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Full text of "Geschichte Roms in seinem Uebergange von der republikanischen zur monarchischen Verfassung oder Pompejus, Caesar, Cicero und ihre Zeitgenossen; nach Geschlechtern und mit genealogischen Tabellen"

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Iittp://www.arcliive.org/details/gescliicliteromsi03drum 


Geschichte  Roms 

in   seinem  Uebergange 


von 


der  republikanischen  zur  monarchischen 
Verfassung, 

oder 

POMPEJUS,    CAESAR,    CICERO 

imd  ihre  Zeitsenossen. 


■^^s- 


'«3" 


Nach     Geschlechtern 

and  mit  genealogischen  Tabellen. 
Von 

IF.      D  R  U  31  A  N  N, 

Professor  der  Geschichte  zu  Königsberg, 


Dritter  Theil. 


KOENIGSBERG     1837. 

Im  Verlage  der  Gebrüder   Bornträger. 


"O  ärj  xifV  iyd  TiaoaxtXtvHat^ii  mgl  ttijov  roits 
xaD-  TjftttS'  —  ^«>'  ^Iv  xajä  TxnöSiatv  ivQt;y.(üfii- 
&tt  Tiov  xan'c  TiQityjjniiCav  SiayptvörifAfVoi,  xai 
mtqoQiövieg  xi^v  aXriSiicty,  ci-TiaQctiTrjiiog  iTitzifiifV 
iiiv  Sk  xai  ayvoiav,  auyyvoj/iirjv  fyiiv,  xai.  ixäXi- 
Oza  7iävT(ov  Tj fiiy,  rfiii  to  /itfys&os  rtjg  Ow- 
Tftffwff,  xai  J<«  lij»'  xu&öXov  TxtqißoXhv  tüv 
TiQayfiäreoy, 


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Vorrede. 

lii   den  Auzeliien    dieser  Sclirift  hat  mau   die 
Anordming  und   die    Ansichten   getadelt,    und  dar- 
nach   behauptet,    sie    enthalte  nur  Material,    eine 
Vorarbeit  für  den  Gescliichtschreiber,  welcher  nach 
der    Zeitfolge    und    unbefangen   erzähle.     Die  An- 
ordnung   ergiebt    sich    schon   aus   dem  Titel,    der 
Leser   Avird  ■wenigstens  nicht  getäuscht;   über  ihre 
Z^^ecluuässigkeit   kann    man    aber   niu*   daim   ent- 
scheiden,    wenn    die    Vorfrage    erledigt    ist,    was 
wollte    der  Verfasser   leisten,    und    konnte    er   es 
leisten,   wenn   er   anders  rerfidir.     Manche  VüUver 
kennen    A'V'ir    nur    durch    ilire    Feinde;     ihre    Ge- 
schichte   beschränkt    sich    auf   den  Ki-ieg  imd    auf 
einige  duidde  Kunde  von  ihrer  Verfassiuig.     Andre 
sind  der  Beobachtung  näher  gerückt,  jedoch  auch 

X 


IV 

nur  nach  ihrem  öffentlichen  Leben;   wir  verlieren 
seihst   ihre   heriihmten  Männer  aus   dem   Gesichte, 
■\venn    sie    nicht    ehen    als    Bürger    handeln.      Der 
Nachtheil  wird  in  der  Geschichte  weniger  fühlbar, 
so    lange    das    besondere  Interesse  im   allgemeinen 
aufgeht,   folglich  eine  solche  Wecliselmrkuug  zwi- 
schen dem  Staate  und  seinen  Bürgern  sich  offenbart, 
dass    man    Yon   dem   Geiste   des   Ganzen   auf   den 
Charakter  und  die  Sitten  des  Einzelnen  zu  schhessen 
berechtigt   ist.     Diess   gilt   nicht  von   allen   Zeiten, 
Wie    in    eiuem   Vollie    im   Naturstande    die    Ein- 
zelnen kaum  von  einander  unterschieden   werden, 
bei   einiger  Bildung   dagegen  ein  Besonderes   auch 
selbst  äusserhch   aus  dem   Nationalen  sich  heraus- 
stellt,   so    gewinnt  in  RepubUlcen  das  Persönliche 
schärfere  Umrisse  und   eine  grössere  Bedeuhing  in 
dem  Maasse,    als   das   staatsLürgerUche  Leben   sich 
entwickelt;   es  hat  verderbUche  Folgen,  wenn  sitt- 
liche Entartung  hinzukommt.     Dann  entzündet  sich 
ein  geheimer  oder  offener  Kampf;  die  Gesammtheit 
lös't  sich    in  Parteien  auf,   die  Partei  in  Factionen, 
Alles  zerfällt  in  viele  Kreise,  deren  IMittelpunkt  ein 
Einzelner    ist.      Dieser    mll    seine    Leidenschaften 
befriedigen,  von  welcher  Art  sie  auch  sein  mögen, 


Ehrgeiz,  Eitelkeit,  Habsucbt  oder  Rachgier,  und  da 
er  keine  anerkannte  und  rechtmässige  Gewalt  be- 
sitzt,   sondern  nur  mit  Hülfe   seiner  Anhänger  an 
das  Ziel  gelangen  kann,   so  wendet  er  sich  seiner 
Seits    an    ihre   Leidenschaften,    er    erforscht  ihre 
ITeigiingen    und   "Wünsche,    ihre    Bedürfnisse    imd 
Schwächen,   um  sie  zu  fesseln,   und  ihi-e  Kräfte, 
um   sie  mit  Nutzen  zu  gebrauchen ;    von  jetzt  an 
also  ist  es  der  Jlensch,  welchen  man  mehr  als  je 
ins  Auge  fassen  muss,  lun  den  Biu'ger  zu  yersteben, 
das  Haupt  und  die  Glieder.      Mau  wird  zugeben, 
dass    es   unerlasslich   ist,    in   einer  Gescliichte   des 
letzten  Jahrhunderts  der  römischen  Repiüjük  diese 
Richtimg  zu  nehmen.     Nicht  zu  gedeulteu,  dass  sie 
dann  dem  Verlangen  entspricht,  die  ^^läuner,  welche 
ilire   Zeit    mit    sich    forti-issen,     nach    allen   ihren 
Eigenthüiulicbkeiten  kennen   zu  lernen,    cud   dass 
eben  dadm-ch   die  Psychologie   imd  die  Geschichte 
des  3Ienschen  gewinnen,  kann  man  nur  imter  dieser 
Bedingung  über  die  äussern  Erscheinuugen  ein  rich- 
tiges Urtheil  haben.    Das  ölFenthcbe  imd  das  Privat- 
leben   des  Staatsmannes   sind  Eins;    er  verändert 
seine  Gestalt  nicht,    wenn  er  eine  Alaska   anlegt; 
ilin    nur  auf  der  politischen   Bühne  sehen,   heisst 


VI 

ihn  mir  Laib  sehen,  mur  -wissen,  -was  er  war,  nicht 
"wie  er  es  -wurde,  -was  er  that,  nicht  was  ihn  dazu 
trieb  und  befähigte.     Ist  man  demnach  von  seinen 
geistigen     und    körperlichen    Anlagen    unterrichtet, 
Ton   seiner    Erziehung,    seinem   Vermögen,    seinen 
Verwandtschaften,   von   seinen  Verbindungen  über- 
haupt imd  von  seinem  häuslichen  Sein ;   gelingt  es, 
sich   gleichen  AufscMuss  auch  iiljer  seine  Anhänger 
zu  verscliaffen ,    so   erkennt  man   den   Zusanmieu- 
hang  zwischen  dem  Grossen  imd  Kleinen,  die  ent- 
fernten ,     oft    tief  liegenden    Ursachen    der    welt- 
erschütteruden  Begebenheiten,   die  Macht  der  Ver- 
hältnisse,    die    Nichtigkeit    des    Helden,     welcher 
scheinbar  selbstständig  aufti-itt  xmd   doch  gegängelt 
wird,     den  Einfluss  der   Freunde   und    Günstlinge, 
der    Frauen    imd     selbst    der   Freigelassenen    und 
Sclaven   im  Hiutergi'uude ,   den  sittlichen  Unwerth 
des   ernsten  Gesetzgebers",  die  Feigheit  in  dem  ei"- 
küustelten  IMuthe,    die  Eitelkeit  und  Selbstsucht  in 
der  erheuchelten  Tugend,  xuid  die  wahre  Gesinmmg 
in  den  Betbeurungen  der  Freundschaft;   gar  Vieles 
zeigt  sich   in   einem  andern  Liebte,    und  manches 
Rüthsel  wird  gelös't.     Die  Geschichtsforscher,  glaube 
ich,  sind    darin  einverstanden;    wemi  man  gleich- 


VII 

wohl  au  meinem  Versuche  die  Anordnung  tadeK, 
so  -will  man  den  Zweck  ohne  das  3Iittel;  es  war 
iiumüglich,  ein  Bild  von  den  Römern  zu  entwerfen, 
welche  in  dieser  Zeit  hervorragen,  wenn  ich  ihr 
Leben  nicht  als  ein  Besonderes  zur  Anschauung 
brachte,  imd  dann  folgte  von  selbst,  dass  jedem 
auch  eine  besondere  Stelle  eingeräumt  ^vxu'de,  da 
solche  Untersuchungen  sich  weder  zur  Einschaltimg, 
noch  für  die  Anmerkungen  eignen.  ]Meme  Schrift 
sollte  aber  nicht  eine  Saimnlung  von  LeLensbeschrei* 
bimgen  ohne  emen  iuneru  VerLand,  sondern  eine 
römische  Gescliichte  enthalten;  deshalb  gruppiren 
sich  die  Nebenpersonen,  welche  dem  Leser  in  den 
betreffenden  AJ)schnitten  einzeln  vorgefülirt  werden, 
in  andern  um  eine  Hauptfigur,  nach  dem  Grade 
ilires  "NVü-kens  mehr  oder  weniger  von  ilir  entfernt ; 
das  Gesetz,  an  welches  der  scharfsinnige  imd  sach- 
kundige Verfasser  einer  Anzeige  in  dem  Quarterly 
Re^dew,  April  et  Juli  1836  micli  erinnert,  ist  genau 
befolgt;  m£Ui  findet  das  Besondere,  so  fern  es  niclit 
eben  die  Hauptfigur  selbst  angeht,  mu*  angedeutet 
im  Allgemeinen,  und  das  Allgemeine,  mu*  an- 
gedeutet im  Besonderen;  in  jeder  Lebensbeschrei- 
bimg spiegelt  sich  das  Ganze,  und  in  der  Darstellung 


vm 

des  Ganzen  ist  dem  Leser  Gelegenheit  gegeben, 
sich  mit  den  Theüen  inniger  zu  hefrennden;  da- 
durch -mrd  der  Zweck  der  Schrift  erreicht  und 
zugleich  ihr  Umfang  Leschräidct.  Aber  die  Haupt- 
partien sind  nicht  nach  der  Zeitfolge  geordnet. 
Dieser  Bemerkimg  ist  schon  im  Vorigen  begegnet; 
gerade  das  Leben  der  ausgezeichnetsten  Römer 
würde  bei  einem  andern  Verfahren  sehr  im- 
voUkommen  geschildert  sein;  es  begimit  weder 
erst  dann,  wenn  die  übrigen  sich  um  sie  schaaren, 
noch  ist  es  in  die  Grunzen  des  OeiTentlichen  ein- 
geschlossen ;  ich  durfte  sie  nicht  erst  m  dem  Augen- 
blicke auftreten  lassen,  wo  ihre  Gescliichte  mit 
der  Geschichte  des  Staates  zusammenfällt.  Wenn 
nuji  Ton  einem  Versuche,  bis  zu  den  letzten  Ur- 
sachen der  Erscheinungen  zurückzugehen,  nicht 
bloss  die  Handlimgen,  sondern  auch  die  Gesinnungen 
und  A]jslchten  zu  erforschen,  die  zahllosen  Wider- 
sprüche bei  den  Alten  zu  heben,  xmd  die  chrono- 
logischen und  genealogischen  Schwierigkelten  zu 
beseitigen,  welche  uns  fast  bei  jedem  Schritte 
hemmen,  sobald  wir  tiefer  eindringen,  wenn  von 
einem  solchen  Versuche  gesagt  werden  kaim,  er 
bringe  nur  Material,  so  ist  diese  Bezeicluumg  auf 


IX 

meine  Schrift  amvenclbar,  iiud  weim  dieser  dio 
Form  geben,  welche  man  so  ungern  vermisst,  das 
Material  verarbeiten  heisst,  so  bleüjt  einem  Andern, 
jedem  Anfänger  und  Handlanger,  diess  Verdienst 
vorbehalten;  indess  ist  mein  Buch  von  der  ge- 
lehrten Welt  so  freundlich  aufgenommen,  dass  ich 
glauben  muss,  sie  wsse  aucli  ohne  eine  mecha- 
nische Nachhülfe  zu  finden,  was  sie  sucht. 

