnaces erfuhr durch aufgefaugene Briefe, dass
Cäsar in Alexandrieu im Gedränge v\ar, und seinen Legaten zu
sich beschied; er beschloss, dessen Abzug zu erwarten, da er
dann ohne Schwerdtschlug erobern konnte, und sicherte seine
Flügel unter den IMaueru von Aicopolis durch einen Graben von
vier Fuss Tiefe; ausserhalb hielt zu beiden Seiten die zahlreiche
Reulerei. Wie es aber jetzt stand , konnte der Consular ohne
Schimpf und Verlust nicht mehr zurückgehen; er gab das Zei-
chen zur Sclilacht. Die XXXVI Legion auf dem rechten Flü-
64) B. AI. I. c. Tgl. 9 u. hier §. 54. A. 25. 65) B. AI. 34. nach
35 iiicbl das cnppadoi isclie. 66) Der Siegesstadf, von Pompejus nach
seinem Siege über Bliihridat erbaut. Dio 36, 33. App. Milhr. iiS. 251,
Sirabo 12, 555. Flin. 6, 10 (9). Diuch die Gründung eines Orts unter
demselben Namen Terewigle Aiignstns das Andenken an seine Siege bei'
Aclium und in Aegypten. 1. Th. 484 u. 503. Tgl. 463. A. 96.
552 XXI. lüLir. (31. §.55.)
gel stürzte sicL auf die Reuter, warf sie, iibersclirilt vor de»
TLoren der Stadt den Graben, und griff das feindliche Fussvolk.
im Rücken an; auch die pontische auf dem andern Flügel brachte;
die Reuter zum Weichen, als sie aber versuchte, über den Gra-
ben zu setzen, wurde sie fast aufgerieben; die beiden Legionea
des Dejotarus in der Mitte entflohen bei dem ersten Angriff, so
dass nun PLarnaces seine ganze Blacht gegen die XXXVI yer-
wenden konnte, welche jedoch nur 250 Mann einbüsste , und
sich in Ordnung an den Fuss der Gebirge zurückzog. Die
Trümmer des Heers führte Doniitius durch Cappadocien nach
der Provinz Asia. ^ ') Ohne Zweifel wichen die Galatier nicht
bloss aus Feigheit; sie wurden von den Römern und von ihrem
Könige gedrückt, welcher für jene und für sich erpresste; die
Bundesgenossen neben den Provinzen litten mehr als diese. Ein
klügerer und besserer Fürst als Pharnaces würde es benutzt ha-
ben. Er konnte nicht be%virken, dass Cäsar, welchem es nicht
g'leichgüllig war, dass im Beginn seiner Herrschaft verloren
wurde, was Pompejus erobert hatte, in Aegypten fiel, wie er
es hoffte ; er durfte aber nnr besonnen und menschlicL sein , um
die Bedrängten von Armenien bis zum ä^äischen Meere unter
seinen Fahnen zu sehen. Aeussere Hindernisse fanden sich jetzt
nicht; er war für den Augenblick höher gestellt eJs sein Vater,
hatte gesiegt, wo jener unterlag, Nicopolis mit seinem stolzen
Namen in das Grab der Römer verwandelt und die Schande Asiens
getilgt; seine Truppen überschwemmten Cappadocien zum zweiten
Blale, Pontus, PapUagonien und selbst Bithynien. Diess war
aber das Fortschreiten eines W^ürgengels; die Gräuel insbesondre,
welche er in der pontischen Stadt Amisus verübte, zerrissen das
letzte Band zwischen ihm und seinem Vaterlande. "* **) Als er
im Begriff war, nach der "Westküste von Asien vorzudringen,
empörte sich Asander, der Statthalter am Bosporus, in der Hoff-
nung, die ihm anvertrauten Provinzen unabhängig zu beherr-
schen, da Cäsar nach der Besiegung des Pharnaces seine Feinde
67) B. AI. 34 — 4l. 65. C!c. na Alt. II, 16. Liv. 112. Sneton. 35.
36. rio42, 45. 46. l'liit. Caes. 50. App. 2, 484. Diese Ereignisse geliü-
ren in das J. 48, -ivie ans jononi Schreiben Ciisnrs, worin er Hülfe ycr-
Inngle und «ns dor Racliricbl Lei Die erhelll, dass der Minier nahe ge-
wesen sei. 68) B. AI. 70, Dio 42, 46. 48. App. 2, 484. Mitlu:. 254.
XXI. lULII. (31. §.55.) 553
in Africa anfsuclien imisste, oder diircli das Vorgeben, er habe
iliin durch den Anfnihr niilzlich werden -svollen, sich venigslens
eine grosse Bflolniiing zu verscLaffen. Der König; wurde in sei-
neu Unternehmungen gehemmt, und von Cäsar ereUt und geschla-
gen, ehe er den Bosporus erreichte.®^)
In den ersten Tagen des Juli (IMai)^") schiffte der Dictator
von Aegypten nach Syrien , ' ') wo er von den Uuitrieben des
V. Tribuns P. Dolabella und von der Meuterei der Legionen in
Italien Nacliricht erhielt.") Dennoch beschloss er zunächst den
pontischen Krieg zu endigen , da das ganze östliche Reich durch
die Bewegung gefährdet wurde, zu welcher Pharnaces den An-
sloss gegeben hatte. Die Anordnungen in den Ländern, welclie
er auf seinem Zuge berührte, erforderten wenig Zeit. Er fand
in Antiochien viele vornehme Römer und Gesandte ans der Um-
gegend.'^) Auch Autipater, der Idumäer, erschien, und wurde
für seine Dienste belohnt.'*) Cäsar beschenkte den Schlauen,
dessen Huldigungen stets von dem Glücke des Gefeierten abhien-
gen, mit dem römischen Bürgerrechte; er erkannte seinen Gön-
ner Hyrcanus als Hohenpriester an, und erlaubte die von Pom-
pejus zerstörten JMauern von Jerusalem wieder aufzubauen. Die
Klagen des Antigonus, eines Sohns von Aristobulus, dem Bru-
der des Ilyrcanus , über die Gewaltthätigkeiten der regierenden
Partei , blieben unbeachtet. ' *) Antiochien hatte sogleich nach
der Schlacht in Thessalien sich für ihn erklärt;'^) zur Vergel-
tung bestätigte er ihm in einem Edicte vom 20. Arfemisius die
Rechte einer freien Stadt, ehe er noch am 23. den Einzug hielt.")
Auch befahl er hier eine Basilica, das Cäsarium genannt, eia
öffentliches Bad, einen Schauplatz für Fechter und ein Theater
zu erbauen, das Pantheon herzustellen, und der Fortuna Roms
69) Dio 1. 0. App. Mithr. 1. c. Straho 7, 311. II, 495. 70) Oben
§. 5-i fin. 71) Er kam nicht zu Lande, B. AI. 66. Joseph. A. J. 14,
8 (14) §. 3, oligleicij der Vf. des B. AI. 33 fiu. im ■Widerspruche mii sicli
selbst es berichtet. 72) B. AI. 65. Suet. 35. Oros. 6, 16. S. unten.
73) B. AI. 1. c. Cic. od Atf. 11, 20. 74) Oben J. 54. A. 37.
75) Joseph. A, J. 14, 8 (14) §. 3 — 5. vgl. cap. 5 (10). §. 2. B. J. 1,
9 (7;. §. 5. n. 1, 10 (8). §. 4. Gahinii No. 5. §. 2. 76) Caes. B. C_
3, 102. Oben {,. 52. A. 82. 77) Job. Malel. chron. Üb. 9 in. wo diess
al)er irrig in die Zeit seiner Reise nach Aegypten gesetzt wird.
554 XXI. lULII. (31. §.55.)
eine eLerne .Statue zu errichten. Die Stadt führte aus Dankbar-
keit eine neue Aera ein , Avelche aber nicht mit dem Jali 47 I
anfieng , sondern mit dem October 49 , im Herbste, wo ihr Jahr,
und in demjenig-en ihrer Jahre, wo die Herrschaft des Dictator
durch den Sieg- bei Pharsalus begann, jenes vom Herbste 49 bis
dahin a. 48 g-erechnet. ") Zum Statthalter in Syrien ernaniile
Cäsar Sex. julius Cäsar, einen Verwandten, welcher noch jiiiij
und unerfaliren war, und bald von Cäcilius Bassns, einem Pom-
pejaner, beunruhigt und a. 46 auf dessen Anstiften getödlet
wurde. ' ') Nach diesen Anordnungen beg-ab er sich zur See
nach Cilicien. Die Ang-esehensten aus der Provinz und den be-
nachbarten Ländern begrüssten ihn in Tarsus, und empfiengen
seine Befehle. Auch hier forderte er Geld und ScliifTe ; die ei>
zwungene Unterstützung des Ponipejus aber rügte er weder an
Tarcondimolus noch sonst. '") Dann zog er über den Taurus
nach Cappadocien, * ') dessen Könige Ariobai-zanes die Regierung
verblieb, obgleich auch er für die Optimaten gerüstet hatte. *')
Schon a. 51 bat er Cicero als Proconsul von Cilicien um Schutz
gegen die Grossen, welche ihn durch seinen Bruder Ariarathes
zu verdrängen suchten; dieser gab ihnen zwar kein Gehör,**)
Cäsar verfügte aber, dass er am lofe unter der Aufsicht des
Königs lebte, ohne Gebiet zu erhalten ,, weil sonst leicht neue
Verschwörungen entstehen konnten.*'*) An der Gränze von Ga-
latien kam ihm Dejotarus als Flehender im Traiiergewande ent-
gegen; er war nach der Besiegung Mithridats von Pompejus sehr
begünstigt, und hatte im Bürgerkriege für ihn gefochten; * ^) die
78) Ders. 1. c. Noris. Epoch. Sjromaced. diss. 3 , c. 4. ji. IG3. c. S.
p. 187. Ideler Ilandb. d. Chponol. 1, 467. 79) 2 Th. J26. A. 77.
80) Oben §. 47. A. 19. B. AI. 66. Die 41, 63. 47, 26 50, 14. 81) M.in-
nert 6, 2. S. 477 findet einen Fehler darin, dass Cäsar tiacli B. AI. 66
das nördlichere Mazaca früher erreichte, als d.-is ca|>)iadacische Coiuana;
der angehliche Irrthnm beweis'! aber, dass der Vf. dieses Comaua statt
des pontischen nennt, eine Verwechselung, welche anch aus anderen Grün-
den nicht zu bezweifeln ist. S. nnlen A. 13. 82) Olien j. 47. A 17.
83) Cic. ad Fam. 15, 2. 84) Die SleUe in B. AI. 60 ist veidorhen.
Der Sinn ergiebt sich ans Cic. ad Atl. 13, 2: Ariar. ist nach Koni gekom-
men, ich glanbe, nm irgend ein Königreich von Cäsar y.n kaufen, denn
jetzt besitzt er keinen Fnss breit Land. 85) Fonipej. Uly, a. 63 u. hier
^. 17. A. 16. V. ii- A. 71.
XXI. lULII. (31. §.55.) 555
übrigen Tetrarchen klagten ihn an , zum Tlieil aus Neid , das»
er sein Reich willkiihrlich und über die Gt-bühr ausgedehnt habe.
Seine Entschuldigungen , er habe bei den Unruhen im römischen
Staate nicht richten sondern nar dem gehorchen können, welcher
als der Nächste sein Gebieter gewesen sei , wurden als unstatf-
Laft zurückgewiesen, denn dass er gegen Senat und Volk und
gegen Cäsar, den Consul, kämpfe, welchem er überdiess die Bestäti-
gung der ihm günstigen Verordnungen des Pomiiejus verdanke,' *) sei
ihm nicht nnbekannt gewesen; doch wurde ihm vergeben, und
vorerst nur Fussvolk und Reuterei gefordert ; der Streit zwischen
ihm und jenen Fürsten sollte zu einer andern Zeit entschieden
werden. * ')
Cäsar näherte sich P^n der feindlichen Stellung bei Zela,
e^nem Flecken in Pontas. ' Er hatte ausser der Reuterei vier Le-
{,.jnen, die VT, welche um mehr als die Hälfte geschmolzen mit
ihm aus Aegypfen kam, eine galatische des Dejotarus, und, wie
sich vermuthen lusst, die XXX VI, und die wieder errichtete
pontische. Demnach zälilfe er nicht mehr Mannschaft als Domi-
tins, und sie war grösstentheils schon einmal von Pharnaces ge-
schlagen.'*) Gleichwohl suchte dieser dem Kampfe auszuwei-
chen, weil er seineu Gegner fürchtete, und zuvor Asander be-
seitigen wollte; er glaubte, Cäsar werde sich mit Versprechun-
gen begnügen, und erfreut sein, wenn er nun endlich ohne fer-
nem Aufenthalt nach Rom zurückgehen könne; denn die Gäh-
rung in Italien * ') und die Rüstungen der 0|)limaten in Africa
waren kein Geheimniss. In dieser Voraussetzung schickte er Ge-
sandte mit einer goldenen Rrone, ihm zu eröffnen, dass er zu
Frieden und Freundschaft bereit sei, und sich in Allem seinem
Willen unterwerfe; ohne Zweifel werde er ihm, der Pompejus
nicht unterstützt habe, nicht weniger gewähren, als Dejotarus;
nacJi Appian trug er ihm sog-ar seine Tochter an. Cäsar gieng
darauf ein; er drang aber zugleich vor; mit einem bewalTuelen
Feinde unterhandelte er nie anders. Was man bot, nahm er an,
86) Oben §. 13. A. 24. 87) B. AI. 67. 68. 77. Cic. i>. Deiot. 3.
5. 9, yvo gesagt wird, dass er au der Sclilaclit mit Pharnaces Tlicil nahm;
das. 13. 11 rhiUpii. 13. 8H) B. AI. C8 ßu. 69. 77. l'lat, Caes. SO ueuul
nur drei Leg. 89) Oliea A. 72. ß. AI. 71.
556 XXI. lULII. (31, §.55.)
«inter cJer Bedlng'iing' , dass die Vollzielmnj nnniiffelbar folgte;
Ton Dejofariis dürfe man nicht reden ; Pliarnaces habe nicht aus
Liebe zu dem Sieg;er sondern aus Furcht vor einer Niederlage
sich nicht in den römischen Krieg' gemischt , und wenn es ver-
dienstlich sei, durch den Angriff auf die Provinzen jeden Lohn
verwirkt; er mog-e Poutns räumen, Römer und Bundesgenossen
entschädigen , so weit es geschehen könne, dann erst werde man
ihn als Freund betrachten und seine Geschenke nicht yerschniä-
Len. Diesen Forderungen wurden Ausflüchte entgegengesetzt,
Bitten um Aufschub; der Diciator sollte seine Zeit verlieren und
sich entfernen; aber mit den letzten Gesandten erschien er selbst.^")
Zela*') lag auf einem, wie es scliien durch IMenschenhände
entstandenen, Hügel in der Ebene, u "^ war mit vielen Anhöhen
und Tliälern umgeben. Auf einer dieser Höhen , die scotiscl «
geuannt,^') hatte JMithridates d. Gr. einst C. Triarius, den Le-
gaten des Proconsuls L. LucuUus, geschlagen,^ ^) und auch Phar-
naces , welcher die alten AVerke herstellen Hess , wählte die ge-
weihte und Glück verheissende Stalte, 3000 Schritte vom Flecken,
zu seinem Lager. Cäsar bemerkte, dass ein Hügel, von wel-
chem ein Thal von 1000 Schritten den König- trennte, nicht be-
setzt war. Damit der Fehler nicht verbessert wü'rde, befahl er
5000 Schritte vom Feinde einen ^yall aufzuwerfeu, aber zum
Schein; man sammelte nur das Material; um die vierte Nacht-
wache brachten es .Sclaven an jeuen Ort, welchen er zum La-
ger ersehen hatte , und die Soldaten schanzten. Beiden Theilen
war der Angriff nun freilich gleich sehr erschwert; man inuss
aher den römischen Feldherrn für einen Anfiinger in der Kriegs-
kunst halten oder zugeben, was der Verfasser des alexandriui-
90) B. AI. 69 — 71. Dio 42, 47. App. 2, 4S*. 91) B. AI. 72.
rtolem. 5, 6. Slrnlio 12, 559 eizühlt von seinem Tempel der AiiaVtis mit
vielen Ilierodulen nnd einem Obeipriester. Plnt. Caes. 50. Sieph. liyz. v.
Zela wird der Aame von dein Krb.Tuer abgeleitet. Ziela, l'lin. 6, 4 (3).
Bei Dio 42, 47 durch die Schuld der Abschreiber Zelia^ jelzl Zile. Einige
nnler den Alten ziehen es wegen der Kühe zu Cappadooien oder Klciii-
Armenion ; aber .nnch nach d, Calend. Amitern. in Verr. Fl.tcc. Fast. p. 112
vurde der König in I'onlns geschlagen. 92) App. IVlithr. 254. Vgl.
Licin. LncnU. No. 5. {. 7. A. 77, 93) B. AI. 72. 73. Liv. 98. l'lin. I. c.
riui. LncuU. 35. Pomp. 39. App. Mitlir. 231. 232. 249. Dio 42, 48.
XXI. lULII. (31. §.55.) 557
sehen Rrieg'es enhveder verkennt, oder oin seinen Helden, wel-
cher dennoch siegte , desto mehr zu verherrlichen , absichtlich in
ein andere.s Licht stellt , dass er den Gegner zn einer Unbeson-
nenheit verlocken -vv'ollte. Daher das Vorschieben der Sciaven»
ein Bevs'cis von der gering;en Stärke des Heers, das ängstliche
Hin- nnd Hereilen nnd Arbeiten der Truppen hinter dem ersten,
Eur Deckung; bestimmten Treffen, und dann wieder die schein-
bare, sonst nnbegreifliche Sorg:losigkeIt bei dem Ausrücken des
Feindes. Es war nicht zweifelhaft, dass dieser nach den ver-
geblichen Unterhandlungen die Schlacht wollte, de-jn er gieug;
nicht zurück, und eben so wenig', dass er seinem Siege, der
Schwäche und IMuthlosigkeit der Ueberwundenen und ungünsti-
gen Anzeichen vertraute : in der That liess er sich durch dicss
Alles täuschen ; er zog in das Thal hinab, und erstieg die jensei-
tigen Höhen. Die Sichelwagen, deren ^Virksamkeit das Oert-
liche verminderte aber nicht aufhob, und die Reuter bahnten den
Weg, und Cäsar bestand einen harten Kampf, auch als jene zu-
rückgetrieben nnd seine Truppen geordnet waren. Endlich siegte
die VI Legion auf dem rechten Flügel ; doch war damit noch
nicht entschieden, denn viel später gelang es dem andern Flügel
und der Blilte, die überlegenen Massen in die Tiefe hinabzu-
stürzen. Nun aber warfen die Königlichen die Waffen weg;
wehrlos wurden sie von oben herab niedergemäht oder in ein-
ander gedrängt, so dass sie sich selbst erdrückten; die Uebrin-en
zerstreuten sich, ohne das verschanzte Lager zu benutzen, dessen
Wache daher leicht überwältigt wurde, wälu'end Pharnaces mit
wenigen Reutern entkam.^*) In der ersten Aufwallun"' der
Freude nicht über den Ruhm sondeni über den geringen Zeitauf-
wand mochte er einem Vertrruten in Rom schreiben, nach
Plularch Auiiutius, ein unbekannter und wahrscheinlich entstell-
ter Name — ich kam, sah «nul siegle, und Suetons Nachricht,
dass er bei dem pontisclien Triumphe eine Inschrift gleichen In-
halts zur Schau tragen liess, ist wohl damit zu vereinigen: ^ ')
94) B. AI. 73 — 76. Liv. 113. Vellcj. 2, 55. Sneton. 3S. Plin. 6, 4
(3). Eulrop. 6, 22 (17). Flor. 4, 2. §. 61. Fronliii. slial. 2, 2. J. 3. (A.
Vict.) de Tir ill. 78. Oios. 6, 16. Colond. Aiiiil. 1. n. l'lul. Caes. 50. App.
2, 484. »Uilir. 254. Dio 42, 47. Zon. 10, 10. 95; rim. C.ies. 50.51.
558 XXI. lULII. (31. §.55.)
die Worte sind aber nur anf die sclinelle Beendigung des Feld-
zugs in fünf Tagen , ' ^) nicht auf einen leicht errungenen Sieg
zn beziehen, denn wie ehrenvoll die Umstände auch -waren, un-
ter welchen er ihn erfocht, so wurde doch der Feind keineswegs
bei dem ersten Zusammentreffen geworfen; die Schlacht dauerte
nicht eiue^') sondern vier Stunden, ^^) und der Verlust war
anfangs auch auf der Seite der Römer nnd ihrer Bundesgenossen
nicht unbedeutend. 8^)
Cäsar überwand Pharnaces am zw^elten Angust, an welchem
vor zwei Jahren die Legaten des Pompejus in Spanien sich er-
gaben. "'°) Er rerlheilte die ganze Beute unter die Truppen,')
und bereicherte sich also nicht, *) Die Trophäen des Blilhrida-
tes, welche an Triarius Niederlage erinnerten, mochte er aus
einer religiösen Scheu nicht niederrelssen, er errichtete aber an-
dere neben ihnen, ^) und das Heer begrüsste ihn als Impera-
tor (III).*) Den König verfolgte Cn. Domitius bis an die Küste
■von Pai>hlagonien nach Siuope, wo jener sich mit seinen Reu-
Apophtli. Vol. 8. p. 168. ei. Hiitt. App. 2, 485. Sueton. 37. S. nnten
J. 60. A. 40. 96) Sueton. 35. B. AI. 77. 97) Dio 42, 48. 44, 46.
98) Sueton. 35. 99) B. AI. 76. Plut. Caes, SO. App. 2 , 485 lässt Cä-
sar vorher ausrufen : Soll der Vatermörder nicht auf der Stelle hüssen !
und dann: Wie glücklich ist Pompejns gewesen, dass er im Kriege mit
solchen Menschen sich den Beinamen des Grossen erworben hat ! Er kam
aber nicht, um Mithridat zu rächen, und ■^T^sste wohl, wann Pompejns je-
nen Namen erhielt. 100) IV Non. Sextil. Cal. Amit. 1. c. Oben J. 45,
A. 13. 1) B. AI. 77. Dio 42, 48. 2) Virg. Aen. 1, 293 u. das.
SerT. 3) Dio 1. c. Die Münzen zeigen mehrere Denkmäler der Art
mit seinem Manien , man kann sie aber nicht mit Sicherheit auf bestimmte
Siege deuten, wie es Vaill. luL No. 16. 17, n. Morell. thes. Caes. tab. 3.
No. 8 n. 9 n. tab. 4. No. 5 n. 10 geschehen ist; II t, wird hier sehr ge-
sucht durch secundnm tropaeum erklärt , als sei das cäsarianische mit Be-
ziehung auf das mithrid. so genannt, 4) Er wurde Imper. I als propr.
in Spanien a. 60. Oben §. 10. A. 40 ; Imper. II in Gallien. S. die Mün-
zen mit der Bezeichnung Imp. iter bei Vaill. Inl. No. 14 «. bei Eckb, 6,
j). 6, Die Münzen , welche ihn Imp, III — VI nennen, erwähnen nur Goltz
in seinen Fast. m.-igistrat. et triiimph. u. die Schriftsteller, welche ihm fol-
gen, Vaill. 1. c. No. 24. Morell. thes. Caes. tab. 8. No. 18 u. sind daher
wahrscheinlich unacht. S. Eckhel. 6. p. 17. Nach Cic. 14 Philipp. 8 be-
■richiete er über die Siege in Aegypten nnd in Poutus nach Rom, weil der
-Sen«« ihm Sopplicationcn beschlieston sollte.
XXI. lULII (31. §,55.) 559
lern einscliiffle , die Pferde aber Tvegen Alaug'el an Fahrzeng-en
zuvor tödlen Dess. Er besetzte Panticapäum im taiiriscLen Clier-
sones und einige andre Plätze , verlor dann aber in einem Alter
\on 50 JaLreu gegen Äsander Schlacht und Leben.') Ueber
die wieder eroberten Länder verfügte Cäsar nacL dem Grund-
sätze, welcLen Rom als WellbeLerrscLerinn stets festgehalten
hatte; er gab Befreundeten, v\'as man schwer behaupten, nun
aber als Eigenthum behaupten konnte, und jene im eigenen In-
teresse vertheidigten. Deninacli übertrug er Mithridates dem Per-
gameuer für die in Aegypten geleisteten Dienste das bosjiorani-
sche Keich und damit das Geschäft, Asander, dessen Ehrgeiz iiir
Vorderasien fürchten liess , zu entwaffnen, und gegen die Barba-
ren überhaupt eine Vorhnf zu bilden. ^) Ferner verlieh er ihm
als Nachkommen der alten Fürsten ') das Gebiet der Trocmer in
Galatien,*) Dejotai-us zu bewachen. Das Geld zum Kriege mit
den Bosporanern mochte Alithridat sich selbst verschaffen; daher
plünderte er den Tempel der Leucothea in Colchis , und wohl
diesen nicht allein; ^) er wurde aber in einem Gefechte mit
Asander getö'dtet. '") Auch Klein - Armenien, das Geschenk des
römischen Senats, musste Dejotarus an Ariobarzanes , König von
Cappadocien, abtreten.") Amisns erhielt dagegen die Freiheit,
■weil es sich Pharnaces widersetzt hatte,") und Nicomedes, der
Bilhynier , aus einem gesunkenen aber ursprünglich fiirstlicLen
Geschlechte das Priesterlhum im pontischen Comana, die höchste
Würde nach der kö'niglichen , mit vermehrtem Tempelgebiete.'*)
5) App. Mithr. 254. Dio 42, 47. 48. FoIgUch war Cäsar nicht die
unnüllelbare Ursacli seines Todes; Eiitrop. 6, 22 (17). Sein Solin Darins
wurde nach der Ermordung des Dicialor Ton M. Antonias als Küiiig aner-
kannt. App. 5, 715. C) B. AI. 78. App. 1. c. 7) Oben {. 54. A. 36.
8) Cic. de divin. 2 , 37. Troginoruui lelrarchiam. Ygl. Plin. 5 , 42 (32).
Unbestimmt B. AI. 78. Dejotarns verlor nicht Alles. Cic. äusserte sich
über das Scliicksal seines Freandes bei Cäsars Lebzeiten sehr schonend,
p. Deiot. 13, u. desto heftiger nachher. 2 Phil. 37. 1. Th. 112. A. 41 n. 47.
9) Strabo 11, 498. 10) Ders. 13, 625. 11) Cic. 2 Phil. 37. Dio
41, 63. 42, 48. 12) Dio 42, 48. Oben A. 68. 13) Der Name Ni-
comedes bei App. Mithrid. 254 n. in den älteren Ausgaben des B. Alex.
66 Trar !n dem biilijnischen Königs- Geschlechte der gewöhnliche; Strabo
12, 558 hat Lycomedes. Ponipejus ernannte nach dem mitlirid. Kriege Ar-
chelaus zom Priester, den Sohn des gleichnamigen pontischen Feldherrn,
560 XXI. lULlI. (31.§.5G.)
Auch der Ilienser , der aiigeblicLen Stammverwandten des Dicta-
tor, -wurde gedacht; er wies ihnen Ländereien ao, und erklarte
sie für frei.'*) Fast alle diese Verg-iinslig-ung'en mussten aber
mit Gelde und g-oldenen Kronen erkauft werden, und auch die
Tempel sich dankbar dafür beweisen, dass man sie nicht plün-
derte, denn Cäsar bedurfte viel.'') Uebrigens zeigte er sich
milde, auch g:egeii die Optimalen von der Geg-enpartei in Asien
und Griechenland ; er lud sie zum Theil ein, nach Rom zu kom-
men."') Indess beschleunigte er selbst seine Rückkehr ; Cn. Do-
uitius, -welcher sich jedoch auch bald entfernte, sollte anordnen,
was noch nicht erledigt war; zu seiner Unterstützung^ blieben in
Fontus zwei Legionen unter M. Coelins Vinicianus ; ' ') die sechste
gien^ nach Italien. "*) Nur eine Reuterschaar begleitete Cäsar
auf der Reise nach der Rüste; er schiffte sich in Bithynien ein,
fuhr an Lesbos vorüber, wo M. Marcelhis , Cos. 51 einen Zu-
iluchtsort g-esucht hatte, '^) und kam nach einem kurzen Aufent-
Lalte in Griechenland früher, als man ihn erwartete, nach Rom.'")
§ 56.
(a. 47.) Hier hatte seine lang-e Abwesenheit und die Ung-e-
wlssheit über den Ausgang- der Kriege , in welche er gegen Al-
ler Vermuthen im Osten verwickelt -wurde» stürmische Auftritte
veranlasst. Im November 48 erhielt man aus Alexandrien noch
ßriefe von ihm; auch noch im December , aber seit dem 13. die-
•welcher gegen Snlla focht. Jener regierte dann als Gemahl der Berenice,
der iiltesten Tochter des Ploleui. Auletes in Aegypten , und liel im Kriege
juit Gahinins und Auletes. Sein Sohn Archelaus folgte ihm im I'riester-
thnm , diesem Nicomedcs, nach dessen Tode Dyteutns -wahrscheinlich \on
Augiistus eingesetzt -wurde. Straho 12, 558. 17, 796. Gahinii No. 5. §.2.
A. 26 f. Im B. AI. 1. c. -wird das jiontische Comana für das cappadoci-
sche genommen. Oben A, 81. 14) Sirabo 13, 595. 15)Dio42, 49.
16) Cic. ad Fam. 13, 29. 15, 15. ad Att. 11, 16. §. 1. 17) 2. Th.
423. 18) Dio 1. c. B. AI. 77. 19) 2. Th. 394. A. 83. n. lunii
No. 40. 5. 2. A. 87 f. 20) B. AI. 77. 78. Cic. ad Att. 11, 21. ad
Pam. 13, 29. Dio 42, 49. 50. Flut. Caes. 51. — Uelier die Unruhen in
Spanien, eine Folge der sclilenhlen Verwaltung des (). Cassius, und iiher
die Kreiguissc in lllyrien , welches Ciisars Slalllialter (,). Coiuificius mit
IlüUo des 1', Vatiuius verlhcidigtc s. oben §. 53. A. 33 u. 35.
XXI. rULII. (31. §.56.) 561
ses Älonafs bis zur Mitte des folgenden JaLrs fehlte es g^änzlich
daran.") Seine Freunde zeigten unterg;escIiobene vor, wie es
scheint, welclie von Empörungen abschrecken, und die Furcht
vor Proscriplionen verscheuchen sollten ; man schickte sie auch
nach Brundusium , wo Cicero in peinlicher Stimmung dem Sieger
entgegensah, er zweifelte aber an ihrer Aechtheit, ' ^) Am tröst-
lichsten würde ihm und Anderen die Nachricht gewesen sein, der
Dictator sei erschlagen; nicht bloss Dejotarus holfte es;^*) in so
fern war sein Schweigen erwünscht, es bewies wenigstens, dass
er sich in Aegypten im Gedränge und in grosser Gefahr befand ;
nur beunruhigte dann der Gedanke au die Aristocratie in Africa.*")
Im Anfang-e des Juli erzählte man sich, Cäsar habe Alexandrieu
verlassen; ^ ^) aber auch am 6. August wusste man noch nicht,
wann er in Italien sein werde. ^ ^) Cicero erhielt einige Tage
später in Brundusium ein ziemlich befriedigendes Schreiben von
ihm, in welchem nur die zweideutige Mahnung-, sich gleich zu
bleiben, missfiel; er bereitete sich vor, ihn zu empfangen.^')
Dann hörte er noch im Aug-ust, dass durch Pharnaces neuer Ver-
zug entstehe, es wurde ihm unerträglich, länger an der Küste
zu verweilen,^*) zumal als man ihm meldete, Cäsar wolle über
Paträ sogleich nach Sicilien gehen , und seine Feinde in Africa
ang-reifen. -')
Die Besorgnisse des geängstigten Consulars wurden dadurch
vermehrt, dass sein Schwiegersohn P. Dolabella als V.Tribun
gefährliche Neuerungen machte. Durch Schwelgerei den Gläu-
bigern verfallen trug- er ohnerachtet der betreffenden Verordijun-
gen des Dictator ^°) und des Senatsbeschhisses, nach welchem
vor dessen Ankunft in Gesetz und Verfassung- nichts geändert
werden sollte,^') auf die Tilgung- der Schuldbücher und den
Erlass eines Theils der Hausmiethe an. Ganz Rom nahm Par-
tei; es handelte sich um grossen Gewinn und Verlust, und man
gerieth im blutigen Handgemenge an einander, bis der magister
equitum M. Antonius von der Buhlschaft zwischen dem Tribun
21) Cic. ad Att. 11, 6. f. 4. II, 17. 22) Das. II, 16. 17.
23) p. Doiot. 9. Dio 42, 30. 24) ad Alt. 11, 15. 18. 25) Das.
11, 25. Dio I. c. 26) nd Att. 11, 24. §. 3, 27) od Faiu. 14, 23.
24. p. Ligiu-. 3. 28) od Att. 11, 21. 22. 29) od Att. 11, 21.
30) Oben J. 46. A. 53. 31) Das. §. 53. A. 51.
Diuiiiaiin, Cescbichtu Iluins Hl. 3ß
5fi2 XXT. lULII, (31. §.56.)
und seiner Cemalilinn Kenntnis» erliielf, und nun den Markt mit
BewaJfnelen reinigte.^') ILm war diese Slöning' seiner iippig:ea
Feste verliasst; ^ ') doch bestimmten ihn anch andere Gründe,
nicht sogleich mit Nachdruck einzugreifen, besonders der Mangel-
an Nachrichten von Cäsar, und die Bleuterei der Legionen in
Campanien. ^') Er hatte sie vom Schlachtfelde von Pharsaliis
nach Italien geführt,^') und sie weigerten sich, nach Sicilien
und Africa zu gehen, bevor sie mit Gelde und Ländereien be-
lohnt seien , wie man ihnen in Thessalien versprochen habe. Im
Gefühle ihrer Unentbehrlichkeit glaubten sie jedes Zugeständuiss
ertrotzen zu könuen. Am ungestümsten zeigte sich die XII Le-
gion , aber auch die X schloss sich an , bis dahin durch Trene
und Tapferkeit die erste unter allen, und dem gemäss von ihrem
Feldherru ausgezeichnet ; um so nachtheiliger wirkte ihr Beispiel.
Die Rriegsiribune hätten die Gähning- im Entstehen ersticken sol-
len; sie waren nachsichtig aus Schwäche und Furcht, und Anto-
nins, welcher seinen Oheim L. Cäsar Cos. 64 unter dem Namen
eines Stadipräfecten zu seinem .Stellvertreter in Rom ernannte,
einen untüchtigen alten Älann,'^) erschien zu sjjät und fand keiu
Gehör Er berichtete au Cäsar; dieser erhielt sein Schreiben im
Juli nach der Beendigung des alexandrinischen Krieges in Sy-
rien, und schickte sogleich BI. Gallius, mit den Legionen nach
Sicilien überzusetzen ; ' ') auch jetzt gehorchten sie nicht, und als
P. Sulla , der Neffe Sullas des Dictator, mit Valerius Messala in
gleicher Absicht zu ilinen kam, wurden sie nach einem Briefe
Ciceros vom 27. August von der XII mit Sieinwürfen em-
pfangen. ' ')
Bald nachher im September landete Cäsar bei Tarent. ^')
Am 1. dieses Monats nach der unberichtigten Jahrform erwähnt
es Cicero in einem Briefe aus Brundusium noch nicht;*") am 1.
October schrieb er aus Venusia ; er hatte die Küste verlassen.
32) 2. Th. 568. Vgl. über dos älinliche Unternehmen des M. Coelins
im vorigen Jalire das. 420 n. hier f>. 53. A. 37. 33) 1. Th. 73.
34j Dio 42, 30. 52. l'lnt. Caes. 50. App. 2, 485. Liv. 113. B. AI 65.
Sueton. 70. 35) Oben §. 53. A. 44. Cic 2. hhil. 24. 36) Oben
No. 22. 37) ad An. II, 20. 38) Das. 11, 21. 22. 2. Th. 523.
39) Plul. Cic. 39. Caes. 51. Dio 42, 33. 49. SO. App. 2, 485. Zonar.
10, II. B. AI. 78. 40) ad Fain. 14, 22.
XXI. lULn. (31, §.56.) 563
iiiul LofFte iu einigen Tag'en ,•>«£ seinem Tnsciilannm zu sein;'')
in der Zwischenzeit war der Diclalor angelangt, und sogleich
^vpi^er gereis't. Ausser vielen Anderen kam ihm auch Cicero
iiitgegen, welchem er die Demiithigung ersjjarte , in Gegenwart
der Uebrigeu seine Verzeihung zu erbitten , denn er gieng nach
freundlicher Begrüssung mit ihm voraus, und behandelte ihn als
einen der Seiuigen, welchen er gern wiedersah. Dass er auch
jelzt den Wunsch äusserte, er möge sich den öffentlichen Ge-
schäften nicht entziehen und ihn mit seinem Rathe unterstützen,
unterliegt keinem Zweifel ; es nützte ihm , wenn ein so angese-
hener Consular sich auch nur zum Schein für die neue Ordnung
erklärte , und diess erreichte er in so fern , als Cicero vor dem
£nde des Jahrs nach Rom zurückkehrte. Hier erfolgten zur Be-
schämung und zum \ erdrusse Vieler keine Proscriptionen ; auch
wurden die Orgien des Antonius und die Umtriebe des Dolabella
nicht gerügt;'^) die Zukunft war zu dunkel, um in die Ver-
gangenheit Blitze zu schleudern. Cäsar bedurfte zur Gründung
eines Throns entschlossene Anhänger vou unbedingter Hingebung,
und ausserdem „Soldaten und Geld."*') Die Feinde hatten in
Africa gerüstet , und ein Theil seines Heeres versagte ihm den
Gehorsam, unter Umständen also, wo Zwang nicht zulässig, und
Nachgiebigkeit höchst gefährlich war. Er gönnte den Meuterern
in Campanien Zeit, ihr Vergehen zu bereuen; deshalb suchte er
sie nicht auf, sondern Hess ihnen durch C. Sallustius Crispus er-'
öffnen: der Krieg sei noch nicht geendigt, nach dem FelJzuge in
Africa werde er zalilen, und 1000 Denare mehr, als er früher
versprochen habe ; sie verlangten Geld nicht Worte , und nölhig-
(en den Abgeordneten zur Flucht nach Rom, wohin sie folgten.
In ihrem Groll verübten sie auf dem Wege grossen Frevel, und
tödleten zwei Senatoren, die Prälorier Cosconius und Galba. *')
Als sie auf dem Marsfelde lagerten, wurden sie im Namen Cä-
sars befragt, was sie nach der Stadt führe; aber nur mit ihm
wollten sie unterhandeln. Er hafte die wenigen Truppen, wel-
che von Antonius zur Unterdrückung der tribunicisrhen Unruhen
herangezogen waren , und die Wünsche ihrer Kampfgenossen
41) Cic. ad Farn. 14, 20. 42) riiit. Anton. 10. 2. Tb. 570. A. 21.
43) Dio 42, 49. 44) Flui. Caes. 51. Dio 42, 52.
36«
564 XXI. lULII. (31. §.56.)
tlieilfen; in einer tretenden SfeHjjng würde er verlacLt sein,
nocli weniger diirflen seine JRIassregelu FurcLt verrafhen. Mit
der Würde des Imperator, welcLer gewähren und verweigern
kann, die Zügel nachlässt, aber nicLt aus der Hand giebt, trat
er in die Mitte der Legionen. Sie begrüssten ibn wie gewöhn-
lich , und waren nur mit dem Schwerdte umgürtet ; auf seine
Frage, was sie begehrten, forderten sie den Abschied, wie einst
die Empörer bei Placentia, und wie diese, um ihre ferneren
Dienste mit grossen Opfern erkauft zu sehen. *') Seine Ant-
wort: ihr seid entlassen, Ouiriten, eine Anrede, in welcher der
Bestliluss als sclion vollzogen erschien, machte sie bestürzt, ob-
gleich eine erneuerte Zusicherung der Belohnungen für die Zeit
hinzukam, w^o die Feinde besiegt sein würden; sie wollten we-
der Land bauen noch der Beute entsagen. IVach einigem Schwei-
gen und fruchtlosem Erwarten eines günstigem Bescheides baten
sie reuig, sie nicht zu Verstössen; er zögerte, war im Begriff,
sich zu entfernen, ein Rriegstribun legte auf eine geheime Wei-
sung oder nach eigenem richtigen Urtheil ein Fürwort ein, und
er konnte sich nicht entscheiden, mochte Zorn oder Schmerz die
Ursach sein, wohl der Schmerz, denn als er endlich zu reden
begann , hörte man Klagen über den Undank seiner zehnten Le-
gion : stets die erste in der Schlacht frage sie die Fahne des
Aufruhrs ; strafen werde er nicht, die vieljährigen Dienste werde
er vergelten, aber die alten Bande seien zerrissen. Die Vete-
ranen jener Legion näherten sich traurig und,beschämt, auf De-
cimirung anzutragen; diess war der Augenblick, wo er sich ih-
nen und ihren Mitschuldigen wieder zuwenden konnte, er begna-
digte sie.'*) Doch entgiengen die Rädelsführer, die Rriegstri-
bune C. Avienus, A. Fonlejiis und mehrere C'enturione ihrem
Schicksal nicht; Cäsar befahl ihnen in Africa, das Heer zu ver-
lassen , * ') oder er gab sie auf gefahrvollen Posten dem Feinde
preis;'*) die Uebrigen, welche sich am widersetzlichsten gezeigt
hatten, büssten nach dem Kriege dadurch, dass er ihren Autheil
an Beute nnd Ländereien verkürzte. ' ^)
Menschenkennluiss und persönliches Ansehn hatten ihn ge-
45) Oben §. 4C. A. 43. 46) App. 2, 483. 486. Polyaeii. stinf.
8, 23. {. 15. Fronlin. strat. I, 9. §. 4. 47) B, Afiic. 54. 48) üio
42, 55. 49) Sueton, 70.
I
XXI. lULII. (31. §.56.) 565
TCtte(; er bedurfte aber auch ein amtliches. Seine Dictafnr en-
digte sich im Septembpr, daher Hess er sich vom neuen ernen-
nen, wieder auf ein Jahr, und zugleich zum Consul IH für das
künftig'e. * °) In beiden Aemtern wurde M. Lepidus sein Colle-
ge,'') 'welcher jelzt nach der Verwaltung des diesseitigen Spa-
niens friumphiren durfte, ohne gesiegt zu haben. *^) Scheinbar
findet sich unn aber hier zwischen Schriftstellern und Sliinzen
ein Widerspruch. Kach Die war Cäsar a. 46 Dictator III und
Consul III, und dem gemäss sagt ein andrer Geschichtschreiber,
er sei Dictator III gewesen und zum vierten Male ernannt , als
er gegen Ende jenes Jahrs zum Ri-iege mit den Söhnen des Pom-
pejus nach Spanien abgieng. *^) Ausser den Älünzen , welche
ihn Dict. III nennen,'*) finden sich nun aber auch andere mit
der Bezeichnung Cos. III Dict. iler;'') man hat daher angenom-
men , er sei später Dict. III aLs Cos. III geworden.'^) Davon
abgesehen, dass er beide Würden nicht zu gleicher Zeit erhielt,
Längt die Erledigung der Streitfrage davon ab, ob man seine
Dictatur vom J. 49, welche er nach elf Tagen niederlegte,")
in Rechnung bringt oder nicht; bei Dio zählt sie mit, auf den
Münzen dagegen nicht, ein Beweis, dass er selbst es so wollte;
denn sie war ein republicanisches Amt, die erste jährige dagege^»
ein Uebergang zur Monarchie. Er übernahm diese im September
48 nach der Schlacht bei Pharsalus, '*) und sie endigte im J.
47 um dieselbe Zeit. Als er daher am 1. Jauuau; 46 das dritte
£0) Fa;^. cap. a. 707. FInt. Caes. 51. Anton. 10. Dio 43, 1. 33.
Zonar. 10, 10. B. üisp. 2. Sucton. 76. Euuop. 6, 23 (IS). Gros. 6, 16.
Censorin. de die nai. 20. Vaill. liil. Jfo. 20. Blorpll. tlics. Caes. «ab. 2.
Ko. 55. 69. Eckh. 6. p. 7. 51) Fast. cap. Cassiod. a. 707. nio II. cc.
Cic. ad Fam. 13, 26. Eiitrop. 1. c. irrt vreniger, als er nngenan ist ; vrena
er sieb Cäsar als Cos. III dachte, (a. 46) so war Lepidos allerdings schon
Torher (a. 47) sein mag. eq. gewesen, wie M. Antonios in der Dictatur
von 48 — 47. VaiU. Aemil. Ro. 25. liU. No. 21. IMorell. tab. 7. Äo.27.
52) 1. Th. 13. A. 54. 53) Dio 43, 1. B. llisp. 2. 54) VaiU.
Aemil. Äo. 25. lul. 21, 22. 23. Woiell. tab. 7. i\o. 9 n. 27. 65)iri-siu.
Fam. R. p. 116. VaiU. Iid. Ko. 19. IMoreU. tab. 4. Ko. 1. 2. Eckh. 6.
p. 7. 56) l'igh. 3, 4SI. Es ist nicht unbedingt f.ilsch , der \(. der
Aunalea konnte es sich aber nicht ciUären. 57) Üben ^. 46. A. 42.
90. 58) Das. J. 53. A. 46.
566 XXI. lULII. (31. §.56.)
Consiilat antrat, war er Dictator II, nämlick zum zweiten Male
ein ganzes Jabr.
Der Herrscher entscLleier(e sich also immer mehr, aber in
eben dem Älaasse konnte der Unbefangene sich iiberzengen , dass
er nicht handeln werde, wie Mariiis und Sulla. In den Bemer-
kungen Dios über die Art , wie er sich za dem neuen Kampfe
Geld verschaffte, beruht Tieles auf einer Verwechselung von
Zeit und Oit;'^) dass er nicht gewaltsam raubte, nicht mordete,
wird doch auch von ihm anerkannt. Die Provinzen und die Bun-
desgenossen gaben das Meiste; doch mochten reiche Römer be-
deutende Summen als Anleihen zuscliiessen, um sich beliebt zu
machen. Dagegen zog Cäsar das Vermögen der Optimalen ein,
welche Jetzt noch unter den Waffen blieben, und aus diesem
Grunde auch das Erbe der .Söhne des Ponipejus , dessen Tod er
als das natürliche Ende des Krieges betrachtete.'") Es erbitterte
ihn weniger, dass man seine und der Seinigeu Habe in Hoffnung
vertheilt hatte, '^') als dass man nach vergeblichen Anstrengungen
und des Anführers beraubt ohne Plan und ohne Aussicht auf
Erfolg länger widerstand, und selbst mancher Begnadigte. Bei
der Versteigerung der Güter des Pompejus kauften vorzüglich M.
Antonius*^) und P. Dolabella , * ^) in der Bleinung, dass ihnen
die Zahlung erlassen sei, welche gefordert, aber, wie es scheint,
nie geleistet wurde ^*) imd übrigens P. Sulla, wie früher bei den
Proscriptionen seines Oheims.^') Vieles verschenkte Cäsar an
59) 42, SO. 60) Ders. 1. c. Cic. de offic. 1, 14. Tose. 1, 35 fin.
2 Phil. 26. all Farn. 13, 8. od Att. 11, 20. Val. M. 6, 2. §. II.
61) Oben §. 50. A. 80. 62) Dio 45, 19. 28. 46, 14. Er erstand
nnter Anderem das Hans des ehemaligen Trium-vir in den Carinen ; Plnt.
Anlon. 10. 21. 32. Caes. 51, tro für Coriinius Anton, zn lesen ist, Dio
48, 38. App. 3, 534. 5, 718. Cic. 2 Phil. 15. 25. 27. 29. 13 Phil. 5. 17.
ad Au. 12, 18. VeUej. 2, 60. §. 3. 70 in. 1. Tb. 74. A. 53. 75. A. 60.
63) 2. Th. 570. A. 22. Im J. 39 bewilligte man Sex. Pompejas, dem
Jüngern Sohne des Trii-jnvirn im Frieden von Alisennm 17y Millionen De-
nare znr Entschädignng. l. Th. 430. A. 10, 64) Dio U. cc. Cic.
2 Phil. 29. 31. ad Att. 12, 18. 5- ?• Pt"*- Anton. 10. Antonius besass
Pompejus Hans, in Vfelchem jedoch das Weinlager und das Sübergeräth
bald verbrancht nnd -verschwendet waren, 13 Phil. 5, noch nach Cäsars
Tode. 2 Pbil. 25. 27. Dio 45, 9. 65) 2. Tb. 523. A. 32.
XXI. lULII. (31. §.56.) 567
Veferane nnd Günstlinge, namentlicL an Cassiiis Scäva.""*) Den
Grossen seiner Partei inissfiel die Hartnäckig-keit , mit weicherer
seine Verfügung' über das Schtildwesen aufreclif erLielt; ^') er be-
BcbwicLfigle sie aber zum TLeil diircb Beförderung zu Ebrenstel-
len, ohne auf das gesetzliche Alter, auf die bisherige Zahl der
Mitglieder eines C'ollegium oder auf die herkömmliche Folge der
Aemter Rücksicht zu nehmen. So ^^urden diese Gnadenbezeu-
gnngen eines im Entstehen begrilTenen Hofes, die republicanischen
Einrichtungen traten allmiilig in den Hintergrund, und der 3Iacht"
haber konnte nach Willkiihr belohnen.*') Q, Fufius Calenus*')
und P. Valinius, welcher sich schon a. 59 als V.Tribun und
dann im Bürgerkriege um ihn verdient gemacht hatte,'") salien
sich fiir die letzten Tag-e dieses Jahrs zu Consuln erhoben, und
gehörten vom folgenden an , wie kui-z auch die Dauer ihrer Ver-
waltung gewesen sein mochte , zu den Consularen , den ersten
unter den .Senatoren.'') Dem GeschicLtschreiher Sallustius wurde
durch seine Ernennung zum Prätor die Curie wieder geöifnet, ans
welcher er a. 50 vom Censor .^.ppius Claudius Verstössen war,
obgleich er nur kurze Zeit im Amte blieb.'-) Für das folgende
Jahr erhielten zehn die Prätur, zwei mehr, als man seit Sulla
wählte.'*) Dieser hatte die Zahl der Ponttfen, Aiigurn und .der
Priester, welchen die sibjllinischeu Bücher anvertraut waren,
uud seitdem Qiiindecimvirn hiessen, auf fünfzehn erhöht;'*) iit
66) Cic. ad Alt. 14, 6. 10. Oben §. 49. A. 24. 67) Sneton. 42.
Die 42, 50 wiederholt hier, was sich anf das julische Gesetz vom J. 49
bezieht. Oben ^. 46. A. 53. 68) Cum belli civilis praemia feslina-
rentiir. Tacit. H. 3, 37. 69) Oben §. 45. A- II. §. 48. A. 68 n. 80.
{. 50. A. 56. §. 53. A. 28 n. 69. 70) Oben J. 14. j. 53. A. 25 n.
33. 71) Fast. cap. n. Cassiod. Cbron. a. 706. Bei diesem sind die
Mamen entstellt, Dio 42, 55. Auch nach Alacrob. Sat. 2, 3 und den dort
erwähnten Scherzen Ciceros worden sie fiir die letzten Tage, nicht, wie
Sueton. 76 anzudeuten scheint, fiir die letzten drei Monate ernannt, und
nicht , um Cäsar oder irgend einen Andern zn ersetzen , denn das J. 47
hatte keine Consuln gehabt. Oben {. 53. A. 52. 72) Dio 42, 52.
2. Tb. 195. A. 2. S. einen ähnlichen Fall das. 530. A. 15. 73) Dio
42, 51. Also nicht zwölf, wie Pompon. de orig. iur. sagt. S. 2. Th.
485. A. 97 n. hier Hirlii No 2. J. I. A. 10, obgleich die Zahl später
durch Cäsar vermehrt wurde. S. unten §. 65. A. 57 u. J. 66. A. 88-
74) 2. Th. 493. A. 73.
568 XXI. lULII. (31. §.56.)
diesem Jalire kamen zu jedem Collegium einer, und walirscbein-
lich ancL schon zu den Septemviri epnlonum drei liinzii , da Dio
es später nur gelegentlich zur Ergänzung seiner Nachrichten er-
wähnt.'^) "Vorzüglich aber gab die Verödung der Curie eine
erwünschte Gelegenheit, Viele abzufinden; ein Theil der Senato-
ren war gefallen. Manche lebten in freiwilliger Verbannung oder
in den feindlichen Lagern , und Cäsar ersetzte sie durch Ritter,
Centurionen und andere Blänner von niedrigem Range; er unter-
grub dadurch zugleich das Ansehn des Senats , und konnte auf
Bolche Mitglieder rechnen. ^^) Nach denselben Gnmdsätzen ver-
theilte er für das J. 46 die Provinzen ; die Aemter , welche man
früher yerwaltet hafte und die ehemaligen politischen A^erhältnisse
kamen nicht in Betracht ; die Parteiungen waren unverträglich mit
der monarchischen Regierungsform, alle Römer sollten nur ein
Haupt , das Oberhaupt des Staats anerkennen. Daher wurde M.
Brutus ('Statthalter im diesseitigen Gallien, obgleich er bis zur
Schlacht bei Pharsalns ein Anhänger der Aristocratie gewesen
war.") Dem Cäsarianer D. Brutus .fiel das jenseitige von neuem
zu , wo er im gallischen und im Bürgerkriege durch seine Tha-
ten, besonders als Anführer der Flolte, sich ausgezeichnet hatte,
iittd nun im J. 46 einen Aufstand der Bellovaken unterdrückte.' *)
AUienus Sicilien mit dem Titel eines Proconsul. ' s) Ser. Siilpi-
cius Achaja. ^°) In Syrien stand noch Sex. Julius Cäsar,") er
wurde aber a. 46 von dem Pompejaner Caecilius Bassus verdrängt
und auf dessen Vercuistaltung ermordet. *^)
75) 42, 51. 43,51. Tgl. 53, 1. Die allen Namon Trnrden beibehalten,
man sprach .mich ferner Ton XV und Vllvirn; Dio 44, 15. Tacil. A. 11, 11.
Suet. Caes. 79. Serv. zu Virg. Aen. 6, 73; Fostea crevit numerus —
eed remansit in Iiis XVTirorum Tocabulum; mit Unrecht folgert Baiun-
garten - Crnsiut XU Snet. Caes. 1. c. , Casars Einrichtung sei nicht -von
Dauer gewesen, wie Fabric. zu Dio 42, 51 die Stelle 43, 51 irrig auf eine
neue Vermehrung deutet. 76) Dio 42, 51, C Afric. 28. Suplon. 41.
Macrob. Sat. 2, 3. S. unten §. 61. A. 93. 77) Plut. Brut. 6. Cic.
Orator. 10. ad Fam. 13, 10 — 14. Oben J. 51. A. 52. Ihm folgte C. Vi-
bius Pansa. Cic. ad Fam. 15, 17. J. 4. 15. 19. «d Att. 12, 27. 78) Liv.
114. Hier }. 46. A. 86 n. §. 62. A. 42. 79) B. Alric. 2, 26. 34.
Cic. ad Fam. 13, 78. 79. Er war a. 49 Prätor gewesen, nd Att. 10, 15.
80) Cic. ad Fam. 6, 6 g. E. 13, 17 f. . 81) Oben J. 55. A. 79.
82) 2. Th. 120. (^. Cornificiiis erhielt nicht Asia, (2. Th. Clö) Ti'tdchcs
XXI. lULir. (31. §.57.) 509
§ 57.
(a. 48 — 46.) Ponipejus Latte bei seinem .^nfbrncLe nach
Thessalien BI. Cafo mit 15 CoLorten, dem entbeLrlicLen Rriegs-
jrerätLe und der Casse iu DyrrliacLium zurückgelassen,*') und sich
damit eines lästigen Republicaners entledigt. AucL ]\I. Cicero,"'')
M. Varro"') und Andere blieben, von welchen er auf dem
ScliIacLlfelde wenig erwarten durfte, oder deren Gesinnungen
ilim TerdiicLtig waren. Ein Ruderer der rbodisclieii Flotte im
Hufen, welche C. Coponius befehligte, yerkündig-te Unheil, und
die Optimalen wurden bestürat. ' ^) AYeuige Tage später langte
Labienus mit gemianischen und gallischen Reutern an, und mei.
dete die Niederlage des Heers.") Ihm folgten ausser Anderen
Q. Metellus Scipio, der Schwiegervater des Pompejus,") und L.
Afranius, da er nicht wieder auf Cäsars Gnade rechnen konnte.^ ^)
Alle begaben sich sogleich nach C'orcyra zu der Flotte, und in Sq
grosser Verwirrung, dass die Soldaten bei dem Räumen der Ma-
gazine das Getraide zum Theil auf den Strassen verschütteten,
und die Lastschiffe verbrannten, weil diese sich nicht von der
Rüste entfernen wollten; die Rhodier fuhren nach ihrer Insel. ^*')
Nach und nach vereinigte sich bei Corcyra fast die gauze S -
macht der Opiimaten, wie gerade die einzelnen Abtheilungen von
den Ereignissen in Thessalien unterrichtet wurden; D. Laelius
kam mit seinem Geschwader von Brundusium ; ^ ■)■ C. Cassias aus
der Meerenge von Sicilien;^^) Cn. Pompejus, der ältere Sohn
Cn. Domilins bald nach Cäsar verliess, (hier {. SS fin.) und P. Vatinins
übernahm lUyrien erst a. 45. Die Angaben bei Tigh. 3, 434 sind darnach
zn berichtigen. 83) Oben §. 50. A. 73. 84) Lir. 111. Cic. de
divin. 1, 32. 2, 53. 2 Phil. 15. Plutarch. Cato 53. Dio 42, 10; iregen
Krankheit sagt Plut. Cic. 39 und er seihst spricht daYon , ad Alt. 11, 4,
sie kann aber nicht von Bedeninng gewesen sein, ad Farn. 14, 6. 21.
-Uebrigens äussert er bestimmt : in acie noa fui. ad Farn. 9, 18. 83) Cic.
de div. U. cc. 86) Das. Oben J. 47. A. 32. 87) Cic. de dir.
1, 32. Dio 42, 10. B. Afric. 19, 29. App. 2 ,' 482 lässt ihn in Corcyra
landen. Kach Frontin. strat. 2 , 7. §. 13 erdichtete er, Cäsar sei schwer
verwandet ; nach Plnt. Cic. 38 sachte er durch günslige Orakel, an welche
er erinnerte, den Mnlh der Crossen zu beleben; Cicero 1. c. schweigt da-
von. 88) App..l. c. 89) Dio 42, 10. vgl. 43, 12. Flor. 4, 2.
J. 90. Oben §. 45. A. 14. 90) Cic. 1. c. Dio 1. c. PInt. Cato 53.
Lucaa. 9, 32. 9l) Oben §. 53 iu. 92) Das. A. 27 u. 56.
570 XXI. lüLII. (31. §.57.)
des Triumvir, Tom Norden, aus der Gegend von Oricuin, weil
die äg'yplische Flotte, welche er geführt hatte, ihn verliess, '■')
und M. Oclaviiis von der illjrischen Küste; ^'') die Gcsammtzahl
der Schiffe giebt Appian nach einer iinsichern Schätzung' zu- 300
an. ^') Man hielt indess unter Catos Vorsitze einen Kriegsratli,
um einstweilen einen Oberfeldherrn zu wälilen, und über das
Weitere sich zu besprechen. Die verschiedensten und heftigsten
Leidenschaften, Furcht, Ehrgeiz, Eifersucht, Misstraiien , Ruch-
gier, ein tiefer Schmerz über die Vereitlung- zuversichtlicher Hoff-
nungen und die Ungewissheit , ob Pompcjus lebe und wohin er
sich gewendet habe, verhinderten einen allgemeinen und beson-
nenen Beschluss. Cato liebte die Schlachten nicht ; als Prätorier
Latte er einen erwünschten Vorwand, den Oberbefehl, welchen
man ihm antrug , zu Gunsten des Consulars Cicero abzulehnen ;
dieser aber wollte auch am Kriege nicht mehr Theil nehmen,
und leistete auf die Ehre ebenfalls Verzicht. Blan konnte ilim
nicht zürnen, da man wusste, dass in jeder Beziehung der innere
Beruf ihm fehlte, obgleich er nach seiner .Slatlhalierschaft in Ci-
licien in den J. 51 — 50 sich lange Imperator genannt hatte; als
er aber den Frieden empfahl, anbrüchig-, wie er ohneliin schon
war, auf das Nutzlose neuer Austrengungen , auf Unterwerfung
hindeutete, gerieth die Kriegspartei in Aufruhr, es erhob sich
ein so schrecklicher Sturm , dass Cato nur mit JMühe Cu. Pom-
pejus abhielt, ihn zu ermorden.'*)
Eine Einigung fand nicht Statt, Jeder handelte nach Will-
kiihr. Scipio gieng nach der Provinz Ainca, wo er sich mit
Attius Varus und Juba zu verbinden gedachte. '') Dieselbe Ab-
sicht halte Labienus; er nahm aber den Weg über Gyrene,
Welches ihn nicht zuliess; er hoffte, wie es scheint, mit Porapejus
zusammen zu treffen. Auch Cato wollte diesen aufsuchen, und
zuvor so viel als möglich die Flüchtlinge aus dem Bereiche des
Feindes entfernen. Deshalb eilte er mit Cu, Pomijejus "") nach
Paträ in Achaja. Hier stiessen M. Petrejus "") und Faustus
93) Dio 42, 12. Hier §. 47. A. 35. §. 49. A. 8 $. 54. A. 97.
94) Dio 42, H. Hier §. 53, A. 32. 95) 2, 482, >gl. oIiph }. 47. A,
28. n. Liicaii. 8, 37. 96) Plul. Cic. 39. Cato 55. Cir. |,. Heiol. 10.
97) I'liii. Caio 56. Ai>p. 2, 482. Obeu j. 44. 98) Liicau. 9, 121.
99) ÜJjeu §, 45. A, 84,
XXI. lULlI. (31. §.57.) 57 J
Sulla zu Uim, cler SoLn des Dictator; doch blieb er nur kurze
Zeit, weil Fufius Calenus iLu mit einem Angriffe bedroLle. '"")
Er uroschifTte die Küsten von Laconieu und Greta, und beg-epiete
Cornelia mit ihrem Jüngern Sohne Sextus, durch -welche er Pom-
pejng Tod erfuhr, ') ein g-lücklicher Zufall für Cäsar; wenn ihm
früher gemeldet wäre, dass seiu Feldherr sich für Aeg'jpten ent-
schieden habe, so würde er ihm gefolgt sein, zwar zu spät, nui
ihn zu reiten, aber nicht, um den schwach bewehrten Feind in
eine noch ungünstigere Lage zu versetzen. Die Cyrenäer nahmen
ihn auf, vielleicht aus Furclit, da er stärker war als Labieuus. -)
Aber das Beschwerlichste stand ihm noch bevor, der Weg nach
der Provinz Africa längs der Rüste; ') er versorgte sich mit
Lebeusmitleln, mit Wasser und selbst mit Sclilangenbeschwörern,
und gab seinen Truppen das Beispiel der Entsagung und der
Ausdauer, bis erScipio erreichte.') Die Optimaten seiner Partei,
welche nach der Schlacht bei Pharsalus nicht mehr fechten moch-
ten, zerfielen in zwei Classeu ; einige verbannten sich selbsl, an-
dere entschlossen sich, unter der Herrschaft des Siegers zu leben,
und diese trugen sich ihm entweder an, oder sie verlangten nur
Duldung. ') M. Blarcellus Cos. 51 gehörte zu den AVenigen,
von welchen das Wort des Vellejus gilt, dass Cäsar geneigler
■war, ihnen das Leben zu schenken, als sie, es anzunehmen; er
100) Dio 42, 13. 14. Eutrop. 6, 23 (18). Oben §. 53. A. 31. 1) Ploi.
I. c. Lncao. 9, 36. 120. Oben §. 52. A. 6 Dio 42, 13 erzählt, er sei
erst in Cyrene Ton Pomp. Schicks.ile benachrichtigt, u. Pliit. Pomp. 76,
dieser habe von seiner Annäherung noch Keiintniss erhalten ; dann ^vürde
er sich nicht den Aegvpt. überliefert haben. 2) Plut. Cato 56. Lncan.
d, 297 lässt ihn mit Gewalt eindringen. 3) PInt. 1 c. in dessen An-
gabe, er habe beinahe 10,000 Mann gehabt , eine Ueberlreibnng liegt, LiT.
112 n. Vellej. 2, 54 berichten, er sei durch die libysche A> üste gezogen;
nach Lncan. 9, 300. 319. 347. 371 fuhr er von Cyrene noch eine Zeitlang
zur See, bis die ^Vinterstürnie ihn nüthiglen, in der Gegend des Sees Tri-
tonis anznlegen nnd den Landweg zn wählen. 4) Cic. ad All. II, 7:
Mnltos Tiros bonos in Africam venisse audio, e' scio fiüsse antea. — Dices,
qnid Ulis, si victi ernnt? honestior est plaga. 5) ad Farn. 4, 7 an Rl.
Marcelliis : Cum spe vincendi siniul abiecisli certandi etiam cnpiditateni, —
^ui non idem consilium, qnod In, seciiti sunt, eos video in duo genera
esse disiractos. Aut enim renovare bellum conati sunt, hiqne se in Afri-
cam contnlerunl : aut, ijnemadmodum uos, victori sese creilideraut.
572 XXI. lULlI. (31. §.57.)
zog sich nach Lesljos zurück; *) bei weifem der grössere Tlieil
verweilte in AcLaja, besonders in Paträ, mit Bewilligniig des
Fiifius Calenus, oder in der Provinz Asia, Verzeihung zu er-
halten, welches in Folge des alexandrinischen und pontischen
Kriegs nicht so bald geschah, als man geglaubt hafte. ') Auch
Ciceros Bruder fand man zu Paträ, wohin sein Sohn Oiiintus
von Corcjra kam ; dann reis'ten sie weiter , mit Cäsar ihrön
Frieden zu machen. ^) Ueberall konnte dieser seine bisherigen
Feinde erreichen, er schonte sie aber; mehrere begnadigte er auf
der Rückkehr nach Rom, unter anderen Titus Autistius in Bi-
thjnien, ^) und Viele späler, oder er beunruhigte sie doch nicht;
sein Statthalter Ser. Sulpicius durfte in Athen den Verbannten
A. Torquatos mit Auszeichnung behandeln ,' °) und auch Cicero
traf in Brundusium, wo er nach dem Abgange von Corcyra sich
aufhielt, um den Dictalor zu besänftigen, keine Verfolgung, weil
dessen Stellvertreter, M. Antonius, den Willen seines Gebieters
kannte. ' ')
Africa also erwartete Cäsar, der Proprätor P. Attins Va-
rus, '■) die Schaar der Zersprengten von Pharsalus und Juba in
KuraiJien. Der Ronig wird irrig nach einem spätem Sprach-
gebrauche auch nach JMauritanien benannt; '^) er war der Sohn
des Hiempsal, Pompejus.und dessen Hause verpflichtet,") und
Cäsars Feind, wegen persönlicher Beleidigung, und weil er glaubte,
dass C. Curio als V.Tribun auf sein Anstiften die Einziehung
seines Reichs beantragt habe. ' ') Im J. 49 vrurde Curios Heer
von ihm aufgerieben ; seit4em hielt er sich für unüberwindlich
und die landllüchtigen Optlmaten für seine Schützlinge ; sie hatten
ihn schon vor ihrer Niederlage als Freund und Bundesgenossen
anerkannt, '^) sein Lohn musste uuermesslich seiu, wenn er sie
rettete, und eben so tief sein Fall, wenn es nicht gelang. Seiue
Anmassung wurde zum Theil durch sie selbst verschuldet; sie
6) Tellej. 2, 52. 2. Th. 394. 7) Achaici deprecatores. ad Att.
11 , 14. Tgl. 11, 7 n. 16. ad Farn. IS , 15. 8) ad Alt. 11, 5. 7. 14.
16. 9) ad Fam. 13, 29. 1. Th. 56. Xo. 10. 10) ad Farn. 6. 1—4.
11) 1. TL. 72. lUer §. 56. A. 40. 12) Oben §. 44. A. 32. 13) Liv.
110. Entrop. (i, 23 (18). Flor. 4, 2. §. 65. App. 2, 455. Inschr. ii. Mün-
zen haben grüsslentheils Manielania ; s. Tzchncke zn Enirop. 1. c. 14) Oben
§. 5. A. 22. §. 6. A. 59. 15) J. 9. A. 22. §. 44. A. 40. 16) $.44-
A 55.
XXI. lULII. (31. §.57.) 573
empfanden nur Eifersnclit geyen einander, nicht geg'enilm; Varns
nnd Scipio verlangten den Oberbefehl, jener als Stadhalter und
dieser als Consular, nnd beide schmeichelten dem mächti en Jiiba.
In ihnen verlängnele Korn seine Wiü-de; es Mar unerhört, dass
es sich einem Fremden in die Arme warf, nnd rechtfertigte
Ciceros Grundsatz: über Thessalien hinaus keinen Krieg;")
bis dahin führte die Pflicht , weiter aber Verzweiflung
nnd Wahnsinn. ' *) Er rügte es schon , freilich nm als Ab-
trünniger sich zn reinigen , dass Pompejus die Barbaren anf-
bot, ' ^) die Republik aber mit Hülfe der treulosen Niimidier und
ihrer Elephanten yertheidigen zu wollen, erschien ihm als ein
erniedrigendes, unkluges und durchaus nichtiges Beginnen.^")
Ein Vermittler fand sich in Cato; er kam im Früh/ahr 47, -')
für Scipio bei dessen hochfahrendem Sinne ein lästiger Gefährte,
■wie einst für Pompejus, durch den Zuwachs an Truppen^-)
machte er aber die Römer imabhäugiger Ton ihrem Bundes-
genossen , welchen er sogleich bei der ersten Unterredung in
seine Schranken zurückwies; jener nahm den Ehrenplatz in der
JRIitte zwschen ihm und' Scipio , und er trug seiuen Sessel auf
die andre Seite, Scipio zur Rechten, wodurch Juba die unterste
Stelle erhielt. -^) Es konnte den Verlust eines unentbehrlichen
Beistandes bewirken ; die Ehre der Republik und ihre Ein-
richtungen Hessen ihn vergessen , was die Klugheit gebot.
Demgemäss endigte er anch den Streit im Lager, und das
Heer erleichterte es, denn es wählte ihn zum Anführer, und er
übertrug seine Rechte auf Scipio, den Consular, ") obgleich er
dessen Privatfeind gewesen war. -^) Da er selbst als Prätorier
entsagte, nur den höhern Rang, nicht die grössere Tüchtigkeit her-
vorhob, so fügte sich Varns. Ein Anderer würde Labienus vorgezogen
haben ; er kannte Cäsar nnd dessen Kriegskunst, nnd hatte unter
den Legaten in Gallien sich am meisten Lervorgethan ; Cato über-
17) ad- Fam. 6, 22. 18) Das. 9, 5. 19) ad Ate. 11, 6.
20) Das. II, 7. ad Fnm. 7, 3. 9, 6: Qaasi ntilins reipubl. {iierit, eos et-
iam ad bestiarum aiixiliiim confiigere , quam Tel emori , Tel cum spe , si
iion opiima, at aliqiia tarnen TiTere, 21) Pliit. Cato 56. 22) Obea
A. 3. 23) Plut. Cato 57. Tgl. Snlliist. B. J. 65. (69 Har.) «. das. Corte.
24) Plut. 1. c. App. 2, 482. Dio 42, 57. Liv. 113. Vellej. 2, 54. (A.
A'ict.) de TJl-. iU. 80. Hier A. 96. 25) Plut. Cato 7. 57.
574 XXI. lULII. (31. §.57.)
gieng ihn, nicLf weil nach dem Abfall sein Feldherrn-Riif
gesunken war, ' ^) sondern wegen seiner Stellung im Staate nnd
seiner zu grossen Hingebung an Pompejns vor der pharsalischen
Schlacht; die Aristocratie halle den Cäsarianer von Anfang mit
Misstraiien nnd geheimem Hasse empfangen.
Scipio gab demnach der Titel die Weihe zu seinem neuen
Berufe, nnd in den Augen der Älenge sein Name; an diesen
knüpften sich grosse Erinnerungen, zumal in Africa ; er schreckte
selbst die feindlichen Soldaten , und auch nach einem Orakel,
welches man in Umlauf zu bringen wusste, verbürgte er den
Sieg. ^') Man musste glauben, dass Scipio das Gegentheil be-
weisen wollte. Sein bedeutendster Waffenplafz war Utica ; die
Lage der Stadt in der Mähe des Meers, ihre Festigkeit und ihr
Reichthum sicherten ihm grosse Vorlheile, und selbst wenn er
geschlagen wurde, gefahrlosen Rückzug nach der Flotte und »ach
Spanien; die punischen Kriege und das Unternehmen C'urios
zeugten von ihrer Wichtigkeit; **) gleichwohl beschloss er auf
Jubas Eingebung und aus Gefälligkeit gegen ihn, sie zu zer-
stören. Längst hatte dieser ihren Untergang gewünscht ; sie
entzog Numidien den gewinnreichsten Handel und konnte der
Land- und Seemacht Roms im Kriege mit ihm zur Stütze dienen;
er benutzte daher Scipios Verblendung und Schwäche, sie als
feindlich gesinnt zu verdammen : wie sie Curio begünstigt habe, ' ')
so denke sie auch jetzt auf Abfall. Man durfte nicht daran
zweifeln ; sie fürchtete den König , dessen übermüthiges und
gransames Verfahren nach der Besiegung jenes Legaten nicht
Tcrgessen war,'") nnd in der Verbindung mit ihm auch die
Gegner des Dictator unter den Römern ; diess bestimmte sie mehr,
als das juliscLe Gesetz über Erpressungen vom J. 59. *') Durch
Catos nachdrückliche Verwendung wurden die üticenser gerettet. * ')
26) Oben §. 42 in, 27) Cic. de hat. r. 4 : V. iUe Scipio natns
mihi videlur ad interilnm exitiuniqne Carthaginis, qni illam a multis impe-
ratoribus obsessam — qnasi falali eventn , solus everü». Sueton. 59. Flor.
2, 15. 5. 12: Fatale Africae nomen Scipionum -videbatur. Ders. 4, 2.
5. 65. Plnt. Cato 57. Caes. 52. Dio 42, 57. 28) App. Fun. p. 42.
Oben 5. 44. 29) Caes. B. C 2, 36. 30) Ders. 2. 44. Oben {.44.
A. 54. 31) Caes. B. C. 2, 36. B. Afric. 87. Oben J. 14 in. 32) Plut.
Calo 58. Dio 42, 57. Liv. 113.
XXI. lULTI. (31. §.57.) 575
Scipio niacLle ilm für ilire Treue verantvvorllicL, er stellte sie
niller seine iinniillelbare Aufsiclit, in der Tliat, nni einen Mann
vom Heere zu eutfernen , dessen Eiuflnss ihm unleidlich wurde.
Der Auftrag' war Cato willkommen, weil er den Krieg ungern
iu der Nähe sah, wie er nicht bloss in Sicilien bewiesen hatte;
die Schlacht erfordert einen andern Muth, als der Selbstmord, er
gründet sich bei dem Anführer auf das Bewusstsein seiner Be-
fähigung; an sich aber verabscheute er den Krieg gegen seine
Mitbürger nicht; er machte grosse Anstrengungen, damit er nicht
ins Stocken gerielh. Ulica wurde durch ihn die INiederlage der
Vorriilhe, deren die Truppen bedurften, selbst Geld erhielten sie
alsVorschuss der sogenannten Dreihundert; ^^) ziigleicL erweiterte
er die Werke der Stadt, er Hess Walfen verfertigen, und zwang
die wehrhafte Älannschaft, die ihrigen abzuliefern, und vor den
Thoren in einer mit Wachen umgebenen Verschanzung zu woh-
nen. ") Indess errichtete er keinen Senat, etwa als Nachahmung
des auswärtigen in Thessalonich ; * ') obgleich eine grosse An-
zahl der Mitglieder sich in Africa befand , ^ •>) so fehlte es doch,
von anderen Hindernissen abgesehen, an einem Magistrat, welcher
den Vorsitz führen konnte. Am wenigsten bildeten die Drei-
hundert in Utica diesen Senat, römische Bürger, welche sich des
Handels wegen hier angesiedelt hatten, reich und angesehn waren,
und deshalb der Senat genannt werden,^') jedoch nicht alle,
sondern diese runde Zahl bezeichnete nur einen Ausschuss. ^')
Die Art, wie Cato sich den Besitz der ihm anvertrauten
Stadt sicherte, konnte die Einwohner djr Arislocratie nicht ge-
winnen, wenn er sie auch nicht mulhwillig drückte, und durch
Scipio wurden alle Provincialen erbittert. Im Anfange des Kriegs
Latte Asien seine RaubsucLt und Härte empfimden; ^^) seitdem
war er vom Unglück verfolgt, er stand am Abgrunde, um sich
zu retten, stürzte er die Provinz ins Verderben; er iiess das
33) B. Afric. 20. 88. 90. l'liu. 1. c. u. 63. Apii. 2, 487. 34) B.
Afr. 87. riut. Clato 58. Unten §. 59. A. 30. 35) Oben J. 47 n«.
36) Entrop. 6, 23 (18). Infiaila nobililns cnni Juba. 37) U. Afr. 87.
l'liit. Cato 59. 61, Api). 2, 487. 38) li. Afr. 90: Cives Romanos ne-
gotiatores, et eos , qni inter CCC pecuiüas contulerant etc Es gab ähnli-
che Vereine oder Uandelsgesellschafien , ronveutus, in Thapsacus u. Aüru-
melniu. Das. 97. 39} Oben §. :,0 in.
576 XXI. lULn. (31. § 57.)
GetruiJe In einig'en festen Plätzen aufspeicLern , das Land ver-
■wüsten, alle Walfeufiiliigen ausheben, die Uebrigen in Jenen
Studien durch die Uesatziing-en bewaclien oder tiefer in das Innere
führen, und ihre Wohnungen vernichten: die Feinde sollten eine
Oede finden. ' ") Als sie erschienen, empfahl Cato, diese Mass-
regeln wirken zu lassen, nnd der Schlacht auszuweichen, Scipio
bedeutete ihn aber, er wöge aus seinem Versteck nicht auch
Andere von kühnen Unternehmungen abhalten, und sein Vor-
schlag, ihn nach Italien zu schicken, damit er Cäsar nachziehe
oder doch zur Theilung seiner Kräfte nölhige, wurde mit gleichem
Spotte verworfen.'") AVas stand den Gegnern und Abtrünnigen
bevor, wenn die Freunde sich so schnöde behandelt sahen?
Noch immer hörte man den Wiederhall der Drohungen, mit welchen
die Optimaten sich einst in Brundusium einschifften, und mit
ihrem Älissgeschicke stieg ihre Wuth;'-) im pharsalischen
Ivriege erschlugen sie die Gefangenen, noch weit weniger schonten
sie jetzt ; sie tödteten die Boten , aus deren Händen sie Briefe
der Feinde empfiengen, und die Mannschaft welche sich ergab
oder ergriffen -wurde, ''^) im ganzen Heere war rauben, zerstören
und morden die Loosung; es folgte dem Beispiele Scipios und
des altern Pompejus, „in dessen Augen die Grausamkeit eine
Tugend war". **)
Blan glaubte in der ersten Hälfte des J. 47, dass sie Cäsars
Abwesenheit, die Gährung unter den Truppen und die scheinbare
Soro-losigkeit des Antonius zu einem Angriff' auf Italien benutzen
werden; Cicero insbesondre, welcher schon früher beinahe das
Opfer ihrer Wildheit geworden war") und sich seitdem durch
seine Rückkehr nach Brundusium noch strafbarer gemacht halte,
erfüllten diese Gerüchte mit Schrecken. Ein unglücklicher innerer
Zwiespalt drohte ihn aufzui-eiben ; er wünschte Cäsar uud die
C'üsarianer von der Erde vertilgt zu sehen, und erblickte zugleich
in ihnen, in der bis dahin milden und uieuschlichen Partei, die
40) B. Afr. 20. 41) rint. Cato 58. 42) Cin. ad Fam. 5, 21:
Est eiiiin res iam in cum locuiii deducta , «t — iiiler -victorias iion miillm»
iiilerfuturum piitem. Das. 9 , G : Victoiiam — cg» eliaiii illoiiiin liiuebam,
ad ciuos veneramus. 43) B. Afr. 4. 46. 44) Cic. ad Fam. 15, 19.
J, 2. B. lli.sp. 21. 45) Oben A. 96.
XXI. lULn. (31. §.57.) 577
einzige ScLntzweLr gegen die seinige. *^) Mit verzag«em Herzea
schrieb er Atticus, diese sei stärker und besser gerüstet, als man
meine ; nun komme das Letzte ; das Heer in Africa werde sich
einschiffen und den Krieg in Italien endigen.*') Es geschah
nicht. Scipio verscLaiTlen die Flolte, die Festungen, die Maga-
zine^ die verheerten Felder und Jubas Hülfe in Africa ein grosses
Uebergewicht ; er konnte die Feinde vernichten, ehe sie landeten,
oder sie durch Hunger verderben, ehe man schlug; deshalb
folgte er ihnen so wenig nach dem Nil, als er sie in Italien
euipfieng. Dagegen machte er Entsendungen nach Sicilien und
Sardinien, Schiffe, Waffen und vorzüglich Eisen zu nehmen; '«)
auch entfernte sich Cu. Pompejus ohne Zweifel schon jetzt; er
sollte die Freunde seines Vaters und andere Missvergnügte in
Spanien zusammen ziehen, Verstärkungen schicken, und für den
schlimmsten Fall den Optimaten einen ZuüucLtsort sichern ; es
vei-floss aber eine lange Zeit, ehe er sich auf der Halbinsel fest-
setzen konnte.'^) Wenn die TruppenzaH entschied, so war
seine Mitwirkung überflüssig; Äppian nennt es eine unbegreif-
liche Verblendung, dass Pompejus, der Vater, sich aufgab, wäh-
rend so bedeutende Kräfte ihm übrig blieben;*") denn Scipio
hatte 10 Legionen, an welche 4 numidische sich anscliliessen
sollten, viele Leichtbewaffnete, eine fast unzählbare Keuterei,
deren Besoldung und Verpflegung ihm oblag, wenn sie in der
Provinz diente,*') und 120 Elephauteu. * •) Auf der Vorhut
stand eine für Cäsar nnübei-windliche Flotte bei ütica and auf
46) Ea enim est a nobis contracta culpa , ut omni statu , omnlqne po^
pulo eiiodem exilnra habitura videatar. ad Att: 11, 24 in. 47) Das.
II, 10. 15. 17. 18. 48) Dio 42, 56. B. Afr. 98. 49) Dio 1. e.
App. 2 , 482 nimmt an , er sei mit Labienns sogleich von Corcyra dort»
hin abgegangen, u. der Vf. des Aliic. Kriegs 22. 23 er habe Africa erst
nach dem Gefechte bei Rnspina verlassen, der Vf des span. 1. erst nach
der Schlacht bei Thapsus. vgl, Cic. ad Att. 12, 2 u. «nlen §. 62. A. 47_
50) 2, 482.'Pl«t. Caes. 52. Zonar. 10, 10. 51) B. Afr. 6. 8. 52} Das.
1. 19. Auch lUese gehörten grüsstentheils Juba ; sie waren nach B. Afr.
27 u. flor. 4,2. ^. 67 erst kürzlich in den Wäldern eiogefaiigen a. nicht
an den Krieg gewöhnt. App. 2, 488 giebt Scipio nur 8 Legionen, 20,000
Iteiiter und ausser den leichten Truppen 30 F.lephanleu ; und dem Könige
30,000 Mann zu Fuss, 20,000 Reuter und 60 Elephantcn; die ganze Macht,
vpelche bei Thapsus gegen Cäsar focht, berechnet er I. c. auf 80,000 Mann.
Drinmiiin, Ucschiclitc lluius 111. 37
578 XXI. lüLn. (31. §,58.)
anderen Piincten cler Rügte unter Aflios Vams, '') L. Nas!dius,
welcher vor zwei Jahren bei Massilia sich nur durch seine Flucht
beraerklich gemacht hatte, '•') und M. Octavius, dessen Versuch,
den Kampf in lUyrien nach der Räumung- Corcyras zu erneuern,
Tnisslung:en war. Für die Nobilität waren aber alle Erfahrungen
fruchtlos ; sie befand sich in demselben Fall , wie im J. 49 , und
liess sich dieselben Fehler zu Schulden kommen ; das Meer
schützte sie nicht.
§ 58.
a. 46. '®) Durch die Feldzü'ge im Osten war Cäsar an
Unternehmungen gegen Africa gehindert. Er befahl am Ende
■des J. 49 nach der Niederlage des C. Curio seinem Statthalter
im jenseitigen Spanien, Q. Cassius Longions, den König Juba
und Altius Varus anzugreifen; es kam aber nicht zur Ausführung,
weil die Truppen sich gegen ihn empörten. * ') Die Schlacht
bei Pharsalus verstärkte die Reihen der Feinde in jenem Welt-
theile, Cäsar konnte den Krieg nicht mehr einem Legaten an-
vertrauen. Es erregte in ihm die Gefülile, welche sich auf-
dringen, wenn eine als geendigt betrachtete Arbeit oder eine für
beseitigt gehaltene Gefahr wiederkehrt;'*) dazu kam ein An-
deres: man wussfe, dass die Republik seinen Gegnern nicht
weniger als ihm nur den Namen herlieh , dass sie wohl Heere
zur Schlachtbank aber nicht zum Siege Tühren konnten , dass sie
unwürdig und untüchtig waren, den Staat zu verwalten, und
über blutigen Entwürfen brüteten : aber Catos Gegenwart schien
ihre Sache zu heiligen, sein hartnäckiges Beharren im Kampfe,
als die Rechnung zwischen den Partei -Häuptern geschlossen war,
und viele der Angesehensten dem Pompejaner beistimmten, durch
welchen Lucanus ihn anreden lässt. '^) Der Unmuth desDictator
£3) B. Afr. 44. 62. 54) Das. 98. Cic. ad Att. II, 17. Oben
§. 46 in. 55) B. Afr. 44. Vgl. Plnt. Cato 65. Oben §. 53. A. 33.
56) Ueber den Vf. des BeU. Afpican. s. Hirtü No. 2. §. 2 fin. 57) 2.
Th. 155. 58) Cic. ad Fam. 6, 13: Africanae causae iratior, diudus
Teile videtnr eos habere soUicitos, a qnibns se pntat dinturnioribus esse
molestiis confliciainm. 59) 9, 227: Mos Cato, da veniam, Pompeii du-
xit ia arma, non belli civilis amor, parlesque favori fecimus. Ille iacef.
XXI. lULII. (31. §.58.) 579
bemäcLtig'te sich auch seiner Truppen;^") die Gransamkeit des
Feindes in diesem wie in den vorig-en Jahren, die Enibetrung-en
ond Lochst ermüdenden Arbeiten in Folge seiner KriegfiiLrung
verwandelten ihn in glüLenden Hass. ")
Bei einer grössern Wachsamkeit des andern Theils würden
sie nie Gelegenheit gefunden haben, ihn zu befriedigen. Cäsar
mussfe sich in Africa einschleichen, wie in Illyrien und Aegypten
den Feldzug ohne Heer eröffnen, und er wagte es, weil er von
der Ueberraschung grössere Vortheile erwartete als von der
Uebermacht. ^') Nicht mehr als 3000 Blann zu Fuss und
150 Reuter betraten anfangs mit ihm den Kriegsschauplatz, ^')
und nur nach und nach, mit Zwischenzeiten, in welchen man
jede Abiheilung einzeln halte vernichten können , zog er die
übrigen an sich. Er zahlte dann ausser den Reutern und leichten
Trnppen, deren bei weitem weniger waren als auf der andern
Seile, 12 Legionen, die 2. 5. 7. 8. 9. 10. 13. 14. 26. 28. 29.
30.*') unter welchen acht aus Veteranen bestanden.*') Ein
günstiger Zufall half ihm, ehe sie sich vereinigt hatten, oder er
rettete ihn vielmehr vom Verderben. P. Sittius aus Nuceria in
Cainpanien , wo sein Vater im marsischen Kriege den Römern
treu geblieben war, gerieth wahrend der catilinarischen Ver-
schwörnngen in Verdacht , und entfloh a. 64 nach Spanien und
weiter nach Manritanien. Hier focht er mit seiner Schaar, welche
sich anf den Schlachtfeldern Fertigkeit und Ruf verschaffte , in
den Kriegen der Könige als Söldner ; der kühne Abenteurer gebot
sogar auch über eine Flotte. Jetzt erklärte er sich für Cäsar,
ohne ihm irgend verpflichtet zu sein; er sah voraus, dass dieser
wie bis dahin überall, so auch in Africa siegen und ihn belohnen
werde, und ersvarb sich dadurch, dass er zu sehr gelegener Zeit
Juba beschäftigte, und Scipio, Afranius, Faustus Sulla und andere
paci qnem praetnlit orbis , canssaqne nostra perit ; patrJos pennitte penafes,
desertamqne domum, dalcisque revisere natos. 60) Flor. 4, 2. §. 66:
Nihil ergo inter Fharsaliam et ThapsoD, nisi qnod amplior eoqiie acrior
Caesarianornm impetus foit, indignantium , post Pompeiiun crei'isse bellam.
61) B, Afr. 85fin, 62) Cic. de divin. 2, 24: Nonne transmisil .' (in Afri-
cam ) <^aod ni fecisset , nno in loco omnes adTersariornm copiae conrenis-
sent. 63) B. ACr. 3. 64) Das. 1. 16. 34. ii. 53. 60. 62. 81. l'a.
len S. S9. A. 98. 65) B. Air. 66.