Die  zweite  Ausstellimg  Letrifft  die  Ansichten, 
imd  zwar  nur  in  Bezielumg  auf  Cicero  und  dessen 
Gegner.  Man  sagt  mir,  weil  ich  von  der  her- 
kömmlichen Denkweise  ahweiche,  ich  sei  par- 
teiisch, imd  sogar,  Dio,  kein  Freund  des  Redners, 
habe  mich  irre  gelührt.  Diess  ist  so  allgemein 
oder  so  trivial,  dass  mir  jeder  Anknüpfungspimct 
zu  einer  Widerlegung  fehlt ;  mich  zu  berichtigen 
hat  man  bis  dahin  mir  selbst  überlassen.  Keine 
Ansichten  ohne  Einsichten ;  diese  soU  der  Verfasser 
einer  Schrift  beurkunden,  aber  auch  der  Recen- 
sent;  wenn  jener  es  sich  zur  Pflicht  macht,  auf 
jeder  Seite  für  seine  Ansichten  Beweise  zu  geben, 
imd  der  Recensent  die  Ansichten  verwirft,  ohne 
die  Beweise  zu  prüfen,  so  bleibt  dem  Verfasser 
nur   die   bescheidene  Frage   übrig:   aber  warum? 

XX 


imd  es  ist  vorerst  die  Sache  des  Andern,  zu  ant- 
worten. Es  Lefremdet  nicht  nur,  dass  man  mich 
der  Ungerechtigkeit  gegen  Cicero  beschuldigt,  ohne 
auf  die  Sache  einzugehen,  sondern  dass  es  iiher- 
haupt  nun  ehen  Cicero  ist,  mit  ■welchem  die  Cri- 
tiker  sich  fast  ausschliesslich  heschäftigen :  so  viele 
Abschnitte  bieten  Gelegenheit  zu  befriedigenden 
Erörtermigen ,  weU  sie  vollständig  vorliegen;  von 
Ciceros  Leben  gut  diess  nicht,  der  Leser  hat  nur 
Bruchstücke  aus  ihm  erhalten,  und  auch  diese  niur 
aus  dem  öffentlichen;  Avoher  weiss  man,  ob  ich 
die  wahren  Vorzüge  des  Blannes  verkenne,  imd 
das  UnvoUlvommene  an  ihm  lediglich  seinem  Cha- 
racter  aufbürde  ?  IMan  unterbricht  mich,  imd  spricht 
das  Urthed,  ehe  die  Acten  geschlossen  sind. 

Königsberg  den  12.  September  1837, 


Inhalt. 


XV.    DOMITH. 

A.  Calvinl      --...-..«•.--  Seite     1 

B.  Ahenobarbi     ............  „12 

XVI.     FAVOMUS „32 

XVII.     GABINH ,39 

XVIII.     GELLII „64 

XIX.     HIRTII      -. „68 

XX.     HORTENSU „78 

XXI.     lüHI „113 


«r. 


<••. 


XV.      DOMITII. 


/1.     Calvini. 


Cn.  Oomitius  Calviuiis. 

CDS.  332  r.  Chr.  —  All  a.  u. 

Cn.  J>ciinittii.s  i'alviiiut: 
Cos.-iSi  —  i-l. 
prim.  cnts.  de  jihbe.  2S0. 
Cd.  Duniitius  C;ilvinus. 

f.  JOU  — 34S. 
M.   Domitius    Calviniis. 


M.   Domitius  i.ihinus. 

Cn.  Donütius  Calvinus. 
Tos. /.5.i— TOI. 
Cos. //.40  — 714. 


XV.    Domitii. 

"lebeiisch.  ') 

Familien:   A.  Calvini.     B.  Ahenobarbi. '') 


1)  Die  Calrini,  deren  V.  Tribnnat  es  ohneUa  beweis'»,  nach  aas- 
drücUichen  Zengnissen,  Cic.  ad  Att.  4,  17.  Liv.  ep.  13.,  aher  anch  die 
Abenobarbi ,  welche  Glandorp.  On.  p.  302  patricisch  nennt,  denn  sie  wnr- 
den  V.  Tribüne ;  Tgl.  Liv.  35 ,  10.  Der  Kaiser  Clandins  ans  einem  pa- 
Iricischen  Geschlechte  adoptirte  Domit,  Ahen.  (Nero).  S.  nnter  Domit.  Ahen, 
No.  15.  A.  28.  Rbet.  ad  Herenn.  3,  21:  lam  domnitionem  (domnm  itio- 
nem  Cic.  de  div.  1,  32  )  reges  Atridae  parant.  In  loco  constitnere  oportet 
manns  ad  coelnm  toUentem  Domitinm,  cnm  a  regibns  Marciis  loris  caedatnr. 
Hoc  erif,  iam  domnitionem  reges,  soll  nicht  den  Namen  ableiten  oder  er- 
klären, sondern  nur  bemerklich  machen,  -nie  man  'Wörter  mit  Bildern  be- 
zeichnen könne.  2)  Snet.  Nero  1.  Jene  gelangten  im  -vierten  und  diese 
im  zweiten  Jahrh.  T.  Chr.  znm  Consnlat.  Vellejns  2,  10.  (.  3  n.  11.  J.  3 
erhebt  das  Glück  nnd  den  Ruhm  der  Letzten,  nm  dem  kaiserlichen  Hanse 
zu  schmeicheln.  S,  aber  auch  Cic.  in  Verr.  I,  53  in  Vatin.  10,  2  Phil.  29. 
Plin.  7,  54  (53)  u.  17,  1.    Val.  M.  6,  2.  j.  8.   Lucan,  7,  599  f.     Domider 

Drumann,.  Geschichte  Roms  III.  |^ 


2  XV.    DOMITII.  (1.) 

A.     Calrnni.  ^) 

1.  Cn.  Domhhis  Calvinus.     Cos.  332  v.  CLr.  <) 

2.  Cn.  Domitiiis  Calvinns.  Cn.  F.  ^)  SoLn  des  Vorlg'en, 
Er  bewarb  sich  für  das  Jahr  304  um  die  cnruliscLe  Aedilität, 
welche  Cn.  Flavius,  der  Schreiber  des  Apnius  Colins  erhiell;  ®) 
das  Volk  wühlfe  ihn  aber  später  für  299.  ')  Die  Ungunst  der 
Menge  oder  der  Nobilität  erschwerte  ihm  auch  den  Zugang  zu 
den  höheren  Magistralen;  so  gelangte  er  erst  283  zum  Consulat.  *) 
Diess  berechtigt  nicht ,  in  dem  Aedil  und  Consul  zwei  Personen 
zu  unterscheiden;  Andere  wurden  ebenfalls  in  den  Walilconiitien 
zurückgesetzt,  oder  sie  erschienen  nicht,  obgleich  ihr  Alter  es 
gestattete.  ^)  Die  senonischen  Gallier,  welche  von  seinem  Col- 
legen  P.  DoIabeUa  besiegt  waren ,  griffen  ihn  an ,  und  erlitten 
eine  neue  Niederlage.  '")  Am  meisten  ist  er  dadurch  aus- 
gezeichnet ,  dass  er  280  Censor  wurde ,  der  Erste  seines 
Standes.  ' ') 

3.     Cn.  Domltius  Calvinus,  zur  Zeit  des  zweiten  punischen 
Krieges.     Er  hörte  angeblich  a.  206  von  einem  Stiere  die  Worte: 


gab  es  anch  unter  den  Italern ;  Andere  stammten  TOn  Colonisten  oder  von 
Freigelassenen  ab.  Cicero  erwähnt  einen  Apnlier  dieses  Namens  mit  Ver- 
achtung, weil  er  zu  Antonius  Anhängern  gehörte.  1.  Th.  S  513  A.  51. 
Ueber  Cäsars  Gastfreund  zu  Intemelium  in  Ligurien  spottet  Coelias  ad  Fam. 
8,  15.  T.icitus  nennt  einen  Primipilar  Domitius  SaJiinns  (II.  1,  31)  u,  A. 
ans  der  Zeit  der  Kaiser.  Grossen  Ruf  erwarb  sich  der  Redner  Domit. 
Afer,  welcher  unter  der  Regierung  des  Nero  starb ;  s.  Meyer  Grat.  R.  fr. 
p.  229.  3)  Dieser  Zuname  findet  sich  auch  in  der  Gens  Sextia  und 
Veturia,  4)  Liv.  8,  17.  Plin.  33,  6  (1).  Seinen  Znnamen  geben  die 
Fast.  Sic.  a.  421,  5)  Liv.  10,  9,  wo  auch  Cn.  nicht  C.  Domit.  zu  lesen 
ist.  Der  Vorname  Cajus  war  dieser  Familie  fremd,  nnd  der  Aedil  des 
J.  299,  von  welchem  Livius  spricht,  der  Sohn  eines  Consnlars,  Plin.  33, 
6(1),  folglich  der  Sohn  von  No.  1,  da  bis  dahin  kein  anderer  Calvinus 
das  Consnlat  verwaltet  hatte,  und  zwar  der  Einzige,  so  viel  wir  wissen, 
auf  diesen,  wo  Mehrere  waren,  anf  den  Aeltesten,  ptlegle  der  Vorname  des 
Vaters   überzugehen.  6)    Plin.  1.   c.     Oben   2.   Th.  S.   172.  7)    liv. 

I.  c,  8)  Cassiod.  Die  Fast.  Sic.  a.  470  übergehen  ihn;  sie  haben  Do- 
IabeUa nnd  Maximns,  Namen  seines  CoUegen.  (Cornel.  Dolab.  No.  1.) 
Gros.  3,  22  nennt  unrichtig  das  i.  463  a.  a.  9)  Legitima  aetas,  schon 
vor  der  lex  annalis  des  Villins  v.  J.  180.  Liv.  25,  2.  32,  7.  10)  App. 
CaU.  XII.         II)   Liv,  ep.  13. 


CAL\TSI.  (4.)  3 

care  (ibi  Roma;  '-)    rielleicLt  derselbe,    welcher  im  CLrcas  Fla- 
minlas ein  Heiliglhum  des  JVeplun  erbaute.  '  ^) 

4.  M.  Doraitius  Calvinns.     Grossvater  von  No.  6.  '  *) 

5.  BI.  Domilitis  Calviuus.     Vater  des  Folgenden. 

6.  Cn.  Domitins  Calvinns.     IM.  F.  M.  N.  '  ^) 

§  1. 

a.  62  Legat  des  Proprätor  L.  Valerins  Flaccus  in  Asia.  *^) 
Als  V.  Tribun  a.  59  mit  zwei  anderen,  Q.  AncLarius  und  C 
Fanniiis,  Gegner  des  Consnls  Cäsar  und  seines  Werkzeog«  P. 
Vatinius.  '')  Seine  Anstrengangen  für  BI.  Bibnlus,  Cäsars  Col- 
legen  und  für  die  Partei  der  Optimaten  iiberbanpt,  waren  fruchtlos 
und  verfeindeten  ihm  auch  Pompejns,  welcher  von  den  julischen 
Gesetzen  die  Erfüllung  seiner  Wünsche  erwartete.  Da  er  schon 
a.  56  Prätor  war,  ' ')  so  überging  er  die  Aedilität.  '^)  BDtunter 
WTirde  einem  Prätor  der  \  orsitz  in  mehrern  Gerichten  über- 
tragen; '")  vor  Domitius  erschienen  sowohl  BI.  Coelius,  welchen 
man  beschuldigte,  dass  er  Clodia  habe  vergiften  wollen,^')  als 
L.  Calpurnius  Bestia  wegen  Bestechung  der  Wähler.  ^  ^) 

Aber  er  selbst  bewarb  sich  im  J.  54  mit  den  Patriciem 
BI.  Blessala  und  BI.  Aemilius  Scaurus  und  dem  Plebejer  C.  Blem- 
inias  auf  eine  ehrlose  Art  nm  das  Consulat.     Sie  suclifen  einander 