37*
580 XXI, lULII. (31. §.58.)
Optimaten an 3er Fliictt nach Spanien Linderte, 3ie voTlgiilllgsten
Ansprüche auf Erkenntlichkeil. ''^) Ihn unterstützte Bocchus,
König in einem Theile vonBIauritanien, *') Da mau aufScipios
Namen Gewicht legte, so rief anch Cäsar einen Scipio Salatio in
sein Heer, einen unbedeutenden Menschen, durch welchen der
Name lächerlich werden, seine Zauberkraft verlieren, nicht aber
auch diesseits ermuthigen sollte. * 8) Den Dicfator machte "weder
das Opfer irre, bei welchem das Thier rem Altar entlief, noch
die Warnung eines Sehers, vor dem kürzesten Tage sich nicht
einzuschiffen j ^*) er wählte zum üebergange nach Africa die
Jahreszeit, in welcher wahrscheinlich Heer und Flotte der Feinde
keine Gefahr mehr ahndeten. Er begab sich über Rhegium
und Messana nach der westlichen Rüste von Sicilien, wo er
am 19. December 47, oder nach der richtigen Jahrform im Ocfo-
ber, in Lilybäum eintraf, und sein Zelt am Meere aufschlug, um
sogleich unter Segel zn gehen. Der Wind war ihm mehrere
Xage nicht günstig, dennoch schickte er 6 Legionen und 2000
Reuter, wie sie nach und nach heran kamen, ohne Verzug an Bord, mit
dem Befehle, ihr Gepäck bis auf weniges zurückzulassen,'") und
ihn bei der nahe gelegenen Insel Aponiana zu erwarten. Am
2'/. December brach er anf; Allienns, der Statthalter in Sicilien,
sollte die übrigen Truppen ihm nachsenden.") Bei der Un-
66) SaUnst. B. C. 21. Cic. p. Snlla 20. (falsche lesart Cincias für
Sittias). App. i, 620. Dio 43, 3. B. Ah. 25. 36. 95. 96. 2. *li. 517
Z. 1. -wo P. Sittius zu lesen ist. 67) So App. 2, 488. 4, 621 n. nach
mehreren Handschriften auch B. Air. 25, tto die Tulg. Bognd nennt. Hi-
storiker und Abschreiher rerwechseln Bocchus oft mit diesem andern mau-
ritan. Fürsten, vrelcher dem Cäsaiianer Q. Cassins in Spanien Beistand
geleistet hatte. B. Alex. 59. 62. 63. 2. Th. 157. A. 80. Plin. 5, 1 (2):
Diu regum nomina obtinuere, ut Bogndiaua appellaretur extima (das westl.
Waurit.), itemque Bocchi, quae nunc Caesariensis, 68) Plut. Caes. 52
mag über den Grund nicht entscheiden. Sneton. 59. Dio 42, 58. Ein Kö-
mer mit dem Beinamen Salutio, -n eichen er wegen seiner Aehnlichkeit mit
einem Schauspieler erhielt, Plin. 7, 10 (12), gieng durch Adoption in die
Familie der Scipionen über, Plin. 35, 2, -und Cäsars Begleiter stammte Ton
ihm ab; dieser wurde also nicht wegen schlechter Sitten so genannt,
Sueion. I. c, sondern die Bezeichnung, über deren verschiedene Formen
und Oentiingen die Ausleger bei den angeführten Stellen zu yergleichen
sitiil, war ererbt. 69; Cic. de div. 2, 24. Suet. 59. Minuc. Fei. 26.
Cyprian. de idol. van. 70) B. Afr. 9. 47. 71) Oben }. 56 in.
XXI. lULII. (31. §.58.) 581
gewissheit, wo er werde anlegen können, wies er der FIo(fe
weder einen Sammelplatz an, noch erLielt sie versieg'elte , auf
einer bestimmten Hohe zu öffnende Schreiben ; er hoffte an ihrer
Spitze zu bleiben; aber die Winde zerstreaten sie; nnr ein
Theil fuhr mit ihm an C'lupea und Keapolis vorüber, und ge-
langte am vierten Tage nach dem Abgange von Liljbänm nach
Adrumetai.-. Auch ohne nähere Runde konnte er wissen, dass
Utica gegen einen Handstreich gesichert sei; deshalb sachte er
sich südlich vom Vorgebirge des Mercur einen Vereiuigiingspunct
für seine Truppen zu verschaffen. Blit nur 3000 Alann, grössten-
theils Neugeworbeneu, und 150 Reutern stieg er bei Adrumetum
an das Land ; er strauchelte, rief aber in demselben Augenblicke,
»Is habe er sich absichtlich niedergeworfen: nun, Africa, gehörst
da mir ! und der Soldat war beruliigt. ]\icht so leicht gelang es,
andere Hindernisse zu beseitigen. C. Considius Longus bewachte
die Stadt mit 2 Legionen und 700 Reutern,'^) und Cn. Piso
befand sich mit mehr als 2000 numidischen in der IVähe;'^)
nur durch Unterhandlungen konnte man zum Ziele kommen; der
Legat L. JMunatius Plauens schrieb an Considius; dieser tödtete
den ßoten, und übersciiickte den Brief, ohne ihn zu lesen, seineni
Oberfeldherrn Scipio. '*) Man musste diese Gegend verlassen;
sogleich wurde das Lager vom feindlichen Fussvolke besetzt und
Cäsars schwache Reuterei durch die numidische, welche unter
einem steten "Wechsel von Angriff und Rückzug verfolgte, so
sehr ermüdet, dass einige Gehörten Veteranen die Nachhut bildeten,
bis man in südlicher Richtung am 1. Januar 46 Ruspina er-
reichte. ' ')
Cäsar, von diesem Tage an Consnl HI mit M. AemiUas
Lepidus, ' ®) schob sich zwischen die Festungen, deren Besatzungen
ihn erdrücken konnten; ihre Anführer waren unfähig, unter
ausserordentlichen Umständen sich zu bestimmen, eine glückliche
Vertheidigung gegen den Furchtbaren schien ihnen Gewinn, und
72) B. Afr. 3. 33. Oben §. 40. A. 30. 73) B. Afr. 3 n. C vfird
die Zahl verschieden angegeben. 2. Tb. 90. No. 27. 74) Oben §. 43.
A. 9S. 75) B. Afr. 1—6. Cic. de div. 2,24. tiv. 113. Veliej. 2, 55.
Snelon. 35. 59. Entrop. 6, 23 (18). Flor. 4, 2. {. 64. Gros. 6, 16. Froiitiii.
sirat. 1, 12. §. 2. Dio 42, 56 — 58. Flnt, Caes. 52. App. 2, 487. Zouar.
10, 10. 76) Oben §. 56. A. 50. 51.
582 XXI. lULn. (31. §.58.)
Aoch verloren sie, was nicht zu ersetzen war, , Durch ihre Härte
hatten sie die Eing^ebornen zurückgeschreckt; diese schickten Ge-
sandte an den Dictator, welcher auf strenge Mannszucht hielt
und versprachen ihm Hülfe; auch Leptis wollte ihn aufnehmen,
er lagerte aber in peinlicher Erwartung seiner Truppen in dessen
INähe an der Küste. Einige Schiffe führte der Zufall herbei, die
übrigen , hiess es, steuerten nach Utica. Da ein so geringer Zu-
wachs keinen Ausschlag gab, so blieb die Reuterei, um nicht
gefährdet zu werden, vorerst an Bord: denn die Numidier lagen
im Hinterhalte, sie ersahen ihre Zeit, und erschwerten die Zufuhr;
in einem unbewachten Augenblicke überfielen sie die Reuter am
Lande und verfolgten sie nach dem Lager, bis Cäsar und Asinius
Pollio sie mit den Cohorten zum Rückzüge zwangen. Jener
inusste auch Scipio und Juba erwarten; seine Ankunft war kein
Geheimniss mehr; er schickte Schiffe nach Sardinien, Getraide
zu holen, und andere unter Rabirius Postumus nach Sicilien,
damit AUienus unter jeder Bedingung die Verstärkungen abgehen
Hess ; zehn suchten den Theil der Flotte auf, welcher noch auf
dem Meere umherirrte, und der Prätor C. Sallustius CVispus die
Insel Cercina über der kleinen Syrte mit ihren Magazinen. ^')
Es war die Schuld der Feinde, wenn Cäsar auch nur eins dieser
Fahrzeuge wieder sah ; ihm blieb aber keine Wahl. Er übergab
Leptis mit 6 Cohorten dem Legaten Saserna,'*) und zog am
3. Januar nach Ruspina; die Gefahr war grösser als zuvor, nach
jenen Entsendungen konnte er seine kleine Schaar nicht einmal
retten, obgleich er nun über zwei Landungsplätze gebot. Die
Legion, welche er mit P. Sas^rna, dem Bruder jenes andern,
zurückliess , ahndete sein Vorhaben nicht , als er sich mit 7 Co-
horten Veteranen entfernte ; er führte diese nach dem Helfen,
2000 Schritt von der Stadt, und schiffte sich ein. Ehe er am
andern Morgen in See gieng, erschien die Flotte, welche er hatte
erspähen und decken wollen; die Mannschaft landete und lagerte
/ bei Ruspina. jVun aber fehlte es an Unterhalt; die Numidier
gestatteten nicht, sich durch kleine Ablheilnngen zu versorgen,
und kaum war Cäsar am 4. Januar '' *) mit 30 Cohorten 3000
77) B. Afr. 8 n. 34. Oben §. 56. A. 44. 78) B. Afr. 9. Unten
A. 85. 79) B. Afr. 19 Cn.
XXI. lULII. (31. §.58.) 583
Scliri(t weit rorgerückt; als dichte Staubwolken üim die NäLe
des Feindes verriethen. Er rief seine 400 Reuter und 150 Bogen-
schützen aus dem Lag-er herbei, dadurch wurde aber ini Wesent-
lichen nichts geändert. Sein Gegner Labienns befehligte 1600
gallische und germanische Reuter, *") 8000 numidische mid mehr
als 30,000 Mann zu Fuss: mit der zuversichtlichen Hoffnung,
dass diese Schlacht für seinen ehemaligen Imperator die letzte
sein werde , begann er um die fünfte römische Stunde seine
Massen in der Ebene zu entwickeln. Während die Reuter Cäsar
umgiengen , welcher zur Verlängerung seiner Linie sich nur in
einem Treffen aufstellte, schritt die Bütte zum Angriff, Reuterei
mit leichtem Fussvolke vermischt; wenn jene wich, drang dieses
vor; die Legionare konnten nicht verfolgen, und wurden bald
auch auf den Seileu gedrängt, wo ihre schwachen Geschwader
gegen die wachsende Uebermacht nichts vermochten. Labienus
bemerkte ihr Schwanken, die zunehmende Verwirrung; sein.
Plan, sie in einander zu treiben und aufzurollen, schien gelungen;
er kämpfte voran ; den Uebermuth , mit welchem er die Cäsa-
rlaner als unglückliche und bethörte Neugeworbene verhöhnte,
rächte ein Soldat der zehnten Legion, er durchbohrte sein Pferd;
aber der jungen Krieger waien in der That die meisten, ungestraft
schleuderte der Feind seine ^^ äffen in ihre Reihen, sie fochten
nicht mehr, ihre Augen suchten Cäsar. Dieser veränderte plötz-
lich seine Stellung; die Cohorfen raussteu eine nm die andere,
die 1. 3. 5. n. s. f. und die 2. 4. 6. u. s. f. in entgegen ge-
setzter Richtung sich gegen die Flügel wenden, worauf sie sich
schlössen; dadurch entstanden zwei Treffen, den Zwischenraum
füllle die Reuterei, und die Feinde wurden getrennt und ge-
worfen. Der Weg nach dem Lager war frei, als M. Petrejus
und Cn. Piso mit numidischen Ilülfsrölkern, 1100 Reutern und
vielem Fussvolke auf dem ScLlachtfclde eintrafen, und das Gefecht
sich erneuerte; aber das Bewusstsein grösseren Mulhes und hö-
herer Runst war schon auf der andern Seile, und Cäsar benutzte
es zu einem allgemeinen Angriff im Slurmschrilt, wodurch er die
Ebene reinigle ; auf den nächsten Höhen hielt er an ; die Be-
stürzung der Gegner, welche wieder durch eine unerwartete Be-
SO) B. Afr. 1, c. Oben j. 57. A. 87.
584 XXI. lULII. (31. §.58.)
wegnn^ ihre Pläne vereitelt sahen, die Verwundung des Pefrejos
nnd die einbrechende Nacht gestattete ihm den Rückzug nach
Biigpiiia. ^ ' )
Hier verschanzte er sich, um nicht vor der Landung der
noch fehlenden Legionen überwältigt zu werden ; zwei Linien,
welche von der Stadt und dem neben ihr stehenden Lager aus-
gieugen, sicherten seine Verbindung mit dem Meere. Die Flotte
mnsste grössere und kleinere Wurfgeschosse abgeben , und einen
Theil der Ruderer als leichte Truppen; ununterbrochen arbeitete
man in den heu eingerichteten Waffenschmieden ; Eisen , Biet
und Holz zu den Kriegsmaschinen sollte Sicilien schicken, und
die iiusserste Sparsamkeit einer Hungersnoth vorbeugen. Denn
Labienus und Petrejus blieben iu der Nähe; drei Gehörten waren
stets erforderlich, die Arbeiter in den Werken zu schützen, und
schon am dritten Tage nach der Schlacht gieng die Nachricht
ein, dass Scipio mit 8 Legionen und 3000 Renferil von Utica
im Anzüge sei. Er ruhte einige Tage bei Adrumetura, dann
vereinigte er sich mit den Legaten, und beschränkte Cäsar auf
einen so engen Raum, dass dieser die Pferde mit Seegras nährte,
welches in süssem Wasser erweicht war. Das Gerücht von
seinen Bedrängnissen lockte auch Juba mit einem zahlreichen
Heere herbei; das Entscheidende sollte nicht ohne ihn geschehen,
damit er seinen Lohn verlangen konnte. Wenn er Ruspina er-
reichte, so war Cäsar ohne Rettung, und liier griff nun eben ein
an sich unbedeutender Bandenführer iu den Gang der Welt-
begebenheiten ein, für Cäsar ein Zufall, denn er veranlasste es
nicht. P, Siltius und der mauritanische König Bocchus '^^) über-
schritten von Westen her die numidische Gränze, sie eroberten
Cirta, die Hauptstadt, und plünderten auch Jubas gätniisches Ge-
biet. Dadurch nöthigten sie den König zur Rückkehr; er entzog
Scipio, von welchem er nicht mehr weit entfernt war, wegen
der eigenen Gefahr einen Theil der Hülfstrnppen, nnd überliess
ihm zum Ersatz 30 noch nicht abgerichtete Elephanten. ' ^) Für
den Gegner war viel aber nicht alles gewonnen, er schickte
AUienus nochmals und auch Rabirius Postiunus die gcmesseusten
81) B. Afr. 7—19. Apii 2, 487. Dio 43, 2. 82) Oben A. 66.
67. B. Afr. 25 II. 36. 83; B. Afr. 20 — 27. App. 2, 488. Dio 43, 3.
Plut. Caes. 52.
XXI. lULIL (31. §.58.) 585
Befehle,**) nnJ rerhreitete zag-leich durch g'eheiine SenJIinje
Schreiben in der Provinz, um sie von seiner Gegenwart zu über-
zeugen , und einen Aufstand zu bewirken ; man hatte den Ein-
wohnern gesagt, nur ein Legat fiilire seine Truppen an, und die
Unglücklichen, welche mit ihm in Berührung gekommen ■waren,,
als Verräther bestraft; doch nicht ihnen wollte er helfen, wie
der Verfasser des africanischen Krieges versichert, sondern sich
selbst. Einige Beruhigung gewährte ihm die Uulhäligkeit der
feindlichen Flotte; auch C. Virgihus, ein Prätorier in Thapsus,'
wo er leicht jede Verbindung zwischen Cäsar und Sicilieu auf-
Leben konnte, zeigte wenig Unternehmungsgeist; er liess zwar
kreuzen, nahm aber nur ein Schiff; mit ihm geriethen die beiden
Titius aus Spanien, Tribüne der 5. Legion, in seine Gewalt,
welche Scipio zu tödten gebot. Bedenklicher war der Versuch
des Labienus gegen Leptis; doch behauptete sich Saserna,
obgleich er die Hälfte der Besatzung zum Heere geschickt
hatte, s *)
Bei Ruspina wurde täglich geplänkelt, und Scipio riickte
eben so oft aus dem Lager und immer näher; mit gelheilten
Kräften und unerfahrneu Soldaten wollte Cäsar die Schlacht
nicht annehmen ; er durchschaute den Plan , durch Herans-
forderungen seine Schwäche und Feigheit bemerklich zu macheu,
er wusste aber auch, dass dem Gegner Muth und Einsicht ab-
giengen, seine Schanzen zu erstürmen, zu thun, was allein das
Rechte war. Die Sachlage blieb auch den Prorincialen und
Scipios HiQfsvölkern nicht verborgen ; da er jetzt mit seiner
Uebermacht nichts leistete, so konnte man erachten, wie daa
Ende sein werde. In Schaaren verliessen ihn die Numidier nnd
Gaelulier, * ^) um in ihr Vaterland zurückzukehren oder über-
zugehen; Liebe zu C. Marius und zu Cäsar als dessen Ver-
wandten hatte keinen Theil daran; man liebt den Felelherm
nicht, von welchem man übervsnmden ist; wenn etwas anderes
mitwirkte, so war es der Ueberdruss; die africanischen Reuter
suchten rasche Entscheidung nnd Beute; eine lang-wierige Ein^
Schliessung ermüdete sie. Diese war so unvollkommen, dass
84) Oben A. 77. 85) B. Afr. 28. 29. Oben A. 78. 86) (Caei
Inli) Geuns hoiuinum fenim iiicul(mu<pie. Sallust. B. lo^. 80, cd. Corl.
586 XXI. lULn. (31. §.58.)
Cäsar der Stadt AcLlUa, südlich von Ruspina, auf ihre Bitte eine
Besatzung- ' senilen konnte ; der Anführer C. Messius kam Con-
sidius, dem Befehlshaber in Adrumetiim, zuvor, ■welcher Reuter
von Labienus an sich zog-, und ihn belagerte.*') Als Zeichen
der Slimmimg und als Beispiel war das Ereigniss von Wichtig-
keit; Cäsar halte nur nicht Mannschaft genug, um sich aus-
zubreiten; auch Thjsdrus mit seinen reichen Vorräthen trug sich
ihm ao, und er versprach ihm für die nächste Zeit seinen Beistand.
Vorerst mnsste er die Hülfe von aussen erwarten; Salluslius
schickte Getraide von Cercina , wo C. Decimius , ein eliemaliger
Quästor, bei seiner Landung entfloh,'*) und Allienus von Si-
cjlien die 13. und 14. Legion, 800 gallische Reuter und 1000
Leichtbewaffuete; schon am vierten Tage gelaugten sie bei gün-
stigem Winde in den Hafen bei Ruspiua. So bestrafte sich
Scipios Zögern; zwar verstärkte ihn Cato von Utica, aber durch
Neugeworbene aus der Provinz, und die Kundschafter, welche
über das feindliche Lager berichten sollten , meldeten sich dort
als Ueberläufer und blieben.
Nun sprengte Cäsar seinen Kerker. In der Nacht des
27. Januar zog er mit allen Legionen in der Stille nach Ru-
spina, und anfangs längs dem Meere, so dass das flache Land,
in welchem die Reuterei ihn belästigen konnte, ihm zur Linken
war. Eine Hochebene begränzte es im Norden , und entfernte
sich allmälig von der Küste in der Richtung von üzita ; er erstieg-
sie und befestigte mit Benutzung alter Warten und Thürme ihre
Hügel. Den letzten neben Scipios Lager mit einer Feldschanze
und einer numidischen Besatzung mussteu seine Reuter bewachen,
während die Legionen auf dem Berge von der jetzigen Stellung
bis zum vorigen Lager Linien errichteten , wodurch er sich den
Rücken sichern, mit Ruspina und Leptis, und folglich mit dea
Truppen, welche dort von Sicilien eintreffen würden, in Ver-
bindung bleiben , und sich zu weiteren Unternehmungen den
Weg bahnen wollte. Als die Feinde sich auscliickten, es zu
verhindern, die Reuter und hinler ihuen das Fussvolk sich zeigten,
liess er die Numidier von dem Hügel vertreiben; Labienus kam
mit dem rechten Flügel seiner Reuterei zu ihrer Unterslülzuug;
87) B. Afr, 33. 43. 88) Das. 34. Obea A. 77.
XXI. lüLlI. (31. §.59.) 587
er bemerkte wegen eines grossen ÄleierLofes nicht früLer , dass
die cäsarianische vom linken Flügel vorgieog, bis sie zwischen
Jbm und dem Heere stand, die Numidier in die Flucht schlug, und
die Gallier und Germanier, welche mehr Aluth bewiesen, fast
gänzlich anfrieb. Am andern Tage erschien Cäsar in der Ebene,
nicht um anzugreifen, sondern zur Rechten am Fusse des Berges
gegen Uzita vorzurücken. Es versorgte Scipio, daher machte er
eine gleiche Bewegung in vier Treffen, deren erstes aus Keutem
nnd Elephanlen bestaud, und stellte sich so, dass die Mitte durch
die Stadt gedeckt wurde, und die Flügel über sie hervorragten.
Da also sein Gegner nicht mit ihm handgemein werden konnte,
ohne Uzita erobert zu haben, welches ein't starke Abtheilung
der Numidier besetzt hielt , so führte er das ermattete Heer in
das Lager, wo es nnn auch noch in der Nacht von einem Ge-
witter, von Schlössen und Platzregen heimgesucht wurde, und die
5. Legion zur Vermehrung ihrer Plagen die Spitzen ihrer Wurf-
spiesse leuchten sah. Die Niederlage des Labienus bewirkte in-
dess den Entsatz von Achilla ; Cousidius gieng voll Furcht auf
Umwegen nach Adrumetum zurück, und nur mit einem Theile
seiner Truppen, weil er die Hälfte an Scipio abgeben musste.
Andere Nachrichten waren für Cäsar weniger erfreulich ; eitt
Schiff von der letzten Sendung ans Sicilien wurde nach Thapsus,
nnd ein zweites nach der Insel Aegimurus nördlich von den
Ruinen von Carthago verschlagen; die BefelJshaber der feind-
lichen Flotte, dort Virgilius und hier Attius Varus und M. Octa-
▼ius, nahmen nur, was die Stürme ihnen brachten; sie schickten
die Mannschaft zu Scipio , welcher die Veteranen tödten liess,
weil sie nicht gegen ihren Imperator dienen wollten , nnd ein
Centnrio der 14. Legion sich vermass, mit zehn unter ihnen eine
ganze Cohorte zu besiegen; die jüngeren Soldaten wurden unter-
gesteckt. *^)
§ Ö9.
(a. 46.) Das Schicksal der Heere bei Uzita schien von
den erwju-teten Verstärkungen abzuhängen, und Scipio erhielt die
seinigen zuerst. Seit die Feinde von Rnspiua hervorgebrochen
89) B. A£r. 37 — 47. Dio 43, 4.
588 XXI. lULn. (31. §.59.)
waren, tat er Juba dringend und nu(er dem wiedertolten Ver^^
sprechen, dass man ihm ein grosses Gebiet abtreten werde,'")
um Beschleunigung seiner Rückkehr. Der König iiberiiess es
dem Feldherm Sabura^') nach Unternehmungen, über welche
nichts Näheres verlautet, P. Sittins zu beobachten, und eilte mit
3 Legionen, 800 Reutern, welche ihre Pferde nach Labienus
Anweisung geziigelt hatten,'^) mit anderen, ■vielen leichten
Truppen und 30 Elephanten auf den Kampfplatz im Osten, wo
er ein abgesondertes Lager bezog, und mit gewohntem Stolze
nicht nur den römischen UnlerbefeLlshabern gebot, sondern auch
Scipio dahin vermochte, statt des Purpurgewandes, einer könig-
lichen Zierde, ein einfaches weisses anzulegen.'^) Mehr als
das Ereigniss an sich beunruhigte Cäsar der dumpfe Schrecken
seiner Soldaten ; er verkündigte es ihnen daher selbst , und nii^
Uebertreibung, damit die Einflüsterungen und geheimen, ängst-
lichen Besprechungen aufhörten. ''') Der Aufruhr in Gätulien,
sein Werk imd durch üeberläufer vermittelt, ist ein Beweis,
wie sehr er Juba zu entfernen wünschte, welcher sich nun in
einen dritten Krieg verwickelt sah, und bald 6 Cokorten gegen
die Empörer verwenden musste. *') Ungern focht der Römer
gegen die numidischen Reuter; fast unnahbar umschwärmten sie
ihn, sie bedrohten ihn aus dem Hinterhalle, und durften Nach-
zügler und vereinzelte Schaaren als ihre sichere Beute betrachten.
Selbst die Leichtbewaffneten zu Fuss spotteten seiner Kunst, und
trugen dazu bei, dass die Flügel der Legionen entblösst, Angriff
und Rückzug erschwert wurden. '*) Am meisten fürchtete man^
die Elephanten; den jüngeren Soldaten und auch einem grossen
Theile der Veteranen war schon der Anblick neu; sie wusslea
so wenig sich ihrer zu erwehren als ihnen beizukommen; deshalb
liess Cäsar später einige ans Italien herbei bringen, damit Men-
1
90) Dio I. c. 91) Oben §. 44. A, 44. 92) B. Atr. 19. 48.
61. 93) Das. 57. 94) Juba hatte Treit mehr Truppen, als er
herbeiführte ; daher das Abweichende in den Angaben bei Sueton. 66.
App. 2, 488 n. B. Afr. 48; viele fand er bei den Bundesgenossen, andere'
waren in deren Festungen oder in die Plätze an der iDauritanischen Gränze
Tcrtheilt. 95) B. Atr. 32. 55. 96) Das. 72 : — Levis ariuatma,
qnae erat mirülca.
XXI. lüLn. (31. §.59.) 589
scLen nnJ PferJe, welche letzteren nicht einmal ihre Witterung
<rlrag^en können, mit ihnen vertrant wurden, ä')
Er schien es nicht zn bemerken, dass Scipio nach der An-
'kiinft des Königs sein Heer zur Schau steihe; auch jetzt \%-aren
•Verschanzung-en der Schild, hinter -welchem er vordrang;, und
man hatte Ursach, seine Schaufel zu fürchten Mie sein Schwerdt.
Auf der Hochebene erhob sich ein Gestell nach dem andern, und
in eben dem Maasse S£ih man die Linien sich ausdehnen, welche
sie Terbanden. Man erkannte seinen Plan , die ^^'erke bis zn
den Mauern Ton Uzila zu verläug'ern; ein Hiig^el, von welchem
ihn nnr noch ein bewaldetes Thal trennte, war von besonderet
Wichtig-keit ; Labienns besetzte ihn, und legte in der Tiefe einen
Hinterhalt; die Truppen zeigten sich aber za früh, sie wiirdea
vertrieben, anch von dem Hügel, und der Sieger schlug hier sein
Lager auf. Nun begannen die Ai'beiten, welche durch die Ebene
zu den beiden äussersten Puucten von Scipios Schanzen führen,
«nd während der Belagerung der vorlieg-enden Stadt die eigenen
Flanken decken sollten. Ein Theil der Legionen grub , det
andre stand unter den Waffen und die Reuterei auf der Vorhut;
diese wurde an einem Abende von der feindlichen geworfen,
doch sammelte sie sich, als das Fussvolk zn ihrer Unterstützung
vorgieng, und drängte die Numidier zurück. Bald nachher lan-
dete die 9. und 10. Legion im Hafen bei Kuspina, nnd mehrere
Anführer der letztem büssten jetzt für die Meuterei in Cau>-
panien;^*) sie kamen zu gelegener Zeit, denn Cäsar war nur
noch einen Pfeilschuss von Uzita entfernt, und errichtete hier
auf einer wasserreichen Fläche ein zweites Lager, in welches
fünf Legionen aus dem obeni einrückten. Sogleich gebrauchte
er seine Wurfmaschinen gegen die Mauern, nnd abermals galt
97) B. Afr. 1. c. 98) Oben §. 56. A. 34 n. 4?. la den ZaUea
herrscht im B. Afric. grosse Verwiroing; nach einigen Handschriften focht
die 8. Legion früher bei Uzila, als sie Africa erreichte, c. 60. 62; statt
der 9. yrird c. 53 anch die 11. genannt. Die 12., welche bei jenen Un-
mhen die meiste Schuld trug, Cic. ad Att. 11, 21, oben 1. c, scheint
Italien nicht •verlassen zn haben. Indess erfolgte die erste Eiuschiffnng in
Sicilien in solcher Eile, dass die Legionen sich znm Theil nnter einander
mischten, wie im Vorigen bereits ein Soldat der zehnten erwähnt ist.
B. Air. 16. Tgl. oben J. 58. A. 64.
590 XXI. lULII. (31. §.59.)
es dem gliickllcLen und küLnen Feldherrn, dem Befreier des
Vaterlandes, wie man hoffte, nicht dem Verwandten des Marina,
dass 1000 Gäitulier mit Pferden und Knechten za ihm iiber-
giengen, ^') Alles mahnte die Verbündeten, ihm Einhalt za
thun; die Stadt war für sie ein Aussenwerk, nach dessen Er-
oberung; er ilu-e Mitte durchbrechen und mit ihren Vorrüthen
seine Truppen ernähren konnte ; er erblickte sie daher am andern
Morgen auf einer Höhe in Sclilachtordnung' ; sogleich trat auch
er unter die Waffen, aber hart an seinen Liuien; denn der
rechte Flügel lehnte sich an Uzita, wenn er sich bloss gab,
musste er einen Ausfall erwarten; bei seiner Absicht, nicht
zu schlagen, war es ihm erwünscht, dass ein ungleicher Boden
ihn vom Feinde trennte. Dieser stellte die Legionen, die rö-
mischen und nnmidischen, in eine einfache Linie, welcher Nu-
midier zum Rückhalt dienten ; zu beiden Seiten schlössen sich die
Elephanten an, und hinter ihnen leichte Truppen; die ganze
Reuterei mit gezäumten Pferden bildete den rechten Flügel, da
man auf dem andern durch die Stadt gedeckt wurde, und zu-
gleich zeigten sich hinter jenem grosse Massen, ein Umgehen des
Heers zu verhindern, und selbst zu umgehen. Zur Vereitlung
dieses Plans liess Cäsar auf seinem linken Flügel drei Treffen
einander unterstützen, dazu kam hier noch die gesammte Reuterei
mit eingeschobenem leichtem Fussvolke, und weil er ihr wenig
vertraute, die fünfte Legion. *''") So beobachtete man sich vom
Morgen bis zur zehnten römischen Stunde in einer Entfernung
von nur 300 Schritten. Schon wollte Cäsar zurückgehen , als
feindliche Reuter sich rechts gegen sein oberes Lager zogen, und
Labienus mit den anderen blieb , um die Legionen festzuhalten ;
jene schlugen die schwache Reuter -Schaar, welche sich ihnen
ohne Befehl entgegenwarf, und nach diesem nichts entscheidenden,
aber doch immer siegreichen Gefechte gieng Scipio wieder in
sein Lager. Auch an den folgenden Tagen kämpften die Reuter
I
99) B. Afr, 56. 100) Diess ist alles, was sScIi mit Gewissbeit
ans dem Tcrfälschten und an sich dunkeln Texte im B. Afr. 60 entnehmen
lässt ; eine genauere, aber auf Vermuthungen beruhende Beschreibung der
beiden ScUachtlinien giebt Roesch Commeutar über die Comment« des Cäsar
8. 110.
XXI. lULn. (31. §.59.) 591
mit vrectselndem Glücke, wülirend beide TLeUe ILre ScLanzen
erweiterten. ')
Um diese Zeit sctickfe Allienus die 7. und 8. Leg'ioo.
Attius Vanis wurde davon unterrichtet, und erinnerte sich endlich
an seine PllicLt; er fiilir mit 53 Segeln von der Rüste von Utica nach
Adrumetuui, aber mit so weniger Achtsamkeit, dass er nicht nur die
Truppen verfehlte, sondern in der Kähe der Stadt auch die 13 Schiffe,
welche ihnen mit Q. Aqnila entgegen giengen, nm sie zu decken.
27 Hess Cäsar bei Thapsus kreuzen ; die übrigen lagen wegen
der bisherigen Unthatigkeit der Opiimaten sorglos bei Leptis,
wodurch es Varus möglich wurde, mehrere zu nehmen oder zu
verbrennen. Als Cäsar diess hörte, eilte er an Bord, und ver-
folgte Vams, welcher bereits auch Aquila angegriffen hatte, und
besonders durch Feuer grossen Verlust erlitt, bis vor den Hafen
von Adrnmetum. Unter den Gefangenen wurde nur P. Ligarius
getödtet, weil er schon vor drei Jahren in Spanien begnadigt
war. -)
Der enge Raum , auf welchen der Dictator sich beschränkt
sah, erschwerte ihm die Verpflegung der Truppen. Seine Gegner
schienen ihn jetzt durch den Hunger besiegen zu wollen, nach-
dem sie früher zur Unzeit diess Mittel versucht hatten. Kaum
konnte er sich unter der Mitwirkung fast aller Legionen und
und von Labienus Reutern aus dem Versteck' bedroht einiges
Getraide ans den Gruben verschaffen, in welchen die Eingebomea
es bargen: er musste eine andre Stellung nehmen, wie viel Zeit,
Mühe und Kunst er auf die Schanzen vor Uzita verwendet haben
mochte. Doch behielten Leptis, Ruspina und Achilla ihre Be-
satzungen ; die Hafen von Adrumetum und Thapsus sollten
L. Cispius und Q. Aquila mit den Kriegsschiffen einschliesseu. ^)
Nach diesen Anordnungen zog Cäsar in den letzten Stunden der
Nacht nach Agar, in dessen Umgegend er sich reichlich versorgte.
Scipio folgte ; er vertheilte das Heer in drei Lager und entsendete
zwei Legionen nach Zeta. Allein Cäsar bemächtigte sich der
Stadt in der Nacht, obgleich sie 18,000 Schritte von ihm und
von jenem nur 10,000 entfernt war. Die Truppen zu überfallen,
1} B. Afr. 61. Dio 43, 6. 2) B. Air. 64. 3) Das. 67.
Tgl. 62.
592 XXI. lULII. (31. §.59.)
während sie auf dem Lande Gefraide sucLten , Linderte ihn die
Nachricht, dass man ihnen Verstärkung schicke. Auf dem Rück-
weg-e wurde er Ton Labiemis nnd Afranius mit Reutern und
leichtem Fnssvolke aus dem Hinterhalte an jeg-riffen , und diess
erneuerte sich, so oft die Legionen ihr Gepäck wieder auf-
g-enommen Latten, um weiter zu gehen. So konnte er sich nur
laugsam bewegen; die Pferde fielen, weil es an Wasser fehlte,
und schon neigte sich der Tag. Doch schreckte die Numidier
der Wurfspjess seiner Legionare ; sie Termochten nicht ein-
zudringen, zumal da Scipio, an dessen Lager der Weg: voriiber-
fiihrte , mit Fussvolk und Elejjhanten nnthäf ig blieb ; fast ohne
Verlust gelangten die Verfolgten zu dem Ihrigen. Bei diesem
Unternehmen überzengte sich Cäsar noch mehr von der gänzlichen
Unbrauchbarkeit seiner Reuterei ; mit den andern Truppen konnte
er sich der flüclitigen Kumidier erwehren , nicht aber die Un-
sichtbaren und überall Lauernden in ihrem Versteck ^erspähen
und sie vertilgen; und was sollte werden , wenn die Legionen
in der Schlacht im Kampfe mit ihnen ihre Kräfte ersch6'i>ft hatten,
und dann die feindUchea vordrangen; wer sollte die Flanken
■decken? Dennoch musste er schlagen, weil er sonst noch furcht-
barem Älächten verfiel, Hunger und Seuchen. Er führte mehrere
Bewegungen aus, weniger um die Seinigen in der neuen Fechf-
ert zu üben, als um Scipio aus den Schemzen zu locken, welches
nicht gelang. Nach einer Musterung des Heers am 21. März *)
zog er in derselben Absicht, und um dem Mangel abzuhelfen,
nach Sarsura; der Ort wnrde erobert, sein Angriff auf Thjsdrus
dagegen, dessen Einwohner ihn begünstigten, ') durch den jetzigen
Befehlshaber Considius vereitelt, und nur Labienus beunruhigte
ihn bis zur Rückkehr nach Agar mit der Reuterei; denn Scipio
beobachtete ihn in der Feme, und nahm jetzt ebenfalls seine
vorige Stellung wieder ein.
Der kleine Krieg drohte die Cäsarianer aufzureiben, zumal
an der Küste; wenn auch der Abgang an [Rlenschen dadurch
ersetzt wurde, dass 5000 Mann zu Fuss und 400 Keuler, welihe
wegen Krankheit oder aus anderen Gründen zurückgeblieben
waren, aus Sicilien anlangten, so fehlte es doch so sehr au
I
4) B. Afr. 75. 5) Oben J. 58. A. 88.
XXI. lüLn. (31. §.59.) 593
3Iif(eln xnm Unlerbalt, besonders an Wasser, dass man dem
Feinde nicht einmal näher rücken und dadurch ein allgemeines
Gefacht ei-z'vx ingen konnte. Vielleicht änderte er seinen Ent-
schluss, wenn man Thapsus bedrohte; die Stadt war zu wichtig',
um sie aufzugeben , ihre Besatzung unter dem Prätorier C. Vir-
gilius ") zu schwach, sie zu rertheidigen , und zu zahlreich, um
aufgeopfert zu werden; Cäsar verliess Agar in der Nacht des
4. April , und an demselben Tage begann die Umwallung. Die
List hatte den gewünschten Erfolg ; auch Scipio und Juba näherten
sich auf 8000 Schritte, und bezogen zwei Lager. Thapsus lag
auf einer Halbinsel , und südwestlich von ihm ein Salzsee,
welcher durch einen schmalen LandsIrich Ton 1500 Schritten
Tom Meere getrennt wurde. Hier versnchten jene am 5. April
sich festzusetzen, da sie aber den Zugang durch Schanzen ver-
sperrt fanden, so Hessen sie am folgenden Tage 1100 Schritte
vom Feinde hart an der Rüste ein Lager aufschlagen , in deir
Hoffnung, ihn von Meer zu Meer mit ihren Werken zu umfassen.
Cäsar kam ihnen zuvor; er befahl Q. Aquila ') mit seinen
Schiffen von der Rhede der Stadt, wo nur wenige zurückbleiben
sollten, am Lande hinabzufahren, und den Feind durch ein un-
erwartetes Kriegsgeschrei hinter dessen rechtem Flügel za
schrecken; dann übergab er dem Proconsul Asprenas das Lager
mit zwei Legionen; die übrigen vertheilte er in drei Treffen;
die 10. und 2. standen auf dem rechten Flügel, die 8. und 9.
auf dem linken, 5 in der Mitte,') und vor jedem Flügel auf
ihren eigenen Antrag fünf Cohorten der fünften , mit vorgescho-
benen Bogenschützen und Schleuderern zur Abwehr der Ele-
phanten; zu beiden Seiten wurden leichte Truppen unter die
Reuter gemischt. Aus diesen Anordnungen geht hervor, dass
Scipio, dessen Soldaten sich noch mit Schanzen bescliäfligten und
jetzt ängstlich hin und her liefen , die Elephauten auf die Flügel
verwies , damit sie nicht auf der Flucht das Heer mit sich fort-
rissen. Gerade jetzt litt Cäsar an der fallenden Sucht , einem
Uebel, mit welchem er aucl» sonst behaftet war; '*') er musste sich
6) Obea A. 83. 7) B. ģric. 62. 67. 80. 8) Dass es sich
B. Afr. 81 nm diese handelt, und nicht nm eine qn.->rta ocios lehrt der
Zusamraenhiing, und das forhergehende : acies triplex. 9) Plot. Caes.
53. vgl. 17. App. 2, 407. Suet. 45.
Druniann, Ccscllichtc Rom.<i Hl. 3S
594 XXT. lULII. (31. §.59.)
eine Zeitlang entfenien ; der Verfasser des africaniscLen Krieges,
dessen Scliweigen nichts dagegen beweis't, erwähnt nur seine
Reden an die Truppen; alle, Veteranen und Nengeworbene, ver-
nahmen freundliche und ermunternde Worte ; er Latte aber mehr
ürsach, sie zu zügeln; an diesem Tage, dem 6. April, '") sollte
ihre Notb, ein unerträglicher Mangel, eine unaufhörliche Schanz-
arbeit in der rauhen Jahrszeit und das Morden der RJmer durch
feige Africaner endigen, der Feind nicht bloss das Feld räumen,
sondern auch biissen. Durch die Abwesenheit des Dictator wurde
die Ungeduld auf das höchste gesteigert; man hörte den Klang
der Tuben auf dem rechten Flügel , aus den Reihen der ver-
wegenen zehnten Legion, und sogleich ertönte der Schlachtruf
auf der ganzen Linie; Cäsar eilte herbei, er konnte nicht mehr
Stillstand gebieten, und er woUte es nicht, denn auch von ihm
war der Tag ersehnt , nur das Losungswort : Glück, gab er den
wnthentbrannten Schaaren noch mit auf den blutigen Weg. ' ')
Einen befriedigenden Bericht über diese verhängnissvollen
Ereignisse findet man bei den Alten nicht; ihr Blick folgt, wie es
Läufig der Fall ist, mehr dem Einzelnen als dem Ganzen. Der
rechte Flügel Cäsars eröffnete den Kampf, und er erhielt auch
die ersten entscheidenden Vortheile; die Elephanten wurden von
den Leichtbewaffneten und den Cohorten der fünften Legion,
welche seitdem ein Bild dieses Thiers zur Belohnung auf ihren
Feldzeichen trug, '^) durch das Sausen der Pfeile und Steine
nnd durch Wunden verscheucht; *^) sie entflohen durch die noch
nnvollendeten Werke, und nun wichen auch die numidischen
Reuter in der zweiten Linie; das Fussvolk sah seine Flanke '
entblösst, es schwankte und die feindlichen Legionen warfen es
in die Verschanzungen und nach kurzem Widerstände in die
Lager vom vorigen Tage zurück. Gleiches geschah auf dem
andern Flügel, nnd hier wirkte auch die Flotte^ wie ihr geboten
war, während Asprenas einen Angriff der Besatzung von Thapsns
abschlug. Die Zersprengten versuchten sich in jenen Lagern
wieder zu sammeln, aber Scipio und Juba, auf dessen Befehl
10) Nach dem naberichtigten Calender. OviJ, Fast. 4, 379. Verr,
Flacc. Fast. eil. Foggiii. p. 40. 46. 11) B. Afiic. 83. VeUej. 2, 55:
Uli (in Atrica ) primo vaiia fortnna, mox pngnavit siia. 12) A])p.
2, 488. 13) Vgl. Volyb. 1, 40.
XXI. lULn. (31. §,59.) 595
noch vor kurzem FlncLt mit Kreuzigung' bestraft vrar, ") hattea
sie verlassen , niemand leitete, ermntliigte sie, und die Cäsarianer
drangen mit iLnen ein, zum Theil früher. Auf den anliegenden
Höhen streckten sie die Waffen ; ihr Flehen um Gnade ■wurde
mit .Schwerdtstreichen ervriedert ; die Sieger übten eine furchtbare
Rache, sie erschlugen 10,000, and in dem wilden Getümmel
auch mehrere ihnen rerhasste Senatoren und Ritter der eigenen
Partei , ohne auch nur auf die Bitten und Drohungen ihres Im-
perator zn achten. Blan berechnet den Verlust der Republicaner
und Numidier auf 50,000,'^) doch entkamen sehr viele, nament-
lich fast die gesanimte Reuterei. Cäsar zählte nur 50 Todfe und
einige Ver^vundete. • '^) Ohne Scipios Papiere zu lesen, welche
ihm iiberbracht und verbrannt wurden,'') kehrte er sogleich
nach einem Kampfe von wenigen Stunden") nach Thapsus zu-
rück, vor dessen Thoren er 64 gefangene Elephiinten aufstellte, ' ^J
um Virgilius durch diesen augenscheinlichen Beweis von der Nie-
derlage seines Feldherrn zur Unterwerfung zu bewegen, er er-
hielt aber keine Antwort und begab sich in sein Lager. Am
folgenden Tage opferte er den Gö'ttei'n vor den Augen des Heers,
welches er in einer feierlichen Rede wegen seiner Tapferkeit be-
lobte; die Veteranen und auch Aqdere, welche sich ausgezeichnet
hatten, wurden von ihm beschenkt. Kein Schriftsteller berich-
tet, dass er Imperator wurde. ^°)
14) B. Air. 66. 15 Plnt. Caes. 53. Zonar. 10, 10. 16) B.
Afr. 86. Liv. 114. VeUej. 2, 55. Sueton. 35. Plia. 7, 26. Eutrop. 6, 23
(18). Flor. 4, 2. }. 66. (Ä. Tict.) de vir. ill. 78. Gros. 6, 16. Plnt. 1. c.
Caio 58. Dio 43, 7. App. 2, 488. Strato 17, 831. Zonar. 1. c. 17) Dio
43, 13. 44, 47. Plin. 7, 26. vgl. hier §. 51. A. 50. 18) Pliit. Caes.
53. App. 1. c. spriclit dagegen TOn einer langen Dauer bis zum Abend und
von grossen Anstrengungen. Es bestrafte sich an Scipio, dass er nicht von
Römern sondern Ton Bundesgenossen, nicht Ton der Legion, dem Kerne des
röm. Heers, sondern von Elephanten und Numidiern den Sieg hoffte; die
■\Vaire, welcher man Achtung und Vertrauen entzieht, rerUert anch ihre
Starke. 19) B. Afr. 86. Gros. 1. c. nennt 60. 20) Ueber die Rlün-
len mit der Inschrift Imper. IV. und über die Ausleger , Trelche sie auf
diesen Krieg beziehen , s. oben (j, 55. A. 4. In Aegypten und Fontns
halte Cäsar nur Barbaren überwunden ; auch im Triumphe über Africa
konnte er seine Feinde als solche, als Numidier bezeichnen, wogegen die
Annahme des Imperator - Titels jetzt auch auf die besiegten Alitbiirger ge-
deutet sein wurde. Vgl. §. 62. A. 87.
38*
596 XXI. lULII. (31. §.59.)
Er bestimmte drei Legionen onter C. Caninius Rebilas ^ ' )
znr Belagernng von TLapsiis, nnd zwei entsendete er gegen
TLysdriis-^) nuter Cn. Domitius Calvinns; mit den übrigen brach
er nnverzügUcb nach Utica auf, wohin M. Messala mit der Reuferei
Torausgieng. Der Feind konnte sich dort leicht wieder setzen,
da die Lage des Ortes und die Nähe der Flotte ihn begünstigte
und der König Juba indess von neuem rüsten; Catos Begeiste-
rung für die Freiheit und sein grosses Ansehn, und die Ver-
zweiflung der Heerführer , welche in der Schlacht sich zeitig ge-
rettet, aber zum Theil als Ueberläufer oder durch Wortbriichig-
keit jeden Anspruch auf Gnade verwirkt hatten, Hess einen har-
ten Kampf erwarten , wenn man ihnen Frist gab ; und auch an-
genommen, dass Scipio und seine Gefährten nicht mehr Stand zu
halten wagten, so sollten sie doch nicht zu Cn. Pompejns entflie-
Len. 2 3) Am 8. April spät emi Abend wurde Cato durch einen
Eilboten von dem Ausgange der Schlacht unterrichtet. '*) Er
Tersammelte am andern Blorgen die römischen Senatoren, die Rit-
ter und die Dreihundert^') im Tempel des Jupiter. Scheinbar
unbefangen und noch voll Hoffnung theilte er ihnen mit, was be-
reits Allen bekannt war, und gab anheim, die Thore zu öffnen
oder sich zu vertheidigen , im letzten Falle wollte er sich als
Anführer an ihre Spitze stellen; da er dann auch ein Verzeich-
iiiss der Soldaten, Waffen und Lebensmittel vorlegte, und nichts
unerwähnt liess , was einen kühnen Entschluss hervorzurufen
vermochte , so entgieng es den Meisten , dass nur seine äusseren
Verhältnisse ihn dazu bewogen, weil er als Befehlshaber des
Platzes nicht anders handeln konnte , dass er nicht auf Erfolg
rechnete, und über sein eigenes Schicksal bereits entschieden
Latte ; sie trugen sich ihm an mit Gut und Blut , und drangen
auf eine allgemeine Freilassung und Bewaffnung der Sclaven,
auch die Dreihundert, welche mehr als Alle dabei verloren. Es
war nicht ihre Absicht, sich fü'r die Opfiraaten aufzuopfern, mit
welchen sie jetzt stimmen mussten , sondern den Sieger zu be-
21) B. Afr. 86 Proconsul genannt; er ■v^^ll•(le am Ende des folgi J.
Consiil. Vgl. Caes. B. C. 1, 26 n. J.ior §. 43. 22) Oben A. 4.
23) 5. 57. A. 49. 2*) l'lut. Cato 58. Afp. 2, 489. Oben J. 57. A.33,
25) Oben §. 57. A. 37.
XXI. lULn. (31. §.59.) 597
sänftigen. ^^) Man hatte sich kaum getrennt, als Scipio von
einem ScLiffe, und Juba aus einem Schlupfwinkel am Laude
scLrifllicL aufragten, ob Utica Sicherheit gewähre; denn auch
dem Könige zeigte sich kein andrer Ausweg, da sein Volk ihn
Lasste, obgleich er auch jetzt noch, nm es zu verbergen, im Tone
des Bescliützers neue Rüstungen und Entsalz versprach; Cato bat,
man möge nicht kommen; er bemerkte die Gährung in der Stadt,
und wusste ohnehin , dass Rettung unmöglich war. Bei seinem
Wunsche, bis zur Abreise der Senatoren und der übrigen Rö-
mer seiner Partei blutige Reibung-en zu verhindern und auch
einen Angriff von aussen abzuschlagen, mussteu ihm die römi-
schen und numidischen Reuter willkommen sein, welche sich jetzt
meldeten. Sie hatten auf der Flucht Pavada angezündet, weil es
sie nicht aufnehmen ■wollte , die Einwohner in die Flammen ge-
worfen, und an anderen Orten ähnliche Frevel verübt.") Cato
gieng- zu ihnen hinaus , ehe aber die Anführer sich über seineu
Vorschlag einigten, rief ihn M. Rubrius , sein Stellvertreter, in
grosser Bestürzung zurück, weil die Dreihundert einen Aufstand
zu erregen suchten. ^Venn sie durch Scipios Unterstützung, mochte
»ie auch erzwungen sein, in Cäsars Augen sich strafbar gemacht
Latten, so wollten sie ihre Schuld nicht dadurch vermehren, dass
sie die Flüchtlinge zuliessen, welche ihm die Eroberung der Stadt
erschweren konnten. Ihre Gesinnungen waren den Reutern be-
kannt; sie weigerten sich, einzurücken, wenn die Einwohner
nicht zuvor vertrieben oder getödtet würden; von beiden Seiten
gedrängt, verbarg- Cato seinen Abscheu, und bat um Frist. In
Utica fand er alle Schranken der Ordnung durchbrochen; die Ur-
Leber erklärten, sie würden niemandem, wer es auch sei, Feind-
seligkeifen gegen Cäsar gestatten ; einige drohten sogar halblaut
mit Verhaftung und Auslieferung der Senatoren. Cäsars Gefan-
gener! dieser Gedanke liess Cato alles Andre vergessen; als man
ihm die Anzeige machte, die Renter eien im Abzüge begriffen»
eilte er ihnen nach, uud beschwur sie, nur diesen Tag noch zu blei-
26) Plnt. 1. c. 59. 60. B. Afr. 88. 27) B. Afr. 87. cap. 93 wird
ilire Zahl zu ISOO angegeben, iiacli anderen Lesarten nnr zn 208; eine so
kleini! St^Iiaap würde voii den Uticensern iiiclit gerürclitet sein. l'Int. Calo
G2. (ilraljD 17, 831 nennt jenen Ort Tbara; er berichtet übrigens dasselbe.
598 XXI. lULII. (31. §.59.)
ben und die Römer bis zu deren EiascLiffiing zn bescLiifzen.
Unverkennbar Lade er eine grosse Gewalt über die GeinütLer;
sein Name , schon seit Censorinus , obgleich nicht diirchans mit
Recht, die Bezeichnung hoher persönlicher ^Viirde, sein Kuf,
der Ernst, welcher stets Achtung und Vertrauen erwirbt, und
die Innigkeit und Stärke seiner Gefühle machte ihn für alle Clas-
sen unwiderstehlich; die rohen Krieger, deren Leben vielleicht
davon abhieng, dass sie diesen Tag nicht verloren, welche ohne
ein Unterpfand eigener Sicherheit für Andere wagen sollten,
folgten ihm, und besetzten Thore und Burg.
Die Dreihundert wurden verlegen ; sie eröffneten ihm , als
er auf ihre Einladung uud gegen den Rath seiner Freunde allein
in ihre Mitle trat, unter nichtigen Entschuldigungen ihren Ent-
Bchluss, Cäsar um Gnade zu bitten, und zuerst für ihn, und wenn
sie verweigert werde, auf Tod und Leben zu kämpfen. Er ge-
nehmigte es , nur soUte von ihm nicht die Rede sein ; dem Be-
siegten , sagte er , gezieme es zu bitten , dem Verbrecher , um
Gnade zu flehen; er sei aber nicht besiegt, und der Verbrecher
sei Cäsar. ^*) So deutete er an, dass- er allein über seine Zu-
kunft gebiete, nnd die Ereignisse der nächsten Tage ihn nicht
mehr berühren werden ; diess ahndeten Alle, als er nnr noch für
Andere sorgte, den Römern Schiffe nnd Geld anwies, sie an das
Meer begleitete, nnd zurückgieng. Sein Sohn Blarcus blieb, und
er wehrte ihm nicht ; gegen seinen "Wunsch fand sich auch ein
andrer junger Blann, Statilius, wieder ein, welcher mit einer
glühenden Begeisterung ihn ergeben war; von Apollonides, einem
Stoiker, und dem Peripatetiker Demetrius mochte er sich nicht
trennen. ^9) Während er au der Rüste verweilte, plünderten
die Reuter; sie hatten ihr Wort gelös't, und nahmen ihren Lohn.
Zunächst stürmten sie gegen die Vsrschanzung vor den Thoren,
in welcher die waffenfähige Mannschaft Uticas bewacht wurde,^ ")
und als man sie mit Steinen und Knitteln zurücktrieb, raubten
und mordeten sie in der Stadt, Um dem Unfug zu steuern, zahlte
28) Flut. Cato 64. App 2, 489, Horat. C, 2, 1. 23: Cuncta teria-
riiiu suliacta, praeter atroccm aniuiiim Catonis. Scnec. vp. 95 fin : Seil, se
uuiun esse, de cuius s«am non agatiir. 29) l'liit- Cato 65. 66. 73.
Vcber Slatilins v"I. 2. Th. 148. A. 2. 30; 0!)en §. 57. A. 34.
XXI. lULII. (31. §,59.) 599
Cafo jedem tanderl Sestertien , ' ') worauf sie mit Fausdis Sulla
und L. Afraniiis, welcLe ebeufalls aus der ScLIacLt ia diese Ge-
gend entfloLen waren, nach Blauritanien zogen. ^^) Nach itrem
Abg-ange glaubte Calo nur nocL eine PflicLt zu haben; sie beiraf
ihn selbst. Die stoische Philosophie hatte ihn nicht auf einen
rein menschlichen Standpiinct erhoben; er war nur Staatsbürger,
Römer, Republicaner. JEiue dunkle Ahndung mahnte ihn an eine
allgemeine und höhere Bestimmung und an ein Dasein jenseits,
aber in den Nebel des Wahns ■ und des Irrthunis gehüllt , zei. (e
sie ihm kein yon irgend einer Staatsform unabhängiges Ziel, wel-
chem man entgegenstreben , keine Zukunft , für welche man rei-
fen könne, auch ohne ßepublicaner zu sein. An seinem Ideal
Ton einem staatsbürgerlichen Leben hielt er hia zum letzten Au-
genblicke fest; er lieh ihm, einem wesenlosen Schatten, die Far-
ben einer hehren Vergangenheit, und mit um so mehr .Selbsttäu-
schung, da er nicht war, wie die Meisten; yor der Schlechtig-
keit der Bürger, in welchen es sich sichtbar darstellen sollte,
vor ihrer Unfähigkeit, es zu verwirklichen, verschluss er die
Augen; nur Cäsar erschien ihm als die Ursach der Neuerungen,
und der Selbstmord, wenn jener siegte, nur als Vernichtung
eines zwecklosen Seins, denn der Staat, die Republik, war ihm
Zweck, nnd der Bürger Millel. Wer anders dachte, der mochte
im sichern Exile der Stunde der Erlösung harren; er tadelte es
nicht , er verhalf dazu ; aber er selbst wollte nicht entfliehen,
nicht einen lluheplatz auf dem Grabe der Freiheit erbetteln; dass
Cäsar dem blutigsten nnd gefahrvollsten Kampfe entgegengieng,
dass er nur. ein Jahr sich einer unbestrittenen Herrschaft erfi-euen,
dass auf der Flotte des jungem Pompejus, in den Heeren des
Cassius und Brutus sich ein Asjl erölfueu werde, diess Alles
konnte er nicht wissen.
Die Dreihundert mit ihren zahlreichen Sciaven nntemahmeu
nichts gegen ihn, obgleich die römischen Soldaten kaum für die
31) So B. Afr. 87. riut. Cafo 65 IKsst Cato sie Terfolgen, nnd öinen
die Bente durch ein Machtgebot wieder entreissen; anch für ihn eine zu
sch\Yere Aufgabe. Koch mehr irrt der Geschichtschreiber bei der Nach-
richt, M. Octaiäus habe mit zwei Legionen in der Kähe gelagert, nnd
Calo den Oberbefehl streitig gemacht; er befand sich vielmehr auf der
Flotte. Oben § 58 Cn. 32; U. Afr. 1. e. u. 95. üuleu A. 47.
600 XXI. rULII. (31. §.69.)
ätisesre Verschanznng zureicliten , und er selbst einen AugrifF ge-
förcLtet Latte; was sie abhielt, sieb seiner zu beinäclitig-en, und
dadurch nach ihrer Meinung die eigene Schuld bei dem Feinde
zu tilgen , wird nicht gemeldet ; gewiss nicht Dankbarkeit für die
Rettung ihrer Stadt, denn sie hatten früher IMeutereien gegen-
ihn gestiftet, sondern etwa das Versprechen seines sogenannten
Proquästor Lucius Cäsar, bei dem Dictafor, seinem Verwandten,
für sie zu bitten, wenn sie ruhig blieben. ^^) Auch übrigens ist
in der Geschichte dieser Tage manches dunkel. Die Reuter wa-
ren doch wohl nicht die Einzigen, vyelche in ihn drangen, zu
entfliehen;^'») die Eile, mit welcher er die Einschiffung der
Optimaten betrieb, überzeugte sie, dass er von einer Verwendung
des Lucius Cäsar nichts erwartete, und seiue bekannte Gesinnung,
dass er sie nicht begehrte, sondern sein Leben gewaltsam endi-
gen wollte; man muss daher zu ihrer Ehre glauben, ihre Ver-
suche , ihn mit sich fortzuführen , seien an seiner Hartnäckigkeit
gescheitert. Er empfahl Lucius seinen Sohn und die Freunde,
für welche er ohnehin nicht fürchten durfte, da jener wegen sei-
ner Jugend und diese als griechische Philosophen den öffentlichen
Angelegenheiten fremd geblieben waren. Nach dem Bade unter-
hielt er sich mit ihnen bei und nach dem Abendessen über die
Gegenstände, welche ihn stets am meisten beschäftigt hatten, und
Terlheidigte sehr lebhaft den Grundsatz der Stoiker, dass nur der
Weise frei sei; ) auch entliess er sie mit einer ungewöhnli-
cheu Aufregung. Dann las er auf seinem Lager Piatos Werk
über die Uusferblichkeit, ohne sogleich zu bemerken, dass sein
Sohn das Schwerdt entfernt hatte; er forderte es nach einiger
Zeit, und so ungestüm, dass er bei der Züchtigung eines Scla-
ven, welcher zögerte, es zurückzubringen, sich die Hand ver-
letzte. Der jüngere Cafo und die Uebrigon traten ein; vom
Schmerz' überwältigt schlössen sie ihn weinend in ihre Arme;
auf seine Vorwürfe: warum man ihn wie einen Wahnsinnigen
der ^A^affen beraube; ob man ihn nicht auch fesseln wolle, da-
mit er desto gewisser vom Feinde ergriffen werde, oder nicht
einsehe, dass man sich tödlen könne auch ohne Schwerdt ? hallen
33) H. Afr 88. I'lnt. Cato 66. Oben No. 23. 34) I'liit. 1. c. 63.
35) Ueis. G7. Cic. l'arad. V, 1 : ^isi saiiit'iUum libeiinu c»ic iieuiiui-iu.
XXI. lULU. (31. §.59.) 601
sie keine Antwort. Als sie sicL zurückzog'en , wendete er sich
wieder zu jener Srlirift und verfiel dann in einen tiefen Schlaf.
Um Mitternacht schickte er den Freig-elassenen ßutas nach der
Rüste, um sich die Gewissheit zu verschaffen, dass keine Schiffe
mehr ipi Hafen seien ; jener brachte ihm befried4ffende Nachrich-
ten , worauf er die Thür verschloss und sich durchbohrte. Der
Streich war nicht tödlich , weil die verwundete Hand <>-;ch ihm
versagle ; auch vyurden die Seinigen durch seinen Fall und das
Umwerfen eines Tisches aufmerksam; sie kamen herbei; C'lean-
thes , sein Arzt, legte einen Verband an, er aber riss ihn ab,
als man auf seine Aeussernng', dass er zu schlafen wünsche, ihn
verlassen hatte, verblutete er sich und starb. Eine Statue be-
zeichnete später den Ort am Meere , wo die Freunde ihn be-
gruben. *^)
Es befremdete Cäsar, dass Cato die Parteigenossen fortschickte
nnd nicht auch selbst entweh; doch errieth er bald die Ursach,
und eilte nun angeblich , weil er ihn gefangen nehmen wollte ;
bei der Nachricht, er sei nicht mehr, gab er sein Bedauern za
erkennen, dass er ihm nicht den Ruhm gegönnt habe, ihm zu
verzeihen. Mehrere unter den Alten zweifeln nicht an seiner
36) Bei Cäsars Annäheran» konnte man mit einem feierlichen Leichen-
begängnisse nad der Errichtung einer Statue sich nicht befassen ; am ^Te•
nigsten wollten die Dreihnndert, Vf eiche Plut. Cato 71 Tgl. 63 auch hier
zur Unzeit nennt, durch eine solche freiwillige Ehrenerweisuug das Recht
verlieren, ihre übrigen Handinngen, die Unterstützung Scipios, für erzwun.
gen zu erklären. Sie zitterten für ihr Leben , und noch mehr für ihre
Schütze, nnd beschäftigten sich ausschliesslich mit den Blitteln, den Sieger
zu besänftigen. Damit ist nicht geläugnet, dass die Stadt später dem Ver-
storbenen ein Denkmal Treibte, da „der Uticenser" nun einmal allgemein
bevmndert wurde, imd sie zwar^ strenge aber nicht grausam bebandelt nnd
sie vor der Zerstörung bewahrt hatte ; das Grosse in ihm wussten jene
Kaullente , gegen deren AVillen jetzt nichts geschehen durfte, nicht zu wür-
digen. B. Afr. 88. Liv. 114. GeU. 13, 19. Eutrop. 6, 23 (IS). Flor. 4, 2.
5. 70. (A. Vict.) de vir. ill. 80. Oros. 6, 16. Wela 1, 7. Dio 43, 11.
App. 2, 489. 490. Zonar. 10, 10. Mehrere, besonders Dio nnd anch Va-
Icr. M. 3, 2. §. 14. n. Seneca ep. 24. 67. 71. 95 fin. 104 preisen die-
sen Selbstmord; Cicero rechtfertigt ihn Tusc. 1, 30. de olT. 1 , 31 ; nicht
so die Christi. Schriftsteller, August, de civ. D. 1, 24. Lactaiil. 3, 18,
•loch entschuldigt der Letztere; aliquant moriendi causam videtur habuisse,
odinu servitnlis.
602 XXI. lULU. (31. §.59.)
Aufricttig^kelt; die ScLinüLscLrlft , in welcher er den grossen
Todten im folgenden Jahre angriff, sei durch C'iceros ungeinessenes
Lob veranlasst, durch die Besorgniss, es möge einen ihm nach-
theiligen Eindruck machen.*') Cäsar empfand, was er nach
der Ermordung des Pompejus empfunden hatte; er enfgieng da-
durch, dass der Knoten sich auf diese Art lös'te, einer nicht ge-
ringen Verlegenheit. Obgleich er seinem Ehrgeize nnbedenklich
jedes noihwendige Opfer brachte, so sah er sich doch bei einer
übrigens edlen Gesinnung einer solchen Nothwendigkeit gern
überhoben ; in diesem Falle rieth selbst die Klugheit zur Mässi-
gung, da der Gegner so unendlich hoch in der öffentlichen Blei-
nung stand, und er das Kriegsrecht auf ihn, der nicht schon
früher sein Gefangener gewesen war, nicht anwenden konnte;
auf der andern Seite durfte er nicht hoffen, dass Cato sich auch
nur scheinbar unterwerfen werde , wie Cicero , wenn es gelang,
ihn zu ergreifen; er konnte diess daher nicht wünschen.
L. Cäsar vertraute der Blutsfrenndschaft nicht allein; die
Uebergabe Uficas sollte als sein Werk erscheinen, welches ihm
dadurch erleichtert wurde, dass die Bürger ihn für den geeig-
netsten Fürsprecher hielten ; er bewirkte , dass sie den Reutern
des M. Blessala die Thore öffneten, und gieng dem Dictalor ent-
gegen. Dieser fand auf dem Wege von dem Schlachtfelde bei
Thapsns nach der Nordküste keine Hindernisse ; Uzita mit seinen
grossen Vorräthen an Getraide und Waffen nahm ihn auf, und
auch Adrumetum, W'o er O. Ligarius und C. Considius, den
Sohn des früher erwähnten, begnadigte, und Livinejiis Regiilus
mit einer Legion zuriickliess. * *) Dann traf er mit L. Cäsar zu-
sammen , und verzieh ihm , und allen Andern seiner Partei in
Utica. *^) Si>ät am Abend erschien er vor der Stadt. Nach
seinem Einzüge , welcher am andern Morgen erfolgte , dankte er
den Einwohnern für ihre Ergebenheit, die Dreihundert dagegen
37) Plnt. Cato 72. Caes. 54. Dio 43, 12. 13. App. 2, 490. Zoaar.
10, 10. Val. M. 5, 1. 5. 10. 38) B. Afr. 89. Cicero erwiihnl ad AH.
3 , 17. all Farn. 13 , 60 einen Freigelassenen seines Frenndes L. Regnius,
L, Livinejus Trypho, welcher "wahrend seines Exils sicli nni ihn Terdient
gemacht habe, und dentet an, dass jener verbannt sei; vielleicht fand er
in Ciisars Lagern einen ZnUnchlsort. Ueber Ligarius vgl. hier J>. 70. A. 70.
39) U. Afr. 1 c Dio 43, 12. VcUej. 2 , 55.
XXI. lULII. (51. §.59.) 603
bi'drolite er zur Strafe für die Unterstützung des Aftlas Varas
und Scipio mit dem Verluste ihrer Güter; doch soUtt; Rückkauf
gestattet sein. Auf ilire Bitte, eine Summe zu bestimmen, mit
welcher sie als Gesammtlieit sich lösen könnten, forderte er 200
Millionen Sestertien, binnen drei Jahren in sechs Alouaten zahl-
bar. * °) Uebrigens beunruhigte er sie nicht ; und Catos Sohn
wurde mit seineu Gefährten nicht bloss entlassen, sonderu er blieb
auch im Besitze des Täterlichen Vermögens;'") Lucius Cäsar
richteten die erbitterten Soldaten.*')
Nach diesen Vorgängen ergab sich C. Virgilius in Thapsus.
Der ältere Considius , welcher in Thysdrus befehligte , und mit
seinem Gelde nach Numidien entfloh , wurde von Reutern aus
Gätulien, seineu Begleitern, auf dem Wege beraubt uud erschla-
gen. ' ') Auch unter den übrigen namhaften Anführern dieser
Partei entkamen nur wenige. Juba konnte ihnen keinen Schutz
gewähren; er war hülflos, seit man ihn nicht mehr fürchtete.
Im Anfange des Krieges hatte er in Zama einen grossen Schei-
terhaufen errichtet, und den Einwohnern angekündigt, dass er
sie mit seinen Frauen, Rindern uud Schätzen verbrennen, uud
zuletzt sich selbst in die Flammen stürzen werde , wenn er nicht
siege; jetzt wollte er mit M. Petrejus hinter den \'\^ällen der
Stadt sich vertheidigen; man erinnerte sich an sein Vermächlniss,
und öffnete nicht; Drohungen und Bitten waren vergeblich; die
Bürger behielten sogar seine FamUie als Geissein zurück , und
unterhandelten mit Cäsar. Nirgends aufgenöinmen beg-aben sich
die beiden Flüchtlinge auf einen Meierhof, wo sie nach einem
Mahle einander zu tödten versuchten; der König traf seinen Geg-
ner mit fester Hand, und wurde selbst nur leicht verwundet,
aber doch ausser Stand gesetzt, das Schwerdt mit hinlängliclier
Kraft in die eigene Brust zu stossen, daher ein Sclar auf sein
Verlangen ihn erschlug-. * ')
40) B. Afr. 90. App. 2, 490 erzählt, er babe diese KanHente, so
viele ia seine Gevralt gerielhen, tödten lassen; die Provincialeii dienten
seinen Feinden eben so ungern als ihm, aber er musste seine Casse fül-
len ; anch andere Städte Africas biisslen später mit Gelde , vveil Scipio sie
gegen ihren Wunsch besetzt halte. 41) B. Afr. 89. Liv. 114. V.nl. M.
5, 1. §. 10. Dio 43, IJ. l'lut. Cato 73. App. 1. c. 42) Oben No. USfiu.
43) B. Afr. 9X 44) Ein äbnliclies Beispiel findet sich in der Geschichte
604 XXI. lULII. (31. §.59.)
Sabura, der BefelilsLaber seiuer Truppen in Namldien , * ' )
war bereits in einem Gefechte gegen P. Sittius * ^) gefallen , und
dieser zog durch Maurltanien , um sich mit Cäsar zu vereinigen.
Hier begegnete er L. Afranius und Faustus Sulla, welche mit
1500 Reutern von Utica kamen,*') und nach Spanien übersetzen
wollten , nun aber in der Kacht umringt und am Morgen plötz-
lich angegriffen und mit Pompeja, der Tochter des ehemaligen
Triumvir und Gemahlinn des Faustus gefangen wurden. Sittius
schickte sie zu dem Dictator, dessen Soldaten sie nach einigen
Tagen, vielleicht nicht ohne sein Wissen, in einem Auflaufe
tödteten ; Pompeja durfte sich mit ihren Rindern entfernen.'")
Jener kühne Parteigänger trat den Flüchtlingen überall ent-
gegen, auch auf dem Meere. Bletellus Scipio hatte sich von»
Schlachtfelde bei Thai>sus auf ein Schiff gerettet,*') und hoffte
mit L. Torquatus , welcher sich vor zwei Jahren bei Oricum
ergab,'") mit dem Senator Licinius Damasippus") und einigen
Anderen den altern Pompejus an der Küste von Spanien zu er-
reichen ; aber Stürme verschlugen sein kleines Geschwader von
12 Segeln nach Hippo Regius, westlich von Utica, wo die Schilfe
des Sittius ihn empfiengen. Als er sich überwältigt sah, und die
Feinde den Imperator suchten , durchbohrte er sich mit dem Aus-
rufe: der Imperator ist geborgen! und stürzte in die Wellen.*')
des Jüngern Alarins, 2. Th. 468. A. 40. und wie in dieser die Nachrich-
ten -»erschiedeu sind, so anch hier. Nach 15. Afr. 94. Senec. de j)roT. 2.
Dio 43, 8. App. 2, 490. 491 fand ein Zweikampf statt, JAv. 114 u. Flor.
i, 2. §. 69 berichten, Petrejus habe den König und dann sich getödtet;
anch Oros. 6, 16 IKsst Juba znerst sterben, aber pretio dato, also nicht
dnrch die Hand des Römers. Eutrop. 6, 23 (18) sagt nnr, sie haben sich
selbst onileibt; dasselbe erzählt Sex. Rufus 4 von Juba. Vgl. Flnt. Caes.
53. Vitruv. 8, 3 (4). Slrabo 17, 831. 45) Oben §. 44. A. 44. n.
J. 59 in. App. 4, 620, B. Afr. 95. 46) §. 58 in. §. 59 in. 47) Oben
A. 32. 48) S. das Nähere im 1. Th. 39 n. im 2. Th. 511. Sueton.
75 behauptet irrig, auch Faustns sei wie Afranius früher von Cäsar be-
gnadigt. 49) Oben A. 26. 50) Caes. B, C, 3, 11. hier §. 48.
A. 72. §. 49. A. 30. 51) Caes. B. C. 2, 44. B. Afr. 89. Hier §. 44.
A. 54. 52) B. Afr. 96. Cic. ad Farn. 9, 18: Foedo periit. Liy. 114:
Dixil: Imperator bnne so habet. Senec. sunsor. 6 in. ep. 24. Val. Bl. 3, 2.
J. 13. Euirop. 6, 23 (18). Flor. 4, 2. }. GS. Oros. C, 16. App. 2, 488.
490. 491. Dio 43, 9. 29.
XXI. lüLII. (31. §.59.) 605
GliicklicLer waren T. Lnbienas, Alllu.s Vanis und Sex. Pompe-
Jus, welche mit dem Broder des Lelzfern den Krieg in Spanien
erueuerlen. * ')
SowoLl in der Provinz als iin ReicLe des Jiiba betracLtete
man den Dictalor als Befreier , und um so meLr, da er auch auf
dem Wege von Utica nach Zama, Tsohin er mit den Reutern
aufbracli , sich jeder Gewaltlhiiliykeit enthielt, nnd die numidi-
schen Truppen, welche sich unterwarfen, in ihre Heimath ent-
Less. Er belohnte die Zamenser für den Abfall, zum Theil
dnrch die Aufhebung' der bisherigen Steuern, und befahl dage-
gen die Güter des Königs und der Römer in dessen Heere za
verkaufen. ' ') JVumidien wurde bis auf einige Gebiete dem rö-
mischen Slaate einvei-leibt, und im Gegensalze der alten, in den
punischeu Kriegen erworbenen, die neue Provinz Africa genannt.
Die Verwaltung übernahm C. Sallusfius Crispus * ^) mit dem Ti-
tel eines Proccnsu] ; seine Raubsucht veranlasste bald Klagen,
oLue bestraft zu werden;*^) denn in dem Slaasse , als Cäsar
stieg-, vermehrte sich seine Abhängigkeit; er konnte das Unrecht
nicht wohl au den Männern ahnden , gegen welche er grosse
Verpflichtungen hatte. Dem maurilanischen Könige Bocchus und
Siltlus überwies er zum Lohn für ihre Dienste das westliche
Numidien , welches Masinissa, Jubas Freund und Bundesgeuoss,
unter dessen Oberherrschaft zum Theil besessen halte; daJierwiid
Cirfa eine Colonie der Sittiauer genannt. Der Sohn des Ulasi-
nissa Arabio entfloh nach Spanien, wo er für die .Söhne des
Pomi>eiiis focht ; nach Cäsars Tode gelang es ihm, Bocchus zu
veitreiben, imd Sittius auf eine arglistige Art aus dem Wege zn
räumen.") In Utica, ■wohin der Dictator zurückkehrte, verfügte
er zu Gunsten seiner Casse oder des Schatzes, welches dasselbe
ist, auch über die reichsten Städte der allen Provinz; sie sollten
zur Strafe für die Unterstützung der Feinde Roms zcJilen und
liefern : Thapsus 2 Millionen .Sestertien , und der dortige Verein
von römischen Kaiilleuten drei; Adrumetum drei, un l der Ilan-
53) S. nnten §. 61. A. 56. 54) B. Afr. 92. 97. 55) Oben
§. 58. A. 44 n. 88. 56) B. Afr. 97. App. 2, 490. 4, G20. Dio 43, 9.
48, 21. 22. . 57) App. 4, 620. 621. Pljii. 5, 2 (3). Mela I, 9. Dio
48, 22. Bei Sneton. 71 heisst Masin. Masialha; oben f. 9. A. 22.
606 XXI. lULII. (31. §.60.)
delsverein fünf; Leptis jäLrllch 3,100,000 Pfund Oel, und TLys-
driis ein Gewisses an Getraide. *^) Um neue Meutereien zii ver-
hüten, entUess er jetzt schon einen Theil der Soldaten, welche
\vegea Alter oder Wunden zum Kriege untauglich waren; diess
diente wenigstens zum Verwände ; sie sollten sich zerstreuen, ehe
er selbst in Italien eintraf. ' ^)
Dennoch niusste er noch vielen Forderungen genügen; nach
der Herstellung des Friedens halte er die Legionen zu belohnen
versprochen , und diess Ziel schien jetzt erreicht zu sein. Als
er daher am 13. Juni nach dem unberichtigten Calender von
Utica abgegangen und bei Caralis in Sardinien gelandet war, er-
leo-te Sulci, ein Küstenplatz der Insel, 10 Millionen Sestertien,
und statt des Zehnten den Achten , weil es einst L. Nasidius
und dessen Flotte aufgenommen hatte. ^'') Auch Cäsar hielt den
Krieg für geendigt, und die Feinde, welche in Spanien einen
Zufluchtsort suchten , für so unbedeutend , daSs er sie nicht selbst
verfolgte, sondern den Legaten Cajus Didius mit einer Abthei-
lun" des Heers von Sardinien gegen sie entsendete. Mit den an-
dern Truppen gieng er am 29. Juni in See ; widrige Winde nö-
ihio-ten ihn oft anzulegen, so dass er erst am 28. Tage, folglich
am Ende des Juli, oder des Mai nach der richtigen Jahrform,
wieder nach Rom kam.*')
§ 60.
(a. 46.) Während „Africa im schrecklichen Aufruhr er-
bebte "6') wurde die Ruhe in Italien erhalten. Man verdankte
es nicht M. Lepidus , Cäsai-s CoUegen im Consulat und Magister
Equitum, dessen Kraftlosigkeit nie einen Sturm zu beschworen
vermochte, auch nicht Hirtius, Baibus, Oppins und den übrigen
Vertrauten des Herrsehers , obgleich sie seinen Vorschriften ge-
mäss die öffentlichen Angelegenheiten leiteten, sondern der Ver-
zao-theit der Missvergniigten. Auch das Gesetz, welches die Pom-
58) B. Afr. 97. Flut. Caes. SS. Die 43. 14 in. S9) Dio 1. c.
Sneton. 70. Oben § 56. 60) B. Afr. 98. Dio 1. c. Cic. ad Fam. 9, 7.
TJeber Nasid. -«gl. Caes. B. C. U, 5. 7. B. AU. 64. Oben }. 46. 61) B.
Afr. I. c. Dio 43, 14. I'lut. Caes. 55. A))i> 2, 491. Zonar. 10, 10. Kuliop.
6 24 (19). 62) Worte des Eunius bei Cic. ad Farn. 9, 7 u. a. a. O.
XXI. lULII (31. §.60.) 607
peianer, so Tiele Jetzt noch nnter den Waffen standen, von den
ELrenslellen ansscLloss, beantragte nicLt der Consul, sondern der
Priilor Hirtiiis. ^^) Mancher gieng' auf das Land, weil er das
Schalten der Sieger nicht in der Kähe sehen mochte; in den
Villen und Bädern konnte man seinen Harm in geheimen Unter-
redungen ausschütten; deshalb blieb Cicero anfangs in Rom. Man
Sollte nicht glauben, er reise nach Bajä, „nicht, um zu schwim-
men, sondern um zu weinen," oder sich abermals einznschilfen; *•')
erst nach der Schlaclit bei Thapsns , nach welcher es ihn nicht
mehr verdächtig machen konnte, im Mai, verliess er die Stadt. ^*)
Die Niederlage der Optimaten erregte ein gemischtes Gefühl in
ihm; der Thron des Tyrannen war befestigt, aber auch die
Furcht hörte auf, von jenen beraubt und ermordet zu werden.^ ^)
In solchen Zeiten, wo seine öffentliche AVirksamkeit unterbro-
chen wurde, erinnerte er sich an seine wahre ßesiimmnng; er
lebte den AVissenschaften , .„welche dann reichere Früchte zu
tragen schienen, als sonst, entweder weil ihm nichts anderes
übrig blieb, oder weil das Heilmittel n -r in schweren Rj-ank-
heiten geachtet wird,"^') und er wünschte sich nun Glück, dass
er sie nicht vernachlässigt hatte.*') Die Bücher Hessen ihn sei-
nen Schmerz vergesnen, ) und die Freunde wurden ihm die
liebsten, welche auch ein Höheres in sich trugen, und solche
Schätze zn würdigen wussten, wie M. Varro, „nach seiner
Meinung stets ein grosser ]Meinn, besonders aber Jetzt, da er in
den bewegten Zeiten fast allein im sichern Helfen war, nnd auf
dem Felde der Wissenschaften eine Erndte des .Schönsten hielt,
welches iVutzen und Freuden gewährt, wie nicht die Thalen und
Vergnügungen der Anderen." ' ") Der aufgedrungenen Müsse
verdankte man in diesem Jahre wieder mehrere Werke,'') nn-
ter welclien die Lobschrift auf Cato das meiste Aufsehn erregte. ' ^)
Wenn der Schmerz über sein Nichts Cicero dennoch zu erdrücken
droltte , nud auch der Gedanke an die eigenen „grossen Thaten"
63) Hirtü No. 2. J. 1. A. 14. 64) ad Fam. 5, 21. 9, 2. 65) Das.
9, 2. ad Alt. 12, 1. 66) ad Fam. 4, 9. 5, 21. 7, 3. 9, 6. 67) Das.
9, 3. 68) Das. 7, 3. 9, 26. 69) Das. 9, 4. 7, 33. 70> Islo-
riim , die gewöhuliclie Bezeicbnnng Cäsars und der Cäsarianer. ad Fam.
9, 6 Tgl. 9, 4. 71) ad Fam. 7, 28. 72) ad All. 12, 4. S. na-
teii 5. 76. A. 50 f.
cos XXI. lULn. (31. §.60.)
seine Kraft verlor, so snclife er Lincleriing' in einem (rauliclien
Gespräche mit Atlicus, oder auch in einem Briefe an ihn. '^)
In der Nähe „der fröhlichen Sieger" „der Könige" „der Pelopi-
den" war es ihm unheimlich ; ' ') aber er fürchtete mit vielen
Anderen, da nun vermeintlich „Alles voriiber war, und es sich
fragte, wie der Sieger gesinnt sei, wie das Ende sein werde?"
„Zwar glaubte er Cäsar nicht beleidigt zu haben, es gab aber
doch keine Bürgschaft für seine Sicherheit, da Jener sich einmal
vom Recht entfernt hatte , und das Schicksal der Römer von sei-
nem Willen, von seiner Laune abhieng;"") Einziehung der
Güter, Proscriptionen , vielleicht nur den Zeiten fest gegründeter
Herrschaft vorbehalten, konnten im Hintergründe lauern."®) Des-
halb übte er Hirtius und Dolabella, welcher früher als der Dicta-
tor aus Africa zurückkam, und das Leben seiner Tnllia vergiftet
halte,") auf ihr Begehren in der Redekunst;'^) er eröffnete
eine Schule, wie der gestiü-zte Dioujsius; wie dieser hatte auch
er sein Reich, das Reich auf dem Markte verloren, und lehrte,
was anzuwenden ihm nicht mehr vergönnt war. In dem scherz-
haften Antrage in einem Briefe an Papirins Pätus, als L'nter-
lehrer sich bei ihm einzufinden, erkennt man seinen Verdruss,'^)
Die Schüler unterwiesen ihn zur Vergeltung' in der Kunst zu
schmausen, welche besonders Hirtius liebte, aber auch Baibus;
bei den Spielen in Präneste schwelgten „diese Menschen" acht
Tage hindurch, unbekümmert um ihren Meister und Herrn, über
dessen Flotte sehr ungünstige Gerüchte umliefen. ä°) Ihre Ein-
ladungen verschafften Cicero das Glück, wie er gegen Pätus
rühmt , in kurzem mehr Pfauen zu essen , als dieser junge Tau-
ben,^') ihm missfielen aber solche Gastgelage, an sich und vor-
züglich in seiner jetzigen Stimmung; sie raubten ihm noch mehr
Zeit, und verlängerten sein Zusammensein mit Menschen, deren
Anblick widrige Gefühle in ihm erregte. Doch durfte er nun
hoffen, dass sie sich für ihn verwenden werden ; sie behaudelten
73) ad Att. 12, 3. 74) nd Faai. 9, 20. 1!). 7, 28. Tgl. 7, 30 ü.
ad Att. 15, 11. 75) ad Fam. 9, 2. 16. 76) Has. 9, 17. Dio 43,
IS. 18. 77) 2. Tl.. 570. 578. 78) ad Fam. 9, 16. §. 2. 79) flas.
9, 18. 80) ad Att. 12, 2. 81) ad Fam. 9, 18. Tgl. 9, 6. IC. 20.
2. Th. 570. 605. A, 98. Ilirlii No. 2. {. 1. A. 12. 13.
XXI. lULII. (31. §.60.) COJ)
ihn mit der zartesten Aufmerksamkeit, „nnd gewiss oLne Ver-
Ktelliing , da weder sein Zustand nocL der ihrige sie veranlassen
konnte, sich Zwang' anzuthun." 8-) Auf einen Wink ihres Ge-
bieters würden sich die Höflinge von ihm zurückgezogen haben;
ihr Verhalten bewies, wie dieser gesinnt war, es wurde aber
verkannt.
Cicero zeigte doch immer eine gewisse Selbstachtung, nicht
so der Senat; er huldigte Ciisar, noch vor dessen Ankunft,*^)
ohne Blaass und Ziel. Zur Feier seines Sieges über Juba wurde
ein 40tägiges Dankfest angeordnet,*") Bei den Triumphen soll-
ten weisse Pferde den Wagen ziehen, ihn als den Retter des
Staats, als einen zweiten Camillus, den Ueberwinder der Gallier
zu bezeichnen,^') und 72 Lictoren ihn begleiten, da er dreimal
Dictator gewesen war. * ^) Diese Würde hatte man ihm verfas-.
sungswidrig auf ein Jahr übertragen , jetzt erliielt er sie auf
zehn, und die Censur unter dem bescheidenen Titel eines Sit-
tenrichters, praefectus moribus, auf drei;*') als Abweichung
von den republicanischen Einrichtungen war schon der veränderte
Name und die Ausschliessung eines Collegen für den künftigen
Monarchen Gewinn, und er konnte nun aus dem Senat und
Ritterstande Verstössen, nnd seine Anhänger dnrch erhöhten Rang
belohnen. Man gestattete ihm ferner, im Senat neben den Con.
suln auf einem curulischen Stuhle zn sitzen , stets zuerst zu stim-
men, ein Verfahren, wodurch man die höchste gesetzgebende
Gewalt in seine Hände legte, ^'') und im C'ircus das Zeichen
zum Anfange der Spiele zu geben. " 9) Sein Triumphwagen
82) ad Fam. 9, 16. 20. 83) Dio 43, 15. Vgl. oben §. 53.
84) Dio 43 , 14. Man hatte Porapejus nach dem mithridat. Kriege 10 Taga
bevrilligt, Cic. de prOT. cons. 11, und Ciisar im gallischen 15, nnd dann
•wiederholt 20. Hier §. 20. A. 81. §. 25 fin. §. 33 fin. ii. §. 63. A. 61.
85) Dio I. c. Liv. 5, 23: Maxime conspectns ipse est (Camillus^ , cnrra
eqnis albis inncto nrbem inyectns : parumqne id non civile modo , sed hn- •
mannm etiam yisum. Jovis Solisqiie eqnis aeqniparari dictatorem, in reli-
gionem etiam trabebant. l'lnt. Camill. 7 versichert, weder vor noch nach ihm
habe ein Andrer anf eine so iibermüthige Art triümphirt; nnch Cäsar, wel-
cher nicht alle diese Ehrenerweisungen annahm, Dio 43, 14 fin. erlanbte
es sich nicht. 86) Dio 1. c. 87) Ders, 1. c. Cic. nd Fnm. 9, 15.-
Sneton, 76. vgl. Dio 54, 10, Snet. Octav. 27; irrig wird Ciisar Dio 44, S
Censor genann». Unten }. 64. A. *, 88) Dio 43, 14, 80) Ders. ». c
Drumano, Geschichte Roms III. 30
6J0 XXI. lULIJ. (31. §.60.)
sollte im Capitol der Statue des Japlter g^eg^enübersteLen; ") ihm
«elbst aber wollte man eine Statue von Erz mit der auf seinen
Befehl später getilgten Inschrift: dem Halbgotfe , errichten, und
go, dass die Fiisse auf einer Weltkugel ruhten. '')
Mit solchen Beschlüssen gedachte die Furcht ihn zu besänf-
tigen , und die Schmeichelei seine Gunsibezeugungen zu erkau-
fen; iiberdiess giengen die Angesehensten ihm entgegen. Nur
waren Zeit und Ort der Landung nngewiss; die Meisten glaub-
ten , er werde Alsium in Etrnrien wählen , and der Andrang
wurde dort so gross, zumal da es in der Nähe von Rom lag,
dass seine Freunde ihm schrieben, er möge bei Ostia einlaufen
and sich dadurch der lästigen Begrüssung entziehen.'^) Auch
Cicero, welcher es rathsam fand, dass M. Varro in beiden
Städten Wohnungen besorgte, wollte nicht zurückbleiben, denn
er erwog , was ihm vielleicht beschieden sei , da selbst ein Blats-
firennd , der jüngere L. Cäsar, keine Gnade gefunden hatte. ' ')
Man vermuthete dann, der Dictator werde über Bajä kommen,
nnd Cicero setzte seine Abreise nach dem Cumanum, wo er ihn
an der Küste zu empfangen hoifte, vorläufig auf den 7. Juli
fest; jener traf aber erst einige Wochen später ein. ^')
Der gefeierte Held las in den Herzen der Römer; sie beug-
ten sich, um dem Todesstreiche zu entgehen; wenn er, wie
Sulla, seine Feinde ächtete, so gab es für raubgierige Banden
zwischen diesen und den Freunden keinen Unterschied mehr;
daher hielt er es für seine erste Pflicht, die Gemiither zu beru-
higen, und da er jetzt triumphiren wollte, so berief er Senat
und Volk vor das Thor. Wie er auch sprach , seine Reden ath-
1
Ein Vorrecht des höchsten Magistrats ; die Consnln wurden auch hier in
den Hintergrund geschoben, 91) Dio 43, 14. Tgl. 50, 8 Snelon. 76.