12)  Val.  M.  1,  6.  ;.  5.  Liv.  28,  11.  13)  Plin.  36,  4.  §.  7.  Llv. 
I.  c.  P.  Tict.  descr.  Rom.  rr>g.  IX.  14)  Pigh.  3,  130  führt  Um  ■will- 
kührlich  bei  d.  J.  108  v.  Chr.  als  Präfor  anf,  nnd  bestimmt  anch  die  Jahre 
seiner  niederen  Aemter.  Wir  keanen  ihn  nnd  den  Folgenden  bloss  dnrch 
die  Bezeichnung  von  No.  6 :  M.  F.  BI.  jV.  Von  283  bis  53  erhob  sich 
kein  Calvinus  dieses  Uanses  zom  Consulat.  15)  Fast.  cap.  a.  709  n. 
717.  tab.  CoUot.  bei  Pigh.  3,  484.  VailL  Domit.  No.  21.  16)  Cic.  p. 
Flacc.  13.  17)  p.  Sext.  53.  in  Taün.  7.  Dio  38,  6.  S.  lulü  No.  31. 
J.  11.  in.  18)  p.  Sext.  in  Vatin.  11.  cc.  p.  Coel.  13  ad  Qa.  fr.  2,  3. 
5-  7  u.  3,  4  in.  19)  Es  vrar  erlaubt,  das  A~olk  sah  aber  eine  Vernach- 
lässignng  darin  nnd  konnte  sich  in  den  Wahlcomitien  rächen.  Clandü 
No.  41.  f.  1.  A.  30.  Cornel.  Snll.  No.  8.  §.  2  n.  f.  11.  Die  Münze  bei 
Vaill,  Domit.  No.  21  bezieht  sich  nicht  auf  die  Aedilität,  und  die  Spiele, 
deren  Cic.  ad  Att.  4,  17.  {.  2  gedenkt,  gab  Domitins  als  Prälor.  20)  Cornel. 
Snll.  No.  8.  §.  12.  21)  S.  darüber  und  über  die  VerTvechsclung  dieses 
Processes  mit  einem  spätem  t,  3.  54.  Clandü  No.  47  nnd  Coelii  No.  5. 
§.  1.  u,  Domilü  Ahen.   No.  18.         22)   Calpurn.  No.  36. 

1* 


4  XV.    DOMITII.  (6.) 

bei  äer  Erkaiifung  ier  Sliminen  zu  iiberbiefen ,  und  verspracLen 
der  Centuria,  welche  in  den  W^aLIcoiniüen  zuerst  aufgerufen 
wurde ,  an  zeLu  Millionen  Sestertien,  Am  15.  Juli  stiegen  die 
Zinsen  von  Tier  auf  acLt,  die  Wucherer  Latten  den  nächsten 
Gewinn.  ^^)  Doch  war  der  Unfug  auch  Pompejus  erwünscht; 
ein  gesetzloser  und  gefahrvoller  Zustand  sollte  den  Senat  zwin- 
gen, in  seine  Ernennung  zum  Dictalor  zu  willigen,  obgleich  er 
als  Proconsnl  von  Spanien  für  abwesend  galt,  und  Tilel  und 
Amt  ihn  über  Cäsar  und  alle  anderen  Nebenbuhler  und  Feinde 
erheben.  Man  konnte  seine  Entwürfe  leicht  errathen,  wie  sehr 
er  sich  auch  verstellte  und  sich  das  Ausehen  gab,  als  beschütze 
er  Scaurns.  *'')  Cäsar  scliien  Memmius  zu  begünstigen;  ")  da 
dieser  jedoch  a.  58  als  Prätor  die  juliscLen  Gesetze  angegriffen 
Latte,  so  ahndete  Cicero,  dass  er  getäuscht  werde,  und  Messala, 
deshalb  in  den  Briefen  an  seinen  Bruder  Ouintus,  Cäsars  Legaten, 
unser  Messala  genannt,  von  dem  Statthalter  von  Gallien  mehr 
«•warten  dürfe.  Um  ihrer  Wahl  gewiss  zu  sein,  schlössen  Do- 
mitius  und  Blemmius  mit  den  Consuln  Appius  Claudius  und  Do- 
initius  Ahenobarbus  einen  schriftlichen  Vertrag,  worin  sie  sich 
verpflichteten,  ihnen  für  ihren  Beistand  durch  die  Aussage  be- 
stochener Augurn  und  Consulare  über  erdichtete  Verhandlungen 
in  Curiat  -  Comitien  und  Senat  die  Provinzen  zu  verschaffen, 
welche  sie  wünschten ,  oder  sonst  eine  bedeutende  Summe  an 
sie  zu  zahlen.  *  ^)  Man  war  bald  davon  unterrichtet,  wenn  aucli 
Cicero ,  aus  Furcht  vor  den  Claudiern ,  vorerst  in  seinen  Briefen 
uichts  Näheres  darüber  mittheUte,  und  Messala  und  Scaurus  sahen 
einer  Niederlage  entgegen.  ^  ^)  Aber  plötzlich  machte  Memmius 
das  öffentliche  Geheimniss  im  Senat  bekannt,  und  beurkundete 
seine  Schande  durch  die  betreffende  Schrift,  in  welcher  jedoch 
die  Namen  der  Zeugen  getilgt  waren. -^)  Pompejus  hafte  den 
Vertrag  von  Anfang  getadelt  und  Scaurus  beklagt,   welchem  da- 


23)  Cic.  ml  On.  fr.  2,  IS.  nä  Att.  4,  15.  §.  7.  24)  Cic  U.  cc. 
Villi,  rornji.  54.  25)  Ml  Att.  1.  c.  .-iJ  911.  fr.  3,  2.  26)  ad  Att. 
4,  18.  Mehr  darül.er  im  2.  Tli.  S.  189.  27j  .iil  Att.  4,  15.  §.  7.  .ncl 
yii.  fr.  2,  IS.  28)  Cicero  orwiihnt  es  schon  im  .Sei)lemher,  .iJ  Qu,  fr. 
.■J,  1.  §.  (i,  iiiul  ,iiisfiihrlicher  od  Att.  4,  18;  früher  schrieb  er:  Cum  eo 
(  Bleiiiiiiio)  Doiiiiiiiiiii  coiisiilcs  iiinxerunt ;  qna  j>aclioiic,  e|>is(oIae  comiuitlero 
iiou  aiiilea,     atl  Att.  4,  15.  §,  7. 


CALVLM.  (6.)  5 

dnrcli  Einfrag;  g^escLehe;  in  der  TLat  aber  fiirclitefe  er  für  sich, 
fiir  seine  Dic(atur,  wenu  die  WaLlen  erfolgten,  desLaib  über- 
redete er  Memmiiis,  das  Verbrechen  anzuzeig-en.  '  ^)  Er  mocLte 
jLni  Torsf eilen,  seine  \  erbindiing'  mit  den  Consuln  werde  iLn 
nicLt  zum  Ziele  führen ,  sondern  nur  in  eine  schimpfliche  Klage 
verwickeln  ,  und  dageg'en  ein  offenes  Geständniss  ihm  Senat  und 
Volk  gewinnen,  einen  Nebenbuhler,  Douiitius,  aus  der  Bahn 
werfen  ,  eine  ünlersnchung  auch  gegen  die  Anderen  veranlassen, 
und  es  Pompejus  möglich  machen,  ihm  —  wie  leicht  za  erachten 
war,  als  Dictator,  bei  den  A^'ahlen  zu  nützen. 

Alles,  wodurch  die  Gewalt  des  Senats  anerkannt  und  ihm 
Gelegenheit  g'egeben  vyurde,  sie  anszuüben,  war  Cäsar  missfällig', 
und  jeder  Schritt,  welcher  Pompejus  und  dessen  alte  Freunde, 
die  Optimaten,  einander  wieder  näher  brachte,  folg-lich  auch  die 
Anzeige  des  Älemmius.  ^ ")  Im  Senat  stritt  man  viele  Tage  mit 
der  grossten  Erbitterung,  aber  mehr  im  Interesse  der  Parteien, 
als  ans  Abscheu  gegen  das  Verbrechen  und  die  Schaanilosigkeit 
der  Consuln  und  Candidafen.  ^ ')  Cicero  zog  sich  zurück;  seit 
seinem  Exil  „mochte  er  ohne  einen  mächtigen  Schutz  nicht  wieder 
der  Arzt  der  Republik  werden."  ^  ')  Es  musste  Cäsar  beleidigen, 
an  welchen  Clodius  ohnehin  Briefe  abgehen  liess,^^)  wenn  er 
den  Gegnern  des  Blemmius  beistimmte,  nnd  wenn  er  Pompejus 
Pläne  durchkreuzte,  so  war  dessen  Versöhnung  mit  seinem  Feinde 
gewiss.  ^  *)  Er  schwieg  daher,  und  da  doch  leicht  Einige  unter 
den  CandiJaten  ihi-e  Absicht  erreichen,  und  dann  als  Consuln  ihn 
gegen  Clodius  vertreten  konnten,  so  bewies  er  Allen  eine  lebhafte 
und  ihätige  Theilnahme.  ^ ')  Bei  der  „ungemeinen  Freigebigkeit'' 
des  Domitius  und  Blessala  schienen  diese  in  der  Volksgunst  zu 
steigen,  als   der  Senat  im  September  besdiloss,    dass  man   aUe 


29)  ad  Att.  4,  18.  §.  2;  Haec  pactio  —  prolala  a  Memnuo  est  no- 
uiinibns  indnclis,  aactore  Pompeio.  Das  Letzte  bezieht  sicli  nicht  bloss  auf 
die  zunächst  vorhergehenden  »orte,  wie  Tunslall  memt,  (ep.  ad  Rliddleton. 
p.  119)  nnd  selbst,  wenu  es  der  Fall  wäre,  würde  sich  daraus  ergeben, 
dass  Memmias  mit  Vorwisseo  nnd  unter  der  Leitung  des  Pompejus  hau« 
delte.  Ko  magis  nunc  cogitare  dictatnram,  tum  faverc  institio  et  omuium 
rerum  licenliae.  Das.  30)  ad  Att.  4,  10.  (.  4.  31)  ad  Qu.  fr.  2, 
IG.  }.  2.  32)  Das.  33)  ad  C.)u.  {r.  3,  1.  §,  4.  34)  Das.  3,  4. 
35)   Das    3,  1.  :.  G. 


6  XV.    DOMITII.  (6.) 

Candldafen  vor  Gericlil  stellen  uud  das  Urtlieil  erst  nach  den 
Comiüen  bekanntmachen  solle.  Jene  waren  bestürzt;  sie  mussten 
erwarten,  dass  die  Wahlen  zum  Voraus  durcli  ihre  VerurtLeilunj 
nngiiltig  würden.  Aber  einige  unter  den  Richtern  selbst  iiessea 
durch  Tribüne  ein  Gesetz  fordern,  ohne  welches  man  zu  einem 
solchen  Verfahren  nicht  befugt  sei.  Der  Senat  verschob  die 
Wahlen  und  die  Consuln  beantragten  das  Gesetz,  dessen  Be- 
stätigung der  Tribun  Terentius  wohl  auf  ihr  geheimes  Anstiften 
verhinderte.  Auf  ihren  Bericht  über  den  tribunicischen  Einspruch 
war  man  in  der  Curie  der  Meinung,  dass  die  Wahlen  so  bald 
als  möglich  Statt  finden  müssten,  denn  mehr  als  ein  erkauftes 
Consulat  fürchtete  man  die  Dictatur.  ^  ^)  Der  Tribun  Mucius 
Scäyola  beobachtete  bis  zum  letzten  September  und  länger  an 
allen  Comitial- Tagen  den  Himmel,  wodurch  er  sowohl  den 
Feinden  der  Consuln,  als  Pompejus  nützlich  wurde,  denn  wie 
dieser,  so  wünschten  auch  jene  ein  Zwischenreich,  damit  Appins 
nnd  Domitius  Ahenobarbus  die  Vortheile  des  Vertrags  ent- 
gingen. ")  Nun  eilte  Scaunis,  seinen  Mitbewerbern  nachzukom- 
men; er  befriedigte  in  seiner  Wohnung  eine  Tribus  nach  der 
andern ;  wenn  er  aber  auch  mehr  gab,  so  erregte  es  doch  Miss- 
verg-nügen,  dass  es  so  spät  geschah,  und  im  Anfange  des  October 
wurden  Alle  wegen  Bestechungen  augeklagt,  Domitius  von  dem 
Tribun  C.  Memmius,  Messala  von  Q.  Pompejus,  Seaurus  von 
Triarius,  und  Memmius  von  Q.  Curtius.  ^*)  Ihre  Schuld  war 
so  offenkundig  und  so  gross ,  „  dass  keine  Beredtsamkeit  sie  zu 
retten  vermochte,  und  entweder  sie  oder  die  Gesetze  untergehen 
mussten."  ^^)  Uebrigens  durften  Domitius  und  Messala  jetzt  am 
meisten  liofFen,  wenn  man  wählte,  da  Seaurus  ohnerachtet  seiner 
glänzenden  ädilicischen  Spiele  *")  wegen  der  verzögerten  Spenden 
bei  dem  Volke,  und  Memmius  wegen  der  Anzeige  bei  diesem 
uud   den  Optimalen    nicht   beliebt   war.  * ' )     Doch   rechnete  der 


36)  ad  Au.  4,  16.  §.  4.  Elic  Abdera.  37)  Das.  38)  Das.  nnd 
4,  17.  Oll  Qn.  fr.  3,  2  ii.  3.  39)  Cic.  II.  ec.  Cleicliwohl  tint  er  für 
Seaurus  auf  und  gedachte  ,,uiiseni  Messala",  dessen  Freisprechung  auch 
auf  das  Schicksal  der  Anderen  Einfluss  habe»  werde ,  mit  aller  Anstren- 
gung 7.U  vcriheidigen.  ad.  <Ju.  fr.  3,  3.  §.  2,  40)  1.  Th,  S.  29.  41)  ad 
Alt.  4,  18. 