92) Dio 43, 14. 21. Sueton. 1. c. Alte und Neuere hahen Manches hieher
gezogen, was dem folgenden Jahre angehört, z. B. die Verordnung über
die Besetzung der Aemter, Dio 43, 14. über die Münzen, über die Ver-
mehrnng der Lnperci, weil man Cic. ad Atl. 12, 5 inissversland. Hier
{. 65, A. 42. Auch sagt Dio I. c. irrig, Catulus Name sei am Capitol aus-
gelöscht nnd Cäsars Name eingegraben ; oben f. 9. A. 1. 93) Cic ad
Farn. 9 , 6. 94) Oben §. 59. A. 42, ad Farn. 9,7: Quid hie mihi la-
det |>alri.' Worte des Terent. Andr. I, 1. 85. 95) ad Fam. I. c. o.-
9 , i. i. 59 Gn. i
XXI. lULlI. (31. §,60.) 611
meten Versöhnlictkeit ; er erblickte in den Umstehenden nicht
mehr Pompejaner und Casarianer, sondern nur Bürger seines
neuen Reichs, und verhiess ihnen Glück und Frieden."') Den-
noch zweifelte man an seiner Aufrichtigkeit; die Befürchtungen
nach dem zweiten spanischen Krieg:e bewiesen, dass Rom nicht
durchaus von seinem Alisstrauen geheilt war. Nur um in den
ehemaligen Parteigenossen im Exil Hoffnungen zu nähren, schrieb
ihnen Cicero: aus Achtung vor der ö'ffentlicheu Meinung, und
weil es in s;iner Natur liege, werde Cäsar täglich milder;^') er
verzeihe gern,") erwähne Pompejus stets in den ehrenvollsten
Ausdrücken, und zeige auch darin eine männliche Haltung, eine
grosse Gerechtigkeit und Weisheit; ^') obgleich er sich ewiges
Schweigen auferlegt habe, sei er doch im Senat von der Hoch-
herzigkeit des Dictator zn einer Dankrede hingerissen;'*'") man
könne nicht gemässigter sein als dieser Sieger,') Es war Cäsar
nicht zu verargen, wenn er nicht sofort allen seinen Gegnern
die Rückkehr gestattete, nicht M. Marcellus, ^) Caecina,^) Aulns
Torquatus,') Cn. Plancios, ') Q. Ligarius,*) T. Ampius Bal-
bus ' ) und Anderen, da sie zum Theil, wie Blarcellus, ihn nicht
einmal bitten mochten, und Viele in Spanien von neuem gegen
ihn rüsteten.
Dio behauptet, er habe diese nicht gefürchtet,*) und seine
Triumphe, welche ihm jetzt nicht mehr unzeitig zn sein schie-
nen, wie vor dem africanischen Krieg-e, bestätigen es. Er hielt
die Aufzüge im August, oder nach dem richtigen Calender im
Juni, da er am Ende des Juli vor der Stadt eintraf,^) in dem-
96) Dio 43, 15 — 18 leiht ihm seine Worte. Vgl, Plut. Caes. SS.
97) ad Fam. 6, 13. 98) Das. 6, 6. 99) Das, 1. c. 100; Für
M. Marcellus. ad Fam, 4, 4. vgl, 6, I4. 1) Das. 4,4. 2) 2. Th,
395, 3) ad Fam, 6, 6. 8. 4) Das. 6, 4 u. 6, 2, t. Torqiiatiis
war Ton den Siciiaiiern gelödtet, B. Afric. 96. oben §. 59. A. 50, daher
können ad Fam. 6, 10. 11 nicht an ihn (Tulg. an Trebianus^ gerichtet sein.
5) ad Fam, 4, 14. 15, 6) Das. 6, 13. 7) Das. 13, 70. 6, 12.
8) 43 , 28. 9) In den cap. Fasten findet sich hier eine Lücke und die
Schriftsteller schweigen. Auch in den Inschr. bei Gruter p. 225 No. S
fehlt die Angabe der Zeit. Ernesti zu Sneton. 37 entscheidet sich mit Be-
ziehnag auf Vellej. 2, 56 für den October; dieser spricht aber -von Cäsars
letzter RücLkehi aus Spanien,
39«
612 XXI. lüLlI. (31. §.60.)
selben Monate aber an verschieclenen Tagen, nnd niclt nnmiftel-
bar nach einander. ' ") Dem Namen uacL galten sie Barbaren,
Gallien, Aegypfcn, Pontiis und Tyrica, weil man nach Biirger-
krieg:en nicht h-iuniphirfe. ' ') Die Menge kannte ihre wahre
Bedeutung , nnd die 72 Lictoren erinnerten sie an den Herr-
scher; *') gleichwohl sah sie alle mit grosser Theilnahme, be-
sonders den ersten, weil er der glänzendste war; '') ihre Schau-
lust wurde befriedigt nnd ausserdem erwarteten sie Geschenke;
das Uebrige berührte sie nicht, das Bild des befreundeten Massi-
lien nnd der Anblick der gefesselten Arsinoe entlockten ihr keine
Seufzer.'*) Auch in den Optimaten, welche nicht durch die
Umkehr gehoben wurden, erregte das Gepränge Gefühle von
ganz andrer Art; sie beklagten Verwandte und Mitbürger nnd
den Untergang der Aristocratie. ' ') Man vernahm aber nur die
• Soldaten ; ihre Spotllieder konnten Cäsar nicht verletzen ; sie
machten nur von einem alten Rechte Gebrauch, an solchen Ta-
gen anch den Feldherrn nicht zu schonen, dessen Ruhm mit ih-
rem Blute erkauft war;'^) durch den Versuch, seine Unschuld
zu beweisen, würde er nur lächerlich geworden sein.* ^) Schwei-
gend hörte er ihre Scherze über seine Verhältnisse zu Nicoroe-
des,") und zu fremden Frauen, vorzüglich zu Cleopatra, '*)
über die Willkühr, mit welcher er ihre Anführer in den Senat
aufgenommen hatte,'") und über ihre Bewirthnng mit Wurzeln
nnd Rjäutern im Feldzuge von Djrrhachium; ' ') sie endigten
mit dem Zurufe: sei gerecht, und du wirst büssen, sei unge-
recht, nnd dn wirst König sein, ^-)
10) Sneton. I, c. -weil die Znrüstnngen Zeit erforilerten. Liv. HS.
Vellej. I. c. n. Flor. 4, 2. J- 88 unterscheiden die J.ihi-e nicht ; diese Feste
gehören in das J, 46. iiber Spanien trimnphirte Cäsar im folgenden. Oros,
6, 16. rint. Caes. SS. App. 2, 491. nio 43, 19. Zonar. 10, 10. 11) Cic,
14 rhil. 3. Val. M. 2, 8. §. 7. App. 1. c. Lncan. 1, 12. Flor. 4, 2. J. 89.
Im iinchston Jahre machte Cäsar die erste Ausnahme, vgl. 1. Th. 503.
12) Pio 43, 19. Oben {. 86. 13) Sncl. 37. Excellcntissimns, 14) Cic.
8 Phil. 6. Dio 43, 19. 15) Dio 43, 24. 16) Dionys. H. 7, 72.
Eir. 39, 7. 17) Dio 43, 20. 18) Oben §. 1 fin. Dio 1. c. Sneton. 49.
19) nio 1. c. SiiPlon. 51. 20) Dio 1. c. 21) Plin. 19, 41 (8)J
22) IVach Dio's Erklärung I. c. eine Mahnung, djs gesetzwidrig ergrifTeno
Ruder nicht wieder niederzulegen. • <•
XXL lULII. (31. §.60.) Gl 3
' Es unterlag keinem Zweifel, dass er 6ie JeJzt beloLnen werde,
^a »le mehr als 60,000 Talente und 2822 goldene Kronen, 20,414
Pfand au Gevi-lcLt, vorübertragen sahen. -^) Ausserdem fanden
sich die Mittel zu einem beitipielloseu Aufwände. Die Trag-en,
auf welchen Beute, Statuen und die Gemälde der eroberten Städte
zur Schau gestellt wurden, und die übrigen Geräihschaflen be-
standen bei den einzelneu Triumphen aus verschiedenen Stoffen.
Für den gallischen wählte Cäsar Citronenholz,"') für den ägyp-
tischen Schildkrötenschale, mit welcher man das Material beklei-
dete;^') für den pontischen Acanthns, '^) und für den africaui-
schen endlich Elfenbein. ^ ') Bei dem ersten erinnerten die Ab-
bildung Massiliens '*) und die Statuen des Rheins, der Rhone
und eine goldene des gefesselten Oceans an die Feldziige in Gal-
lien, Germanien und Britannien; ^^) die schönste Zierde war
aber in den Augen der Menge der edle Aryerner Vercingetorir,
seit dem J. 52 Cäsars Gefangener; er w^urde nach der Feier ge-
tödtet. '°) Als jener sich in der Gegend befand, welche das
Velabrum hiess , brach neben dem Fortuna - Tempel des Lncnl-
lus^') die Achse des ^Vagens, und er musste einen andern be-
steigen.^') Auf dem Capitolin kroch er, wie später der Kaiser
Claudius bei einer ähnlichen Gelegenheit, auf den Knien über
die Stufen des Jiipiter - Tempels. ^ ^) Der ägyptische Triumph
war, ^vie die übrigen, gleichsam nur Nebenwerk ; er erhielt aber
dadurch einen besondern Reiz, dass sich unter den Gefangenen
eine Fürstinn zeigte, Arsinoe, die Schwester der Cleopatra, ^*)
23) App. 2, 491. Snelon. S4. Vellej. 2, 56 berechnet die Beule an
Gelde überhanpt, den spanischen Krieg mit eingeschlossen, anf 600 lUil-
lionen Sestertien. 24) Ohne Grund hat man bei Vellej. 2, 56 ex cedro
lesen woHen. 25) Vellej. 1. c. PUn. 9, 13 (II). Flor. 4, 2. j. 88
nennt datiir nicht Holz \ooi Lorhcerbanme ; altera laurns ist der zweite
Triumph. 26) Vellej. 1. c. n. das. die Ausleger in ed. Krause. Plin.
13, 19 (9). 24, 66 (12). Voss zn Virg. Georg. 2, 119. 27) VeUej. 1. c.
>gl. Sueton. 37. 28; Cic. 8 Phil. 6. de off, 2, 8. 29) Flor. 4, 2.
5. 88. 30) Oben §. 32. A. 60. §. 33. A. 95. Dio 40, 4l. 43, 19.
Plut. Caes. 27. VaiU. Iid. No. 14. Eckh. Vt. p. 6. 31) Dio 43, 21.
SO, 10 fragin. 81. S. Licinü Luculli No. 2. 32) Ders. 43, 21. l'lin.
2a, 4 (2). Sucfon. 37. 33) Dia 1. c. u. 60, 23. 34) Oheu §. 54.
A. 51.
614 XXI. lULlI. (31. §.60.)
obglelcb tue Römer sich nicLt zum ersten Male eines solchen
Schauspiels erfreuten, wie Dio behauptet,^') denn schon Pom-
peJHS hatten nach dem tnithridatischen Kriege bei seinen Auf-
zügen Fürstinnen in Fesseln begleitet. ^^) Arsinoe durfte sich
von Rom entfernen, und suchte Schutz im Tempel der Diana zn
Ephesus, wo ihre Schwester sie nach den Schlachten bei Philippi
ermorden liess. *') Als Sinnbilder des Krieges am Nil erblickte
man die Statue dieses Flusses,^*) und den flammenden Pharus,
nebst Po(hinus und Achillas , wie sie als Verrälher starben. ^ ")
Auch der dritte Triumph hatte sein Eigenthiimliches; er sollte
nicht Bewunderung, sondern Lachen erregen, zum Theil auf
Kosten der Wahrheit; Pharnaces erschien auf eiliger Flucht, und
vor dem Wagen des Imperator trug man eine Tafel mit der In-
schrift: ich kam, sah und siegte; eine Anspielung auf Pompejus,
welcher mit Mithridates d. Gr. jahrelang hatte kämpfen müssen,
lag nicht darin. *") Am Tage des Triumphs über Juba bemerkte
man dessen Sohn gleichen Namens und noch im Knabenalter. *')
Nichts, sagt Florus,*^) deutete auf Pharsalus und Thapsus, auf
Cäsars grö'sste und glänzendste Thaten, und auch bei Cicero,
welcher in seinen Philippiken wiederholt Gelegenheit fand, diese
Feste zu erwähnen,*^) ist nirgends die Rede davon, dass man
den Tod des Scipio, Petrejus, Cato und anderer Optimaten dar-
g'estellt, und nur mit Pompejus eine Ausnahme gemacht habe,
wie Appian berichtet; **) Rom sollte ihre Verbindung mit Bar-
baren im Kriege gegen das Vaterland verabscheuen, und den
Sieg über diese Barbaren als ein Glück betrachten, nicht aber
seine Mitbürger bluten sehen.
3S) 43, 19. Flor. 4, 2. §. 88 scJieint zu glanben, man habe das Bild
der Stadt Arsinoe ninhnrgelragen, welche hier gar nicht in Betracht kommt.
36) App. Mithr. 253 s. Pomp. IIIv. a. 61. 37) 1. Th 393. A. 71.
38) Flor. 1. c. vgl. Mus. Pio-CIem. 1. Taf. 38. Sandrart Acad 2. Hptth.
1 B. Taf. ii. 39) App. 2, 491. Oben §. 54. 40) Suet. 37. Flor.
4, 2. §. 89. App. 1. c. Oben §. 55. A. 95. 41) App. 1. c. Plut. Caes.
6&. -vgl. Snet. OctaT. 8. Kr trat später als Geschichtschreiber auf, und
heirathete Cleopatra , die Tochter der letzten Königinn TOn Aegypten -von
M. Antonius; Augustns entschädigte ihn in Africa für das Täterlicho Reich.
1. Th. S22. 42) I. e. 43) 8 Phil. 6. 14, 3. 44) 2, 491.
XXI. lULII. (31. §.61.) 6J5
§ 61.
(a. 46.) Bei dem TriampLal-ScLmanse ") nach der Feier
des Tierten Tages wurde das Volk an 22,000 Triclinien be-
•wirthei,**) und nicLt bloss im Ueberflusse, sondern aucL mit
dem Ko Ibarslen, selbst mit iNInräuen, welche zum Theil A. Hir-
(ias aus seinen Fischteiclien lieferte,") mit Falerner und C'hier
Wein.'*) Als es endlich den Dictator nach dessen AYolinung
beg:leilete, leuchteten ihm zu seiner nicht gering-en Ueberraschnng
40 Fackeln , welche von eben so vielen Elephanten gelragen
«Tirden ; diese furchtbaren Thiere bezeugten durch ihren Ge-
horsam Africas Unterwerfung, sie waren eiue bedeutungsvolle
Zugabe zu dem Triumph.") Man erwartete nun aber auch
Geschenke. Cäsar hatte im Anfange, des Bürgerkrieges jedem,
welcher berechtigt war, Getraide zu fordern, 75 Denare ver-
sprochen, *") er zahlte sie jetzt, und ausserdem 25 zur Ent-
schädigung fiir den Verzug. ' ' ) Auch vertheilte er an die Ein-
45) Coenae trinmphales. Plin. 9, 81 (55). vgl. Val. M. 2,8. f. 6.
46) Dio 43, 21. 22. Plnt. Caes. 55. LW. 115. Sneton. 38. Vellej. 2, 56
fasst die Xachrichten toii diesem Triumphe nnd dem spanischen des folgen-
den Jahrs zusammen, und spricht daher von einer epuli per mullos dietf
dati celebratio. S. unten {., 64. A. 71. 47) Plin. 1. c. Varro de re
rust. 3, 17. Macrob. Sat 2, II. In diesen Stellen ist überall statt C. Ilir-
rins A, Hirlius zu lesen , welches sich anch in mehreren Handschriften
findet. Iliriü No. 2. §. 2. A. 52. 48) Plin. 14, 17(15). 49) Kach
Sneton. 37 folgten sie Cäsar bei dem gallischen Triumphe auf das Capitol.
Wie viel Aufenthalt durch das Zerbrechen des Wagens entstehen mochte,
so bednrfie man doch im Jnni (oben f. 60 A. 9) kein künstliches Licht
bei dem Aufzuge, wohl aber spät am Abend nach dem Schmause, uud so
erzählt Dio 43, 22, gegen welchen Düker zu Flor. 2, 2. f. 10 Suetoo
veriheidigt , ohne Beweise zu geben. Auf diese Art Triumphe zu hallen,
war nicht gebräuchlich ; anch von Dnillius wird nicht gesagt , dass es bei
dem seinigen der Fall war, sondern nur, er habe die Feier dadurch gleich-
sam verlängert, dass er seitdem stets unter Fackelschein und Musik vom
Gastmahle in seine A\'ohnung zurückkehrte. Flor. 1. c und die von Düker
daselbst angeführten Stellen, vgl. 2. Th. 623. Sveton wirft der AVirkung
«regea oft Dinge zusammen , welche in verschiedene Jahre gehören , niid
noch vielmehr Ereignisse verschiedener Tage, ohne anch nur zu beachten,
da.ss die Elephanten bei dem nfricanisrhen Triumphe, dessen Apparat auch
aus Elfenbein bestand, schicklicher aufgetreten wären, als bei dem gal-
lischen 50) Oben [. 43. A. 87. 51) Dio 43, 21. ünet. 38:
400 Sesiert. = 100 Den. App. 2, 491 : eine Mine =: 100 Den.
616 XXI. lüLII. (31. 5.61.)
zelnen 10 ScLeffel Getraide und eben bo viele Pfund Oel, nnti
erlegte für die, welche in Rom nicht über 2000, und ausserhalb
der Stadt nicht über 500 Sestertien für die Wohnung' gaben, den
Miethzins eines Jahrs. '^) Jeder Krieger bekam 5000 Denare, **)
der Centurio dets Doppelte, und der Rriegstribun und Anführer
der Reuterei das Vierfache. ^*) Dann wurde den Veteranen
Acker angewiesen, und zwar so, dass ihre Güter nicht znsammen-
Liengen, weniger, weil man sonst Grundbesitzer hätte verdrängen
müssen, wie Sveton glaubt, als um die neuen zu trennen, und
Meutereien zu verhüten. '*) Die Soldaten waren ohnehin nicht
zufrieden ; sie glaubten , dass durch den grossen Aufwand bei
den Triumphen und den nachfolgenden Spielen ihnen Eintrag
geschehe, da das Geld, welches man dadurch verschwende, ihnen
entzogen sei; indess wusste Cäsar auch jetzt sein Ansehn zu
behaupten; er liess die Wortführer tödten. '^)
Eine Gelegenheit, den Untergang der Republik auch ferner
durch Freuden und Genüsse aller Art ins Vergessen zn bringen,
fand er demnächst in der Einweihung seines Marktes, Forum
Caesaris, und des Tempels der Venus Genetrix, der Steimmmutter
seines Geschlechtes. Schon im J. 54 versprach er zum Andenken
an seine Tochter Julia, welche in diesem Jahre starb, das Volk
zu bewirlhen, und Spiele zu geben. ^') Um dieselbe Zeit ver-
schafften ihm Oppius und die übrigen Freunde, an welche auch
Cicero auf seine Ditfe sich anschloss , durch den Ankauf von
Privathäusern eine Baustelle in der nachmaligen achten Region,
52) Snet. 1. c. Diö 42, 51 erzSblt diess irrig bei dem J. 47; er
rechnet übrigens euch als das Höchste 500 Den. = 2000 Sest. oder
S Minen. Oben §. 56. A. 67. Vgl. 1. Th. 400. A. 33. 2. Th. 568.
A. 8. 63) Dio 43, 21. App. 2, 491. Suet. 38, bei welchem die
Lesart nach den Angaben dieser beiden Gesehichcscbreiber festxnstellen isti
20,000 Sesl. = 5000 Den. oder 50 Minen. 54) App. 1. c. PlnU
Caes. 55. 55) Snet. 38. Tgl. App. 2, 512. Ancb diess ISisi Dio
42 , 54 im J. 47 geschehen , und die Ausleger des Sreton' sind ihm znm
Theil gefolgt; aber die Legionare, welche sich damals gegen CSsar auf-'
gelehnt hatten, schickte er nach Africa, wo er ihre Dienste bedurfte ; jetit
erst konnten die ältesten aosscheidcn, da Spanien ihn noch wenig be-
anruliigte, nnd dass im J. 46 Land gemessen wnrde, bestätigt Cicero ad
Fam. 9, 17. 56) l>io 43, 24. 57) Sneton. 26. Plut. Caes. 65,
Oben ?. 28. A. !2,
XXI. lULII. (31. §.61.) 617
(tetlich vom Fornm Romanuni bis znm Afriam Libertatis. Der Kosten-
Betrag fiir Grund und Boden allein stieg von 60 bis auf 100 Millionen
Sestertien. **) Auf diesem Platze legte er einen Markt an, wo man
nicht Handel treiben, sondern sich mit gerichtlichen und etnderen
öffentlichen Angelegenheiten beschäftigen sollte, da der alte zn
beschränkt war.'*) Diess diente aber nur zum Vorwande, und
wenn er allerdings die Absicht hatte, Pompejus, welcher a. 55
sein Theater weihte, und Aemilius PauUns, den Erbaner der
Basilica, zn verdunkeln, so wollte er doch nicht seine Eitelkeit
befriedigen, sondern während der Feldziige in Gallien sich im
Andenken des Volks erhalten, und es nach und nach vom Be-
Bnche des römischen Blarkles entwöhnen, wo AUes an die Re-
publik erinnerte. Durch den Bürgerkrieg wurde das Werk eine
Zeitlang unterbrochen, dann aber gab ihm Cäsar eine noch höhere
Bedeutung, denn er errichtete auf seinem Alarkte, welcher nun
als Vorplatz erschien, einen Tempel der Venus Genetrix, wie er
vor der Schlacht bei Pharsalus gelobt hatte. ^°) Markt und
Tempel weihte er am 25. und 26. September, obgleich das Bild
der Göttinn von Arcesilaus, dem Freunde des L. Lucullus, nocil
nicht vollendet war , und nur das ßlodell aufgestellt werden
konnte.^') Der Tempel, ein Denkmal des neuen Herrscher-
Geschlechts, wurde ein Heiligthum der Kunst; er nahm später
eine goldene Statne der Cleopatra auf, ■ welche neben Venus
stand, ^') sechs Dactjliotheken, ^^) mehrere Gemälde, unter an-
deren Ajax und Medea, vom Künstler Timoraachus aus Bjzanz
für 80 Talente erkauft,^*) und einen Brustharnisch von Perlen,
dessen Inschrift diese als britannische Beute bezeichnete. ^ ') Vor
dem Gebäude sah man Cäsars Lieblingspferd , von welchem
Schmeichler erzählten, es habe keinen Reuter zugelassen, als ihn,
58) Cic. ad Att. 4, 16. §. 9. Snet. 1, c. Plin. 16, 86 (44). 34, 10 (4).
35. 45 (12). 36, 24. §. 2. Ovid. Tris«. 3 eleg. 1. Dio 43, 22. Alex, ab
Alex. 2, 12. P. Vict. de iirb. reg. Oben §. 28 fin. 59) App. 2, 492.
Unten §. 63. A. 69. 60) Plin. 35, 45 (12). App. 2, 492. 3, 544
n. luLü £inl. A. 30. J. SO fin. 61) Calend. Capranic, n. Pincian. in
Verr. Flaec Fast. p. 113. ed. Fogä'. Dio 43, 22. App. 2, 492. Plin.
85, 45 (12). 62) App. I. c. Dio 51, 22. C3) Plin. 37, 5 (!)•
64) Plin. 7, 39 (38). 37, 40. J. 30. 65) Ders. 9, 57 (35). Soün.
33 Gn.
618 XXI. lULII. (31. §.61.)
mit seinen selfsam gestalteten Vorderfüssen abgebildet. 8*) Oft
verweilte der Dictator in den Vorhallen, und nicht bloss, weil
diess seine Schöpfung war. *') Auch Aiiguslus verzierte den
Tempel, **) und veranstaltete Spiele zu Ehren der Venus als
Erbe Cäsars, und scheinbar erbittert durch die Unthätigkeit des
Collegium, welches dieser zu dem Ende gestiftet hatte.*')
Der Einweihung folgten Spiele aller Art,'") bei welchen
Julia den Namen Lerlieh, ' ' ) Da es noch an einem Amphi-
theater fehlte, so errichtete man auf dem Forum einen Schauplatz
▼on Brettern und Balken, welcher mit Sitzen umgeben, und nebst
der heiligen Strasse bis zu Cäsars Wohnung") mit Tüchern
von kostbarem Stoffe bedeckt war, wodurch man die Zuschauer
vor den Sonnenstrahlen schützte.'^) Gegen die Thiere im Circus
Maximus sicherte sie ein Wassergraben, Euripus. ") Dieser
wurde später zu Naumachien gebraucht, Jetzt aber zur Darstellung
von Seegefechten ein Platz auf dem kleinern Campus Codetanus
auf dem westlichen Ufer der Tiber vertieft und Wasser hinein-
geleitet. ' ') Für die Athleten erbaute man ein Stadium am
Marsfelde. ' ^) Den Vorbereitungen entsprach die Menschen-
Masse, welche aus Italien herbeiströmte; Mehrere wurden im
Gedränge erdrückt, unter anderen zwei Senatoren, und die We-
nigsten kamen nahe genug, um zu sehen. '^'') Auf dem Forum
ßomanum traten Gladiatoren auf, mit deren Abrichtung auf Cäsars
Bitte kriegskundige Ritler und selbst Senatoren sich beschäftigt
hatten, ") und im Stadium drei Tage hindurch Athleten; '"') aber
1
66) Sueton. 61. Flin. 8, 64 (42). Solin. 45. §. 10. Dio 37, 54.
67) Dio 44, 8. 68) Plin. 35, 10(4). 1. Th. 127. A. 48. 69) l.Th.
125. A. 40 f. 127. A. 47. 70) Omnis generis speclacula. Liv. 115.
Tgl. Plin. 7, 26 (25). B. Hisp. 1. Dio 43, 22 — 24. Pliit. Caes. 55.
App. 2, 491. 492. Zon 10, 10. Sie wurden nach dem spanischen Kriege
a. 45 erneuert. Suet. 39 u. A''ellej. 2, 56 stellen das Verwandte zusam-
men, ohne die Zeiten zu unterscheiden. Dadurch ist Moris. Cenot. Pis. irre
geführt, welcher Alles, was Snet. 1. c. erzählt, auf das J. 46 bezieht.
71) Dio n. PlDt. U. cc. Oben §. 57. 72) Suet. 46. Alex, ah Alex.
2, 18. 73) Plin. 19, 6 (1). Dio 43, 24. 74) Plin. 8, 7. 36, 24
(15). §. I. Snet. 39. 75) Dio 43, 23. Suet. 39. 44. Yellej. 2, 56.
Plul. Caes. 55. 76) Sueton. 1. c. 76li) Ders. 1. e. Deshalb liess
a. 45 Cäsar in mehreren Gegenden der Stadt scenische Spiele geben. Unten
§. 64. A. 72. 77) Dio 43, 23. Suet. 26. 39. 78) Suet. 39.
XXL lULII. (31. §.61.) 619
am meisten ergötzten die Seegefechte, nnd im erweiterten Circns
Tiinf Tage lang die Jagden, bei welcben 400 Löwen erscLie-
nen, '^) und zum ersten Male eine Giraffe, '") und Reuter auch
wilde Stiere erlegten, den Römern ein eben so neues Schan-
spiel ; *') ferne- die Wettrennen zu Wagen und zu Pferde, nnd
endlich die Darstellung einer Schlacht durch 500 Älann zu Fuss,
300 Reu(er und 20 Elephanten auf jeder Seite. *") Der Ernst
verwandelte sich in Scherz; das Scheinbild des Krieges sollte
dazu beitragen , dass die gaffende Menge dessen Zweck vergass,
über den Festgeber den Herrscher; durch das Blendwerk selbst
wurde das Bestehende untergraben, und die Grossen, welche
überall am Volksthümlichen und an der Sitte der Vorzeit am
wenigsten festhalten, Vorrechte und Vorurtheile ausgenommeii,
huldigten dem Dictator durch ihre Mitwirkung. Dieser wollte
die Rang- Verhältnisse und Ehrenämter der Republik verächtlich
machen, aber er übereilte sich nie; er untersagte jetzt noch
Fulvius Setinns und anderen Älitgliedern des Senats, sich unter
die Gladiatoren zu mischen, ihren Söhnen nnd den Rittern wurde
es gestattet,*^) sie zeiglen ihre Behendigkeit nicht bloss dem
Herkommen gemäss, bei den trojanischen Spielen,**) sondern
auch bei den Weltrennen und im Zvs'eikampf. * ^) Es bedarf der
Bemerkung nicht, dass bei einer solchen Mannigfaltigkeit der
Spiele die scenischen nicht fehlten.
Raum hatte Cäsar der Menge diese Opfer gebracht, als er
sie beschränkte. Seine Hauptstadt sollte nicht der Sammelplatz
eines besitzlosen , meuterischen Gesindels bleiben , welches sich
aus ganz Italien einfand, um an den monatlichen, seit P. Clodius
nnentgeldlichen Getraide- Spenden Theil zu nehmen.*^) Er ver-
schaffte sich durch die Eigenthiimer der Häuser, in welchen die
Unterstützten gegen einen Miethzins wohnten, eine genaue Reunt-
niss von deren Namen , Geburtsort und Habe ; ihre Zahl belief
sich auf 320,000; 170,000 wurden ausgeschlossen, 150,000 blieben
79) Plin. 8, 20 (16). 80) Dio 43, 23, Plin. 8, 27 (18).
81) Füll. 8, 70 (45). Vgl. Suet. Claud. 21. Dio 61, 9. 82) Snef. 39.
VeUej, 2, 56. Dio 43, 22. App. 2, 491 fin. 83) Dio 43, 23. Im
folgeadea Jalire anch dea Seoatoren. Unteo §. 64. A. 73 f. 84) Dio
I. c. Snet. 39. Vgl. PluUrch. Cafo m. 3. Dio 51, 22. Virg. Aen. 5, 545.
85) Dio o. Suot, U. CG. 86) 2. Th. 238. A. 98.
620 XXI. lULII. (31. §.61.)
übrig', und unter diesen Bollte der Abgang Jährlich durdi andere
ersetzt werden, s') Dadurch sorgte er zugleich für den Schatz
und für Sicherheit und Ruhe. Einen ähnlichen Zweck hatte die
Verordnung, worin er alle nicht schon vor den Bürgerkriegen
Tom Staate anerkannten Zünfte aufhob. ^ *) Sie dienten Ehr-
geizigen und Missvergniigten oft zum Werkzeuge und Vereinignngs-
punkt; deshalb war schon a. 68 gegen sie verfügt; 'ä) P. Clodins
Latte aber zehn Jahr später als V.Tribun viele hergestellt, um
mit ihrer Hülfe seine Entwürfe anszufüLren. '*<') Von jetzt an
sollten ohne Genehmigung und Aufsicht der Regierung gar keine
Versammlungen Statt finden ; den Juden wurden sie erlaubt, weil
sie dem Dictator auf seinen Felözügen im Osten Beistand geleistet
hatten.") Auch der Senat bedurfte einer Reinigung; aber die
unbefugten Mitglieder, welche man hätte ausweisen müssen, ver-
dankten Cäsar ihre Würde, ^°) und als praefectus nioribus konnte
er jetzt ihre Zahl vermelu'en, Ansprüchen auf Belohnung genügen.
87) So berichtet Snet. 41, aber er selbst hat missTerstanden , und er
ist missvcrstanden. Der Ausdruck receiisus (auch bei Liv. HS) beweis't,
dass nicht von eiuer Volkszählung die Rede ist, wie Plat. Caes. 55. Dio
43, 25 (43, 21 hat er das Richtige, er glaubt nur, die Einrichtung sei TOr
der letzten Getraide- Verlheilung gemacht; oben A. 52). App. 2, 492
II. Zonar. 10, lO behaupten, nicht von einem censns; nach den Mon. Ancyr.
lab. 2 in Chishnll Ant. Asiat, p. 173 -veranstallete diesen seit dem J. 70
V. Chr. oder seit Pompejus erstem Consnlat Anguslus zum ersten Male a. 28.
S. Ruald. Anim. 24 ad Plularch. u. 2. Th. 195. A. 96. 97. Sveton,
welchem ohnerachtet seiner eigenen Mittheilungen der Gedanke an den
census -vorschwebte, tadelt daher Cäsar mit Unrecht, dass er nee more nee
loco solito, sondern vicatim per dominos insularum die Kunde einzog, deren
er bedurfte; es war nicht anders möglich. Es ist dngegeu nicht seine
Schuld, dass Oudendorp und nach dessen Vorgange Ruhnk., Wolf und
Baumg. -Crus. in den Worten: ex viginti treceutisque millibus accipientium
fnimentnm e pnblico, ad centnm quinquaginta retraxit, den Sinn linden,
man habe 150,000 ansgestossen, und nur noch an 170,000 verlheilt; retraxit
wird durch Liv. ceiisa sunt civiuni capita centum quinquaginta millia hin-
länglich erklärt, und auch nach I'lutarch, welcher nur den Zweck des
Verfahrens mcht einsieht , war diess das Ergebniss. 88) Snet. 42.
Joseph. Ant. Jud. 14, 10 (17). §. 8. 89) 2. Th. 57. A. 83 J.
90) 2. Th. 240, wo sich das Niiliere über dio Ziinfle findet. 91) Jo-
seph. I. c. Ubcu C. ii. A. 37 u. 1, Th. 104. A. 71. 92) Oben J. £6.
A. 7C,
XXL lULII. (31.5. 61.) 621
iincl den Senat abLängig'er macLen. ") Das König'tLain war
noch im Werden; er sah sich daher zu manchen Einrichtung-en
veranlasst, welche den Staat zu erschüttern drohten, während sie
nur die Republik erschüttern sollten, oder eine Folge äusserer
Nölhigunj waren. Indess wendete er auch geeignete Heilmittel
an. Dahin gehört das Gesetz, welches die Gerichte ausschliess-
lich den Senatoren und Rittern übertrug, nnd die Beisitzer vom
Volke, die tribnni aerarü, ausscheiden liess, einer Pöbelherrschaft
za stenern. ^*)
Eine Hauptquelle vieler Uebel lag in dem übermässigen
Aufwände. Cäsar vei-pönte ihn. Macrobius^*) und Gellius ^*)
erwähnen andere Gesetze dieser Art, namentlich die Cornelia des
Dictator Sulla, ^') die Aeuiilia des M. Aemiliiis Lepidns Cos. 78,
die Autia des Antius Reslio, und schweigen von Cäsair; es folgt
nicht, wie Manutins will, ") dass es vor Octavian kein jullsches
gegeben, nnd der Dictator nach den Geschichtschreibern nur mit
Strenge über die Beobachtung eines altern gewacht habe. ^^)
Auch Cicero spricht in Briefen aus den Jahren 46 und 45 auf
das Bestimmteste von einem julischen, »01) und mit Znsätzen, welche
eine neue Verordnung, die Verordnung eines ihm verhasstenj dem
Staate aufgedrungenen Herrschers bezeichnen. ') Sie bezog sich auf
den Tisch, ^) auf Grabmäler und andere Bauten, *) auf Kleidung,
Hansgeräth und die übrigen Gegenstände des Luxus, und gieng
sehr ins Einzelne, ohne mehr Gehorsam zu finden, zumal da Cäsar
bald wieder in Spanien beschäftigt wurde, *) daher M. Antonius
a. 44 ^) nnd Augustus *') sie erneuerten und schärften. Dem
Proconsul frommte es, dass ein grosser Theil der verschuldeten
93) Oben §. 60. A. 87. Dio 43, 27. Tgl. 43, 47. Cic. ad Fam. 6, 18 in.
Snet. 41. 76. 80. 94) Dio 43, 25. Sneton. 41. Cic. 1 Phil. 8. Diess
Gesetz -rnirde a. 44 von M. Anlonhis aufgehoben. 1, Th. 115. A. 78.
Ueber die betreffenden älteren Tgl. 2. Th. 490. 491. 95) Sat. 2, 13.
96) 2 , 24. 97) 2. Th. 494. A. 75. 98) Im Comm. zn Cic. «d
Fam. 7, 26. 99) Dio 43, 25. Suelon. 43. 100) ad Att. 13, 7
n. die folg. A. 1) ad Fam. 9, 26.fin. : Epulamur nua noa modo non.
contra legem, s! nlla nnnc lex est, sed etiam inira legem, ad Att. 12, 35:
Nnnqnam mihi venil in mentcm, qno j>lns insnmptum in monnmentum esset,
qnam nescio qnid, qnod lege conceditur, tantnndem populo dandnm esse.
ad Att. 13, 6. {. I, 2) ad Fam. 9, 15. 26. 3) ad Att. 12, 35. 86,
4) Da». 13, 7. S) Macrob. h c. 6) GeO. I. c. Dio Si, 2.
622 XXI. lULn. (31. §.61.)
Nobililät in seine Lag'er kam; das Oberbaupt des Staats konnte
die Fortdauer der VerscL'wendiing' und des Wuchers nicht ■wün-
schen; aber die Hyder war, nicht ohne sein Zuthiin, auch fiir
ihn zu mächtig geworden, und er lebte nicht lange genug, am
sie niederzukämpfen.
Noch mehr als das vorige sind Cäsars Gesetze gegen Gewalt
nnd gegen Majestäts - Verbrechen angefochten, da nur Cicero, und
auch dieser nur in Einer Stelle sich über sie äussert, und ohne
den Urheber ausdrücklich zu nennen. ') M. Antonius trug a. 44
als Consul darauf an, dass die Prorocation an das Volk nach einer
Verurtheilung wegen jener Vergehen gestattet sein sollte; sie
war also bisher nntersagt, nnd nach dem Zusammenhange offenbar
durch Cäsar. Mit grosser Schlauheit bewirkte der Consul einen
Senatsbeschluss, in welchem die Einrichtungen und Gesetze seines
ermordeten Collegen bestätigt wurden; *) er verschaffte sich den
Besitz seiner Papiere, und erliess nun unter jenem Titel seine
eigenen Verordnungen, auch solche, welche den julischen wider-
sprachen nnd sie aufhoben. Um diesen Punct dreht sich die
ganze erste Philippica ; Cicero rügt die schaanilose Willkühr
seines Feindes, welcher den Namen und den schriftlichen Nach-
lass des Verstorbenen missbrauche, um unter dem Scheine der
grössten Ehrfurcht gegen ihn die von ihm gegründete Verfassung
zu untergraben. ^) Cäsars Verfügungen, sagt er, müssen be-
obachtet werden, nnd die wichtigsten sind die Gesetze; es ist
unerträglich, dass diese ihre Gültigkeit verlieren, das Gesetz über
die Provinzen, über die Gerichte.*") Der Redner hat es im
Vorigen so oft ausgesprochen , Antonius zerstöre , was Cäsar ge-
schaffen habe, dass er nun auch ohne einen neuen Zusatz der
Art bei den Worten , welche hier in Betracht kommen , nicht
mehr missverstanden zu werden fürchtet; die „beiden höchst
heilsamen Gesetze" gegen Gewalt und Blajestäts -Verbrechen,
deren Aufhebung er tadelt, sind julische, obgleich das Jahr, in
welchem sie von Cäsar während seiner Herrschaft gegeben wur-
den, sich nicht ermitteln lässt. Diess wird nun auch meistens
7) 1 Fbil. 9: Altera promnlgata lex est, nl et de vi et de malestate
damnati ad popnlum proTOcent , si Telint. Ilaec ntram taadem lex est , aa
legnin omajam dissolutio ? Vgl. 1. Th. 116. A. 89. 8) 1. Th. 94.
A. 87. 9) 1. Th. 195. A. 3S. 10) 1 FbU. 7. 8.
XXI. lULn. (31. §.61.) 623
eingeräumt; ' ') da man aber über den Inhalt der Gesetze bei
den classischen Schriftstellern keinen nähern Anfschhiss findet,
so kann man auch nicht mit Gewissheit darüber entscheiden, ob
das Alajesläts - Gesetz so viel aus dem cornelischen des Dictator
Sulla übernahm, dass es eine lex translatilia ex lege Cornelia
genannt werden darf. ") Das julische, von welchem in den
Pandecten und bei Paulus die Rede ist, kann in dieser Gestalt
nur Augnstus, nicht Cäsar angehören. ' ^)
Der Dictator hatte während seines langen Aufenthaltes in
Gallien zum Umsturz der römischen Verfassung die Kräfte ge-
sammelt; er wünschte nicht, dass seine Statthalter diess Beispiel
nachahmten, und verfügte daher in einem Gesetze über die Pro-
II) Abram. zn Cic. 1 Fliil. 9. Mannt, de leg. 50 b. 57 a. Sigon. de
indic. 2, 29. Heiiiecc. Ant. R. ed. Hanb. 4, 18. $. 49 u. besonders Dieck
Crim. R. der Rom. S. 90 f. Vgl. Hanbold Instit. inr. Rom. ed. Otto,
p. 175. A. i. 12) Perez Fraelect. in Cod. lust. 9. tit. ä n. Dieck
S. 89. 2. Tb. 487. 13) Digest, lib. 48. tit. 4. Paul. sent. recept.
lib. 5. tit. 29. Dieck unternimmt es a. a. O. zn beweisen , dass es nur
Eine I Inlia maiestatis gegeben habe, deren Urheber Cäsar sei. So gern
man ihm bei der sorgfältigen Untersuchung des schwierigen Gegenstandes
folgt, so können seine Gründe doch nicht befriedigen. Sveton übergeht in
dem Leben der Kaiser gar vieles, zum Theil wichtigeres, es ist daher nichts
darauf zn geben, dass er OctaT. 34 ein solches Gesetz des Augustns nicht
erwähnt. Dieser zog entschieden IXeues in das Majestäts- Gesetz, die Pas-
quille, wie der Vf. nach Suet. 55. Tacit. Ä. 1, 72 selbst bemerkt, und —
was viel mehr sagen will — durch ihn kam auch die Bestimmung binznt
qui iniussn Priucipis bellum gesserit , D. 48. tit. 4. 1. 3, oder nach Paulus
I. c : qui iuinssn Imperatoris bellum gesserit , u. das. im A'^origen : Cuius
ope consilio adversus Iraperatorem \el Renip. arma mota sunt , denn eine
solche Sprache war wohl nach der Schlacht bei Aclium aber nicht nach der
Schlacht bei Pharsalus erlaubt, ein Anderes ist ein Zugesländniss der
Schmeichelei, ( s. über den Imperator -Tiiel unten §. 64. A. 93) ein Titel
anf den Münzen, und eine öfTentüche Urkunde vom Herrscher selbst, worin
er unumwunden die Majestäts - Rechte für sich in Anspruch nimmt. Bei
so wesentlichen Veränderungen und Znsätzen erscheint also Augustns
Verordnung über die maiestas als ein neues Gesetz, mit welchem das Corpus
iuris und Panlus uns bekannt machen ; wie viel er ans der altern lulia
entnommen hat, wissen wir nicht. Die Compilationen im Corp. lur. sind
zu unvollständig, als dass ihr Schweigen in Betreff der Schmähschriften
gegen den Kaiser, welche Angnstus verpönte, beweisen könnte, die in ihnen
aufbehaltene lex lulia sei Cäsars Werk,
624 ' XXI. lULn. (31. §.61.)
Tinzen, ctass niemand prätoriscLe länger als ein JaLr, und con-
sidarische läng'er als zwei verwalten sollte. ' ') Nach seinem
Tode Hess M. Antonius durch Tribüne eine Rogation an das
Volk bringen, welche eine sechsjährige Verwaltung der Con-
sular- Provinzen gestattete. '*)
Den Grossen missßel die Beschränkung ihrer Erndte-Zeit,
noch weit mehr aber die Verbesserung des Calenders, welche
Cäsar jetzt als Oberpontif ' ^) unter der Mitwirkung des alexan-
drinischen Mathematikers Sosigenes ' ') und des Schreibers M. Fla-
Tius ") unternahm. ") Nicht bloss seine Priesterwürde, sondern
auch seine eigenen astronomischen Kenntnisse gaben ihm den
Beruf, der Verwirrung abzuhelfen , welche weniger der Un-
wissenheit als der Willkühr der Pontifen zuzuschreiben war, da
sie zu Gunsten dei" Statthalter und Pächter in den Provinzen oder
aus andern Gründen und auch gegen Bezahlung mehr oder we-
niger Tage einschalteten, und dadurch das Jahr verlängerten oder
verkürzten. ^°) Die Feste wurden uach dem Calender in Mo-
naten gefeiert, welchen sie nach dem Zwecke ihrer Stiftung nicht
angehören konnten,, und noch mehr gerieih jener mit der Natur
in Widerspruch , da seine Jahrszeiteu nicht zu den Geschäften
des Land- und Weiubaus stimmten. So hatte Cäsar eine zwie-
fache Aufgabe; er mussle bewirken, dass der Anfang des Jahrs
sich wieder dem Winter- Solstitium näherte, und durch eine
Schaltregel neue Verirrungen abwenden. Der Anfang des Jahrs
war fast um drei Monate zurückgewichen, vom Januar auf den
14) Dio 43, 25, Cic. I Phil. 8. 10. 2, 41 (42). S, 3. 8, 9.
15) 1. Th. H7. A. 93. 253. A. 29. Ueber das julische Gesetz gegen
Erpressnngeii Tora J. 59 , mit -welcliem dieses oft , z. B. im iad. leg. von
Ernesii verwechselt ist, vgl. oben §. 14. A. 40 ii. 47. 16) Dio 43, 26.
Censor. de d. nat. 20. 17) PUn. 18, 57 (25). vgl. 2, 6 (8). Plut.
Caes. 59. 18) Maciob. sat. 1, 14. 19) Nicht später Angnstns,
Solin. 1. §. 34. 45. 48. Amm. Marc. 26, 1. §. 13; dieser machte nni
Cäsars Schaltregel wieder geltend, als man von ihr abgewichen war. Snet.
Oet. 31. Macrob. 1. c. — Einige Bemerkungen über diese Reform finden
hier nur deshalb ihre Stelle, weil sie in der Geschichte des grossen Römers
nicht fehlen dürfen; dio trefllichen Werke von Ideler überheben mich einer
weitern Ausfiihinng. S. dessen Ilistor. Untersnchungen 8. 361 n, das
Uanilbuch der Chronologie 2, 117 f. 20) Cic. de leg. 2, 12. Dio
40, 62, atacrob. t. o. Soeton. 40.
XXI. lULÜ. (31. §.61.) 623
Oclober. - ') Daher verläng'erfe der Dicfalor das J. 46 anf 445
Tag-e; er g-ab ihm dadurch 15 Monate, dass er ausser dem Blerre-
douius von 23 Tagten, ■welcher im Februar eing;eschallet wurde,
zwei ausserordentliche Schallmonate tou 67 Tagen zwischen dem
November und December einschob ; so rückte er den ersten
Januar des J. 45 in die Zeit der brnma. '*) Damit er sich
nicht wieder von ihr entfernte, ordnete Cäsar das Jahr nach der
Sonne; er fügte zu dem angeblich von Kuuia eingeführten Mond-
jahre von 355 Tagen, welches durch Einschaltung die Lauge
des Sonnenjahrs halte erhalten sollen, und folglich ein gebundenes
■war, 10 Tage hinzu. Diese vertheilte er unter 7 IMonate, so
dass der Januar, .Sextil (August) nnd December, bisher zn 29
Tagen gerechnet, zwei mehr erhielten, und der April, Juni,
September und November, welche auch nur 29 hatten, einen,
ond zwar am Ende, damit die Feste nicht verschoben wurden.
Dem Februar blieben 28 Tage, und den übrigen Blonalen 31.'*)
Da nun aber Cäsar sein Jahr als den vierten Theil der ägyp-
tischen Hundssternperiode von 1461 Jahren zu 365 ^ Tagen be-
rechnete,") so sollte jedes vierte ein Schalljahr von 366 sein,
und den Schalltag zwischen dem 23. und 24. Februar, All und
VI Calend. Marl, erhalten, der AT Cal. Mart. jedoch, um die
gewöhnliche Zählung von den Idus ab nicht zu stören, auch
ferner so, und der Schalttag bissextum oder dies bissextus heissen.
Blan bediente sich dieser Jahrform, welche nicht von den Alexan-
drinern entlehnt war, w ie Einige unter den Alten behaupten, * *)
Tom 1. Januar 45 — 709 a. n. Das tropische Sonnenjahr ist
indess 11 Alinuten 12 Secunden kürzer, als ihr Urheber ctnnahui,
deshalb veranlasste Gregor 13 im sechszehnten Jahrhunderte eine
neue Reform.
Durch nützliche Einrichtungen konnte Cäsar die Anhänger
21) Vgl. oben §. 51. A. 4. §. 52. A. S. J. 54. A. 56. 22) Dio,
Plut. 11. CO. App. 2, 526. .Sneton. 1. c. Liican. 10, 185. Ovid. Fast.
3, 155. Auf einer Münze des Aemilins Bnca bezieht sicli vielleicht das
Bild des znnehmenden Mondes anf diese Reform. Vaill. Aemil. 48. Morell.
thes. Caes. Tab. 1. No. 25. 23) Macrob. n. Censor. 11. cc. 24) Dio
43, 26. 25) Ders. 1. c. App. 2, 526. Macrob. 1, 14 n. 16 fio. Sie
nahmen sie nnter Augnslus von den Römern an. S. Idelcr Uandbooh 1, 161.
170. 171.
Druniann, Cescliiclite Roms III. 40
626 XXI. lULII. (31. §.61.)
des Alten nicLt mit seiner Regierung' versöhnen; er sollte nicht
regiere«. Wie die Griechen die Gaben ihrer Tyrannen ver-
schmähten, so erkannte man in Rom in der Verbesserang des
Calenders und in jeder andern nicht die Wohlthat, sondern nnr
den Zwang. ' ^) Es erregte Bewunderung, dass ein Einzelner
das Ruder hielt, in der Verwaltung Senat und Volk vertrat,
Beschlüsse mit willkiihrlich hinzugefügten Namen von Senatoren,
auch mit Ciceros Namen, bekannt machte, während er allein in»
Rathe gesessen hatte, ^ ') dass er in der kurzen Zeit, welche ihm
zwischen den Feldzügen übrig blieb, dem ganzen ionem Leben
des grossen Reiclies eine andre Richtung gab: aber Einer sollte
nicht Alles leiten.^*) Obgleich er das Verworrenste mit Leichtig-
keit lös'te, so waren der Geschäfte doch sehr viele, daher man
nicht zu jeder Stunde, nicht ohne gewisse Förmlichkeiten sich
ihm nähern durfte, und nur, wenn er öffentlich erschien, in der
Curie uud auf dem Markte, jeder freien Zutritt hatte. Die Um-
stände brachten es mit sich, man erkannte aber darin den wer-
denden Hof. Es verletzte insbesondre Cicero, dass er sich an
das Gefolge wenden musste, an Männer, über welche er sich
hoch erhaben fühlte, um zn dem Gebieter durchzudringen, nud
im Vorzimmer sich unter der Menge verlor. '^ ')
Grössere Demüthigungen erwarteten ihn und andere Opli-
maten nach der Ankunft der Cleopatra; auch die Consniare, 5>die
26) Cicero erwiederle auf die Bemerkung , morgen gehe die Leyer
anf: ja, auf Befehl. Plnl. Caes. 59. 27) Cicero erliielt Ton Königen,
welche er nicht dem Namen nach kannte, Danksagnngs- Schreiten, Tveil
Cäsar in einem ihnen günstigen Senats- Beschlüsse bemerken Uess, dieser
sei nach seinem Gutachten abgefasst, ad Farn. 9, 15. 28) Cic. ad
Film. 4, 9 : Omnia delala ad unum sunt. Is ntitnr consilio, ne snornm qui-
dem, sed sno. 29) ad Farn. 6, 13 : Magnis occu])atioiiibiis eins, a qno
omnia peluiilur, ndilns ad cum didiciliores fnernnt. Das. 6, 14: <Jnnm —
»enisseni mane ad Caesarem, atqae omnem adenndi et conveniendi illius in-
dignitaiem et molestiam pertnlissem etc. Das. 4, 7fin.: ins adenndi neu ha-
bemus. Man sagte ihm später , Cäsar habe goünssert : Ego dubiteni , qnin
sammo in odio sim, qnum M. Cicero sedeat, nee sno commodo nie convenire
possit? alqtii si qnisquam est facilis, hie est: tarnen non diibiio, quin ino
male oderil. nd Att. 14, 1 «. das. 14, 2: Ego nunc tarn sim stultus, nl
hnnc ijisnm facilem liominem pnlem mihi esso amicnm, qunm tarn ilin sedens
mcum cominodum exspeclcl;'
XXI. lULIL (31. §.61.) C27
Ersten des Staats" mussten den Stolz der Köni^Inn ertragen.
Man hat geläognet, dass sie je in Rom gewesen sei, diess ist
aber durch die besliinmtesten Zeugnisse verbürgt.'") Ihr Bruder
Ptolemäas d. Jiiugere, ein Kind, und viele Andere begleiteten
sie; ") da sie sich angeblich nm ein Biindniss mit den Römern
bewerben wollte, so wagte sie es mit Gepränge aufzutreten.
Sie wohnte iu Cäsars Garten Jenseits der Tiber, '^) erhielt eine
Statue im Tempel der Venus Genelrix, '') und wurde mit ihrem
Bruder unter die Freunde und Bundesgenossen des römischen
Volks aufgenommen. ' ') Der Ehebruch galt kaum mehr fiir ein
Verbrechen; auch Calpurnia vergab ihrem Gemahl, dennoch sank
dieser in der öffentlichen Bleinung, weil Cleopatra nicht als ab-
hängige Fürstinn, sondern als Königinn von Rom erschien. Sie
wollte nm jeden Preis glänzen und herrschen, und kannte selbst
die Zurückhaltung nicht, welche die Klugheit gebot; nicht in ihr
lag die ürsach, dass Cäsar dem Schicksale des Antonius enfgieng.
Man ehrte sie unter geheimen Verwünschungen, und noch mehr
hasste man den Buhler. Ihr Plan, ihn nach dem Oslen zu füh-
ren, und dort gänzlich zu verstricken, wurde dadurch begünstigt,
dass er die Parther bekriegen wollte; sie hoffte als seine Ge-
mahlinn mit ihm zurückzukehren, zumal da sie ihm nach ihrer
Behauptung bereits einen Sohn , Cäsarion, geboren hatte. ^')
Man weiss, dass der V.Tribun Helvius Cinna nach dem Tode
des Dictator erklärte, er besitze den Entwurf zu einem Gesetze,
welches jenem mehrere Frauen zn haben gestalte , damit es ihm
nicht an Erben fehle, und in seiner Abwesenheit habe bestätigt
werden sollen.'*) Auch davon abgesehen zürnten Manche der
Aegyptierinn , an deren Küsten Pompejus erschlagen war, oder
sie glaubten, daas ohne sie ihr Land eine römische Provinz sein
werde; Andere wurden dnrcli ihren Uebermuth beleidigt, ins-
besondre Cicero. Er fürchtete Proscriptionen und blieb deshalb
30) Scaliger ia der A. zn Enseb. Chron. No. 1972 Vfird durch Dio
43, 27. Sueton. 52 und besonders durch Cicpros Briefe Vfiderlegt ; s. unten.
31) Dio 1. c. Oben $. 54. A. 50. Hieronym. nns Euseb. Chron. Ol. 184,4.
32) Cic. ad An. 15, 15. Dio 1. c. 33) A. 62. 34) Dio 1. c.
85) Propert. 3, 9. v. 31 : Coningü obscoeni pretinm Romnna poposcit moe-
niA, et addicios in sna regna patres. Flor. 4, II. <'j. 2. Dio 50, 5 fin.
86) Soelon. 52. Dio 44, 7. Vgl. 1. Th. 100. A. 80. 104. A. 66.
. 40*
(528 XXI. lüLII. (31. §.62.)
mit den eiDflnssreicLsfen Cäsarianern in Vcrbintlung' ; es ist dalier
selir walirsclioinlicli, dass er sich Cleopatra zuerst iiälierle, welclie
ihm aucii mit mehr Achtuii»- begegnet sein würde, wenn sie den
ausgezeichneten Mann geschätzt und gesucht halte. Seine Bitte,
ihm einige Handschriften aus der alexandrinischeii Bibliolhek und
ägyptische Kunstwerke zukommen zu lassen, soMte offenbar nur
auf eine seiner würdige Art den Verkehr mit ihr einleiten; '^)
sie Terspracli, seinen Wunsch zu erfüllen, und Ammonius in
ihrem Gefolge wollte sie daran erinnern. Ihn erbitterte nicht
ihre Nachlässigkeit, sondern der stolze Empfang an ihrem orien-
talischen Hofe vor den Thoren von Rom; ^') sogar ihr Diener
Sara behandelte ihn schnöde, und in seiner eigenen Wohnung. '^)
Ihre Hoffnungen wurden durch den Feldzug in Spanien und
durch die Ermordung ihres Gönners vereitelt. Sie vei-weil(e
noch einige Wochen nach seinem Tode vor der Stadt, um bei
dem Erben des Reichs, wer es auch sein möge, ihre Rolle fort-
zuspielen ; da aber neue, auch für sie bedenkliche Verwicklungen
entstanden, fand sie es ralhsam, sich schnell zu entfernen. *")
§ 62.
a. 46 und 45. Die Feste iu Rom verhüllten den blutigen
Hintergrund mit seinen Gräbern ; sie verkündigten , dass der
Kampf zwischen dem Allen «nd Neuen geendigt sei, und der
Friede war doch auch vielen Missvergnügten willkommen, der
Herrscher nicht ganz zu verdammen, welcher mit Spielen und
nicht wie Marius und Sulla begann. Er selbst glaubte sich am
Ziele ; die Gährung in einigen Provinzen beunruhigte ihn nicht.
In Syrien wurde sein Statthalter von dem Porapejaner Cäciliiis
ßassus verdrängt, und dieser ergab sich erst nach dem Tode des
Dictator an dessen Mörder C. Cassius. * ') Decimus Brutus sliUle
37) tpiXöXoya ad An. 15, 15 n. das. Monganlt A. 4. 38) Cic.
1. c. : Snperbiam ipsins reginae, qaum esset Irans Tilieriin in hortis, com-
memorare sine magno dolore non possum. 39) Ders. 1. c. 40) Ci-
cero schreibt ad Alt. 14, 8 am 15. April 44: Reginne fnga mihi non
niolesta. Tgl. 14, 20. J. I. IS, 15. 17. Demnach irrt Sueton. 52 in der
Nachricht, Cäsar habe sie mit grossen Geschenken entlassen. 41) 2. Th.
126. Hier J. 55. A. 79. §. 56 fia.
XXI. lULII. (31. §.02.) 621)
einen Aufsland der Bellovaken im jenseitig'en Gallieu. *') Dies»
waren theilweise Be^Yeg:^lDg■en oLne elue höLere Bedeutung ;
liefer im Westen aber wurde das Feuer des Bürg-erkriegs vou
neuem angefacLt. Cäsar hatte im J. 49 das jenseitige Spanien
i}. Cassius anvertraut, eine iingliicklicLe A^ ahl; sein Proprätor _
luacLle ihn durch üärle und Kaubsucht verhasst. Er befehligle
nur zwei italische Legionen; zwei übernahm er von BI. Varro,
dem Legalen des Pompejus, und eine fünfte errichtete er in der
gemisshandelten Provinz. Daher war der grössere Theii der
bewaffneten Jlaclit wenig geneigt, ihn gegen die Eingebornea
zu unterstützen; es entstanden Verschwörungen, und auch die
Ponipejaner im Heere lehnten sich gegen ihn auf, *^) Am Ende
des J. 47 kam sein Nachfolger G. Trebonius, und man gehorchte
ihm eine Zeitlaug, aber nur zum Schein. **) Unterjochte pflegen
von einem Wechsel der Herrschaft Erleichterung zu hoffen j
einige Häuptlinge der Provincialen halten schon früher mit Scipi«
nnd Calo in Africa unterhandelt, und diese entsendeten Cn. Pom-
pejus, den älteren Sohn des ehemaligen Triumvir, mit einem
kleinen Geschwader, die Cäsariauer zu Terlreiben. *') Sein
Käme w'ar seine Empfehlung; man kannte jenen in Spanien seit
dem Kriege des Sertorius; er verbürgte Feindschaft mit Cäsar,
uud, wie man glaubte, g;ro8se Feldherrngaben;**) aber nicht
für Pompejus wollte mau kämpfen , nicht aus Liebe zu seinem
Geschleclite. Er verliess Ulica im J. 47 ") mit 30 Schilfen und
etwa 2000 Blann , Freien und Sclaven , welche zum Theil keine
Waffen hallen. Nach einem vergeblichen Angriffe auf Ascurum,
eine Stadt des Bogud in Älauritauien, ■• *) besetzte er ohne Schwerdt-
Bchlag die balearischen Inseln, und nach langem Widerstände
42) Liv. 114. Oben f. 56 fin. vgl. §. 20. A. 20. 43) 2. Th.
ISä. Hier § 45 fin. §. 58 fin. 44) Dio 43, 29. B. Alex. 64. ü.
Hispan. 7. Ueber den Vf. dieser Schrift Tgl. Hirtii Ko. 2. 5- 2 ßn. Cic.
ad Fam. IS, 21. 45) Die 1. c. B. Afric. 22. 46) Vellej. 2, 54:
Muscjnani erat Ponipeius corpore^ adhnc ubiqne vivebat nomine. 55: Bellom
Hisp.nuiense — Cn. Ponipeius, uiagui filiiis — eonflaverat ; undique ad
eam adbnc paterni nominis rangnitudiuem sequentiuiu ex tota orbe terramni
auxiliis confluentibas. Dio 43 , 30. 47) Vor dem afric. Kriege , diess
lehrt die Geschichte seiner Unternehmnngen. Vgl. Liv. 113. Flntarcb.
Cato m. 59 n. Dio 42, 56, und über die unrichtigen Zeitangaben oben
§. 57. A. 49. 48; Vgl. oben §. 58. A. 67.
630 XXI. lULII. (31. §.62.)
auch Ebusus, elue der Pitynsen. (Ivi^a.) Dann riiLfe er, weil
er mit eig'euen Rriiften nichts vermochte, and die Anhänger iu
Spanien sich noch nicht regten.*')
Das Heer suchte einen Anführer und der Anführer ein
Heer. Als aber Cäsar im J. 46 in Africa siegte und auf der
Rückkehr nach Rom eine Flotte unter dem Leg:aten C. Didius
von der sardinischen Rüste nach dem Westen abg'ehen Hess, '")
mochten die Legionen, welche sich durch die Meuterei gegen
Cassins strafbar gemacht halten, nicht länger zögern; sie nöthiglen
Trebonias, sich zu entfernen, und die Ritter Titiis Quintius Sca-
pula, der Haapturheber des Aufstandes,") und Q, Apouius
übernahmen den Oberbefehl, und riefen ganz ßaetica zu den
Waffen.'^) Nun landete Pompejus; die Truppen wählten ihn
inm Feldherrn und ihre Zahl vermehrte sich schnell, da viele
Städte im jenseitigen Spanien für ihn rüsteten. '^) Man be-
rechnete in Italien seine Macht anf 11 Legionen; '*) sie stieg
aber bald auf 13,*') zum Theil freilich raubsüchtiges Gesindel
ohne Kjriegszucht, welches er durch Versprechungen herbeilockte.
Auch kamen angesehene Flüchtlinge aus Africa mit Schiffen und
Mannschaft, sein Bruder Sextus, Attius Varus und T. Labienus, * *)
nebst Arabio, dessen Gebiet Cäsar an Andere vergeben hatte.")
Bei Pharsalus zeigte sich ein geheimer Kampf zwischen den
Interessen der Pompejer und der Aristocratie, welcher dem ge-
meinschaftlichen Gegner den Sieg erleichterte ; in Africa wurden
die Pompejer von der Aristocratie nur noch geduldet, und der
Gedanke, sie werden nach einem glücklichen Feldznge von neaem
49) B. Afr. 23. Dia 43 , 29. Daher war man in Rom lange ohne
Aachiichlen von ihm. Cic. ad Att. 12, 2. 50) Dio 43, 14. 17. Vgl.
B. Hisp. 37. 40. Oben §. 59 fin. 51) B. Uisp. 33. Cic ad Fam.
9, 13. Unten A. 24. 52) Dio 43, 29. 30. App. 2, 482 lässt Scapnla
mit Labienns von Corcyra kommen. 53) Dio 43, 30, B, Ilisp. I,
Plnf, Caes. 56. App. 2, 492. Vellej. 2, 55. Nicol. Dnraasc. Exe. Vales,
481. ed. Orell. p. 101. 64) Cic. ad Fam. 6, 18. vgl. 6, 4. 55) B.
Hisp. 7, 30. UnJen A. 98. 56) Dio 43, 30. App. 2, 482. Oros. 6, 16,
Tgl. B. Ilisp. 3 n. hier J. 59. A. 53. 57) Oben §. 59. A. 57. Dio
nennt 43, 36 anch die Sohne des Bocchus, er ist aber ohne Zweifel im
Irrthome, da jener Cäsar gegen Scipio nnterstützt halte nnd belohnt war.
Oben 1. c. Bognd, der andre maoriianische König, focht iu SJ^anieu gegea
Pompejos. Dio 43, 38.
XXI. lULll. (31.5.62.) (>ai
ilas UebergewicLl erhallen, irng dazu bei, dass mnn den üllem
entfernte. Nach dem Tode des Sclpio, Cafo, Afruüing «ind Pe-
trejus tauchten sie wieder anf ; die freudige , zuversichtliche
Hoffnung der frühem Zeiten hatte sie verlassen, aber «luch die
Verzweiflung stärkt; den Oce»' im Bücken und den Feind im
Augesichte blieb ihnen keine Wahl, nur auf dem Capitol gab es
für sie noch Sicherheit, und die Kachgier schärfte ihre Waffen.
Die für unvergänglich gehaltenen Lorbeeren des Vaters waren
zerrissen, er selbst war gefallen, und sein Vermögen eingezogen ;
beschimpft, beraubt und geächtet fühlten sie eine Fieberglnth,
und wohin sie blickten, trat ihnen das Bild des Jammers ent-
gegen, reichte ihnen am Abgrunde ein trostloser Gefährte die
Hand. Für eine solche Rolle war Cn. Pompejus durch eine au
Wildheit gräuzeude Leidenschaftlichkeit von der Natur geweiht;
der Ernst des Vaters hatte sich als Härte, seine Kälte als Grausam-
keit auf ihn vererbt; durch die schweren und uuaufhöriicLen
Schläge des Schicksals wurde morden ihm zum Bedürfniss, in
seinem Wahlspruche Piefas, lag das Todesnrtheil für die Ab-
trünnigen und die C'äsarianer. '*) Auch diese zogen nicht in
gewöhnlicher Stimmung in den Kampf; schon in Africa hatte
Bicli ihnen unerwartet und unerwünscht die Blutarbeit verlän-
gert, *") sollte sie nie endigen? Der Soldat wollte ruhen, der
Dictator den Staat umschalfen, das Diadem um die Stirn binden,
den Euphrat und Tigris überschreiten, und man zwang ihn, von
neuem am Iberus zu fechten. Darum schienen beide Theile mit
frischen, ungeschwüchten Kräften aufzutreten, als sei diess der
Anfang, ^ ") schrecklicher als je zuvor war das Zusammentreffen, ^ ')
und Cicero, welcher stets der Meinung gewiesen war, dem Bürger-
kriege folge Sclaverei oder Tod , wer auch der Sieger sei, ^ ')
glaubte diess jetzt noch weit mehr;^^) auch C. Cassius schrieb
ihm: mit Besorgniss denke ich an die Zukunft; besser, aus
bleibt der alte und milde Gebieter, als dass wir es mit einem
neuen und grausamen versuchen; du weisst, wie albern dieser
58) S. nnten A. 2. Beis]>iele seiaer Härte erwähneu Cic. nd Fam.
6, 18. §. 2. B. Ilisp. 21. Tgl. Val. M. 9, 2. §. 4. 59) Oben §. 58 io.
60) (,>iiasi iion esset usqoain dimicatDiu , sie arina rursiis et partes. Flor.
4, 2. 5. 73. 61) Vellej. 2, 55. Flor. I. c. Eiitrop. 6, 24 (19). App.
2, 4',>2. 62) ad Fam. 4, 14 f. 1. 63) Das. 6, 3. 4. 21.
C32 XXI. lULlI. (31. §.62.)
Cn. ( Poinpejns) ist, dass er Grausamkeit für eine Tug'end hiilf,
und wir ihn immer verlacliten; icli fürchte, er -würde uns unsere
Neckereien nach seiner rohen Art mit dem Säbel zurückgeben.^'*)
Man kann sich daher nicht gleichgiilliger über den Untergang'
seiner Partei äussern , als Cicero nach der Schlacht bei IMunda .
Hirtius meldet mir, Sex. Pompejiis sei von Corduba nach dem
diesseitigen Spanien entflohen, auch Cneus sei enlilohen, icl»
weiss nicht wohin, auch kümmert es mich nicht, ^')
Durch seine Legaten in Spanien Q. Pedius und Q. Fabin»
Maximus wurde Cäsar von der wachsenden Macht der Feinde
imterrichtet, welcher sie nicht zu widerstehen vermochten, ^ '^)
obgleich C. Didius bei Carieja die Flotte des Atlius Varus be-
siegle. ^') Der ältere Pompejus belagerte Neu-Carlhago ohne
Erfolg, ^') er zog dann aber vor Ulla in Baetica, und hatte es
noch nicht genommen, als Cäsar Italien verliess. ^') Dieser war
a. 46 Cos. III mit M. Lepidus. ' ") Sein College hielt im Herbst
Comilien, ^voriii er für das nächste Jahr zum Cos. IV gewählt
wurde, und er allein.'') Gegen Ende des Jahrs trat er die
vierte Dictatur an, '-) oder wenn die erste vom J. 49 nicht mit-
zählt, weil er sie nur wenige Tage verwaltete, die dritte. ''■')
Die letzte Würde war ihm auf zehn Jahre übertrage«, '*) aber
die Consular- Comilien konnte er nicht umgehen; auch wählte
man für das J. 45 V. Tribüne und plebejische Aedilen, "') aber
64) ad Fam. IS, 19. 65) ad Alt. 12, 37. Vgl. olien f. 57.
A. 96. 66) B. Hisp. 2. Dio 43, 31. 67) Dio ). c. nennt die
Stadt Cranlia. Flor. 4, 2. }. 75. Kacli B. Hisp. 32 vrar Carieja 170,000
Schritte Toa Corduba entfernt. 68) Dio 43, 30. 69) Ders. 43, 31.
B. Hisp. 3. Ulla vsiid in dieser Beziehung auch Ton Slrabo 3, 141 er-
wähnt, und übrigens im B. Alex. 61 nnd auf den Blünzen, Eclth. 1, p. 32,
und in Insclirifleu, Gruter. p. 271. No. 1. 70) Oben {. 56. A. 50. 51.
§. 58. A. 76. 71) Fast. cap. Tab. CoUot. bei Pigb. 3, 458. Fast. Sic.
n. Cassiod. a. 708. Dio 43, 33. Flut. Cacs. 56. Zonar. 10, 10. App.
2, 492 lässt ihn als Cos. IV nach Spanien gehen, 72) B. Hisp. 2.
73) Aul ein ganzes Jalir übernahm er sie zum ersten Male im Sept. 48,
daher sind immer zwei Bezeichnungen für sie erforderlich, wenn man sie
mit seinen Consulaten zusammenstellt, nnd Snetons Behauptung 76: Dicta-
tura decrela cum consulatibns simul ist in joder Hinsicht falsch. Oben §. 53.
A. 46. }. 56. A. 50 f. 74) Oben §. 60. A. 87. 75) Unter diesen
namentlich L. Aelius Lamia. Cic. ad Att. 13, 45. Sueton. 76 sagt halb-
XXI. lULII. (31. §.62.) G33
keiue Quästoren, sondern diese ersetzten zwei der 6 oder 8
Sladtpräfecten, welche Cäsar ernannte und nebst Lepidus mit
der Leitung der öffenlliclien Angeleg-enLeiten beauftraj;te, "*) ob-
j;leich in der That Baibus und Oppiiis iu seiner Abwesenheit
regierten. ' ")
Am 23. .September 46 nach dem verbesserten Calender war
er noch in Rom. '*) Bald nachher entfernte er sich, und er
eilte nun, den Feind zu überraschen. Mit gewohnter Schnellig-
keit reis'te er Ton Rom bis Obiilco , 300 Stadien von Corduba,
in 27 Tagen, jjnd erreichte Pedius und Fabius, ehe noch die
Heuler zu ihm stiessen, welche sie ihm zu seiner Sicherheit ent-
gegen schicken sollten. ' ^) Schon war Ulia mehrere Monate
Ton Cn. Pompejus eingeschlossen; Blangel an Streitern und an
Unterhalt Hessen die Uebergabe f iirchlen , und die Einwohner
baten um Entsatz; es gelang in einer stürmischen Nacht sechs
Cohorten mit Reuterei unter einem der Gegend kundigen Führer
L. Junius Pdciecus hiuein zu werfen, diess genügte aber nicht.
Cäsar bedrohte daher Sex. Pompejus in Corduba am Baetis,
(Cordova am Guadalquivir) , um Cnens von Ulia zu entfernen;
die List wurde belohnt ; seine Reuter siegten vor den Thoren,
weil er geharnischtes Fussrolk unter sie Terlheilt hatte, und jener
erschien auf den Hülferuf seines Bruders. * ") Es gelang aber
dem Dictator nicht, welcher sich bereits auf dem rechten Ufer
des Flusses befand, ihn durch Terschanzungen von der Stadt
abzuschueideu oder eine Sehlacht zu erzwingen; er gieng daher
frahr: ita m medio tempore comitia nnlla babnerit, praeter tribnnornm et
aedJLinm plebis. 76) Dio 43, 28. 48. Suet. 76, wo die Lesart prae-
sente se entschiedeu falsch ist. Zu diesen Präfecten gehürtea C. Clovius
ond L. niniialias Plancus. Vaill. lul. Ao 22. 23. Morel!, thes. Cües. fab. 3.
no. 23. tab. 7. no. 9. 10. Eckh. 5. p. 173, 6. p. 7. Sie verlrateii nicht bloss die
Prätoren, (Suet. 1. c.) sondern alle höheren Magistrale. Ueber die Be-
zeicbnnng pr. auf den Münzen des Hirtins s. Hirtii No. 2. (. 1. A 10.
77j Cic. ad Fam. 6> 8 n. 18. 78) An diesem Tage sprach ihn Cicero,
a. d. V Cal. intercalares priores, ad Farn. 6, 14. Der erste ausscrordeut-
liehe Schaltmonat begann mit dem 27. Sept. 46. Ideler Plandb. d. Chron.
2, 122. Oben §. 61. A. 22. 79) Stiabo 3, 160. App. 2, 492. Dio
43, 32. Suet. 56 denkt sich ein näheres Ziel, und rechnet daher nnr
24 T.ige, Gros. 6, 16, wolü durch dio Schuld der Abschreiber, nur 17.
B. Hisp. 2. 80) B. Ilisp. 3, 4. Dio 43, 33 hat diess enCsleUi.
C34 XXI. lULII. (31. §.62.)
über deu Baetis zurück, und belagerte Alegiia, etwa 2000 ScLritte
vorrt Flusse Salsus; hier war viel Getraide aufgespeichert, dessen
er für den Winter bedurfte. Pomiiejus folgte mit Labienus'*')
und zersprengte, vom Nebel begünstigt, eine AbtLeilung der
feindlicLen Reuferei; auch soJiickfe er Munatius Flaccus als Be-
feLlsLaber in die Stadt. ^*) In der Hofhiung, Kälte und Hunger
■werden die Belagerer vertreiben, beobaclitete, er sie von einer
Höbe jenseits des Salsus zwischen Ategna und Ucubis; sein
Angriff auf eine alte, jetzt hergestellte, Feldschanze, das postu-
inische Lager, wurde abgesehlagen, da der Gegner die Seinigen
niit drei Legionen verstärkte. Älit den Beschwerden und Ent-
behrungen stieg bei den Cäsarianern die Erbitterung; sie tödfeten
nicht bloss Gefangene, wenn sie Ueberläufer in ihnen erkannten,
nnd Kundschafter, sondern verstümmelten auch Boten, welche
auf dem Wege von Corduba zu Pompejus ergrilftn wurden. ^^)
Auf der andern Seite liess Munatius Flaccus durch seine lusi-
tanische Bande viele Einwohner von Ategua erwürgen , und ihre
Körper von den Mauern hinahjverfen, weil er ein Einverständniss
mit dem Feinde entdeckte. ^') Pompejus missbilligte es; er
verlor dadurch das Vertrauen der Spanier, und Cäsar schreckten
weder seine Versuche, ihm durch Linien am Flusse das Wasser
zu entziehen, noch die Minen und die häufigen Ausfälle der
Belagerten, bei welchen sie Maschinen und Schanzen verbrannten.
Daher wurde die Besatzung endlich angewiesen , sich in einer
Nacht zu Pompejus durchzuschlagen, und zu dem Ende die Stadt
lind die Lagerhütlen anzuzünden, die Graben auszufüllen, und die
Verfolgenden durch absichtlich dargebotene Beute aufzuhalten;
sie musste sich aber nach einem hartnäckigen Kampfe zurück-
ziehen, und die Gefangenen büssten mit dem Leben. ^*) Es
erregte grosses Missvergnügen, dass Pompejus nichts unternahm,
und sogar ankündigte, er w^erJe sich entfernen, da er Ategua
nicht retten könne ; ein Krieger , welcher der Bleinung
war , nicht zur Flucht , sondern zur Sclilacht müsse man
das Zeichen geben, wurde getödtet. Sich selbst überlassen öff-
nete Munatius Flaccus die Thore am 19. Februar 45 unter der
81) B. H. 18 fio. 82) Dio I. c. Froulin. strat. 3, 14. §. I.
83) U. H. 12. 13. 84) Das. 15. 16. vgl. 13. Val. M. 9, i. §. 4.
85) U. II. le. Dio 43, 34.
XXI. lULII. (31. §.62.) 635
Bedingung persönllcLer Sicherheit; ^^) die Legionen begriissten
Ciisar als Imperator.*')
Der Gegner galt für überwunden, da ein wicLtiger Platz
vor seinen Augen gefallen -war; es vermehrte seinen Argwohn,
besonders gegen die Spanier; als er sich bei Ucnbis verschanzt
hatte, wurden 74 Einwohner hingerichtet.**) Cäsar lagerte ihm
gegenüber, und zog seine Linien, um den Fluss Salsus zu be-
herrschen, und ein nahe gelegenes Castell zu bedrohen, weil
diess zn einem allgemeinen Kampfe führen konnte. Stets aber
zeigten sich ihm nur Reuter und einige leichte Truppen in der
Ebene, wo auch Einzelne einander herausforderten, und durch
Moth und Gewandtheit Bewunderung erregten, •wie die Heldeo
vor Troja, ohne den Zustand der Dinge zu verändern. Pompejus
suchte durch Briefe die Meinung zu verbreiten , dass vielmehr
Cäsar sich ihm versage , und nur deshalb der Krieg noch nicht
geendigt sei. *') Aber der Wahn, welcher ihm anfangs einen
günstigen Empfang verschcifft hatte, -war schon grösstentheils ver-
schwunden ; man sah in ihm nicht mehr den Befreier, da er sich
fast nur durch Grausamkeiten bemerklich machte. Am 5. Alärz
brach er auf, um sich der Küsle zu nähern, weil er Blangel litt,
und im Süden williger onterstützt zu werden hoffte. Er zog
über Hlspalis ( Sevilla ) nach Alunda , und Cäsar blieb ihm zur
Seite. ^ ") Die Stadt , neben welcher er lagerte , war auf einer
Höhe erbaut und stark befestigt; sie gewährte ihm einen Rück-
halt und versorgte ihn ; diess sowohl als das sumpfige Wasser in
der Ebene, an deren Ende, etwa 5000 Schritte weit, das feind-
liche Lager stand, erleichterte es ihm, den Yertheidigungs- Krieg
fortzusetzen; es ist aber sehr wahrscheinlich, dass nicht nur die
Häuptlinge der Spanier, sondern auch Labienus und Allius Varus
zum Augriff trieben, und die Muthlosigkeit der ihm treu ergebenen
Prorincialen wie der Abfall der übrigen ihn selbst von der Noth-
wendigkeit überzeugten, ihnen zu folgen. ^ ' )
Am Morgen des 17, Märzes stellte er sein Heer in Schlacht-
ordnnug, und sogleich war auch Cäsar zum Kampfe entschlossen.
86) B. H. 19. 22. Dio 1. c. 87) B. H. 19. Vgl. hier {. SS.
A. 4 n. ;. 59. A. 20. 88) B. H. 20. 21. 89) Das. 26. 28.
90) Das. 27. 91) Dio i3, 3£.
636 XXI. lULlI. (31. §. 62.)
Man feierte an diesem Tage, dem scLrecklicLsfen im glänzen
Bürgerkriege,'^) in Rom die Liberalien, ein Freudenfest,^^)
und ein schöner Sonnen- Aufgang' am Leitern Himmel scliieu
mehr z« diesem als zum Blutverg;iessen einzuladen.'") Es ist
den Alten nicht entgang-en , dass im Leben ausgezeichneter
Blenschen die wichtigsten Ereignisse oft demselben Tage in ver-
schiedenen Jahren angehören; sie haben diess aber auch nach
falschen Voraussetzungen angenommen; bei der Behauptung, die
Liberalien seien der Anfang und das Ende des Krieges gewesen,
denn geuau vor vier Jahren habe Pompejus , der Vater , Rom
verlassen , übersah Plutarch das Abweichende iu dem allen und
neuen Calender; jener entfloh aus der Hauptstadt in der zweiten
Hälfte des Januar, der 17. Blärz fiel aber nicht mehr in diesen
Monat nach der wahren Zeit. ^*) Blan erhielt in Rom die
Nachricht von der Schlacht am 20. April, oder am Abende vor
den Parilien , welche nun auch dem Andenken an C'äsars Sieg
geweiht wurden. 8*) Die Meisten benennen diesen nach Munda,*')
wo Cäsar 80 Cohorten und 8000 Reuter, und Pompejus 13 Le-
gionen zählte ; zwei unter diesen waren von Trebonius abgefal-
len , eine bestand aus römischen Colonisten , eine vierte aus den
Trümmern des africanischen Heers, die übrigen bildeten spanische
Hülfstruppen oder entlaufene Sclaven und anderes Gesindel; die
Leichtbewaffneten und die Reuter waren weder so stark noch so
brauchbar als die feindlichen.^*) Cäsar stellte die zehnte Legion
92) Flor. 4,2. §. 74. 93) B. H. 31. Plnt. Caes. 56. Calend.
Farnes, in Verr. Flacc. Fast. ed. Foggin. p. 107. Ovid. Fast. 3, 713.
94) B. H. 29. 93) Flut. Caes. 56. Gros. 6, 16. Oben §. 41. A. 23.
96) Dio 43, 42. Vgl. Calend. MafTaeior. et Piaenest. in Verr. Flacc. Fast,
p, 108. Um so schmerilicher -war es Cicero, dass sein Neffe (Juintns im
folgenden Jalire an diesem Feste sich bekränzte, ad Alt. 14, 14. 97) B.
H. 27. Liv. 115. Snet. 56. Lncan. 1, 40. Plin. 3, 3 (1). 36, 29 (18).
Flor. 4, 2. §. 78. Entrop. 6, 24 (19). Gros. 6, 16. (A. Vict.) de vir. ill.
78. Flut. Caes. 56. Strabo 3, 141. 160. Sil. Ital. 3, 400. App. 2, 493
verwechselt den Ort mit Coidnba; Dio 43, 36 n Zonar. 10, 10 erwäh-
nen ihn nicht. In der in Spanien gefundenen Inschrift : Bellnm Caesaris
et patriae ex magna parte confcctnm , Sex, et Cn. Magni Pompeii filiis hie
in ngro Balestaniorum proüigatis, (Gniter p. 225 No. 2) ist ohne Zweifel
Bastetanorum zn lesen, der Naqie eines Kiistenvolks zwischen Calpo und
Cades. Strabo 3, 141. 98} B. U. 7. 30. Gbcu A. 51 u. 53.
XXI. lULII (31. §.62.) 637
auf den rechten Flii°:el , wie bei PLarsaliis und TLapsus,") die
drille und fiiiifle, diese mit dem Bilde des Elepbanlen auf ihren
Kriegszeichen, •<*") auf den linken, und die weniger zuverlässi-
i;en in die Älilte. Die Zeit erlaubte ihm nicht, eine Rede zu
Lallen; es liegt in der Sache, da er den Rami>f nicht erwartet
halte, und wurde auch von Asinius PoIIio, seinem GeHilirlen,
bezeugt. ') Zum Feldgeschrei wählte er, wie in Thessalien, Ve-
nus Victrix, und Pompejus, weil er als Rächer seines Vaters
auftrat, Pietas. ') Anfangs entfernten sich die Poinpejaner nicht
über tausend Schritte von der .Sladt, um den Schutz der jMauern
und die Vortheile des Bodens nicht zu verlieren, Cäsar sehr un-
gelegen, weil der Legionär am Abhänge nicht mit Erfolg fechten
nnd nicht von der Keuterei unterstützt werden konnte , und auch
der sumpfige Bach das A ordringen erschwerte ; als er deshalb
anhielt, wurden jene kühner, ohnehin voll Kampflust kamen sie
in die Ebene hinab. Der Soldat zog das .Schwerdt in der eigenen
Sache; er wollte weniger siegen als morden, nur der Anblick
des blutenden, erschlagenen Feindes befriedigte ihn: Nieder!
Keine Gnade! wurde sein Feldgeschrei, und das wildeste Hand-
gemenge begann.^) In trüber Stimmung übersah Cäsar das schreck-
liche Gemetzel; seine Veteranen schwankten, das Glück schien
ihn zu verlassen, nicht die Kunst und höhere Einsicht, sondern
nur die grössere Tapferkeit und Ausdauer zu entscheiden , ihm
blieb nichts übrig, als Toranzukämpfen.*) Er schickte sein Pferd,
zurück,') und stürzte sich mit entblösstem Kopfe, um erkannt
zu werden, und mit dem Zurufe: woUt ihr mich den Knaben
überliefern ? in die vordersten Reihen ; Viele sanken unter seinen
Streichen, aber auch ihm war der Tod nie näher gewesen, sein
Schild wurde von mehr als hundert Geschossen durchbohrt.'') Die
zehnte Legion überbot sich selbst; sie drängte den linken Flügel
99) B. H. 30. 31. Oben ?. 51. A, 20. §. 59. A. 8. 100) Oben
§. 59. A. 12. 1) Sueton. SS. Dio 43, 36 fin. 2. Th. 5. A. 36. Rlan
erdichtete eine Rede, auch eine andre, in welcher er nach der Schlacht
den Trnppen dankte. Suet. 1. c. 2) App. 2, 493. Oben J. 51. A. 33.'
3) Dio 43, 37. 4) Flor. 4, 2. §. 78. 79. Snel. 36. 5) Dio 1. c.
'Vellej. 2, 55. Flor. 4, 2. '. 82. Frontin. strat. 2, 8. S'. 13. Polyaen. 8,
23. §. 16. Vgl. Caes. 1, 25. Sueton. 60. 62. Plnt. Caes. 18. 6) App.
2, 493. 524.
639 XXI. lULH. (31. §.62.)
des Pompejns, aber dieser zog Verstärkung vom andern teran,
nnd auch durch einen Angriff der casarianischea Reuterei wurde
nur das GleicLgewicLt hergestellt. Schon neigte sich der Tag,
nnd die Schlacht stand;') der grösste Feldherr des Jahrhunderts
sollte den Sieg einem Zufalle, einem Fehler verdanken. Denn
ohne Befehl und zur Unzeit führte Bogud seine mauritanischea
Reuter von dem rechten Flügel in den Rücken des Pompejna
nach dessen Lager; Labienus hielt anf dem linken feindUchea
Flügel ; er bemerkte es , und liess fünf Cohorten zurückgehen ;
sogleich rief Cäsar: sie fliehen; sein Siegsgeschrei hallte in der
ganzen Linie wieder, der Pompejaner bemächtigte sich ein plötz-
licher Schrecken, sie wurden geschlagen, weil sie glaubten ge-
schlagen zu sein. ") 33,000 der Ihrigen bedeckten die Wahl-
statt ; die Bleisten erlagen, wie gewöhnlich in den Schlachten der
Alten, bei der Verfolgung; unter den Gefallenen waren auch
Labienus und Attins Varus, welche nicht wünschen konnten, den
Tag zu überleben; Cäsar gebot, sie zu begraben, als man ihm
ihre Köpfe überbrachte. Auch nahm man die dreizehn Adler
des Pompejus, und 17 der angesehensten Anführer wurden ge-
fangen. Auf der andern Seite zählte man nur 1000 Todte ond
500 Verwundete, doch ist diese Angabe ohne Zweifel zu ge-
ring. 8)
Die Flüchtlinge retteten sich nach Munda, nnd deren waren
die meisten, nach Corduba, Asta nnd nach andern Städten.'")
Durch einen Brief des Hirtius aus JVarbo vom 18. AprU erhielt
Cicero die Nachricht, dass auch Cn. Pompejus entkommen sei.' ')
Er ■war in der Schulter verwundet, und wurde nicht in Munda
gefangen,'^) sondern entfloh mit 150 Reutern nnd einigem Fuss-
volke in einer Sänfte 1400 Stadien weit nach Carteja,'^) einer
.Seestadt, wo seine Flotte vor Anker lag. Die Einwohner nah-
men ihn auf; als sie hörten, dass er geschlagen sei, stimmte ein
Theil für die Auslieferung, und schickte Gesandte zu Cäsar; An-
7) Ders. 2, 493. 8) Dio 43, 38. Flor. 4, 2. {. 83. 84. 9) B.
ir. 31. Veliej. 2, 55. Gros. 6, 16. App. 2, 493. 10) B. H. 32. 33.
36. Dio 43, 38. 11) a«l Alt. 12, 37. §. 5. 12) Plin. 3, 3 (1),
13; Sirabo 8, 141. Der Vf. iles B. Hisp. 32 rechae» 170,000 SchriMe TOn
Cordnlia bis zn dieser Stadt. Cic. ad Alt. 12, 44.
XXI. lULlI. (31. §.62.) C39
(lore niocliten dessen Gunst iiicLt nm einen goIcLen Preis erkau-
fen; die Parleien griffen zu den Waffen, und Poinpejus gieng
mit 20 ScLi/feu so eib'g; in See, dass er bei dem Kappen eines
Taus, in welches er »ich verwickelt hatte, am linken Fiisse ver-
letzt vs'urde, und sich nicht mit Wasser versorgte. Diess nölLigte
ihn zu Linden. Er war noch an der Küste , als Cäsars Legat
C Didius") nach einer Fahrt von vier Tagen mit einer Flotte
von Gades eintraf, und die Schiffe nahm oder verbrannte. Mit
einem kleinen Gefolge zog er in das Innere gegen Nordost, wo-
bei er den andern Fuss verrenkte. Caesennius Lento , später als
Freund des M. Antonius von Cicero auch wegen dieser That ge-
tadelt,") setzte ilim nach, erreichte ihn aber nicht eher, als bis
er schon in das tarraconensische Spanien, in die Gegend von
Lauron gekommen war,'^) obgleich er wegen seiner Wunden
weder reiten noch fahren konnte. Nach mehrci-en Gefechten ver-
barg' er sich in einem unwegsamen ^Yalde in einer Höhle ; er
durfte hoffen, hier nicht entdeckt zu werden; der Feind nahm
aber einige seiner Soldaten gefangen , und diese verriethen ihn ;
die übrigen leisteten hartnäckigen aber fruchtlosen Widerstand,
sie wurden grösstentheils mit ihrem Feldherrn erschlagen. Cäsar
erhielt dessen Kopf, und liess ihn am 12. April in Hispalis öf-
fentlich ausstellen , damit der Tod seines Gegners nicht zweifel-
haft blieb.")
Sextas Pompejus war weder in der Schlacht, noch starb er
in Spanien.") Erstand in Corduba,*^) wo ihm zuerst Vale-
rius mit zersprengten Reutern von Cäsars Siege Nachricht gab.
Ohne einen Angriff zu erwarten, entfernte er sich in der Nacht
14) Oben §. 59 fin. Hier A. 67. IS) 1. Th. 512. A. 38.
16) Flor. 4,2. J. 86. Bei dieser Stadt Latte sein Vater dntch Sprtorios
grossen Verlast erlitten. 17) Die Erzälilung im B. Ilisp. 32. 36 — 40
benrknndet ohnerachtet des verworrenen Vortrags nnd der barbarischeo
Sprache eine genaue Kenntniss der Ereignisse, und ist den znm Theil ab-
weichenden Berichten anderer Geschichlitcbreiber Torznziehen. App. 2, 493.
494. Dio 43, 40 nennt Caesennius, bei Flor. 4, 2. J. 86 Cesonius. Flut.
Caes. 56 lUsst irrig Didius den Kopf überbringen ; er verliess die Flotte
nicht. Unten A. 31. Strnbo 3, 141. Zonar. 10, 10. Cic. 12 Fhil, 9. Vel-
lej. 2, SS. Eutrop. 6, 24 (19). (A. Vict.) de vir. ill. 84 in. Oros. 6, 16.
18) Jenes behauptet (A. Vict.) de vir. ill. nnd dieses Oros. U. cc. Der
Letzte verwechselt ilie Brüder, 19) Hier A. 56 n. A. 80.
640 XXI. lULII. (31. §.62.)
nnfer dem Verwände, dass er zn dem Dictator reise, nm zn nn-
terLandeln. - ") Er gieng' aber über den Iberiis in das Land der
liacetaner, ^') und sammelte einen TLeil der Besieg-len, mit wel-
chen er sich eine Zeitlang als Freibeuter niihrte. ^^) Nach dem
Tode Cäsars, welcher ihn nicht beachtete, setzte er sich mit einer
bedeutenden Blacht in Sicilien fest ; hier behauptete er sich gegen
Octavian bis zum J. 36 ; im folgenden wurde er als Abenteurer
in Asien getödtet. '^)
Said nach seinem Abgange Ton Corduba erschien hier der
Ritter Quintius Scapula. Das Schwerdt hafte ihn bei ÜMnnda
verschont, da aber die Auflehnung der Legionen gegen Trebonins
vorzüglich sein Werk war, und die Blaiiern der Städte nach der
Miederlage des Heers keinen Schutz mehr gewährten , so liess er
sich auf einem Scheiterhaufen durchbohren und dann verbrennen,
um der Beschimpfung im Grabe zu entgehen. ' ') Cäsar lagerte
bereits in der Nähe; die Cordubenser baten ihn immer dringen-
der, sie zu retten, weil die Truppen, zum Theil ihre Sciaven,
welchen Sextus die Freiheit geschenkt hatte, zum AViderstaude
rüsteten, und endlich die Stadt anzündeten; um so leichter konn-
ten die Legionen eindringen, welche an 22,000 tödteten. ")
Auch die Einwohner von Hispalis schickten dem Dictator Ge-
sandte entgegen. Sie erhielten eine nicht zahlreiche Besatzung
imter dem Legaten C. Caninius Rebilus,-^) gegen welchen Philo,
ein Anhänger der Pompejer, insgeheim die Scbaar des Caecilius
Niger aus Lnsitanien herbeirief. Die Römer wurden überfallen
und vertrieben. Dennoch rückte Cäsar nicht näher; er wollte
verhüten, dass die Gewaltthätigkeiten sich wiederholten, welche
in Corduba verübt waren, und die Lusitaner in einen flinterhalt
locken; als sie die Stadt verliessen , um die Schiffe auf dem
Baetis zu verbrennen , wurden sie von den Reutern niederge-
macht. * ') Fast überall waren die Eingebornen bereit, dem Sie-
20) B. H. 32. 21) So DIo 45 , 10. n. FUn. 3, 4 '3). Bei Strabo
3, 161 mit Beziehnng anf Sextus: Jaccetaner. 22) Dio 1. c. App. 2,
494. 4, 637. S, 7ä3. Strabo 1. c. n. 141. Plnt. Caes. 56. Zonar. 10, 10.
Cic. ad Att. 12, 37. J. 5. Uv. 115. Flor. 4, 2. §. 87 u. 8. §. 2. 23) I.
Tli. 20. 459. 461 n. Pompeii. 24) Oben A. 51. B. H. 33. App. 2, 493.
25) B. H. 34. Dio 43, 39. 26) Oben §. 59. A. 21. 2. TIi. 108. A. 35.
27) B. H. 35. 36. Dio I. c. Tgl. ad Att. 12, 37. Hispalis wird später
XXI. lULH. (31. §.62.) 641
ger die TLore zu öffnen, ancL in Asta, Gades nnd Carfefa;'*)
gleicbwoLl mnssten sie zahlen, auch wenn er zur Belohnang- Ab-
gabefreiheit, grösseres Gebiet oder CoIonial-RecLfe verlieL;-')
in Gades beraubte er sogar den Tempel des Hercules. ^ °) Wäh-
rend er durch die Provinz zog' , vsTirde Cn. Pompejus erschlagen,
aber auch durch seine lusilanischen Krieger an C. Didins gerächt;
sie tödteten ihn, als er an das Land gegangen war, seine Schiffe
auszubessern.^') Am hartnäckigsten vertheidigten sich die Pom-
pejaner in Älunda. *^) Hier waren die meisten und die ent-
schlossensten zurückgeblieben. Dem Leg-aten O. Fabius Blaxi-
mus fehlte es bei der Belagerung an JMaterial; man errichtete
Wälle Ton den Leichen des Schlachtfeldes und heftete diese mit
Spiessen und Schwerdtern an einander.^ ^) Solche Gräuel würde
Cäsar nicht geduldet haben; Fabius vermochte die Krieger nicht
ZQ zügeln; durch den Kampf ermüdet und erbittert geiiethen sie
in Wulh, als er auch jetzt noch nicht endigte. In gleicher Stim-
mung sannen ihre Gegner auf Rache ; der schreckliche Anblick
empörte sie ; umringt und ohne Aussicht auf Entsatz meldeten
sie sich in grosser Anzahl als Ueberläufer , um bei einem Aus-
falle der Ihrigen im Lager zu sein, und mit ihnen die Feinde
zu erwürgen. Ihre Zeichen \^Tirden bemerkt, und sie starben;
die Belagerten, welche hervorbrachen, ohne diess zu ahnden,
überlieferten sich selbst; an 14,000 fielen mit den Walfeu in der
Hand, die übrigen wurden g-efangen. **) Von Blunda giengen
die Cäsarianer vor Ursao, eine stark befestigte Bergstadt, welche
in ihrer Umgebung kein Holz und Wasser hatte, und daher nur
nach grossen Anstrengungen erobert werden konnte. ^ ^)
nnter dem Namen Julia Romula als Colonie erwähnt. Isidor. Etjm. IS, 1.
Reines. Inscr. Class. 3. Mo. 26. Grnler 201. Mo. 6. OreU. Inscr. 2.
Ko. 3724. Nacli Isidor. 1. c. erhielt sie diese Rechte von Cäsar, und Dio
1. c. scheint es zu bestätigen. 28) B. H. 36. 29) Dio 43, 39.
Grnter. 225. Ko. 3. 30) Dio 1. c. Tgl. B. H. 39. 40. 42. 31) B.
H. 40. Dio 43, 40. 32) Mag der ältere Pompejus nach der Schlacht
durch die Stadt gegangen sein , so suchte er doch nicht hier , sondern in
Cartcja einen ZuBncbisort ; Fabric. zu Dio 43, 38 hat Strabo 3, 141 miss-
versianden. 33) B. 11. 32. Aal. Rl. 7, 6. {. 5. Flor. 4, 2. §. SS. Dio
43, 38. App. 2, 493 erzählt diess tou Corduba. 34) B. U. 41. Dio
43, 39. riiu. 3, 3. Gros. 6, 16 fin. 35) B. 11. 41. vgl, 28. Strabo
3, 141 : Urson. Plin. 3, 3 (1). App. Uisp. 263: Orson.
Druinann, (icschiclitc Roma III. 41
642 XXI. lULII. (31. §.63.)
Der Dictatoif berief die Angesehensten im jenseitigen Spa-
nien nach Hispalis, wohin er von Gades zurückkehrte.^*) Er
klagte über den Undank der Provincialen , -welchen er als Quä-
stor, Prätor und Consul Gutes erwiesen habe;") in ilirer Mitte
sei Q. Cassius, sein Statthalter, mörderisch angefallen;^') der
Sohn des Pompejus habe Aufnahme und Hülfe bei ihnen gefun-
den, der Tod so vieler Römer sei daher auch durch sie verschul-
det. Der Schluss seiner Rede ist zwar unbekannt,^*) man darf
aber voraussetzen, dass er hier wie in ähnUcben Fällen mit der
Ankündigung einer Geldstrafe endigte, und die Treuen belohnte.* °J 1
Zum Proprätor ernannte er C. Carrinas, den Vorgänger des Asi-
nius Pollio. * ')
§ 63.
(a. 45.) Seine Freunde in Rom fanden nicht Gelegenheit,
sich durch Muth und Hingebung zu bewähren; niemand beunru-
higte sie. Aeusserlich und dem Namen nach vertraten ihn M.
Lepidus als Magister Ecjuitum und die Stadtpräfecten ; ^ ' ) jener
berief den Senat, '^) und diese massten sich die Ehrenzeichen
der höchsten Magistrate an, deren Gewand, Lictoren und den
curulischen Sessel,**) aber nur Baibus und Oppius kannten und
vollzogen seinen Willen.*') Die Versteigerung der eingezogenen
Güter, welche er angeordnet hatte, dauerte fort, obgleich Cicero
scherzend ein Stocken befürchtete, weil P. Sulla, ein fleissiger
Käufer, jetzt starb.**) Da Cäsar, der einzige Consul, abwesend
war, so besorgten die Stadtpräfecte die Feier des Lateinerfestes,
welche gewöhnlich im Frühjahr erfolgte.*') Sie veranstalteten
36) Am 30. April schrieb er ans jener Stadt an Cicero, ad Att. 13, 20.
37) Nicht Alle Tfaren dieser Meinung. Sueton. 54. Hier §. 3. A. 31. §. 10.
A. 2S. 38) 2. Th. 156. 39) Im B. H. 42 h.it sich nur ein Bruch-
stück erhalten. 40) Dio 43, 39. rgl. Caes. B. C. 2, 21. n. hier
5. 45 fin. 41) App. 4, 637. 2. Th. 6. A. 42. 42) Dio 43, 48.
Hier 5, 62. A. 73 n. 76. 43) ad Att. 13 , 47. 44) Dio 1. c.
45) Oben §. 62. A. 77. 46) ad Fam. 9, 10. 15, 17. 19. 2. Th. 523.
A. 32 f. 47) Dio 1. c. Es Vfar nur Sitte, einen Prafect für die Zeit
zn ernennen, -wo die ConsiUn an diesem Feste sich auf den albanischen
Berg begaben, damit er in unTOrhergesehenen Fällen sie ersetzte. Dio 41,
14. Tacil, A. 6, 11.
XXI. lULlI. (31. §.63.) 643
auch im Juli (Owintil) die Apollinarspiele; *'') denn Präitoreii, zu
deren Befugnissen es g-ebode,'") Latle man für dieses Jalir noch
nicht gewählt."^) Die Aufsicht über die nieg;alesischen im April
verblieb den Aedilen. ") Bei den römischen im September'^)
holfle Cäsar selbst gegenwärtig; zn sein; er befahl dem AedU L.
Aeiius Laniia,'^) das Nö'thige vorzubereiten. ^*)
Ueber seinen Feldzug Terlautete nichts, bis entschieden war; * ')
die Vertrauten wussten zwar mehr, als die Gerüchte besagten,
aber auch sie konnten den Ausgang nicht verbürgen , weil man
sich auf dem entfernten Kriegsschauplätze eine lange Zeit das
Gleichgewicht hielt. Cicero und die anderen Missvergnü'gfen
forschten, nicht aus Theiluahme sondern aus Furcht ; nur die Bot-
schaft, dass sowohl Cäsar als die Pompejer gefallen seien, hätte
sie befriedigen können ; in ihrem Munde war es zweideutig, wenn
sie äusserten, man erzähle sich Unerfreuliches. ' '') Es befremdete
hei der gewohnten Kriegführung des Dictator , dass man nicht
sogleich von grossen Erfolgen hörte; seine Feinde waren also
stärker, als man geglaubt hatte; diess bestätigte sich.") Je we-
niger man Gewisses halte, desto mehr wurde erdichtet, auch
nach der Schlacht bei Älunda; man versicherte, Pompejus habe
noch bedeutende Streitkräfte, der Krieg sei bei weitem nicht
geendigt,'^) und Cauinius Rebilus im Schiffbruche untergegan-
gen. *') Cäsar schrieb, er schickte aber keinen Bericht an den
Senat, w'eil er gegen Älilbürger gefochfen hatte. Als man am
20. April, am Vorabende der Parilien, seinen Sieg erfuhr, be-
schloss man, jenes Fest zum Andenken an das wichtige Ereig-
niss zu feiern, und dadurch zu bezeugen, dass der Staat gerettet,
non neuem gegründet sei. ^'') Der Bürgerkrieg kam demnach
48) Dio 43 , 48. Oben {. 1. A. 73 f. Nicht Asinins Pollio. 2. Th.
6. A. 37. 49) Cic. ad Att. 15, 26 28. ad Fam. 12, 2. Brut. 20.
1. Th. 141. A. 62. 50) S. unten {. 65. A. 57. 51) Dio 43, 48.
2. Th. 179. A. 41. LIt. 34, 54. 52) Oben 5. 4. A S7. 53) Oben
§. 62. A. 75. ad Att. 13, 45. ad Fam. II, 16. 17. 54) ad Att. i. g.
55) ad Fam. 6, I. 3. 4. 15, 18. 19. ad Att. 12, 23. 56) ad Fam. 15,
17. 5. 3. 57) ad Fam. 6, 18. §. 2. 9, 13. 58) ad Att. 12, 44.
59) Das. 12, 37 fin. n. 1. c. 60) Dio 43, 42. Oben §. 62. A. 96. Auf
Uhnliche Art schmeichelte man Caligula; man TvoUle den Tag, an ■welchem
er Kaiser geworden war , Parilien nennen , velut argumentum rnrsns condi-
41*
644 XXI. lüLn. (31. §.63.)
nicht In Betracht; Lepidns trug in der Curie auf ein Dankfest
an , und in diesem auf den Triumph ; es wurde bewiliigl , und
sollte 50 Tage dauern , länger als je. * ' ) Durch Cäsar hörten
die Römer auf, Republicaner zu sein, Knechte wurden sie durch
sich selbst ; er wollte sie nur zügeln , und sie beluden sich mit
Ketten; so erwünscht schien die Veränderung, dass sie sich in
den Staub warfen und ihn zu den Göttern erhoben, ehe noch
der Schlachtruf in Spanien verhallte; als er König zu sein be-
gehrte, erdolchten sie ihn. Kiemand wagte es, den Uebergang
zu der neuen Ordnung auf eine würdige Art zu Termitteln ; IM.
Brutus kam in dieser Zeit aus dem cisalpinischen Gallien zurück,
warum schwieg er? Dm-ch den versteckten Aufall in der Lob-
schrlft auf Cato besserte er nichts. Warum verweilte Cassins
müssig in Brundusium? ^-) Sah der Eine das Grab der Repu-
blik nicht eher, bis es mit dem Diadem bezeichnet wurde, oder
freute sich der Andere der Selbstvernichtung , so lange sie ihn
persönlich hoffen Hess? Sie waren Begnadigte, ohne Befugniss^
sich einzumischen — dann waren sie noch viel weniger am fünf-
zehnten März dazu befugt.
Im vorigen Jahre wurde Cäsar fiir einen Halbgott erklärt,^ ^)
jetzt gieng man weiter; seine Statue von Elfenbein sollte bei
den circensischen Spielen mit den Bildern der Götter auf einem
Prachtwagen aufgeführt werden.*''') Eine andre Statue des Dicla-
ior mit der Inschrift: dem unüberwindlichen Gotte, wurde für
den Tempel des Ouirinus bestimmt, um ihn auch dadurch als den
"-weiten Gründer der Stadt zu ehren. ^ ') Er hatte das Reich
tae OTbis. Snet Calig. 16. Nicht so ■willkühilicli Terfnhr man jetzt; es
ist aber 'wahrscheinlich , das3 Batbus und Oppins ihre Nachrichten absicht-
lich zn dieser Zeit bekannt machten ; alle Feinde -waren nun überwunden,
die Monarchie befeitigt, eine neue Aera begann. 61) Dio 43, 42.
Vgl. hier J. 60. A. 84. 62) Cic. ad Farn. 15, 17 ün. 2. Th. 122.
A. 49. 63) Oben §. 60. A. 92. 64) Dio 43 , 45. 44 , 6. Sueton. 76.
Heber den Wagen, tensa; Tgl. Dionys. 11. 7, 72. Cic. ad Att. 13, 28:
Tu hnnc de pompa. Das. 13, 44: Acerba pompa. Doch wünschte Cicero,
welcher anf dem Lande war, durch Atücus täglich Nachricht von den Spie-
len zn erhallen, das. 13, 37. §. 4; er tadelte es nicht, dass dessen Tochter
sie sah, das. 13, 44 und dankte ihm, dass er sich nicht dadurch abhalten
liess, ihm zu schreiben. Das. 13, 43. 65) Dio 43, 45. Snelon. 1. c.
Valer. M. 1, 6, §. 13. Flor. 4, 2. J. 91. Zonar. 10, 12. Cicero spottete
XXI. lULU. (31. §.63.) 645
«lurch die Eroberung von Gallien und Nomidien vergrösserf, znm
Zeichen der Anerkennung wurde er ermäcLrigt, das Pomoerinm
lloms ''*) zu erweitern,"') wie einst Sulla; *^) ancL war scLon
die Kede davon, die Tiber werde von der mulvischen Brücke
an eine andre RicLtiing erlialten , das Marsfeld dann innerhalb
des Pomoerium liegen und das Volk sich auf dem vaticanischen
versammeln. ^^) Aber [Mancher erwartete ohnerachtet dieser Hul-
digungen noch immer ein Strafgericht, besonders Cicero. Er ver-
lebte den grössten Theil des Jahrs auf dem Lande, „nm die Cä-
sarianer nicht zu sehen, deren Anblick ihm unerträglich war," ' ")
und auch von Publilia, seiner zweiten Geaiahliun und von deren
Verwandten getrennt zu sein;'') fern Stehende sollten die Ur-
sach nur in dem Schmerze über den Verlust seiner Tochter Tnllia
suchen. Am längsten verweilte er zu Astura und zu Tusculum ;
seine Reisen nach Arpinum und nach Rom waren von kurzer
Dauer; gegen Ende des Jahrs hielt er sich einige Zeit in Pnteoli
auf, dann kehrte er nach der Hauptstadt zurück. In der Einsam-
keit beschäftigte er sich mit Lesen und Schreiben, nicht ohne
vielfache Bemühung des Atlicus, welcher für die fehlenden Bü-
cher sorgte, in der Geschichte AufscLIuss gab, die Zweifel über
die Personen lös'te, welche in den academisthen Untersuchungen
das Wort führen sollten und über die Zueignung des Werks,
über Qnirios Tempelgenossen, und über den nenen Nachbar des Alticas,'
•welcher anf dem Onirinal wolinte. ad Ajt. 12, 45. 47. 13, 28. Ans ad
Att. 4, 1 erkliirl sich der billeie Scherz, das. 12, 43: besser, er ist Mit-
beTVohner des <^niiin, als der Salus, deren Tempel in derselben Gegend
lag. 66) LiT. 1, 44. Gell. 13, 44. DionTS. H. 4, 16. 67; Dio
43, SO. 44, 49. Cic. ad Att. 13, 33. 13, 20. 35. 36. Es war Cicero
auch deshalb unangenehm, wie sich aus diesen Stellen ergiebt, weil er
znm Denkjnal für seine kürzlich verstorbene Tochter den Gai-ten des Sca-
pula bei der Stadt kaufen wollte. 68) 2. Th. 473. A. 8. Gell. 1. c.
Hahebat ins proferendi pomoerii , qni popnlnm R. agro de hostibns capto
auxerat. Tacit. A. 12, 23 spricht in dieser Beziehung nnr von Sulla und
Augnstus, (Tgl. Dio 55, 6.) als habe Cäsar -von dem ihm gegebeneu Rechte
keinen Gehrauch gemacht ; sein Tod Tereitelte die Ausführung auch \ieler
anderer Entwürfe; Snet. 44. Plut. Caes. 58. Dass ein atheniensischer Geo-
meter mit den Messungen beauftragt wurde, erhellt aus ad Alt. 13, 35. 36.
69) ad Att. 13, 33. §. 5. Also ein anderes Fornm (oben §. 61. A. 59.)
und ein anderes Marsfeld. 70) ad Att. 12, 21. §. 5. 71) Das.
12, 32.
646 XXI. lULII. (31. §.63.)
die Arbeiten abschreiben liess und verbreitete, und daneben in
gleich endlosen Berathungen die Errichtung' eines glänzenden
Denkmals für Tullia, die Herbeischaifung der Geldmittel und die
Verhältnisse zu Cäsar besprach. Nur diese kommen hier in Be-
tracht. Cäsar blieb sich gleich ; er schickte Cicero nach dem
Tode seiner Tochter am 30. April ein Troslschreiben aus His-
palis,'^) und erwiederte die Schrift, in -vrelcher er Cato, den
Uticeoser, pries, nur mit einer andern, rühmte seine Darstel-
lung, und versicherte von ilim gelernt zu haben, '^) obgleich
es ihm missfallen mnsste, dass die Stütze der Republik, der Trä-
ger des Alten, gerade jetzt, und jetzt schon von mehrern Seiten
und übermässig gelobt, und selbst Porcia, Catos Schwester, von
Cicero in einem ähnlichen Werke gefeiert wurde. " *) .Schon
früher war diesem das Gestäudniss entlockt , der Dictator scheine
fi-eundlich gegen ihn gesiunt zu sein,'') die fortwährenden Be-
weise seines Wohlwollens mussten ihn noch mehr davon über-
zeugen, zumal da auch Baibus, Oppius'*) und Hirtius ") ihm
mit grosser Achtung und Theilnahme entgegenkamen. Gleich-
wohl fürchtete er. In den Briefen an A. Torquatus, Toranios
und an andere Verbannte sprach er mit Uebertreibung von der
Gefahr, in welcher er sich selbst befinde, um sie zu trösten;
es zeigte sich ihm keine Rettung', wer auch siegen möge, nichts
beruhigte ihn, als der Gedanke, dass der Tod das Ende sei,"')
und in der Nähe sehen war schrecklicher, als in der Ferne hö-
ren. '^) Aber er glaubte in der That, man werde ihn und
seine ehemaligen Parteigenossen nach dem Kriege anfeinden,
die Rache sei nur verschoben. Blanches bestärkte ihn darin : M.
Antonius unterbrach die Reise nach Spanien , und kam plötzlich
zurück ; man kannte die Ursach nicht ; ■\'ielleicht überbrachte er
den Befehl zum Morden. '") Im Piräeus wurde M. MarceUus
72) Das. 13, 20. 22 fiu. 73) Das. 13, 46. 74) S. das Meitere
nntea §. 76. A. 49 f. 75) ad Fara 6, 10. 76) Das. 1 c. ad All.
12, 19. §. 4. 29. §. 3. 44, J. 4. 77) ad Atl. 12, 34 fiu. 37. §. 5.44.
78) ad Fara. 6, 3. 4. 21. vgl. 20. 79; Das. 6, 4: Acerbius est -ridere
quam andire. Tgl. 6, 1 in. AI Marcelliis suchte er zur Riickkelir aus dem
Exil in überredeu: qiiniu le\iora noa multo esseiit, quae audirentnr, quam
quae \iderentnr. Das. 4, 10. 80) ad Atl. 12, 18. §. 7. 19. §. 4. 20.
i. 1. 1. Th. 76. Ä. 65 f.
XXI. lULII. (31. §.63.) 647
nach seiner Begnadigen» getödtef; ein nnerhörles Verbrechen;
nur Cäsar konnte der Urheber sein; von diesem Wahne wurde
Cicero zwar bald geheilt , ^ ' ) er bedachte jedoch , dass auch Ale-
xander durch Schmeicheleien übermiilhig und grausam geworden
war,"') und eine gleiche Wirkung bei dem Dictator umso trau-
rigere Folgen für ihn haben mnssle, da nicht nur sein Cato, ''^)
sondern auch die Verläumdungen seines Neffen Quintus in Spa-
nien **) ihn von neuem verdächtig gemacht hatten.
Furcht und Hass kämpften in ihm ; es war ihm BedürfnisS)
geinen Unwillen zu äussern, und die Umstände mahnten, ihn zu
verbergen , und in das Lob des Herrschers einzustimmen ; nor
seine Briefe an andere Blissvergniigte und an Atticus tragen das
Gepräge seines Innern. Es ist alles aus den Fugen, sagt er
darin, man fühlt sich nirgends wohl;**) auf Rom lastet ein
schimpfliches Sclavenjoch , *^) selbst das Wort ist unter dem Ban.
ne,^') alle Glieder des Staats sind gebrochen und gelähmt;*^)
nur, wer eine grosse Seelenstärke besitzt, vermag diess zu er-
tragen, ein Trost ist nicht denkbar.*^) Von Einem erwarten
Alle ihr Heil; Cicero darf nicht auf das Land entfliehen, um
Müsse zu finden; seine ViUen haben nur noch den Vorzug, dass
sie ihn vor dem Anbück' gewisser Slenschen be-w^ahren, ihn den
Zustand des Senats und der Gerichte vergessen lassen , und er
ungestört und unbeachtet um die Republik trauern kann. ^°)
Man rufe ihn nicht zu der gewohnten Beschäftigung zurück; nur
mit Mühe und aus Gefälligkeit gegen Freunde entschliesst er
sich, bei den Wahlen gegenwärtig zu sein, welche Cäsar wohl
ohnehin nicht auf dem Alarsfelde sondern auf dem Fenchelfelde
in Spanien halten ^v^rd. ' ' ) Seine Würde , sein Ansehn , die
Frucht grosser Anstrengungen, ist dahin; und nun hat er anch
seine Tochter verloren; einst fand er Trost in seinem Hause,
wenn das öffentliche Leben ihn betrübte, jetzt sucht er in die-
sem vergebens Ersatz für das häusliche Missgeschick;") ver-
81) ad Att. 13, 10. §. 1 n. 5. 2. Tli. 397. A. 95. 82) ad Ati.
13, 28. §. 2. 83) ad Farn. 7, 25: Vereor, ne in Catooiiuu Catoolnos.
Si) ad Att. 12, 38. § 2. 13, 9. n. besonders 13, 37. 85} ad Fam. 6, 1.
86) Das. 16, 18. 87) Das. 15, 16 &a. 88) Das. 5, 13. 89) Dax.
6, i. 90) Das. 6, 18. ad Att. 12, 21. §. 5. 28. §. 3. 91) ad Att.
12, 8. Unten § 64. A. 47. 92) ad Fam. 4, 6.
648 XXI. lULn. (31. §.63.)
wais't üb€rall, in einem Älter, wo er des LöcLsfen RoLms sich
erfreuen sollte, und sich zu leben scliämt, muss er seine ZuflucLt
zu den Wissenschaften nehmen; sie heilen seine Wunden nicht,
sie erinnern ihn an ein elendes Dasein , an ein erz^vung-enes
Schweig:en, an eine Zuriickg-ezo^enheit , worin er lies't und
schreibt, weil er nichts ist, nichts sein kann, weil ihm nichts
anderes übrig bleibt, s^) Wie ungereimt, wenn Brutus sagt, es
sei Cäsars Absicht, sich wieder an die Optimaten anzuschliessen,
sich also aufzuk.nii])fen ; er hat sie in die Unterwelt geschickt,'''')
und er ist selbst nicht frei, der Finch jedes Bürgerki-ieges trifft
auch ihn, der Sieger muss die Helfer schalten lassen.^')
So dachte Cicero; aber das Sclircckbild der suUanischen Zei-
ten machte ihn fügsam; es waren nnr Worte, wenn er der Ge-
fahren spottete, weil er dem natürlichen Ziele des Lebens nahe
sei , in einem Kriege , welcher Pompejus und so viele andere
grosse Älanner abgerufen hatte, kein besseres Leos begehrte.^ ^)
Auch jetzt trat Atticus vermittelnd ein ; er wusste , dass sein
Freund vor einem Schatten zitterte, und dass man Furcht und
Rummer am leichtesten verscheuchen werde , wenn es gelang,
ein stolzes SelbstgefülJ in ihm zu wecken; daher sein ßath, Cä-
sar ein A'\'^erk über die Verfassung zu widmen. ^ ') Darin lag
eine Anerkennung seiuer Verdienste und seiner Staatsweisheit,
eine ehrenvolle AulTorderung , der Republik zu nützen, und ein
Beweis, dass es auch jetzt noch möglich sei. Cicero gieng dar-
auf ein; er las die Schriften iüiulichen Inhalts, welche Aristo-
teles und Theopompus Alexander zugeeignet hatten,^') obgleich
er fühlte, dass auch unter dieser Form sich eine Huldigung ver-
berge , und Cäsars Gelehrigkeit ihm zweifelhaft war. ^ *) Bei
den Griechen fand er nichts; sie schrieben unter anderen Ver-
hältnissen, Aristoteles war der Lehrer des Königs gewesen , sein
Unternehmen konnte dagegen als Anmassnng erscheinen, anch in
dieser Hinsicht war es schwierig, es trug dazu bei, dass ihm die
93) Das. 5, 15. vgl. 13, 28. 31. §. 3. ad Alt.' 13, 10. 94) ad Alt.
13, 40. 93) ad Fam. 12, 18. 96) ad Fam. 6, 4. 97) Epislolam
ad Caesarem. ad Alt. 12, 40. §. 2. 49 lin. 13, 26. §. 3. 98) Das. 12,
40. §. 2. 13, 28. 99) Das. 12, 40. $. 2. 13, 27. §. 1: Quod enim
aliud argoineutam epistolae nostrae, nisi xolitxtct , iaiti •
XXI. lULII. (31. §.63.) G49
IVlicLte fast oLne ScLlaf verg-ien gen , doch wurde die Arbeit bald
b<endig't. Sollte man sie nun aber aucL abscliicken? Atticus
Latle auf den dornenvollen Wej gefiilirt, er miisste helfen; das
Sendschreiben 'svanderte zu ihm von Tnsculum nach Rom, und
er erklärte: es könne abgeben, es sei gut. '°°) So scheint es
mir auch, erwiederte Cicero, es ist nichts darin, -was Anstoss
geben konnte; doch bat er, es „den Anderen," Oi>pius und Bal-
bns, vorzulegen; wenn sie nicht völlig; tOuverstanden seien, so
müsse man es unterdrücken. Sie riethen niehreres zu ändern, die
Stelle insbesondre, welche den Krieg mit den Parthern empfahl;
— man konnte glauben, der Verfasser hoffe Cäsar wie Crassus
endigen zu sehen; auch knüpfte sich an den längst beschlossenen
Feldzug ein geheimer Plan , er sollte das Königthum ius Dasein
rufen, wenn andere IMittel nicht zum Ziele führten, und jetzt
nicht öffentlich mit dem Dicfator besprochen werden.') — Cicero
war verstimmt; er mochte den widerwärtigen und widerstreben-
den Stoff nicht umgestalten.') „Wozu sich nutzlos plagen ? Die
Absicht, Cäsar zu verpflichten, wird nicht erreicht; er könnte
glauben, die Gabe verdanke er seinem Siege, sie solle ihn mit
der Lobschrift auf Cato versöhnen; sie kommt zu spät. ^) Ihm
noch mehr zugestehen ? Es ist ihm in dem Schreiben nachgelas-
sen, — denn ohne Erlaubniss würde er es nicht wagen — in
Betreff des Partherkriegs nach eigenem Ermessen zu verfahren,
wenn der Rath ihm nicht gefalle. Blag- er das \ergs(e beschliessen,
Verbannung oder Tod; Cicero hat sein Theuerstes, seine Tnllia,
verloren, ihn schreckt nichts mehr;') er will in freier Untersu-
chung si'h ergehen, nidit vor sich selbst erröthen, so lange zu
leben und zu schreiben ihm vergönnt ist." *) Die Bemerkung,
es könne übel gedeutet -vverden, dass er erst am Ende des Krie-
ges an Cäsar denke, bezieht sich auf dieses Werk;'') ehe er
Docli von der .Schlacht bei Munda benachrichtigt war, überscliickte
er ihm z^vei Briefe,') in welchen er ilim einige seiner Freunde
100) ad Att. 12, 49. 51. {. 3. 1) Das. 13, 27. 13, 31. S. nnte„
§. 66. A. 40. 2) .-»d Alt. 13, 28. §. 2: Kescio quid e qnercii exscid-
pseram, qnod -videretur siniile simalacri. 3) Das. 13, 27. §. I.
4) Das. 13, 28. 5) Das. 13, 20. 32. §. 2. 6) Das. 13, 27.
7) ad Farn. 13, IS. 16.
650 XXI. lULH. (31. §.63.)
empfabl, in der TLat aber sich selbst. Der Erste ist in einem
leichten , scherzenden Tone gehalten , und mit griechischen Ver-
sen g-ewiirzt, beide aber verralhen den Meister, der es eben so
wohl verstand, dein Gebieter scheinbar mit der Unbefangenheit
eines Gleichgestellten zu huldigen, als einen Catillna mit gewal-
tigen Worten zu Boden zu werfen. Nach langer Zeit folgte auf
Atticns Betrieb ein anderes Schreiben, welches das Liob des An-
licato in Hinsicht auf die Darstellung enthielt, und nach einge-
holtem Gutachten des Oppius und Baibus, welche es unübertreff-
lich fanden, an Dolabella zur Beförderung abgieng. Vergebens
erwartete Atticus eine Abschrift, und diess bestätigt, was er'ver-
muthete, dass es nicht freimiithig abgefasst war. ^)
Nicht die Schlachtfelder allein, wo sie den Todesstreich em-
pfieng, gewähren den Anblick der hinsterbenden Republik, und
nicht der Sieger allein darf auf dem Schauplatze erscheinen, wenn
man das w^erdende Reich beobachten will. Der Kampf zwischen
dem Alten und Neuen zeigt sich am deutlichsten in Cicero, in
dem Schmerze, mit welchem er dem Einen, seinen Ansprüchen
und seineu Freuden entsagt , und dem Andern sich zuwendet,
wie der Verurtheilte seinem Kreuz; kein Römer hat wie er in
diesem Zustande von sich und seinen Zeiten Zeugniss gegeben,
aber Viele fühlten und handelten wie er ; mit jeder Nachricht
aus Spanien stieg die Gunst der Cäsarianer im Preise, man suchte
sie auf oder wies sie doch nicht zurück. Cicero glaubte schon
früher auf die Fürsprache des Balbus , Oppius und Hirtius rech-
nen zu können.^) Auch mit Dolabella, seinem Schwiegersohne,
welcher an Tullia gefrevelt hatte, blieb er in gutem Vernehmen
und schrieb ihm nach Spanien, als seine Tochter gestorben war,
er wünsche ihn zu seinem Tröste bei sich zu sehn ; ' °) nach der
Rückkehr behandelte er ihn als Freund und Verwandten,") und
wechselte dann wieder Briefe mit ihm;") sogar ein Werk wollte
er ihm widmen; TuUias Alanen hielten ihn nicht davon ab, son-
dern die Furcht vor dem Gerede der Leute, ■^velchen eine so ge-
naue Verbindung mit dem Cäsarianer missfallen konnte. ' *) Es
8) ad Att. 17, 50. 51. Unten §. 76. A. 73. 9) ad Farn. 6, 18
n. 6, 10. Oben A. 76. 77. 10) ad Farn. 9, 10. 11. 13. 11) ad Au.
12, 7. 13. 9. 45. 47. 12) ad Fam. 9, 12. 13) ad A«. 13, 10. 13,
XXI. lULU. (31. §.63.) 651
feLlte freilich nicht an Beweisen, dass dieser Tiel Tcrmochte.'*)
In den Briefen an Q. Comificius bemerkt man mehr Innigkeit
und Offenheit , doch beweis't die Bezeichnung „unser Cäsar,"
wie sehr Cicero die Verhältnisse ehrte.'') Sein schriftlicher
Verkehr mit P. Vatiuius kostete ihn dagegen eine grosse Selbst-
überwindung. Der Name dieses Blannes erinnerte ihn an eine
schmachvolle Vergangenheit, an Cäsars Consulat, in welchem er
sich zum Werkzeuge herlieh , an einen heftigen Streit mit ihm
nach dem Exil und in Folge desselben, an die Demülhigung,
dass er ihn vor Gericht hatte vertheidigen müssen, und jetzt bat
sein Client nach einem unbedeutenden Feldzuge in Illjrien, sein
Gesuch um ein Daukfest bei dem Senat zu unterstützen. Er ver-
sprach ihm nicht nur hierin, sondern in Allem, was er irgend
wünschen könne, seine guten Dienste ; es werde ihm eine Freude
sein , fügt er hinzu , ihn in irgend einer Angelegenheit zu för-
dern. Eine neue Veranlassung dazu fand sich bald; Vatinius
erlitt im Winter in Dalmatien grossen Verlust; der Gönner sollte
ihn nun bei Cäsar vertreten. '*) Man kann fragen, wem es am
meisten zur Ehre gereicht, dass man einem Begnadigten solchen
EinHuss zuschrieb, und dass selbst die Legaten des Machthabers
sich um seinen Schutz bewarben, jeder Zweifel aber über die
wahre Ursach seiner Hingebung vei'schwindet, wenn man ihn in
seinen Verhältnissen zu ]M. Tigellius Hermogenes betrachtet.
„Der Flötenspieler, zugleich ein erträglicher Sänger"") beklagte
sich, dass Cicero einst seinen Grossvater Phameas gegen sein ge-
gebenes Wort nicht vertheidigt habe, obgleich er ihm wegen
eines andern Rechtshandels nur an einem bestimmten Tage nicht
dienen konnte, und dass er im Bewusstsein seiner Schuld Miss-
trauen gegen ihn zeige. Atticus wurde ersucht, den Frieden
herzustellen. „Der Sarde, verpesteter als sein Vaterland, von
Licinius Calvus längst in einem Schmähgedichte gebrandmarkt,
der Einzige unter Cäsars Freunden, welcher Cicero nie eine Auf-
merksamkeit bewies, war diesem sehr gleicLgültig," aber der
Dictator liebte ihn , und Fabius Gallus warnte , es nicht dahin
kommen zu lassen, „dass der Spott über ihn sich in ein sardo-
1^) ad Farn. 6, II. 15) ad Fam. 12, 17. 18. 16) Das. S,
9 — 11. 17) Das. 7, 24, Uorat. Serm, 1,2.
652 XXI. lULII. (31. §.63.)
niscLes LacLen verwandle;"'^) er konnte scLaden, und Atficus
sollte ilni unverzüglicli besünfligen , elie Cäsar aus Spanien zu-
rückkam. ' ')
Es erklärt sich nicht so leicht, was Cicero an M. Brutus
fesselte. Dieser war ihm während der Verwaltung Ciliciens
durch die Zumulhung-, seinen Wucher in Asien zu begünstigen,
sehr lästig' geworden, und durch den geringen Eifer, mit wel-
chem er die Angelegenheit betrieb, gegen ihn gereizt ; daher ent-
halten Ciceros Briefe an ihn aus dem vorigen Jahre, wo er als
Statthalter im cisalpinischen Gallien stand , nur Empfehlungen
ohne eine Spur von Vertraulichkeit. ^ °) Neuen Anstoss gab die
Lobschrift auf Cato, weil Brutus nicht genug darin hervorhob,
Avie sehr der Consul des Jahrs 63 durch die Älassregeln gegen
Catilina sich um den Staat verdient gemacht habe.^ ') Gleichwohl
suchte Cicero mit einer fast ängstlichen Gellissenheit sich ihm zn
nähern, ohne es zu beachten, dass man ihm nicht entgegenkam.
Es hatte besondern AVerth für ihn, dass auch Brutus ihm nach
Tullias Tode seine Theüname bezeugte; die Antsvort sollte Atti-
cus prüfen, und wenn sie ihm missfiele, nicht abschicken, denn
er fürchtete in dieser Beziehung einen falschen Schritt zu thun.'*)
Er wünschte zu wissen, wann Brutus aus der Provinz anlangen
"werde, in welcher Pansa ihm folgte, und berechnete die Zeit,
mochte aber aus den früher erwähnten Gründen nicht gern nach
Rom gehen, ihn der Sitte gemäss zu begrüssen, und sann auf
eine Entschuldigung,'^) und doch verletzte es ihn, dass jener
seine Einladung ablehnte, nach Cuniä zu kommen, wo Beide
Güter hatten, „eine grosse Gemeinheit."-'') Brutus meldete ihm
indess seine Ankunft in Rom „in einem leidlich abgefasstea
Briefe ; " auch deutete er es zum Besten , dass er nur einen
schriftlichen Glückwunsch erhielt, ' ') und bat, Cicero möge nach
dem schmerzlichen Verluste sich ermannen und dem einsamen
Leben entsagen. Briefe und Ant^Yorten schienen dem Cousular
18) Vgl. Serv. xa Virg. Ect. 4, 24. 7, 41. 19) a.l Att. 13, 49.
SO. 51. ad Farn. 7, 24. 2S. 20) ad Att. 13, 10— 14. Vgl. liier §. 56.
A. 77. 21) ad Att. 12, 21. 22) Das. 12, 13. 14. 15. 18.
a3) Das. 12, 19. 27. 29. 24) Das. 12, 36. 25) Das. 13, 3. Vgl.
12, 37. 13, 33 fin.
XXI. lULII. (31. §.63.) 653
so wichtig zu sein, dass er sie fortwäLrend Atlicus Torlegte. =^)
Aach so manchen Reibungen, bei welchen man sich jedoch mehr
jingezogen als abgestossen halte, war es peinlich fiir Cicero, sei-
nen Freund in Tusculura zu empfangen, wo auch jener eine
Villa hesass; Atlicus sollte gegenwärtig sein, nnd da er sich
einfand, so bleibt hier wieder manches Dunkel. - ') Wahrschein-
lich sprach man von Avissenschaftlichen Gegenständen , Ton der
Stoa und von Drulus Schriften, besonders von seinem Auszuge
aus der Geschichte des C'oelius Antipater, mit welchem Cicero
sich sofort beschäftigte. ' ') Er wagte es noch nicht, gegen einen
]\Iann, welcher abtrünnig -wie er öffentlich zu Cäsars Fahne ge-
schworen halte, sich frei zu äussern, aber er beobachtete ilin mit
steigendem Interesse; daher nun auch die häufigen Aufragen und
Mittheihingen über seine Verheiralhung mit Porcia, der Tochter
Catos, ^vodurrh er dem verwais'ten, im Bürgerkriege verwais'ten
porcischen Geschlechte noch näher trat. ^^) Er war nun schon
„unser Brutus", und fühlte sich ebenfalls zu seinem älleru
Freunde so sehr hingezogen, dass er während seines Aufenthaltes
in Tuculum ihn jeden Tag- zu sehen wünschte. ^°) Cicero hatte
ihm in dem Werke über die berühmten Redner eine Rolle ge-
geben, (im Brutus) und ihm den Orator zugeeignet, '') jetzt
widmete er ihm die Bücher de Finibus;^") er wollte ihn auch
in den academischen Untersuchungen redend einführen, wenn
etwa Varro auszuschliessen sei, und Hess ihm seine Lobschrifl
auf Catos Schwester in einem berichtigten Exemplare zugehen. ^ '}
Wiederholt beklagte er die Uneinigkeit zwischen Porcia und ihrer
Schwiegermutter Servilia, wodurch Brutus betrübt und für den
Umgang verstimmt wurde.'') Er g'edachte diesen bei seinem
Testament' als Zeugen zuzuziehen, und Atlicus fand sich ver-
anlasst, von dem gemeinschaftlichen Freunde und von dessen
Liebe zu ihm so viel zu schreiben, dass kein Raum für die
eigenen Angelegenheiten übrig war. ^*) Brutus sprach täglich
26) Das. 13, 6. 27) Das. 13, 4. 5. 7. 8. 281 Das. 13, 8.
2. Th. 423. A. 54. 29) .id A«t. li, 10. 11. 16. 14. 17. 2. Tli. 105.
No. 38. 382. J>o. 50 u. rorcii. .'iO) ad Alt. 13, 11. 31) Das. 12, 17.
Vgl. ad Fam. 6, 18. 32) ad Alt. 13, 12. 19. 21. 23. 33) Das.
13, 25. 37. 48. 34) Das. 13, 22. 23. S. lunii No. 34, 35) Das.
13, 25. 35. 36.
654 XXI. lULn. (31. §.64.)
auf das ehrenvollste von iLm, wie er auch aus anderen Briefen
ersah; ^*) um so weniger konnte es ihn irren, dass jener nach
dem spanischen Feldznge Cäsar entg'eg:eng'ieng ; ") als er jedoch
die erfreuliche Botschaft nach Rom schickte: der Dictator werde
sich wieder mit den Gutgesinnten verbinden , bemerkte Cicero in
einem Briefe an Alticus : wo bleibt nun dein Lieblingskunstwerk,
welches ich im Parthenon gesehen habe , ( Servilius ) Ahala und
Brutus?^*) Diese Anspielung auf den Feind des Tarqnin und
den Mörder des Sp. Manlius, welcher angeblich König zu werden
Loifte, auf Ahnherrn des Jüngern Brutus, — denn beide galten
dafür — lässt einen tiefen Blick in seine Seele werfen. Die
Verbindung dauerte indess fort; jeder Wink des Brntus wurde
von ihm beachtet, der Rath, in der Rede flir Ligarius eine falsche
Angabe zu tilgen, und an Cäsar zu schreiben; es machte ihn
sehr besorgt, dass sein Neffe Quintus durch Einflüsterungen auch
hier störend werden konnte. ^^) Aus dem Allen ist vorerst zu
entnehmen, dass Cicero es war, welcher dieses Verhältniss herbei-
zuführen suchte, dass ein äusserer Grund, anfangs bei einigem
innern Widerstreben , ihn dazu bestimmte , und nicht bloss der
Wunsch, bei Cäsar noch mehr Fürsprecher zu haben, dass der
Gedanke an Brutus, den Tyrannenfeind , wenigstens durch seine
Seele flog , und er noch nngewiss war, ob der jüngere sich dem
Neuen gefangen geben oder das Alte vertreten werde.
§ 64.
'a. 45.) Auch Andere sahen Cäsar mit bangen oder mit
frohen Erwartungen entgegen; er war das Schreckbild oder die
Gnadenijuelle für Alle; selbstsüchtig ond unter nnrichligen Voraus-
setzungen berechneten Hohe und Geringe die Rückwirkung des
allo-emeinen Umschwungs auf ihr Schicksal , nur in ihrem Zu-
sammenhange mit persönlichen und kleinlichen Interessen ge-
wannen die Weltbegebenheiten eine Bedeutung. Wenige kannten
die Gesinnungen des Herrschers oder die Pflicht, welche seine
Stellung ihm auflegte, die Parteien in einander zu verschmelzen;
man hoffte oder fürchtete, weil man Cäsariauer oder Pompejaner
36) ad Att. 13, 38. 37) Das. 13, 23. 39. 40. 38) Das.
13, 40. Vgl. Liy. 4, 14. 39) ad Alt. 13, 40. 41. 44. §. 1 u. 4.
XXI. lüLn. (31. §.64.) 655
^'pwesen war. Die Römer, welche nacL der Schlacht bei Phar-
siilus aus Misstrauen oder Hass im Osten blieben, verlangte nach
Berichten über Spanien; sie baten die Freunde um ihre Ver-
\vendung' und zweifeilen selbst an einem glücklichen Erfolge, da
der Dictator solche hartnäckige Gegner aus Vorsicht nur nach
einigem Zögern begnadigte. *°) Man hielt es für bedenklich,
sein Mitei-be zu sein, weil man mit dem Löwen nicht füglich
auf gleiche Bedingungen theilt. * ■ ) Andere versöhnten sich mit
seiner angemassten flacht, wenn sie hoffen durften, bei den
Spielen und der Bewirthung des Volks nach seiner Rückkehr
Aufträge zu erhalten und dadurch zu gewinnen. * -) Der Ross-
arzt Herophilus wollte auf dem nächsten Wege zu Ansehn und
Reiclithum gelangen; er nannte sich C. Blarius, einen Enkel des
berühmten, einen Verwandten Ciceros und Cäsars;*') vornehmen
Geschlechtern s' h aufzudringen, war in der Ordnung. **) Auch
die Bundesgeuossen suchten ihr Heil bei dem Dictator; er war
noch jenseits der Alpen, als Ariarathes, der Sohn des cappa-
docischen Königs Ariobai-zanes, nach Rom kam, „vermuthlich um
ein Königreich zu kaufen".*^) Cicero verachtete diese Men-
schen ; dennoch fühlte er sich dadurch gekränkt , dass sie Cäsar
huldigten; unwillig und spottend verwies er den falschen Marias
„an dessen mächtigen Blulsfreund", als er sich um seinen Schutz
bewarb , und der Asiat missfiel, weil er ihn vernachlässigte, ob-
gleich er als Statthalter von Cilicien sich um sein Haus verdient
gemacht hatte. ' '^)
Das Volk konnte ähnliche Klagen erheben. Früher de-
müthigten sich die Grossen bei den Wahlen , sie buhlten mit
Spielen und Geschenken um seine Gunst ; jetzt fanden die Can-
didaten diess überflüssig; mehrere reis'len nach Spanien, sich dort
zu empfehlen;*') ein Ciirtius, nach Ciceros UrtheJl' unwürdig
Augur zu sein, hoffte von höchster Haud seine Beförderung zum
Consul. ''^) Indess näherte sich die Zeit, wo man den Dictator
40) ad Fam. 6, 2. 41) ad Att. 13, 48. 42) ad Fam. 6, 19.
ad Att. 13, 46. {. 2. 43) ad Att. 12, 49. Mehr über iha im 1. Th.
107 n. 130. A. 73. 44) Valer. M. 9, 15. 4S) ad Att. 13, 2.
46) Das. 1. c. u. S, 20. ad Fam. 13, 2. 15, 4. X^l hier §. 55 in. u.
A. 81 nnd 2. Th. 136. A. 38. 1. Th. 464. A. 3. 47) ad Att. 12, 8.
Oben §. 63. A. 91. 48) ad Att. 12, 49. Tgl. ad Fam. 2, 16 fin.
656 XXI. lULII. (31. §.64.)
envarfett musste; ausser vielen Anderen wolKe M. Brutus ibm
entgegeng-eLen, '"') ferner M. Antonius,'") Oiiintus, der Bruder
Ciceros , " ) und dieser selbst , der Letzte jedoch nur bis Alsium
in Ed-urien. ") Mancher enlscLloss sich ung^ern, ihn zu be-
griissen , und diess ^viirde dadurch noch lästiger, dass man nicht
wusste, -wann er eintrelTen werde. Daher die häufigen Anfragen
Ciceros in den Briefen an Atlicus , welcher in Rom eben so
wenig davon unterrichtet war, als jener auf dem Lande. '^)
Baibus meldete ihm, Cäsar werde nicht vor dem J. September
kommen, '■') und Lepidns bat, an diesem Tage sich im Senat
einzufinden. *') Alan erfuhr endlich durch den Dictator, dass er
zur Zeit der röiniscLen Spiele, im Anfange jenes Monats, in der
Stadt sein wolle; '^) doch konnten Hindernisse eintreten, and.
man blieb ungewiss. ' ')
Er war zum vierten Male und allein Consul, ^^) und iiber-
neJim dieses Amt nicht erst nach der Rückkehr aus Spanien vor
dem Triumph, 'ä) Im Herbste begann aber seine fünfte Dictatur,
in welcher M. Lepidus ihm wieder als Magister equ. zur Seite
stand. ^'') 5,Der Meister erschien früher vor der Stadt, als
man — nach langem vergeblichem Warleu — geglaubt hatte." ^ ')
Sein Einzug wurde aber durch die nöthigen Vorbereitungen ver-
49) ad Att. 13, 11. 23. 50) Cic. 2 Vhil. 32. Plnt. Anton. 11.
1. Th. 77. A. 74. 51) ad Alt. 13, 40 fin. 52) Das. 13, 50. §. 5.
Irrig zieht Schütz anch ad Farn. 6, 19 hierher ; in Campanien, toh welchem
in dieser Stelle die Bede ist, konnte Cicero nicht mit Cäsar zusammen-
treffen. 53) ad Att. 13, 9 fin. 11 fin. 16 fin. 14. 17. 37 fin. 38 fin,
54) Das. 13, 21. J. 7. 55) Das. 13, 47. 56) Das. 13, 43. 46.
Oben §. 63. A. 52. 57) ad Fam. 6, 19 fin. 20. ad Att. 13, 50. §. 3,
51 fin.: Ouintus, der NelTe, hat mir geschrieben, er werde am 25. (An-
glist) in Rom eintreffen; ich liess ihn zn mir einladen, obgleich ich in der
That nach der Stadt eilen mnss, damit Cäsar nicht vor mir herbeilliegt.
58) Oben §. 62. A. 71. 59) Dio 43, 46 fand vielleicht in den Onel-
len , er habe die Stadtpräfecte (§. 62. A. 76) benachrichligt, dass er die
öffentlichen CeschUfle jetzt selbst besorgen werde, 60) Dio 43 , 49.
App. 2, 502. Siieton. 82 fin. Vgl. hier J. 62. A. 73. 1. Th. 14. A. 60.
Wenn Joseph. A. J. 14, 10. §. 7. Tabnl. Collot. bei Pigh. 3, 458 und die
Münzen TOm J. 44 (Vaill. liil. No. 25. Moiell. thps. Caps. tab. 3. No. 21.
22) Cäsar Dict. IV. Cos. V. nennen, so kommt die Dictalnr vom J. 49
nicht in Betracht, weil sie nicht ein Jahr, sondern nur elf Tage dauerte.
S. j. 56. A. 57. 61) nd Fam. 7, 25,
XXI. lüLO. (31.5.64.) 657
zögert. In ier Zwischenzeit, am 13. September, macLte er anf
dem Gute bei Lavicam sein Testament. ^') Dann triunipliirte
er „nach der Besiegung aller seiner Feinde, furchtbar und mit
Böhm gekrönt, wie keiner vor ihm", "') im Anfange des Octo-
ber ^') zum fünften Male, und zwar über Spanien. ^') Er Latte
^eineh Fürsten überwunden , welcher den Namen herleihen
konnte; jeder bezog daher die Feier anf die Söhne des Pompejns
nnd die Bürger in deren Heere, aber nicht jeder hielt es für
unerhört nnd frevelhaft, dass er sie sich selbst erlaubte, und dann
sogar zwei seiner Legaten sie wiederholen durften, als sei der
Untergang der Bepublik ein nicht genug zu preisendes Glück, *^)
und nur der V. Tribun Pontius Aquila wagte es, seinen Unwillen
dadurch zu äussern, dass er sich nicht erhob, als der Diclator,
dessen Mörder er wurde, an den Sitzen der Tribnue vorüber
fuhr. ^') Die Bilder nnd Geräthschaften bestanden nicht ans
Elfenbein, wie Einige behaupten;^*) Cäsar hatte es sehr be-
zeichnend für den africanischen Triumph gewählt, nnd er ge-
brauchte nie wieder denselben Stoff; ^^) sie waren vielmehr mit
Siiberblech überzogen, dem vorzüglichsten Erzengnisse der spa-
nischen Provinzen.'") Man befriedigte die Schanlnsf der Menge,
nm sie zn beschwichtigen, und diess wurde erreicht; sie seih,
nnd dachte nicht. Der Trinmphalschmaus liess sie aber Cäsars
gewohnte Freigebigkeit vermissen; deshalb folgte nach fünf Tagen
eine zweite reichlichere Bewirthnng, bei welcher auch der Fa-
lemer nud Cliier nicht fehlten.'') Zugleich entscliädigten sie
Spiele aller Art. Die scenischen wurden in den verschiedenen
Bezirken der Stadt gegeben, weil im vorigen Jahre wegen des
62) Sneton. 83. 1. Th. 99. A. 20 f. 63) Val. M. 5,7-5. 2.
Entrop. 6, 25 (20). App. 2, 494. 64) VeUej. 2, 56. f. 3. Wenige
Tage später am 13. October hielt Fahins Maximns seinen Triiunph. S*
unten. 65) Ex Hispania. Liv. 116. VeUej. 1. c. §. 2. Plin. 14, 17
(15). Sneton. 37. 38. Flor. 4, 2. {. 89 mrft diesen Trinmph mit dem
efricaniscben vom vorigen Jahre zusammen, Plnt. Caes. 56. Dio 43 , 42.
In den Fasten findet sich hier nichts. Vgl. §. 60. A. 11. 66) Oben
f. 60 A. 11. 67) Sneton. 78. lutea §. 70. A. 90. €8) Dio
43, 42. QnintU. 6, 3. §. 61. ed. Spald. 69) Oben §. 60. A. 27.
Sneton. 37. 70) VeUej. 2, 56. $. 2. Vgl. Poljb. 10, 10. Diodor.
Sic. 6, 35. 71) Sneton. 38. VeUej. 1. o. ^, I. Plin. 14, 17 (15).
Dio 43, 42. Vgl. hier A. 42.
nruiii.iiin, r.enchlrhte Uoms lU ^2
r»58 XXI. lULII. (31. §.64)
starken Anciranges Viele in ihren Erwartungen getänsctt waren,
und «m die anwesenden Provincialen und fremden Gesandten za
ergölzen , auch in verschiedenen Sprachen. ' ') Cäsar konnte es
nur erwünscht sein, wenn Optimalen eine Rolle übernahmen, und
sich und ihren Stand dadurch herabwürdigten ; er gieng stufen-
weis immer weiter.'^) Man sah Decimus Laberius, einen be-
jahrten römischen Ritter, in den Schauspielen auftreten, welche
er geschrieben halte, weil die Bitten der Mächtigen, wie er im
Prologe bemerkte, unwiderstehlich sind. Auch deutete er in
seinen Mimen darauf hin, dass alle Römer die Freiheit verloren
Laben, der viel Gefürchtete aber auch Viele fürchten müsse.
Diess trug dazu bei , dass sein Nebenbuhler, der Dichter Publius
aus Syrien, früher Sclav, den Preis und er ein Geldgeschenk er-
hielt.'*) Die Ritter fühlten sich entehrt;'*) angeblich sagte
ihm Cicero, als er von der Bühne durch die Orchestra der Sena-
toren nach den vierzehn Reihen gieng, wo jene sassen: ich
würde dich aufnehmen, wenn es hier nicht so enge wäre, —
weil Cäsar die Curie überfüllte, — und er erwiederte: diess
wundert mich, da du zwei Sitze zu haben pflegst, — als Pom-
pejaner und Cäsarianer. — ' ^) Ohne Zweifel ist dieser Witz,
wie mancher andre, dem Consular angedichtet; er war gegen-
wärtig, um sich zu empfehlen,") und wusste, dass man jedes
seiner Worte dem Dictator hinterbrachte. Unter den Fechtern
erschien T. Munatius Plancus Bursa, als V. Tribun a. 62 Ciceros
und Milos Feind, wegen Gewaltlhätigkelten nach Clodius Tode
verbannt, und von Cäsar hergestellt;") ferner Furius Leptinus
aus prätorischem Geschlechte und der Senator Q, Calpenus. ' ^)
Senat und Ritlerstand wurden verächtlich , und die höchste
und glänzendste Belohnung des Kriegers in den Zeiten der Re-
publik verlor dadurch aa Werth, dass am 13. October Q. Fabius
72) Cic, ad Fani. 6, 19. Sneton. Caes. 39. Vgl. Oclav. 43.
73) Oben §. 61. A. 83. 74) Cic. ad Faiii. 12, 18. Vgl. 7, 11,
Maciob. Sat. 2, 7. llorat. Serm. 1, 10 in. 75) Dass ihm diese Würde
nicht jetzt erst znr Belohnung veiliehea wnrde, bczengt er selbst, Macrob.
1. c. : Eigo bis tricenis annis etc. 76) Macrob. 1, c. n. cap 3. Senecn
Controv. 7, 3. Sneton. 39. Gell. 8, 15. 17, 14. 77) ad Fam. 12, 18.
Vgl. 7, 32. 78) Das. 12, 18. 1. Th. Sl4. A, 66. 2. Th. 345. A. 67.
348. A. 86. 365. A. 11. 79) Sueton. 39.
XXI. mLIL (31. §.64.) G.59
Blaximns, nnJ am 13. December Q. PeJiiis über Spanien trinm-
phirlen. Nor der Feldherr, tvelcher das Recht der Anspicien
halte, konnte solche Ansprüche machen, nicht seine Leg-aten. *")
A^ ie der Centurio die Curie ent^veihle, so bestiegen jene den
Siegeswagen, nnd mit einer geringen, fast lächerlichen Zurüstung ;
statt Elfenbein oder Silber sah man Abbildungen von Holz;
C'hrysippiis nannte sie Behältnisse für die Bilder der Städte, mit
■welchen Cäsar seinen Aufzng yerherrlichte. * ■)
Mehr als dieser beeilte sich der Senat, die bisherigen Ein-
richtungen nnd Gesetze zu vernichten; er häufte auf den Dictator
in der noch übrigen Zeit seines Lebens immer grössere Ehren,
nach dem, was bereits geschehen war, ^-) selbst für geübte Höf-
linge eines Asiaten eine schwierige Aufgabe.'^) Der Gefeierte
wurde nicht über sich erhoben, aber die Wortführer der Nation
drückten diese in den Staub, nur dadurch schien jener zn steigen;
sie Mengen Flitter an seine Kronen, die Kronen blieben die-
selben, und er verdankte sie sich selbst. Es ist ein betrübendes
Ergebniss der Geschichte, dass der Mensch dem Menschen hei--
risch gebieten oder ihm sclaviscli dienen will, dass er geblendet
wird, nnd den Adel der gemeinsamen Natur vergisst, wenn die
Gottheit einmal bei einem Wesen seiner Art über das gewöhn-
liche Maass der Ausstattung hinausgeht und eine höhere Ordnung
der Geister in einem Einzelnen sichtbar darstellt. Und doch ist
diess nicht das Aergste, ein anwürdiger Tribut für das Göttliche
im Menschen, welches nur deshalb entheiligt wird, weil es
einer schwachen Hülle anvertraut ist und die Erde es verdirbt;
noch in unseren Zeiten, wo es mehr als je erkannt werden sollte,
dass der Geist die Welt regiert, dass geistige Kraft und geistiges
Schaffen als das Alles durchdringende Element, als das fracht-
barste Capital das innere und äussere Leben gestaltet nnd bedingt,
80) Dio 43, 42. Eine Ansnalune in späterer Zeit s. im I. Th. 44S.
A. 4. 446. A. 9. 81) Fast. cap. Dio 1. c. Plin. 35, 7 (4). Quintü.
6, 3. §. 61. Oben J. 62. A. 66. 82) Oben §. 60. A. 83 f. ^. 63.
A. 63 f. 83) Es bandelt sich nnr nocb um Monate, deshalb vrerden
die 'vridrigen Beschlüsse, in -welchen die Schmeichelei sich erschöpfte, hier
zusamraengefasst ; die meisten gehören dem J. 45 an. Dio 43, 46. 44, 4
n. Snelon. 76 nnterscheiden die Zeilen nicht. Tgl. Lit. 116. Flor. 4, 2.
{. 91. App. 2, 494.
42»
G60 XXI. lULII. (31. §.64.)
aucL jetzt noch sind Geburt iiiul ReichtJiam die Götzen, welcLo
man anbetet, Ruinen miJ doldkislen die Allärc, vor \\elclien man
niederfällt. Viele Römer aiso wurden von der Bewunderung' der
persönlicLen Grösse hingerissen, als sie dem seltenen Manne ihre
Huldigungen brachten ; die IMeisten schmeichelten aus Furcht oder
Eigennutz nur dem Gebieter , und in einem solchen Grade , dass
man zu der Meinung Verleitet ist, Cicero und andere geheime
Feinde haben es befördert, um ihn verhasst zu machen und leich-
ler stürzen zu können , „sie haben ihn unter die Gölter versetzt,
um ihn desto gewisser ans der Zahl der .Sterblichen zu tilgen",
„ihn wie ein Opfer für den Altar geschmückt". ") Aber der
grö'sste Theil der Senatoren blieb dem Bunde seiner Mörder
fremd, dieser entstand und reifte spät, und die Verschworenen,
•Welche der Cui-ie angehörten, hatten nicht Ansehn und Klugheit
genug, sie so zu leiten, dass Cäsar unter seinen Lorbeeren er-
stickt wurde, gerade Cassius und dessen Freunde blieben den
Beschlüssen fremd,'*') erst mit der Zeit wurde es ihnen deutlich,
dass diese benutzt werden konnten. * ^)
Der Dictator erhielt vom Senat die Befngniss, bei allen
feierlichen Gelegenheiten das Triumphalgewand anzulegen, welches
sonst dem Feldherrn nnr am Tage seines Einzugs in die Stadt
vergönnt war;*') den Lorbeerkranz, die Zierde des Trinm-
phirenden, immer zu tragen, ihm wegen seiner Glatze vorzüglich
erwünscht; ^*) auch die Fasces seiner Lictoren mit Lorbeeren
zu umwinden; ") im Tempel des Jupiter Feretrius, dem ältesten
in Rom, eine Rüstung als Opima spolia zu ^veihen, wie einst
Romulus, *") und am Lateiner -Feste vom albanischen Berge zu
Pferde in die Stadt znrückzukehreu. "') Man wollte jährlich seine
Siege feiern,^-) und zu dem Allen wurde nun auch der Titel
Imperator auf Lebenszeit hinzugefügt, mit dem Rechte, ihn auf
84) Plut. Caes. 57. Tai. Ma^. 1, 16. §. 13. Flor. 4, 2. §. 92.
85) Dio 44, 8. 86) Ders. 44, 7. 9. 87) Ders. 43, 43. 44, 4.
App. 2, 494. Plnt. Cacs. 61. Antou. 12. Zonar. 10,12. Vgl. Liv. 45, 40:
Auro pHipmaque fiilgens. Dcis. 10, 7. 88) Pio 43, 43. Siiei. 45. 51.
Ovid. Met. 1, 562. Plin. 15, 39 (30): lannis ianitrix Cnesarnm. Vgl.
LiT. 10, 7. 89) Dio 44, 4. Zonar. 1. c, 90) Dio 1. c. Liv. 1, 10.
91) Dio 1. c. Snot. 79. Unten {. 68. A. 30. 92) Dio 43, 44; dent-
licher App. 2, 494.
XXI. lULII. (31. §.64.) 661
M-iue NacLkommen zu vererben. °^) BisLer La((e das Heer seineu
Anführer nach einem Siege als Imperator begriisst, und es folgte
iiieislens ein Dankfest und der TriiiinpL, wenn eine gewisse
Anzahl Feinde erschlagen war, zuletzt nach unbedeutenden Ge-
fccliten; ^*) so konnte man wiederholt zu dieser Ehre gelangen,
auch nach Cäsars Zeit, *•*) man setzte aber dann den Titel nach
(!iii Namen, ^^) und am Tage des Triumphs erloschen die mit
iLm verbundenen Rechte.'-") Jetzt sollte jeuer die Lochste Ge-
walt bezeichnen, und den Namen vorgesetzt werden.*") Der
Senat gab dem Beschlüsse des Heers eine ewige Geltung, Cäsar
gebot als der Erste im Heere, das kriegerische Rom wurde mehr
als unter Sulla ein Soldaten -Staat. ^^) Es folgte von selbst, dass
der Imperator über die bewaffnete Macht und über den Schatz
verfügte, dessen Verwaltung er sich schon angemasst hatte, '"")
doch .säumte man nicht, auch diese Rechte ausdrücklich auf ihn
zu übertragen.') Das C'onsulat bestimmte man ihm, wie früher
die Dictatnr, auf zehn Jahre, -) und die Dictator- Würde auf
Lebenszeit. ^) Auch sollte er, und er allein, Sittenrichter, prae-
93) Snet. 76. Dio 43, 44. Vgl. 52, 40. 41, SteUen, aus welchen
Hch ergiebt, dass Angnstus, obgleicli sein adopürler Sohn, ihn erst im
i. 25 V. Chr. erhielt, ■weil jene Verfügiing -während der neuen bürgerlichen
Unruhen ungiUlig »nrde. Tacit. A. 1,9. Ovid. Fast. 4, 675. 94) Auch
darin war also die Republik schon TOr C.^sar nur noch ihr eigener Schatten.
Kach App. 2, 455 -wurde verlangt, dass 10,000, nach Diodor. Sic. 36.
Xo\. 10. p. 171. ed. Argent, dass mehr als 6000, nach Valer, M. dass
5000 Feinde in Einer Schlacht gctödtet Tiaren , bald genügte schon der
Schein einer Waffenthat , -wie Ciceros Beispiel beweis't. ad Att. 5 , 20.
95) Von Angnslus sagt Tacit. A. 1, 9: Momen iraperatoris seniel atqua
Ticies partum. So auch Die 52, 41. 96) Cic. ad Farn. 2, 7. 10.
15, 4. 10 n. s. f. 97) Liv. 45, 35. 98) Dio 11. cc. Snet. 76:
Praenomen im]>eratoris (rcrepit). Tgl. Tiber. 26. In beiden Bedeutungen
ist er in einer Inschrift bei Pigh. 3, 503 von Augustus gebraucht : Imperat.
Caesar Diri lul. F. Iniper. Seplies; die Ordnung wurde aber nicht genaa
beobachtet, vrie Cäsars Münzen beweisen. .Spaiih. de praest. nuni. Diss 12.
p. 392. MoreU. Thesaur. Caes. Tab. 1. No. 14. A^-iillant Aeinilii No. 52.
£ckh. Vol. 6. p. 9. V. 8. p. 3-13 und Tiberins nud Claudius nahmen das
praenomea imperatoris nicht an. Snet. Tiber. 26. Claud. 12. Dio 57, 2.
60, 3. 99) 2. Th. 507. 100) Oben §. 62. A. 76. I) Dio
43, 45. 2) Dio 1. c. App. 2, 494. 495. Suet. 76. 3) Dio 44, 8.
46, 17. App. 2, 494. Plul. Caes. 57. Zouar. 10, II. Josepli. A. J. 14,10
662 XXI. lüLIL (31. §.64.)
fectas moribus, für immer sein,') und das Priestertlium des
Oberpoulifen auf seiueii leiblicLen oder Adopfir - SoLn über-
geben. ') Man gab ihm den Beinamen: der Befreier, trug diesen
in die Fasten ein, und wollte iLm zu ELren einen Tempel der
Freiheit erbauen ; ®) iiberdiess erhielt er den Titel Vater des
Vaterlandes. ')
Damit jeder in ihm den HerrscLer erkennen konnte, kam ein
goldener Sessel Linzu, dessen er sieb im Senat, im Schauspiel
und bei dem RecbtsprecLen bedienen sollte, *) und der königlicbe
J. 7. Cic. 2 PhU. 34: Dictatot perpetuns. Liv. 116. Snet. 76. Flor. 4, 2.
J. 91. (A. Viel.) de \ir. ill. 78. Goltz Fast. a. 709. Vaill. lul, No. 26.
39. MoreU. Thes. Caes. tab. 2. no. 38. lab. 9. no. 1. 2. 3. 4. 16. 17. 18.
£ckli. 6. p. 8. 9. Das erste und letzte Jahr seiner immerwährenden Dic-
tatur fiel also mit der -vierten jährigen , oder Trenn die erste TOm J. 49
mitzählt , mit der fünften zusammen ; er war a. 44 Cos. V. Dict. perp. und
SO wird er auf den Münzen genannt. (Oben [u 60.) Diese haben aber
auch die Inschrift : Cos. V. Dict. lY. ein Beweis, dass er erst a. 44 Dict.
Jierp. wurde; Vaill. Inl. No. 25. Morell. Tbes. Caes. tab. 3. no. 21. 22.
Eckh. 6. p. 8, er war es aber schon um die Mitte des Februar in jenem
Jahre zur Zeit der Luperealien. Cic. 2 Phil. 34 : At etiam adscribi iussit etc.
4) Dio 44, 5 u. Zon. 10, 12 haben hier fälschlich den Titel Censor.
Oben §. 60. A. 87. Sueton. 76. 5) Dio 1. c. 6) Ders. 43, 44.
7) Ders. 44, 4. App. 2, 494. 519. Zon. 1. c. Liv. 116: Pater patriae.
Cic. 2 Phil. 13. 13, 10. Suet. 76. 85. Flor. 4, 2. §. 91. OreU. Inscr.
No. 581- 585. Auf den Münzen Parens patriae. Ursin. Farn. R. p. 119.
No. 1. Vaill. Aemil. No. 47. lul. No. 53. Spanh. de praest. num. Diss. 12.
p. 446. .MoreU. Thes. Caes. tab. 1. No. 12 u. 20. tab. 9. No. 12. Eckh.
6. p. 9 u. 17. Vgl. 1. Tb. 133. A. 96. Der Irrthiim des Fulv. Ursin. 1. c.
man habe Cäsar erst nach dessen Tode diese Ehre erwiesen, beruht auf
einem MissTerständnisse der hier angeführten Stellen bei Cicero und ist
schon oft gerügt; Casauh. zu Suet. 76 und Düker zu Flor. 1. c. Camillns
■wurde nach Liv. 5, 49 von seinen Soldaten als Vater des A''aterlandes
begrüsst und Cicero zuerst nach einem öffentlichen Beschlüsse vom Senat.
Cic. in Pison. 3. Plut. Cic. 23. App. 2, 431. Plin. 7, 31 (30); ihm war
eine solche Auszeichnung des Dictator ohne Zweifel am sehraerzliehsten;
sie wurde auch Octavian , Suet. Oct. 58. Ovid. Fast. 2, 127; Tiber und
Nero lehnten sie al). Suet. Tib. 26. 50. 67. Nero 8. 8) Der .Stuhl
war wolil nur vergoldet, iii(y_Qvaog und xi/ntinoi^if'i'ng, Dio 44, 6. 11. 17.
45, 6. Zonar. 10, 12. ;f(>i'(rfo?, App. 2, 494. 3, 544. Plut. Caes. 61 hat
oft denselben Sinn, so a-ch aureus. Sella oder sedes aurea bei Cic. de
div. 1, 52. 2 Pbil. .34. Valcr. M. I, f>. §. 13. Plin. 11, 71 (37J. Suet. 76;
«uggestns in ciuia bei Flor. 4, 2. §. 91 , weil er hüber stand, als dio cum-
XXI. lüLn. (31. §.64.) CG3
Purpur.') Sein, Bild ■^■^^lrde neben den Statuen der Könige und
des älteru Brutus im Capifol aufg-estellt ; dieser Latte tou der
Mouardiie und er von der Republik befreit; '") zwei Statuen
mit Kränzen von Eichenlaub uud Gras ' ') bezeichneten ihn als
Reiter seiner ÄDtbürger und der Stadt, ' ^) und eine unter ihnen
sah man auf der Rednerbiihne; ' ^) eine geharnischte errichtete
man auf seinem Blarkte, ") und andere in allen Tempeln Roms
und der Torziiglichsten Städte in Italien. ' ') Die höchste An-
erkennung seiner Herrschaft lag aber darin, dass er nach einem
Seuatsbeschlusse Tom J. 45 sein Bild auf die Münzen setzte;
diess war vorher nie einem Lebenden gestattet. ' ^) Andere
tischen Sessel der INIagistrate. Später eia Eigenthnm des Vibnis Rnfns,
vrelcher mit Tilierius Eilaubniss auch öffentlich Gebrauch davon machte.
Dio 57, 15. 9) Purpurea vestis oder toga, in welcher er an seinem
Todestage auftrat, tünute man auf das Triumphalgewand beziehen, oben
A. 87, Cic. , Valer. M. u. Plin. U. cc. ; aber Dio 44, 6. 11 und nach ihm
Zonar. 10, 12 unterscheiden bestimmt, und Casaub. za Sueton. 76 würde
tei jenem c. 6 nicht örip.ij für oto/.tj gelesen haben, wenn er c. 11 u.
49 fin. -verglichen hätte. Man überbot sich in jedem Jahre. 10; Vgl,
oben J. eO. A. 1 n. J. 63. A. 65. Dio 43, 45. Cic. p. Deiot. 12. Suei.
76. Flor. 4, 2. J. 91. Plnt. Brut. 1. PUn. 33, 4 (1). 11) Corono
civica et osidionalis. Gell. 5, 6. Fest. t. Civic. n. Obsid. IVIit beiden
beschenkte der Senat auch Aiignslus. Plin. 16, 3 (4). 22, 6. 12) Fest.
T. Obsid. : Civica Corona siugularis solntis signmn erat, obsidionalis uniTersorum
civinm serratornm. 13) Kicht beide. Dio 44, 4. 9 wird durch Cic.
p. Deiot. 12 widerlegt. App. 2, 494. Zonar. 10, 12. 14) Plin. 34,
10 (4). Oben §. 61. A. 57. Das Jahr ist ungewiss. 15) Dio 44, 4.
Sneton. 76. Flor. 1. c. 16) Dio u. Zonar. 11. cc. änssern sich zwei-
deutig, als habe unr der Ehrenname Vater des Vaterlandes auf das Geld
geprägt werden sollen; Eckh. 6. p. 7 n. 36 hat gezeigt, dass diess nicht
der Sinn ihrer Worte sein kann, und auch Dio's Angabe, nach welcher der
Dictator erst im J. 44, tiud Vaillant's Meinung, dass er schon vor 45 diess
Recht erhielt, mit Gründen als irrig zurückgewiesen, Perizon. Dissert. 3.
p, 264 f. behauptet, schon vor Cäsar habe man Lebende auf diese Art dar-
gestellt; allein das Bild des Pompejus, welches bei dessen Triumphe über
Mithridat zur Schau getragen wurde, bestand aus Perlen, Plin. 37, 6 (2).
s. Pomp. UIt. a, 61 , und der Denai- mit seinem Kopfe von dem Proqu,
M. Miuatius Sabinus (vielleicht Bnider des L. Minaiius B. Ilisp. 19) iit
auf Befehl seines Sohns Cn. Pompejus in Spanien gemünzt. Vaill. Minat.
Ro. 1 — 3. Eckh. 5, 281. Das Geld mit dem BUde des M. Brnlus end-
lich beweis't nui-, dass der Befreier über das AVesen einer freien Republik
iu keiner Beziehung mit sich einig war, nicht aber, dass die Statthalter
664 XXI. lULII. (31.5.64.)
AnorcLmngen solltea den Namen des Dictator verewigen. Dia
LostiliscLe Curie auf dem Comitium ' ') wurde a. 52 nach der
Ermordung des Clodius verbrannt, und von Fanstus, dem Sohne
des Sulla, welcher sie umgebaut hatte, wieder hergestellt, wes-
halb sie die coruelische hiess. ' ') Dann aber liess man sie ab-
tragen, angeblich nm sie durch einen Tempel der Felicitas zn-
ersetzen, mit dessen Bau der Magister equ. M. Lepidus be-
auftragt wurde, in der That aber, weil man Sullas Namen tilgen
und die Curie nach deren Aufbau durch Cäsar die julische nennen
wollte. '^) Cäsar hinderte der Tod, das Werk auszuführen, an
welches a. 4S eine Pest zu erinnern schien ; die Triumvirn
unternahmen es a. 42 , wegen der erneuerten Unruhen konnte
Octavian erst im J. 29 es weihen, ^ °) Dagegen wurde der
Quintilis im J. 44 sogleich nach dem Antrage des Consnis
M. Antonius Julius genannt. Durch die Verbesserung des Ca-
lenders hatte sich der Gefeierte das gültigste Recht auf dies»
Auszeichnung erworben, er verbesserte ihn aber schon im J. 46 ;
diess bestimmte Antonius nicht, sondern der Zufall, dass Cäsar im
Qnintilis geboren war, nnd Rom also diesem Monate sein ganzes
jetziges Glück verdankte; die Schmeichelei pflegt wahre Ver-?
dienste, welche des Lobes nicht bedürfen, am wenigsten hervor-
zuheben. ") Cicero war entrüstet, als mau später M. Brutus in
einer Bekanntmachung den neuen Namen gebrauchen liess, nnd
noch mehr dieser selbst. ^^) Endlich nannte man eine Tribua
nach der Entscheidung des Looses die julische. ^')
oder Feldherren in den letzten Zeiten vor der Monarchie eine solche Be-
fiigniss hatten. Dio 47, 25. App. 4, 633. S. Innii. 17) Liv. 1, 30.
Varr. de 1. 1. 4. p. 43. ed. Bipont. 18) Dio 40, 50. 44, 5. 1. Th,
847. A. 83. Sil. A. 23. 19) Dio 44, 5. 45, 17. 20) Dfrs. 45, 17.
47, 19. 51, 22. Plin. 35, 10 (4). Monum. Anap. tnb. 1. a dextra in
Chishnll Antiq. asial. p. 174. 21) Macrob. Sat. 1, 12. Censor. de d,
n. 22. Snet. 76. Flor. 4, 2. §. 91. App. 2, 494. 5, 727. Dio 44, 5.
45, 7. PInt. Nnm. 19. Zonar. 10, 12. Hieron. in Enseb, Chron. Ol. 184,
Hier §. 1. A. 71. 22) ad Att. 16, 1. 4. 1. Th. 141. A. 65. 142. A. 71.
23) Dio 44, 5. Später konnte man sich in solchen Ehreubezengungen tust
nnr wiedciholen ; wie man nun unter den Monaten einen Augiistns, nnd
voriibeiguhend einen Germaiiicus (Sept.) und Domitianns (Oct.) erhielt,
Macrob. Hut. 1, 12, so hieuen Tribos, Julia lu Ehren de;s Auf^nstus,
Flania, Aelin n. s. f.
XXI. lULII. (31. §.65.) 065
§ 65.
(a. 45.) Cäsar gebührte der liöcLste LoLn, well der Friede
sein GescLeiik war; der Senat bezeugle es durch den BescLhiss,
einen Temi)el der Eintracht zu erbauen nud jährlich ein Fest in
ihm zu feiern. - ') Als glücklicher Feldherr Jiatte er die Feinde
der Ruhe und des Staats überwunden ; bei seinem Glücke sollte
inan schwören.") Auch wurde die jährliche Feier seines Ge-
burtstages angeordnet, '^ *) jede Einrichtung, welche er in Zukunft
machen werde, als gültig anerkannt,^') und den Magistraten
aufgegeben , bei dem Antritte ihres Amtes eidlich zu geloben,
dass sie seine Gese'*o beobachten wollten.'*) Ihn selbst er-
klärte man fiir unverletzlich und für befugt, bei den Spieleu in
der Mitte der Tribüne zu sitzen;-^) man sollte für seine Er-
haltung öffentliche Gelübde thun, ^°) eine Schaar von Senatoren
und Rittern ihn als Bedeckung umgeben,^"'') und jeder im Senat
schwören, mit seinem Leben für die Sicherheit des Diciator ein-
zustehen, und ihm zugefü'gte Beleidigungen zu rächen. '') Auch
Ln Tode wollte man ihn ehren , ihn auf dem Marsfelde be-
graben. '^)
Der Senat verwandelte sich also in eine Leibwache, und
erkannte damit an , dass der Herrscher sterblich sei ; Wider-
sprüche schreckten ihn nicht mehr, seit er sich selbst vernichtet
24) Die 44, 4. Ueber Camillus Tempel der Goncordia, welchen Ti-
berins berstellte nnd weihte s. Fiat. CamiU. 42. Ovid. Fast. ], 640. Snet.
Tiber. 20. Dio 5S, 8. 56, 25. Vgl. Liv. 6, 42. 25) Dio 44, 6. 50.
Zon. 10, 12. Tiber nahm diese Ehre nicht an. Dio 57, 8. 26) Ders.
44, 4. 47, 18. Zon. 1. c. 27) Dio 44, 6. 28) App. 2, 494.
2. Th. 476. A. 12, Das von nun aa gewöhnliche in acta Caesaris iurnre,
welches Tiber nicht zuliess. Tacit. A. 1, 72. Snet. Tib. 26. Dio 57, 8>
29) Dio 44, 4. SO. App. 2, 494. 515. 519. Zon. I. c. Vgl. Snet. CaUg.
23 Cn. Oben §. 53. A. SO. 30) Dio 44, 6. SO. App. u. Zon. U. cc.
30i) Dio 44, 6. 7. 31) Snet. 84. 86. App. 2, 506. S19. 1. Th. 102.
32) Dio sagt 44, 7: inneihalJ) der Riogmaner, nnd anch diess würde eine
Anszeichnnng gewesen sein ; das Verbot im Tafelgesetze Cio de leg. 2, 23
wurde von Antoain. Pins erneuert. Iiil, Capitol. in dessen Leben 6. vgl.
Entrop. 8, 5 (2) ; es unterliegt aber keinem Zweifel, dass CUsar jener andre
Ort bestimmt wnrde, wie Snlla, 2. Th. 498, CSsars Tochter, unter Inlia,
und spater Hirtias , Fansa, 1. Th. 312, und Augnstus , Suclpn. Od. 100.
Dio 56, 42, Tacit A. 1, 8, welcher darauf hiudenlet.
66ß XXI. lULII. (31. §.65.)
Latte; er erLob Cäsar ziig-leicL unter die Götter, damit der Ab-
stand zwischen ibm und seinem Volke desto grösser würde.
Längst dienten die Götter den Optimaten nur iiocL zu Hebeln
der SlaatsDiascLine, ■warum sie nicLt aucb an dem neuen Hofe.
einfüLren, um ihn mit Glauz zu umgeben, sinnlose Namen und
Gebräuche bei seiner Ausstattnug verschwenden? Man verstand
sich, und frevelte weniger, als wenn in neueren Zeilen das Hei-
lige in den Kreis der Politik herabgezogen und die Gewaltlhat
als das Werk einer hohem Hand bei religiösen Gaukelspielen
gepriesen wird ; auch jetzt versteht man sich, aber jetzt erschüttert es
den Glauben und verwirrt die Begriffe \o>n Recht, während die
sichtbaren Götter des Alterthums mit ihren jcehlern, Lastern und
Verbrechen doch wenigstens dazu beitrugen, dass um so früher
eine bessere Religion Eingang fand. Das Haus des Dictator er-
hielt einen Giebel, wie die Tempel. ^^) Ihm, dem Halbgotte,
dem Nachkommen der Venus zu Ehren , wollte man nach je
fünf Jahren Spiele feiern, bei welchen die Priester und Vesta-
linqen für ihn beteten, ^') und im September zu den römischen
im Circus einen vierten Tag hinzufügen. * ') Er wurde Jupiter
genannt,^*) und wegen seiner Milde ihm und dementia ein
g'emeiuschaftlicher Tempel bestimmt, in welchem die beiden Gott-
Leiten einander die Hände reichten,*') und M. Antonius das
Priesterthum des neuen Jupiter übernahm.**) Zu den beiden
Classen der Luperci, den Fabiern und QuintUiern , ' ä) kam eine
33) Cic. 2 riiü. 42 (43). Suet. 81. Flor. 4, 2. J. 91. Die Ausleger
bei diesen Stellea und F. A^ictorii Var. lect. 17, 18. Obseq. 127. l'lut.