CALMM.  (6.)  7 

Letzte  aucL  jetzt  notli  auf  die  Krieger,  welche  Cäsar  scLickeii 
sollte,  wogegen  Doniitius  auf  eine  augenfällige  Art  als  Richter 
Gabiniiis  freisprach ,  um  Poinpejus ,  dessen  Beschützer  zu  ge- 
winnen. ^  -) 

Dieser  war  ohne  Zweifel  am  meisten  erfreut,  dass  Beobach- 
tungen des  Himmels  fortwährend  die  AA'ahlen  verhinderten,  welche 
die  Consuln  zn  beschleunigen  wünschten;  *^)  seine  Freunde 
sprachen  von  der  Nothwendigkeit  einer  Dictatnr;  man  glaubte, 
Hirrus  werde  den  Antrag  machen,  nur  ihm  selbst  schien  die 
Sache  völlig  fremd  zu  sein,  *')  Sehr  ungelegen  waren  ihm  die 
Supplicationen  in  den  letzten  Monaten ,  weil  während  derselben 
nicht  Gericht  gehalten  wurde;")  seine  Ränke  förderten  ihn 
nicht:  Rom  wählte  zweit  keine  Consuln,  aber  auch  keinen  Die- 
tator.  *^) 

§2. 

a.  53.  Die  Klagen  ruhten;*')  desto  thätiger  waren  die 
Sendlinge  des  Pompejus,  besonders  Volkstribune,  die  Reihe  der 
Zwischenköuige  zu  verlängern.  Ein  ausserordentlicher  Zustand 
erforderte,  nach  ihrer  Behauptung,  auch  ausserordentliche  IMittel; 
Con.suln  genügten  nicht;  die  Gölter  selbst  warnten,  so  oft  man 
zur  ^Vahl  schreiten  wollte,  durch  Anzeichen,  unter  anderen  durch 
eine  grosse  Feuersbrunst  in  Rom;**)  nur  Kriegstribune  mit  Con- 


42)  Das.  4,  17.  ad  On.  fr.  3,  2  n.  4  in.  8.  43)  ad  Qn.  fr.  3, 
2.  3.  44)  Das.  3,  4.  7.  8.  9.  Tlut.  Pomp.  54.  App.  2,  438.  45)  ad 
9n.  fr.  3,  8.  §.  3.  46)  Das.  a.  3,  9.  §.  3.  Tlut.  u.  App.  U.  cc. 
47)  Für  Domitins,  so  viel  ^ir  wissen,  auf  immer.  Scaiiriis  ^"urde  nach 
dem  Gesetze  des  Pompejns  gegen  Amtserschleichung ,  welchem  dieser  eine 
rückwirkende  Kraft  gab  ( Clandii  iVo.  43.  §.  22 )  a.  52  verurtheilt ;  App. 
2,  442.  Alemmins  dagegen,  weil  er  einen  Andern  anklagte,  TOn  der  Strafe 
befreit,  App.  1.  c.  Dio  40,  52.  Clandii  1.  c,  und  Messala  a.  51  von  seinem 
Oheim  Hortensins  rcrlheidigt  und  gegen  alles  Erwarten  freigesprochen ; 
Cic.  ad  Qn  fr.  8,  2.  Brut.  96.  Val.  M.  5,9.  §.  2.  S.  Hortensii;  nicht 
schon  a.  54,  Tvie  Mannt.  Wetz.  Brut.  1.  c.  und  Beier  in  Oratt.  Cic.  ed. 
tejT.  et  Beier  p.  228  die  Worte  Cicero's :  Idque  perficiam  bis  supplicatio- 
nom  otiosis  diebus:  qnibus  Messalam  iam  nostrnm,  reliquosc[ue  molestia 
levatos,  \ehementer  gandeo ,  gedeutet  haben ;  Cicero  sagt  später  selbst  ad 
Qn.  fr.  3 ,  9,  §.  3 :  Video  Messalam  noslrum  cousnlem,  si  per  interregem, 
sine  indicio,   si  per  dictatorem,    lomeu  sine  periculo.        48)   Dio  40,   17. 


8  XV.    DOMITO.  (6.) 

sular  -  Gewalt  vennocliten  zu  Lelfen,  und  als  man  mit  diesem 
VorscLlage  kein  Gehör  fand,  wie  erwartet  war,  empfahl  man 
die  Dicfaf ur.  *  ^)  Aber  der  Senat  regte  sich  nicht ;  Pompejus 
unternahm  eine  Reise,  um  zu  zeigen,  dass  er  an  den  Umtrieben 
keinen  Theil  habe,  und  man  rief  ihn  nicht  zurück;  ^°)  der  Tribun 
Luccejus  Hirrus  wurde  mit  Absetzung  bedroht,  als  er  es  wagte, 
bei  dem  Volke  auf  die  Dictatur  anzutragen ,  " )  weil  üe  Opti- 
maten  den  Triumvir  nicht  kannten,  nicht  einsahen,  dass  er  un- 
fähig war,  sich  zum  Herrscher  aufzuwerfen,  und  daher  die  Ge- 
legenheit zur  Versöhnung,  welcher  ein  Bund  gegen  Cäsar  folgen 
musste,  nicht  benutzten.  Indess  Yerblieb  ihnen  scheinbar  der 
Sieg;  denn  Pompejus  fügte  sich  endlich,  auf  seinen  Wink  ver- 
schwanden alle  Hindernisse  der  Wcihl,  und  Domitius  und  Alessala 
sahen  sich  im  siebenten  Monate  des  Jahres  am  Ziele.  '  ^) 

BI.  Cato  rühmte  die  republicanischen  Gesinnungen  des  Pro- 
consuls  und  schmeichelte  ihm  durch  die  Bitte,  die  Ordnung  im 
Staate  zu  befestigen.  Aber  der  Feind  hatte  nur  seine  Stellung 
verändert,  seine  Absichten  und  Mittel  blieben  dieselben.  Die 
A^erwirrung  wurde  ärger,  zumal  da  sich  nun  ausser  Plautins 
Hjpsäus  und  MeteUus  Scipio  auch  Alilo  um  das  Consulat  bewarb, 
und  P.  Clodius  um  die  Prätur;  sie  verfolgten  sich  mit  tödt- 
lichem  Hasse  und  suchten  gegenseitig  ihre  Hoffnungen  zu  ver- 
eiteln. Ohnerachtet  des  Gesetzes,  welches  die  Consnln  beantragten, 
dass  niemand  in  den  ersten  fünf  Jahren  nach  dem  Consulat  oder 
der  Prätur  eine  Provinz  erhalten  soUte,  dauerten  die  Bestechungen 
und  Gewaltthätigkeiten  fort.  Domitius  wurde  verwundet,  und 
Rom  war  im  Anfange  des  J.  52  wieder  ohne  höhere  Magistrate. 
Da  nun  überdies  Milo's  Gefolge  Clodius  erschlug  und  alle  Bande 
der  Gesellschaft  sich  zu  lösen  drohten,  so  hatte  Pompejus  wenig- 
stens die  Genugthuung,  dass  man  im  Febrnar  ihn  allein  znm 
Consul  ernennen  Hess.  *^)  Er  beherrschte  die  Gerichte  und 
komile   um   so   leichter    sich  seiner  Feinde   und  auch  Milo's  ent- 


Oros.  6,  14.  7,  2.  Obseq.  125.  Iiilii  No.  31.  §.  31.  49)  Cic.  ad  Farn. 
7,  11.  Die  40,  45.  I'lut.  Cato  m.  45.  SO)  Dio  I.e.  51)  Pliit.  l'omp. 
54    wird   er   LncUius   genannt.  52)    Dio    40,    17,  46.     Huf.  romp.  54. 

App.  2,  438.  Macrob.  sat.  I,  9.  Cassiod.  Fast.  Sic.  a.  700.  53)  Oaudü 
No.  43.   §.  21   u.  22. 


CALVINI.  (6.)  9 

ledigen,  welcter  wegen  mehrerer  Verbrechen,  unter  an^dern  von 
den  beiden  Appins,  unter  dem  Beistande  des  Domitius  nnd  Va- 
leriiis  Leo,  wegen  BestecLiingen  belangt  wurde.  ^ ') 

Im  Kampfe  mit  Cäsar  waren  Senats-  und  Volks'besclilüsse 
unwirksam ;  man  erkannte  es  zu  spät,  und  Domitius  w^audle  sich 
um  so  mehr  zu  dem  Stärkern,  da  dessen  Schätze  sich  ohne 
Zweifel  auch  für  ihn  öffneten.  Er  ging  unter  dem  O'berbefelJe 
des  C.  Gnrio  als  Anführer  der  Reiterei  nach  SiciUen  nnd  Africa, 
und  bewährte  sich  hier  in  der  unglücklichen  Schlacht  a  m  Bagradas 
durch  den  Mulh,  mit  welchem  er  jenen  zu  retten  versuchte.^*) 
Cäsar  entsandte  ihn  im  folgenden  Jahre  48  nach  IVIacedonien, 
um  Metellus  Scipio,  den  Schwiegerrater  des  Pompejcis,  zu  beob- 
achten ,  welcher  mit  Verstärkungen  aus  Syrien  zurückkam.  Die 
Aufgabe  erforderte  Kühnheit  und  Vorsicht,  und  er  Ibewies,  dass 
er  ihr  gewachsen  war.  Als  die  Heere  sich  in  TLiessalien  auf- 
steUfen,  bewirkte  er  durch  einen  meisterhc/en  Rückzug,  bei 
welchem  er,  von  einem  günstigen  Zufalle  unterstiit:it,  Ponipejus 
auszuweichen  wusste,  seine  Vereinigung  mit  Cäsar,  und  befehh'gte 
dann  bei  Pharsalus  das  mittlere  Treffen.  ^  ^) 

\^  ährend  des  alexandrinischen  Krieges  bestand  er  im  vor- 
dem Asien  einen  schweren  Kampf  mit  Pharnaces,  dem  Sohne 
Blithridates  des  Grossen,  welcher  die  Unruhen  im  römischen 
Keiche  benutzen  wollte,  um  das  väterliche  wieder  zu  erobern. 
Die  Sti-eilkräfte  waren  zu  ungleich,  da  Cäsar  mehrere  Legionen 
nach  Aegypten  rief.  Auch  er  sollte  nach  Syrien  vorrücken,  aber 
ohne  Schlacht  konnte  er  sich  nicht  entfernen,  und  er  verlor  sie. 
Cäsar  rächte  ihn  in  demselben  Jahre  47  nach  seiner  Rückkelu- 
vom  Nil  durch  den  Sieg  bei  Zela,  und  gab  ihm  den  Auftrag, 
die  Verwaltung  in  diesen  Gegenden,  wo  er  wegen  der  Angelegen- 
heiten im  Westen  nicht  lange  verweilen  durfte,  wieder  zu  ord- 
nen. ")  Doch  blieb  auch  Domitius  nur  eine  kurze  Zeit,  denn 
er  focht  im  nächsten  Jahre  bei  Thapsus  in  Afrira,  und  belagerte 
daranf  mit  zwei  Legionen  Ccsidius,  welcher  mit  seinem  Gelde 
entfloh    und    von   den    Gätulern,    seinen   Begleitern,    erschlagen 


54)  Ascon  itt  Milon.  p.  54.  OreU.  Clanclii  1.  c.  §.  23.  Si)  Cacs. 
B.  C.  2,  42.  S.  2.  Th.  S.  4  n.  Iiilü  No.  31.  §.  44.  A.  49.  56)  Iiilii 
Ko.  31.  ?.  51.  A.  18.         57)    Das.  a.  47.    Dio  42,  4!). 


10  XV.    DOMlTII.  (6.) 

wurde,  in  TLysdriis.  *^)  Er  war  a.  45  gegenwärtig-,  als  Cicero 
Dejolariis  ,  den  König  in  Galatien,  verlLeldigte,  von  welchem  er 
im  Kriege  mit  PLarnaces  Hülfe  erhallen  Latte.  '^)  Bald  nachher 
gab  ihm  Cäsar  die  Anwartschaft  auf  das  Amt  eines  Magister 
Xiquitum,  eine  ehrenvolle  Anerkennung'  seiner  Dienste,  wenn 
auch  nadi  dem  Tode  seines  Gönners  die  Dictatur  für  immer 
aufgehobeil  wurde.  ^°) 

Octav.ian  und  Antonius  verbanden  sich  nach  dem  mutinen- 
sischen  Ki'-iege,  um  ihre  gemeinschaftlichen  Feinde,  die  Ver- 
schwornen,  zu  unterdrücken.  Sie  gingen  a.  42  über  das  ionische 
Bleer.  Do:mitius  sollte  ihnen  von  Brundusinm  Truppen  nach- 
führen; aber  sein  kleines  Geschwader  -wurde  von  der  Flotte  des 
Stafius  Murcus  und  Domitius  Ahenobarbus  eun  Tage  der  ersten 
Schlacht  bei  Philipp!  vernichtet  oder  zerstreut,  und  man  hielt  ihn 
anfangs  für  todt,  weil  er  erst  nach  längerer  Zeit  den  Hafen 
wiedfei-  erreiVhte..? ')  Da  Antonius  im  Osten  blieb,  so  war  er 
von  jetzt  an  auf  Ocfavian  angewiesen,  welcher  als  Adoptivsohn 
Cäsars  ihm  ohnehin  näher  stand.  Er  wurde  im  J.  40  zum 
zweiten  IMals  Consul,  aber  bis  zum  Ende  des  perusinischen 
Krieges  nur  dem  Namen  nach,  *-)  und  vor  der  gesetzmässigen 
Zeit  niusste  er  mit  seinem  C'ollegen  Asinius  Pollio  Andern 
weichen.  ^■')  Im  nächsten  Jahre  kämpfte  er  als  Procousul  von 
Spanien  mit  tlen  C'eretanern,  einem  Volke  in  den  Pyrenäen.®*) 
Ein  Legat  gerieth  in  den  Hinterhalt  und  wurde  von  den  Truppen 
verlassen;  Domitius  bestrafte  den  Zehnten  unter  ihnen  nach  der 
Entscheidung  des  Looses  und  den  ersten  Centurio  VibuUius  mit 
dem  Tode;  dann  grilf  er  an;  die  Feinde  unterlagen  und  das 
Heer  begriisste  ihn  als  Imperator.^')  Seine  Rückkehr  nach 
Rom  verzögerte  sich  bis  zum  J.  36,  in  welchem  er  am  17.  Juli 
triumphirte,  vvieder  eine  besondere  Gunstbezeugung  Octavians, 
»luter    dessen  Auspicien    er    gefochten    hatte.      Den   Beitrag    der 


58)  Caes.  I.  c.  a.  46.  B.  AWc.  76.  86.  93.  59)  p.  Deiot.  II. 
60)  Fast.  cap.  a.  709.  1.  Th.  S.  106.  61)  2.  Tli.  S.  145.  A.  82  f. 
Unten  Uom.  Ahen.  No.  10.  A.  87.  62)  2.  Tli.  S  9.  A.  60.  Ursin.  p.  88. 
VaiU.  Domit.  No.  23.  Eckh.  5,  203.  63)  Dio  48,  32.  Tab.  CoUot.  bei 
Grnter.  p.  298.  No.  1.  und  bei  l'igli.  3,  484.  Coiiicl.  Balbi  No.  I.  §.  2. 
64)  I'lol.  2,  6.  Stiabo  3,  162.  l'lin.  3,  4  (3.).  65)  Dio  4»,  42.  Vellej. 
2,  78  unil  die  Münzen  oben  A.  62. 


CALVINI.  (6.)  1 1 

Provinz  zu  den  Kosten  der  Feier,  das  Kronengold,  verwandte  er 
grösstenflieils  auf  die  Herstellung  der  abgebrannten  Reg-ia  in  der 
Via  Sacra;  bei  der  Einweihung-  borgte  er  von  dem  Triumvir 
Statuen,  und  ersuchte  ihn  dann,  sie  selbst  wegnehmen  zu  lassen, 
in  der  gegründeten  Hoffnung,  dass  jener  das  HeiliglLum  nicht 
berauben  werde.  * '')  Seine  Blünzen  bezeichnen  ihn  als  Pon- 
tifen.  «■) 


66)   Dio  1.  c.    Fast,  triumph.  bei  Grut.  p.  297.    Orell,  Inscr.  No.  619, 
VaiU,  Domit.  A'o.  22.        67)   Oben  A.  62. 


12 


XV.    DOMTII. 


(1.) 


XV.      DOMITII. 


B.     AhenoharhL 


1.    Cn.  Domitiiis  Aheuobarbus« 

Vos.  l!t2  (J.  {_'hr.  ■ —  'M'i'l  a.  n. 
2.     in.  Ddiiiitius  AIh-ii. 


6.    Cn.  Uoiiiitius  Alien, 
•^fl.Sl— 673. 
»7.  Cornelia. 


t).     L.    Duniitiiis  Ahen, 
Cyi.54  — 700. 
—  1*.  Purcia. 

10.  Cn.  Dnniitius  Alien. 

11.  K.    Dnniitius    Alien. 
Cos.  lt>  —  73S. 

—  12.  Antonia  ni.iior. 


13.     Cn.  Dnniitius  Alii-n. 

Cos.'iiiiach  Cliv. — 7S3. 
—  14.  Aiiri|i|)iria. 

15.     L.   Domitius  Ahen. 

3N  c  r  o. 
IS.     Cn.  Domitins  Ahen. 

pr.54  — 700. 
ly.     L.   Domitius   Alien. 

PfüC.  K0  —  Ü74. 


lö.     Domitia.  17.    Doinifia  I.cpida. 

—  Crispus  Tassieuus.  •—  iU.  Valer.  Messala. 


XV.     D  o  m  i  t  i  i. 


B.     Ahenobarbi. 

V  iele  unter  diesen  Domifiem  Latten  rötLIicLes  Haar,  welcLes 
aucli  der  ScLerz  des  Redners  Crassiis  beweis't.  *')  Um  diess 
zu  erklären  und  zugleich  iLr  Geschlecht  unter  die  ältesten  hinauf- 
zuriicken,  erfanden  sie  das  Mährchen:  die  Dioscuren  haben  (258 
a.  u.)  ihrem  Ahnherrn  den  Sieg  der  Römer  am  regillischen  See 
über  die  Lateiner  verkündigt,  und  als  er  Zweifel  äusserte,  seinen 
schwarzen  Bart  berührt,  welcher  dadurch  rolh  geworden  sei.  ^^) 


68)   Sneton.  Nero  1.  2.    Ualen  No.  4.  A.  3.        69)  Plnt.  Aemil.  25. 
Coriol.  3.     ( A)yüßitQßoq   ZniQ   ictly  j^aXxQTto'iym'.    VasA.    Sic.    o.   561 : 


AIIENOB.iRBI.  (1.)  13 

1.  Cn.  Doinitins  Ahenobarbiis.  L.  F.  L.  N. ' ")  Volks- 
ädil  a.  196.  Kr  erbaute  mit  seinem  CoUegen  C.  Curio  von 
Strafgeldern  einen  Tempel  des  Faun,  und  -weiLfe  iLn  a.  194  als 
Prätor.")  Cos.  192.'^)  Feldzug  gegen  die  Bojer,  nacL 
■welchem  er  im  folgenden  Jabre  das  Heer  dem  Consul  Scipio 
Nasica  übergab.  '' ^)  a.  190  Legat  des  Consuls  L.  Scipio  im 
Kriege  mit  Antioclius  d.  Gr.  "') 

2.  Cn.  Domitius  Alienobai-bus.  Cn.  F.  L.  N. ''*)  SoLn 
des  Vorigen.  ScLon  in  seiner  Jugend  a.  172  Pontif. '^)  169 
ging  er  mit  zwei  Andern  als  Gesandter  nach  dem  Osten,  um 
über  den  Zustand  des  Heeres  und  der  Flotte  und  über  die  Streit- 
kräfte des  Persens  zu  berichten,  ")  Als  die  Consuln  des  J.  162 
niederlegten,  weil  die  Auspicien  bei  ihrer  W^ahl  nicht  gehörig 
beobachtet  waren,  nahm  er  mit  P.  Lentulus  ihi-e  Stelle  ein.  '^) 

3.  Cn.  Domitius  Ahenobarbus.  Cn.  F.  Cn.  N.  '*)  Sohn  des  Vo- 
rigen. Seine  Münzen  mit  dem  Kopfe  des  Jupiter  beziehen  sich  auf  die 
Spiele,  welche  er  als  Aedil  gab.  **  °)  Cos.  122,  ^  ' )  und  berühmt  durch 
seine  Thateu  in  Gallien,  wo  die  Römer  ihre  Herrschaft  als  Be- 
schützer der  IMassilier  und  Aeduer  gründeten.  Jene  vertheidigte 
154  O.  Opimius  gegen  die  Ligurer  und  125  Fulvius  Flaccus  gegen 
die  Sallurier,  mit  welchen  123  auch  der  Proconsul  Sextius  Cal- 
Tinns,  der  Erbauer  von  Aqua  Sextiä,  kämpfte.*')  Sein  Nach- 
folger Domitius  griff  die  AUobrogen  an ,  weil  sie  Teutomalius, 
den  König  der  Salluvier ,  aufgenommen  und  das  Gebiet  der 
Aeduer,   der  Freunde  Roms,   verwüstet  hatten,^')   und  besiegte 


leßoßünßog.)  Dionys.  H.  6,  13.  Liv.  2,  21.  Suet.  Nero  1.  Cic.  de  nat. 
D.  2,  2.  Tcrtnll.  Apolog.  22,  Auch  durch  die  Alüiizeii  erinnerte  man  .in 
den  erdichteten  Stammtater.  Eckh.  5,  202.  Unten  No.  10.  A.  87.  70)  Fast, 
cip.  a.  561.  71)  Liv.  33,  42.  34,  42.  53.  72)  Fast.  cap.  Liv.  35, 
10.  20.  73)  Ders.  36,  37.  74)  Ders.  37,  39.  Plut.  Apophlh.  Rom, 
Cn.  Domit.  Vol.  8.  p.  144  ed,  Hutt.  75)  Fast,  cap.  a.  591.  76)  Liv. 
42,  28.  77)  Ders.  44,  18.  20.  78)  Fast.  cap.  Cic.  de  nat.  D.  2,  4. 
de  div.  1,  17.  2,  35.  ad  (Jii.  fr.  2,  2.  Val.  M.  1 ,  1.  §.  3.  79)  Fast, 
triiimph.  bei  Gniler  p.  298.  No.  3.  80)  A^aill.  Domit.  No.  8.  81)  Cic. 
Brut.  26.  Plin.  2,  32.  Obseq.  92.  Cassiod.  Fast.  .Sic.  a.  631.  82)  En- 
trop.  4,  22  (10)  Terwechselt  die  Feldzüge,  weil  er  bei  dem  Namen  des 
Sextias  Calvinns  an  einen  Domitius  dachte,  nm  so  mehr,  da  anch  ein 
Domit.  Ahenob.  in  Gallien  auftrat.  83)  Liv.  Cl.  App.  Call.  XJ.  ed. 
Schweigh.  Vol.  1,  p.  84.    Flor.  3,  2. 