Caes. 63. Dia 43, 44 hat diess missTerslau Jen ; man bewilligte ihm nicht
eine öffentliche Wohnung, denn diese besass er schon in der heiligen .Strasse
als Oberiiontif. Oben §. 7. A. 30. 34) Dio 44, 6. App. 2, 494;
oben Ji. 60. A. 92. Auch unter Augustus »Tirden als Nachahmung solche
Votiv - Spiele, ludi qiiinquennales angeordnet. .Suet. Octav. 59. Dio 51, 19,
35) Cic. 2 rhil. 42 (43). Dio 44, 6. Nach seinem Tode kam durch
M. Antonius ein fünfter hinzu. 1. Th. 109. A. 15. 199. A. 72 n. Calend.
in Verr. Flacc. Fast. ed. Foggin. p. 113. 36) Dio 44, 6. 49. 51.
App. 2, 519. 37) Dio 44, 6. Flut. Caes. 57. App. 2, 494. Fun.
16, 3 (4). Vaill. lul. No. 52. 53. SepnU. No. 4. Worell. thes. Caes.
tab. 3. No. 24. 25. 29. 30. tab. 5. No. 7. 8. Eckh. 5, 306. 6, 9. Vgl.
Cruter. 225. No. 0. 38) Dio 1. c. Flamen diolis. Cic. 2 Fhil. 42
(43). 13, 19. 21. Suclou. 76. 1. Th. 77. A. 76. 39) Fest, v, Fabiaui
XXI. lULII. (31. §.65.) C67
(IriOe, die Julier, Linzn, welchen Cäsar eine Besoldung' gab,
und der Senat nach dessen Tode wieder nahm; *°) iLr VorsfeLer
^vllrde M. Antonius,'') "W'ogeg^en Quiulus, Ciceros Neffe, schon
iiiiher Priester des Pan g-ewesen war.'') So wanden sich die
Senatoren, den Rönigsnainen zu ningehen, weil sie ihn hassten
oder das Aeussersle noch nicht wagten ; sie überreichten Cäsar
das Diadem in unzähligen Theilen; das Kö'uigthuin wurde durch
ihre Beschlüsse ein rechtlicher Zustand und sogar erblich, aber
sie mochten ihr ^Verk nicht deuten, und überreichten das Dia-
dem in unzähligen Theilen. Als sie mit den wichtigsten unter
diesen Verordnungen, welche mit goldenen Buchslaben in sil-
berne Tafeln eingegraben und im Capitol niedergelegt Avurden,**)
in der Halle seines Venus-Tempels vor dem Dictator erschienen,
empfieng er sie sitzend, und äusserte nur, man habe ihm schon
so viel lihre erwiesen, dass sie eher yermindert als vermehrt
werden müsse. **) Wenn Pompejus an seiner Stelle so gehan-
delt hätte, so würde man die Ursach in dessen Unbehülliichkeit
finden; der schlaue und gewandte Cäsar bewegte sich in jeder
KoUe mit Leichtigkeit ; er war auch zn selbstständig, als dass der
ältere Baibus ihn zu dem Missgriffe verleiten konnte,"") und eiu
Anfall von Krankheit wurde offenbar später erdichtet, als mein
den ungünstigen Eindruck bemerkte;'^) da ihm bekanut war,
was man brachte und — nicht brachte, so mag diess die Unge-
bühr Teranlasst haben.
Das Consulat hatte man ihm auf zehn Jahre verliehen;*')
es stand bei ihm, ob er davon Gebrauch machen wollte; um die
und puinüliani (appellabantai' Inperci a Fabio et QaiDtilJo, praepositis suis).
Alexand. ab Alex. 4, 12. Liv. 1, 5. Ovid. Fast. 2, 279 u. 375 — 378.
Cic. p. Coel. 11. 40; Vectigat Cic. 13 Phil. 15, Kod. Marcell. de -var,
sign. serm. ed. Lips. 1826 p. 273. 4l) Cic. 2 PhU. 34. 42 (43). 13,
15. Flut. Ant. 12. Dio 44, 11. 45, 30. 46, 5. tf/ffidy jtSy awiiniui',
42) Der Brief ad Att. 12. S, io welchem Cicero seinen Brader tadelt, -neil
es ihm Freude mache, dass sein Sohn unter diese Priester aufgenommea
sei , ist schon im J. 46 geschrieben. Selbst Monganlt das. hat diess über-
sehen, TTOgegen sich bei Tanstail ep. ad Aliddlet. p. 16 f. das Richtige
üudet. 43) Dio 44, 7. 44) Ders. 44, 8. Plnt. Caes. 60. App. 2,
494. Zonar. 10, 11. Liv. 116. Sneton. 78. 79. Eutrop. 6, 25 (20).
45) 2. Th. 606. A. 7. 4G) Dio u. Plut, 11. cc. 47) Oben f. 64'
A. 2.
am XXI. lULlI. (31. §.65.)
Freunde zu belohnen, und das Amt seines Glanzes zu berauben,
entsagte er dem vierten, welcLes er allein verwaltete,'*) und
übertrug es im October 45 £iir die noch übrige Zeit des Jahres
auf Q. Fabius Maximus *ä) und C. Trebonius. '") Schon am
Ende des J. 47 waren Consuln auf kurze Zeit ernannt, aber
doch nicht an die Stelle eines lebenden, welcher willkiihrlich nie-
derlegte;") daher weigerte man sich im Theater, Fabius Platz
zu machen.'^) Seitdem, bemerkt Dio, wechseln gewöhnlich
Melu-ere, und nach den ersten berechnet man die Jahre.**) Ohne
die öifenlliche Meinung zu beachten, hielt Ciisar C'enturiat-Comi-
tien, als Fabius am 31. December starb; C. Caninius Rebilus*')
wurde um die siebente römische Stunde für die Zeit bis zur er-
sten des uächslen Tages zu dessen Nachfolger gewählt, nnd der
Spott über ihn traf zugleich das Consnlat; diess fühlte Cicero,
wenn es ihn auch nicht hinderte, einzustimmen: „wärest du hier,
du würdest Thräneu vergiessen.'" ') Zehn Prätorier wurden mit
Titel und Rang der Consnlare abgefunden , ^ '') vierzehn andere
Cäsarianer mit der Prätor- Würde für die letzten Monate dieses
Jahrs,*') und vierzig mit der Quästur. **) Zu den triumviri
monetales ferner kam ein vierter hinzu. *^) Auch der Senat er-
48) §. 62. A. 71. 49) Fast. eap. a. 708. Cic. od Fam. 7, 30.
Plin. 7, 54 (53). Snelon. 76. 80. Dio 43, 46. Plut. Caes. 58. Oben §. 62.
A. 66 n 33. §. 64. A. 80. 50) Dio 1. c. Hier §. 62. A. 44 u. 51.
51) §. 56. A. 69. 52) Suet. 80. 53) 1. c. 54) 2. Th. 108.
Hier §. 16. A. 94. §. 59. A. 21. §. 62. Ä. 26. 55) ad Fajn. 7, 30;
das Näliere im 2. Th. 108. Fast. cap. Plnt. Caes. 58. Dio 43, 46. Tacit. H.
3, 37. Plin. 1. c. Olacilius Pilholans sagte: Ante flainines nunc coasules
diales finnt. JVIacrob. Sat. 2,2; das. 7, 3 vrird dieser Scherz Cicero »u-
geschrieben. Snet. 75. 76. Nero 15. 56) Snet. 76. Dio 43 , 47. Eben
so verführ Augustiis Dio 52, 42. 57) Dio 43, "Ä?. Suet. 41. Für das
J. 46 waren zehn gewählt. J, 56. A. 73. Zn den vierzehn gehörte Asinius
Pollio. 2. Th. 6. A. 41. Die Nachricht bei Suet. 76: ila iit medio tem-
|iare comilia nnlla habnerit etc. ist falsch, vgl. Hii'tii No. 2 ^. I.A. 10.
Jene PrUtoren übernahmen ihr Amt sogleich für dieses Jahr, im folgenden
hatte Rom sechzehn. Unten §, 67. A. 96. 58) Dio 43, 47. 51. Suet,
41. Unter Sulla zählte mau zwanzig. 2. Th. 485. A. 94. 59) Nach
Ursin. Fam. R. Cornrl. p. 71 wiirilon IIlv. nionol. erst zn Ciceros Zeil
oder kurz zuvor ernannt; nach Vaillant. praofat. §. 6 nicht vor dum Jahre,
in welchem Cü;>ar dos Itechl erhjclt, sein Bild auf die IVIuazcn zu sotzeiii
XXI. lULII. (31. §.65.) 669
Iilelt wieder einen ZuwacL» , ^ °) so dass die ZiiLl seiner Mit-
glieder auf 900 stieg', ^') zum Tlieil gemeine Rrie^er, Söhne
\on Freigelassenen, und selbst Fremde, Gallier und besonders
Transpadaner; "^ -) daher untersagte man in einem Anschlage, dea
neuen Senatoren die C'nrie zu zeigen.®^) Es unterliegt keinem
Zweifel, dass Cäsar, wie später Augustus^') und andere Impe-
ratoren , in einer lex Cassia Mehrere unter die Patricier auf-
nahm. *') Wenn es eines Vor^vandes bedurfte, so fand er ihn
in dem Erlöschen vieler altadeliger Geschlechter, welchen gewisse
Würden, besonders priesterliche, vorbehalten waren; ^^) in der
That befriedigte er dadurch seine Anhänger, er setzte die Nobi-
L'tät herab , und das Patriciat selbst , da er auch wohl in dieser
Beziehung nicht sorgfaltig wählte , und Mancher nicht Vermögen
genug hatte, um standesraässig zn leben; wie Cicero diess Ton
einem neuen .Senator C. Curtius sagt.^') Aus anderen Gründen
wnrde Octavius Patricier, für Antonius später sehr erwünscht,
weil er «m so leichter die Bewerbung seines Nebenbuhlers um
das Volkstribunat vereiteln konnte. '' *) Dies Nachricht, dass Ci-
cero sich einer gleichen Auszeichnung erfreute , findet sich in
einer von ihm erdichteten Schmälirede des Fuflus Calenus gegen
oder a. 86 , als Marins Gratidianns Prätor war. (Vaill. Sentia No. 1. er
widerspricht sich'. Eckhcl 5, 62 bevreis't, dass jener Name schon erwähnt
wird, als Cäsar noch als Froconsol in Gallien stand', Cic. ad Farn. 7, 13.
dass Plin. 33, 46 (9) nicht hierher gehört, nnd die Münzen erst in der
letzten Zeit vor dem Tode des Dictator rVviri nennen ; Vaill. lul. Ko. 29
35. Morell. thes. Caes. tab. 3. No. 29 30. tab. 9. Äo. 7. 8 f. tab. 10.
No. 27. Eckh. 6 , p. 8. Die alte Bezeichnung wnrde aber hänfig beibe-
halten , und Angnstns beschränkte die Zahl wieder auf drei ; Dio 5i , 26,
Ans den M'orten Snetonsi Qlonetae pnblicisqae vectigaühns peciiliares ser-
vos praeposnit , (Caes. 76) geht nicht herTOr , wie diese Selaven bei der
Münze gestellt ■waren , indess konnte man ilinen nnmöglich das Geld znr
Aufbewahrnng anvertranen , vrie Eckh. 5 , 62 annimmt. 60) Oben §. 56.
A. 76. 5. 61. A. 93. 61) Dio 43, 47. 62) Ders. 1. c. Snet. 41.
72. 76. 80. Cic. ad Farn. 13, 5. de dir. 2, 9, Senec. controv. 7, 3. Ma-
crob. Sat. 2, 3. 7, 3. 63) Snet. 80. 64) Tacit. A. 11, 25. Dio
49, 43. 52, 42. 65) Tacit. 1. c. nennt das Gesetz. Snet. 41. Dio 43.
47. 45, 2. 66) Dio 52, 42. 67) ad Fam. 13, 5. 68) Sne«.
Oclav. 2. 10. Dio 45, 2. Nicol. Dara.isc. Hist. Vit.i Aug. c. 15. p. 112.
ed. Grell. Vgl. Dio 45, 6. VcUej. 2. 59, n. I. Th. 122. A. 23. 127.
§. 52.
(570 XXI. lULII. (31. §.65.)
den Consiilar, nnJ wird von niemandem bestätigt. ^5) Allen in
jeder Hinsicht zn genügen war anmöglict; ein Optimat, welcher
statt einer Provinz Geld erhielt, beschloss im Unmutli, sich zu
tö'dten. '") Die Krieger von niedrig-em Range, die Veteranen,
wie jeder hiess, welcher unter dem Sieger gedient hatte, ver-
sorgte man mit Ländereien; es sollte scheinen, als ob nur das
julische Ackergesetz vom J. 59 vollzogen würde. ^') Dadurch
entstanden neue Militär - Colonien, nicht ohne Beeinträchtigung
der suUanischen, '^) obgleich Cäsar erklärte, dass die Verkäufe
nnd Anweisungen Sullas gültig bleiben sollten. '^) Man schonte
selbst geweihten Acker nicht,'*) und C'ainpanien nnd Etnirien
verloren , wie gewohnlich in solchen Fällen , am meisten , indess
wurden anch das cisalpinische Gallien und andere Gegenden an-
gezogen. Daher die Verwendung Ciceros bei Mitgliedern der
Commission, welche den Acker verlheilte, bei Valerius Orca,
Cluvius und IM. Kutilius. ") Nach dem Tode des Dictator liess
]M. Antonius den Besitz durch den Senat der Veteranen verbür-
gen,'^) und doch beunruhigte er sie bald selbst durch das Acker-
gesetz seines Bruders, des Tribuns Lucius.") Die Missrergnüg-
ten, welche Proscriplionen erwarteten, sahen sich abermals be-
schämt. ' *) Cäsar blieb sich gleich ; seine Milde wurde in dem
Maasse grösser, als er mächtiger wurde. Er gab den Wittwea
seiner Feinde, deren Vermögen eingezogen war, weil sie auch
nach Pompejus Tode im Kampfe gegen ihn beharrten, ihre Aus-
steuer zurück, und den Rindern einen Theil des väterlichen
Erbe;'*) viele Verbannte wurden begnadigt, und andere unter
69) 46, 22. wo die Erklärung des FalricinSj der Dictator habe dem
Pompejaner verziehen, ihm die Rechte der Nobilität nicht entzogen, der
Meinung des Vf. keineswegs entspricht ; diese durch nichts uuterstiilzte
Meinung eines so nnznyerlä>sigcn Zeugen, welcher auch übrigens Calenns
Wahres und Falsches und höchst Unwürdiges zum Nachlheil des Getadel-
ten in den Mund legt, darf aber in der Geschichte nicht Platz greifen, ob-
gleich Casanb. zn Suet. Caps. 41 Mongault A. 4 za Cic. ad Alt. H, 6 n.
A. unbedenklich beistimmen. 70) Dio 43, 47 fin. Hier §. 69. A. 82.
71) Oben §. 11. Sueton. 81. 72) 2. Th. 480. 507. 73) Cic. ad
Farn. 13, 8. 74) Dio 43, 47. 75) ad Fam. 13, 4. 5. 7. 8. Vgl.
Sueton. 81. 1. Th. 129. A. 67. 76) 1. Th. 94. A. 88. 77) Das.
113. A. 58. 78) Oben {. 63, A. 96. 79) Dio 43, SO.
XXI. IDLII. (31. §,66.) 671
seinen eliemallgen Geg^nern zu Ehrenstellen beförclerf.'") Zn den
Wenigen, mit welcLen er sich nicht versöhnte, gehörte Dejo-
tariis. ^ ' )
Um die Mitte des December unternahm er eine Reise nach
Cainpanien, wo er bei PuteoII seinen Verwandten L. Marcius
Philjppas und auch Cicero auf den Villen saL. Die Nachrichten
über diesen Besuch in einem Briefe des Letzten an Allicus sind
sehr erwünscht, da sie uns mit dem Dictator gleichsam unmittel-
bar in Berührung bringen, über seine Lebensweise und sein Ge-
folge, und auch über Cicero manchen Aufschluss geben.^') Die-
ser erhielt bald nachher durch den Älagister Equ. M. Lepidus die
Einladung, nach Rom zu kommen, um als Augur mit seinen
Collegen den Ort zu weihen, wo ein Tempel des Blars erbaut
werden sollte; er wusste, dass seine Gegenwart nicht nolhwen-
dig war, und Cäsar ihn, den ersten und angesehensten Consular
unter jedem Verwände an sich zu ziehen suchte, doch wollte er
sich einündeu. * ^)
§ 66.
Im Jahre 44 war Cäsar zum fünften ]\Iale Consnl und M.
Antonius sein College. ") Schon im vorigen hatte er die füiifle
(vierte) DIctatnr angetreten,^*) und M. Lepidus zu seinem Ma-
gister Equ. ernannt. *^) Dadurch, dass er das Consulat selbst
übernahm, fühlte Dolabella sich gekränkt, welchem es verspro-
chen war; dieser hielt Antonius für die Ursach; er schmälite
ihn am 1. Januar im Senat, und als Cäsar erklärte, dass er ihm
vor dem Feldzuge g'egen die Parther im Amte folgen solle, drohte
Antonius durch seinen Einspruch als Augur die Wahl zu ver-
80) Ders. 1. c. Pint. Caes. 57. App. 2, 495. Zonar. 10, 11. Sne(on.
75. Veliej. 2, 56. 81) Cic. 2 Phil. 37. 11, 12. 13. p. Deiot. 3. Obea
J. 55. A. 85 f. n. A. 8 f. Cicero Terlheidigte ihn in diesem Jahre , als
Castor, sein Enkel, und sein Sclav, der Arzt Phidippns, ihn beschuldigten,
dass er Cäsar znr Zeit des Kriegs mit l'harnaces habe tödten TfoUen.
82) ad Att. 13, 52. S. nnten §. 73. A. 83. 83) ad Att. 13, 42. un-
ten J. 66. A. 12. 84) Fast. cap. a. 709 u. die Stellen im 1. Th. 77.
A. 77. 85) Oben §. 64. A. 60. 86) Lejiidns folgte in diesem Amte
nicht dem Antonius, wie Appian sagt, sondern es vriirde ihm verlängert'
1. Th. 1*. A. 60. 78. A. 80.
672 XXI. lULII, (31. §.66.)
Lindern. Am Tage der Comitien führte er es ans ; dör DIctator,
dessen Freunde viel 'wag'en durften , wenn sie sicL bewährt bat- "
ten, wollte am 15. März den Streit entscheiden, nnd wurde ge-
töJtet. *') Die Prälnr erhielten sechzehn,^*) und die Quästur
wieder vierzig.'^) Statt der vier Aedilen, welche bisher ge-
wählt waren, hatte Born in diesem Jahre zum ersten Blale sechs,
zwei curulische, wie früher, nnd vier plebejische; zwei unter
diesen sollten für die Zufuhr sorgen, und hiessen deshalb cerea-
les. *^'') So entledigte sich Cäsar von neuem eines grossen Theils
Reiner Verpflichtungen. In gleicher Absicht legte er Colonien an;
doch sollten sie auch den Handel beleben, und müssiges, besitz-
loses Gesindel aufnehmen. Er schickte unter Anderem Ansiedler
nach Pharns,'") nach Narbo und Arelate. ^') Bei der Zwei-
deutigkeit der Bezeichnung colonia lulia bleibt man oft ungewissj
ob sie auf ihn oder auf Augustus zn beziehen ist ; manche Städte
waren in dieser Hinsicht Beiden verpflichtet, wie Berytus, ^*)
Carthago und Corintb. Die Letzten wollte Cäsar vorziiglidi
durch Freigelassene herstellen.^*) Ohnerachtet des Fluches, mit
welchem man den Aufbau Carthagos verpönt hatte, gründete C.
Gracchus auf dessen Ruinen eine Colonie Jimonia ; sie weir un-
bedeutend, weil die Sendung des kühnen Volkshauptes für den
Senat etwas ganz anderes bezweckte, aber sie erhielt sich,'*)
bis Cäsar, angeblich im africanischen Kriege durch einen Traum
gemahnt, in welchem ihm ein Heer von Flehenden erschien, im
J. 44 sie zu erweitern beschloss. ° ') Pausanias erwähnt es als
87) 1. Th. 77. A. 78 f. 2. Th. 571, A. 34 f. 88) Dio 43, 49.
Äl. Oben §. 56. A. 73. u. {. 65. A. 57. 89) Dio 49, 51. 89 A) Dio
43, 51. Pomiion. de orig. inr. D. lib. 1. tit. 2 lex 2. Sueton. 41. Poli-
tian. Miscellan. c. 85 *. Pigli. 3 , 467 halten irrig die beidea cnrnlischen
für Cereal- Aedilen ; Dio sagt das Oegeniheil, nnd noch bestimmter wider-
legen ihn die MUnzen. Ursiu. Farn. R. Faun. n. die Inschrift das, p. 96.
Vaill. Criton. u. Memm. No. 6. Eckh. 5, 198 n. 251. Vgl. über Critonins
App. 3, 543 fio. n. 1. Th. 123. A. 26. 90) Plin. 5, 34 (31).
91) .Sneton. Tiber. 4. Grater. p. 229. 92) S. Schlegel in Morell. Th«-
sanr. im Commentar xu Caes. tab. 6, 17. 18. tab. 8. No. 21. 22, die dort
Bngcfiilirten Schriften ii. Onnphr. Pan\in. Irapcr. Rom. in Graev. Thes. 1.
1). 3ü4 f. fitrabo 16 , 756 nennt nnr Agrippa (Augnst). 93) Sirnbo 8.
381. 17, 833. 94) SoÜn, c. 27. §. II. 96) App. Pnnic. p. 83,
XXI. lüLlI. (31. §.66.) 673
eine Sage;^^) Appian versichert, Angustns Labe Jen Plan in
seinem TagebiicLe gefunden und ausg-efiilirt, ") und Solinus lässt
diess sogleich nach dem Tode des Dictator geschehen, wo jener
nun freilich mit sich beschäftigt war;^*) die Meisten erklären
sich für Cäsar.'') Wenn er einmal den Entschliiss gefasst hatte,
zwei der berühmtesten Städte des Alterthums herzustellen , so
aahmen die Colonisten, welche für das Ausland bestimmt wa-
ren , wohl zunächst diesen ^Veg'. In der Geschichte der g:rie-
chischeu Colonien ist nichts gewöhnlicher, als dass Vergrö'sserung
für Gründung gilt; so auch hier. Unter Auguslus kamen neue
Ansiedler, denn Lepidus hatte Carthago zum Theil seiner Ein-
wohner beraubt, '°°) aber schon Cäsar gab ihm seinen alten Na-
men,') und es erhob sich hald auf seiner allen Stelle-) zu gi-osser
Bliithe, *) bis es nach manchen "NVechselfälleu des Glücks im
Anfange des achten Jahrhunderts n. Chr. von den Arabern zer-
stört wurde. Auch Corinth erhielt seine ersten Colonisten im
J. 44 dui-ch Cäsar; ') andere schickte Augustus. ') Cicero be-
merkt, man habe kaum eine Spur von dieser Stadt übrig gelas-
sen , weil sie wegen ihrer Lage der Schlüssel zum festen Lande
und die Brücke z\^•ischen zwei Bleeren gewesen sei;^) eben
deshalb sollte sie jetzt aus ihren Trümmern erstehen und ein Ca-
nal den Isthmus öifuen. ")
96) 2, 1. f. 2. 97) 1. c. 98) 1. c 99) Die 43, 50. Plnt.
Caes. 57. Strabo 17, 833. Vgl. Sneton. 42. 100) Hio 52, 43. App.
1. c 1. Th. 19. A. 1. 1) Dio 43, 50. 2) Augnstns besiinuute
diese nicht, daher irrt anch App. 1 c. "wenn er ihn aus Scheu top dem
fluche die römische Stadt nur in der Nähe der phoenicischen erbauen lässr.
S. Plio. 5, 3 (4). C. Falbe (Dänisch. Consnl in Tunis) Recherches sur
reniplacement de Carih.ige. Paris 1833. u. Uureau de la Sl.iUe Recherches
sur la lopographie de Carlhage. Paris. 1835. 3) Slrabo 17, 833. Solin.
I. c. Alela 1,7. 4) Die Stcllca oben in A. 99. n. Slrübo 8, 381.
Pausan. lib. 2, 1. f. 2. cap. 3. §. 1. lib. 5,1. §. 1. Mela 2, 3. Nach
Appian, Punic. 85 erTraib sich Augustus diess Verdienst. Der Dictator er-
nannte sogar schon den Aufseher bei den Arbeiten aul dem Isthmus; s. un-
ten , und man hat Münzen Ton Corinth mit seinem Kopfe ; Vaillaut. lul.
Ko. 50. Morell Thes. Caes. tab. 6. No. 11. 12. 13. Tab. 7. ISo. 1. Pa-
tin. Imper. Rom. Jium. p. 18. Eckh. 2 , 238 f. 5; Daher Cäsars Kopf
und der seinige auf den coriulh. Münzen. Morell. 1. c. lab. 6. Ko. 14. 15.
6) de lege agr. 2, 32. 7) Sueton. 44. Plin. 4, 5 (4). Dio 44, 5. Plot.
Caes. 58 erzählt, Anienns h.ibe das Uuternehiueu leiten sollen; ein ent-
DruiBum, Cescliiclile Uams ll(. ^J
e74 XXI. lüLIL (3i.§. 6C.)
Svetoii berechnet dio ZaLl der Bürger, welcLe über ila^
Meer i;ieni;eii , auf 80,000; ") so wenig Latte der Krieg mit mir
drei Ilatiptschlaeliteii in fünf JaLren die Bevölkerung ersdiopfi;
Damit diese jedocli nicht za sehr litt, solhe keiner zwischen 20
und 40 Jahren mit Ausnahme des Kriegsdienstes länger als drei
nach tinander von Italien abwesend sein, kein Sohn eines Se-
nator es anders als iui Gefolge eines Statthalters oder Heerführers
verlassen , ^ '') der Besitzer grosser Heerden wenigstens den drit-
ten Theil der Hirten unter den Freien wählen, ^) und eine zahl-
reiche Nachkommenschaft dem Familienvater böigerliche Vorrechte
sichern. ' °)
Man vermag anch mit dem kühnsten Fluge der Einbildungs-
kraft nicht zu ermessen, was Rom, Italien, die Welt geworden
sein würden, wenn Cäsar das natürliche Ziel seines Lebens er-
reicht hätte. Jetzt erst begann die Zeit des Schaffens für einen
Hieseugeist, welcher das Schöne »md das Nützliche, die Wissen-
schaft und den Staat, das Kleine und das Grosse umfasste, und
nun über die Macht eines ungeheuren Reichs gebot; aber Weni-
ges wurde ausgeführt. So lies't man von Entwürfen zu pracht-
vollen und schwierigen Bauten. Auf dem kleinern Campus Co-
detanus westlich von der Tiber, wo im J. 46 nach den Triinn-
phen ein Seegefecht gegeben war,'') sollte Rom einen colossa-
len Tempel des Älai-s erhalten, und zu dem Ende das Wasser
siellter Namo. Ancli Alexander, Pansan, 2, 1. §. 5, und Demelrins To-
liorcetes Strabo 1, 54 l'lin, I, c. wolltea diese Landenge durchsteclien, und
^l)äter Caligula nnd Nero, l'lin. l. c. Snet. Calig. 21. Nero 19. Dio 63, 16.
S) Caes. 42. 8 6) Die A^orordnnng Ciisars, welche die freien Gesandt-
äuliaften der Senatoren beseliränkte , sollte die Laslen der Provinzen ver-
mindern. I. Th. ISS. A. 82. 9) Sueton. 1, c. u, das. Casaub welcher
daran erinnert, dass Licinins Stolo im vierten Jahrhundert t. Chr. nach App.
i , 354 in Betreif der Hirten ähnliches beantragt hatte. Die Sclaverei er-
schwerte dem armen Freien de« Erwerb und die hänsliche Einrichtung.
10) Dio 43, 25. Melellns Macedonicus wollte, dass der Staat die Ehen
belürdere; 2. Th. 20. A. 61. Dasselbe bezweckte zum Tlieil Ciisars Acker-
Gesetz vom J. 59; hier §. II. A. 11, Ueber Angustus Gesetz de maritan-
djs ordinibns s. Dio 54, 16. Liv. 59. Suet. Octav. .H. Gell. 2, 15; er
konnte der Ueberhand nehmenden Ehelosigkeit als Folge der Schwelgerei
iiiid der Ansschwuifnngen nicht steuern, daher noch in seinem hohen Alter ;
'm 3. 9 nach Chr. die lex Fapia Poppae«. II) Oben §. Gl, A. 75,
XXI. lüLII. (31. §.66.) G75
wieder abgeleitet nnd der Ort geebnet und von den Aagum ge-
TveiLt werden; er wurde erst im folgenden Jahre wäLrend eine«
Pest auf BefeLl des Senats aiisgefiillt , wahrscheinlich wegen de*
nngesnuden Dünste. ' ') Cäsar gedachte ferner nach dem Bei-
spiele des Pouipejiis ' *) aber nach einem weit grössern Blaass-
stabe am tarpejischen Felsen ein Theater zu erbauen. ' *) Dio
erzählt, er habe mit der Räumung des Platzes den Anfang ge-
macht , Häuser und Tempel abbrechen , die hölzernen Statuen
verbrennen, und das Geld, welches man bei dem Graben fand,
in seinen Privat - Schatz fliessen lassen; erst durch Angnstns sei
das Theater vollendet, und nach dessen Schwestersohn M. Mar-
cellus benannt; das marcellische hatte aber nach Ort und Umfang
mit dem Gebäude, welches man jetzt errichten wollte, nichts gemein,
auch bestätigt Sveton diese Nachricht nicht. ' ^) Durch die Ans-
ti-ocknung der pomplinischen Sümpfe hoifle der Dictator die Luft
zu verbessern und fruchtbares Land zu gevrinnen ; der grosse Ar-
chilect war bei diesem Unternehmen, mit welchem der Senat ihn
beauftragen musste , an seiner Stelle. ' ^) Dasselbe gilt von dem
Plane , durch eine Strasse über die Apenninen das adriafische
Bleer und die Tiber zu verbinden,'') das Bett der Tiber an
der Mündung zu reinigen und bei Ostia einen tiefen und geräu-
migen Hafen mit einer sichern Bhede anzulegen,'*) welches
Claudius ausführte , ohne den Fluss einstweilen in einen Canal
abzuleiten, wie es nach einer Bemerkung Plntarchs Jetzt beschlos-
sen war. ' ^) Die Ablassnng des fucinischen Sees im Marsischen
in die Tiber ^'') blieb ebenfalls jenem Kaiser vorbehalten, unter
dessen Regierung 30,000 Menschen in 11 Jahren einen Canal
von 3000 Schritten gruben, nnd um zum Ziele zu kommen, einen
Berg durchstachen;^') es war schon deshalb eine Wohlthaf, weil
12) Cic. ad AU. 13, 42. Snet. 44. Dio 45, 17. Oben §. 65 Sn,
13) Pompej. IIIt. a. 55. 14) Snet. I. c. Dio 43, 49. 15) üeber
das Tlieater des Marcellus Tgl. Dio 53, 30, ■wo er mederliolt, dass scbon
Cäsar gebaut habe ; die Zeit der IVeihe setzt er 5t , 26 richtig in das J.
13 T. Chr. Plin. 8, 25 (18) vgl. 7, 36 dagegen ia das J. 11. Lir. 138.
Snet. Octav. 29. 43. Plut. Marcell. 30. 16) Cic. 5 Phil. 3, Sneton.
44. Dio 44, 5. Plut. Caes. 58. 1. Th. 113. A. 59. 17) Sueton. I. c.
18) Plut. Caes. 58. 19) Suet. Cland. 20. Dio 60, II, 20) Sneton.
Caes. 44. 21) Ders. Claiid. 20. Plin. 36, 24 (15). j. 11. Tacit. A. 12,
56, Oio 1. c, alleia erzählt, das Uutemelunea sei misslnngen,
43*
676 XXI. lULlI. (31. §.66.)
der See oft übertrat, und die Umgegend verLeerfe; man erwar-
tete aber auch so reicLe Erndten von seinem Boden, dass Pri-
valpersonen sich erboten, iLn trocken zu legen, \\'enn man ihnen
das Saatland zur Entschädigung sichere;'^) später beschäfliglen
sich Trajan^^) und Hadrian mit der Herstellung des Emissärs.^ ')
Eine andre Verfügung C'äsars 'V^'ar von grösserem und all-
gemeinerem Interesse; er befahl die Gesetze, Vielehe man wegen
ihrer Menge nicht mehr übersehen konnte , zn sichten und zu
ordnen ; ' ') unter seiner einsichtsvollen Leitung würde man eine
brauchbare Sammlung erhalten haben , A'selche wohl nicht schon
Pompejus'*) aber Cicero sich zur Aufgabe gemacht hatte.''')
Auch die Bücher- Schätze sollten zugänglicher werden; M. Te-
renlins Varro erhielt den Auftrag, griechische und lateinische
Schriften für eine öffentliche Bibliothek zu sammeln.-*) jMan
durfte von der Verbindung des mächtigsten und des gelehrtesten
Römers zu einem solchen Zwecke einen glänzenden Erfolg er-
warten; wenn auch hier die Hand des Blörders hinderlich wurde,
so war doch der Anstoss gegeben, nicht bloss zum Privatgebrau-
che, wie Aeniilius Paullus, der Eroberer von Blacedonien , ")
Sulla ^ ") und LucuUus,^') welcher indess gern Freunden mit-
theUte, Bibliotheken anzulegen, und Asinins Pollio gieng darauf
ein , • ihm verdankte Rom die erste ölfentliche. * ') Es sollte in
jeder Beziehung alle anderen Städte verdunkeln, als glückliche
IVebenbuhlerinn von Athen und Alexandrien nebst den besten
und meisten literarischen Hüllsmitteln anch die voi-ziiglichsten
Gelehrten vereinigen; damit diese sich wiluger einfanden, gab
Cäsar den'Aerzten und den Lehrern der freien Künste in seiner
Hauptstadt das Bürgerrecht.^^) Freilich konnte man das Ver-
säumte nicht mehr einbringen ; die Römer hatten dem gebildetsten
Volke des Alterthums den Sieg in den WissensaLaften nie strei-
22) Sneton. Cland. 20. 23) Romes. Inscr. Class. 3. No. 81. p. 333.
24) Spari. Jladr. 12. Fabrelti Emissarii lac. Fucini descript. indessen Scliiift:
de colnmna Traiani. 25) Suet. 44. Uio 43, 50. 26; Isidor. Orig.
5, I. Jleinecc. Ant. R. Prooem. J. 12. 27) Cell. 1, 22. §. 7: M. Ci-
cero in libro, qiü inscriptus est: De iure civiLi in arlem redigendo elc.
28) Suet. 44. 29) I'lut. AemU. p. 28. Isidor. Oiig. 6, 5. 30) 2.
Th. 496. A. 92. 499. A. 22. 31) Plut. LncnlJ. 42. 32) Thorbetko
Asin. PoUio p. 36 t 2. Tb. 12. 33; Sueton. 42. Tgl. Cic. 13 PhU, 61.
XXI. lULH. (31. §.66.) G77
tit: »eniacLt") und in iLrem Leben eine ganz andre RicLhing'
troiiommen, in \selclier der Optimat nur auf Aiisflüg-en zu seiner
Er.'iolung' und die Älasse gar nicLt mit „den GriecLleiu" zusam-
mentraf,
GewöbnlicLe Geister stecken sicL ein Ziel und bannen sich
in einen Kreis; der reich begabte duldet keine Schränken, er
mnss scLaffen , «nauf liö'rlicL schaffen , sei es in der Wissenschaft
oder im Staate, er kann nicht anders, so ■weniy als die Eiche
sich in ihrem AVachsthura' aufhalten und zum .Strauche werden
kann. Das stille Leben des Denkers, ■welcher täg-Hch auf seinem
Gebiete vordringt, und sich und Anderen neue Bahnen öffnet,
entzieht sich für die IVIelsten der Beobachtung, wenn aber der
Held mit seinen Heeren über die Erde schreitet, so kennen sie
keine Ursach als Ehrgeiz und Blutdurst. Es würde Wahnsinn
sein, den Eroberer in Schutz zu nehmen, oder der Ruhmsucht
ihren Antheil an seinen Thaten abzusprechen ; man muss zugeben,
dass er diese Schwäche mit den Tausenden gemein hat , welche
auch Eroberer sein würden , wenn sie Helden wären , aber mau
vergesse auch nicht, was die Natur bedingt, den innern Drang,
aus sich herauszugehen, genährt und gepflegt von dem Bewusst-
sein der Ueberlegenheit ; wem der Finger genügt, wo Andere
den Arm gebrauchen, der wird weit liinausschauen nach Arbeit,
nicht bloss um zn glänzen, sondern auch weil jede ausgezeichnete
Rraft einen ihrer würdigen Geg'enstand sucht. Zu dieser Be-
merkung, welche vff erklären, nicht rechtfertigen soll, giebt
nuch Cäsars Geschichte Veranlassung. Wälirend er mit schneller
Uebersicht das Innere seines Reiches ordnete, ruhte sein Blick
zugleich auf anderen, Nene Kriege sollten ihn und die Legionen
beschäftigen, Rom durch Vergrösserung versöhnen, die E|)oche
der Älonarchie mit unerhörten Begebenheilen bezeichnen. A'N^eun
er zu einem Angriff' auf Parthien rüstete, so war die öffentliche
Meinung in dem Maasse für ihn, dass er mit dem Blute der
Barbaren sein Schwerdt vom Biirgerblufe reinigen konnte. Dort
regierte noch Orodes, der Arsacide, gegen welchen im J. 53
Crassus fiel, und in den folgenden der Quästor des Proconsuls,
C. Cassius , nur mit grosser Anstrengung Serien beliauptcte. ^ ')
34) Cic. Tnscnl. Oiiacst. 1,1. 35) 2. Th. 119.
678 XXI. lULlI. (31. §.66.)
Seitdem war er der ScLiecken der StattLalter in dieser Pyovinit
und in Cilicieu;^^) noch im Anfange des Krieg'es zwiscLen Ca-
gar und Pompejiis verlangte er von diesem die Abtretong Syriens
für die erbetene Hülfe.") Nach Westen also -wollte er sich
ausdehnen; der Taurus und das ägäische Meer gewährten wenig
Schutz, wenn er siegreich diesseits des Euphrat stand; ihn ent-
waffnen hiess die Vernichtung eines römischen Heeres rächen,
den Staat vor schim])fiichem und unersetzlichem Verlust' bewah-
ren; die neuen Perser sollten ihren Alexander finden.'") Cäsar
wurde nur durch die unerwartete Verlängerung 4es Bürgerkriegs
verhindert, schon früher nach Asien zu gehen. Die Legion,
welche er nach dem alexandrinischen unter Sex. Julius Cäsar
am Orontes zurückliess, war zur Vorhut bestimmt. 'ä) Er be-
sprach diese Angelegenheit mündlich und schriftlich mit den Ver-
trauten, noch während des zweiten Feldzugs in Spanien, und
Cicero hielt es damals für angemessen, in einem Briefe an ihn
sich gutachtlich darüber zu äussern.'"*) Doch blieb die Zeit sei-
nes Aufbruchs nach dem Osten ungewiss ; mitunter glaubte man
sogar, dass er aus Furcht vor Neuerungen in Rom den Plan auf-
gegeben habe;*') dann erzählte man sich, ebenfalls im J* 45,
sein Entschluss sei unwandelbar, zumcil da ohnehin ein Einfall
der Parther in Syrien bevorstehe.*^) Die geheimen Gegner
überliessen sich der Hoffnung, dass er nicht zurückkommen wer.
de,**) und die Illyrier, deren Land er im Durchzuge berühren
konnte , schickten Gesandte, nach steter AufleJinung Gehorsam zn
geloben.*^) Er wollte auf dem Wege nach Asien an dem Ufer
der Donau die Dacier und Geten sich unterwerfen, welche häu-
fig in Thracien und Macedonien raubten,*^) und nach der Be-
siegung der PartJier durch die Länder am caspischen und am
36) Das. 102. 37) Hier §. 47. A. 24. 38) App. 2, 496. 497,
wo auch Ungereimtes über die ürsachea des Partherkriegs mitgclheilt -wird.
Dio 43, 51. 39) App. 3, 573 hat die damalige Verwallung Syriens
nicht richtig dargestellt. 2. Th. 126; hier §. 55. A. 79. 40) ad Att.
13, 27. 13, 31. Oben §. 63. A. 1. 41) ad Att. 13, 7. 43) ad Att.
13, 42. ad Fam. 12, 19. 2. Th. 619. A. 9. Hier A. 49. 44) ad Att.
15, 4. 45) Ajip. Illyr. 762. ed. Schweigh. c. 13. Oben §. 63. A. 16.
46) App. 2, 497. 3, 542. VeUej. 2, 59. LiT. 117. Snet. Caes. 44. Oclav. 8.
Vgl. Sirabo 7 , 294 f. 503 1. Dio 51 , 22. App. Ulyr. 738.
XXI. lULII. (31. §. CT.) 079
M liwai-zeii Meere , diiicli Germanien und Gidlien nach Roni zu-
iiickkeLreu, nin dessen Gebiet überall, wie luan uteinte, bis zum
Oceau zu ei"weilern. ") Appian berichtet, er Labe 16 Legionen
und 10,000 Reuter über das ionische Meer voransgjeschickt. ")
lu Syrien war Sex. Julius Cäsar im J. 46 auf Anstiften des
Pouipejaner Caecilius Bassns getödtet, welcher sich des Landes
bemächtigte; C. Antistins Vetns drängte ihn im folgenden, aber
tlie Parther erschienen unter Pacorus, und er musste sich zurück-
ziehen, wie er selbst im December meldete.''^) Alan erhielt sei-
nen Brief in Rom ziemlich spät, nach dem Tode des Diciafor,
doch hatte auf dessen Befehl schon .Statius Murcns drei Legionen
nach Syrien geführt, und da auch er gegen Bassns nichts ver-
mochte, so eilte Marcius Crispus mit einer gleichen flacht ans
Bilhynien herbei. Die Zahl der Truppen in den übrigen Pro-
vinzen Asiens wird nicht angegeben. Cäsar konnte aber vier
Legionen aus Aegj^iten an sich ziehen; '") andere entsandte er
gegen Ende des J. 45 mit dem neuen Statthalter Acilias, dem
]\'achfolger des Ser. Sulpicius,") und im Anfange des J. 44
mit C. Caninius Rebilus ^^) nach Achaja. Die Hauptmacht stand
in Macedonien, 6 Legionen mit Reuterei und leichten Truppen,'^)
und Demelrias in Thessalien war das grosse Zeughaus, in wel-
chem man Waffen aller Art in Bereitschaft hielt.*'') Oclaviaii
erwartete in ApelJonia, wo er seit den letzten Blonateu des vo-
rigen Jahrs den Studien oblag und zugleich an den kriegerischen
Uebnngen Theil nalim, seinen grossen Verwandten, um sich un-
ter dessen Leitung zum Feldherrn zu bilden;*'') diess war ihm
nicht bestinunt. '
§ 67.
(a. 44.) Auch bei den glücklichsten Erfolgeji konnte Cäsar
das Unternehmen, welches er vorbereitete, nicht in kurzer Zeit
47) Plnt. Caes. 58. Zonar. 10, 11. Vgl. Plal, Brnt. 22. Dio 45, 3.
48) 2, 497. 49) Das Genancre über diese Ereignisse im 2. Tli. 126 f.
,50) Drei -waren der! als Besatzungen geblieben, und eine vierte kaiu Iiinzn.
Oben 5. 54. A. 52. 2. Th. 128. A. 92. 51) ad Farn. 7, 30 ßu. Vgl.
Ciceros Briefe an Acilius aus dem J. 46, ad Farn, la, 30 — 39. 32) ad
A«. 14, 5. Hier §. 65. Ä. 64. 53) 1. Th. 160. A. 28 f. 54) IMui.
Brut. 22. Ävp. 3, 567. 55) 1. TIi. 118.
680 XXI. lULII. (31. §.67.)
beenclig'en. Er fiircLtefe niclit, dass Rom sich indess gegen ibn
aullekiien werde, da sogar während des Bürgerkriegs die Riihe
sich erhallen hatte, aber der Ehrgeiz und die Habsucht seiner
eigenen Anhänger erregte Besorgnisse; um Reibungen zwischen
ihnen zu verhüten , und die Verwahung des Staats in Abwesen-
heit des Oberhauptes und für den Fall, dass die Verbindung
zwischen dem Heere und Italien unterbrochen würde, nicht in
Frage zu stellen, zugleich aber um Verdienste zu belohnen, ver-
fügte er zum voraus über die Aemter. ' ^) Die Bemerkung der
Alten, er habe die Comitien mit dem Volke getheilt, lässt ver-
schiedene Erklärungen zu,") besonders, da Dio versichert, dass
die Hcilfte der Magistrate von ihm ernannt, und diess in eineni
Gesetze, welches angeblich dem J. 46 angehörte, ihm erlaubt
sei.*') Man wünscht zu wissen, um wenigstens die Ansicht
des Schriftstellers kennen zti lernen, bei welchen Aemtern der
Dictator sich das Ernennun^'s - Recht vorbehielt; er deutete auf
die C'onsuln,'") dann aber konnte nicht von der Hälfte die Rede
sein, und Cicero bezeugt sehr bestimmt, dass noch im J. 44 un-
ter Cäsars Herrschaft Consular-Comiticn gehalten wurden,^") und
Dio, dass sowohl die Tribut- als die Centuriat- Comitien fort-
dauerten. ^ ' ) Was besagte also das Gesetz ? Diess konnte Dio
selbst nicht beantworten, weil er den Missbrauch zu einer Ver-
ordnung erhebt. Cäsar empfahl die Candidaten, w^elche man
"svählen sollte, wie später Augustus,^-) und das Volk wählte
sie; eine Beschränkung auf eine gewisse Zahl fand niclit Statt.^*)
Die Neuerung wurde noch fühlbarer, als L. Antonius, der Bru-
der des nachmaligen Triumvir, am 10. December 45 das Tribunat
übernahm, und, wahrscheinlich sogleich, den Dictator in einem
Gesetze ermächtigte, zum Besten der Republik die Aemter auf
einige Jahre zum voraus zu vergeben, ehe er gegen die Parther
ziehe. ^') Er niocLle seinem Gönner nicht durch irgend einen
Zusatz Zwang anthun, welcher etwa die Ehrenstellen oder die
56) Dio 43, 51. 57) Siiet. 41. C!c. 7 Phil. 6. 58) 1. c. n.
43, 14. 45. 47. 591 43, 47, 60) 2 Phil. 32. 33. 61) 1. c.
62) Dio 55, 34. 63) Suct. 41. 76. Eulrop. 6, 25 (20). ^""§1. Cic. ad
Att. 14, 5. 6. 64) Cic. 7 Fhil. 6. Est enini (L. Anton.) patronns
XXXV triliiinm , quariim sua lege , <ni.i cum C Caesore magistratus jiar-
«ilHS est, siifringium bustulil. I. Tli. 627. A. 20
XXI. niLU. (31. §.67.) 681
Znlil Act Jahre tefraf. Demnacli wäLKe Cäsar die Vollzieher
seiner Befehle, Inhaber von Titeln oder Würdenträger, und zwar
unter allen Parteien, denn diese sollten in einander verschmelzen,
l cber die Zeit, vs'elche die Blassregel iimfassfe, sind die Alten
nicht einig:. Appian nennt fünf Jahre; ^') Dio drei, weil man
vermuthete, dass der parthische Krieg: et^va so lang-e dauern
werde; ^*) Cicero zwei. ^') Für keine dieser Ang'aben ent-
scheidet Sveton, da er nur von „mehreren" Jahren spricht, ^^)
wogegen Hirtins durch die Aeusserung in einem Briefe an Cicero:
dass „auf so viele Jahre" die Verwaltung geordnet sei, Appian
zu begünstigen scheint. * ^)
Vor jeder Untersuchung wird man geneigt sein, sich für
Cicero zu erklären, für das Zeugniss eines Zeitgenossen. W^ir
sehen oft bei einer Vergleichung seiner Nachrichten mit dea
ihrigen die Gescliichtschreiber auf Abwegen, und w^erden be-
troffen, wenn wir nur auf diese angewiesen sind. Hier verlässt
er uns nicht, nnd sein Ansehn wird durch andere Gründe uoter-
Etiilzt, selbst durch Dio, denn dieser kleidet nach seiner Gewohn»
heit das dunkel Erkannte in viele Worte, und berührt dabei die
W^ahrheit, ohne es zu ahnden. Blan unterscheide die designirten
Magistrate, wie hier nach dem Vorgange Sallusts und anderer
Schriftsteller auch die Volkstribune heissen, von denen, welche
von Cäsar nur eine Anwartschaft oder eine vorläufige Zusage
der Beförderung erhielten. Er setzte fest, dass im nächsten Jahre
43 C. Pansa und A. Hirlius Consuln sein sollten; daher waren
sie schon bei seinen Lebzeiten designati, oder doch quasi designati,
sofern man ihnen die Befugniss zu der Ernennung absprach. '")
Nach dem 15. Blärz Hess BI. Antonius seine Verfügungen durch
den Senat bestätigen,") und ohne vom Volke auch nur zum
Scheine gewählt zu sein, welches nach der Absicht des Diclator
ohne Zweifel hatte geschehen sollen, und durch seinen Tod und
die neue Gährung verhindert wurde, traten Jene am I.Januar 43
ihr Amt an. Decimus Brutus und L. JMuiiatius PInucus waren
65) 2, 508. 509. 515. 66) 43, 51. 67) ad Att. 14, 6.
68) 76. 69) ad Ali. 15, 6. Auch Tiinstall ep. ad Rliddl. p. 165 f.
hält Appians Angabe für tlie riclitige; er vird liior durch das Folgende
widerlegt. 70) S. die Siellen aus Ciccros liiiefen iu Ilirlii Ko. 2. §. 1.
A. 25 «. vgl, das. «. 2. A. U. 71) 1, TIi. 94. A. 87.
682 XXI. lULII. (31. §.67.)
zu ihren Nadifolg-ern bestimmt. In den Ueberschrifleii seiiiei
Briefe au D. Brutus aus dem J. 43 fügt Cicero wiederholt die
Bezeichnung cousul designatus hinzu; ''^) er nenut Beide cou-
sules desjgiiatos; ' ^) Brutus selbst giebt sich diesen Titel,")
und auch Plancns; ") sie werden als künftige Collegen zusammen-
gestellt, ''^) oder sie erwähnen dieses Verhältniss, und zwar als
ein entschiedenes , welches nicht etwa bei übrigens gegründeten
Ansprüchen noch von der Gunst des Volks abhängt;") in deii
Philippiken endlich wird es Antonius zum Verbrechen gemacht,
dass er im mutinensischen Kriege gegen vier Consuln kämpfe,
gegen Pansa und Hirlius und gegen die erwählten des J. 42.")
Eine gleiche Ernennung für das J. 41 wird dagegen in Ciceros
Schriften nirgends beurkundet. Es ergiebt sich nur, dass
M. Brutus dann Consul zu werden hoffte, weil er im J. 44
Prätor war, und dass Cäsar seinen Wunsch zu erfüllen ver-
sprach;'^) nie wird er designatus, nie C. Cassius, welcher mit
ihm die Prätur verwaltete, sein erwählter künftiger College ge-
7 mnt, und auch kein Andrer; man deutet sogar an, dass C. An-
tonius ebenfalls Prätor in jener Zeit, sich mit ihnen bewerben
konnte.^") Ihres Consulats gedenken M. Antonius, weil Zeit
und Folge der Aemfer es mit sich brachte, ^') und Cicero, weil
er ihnen Verbindliches schreiben, sie zum Kriege mit seinem
Feinde aufreizen wollte;'") der Dictator mochte es Cassius nicht
einmal im Privatverkehr' als Gunstbezeugung zusichern.*'')
Wenn man diese Gründe verwirft, und auf die schwankenden
Aussagen der Geschichtschreiber Gewicht legt, so folgt das Un-
erhörte, dass für das J. 41 ein Einzelner, M. Brutus, designirt
wurde; jene sind auch gar nicht dieser Bleinung, sie lassen die
.Sache auf sich beruhen, oder vielmehr sie bemerken die Schwierig-
72) ad Fara. 11, 8. 12. 14. 15. 73) Das. 12, 10. 74) Das.
11, 20. 73) Das. 10, 8. vgl. Cic. 13 PMl. 7. 76) Das. 10, 6..
10. 20. 22. 25. 11, 15. 25. 77) Das. 10, 7. 18. 23. 78) 13 Fhil.
7. 14, 3. ■vgl. Dio 46, 53. 56. Durch den neuen Hiirgerkrieg erlilleu
Ciisars Voi'tügnngeii über das Consulat inaiiclie Veriiodening. I. Tli. 336.
A. 96. 372. A. 84. 3S0. A. 90. 79) Plut. Caes. 62: er sollte im
\icrlen Jaliie Consiil sein. Vellej. 2, 56, 80) Cic. 8 Thil. 9 eiklürl
im 1. Th. 253. A. 29. 81) Cic. I. c. 82) od Farn. 12, 2. 9 Cu.
83) l'lut. II. VcUej. 11. CO. 2. Th. 123. A. 52 f.
XXI. lüLII. (31. §.67.) 683
keilen und Widersprüche nicLt. Bei der Annalmie einer Ep-
iieuntmg für vier oder fünf JaLre, 44 uicLt gerechnet, verliert
man vollends Grund nnd Bodeu. Hirüiis kann uns nicht irren ;
er geht bald nach Cäsars Tode auf sein Tusculanum, und will
dort eine Zeillang bleiben, nicht znr Senalssitzung nach Rom
zurückkehren, „da die Verwaltung für so viele Jahre geordnet
ist, bedarf es seiner Sorgen nicht",") mit anderen ^^ orten:
Rom hat seine Consnln, nach Cäsar ist Dolabella eingetreten, sie
sind auch für die folgenden Jahre ernannt, der Staat ist nicht
gefährdet. Bei Dio ferner findet sich dasselbe, was Cicero be-
hauptet, wenn man vorerst nnr die Zeitbestimmung ins Auge
fasst: für das nächste Jahr (43) wurden alle Blagistrate zum
voraus ernannt, für das zweite (42) nur die Consula nnd
T, Tribüne, so- viel fehlte, dass man auch fiü' da« dritte jemanden
designirte; * ^) unter den di-ei Jahren also, von welchen er im
Vorigen spricht, zählt 44 mit, da Cäsar sogleicli nach Asien ab-
gehen und das Consulat auf Dolabella übertragen wollte , in der
spätem ßlittheilung nicht. ]Man kann endlich auf den jüngeru
Li. Balbus verweisen; als Ouästor des Asinius Pollio suchte er
in seiner ^ aterstadt Gades bis ins RJernliche Cäsar nachzuahmen,
anch dadurch, dass er die Magistrate für zwei Jahre wählen
liess. *^) Doch ist damit nicht Alles erledigt; Cicero sagt, dass
man zwei Jahre die willkührlich eingesetzten Consnln und
V. Tribüne anerkennen solle,*') und nun erzählt Dio, welcher
diess oder die Nachricht in einer daraus fliessenden nähern Onelle
nicht verstand, für das zweite Jahr seien nur jene lyi^S'is'räte
ernannt. Offenbar liegt in den Worten, mu welche es sich
handelt, ein Ausbruch der Erbitterung: wir haben die Gesetze
lind Einrichtungen, welche uns mit Mass gegen den Diciator er-
füllten, für güllig erklärt, wir wollen anch die auf zwei Jahre
von ihm designirten Magistrate von den Consuln " bis auf die
V. Tribüne hinab dulden, wie kläglich! dass man sie nanientUcL \
nicht auf die Prätoren deuten darf, ist schon aus Dio zu ent-
nehmen; er erzählt, P. Venlidius sei (für das J. 43) die Prälur
bestimmt. **)
84) ad Alt. 15, 6. 85) 43, 51. 86) "a.l Fani. 10, 32. 2. Tli.
C09. 87) ad Att. 14, 6. 6ä) 43, 51. 47, 15. üeU. i6, 4. 1, Th.
372. A, 84.
684 - XXI. lULn. (31. §.67.)
In einem Staate mit einem Dictafor anf Lebenszeit Latte
scheinbar die Würde eines Magister Equilum die grösste Wichtig-
keit, da dieser zunächst berufen war, das Oberhaupt in dessen
Abwesenheit zu vertreten. Obgleich nun Cäsar durch die Wahl
des schlaffen Lepidus bewies , dass er mehr auf andere Stützen
rechnete , so beschäftigte ihn doch auch diese Angelegenheit.
Wenn man den griechischen Geschichtschreibern folgt, so wolltÖ
er anfangs M. Antonius in Jener Eigenschaft fiit die Zeit seiner
letzten Dictatur sich zugesellen, da er ihn dann aber zu seinem
Collegen im ConsTilat wählte, so erhielt Lepidus den Vorzug; '^)
dieser sollte das narbonensische Gallien und das diesseitige Spa-
nien verwalten, bei seinem Abgange in die Provinzen ein Andrer
das Magisterium übernehmen,^") und dann Octavius;^') jener
Andre, sagt man, ist Cn. Domitius Calvinus, Cos. 53, und
allerdings erwähnen ihn die capitolinischen Fasten. ^^) Welche
Absichten Cäsar haben mochte, so scheidet doch einmal Antonius
aus der Reihe der vier Magister, da er weder in den Fasten,
noch von Cicero und den übrigen Schriftstellern unter jenen
Beamten aufgeführt Wird, so weit von dem Jahre 45 auf 44 die
Kede ist. '^) Octavius äusserte gegen seinen Grossoheim den
W^unsch , Magister Equ. zu ■sverden , er musste aber Lepidus
nachstehen; *') gegen die Annahme, diess gehöre in das Jahr
47 auf 46 , kann man einwenden , dass Octavius damals erst
16 Jahre alt war, und Plinius zur Ergänzung seiner Nachricht
wohl hinzugefügt haben würde, er sei später ernannt, ja dass
seine W^orte dann zum Theil wenigstens ihren Sinn verliei-en, da
es kein Beweis für den Wechsel der menschlichen Schicksale auch
im Leben des Glücklichsten ist, wenn jemand nnr nicht sogleich
zum Ziele gelangt. Das Schweigen Svetons und besonders Ciceros,
welcher in den Briefen und Philippiken den Erben des Dictator
89) App. 2, 49S. 90) Dio 43, 51. 91) Ders. 1. c. App.
3, 531. 92) Bei dem J. 709. Donülü Calv. Wo. 6. §. 2. A. 60.
93) Pigh. 3, 462 zieht Cic. 2 Phil. 30 (31) hierher: 9ui magister eifo.
fiiisse lihi "viilerere, in proximiim anaiim constilatiipi petores etc., aber Cicero
spottet über das angeblich angeinassle lMagi.sieriiim des Antonius Tom J. 48
auf 47, s. 2 Phil. 25. 29 u. 1. Th. 73, und im zweiten Satze über sein
unwürdiges Verhallen im J, 45, als er sich um das Consulat bewarb.
94) Pliu. 7, 46 (45). Solin. 1. §. 49.
XXI. lULn. (31. §.67.) 685
so oft enviiLnf, za desseu Gunsten und mit g-ii(em ScLelne zu
seinem NaclitLeile so viel erzüLlt, kommt aucL in BetracLt. Ferner
sollte Lepidus nicht Jlagister bleiben, -wenn er sicli von Italien
entfernte, sondern ein Andrer iLn ersetzen, also ein Anwesender;
Oclavius -svar aber scLon im Herbste des J. 45 in ApoUonia nnd
Latte die Weisung, Cäsar in einem Xriege, dessen Dauer gar
nicLt berechnet werden konnte , zu begleiten. Und nun das
Wichtigste j wodurch alle andern Beweise entbehrlich werden;
in den Fasten ist zwar das Ende der Reihen, welche ( Lepi ) dus
und Domitius nennen, durch den Bruch des Steins Tersch^vunde^,
zwischen den Reihen aber ist keine Lücke, keine felilf, es findet
sicli folglich kein Raum fiir den Xamen des Octavius , sondern
an Lepidus schliesst sich unmittelbar Cn. Domitius an. ^ *)
Man Terlangte nun aber ausser den Ehrenstellen auch Pro-
yinzen, und in ihnen baaren Gewinn, obgleich diese Goldquelle
kärglicher floss, seit ein julisches Gesetz die consularischen nur
zwei , die prätorischen nur ein Jahr zu verwalten erlaubte. ^ *)
Cäsar vertheü'e sie nach Gunst ohne Entscheidung^ durch das
Loos, ^') da er aber bald nachher getödtet wurde, so band man
sich an seine Verfügungen nur so weit, als der eig;ene Vortheil
es erforderte. ^^) Er gab das jenseitige Spanien G. Asinius Pollio»
welcher gegen Sextus Pompejus kämpfen sollte, und im J. 43
im mutinensischen Kriege zu Antonius übergieng. ^ ') Das dies-
seitige Spanien und das narbonensische Gallien wurde dem Ma-
gister Equ. M. Lepidus bestimmt, doch durfte er sich vorerst
durch Andere vertreten lassent'°°) Das belgiscLe Gallien
95) In inseqnentem ann (nm designatns) erat, non inüt. Domitias
worde nicht Blagister, ■weil Cäsar stai-b, nnd Born die Dictatur für immer
aufhob. 1. Th. 106. Die Gelehrten, welche Oclavins einschieben, soUtea
Tfenigstens Domitias Torgehen lassen, -weil Dio 43, 51 es zn fordera
scheint, allein anch dazu -vergönnt der Itlarmor keinen Flatz. Man ist nun
vollkommen berechtigt , Pliuins Nachricht anf die letzte Dictatnr C.'isars zo
beziehen ; dieser schickte Oclayius nach Illyrien, statt sein nnzeitiges Gesuch
zu genehmigen, ivie jene CriecAen glanbten; er Tvählte Lepidns für 45 anf
44 nnd Domitius für 44 anf 43, also Magist. Equ. vrie ConsnJn n. s. f.
auf zwei Jahr. 96) Oben §. 61. A. 14. A'gl. 1. Th. 117. A. 93.
165. A. J9. 97) Dio 43, 47. App. 2, 495. 98) 1. Th. 208.
A. 46 f. 99) 2. Th. 6. A. 42. liier {. 62 fin. 100) Dio 43, 51.
45, 10. App. 2, 495. VeUej. 2, 63. I. Th. 14. A. 64. 16. A. 74.
686 XXI. lULII. (31. §.67.)
A. Ilirdus mit clerselbeu Vergüustigung'. ') Das übrige <rans-
alpinisclie L. Munalins Plancus. ^) Das cisalpiniscLe D. Brutus. ^)
SIcilien A. Pompejus BIlLjnlcus. '') Die alle Provinz Africa
Q. Cornificius. *) In Illyrien stand noct P. Vafinius, ^) in Mace-
donien O. Hortensius, der SoLn des Redners; ') er übergab es
vor dem Ende des Jahrs M. Brutus, welcLem es für das folgende
von Cäsar angewiesen war. *) In AcLaja BP Acilius. ') Asia
sollte C. Trebonins a. 44 verwalten. ' °) In BilLjnien folgte
Tillius Cimber nach C'äsars Tode dem O. Marcius Crispus, ' ')
Syrien, dessen Besitz Cacilius Bassus den Cäsarianern auch nocL
unter L. Statius Murcus streitig niacLle, übemalim gegen Ende
des J. 44 C. Cassius Longinus , welchen der Dictator für 43
zum Stalthallter ernannt hatte. ")
Diesen bestimmten dieselben Gesinnungen und Absichten,
welche ihn bei der Vergebung der Aemter- und Provinzen leiteten,
die vom Volke nach der SclJacht bei Pharsalus umgeworfenen
Statuen des Sulla und Pompefus auf der Rednerbühne her-
zustellen. '■ ^) Manche noch nicht vernarbte Wunde sollte dadurch
geheilt werden, und Rom die Ueberzeugung gewinnen, dass er
nur noch das Andenken an die Verdienste jener Männer in sich
bewahre ; ' ') seinen Gegner hatte er nie gehasst ; die Römer
1) Hirlii No. 2. §. 1. A. 23. 2) Cic. 3 PhU. 15. ad Farn. 10,
1 — 26. 1. Th. 282. A. 15. 345. A. »3 f. 350. A. 30. 355. A. 68 f.
3) Cic. 3 Phil. 1. ad Fam. 11, 4 f. Vellej. 2, 60. §. 5. Suetou. Oct. 10.
Flor. 4, 4. §. 3. Plut. Brut. 19. App. 2, 506. 3, 527. 343. 566. 573.
Dio 44, 14. 45, 9. 1. Th. 136. A. 17. 229. A. 42. 4) Aus Cic. ad
Fam. 6, 16. 17. 23 kana man nicht mit Sicherheit entnehmen, dass er
schon a, 44 auf der Insel war; er wurde hier aber später von Sex. Pom-
pejus angegriilen und getödtet. Dio 48, 17. 19. App. 4, 637. Liv. 123.
5) 2. Th. 619. A. 13 f. Vgl. 1. Th. 140. 224. A. 98. 6) Cic. ad
Fam. 5, 10. App. lllyr. 762. c. 13. ed. Schw. Hier §.63. A. 16 «. l.Th.
262. A. 99. 7) Hortensü No. II. A. 8 f. 1. Th. 262. A. 98. 52S.
A. 5. 8) App. 3, 527. 4, 622. Cic. 2 Phil. 38. II, 12. Flor. 4, 7.
§. 4. 9) Oben §. 66. A. 51. 10) -Plut. Brut. 19. App. 3, 527.
529. 1. Th. 136. A. 20. 11) Plut. n. App. U. cc. Cic. ad Fam. 12, 13.
2. Th. 128. A. 83. 89. 12) App. 3, 527. 4, 622. Cic. 11 Phil 12.
Flor. 4, 7. §. 4. 13) Dio 43, 49. Sueton. 75. Plut. Caes. 57. Cic. 40.
De copienda ex hostib. util. Vol. 7. p. 281. ed. Hutt. Apophlh. Vol. 8_
p. 165. Zonar. 10, II. Vgl. Vcliej. 2, 61. §. 3 n. hier J. 53. A. 4l. 42.
14) Numquam, uiüi honorificeutissime, Pompeium appeUat. Cic. ad Fam. 6, 6.
XXI. lUUI. (31. §.68.) 687
froufcn sich tler edlen Handhing, ' ') nnd Cicero äusserte, er
Labe seine eigenen Statuen dadnrch befestigt. ' '')
Er durfte nicht hoffen, durch ]Milde und Grossmuth alle
Fi'inde zu versoLnen ; vienn sich auch niemand zum Racher des
l'onipejns aufwarf, welcher nie geliebt und bald rergessen war,
so trauerten doch ^ iele um den Verlust ihres AnseLns, nicht
bloss Cicero, erbittert, „dags er bei ihm Gehör suchen und die
bequeme Zeit erwarten niüsste";'') Andere zürnten, weil er
sie auf Rosten ihrer Älitbürger nicht genug bereicherte und er-
hob ; der Hass eines Einzelnen konnte ihm verderblich werden,
und die Unmöglichkeit einer gewaltsamen Auflehnung geheime
Meutereien befördern. Er wussfe es, und die Freunde warn-
ten ; ' ^) aber in ruhiger Grösse gieng er seinem Schicksale ent-
gegen, „ besser fallen als immer fürchten " war seine Antwort. ' ^y
T* -s Gefolge von jungen Senatoren und Rittern , welches ihm in
der Curie angetragen war, hatte er abgelehnt, ^°) und nur eine
Leibwache von Spaniern beibehalten,-') jetzt entliess er sie;-^)
Tor Mörderhand vermochte sie ihn ohnehin nicht zu beschützen!
§ 68.
(a. 44.) Sein Tod war damals schon beschlossen, nnd
keineswegs, weil er König werden wollte; wenn er aber da-
durch das Leben ver«'irkte, so ist seine .Schuld entschieden, ob-
gleich nicht die Befugniss der Verschworenen, seine Richter nnd
Henker zu sein. Die Sorge für Söhne und Enkel ist nie in
höherem Grade Selbstsucht, als wenn der Emporkömmling einen
erblichen Thron errichtet; der Stifter eines Herrscher -Hause»
hört auf, die Erscheinung eines Augenblicks zn sein, die Strahlen,
welche von ihm ausgehen , pflanzen sich auf die Nachwelt fort.
Cäsar hatte keinen rechtmässigen Sohn , er fand aber in einem
15) Polyaen. stpat. 8, 23. §. 31. 16) Plnt. U. cc. 17) ad Att.
14, 1. 2. 18) VeUcj. 2, 57. Hirtü Xo. 2. §. 1. A. 26. 19) Plut. Caes.
57. App. 2, 496. Vellej. 1. c 20) Uio 44, 7. Oben §. 65. A. 306.
21) App. 2,496. Snelon. 86. Anf einer Reise im December 45 begleiteten
ihn 2000 Mann, ad Att. 13 , 52. 22) 'Wohl nicht erst nach den Lu-
perealien, Dio 46, 17, weil er etwa beweisen wollte, dass er nicht Ty-
rannen - Ilerrsdiari wünsche. Dio 44, IS. App. 2, 495. 496. 502. Flut.,
VeUej. U. cc.
688 XXI. lULII. (31. §.68.)
jang^en Verwandten, was die Natur ihm versag'fe. Einer Be-
scliwicbtigiing' seines Gewissens bedurfte es nicht, wenn er seine
Gewalt auf einen Andern übertrug; er verdankte sie sich selbst,
sie war anerkannt, in einzelnen Beziehungen von dem Senat für
erblich erklärt,'^) und er wusste, mehr als Alle, dass Rom,
■wenn es sich dag'egen sträubte, von neuem der Gesetzlosigkeit
und dem Bürgerkriege verfiel. ^ *) Der Plan entstand nicht nach
siegreichen Schlachten, er war viel älter und der Krieg das
Mittel. Vor mehr als zwanzig Jahren kündigte sich unter der
Hülle des Volksfreundes der künftige Herrscher an , als er die
Abstammung der Julia, einer Frau seines Geschlechtes, von einem
Könige und einer Göttinn hervorhob, ^') und mitunter nach dem
Beispiele der Könige von Alba, seiner angeblichen Ahnen, eine
rothe und hohe Fussbekleidung trug. ^^) Wach der Entwaffnung
seiner Feinde duldete er es gern, dass man ihn vorerst im Bilde
den Königen zugesellte,^') und seine Anhänger verstanden ihn,
■wenn sie ohnerachtet des gelinden Tadels , mit welchem er es
ablehnte, im Kreise der Vertrauten ihn König nannten, und dana
dem Volke diesen Titel zu entlocken suchten. '*)
Um die Stimmung zu erforschen, liessen sie an seiner Statue
auf der Kednerbühne einen Lorbeerkranz mit dem Diadem be-
festin^en; die Tribüne C. Epidius MaruUus und Li. Caesetius Flavus
entfernten die Binde, und der Mensch, welcher sich zu dem
frevelhaften Werke hergeliehen hatte, wurde auf ihren Befehl
verhaftet, „weil der Dictator einen solchen Unfug nicht wolle";
jubelnd folgte ihnen das Volk und pries sie als die neuen Bru-
lus. ^') Cäsar bedauerte nur, wie man sagte, dass die Tribüne
ihm zuvorgekommen seien, er bewies ihnen aber bald das Gegen-
theil. Am 26. Januar, dem Tage des Lateiner- Festes, dessen
Feier dem Feldzuge gegen die Pailher vorausgehen musste, hielt
23) Oben §. 6i. A. 93 n. 5, 24) Suet. 86. Hier §. 40. A. 32
n. §. 71. A. 62 f. 25) Snetoii. 6. Oben §. 3. A. 30. 26) Dio
43, 43. 27) OI)en §. 64. A. 10. 28) llio 44, 9. App. 2, 495.
Pliit. Brat. 9. Ueber die Aiisictit, nach welcher diess von seinen Feinden
ansgieng, s. hier §. 64. A. 84 f. 29) Suelon. 79 lässt diess am La-
teiner-Feste geschehen, Plnt. Caes. 6'. Anton. 12 nn den Lnpercalien;
Dio 44 9 setzt es früher nnd so stimmt es zun» Folgenden, auch erzühlt
er am ausführlichsten. App. I. c. 2onar. 10, II.
XXr. lüLII. (31. §.68.) 689
er auf der Riickkelir vom albaniscljen Berge einem SenatsbescLlusse
gemäss eine Ovation, der sechste Aufzug dieser Art, durch keiueu
Sieg veranlasst, '") Die Kömer bpgriissten ilin mit freudigem
Zuruf, Einige als König; das Volk sollte einstimmen, es ver-
stummte , ein dumpfes Murren liess keinen Zweifel übrig,
dass auch dieser Versuch misslungen sei , nnd jene Tribüne
schickten die lautesten Schreier ins Gefänguiss; nun erklärte der
Dictator, sein JName sei Cäsar, nicht König, im Senat aber be-
schuldigte er Manillus und Caesetius, dass sie ihr amtliches
Ansehen missbrauchten, nm solche Auftritte herbeizuführen und
ihn zu verdächtigen; Brutus habe man sie genannt, man müsse
aber selbst ein Brutus und Cumäer sein, ' ') nm ihre Absicht zn
verkennen. Nach ihm trat ihr College Relvius Cinna als An-
kläger auf; ein Theil des Senats verui-theilte sie zum Tode, doch
wurden sie nur ihres Amtes entsetzt , und aus der Curie ge-
stossen»^') In den nächsten Consular-Comitien waren mehrere
Tafeln mit ihren Namen beschrieben;'^) selbst den Unbefangenen
TOusste es befremden, dass man nicht auch ihre angeblichen
Werkzeuge bestrafte. Durch solche Versuche wurde nichts vor-
bereitet und alles verdorben; die zagende Hand deutet auf Un-
recht, die Bewerbung auf die Befugniss, zu ver'weig-ern. Die
Königs - Insignie an Cäsars Stirn als sein eigenes Geschenk
würde wie ein Blitz von heiterem Himmel das Schreckbild des
Königthums vernichtet haben ; man dämmt gegen den drohenden
Strom, und entflieht, wenn er hereinbricht; schon lag der Senat
zu Cäsars Füssen , und die Menge bewaffnete sich später gegen
die Tyrannen -Mörder, weil der Tyrann sie im Testament be-
dachte; den Dolch einer missvergnügten oder verblendeten Rotte
Latte er ohnehin zu fürchten.
Dennoch wendete er sich von neuem an das Volk, nnd mit
30) Oben §, 64. A. 91. Fast. cap. bei Cmtefi p, 297. Marlian. Pigb.
a. 709. Vaillaut. Aemil. No. 20. Ueber die Unächlheit der Münzen, welche
den Dictator Imperator A'I nennen (Coli/. Fast. a. 709. A'^aiU. lul. No. 26.
Morell. Thes. Caes. tab. 2. No. 39. tab. 9. No. 19) s. oben f. SS. A. 4.
31) Ein alberner einfältiger Mensch. Liv. I, S6. Slrabo 13, 622. 32) Cic.
13 PhU. 15. Liv. 116. VeUej. 2, 68. Snel. 79. Valer. M. 5, 7. §. 2.
Bio 44, 10. 46, 49. Plut. Caes. 61. Anton. 12. App. 2. 49S. 496. SOS.
SIS. 4, 642. 643. Zonar. 10, II. 33) Suet. 80. Dio 44, II.
Dramann, Geschichte Roms III. 44
(590 XXI. lULII. (31. §.68.)
Her Kiilinheit untl Verzweiflung eines Spielers, welcher das
Letzte einsetzt. Ein Consul inusste ihm in dessen Namen öffent-
licli antragen, was er wünschte. Man irrte aber eben darin,
dass es öiTentlich geschah, dass die Römer gegen sich selbst
zeugen , durch Zuruf eine Unwahrheit bekräftigen sollten ;
die Republik wurde gleiclisam von Angesicht zu Angesicht mit
der Monarchie zusammengestellt, ihr Bewusstsein kehrte zurück,
sie erhielt ihre Waffen wieder, mit dem Ansinnen, sich selbst
zn vernichten , und sie weigerte sich. Es war ein unreifer Ge-
danke, ein Halbhandeln ; die Nothwendigkeit, zu überraschen, zu
betäuben, mit eigner Hand za uehmen, drang sich auf, damit
war aber auch jede Frage ausgeschlossen, ob es gestattet sei.
Wie Ponipejus die Herrschaft, so sollte jetzt dem Herrscher das
Köuigthum als ein freiwilliger Tribut zufallen; wenn es sein
konnte, vermied er schlechte Mittel; es stand bei ihm, Comilien
zn halten, in welchen nur feiles Gesindel und Veteranen er-
schienen, und deren Beschluss über die Kegierungsfonn als Ge-
setz zu verkündigen, wie ähnliches vor und nach ihm geschah;
er wollte es nicht, weil er der Klippe auszuweichen hoffie, welche
ihn bedrohte, wenn er anders verfuhr. Die Hauptrolle übernahm
Antonius; er war als Consul dazu berufen, beredt, furchtlos, ge-
wandt und dem Dictator ergeben; nur Florus mag nicht darüber
entscheiden, ob dessen Wink ihn leitete; es ergiebt sich von
selbst; übrigens kommt Alles auf seine Rechnung, und er war
Meister in der Gaukelei. Am 15. Februar, dem Tage der Luper-
ealien, ^ ') begab sich Cäsar im Triumphal -Schmuck auf die Redner-
bühue, von seinem goldenen Sessel den Aufzug zu sehen. Seit
kurzem waren zu den Priestern des Pan die julischen hinzu-
gekommen ; als Vorsteher dieser Classe ^ ') zeigte sich auch
M. Antonius wolil gesalbt und nackt, den Gürtel ausgenommen. ^ '')
Cicero sagt, er sei berauscht gewesen ; aus seiner Erzählung geht
das Gegentheil hervor; obgleich er auch übrigens darin übertreibt,
und selbst M. Lepidus als einen edlen Republikaner dem ver-
worfeneu Tyrannen- Knechte an die .Seite stellt, so ist doch die
34) Ovid. Fast. 2, 267. Alex, nb Alex. 4, 12. 35) Die 43, 30.
Oben §. 6S. A. 41, 36) Dieser bestand in einem Felle; Cicero hatie
(iriinde, ihn nickl zn erwäbiien. Oionjs, II. I, 60. vgl. 32. Alex, ab
Alex. 1. 1,.
XXI. lULII. (31. §.68.) cm
^Yahrheit nicLt zu verkennen, zumal cla An(lere im WesentlicLen
liilt ihm übereinstimmen.^') DemnacL eilte Antonius plötzlich
ans dem Getümmel nach der Bühne; man wich ehrfurchtsvoll
zurück, er stieg- hinauf, und hielt eine angemessene Rede an
die Versammlung'.^*) Dann näherte er sich Cäsar; man sah
il.is Diadem in seiner Hand, und Alles seufzte; er versuchte es
mit den ^^'^orten, diess sendet dir das römische Volk durch mich,
um Cäsars Stirn zu binden, imd veranlasste lautes Wehklagen;
der schwache Zuruf der Freunde und Erkatiften ermuthigte nicht,
Cäsar nahm das Geschenk nicht an, und es ertönte ein allgemeines
Beifallsgeschrei. Das Volk erkannte den falschen Gesandten
nicht an ; er aber blieb fest ; nur im Dictator lag das Hinderniss,
man musste sein Mitleiden erregen , ihn erweichen ; fussf äUig,
im Namen des Vaterlandes beschwur ihn der Consul, dessen
^\^■insche zu erfüllen; der Erfolg war derselbe, auch nicht mit
einigem Scheine konnte man behaupten , Rom Labe durch seinen
Consul die Röuigswürde Cäsar aufgedrungen, und dieser endigte
das verwegene Spiel durch die Erklärung: nur Jupiter sei König
von Rom, ein bittrer Spott, da ein Senatsbeschluss ihn selbst als
Ju])iter zn verehren gebot. ^ ^) Die Binde schickte er auf das
Capitol, und in den Fasten musste man bei diesem Tage be.
merken, sie sei ihm auf Befehl des Volks von Antonius an-
getragen und von ihm abgelehnt.
Seit seinem öffeutlichen Auftreten der Günstling und Be-
schützer der Menge sah er sich jetzt von ihr verlassen, weil ein
dunkles Gefühl sie warnte, die Zügel aus der Hand zn geben.
So seltsam fügte es sich, dass Cäsar, welcher als Parleihaupt
Alles durch das Volk vom Senat erzwang, als Sieger anf dem
Markte abgewiesen, seine Zuflucht zu der Curie nahm. Sie hatte
ihm schon viel bewilligt, und sein Ansehn, der Einfluss seiner
Freunde machte sich unter der kleinern Zahl leichter geltend ;
es fragte sich aber, ob ein Senatsbeschluss in dieser Angelegen-
37) 2 Phil. 34. 42. 3, S. l4, 13, 8. IS. 18. 19. Dio 44, 11. 45,30,
31. 32. 34. 41. 46, 5. 19. Plut. Caes. 61. Anton. 12. App. 2, 496.
Zoiiar. 10, 11. Liv. 116. Vellej. 2, 56. Snet. 79. Qnintil. 9, 3. §. 61.
ed. Spald. Flor. 4, 2. §. 91, (A. Viel.) de ylt. ill, 85. 38) Nudiis,
ebriiis est concionaiiis. Cic, II. cc, Dia 45, 30. 39) Oben §. 65,
A 36.
44*
692 XXI. lULir. (31.5.68.)
Iieit von Wirkung sein, ob das Volk iLn geueLmigen werde.
OLne eine förmliche Abstimmung Latte es sich bereits erklärt;
durch Cäsar selbst war es darauf angewiesen, die Verordnungen
des Senats als nichtig oder überflüssig zu befrachten, nach den
letzten Ergänzung-en mussfe er ihm als verächtlich und lächerlich
erscheinen, und nun sollte er sich vom Staube erheben, Unerhörles
leisten, ein Königthnm schaffen: man setzte daher einen Hebel
in Bewegung, gegen welchen menschliche Gewalt nichts ver»
mochte. Die sibyllinischen Bücher waren zu Sullas Zeit ver-
brannt, und zum Theil durch anächte ersetzt; *°) um so leichter
fand man in ihnen, was man wünschte, besonders Cäsar als
Oberpontif. Auf sein Anstiften forschten die Funfzehnniänner,
welche sie aufbewaiirten, ■") und sie entdeckten, dass nach einem
Spruche in den heiligen Schriften Rom nur unter einem Könige
über die Parther siegen konnte. Diess kam sehr gelegen, man
sprach von Betrug; Cicero bemerkt, wenn die Bücher eine solche
Weisung enthalten , so T^üsse man doch nicht , auf welche Zeit
oder auf welchen Blenschen sie sich beziehe, denn man habe jene
so zweideutig abgefasst, dass jedes Ereigniss darin vorgesehen
sei. *°) Gleichwohl verlangten die Anhänger des Dictator, dass
man ihm gestatte, ausserhalb Italiens sich überall König zu nen-
nen, damit der grosse Zweck seiner Rüstungen erreicht werde;
die Feinde dagegen verbreiteten, er wolle sich mit den Schätzen
und der kräftigsten Mannschaft für immer von Italien entfernen,
im Osten Hof halten, in Ilium oder mit Cleopatra in Alexan-
drien, ''^) Rom Anderen anvertrauen, und in der nächsten Senats-
sitzuDg durch L. Cotia aus dem CoUegium der Fünfzehn über
den sibyllinischeu Spruch berichten lassen. *'') Wer auch be-
stimmt sein mochte , die Sache anzuregen , so unterliegt es doch
40) 2. Tli. 460. A. 89. 493. A. 72. 41) Jetzt Seclizelin, abpr
der alle Name blieb. Oben §. 56. A. 74. 75. 42) de divia. 2, 54.
S. 2. Th. 538. A. 92. 43) Suetoii. 79. Oben §. 61 fin. 44) Snet.
1. c, Cic. 1. c : Sibjllae Tersiis observamiis, — qnornni interpres nuper
lolsa qiiaeclam hominnm fama dictiiiiis in senata pnlabatnr, enm , quem re
Vera regem babebamns , appellandum qiioque esse regem , si salvi esse vel-
Icmus. Alaniiiius glaubt, dass Cicero auch mit den AVorlen : Verumtamen
scire omnia non aoeibiun est, Tel de Cotta. in ad All. 13, 44 (43) auf diese
Angelegenheit anspiele; der Brief wiirde vor €iisars Rückkehr aus Spanien
geschrieben, als noch nicht die Rede davon vtar.
X\l. lULIL (31. §.69.) Cym
keinem Zweifel, dass Cäsar entscLlossen war, nuf diesem Wege
durclizudring-en, und eben so vpenig', dass es iliin gelungen sein
Avürde, und wenn dann das Heer, die Provinzen, die Bundes-
genossen sich daran gewöhnt halten, ihn mit der weissen Binde
zu seilen nnd als König zu begriissen, wenn er nach neuen
Eroberuug'en, mit unermesslicher Beute von gefürchteten oder nie
genannten Völkern zurückkam, so war dann auch iu Rom kein
^Viderspruch mehr zu er\varten. Aber sein Tod wurde nicht
dadurch beschleunigt; die Mörder benutzten es nur, ihn an den
Ort zu locken, wo er fallen sollte; von der Einfalt abgesehen,
welche sich verblenden Hess, war es ihnen sehr gleichgültig, ob
C'iceros Wunsch erfüllt werde : dass ans den sibyllinischen Biicheru
eher jedes Andre als ein König hervorgehen, und vor einer solchen
•Schmach Götter und Menschen Rom bewahren mögen ; ' *) ilire
Verbindung galt nicht dem Könige, sondern Cäsar. * '')
§ 69.
(a. 44.) Sie traten ohne Eid und Opfer zusammen,*')
gleichwohl werden sie von den Alten mit Recht Verschworene
genannt , weil sie gegen das Leben eines Mannes , welcher von
Senat und Volk als Staats -Oberhaupt anerkannt war, einen ge-
Leimen Anschlag machten. **) Ihre Zahl betrug mehr als sech-
zig, *^) und die meisten imler ihnen waren Senatoren, '°) wie
sich ans ihren Aemtern ergiebt ; um so verdachtloser konnten sie
sich zur Zeit des IMordes in der Curie versammeln. Nur C. Tre-
bonius hatte den Rang eines Consulars. * ') Das Urtheil der
45) de div. 2, 54. 46) Vgl. Snet. 79. Bio 44, IS. Plnf, Caes.
60. 64. Brut. 10. App. 2, 497. Zon.ir. 10, 11. 47) Flut. Brut. 12.
App. 2, 499. 48) tiv. 116. VeUej. 2, 56. Suet. 80. 82. (A. Vict.)
de vir. Ul. 82. Flor. 4, 2. §. 94. Oros. 6, 17. Plut. Brut. 16, Dio
44, 18. 49) Suet 1. c. Eutrop. 6, 25 (20). Oros. 1. c. Vgl. Cic.
2 Phil. 11. Flor. 1. e. Dio 44, 14. Das Verzeichniss des Casaubon. zu
Suet. 80 ist unvolk'ä'i'lig niid iniriclitig; Treboiiius nnd Labeo ferinissto
scboa Tschucke zu t afroji. 1. c. t. Cassius dagegen gehört nicht dahin,
und eben so vrenig Cn. Domitius .Mienobarbus uud Sex. Pompejus. .S unten
J. 71. SO) Flor. 4, 2. f. 93, vo Graev, für patiirii patres lies't; J.9S
folgt: eum senatus invasit; dio Häupter der Veischwiirung vtiihltcn aber
ihre Genossen nicht bloss in iliui, v*ie ALrum. zu Cic. 2 Phil. 36 Tcrmuthcl.
51) Obeu 5. 65. A. 50.
G94 XXI. lULII. (31. §.69.)
Mitwelt über ihre That besliinmte sicL nach den verschietleneil
Interessen ; Cicero und die GleicLg-esinnten priesen sie als Ty-
rannen-Mörder und Befreier; '^) von Andern worden sie als
Frevler gemieden oder verfolgt, ^ ') besonders von M. Antonius,
welcher Senecas Vorwurf, er habe sie zu recLlferligen gesucht,
nicht verdient, ^'') und von Oclavian; Wenige trauerten um den
grossen Todlen, den Wohllhüter und Freund, wie der edle Ma-
tius. '*) Unter den Kaisern durfte man sich nicht frei äussern,
da das Schicksal des ersten Imperator ihnen nicht gleichgühig
sein konnte; wie der 15. März schon von den Triiunvirn wegen
seiner Entweihung durch Vatermord fiir einen nngliickiichen Tag
erklärt war, *^) so hiessen nun die Verschwornen am Hofe und
in Schriften, welche seinen Beifall erhalten sollten, Vatermörder
und Banditen.") Augustus duldete es, dass C'assins von Messala
gelobt wurde , nicht aber Tiberius , dass Creniutius Cordus ihn in
seinen Annalen den letzten Römer nannte. **) Wenn indes»
Geschichtschreiber durch solche Rücksichten sich leiten Hessen, so
kann man diess doch nicht von allen , oder nicht von allen un-
bedingt behaupten, da manche ihrer Ueberzeugung folgten, oder
doct nur durch die VerLältnisse bewogen wurden, sich stärker
auszusprechen. Vellejus stellt die Selbstsucht und den Undank der
Mörder mit Cäsars Milde in schroffem Gegeusafze zusammen; ''')
in gleichem Sinne schreibt Seneca; ^°) aber am lebhaftesten be-
zeugt Valerius Maximus bei jeder Gelegenheit seinen Abscheu.*')
Dio schildert mit wahrer Eutrlistung „den Unheil bringenden
Wahnsinn, den Neid gegen den Mächtigem, den Hass gegen den
mehr Geehrten" als die Quelle des Verbrechens, ^-) dessen Ur-
Leber ihm nicht Befreier, sondern Meuchelmörder sind. '^^) Nach
Appian war ihre Handlung „ ein unauslöschlicher Schandfleck, ein
52) 1. TIi, 145. A. 98 f. 53;* Tacit. A. 1, 8; Ciun occisus dictator
Caesar aliis pessiraiim, aliis imlclierriniuw faciiius \ideretur etc. 54) de
benef. 5, 16 u. 1. Tli. 372. A. 85 f. 55) Cic. ad Ifam, 11, 28. 1. Th.
145. A. 96. 56) 1. TIi. 134. A. 1. 57)'>'v*4ciJ. A, 4, 34. Vgl.
Valer. M. 1 , 7. §. 2. 8. §. 8. 3, 1, \^ . 6,4. {. 5. Flor. 4, 7. §. I.
Ovid. Fast. 3, 697 f. 58) 2. Th*'i51. A. 39. 59) 2, 56. {. 3.
72 in. 60) de ira 3, 30: Diviini lii1<um pliircs amici cDiireceriiiit (jiiaiu
iniiiiici. f|uonini non ex|iIovern( spes iir»xj)Iebiles. 61) Oben A. 57.
62) 44, I. »gl, 40, 33. 47, 39. 63) 44, 20. 21. 34.
XXI. lULU. (31. §.69.) 605
InbegTiff von vielen Nichtswürdigkeiten: Liuterlisti- erdolchten
,ie den Freund, undankbar den WoWlhäter, durch dessen Gnade
^ie lebten, wider Recht und Gesetz den Imperator, ihn, der wie
kein Andrer sich um das Vaterland verdient gemacht hatte".«*)
iJesonders rügt er oft ihre Undankbarkeit, welche auch Cicero
nicht läugnen kann, obgleich er sie zur Tugend stempelt, « ^ und
lUe Erwiirgung des Unverletzlichen an geweihter Stätte;««) und
Svetou bemerkt, dass Cäsar mehrere nnter ihnen selbst für den
Fall seines Ablebens bedacht habe;«') doch findet er in ihrem
frühen und gewaltsamen Tode nicht eben eine gerechte Ver-
geltung. «<*) Plutaich dagegen erkennt in ihrem Missgeschick'
und iu den Anzeichen nach der That den Zorn der Götter; er
Lebt nur ihre Kühnheit und List hervor, und bezeugt zwar
M. Brutus, dass er, er allein, die Absicht gehabt habe, Rom zu
befreien, fiigt aber hinzu, dass er im Irrthuni gewesen sei, „da
der Zustand des Reichs die »lonarchie forderte , und die Gottheit
ihm Cäsar als den gelindesten Arzt gesendet hatte«.«'') Den
Freunden der Republik war der Herrscher als solcher gerichtet;
Livius stellte es in Frage, ob jener zum Heil der Römer geboren
sei; '") noch mehr Tacitus; ") Sveton reiht absichtlich die Be-
weise für sein wiUkührliches Schalten zusammen, '=) und noch
entschiedener tritt Eutrop als sein AnUäger auf,") während
Florus sich mit allgemeinen Betrachtungen begnügt, nach welchen
die SchiJd auf beiden Seiten war. ' *)
Die Verschworenen mochten die wahren Ursachen ihres
Unternehmens kaum sich selbst gestehen; ihre Loosung war
Freiheit und Republik; durch den Zauber dieser Worte wurde
M. Brutus gewonnen, jedes Band gelöVt, jede Rechnung ge-
schlossen, und der jMord gesühnt; von Straflosigkeit oder gar
von Strafe sollte die Rede nicht sein, sondern Alles sich erheben,
um den Erfolg zu sichern und das Verdienst zu belohnen, Leben
uud Gut der Blitbürger, der Schatz mit dem Heere und den Pro-
vinzen dahin gegeben werden. Bis zum letzten Athemznge traten
die »lörder als Befreier auf, wie besonders aus ihien Älünzen
647^66. 667. 65) 2 Phil. U. 66) 2, 497. 502. 3, 526.
C7) 83 68) 89. 09) Caes. 69. Comp. Uiou. c. Biuto 2. 3.
70) Se.'.ec. Ouaest. nat. 5, 18. vgl. I-iv. 116. 71) A. 1, 8. 72) 76.
77. 73) 6, 24 (ZO). 7-i) 4, 2. 5. 92. 95.
(596 XXI. lULII. (31. §.69.)
erliellt, und Antonius und Octavian ergriffen das Ruder, dea
Frevel zu rächen und das verderblicLe Geschenk zurückzuweisen ;
der Bürgerkrieg' wurde zur Pflicht, und Boin blutete von neuem.")
Der Dictator wollte die Parteien vereinigen , und sie ver-
einigten sich gegen ihn, Cäsarianer und Pompejaner, wie sie hier
der Kürze wegen genannt werden. Jene hatten nach Kräften
dazu mitgewirkt, die Trägerinn der Republik, die Arisfocrafie, zu
stürzen,'*) aber mit Hoffnungen, welche nicht erfüllt wurden;
statt der Cäsarianer gebot Cäsar, und er gab nicht die eine
Hälfte des Volks der andern preis ; die Sieger wie die Besiegten
Unterthanen, in diesem drückenden Gefülile begegneten sich
Menschen, welche es in ihrem Innern beklagten, dass sie ein-
ander nicht berauben und morden kounfen. Den Ueber^vundenen
war es schmerzlich, begnadigt zu sein, da nur geduldet zu wer-
den, wo sie einst allein zu stehen gedachten. Ungern hatten sie
das Schwerdt weggeworfen und die Grossmuth angefleht, nun
ober sollte es Ansprüche begründen, und nichts befriedigte sie,
denn was man ihnen auch gewähren mochte, es war wenig im
Vergleich mit dem, was sie unter günstigeren Umständen hätten
nehmen könuen. Vor der Niederlage zerfiel man in ihrem Heere
über die Beute, über Güter und Ehren, den eigenen Partei-
genossen wollte man den Gewinn verkürzen, dieselbe Gesinnung
zeigte sich auch noch jetzt in dem Streite zwischen Cassius und
M. Brutus über die Prätur, und nun sollten die Pompejaner sogar
mit den Feinden theilen, und sich mit dem begnügen, v^^as Cäsar
ihnen znmass. Wenn aber der Unniuth sich ihrer bemächtigte,
so war auch das Verbrechen niclit fern ; sie giengen ans einer
Schule hervor, worin man das Morden zum Gesetz machte, ans
einer Faclion, welche ohue Mitleiden gewüthet , die Gefangenen
geopfert, und die Uebrigen durch Drohungen zum Zittern gebracht
hatte; wie kann es befremden, dass sie einen Einzelneu er-
schlugen ?
Die besonderen Ursachen der Verschwörung sind uns zum
Theil unbekannt, weil mehrere Slitschiildige des Cassius nur dem
Namen nach und die meisten gar nicht erwähnt werden. "}
75) Dio 44, 1. 21. App. 2, 497. 4, 667. riiit. Brat. 30, 40. Cic.
ml Farn. 11, 2 fin. 76) Post Pompeium deiiuim Pouipei.iiii. Senec. de
ra. 3 , 30. 77) So weil es möglich is« , soll das folgende sie ein-
XXI. lULU. (31. §.69.) 697
Cäsarianer.
L. Bliuacius Basilus. ") Nicht der Reiche, welcher Ton
Hortensius und M. C'rassns ■«■iderrecLtlich beerbt -wurde, und folg-
lich läng-st gestorben war, und anch nicht dessen Sohn, da jener
eioen Neffen, ]M. Satrius, adoptiren wollte.") Cäsars Legat
im gallischen Kriege,*") und im J. 45 Prätor.*') Der Dicta-
tor wurde ihm verhasst, weil er nach der Verwaltung des städti-
schen Amtes statt einer Provinz Geld erhielt ; er versuchte sogar,
sich durch Hunger zu tödfen , und wurde Tielleicht durch Cassius
daran gehindert, welcher ihn in dieser Stimmung ohne Blühe
überzeugte, dass Rache dem Selbstmorde voi-zuziehen sei.")
Nach dem fünfzehnten März empfieng er Ciceros Glückwunsch.* ^)
Von der Gesinnung und den heftigen Leidenschaften dieses Man-
nes zeugt die Strafe, welche er über einige seiner Sclaren ver-
hieng; er liess sie entmannen und wurde nach der Schlacht bei
Mntiua das Opfer ihrer Rache. * *)
Deciums Brutus ersvarb sich Cäsars Vertrauen im galL'schen
und im Bürgerkriege, besonders als Anführer auf dem Meere.
Zur Belohnung wurde er Statthalter im transalpinischen Gallien;
jetzt war ihm das cisalpinische und für das J. 42 das C'onsulat
bestimmt. Er erfreute sich vor Anderen der Gunst des Dictator
führen , wie sich von selbst versteht , nnr in Beziehnug anf ihre Tliat.
78) Bei App. 2 , 499 Minucins und Basillus ; so nun auch Fabiic. zu Dio
44, 14; App. 3, 588 sind die Namen Tereini*t. Basilus bei Lucan. 4,416,
und so ist anch Caes. B. G. 6, 29. Cic. de off. 3 , 18 n. ad Farn. 6, 1$
zu lesen; entstellt in Bacilns, Dio 43, 47; Basilius, Oros. 6, 18, und Ba-
siUns, App. U. cc. 79) Cic. de off. 1. c. Val. M. 9, 4. f. 1. Hortensii
Ko. 7. 5. 6. A. 89. Ein IVIinucias fiel a. 43 während der Froscriptionen,
App. 4, 599; dieser Geniilname war aber mehrern Familien gemein, maa
ist daher nicht berechtigt, an einen Bruder oder nahen Verwandten des
Verschworenen zu denken. 80) Caes. B. 0. 6, 29. 30. 7, 90. Obeu
5. 16. A. 97l>. §. 30. A. 19. Vgl. App. 2, 499. 81) Dio 43, 47.
82) Oben §. 65. A. 70. Dio 1. c. AVir kennen keinen andern Basiliis in
dieser Zeit, welcher zu solchen Ansprüchen berechtigt w.ir, Dio giebt
sogar denselben A'ornaraen , und konnte Basilus leichter iu Bacilus ver-
wandeln als den Kamen des Babnllius, Cic. ad Att. 13, 48, auf welchea
Fabricins seine Nachricht bezieht; es unterliegt dp'i.er kaum einem Zweifel,
dass er seine (,)ueUeu niissverstand, der l'rätorier sich nicht tüdtete, sondern
nur die Absicht hatte, sich zu tüdtea. S3) ad Fam. 6, 15. 84) App.
3, 588. Oros. 6, 18,
698 XXI. lULU. (31. §.69.)
und einer iii Jeder Hinsicht beneidenswertLen Stellung'. ' *) Den
Entsalz von Alutina überlebte er nur eine kurze Zeit.""*)
P. Servilius Casca gehörte zu derselben Partei."®) und ver-
dankte es Cäsar, dass er für das Jahr 43 zum V.Tribun gewühlt
wurde. Es erbitterte ihn aber, wie es scheint, dass er iiichl,
wie manche Andere, die niedern Stellen übersprang, imd dass
er arm blieb ; seine Freunde äusserten ihr Erstaunen , als er nun
wenigstens bald Aedil zu werden hoffte, da er nicht die Geld-
mittel besass , welche dazu erforderlich waren.*') Cicero wusste
iudess , dass er aus Liebe zur Republik au dem Morde Theil
nahm,**) nach welchem er entfloh; denn das Volk verfolgte
auch ihn, und der Tribun C. Casca machte bekannt, um nicht
für einen Andern zu büssen , wie Helvius Ciuna , dass er nur
einen Namen mit ihm gemein habe.**) Doch kam er bald zu-
rück, nm am Ende des Jahrs das Tribunal anzutreten; Octavian
verlünderfe es nicht, wie Cicero gefürchtet hatte, weil er den
Beistand des Senats gegen Antonius bedurfte;^") dieser tadelte
es als eine strafbare Nachsicht.^') Als Octavian im August 43
das Consulat übernahm , liess er ihn durch den Tribun P. Titius
bei dem Volke anklagen und seines Amtes entsetzen , weil er
sich von Rom entfernt hatte, und ein Tribun nicht einen ganzen
Tag abwesend sein durfte; auch wurde er als Mörder belangt
«nd verurtheilt. ^') Er focht bei Philippi; hier stimmte er im
Rriegsrathe für die Hinrichtung der Gefangenen , um Cassius ein
Todtenopfer zu bringen;'^) dadurch erklärt es sich, dass Cäsar
von seiner Hand den ersten Streich emplieng; die zweite Schlacht
scheint er nicht überlebt zu haben.
C. Servilius Casca, der Bruder des Vorigen, und Senator,
da er sich während des Blordes in der Curie befand. ^'')
8S) S. lonii. 85 J) 1. TIi. 3S8. A. 90. 86) App. 2, 499; es
ht schon von Anderen bemerkt, dass hier vrahrscheinlich durch die Schnld
der Abschreiber statt rnbliiis dessen Bruder Cajus genannt yrird, welcher
am 15. März eine nntergeordnete Rolle halte. 87) Flut. Brut. 15.
App. 2, 500. 88) 2 Phil. 11. Vgl. Sneton. 82. Plut. Caes. 66. Brut.
17. 45. Die 44, 52. 46, 49. 89) Dio 44, 52. 1. Tli, 104. A. 67.
90) a<l Att. 16, 15. 1. Th. 223. 91) 13 Phil. 15. 92) 1. Th.
339. A. 28. 93) Tim. Bnil. 45. 2. Th. 1*7. A. 92. 9-i) App.
2, 499. Plut. Caes. 66. Brul. 17. Cic. 2 FhU. 11. Snelon. 82.
XXI. lüLlI. (31. §.69.) 099
L. Tillius Cimber. ° ^ ) Ein leldenscLaflllclier AuLänger
f'äsars, an dessen Feldziigen er jedoch uiclit Tliell nahm, so w elt
wir davon unterricLlef sind. ''^) Seine Gaben für das gesell-
scLafdicIie Leben, Heiterkeit und Witz, trugen am meisten zu
seiner Empfelilimg- bei , und verscliafTlen ihm einen so grossen
Einfliiss, dass man sicli um seine FiirspracLe bewarb.^') Er
wurde sogar fiir das J. 43 zum StallLalter in Bitlijnien er-
nannt. ^') DaJier konnte selbst Cicero sein Erslaunen kaum ver-
bergen, als er ihn unter den Mördern sab. '■'^) Der Unwille
über die Weigerung, seinen verbannten Bruder herzustellen, ver-
schaifte ihren Eingebungen Gehör,""') und er bewahrte das
Geheimniss, obgleich er sich oft im Trunk übernahm. ') Als er
nach der That in Gefahr gerieth, begab er sich als Nachfolger
des Q. Marcius Crispus nacli Bithynien, -) denn auch er ver-
schmähte das Gesclieuk des T;>Tannen nicht, und der Senat be-
stätigte ihn, mit dem Befehle, Cassius in Syrien gegen Dolnbella
zu unterstützen. ^) Er half ihm zur See und zu Lande, und
zog dann mit Schiffen und Truppen nach Philipp! voraus , wo er
wahrscheinlich durch eigne oder durch fremde Hand das Lebea
verlor, da er nicht weiter erwähnt wird. *)
95) Cic. 1. c. Der GeotUname ist la deu Handschriften nnd Ansgabea
vielfach verändert; in Atilias, App. 2, 499. 501, 'wo Schvreigh. (c. 113
n. 117) für Atilins und Cimber TiUins C. Ues't; Metillius, Plut. Caes. 66
besonders aber in Ti!.).iog oder TuUins. Plnt. Brut. 17. Cic. 1. e. .Snet.
8ü. Schon jene Entstellungen lassen auf die richtige Form srhliessen, welche
anch die meisten nnd besten Handschriften bei Appian (SchTreigh. das. 1. c.)
und einige bei Dio haben; (Reimar. 47, 31) sie findet sich ebenfalls bei
Seneca ( s. nuten ). Perizon. Auim. bist. c. 8. p. 340 f. bemerkt, dass auch
die Behauptung, es habe keine Gens Tillia in Rom gegeben, (vgl. Oudend,
zu Caes. B. C. 3, 42) durch die Inschrifiea widerlegt -»vird ; Gruler. p. 120;
den Abschreibern vrar sie , me den Meisten , unbekannt ; sie dachten aa
Cicero , und verbesserten : TuUios. Den Zunamen Cimber halte anch ein
Annins, 1. Th. 40. A. 15. 512. A. 32. Quintil. 8, 3. J. 28. 29, und Ga-
binins. Gabinü Ko. 9. 96) Senec. de ira 3, 30 zählt ihn zu den Com-
militonen Cäsars , da er jedoch im Vorigen dessen Freunde und Feinde
nnterscfaoidet, so kann das >Vart auch eine allgemeine Bedeutung haben.
97) Cic. ad Fam. 6, 12. 98) Oben §. 67. A. 11. 99) 2 PhU. II.
100) Plnt. Brut. 17. Caes. 66. App. 2, ^JOI. 1) Senec. ep. 83.
2) Plüt. Brut. 19. App. 3, 527. 529. 2. TIi. 128. A. 88. 89. 3) I.Th.
322. A. 97. 4) 2. Th. IJO. A. 2. 133. A. 27. 139. Vgl. Dio 47, 49 En.
700 XXI. lULII. (3I.§. C9.)
C. Trebonius,') der SoLn eines nngeseLenen rönilsnbeii
Ritters. ^) Nur der Anfang' und das Ende seiner olfentlicbeu
Laufbahn verscbaffte ihm Ciceros Beifall. Als Quästor suchte
er a. 60 die Adoption des P. C'lodius zu verhindern,') geg-ea
den Wunsch der Triumvirn, welche er jedoch a. 55 in seinem
Tribunal durch das Gesetz über die Provinzen versöhnte. ") Von
dem folg-enden Jahre an diente er dem Haupte des Bundes auch
im Felde als Leg-at. ^) Er blieb im Anfange drs Bürgerkrieges
in Gallien,'") wo er bei der Belagerung von Massilien mit-
wirkte. ' ') Schon vorher wurde ihm oft ein bedeutender Theil
des Heers anvertraut, ein Beweis seiuer Tüchtigkeit, obg-leicl»
T. Labienus ihn wie alle anderen Unterfeldherren verdunkelte.
Die städtische Prätur gab ihm a. 48 Gelegenheit, sich den Neue-
rung'en seines eifersüchtigen Collegen M. Coelius zu widersetzen,
welcher das Julische Schuldengesetz aufheben wollte. ") Zwar
nölhigte ihn der Gegner zur Flucht, auch konnte er im jeuseitigen
Spanien, v\^o er g'egen Ende des J. 47 Q. Cassias Longinus als
Propriitor folgte und im nächsten, von den Äleuterern verdrängt
wurde, die lluhe nicht herstellen, ' ^) aber in seinen Gesinnungea
bemerkte man noch keiue Veränderung, und Cäsar fuhr fort, ihn
auszuzeichnen, er ernannte iL.; im October 45 zum Consul, ")
lind bestimmte ihm die Provinz Asia. ' *) Als er so viel em-
5) Verschieden von C. Trebonins, einem Jüngern Zeitgenossen, -welcher
auch unter Cäsar in Gallien focht, und Ton diesem mit adolescens im Gegen-
satze des legatus bezeichnet wird ; B. G. 6, 40 ; er -war mit dem Dictator
a. 48 nnd 47 in Aegypten, während der ältere in jenem Jahre die Prätur
verwaltete. Cic. ad Att. 11, 20. 6) 13 Phil. 10, wo Antonius in
einem Briefe den Vater einen Possenreisser nennt. Ueber L. Trebonins,
V.Trib. 48 v. Chr. s. 2. Th. 222. A. 75. 7) ad Fam. 15, 21. f. 1
«. das Schütz: ältere Ausleger setzten nach Ernesti's Vorgange diese
Oiiüslur in a. 57. S. 2. Th. 56. A. 76. 220. A 70. 8) Oben §. 24 fin,
In den Angen Ciceros und der meisten Optimalen ein grosser Frevel, aber
seit dem fünfzehnten März vergeben nnd vergessen; 11 PhiJ. 4: Nani cae-
leris quidem vitae partibiis etc. 9) Oben §. 16. A. 85. {. 26 nach
A. 33. §. 30. A. 23. §. 32. A. 67. §. 33 nach A. 93. J. 35 nach A. SS
11. A. 64. 10) ad Att. 8, 3. 11) Oben §. 45. A. 77. }. 46 in.
12) 2 Th. 420. A. 30. 42 ^ Vgl. Cic. ad Atl. 11,6. f. 1. 13) 2. Th.
557. liier §. 62. A. 44. 51 n. 24. 14) Oben §. 65 A.SO. 15) §.67.
A. 10.
XXI. lULII. (31. §.69.) 701
jifang'en nnd ang'enoTnmen hälfe, und ibm kaam noch efwas zn
AviiiiscLen übrig- blieb, bescliloss er, den Dicfalor zu tödten, „weil
er die Freiheit des römischen Volks der Freundschaft eines Ein-
zelnen vorzog-, und der Herrschaft lieber ein Ziel setzen, als sie
iheilen moclite", „ein trefflicher Bürger, ein Blann von der
höchsten IMüssigung-", „eben so verehrlich als sein Älörder Dola-
bella ein Verworfener -war", ' ^) nach Anderen der undankbarste
IMensch unter der Sonne, so verrncht, dass es nnr Freude erregen
konnte , ihn innerLaib eines Jahrs biissen zu sehen. ' ") So viel
erhellt, dass er wie jeder Cäsars Absichten kannte, als er noch
mit dessen Gunst -TNiicherte, und dass niemand mit grösserer Be-
gierde sich das Vermächtniss des Unterdrückers zu sichern suchte;
schon im Mai 44 befand er sich auf der Reise nach Asia in
Athen. • *) Als Proconsul jener Provinz unterstützte er M. Brutus
in Macedonien uud C. Cassius bei dessen Unternehmen gegen
Sjrien mitGelde;'^) bald aber erschlug ihn P. Dolabella, welcher
Syrien vom Volke erhalten hatte, auf dem Durchzuge im Februar
43 in Smyma. '"') Die üeberreste seines Körpers wurden nach
Rom gebracht.^')
Servius Sulpicius Galba,^^) Enkel des Redners Ser. Galba,
welcher 144 v. Chr. Consnl war, und Aellervater des gleich-
namigen Kaisers. ^^) Er diente als Onästor unter C. Pompfinns,
dem Proprätor im narbonensischen Gallien, welcher im J. 61 mit
seiner Hülfe die Allobrogen wieder zur Unterwerfung brachte, ' *)
imd dann in den ersten Jahren des gallischen Kriegs als Legat
unter Cäsar.-*) Da er nun a. 54 auf dessen Verwendung Prätor
wurde, so konnte er nun Pomptinns, freilich auf eine gesetz-
IG) Cic. 2 Phil. 11. 11, 1. 4. 17) VeUej. 2, 56. J. 3. 69 in.
Antonins bei Cic. 13 Phil. 10. 17. 18. 18) 1. Th. 136. A. 20. 2. Th.
545. A. 62. 19) Rio 47, 21. 26. 20) 2. Th. 575. 21) App.
3, 566. 22) App. 2, 499 zählt nur die bisher genannten zn den Cä-
sarianern nnd Sei-vilius Galba zu den Gegnern. Schiveigh. ( c. 113) hat
nach Vermulhnng : Serrilius Casca und Servius Galba in den Text auf-
genommen, aber weder Casca noch Galba, in dessen Geschlechtsnamen nnd
Faction der Schriltsleller oder die Abschreiber irren , sind hier an ihrem
Orte, beide gehörten zn Cäsars Partei. 23) Sueton. Galba 3. 24) Oben
§. 15. A. 38 f. 25) Oben J. 16. A. 97. {. 20. A. 30. Dio 39. 5.
Suet. 1. c.
702 XXI. lULlI. (31. §.70.)
widrige Art , rlen lange vergebens erseLnfen TriumpL ver-
schaffen. '"'') Er selbst bewarb sich für das J. 49 ohne Erfolg:
um (las Cousiilat; weil Cäsar ihn empfahl, und seine frühere ge-
naue Verbindung- mit ihm ohnehin Verdacht erregte, gab man
Li. Lentulns den Vorzug. '') Dennoch ergriff er nicht die Partei
des Pompejus, für welchen er übrigens a. 52 in einer Geld-
angelegenheit sich verbürgt hafte. ^*) Die Gläubiger nahmen ihu
in Anspruch, als das Vermögen des Pompejus im Bürgerkriege
eingezogen wurde, ihm um so empfindlicher, da er „ein sehr
guter Wirlh war"; er machte dem Dicfator öffenilich Vorwürfe,
dass er durch jene Massregel seine Noth veranlasst habe, und der
Dictator ziü-nte ihm nicht , und tilgte die Schuld aus seiner
Casse. -') Aber das Consulat konnte er ihm nicht verleihen, da
Aadere ihn mehr verpflichtet und sich dadurch ein Käherrecht
ervs'orben halten; er versagte es ihm, und Galba, „unerschrocken
und fest", war reif zur Verschwörung.^") Im mulinensischen
Kriege stand er im Heere des Goiisuls Hirtius, und berichtele über
die Gefechte bei Forum Gallonun mit grosser Selbstgefälligkeit
und eben so dunkel und verworren an Cicero ; " ) dann überbrachte
er im Blai 43 dem Senat ein Schreiben von D. Brutus; ^ ^) sein
Aufenthalt in Rom war aber von kurzer Dauer, da Octavian auch
ihn als Blörder verurlheilen Hess. ^ ^)
§ 70.
(a. 44.) Pompejaner.
M. Brutus. Nach der Schlacht bei Pharsalus von Cäsar be-
gnadigt und hochgeehrt, erhielt er fü'r das J. 46 die Statthalter-
schaft im diesseitigen Gallien, ehe er Prätor gewesen war, ^*)
imd fü'r das J, 44 die gleich beneidete städtische Prätnr. Im
folgenden sollte er Macedonien verwalten, wo man leichter als
in irgend einer andern Provinz sich Ansprüche auf den Triumph
erwarb.*') Er war mit Catos Tochter vermählt, war der Bruder
26) Obea §. IS. A. 40. 27) R. Call. 8, 50. 2. Th. 548. A. 3.
28) Cic. ad Farn, 6, J8. §. 3, erklärt dnrch Valer. M. 6, 2. §. 11.
29) Dies. II. cc. 30) Cic. 13 Phil. 16. Säet. Galba 3. 31) ad
Fam. 6, 30. 13 Pliil. 16. 1. Th. 297. A. 26. 32) ad Fom. 11, 18.
I. Tt. 345. A. 84. 33) Suet. 1. c. I.Th. 338. A. 16 £. 34) Obea
5. 56. A. 77. 35) Das. §. 67. A. 8.
XXI. lULn. (31. §70.) 703
Ton Cassiiis Gpiiialilinii, und bei Cicero seit kurzem in besonderer
Gunst; '^) geistig scLAVnch und schwärmerisch ^■^^^rde er als an-
geblicLer KacLkomme des L. Brutus gefeiert, damit er seinen
Berirf zum Tyrannen -Muirder füLlte, und seitdem konnte keine
Folge der Tbat ihn von seinem Wahne heilen, bis der nen ent-
zündete Bürgerkrieg auch ihn bei Philipjii hinwegraffle. ^ ')
Caecilius Bncilianus. ^ ^) Senator, da er in der Curie un-
mittelbar am Blorde Theil nahm, ' ^) und vielleicht nur als solcher
Cicero befreundet."") Im Juli traf er wie M. Brutus, Cassius,
Sextius und andere Älitschuldige an der Küste Vorkehrungen zur
Flucht.*')
Caecilius, der Bruder des Vorigen. *')
C. Cassius Longinus ergab sich nach Pompejus Niederlage
im Hellespont an Cäsar, und T^urde unter dessen Legaten auf-
genommen. Doch focht er Aveder in Africa noch in Spanien.
Er übte sich a. 46 unter Ciceros Leitung in der Redekunst, und
begab sich dann nach Brundusium, 'wo er blieb, bis Cäsar im
folgenden Jahre aus Spanien zurückkam.*^) Dio versichert, er
habe bei den Ehrenbeschlüssen für den Dictator nicht gestimmt; **)
dennoch ernannte dieser ihn für das J. 44 zum Praetor pere-
grinus,*') und für das nächste zum Statthalter von Syrien, '^^
wo er einst nach dem Tode des M. Crassus sich grosse Ver-
dienste erworben halte. Blit welchen Gesinnungen er, der nichts
zu fordern berechtigt war, diese Wohlthaten empfieng-, lässt sich
schon aus Ciceros Briefen an ihn vom J. 45 abnehmen , v^'orin
Winke genügten, w^eil man sich verstand. „Dieser Brief ist
kurz; Ernstes kann man ohne Gefahr nicht schreiben. So könnea
^^ir scherzen, sagst du; auch diess hat seine Schwierigkeiten,
und doch bleibt nichts Anderes übrig, um einen unerfreulicheu
Zustand zu vergessen. " '") „Cäsair, meint man, werde es ungern
36) Das. §. 63. A. 20 f. 37) S. nnten n. InDÜ. 38) Bei
Appian und Cicero findet sich nur der Ziinanie, nnd bei jenem in der Form
BncolianDS ; er war der Brrider eines andern A'erscliwornen, welchen App.
2 , 499 eben so >Yillkiihrlich nur mit dem Geschlechtsuameu Cäcilius be-
zeichnet. 39) App. 2, 502. 40) ad Alt. 15, 17. 16, 4. 41) ad
Alt. 16, 4. 42) Ajip. 2, 499. 43) 2. Th. 121. 122. 44) 44,8.
liier ;. 64. A. 85. 45) 2. Th. 123. A. 50. 46) J. 67. A. 12.
47) ad Farn. 15, 1«.
704 , XXI. lULII. (31. §.70.)
hören, dass P. Sulla *^) gestorben ist, •weil er fürcLten mnss,
dass nun die Versteigerung eingezogener Güter ins Stocken ge-
rälli. " ,)lcli billige es und freue mich darüber, dass du noch in
Brundusium bist; du wirst weise Landein, wenn du nicbt nach
eiteln Dingen strebst. "*ä) „Wie ich auf solche Possen ver^
falle? Es fehlt mir an einem andern Stoffe ; über die öffentlichen
Angelegenheiten kann ich nicht schreiben, denn, was ich denke,
mag ich nicht schreiben."'") Ohnerachtet der wiederholten
Mahnung antwortete Cassius ziemlich selten; er bekannte sich zu
Epicurs Lehren , und erwiederte unter Anderem auf C'iceros
scherzhafte Aeusserungen über diese Schule: „P. Sulla Terdient
nnsern Beifall; da er sah, dass die Philosophen nicht einig sind,
so verlor er keine Zeit mit Untersuchungen über das Gute, son-
dern er kaufte alle Güter zusammen; ich habe mich bei seinem
Tode zu fassen gewusst, auch wird Cäsar dafür sorgen^ dass wir
ihn nicht zu lange vermissen; er hat Veriirlheilte, durcli deren
Herstellung er ihn ersetzen kann, * ') und wird selbst nicht um
einen Käufer verlegen sein, wenn er Sullas Sohn erblickt." ^')
Bei dem Allen betheuert Cassius mit einem Sch%VHre, dass wenn
man einmal wählen müsse, der alte milde Herr den Söhnen des
-Pompejus, mit welchen er in Spanien kämpfte, vorzuziehen sei,
und auf die erste Nachricht von seinem Siege wollte er wieder
nach Kom gehen. *^) Sein Wunsch wurde erfüllt, aber nur
zum Theil , da nicht auch der milde Herr das Leben einbü'sste.
Was dieser ihm nun irgend bewilligen mochte , es konnte ihn
nicht mit der Welt und mit sich selbst versöhnen. Seit dem
Abfall von der Aristocratie war seine innere Ruhe zerstört; ")
er bereute nichts, aber er beklagte sein Loos; er musste bis zur
Entscheidung das Aergste fürchten, einen martervollen Tod durch
die Hand der Pompejer oder durch denDictator, wenn dieser die
Rache nur verschoben hatte; wenn keine Proscriptionen folgten,
so erfuhr er die schmerzliche Demülhigung, dass er dem Feinde
48) 2. Th. 523. A. 32. 49) ^'enn dn nicht an die Cäsarianer
dich anschliessesf, und dich nm ihre Gunst be^Tirbst. ad Fam. 15, 17.
SO) Uas. 15, 16 fin, 51) Ein Spott über die Verfügung des Diclalor,
dass die Römer, welche nach Pomiicjus Gesetz' über Amtserschleichung
veriirtheiJt waren, zurückkehren sollten. Oben }. 46. A. 60. 52) ail
Faiu. 15, 19. 53) Das. I. c. 54) Das. 15, 15.
XXJ. lüLIf. (31. §.70.) 705
verpflicLtet war. Cäsar Latte sich nicht verstellt, es zeigte sicli
I);ild; -waniin aber erinnerte man sich nun nicht an Cassius Tliaten
im Partherkriege, an die Rettung Syriens und des ganzen öst-
lichen Reichs ? Warum stand er an dem neuen Hofe in den
äiissersten Reihen? Warum sorgte man nicht früher schon fiir
iliu? M. Brutus und Andere waren als Statthalter in Provinzen
t; (schickt, Caleuns, Vatinins, Trebonius, Fabius nnd Caninius
Gallus waren Consnin geworden, und er nicht. Warum erhielt
3M. Brutus, ein Ponipejaner wie er, ein jüngerer Mann, nnd ohne
Kriegsruhm, die städtische Prätur, und er die niedere? fliochte
C'iisar, welchem solche Härte fremd war, nicht die Worte sprechen :
Cassius hat das Näherrecht, aber Brutus soll ihm vorgehen, '*)
so sagte doch die Sache dasselbe. Warum endlich wurde Brutus
fiir eins der folgenden Jahre das Consulat zugesichert, und ihm
nicht? *^) Er fühlte sich vielfach und tief gekränkt, und seine
Feindschaft gegen den längst beneideten Nebenbuhler ^^) war
nicht eine Blaske, unter welcher er seine Entwürfe verbarg. ")
Oft wird das Nächste übersehen; Plutarch erklärt es für einen
Irrthum , wenn man eine Hauptursach der Verschwörung darin
findet, dass Calenus, Cäsars Legat, bei der Eroberung von Me-
gara im J. 48 die Löwen des Cassius nahm, welche dieser als
Aedil bei den Spieleu gebrauchen wollte; ^*) man muss aber
noch weiter gehen ; nicht der sogenannte Befreier, sondern dessen
Bruder Lucius forderte die Löwen; warum sie ihm verweigert
wurden, ist nicht bekannt. ^®) Es ist dagegen sehr wahr, dass
M. Brutus, nachdem er einmal gestimmt war, die Herrschaft nnd
Cassius den Herrscher hasste, ^°) nnd dass also der Letztere
nicht, wie ihn Appian in einer erdichteten Rede vor den Schlach-
ten bei Philippi sagen lässt, ^') zur Rettung der Republik, son-
dern zur Befriedigung der Rachgier , des Ehrgeizes und der
Habsucht den Dolch ergriff; Cäsar ahndete, W'as in dem Slanne
mit dem hagern, von Leidenschaften abgezehrten Körper, dem
bleichen Gesichte, und dem linstern, verschlossenen Character
54) Plut. Brnt. 7. Caes. 62. App. 2, 498. 55) Veliej. 2,56. §.3.
Oben §. 67. A. 79. 56) Pint. Brat. 7. 10. 57) App. 1. c,
58) Brut. 8. 9. 59) Caes. B. C. 3, 55. 2. Tb. 162. A. 46. 60) PInl.
Brut. 8. 61) 4, 641.
Dtumann, ücschiclit« Itom? Hl. 45
706 XXI. lULII. (31. §,70.) ]
vorgieng, "") er fürchtete iLn aber nicht, -weil er ihm allein zu
stehen schien.
Q. Ligarins, ''^) vielleicht der älteste unter drei Brücleni,
unter welchen Titns als Quastor Cäsar beg-iinstigle , oder doch
nicht anfeindete.^'') Er wurde Legat des Proconsnls C. Con-
sidius in Africa, "') welcher ihm ini J. 50 bei seinem Abgänge
die Provinz einstweilen übergab. Der Nachfolger L. Aelius
Tubero konnte wegen Krankheit oder ans einem andern Grunde
nicht sogleich eintreffen, und P. Attius Varus kam ihm zuvor, da
indess der Dürgerkrieg- begann, und die Cäsarianer auch diesen
Anhänger des Pompejus aus Italien vertrieben. **) Mit ihm
verband sich Ligarius; Tubero und dessen Sohn Ouintus wurden
von ihm bei Utica zurückgewiesen und nach der Niederlage des
Pompejus, welchen sie nun aufsuchten, von Cäsar begnadigt.^'')
Bis dahin hatte der Leg'at nur zwischen Blännern derselben
Partei gewählt; er focht dann aber im J. 49 unter Varus und
Juba gegen C. Curio, Cäsars Feldherrn, '^ ") und drei Jahre später
gegen diesen selbst. ''') In Adruraetum wurde er gefangen,'")
und zwar nicht getödtet, wie P. Ligarius, welcher schon einmal
im ersten spanischen Kriege entlassen war, ' ') aber doch ver-
bannt, weil er auch nach dem Tode des Pompejus sich nicht
unterworfen hatte. '^) Der Dictator blieb unerbittlich, wie selir
auch seine Brüder und sein Oheim T. Brocchus'^) mit den
übrigen Blutsfreuuden sich für ihn verwenden mochten , und
Cicero, welcher ihr Gesuch unterstützte, und am 23. September
46 sich mit ihnen in Cäsars Wohnung Gehör verschaffte, konnte
ihm nur melden, dass er eine gute Aufnahme gefunden, eine be-
stimmte Zusicherung aber nicht erhalten habe. ") Und nun
62) Plnt. 1. c. n. Caps. 62. Anton. 11 , wo die Worte des Dictator
höchst ungeschickt auch anf BrnJiis bezogen werden. 63) App. 2, 499.
64) Cic. p. Ligar. 12. ad Att. 13, 44 lin. 65) Proconsnl lici Cic. p.
Lig. 1 •, auch andere Stauhalter erhielten dea Titel, ohne Consuln gewesen
zn sein. 66) Oben §. 44, A. 29 f. 67; p. Ligar. 1. 3. 8. 9.
Caos. B. C. 1, 31. 68) Oben §. 44. 69) Oben §. 57 — 59.
70) §. 59. A. 38. 71) Das. A. 2, 72) p. Ligar. 4. 5. ad Faui.
6, 13: (Caesar) Africauae cans.ie iralior, diulius velle videliir eos liaberc
sollicilos , a qnibus sc pntat diuturnioribus csso inolestüs confliciatiiiu.
73) p. Ligar. 4. II. 74) ad Fam. 6, 13, 14.
XXI. lüLIT. (31. §.70.) 707
wnrde Lfgarins wegen geiner Feldzüge in Africa von Q. Tabero
öffentlich und formlicli belangt; ") man kannte diesen als einen
streitsüchtigen Hleiischen '*) und als persönlichen Feind des Be-
klagten, welcher ihn nnd seinen Vater beleidigt hatte; bei seiner
eigenen Verschuldung drang sich aber die Ueberzeug'ung anf,
dass er zn dem Unternehmen ermnthigf, wohl gar veranlasst
sei, nur folgte nicht, was man ohne Zweifel darin suchte, dass
eine gerichtliche Vemrtheilung den lästigen Fürbitten ein Ziel
setzen, und das Schicksal des Ligarins nn-widerruflich entscheiden
sollte. Vor dem Tode des Pompejus machte Cäsar den Wider-
stand niemandem zum Verbrechen, da die Treue gegen das Partei-
haupt und die Möglichkeit des Sieges seine Feinde zu recht-
fertigen schien; der Krieg sollte aber den Anführer nicht über-
leben,") und der Gefangene ruhen. Ligarius wai- nicht wort-
brüchig geworden, und deshalb nicht getödtet; er halte aber erst
nach der Schlacht bei Thapsus nnd gezwungen die Wetffen
niedergelegt, und dadurch bewiesen, dass er nicht für Pompejus,
sondern gegen Cäsar kämpfte; jetzt büsste er für diese Feind-
schaft, hartnäckig weigerte sich nun auch der Dictator, ihm zn
verzeihen, eine Vergeltung, durch welche er zugleich Andere zu
schrecken hoffte , da man in Spanien von neuem gegen ihn rü-
stete. Eine öffentliche Anklage war das geeignetste Mittel; sie
machte Aufsehn, und brachte die Schuld und das Schicksal des
Ligarins zur allgemeinen Renntniss; wenn diess erreicht war,
so sollte sie nun auch in eben dem Maasse die Milde des Herr-
schers verkündigen und Cicero ein Siegesfest bereiten. Cäsar
hatte Ligarius verbannt, nach seinem Blute gelüstete ihn nicht;
in so fern bedurfte es keiner Klage; wenn aber Tubero auf dem
Markte, in Gegenwart des Volks nnd mit der Eibitteriing eines
Privalfeiudes auf Verurtheilung angetragen,'^) und Cicero wie
bereits in einem kleinern Kreise seine Beredtsamkeit aufgeboten
hatte, so sollte dann die zum voraus beschlossene Begnadigung
erfolgen.") Cäsar war nicht so schwach, dass die Kunst des
75) Cic. p. Ligar. Quintil. 10, 1. §. 23. 11, 1. §. 78 n 80 cd. Spalil.
76) ad Att. 13, 20. 77) S. hier §. 39, A. 95 f. 78) p Li-ar. 5:
Res eo S]ieclat, nt ea ))Oena, in qua adkuc (f. Ligaiins sit, iion videamiiii
esso coutenti. ^nao est igitur alia , praeler moMcm ? 79) Plut. C'ic.
39 sogt freilich das Gcgentfaell.
45*
708 XXI. lULlI. (31. §.70.)
Sachwalters etwas übci- ihn TermocLte, in diesem Falle sollte
mau es ober glauben, tbimit der SacLwaller auch als Staatsmann
iLätig-er wurde, und diircli eine lebhafte Theiliiahine an den Ver-
haudluugeu in der Curie sich mit der jetzigen Ordnung der Ding-e
einverstanden zeigte. Der Werth der betreifenden Rede wird
dadurch nicht vermindert; nur Cicero konnte unter so i>einlichen
Verhältnissen die Würde nnd Freiniülhigkeit des Kepublicaners i
mit der Feinheit und Zurückhaltung des Hofmanns vereinigen. ' ")
Sein Client war in Africa gewesen, er läugnete es nicht, er
nannte es aber einen leidigen Zufall, da er vor dem Kriege in
die Provinz gieng, und dort Ton ihm überrascht wurde. Wenn
er sich dann in den Kampf mischte, so geschah es nicht aus
Hass gegen Cäsar, sondern aus Liebe znr Republik, für welche
beide Parteien sich erhoben, obgleich sie zum Theil in ihren Ab-
sichten nnd Bestrebungen irrten ; anfangs also gab es nur eine
Spaltung, keinen Krieg, nur ein Missverständuiss zwischen Mit-
bürgern ohne feindliche Gesinnungen, und man konnte fragen,
auf welcher Seite die gute Sache sei, wenn man sie auch später
da suchen musste, wo die Götter halfen. Daher war Ligarius
unglücklich, nnd nicht, wie Tubero sagte, ein Verbrecher; er
hatte Ansprüche auf Cäsars Mitleiden, und soUte dieser ihn ver-
dammen, da er selbst dem Vater des Anklägers verzieh, welcher
den Feinden so beharrlich auhieng, dass er von Pompejanern
zurückgewiesen zu Pompejus gieng? Stets bot Cäsar die Hand
zum Frieden; der Krieg war nur Wothwehr für ihn, und unter
seinen Tugenden das Mitleiden die erste; seinem Älilleiden, seiner
Menschenfreundlichkeit und Gnade durfte man auch jetzt ver-
trauen, er konnte nicht sich selbst untreu werden, um die Rachgier
eines Andern zu befriedigen. Ligarius wurde freigesprochen, " ' )
nnd Cicero in mehr als einer Hinsicht bewundert und gepriesen ;
Cäsar hatte Rom, er hatte Cäsar überwunden; die schlechte Rede
des Gegners diente der seinigen zur Folie; ") er machte diese
80) nd Farn. 6, 14 bezieht sich nicht auf iliese Rede; oben A. 74;
sie wnrde nach dem 23. Sept. 46 gehallen , ehe Cäsar nach Spanien nb-
gicng, «nd nicht in dessen Wohnung, sondern anf dem IVIarklc, p. Lig. 3.
6. 11. 12, -Nvo ci' sich einfand. 81) rint. Brut. II. Cic. 59. Pompon.
de or. iur. O. I, lit. 2. lex 2: (J. Ligaiium accusnvil (Tnhevo), nee oh-
tinuil »piid C. Caesnrem, 82) Foinpon. I. c.
XXI. ILLII (31.J. 70.) 701)
im folgendeu JuLre bekannt, und balJ las sie iedermann ; ' ^ )
Balbiis lind Oppins fanden sicL sogar veranlasst, dem Dictator in
Spanien eine AbscLrift zu schicken.**) Aber Ligarins bewahrte
iu seiner Brnst nur das Andenken an seine Verbannnng; **)
desLaib wurde er nach dem Gesetze des Pedins von neuem an-
geklagt;^^) Sclaven verrielhen zwei Brüder dieses Namens wäh-
rend der Proscriptionen im J. 43 ; der Eine starb sogleich , der
Andre erlag den Streichen der Soldaten, als er sich durch die
Tiber zu reden versuchte;*^'') den dritten verbarg seine Gattinn,
aber auch dieser wurde auf die Anzeige einer Scla^nn er-
mordet. * ") Appian bemerkt nicht, welcLer unter ihnen der
Verschworiie war.
Pontius Aqiiila. * **) Appian zählt ihn zu den Pompeja-
nem. ^') Seine Feindschaft gegen Cäsar zeigte sich schon im
J. 45, in AvelcLem er V.Tribun war, und nicht aufstand, als
jener bei dem spanischen Triumphe an den Tribunen vorüber-
zog. 5 ") IMan konnte dies eine Unachtsamkeit oder Unschicklich-
keit nennen; am wenigsten durfte der Beleidigte einen andern
Sinn hineinlegen, im Zorne von dem ^Yagen herab die Worte
sprechen : so fordre denn die Republik von mir zurück , und
mehrere Tage bei der Genehmigung eines Gesuchs durch den
Zusatz: wenn Pcutins Aquila es erlaubt, seinen Verdruss zu
erkennen geben. ^') Einer solchen Unbesonnenheit, einer so
schnöden Verhöhnung der Römer war er nicht fähig; die be-
denklichen Reden sind ihm von einem Feinde, etwa von Tanusins
83) ad Att. 13, 12. 20. 44 da. 84) Das. 13, 19. 85) Plnt.
Brut. 1. c. 86) 1. Th. 338. 86i) App. 4, 601. 602. 87) Ders.
4, 602. 88) Da er erst im J. 43 Tribim wurde, so kauu es nicht der
L. Poolios sein, dessen Cicero schon im J. 63 und später im J. SO er-
wähnt, ad Att. 1 , 1 (10). f. 3. 7, 2. §. 2 ; ans der letzten Stelle ergiebt
sich, dass dieser Lucius derselbe war, welcher nach ad Att. 5, 2. 3 u. 4
ein Gut hei Trehula iu Campamen besass; Mongault Terwechselt ihn mit
dem Tribun (zu ad Att. 5, 2 ) und mit ?omplinns, Ciceros Legaten in
Cilicien (zu ad Att 1, 10) von welchem ad Att. fl, 4. §. 2 n. 6, 3 die
Rede ist. Der Tribuu ist ferner von Ponlias, dem Triukgenossen und
Freunde des M. Antonins (1. Th. 513. A. 72) und >on <J. Aqnila, Cäsars
Legalen in Africa a. 46 (B. Afric. 62) zu unterscheiden, welches Mannt,
«u Cic. nd Fam. 10, 33 nicht beachtet hat, 89) 2, 499. 90) Oben
i. 64. A. 67. 91) Sueton. 78.
710 XXI. lULll. (31.5.70.)
Geminus angedicbtet, "') oder man borte sie doch nicht bei dem
Triumphe, nicht öffentlich von ihm. Freilich würden sie nicht
mehr befremden, wenu er den Tribun sogar mit dem Verlugte
seines Vermögens bestrafte. Cicero äussert nach dem Morde
Beinen Unwillen darüber, dass Servilia, die Mutter des BI. Brutus,
ein Gut des Pontius, eines Mitverschworenen, bei Neapolis be-
gass, ^^) und man weiss, dass jene im Bürgerkriege durch w^ohl-
feilen Kauf sich bereicherte;**) sie wird aber nur getadelt,
weil sie nach der genauen Verbindung ihres Sohnes mit dem
ehemaligen Besitzer das Grundstück nicht zurückgab , über die
Zeit und Art des Erwerbes findet sich nichts; auch kein andrer
Schriftsteller berichtet, dass Pontius Jetzt sein Eigenthum ein-
gebüsst habe, selbst Sveton nicht, welchem nichts näher lag.
Einziehung des Vermögens ohne Anklage , wenigstens in der
Curie, ^') ohne Absetzung, ohne Verbannung, ohne Ausstossnng
aus dem Senat, — Pontius war nnd blieb in Rom nnd in dem
Senat — eine so harte StKife ferner, für welche man doch keinen
andern Grund angeben durfte, als dass er sich nicht Ton seinem
Sitze erhoben habe, ist etwas unglaubliches; auch war der Be-
raubte im mutinensischen Kriege noch sehr reich, *'') Doch ist
damit, dass man das Irrige einer Meinung nachweis't, auch nicht
sofort etwas Anderes an ihre Stelle gesetzt; es fehlt an Nach-
richten; man kann nur vermuthen, dass in den ersten Jahren
des Bürgerkriegs die Güter des Pontius verkauft wurden, und
Servilia ein campanisches erstand, dass er dann aber nach seiner
Begnadigung die übrigen zurückerhielt, nur dieses nicht, weil
Servilia sich einer besondern Gunst bei dem Diclator erfreute ;
eine Entschädigung mochte ihm nicht versag-t werden, sie genügte
ihm aber nicht , oder er verlangte seine Villa ; daher dann sein
Eifer fü'r die Republik am Tage des Triumphs und am fünf-
zehnten März. Blit seinem Hasse und seinem Gelde war er den
Verschworenen willkommen. * ') Er entfloh nach der That zn
D. Brutus nach dem cisalpinischen Gallien, warb auf seine Kosten
Trni)pen für ihn, und zeigte als dessen Legat in den Gefechten,
92) Sr.eton 9. Seuec. ep. 93 fin. 93) ad All. 14, 21. 94) Suel.
50. Macrob. Sat. 2, 2. 95) Oben §. 68. A. 31. 96) Union A. 98.
97) ail All. I 0, nio 46, 38. 40. App. 2,. 499,
XXI. lULU. (31. §.71.) 711
in welclieu er T. Miiiiaüus Planciis besiegte, TiicLlli;keit und
I\lulL. '■"') Dann ober fiel er im 3. 43 in der StLlacLt bei
Mutina; der .Senat liess ihm, „dem besten der Bürger" ^^) eine
.S(a(ne errichten , nnd die von ihm gemachten Vorschüsse den
lirben ersetzen. "'°)
Kubrius Kiiga. ')
Sextins Waso. -) Nach Cäsars Tode entfloh er zimächsl,
wie es scheint, auf sein Gut bei Cosa in Etrurleu. ') Dann
wollte er Cicero, ehe dieser sich einschi/fte, in Tusculuui und in
Puteoli aufsuchen, und erhielt einen „mit warmer Freundschuft"
i;eschriebeuen Brief von ihm. ") Sein Entschhiss, Ilulien mit
Biicilianus und anderen Verschworenen zu verlassen, wurde nicht
ausgeführt, ') da er ohne Zweifel derselbe ist, von welchem
Appian erziililt, er habe während der Proscri|)lionen im J. 43
einem der Soldaten , w eiche mit seinem Freigelassenen zu ihm
kamen, das Schwerdt entrissen, den Verrälher gelödtet, und dann
ohne Gegenwehr sich ergeben. ^)
Spurius. ')
§ 71.
(a. 44.) Verschworene, deren frühere Verhält-
nisse zu den Parteien unbekannt sind.
Cassins Parmensis. Seine Geschichte beginnt mit seinem
Verbrechen, man weiss daher nicht, was ihn gegen Cäsar er-
98) 1. Th. 290. 291. 99) Cic. 11 Phil. 6. 100) ad F.iiii. 10, 33.
11, 13. Dio 46, 40. 1) App. 2, 499 (c. 113). Die Lesarl Riiga ist
ungewiss; "nenn sich indess ia einer IlaiuJsclirift Spuren von ihr finden, so
darf man allerdings annehmen, dass die Abschreiber den weniger bekannten
Zunamen in Rex verwandelt haben; auch kommt jener bei anderen Ge-
schlechtern vor, z. B. bei den Caryiliern; Gell. 4, 3. 17, 21. §. 14. Diess
allein spricht aber für Glaiidoip. Onom. Casaub. zu Sueton. Caes 80 u. A.,
•welche, ohne Gründe anzuführen, den Verschworenen Raga nennen, denn
kein Scliriftsteller ausser Appian, keine Münze oder Inschrift bestätigt, so
viel ich weiss, Schweigh, Behauptung, (zn App. 1. c. ) Ruga sei ein Zu-
name der Rnbrier gewesen. 2) App. 1. c. 3) Cic. ad Att. 15, 27.
4) Ders. 1 c. S) ad Att. IG, 4. vgl. iS, 17. 6) 4,604. 7) App.
2, 499. Diess ist ein Vorname in mehreren Geschlechtern; bi'i Appian
befremdet es nicht, dass er keinen andern hinzufügt; durch die Schuld der
Abschreiber lie^'t man aber ßlarcus Spurins, und weder C'asauhon. zu Suel.
Caes. 80 noch Schweigh. haben Austoss daran genommen.
712 XXI. lULII. (3i.§.7J.)
bitterfe. ") Er verband sicL später mit den beiden Befreiern,
welche bei Philippi fielen, oLne jedoch an den Schlachten Theil
zu nehmen, weil er in Asien beschäftigt war, nnd diente dann
nnter Sex. Pompejus in Sicilien. Zuletzt schloss er sich an
M. Antonius an, nach dessen Niederlage bei Actinm er im J. 31
auf Octavians Befehl in Athen getödtet wurde, ä)
Q. Antistius Labeo. Der Mitschuldige des Cassius, von
Plutarch '") und Appian ' ') Labeo genannt, war der Vater des
berühmten Rechtsgelehrten dieses Namens, '^) folglich ein An-
tistius , lind der Vorname des Sohns lässt , wenn auch nicht un-
bedingt, auf den seinigen schliessen. ' *) Er starb als Legat des
M. Brutus bei Philippi, nach Appian, welcher am genauesten
erzählt, auf seinen Befehl von einem Freigelassenen getödtet, als
Brutus nicht mehr lebte , nach Plutarch in der Schlacht nnd tod
Brutus betrauert. ' ')
Petronins verbarg sich nach der Niederlage der Befreier bei
Philippi im Artemisium in Ephesus, wo M. Antonius im J. 41
ihn fand; er wurde hingerichtet. ' *)
P. Tnrulüas. ''^) Als Ouästor des Tillius Cimber führte er
die Flotte, welche dieser a. 44 in Bithynien zur Unterstützung
des C. Cassius gegen Dolabella rüstete, nach der Südküste von
Asien, wo er sich im folgenden Jahre mit einem andern Cassius
und mit Pafiscus vereinigte. ' ') Nach der Schlacht bei Philippi
zogen Cassius Parmensis, Clodius und Turullius die Seemacht der
Befreier im Osten zusammen, und schilTten, durch Flüchtlinge
verstärkt, nach dem ionischen Meere. Ein Theil blieb hier bei
dem Parteigenossen Cn. Domitius Ahenobarbus , die Uebrigen
8) Weichen de L. Varä el Cassii Parm. vira et caiiu. Griiuae 1836.
p. 265 u. 272 Termmhet, dass er iiaeh der Schlaelit bei Pliarsalas von dem
Sieger liegnadigt, und durch Alter und Ehrenstellen schon zu einem ge-
wissen Ansehn gelangt sei , als er in die Verbindung der Mörder auf-
genommen wnrde; das Letzte kann man nicht bezweifeln, and es beweis't
nichts dagegen, dass er nicht unter den Blagistralen erwähnt wird.
9) 2. Th. 161. S. unten J,. 72. A. 28. 10) Brut. 12.51. 11) 4, 669
12) App. 1. c. 13) Cell. 20, 1. §. 13. 14) 1. Th. 57. A. 33.
2. Tb. 149. A. 8. 15) App. 5, 673. 1. Th. 389. A. 48. 16) Dio
51, 8, welcher ihn Senator nennt, 17) Cic. ad Faui. 12, 13. Obe»
{, 69. A. 98.
XXI. lULn. (31.5.71.) 713
£fien»en zu Sex. Pompeius nacL SicUieu. ") Turullius wird bis
zu seiner Verbindung' mit Antonius nirLt mehr namentlich er-
wähnt; es ist daher ungewiss, ob er sich im J. 40 mit Domitius
fiir ihn erklärte, '^) oder ob er für Pompejns focht, mit diesem
im J. 36 nach Asien entfloh, und hier im nächsten sich au deo
Trinmvir anschloss. ^ ") Er wurde dessen Leg'at und baute Schiffe
fiir ihn, auch mit Bennlznug eines heiligen Ilains des Aescnlap
auf der Insel Cos. ^ ' ) .Seine Laufbahn endigte sich mit der
.Schlacht bei Actiuni, nach welcher er in Alexandrien einen
Zufluchtsort suchte. Als Octavian im J. 30 durch Syrien heran-
zog, unterhandelte Antonius, mehr um Cleopatra als um sich selbst
zu retten, und überlieferte nach einer zweiten fruchtlosen Ge-
sandlschaft Turullius dem Eächer Cäsars , welcher ihn in dem
entweihten Haine auf Cos tö'dlen liess. ^-)
Mehrere werden mit Unrecht unter den Ver-
schworenen geuanuf.
Anfangs erschienen Kichlswiirdige oder Unbesonnene in
ihrer Älitte , um als Befreier belohnt und geehrt zu werden , ob-
gleich sie ihnen nicht angehörten; Octavian, und nach seiner
Versöhnung mit ihm auch Antonius, nahmen sie, wie sie sich
gaben, und sie wurden zum Theil verfolgt. ^') Ihr wahrer oder
erkünstelter Eifer, und die Vernriheilung vieler, in dieser Hin-
sicht unschuldiger Feinde der Triumvirn durch das Gesetz des
Pedius - *) und während der Proscriptionen vermehrte die Un-
gewissheit über den Umfang der Verbindung, welchen in der
ersten Zeit selbst Cicero nicht kannte. Doch kommen die falschen
Angaben in dem Vei^zeichnisse der Verschworenen grösstentheils
auf Rechnung der Neueren. Folgende Namen sind zu til^-en :
18) App. 2, 671. 2. Th. 163. A. 26. Domit. Alien. No. 10. A. 26.
19) 1. Th. 419. A. 42. 20) Diess Termulhet AVeichert p. 259 iu dem
A. 8 angef. Werke. S. 1. Th. 459. A. 75. 461. A. 87. 21) Dio
61 , 8. Val. BI. 1 , 1. (. 19. Lactant. 2 , 7. Ein D. Tnr(uUins) wird auf
einer Münze neben M. Antonius Cos. III (a. 31. 1. Th. 472. A. 45)
genannt; Eckh.6, 48; vrenn aber die Richtigkeit der Ergänzung auch kaniu
bezweifelt werden kann, so ist daiuit doch Havercamps Annahme nicht er-
wiesen , dass dieser Decimns ein Urnder des l'ublius war. 22) Uio,
Val. M., Lactant. U. cc. I. Th. 4SI. A. 90. 23) 1. Th. 82. A. 99 f.
2. TL. 544. A. 61. 24) 1. Th. 338. 340. A. 34. 35. Favou. A. 76.
714' XXI. lULII. (31. §.71.)
Atilius. So Liess ein }unger Römer, welcher iui J. 43
, wegen seines Vermögens geäclitet und gelödlet wurde, uls er so
eben die luünnlicLe Toga erhalten Latte. ^*)
Li. Cassius Longinus, der Bruder des Befreiers. ^^)
L. Cornelius Cinna. Prätor a. 44. ^')
Cn. Domitius ALenobarbus, Cos. 32. ^ ^)
Sextus Pompejus, der SoLn des Triuravir. Er war zur Zeit
des Mordes in Spanien, gleicLwoLl worde er nach dem Gesetze
des Pedius geächtet. ^ ')
Popillius Laenas. Nur Ein Römer dieses Namens, ein Se-
nator, wird in der Geschichte der Verschwörung erwähnt, und
von den Genossen des Brutus und Cassius ausdriickJich unter-
schieden. ^ °)
Nach dem Bruche zwischen Antonius nnd Cicero wurde
dieser von seinem Gegner beschuldigt, dass er durch seine Ein-,
flüsferungen den Mord veranlasst habe; ^ ') er längnete es, und
mit Recht , so fern es sich um eine Mitwirkung oder auch nur
um ein Mitwissen Landelt. Der Schein war gegen ihn. Sogleich
nach dem Tode Cäsars begab er sich zu den Verschworenen auf
das Capitol; er empfahl zu ihren Gunsten im Senat und auf dem
Blarkte eine Amnestie,^-) und pries ihre Verdienste in einem
solchen Uebermaasse , dass man glauben muss , das menschliche
Gefühl und selbst der Sinn für das Schickliche sei in ihm er-
storben; ja, er beklagte es, nicht zu dem Mahle geladen zu sein,
weil es dann reichlicher gewesen, auch Antonius erschlagen sein
würde. ^*) Diese Begeisterung war zum Theil erkünstelt; er
wollte die Verschworenen dadurch bewegen, das Versäumte nach-
25) App. 4, 607. In der Stelle 2, 499 lies't Schweigh. für Atilins
nnd Cimber mit nm so mehr Recht TiUins Cimter, da in den unmittelbar
folgenden Worten die Abschreiher ebenfalls nnd entschieden dnrdi die
Kinschaltnng eines „und" eine Person in zwei Terwandelt haben, und
TiUins leicht in das bekannlere Atilius übergehen konnte. Oben 5- 69.
A. 95. 26) 2. Th. 152. A. 48 f. 27) 2. Th. 591. A. 88.
28) Domit. Ahen. No. 14. A. 47 f. 29) 1. Th. 340. A. 34. S. Pom-
peü. 30) rint. Brnt. 15. 16. App. 2, 500. 501. Sein Vorname findet
sich in diesen Stellen nicht; Casanb. zu Suet. Caes. 80 nennt ihn willkühr-
lich Sextns. 31) 2 l'Iiil. 11. ad Farn. 12, 3. 1. Th. 198. A. 64,
32) 1. Th. 82. A. 100. 94. A. 85. 97. A. 7. 33) od Farn. 10, 28.
12, i. 2 rbil. 14. 1. Th. 79. A. 83. 172. A. 44. 200. A. 78.
XXI. lULII. (31. §.71.) 715
ziiholen; indess kannten sog'ar die Veteranen seine Dank- und
riendenbezeugungen , daJier der Verdacht , dass er insgeheim ge-
nährt und gepflegt Labe, was selbst auszuführen die Furchtsam-
keit ihn hinderte. Die Leser seiner Briefe erinnert jenes Beifalls-
,' eschrei bei dem Morde überdiess an seine vielfachen Bemiihnngen
in der letzten Zeit, den Älu'nnern niiher za treten, welche die
lianpter der Verschwörung' wurden. Schon länger war er der
Freund des C. Cassius in dem Sinns, worin diess Wort voa
(^■'n Grossen in Rom und überall gebraucht werden kann; er
iil)te ihn im J. 46 im Reden, und wechselte dann Briefe mit
ihm, ohne sich dadurch irren zu lassen, dass er ohnerachtet seiner
Läufigen Mahnungen selten Antwort bekam. ^'') Unverkennbar
■".vollte er mit dem Missverguiigten, dem ehemaligen Pompejaner,
ein innigeres VerLältniss anknüpfen, ihn ausforschen und im
Eifer für die gute Sache bestärken; nur uöthigte ihn die Zurück-
lialtung des Cassius, und dessen Aeusserung über den „milden
Herrscher" zur Vorsicht.*') Ernstlicher bewarb er sich um
das Vertrauen des M. Brutus, obgleich bis zum J. 45 manche
Reibung sie von einander entfernt hatte; er drang- sich ihm auf,
wobei in Beziehung auf ihn in den Briefen an Adicus der Ty-
rannen-Feinde L. Brutus und Ahala gedacht wurde.*'') Li-
garius tröstete er im Exil, während er zugleich Alles aufbot,
seine Herstellung zu bewirken , welches nach der Wieder-
vereinigung' zu vertraulichen Mitlheilungen führen musste. *')
Auch Trebonius, * ') Sextius Naso *^) und andere Verschworene
standen in einer nähern Verbindung mit ihm. In der Zeit von
ihrer Flucht aus Rom bis zu dem Abg'ang-e der angesehensten in
die Pro-rinzen , wo sie Kräfte g'ewannen , waren sie ihm gleich-
gültig, weil sie nicht den Muth und die Macht zeigten, Antonius,
dem neuen Cäsar, zu widerriehen, und folglich das Verbrechen
nicht die gehofften Früchte ti'ug', er wich ihnen sog'ar aus, *°)
und auch diess beweis't, dass früher im Allgemeinen nicht persön-
liche AuLänglichkeit, sondern die Absicht, irgend etwas durch
sie zu erreichen, ihn an sie fesselte. Kach dem AUen wünschte
34) ad Fam. 15, 16. 17. 18. 35) Oben §. 70. A 43 f. 36) §. 63.
A. 20 t A. 38. Vg!. Cic. Brut. 14. 97. 37) Oben 5. 70. A. 63 f.
38) aj Fam. 15,20. 39) ad A«, lÖ, 27. Hier J, 70 Ou. 40) 1. Tb.
137. Ä. 26 f. 140. A. 54 f.
716 XXI. lULII. (31. §.71.)
er den Mord,'") aber er beförderte ilin nicLf, obgleich er (■?.
versuchte, weil die Verschworenen bis auf M. Brutus etwas g'anz
anderes begehrten, als er, weil sie aus Griiudeu handelten, welche
seine Klagen und Winke überflüssig machten, weil er ferner
aus Älangel an hinlänglichem Vertrauen nicht wagte, sich offen
gegen sie auszusprechen , und sie bei seinem Aller und seiner
Feigheit ihm nicht Gelegenheit gaben, einen unmittelbaren Ein-
fluss auszuüben.
Auch die Uebrigen, deren Theilnahrae an der Verbindung
nicht bezweifelt werden kann, trugen nicht gleiche Schuld. Als
Urheber bezeichnen die Alten die beiden Brutns, C. Cassius und
C Trebonius; *^) nach ihren eigenen Nachrichten ist damit zu
viel gesagt. Trebonius ist freilich der Erste, welcher auftritt.
Er reis'te mit IM. Antonius und vielen Anderen im August
(Sextil) 45 nach Gallien, um Cäsar nach dem spanischen Kriege
zu empfangen.'^) Antonius war verstimmt, wie er wussfe,
weil er für die Güter dt^ Pompejiis, welche er gekauft hatte,
zahlen sollte,*'') auch kannte er seine Leidenschaftlichkeit und
seinen IMuth , daher wagte er es in Narbo , wo sie längere Zeit
verweilten, sich über die Verhältnisse seines Gefährten zu äussern,
über den Undank des Dictator, welchem er so treu gedient habe,
und nach dieser Einleitung auch über den unglücklichen Znstand
des Reichs, jedoch so zweideutig, dass er nur das Verhängniss
anzuklagen schien, und es dem Andern überUess, dem Gespräche
die gewünschte Richtung zu geben. Dieser wollte aber den
Erlass der Kaufsumme ertrotzen, nicht morden; die Anspielungen
auf Freiheit und Republik fanden keinen Anklang; er konnte
aber auch nichts verrathen, weil sein Begleiter zurückhielt, und
durch diese Reise und bald nachher uurch die Bereitwilligkeit,
mit welcher er das Consulat übernahm , dem Dictator huldigte.
Einzelnes tadelten Alle. Gleichwohl mochte es in Trebonius
Besorgnisse erregen, dass Antonius nach der Ankunft Cäsars in
dessen Wagen aufgenommen wurde und den Ehrenplatz bekam,
denn er halte doch seine Unzufriedenheit an den Tag gelegt.
41) Vgl. 1. Th. 172. A. 40. 42) I.W. 116. Vellej. 2, 56. §. 3.
Snelou. 80. Dio 44, 2. 14. App. 2, 497. Flor. 4, 2. {. 93. (A. Vict.) <le
»ir. iU. 78. 83. 43) 1. Tu. 74. Hier J. C4. A. fiO. 44) 1. TU.
74. A. 53. 75. A. 5b.
XXI. lULlI. (31. §.71.) 717
\^ i.lche zugleich in dieser AnszcicLnuiig' des Jüngern Mannes nenc
i\:t/irung fand. ")
Cassius war damals in Bnmdiisiiini, * ^) und da er iiberdiess
-II einer andern Peirtei gehört hatte, als TreLoniiis, so ist es nicht
^\ ahrscheinlich, dass sie jelzt schon nach Verabredung handelten;
aber ihre Gedanken begcguefen sich bald, und durch Cassius
liaten diese zuerst in das Leben, der Bund der Älörder war sein
AA'erk. '") Er mochte sich nicht mit M. Brutus befassen, weil
tr mit ihm zerfallen war, ") und nicLt wussfe, wie weit man dem
Giiiisdinge Casars vertrauen konnte, vielleicht auch, weil er fiirch-
klc, dass der Blann ihn verdunkeln und die Ehre allein davon
(ragen werde. Aber Mehrere, welchen er sich entdeckte, ver-
sji rächen ihren Beislaud nur nnter der Bedingung, dass sein College
siih ihnen zugeselle;") auch das Verbrechen bedarf einen guten
Schein; der Römer mit dem gefeierten Namen, ein zweiter Cato,
wie man allgemein glaubte, welcher das Vornrtheil für sich hatte,
(1 ISS er wolle, was die Anderen zu wollen vorgaben, sollte es
Lciligen, sein inniges Verhiiltniss zu dem Dicfafor das Volk über-
zeugen, dass dieser sein Schicksal verschuldet habe. So niusste
Cassius sich entschliessen, zunächst die Gesinnungen seines Neben-
buhlers zu erforschen, und wenn er sich nicht znm Tyrannen -
Mörder berufen fühlte, ihn zu stimmen. Ein versteck(es und
wohl berechnetes Spiel begann. Man las an der Statue des
iiltern Brutus auf dem Capitol: möchtest du noch leben! ^°) und
die umstehenden Bilder der römischen Könige und des Dictalor
deuteten den Wunsch, ") doch fügte man an dem letzten zum
Ueberflusse hinzu: Brutus wurde der erste Consul, weil er die
Könige, Cäsar wurde zuletzt König, weil er die Cousulu ver-
45) Plut. Anton. 11. 13. Cicero 2 Phil. 14. Tgl. 32 versichert, An-
tonins sei in N.irbo gewonnen , nnil weil er wenigstens geschwiegen habe,
bei dem Morde Terschont; Beides ist erdichtet. Mcht die Dankbarkeit,
sondern die Feigheit der Verschworenen nnd der bestimrot ansgesprochene
Wille des Brutns rettete ihm das Leben. S. »inten §. 72. A. 81. 46) §. 70.
A. 43. 47) riut. Bnif. 9. 10. comp. Dien. c. ßrnt. 1 wird diess ent-
schieden behauptet, wUlirend der Käme des Brutns Andere so sehr geblendet
hat, dass sie über den Verführten Cassius ans den Angen- verloren, zumal
d.i die Zauberkraft jeui-s Namens sich .-lUerdings snhr wirksam zeigte,
48) Oben f. 70. A. 54. 49) Vlut. Brut. 9. iO) Ders. I. c, App.
2, 498. Dio 44, 12. .Suet. 80. 51) Oben }. 64. A. 10.
718 XXI. lULU. (31.5.71.)
trieb. "^) Aber der Prüf or ntnclete Beine Bestimtnting' nocL imnier
nicLt ; man miisste es iLm naher legen, dass das Heil des Reichs
von ihm abhängte, und strente daher Zettel aaf sein Tribunal,
welche ihm sagten, er sei kein Bratus, er schlafe. ^^) Geister-
hjift schien es ihn zu umschleichen; mit Hülfe der Einbildangs-
kraft und der Eitelkeit belehrte man ihn über seine Pflicht; auch
nnterdrückte Seufzer, halblaute Klagen in seiner Nähe verriethen
die Sehnsucht nach einem Brutus, er aber blieb stumm. Es hatte
ihn nicht verletzt, dass Cäsar die höchste Gewalt an sich riss,
und ein Gerücht ihn als den Buhler seiner Blutter und Schwester
bezeichnete ; nichts war von seiner Seite geschehen, dass Servilia
die Geschenke zurückwies, an welche sich ein schimpflicher Ver-
dacht knüpfte, und zum Theil der Finch der ehemaligen Besitzer,
geiner Parteigenossen,^'*) er selbst hatte keine Gunstbezeugung
abgelehnt, und noch kürzlich Cäsar bei dessen Rückkehr aus
Spanien seine Treue und Ergebenheit bewiesen; * ^) ja, als Cas-
sius ihm nun die Hand zur Versöhnung bot, und den Vorschlag
erwähnte, dem Dictator am ersten März den Rönigstitel zu geben,
fühlte er sich nicht dadurch empört, er wollte nur nicht in der
Curie erscheinen; jener musste ihm ferner eröffnen, dass ihm
keine Wahl bleiben, dass man seine Gegenwart und Zustimmung
erzwingen werde : dann erst fieng er an , zu begreifen und sich
zu finden, der Entschluss, für die Freiheit zu kämpfen und zu
Sterben, entstand jetzt erst in seiner Seele, mit dem Blute des Herr-
schers gedachte man den neuen Freundschafts -Bund zu besiegeln. ' ^)
Der Anfang des J. 44 ist demnach als der Zeitpnnct zu
betrachten, wo die Verbindung Festigkeit gewann; Cassins fand
bei Gleichgesinnten leichter Gehör, seit Brutus einverstanden war,
und dieser warb auch selbst. Bei seinem Freunde Q. Ligarius
führte die Klage, dass dieser zur Unzeit erkrankt sei, zu Mit-
theilungen, welche den gewünschten Erfolg hatten. * ') L. Sta-
tilius dagegen, der Augur, ^*) und M. Favonius wurden auf-
52) Saeton. 1. c. 53) liier A. 50 a. PInt. Caes. 62. Zonar. 10, II.
54) Suet. 50. Macrob. Sal. 2, 2. Oben §. 70. A. 93 f. * 55) Oben
§. 63. A. 37. §. 64. A. 49. 56) Dio 44, 14 hal die niigereimte Nacb-
rich«, Cassins sei vielmehr durch Brutus gewonnen. Plut. Brut. 10. App.
2, 498. Vgl. Horat. Sorm 1, 7. v. 33 t. 57) Flut. Brut. 11. 58) Vgl.
Cic. ad Att. 12, 13. 14. Plnl. Brut. 12. 51. Cato m. 73.
XXI. lULII. (31. §.71.) 719
g-eg'eben, weil cler Eine in einer Unterredung mit ihm als Epi-
ciireer erklärte: dem Weisen gezieme es nicht, für scUeclite und
unverständige Menschen sich in Gefahr zu stürzen, und der
Andre: ein grösseres Uebel als Tyrannen -Herrschaft sei der
Bürgerkrieg; Antistius Labeo war nicht dieser Äleinung; mit
ihm nahm der Befreier daher besondre Rücksprache, und er er-
hielt sein Wort. ' °) ludess dacliten die Häupter wie Statilius ;
die Fechter- Bande des Decimus Brutus, welcher im Begriff war,
.Spiele zu geben, sollte sie beschiilzen, und er selbst als Cäsa-
rianer und als Vertrauter des Dicfator in anderen Beziehungen
als Älarcus mit seinem Ansehn bei dem Volke sie vertreten ; er
Hess anfangs wenig hoffen ; doch bestimmten ihn die Anträge
des Cassius und Labeo, sich an Marcus zu wenden, dessen Ver-
sicherung, er sei im Geheimniss, sofort auch über ihn entschied. ^°)
.So verstärkte sich der Bund in kurzem bis zu der angegebenen
Zahl.
Ans der Geschiclite seiner Mitglieder und ihrer Vereinigung
geht heiTor, ob ihr Wahlspruch: Freiheit und Vaterland, auch
nur für M. Bmtus, welchem er in Beziehung auf Cäsar von
aussen aufgedrungen wurde , ^Vahrheit enthielt. Verstellung,
Undank, Feigheit und Unverstand überboten sich in ihnen. Sie
vergassen nicht ihre persönlichen Verpflichtungen, weil etwa die
Mitbürger durch den Dictafor litten, oder ihre besonderen In-
teressen über die allgemeinen, sondern sie wollten bis auf jenen
Brutus, welcher in seiner Verblendung ohne Urtheil ibren Spuren
folgte, nur sich selbst. Daher war es auch nicht ihre Absicht,
sich aufzuopfern ; der Anblick einer Leibwache hätte sie von
ihrer erkünstelten Begeisterung geheilt, und auch so wagte es
kein Einzelner, den Unbewehrten anzugreifen,*') in Masse, die
Gladiatoren im Hinterhalte , drangen sie auf ihn ein , und mit
gleicher Vorsicht mieden sie jede Gefahr auch nach der That.
Nicht minder strafbar zeigt sich die Empörung doch in einer
niäunlicliern Gestalt; sie ruft die öffentliche Bleiuung für sich
auf, und tritt dem Feinde kühn entgegen, um Kraft mit Kraft
zu messen.
Beachteten aber die Verschworeneu wenigstens die Folgen
59) Flui. ßnit. 12. 60) Dcrs. I. c. 61) Di« 44, 15.
720 XXI. lULII. (31. §.71.)
des Meuclielmordcs ? Hielten sie das Rtider in Bereitschaft, das
ScliifF zu leuken, wenn iler Führer fiel? Die Sliitze, den er-
schütterten Staat vor dem Umsturz zu bewahren. Man liess Cäsar
sagen : als Mittel zur Herrschaft sei das Unrecht erlaubt ; ^ ') die
Republik sei nichts, ein leeres Schattenbild, Gesetz, was Er ge-
biete; ^^) Sulla habe sich als ein Anfänger im Dieliren gezeigt,
als er die Dictafur niederlegte; ^*) seine Erhaltung sei für den
Staat wichtiger, als für ihn selbst, wenn ihn ein Unglück treffe,
so werde der Dürgerkrieg äi'ger als je sich erneuern. ^ ') So
dachte er , wenn man auch nicht verbürgen kann , dass er es
äusserte, und er irrte nicht, so fern er damit die Nothwendigkeit
einer Monarchie behauptete ; das Bedürfniss Roms entsprach sei-
neu Wünschen. Sclion in besseren Zeiten hatte man die Allein-
herrschaft nicht gänzlich entbehren können, die Dictatur als Mittel,
die Staats -Maschine im Gange zu erhalten, wenn sie stockte,
obo-leich sie von den Patriciern auch oft gemissbrancht wurde.
Unter Sulla folgte eine immerwährende. Dann strebte Pompejus
nnter diesem Namen nach der höchsten Gewalt; um auszuweichen,
übertrug man ihm allein das Consulat, ein so unerhörtes Verfah-
ren, dass der Unbefangene begriff, es handle sich nur noch um
den Titel des Gebieters. Die Parteien begriffen es nicht; sie
erhoben sich nochmals gegen einander, und eudigten damit, dass
beide Cäsar huldigten. Jetzt musste man fragen, ob ein Anderes
TOÖo-lich und -wünschenswerlh sei ; ob es einer neuen Schreckens-
zeit bedürfe, um zu erkennen, was Rom zum Frieden diene, *'^)
und ob man Cäsar entfernen könne , ohne das Reich zu zer-
rütten. * ') P. IVigidius las in den Sternen , dass der künftige
Herrscher schon geboren sei;^^) die Verschworenen belehrten
62) Cic. de olT. 3, 21 nach Enrip. Phoeniss. 537. Sueton. 30. Comp.
Nie. cnm Crass. 4. Vgl. Cic. ad Alt. 7, 11. §. 1. 63) Soelon. 77.
64) Ders. 1. c. Vgl. Cic. ad Fara. 7, 23. Horat. Ep. 1, 18 v. 13. 2. Th.
496. A. 90. 65) Sueton. 86. 66) Tacit. A. 1, 9 : Kon aliud dis-
cordantis patriae remedinin fiiisse, quam nt ab «ao regeretiu-. Vgl. Flor.
4 3. {. 6. 67) Scnec. de dem. 1,4: Ita se indnit reip. Caesar, ut
didnci altenim non possit sine ntrinsque pernicie. 68) Sueton. Octav.
94. Dio 45, 1. Senec. de benef. 2, 20: Qnanto rero illnm (M. Bruluin) aut
vernm natnrao, nut uibis snae texiul oblivio, qui, nno iulereraplo, defntnrnm
crcdidit nlium, qni idcni vellet ; cnm Tarqninius esset iuventus post tot regos
ferro ac fulminibus occisos ? Oros. 6, 17: Victor civilis belU a civibns
XXI. lüLlL (31. §.72.) 721
\veder die Sterne , nocL die GescticLle ; die Zukunft beriilirte sie
nicht, mit dem Dolchstosse, glaubten sie, sei Alles g-etLan. Der
( iiind lag nicht bloss in ihrer geistigen Beschränktheit, welche
sie hoffen Hess, es ■«'erde sich von selbst weder einrichten, -was
sie aus den Angeln hoben, sondern noch weit mehr in ihrer
Gleichgültigkeit gegen den Staat; Cäsar sollte sterben, mochte
%veiden, was wollte ; er starb, und sie starrten in die Leere, das
llad des Schicksals, in welches sie verwegen eingegriffen hc-tten,
rollte fort, und zermalmte auch sie.
§ 72.
(a. 44.) Das Verbrechen erwartete nur noch die Gelegen-
heit. Diese durfte aber nicht zögern, da unter so rielen sich ein
Verräther finden , oder Cäsar , ohne es zu ahnden , durch den
Aufbruch nach dem Osten den Plan vereiteln konnte ; denn iu
der zweiten Hälfte des Märzes wollte er zu dem Heere abgehen,
die Parther anzngreifen. * ') Alan verhandelte daher über Ort
und Zeit, ob es raihsamer sei, ihn in den Centuriaf - Coniitien auf
dem Marsfelde vor den Augen des Volks zu erwürgen, '") oder
auf dem Wege in der heiligen Strasse, wo er wohnte, ") oder
am Eingange des Theaters:'^) da wurde der Senat auf den
fünfzehnten Murz'*) in die Carle des Pompejus berufen, oder
Caesar occiilitur. — Nosira Roma, Caesare occiso, qiianta de cineribns eins
agmina armala pai-luriit ! 69) App. 2, 499. Die 44, 15. Plut. Caes. 64.
Flor. 4, 2. §. 94. Oben §. 66 fin. 70) Sueton. 80: Utrumne iUnm in
campo — partibns divisis e ponte deiicerent, atqne exceptnm tmcidarenl. Aucli
Wolf und B -Cl'n!^ins haben diese Stelle aufgegeben, jener jedoch mit der
Bemerkung, dass der Vorsitzende vielleicht während der Abstimmung sich
nicht auf dem Tribnnal befand. Wie vreuig Sveton in seineu geschicht-
lichen IVIittheilnngeu immer Glaaben verdient, so konnten ihm doch die
ülTenilichen Einrichtungen Roms nicht nnbekannt sein. Seit der Einfüh-
rung der Slimmtafeln v\'ar eine Beaufsichtigung der I>iribitoren ■\^'ünschens-
Tverth ; -nie schon daraus erhellt, dass ein Volks - Beschlnss für um so
ehrenvoller galt , je mehr sie sich des allgemeinen Vertrauens erfreuten ;
Cic. p. red in sen. H. in Pison. 15. vgl. 2. Th. 65. A. 59 es liegt daher
nichts Befremdliches darin, wenn der Dictator diese Aufsicht selbst über-
nahm, nnd zn dem Ende sich auf die sogenannte Brücke begab, welche zn
den Schranken führte. 71; Oben ^. 7. A. 30. 72) Suet. 1. c.
73) Ders. 80. 81. Veliej. 2, 56. 57. Plnt, Caes. 63. Brut. 14. App. 2, 522.
Drumann , Geschichte Roms 111. ^(^
722 XXL lULII. (31. §.72.)
in den geweihten Saal im Säuleiigdiig-e seines TLeafers am Mars-
felde , ' *) und damit enIscLieden. Denn in der Mitte der Sena-
toren , >YelcLe sich mit ihrem Leben für das «einige verbürgt
hatten, und ihm zum Theil als seine Lagergenossen ihre Erhebung
verdankten,^*) fürchtete der Dictator am wenigsteu ; verdachlios
konnten die Älörder sich ihm nähern, und wenn der Senat ihnen
seinen Beifall bezeugte, oder auch nur schwieg, wie diess von
einer wehrlosen und überraschten Versammlung- zu hoffen war,
so schien die That , durch seine Gegenwart gerechtfertigt, eine
Vollziehung seines Beschlusses zu sein. Auch war es ein günsti-
ger Zufall, dass man an dem Tage, dem Feste der Anna Perenna,
im Theater des Pompejus Spiele gab, " *) und unter diesem Ver-
wände die Gladiatoren des D. Brutus sich hier einfinden konn-
ten. ") Die Verschworenen, sagt man, hatten noch einen beson-
dern Grund , Cäsar jetzt zu tödten , sie mochten nicht für sein
Königthum ausserhalb Italiens stimmen; '^) am fünfzehnten Blärz
musste man sich darüber einigen, '^) weil jener in wenigen Ta-
gen Rom verlassen wollte. So weit wir aber die IMitschuldigen
des 3L Brutus kennen , war er der Einzige , welcher an ein
solches Zugeständuiss mit Abschen dachte ; die Uebrigen sahen
wohl ein, dass es sie in der öffentlichen Jleiuung günstiger stellte,
wenn sie nicht vor, sondern nach dem Verbrechen handelten;
doch konnten sie es nicht durch ihre Zustimmung genehmigen
und dann bestrafen, und nur in so fern fühlten sie sich gedrun-
gen, ihm zuvorzukommen.
Als der Klügere trug Cassins darauf an, auch ^I, Lepidus
nnd Antonius zu tödten. Jener stand mit den Truppen, welche
er in seine Provinzen führen wollte , vor den Thoren von Korn ;
ohnerachtet seiner persönlichen Unbedeutsamkeit konnte er gefuhr-
74) Cic. de div. 2, 9. Liv. 116. Siiel. 1. c. u. Oclav. 31. Plnt. Brut.
14. Caes. 66. App. 2, 499. 500. Dio 44, 16. 49. 52. Obseq 127.
75) Cic. 1. c. Tot centurionibus snis iospectaniibas. 76) Ovid. Fast.
3, 523. 653. Macrob. Sat. 1, 12. Marlial. 4, 64. t. 16. 17. Casaiib. zu
Säet. 80. 77) Kichl bloss nnler dem .Scheine der Hebung, viie Dio
44, 16. sagt; App. 2, 502 erzählt, das Volk habe sich nach dem Morde
voll Schrecken zerstreut ; zu den scenischen Spielen wurden die Fechier
freilich nicht Terwendel. 78j Oben {. 68 ßn. 79) Plut. Caes. 64.
Dio 44, 15. App. 2, 498. Suet. 79. Xach einem Gerüchte sollte die Sache-
schon am 1. IVJmcz zur Sprache kommen, rinl. Brut 10.
XXI. lüLII. (3J.§.72.) 723
licL werden, nnd diess bestätigte sich nur 211 seLr. ^'') Antonius
kannte man als den kühnsten unter deo Cäsarianeru, man wusste,
class er dem Herrscher nicht bloss Trene heuchelte, und überdies
^^ nr er dessen College im Consulat ; die ihm zustehende Gewalt
lii'ss das Aeusserste fürchten, wenn die Bewaffneten des Lepidus
ilin unterstützten, uud so g-eschah es; ^ ') denn M. Brutus er-
klarte : man müsse sich auf den Tyrannen beschränken ; der Tod
jedes Andern werde den Verdacht erregen , als erhebe man sich
aus Ehrgeiz und Privathass, nicht im Dienste der Freiheit, son-
dern der überwundenen Partei ; auch dürfe kein Bürger fallen,
M enn es nicht die IVotli gebiete , und Antonius werde nach voll-
brachter That der guten Saclie sich nicht versagen. ^^)
Durch die Einmischung dieses Brutus erhält das UnterneLmen
eine eigenthiimliche Farbe, so etwa wie das Leben des Banditen
in Italien durch die Anrufung der Heiligen und den Rosenkranz ;
sein Aberwitz kommt jedoch den Genossen nicht zu Statten, am
80) 1. Th. I4. 81) 1. Th. 79 A. 83. 82) Pluf. Brut. 18. 20.
Anton. 13. App. 2, 499. 3, 547 fm. Dio 44, 19 Tellej 2, 58. §. 2. Bei
Plularch 11. cc. insbesondre gehl ans dem Znsammenhange hervor, ilass
Marens Brutus, nicht Decimns, den Vorschlag vereitelte, und an ihn, das
vermeintliche Haupt der Verschviürnng, dachten anch die Uebrigen, deshalb
fügten sie den Vornamen als überHüssig nicht hinzn. Von seinem Character
war eine solche Verkehrtheit oder scheinbare MenschenfreundÜchkeit, von
seinem Einflüsse ein solcher Erfolg zu erwarten ; oft werden Klügere von
Scbwachköpfen geleitet. Cicero ruft ans im Unwillen über Antonius Macht
nach Cäsacs Tode: wer unter den Brutus hat diess verschuldet! ad Alt.
15, 12. er wusste sehr vrohl, dass der Cousul auf Marcus Beirieb verschont
war, und dieser „mehr für seine Unsterblichkeit, als für die Ruhe seiner
Freunde gesorgt hatte;" das. 15, 1. dass die neuen Gefahren, in welche
man sich verwickelt sah, auf seine Kechnung kamen; das. 15, 20. aber
auch Decimus verdiente Tadel, weil er in seinem ci«"''iinischen Gallieu
die Älpenvülker bekriegte, um Beule zu machen und zu Iriumphiren, 1. Th.