14  XV.    DOMTII.  (4.) 

sie  und  iLren  Bundesg'enossen  Bitnitiis,  Fürsten  der  Arremer,  *  ♦) 
a.  121  am  Zusammenflüsse  des  Siilgas  und  Rhodanus  bei  Vin- 
daliuin  besonders  durch  seine  ElepLanten,  welche  Mannschaft 
und  Pferde  schreckten.  **)  Obgleich  er  noch  einige  Zeit  nach 
der  Ankunft  des  Consnis  Q.  Fabius  Älaximus  in  Gallien  blieb, 
so  wird  doch  die  Nachricht,  dass  er  Bituitus  im  Zorn  über  dessen 
Unterhandlungen  mit  dem  Consul  nach  Rom,  und  der  Senat  ihn 
dann  weiter  nach  Alba  geschickt  habe,  *  ^)  von  Livius  widerlegt. 
Fabius  überwand  vielmehr  in  der  Gegend,  wo  die  Isara  sich  in 
den  Rhodanus  ergoss,  die  Allobrogen  und  den  König,  welcher 
nun  auf  Frieden  antrug  ui;d  an  den  Senat  ver'W'iesen  wurde;  er 
reis'te  selbst  nach  Rom  und  büsste  in  Alba  für  sein  Vertrauen, 
da  man  es  nicht  für  rathsam  hielt,  ihn  zu  entlassen;  man  be- 
mächtigte sich  dann  auch  seines  Sohnes ,  und  Beide  erschienen 
ohne  Zweifel  bei  Fabius  Triumphe.  ^ ')  Aber  Domitius  war 
unzufrieden,  dass  er  den  Krieg  nicht  beendigen  konnte ;  er  legte 
zum  Andenken  an  seine  Thaten  eine  Landstrasse  an,  via  Do- 
mlfia,  ^ ")  und  errichtete  Trophäen;  ''')  auch  sah  man  ihn  auf 
einem  Elephanten  mit  grossem  Prunk  durch  die  Provinz  reisen,  ^°) 
und  120  über  die  Arverner  triumphiren.  ^ ')  Als  Censor  sliess 
er  a.  115  mit  seinem  Collegen  Metellus  Dalmaticus  zwei  und 
dreissig  aus  dem  Senat.*')     Pontif.  ^*) 

4.      Cn.  Domilius   Ahenobarbus.      Cn.  F.  Cn.  N.     Sohn  des 
Vorigen,     mit    welchem    Sueton    ihn    verwechselt.  ^ *)      In    der 


84)  Betnltiis  in  den  Fast,  triiimph.  n,  633.  Eitius  Atlien.  4.  p.  152 
ed.  Casaiil).  Biltiis  Strabo  4,  191.  Viliiitiis  Hieron.  in  Euseb.  Chron.  Ol. 
163  s.  Scalig.  das.  No.  1890.  Kin  Ton  Römern  und  Griechen  entstellter 
Name,  aber  nicht  Königslitel,  obgleich  er  sich  auch  bei  den  Galliern  in 
Asien  findet,  App.  Milhr.  248.  249.  Denn  der  Vater  des  Bit.  wird  Luerius 
oder  Lnernins  (Athen,  u.  Strabo  11.  cc. )  und  sein  Sohn  Congentialus  ge- 
nannt. LiT.  61.  Bei  App.  Gall.  1.  c.  heisst  Bituitns  König  der  Allobrogen. 
85)  Sfraba,  Liv. ,  Flor.,  App.  Call.  U.  cc  Cic.  p.  Font.  12.  VeUej.  2, 
10.  39.  Oros.  5,  13.  S.  Iiilii  No.  31.  J.  15.  A.  23.  86)  Val.  M.  9,  6. 
J.  3.  Eutrop.  4,  22  (10).  87)  Liv.  61.  Strabo,  Cic.  U.  cc.  Caes.  B.  G. 
I,  45.  Vellej.  2,  10.  Plin.  7,  51  (50).  Suct.  Rero  2.  Oros.  5,  14.  Fast, 
triumph.  1.  c.  88)  Cic.  p.  Font.  4.  89)  Flor.  3,  2.  90j  Suet.  1.  c, 
91)  Fast,  triumph.  Vellej  ,  Eutrop.  11.  cc.  VaiU.  Domit.  7.  92)  Liv.  62. 
Cic.  Verr.  1,  55.  p.  Clnent.  42.  Val.  M.  2,  9.  {.  9.  Gruler.  p.  205.  206. 
Wo.   I.         93)    Suet,  Nero  2.         94)   l.  c. 


AnENOB.iRBI.  (4.)  15 

Reihe  der  Ahnherren  des  Kaisers  Nero  der  Sechste.  ^ ')  V. 
Tribun  104  unter  Marias  zweitem  Consniat.  **)  Er  rächtö  sich 
jetzt  an  den  Pontifen  für  die  Weig-ening',  ihn  an  seines  Taters 
Stelle  aufznueLmen,  durch  ein  Gesetz,  nach  ■welchem  das  \  olk, 
nnd  da  es  weg-en  der  Sacra  nicht  dazu  befugt  war,  siebzehn  durch 
das  Loos  bestimmte  Tribus  die  Priester  wählen,  und  die  Collegien 
sich  durch  die  Gewählten,  nicht  mehr  selbstständig'  erg-änzen 
sollten.  Durch  jenen  Zusatz  begegnete  er  einem  religiösen  Be- 
denken ,  an  welchem  ein  gleiches  Unternehmen  des  Tribuns  C. 
Crassus  im  J.  145  gescheitert  war.*')  Bald  nachher  wählte  ihn  das 
Volk  ans  Dankbarkeit  zum  Pontifex  IMaximus.  ■**)  Auch  Einzelne, 
welche  ihn  beleidig-t  hatten,  wurden  wahrend  seines  Tribunats  von  ihm 
verfolgt;  er  belangte  JM.  Aemilius  Scaurus,  einen  der  Ang'esehensten 
unter  den  Optimaten,  weil  durch  seine  Schuld  heilige  Gebräuche 
in  Lavinium  vernachlässigt  seien,  in  der  That  aber,  weil  er  ihn 
früher  nicht  zum  Aug-ur  wählte ;  doch  g'ab  er  einem  Sclaven  des 
Scaurus,  ■welcher  insgeheim  gegen  Uin  aussagen  wollte,  kein 
Gehör,  und  schickte  ihn  zu  seinem  Herrn.  Dieser  wurde  frei- 
gesprochen. ")  M.  Junins  Silanus  ferner  hatte  a.  109  als  Consnl 
Egritomarus,  einen  Gastfreund  des  Tribuns,  im  transalpinischen 
Gallien  beleidigt,  deshalb  klagte  ihn  Domitius  ^vegen  eines  Ma- 
jestäts- Verbrechens  an:  er  habe,  ohne  vom  Volke  dazu  ermäch- 
tigt zn  sein,  in  Gallien  mit  den  Cimbern  gefochten,  von  welchen 
er  geschlagen  Avurde.  Bei  weitem  die  Älehrzahl  der  Tribus 
sprach  ihn   frei.'"")     Cos.    96   mit   C.    Cassius. ')     Blit  seinem 


93)  Atavns.  Das.  96)  Xacli  VeUeJ.  2,  12  unter  dem  Dritten,  a.  103; 
al)er  Ascon.  ia  Cornel.  p-  81  nennt  Blaiius  CoUegen  Fiinbria.  97)  Cic. 
de  lege  agr.  2,  7.  Vellej  ,  Snet.  11.  cc.  Die  57,  37.  Sulla  hob  diess 
Gesetz  auf,  und  Cäsar  a.  63  durch  den  Tribun  T.  Labienus  das  cornelische. 
Cornel.  Sullae  jVo.  8.  §.  13.  lulii  No.  31.  §.  7.  98)  Liv.  67.  Cic.  p, 
Deiot.  11.  Tal.  M.  6,  5.  §.  5.  99)  Cic.  u.  Val  M.  U.  cc.  Dio  fr.  100. 
Ascon.  in  Scanr.  p.  20.  21  giebt  die  verweigerte  Aufnahme  in  das  Colle- 
gium  der  Augnrn  als  die  Ursach  der  Klage  au;  Domiüns  konnte  sich  um 
diess  Priesterthnm  beirerben,  als  er  nicht  Pontif  gevf  erden  ■v\"ar;  wir  kennen 
seine  Geschichte  zu  wenig  im  Zusammenhange,  tun  Ascon,  oder  Sueton, 
(Xero  2)    des    Irrthums    zu   beschuldigen     1.   Th.    S.  27.  100)    Cic.   p. 

Cornel.  n.  das.  Ascon.  p.  80,  OreU.  Div.  in  Caecil.  20.  Verr.  2,  47. 
Vgl.  LiT.  65.  Vellej.  2,  12.  1)  Fast.  cap.  Cassiod.  Fast.  Sic.  a.  657. 
Cic.    p.   Deiot.    11.    Brnl.  45.    Ascon.   in   Scaiu-,  21.    Val,  M.  6,  5.  §.  &. 


16  XV.    DOMITII.  (5.) 

Colleg'en  in  der  Censur  L.  Crassiis  dem  Redner  war  er  nnr  darin 
einig,  dass  sie  a.  92  die  Schulen  der  lateiniscLen  Rhetoren  schlös- 
sen ,  deren  Unterricht  sie  für  eine  verderbliche  Neuerung  hiel- 
ten. °)  Uebrigens  zeigte  sich  -wieder  seine  Streitsucht  und  Heftig- 
keit. ^)  Denn  nach  dem  Vorigen  darf  man  kaum  zweifeln,  dass 
er  zur  Feindschaft  mit  seinem  Collegen  die  erste  Veranlassung 
gab,  und  zu  seinem  Nachtheile,  da  jener  ihm  an  Witz  und  Geistes- 
gegenwart überlegen  war,  *)  und  ihr  Wortwechsel  sich  daher 
meistens  auf  seine  Kosten  mit  dem  Gelächter  der  Zuhörer  en- 
digte. ')  Unter  Anderem  machte  er  es  Crassas  zum  Verbrechen, 
dass  er  ein  prachtvolles  Haus  auf  dem  Palatin  bewohne,  dass  er 
Säulen  von  hymettischem  Blarmor  besitze,  und  eine  in  seinem 
Fischteiche  gestorbene  Bluräne  wie  eine  Tochter  betrauert  habe.  ^) 
Nach  Cicero  war  er  kein  ausgezeichneter  Redner,  aber  doch  auch 
nicht  ohne  Anlage  und  Uebung.  ') 

5.  L.  Domitius  Ahenobarbus.  Cn.  F.  Cn.  N.  ')  Bruder 
des  Vorigen,  und  wie  dieser  ein  Freund  des  Metellus  Numidicus, 
W^elcher  während  seines  Exils  an  sie  schrieb.  ^)  Er  tritt  in  der 
Geschichte  zuerst  als  Propräfor  von  Sicilien  auf,  bald  nach  Been- 
digung des  Sclavenkriegs  auf  der  Insel,  wo  es  den  Sclaven  seit- 
dem untersagt  war,  Waffen  zu  tragen;  ein  Hiri,  welcher  einen 
Eber  mit  einem  Jagdspiesse  erlegt  hatte,  wurde  auf  seinen  Be- 
fehl gekreuzigt.  '")  Cos.  94.  •')  Jene  Verbindung  mit  Metellus 
lässt  schon  auf  die  Partei  schliessen,  welcher  er  srngehörte  und 
auch  im   ersten  Bürgerkriege   treu    blieb;   deshalb  liess  ihn  der 


Obseq.  109.  Cassü  No.  9.  2)  CIc.  de  Cr.  3,  24.  GeU.  IS,  11.  Dial. 
de  er,  35.  Vgl.  Fast.  cap.  a.  661.  Cic.  p.  Deiot.  11.  Brnt.  43.  Val.  M. 
6,  5.  5.  5.  3)  Plin.  17,  1 :  nt  erat  vehemens  natura,  praeterea  accensus 
odio  etc.  Crassns  sagte  ihm:  Noa  esse  mirandmn,  qnod  aeneam  barbam 
haberet,  cni  os  ferrenin,  cor  plumbenm  esset.  Suet,  Nero  2.  4)  Praesens 
ingenio  semper,  et  faceto  lepore  solers.  PUn.  I.  c.  5)  Flln.,  Snet.  11,  cc. 
Cic.  de  or.  2 ,  56 :  Erat  antem  tanta  gravitas  in  Domitio ,  tanta  auctoritas, 
tit,  quod  esset  ab  eo  obiectnra,  lepore  magis  elcTandiun,  qnam  contentione 
frangendum  Tideretur.  Vgl.  c.  11  n.  59.  u.  Brnt.  44.  6)  Plin.  17,  1 
n.  36,  3.  Val.  M.  9,  1.  §.  4.  Macrob.  Sat.  2,  11.  Plut.  reip.  ger.  praec. 
Vol.  12.  p.  167.  Hutt.  7)  Brut.  45,  de  or.  2,  56.  8)  Orell.  Inscr. 
No.  3793.  9)  GeU.  15,  13.  10)  Cic.  Verr,  5,  3.  Val.  M.  6,  3.  §.  5. 
II)  Fast,  c.-ip.  Cassiod.  Fast.  Sic,  a.  659.  Ascon,  ia  Cornel,  arg,  p,  57. 
OreU.  Obseq.  111.   Orell,  luscr,  1,  c. 


AHEJVOBARBI.  (6.)  17 

jüngere  Afarius   a.  82    durch  den  Prätor  Damasippos  in  Rom  er- 
morden. ' ' ) 

6.  C'n.  Domiliiis  ALenobarbus.  Cn.  F.  Cn.  N.  Nach 
Vornamen  und  Zeilverhältniss  ein  Sohn  von  No.  4.  Von  seinem 
Vater,  welchen  er  nur  wenige  Jahre  überlebte,  *^)  ererbte  er  die 
Feindschaft  mit  mehvern  vornehmen  Geschlechtern ,  und  als 
Schwiegersohn  des  L.  Cinna''')  erklärte  er  sich  im  ersten 
Bürgerkriege  entschieden  für  die  Volkspartei.  Er  wurde  von 
Sulla  geächtet,  jind  sammelte  in  Afrika  mit  Hülfe  des  numidischen 
Königs  Hiarbas  ein  neues  Heer,  an  welches  sich  viele  andere 
Proscribirte  anschlössen.  ' ')  Allein  TOOO  Mann  verliessen  ihn, 
als  Cn.  Pompejus  bei  Utica  «nd  in  der  Nähe  der  Ruinen  von 
Carlhago  landete.  Dieser  griff  ihn  mit  grosser  Uebermacht  und 
in  dem  Augenblicke  an,  wo  er  seine  Stellung  verändern  wollte 
und  daher  nicht  zum  Kampfe  vorbereitet  war;  auch  Sturm  und 
liegen  beförderten  seine  Niederlage;  Pompejus  wurde  Imperator, 
weigerte  sich  aber,  den  Titel  anzunehmen,  bis  das  Lager  ei- 
stürmt  sein  würde,  bei  dessen  Vertheidigung  Domitins  im  Jahre 
81  fiel.  '6) 

7.  Cornelia.  Gemahlin  des  Vorigen,  Tochter  des  L.  Cinna. 
(Cos.  a.  87.)  ") 

8.  L.  Domilius  Ahenobarbus.  Cn.  F.  Cn.  N.  '")  Sohn 
von  No.  4.  Cicero  lässt  ihn  a.  70  als  Zeugen  gegen  Verres 
auftreten,  '  ^)  und  spricht  fünf  Jahr  später  übertrieben  von  seinem 
Einllusse  auf  das  Volk,  um  es  bei  A"icus  zu  entschuldigen,  dass 
er  zur  Zeit  seiner  Bewerbung  um  das  Consnlat  nicht  dessen 
Oheim  Q.  Cäci)ius  gegen  Satrius,  den  Freund  des  Domitius,  als 


12)  VeUej.  2,  26.  App.  1,  403.  Gros.  5,  20.  Cornel.  SuU.  No.  8.  §.  9. 
13)  In  ipso  iaventutis  flore  —  occisns.  Val.  M.  6,  2.  {.  8.  14)  unten 
No.  7.  15)    Uv.    ep.   89.    Plu«.    Pomp.  10.  16)   Plnt.  Pomp.  12. 

Zonal-.  10,  2.  Oios.  5,  21.  24.  Vgl.  Cic.  p.  Manil.  11.  B.  Afric.  22. 
■^Vean  der  Besiegte  im  Gefechte  den  Tod  fand ,  oder  sich  selbst  entleibte, 
so  -wird  dies  oft  der  Kürze  wegen  oder  ans  Hass  so  dargestellt ,  als  ob 
der  Gegner  ihn  habe  tüdten  lassen.  So  sagt  Liv.  1.  e. :  Pompeius  —  Do- 
mitiiun  —  et  Iliaibam  —  occidit;  Vgl.  Val.  M.  6,  2.  §.  8.  und  nnten 
Ko.  8.  A.  60.  nur  der  Letzte  wntde  gefangen  nnd  hingerichtet.  Plut. 
Pomp.  1.  c.  Otos.  5,  21,  Pompej.  HIv.  a.  81  ti.  80,  17)  Cornel.  Ginn. 
No,  7.  18)  Cic.  ad  Fam.  8,  8.  §.  3.  19)  Venr.  1,  53. 
Dnimann,  Gcschiclite  Roms  III.  2 


18  XV.    DOMITII.  (8.) 

Anwalt  dienen  mocLte. '^'')  Dieser  mnclite  sich  a.  61  als  cum- 
liscLer  Aedil  durcL  seine  Spiele  beliebt,  bei  welclien  das  Volk 
am  18.  September  Lundert  niunidische  Löwen  und  deren  Wärter 
sali,  ^°)  und  zum  ersten  Male  vor  der  Beendigung  der  Kämpfe 
den  Circus  verliess,  um  zu  essen;  seitdem  gescLali  diess  immer.  '^ ') 
Den  Optimaten  wui-de  Domifius  verLasst,  als  er  seinen  Schwager 
Cato  im  Senat  bei  Anträgen  gegen  Bestechungen  bei  den  Wahlen 
unterstützte ,  obgleich  sie  besonders  gegen  Ponipejus  gerichtet 
■waren,  welcher  die  Stimmen  für  Afranius  erkaufte,  um  durch 
ihn  im  folgenden  Jahre  60  die  Bestätigung  seiner  Verordnungen 
in  Asien  zu  bewirken.  ^^)  Man  verkannte  ihn,  aber  nicht  lange, 
denn  kein  Anderer  war  so  eifersüchtig  auf  die  angemassten 
Rechte  seines  Standes,  von  welcher  Seite  sie  auch  gefährdet 
■wurden.  Deshalb  beruhigte  Cicero  a.  59  seine  Wahl  zum 
Prätor;  er  rechnete  auf  seinen  Schutz  gegen  Clodius;  ^^)  auch 
Cäsar  durchschaute  ihn  und  veranlasste  bei  der  erdichteten  Ver- 
schwörung gegen  Ponipejus  den  Angeber  L.  Vettius,  ihn  als 
Mitschuldigen  zu  bezeichnen,  dessen  Wohnung  zum  Sammelplätze 
für  die  Mörder  bestimmt  sei.  ^*') 

Nur  als  Feind  der  Triumvirn  und  der  Volkspartei  war  er 
Cicero's  Freund,  und  man  findet  nicht,  dass  er  a.  58  während 
seiner  Prätur  sich  bemühte,  seine  Verbannung  abzuwenden,  oder 
im  Senat  auf  seine  Herstellung  antrug ,  wie  er  versprochen 
Latte.  ^  ^)  Desto  mehr  beschäftigten  ihn  die  julischen  Gesetze 
vom  vorigen  Jahre;  er  verlangte  mit  seinem  Collegen  C.  Mem- 
mins  eine  Untersuchung  über  ihre  Gültigkeit;  aber  Cäsar  war 
noch  vor  den  Thoren;  der  Senat  wagte  nicht,  ilm  zur  Rechen- 
schaff zu  ziehen.  *  ^)  Bei  dem  Allen  freute  es  die  Nobilität,  dass 
Domitius  etwas  mehr  Muth  zeigte,  als  die  Uebrigeu,  und  auch 
dem  V.  Tribun  C'n.  Maulius  widerstand,   als  er  auf  eine  gewalt- 


ig i)  ad  Att.  1,  1.  §.  3.  Vgl.  3,  20.  20)  Jahr  nnd  Tag  meldet 
riin.  8 ,  54  (36).  Er  fand  in  seinen  Quellen  statt  der  Löwen  Bären  ge- 
nannt,  und  bemerkt,  dass  Afrika  diese  nicht  hervorbringe.  Solin.  26. 
21)  Dio  37,  46.  DUmUnm  llorat.  Kp.  1,  19.  47.  22)  ad  Alt.  1,  16. 
J.  7.  S.  2.  Th,  S.  8G.  A.  64  u.  Pomp.  lllv.  a.  61.  23)  ad  Qu.  fr. 
1,2.  J.  9.  24)  ad  Att.  2,  24.  in  Vatin.  10.  S.  2.  Th.  S.  233  f. 
25)  ad  Att.  3,  15.  §.  6.  2,  Th.  S.  279.  26)  Suelon.  Caes.  23.  Nero  2. 
lulii  No.  31.  \.   15  in. 


AHENOBARBI.  (8.)  19 

saine   Art  den  Freigelassenen  das   RecLt   verscliaffen    wollte,    in 
allen  Tribus  zu  stimmen.  ° ') 

So  lang'e  Pompejiis  und  Crassiis  mit  Cäsar  einig'  -waren, 
blieben  alle  Anstrengungen  gegen  sie  oLne  Erfolg.  Sie  begaben 
sich  im  April  56  in  sein  "Winterlager  nach  Luca,  und  er  be- 
willigte ihnen  für  wichtige  Gegendienste  das  Consulat.  ^')  Ihre 
Absicht  wui-de  bald  bekannt;  die  Optimaten  zürnten,  und  am 
meisten  der  Consul  Lentulus  Marcellinus  ^^)  und  BI.  Cafo,  welcher 
Domitius  überredete,  nicht  nach  dem  Beispiele  der  anderen  Can- 
didaten  des  Consnlafs  zurückzutreten ,  da  das  Vaterland  in  Ge- 
fiihr  sei.  Weder  Pompejus  noch  die  Aristocratie  ergriffen  das 
Rechte;^")  ihr  Zwist  sicherte  ihren  gemeinschaftlichen  Feind 
Cäsar,  und  seine  Collegen  verwirkten  durch  die  Bliftel,  deren 
sie  sich  bedienten,  den  Schutz  der  Gesetze  und  der  Verfassung. 
Da  sie  sich  zn  spät  unter  den  Candidafen  einfanden  und  den 
Einiiuss  des  MarceUinus  fürchteten,  so  verhinderten  sie  die  WaUen 
durch  den  Einspruch  der  Tribüne  C.  Cato  und  JVonius  Sufenas. 
Domitius  ennüdefe  nicht ;  er  bewarb  sich  auch  im  folgenden 
Jahre  55,  tun  als  Consul  gegen  Cäsar  auszuführen,  wie  er  längst 
den  Seinigen  verheissen  hatte ,  was  ihm  als  Prätor  misslungen 
war,  ■" ')  uud  erschien  am  Tage  der  Comitien  vor  Sonnenaufgang 
mit  M.  Cato  und  anderen  Freunden  auf  dem  Blarsfelde.  Ihre 
Hoffnung,  die  Bürger  zur  Abwehr  der  Tyrannen -Herrschaft  sich 
erheben  zu  sehen,  wurde  nicht  erfüllt;  vielmehr  empfing  sie  eine 
bewaffnete  Bande,  welche  den  Fackelträger  erschlug,  und  ausser 
vielen  Anderen  auch  Cato  verwundete.  Dieser  hielt  Domitius 
fast  mit  Gewalt  auf  dem  Kampfplätze  fest,  bis  die  üebermacht 
Alle   zur  Flucht   zwang.''-)     Dass  Pompejus  am  Gefechte  Theil 


27)  Die  Lesart  scli\rankt  anch  ia  Ascon.  in  ]\IiIon.  c  8.  p.  45.  Orell, 
Tfie  in  vielen  Stellen  (Ziunpt  zu  Tcrr.  2,  50)  zwischen  Manlius  und  Ma- 
nilius;  %venn  die  Erste  die  richtige  ist,  so  stammte  der  Tribun  TOn  einem 
freigelassenen  der  patricischen  Blanlicr  ab,  Dass  man  aber  nicht  Ascon, 
in  Cornel,  p.  66  hieher  ziehen  darf,  tko  Ton  C.  Slanilius,  dem  Tribun  des 
J.  06    die  Rede   ist,    (vgl.  Dio  36,  25)    hat  bereits  OreUi  p.  46  bemerkt. 