136. A. 17 f. stall seine ^yatfen gegen Antonius zu richten, und Kom von
dem neuen Tyrannen zn befreien; diess war es, was Cassiu> bei der
Zusaiumeukuiift mit Cicero und M. Brulns in Äntium zu Klagen über ihn
Teranlassle, wie INlanulius ad Alt. 15, 11. richtig erklärt hat; vgl. 1. Th,
135. A. 16. In den untergeschobenen Briefen Ciceros an RI. Brutus 2 , 7.
sagt der Vf. Tu leiiius, immortali omnino cum tua laude! sed quid meliun
fueril, magno dolore sensimus, magno pericnlo senlimus; olTenbar eine Uin-
Frhreibnng der AVorte in ad Alt. 15, 1 ; sein Zeugniss ist eben to eutbehr-
IJch als ohne Gewicht,
40«
724 XXI. RfLlI. (3J.§.T2.)
wenig'sfen Ceissiiis und D. nriitiis , welcLer Je* Späher wurde
iiiid daiiu «Lt.s Opfer herbeilockte. Er Avar vor Audereii dazu
geeignet, weil Cäsar ihn gern in seiner Nähe sah und ein beson-
deres Vertrauen in ihn setzte. So begleitete er nun auch den
Dirtator am letzten Abend vor das Thor zu einem BLihle bei
M. Lepidus. Jener hatte schon früher bei dem Lesen der C'yro-
pädie den \Vnnsch geäussert , plötzlich zu sterben ; ** *) als jetzt
die Frage aufgeworfen Avurde, welcher Tod der iJeste sei, und
er nur mit der Unterzeichuuug von Papieren beschäftigt zu sein
scliien, entscliied er sogleich: der unerwartete,''*) Er» wusste
nicht, dass sein Mörder mit ihm am Tische war; die Gefiilsr
blieb ihm überhaupt bis dahin unbekannt, weil keiner unter den
Verschworenen weder absichtlich noch aus Unbesonnenheit da-<
Geheimniss verriet!», ^ ') selbst Tillius Cimber nicht, obgleich er
sich oft berauschte;"') nur M. Urutus zeigte auch darin seine
Schwäche , dass er in der Nacht von dem Fünfzehnten seiner
Gemalilinn Porcia , der Tochter Catos , auf dringendes Bitten sich
entdeckte. **') '
Dennoch fohlte es nicht an dunkeln Gerüchten, von welcliea
Cäsar keine Kunde erlüelt, weil er Angeber und Zuträger mit
harten Worten zurückzuweisen pflegte ; die Gölter selbst also
inussten ilin warnen, w^enn er nicht untergehen sollte, und diess
sowohl als der Glaube, dass der Tod eines grossen Mannes durch
ausserordentliche Erscheinungen augekündigt werde, hat die Bienge
der Anzeichen geschaffen, deren man hier gedenkt. Die Aucilieii
ertönten in der Nacht vor dem Morde, wie vor dem cimbrischen
Kriege, stets eine Andeutung furchtbarer Ereignisse.*"^) Die
Thür des Schlafzimmers, in welchem Cäsar mit seiner Gemahlinii
sich befand, öfl'nele sich; *') hartnäckig verschmähten die Pferde,
83) Sneton. 87. 84) Ders. 1. c. Pliit. Caes. 63. App. 2, 500.
«.".) Vlul. ISrul. 12. comp. Dien. c. Brnt. 4. App. 2, 499. 86) Senec.
«p. 83. 87) Um itiiu zu beweisen, dass Me eine starke Seele linbe,
nnd er ihr vertrauen könne, verwundete sie sich in der Hüfte; Plut. Brut,
13. Dio 44, 13. 14. Polyaen. stral. 8, 32. Diess ist wahrscheinlicher, als
dass es später geschah, weil sie sich etwa überzeugen wollte, ob sie bei
einem unglücklichen Ausgange sich selbst würde tödlen können. Val. IM.
3, 2. §. 15. 88) Dio 44, 17. Vgl. Liv. 37, 33. epii. 08. T.icil. II.
I , 89. Sueton. Olho 8. Obseq. 104. 89) l'lui. Caes. 63. Dio I. c.
8u«l. 81. Obse<i. 127.
XXI. ILLII. (3i.§. y2.) 725
wi'lclie jener bei dem Uebergange über den Hubicon entlassen
Iiatle, die Nahrung-, 8") und schon früher entdeckten C'olonisten
in Capna, in dem angeblichen Grabmale des Capys, des Erbauers
■ !(^r Stadt, eine eherne Tafel mit der griechischen Inschrift: wenn
man die Gebeine des Capys findet , wird der Nachkonune des
Jiilus unter den Streichen seiner Stamingenossen fallen, und bald
durch das Unglück Italiens gerächt werden. ^') Es ist aber nicht
vu verkennen, dass auch Freunde nnd Anhänger anf diese Art
(Jäsar aus seiner Sicherheit aufzusclu'ecken suchten, weil sie ihm
nicht anders beikommen konnten, denn grossen Seelen ist es nicht
gegeben, ängstlich nm sich zu sehen, ob nicht eine Natter im
Wege liegt, nnd Blanches, welches den Alten für eine Offen-
barung gilt, erklärt sich leicht als eine natürliche Folge der Um-
stä'nde. Spurinna , ein geachteter Opferbeschaner , (haruspex) " )
bemerkte , dass der Diciator in Gefahr sei , w eil man in einem
Stiere das Herz vennisste ; er warnte besonders vor den Idus
(dem Fnufzehnlen) des Märzes ; am andern Tage fehlte in dem
Opferthiere ein Theil der Leber. ^*) Nodi viel weniger kann
es befremden, dass Calpurnia in der Nacht vor dem gefürchteten
Tage beunruhigende Träume hatte; sie liebte ihren Gemahl; sein
Alles beherrschender Geist und die erhabene Stellung, zu welcher
90) Snet. 81, Oben §. 41. A. 83. 91) Snet. 1. c. Oben §. 12.
A. S4. Andere Anzeichen erwähnen Suet. n. Flnt. I. c. App. 2, 524.
92) Mi» dem Genülnamen Vestricins, wie es scheint; Tacit. H. 2, 11. 18.
36. dass er in grossem Ansehn stand , beweis'! selbst der Scherz Ciceros
ad Farn. 9, 24. §. 2. 93) Nach Einigen sprach Spnriuua jene 'VVorle,
als Cäsar sich ziuu ersten Male im Purpnr und auf dem goldenen Sessel
reigte; Cic. de dir. 1, 52. 2, 16. Val. Max 1. 6. §. 13. PUn. 11, 71 (37).
■»gl. oben §. 64; nach Val M. 8, 11. §. 2. ilieissig Tage vor dem Morde,
«ad anch dann hatte man vrobl noch kanm Verdacht geschöpft. Sael. 81.
Vellej. 2, 57. Obseq. 127. Dio 44, 18. Plui. Caes. 63. App. 2, 501. 524.
525. Cicero meint 11. cc. das Herz, ohne welches das Thier doch nicht
habe leben künuca , müsse in dem Angeublicke des Opferns verschwnnden
sein; gewiss, al)er dnrch TaschL-nspielerkiinst , milnnter anch auf Anstiften
des Opfernden selbst, wenn ein Wink der Gölter ein Unlernefamen ver-
hindern sollte. In dem letzten spanischen Kriege war Cäsar Aehiiliches
begegnet ; er erinnerte daran , als man ihm jetzt Vorsicht empf.ilil ; der
Harnspex crwiederte : die Gefahr war damals in dor Tha» sehr gross , und
jetzt ist sie noch grösser. App. 2, 524. S'iö. Suel. 77. Polyacu. sirat.
8, 23. ;'. 33. Hin. II, 71 '37).
726 XXI. lULII. (31. §.72.)
er sicli emporgeschwungen Lalte, zwangen sie zur Bewnnderun|^,
nnd Hessen sie seine Ausschweifungen übersehen , zumal da sie
auch auf dem Gipfel des Ruhms seine Gefahrtinn blieb, obgleich
sie ihm keinen Erben schenkte. Einen Thron sollte sie nun mit
ihm (bellen, aber an den Stufen des Throns erblickte sie eine
Mörderbande; zu ihr waren die Gerüchte hindurchgedrungen, und
sie glaubte ihnen, und konnte sich doch keine Gewissheit ver-
schaffen. Der nächste Tag musste entscheiden ; mit diesem Ge-
danken entschlief sie, nnd sogleich umgaukeUeu sie grauenvolle
Bilder ; der Giebel ihres Hauses , welcher es zu einer Götter-
Wohnung erhob, ^*) stürzte ein, ihr Gemahl sank mit Wunden
bedeckt in ihre Arme. ^*) Sie zweifeile nicht länger, dass das
Schrecklichste bevorstehe, und ihre Thränen, ibre flehentlichen
Bilfen, an diesem Tage seine Wohnung nicht zu verlassen, er-
schütterten Cäsar, weil er sie als eine besonnene und männlich
gesinnte Frau kannte, Da der Haruspex bei dem Opfer am
Blorgen, welches sie beschwichtigen sollte, wobl nicht ohne ihr
Zulhun nur ungünstige Anzeichen fand, wie oft mau auch die
lieilige Handlung wiederholte , so erhielt endlich Antonius den
Auftrag, den Senat zu entlassen. ^^) Jetzt erschien aber D. Brutus;
bei dem Zögern des Dictator in tödtlicher Angst entsandten ihn
die Blörder, zu kundschaften und das Hinderniss ihres Vorhabens
?u beseitigen. Cäsar empfieng ihn als Freund ; er theilte ihm
mit, was vorgegangen war: Calpurnia sei durch einen Traum
und durch die Aussagen der Seher geschreckt, und beschwöre ihn,
sich nicht von ihr zu trennen ; er wolle ihren Wunsch erfüllen,
■f-umal da er ohnehin unpässlich sei. Und der Senat? erwiederte
Brutus ; auf deinen Befehl hat er sich versammelt ; schon lange
sieht er deiner Ankunft entgegen , um dich für alle Länder
ausserhalb Italiens zum Könige zu ernennen ; soll er diess ver-
schieben , bis ein Weib bessere Träume haben wird ? Wie
könnten deine Freunde eine solche Willkiihr entsohuldigeu ? Geh
94) Oben §, 65, 9S) Snet, 81, Val. M. I, 7. §. 3. Vellej, 2, 57,
Obseq. 137. nio 44, 17. l'Iiit. Caes. 63. Ajip. 2, 500. Zonar. 10, 11,
06,) J*lut 1. c. Brut. 15. App. 2, 500. Flor 4, 2. §. 94. Der Diclalor
Oi>(<'rie aller spiiler nicht noch einmal vor der Curie, wie App. 2, 501. n.
Stiel, 8J. erj;«hlen. Auch Oclavian Hess einst ein Thier nach dem andern
»ctilücblea, ma «iqe nüuslige Vorbedeutung; zq er];\vingen, Suet. OctaT. 96,
XXI. ILllJI. (31. §.72.) 727
Weniysfens selbst, die .Silaunsf .lufzuLeben, wenu Caliuirnia und
«lie Seher sie heute nicht ralhsam finden. Ein bitteres Lücbelu
schürfte den Stachel der wohl berechneten Rede 5 am heiss er-
sehnten Ziele still stehen und zum Gespötte werden war mehr,
als der Verlockte von sich erhalten konnte ; er schwankte und
Brutus zog ihn sanft drang^end mit sich fort, DIess g-eschah gegen
Mittag, um die fünfte römische Stunde. ^')
BI. Brutus war auf der andern .Seile nicht der Einzige,
welchem die Nacht ohr.e Schlaf yergieng ; nicht Cäsar sondern
seine Feinde empfanden die Qualen der Todesfurcht.^") Am
Morgen des Fünfzehnten trafen sie in der Wohnung des Cassius
zusammen, dessen .Sohn C'ajus gerade an diesem Tage die männ-
liche Toga erhielt, damit der Urheber des Bundes die Blitglieder
verdaclitlos vereinigen und auf den Markt führen konnte. ^^') IMJt
scheinbarer Ruhe bestieg er nach der Feier das Tribunal ; eben
so IM. Brutus , welcher bei der Appellation einer Partei an den
Dictator bemerkte; er hindert mich nicht, zu thun, was Rechtens
ist, nnd wird mich nicht daran hindern. Nach der Beendigung
dieser Geschäfte zeigten sich die Verschworenen am Marsfolde,
um mit den anderen Senatoren Cäsar am Eingange der Curie zu
begriissen ; aber er kam nicht. Während sie durch fragende
Blicke und eine immer ernstere Bliene einander ihre innere Be-
wegung verriethen , nahm ein Mann Casca bei der Hand und
sagte : du hast geschwiegen, aber Brutus hat es mir entdeckt ; er
sprach von Cascas Bewerbung um die Aedilität, wie sich bald
ergab, doch vermochte jener im ersten Schrecken kaum die Fassung
zu behalten. Ein Senator Popilllus Länas näherte sich indess
Brutus und Cassius mit den Worten : m i . euer Unternehmen
gelingen, aber eilt, man ist nicht verschwiegeu, und sogleich zog
er sich zurück. ' ° °} Für JMeuschen , welche sich ihrer Schuld
bewusst waren, gab es nur Einen Sinn dieser Rede, und nun
meldete man Brutus, dass Porcia, durch ihre Verwundung, durch
Furcht und Wachen in fieberhafter Aufregung, einen Boten nach
dem andern abschicke, und jeden, der vom Älarkte komme, über
sein Schicksal befrage, dass die Nachbareu sich vor ihrem Hause
97) Suet. 81. Val. Max. 1, 7. §. 2. Dio 44, 18. Plut. Caos, 64.
nrul. 10. in. A].]). 2, 300. 08) Pia«. Brut. 13. 99) Das. 14.
100) Das. 15. Ajip. 2, 500.
7Ü8 XXI. lULII. (i\.§.72.)
versammeln , uad dann wieder , dass ßie dem Tode naLe oder
schon gestorben sei. Hatte sie in diesem Zustande üir Gelübde
gebrochen? War Popillius durch sie Ton dem Geheimnisse unter-
richtet, und Brutus durch eine Unbesonnenheit sein eigner An-
kläger geworden? Er unferdrückte seine Gefühle und blieb. ')
Aber man musste wissen, warum der Dictator nicht erschien,
und' ob man ihn nicht überreden konnte , seinen Entschluss zu
ändern. D. Brutus gieng zu ihm und bemerkte sogleich , dass
nur Calpnrnias Besorgnisse und Bitten ihn zurückhielten ; der
Zweck seiner Sendung wurde daher ohne Mühe erreicht. Da
Cäsars Gesundheit gelitten hatte, so bediente er sich einer Sänfte 5
er glaubte aber nicht an die Gefahr, und seine Pläne nmfassten
das Grösste und Fernste; die Behauptung, dass Krankheit, üeber-
druss des Lebens ihn den Mördern zugeführt habe, ist ungereimt. ^)
Es fehlte nicht an Versuchen, ihn jetzt noch zu retten ; sie waren
fruchtlos , und nicht durchaus ohne seine Schuld ; darin erkannte
man „die Macht des Schicksals, welches dem die Gedanken ver*
wirrt, den es verderben will." ^) Ein fremder Sclav eröffnete
seiner Gemahlinn, dass er durch das Getümmel gehindert sei, sich
ihm zu nähern, und seine Rückkehr erwarten wolle, weil er ihm
Wichtiges zu entdecken habe. Er war also nicht genau unter-
richtet, oder sein Auftrag gieng die Verschwörung nicht an. ')
Noch unerklärlicher ist Cäsars Unterredung mit Spurinna, welcher
auf seinen Zuruf, die Idus sind nun da, erwiedert haben soll,
aber noch nicht vorüber. *) Jener befand sich in der Mitte eines
zahlreichen Gefolgs, eine grosse Volksmasse umwogte ihn, wie
konnte er mit dem Seher auch nur wenige Worte wechseln ?
Und wenn es leichf -r gewesen wäre, an ihn heranzukommen, so
waren doch Zeit und Ort für einen solchen Scherz nicht geeignet,
welcher ohnehin am Mittage und vor der Senats - Sitzung keinen
Sinn hatte. Es sollte nun einmal recht augenfällig werden, dass
Cäsar in unheilbarer Verblendung sich seinen Feinden überlieferte.
Man erzählt ferner, Artemidorus, ein cnidischer Philosoph, habe
ihm eine Schrift rail der Aufforderung überreicht , sogleich zu
1) Plul. I. c. 2) Suelon. 86. 3) Vellej. 2, 57 fin. Flor. 4,
2. 5. 94. 4) Flut. Caes. 64. App. 1. c. Zouar. 10, II. 5) Oben
A. 92. Pin». Caes. 63. App. 3, iSi. SU iin. Dio 44, 18. Suetoii. 81.
Valer. M. 8, II, §■ 2.
XXI. lüLII. (31. §.72.) 7-29
lesen, weil sie iLn selbst betreffe. ®) Nach Anderen g'elang es
ihm nicht , sich Bahn zu machen , sondern er trat erst in der
Curie zu seinem Gönner, als dieser ermordet und Alles entflohen
war; ') daher wird er von den meisten Geschichtschreibern hier
nicht erwähnt, obgleich sie übrigens bestätigen , dass der Dicfator
auf dem Wege eine schriftliche Anzeige der Vewschwöning er-
hielt , und bei der Älenge der Gesuche , mit weI<Aen man ihn
bestürmte, sie unbeachtet liess. ') Die Alten knüpfen ihre Nach-
richten gern an bestimmte Namen , und gaben in diesem Falle
dem Philosophen den Vorzug , weil er Casars Schützling und
Crastfreund war, ^) und als Grieche keinen Grund hatte, die
Derstellnng der Republik zu wünschen.
Der Zug näherte sich endlich seinem Ziele ; zum letzten
Male hatte Rom seinem Herrscher gehuldigt, er setzte den Fuss
ans der Sänfte in das Grab. So hofften die Mörder ; mochte
aach manches verrätherische Blatt in seinen Händen sein, es war
anschädlich, denn er kam. Zu ihrem Schrecken sahen sie nun
aber Popillius Länas sich lange und angelegentlich mit ihm unter-
halten ; seine zweideutige Aeusserung war nicht vergessen , und
bestärkte sie in ihrem Verdachte ; ' °) sie hatten sich schon durch
Zeichen geeinigt, der Verhaftung durch Selbstmord zuvorzukom-
men, als Stellung und Bliene des Popillius sie überzeugte , dass
ihm eine Bitte gewährt war. ' ') Während sie Cäsar in die
Curie begleiteten , so viele unter ihnen dem Senat angehörten,
blieb C. Trebonius zurück , um Antonius durch ein absichtlich
verlängertes Gespräch ausserhalb zu beschäftigen ; denn man fürch-
tete den Arm des kühnen Mannes und seinen Eiufluss. ' ') Indess
nahm Cäsar den goldenen Sessel ein, "welchen man bereits ent-
fernt und bei seiner Ankunft schnell zurückgebracht hatte, '^)
und die Verschworenen fiengen an, ihn zu umkreisen. Nie hat
ein Einzelner, welcher in dem schrecklichen ^A ahne, Grosses za
6) Piut. Caes. 65. Zonar. 1. c. 7) PInt. I. c. App. 2, SOI. in.
8) Suet. 81. VeUej. 2, 57. Flor. 4, 2. §. 94. Dio 44, 18. 9) Sh-abo
14, Cö6. App 1. c. Oben §. 53. A. 67. 10) Oben A. lOO. 11) l'lm.
Brut. 16. App. 2, 501. 12) Plnt. Brut. 17. Anton. 13. App. I. c. n.
3, 535. 543. Dio 44, 19. Statt des Trebonius nennen Plnt. Caesar tiö.
unJ ihm folgend Zonar. 10, 11. D. Brutas. S. Cic. ad Fiuu. 10, 2Ö. 2.
Phil. 14. 13, 10. 13) Üben §. 64. A. 8.
730 XXI. lULIL (31. §.72.)
tLun, znm Fürstenmörder wnrde, eine so klägliche Rolle g'esj)ieU,
als diese Bande. Tilliiis Cimlier trat voran ; er bat für seinen
verbannten Bruder, und die Uebrig-en baten mit ihm; sie ergrilfeii
Cäsars Hände, als er die Entscheidung auf eine andere Zeit ver-
schob, küssten ihm Stirn und Brust, und überzeugten sich, dass
er nicht einen Harnisch oder eine verborgene Waffe trug; auch
fesselten sie seine Aufmerksamkeit, so dass einer der Casca sich
Linter ihn stellen konnte. Nun wurden sie ungestüm ; er wollte
aufstehen, um sich ihrer Zudringlichkeit zu erwehren, aber Cimber
riss ihm die Toga von der Schulter , das verabredete Zeichen.
Cäsar rief: das heisst Gewalt gebrauchen, und eJs Casca ihn in
demselben Augenblicke mit unsichrer Hand und deshalb nur leicht
am Halse verwuudete : Verruchter, was beginnst du ? Ohne ein
anderes Mittel zur Vertheidigung als seinen Schreibgriffel fassle
er den Arm des Mörders und durchbohrte ihn ; Casca wendete
sich zitternd mit einem Hiilferuf an seinen Bruder, erhielt aber
kräftigern Beistand , denn nnu folgte ein Streich dem andern,
jeder sollte seinen Dolch in das Blut des Tyrannen tauchen, so
■war man überein gekommen, um des Ausgangs gewiss zu seia
lind gleiche Schuld zu tragen. Stoss immer zu ! schrie Cassius,
als man zögerte, um ihn nicht zu verletzen; •') M. Brutus beach-
tete es nicht, dass man ihm die Hand verwundete, ' *) und auch
Andere büssteu für die Wuth, „mit welcher die mordgierige Bleute
das edle Wild zerfleischte." ' ^) Nach einem kurzen, fruchtlosen
Widerstände verhüllte Cäsar den Kopf und den untern Theil seines
K-örpers , ' ') und sank [mit drei und zwanzig Wunden , unter
welchen nach der Meinung des Arztes Autistius nur eine in der
Brust tödtlich war, ' ^) an der Statue des Pompe/us nieder. ' *)
Bei dieser Verwirrung konnte man nicht wissen , dass Cassius
es war, welcher ihm den Doich ins Gesicht stiess, oder dass
M. Brutus die Hüfte traf; ^") die Erzählung aber, nach welcher
14) (*.. Vict.) do vir. ül. 83. IS) Plnt. Brnt. 17. App. 2 ," SOS.
16) Plut. Caes. 06. 17) Quo honesti'iis caiJeret. Säet. 82. 18) Dors.
1. c. 19) l'lnt. Caes. 66. Brut. 17. App. 2, 501. 502. Dio 44, 19.
S2. Zon. 10, 11. Liv. 116. VeUej. 2, 56-58. Siiet. 82. Val. Max. 4,
5. {.. 6. Flor. 4, 2. §. 95. Eutiop. 6, 25 (20). Üros. 6, 17. (A. Vict.) de
vir. ill. 78. Obseq. 127. Her Stein von Solon in Li|)port Dactyl. 1. Taus.
2. Hälfte, No. 278. 20) Plul. Caes. OG. App. 2, 502.
XXI. lULlI. (31. §.72.) 731
der Dictator bei dein Anblicke des Letzten ausrief: ancli da, mein
SoLn? und vom Schmerze über dessen Riicblosigkeit überwiilliyl,
sich nicht mehr yerlheidigte , ist zu Gunsten der Sage ersonnen,
weldie ihn den Vater des Brutus nennt, ' ')
Die A^erschworenen hallen beschlossen , den Körper des
Tyrannen in die Tiber zu schleppen, sein Vermögen einzuziehen
und seine Gesetze und Einrichtungen aufzuheben;'^) sie standea
aber allein; man kannte ihre Absichten nicht und hielt den Slord
fiir den Anfang ; der Senat entfloh , auch das Volk und die
Befreier suchten Sicherheit auf dem Capilol. '^) Selbst die Aalur
schien um den grossen Todten zu trauern ; so erklarte die Menge
das matte Licht der Sonne in diesem Jahre, obgleich es über dem
Yulcauischen Boden Italiens eine nicht seltene Erscheinung ist, '')
und den Cometen, ■^Velcher im Mai sieben Nächte hindurch sichtbar
blieb. ' ') Der Unbefangene wusste ohnehin, dass der Glücksstera
der Römer untergegangen var. Cäsars AVirken hatte fiir sie eine
andre Bedeutuug als das Wirken des Pompejus , welcher dem
Alten augehörte, und er überlebte sich nicht, ^vie dieser. Seine
Ruhmsucht und sein Ehrgeiz Tsaren befiiedigt, alle Hindernisse
auf seiner Bahn beseitigt , gerade jetzt konnte das Grosse und
Edle , dcis Unvergleichliche in ihm , durch jene Leidenschaftei»
bisher verdunkelt und gehemmt, in vollem Glänze sich entwickeln;
als der Segen der Zerstörung folgen sollte, erschlug man ilin ;
das Veraltete tauchte wieder auf, aber nur noch in den Provin..
zeu, und auch hier erstarb es schon nach zwei Jahi'eu , denn der
21) Sie -wird von Sneton. 82. und besonders von Dio 44, 19 als nn-
gegründet yerworfen ; Plutarch ist niclit mit sich einig, -wie gewöhnlich ia
solchen Fällen; er giebt im Brut. 17. als Tbatsache, vras er im Caes, 66.
zu bezweifeln scheint. Cäsar vmrde von allen Seiten so unniiitelbar und
so plötzlich angegrilTen, so furchtbar von einem Dolche dem andern znge-
5chleuderi, dass jene an Casca gerichteten M'orte seine letzten waren ; und
■wie konnte er in einem solchen Sturme sich mit dem Einzelnen beschäf-
tigen, oder der Frevel eines Einzelnen ihn empören, selbst wenn neben
dam Enisetzea ein anderes Gefühl sich in ihm hätte regen können , da er
überall nur nndaiikbare Heuchler und Verräther erblickte ? S. lunii Xo. 39-
22) Sueton. 82, Dio 44, 3S. 23) S. das .eitere im 1. Th. S. 79 f,
24) Plut. Caes. 69. Plin. 2, 30. Virg, Georg. I, 466. Orid. Biet, 15. fab.
51. T. 785. Tibull, 2, 5. T, 75. (A. Vict.) de vir. ül, 78. 25J 1. Th,
127. A. 47.
732 XXI. lULII. (31. §.72.)
Krieg des Sextiis Poinpejus hatte einen andern Zweck ; Rom
theilte sich nicht melir zwischen der Republik «ud der Monarcliie
sondern zwisclien den Erben des Dicfator , in seinem letzten
Bürgerkriege kampfien nur Cäsiirianer. Doch dring-t sich bei Casars
frühem Tode auch eine andre Betrachtung auf: er hatte sich selbst
gelebt, und starb, als er das Ziel erreichte, kaum ein halbes Jahr
war er im ruhigen und unbestrittenen Besitze der höchsten Ge-
walt ; ' ^) er wurde ferner in der Curia und neben der Statue
des Pompejus ermordet, und wie dieser von Menschen, welche
ihm verpflichtet waren. *^) Das Erste kann nicht befremden, da
eben durch die JXiederlage des letzten feindlichen Heers und durch
die friedliche Rückkehr des Siegers die Hoffnung der Missver-
gnügten, ihn im Kriege umkommen oder jetzt wenigstens durch
Proscriptionen sich bereichert zu sehen, für immer vereitelt wurde;
das Andre war Zufall. Manche unter den Alten finden darin
eine Strafe der Herrschsucht, eine Vergeltung; dann war das
Schicksal mit sich selbst im Widerspruch, denn so viel wir wissen,
Wiirden auch die Vollzieher seiner Beschlüsse auf eine gewaltsame
Art hinweggerafft, die Meisten vor dem Ende des dritten Jahrs. '"')
26) VeUej. 2, 56. J. 3. Flu«. Caes. 69. 27) Cic. de div. 2, !).
28) Suet. 89. Peicussoram fere neque triennio «piiscinam anipliiis superTixif,
neque sua morte defiinctns est. (S. das Verzeichiiiss oben in J. 69 — 71.)
Damnati omnes, (durch das Gesetz; des Pedins 1. Th. 338. A. 16.) aliiis
alio casu periit : pars nanfragio, pars proelio: noanulli semet eodem illo
piigione, quo Caesarem violayeraut, (.' 2. Th. 144. A. 76. 149. A. 6.) inter-
emernnt. Plttt. Caes. 69. App. 2, 526, 3, 588 fm. Dio 48, 1. YeUej. 2,
87. behauptet, Trebonins sei zuerst und Cassius Parmensis zuletzt getödtet ;
obgleich Cassius auch von Oros. 6, 19. als nltima Tiolaiae partis Caesaris
■»ictima bezeichnet wird , so ninss ich doch hier, -nie schon im 2. Th. 163.
zuriickjiehmen , Tvas ich auf das Zeugniss dieser Schriftsteller im 1. Th.
501. A. 22. gegen Wesseling Obsorv. 1. c. 26. bemerkt habe; denn Cassius
starb im J. 31, nnd P. Turullins, sein Mitschiüdiger, erst im folgenden.
Hier 5. 71. A. 22. n. 2. Th. 163. Herr Professor Weichert verlheidigt
VeUejus; (De Cassii Parm. vit. p. 249 — 265) es liegt in der Natur der
Sache, dass die ganze Beweisführung sich nur tira Vermnthnngen drelioii
konnte. Cassius sagt H. W. p. 262, würde nach der SolJacht bei Aclium'
sich eher sonstwo verborgen haben," als in Athen ; — wie konnte er wissen,
dass Octavian dorthin kommen werde , da er Antonius verfolgte , welcher
einen ni.dern Weg gewählt hatte? Er würde bei der Ankunft seines Fein-
d.'S entnoh.'n sein ; — wie aber , wenn er auf die Verschwiegenheit oiius
Ciätireundos recluiete ? Jener war in bescbäfligl, um sich mit der Auf-
XXI. rULH. (31. §.-3.) 733
§ 73.
CiJsar stammte an? einem alten aber nicLf begüterten Ge-
scliIecLle; -') das ererbte Vermögen, dessen Verschwendung- gerügt
wird, konnte nicLt bedentend sein. ' ") Er bewoLnte anfangs das
eiufacLe väterlitLe Haus in der Subura, in der nacLmaiigen ersten
Region, seit dem J. 63 aber als Oberpontif das Gebäude in der
LeiL'gen Strasse, welches für diesen Priester bestimmt war.-'')
Sein Garten jenseits der Tiber, tvo Cleopatra während ihres Be-
suchs sich aufhielt,^') gehörte zu den grössten und schönsten
Anlagen vor der Stadt, und wurde durch sein Testament ein Eigeu-
thüin des Volks. ^ ') Bei der rastlosen Thätigkeit, mit welcher
er seine Pläne verfolgte, erschien ihm jede Entfernung- von Rom
als Verlust, wenn er nicht Krieg- fülrte ; Erholung- bedurfte er
nicht , und sein Geld erhielt das Volk ; so erklärt es sich , dass
er nur wenige Landgüter besass. Die Alten erwähnen eine Villa
bei Lavicura oder Lavici in Latiuni ; ^ *) eine andi-e lag bei Baju
auf einer Höhe; ^') als er Gallien erobert hatte, Hess er eine
suchung der fllürder zu befassen ; — nm so mehr mochte Cnssins hotTen,
dass man ilm nicht finden -sverde. Also erst spi cer begab er sich nach
Athen , als Octavian in Griechenland schon seine Einrichmngen gemacht
hatte; (p. 263) — dann mnsste er am meisten fürchten, v/eil Toransznsetzen
war, dass der Imperator Späher in der Stadt zurückliess, welchen es bei
ihren Äachforschnngen nicht an Zeit und OelJe fehlte. Die nächtliche Er-
bcheinnng, -«"elctie itui schreckte, -mirde durch die Kachricht veranlasst,
dass Antonins in Aegypten Turullios ausgeliefert habe ; (das.) — er -wnsste
aber schon vorher, dass er Terurtheilt -war, dass Octavian ihn vorzüglich
hasste, und nichts ihn zn retten vermochte, trenn er ergriffen wurde. Velle-
jus war ohne Zweifel von dem Schicksale des Turullius unterrichtet, (p. 264)
aber er dachte nur an den bekannteren Cassins, als er schrieb, oder ec
wollte in seiner Uebersicht der Geschichte nur den Bekannteren hervor-
heben. 29) App. 2, 524. Snelon. 46. 30) CatuU. 29, v. 18. 23.
31) Oben §. 7. A. 30. 32) §. 61. A. 32. 33) 1. Th. 100. A. 36.
1m> J. 16 n. Chr. erbaute man hier einen Tempel der Fürs Fortuna. Tacit.
A. 2, 41. l'lnt. Brut. 20. de fortun. Rom 5. 34) Säet. 83. 35) Senec.
ep. 51. Vgl. Plin. 32, 7 (2). Die Fischteiche bei der villa Pansilypiun in
Cimp.inien, piscinae Caesaris, mit ihren gelehrigen Bewohnern, waren nicht
ein Besitzilium des Dictator sondern Aognsts, da dessen Freund, der be-
rüchtigte Vedius l'ollio, welcher seine Muränen mit Menschenileisch nährte,
in ihrer Geschichte eine Rolle spielt. Plin. 9, 78 (53). 10, 89 (70). vgl.
9, 39 (23). Senec. de ir. 3, 40. de dem. 1, 18. Dio 54, 23. u. A.
734 XXI. lULII. (31. §.73.)
der prachtvollsten nelen dein Haine der Diana bei Aricia erbanen,
und weil die AiisfüLrung' ihm inissflel, wieder iiiederreissen. *^)
In seinem Charakter lag' weder Geiz noch Verschwendung' ; er
nahm, um zu g;eben, und seine Gaben bezwecktea das Höchste.
Unter entarteten Zeilgenossen konnte er die Macht des Geldes
nicht verkennen 5 mit diesem Zauber beherrschte man den Senat,
die Comilien , die Gerichte und das Heer ; er wurde bald durch
eigene Erfahrung- mit ihm vertraut, denn mit zwei Talenten lö's'te
er sich von der Acht, und auch die Seeräuber verschonten ihn in
Hoffnung eines g-rossen Gewinns.^') Geld also uud Soldaten!
ohne Geld kein Heer, ohne Heer keine Herrschaft.*') Seine
Kräfte waren bald erschöpft , aber er wusste sich Schätze zn
offnen; mit dem Wahlspruche: Alles um Alles, stürzte er sich
in Schulden, welche er als Privatmann nie hätte tilg'en können. *')
Er benulzte für seine Entwürfe nicht bloss fremdes Geld soudera
auch fremden Credit,'"') und sogar die Habe seiner Nebenbuhler,
welche in der Meinung', sich selbst zu dienen, für ihn zahlten. *')
Oft war er gezwungen, Anleihen zu machen, wo sich Gelegen-
heit fand; wenn ihm die Wahl blieb, wandte er sich au Männer
von Einfluss, wie Pompejus ") und selbst Atlicus,*') und ver-
zögerte in diesem Falle absichtlich die Kückzahlung, weil doch
immer auch der andere Theil dadurch abhängig wurde. Ent-
ehrenden Erwerb haben seine Feinde ihm angedichtet,") aus
Verdruss, dass er auch in der äussersten Noth ihnen für Geld
nicht gewärtig war,*') und gegen ihren Willen das Consnlat
lind die Provinz Gallien erhielt. Hier verwandelte sich die Nolh
in Ueberfliiss, und jeder Römer, welcher nützen oder doch scha-
den konnte , hatte eine Anweisung auf seine Casse ; Unzählige
verkauften sich ihm, '^) seine Vorschüsse oder Geschenke unter
diesem Namen waren überall willkommen, wie Cicero's Beispiel
beweis't, ") und mau wurde dadurch gebunden.*') Auch jetzt
36) Villa in Nemorensi. Siiet. 46. u. hier §. 37. A. 36. 37) Oben
^. 1. A. 90. }. 2. A. 9. 38; Dio 42, 49. Plut. Caes. 17. 39) üben
J. 4. A. 43. §. 7. A. 18/.). 40) }. 10. A. 27. 41) §. 4. A. 40.
11. 51. §. 10. A. 51. 42) Cic. .1(1 Au. 6, 1. §. 22. 43) Oben §.
37. A, 37. 44) §. 14 fin. 45) §. 7. A. 27. 46) J. 21. A. C2 f.
§. 37. A. 38. 40. 47) ailAtt. 5, 5.6. 7, H. 8. 48) l'uto eiiim in
spnalu si (jnanilo pracclare pro re piililica ilixero, Tarlcssiiim isliim tmini
(Ualbum) mihi exeunti; iiibe sodes nummos ciir.-irp. a<l Alt. 7, 3. §. 8,
XXI. lüLn. (31. §.73.) 735
erscLien er dem knrzsJcLligen BeobacLfer als ein Verschwender,
welcher nach der .StatlhallerscJiaft so arm sein werde, als zuvor,
zu unvermögend, um auch nur seine Bauten in Rom zu beendigen;
ihm wird nichts übrig bleiben, sagte Pompejns, als dass er seitt
Vaterland bekriegt. *^) Wer aber so richtig rechnet, wie Cäsar,
Hnd alles Halbhandeln vermeidet, wie er, der verzweifelt nicht;
dorch seine Freigebigkeit war das Heer an ihn gefesselt , wenn
auch nicht dadurch allein, und ein Theil seiner Feinde in Rom
entwaffnet, als er es angriff; die Uebrigen zerstreuten sich. Sie
iiberliessen ihm in der Bestürzung den heiligen Schatz und die
Weihg-eschenke in den Tempeln, * ") nnd in allen Ländern, wohia
ihn der Sieg führte, in Aegypten, '') in der Provinz Africa, in
Numidien*-) und in Spanien'^) musste man sich mit Gelde
lösen. Die Ausbeute war unermesslich ; ' ') davon zeugen seine
Geschenke an das Heer, wenn er auch mitunter gehindert war,
dessen Habsucht augenblicklich zu befriedigen, ") die Spiele «ud
die Bewirlhuug des Volkes bei den Triumphen, ^^) die Getraide-
Spenden,") die Bauten,**) die Vermächtnisse,") und die
Summen , welche sich bei seinem Tode in dem ölfentlichen nnd
dem Priratschatze fanden.^") So wenig er sparte, wenn es
galt, ^') so herrschte doch in seinem Haushalte eine strenge Ord-
nung; Baibus und Oppius, welche seine Geldgeschäfte besorgten,
musslen ihm die Rechnungen zur Durchsicht vorlegen , und auch
das Geringste entgieng seiner Aufmerksamkeit nicht. ® ')
49) Sneton.30. Hier j. 28. A. 22. 50) § 41. A. 27. Sl)§. 54.
A. 79. Vgl. i. 53. A. 64. 52) J. 59. A. 40. 54. 58 f. 53) §.
62 ßn. 54) §. 60. A. 23. 55) §. 61. A. 50 — 54. 56) §. 60
fin. §. 61. A. 45 f. J. 64. 57) §. 61. A. 52. 58) §. 37. A. 36.
§. 61. A. 58. 61. 59) 1. Th. 101. A. 38 f. 60) 1. Th. 85. A.
26. 34. Cic. de off. 1, 14. Sunt mnlti, et quidem cnpidi spleadoris et glo-
riae, qui eripiniit aliis , qiiod aliis largiaiitur. — Qua re Lucü Siillae et C.
Caesaris pecuniarnm transLatio a iuslis doininis ad atienos non debet liberalis
■videri. Das. 2, 24: Ab hoc genere largitionis, ut aliis detur, aliis auferaiur,
aberunt ü, qui remp. tuebuutur. Vgl Sallust. B. C. 52. ed. Cort. lam pri-
dein eqnidem nos vera renim Tocabula amisimus , quia, bona aliena largiri,
liber.ili(as vocatnr. 61) Sallust. B. C. 54; Caesar beneflciis ac mnuifi-
ccntia magnos habebatur. — Dando, sublevando gloiiam adeplus est. — In
auiiuum induxeral, nihil denegare, qnod dono diguum essel. 62) Cic.
ad An. 13, 52. Sueton. 47. Dio 44, 39.
736 XXI. lULII. (31. §.73.)
Cäscirs Bild Lat sich in Statuen und auf Münzen und Gemmen
erhalten, aber aus der Zeit, in welcher er Rom beherrschte und
folglich schon im vorgerückten Alter war. **) Die Natur verlieh
ihm eine schöne, männliche und würdevolle Gestalt; ^') er war
gross und schlank, und hatte eine Adler- Nase und schwarze, leb-
hafte Augen mit einem Ausdruck' von Wohlwollen nnd Heiter-
keit; nur eine zu starke Fülle der Lippen störte das Ebenmaass. *')
Mit der Zeit wurde er mag'er"^) und bleich, und durch ein©
Glatze entstellt,''*'') woran seine Aussch-o'eifung'en und die Be-
schwerden im Felde ohne Zweifel g-leichen Aniheil hatten. Nur
mit einem kräftigen Körper konnte er im Reiten, Fechten und
Schwimmen sich hervorlhun, und alle Entbehrungen und An-
strengungen mit den Truppen theilen , Kälte und Hitze, Nacht-
wachen, HuDger und Durst ertragen. ^') Er wurde dadurch ab-
gehärtet,®-) und auch das Uebel, welches den „neuen Jupiter"
an seine Sterblichkeit erinnerte, die fallende Sucht, äusserte keinen
bleibenden Einfiuss auf seine Gesundheit. ®^) Vermuthlich war
er von Jugend auf mit ihr behaftet ; im Kriege setzte sie ihn
zweimal vorübergehend ausser Thätigkeit, bei Thapsus im J. 46,
und im folgenden in Spanien. ' °) Kurz vor seinem Tode litt er
oft an Kopfschmerz, au Schwindel und plötzlichen Ohnmächten; ")
seine Gesundheit wurde aber nicht dadurch zerrüttet ; ' ') schon
seine Absicht, die Parther zu unterjochen, beweis't das Gegeniheil.
Er legte zu allen Zeiten einen besendern Werlh auf seine
äussere Erscheinung. Di^ Tunica reichte ihm bis an die Hände,
63) Um so gewagter ist es, wenn man anf diese tecLnisclien "Werke
pliTsiognomische Denlnngen gründet, (lac. Spon Recherclies cnrieuses d'anti-
qiiite, dissert, 24) oder die Schriftsteller meistert, weil ihre Beschreibung
nicht immer dazu stimmt. Patin Sueton. numra. illiistral. p. 33. 64) Cic.
Brut. 75 : Forma eiiam magiiilica et generosa quadam ; diese AVorte beziehen
sicli offenbar auf das Äeussere, nicht wie Sueton. 55. deutet, auf die Rede.
Veliej. 2, 41. App. 2, 524. Dio 43, 43. 44, 38. lulian Caesares p. 308.
cd. Spanh. 65) Sueton. 45. Inliau. 1. c. Plut. Caes. 4. 66) Plut.
Caes. 17. 66h) Suet. 1. c. n. 51. I>io 43, i^. Morell. Thesaur. Caes.
tab. 2. No. 49. 50. 55. S. unten A. 80. 67; Suet. 57. Plnt 17. S.
unten. 68) Suet. 45. Dio 44, 38. 69) Snet. 1. c. Plnt. 17. 53.
60. App. 2, 497. 70) Suet. 45. Oben {. 59. A. 9. In Spanien nicht
zum ersten Male, wie Plnt. 17. sagt, denn Dio 43, 32 fm. scheint doch
von deinsi-Iben Ereignisse zu sprechen. 71) Suet. u. App. U. ec. Plut.
17. 72; Suet 86. üben (.. 72. A. 2.
XXI. lULH. (31. §.73.) 737
ancl war mit Franzen besetzt, ' ') und zng'leich gürtete er sicL
BO hoch lind so lose, dass man den Purpursfreif an der Tiinica
nicht sah, und die Toga bis zur Erde herabLieng', eine gesuchte
Nachlässigkeit, welche ebenfalls gegen Si((e und Anstand ver-
Biiess. '*) Als Dicialor bediente er sich miUiuler einer hohen,
rofhen Fussbekleidung, wie angeblich die Könige von Alba.")
JEin bartloses Kinn galt für ein Zeichen der Unuiännlichkeit, man
Bchloss sogar auf unnatürliche Wollust; "") gleichwoLl trug Cäsar
keinen Bart, und Spöltfer versicherten, er lasse das Haar nicht
bloss scheeren sondern auch ausreisseu. '") Es erregte denselben
Verdacht, dass er stutzerhaft mit Einem Finger in den Haupt-
haaren wühlte,'^) welche er mit grosser Sorgfalt zu ordueu
pflegte, '*) und vom Scheitel und Hinterkopfe nach vorn zog, als
es hier daran fehlte;'") selir erwünscht war auch ans diesem
Grunde der Lorbeerkranz, * ' )
73) Säet. 45: Usnm enim lato clavo ad manns Emliriato. Cell. 7, 12:
Tnnicis uti \ir«m prolixis nitra hrachia et nsqiie ia primores maniis ac
prope in digicos, Romae atqne omni in Lalio indecorum fuit. Eas tnnicas
graeco TOcabulo nostri /iintSiaiov; appellaTerunl, femiaisqne solis Testern
longe lateqne düTusam decoram existimaTenint , ad nlnas crnraqiie adyersus
oculos protegenda. Viri aiitem Romani primo qiiidem sine tunicis, toga sola
amicti fuerunt ; postea substrictas et breves tunicas citra huDierniu desiiientes
habebant, quod genus Graeci dicunt i^oiut'iStt;. Der jüngere Srijiio Afri-
canns tadelte P. Sulpicius Callus, qnod tunicis nteretur manus toCas operien-
tibus. 74) Säet. 1. c. : Nee ut unquam aliter, quam super eum (latum
claTum) cingeretur, et quidem flnxiore cinctnrn. lüo 43, 45. Slacrob. öat.
2, 3. Oben §. 1. Ä. 94. S. Orae». Ondend. Casaiib. u. Ernesli (Excurs. 3.)
xn Snet. 1. c. die TOn B. - Crusins daselbst angeführten Schriftsteller de re
vestiaria, und Seckendorf die Grnndform der Toga. 75) Dio 43, 43. u.
das. FaLric. Oben §. 68 in. 76; Gell. 7, 12. Blarlial. 8, 47. 77) Suel.
45. Tgl. 2. Th. 368. A. 36. 78) l'lut. Caes. 4. Senec. ep. 52 : Impudi-
cum (cinaedum) ostendit — et relatus ad caput digitns et flexns oculorum.
luTenal 9 fin.: Ne trepida — qni digito scalpnnt luio caput, n. das. d Schot.
Man erzählte diess auch Ton Pompejns. lulian. Caesares p. 323. ed. Spanh,
Amm. Rl.ircell. 17, 11. Seucca Controv. 3, 19. 5, 30. Plut. reip. gerend.
praecept 4. S. Pouipeii. 79) Plnl. 1. c. 80; Suet. 45 : Dcficientem
capillum revocare a yercice assnerat. Ondend. hat die Stelle richtig ver-
standen, und daher die vnlg. a Torlice beibehalten; er bezieht sich auf
Senec. de brer. Tit. 12: In consiliiun itur, dum auf disiecta coma resliuülur,
ant deCciens hinc atqne illiuc in fronlem couipellitnr ? s. aber auch ausser
Inlian. Caes. p. 308. die IVIünzen, (^hier A- 66) welche keinen Zweifel übrig
Druniann, Geschichte Rom» III. /^y
738 XXI. lULa (31. §.73.)
Seine Läuslicbe EinricLhing verrieth immer einen feinen nnd
gebildeten Geschmack , sie war aber einfach , so lange er sein
Geld auf eine andere Art verwenden musste ; als Dictator umgab
er sich mit einer Pracht, welche seinem Range entsprach; alle
K-iinste wurden zu dem Ende aufgeboten, und für eine gute Aus-
wahl bürgt sein Rennerblick. * ^) Man darf glauben, dass er auf
kleinen Reisen in seiner Lebensordnung im Wesentlichen nichts
veränderte; es ist daher erfreulich, dass wir über seinen Aufent-
halt in PuteoH , wo L. Marcius Philippus Cos. 56 nnd Cicero
ihn im December 45 auf ihren Gütern emjjfiengen , genauere
Nachrichten haben. ^^) Er arbeitete bis zur siebenten römischen
Stunde, ohne Jemanden vorzulassen;*') dann gieng er an der
Rüste umher, und nach der achten Stunde ins Bad, worauf mau
eine Schrift vorlas, welche Älamurra, seinen ehemaligen Feld-
zeugmeisfer in Gallien betraf, und Unangenehmes enthielt, ilin
aber nicht verstimmte.'^) Als er gesalbt war, genoss er ein
reichliches Mahl, weil er nach dem Essen, wie auch sonst w^ohl,
ein Brechmittel nehmen wollte,*") und gab seinen Beitrag zu
den geistreichen und witzigen Gesprächen , ohne der Gesellschaft
lassen , dass der Dictator die Haare an dem •vordem Tlieile des Kopfes
verloren hatte, dass uvccifcdcivifcig bei Die 43, 43 (vgl. Stephan, fhes. p.
2047) so zn erklären, und die von Schnlting und Ernesti Torgeschlagene
Lesart ad verticeni zu yerwerfen ist. 81) Oben §. 64. 82) Suet.
46. 47. 83) Cic. ad Ätt. 13, 52. Vgl. 2. Th. 571. A. 33. n. hier §. 65.
A. 82, 84) Sallust. B. C. 54. Cort : Fosiremo Caesar in animnm in-
duxerat , laborare , vigilare. 85) Cic. 1. Ci Tum andirit de Mamnrra ;
[vulluin] non mntavit. Manntins denkt hier ati d; s julische Aufwandgesetz,
(oben 6. 61. A. 95 f.) nach welchem Mamurra, ein übermiithigcr Schweiger,
dessen Reichthum in Gallien gesammelt war, Terurtheilt sei; Cäsar habo
das Urtheil lediglich bestätigt, da Vergehen dieser Art sein grössles Bliss-
fallen erregten ; ad Att. 13 , 7. Er unterzog sich den Gescliäften oft auch
bei Tische, aber wohl jetzt nicht, auf einer Reise, welche besonders Er-
holung und Vergnügen bezweckte, nnd nicht in solcher Gesellschaft; auch
ist non mntavit ohne Zusatz eine auch in Cic Briefen an Atticus nnerhürte
Breviloqnenz, da jener nicht absichtlich in Räihseln sprechen will. n.iher
verdient die Erklärung des lambinus den Vorzrig, dass man Cäsar eia
Schmähgedicht des Catullns gegen ihn nnd Mamnrra vorlas und seine Miene
unverändert blieb. Catull. epigr. 29. oder 57. PÜn. 30, 7 (6). Suelon. 73.
vgl. Cic. ad Att. 7, 7. 80) Cicero erzählt diess ohne Spoll, s. p. Deiot.
7, n, ad Farn. 8, I fin.
XXI. lULII. (31. §.73.) 739
Zwang anzntliun, ") oder ArgwoLn zu zeigen, obgleich, die
Oesinniingen Ciceros , seines Wirlhes , welcher einige Monate
später seine Blörder als Heroen pries, ihm nicht unbekannt -waren,
und das bewaffnete Gefolge von 2000 Blann nicht vor Vergiftung
schützte , wenn man im Eifer für die Republik nicht Anstand
nahm, das eigene Leben daran zu setzen. Jener Gebrauch oder
IMIssbrauch der Römer, wodurch sie die Freuden der Tafel zu
verlängern suchten, beweiset nicht, daSs er unmässig war, und
eben so wenig bezeichnen ihn die üppigen Gastgelage der Cleo-
patra, bei welchen er sich einfand, als einen Schwelger; " ') er
vorweilte gern in einem heitern Kreise von Männern , und ia
Aegjpten fesselten ihn die Reize der Buhlerinn. Schwelgerei
und eine beispiellose Thätigkeit, wie die seinige, sind nicht zu
vereinigen; seine Nüchternheit niusste sogar Cato anerkennen,^')
welcher ihn demnach nicht einen Trunkenbold nannte ; ^ °) CatiiUiis
schimpft.^'). Im Felde und in den Provinzen Hess er auf zwei
Tafeln anrichten ; an der einen assen die angesehensten römischen
Krieger und die griechischen Rhetoren und Philosophen unter
seinen Begleitern, an der zweiten die Römer, welche nicht im
Heere dienten, die Pächter der öffentlichen Einkünfte oder Rei-
sende, Senatoren und Andere nebst den vornehmen Provinzia-
len. ^') Als Wirth duldete er nicht, dass man ihm bessere
Speisen reichte als den Tischgenossen, ^^) und anspruchslos nahm
er bei Fremden, was man ihm bot. ") Seine Freigelassenen und
Sclaven waren weniger genügsam; schon ihre grosse Zahl machte
Beine Besuche sehr lästig, nnd man musste besonders die Günst-
linge unter ihnen mit Aufmerksamkeit behandeln, um nicht bei
dem Herrn zu Verstössen, ä') Dieser zahlte oft einen ungeheuren.
Preis um Diener zu haben, welche sich durch ihre Gestalt, oder
durch Kenntnisse und Fertigkeiten auszeichneten ; ' ^) wer sich
bewährte , durfte darauf rechnen , die Freiheit zu erhalten , und
87) Er lieble Ciceros WilzwoHe, nnd kannte ihr Eigenlhümliclies so
genau , dass er unächte , welche man ihm etwa für seine Sammlung mit-
theilte, sogleich Zurückwies, ad. Fam. 9, 16. 88) Oben §. 54. A. 54.
89) Snel. 53. QiiinlU 8, 2. §. 9. 90) PInt. Cato. 24. 91) Impn-
diciis, Torax, [heUno. Epigr. 29. 92) Suet. 48. 93) Ders. 1. c.
94) Plut. Caes. 17. 95) Flui. I. c. Cic. ad A«. 13, 52. App. 2, 503.
3, 586. . 96; Säet. 47.
47«
740 XXI. lULlL (31. §.74.)
ein bedeutendes Vermögen za sammeln;^') Deinelrliis gelangte
sogar später durch Antoulus zu der Würde eines StallLalters von
Cvpern; *') aber keiner konnte rüLmen, wie mancher Freigelassene
des Pompejus, dasä er seinen Gebieter beherrsche.
§ 74.
Cäsar war nie der Sclav eines Andern ; er war auch nicht
der Sclar seiner Leidenschaften. Der Ehrgeiz trieb ihn in die
Laufbahn , in welcher er Allen voreilen sollte, ohne ihu zu ver-
blenden ; die Selbstverläugnung , das Ablehnen jedes unzeitigen
und bedenklichen Vortheils hatte sein Vaterland gross gemacht,
und forderte auch ihn. Aber jene Leidenschaft war unbegrünzt ;
der Einfluss im Senat und auf dem Mfirkte , Faction , Provinz,
Heer, Triumph, Alles, wodurch Andere sich befriedigt fiihlten,
war für ihu nur Mittel, sein Ziel der ausschliessliche Besitz der
höchsten Gewalt;^*) die Republik also, mit welcher Pompejus
zu dingen vermochte, musste untergehen. Doch war diess nicht
bloss die Folge seines Ehrgeizes, nicht bloss die Wirkung seiner
Kraft ; wenn das moralische oder staatsbürgerliche Leben eines
grossen Umschwungs bedarf, so findet sich der Geist, welcher
ihn vermittelt ; man kann diesen Umschwung zeiligen oder ver-
zögern, aber' eben so wenig erzwingen als verhindern; hundert
Jahre früher hätte Cäsar vielleicht Gallien überwunden, aber nicht
die Reihe der römischen Imperatoren eröffnet. Im Privatleben
trat seine grosse SinnUchkeit am stärksten hervor. Nur zu reich-
lich brachte er der Götlinn Opfer, „Avelche ihm für die erste
unter allen galt, deren Bild er im Ringe trug, und deren Name
sein Feldgeschrei wurde ; " '" °) der Spott eines entarteten Zeit-
alters besserte ihn nicht, vor einem Uebermaasse, wodurch seine
Pläne vereitelt werden konnten , bewahrte er sich selbst. Am
meisten rügte man sein Verhältnis» zu Nicomedes, dem Bithynier; ')
mit welchem Rechte, ist nicht zu entscheiden, aber in den Reden
97) Dio SO, 10 App. 3, 586. 1. Th. 474. A. 78. 98) Die 48, 40.
1. Th. 440. A. 78. Vgl. hier §. 54. A. 52. 99) Cic. 2 Phil. 44 (45).
MiUtos aniios regnaie luedilatus, magno laliore, mullis peiiciiljs, quod cogi-
laral, elTeceia». 13 Phil. 1 fin. de off. 1, 8. SaUust. B. C. 54. Cort. Senec.
ep. 94. Suelon. 29 30. Lucan. I, 125. Iiüian. Caesarps p. 331. Spanh.
Flor. 4, 2. §. 14. Dio 41, 54. 100) Dio 43, 43. vgl. 42, 34. Suetou.
49. 50. Catiill. 29. 57. 1) Oben §. 1 fin, §. 60. A. 17, 18.
XXI. lüLII. (31. §.74.) 741
nnct ScLriften tier Gegner erschien er bis auf die Kpatestea Zeiten
bIs der Lustknabe des Königs; •) so nannten ilin Dolabella , ^)
Liiciniiis C'alvus, der ältere Curio, Bibulus, ') Octavius, C. Mem-
ntins, Cicero in Briefen an Vertraute, und, wenn .Sveton nicLt
irrt, ancli einst im Senat, und seine eig:enen Soldaten. Alan be-
fcauplete, er Labe stets einem unnatürlicLen Laster gefrölint, unter
Andern mit Mamurra, ') mit ßufio, ^) und selbst mit Octavian*
es ist aber nicliis er^viesen ; sein Adoptiv-Soha warde offenbar
als solcher von Antonius verläumdet. ')
Dem Volke gewährte es eine Unterhalfung, wenn man die
Optimaten wegen ihrer Ausschweifuugeu belangte, und Rechts-
Ländel der Art waren so gewohnlich , dass man dadurch nicht
mehr an Achtung verlor. *) Rom hatte den Zeitpunct erreicht,
wo man über das Leister scherzt, und das Schändliche durch be-
schönigende Namen zu Ehren bringt. Einen grossen Theil der
Schuld trugen die Frauen ; es gab unter ihnen mehr Verführe-
rinnen als Verführte ; ihr Ruf galt ihnen nichts gegen verbotene
Freuden , Schönheit und Ansehn des Buhlers war ihr Stolz. In
Cäsar vereinigte sich Alles, was Wollust und Eitelkeit zu befrie-
digen vermochte. Wenn er bei der Heftigkeit seiner Begierden
nicht immer wählte, ^) so wurde ihm die Wahl doch sehr er-
leichtert, auch durch die Blänner, denn wenige dachten wie er,
dass seine ( , mahlin auch nicht einmal einer Untreue verdächtig
Bein dürfe. '") Für ihn selbst hatte der Ehebruch, zwiefacher
Ehebruch, nichts Schreckendes. Servilia war eine der Ersten,
welche sich ihm ergaben, die Schwester des Jüngern C'ato, ' ')
und Gemahlinn des AL Brutus ; da dieser im sullanischen Bürger-
kriege starb, und Cäsars Feinde verbreiteten, dass BI. Brutus, der
Befreier , dessen Sohn sei , so begann die Verbindung in sehr
früher Zeit. ' ^) Auch Postumia , die Gemahlinn des Servias
Sulpicins Rufus Cos. 51, wird in dieser Beziehung erwähnt; ' *)
sie lebte noch im J. 43. '*) Ferner LoUia, welche an A. Gabi-
2) Snet. 49. 22. 52. 73. CatnU. II. cc. 3) Obea J. 2. A. 6.
4) J. 13. A. 95. 5) CatuU. U. cc. 6) Soeton. 76 Bn. Hier §. 54.
A. 52. 7) 1. Tli. 99 A. 26. 8) 2. TIi. 196. A. 9. 9) Di»
42, 34. 10) 2. Th. 211. A. 15. 11) Von derselben Mntler.
12) S. das Oenanere in: Innji No. 39. 13) Snet. 50. 14) Cic. 9.
PbU. 3. ad fam. 4, 2. ad Alt. 5, 21. §. 9. 12, II.
742 XXI. lULII. (31. §.74.)
nlus, dem Günstling des Pompejus Cos. 68, verteirathet war;**)
Tertulla, deren Gemahl M. C'rassns um nichts wenig-er als Trinm-
vir Cäsars Colleg-e -wurde; '^) und Mucla, die Gemahlinn des
Pompejns, und weg-en dieses Ehebruchs nach dem mithridatischea
Kriege von ihm Verstössen. * ') Im Felde buhlte der Dictator mit
den Frauen der Provincialen und Bundesgenossen; '*) in den
Jahren 48 und 47 mit Cleopatra , welche er dann in Rom
empfieng, ' ^) als bereits Cäsarion geboren war, nach ihrer Behaup-
timg sein Sohn, 2°) und im afrikanischen Kriege mit Eunoe, der
Gemahlinn des mauritanischeu Königs Bogud. ^') Man sprach
nach seinem Tode sogar von dem Entwürfe zu einem Gesetze,
welches ihm unter dem Vorwande seiner kinderlosen Elia eine
Verbindung mit mehreren Frauen und auch mit Nicht -Römerinnen
gestatten sollte. ^')
Ehrgeiz und Wollust haben oft die Grausamkeit im Gefolge ;
sie verdunkelten aber weder Casars Verstand, noch zerstörten sie
den angebornen Adel seiner Seele ; er wurde kein Phalaris, wie
Cicero, der Begnadigte, ihn nennt. *^) Blag man auf Rechnung
der Staatsklugheit bringen , was dieser ganz oder grösstentheils
angehört, die Weigerung, sich von Cornelia zu scheiden, ^'') die
Achtung vor den Verstorbenen seines Hauses,''^) und die auf-
opfernde Hingebung an seine Anhänger, ^ ^) so ist ihm doch eine
Innigkeit des Gefühls und eine milde Gesinnung nicht abzu-
sprechen , welche Pompejus fremd waren , und nicht bloss bei
dessen Tode sich kund gaben. °') Sie machten es ihm zum Be-
dürfniss, geliebt zu werden. Freunde zu haben, wie Andere in
seiner Stellung nur Günstlinge hatten, und seine Feinde verdank-
ten ihnen ihre Erhaltung. Die Geschichte hat ihn geschildert,
wie er war; der unparteiische Beobachter lässt die Erscheinungen
15) Suet. 1. 0. Gabinii No. 6. 16) Snet. 1. c, Licinü Lncoll. No.
10. 17) Suet. 1. c I'lut. Tomp. 42. Zonar. 10, 5. Ascon. ia Or. p.
Scauro arg. p, 19 ed. Orell. 18) Snet. 51. 52. Die Soldaten sangea
bei dem gallischen Triumphe: Urbani, servate nxores, moechum calvuni ad-
duciraus. Das. 19) üben §. 54. A. 77. 89. u. 54. §. 61 fin. Vgl.
1. Th. 392. 20) S. nnlen. 21) Sneion. 52. Hier §. 58. A. 67.
§. 62. A. 48. n. 8. 22) .Sueton. I. c. 1. Th. 100. A. 30. Oben §. 61.
A. 36. 23) Oben §. 40 A. 38. 24) §. I. A. 90. 25) 5. 3.
A. 30. Oio 44, 39. 26) Negotiis amiconiiu inlcntus, sna negligere.
Sallnst. B. C. 54. CoTt. 27) Oben §. 52 f.n.
XXI. lULII. (31. §.74.) 743
an sich voriibergelien , er sacLt sich be^vusst zu ■werden, was in
dem CLaracfer lag', oder nur als Verirrung zu betrachten ist,
er forscht nach der Lrsach dieser Verirrung-, ohne das Ver-
dainmliche zu loben oder auch nur zu eutscLuldigen , und gelangt
durch alle Windungen des äussern, viel bewegten Lebens zu einem
Urtheil über den Menschen; denn wie kein treues Bild von einer
Gegend gewonnen wird, wenn man aus der Ferne nur Einzelnes,
nur die hoch liegenden Puncfe übersieht , so darf man auch das
Eig'enthümliche eines Meuschen nicht nach einzelnen Handlungen
und Aeusserungen bestimmen. Cäsar wollte herrschen; die Erobe-
rung Galliens war eins seiner letzten und wirksamsten Mittel,
dahin zu gelangen ; als es die Kräfte mit den seinigen gemessen,
und die Freiheit verloren hatte, sollte es ruhen, damit er nun die
Römer angreifen konnte ; es ruhte nicht und wurde bestraft.
Das furchtbare Schicksal der Eburonen,-*) des Acco,^') des
Gutruatus, ^°) der Besatzung von l'xellodunum, *') und des Ver-
cingetorix ' -) war schon entschieden, ehe er ihr unglückliches
Vaterland sah ; sie wurden nicht Opfer der Grausamkeit und
Rachgier, ein Ehrgeiziger züchtigte sie , dessen Pläne sie zu ver-
eiteln drohten ; seine Schuld aber bleibt dieselbe. Im Bürger-
kriege zog er das Vermögen seines Gegners ein und auch die
Güter der Pompejaner, welche nach ihrer Niederlage in Thessalien
sidi nicht unterwarfen ;■"■*) sie sollten nicht zu Aemtern gelangen
und die Rückkehr nach Rom wurde ihnen erschwert;^*) mit
Dejolarus, dem Könige in Galatien, versöhnte er sich nie, ' ') und
Einige starben nach der Besiegung des Scipio in Africa als Ge-
fangene , jedoch so , dass es nngewiss bleibt , ob er sie tödfen
liess. * ^) Dies Nachricht , er habe häufig das Getümmel der
Schlacht benutzt, um Menschen, deren er sich entledigen wollte,
aus dem Wege zu räumen, ist offenbar dadurch entstanden, dass
er einst Meuterer im Heere dem Feinde preis gab. ^'')
Auch manche andre seiner Handlungen erregt bei genauer
Untersuchung, weniger Abscheu, und wenn man vergleicht, so
findet man weit mehr Beweise von Nachsicht und Schonung, als
28) §. 30. A. 17. n. 24. 29) §. 30. A. 30. 30) §35. A.61.
31) §. 35. A. 62. 32) §. 33. A. 95. [~. 60. A. 30. 33) §. 5ti. A.
60. 34) §. 60 in n. A. 2 f. 351 §. 65. A. Sl. 36) §. 59. A.
42. u. 48. 37) Dio 43, 12. 13. Hier §. 5G. A. 48.
744 XXI. lULII. (31. §.74.)
Toin GegentLeile , niclit nur im Anfang^e des Kriegs mit der
Aristokratie , sondern bis zu seinem Tode ; die Rhigheit leitete
jLu folglich niclit allein. Es iiberrascLte, schien iinglaiiblicb, dass
er nach dem Einfalle in Italien die Gefangenen von Corfinium
und unter ihnen seine ärgsten Feinde begnadigte; man hatte einen
.Sulla erwarte;, wie er wusste, daher schrieb er den Vertrauten
und Cieero, als nun von allen Seiten sein Lob ertönfe : Sulla sei
nicht sein Vorbild, mit grösster Milde gedenke er auch ferner zu
verfahren, man solle sich überzeugen, dass er nichts weniger als
grausam sei. ^') Noch in demselben Jahre lös'te er sein Wort
in .Spanien , obgleich Petrejus , der Legat des Pompejus , einen
Theil seiner Truppen ermorden liess. ^ ^) Bei Pharsalus gebot
er die Bürger zu schonen, und verbrannte die Briefschaften seines
Nebenbuhlers, ohne sie zu lesen;*") „gemässigt im Zorn wollte
er es sich doch lieber unmöglich machen, zu zürnen."") Die
Grossen der andern Partei erwürgten , was ihnen in die Hände
fiel; ") gleichwohl sorgte er sogar für die Pompejaner in Aegjp-
ten,**) er vergab ihnen in Africa, vernichtete die Papiere des
•Scipio, ") und blieb sich auch im zweiten Kriege in .Spanien
gleich, wo vieles sich vereinigte, was ihn erbittern konnte. Den
Wittwen und Waisen seiner Feinde sicherte er den Unterhalt.")
Mehrere Verbannte empfanden einen so unüberwindlichen Hass
gegen ihn , dass sie nicht einmal versuchten , ihn zu besänftigen,
und selbst unter diesen vergönnte er wahrscheinlich nicht bloss
M. Marcellus Cos. 51 den Genuss des Vermögens;'^) alle aber
lebten in Gegenden, wo er sie zu erreichen vermochte, und er
beunruhigte sie nicht;*') Cicero nnd Andere, welche glaubten,
dass jener Marcellus auf seinen Befehl getödtet sei, mussten bald
mit Beschämung ihren Irrthum gestehen. **) Man verkannte ihn
in jeder Beziehung ; die ehemaligen Anhänger der Aristokratie
fürchteten fast bis zu seinem letzten Athemzuge Proscriptionen j
38) Brief an Oppins n. Balbns in Cic. ad Att. 9, 7 fin. Br. an Cicero
in ad An. 9, 16. Oben §. 42. A. 25. 39) Oben 5- 45. A. 8. 11. 12.
40) §. 51 fin. 41) Senec. de ira 2, 23. 42) Oben §. 48. A. 68.
n. 81. 43) §. 52 fin. 44) §. 59. A. 17. 39. 41. n. 48. 45) §. 59.
A 41. 48. §. 65. A. 79. 46) 2. Th. 395. A. 87. 47) Tarnen id
cogitare deberes, iibicmuqne esses, le fore in eins ip:>ins, quem fugeres,
pofeslale. Cic. ad. Farn. 4, 7. 4S) 2. Tb. 397. A. 95.
XXI. lüLII. (31. §.74.) 745
Ibre Besorgniss war nngegriindet ; sie durften auf ihren Gütern
scLmoIlen , itn öffentlicL rühmen und in ihren Kreisen ihn
schmähen. Sulla wollte der Glückliche g'euannt Verden, Pom-
pejas der Grosse, Crassus der Reiche, und Cäsar der ]Milde.
Diesen Namen verdiente er immer mehr, Je 'nächtiger er \%'nrde ;
er vergass Beleidigungen aus früherer Zeit, und ahndete nicht,
was jetzt als Majestäts- Verbrechen erschien; Cornelius Phagita
hatte ihn onter Sulla verhaftet, und -wurde nicht bestraft,'^)
gleich grossmüthig zeigte er sich gegen Catullus ' ") und Otacilius
Pitholaus, '') und Aulus Cäcina, ein verächtlicher Sclireier, blieb
wenigstens im Exil unverletzt.'^) Seine Milde galt lange für
Verslelhing ; eine glückliche Verstellung ; glücklich die Römer,
wenn man auch an ]Marius und Sulla, an Ocfavian und Antonius
diesen Fehler mit solchen Folgen rügen müsste, und sie so un-
verbesserlich gewesen wären, wie Cäsar, welcher unter der IMaske
starb. Er wollte als ein gelinder Herrscher mit der Herrschaft
versöhnen, und den Anhang der feindlichen Parteihäupter zu sich
Lerüberziehen ; ohne Zweifel ; aber nicht bloss aus diesem Grunde
war er gelinde, denn der endliche und vollständige Sieg veränderte
nichts. Der üebemundene und Gedrängle ist ohne Alitleiden,
der Sieg selbst macht menschlich ; auch im Bürgerkriege ? auch
wenn das schreiendste Unrecht, die empörendste AYiUkühr dem
Ehrgeiz entgegen gekommen ist, den Bruch zu beschleunigen ?
Richtiger also, die Ursach des Siegs machte Cäsar menschlich,
seine geistige Ueberlegenheit , sie ersparte ihm Grausamkeiten.
Er handelte, wie jeder Hochbegabte, entschieden und folgerecht;
da er selbst nicht zwischen den Parteien schwankte, so schwank-
ten auch Andere nicht, vielmehr erklärten sie sich von Anfang
für oder gegen ihn, selten wurde er versucht, Abfall oder Treu-
losigkeit zn bestrafen, und die Zuversicht, mit welcher er die
Unterwerfung aller seiner Gegner erwarten ijirfte, hielt ihn ab,
sie anders als in der .Schlacht zu verfolgen. S!tets aber wird niaa
auf seine Gesinnung zurückgeführt; sie allein bestimmte ihn, nach
jahrelangem Kampfe der Rache zu entsagen , und die Gräuel,
deren seine Klugheit ihn überhob auch nicht zu wollen ; durch
49) Sueton. 74. Hier §. 1. A. 90. 50) Sueton. 73. Hier A. 100.
51) Säet. 75 üa. Oben J.. 31. A. 55. 52) Snet. 1. c. Oben §. 60.
A. 3.
746 XXI. lULII. (31. §.75.)
Proscripfionen, welche man dringend von ihm forderte, würde die
Habsucht befriedig't und seine Ermordung- verhindert sein. Die
Vertrauten klagten, als er nicht mehr war, seine Milde sei ihm
verderblich geworden; '*) auch die übrigen Zeitgenossen, selbst
Cassius'*) und Cicero miisslen jene Tugend anerkennen;'')
Ruui weihte dem Dicialor im Tempel der dementia Altäre, '^)
und die Nachwelt bezeugte, es sei nie gerechter gewesen. ")
§ 75.
Die Hochherzigkeit Cäsars lässt auf eine starke Seele
schllessen. Es giebt bewunderungswürdige Anlagen zu einer be-
stimmten Innern oder äussern Thätigkeit, die meisten berühmten
Blenschen haben ihre Namen durch eine einseitige Grösse ver-
ewigt: Cäsar wurde von der Natur befähigt, in Allem gross zu
sein ; ihm blieb die Wahl, als Feldherr, Staatsmann, Gesetzgeber,
Rechtsgelehrter, Redner, Dichter, Geschichtschreiber, Sprach-
forscher, IMalhemafiker und Architect zu glänzen. Nie gebrach
es ihm an Kraft oder Zeit; denn er erhaschte im Fluge, was
Andere mühsam sich aneignen, das Verworrenste lös'te sich schnell
vor seinem Adlerblicke, uud selbst Verschiedenes zugleich zu
bedenken, war ihm möglich und leicht. Den Gaben entsprach
die Empfänglichkeit; das Wissenswürdige, von welcher Art es
auch sein mochte, hatte Bedeutmig uud Werth für ihn. ' ')
53) ad Att. 14, 22. 54) Oben §. 70. A. 53. 55) Cic. p.
Marceil. 3 fin. p. Ligar. 6 fin. : Onis non eam -victoriam probet, in qua
occiderit nemo, nisi armatas? 12 fin.: !\uUa de yirturibns tuis plnrimis
nee admlrabilior nee gratior niisericordia est. — Kihil habet nee foituna
taa mains, qnam nt possis: nee natura tna melins, quam ut velis
conserrare qnam plnrimos. p. Deiot. 1^: Solus es, cuius in yietoria ceci-
derit nemo, nisi armalus. liier §. 60- A. 97 f. 56) Oben J.65. A. 37.
57) Sallnsl. B. C. 54. Cort. : Caesar ignoseendo gloriam adeptus est.
Valer. M. 6, 2. §. 11 : Ipsa man»aeludine milius pectus. Senec. de ira
2, 23. Plin. 7,26(25,: Caesari propriam et peenliare — clementiae insigne.
Vellej. 2, 52 fin. 55. §. 2. Säet. 73, 75: Moderationem clementiamqne ad.
inirabilem exhibuit. Flor. 4, 2. §. 90. Solin. 1. f. 101. Dio 38, 11-
44, 4S_47. App. 2,524. 58) Auct. Dialog, de orator. 21: Divinum
ingeniiim. Macrob. Sat. 1 , 5 in. : Excellentis ingeiiii ae piovideiitiae vir.
,Cic. 2 Phil. 44: Fiiit in illo iugenium, ratio, momoria, lilerap, ciira, cogilatio,
dUigeniia, 5 Phil, lä : Omuem \ini ingcuii , 'juae siuuua fiiit in illo otc.
XXI. lULH. (31. §.75.) 747
Eine so gedleg'ene Natur scLent keine Untersuchung'; sie
blendet nicht im Schimmer der Herrscher- Gewalt. Cäsar ge-
winnt, wenn man ihm näher tritt. Er war ein kräftigter und
geübter Rrieger; ohne Nachtheil ertrug er jede Beschwerde;
Beine Fertigkeit im Schwimmen rettete ihn bei Alexaudrieu, '^)
ond gleiche Gewandtheit zeigte er als Reiter, sie machte ihm
selbst den Zügel entbehrlich. *°) Schon dadurch wurde er dem
Feinde als persönlicher Gegner überlegen , und er kannte den
Gebrauch der Waffen, und zögerte auch als Anführer nicht,
wenn es seines Arms bedurfte; dann focht er zu Fuss , ohne
Helm, seine Tapferkeit begeisterte,®') mehr als einmal stellte
er dadurch die Schlacht wieder her, ^•) und auch bei den un-
gewohnten Gefahren des Meers verliess sie ihn nicht. ®^)
Der erste Soldat seines Heers war er der erste nnter den
römischen Feldherren, vielleicht unbedingt. ®*) Man rühmt an
ihm, dass er sich den Wechselfällen des Glücks immer weniger
bloss gegeben habe, je öfter er siegte,**) und in der That wagte
er nicht ohne die W^ahrscheinlichkeit des Gelingens; seine Voiv
sicht trug aber den Stempel der Kühnheit. Den Kömern gegen-
über führte er mit Benutzung der Umstände stets einen Angriffs-
Krieg, und in diesem kamen die eigenen Kräfte weniger in
Betracht, als die Hoffnung, dem Feinde den Gebrauch der seinigen
riin. 7, 25: Animi Tigore praestantissimnni arbitror genitam C. Caesarem
dicialorem. Nee Tirtotem constantiamqoe nnnc tonunemoro, nee snljliniitateni
oniniiim capacem, quae coelo continentnr: sed proprinm Tigorem celeritatem-
qiie qnodam igne Tolucrem, Scribere aut legere, simul dictare et andire
solitnm accepimus. Kpistolas Tero tantarnm rernm qnaternas pariter librarüs
dictare, aiit si nihil aliud agerct, seplenas. Solin. 1. J. 101. Plnt. Caes.
17 fin. Vellej. 2, 41: Vigore anioii acerrimiis. Gell. 1, 10 fin.: Excel-
lentis ingenii ac prndenliae Tir. Dio 44, 38: w yno j; pt'/ri iroXvanxi-
aiitirj TiQij; Titt>'lf i).io(ü>; xid r« (inrji'aTa y.id i« Tioliuia äiaifavig
VTirjnie. Latin. Pacat. Paneg. cap. 18. 59) Oben J. 54. A. 33.
60) Plut. 17. Suet. 57. Ueber sein Schlacht])ferd s. liier §. 61. A. 66.
61) Caes. B. G. 1 , 25. Sneton. 57. 60. 62. App, 2, 522. Oben §. 62.
A 4 — 6. 62) Oben §. 18 fin. {. 20. A. 24. 25. §. 62. A. 4. Nicht
immer: §. 49. A. 32. §. 54. A. 33. 63) §. 25. A. 3. §. 26. A, 30.
§. 48. A. 95. f. 59. A. 2. 64) Snet. 55. Plnt. 15. Vellej. 2, 46. 47.
Cic. ad Att. 7, 3. 8, 13. 2 Phil 44. Solin. 1. §. 100. 65) Snet. 6(1.
TKl. 58. . •
748 XXI. lüLir. (31. §.75.)
dadurch zu ersct-weren , dass er zu einer Zeit und en elaein
Orte aiigrifF, wo man ihn nicLt erwartete; im scLIimmsten Falle
wurde die Uebermaelit des Geg:ners durcli dessen Bestürzung' und
Uebereilnng; aufgewogten ; daLer Latte er lieber Tage und Stunden
eis Legionen yoraus. Um zu iiberrascLen, eröffnete er den ersten
und zweiten Feldzug gegen Ponipejus, den africanischen und
Tweiteu spanischen, wenn Andere in die Winterquartiere giengen,
und so schnell, dass das Gerücht von seinen Rüstungen den
Feind nicht früher erreichte, als er selbst; er schien beflügelt zu
sein, „ein \Vunder von Geschwindigkeit."^^) Wenn nicht alle
Truppen sofort folgen kounten, so war er vorerst sein eigener und
sicherster Kundschafter, und selten gefährdet, mochte auch das
andre Heer sich ermannen, denn unübertrefflich in der Befestigungs-
kunst wusste er sein kleines Lager mit einem Zauberkreise zu
umgeben. Hier erspähete er, wie seine "Kräfte Avuchsen, die
Gelegenheit, doch mehr den B'eiud durch geschickte Bewegungen
in die Enge zu treiben, ihn dann mit Linien zu umspinnen und
durch den Hunger zu besiegen, als ihn zu schlagen.") Bei
seiner Scharfsichligkeit und Wachsamkeit wurde jede Blosse so-
gleich benutzt,^'') und rastlos verfolgte er den errungenen Vor-
(heil, keine Unterhandlung vermochte ihn aufzuhalteu, kein halber
Gewinn ihn zu befriedigen, wer die Wahlstatt vor ihm räumte,
verlor Alles, auch Lag-er und Heer. ®ä) Seinem Ruhme thut es
keinen Abbruch, dass mitunter der Zufall half, ' ") und sein Ver-
fahren gegen die Usipeter und Tenchtherer, welches von jeher
in der Geschichte verwerflicher Kriegslisten zum Beispiele gedient
Lat, erscheint wenigstens in einer mildern Gestalt, wenn man
auch auf der andern Seite nicht unwandelbare Treue findet.^')
Die Rache der Gölter fürchtete er nicht; über einen so starken
und hochgebildeten Geist hatte der Volksglaube keine Gewalt,
66) Cic. ad Att. 8, 9. I4. 9, 18. ai Fam. 8, 15. p. Marcell. 2.
riin. 7, 25. Suet. 57. Flor. 4, 2. §.38. Plnl. Caes. 17.26. 53. Die 42, 56.
67) Froiitin. sirat. 4, 7. §. 1. Oben §. 45. A, 5 f. §. 49. A. 15 f.
68) Cic. ad Att. 11. cc. SaUnst. B. C. 54. 69) Lucan. 1 , 144 f. :
In Caesare — nescia virtus stave loco, solnsqne piidor, non viiicere hello. —
Successns nrgere snos, in:>tare favori Mnminis; inipetlens quidqiiid sibi
sniniiia pclenti obstaret, gaudensqne \iain fecisse riiina. Oben §. 51. A. 41.
70) §. 62. A. 8. 71) §. 25. A. 91.
XXI. lULII. (31. §.75.) 749
und er wurde iLin durch keineu bessern ersetzt. ^^) Er rer-
lacLle die Anzeichen am letzten Tage seines Lebens ^'^■ie in seinem
ersten Consuhit ; ' ^ weder Scipios Name, noch die Warnung des
Haruspex, oder das SirancLeln bei der Landung veränderte seinen
Enischluss, den Krieg in Africa zu führen,") und er schlug
bei Munda, obgleich man in dem Opferlhiere das Herz ver-
misste;") es ist anf die Leser berechnet, welche den Günst-
ling des Glücks in ihm erkennen sollen, wenn er von AVundern
vor der Schlacht bei Pharsalus spricht ; ' ^) die Religion war ihm
nur ein Bliltel, auf das Heer zu wirken,
Oh^^rachtet seiner eigenen Grösse bedurfte er Männer,
■welche es verstanden, seine Pläne auszuführen; die Tüchtigkeit
seiner Legaten zeugt von einer guten AVahl. ") Sie erliielteu
seine Befehle oft in griechischer oder in einer Geheimschrift,
deren er sich aucli in Briefen an die Geschäftsträger in Rom
bediente. Im letzten Falle setzte er nach vorgängiger Ueberein-
kunft statt des Buchstabens; welchen man lesen sollte, den vierten
vor ihm im Alphabete, oder auch andere, denn die ChilFern
waren nicht immer dieselben. ' ') Das Heer wurde auf den
Sclilachtfeldern geübt,") und au Beschwerden aller Art, an
Hitze und Kälte, an Hunger und Durst gewöhnt,*") ein ab-
72) De poena possnin eqnidem dicere id, qnod res habet, ia Inctn
atqne miseriis mortem aermnnarum requiem non cnicialnm esse ; cam cuncta
mortalinm mala dissolvere; ultra iieqne curae neque gandio locum esse.
Caes. bei Sallust. B. C. 51. Bene et composite C. Caesar panllo ante ia
hoc ordine de ^ita et morte dissemit, credo falsa existimans ea, qnae de
inferis inemorantur, diverse iiincre malos a bouis loca tetra, inculta, foeda
alqiie formidolosa habere. Cato das. 52. 73) §. 12. A. 52. ^. 72.
A. 92 i. 7i) J. 58. A. 68 t. 75) App. 2, 501. Oben J. 72. A. 93.
76) B. C. 3, 105. 77) Oben f. 16. A. 83 n. 99 f. 78) Der Grain-
malikcr Probns schrieb über diesen Gegenstand ein besonderes AVerk. Gell.
17, 9. Dio 40, 9. Säet. 56. Aehnliches Viird von Augustns berichtet.
Snet. Oct. 88. Dio 51, 3 fin. 79j Cic. ad Fam. 6, 1. > 1: lis rebus
praestabamus, quae non prodennt in aciem: usu autem armoruni et militiim
robore inferiores eramus. Plul. Caes. 28. 80) B. G. 8, 4: Caesar
militibus pro tanto labore ac patientia, qui brnmalibus diebns, itineribus dilG-
ciliimis, frigoribus intolerandis stndiosissime permanseraut in labore, etc.
Cic. ad Fam. 8, 17 fin. : Aostri valde depngnare, et facile algere et esurire
consiierunt. ad Fam. 4,7: Aon iis rebus pugnnbanius, qiühus Yolere po-
eromus, — sed lacertis et viiibus, qnibus pares non eramus.
750 XXI. lULH. (31. §.75.)
geLärtefes GescLlecLt mit nervigem Arme, voll Vertranen zum
Anführer und zn sich selbst. ' ') Eine ununterbrochene Reihe
von Felilziig-en in fernen Ländern entfremdete es dem Vaterlande,
und knüpfte dageg^en die engsten Bande zwischen ihm und Cäsar,
zumal da dieser au sich geschaffen war, sich Liebe zu erwerben,
und in seinen Verhältnissen absichtlich dahin wirkte. Die freund-
liche Anrede: Kampfgenossen für Soldaten,*^) gewann durch
den Ausdruck von Innigkeit und ungekünstelter Herablassung in
Ton, Blick und Miene, durch die Wahrnehmung, dass er Ent-
behrungen , Anstrengungen und Gefahren mit seinen Kriegern
theilte, dass er ihr Unglück tief empfand, und nicht ruhte, bis
sie gerächt waren, ") dass er unablässig für sie sorgte, und nur
zn erobern schien, um sie zu bereichern, ^*) eine unwiderstehliche
Gewalt. Freilich weckte diess ein bedenkliches Gefühl von
Wichtigkeit in ihnen, es führte zu Ansprüchen, welche nicht
immer befriedigt werden konnten , und befestigte folglich die
Soldaten -Herrschaft, das Verraächtniss des Marius und Sulla;
aber Cäsar beachtete es nicht; um jeden Preis suchte er den
Thron zu gründen, über welchen einst Legionen und Prätorianer
schalten sollten, auch war Er stark genug, dem Uebel zu steuern.
Durch Strenge und Nachsicht erhielt er die Kriegszucht. Der
Soldat musste stets zum Aufbruch' bereit sein; um diess zu er-
proben , überraschte ihn oft an einem Feste , bei heftigem Regen
und sonst das Zeichen zur Schlacht;'') tagelange schnelle Be-
we'Tungen unter einer schweren Bürde durften ihn nicht er-
müden, und im Gefecht' sollte die Schande der Feigheit ihn mehr
schrecken als der Tod. Cäsar vergrö'sserte die Zahl der Feiude,
wenn er in seinen Reihen Verzagtheit bemerkte, um so gev/isser
wurde die Furcht durch den Befehl, dennoch anzugreifen, durch
die Zuversicht des Heerführers verbannt; »*) vor dem Kampfe
mit den Helveliern, deren Gestalt und Menge Manchen zum
Zittern brachte, wies er sein Pferd mit den Worten zurück:
81) ad Fam. 7, 3: Signa lirone et coUecticio exercitn cum legi'onibns
robnstissimis conlnlit (Pompeins). Veliej. 2, 49. 82) Sueton. 67.
Polyaen. 8, 23. }. 22. 83) Oben §. 27. A. 71. 84) rint. Caes. 17.
B. GaU. 7, 11. 89. 8, 4. Snet. 26. Cic. ad Att. 7, 7. CatuU. 29. 57.
Plin. 36, 7 (6). (Hier §. 73. A. 83.) 85) Snet. 65. rolyaen. siral.
8, 23. I. 17. 86) Suei. 66.
XXI. lULn. (31. §.75.) 751
aicLt Jetzt, eonJern zur Verfolg'iiiig'! "') Er wnsste, was ein
"Wort, aber auch, was das Beispiel vermag'; seine zehnte Legion
war der Rem, an welchen sich die übrigen anschlössen, und in
ihr gierigen wieder Einzelne voran; ''^) der Veteran scheute die
Blicke des Neugeworbenen, und dieser den Tadel des Veferans.
Für die höchste Strafe galt die Ausstossung, die Strafe des Un-
gehorsams; der Meuterer fand keine Gnade, bis er seine Schuld
gestand. *') Doch sah Cäsar nicht jedes Vergehen; za rechter
Zeit oder in unwesentlichen Dingen wurde der Zügel nach-
gelassen, und diess hatte dann nni so grössern Werth. IVach
einem Siege und -wenn es sonst zweckmässig und gefahrlos zu
sein scliien, gestattete er Trinkgelage und andere Vergnügungen,
„auch gesalbt waren seine Soldaten lai>fer"; er duldete es, dass
sie ihre Waffen mit Gold' und Silber schmückten, ^°) und zürnte
nicht, wenn sie bei dem Triumphe mit rohem ÄlutliwiUen über
ihn scherzten. Seinem Ansehn ihat es keinen Eintrag; sie be-
wunderten ihn , und waren eifersüchtig auf seinen Ruhm , weil
sie ihn theilteu. Dieser Geist der Gesanimtheit machte jeden
Einzelnen zum Bürgen für die Ehre des Heers, Niederlagen za
einem persönlichen Unglück, das Fliehen einer Abtheilung zur
Schande für Alle ; sogar bei einem Scheine der Feigheit trat man
nur durch eine strenge Busse wieder in seine Rechte, so ^vollten
es die Truppen selbst.^') Nach den ersten Feldzügen in GaUien
sollte von der Unmöglichkeit des Siegs, und von der Zahl der
Feinde die Rede nicht mehr sein;^') einige Mann glaubten
ganze Cohorten,ää) einige Legionen ein ganzes Heer schlagen
zu können,^'') und der Gefangene starb, um nicht gegen seinen
Imperator zu dienen. ^^)
„ Cäsars Reden athmeten denselben Geist wie seine Krieg-
führung;" ^^) auch in dieser Hinsicht unterstützten sich Natur
87) Plnt. 18. 88) Caes. B. G. 4, 25. B. C. 3, 91. Hier §. 2f
u. §. 31. A. 39. 89) Oben §. 46. A. 43. §. 56. A. 46. 90) Snet.'
67. Polyaeii. 1. c. §. 20. 91) Oben §. 49. A. 45. 92) Caes. B. G.
7, 17. Hier J. 32. A 68. 93) B. Äfric. 45. §. 58 fin. 94) Plnt.
Caes. 38 fin. 43. §. 48. A. 95. 95) B. Afric. 44 — 46. Plnt. 16 fin.
Val. M. 3, 8, J. 7. Oben J. 58 fin, Tales in castris Divi lulii disciplina
miliies aloil. Vat. M. 3, 2. ^, 23. 96) Quiutil. 10, I. §. 114. ed.
Sjiald.
752 XXI. lULn. (31.5.75.)
nnd Kunst, ") Jocli yerdankte er jener das Meiste. M. Antonius
Gnipho unterrlchlete ihn in seiner Kindheit, und konnte ibn
folglich noch nicht zur Beredlsamkeit anleiten;'*) die Schriften
des Cäsar Strabo, welcher starb, als er dreizehn Jahr alt war,
hatten nur in seiner frühem Jugend einigen Einfluss auf ihn, ^')
und sein Ruf war durch die Anklage des Dolabella schon ge-
gründet, als er Molo in Bhodus hörte. '"'') Die Alten rühmen
die Reinheit seines Lateins, da er ungewöhnliche, veraltete und
gesuchte Ausdrücke vermied,') den feinen Geschmack,*) und
die deutliche und lebhafte Darstellung voll Kraft und Witz,
welche durch den Wohllaut und die Stärke seiner Stimme, durch
ein angemessenes Gebelu-denspiel und eine schöne, edle Gestalt
noch mehr gehoben wurde. ^) Sie bemerken daher, dass nur
Cicero ihn übertraf, und er geeignet war, auch diesem den Preis
streitig zu machen, dass er es aber vorzog, in Schlachten zu
siegen. ') Er fand es nicht einmal der Älühe werlh, die Reden
au das Heer in den Denkwürdigkeiten vollständig milzutheilen, ')
oder eine Sammlung seiner gerichtlichen und Staats -Reden zu
veranstalten; wir kennen sie nur durch einige dürftige Bruch-
stücke, und schon zu Augustus Zeit gab es verfälschte; ^) Rhe-
toren und Geschichtschreiber liehen ihm ihre Worte. ') GleichwolJ
97) Cic. Brnt. 72. SaUnst. B. C. 54. ed. Cort. 98) Oben No. 30.
99) Sneton. SS. Hier No. 23. 100) 2. Th. 561. A. 36 f. Oben {. 2.
A. 12. 1) Cic. IJrnt. 75. GeU. 1, 10 in. 19, 8. §. 3. Maci-ob. Sat.
1, 5. Er schrieb Calypsoneni, „secutns antiquos", und ornatu für ornaliii,
"weil er jene Formen für die ricbiigern bielt. Quintil, 1 , 5. J. 63. Gell.
4, 16 fin. 2) Cic. Brut. 72. 75. Snet. 55. Qaintil. 10, 1. §. 114.
Dialog, de orat. 25. B. Call. 8. Prooem. 3) Cic. Brnt. 75. 9niiilil.
1, 7. §. 34. 10, 1. {. 114. 10, 2. 5. 25. 12, 10. J. 11. Suet. l.'c. Bei
Fronlo de eloq. 3. p. 83. ed. Nieb. sind die Worle : C. luliom Cacsarem
locutum facuudissiine omninm ■von IVIai zur Ergänzung eingescboben ; s. das.
Niebuhr. 4) Plnt. Caes. 3. Dial. de orat. 21.25. ^uintil. 10, 1. J. 114.
VeUej, 2, 36. Tacit. A. 13, 3. PUn. Ejiist. 1, 20. Suet. 55. 5) i. B.
B. C. 3, 90. 6) Suet 1. c. 7) Sali. B. C. 51. App. 2, 460. 473.
Dio 38, 36. 41, 57. Vgl. Caes. Comment. ed. II. Ondend. T. II. p. 844
n. H. Meyer. Oralor. Rom. Fragm p. 178 Ondend. erwiihnt die Rede für
Sexlilins , (p 846) ■^velchen niclit der Dictator, sondern Ciisar Strabo ver-
Iheidigte. (Meyer p. 184. liier No. 25.) In Belreif der conciones ml
niiliies ist schon erinnert, dass Cäsar bei Muuda nicht dio Zeit blieb, seine
Soldaten anzureden. Oben J. 62, A. 1.
XXI. lULU. (31. §.76.) 753
ist der Zweck der Reden , ■welcLe er in Rom bis zu seinem
Abgangje nacli Gallien g-eliallen Lat, nicht zweifelLaft; sie waren
ein fortgesetzter Angriff auf die Aristocratie; wälirend er schein-
bar etwas ganz anderes wollte, nur bei äusseren, zufällig sich
darbietenden Veranlassungen auftrat, machte er die Optiniatea
lächerlich und yerächlHch ; die unterdrückte Partei erkannte in
ihm ihren Freund und Beschützer, er wurde ihr Haupt, und die
Gegner konnten ihn mit den Gesetzen nicht erreichen , deren
Ansehn er untergrub. Er belangte Cn. Dolabella und als Anwalt
der Griechen C. Antonius, weil sie Sullaner waren, und die sul-
lanischen Gerichte gleich sehr in der öffentlichen Bleinung xer-
loren, wenn sie freisprachen oder verdammten; ^) er begünstigte
in L. Cinna nicht den Verwandten, sondei'n den Blarianer; ^)
er ehrte Julia und Cornelia durch Leichenreden, weil diese ihm
Gelegenheit gaben, das Andenken an Marius und an den Kampf
gegen die Grossen zu erneuern; '") er erklärte sich bei der ca-
f ilinarischen Verschwörung gegen die Todesstrafe, damit der Senat
desto mehr bloss gestellt wurde, wenn er sie dennoch rerhieng, ' ')
nnd er unterstützte die Rogation des Metellas ]\ epos , um jenen
zu demüthlgen und Ponipejus von ihm abzuziehen.*^) Es ist
daher nicht leere Vermuthung, wenn man annimmt, dass er auch
in allen anderen Reden, für die Bithjnier, '^) für Masin tha, ' ■•)
für Decius, den Samniten,'*) in den Reden, welche er als
Consul I und dann gegen C. Menimius nnd L. Domitius hielt, ' ^)
die bestehende Verfassung za erschüttern nnd sich in der Gunst
der Menge zn befestigen suchte.
§ 76.
Auch im Felde blieb Cäsar mit Rom und mit den Mä'nnem,
deren er bedurfte, in steter Verbindung; seine Freuude und Seud-
linge vermittelten Bie, und nicht weniger seine Briefe. Sie haben
bis auf einige, welche sich in der Sammlung der Briefe Ciceros
finden, das Schicksal der Reden gehabt.*') Die geringen Ueber-
8) Oben §. 2. A. 6 o. 7. 9) p. rogat. Plantia. Oben §. 3. A. 29.
10) 5. 3. A. 30. 11) {. 8. A. 47 f. n. nach A. 75. 12) §. 9.
A. 3. 13) Gell. 6, 13. Snet. 49 n. das. B. -Crnsius Inlins Rniiuian.
de fignr. cap. 8. 14) Obea §, 9. A. 22. 15) Dialog, de orat. 21.
16) Oben }. 14 in. 17) In STelonS nnd Appians Zeit ivaien uoch
Driuuaiu], Gescliiclitc Roms III. Ag
754 XXI. lULII. (31. §.76.)
reste bestätigen, vras Cicero oft anerkennend errviiLnt, class er
mit Innigkeit und Wärme schrieb, nach den Umständen in einem
leichten, tändelnden Tone, und doch so, dass der Leser sich ge-
schmeichelt und verpflichtet fühlte. ' ') Er zuerst soll bei Be-
richten an den Senat das Papier nicht auf Einer Seite von oben
bis unten beschrieben und dann zusammengerollt, sondern es nach
Art einer Schreibfafel in Blätter gefaltet Laben, vvodurch er
mehrere Seiten erhielt. • ^)
Es } ann nicht als Zufall betrachtet werden, dass gerade die
■wichtigste unter seinen Schriften, und nur diese, in unseren Händen
ist; der Glanzpunct seines Lebens war die That, nicht das Wort,
und mit der That wurde auch das W^erk unsterblich, welches
Bie beschreibt, seine Denkwürdigkeiten oder Commentare. -") Sie
erzählen die Geschichte der ersten sieben Jahre des gallischen
Kriegs in sieben, nnd die Geschichte des Bürgerkriegs bis zum
alexandrinischen in drei Büchern,*') und hallen die Mitte zwi-
schen einer rohen Materialien -Sammlung oder den flüchtig hin-
geworfenen Bemerkungen eines Tagebuchs,-^) nnd einem aus-
führlichen historischen Werke. ^^) ■ Der Titel, welchen der
Verfasser offenbar selbst wählte, da er sich schon bei seinen
Zeitgenossen findet, lässt auf ihr Entstehen schliessen; Cäsar um-
gab sich im Felde mit Schreibern, sie mussten aufzeichnen, was
sich ereignete, und er verarbeitete den Stoff bei Müsse, wohl be-
sonders während der Winter -Quartiere, zn einem Ganzen,^')
Nach der Beendigung des Kriegs in Gallien machte er die be-
treffenden Bücher bekannt, nicht früher, folglich nicht einzeln,
da Cicero in den Briefen sie nicht erwähnt; es ist dagegen un-
gewiss, ob die Bücher über den Bürgerkrieg sogleich nach seiner
Rückkehr von Alexandrien erschienen.'^') Für die Behauptung,
viele andere vorhanden. Snet. 56. App. 2, 477. Plnt. Caes. 17 fin. Gel}.
17, 9 n. oben A. 78. Was vrir besitzen, hat Ondendorp a. a. O. (oben
A. 7) p. 837 f. znsammengesteUt. 18) §. 29. A. 69 f. 19) Snet.
I. c. 20) So nennen sie Cic. Brnt. 7S. Hirt. B. O. 8 prooem. u. c. 48.
und Sneton. 56. Strabo 4, 177 sagt dafür vnofxyi'iuura , der griechische
Ueberselzer des gallischen Kriegs ri7jo_uyrjftoi'ti\uaic< , nnd Tlnt. Caes. 22
iiftjftiQCötg. 21) lieber die Fortsetzungen s. Hiriii No. 2. 5. 2. A. SS f.
22) Conunentarü dinrni. Snet. Octav. 64. 23) Cic. Brut. 75. Suet.
Caes. 56. 24) Plut. Caes. 17. 25) K, E. Schneider Uebcr Cäsars
XXI. lULII (31. §.76.) 755
dass die Ephemeriden von seinen Commentaren verscLieden wnren,
giebt es keinen Be\%eis. Pliitarch gebrancLt als GriecLe jene
Bezeichnung, und denkt, vsie der ZusamnienLang leLrt, an das
nns vorlieg'ende Werk ; - ^) lateinisclie SrLriflsteller späterer Zeit
Laben mitunter den griecLiscLen Titel beibehalten , da er anch
schon unter ihnen eing:ebiirg:ert war;-') in dem Verzeichnisse
der Schriften Cüsars bei Sveton werden nur Commentare ge-
nannt,^') deren Zweck, Einrichtung' und Unvollsländigkeit als
Schuld der Abschreiber es erklärlich macht , dass man in ihnen
Manches vermisst, was Andere über den Verfasser berichten.
Cicero riihmt die DarstellHng; sie sei ohne rednerischen Schmuck,
einfach nnd doch schön , knrz und doch deutlich ; er f iig-t hinzu,
das Werk solle dem Geschichtschreiber nur den Stoff liefern. ^ ^)
Ein Kampfgenosse konnte das Dunkle aufhellen und das Erforder-
liche über Zeit und Ort ergänzen ; dem Leser aber, welcher nicht
durch eigene Anschauung oder durch mündliche und schriftliche
Mitlheilungen der Augenzeugen belehrt wird, muss in diesen
umrissen Vieles unverständlich sein, er muss es bedauern, dass
Character. Ans seinen Schriften, in 'WacHers Philomatliie 1. S. 184 ver-
mnlhet, die Heraosgalie sei vor dem Kriege mit Pharnaces erfolgt, weil
dadnrch das Unheil der Rümer über Cäsar und Ponipejus zn Gunsten des
Ersten bestimmt werden sollte; den Diclator beschäftigte aber in Aegrpten
nach dessen Unterwerfung Cleopatra, nnd vom Juli, in Tvelchem er sie Ter-
liess, bis zum Anfange des Angnst oder bis zur Schlacht bei Zela ^sien
nnd jener Fürst. Oben §. 54 fin. f. 55. A. 100. 26) Caes. 22 vgl.
mit Caes B. G. 4, 12. Anch Rnaldns giebt diess zn in Anim. 21 zn Plof.
1. c. Barle Dict. Ces. p. 885 ist nicht so anfrichlig. Bei App. lib. 4. de
reb. Call. £xc 16. de legat. Vol. 1. p. 90. ed. SchTceigh. lies't man als
tJmschreibung : iy tnT; läiai; ufuyfiKifiu; riüv iifriU^out' ioyiav,
27) Symmach. Epist. 4, 18. Serr. zn Virg. Aen. 11, 743. Sidon.
Apollin. Ejiist. 9 , 14. 28) cap. 55. 56. Diess wird mit Recht Ton
Davis. (Caes. ed. II. Ondcnd. T. II. p. 850) gegen Voss de hisior. lat.
1 , 13 besonders hervorgehoben ; derselben Meinung ist Fahric. Bibl. lat.
ed. Ernest. T. 1. lib. 1. cap. 10. Es ist überflüssig, diejenigen zn wider-
legen, welche die Commentare Cäsar abgesprochen haben. S. Voss. n.
Fabric. 11. cc. nnd Roesch Commentar über die Commeut. Cäs, S. 140 gegen
die Remarques snr Ce'sar des Generals v. AV. 29) Brut. 75. Suel. 56.
Vgl. B. Call. 8. Prooeni. Cäs.ir war seiner eigenen Vorschrift eingedenk:
Tanqnam scopnlum, sie fngias inanditum al^e insolens verbnm. de analog,
üb. I bei Gell. I, 10.
48*
756 XXI. lULn. (31. §.76.)
sie „so sclmell" entworfen sint!. '") Vorziig-sweise gilt eliess
von dem Bürgerkriege, nnd insbesondre wieder wegen uiangel-
liafter Beschreibung des Oertliclieu von den Abschnitten , weiche
die Gefechte bei Djrrhachium und Pharsalus betreffen. ^ ' ) Asi-
nius PoUio glaubte nach einer Bemerkung in seiner Geschichte
dieser Zeiten, der Dicfator habe seine Commentare nochmals über-
arbeiten wollen; er war aber auch der Meinung, dass er oft von
der Wahrheit abgewichen sei, sowohl absichtlich, als weil sein
Gedächtniss ihn verliess oder fremde Berichte ohne Prüfung auf-
genommen wurden. '-) Das Urtheil eines Mannes, welcher seinen
Feldzügen beigewohnt hatte, scheint besonders von den griechi-
schen Geschichtschreibern beachtet zu sein, da sie mehr dem
Legaten und Anderen als dem Imperator folgen. Dieser sucht
seine ehrgeizigen Pläne, das Verwerfliche seiner Bliltel, und
wenn ihn Unfälle trafen, sein Missgeschick zu verbergen. Der
Krieg in Gallien war angeblich nicht eine Vorbereitung zum
Kriege mit Rom ; er wollte die Niederlagen der Römer, besonders
seines Verwandten L. Piso an den Barbaren rächen, die Provinz
J,egen die Gallier, und diese, welche ihm mit Undank vergalten
und ihn zu Feindseligkeiten zwangen, gegen die Germanier be-
schützen. *^) Wicht zufällig schweigt er von der Zusammenkunft
in Luca, wo er seine Nebenbuhler täuschte. ^') Das Schicksal
der Usipeter und Tenchtherer erscheint bei ihm unbedingt als
eine Folge ihrer Wortbrüchigkeit. ^ ') Britannien wurde von
ihm angegriffen, weil es seine Feinde untwstüfzfe. ^ ^) Die
Gallier sehnten sich nach Befreiung, ^') gleichwohl konnte Ver-
cingetorix sie nur durch die strengsten JMassregeln zu einem
Bunde gegen ihn vereinigen. ^ *) Durch die Anstrengungen jenes
Helden gerieth er in grosse Gefahr ; man soll ihm aber glauben,
dass er aus eigenem Entschlüsse die Belagerung von Gergovia
30) B. G. 1. c. 31) B. C. 3. Oben §. 51 in. Den Absclireiben»
füllt freilich auch viel zur Last ; nicht leicht ist ein "Werk so entstellt nnd
Teistiimmelt. 32) Sueton. 56. 33) B. G. 1, 7. 12. 14. P. A'ictorii
Var. Lect. 3, 23. 2. Th. 61. Äo. 8. 34) §. 21. A. 61 f. 35) §. 25.
A. 80 f. S. auch E. Breseiner Ueber den Werlh nnd die Glaubwürdigkeit
der Coramentarien Cäsars in dem Programm des Dir. SpUlecke. Berlin 1835.
36) Oben J. 25. A. 7. 37) B. G. 3, 10. S, 54. 38) Das. 7, 4 fin.
Ohen ^. 32 nach A. 60.
XXI. lULH. (31. §.76.) 757
anfgelioben Labe. ' ^) Den Winter endlich verleble er meistens
im cisalpiniscLen Gallien, nicLf, «in auf Rom zu wirken, sondern
nm GericLt zu halten, und sich niil den libn'g-eu Angeleg-enLeifen
der Provinz zu bescLüftigen. * °) Auch im Bürgerkriege erziihlt
er za seinem VortLeile. Blan rügt, so oft diess zur Sprache
kommt, seinen unwahren Bericht über die Art, -wie er sich des
Leiligen Schatzes bemächtigte.*') Ueberall aber macht er seine
Friedensliebe geltend, als habe er sich nur verlheidigt; er ver-
Bchweigt Thalsachen, welche beweisen, dass seine Anträge nichi
immer abgelehnt wurden, obgleich man auch auf der andern
Seile keine Versöhnung wollte.'^) Durch die Herstellung der
Verbannten im ersten Jahre des Kriegs versläikfe er seine Partei;
sie war nicht eine Handlung der Gerechligkeil, und beschränkte
sich nicht auf Wenige, wie er behauptet. **) Dass er durch
den Jüngern Balbus den C'onsul des J. 49 L. Lentulus zu ge-
winnen suchte,'") Blassilien den grössten Theil seines Gebietes
entzog, ") und vor den Gelechten bei Dyrrhachium in der Ver-
zweiflung sich einschiffte , nm seine Truppen selbst aus Italien
herbeizuführen,'^) wird nicht von ihm bemerkt; noch weniger
fand er sich veranlasst, die wahren Ursachen seines verlängerten
Aufeulhalles in Aegypien anzugeben.'") Diese Beispiele be-
weisen, dass er nicht durchaus Glauben verdieut; man hat aber
übertrieben. Wenn er viele seiuer Gegner als schwache und
iibermüthige Älenschen schildert, so wird er weder durch Cicero
noch durch einen andern Schriftsteller widerlegt, und eben so
wenig ist er ungerecht gegen seine Legaten; selbst Labienus,
welcher von ihm abfiel, wird im gallischen Kriege stets auf eine
ehrenvolle Art erwähnt; nur einmal vermisst mau seinen Namen,
vielleicht, weil er nicht so viel leistete, als Andere versichern; ''^)
die Kriegführung im Grossen und Ganzen wurde lediglich von
Cäsar geleilet, und diess niusste nothwendig auch in seinen
C'ommenlarea ersichtlich werden; das Gegentheil wili-de ein Fehler
39) B. G. 7, 43. 52. 53. Oben §. 32. A. 78. Tgl. §. 33. A. 88.
40) B. G. 1, 54. 6, 44. 41) B. C. 1, 14. Oben §. 41. A. 27. §.43.
A. 88. 42) B. C. 1, 26. Oben J. 43. A. 44. 43) B. C. 3, 1.
§. 46. A. 64. 44) Obeu J. 42. A. 75. §. 40. A. 26. 45) J.. 46.
A. 39. vgl. B. C. 2, 22. 46) J. 48. A. 95. 47) B. C. 3, 107.
(,. 54 in. 48) B. O. 1, 12. f.. 18. A. 1.
758 XXI. lULU. (31. §.76.)
sein. MancLe Lücke aber kommt bei dem beklagenswertLea
Zustande der HandscLriften nicLt auf seine Rechnung-. ' ')
Die Fortdauer des Kriegs nach Pompejus Tode war ihm
nnenvarfet; er Löffle dann wenigstens nach dem africaniscbea
am Ziele zu sein; ihm missfiel daher, was an die vorige Ver-
fassung und an deren .Stützen erinnerte, die Gemiither beunruhigen
lind aufregen konnte. Gleichwohl erhielt man Lobschriften zu
Ehren des Gato von Utica und der Porcia, seiner Schwester.
Als man im J. 46 in Rom erfuhr, dass er durch eigene Hand
gefallen sei, wurde Cicero auf dem Lande in einem Briefe von
Atticus aufgefordert, dem gefeierten Republicaner ein Denkmal
zu setzen. Atticus wollte seinen trauernden un^ verzagten Freund
dadurch beschäftigen, und dieser fand die Aufgabe seiner würdig,
er fürchtete aber den Zorn Cäsars und der Cäsarianer; er werde
sie erbittern, meinte er, "wenn er mit Uebergehung der öffent-
lichen Angelegenheiten auch nur den Character des Verstorbenen
rühme , und diess sei nicht einmal möglich , ohne bemerklich za
machen, dass er die Gegenwart und Zukunft voraussah, dass er
Alles aufbot, das Bestehende zu retten nnd dem Leben entsagte,
als er es nicht vermochte. ' °) ludess war der Gegenstand zu
lockend ; unter dem Scheine , einen trefflichen Blenschen und
Bürger zu loben, konnte er die Gefühle aussprechen, welche ihn
zu erdrücken drohten ; sein Cato erregle durch Inhalt nnd Form
das allgemeinste Interesse.") Aehnliche Werke entwarfen im
folgenden J. 45 Fabius Galhis '-) und M. Brutus, '*) und auch
Porcia wurde nicht vergessen ; die Lobreden des Cicero, ' ^ '') des
M. Varro und Lollius, ^') welche ihr Tod veranlasste, waren
Leichenreden am Grabe der Republik. Wenn Cato so gross, so
49) Die Gefangenschaft des C. Antonius ist entschieden nicht von ihm
übergangen, 5- 44. A. 60, -wahrscheinlich anch nicht der Aufruhr der Le-
gionen in Placentia, §. 46. A. 45. 50) ad AU. 12, 4. Cicero -wnrde
also nicht dnrch M. Brutus veranl.isst, seinen Cato zn schreiben, -»vie er
im Unit. 10 erzälilt, und nicht bloss Corrndi qnaestnr. p. 221 nach dieser
SteUe annimmt. 51) ad Att. 12, 40. 13, 27. ad Fam. 7, 25. Tacit.
A. 4, 34. Gell. 13, 19. Plut. Caes. 54. Dio 43, 13. App. 2, 490.
52) ad Fain, 7, 24. 25. 53) IVicht erst, als Cäsars Aiicicato erschienea
war, -nie Fabric. zu Dio 43, 13 vermuthet ; das Gegeiiiheil ergiebt sich ans
Cic. «d Alt. 12, 21. vgl. 13, 46 u. Suet. Octav. 85. 53/>) ad Att.
13, 37. 48. 54) Uas. 13, 48.
XXI. lULH. (31. §.76.) 759
vorwurfsfrei und verelirlich gewesen war, so konnte anch die
SacLe nicht verwerflich sein, für welche er lebte und starb, niid
in -welcher Gestalt zeigte sich dann der Dicfalor? Mehr als ir-
gend ein Anderer erkannte er das wirklich Edle nnd Schöne an
seinen Gegnern, und am wenigsten mochte er sie im Tode schmä-
ten; Jetzt aber fühlte er sich angegriffen, für ihn war Cato nuo
nicht mehr ein unschädlicher Feind, Cicero halte ihn zu den
Sternen erhoben, er zog ihn in den Staub herab, tadelte über
die Gebühr, weil jener über die Gebühr gepriesen hatte. *') Der
Krieg mit den Söhnen des Pompejus in Spanien hinderte ihn
nicht an seiner Vertheidigung. Vorläufig verfasste A. Hirtins
in seinen Lagern eine Gegenschrift, und schickte sie Cicero,
dessen Tugenden und Verdienste darin eben so sehr ins Licht
gestellt wurden, als die Fehler des Cato; der Redner sorgte da-
für, dass Viele sie lasen; *^) er war aber auch schon davon
unterrichtet, dass eine andre folgen werde. '') Cäsar vergass
den Dictator, und begnügte sich, zu schreiben; in so fern wurde
Bein Anticato, '*) welchen er vor der Rückkehr aus Spanien be-
kannt machte , ' ®) nach dem UrtheUe der Alten eine Lobschrift
auf ihn selbst. """) Er entschuldigte es in dem Buche, „dass er
als Schriftsteller gegen Cicero auftrat, der Krieger, welcher im
Felde nicht einmal Blusse hatte , die Feile zu gebrauchen, gegen
den ausgezeichneten Reduer", **) „den Pericles nnd Theramenes
der Römer", *^) dessen Cato er immer von neuem las, wie er
in einem Briefe an Baibus sagte, und mit immer grösserem
55) PInt. Cacs. 54. 56) Hirtii No. 2. §. 1. A. 16. §. 2. A. 5*.
57) ad Att. 12, 40. 41. 58) Unter diesem Namen erwähnen die
Schrift QiiintU. I, S. J. 68. GeU. 4, 16. Plnt. Caes. 54. Dio 43, 13.
App. 2, 490 tuid Prisdan 6. p. 694. 7. p. 717. 740. 10. p. 960. ed. Potsch.
Sie bestand aus zwei Büchern, Snet. 56. Alartian. Capella de nnpt phil.
lib. 5. p. 152, nnd wird daher anch Auticatones genannt; Snet. I. c. Inveu.
6, 337, vre freilich der Scholiast auch auf das Verhältniss zwischen Cäsar
und Catos Schweser Serrilia deatet; besser libri contra Catonem, Cic. ad
Att. 13, 50 nnd die entsprechende Bezeichnung bei Plut. Caes. 3. 54.
Caio 36 n. bei Prise. U. cc. 59) ad Att. 13', SO. ad Farn, 7, 25.
60) Cremnt. Cordns bei Tacit. A. 4, 34. Dio 43, 13. Plnt. Cic. 39.
61) Plut. Caes. 3. 62) Der also faciendi dicendiqn« sapientiam in sich
vereinigte. Plnl. Cic 39. Cic. de or. 3, 16. Brnl. 7.
7G0 XXI. lüLIL (31. §.76.)
Nutzen.''^'') In Jer Saclie aber sucLte er iLa bis ins Einzelne
zu widerlegen, wie ein Kläger den Sachwalter vor GericLt. ^^)
Er wollte beweisen, dass entweder die TLatsacben falsch seien,
welche das Lob begründen, oder dass man ihnen falsche Namen
gebe , und dass man überhaupt nur das Gute und Rechte loben
dürfe. ^') Die Schwächen und Verirruugen Catos wurden zu
Lastern und Verbrechen gestempelt, weil ihm das Urtheil zum
Toraus gesprochen war; in seinem öffentlichen Leben entdeckte
man demnach Anmassung, Uebermuth und Herrschsucht,*') in
seinem Privatleben die entschiedenste Nichtswürdigkeit. Aus
Habsucht lieh er seine Gemahlinn Marcia dem Redner Hortensius,
dessen Vermögen sie ihm zubringen sollte; **) er durchsiebte die
Asche seines Bruders, um das geschmolzene Gold nicht zu ver-
lieren, ^') und war gegen Andere missgünslig und karg, welches
sich besonders auf seiner Reise nach Cjprus verrieih; ^') der
strenge Sittenrichter ergab sich dem Trunk', ^^) und buhlte mit
der eigenen Schwester Servilia. ' ") Voll Furcht, der Meister
werde die Catonianer zu Cato senden,") äusserte Cicero gegen
Baibus und Oppius, der Anticato sei unübertrefflich, und als sie
den Dictator davon in Kenntniss setzten, schrieb er ihm selbst;
der Brief wurde jenen Freunden zur Begutachtung vorgelegt,
und auf ihre Versicherung, dass sie nie Besseres gelesen haben,
an Dolabella zur Beförderung abgeschickt.") „Es war nur
Vergessenheit, dass Alticus keine Abschrift erhielt, und dessen
Vermnfhung, Cicero habe sich so sehr gedemüthigt, dass er sich
vor ilim schäme , ganz ungegründet ; er hatte nicht anders ge-
schrieben, als an seines Gleichen, und ohne Verstellung, denn
das Buch gefiel ihm ; er schmei''helte also nicht, und konnte doch
62 J) ad Att. 13, 46. vgl. 12, S. 63) Tacif. I. c. 64) Cic.
Tojiic. 25. Onintil, 3 , 7. §. 28 : Ouamqnam omnes tres stalns cadere in
hoc opus possint, hisqup nsam C. Caesarpm in Titnperando Catone notaverit
Cicero. 63) Gell. 4, 16. 66) Plut. Cato 52. Hortensii No. 7. §. 6.
A. 92 n. ISo. 8. 67) Plut. Cat. II. Tgl. 3 u. 8. 68) Das. 36.
■Wahrscheinlich winde auch Anderes bei dieser Gelegenheit gerügt. 2. Th
262. A. 19 n. hier §. 23. A. 18. 69) Plin. Ep. 3, 12. Vgl. l'lnt.
Cato 6. 44. 70) Plut. das. 54. Diese war nicht die Mutter des
IW. Brutns, s. Liciuii LuciUli No. 7. 71) ad Farn. 7, 25. 72) «d
Att. 13, 50.
XXI. niLH. (31. §.76.) 761
Tersictert sein, Cäsar "vrerde niclits lieber lesen."") Sein Lob
galt freilich nur der ScLreibart; nach dem Tode des Gegners
fand er dessen Erwiderung auf seinen Cato Lochst un-
Terschänit. ' *)
Die übrigen Schriften Cäsars berühren die Geschichte nicht
unmittelbar; sie zeugen aber von dem Reichthume seines Geistes
und von einer vielseitigen Bildung, obgleich TNir nur die Titel
kennen, nnd dürfen daher auch hier nicht übergangen werden.
Dahin gehören die
Libri aiispiciornm oder Angiiralia. Als Oberpoutif hatte der
Verfasser auch einen äussern Beruf, sich mit diesem Gegenstande
zu beschäfiigen; er behandelte ihn nut grosser Ausführlichkeit,
da das sechzehnte Buch erwähnt wird. ' ')
De astris. ' •'j
De analogia, oder. Wie Cicero erklärt, de ratione latine lo-
gnendi, ") in zwei Büchern,'^) Untersuchungen über die latei-
nische Sprache, welche er während des gallischen Kriegs auf
der Rückreise aus dem cisalpinischen Gallien zum Heere in diesem
^Yerke niederlegte , ' ^) nnd in yerbindlichen Ausdrücken Cicero
widmete. *'')
Apopbthegmata ^ ') oder Dicta colleclanea, *') eine Samm-
lung Ton eigenen und fremden Witzworten und sinnreichen
Sprüchen. Sveton lässt sie in seiner Jugend entstehen, sie wurde
aber auch später fortgesetzt und wiiclis zu inehrern Bauden an.
Noch als Dictator beauftragte Cäsar seine Freunde, ihm jedes
73) ad Att. 13, 51. Oben §. 63. A. 8. 74) Top. 25, 75) »la-
Crob. Sat. 1, 16 giebt den ersten, nnd Priscian lib. 6, p. 719. Putsch, den
andern. Titel , ebne Zweifel nur Terschiedene Bezeiclinnngea desselben
Werks. 76) So nannte er die Schrift nach Plin. 11. ?>. 1. p. 95. ed.
Franz. (Terzeichiiiss seiner Onellen zu lib. 18.) Das. 18, 57 (25). 64 f.
(26). Rlacrob. Sat. 1. c. lulins Caesar siderum motns , de qiübus non in-
doctos libros reliquit, ab aegyptüs disciplinis hnnsit. 77) Brut. 72.
78) Suet. 56. 791 Ders. 1. c 80) Brnt. 1. c. Plin. 7, 31 (30).
Cell. 19, 8. Die Stellen, in welchen die Alten und die Grammatiker sie
erwähnen, s. bei Oudend. in ed. II. Caes. T. II. p. 850 — 854. Cäsar war
kein kleinlicher Wortkrämer; das oft wiederkehrende quaeso in einem Bitt-
schreiben des Atticns mis.sfiel ihm nicht in sprachlicher Hinsicht, sondern
weil es die Besorgniss Terrieth , er werde die Bitte nicht gewähren, ad
An. 12, 6 en. 81) Cic. ad Fam. 9, 16. 82) Suel. 56.
762 XXI. lULH. (32.)
Wort zn Linferbringeu, wodarcb sie bereichert -wer Jen konnte,
und am ■willkonmiensten waren Beiträge von Cicero.'^) Die
griechischen Tyrannen unterhielten Kundschafter anderer Art.
Indess mochte auch mancher muthwillige und verletzende Scherz
aufgenommen werden; der ernste Augastns untersagte daher die
Bekanntmachung. *■•)
Dasselbe Verbot ergieng in Betreff der Gedichte, welche ans
Cäsars Jünglings -Alter stammten, und das Gepräge der Unreife
trugen. *') Aber man sieht, dass auch er sich in den Bahnen
bewegte, in welche Menschen mit gliicklichea Anlagen wohl
immer eine Zeitlang hineingezogen werden. Er sang das
Lob des Hercules und versuchte sich iu einem Trauerspiele
Oedipus. *®) In einem Gedichte aus späterer Zeit, vielleicht nur
in einem Epigramm, rühmte er seine Krieger, welche bei Dyr-
rhachjum sich mit Kräutern begnügten. *') Ein anderes war
astronomischen Inhalts. ^*) Noch gegen Ende des J. 46 beschrieb
er seine letzte Reise nach Spanien während derselben anter dem
Titel: Iter in Versen.*^) So konnte Plinius sich auch mit
seinem Beispiele entschuldigen, wenn er mitunter dichtete. ä°)
32. Cossutia. Erste Gemahlinn des Vorigen; Tochter eines
Ritters und sehr reich, welches vielleicht Cäsars Eltern bestimmte,
sie für ihn zu wählen; er war noch nicht siebzehn Jahr alt, als
er sich mit ihr verlobte, und schon a. 83 erfolgte die Scheidung,
weil er sich mit Cornelia verbinden woUle. ä')
33. Cornelia. Zweite Gemahlinn des Dictator; Tochter des
L. Cinna Cos. 87. Verheirathet a. 83 ; Mutter der Julia ;
t a. 68. s 2)
34. Pompeja. Dritte Gemahlinn des Dictator; Tochter des
Q. Pompejus Rufus und der Cornelia, einer Tochter von Sulla.
Ihr Vater, der Sohn des Q. Pompejus Rufus, welcher a. 88
Consul war, wurde in diesem Jahre getödtet. ^ J) Vermählt mit
83) ad Farn. 1. c. 84) Snet 1. c. 8S) Ders. 1. c. Dialog,
de orat. 21. 86) Suet, 1. c. 87) Plia. 19, 41 (8). Oben }. 49.
A. 17. 88) lul. Firmic. Astron. 2. praef. 8, S. 89) Snet. 1. c.
Oben §. 62. A. 79. 90) Epist. S, 3. 91) Snet. Caes. 1. Plnt.
Caes. 5 erwähnt Cossntia nicht nnd nennt gleichwohl Pompeja Cäsars drille
Gemahlinn. 92) 2. Tli. 592. No. 6. Oben No. 31. J. 1. A. 88 u, J. 3.
A. 30. 93) 2. Th. 437. A. 426. a. 508- No. 14.
XXI. lüLlI. (35.) 763
Cäsar a. 67,^*) und gesctiedeu im Janaar 61, weil der Ver-
dacLt entstand, dass sie P. Clodins begünstige.^')
35. Calpurnia. Vierte GemaLIinn des Dicfator; TocLter
des L. Calpnrnius Piso Cos. 58. VerheiratLet a. 59. Sie über-
lebte Cäsar. » «)
36. Jalia. Tochter des Dictator von Cornelia. ^'') Geboren
im J. S3 oder 82. ^ *) Sie wurde mit Serviliiis Caepio verlobt,
welcher nun ihren Vater a. 59 in dessen Consulat gegen Bibulos
unterstützte, und dann zurücktreten und eine Tochter des Pom-
pejus heirathen sollte , obgleich auch diese schon Faustus Sulla
zugesagt war. ^^) In demselben Jahre vermählte sie sich mit
Pompejus, ^°°) ein Mittel, das Triumvirat zu befestigen, weshalb
die Optimaten, besonders Cato und Cicero, die Verbindung miss-
billigten. ') Julia besass äussere Reize und auch alle anderen
Eigenschaften , um Ponipejns zu fesseln , welcher sie sehr liebte,
und seine Gefühle erwiedert sah, obgleich sie fast 23 Jahr jünger
war. Doch v\'iirde es ihr so wenig gelungen sein, die Ruhe im
römischen Reiche zu erhalten, als es später in einem ähnlichen
Verhältnisse Oclavia gelang. ') Das Schicksal ersparte ihr die
harte Probe. Pompejus gerieth a. 55 in den aedilicischen Comifien
in Gefahr, und Julia glaubte bei dem Anblicke des blutigen Ge-
wandes, welches er in seine Wohnung schickte, er sei ermordet ;
diess hatte eine Fehlgeburt zur Folge, wodurch ihre Gesundheit
zerrüttet wurde. ') Im September des nächsten Jahrs gebar sie
einen Sohn, ') welches ihr den Tod brachte, ') und bald nach
9*) Oben No. 31. §. 4 in. ' 95) 2. Th. 207. A. 98. Oben No. 31.
§. 9 fin. n. Pompeü. 96) 2. Th. S. 81. Oben No. 31. §. 11. A. 46
u. §. 72. A. 94 f. 97) Snet. Caes. 1. Plut. Caes. 5. 98) Suet.
1. c. 99) Suet. Caes. 21. Plut. Caes. 14. Pomp. 47. Die 38, 9.
Oben {. 11. A. 87 n. 45. 100) Cic. ad Alt. 2, 17. §. 1. 8, 3. §. 2.
de proT. cons. 14. 17. 18. VeUej. 2, 44. 47. Suet. Caes. 21. 27. SO.
Lucan. 1, 111. Flor. 4, 2. §. 13. GeU. 4, 10. }. 5. Augnst. de civ. D.
3, 13. Plut. Caes. 5, 14. Pomp. 47. 48. Cato 31. App. 2, 435. Dio 1. c.
Zonar. 10, 6. 1) Oben No. 31. §. 11 fin. 2) Das. §. 24. A. 41.
5. 28. A. 13. 3) Oben }. 24. A. 41. Plut. Pomp, 53. Val. M. 4, 6.
5. 4 erzählt, sie sei sogleich nach der nnzeitigeu Entbindung gestorben ; er
setzt also ihren Tod um ein Jahr zu früh, und ist auch in so fern im Irr-
thume, als ein Kind sie überleble. 4) So VeUej. 2, 47 a. Snet. 26
nach der richtigen Lesart, welches auch Lncan. 5, 474 zu bestätigen scheint.
Plut. Pomp. 53 o, Dio 39, 64 neuaea eine Tochter. 5) Im Seplemher 54.
764 XXI. mLII. (37.)
iLr starb auch Jas Rind. ^) Pompejns -wollte die iLm tLenren
Ueberreste auf seinem albanischen Lauidgute beisetzen, wo er oft
verweilte, das Volk erzwang; es aber aus Liebe zu Julia und zn
ihrem Vater, dass sie auf die ehrenvollste Art, auf dem Mars-
felde, begraben wurde, ') obgleich der Consul L. Domitius Aheno-
barbus als Feind der Triumvirn durch Tribüne Einspruch thun
liess, weil zn einer solchen Auszeichnung ein ausdrücklicher Be-
schluss erforderlich sei. *) Ihr Denkmal wurde später vom
Blitz getroffen, ^) nach Cäsars Tode, welcher jetzt ihr zn Eiiren
das Volk zu bewirthen und Rainpfspiele zu geben versprach, und
im J. 46 sein Wort lös'te. ' °)
37. (Cäsarion.) Cleopatra gebar nach dem alexandrinischen
Kriege, bald nach Cäsars Abreise, im J. 47 einen Sohn,")
welcher als aegyptischer Fürst Ptolemäus genannt wird, '^) von
der Mutter aber, nicht von den Alexandrinern aus Spott, wie
Plutarch glaubt, •^) den Namen Cäsarion erhielt, und sie wahr-
scheinlich im nächsten Jahre nach Rom begleitete. ' *) Ihre Be-
hauptung, sie habe ihn mit dem Dictator erzeugt, schien dadurch
bestätigt zu werden, dass er jene Benennung zuliess. ' ') jNach
Nach Plnt. Caes. 23 erhielt Cäsar die Botschaft von dem Ableben seiner
Tochter, als er zun zweiten Male von Britannien nach Gallien zurückkam,
nach Senec. cons. ad Marc. 14 in Britannien. Daraus folgt , dass nicht
nur Manuiius Cic. ad Ou. fr. 3 , 1. §. 7 misSTerstanden hat, sondern auch
Schütz, welcher ihn tadelt. Der Proconsul Terliess die Insel nicht Tor dem
26. .September, ad Att. 4, 17. §. ä. 'oiiea Äo. 31. [. 26. A. 38. Sein
Brief an Cicero, -Tfelcher diesem am 'S!. Sept. eingehändigt yrurde und vor
20 Tagen abgegangen yrar, konnte daher auf seinen Verlust sich noch nicht
beziehen , im Gegentheil , Cicero denkt angeblich mit Schmerz daran , dass
der unglückliche Vater ihm so heiter schrieb, ohne sein Missgeschick zu
ahnden, ad Ou. fr. 1. c. u. fin. Uebrigens berichtet Plut. Pomp. 53 amige-
nauesten. Vgl. Ut. 106. VeUej. 2, 47. Val. M. 4, 6. §. 4. Sueton. Caes.
26. Lucan. 1, 111. Tacit. A. 3, 6. Flor. 4, 2. §. 13. Dio 39, 64. 40, 44.
App. 2, 438. Oben No. 31. }. 26 fin. {. 28. A. 12. 6) Plut. Pomp.
53. Caes. 23. Vellej. 1. c. Lucan. 5, 474. 7) Plut. U. cc. Liv. 106.
8) Dio 39, 64. Tgl. 48, 53ßn. u. DomitiiAhen. jVo. 8. A. 39. 9) Suct.
Octav. 95. Tgl. C^aes. 84. 10) Ders. Caes. 26. Dio 43, 22. Plut.
Caes. 55. Oben \o. 31. §. 61. A. 57 f. n. A. 71. 11) Plut. Caes. 49;
nach dieser Stelle ist Anton. 54 zu erklären. 12) Dio 47, 31. 49,41.
13) Caes. 49. Zonar. 10, 10 folgt ihm darin. 14) Cic. ad Alt. 14, ;iO.
J. 1. Oben No. 31. ^. 61 Cu. 15) Su«t. Caes. S2. üclaT. 17.
XXI. lULn. (38.) 7G.5
seinem Tode rersicLerte Autonius im Senat, um OctaTian zn
schaden, der Knabe sei Ton dem Verstorbenen anerkannt, alle
seine Freande, besonders G. Blatins und C. Oppius werden iLm
darin bestimmen ; ' ^) dem gemäss gab er später Cäsarion in
Aegyplen die männliche Toga und ernannte ihn znm Blitregenten
der Bluller. ' ') Oppius machte dagegen eine Schrift bekannt,
welche ihn widerlegen sollle, und in gleichem Sinne äusserte
sich Octavian, ' *) Die Alten sind dadurch irre geworden ; es
unterliegt aber keinem Zweifel, dass Antonius die Wahrheit
sagte ; dafür bürgt die Zeit, in welcher Cäsarion geboren wurde,
die Erlaubnis«, ihm diesen Namen zu geben, die günstige Auf-
nahme der Cleopatra in üom, im Garten des Dicfator, und nach
Einigen selbst eine Aehnlichkeit zwischen diesem und ihrem
Sohne in Gang und Gestalt. '^) Schon der Name des Letztem
machte ihn Octavian verhasst; die Königinn, welche es wusste,
schickte ihn im J. 30 mit seinem Pädagogen Rhodon und mit vielem
Gelde nach dem Süden, in Aethiopien und wenn es nö'lhig sein würde,
in Indien Sicherheit zu suchen; er fiber überlieferte sich einem
Feinde, weil der Führer ihn durch das Vorgeben täuschte, jener
wünsche seine Rückkehr und habe ihm Aegypten bestimmt.
Als Cleopatra sich getödtet hatte, wurde er hingerichtet; so war
es von Anfang beschlossen, obgleich Octavian zu schwanken
schien, und ihm erst dann das Urtheil sprach, als der Philosoph
Arius - °) ihm aus Homer bewies , dass Ein Cäsar weichen
müsse. ^ ')
38. Julia, die ältere nnter den beiden Schwestern des
Dictator. Sie war mit L. Pinarius, einem Manne ans einem pa-
fricischen Geschlechle, und mit Q. Pedius vermählt, in welcher
Folge ist unbekannt. Ihre Enkel gleiches Namens setzte Cäsar
mit C. Octavius, dem Enkel seiner Jüngern Schwester, zu Erben
ein, ^^) Unter diesen scheint L. Pinarius derselbe zu sein.
16) Snet. Caes. 52. Die SO, 3. 17) I. Th. 460. A. 7. 490. A. 87.
18) Suet. 1. c. 19) Dcrs. 1. c. 20) 1. Th. 497. A. 8. 21) Plat. Ant.
81. 82. Oux c<ytc9öi' 7jo).vxi<inctnnj; eine Anspielung aaf II. 2, 204. Dio
51, 6 n. 15. Zonar. 10, 31. Sue«. Octav, 17. 1. Th. 501. A. 19.
22) 1. Th. 99. A. 23 n. 125. Sorormn nepotes bei Snet. Caes. 83.
Clandorp. Oaom. p. 432 vermulhet, die erstea seien vielmehr Sühne der
Julia gewesen, vreil sie schon bei Lebzeilen des Dictator ervrachsen vraren >
766 XXI. lULÜ. (39.)
■welcher als Leg'af cles Antonius bei PLilippi focLf, '') und nach
der ScLlacLf bei Actiom mit seinen Legionen in Marinarica iLm
den Gehorsam ver^veigerle; dann gehörte er nach Dio zu der
Familie der Scarpi. ' *) T. Piuarius, wahrscheinlich sein jüngerer
Bruder, stand a. 54 mit Cäsar in Gallien;^') ihm insbesondre
suchte Cicero sich zu nähern, und es bedurfte liir Titus keiner
Empfehlung an ihn als Proconsal von Cilicien, wohl aber für
einen andern Pinarius, etwa fiirLucins; ^*) wenn aber die Furcht
vor Cäsar diese Verbindung stiftete, so dauerte sie doch nach
dessen Tode fort. ^') Weit mehr wird Q. Pedius, der Erbe,
erwähnt. ^ *) Er bewarb sich a. 54 mit Cn. Plancios und A.
um die Aedilität, und wurde nicht gewählt. °^) Im Bürgerkriege
focht er für Cäsar,*") a. 48 gegen Milo als Prätor,*') und
zwei Jahre später mit Q. Fabius ohne Glück gegen die Sohne
des Pompejns in Spanien, *^) gleichwohl durfte er am 13. De-
cember 45 triumphiren. * *) Als Consul und College des Octavian
in den letzten Monaten des J, 43 veranlasste er durch die lex
Pedia eine Untersuchung gegen Cäsars Mörder; auch lieh er sich
dazu her, den Beschluss über die Proscriptionen zu vollziehen,
er starb aber in Folge der Anstrengungen, ehe die Triumvirn in
Rom eintrafen. * *)
39. JuUa, die jüngere Schwester der Vorigen, Gemahlinn
des M. Atius Baibus. Cicero bezeichnet diesen, welcher ans
Aricia in Latium stammte,*') als einen imbedeutenden INIann,
nnd tadelt dann Antonius, weil er über Octavians dunkle Abkunft
aber seihst Octavian hatte schon ein Alter von fast 19 Jahren erreicht, als
jener starb. 23) App. 4, 651. 24) Dio 51, 5. 9. 1. Th. 488.
A. 76. 25) Cic. ad Qu. fr. 3, 1. §. 9. Oben No. 31. §. 29. A. 58.
26) ad Att. 6, 1. §. 20. 27) ad Fam. 12, 24 fin. 28) <}. F. auf
der collotianischen Tafel bei Pigh. 3, 472 ; M. t. in den Triumphal - Fasten
tei Grnter. Inscr. p. 297, Marliani Fast, trinmph. a. 708 n. Pigh. 3, 461.
sein eigener Vorname schien für die erste Bezeichnung zu entscheiden,
29) Cic. p. Plane. 7. Hortensii No. 7. §. 5. A. 27. 30) ad Att. 9, 14.
31) Caes. B. C. 3, 22. 1. Th. 51. A. 87. 32) Oben No. 31. §. 62.
A. 66. 33) fas. §. 64. A. 80. In den Triumphal - Fasten ( oben
A- 28) Tfird er Proconsnl genannt; man -neiss nicht, wann der Prätorier
diesen Titel von seinem Gross - Oheim erhielt. 34) 1. Th. 336. A. 96.
338. A. 16. 369. A. 66. 370. A. 68. 35) Snet. Octav. 4,
XXI. lULn. (40.) 767
spottete.'^) Nad» der Prätnr, welclie er um das J. 62 ver-
wallele, ") wurde Alius StatiLaller in Sardinien,'*) und unter
C'äsars erstem C'onsulat Blilglied der C'ommission der Zwanzig
als Vollzieher des julisdien Ackergeselzes. ' ^) Wahrscheinlich
zeugte seine Gemahlinn, nicht die ältere Julia, a. 61 gegen Clo-
dius nach dessen Vergehen gegen die Bona Dea; *°) man weiss
•wenigstens, dass sie erst im J. 52 oder 51 mit Tode abgieng,
worauf ihr Enkel Octavius ihr öffentlich eine Lobrede hielt. ' ')
Ihre Tochter Alia heiratliele C. OctaTius, und in dieser Ehe
wurde Octavian erzeugt.*')
40. Julia. Vaters -Schwester des Dicfator. *') Gemahlinn
des C. Marins Cos. VII.**) Sie war nicht die Ursach, dass
ihr Neffe sieh für das Volk erkläi-te, aber er benutzte die Ver-
wandtschaft, um sich auf eine unverdächtige Art dem Volke
zu nähern; er ehrte die Wittwe des Marius nach ihrem Tode
a. 68 durch eine Lobrede,*') nnd drei Jahre später als Aedil
den grossen Feldherrn selbst durch die Herstellung seiner Sieges-
zeichen. * ^)
41. Sextus Julius Cäsar. C. F. *') Bruder der Vorigen^
Cos. 91 im Anfange des marsischeu Riiegs. * *)
36) ad Att. 2, 12 in. 3 PhU. 6. Vgl. Virg. Äen. S, S68. 37) Cic.
Phil. u. Snet. 11. cc. 38) Die Münzen hei Eckh. 5, 145. 39; Cic.
ad Au. n. Suet. 11. cc. Oben Ko. 31. A. 12. A. 69. 40) 2. Tli. 212.
A. 16. 41) Sneton. Oclav. 8. a. Qnintil, 12, 6 in. setzen ihren Tod in
diese Zeit, nach Kicolans Damasc. Tit. Ang. c.3 starb sie drei Jahr früher;
als Zeitgenosse ■war er besser unterrichtet, er erzälJte aber das Unglaub-
liche, um Angnstus zn schmeicheln. S. AVeichert De Imperatoris Caesaris
Angusti scriptis eorumqne reliqniis Comnient, I. Grimae 1835. p. 11.
42) Suet. Caes. 27. Oct. 4. Liv. 116. VeUej. 2, 59. Dio 45, 1, -wo Atia
irrig Cäsars Schwester genannt wird. Sie starb a. 43 unter dem ersten
Consulat ihres Sohns. Suet. Octay. 61. Dio 47, 17. 43) Snet. Caes. 6.
Plut. Caes. 1. 5. Mar. 6. 44) Dies. 11. cc. Cic. ad Att. 12, 49. B.
Alric. 32. 35. 56. Veliej. 2, 41. §. 2. Dio 43, 4. 1. Th. 107. A. 89.
45) Oben No. 31. J. 3. A. 30. 46) Das. §. 4. A. 56 f. 47) Fast,
cap. a. 662, wo wegen eines Bruchs im Steine die Bezeichnung des Cross-
•vaters fehlt; ein Denar, ergänzt sie durch Sex. N., allein die zuverlässigen
Anmisraatilter, Ursin. Farn. R. u. A. , kennen ihn nicht, sondern nur Goltz
Fast. a. 662 nnd durch ihn Taillant Inl. No. 6. Dieser Sextus ist mit
No. 17 verwechselt. 48) Fast. cap. Cassiod. Fast. sie. a. 662. Cic. p.
Cornel. I : Aliernm qnae lex lata esse dicator etc. tlin. 2 , 85 (83). 33,
768 XXI. lULU. (42.)
42. Sex. Julius Ca'sar. Sex. F. C. N. Solin des Vorigen.
Flamen Qiiirinalis, und als solcher in der GescLicLte des J. 57
erwähnt. *^)
43. Sex. Julius Cäsar. .Sex. F. Sex. N. Sohn des Vorigen
a. 49 in .Spanien, im Heere des Dictafor, ' °) welcher ihm a. 47
nach dem alexandrinischen Kriege Syrien mit einer Legion über-
gab. Hier wurde er schon im folgenden Jahre auf Anstiften des
Cäcilius Bassus getö'dtet. ")
17 (3). Flor. 3, 18. §. 8. Entrop. S, 3 (2). Gros. S, 18 in. Obseq. 118.
DJodor. Sic. Fragm. lib. 37. Vol. 10. p. 184. Aigent Plebisci«. de Ther-
mens. in Dirksen Versnche zur Kritik n. s. w. S. 190 n. 193. Appian
nennt Sextns für L. Cäsar; oben No. 20. A. 81. 49) Cic de bar. r. 6.
2. Th. 311. A. 47. SO) Caes. B. C 2, 20. Oben No. 31. J. 43 A. 19.
51) S. das Nähefe im 2. Th. 126. A. 77 f. i. hier Äo. 31. j. 55. A. 79.
$. 56 fin. $. 62. A. 41.
Uebersicht
der Gescliichte des Dictator C. Julius Cäsar,
lulii. No. 31.
§. 1.
Jalir nnd Tag' seiner Geburt. a. 87. Priester des Jnp!(er.
a. 83. Veimäliliing' mit Cornelia. a. 82. proscribirt und be-
gnadigt. KacL Asien. a. 81. Nach BitLynien. a. 80. Er-
oberung von JMitylene. a. 78. Feldzug g'egeu die Seeräuber.
Sulla stirbt. Bückkelir nach Rom.
§• 2. '
a. 78. Kampf zvsischen den Opfiinafen und der Volkspartei;
er nimmt nicht Theil. Aber a. 77 Anklage des Sullaner C'n.
Dolabella. a, 76. Anklage des Sullaner C. Antonius. JNach
Asien. Gefangenschaft unter den Seeräubern, a. 75. InKhodns;
der Khetor Älolo. a. 74. Feldzug gegen die Truppen des Mi-
ihridates. Abwesend Pontif. Nach Kom ; yertheilt Geld und
Getraide bei einer Theurung. Kriegslribun. a. 73 — 7J. schein-
bar unthälig.
§•5.
a. 70. Befördert die Herstellung der tribnnicischen Rechte
durch Ponipejus. Das aurelische Gesetz über die Gerichte. Rede
füj- das plautische Gesetz über die Rückkehr des L. C'inna und
anderer Mariauer aus Spanien. a. 68. Quüstor. Leichenreden
zu Ebren der Julia und Cornelia; das Bild des Marius. Nach
.Spanien. Rückkehr. Stellung gegeu die regierende Partei und
gegen Ponipejus.
§. 4.
n. 67. Vermählung mit Ponipeja. Für das gablnische Gesetz.
Aufsicht über die appische T rasse. a. 66. Für das nianilische
Gesetz. Aedilen-Wahi. Erste catilinarische Verschwörung; er
Urumann, Ceschidite Roms III. ^Q
770 UeherskUt der Geschichte
wird TerJäcIiligt. a. 65. C'uriiliscLer Aedil mit M. Bibultis.
Grosser Aufwand. Herstellung- der Statue und der SiegeizeicLen
des Marius. Er will Aeg-ypien für das röniiscLe Reich in Besitz
nehmen. Lex Papia gegen die Fremden, a. 64. Versuch, Ciceros
^\ iilil zum C'ousul zu verhindern. Index quaestiouis de sicariis;
Bestrafung der Alörder aus Sullas Zeit.
§• »•
(a. 64.) Das Ackerg-esetz des P. Servilius Rullns; Cäsars
AutheiL a. 63. Ciceros Reden gegeu das Gesetz; im Senat.
§• 6.
(a. 63.) Vor dem Volke.
§. 7.
(a. 63.) Cäsars Antheil an den Processen des C. Rabirius
und des C. Piso. Gesetz des Labienus über die Priesterwahlen ;
Cäsar Oberpoutif. Er w ird zum Prator gewählt. Bewirkt einen
Ehrenbeschluss für Pompejus,
§• 8.
(a. 63.) Cäsar iind Catiliua.
§. 9.
a. 62. Prätor mit M. Bibulns. Sein Antrag, Pompejus,
nicht Q. C'atiihis, solle das Capitol weihen. Für O. 3Ielellus,
welcher darauf dringt, zur Sicherung der Bürger Pompejns mit
dem Heere zurückzurufen. Im Interesse des Pompejus trägt er
dazu bei , dass Äletellus Creticus erst jetzt triumphirt. Als Mit-
schuldiger des Catilina belangt. Er nimmt Blasintha gegen Hiem-
psal in Schutz. Das Fest der Bona Dea. Pompejus kommt Tom
mitliridaLischen Kriege zurück.
§. 10.
a. 61. M. Crassns wird Bürge für ihn. Verwaltung des
jenseitigen Spaniens. a. 60. Imperator. Eilige Rückkehr zu
den C'onsnlar-Comitien ; Versuche, seine Wahl zu verhindern;
er entsagt dem Triumphe, nnd wird mit M. Bibulus gewählt.
Bestimmung der Provinzen. Versöhnung des Pompejus mit
Crassns ; Triumvirat.
§. 11. _ /
a. 59. Consnl mit M. Bibulus. Tagebücher über die öffeni-
lichen Verhandlungen ; die fasces. Das julische Ackergesetz.
Pompejus vermählt sich mit Julia, Cäsar mit Calpurnia.
§. 12.
(a. 59.) Fruchtlose Anstrengungen des Bibulus gegen das
Ackergesetz. Die Commission der Zwanzig. Versuche, das
Gesetz aufzuheben.
des C. Julius Cüsur, 771
§. 13.
(a. 59.) Die Edicte des Bibiiliis. Cäsar verpflicLtet sich
die Ritter und lässt die EinricLtung-en des Poinpejiis in Asien
beslälig-en. Ptoleuäus Auletes und Ariovist Freunde und Bundes-
genossen.
§• 14.
(a. 59.) L. Inlia de pec. repetundis. Andere Gesetze unter
dem Namen des P. Vatinius : über die Verwerfung; der Richter;
über Cäsars Provinzen ; über die C'olonie Novum Conmm. An-
gebliche VerscL^vö'rung' gegen Poinpejus ; L. Veltius. Verzö'g'ernng;
der C'onsular-C'omitien durch Bibuhis. Cäsar beschliesst, Cicero
und BI. Cato zu entfernen. Die Beraubung' des Schatzes.
§. iä.
a. 58. Die Prätoren Domitius und IMemmius dringen auf
eine Untersuchung ii'öer Cäsars Consulat. Anlistius belangt ihn.
Er bleibt bis nach Ciceros Verbannung vor der Stadt. Rom und
Gallien bis zum J. 58.
§. 16.
(a. 58.) Der gallisclie Krieg. Seine Wichtigkeit für Cäsars
Entwürfe. Verderbliche Folgen für die Völker, welche darin
verwickelt wurden. Cäsar war oft dem Untergang nahe. Die
Legaten und die Legionen.
§. 17.
(a. 58.) Die Reuferei uud die leichten Truppen. Gallien
bildete kein Ganzes und war nicht einig-; Mangel au Kriegskuus "
Dauer dieser — Provincial- Verwaltung.
§. 18.
(a. 58.) Cäsar begiebt sich in seine Provinzen. Der Krieg
mit den HelTetiern.
§. 19.
(a. 58.) Der Krieg mit Ariovist. Rom.
§. 20.
a. 57. Der belgische Krieg. Funfzehntägiges Dankfest.
Bom: Ciceros Rückkehr aus dem Exil. Pompejus Aufsicht über
die Zufuhr. Angriff auf Cäsars Ackergesetz.
§. 21.
a. 56. Rom. Pompefus sucht sich durch die Ilerslelhiug
des Plolemäus A'uletes lieer und Flotte zu verschaffen. Sein
Streit mit Clodius. Cicero beantragt neue Verhandlungen über
Cäsars Ackergeselz. L. Domitius droht, diesem als Coiisul Pro-
vinzen uud Heer zu entziehen. Zusammenkuuft der Triumvirn
in Luca.
772 Uehersichi der Oeschkhte
§• 22.
(a. 56.) Felclzng' geg'en die Venefer und deren Bnnde»-
genossen. Gegen die Aquitanier. Gegen die Äloriner und
Menapier.
§. 23.
(a. 56.) Rom. Besorgnisse nacli der Zusammenkunft in
Liuca. Blan verweigert Gabiniiis das Dankfest. Cicero ist' aus
FurcLt vor Clodius für die Triumvirn ; er befördert es, dass man
Cäsars Sold und zehn Legaten bewilligt, und dass seine Pro-
vinzen nicht den Consuln des künftigen Jahrs überwiesen werden.
Der Process des Cornelius Baibus. Catos Rückkehr von C'yprus ;
sein Sireit mit Clodius nicht ohne Cäsars Zuthun, und mit Cicero;
er bewirkt dass L. Domilius Ahenobarbus seine Bewerbung um
das Consulat nicht aufgiebt. Pompejus und Crassus verhindern
durch C. Cato die Consalar-Comitien.
§. 2^.
a. 55. Rom. Zwischenregiernng. Gefahren für Cäsar nnd
Verblendung der Optimalen. Consular-Comilien; M. Calo sucht
die Wahl des L. Domitius Ahenobarbus durchzusetzen; zweites
Consulat des Pompejus und Crassus. BI. Cato bewirbt sich um
die Prätur; Senatsbeschluss; P. Vatiniiis TS'ird Prätor; die übrigeu
Wahlen. Gesetze des V. Trib. C. Trebonius über die Provinzen.
Cicero.
§. 2J.
(a. 55.) Cäsar vertreibt die Usipefer und Tenchtherer aus
Gallien. Erster Feldzug in Germanien. Erster Feldzug in Bri-
faunieu. Neuer Ramjjf mit den Morinern und Menapiern. Zwanzig-
lägigcs Dankfest. M. Cato.
§•26.
a. 54. Cäsar in Italien und Bljrlen. Tndnciomarns , der
Trevirer, rüstet und unterwirft sich; sein JVebenbuhler Cingelorix.
Zweiter Feldzug in Britannien.
§. 27.
(a. 54.) Winterquartiere in Gallien. Die Carnuten (ödten
ihren König. Beschluss der Gallier, die Legionen einzeln z«
überfallen. Liduciomarus. Niederlage und Tod des Titurius Sa-
biuus und L. CoKa durch den Eburoiieu Anibiorix. Augrilf auf
das Lnger des (,). Cicero. Cäsar kommt zuyj f'.atsalze; sein Sieg.
Küsliingen des Iiiduciomariis ; er wendet sich gegen Lubienus
und wird getödtet. Cäsar bleibt iuv (rausalpiniscbeu Gallien ; er
lässt durch seine Legaten zwei Liiegicneu uiishebeu, eine dritte
erliäll er von Posipejus.
des C. Julius Ctisar. 773
§• 28.
(a. 54.) Rom. Pompejus strebt nach der Dlclafnr, nnj
bleibt vor Rom. Unter seinem Einiiiisse -sverden C. Cato und
INoniiis Siifenas freigesprochen. Laue Ver^veiidung' fiir 31. Scauriis.
Die Processe des Gabinias. Bestechuug-en der yier Candidalen
des Consnlats; GeriicLte von einer Dictalnr; die Wahl der Cousuln
■wird verhindert. Julia stirbt. Cäsars Markt.
§. 29.
(a. 54.) Cicero nud die Triumvirii.
§. 30.
a. 53. Geheime Rüstnng'eii der Gallier. Mehrere Volker
nnlpr«erfen sich. Sieg des Labienus über die Trevirer. Zvs'eiler
Feldzng- in Germanien. \ ertilgunyskrieg' gegea Anibiorix und
die Eburonen. Die Sig-ambrer und O. Cicero. Anibiorix ent-
kommt. Verurtlieilujg anderer Häuptlinge. AVinterquartiere j
Cäsar nach Italien.
§. 31.
(a. 53.) Rom. Zwischenregiernng-. Pompejus nnd die
Dictatnr. Cicero. Walil der Consuln fiir dieses Jahr im Juli.
Tod des 31. Crassus. Bestechuugeu und Gewallthätigkeiten der
Candidaten. Die Versuche , die höheru Magistrate wählen zu
lassen, werden vereitelt.
§• 32.
a. 52. Aufstand in Gallien. Vercing-etorlx der Arrerner.
Cäsar gelangt auf Umwegen zu den Legionen. Er entsendet
nach der Eroberung von Avaricum Labienus zn den .Senonen
«nd Parisiern, und belagert Gergovia oLne Erfolg. Abfall der
Aedaer. Cäsar geht über den Liger zu Labienus.
§. 33.
(a. 52.) Unternehmungen des Labienus an der Seqnana.
•Seine Vereinigung mit Cäsar. Vertingetorix Oberfeldberr der
Gallier; sein Plan. Schlacht bei Alesia. Vercingetorix erg-iebt
sich, WinterquEirtiere. Zwanziglägiges Dankfest.
§• 35.
(a. 52.) Rom anfangs ohne höhere Magistrale und ohne
Zwischenkönige. Der Tud des Clodius. Pompejus, vom Senat
beauftragt, fiir die öffentliche Sicherheit zn sorgen, hebt Truppen
aus , und wird allein Consul. Seine Gesetze gegen Gewalt und
Bestechungen. Älilo und Andere werden verurtheilt. ]Metellus
Scipio zweiter Consul. Erneuerung des Gesetzes, nach welchem
niemand sieb abwesend um ein Amt bewerben soll. Pompejus
lässt sieb die Verwaltung Spaniens auf fünf JaLre verlängern.
Senatsbeschlu&s : iu den ersten fünf Jahren nacli dem Consulat
774 Veherslcht der Oeschkhte
und der Präfur keine Provincial-Verwalfimg-. Ein (ribnnici'sclies
Gesetz gestattet Cäsar, sich abwesend um ein zweites C'onsnlat
zu bewerben. Consular-C'oinitien; M. Cato wird iiicLt gewäLlt.
Scipios Gesetz über die Befugnisse der Censoren.
§. 33.
a. 51. GeLeime Rüstungen der Gallier. Die Bitnrigen,
Camuten und iJellovaken werden entwaffnet. Correus und Com-
inius. VersHcLe der Gallier, Leinonum im Westen zu nehmen,
und in die narbonensisclie Provinz einzudringen ; Drappes, Lucte-
rius. Die Römer erobern Uxelloduuum. Cäsar nach Aquitanieu.
Seine Winterquartiere zu Kemetoceuua in Belgien. Commius.
§. 5(5.
(a. 51.) Die Parteien in Rom; grosse Aufregung; Zuriict-
Laltung des Pompejus. Der Consul M. Marcellus verschiebt die
BeralLung über Cäsars Provinzen. Zusammenkunft Ciceros mit
Pomi ejus bei Tarent im Mai. Walilcomitien im Juli. Pompejiis
zweideutige Aeusserungen über Gallien im Senat am 22. Juli.
Seine Reise nach Ariminum. Feigheit der Senatoren; daher auch
am 1. September kein Bescbluss; Pompejus weicht aus; Scipio:
man möge am 1. März des folgenden Jahrs den Autrag über
Gallien ernenern. Beschluss vom 30. September: die künftigen
Consuln sollen am 1. Blärz eine Berathmig über die Consular-
Provinzen und über Cäsars Veteranen veranlassen; Einspruch der
V. Tribiine; auch der Consul Sulpicius stimmt dagegen. Stolz
und Zuversicht des Pompejus; man zwingt ihn, sich über Cäsar
zu äussern. Ein Einwohner aus Novum Comum, einem Orte,
•welchem Cäsar das Bürgerrecht verlielien hat, wird gegeissell.
Streit über den Oberbefehl gegen die Parther,
o"-»^
§• 37.
a. 50. Cäsars Milde gegen die Gallier; ihr Zustand. In
Rom beschäftigt man sich scheinbar nur mit den Processen des
Appius Claudius. Cäsar besticht den Tribun C. Curio, den Consul
L. Paullus u. A. und wünscht Cicero Glück zu seinen Siegen
in Cilicien; der Censor Appius Claudius vermehrt die Zahl seiner
Anhänger. Curios Verstellung ; er trägt auf Einschaltung an ;
seine rogat. viaria und alimentaria. Senat am 1. März: Cäsar
soll im November niederlegen; Cnrio: auch Pompejus; Beifall
des Volks; Pompejus zieht sich zurück und der Senat lässt den
Streit vorerst auf sich beruhen. Cäsar schickt AI. Antonius, um
das Augurat zu werben; nach den Consular-Comitien reis't er
nach Italien, angeblich jenen zu empfehlen, und sich selbst für
die Wahlen des folgenden Jahrs Stimmen zu verschaffen. Rück-
kehr nach Gallien, und Musterung des Heers. Labienus geht als
Befehlshaber nach dem cisalpinisdien Gallien.
des C. Julius Cäsar. 775
§. 38.
( a. 50. ) Pompejus Reise nacL Cainpanien. Sein ScLreiben
an den Senaf : er sei bereit, Heer und Pro>-inzen abzug-eben. Er
erkrankt in Neapel. KacL seiner Rückkehr neue Versicherungen,
dass er gern niederlegen %verde; Curio nimmt ihn beim Worte.
Er bewirkt iinler dem Vor-svande des parlhischen Krieges, dass
Cäsar zwei Legionen verliert. Der Versuch des Consuls Mar-
cellus, diesem die Provinzen zu entziehen, durch Curio vereitelt.
Blan verbreitet, Cäsar sei im Anzüge g:egen Rom; Blarcellus
iiberlrägt Pompejus den Oberbefehl. Curio nach Ravenua zu Cäsar.
Auch Pompejus entfernt sich. Ciceros erste Unterredung- mit ihm
nach der Rückkehr aus Cilicien; seine angebliche Vermittlung-,
Rede des neuen Tribuns M. Antonius gegen Pompejus , mit
welchem Cicero nochmals zusammenkommt. Cäsar in Ravenna;
er schickt Curio mit einem an den Senat und au die künftigen
CoDsuln gerichteten Schreiben nach Rom.
§. 39.
a. 49. Curio iibergiebt es am 1, Januar im Senat. Be-
rathung über den Zustand des Reichs; Scipio : Cäsar soll vor
einem bestimmten Tage niederlegen, oder als Reichsfeind Gehandelt
-werden. Einspruch der Tribüne M. Antonius und Q. Cassiiis -
sie werden aus dem Senat verwiesen. Beschluss vom 6. Januar:
die Cousulu u. s. w. sollen über die Sicherheit des Staates wachen.
Jene Tribüne entfliehen zu Cäsar. Pompejus übernimmt die Ver-
theidigung der Republik. Verfügung über die Provinzen, Von
den Ursachen des Bürgerkrieges. Die Aristocratie.
§. 40.
(a, 49.) Pompejns, Cäsar und die Cäsarianer.
§■ 41-
(a. 49.) Cäsar erfährt in Ravenna, dass der Senat seine
Friedens -Anträge verworfen habe. Er geht über den Hubicon
nach Ariminum, wo die Tribüne zu ihm kouuneu. Unlerhand-
lungen durch L. Cäsar und L. Rosciiis gegen Ende des Januar,
Pompejus, die Consuln und der grossle Iheil des Senats ziehen
sich nach Campanien zurück. Geringer Erfolg der Aushebung,
Cicero. Cäsars Fechter in Capua,
§• 42.
(a. 49.) Pompejus bis zu seiner Ankunft in Brundusium.
Labienus geht zu ihm Über. Die Consuln und Cicero. Cäsars
Feldzug in Umbrien; im Picenisclien. L. Domitius ergiebt sich
in Corfinium am 22. Februar.
§. 43,
(a. 49.) Unterhandlungen durch Cn. BlagiuS, Pomiiejus
verlässt Brundusium, -wo er am 17. März sich einschifft. Cäsar
776 Vd)ersicht der Geschichte
befiehlt, eine Flofle zu nisten. Zusammenkunft mit Cicero. Kach
Rom. Er trügt auf neue Uuterliandlung'en an. Der heilig-c
Schatz. Die SoLne der von Sulla Geächteten werden jetzt aicLt
hergestellt. Aristobulus.
§• ^^.
(a. 49.) ]>I. Ca(o entflieht am 24. April vor C. Curio ans
Sicilien. AI. Coda rüumt Sardinien. Curios Niederlag-e und Tod
ia Africa. C. Antonius geräth in Dljrien in Gefangenschaft.
§. -4S.
(a. 49.) Cäsar ernennt M. Lepidns zum Sfadfpräfecten iu
Kom, und ]M. Antonius zum Befehlshaber ia Italien. Er reis't
gegen die Älitte des April niK-h Gallien. Abfall der Massilier.
Der Krieg in Spanien gegen die Legalen des Pompcjus.
§• ^6.
(a. 49.) Die Belagerung von Massilia, vrelches sich nach
Cäsars Rückkehr aus Spanien ergiebt. Cäsar Dictator I. Er
unterdrückt die Meuterei der Truppen in Placentia, und geht
nach Rom. Verwaltung des M.Antonius in seiner Abwesenheit.
Gesetze über das Schuldwesen ; über die Herstellung der Ver-
bannten; über die Nachkommen der Proscribirten aus Sullas Zeit
und das Bürgerrecht der Transpadaner. Getraide- Verlheilung.
Consular-Comitien, in Vi'elclien Cäsar mit P. Serviliiis Isauricus
"•ewählt wird. Die Provinzen. Cäsar legt die Dictatur nieder
und geht vor dem Ende des Jahrs nach Brundusium.
§. 47.
(a. 49.) Rüstungen des Pompejus im Osten. Winter-
quartiere. Die Flotte unter 31. Bibulus. Thessalonich, der Sitz
der auswärtigen Republik.
§■ 48.
a. 48. Cäsar Cos. 11 landet im Anfange des Jahrs in II-
lyrien. Er dringt gegen Norden vor, und bietet den Frieden au ;
es "elingt ihm nicht, vor Pompejus Dynhachium zu erreichen.
Bibulus stirbt. Die Heere lagern am Apsus. Cäsars Friedens -
Anträge. Versuch einer Reise nach Italien. Scribonius Libo
vor Brundusium, wo M. Antonius und Fufius Calenns sich ein-
schilfen. Sie vereinigen sich mit Cäsar.
§. 49.
(a. 48.) Gefechte bei Drnhachium. Cäsar weicht über
Apollonia zurück, um sich durch Cn. Domilius Calvinus zu ver-
stärken.
§. SO.
(a. 48.) Feldzug des Metellus Scipio in Macedonien und
Thessalien gegen Cäsars Legaten L. Cassius und Cn. Domitius.
des C. Julius Ctisiir. 777
Cäsar nnlerLaiidelt mit Scipio nnd vereinigt sich in Thessalien
mit Doinitiiis. Pompejus und sein RriegsralL; er lässt Cato in
Dyrrhacliium zurück, und zieht Scijiio an sich, mit welchem er
die Ehren des Oberbefehls theilt. Verblendung der Optimalen.
Lager bei Pharsalus.
§• si.
(a. 48.) Schlacht hei Pharsalus am 9. August. Cäsars
Milde.
§. 62.
(a. 48.) Pompejus Flucht und Tod.
§. oö.
(a. 48.) Die Flotte der Optiinafen zur Zeit des Feldzugs
In Thessalien : D. Laelius vor Brundusiuiu ; C. Cassiiis bei Si-
cilien. Der Ca'sarianer Fufius Calenus besetzt Athen , Älegaris
und Achaja. Viele Flüchtlinge wenden sich von Pharsalus nach,
lllvrien. Q. Cassius in .Spaaien. Unruhen in Italien durch den
Priitor M. Coeliiis und durch Milo. Die Statuen des Sulla und
Pompejus VN'erden nmgevsorfen. M. Antonius kommt mit einem
Theile des Heers nach Italien zurück. Cäsar Diotator II aiif ein
Jalir; Antonius Magister Eq. Ehrenbeschlüsse. DieAVahleu be-
schränken sich aof die V. Tribüne. Verfolgung des Pompejus
bis Aegypten.
§. 34.
a. 48 und 47. Der jJexandrinische Krieg.
§. oo.
(a. 48 und 47.) Der Krieg mit Pharnaces; Cn. Domitius
Calviiius; Cäsar. Schlacht bei Zela am 2. August 47. Cäsars
Verfügungen in Asien.
§. o6.
(a. 47.) Italien. Neuerungen des V.Tribuns P. Dolahella
im Scliuldwesen. Äleiilerei der Legionen in Campanien. Cäsars
Rückkehr im September; seine Kachsichl ; die Legioni-u unter-
werfen sich. Dictator III; BI. Le|>idus Magister Eq. Die Güter
vieler Optimaten Verden eingezogen. Cousulat des Q. Fufius
Calenus und P. Valinius am Ende des Jahrs. Für das folgende
■werden zehn Prätoren ernannt. Vermehrung der Zahl der Priester.
Ergänzung des Senats und Vertheilung- der Provinzen.
§• o".
(a. 48 — 46.) Die Partei der Optimaten von der Schlacht
bei Pharsalus bis zum africauischen Kriege.
§. '68.
a. 46. Cäsar Cos. III. Der afiricauische Krieg.
Drumnnn, Cesciuchte Ruin* III. ^Q
778 Ueherslclit der Ocscliichla
§. 59.
(a. 46.) Fortsefznng-, SclilacLt bei Thapsns am 6. April.
Der Tod des Cato. Cäsar im Juli yor Rom.
§. 60.
(a. 46.) Der Consnl 3f. Lepidiis. Cäsars VerfranJe. Cicero.
Elirenbestliliisse vor t'iisars Rückkelir. Dankfest auf vierzig- Tage;
Dictalor auf zehn, praefectiis moribus auf drei JaLre. Seine Milde.
Vier TriunipLe.
§• 61.
(a. 46.) Triiimpljal-Scliinaus. Geld- und Getraide-. Spenden.
Cäsar weiLt seinen Markt und den Tempel der Venus Genetrix.
Spiele zu Ehren seiner Tochter Julia. Die Zahl der Bürger,
welche vom Staate Getraide erhalten, -wird beschränkt. Verord-
nung gegen die Zünfte. Abermalige Ergänzung des Senats. Nur
Senat und Ritter Rollen richten. Aufvvandgesetz. Gesetze gegen
Gewalt und Älafesläts- Verbrechen. Gesetz über die Provinzen.
Verbesserung des Calenders. Der Zutritt zu Cäsar wird er-
schwert. Cleopatra iu Rom.
§. 62.
(a. 46.) Die Provinzen: Caecilius Bassus in Syrien. D.
Brutus in Gallien. Q. Cassius und Cn. Pompejus in Spanien.
Cäsar wird für das J. 45 Cos. IV und allein gewählt. Er tritt
die vierte Dictatur an. Die Wahlcoraitien und die Sladtpräfecten,
Cäsar nach Spanien.
a. 45. Er nimmt Alegua im Februar. Schlacht bei Älunda
am 17. März, Cn. Pompejus stirbt auf der Flucht; sein Bruder
Sextus entkommt.
§. 63.
(a. 45.) Rom in Cäsars Abwesenheit. M. Lepidus als
Magister Eq. und die Stadtpräfecte. Oppius und Baibus. Die
Versteigerung eingezogener Güter dauert fort. Lateiner-Fest und
ApoUinar- Spiele durch die Stadtpräfecte. Römlsciie Spiele durch
die Aedilen. Dankfest auf fünfzig Tage. Andre Ehrenbeschlüsse.
Cicero; er fürchtet Verfolgung; seine Lobschrift auf Cato; er
beschliesst, Cäsar ein Werk zu widmen, und bleibt mit dessen
Freunden iu Verbindung. M, Brutus.
§. 64.
(a. 45.) Auch Andre fürchten und hoffen. Die Candidaten
reisen nach Spanien. ]Man ist uugewiss, wann Cäsar eintreffen
wird, und schickt sich an, ihm entgegenzugehen. Er übernimmt
nicht jetzt erst sein viertes Consulat, aber er wird im Herbste
DIctator V. Im Anfange des September vor Rom. Testament
am 13. September auf dem Lavioanum. Fünfter Triumph im
des C. Julius Cäsar, 779
Anfange des October, TrlampLal-ScLmans anci Spiele. TrlumpLe
des Fabius Maximas tind des Q. Pedius. ELrenbescLliisse der
JaLre 45 und 44 : Imperator auf Lebenszeit. Consul auf zeLn
Jahre. Dictator (a. 44) und praefeclus nioribus auf Lebenszeit.
Titel. Statuen. Sein Bild wird auf die Slünzen gesetzt, und
der Quintil (a. 44) Julius genannt,
. <.a.
(a. 45.) Elirenbescliliisse ; Fortsetzung. "Vergötterung. Schwur
der Senatoren, mit dein Leben für Cäsars Sicherheit einzustehen.
Constiln : Fabius Jlaxiinus und C. Trebouius, und nach dem Tode
des Ersten C'aninius Rebihis. 14Pratoren; 40 Ouäsloren ; IVviri
inonelules. Auch die Zahl der Senatoren wird vermehrt. Ver-
leihung des Palriciats. Geldgeschenke. Älililär-Colonien. Cäsars
Milde. Seine Reise im Deceniber führt ihn zu Cicero.
§. 66.
a. 44. Cäsar Cos. V mit M. Antonius. Dictator V (IV).
M. Lepidus Magister Eq. 16 Prätoren; 40 0uästoren; 6 Aedilen
und unter diesen zwei cereales. Colonien: Carthago; Corinth.
Wassregeln , den Abjjang an Bürgern zu ersetzen. Entwürfe zu
Bauten, zu einer', Geseizbuche, und zur Anlegung öffentlicher
Bibliotheken. Die Aerzte und Lehrer der freien Künste erhalten
das Bürgerrecht. Der Krieg mit den Parlheru.
§. 67.
(a. 44.) Besetzung der Aemter fü'r die folgenden Jahre
Vertheilung der Provinzen. Die Statuen des Sulla und Pompejus
werden wieder aufgestellt. Entlassung der Leibwache.
§. 68.
(a. 44.) Cäsars Absicht, König zu werden. Das Diadem
an seiner Slatiie; die V. Tribüne MaruUas und Caesetius Flavus.
Das Lateinerfest und die Ovation am 26. Januar. Die Luper-
calien am 15. Februar und das Volk. Die sibj llinischen Bücher
und der Senat.
§. 69.
(a. 44.) Geheime Verbindung gegen Cäsar. Zahl der Ver-
Bchwornen. Urtheile der Zeitgenossen und der jungem Gescliicht-
«chreiber über ihre That. Wahre Ursachen; allgemeine; be-
sondere: die Casarianer unter den Verschworneu.
§. 70.
(a. 44.) Die Ponipejaner.
§. 71.
(a. 44.) Verschwome, deren frühere Verhältnisse zu den
Parteien unbekannt sind. Blehrere w erden mit Unrecht der Theil-
nahme beschuldigt; Cicero. Ueber das Entstehen der Verbindung.
780 Uchersicht der Gcsclwclite des C. Julius Ciisur,
§. 72.
(a. 44.) Cäsars Tod.
§. 73.
Sein Vermögen. Gestalt. GesiindLelt. Kleidung; und Läus-
licLe EinricLtungen; Freigelassene und Sclaven.
§• .74.
Sittlicher Character. ELrgeiz. SinnlicLkeit. Milde.
§. 73.
Geistige Anlagen nnd Bildang. Vielseitigkeit. Cäsar als
Feldherr und Redner.
§. 76.
Seine Briefe. Denkwürdigkeiten, Anticato. Die übrigen
Schriften.
Druckfehler und Zusätze.
Seite 27 Zeile 8 v. u. lie?: 1 Tli. S. 467.
— — — 5 — — — schwur
— 32 — 14 — o. — almdete
— 46 — 6 — u. — Damasceiius
— 62 — 13 — 0. — a. 71.
— — — 10 — u. — Val. .Max. 3,8.
— 64 7 _ u. — Gellii
— 68 — 4 — H. — §. I. A. 8.
— 74 — 9 — u. — 15 April
— -— — 5 — II. — Cic. 3. Phil.
— 78 — 2 — u. — Aeltermutter
— 79 — 13—0. — suchte
— — — 3 — II. — Gell. 15,27.
— 89 — 11 — 11. — Verr. 2,8.33.
— 100 — 21 — o. — Anzeichen
— 103 — 7 — II. — wurde
— 107 — 9 — 0. — zeugten
— 113 — 2 — 0. — Cos. 489.
— 122 — 5 — 0. — dem
— 131 — 8 — u. — bis zu
— 139 — 2 — 0. — 23lJD
— — — 12 - II. — 23b)
— 148 — 9 — 0. — gedachte
— 135 — 14 — o. — zustehen
— 166 — 20 — 0. — P. Servilitis
— 214 — 20 — o. — andere
— 235 — 4 — 0. — 6) nach: forderte
— 248 — 10 — u. — Blarcomanneu
— 254 — 15 — 0. — Moriiier
— 288 _ 4 — u. — statt
— 289 — 1 — 0. — Maas
— 293 — 14 — II. ist: es, zn tilgen.
— 308 — 8 — 0. ist: hier, zu tilgen.
— 323 — 3 — u. lies : 336 A. 5.
— 324 — 18 — 0. — guten
— 338 — 19 — 0. — Julias
— 346 — 12 — — — vorrückenden
51
llriimanii, Geschichte Korns lU. *"■
iieite 385 Zeile 6
V. 0. lies
den
— 394
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— 11. —
Besten wegen
— 397
— 3
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— 408
— 14
— 11. —
städtischen
— 409
— 11
— u. —
sondern weil
— 443
— 2
— u. —
A. 62.
— 449
— 1
— u. —
quadam
- 512
— 10
— 11. —
feri
— 542
- 7
— 0. —
zur See
— 545
u d. Uebersiclit —
§.54.
— 577 Zeile 9
V. u. —
mochte Cäsar
— 597
— 13
— 0. —
Parada
— 600
— 14
— u. —
35)
— 603
— 5
— 0. —
sechs Fristen
— 607
— 18
— 11. —
693
— 612
— 6
— u.
Oben A. 86.
— 627
— 4
— 11. —
Oben A. 62.
— 650
— 1
— u. —
13,9.
— 658
— 14
— 0. —
Der Bitter fühlte
— 663
— 22
— u. —
Corona
— 664
— 10
— 11. —
Monum. Aiicyr.
— 667
— 9
— 0. siud die Worte: und überreichteu das Diadem
in unzähligen Theilen , zu tilgen.
— 668
— 5
— II. lies:
§. 66. A. 88.
— 672
— 8
— 11. —
widerlegen sie
— 676
— 1
— u. —
13 Phil. 16.
— 681
— 12
— u. —
ihm
— 687
— 8
— 0. —
musste
— 701
— 12
— u. ist:
nun, zu tilgen.
— 705
— 12
— 0. —
54b3
— —
— 4
— H. —
54b)
— 714
— 6
— u. —
Domit. Aheu. No. 10. A. 74.
— 716
2
— u. —
1 Th. 76.
— 737
— 1
— u. — ■
A. 66b)
- 745
— 2
_ — —
§. 65. A. 55.
— 766
— 7
scheint
NacLträare und Berichti<j;uu<'eii
zum ersten Theilc.
■Seite 27 Zeile 15 v. u, lies: überredete in demselbeu Jahre
— 37 — 2 sind d. Worte: Metellus — Plinius, zu tilgen.
S. Th. 2,28. A. 49.
— 68 — 8 — o. sind d. Worte: als — wählte, zu tilgen. S.
Th. 3,166. A. 23.
— 76 — 9 — u. lies: der Stadtpräfect L. Plancus. S. Th. 3,633.
A. 76. u. Munatii \o. 10. A. 52.
— 501 — 19 — o. sind die Worte : der Letzte unter Cäsars Mör-
dern, zu tilgen. S. Th. 3,732. A. 28.
ZujuzweitenX heile.
Seite 31 Zeile 16 v. o. lies: auch entsetzte er Nepus seines Amte.s. IJie
folgenden Worte : und — stimmten, sind
zu tilgen.
— 70 — 21 — zurückrufen , wie Cicero glaubte. S.
Tli. 3,240. A. 79 f.
— 96 — 16 — — — Dieser gieng a. 91.
— 101 — 17 — u. ^ durch einen andern Seuatsbeschluss be-
stätigt. S. Th. 3,363. A. 23.
— 121 — 15 — 0. — Sulpicius bei Vibo. S. Th. 3, 527.
— 149 — 16 — u. — L. Lucullus. S. Licin. Luc. No. 8. A.21.
— 184 — 16 — 0. — Varinius. S. Licin. Crassi No. 37. §. 1.
A. 79.
— 207 — 3 — u. — ad Att. 1,13. §. 3.
— 224 — 15 — Nach der
— 399 — 14 sind die Worte : Cicero — Todten, zu streichen.
— 460 — 8 — 0. lies: Sulla traf Massregeln, es wieder aufzu-
bauen.
— 517 — 1 — p. sittius
— 523 — 5 _ .— von der zwölften Legion. S. Th. 3, 562.
A. 38.
— 539 — 4 — .M. Lucullus. S. Liciu. Luc. >ü.9. A. 53.
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