28)  Hier   nur,    vtas  Domitias   unmittelbar  angeht.     S.   Inlii  Xo-  31.  §.  21« 

29)  Claudii  MarceU.  No.  31.  Asiiiii  No.  4.  J.  1.  30)  Das.  n.  Claudii 
Ro.  43.  (j.  20  in.  31)  Suet.  Caes.  24.  32)  Dio  39,  31.  PIbi; 
Pomp.  52.    Cato  M.  41.   Crass.  15.    Caes.  21.   App.  2,  437. 

o  * 


20  XV.     DOMITII.  (8.) 

genommen  Labe,  sagt  nur  Appian, '^)  Seiner  WaU  stand  mm 
aber  nicLfs  mehr  entgegen.  '*)  Cicero  erinnerten  die  stürmischen 
Auftritte  an  sein  Exil;  wie  er,  schrieb  er  an  Atlicus,  so  sei 
nun  auch  Domilius  durch  Dieselben  ins  Unglück  gestürzt  und 
ohne  bei  den  Gutgesinnten  Hülfe  zu  finden,  nur  mit  dem  Unter- 
schiede, dass  jener,  eben  durch  die  Drohungen  gegen  Cäsar  sein 
Schicksal  verschuldet  habe;  und  doch  war  er  selbst  nur  verbannt, 
weil  er  im  Unmuth  über  das  Triumvirat  nicht  schwieg.  ^ ') 

Vor  Allein  war  es  jetzt  Domitius  verhasst,  und  so  mehr 
wünschte  seine  Partei,  dass  er  in  den  nächsten  Consular-Comitien 
dnrchdi'ingen  möge.  Auf  der  andern  Seite  konnte  er  Cäsar  und 
dessen  Verbündeten  nicht  mehr  schaden,  A*eil  der  Verfrag  von 
Lnca,  so  fern  er  die  Provinzen  betraf,  mit  Hülfe  des  Tribuns 
C,  Trebonius  vollzogen  war.  Er  wurde  daher  gewählt,  und  mit 
ihm!  Appius  Claudius,  ein  Verwandter  des  Pompejus.  ^^) 

In  seinem  Consulat  a.  54  fand  er  nur  Gelegenheit  zu  einer 
kleinlichen  und  ohnmächtigen  Rache.  C.  Cafo ,  der  Tribun  des 
J.  56  wurde  gewissermassen  unter  seinem  Schutze  angeklagt, 
und  Pompejus  bewirkte,  dass  die  Richter  ihn  freisprachen.*') 
Eben  so  wenig  hafte  er  die  Genugthuung- ,  dass  man  Gabiuius, 
den  Günstling  des  Pompejus ,  wegen  der  Herstellung-  des  Pfole- 
mäus  Auletes  bestrafte.*')  Auch  wurde  Julia,  die  Gemahlin 
des  Triumvir,  Cäsars  Tochter,  anf  dem  JMarsfelde  begraben,  die 
höchste  Auszeichnung,  obgleich  er  es  verhindern  wollte,  weil  man 
niemanden  an  einem  geweihten  Orte  beerdigen  dürfe,  ohne  durch 
einen  Beschhiss  ausdrücklich  dazu  befugt  zn  sein.  *  8)  Aber  er 
war  nicht  bloss  unfähig,  die  Nobilifät  zu  vertreten,  sondern  er 
beschimpfte  sie  auch  durch  den  Vertrag,  welchen  er  nebst  Appius 
mit  den  Candidafen  Memmius  und  Domilius  Calvinus  schloss. 
Als  Memmius  selbst  den  schändlichen  Handel  mit  Aemtern  und 
Provinzen  anzeigte,  verrieth  seine  Bestürzung',  dass  das  Ehigefühl 


33)  I.  e.  n.  Inlii  No.  31.  §.  24.  A.  41.  34)  Am  11.  Februar  be- 
riefen rtie  neuen  Consnln  bereits  den  Senat,  und  niclit  zum  ersten  Male. 
Cic.  ad  9u.  fr,  2,  9.  §.  3.  35)  ad  Att.  4,  8.  36)  S.  die  Stolleu  im 
2.  Th.  S.  188.  A.  48.  37)  2.  Th.  S.  3.  38)  Die  39,  60.  62.  Ca- 
T.inii.  Vgl.  Cornel.  Lenna.  No.  21.  {.  1.  3Ö)  Die  39,  64.  Vgl. 
48,   .'.3. 


AUE-\0B.1RBI.  (8.)  21 

uocL    iiicLt   ganz  in  iktu  erlosclien  ^va^,    wogegen  sein  College, 
ein  slolzer  Patricier,  unbefangen  blieb.  '") 

Er  übernaLm  keine  Provinz  und  nüLerfe  sicL  Pompejas  lu 
dem  Blaasse,  als  die  scheinbare  Freundschaft  zwscLen  den  Trium- 
virn  erkallele.  Jenem  war  der  Tod  des  Clodius  erwiiuscLt,  und 
um  auch  andere  Feinde  und  insbesondere  3Iilo  zu  entfernen,  gab 
er  a.  52  in  seinem  drilj^en  C'onsulat  die  geeigneten  Gesetze. 
DouiiliuS  erhielt  als  Quiisilor  den  Vorsitz  in  dem  Gerichte,  von 
welchem  Blilo  wegen  der  Ermordung  des  Clodius  verurtheilt 
wurde.'')  Blan  konnte  es  sich  nicht  verbergen,  dass  Cäsar 
gefiihrlicher  sei ,  nnd  die  Entwaffnung  der  Bandenfiihrer  in  der 
Stadt  seine  IVIucht  nicht  vermindere  ;  daher  hörte  man  a.  51  mit 
grosser  Freude  von  einem  unglücklichen  Feidzuge  gegen  die 
Bellovaken,  welche  ihn  eingeschlossen  haben;  auch  Domitias 
war -geschäflig,  es  zu  verbreiten,  seine  Hoflriuugen  wurden  aber 
nicht  erfüllt.  ") 

Die  Nachrichten  über  ihn  vom  J.  50  finden  sich  grössfen- 
Ihcils  in  den  Briefen  seines  Feindes  M.  Coelius  an  Cicero,  den 
Proconsnl  von  Cilicieu.  Darnach  stimmte  er  im  Senat  mit  Me- 
tellus  Scipio  fiir  das  Dankfest ,  durch  welches  Cicero  seinen 
Triumph  vorbereiten  wollte,  um  den  Tribun  C.  C'urio,  seinen 
Gegner,  zum  Einspruch  zn  reizen;  dieser  erklärte,  dass  er  sich 
nun  nicht  widersetzen  werde.  *^)  Es  unterliegt  keinem  Zweifel, 
dass  er  mit  dem  Gefühle,  ein  geborner  Consul  zu  sein,'"')  auf 
den  Emporkömmling  herabsah.  Noch  weit  mehr  wurde  Coelius 
gegen  ihn  erbittert,  als  er  den  Censor  Appius  Claudius  in  dem 
Vorhaben  bestärkte,  ihn  wegen  Rnabenschänderei  anzuklagen.  * ') 
In  dieser  Zeit  bewarb  sich  Domitius  um  das  Augurat,  welches 
durch  den  Tod  des  Horteusius  erledigt  war.  Curio  bewirkte  mit 
Coelius,  und  durch  Cäsars  Geld  und  Einfluss  unterstützt,  dass 
nicht  er,  sondern  M.  Antonius  gewählt  wurde. '^) 

Um  so  grösser  war  sein  Hass  gegen  Cäsar,  dessen  Fall  iliu 


40)  ad  Att  4,  18.  Domit.  C-Uviui  No.  6.  f.  1.  41)  1.  Th.  S.  48. 
Clamlii  No.  43.  f.  22  u.  23.  A.  29.  42)  ad  Farn.  8,  1.  §.  4.  43)  Das. 
8,  n.  44)  ai)  All.  4,  8  fin.  45)  ad  Farn  8,  12  n.  IS  fin.  Claudii 
No.  41.  j.  4.  A.  5.  Coelü  No.  5.  '.  2.  40)  ad  F.im.  8,  12.  14.  1.  Tli. 
S.  67.  A.  Ö4 


22  XV.    DOMlTn.  (8.) 

zugleich  erlieben  und  ihm  die  Früchte  seiner  Siege  zuwenden 
sollte,  denn  man  beslimiiile  ihm  das  Jenseitig'c  Gallien.  ")  Wena 
er  aber  auch  aus  Selbsfsuclit  handelle,  so  gehörte  er  doch  zu  den 
Wenigen,  welche  a.  49  als  Legaten  des  Pompejus  einigen  Ernst 
zeigten.  '*)  Er  warf  sich  in  die  jielignische  Stadt  Corllnium, 
welche  günstig-  gelegen  war,  nm  den  Feind  aufzuhalten,  bis  die 
Hauptmacht  heranrückte,  und  ihn  dann  mit  Erfolg  anzugreifen. 
Auch  traf  er  Massreg-eln  zur  Vertheidigung'  und  erniuthigte  die 
Truppen  durch  grosse  Versprechungen.  Pompejus ,  holfte  er, 
■werde  zum  Entsatz  kommen ,  und  er  forderte  ihn  dazu  auf,  weil 
er  nicht  wussle,  dass  Jeuer  Italien  verlassen  wollte  und  die  Rü- 
stungen bei  der  Unthäligkeit  der  übrigen  BefeUshaber  schlechten 
Forlgang  halten.  Schon  war  er  eing-eschlossen,  als  Pompejus  ihn 
zu  sicii  beschied.  Bei  der  Unmöglichkeit,  sich  lange  zu  behaupten 
oder  sich  durchzuschlagen,  wollte  er  mit  seinen  Vertrauten  ent- 
lliehen,  die  Soldaten  erzwangen  aber  die  Uebergabe,  nachdem  sie 
bieben  Tage  belagert  waren.  Sie  niussten  bei  Cäsar  Dienste 
nehmen ;  die  Anfühi'er  und  Senatoren  wurden  unverletzt  entlassen. 
Nach  der  IMeinung-  des  Coelius  war  dies  eine  unzeitige  Gross- 
iimth;  *^)  Domitius  hatte  sie  nicht  erwartet  und  daher  während 
der  Unterhandlungen  einem  Sclaven,  seinem  Arzte,  geboten,  ihm 
Gift  zu  reichen ;  er  bereute  es ,  als  Lentulus  Spinther  ihn  der 
Gnade  des  Siegers  versicherte,  ^°)  und  erfuhr  nun,  dass  man  ihm 
einen  Schlaftrunk  gegeben  habe.  ' ' ) 

Seine  Gesinnungen  blieben  dieselben;  er  kämpfte,  so  lange 
er  "war.  Schon  vor  den  letzten  Ereiguissen  erschien  er  Cicero 
und  anderen  Lauen  und  Achselfrägern  als  ein  Thor,  weil  sie 
sich  durch  ihn  beschämt  fühlten;  warum  sich  aufopfern,  da  Pom- 
pejus verkehrte  Anordnungen  machte  und  nach  Brundusium  ent- 
lloh?  '^^^  Dann  war  man  eine  Zeitlang  ungewiss,  wo  Domitius 
sich  aufhielt   und  was  er  beabsichtige;    es  beunruhigte  vorzüglich 


47)  Cacs.  B,  C.  I,  6.  nd  Fain.  16,  I?,  TJlter.  Call.  Sneton.  Caes.  34. 
Nero  2.  A|ip.  2,  448.  450.  479.  Lncan.  7,  607.  48)  S.  die  Geschichte 
lies  zweiten  I5iiigerkriegs  in:  Cncs.  üict.  a.  49  f.  49)  ad  Fani.  8, 
15  lin.  50)  Coniel.  Lent.  No.  21.  §.  2.  51)  Siiet.  Nero  2.  Senec. 
de  hcnef,  3,  24.  l'lin.  7,  54  (53).  Tlut.  Cacs.  34.  Zoiiar.  10,  7.  52)  ad 
All.  8,  I  u.  8. 


AHESOB.mBI.  (8.)  23 

Cicero ;  der  angeseLene  Optimat  sollte  aucL  auf  den  Gütern  leben, 
«ml  ihn  durcL  sein  Beispiel  recLtfertigen.  ^  0  AVenig-  Trost  ge- 
■»valirle  die  NacLricLf,  er  sei  auf  einer  Villa  bei  Cosa  in  Etrurien, 
uuJ  riisle  zu  einer  Seefalu-t;  das  Lager  des  Poinpeius  oder  Spa- 
nien schien  sein  Ziel  zu  sein.  *')  Er  ging  aber  mit  sieben  auf 
eigene  Rosten  erbauten  Schiffen  nach  Jlassilieu,  wo  er  bald  nach 
Cäsar  eintraf  und  den  Oberbefehl  erhielt.  Auch  liier  focht  er 
ohne  Glück,  obgleich  jener  den  grössten  Theil  seiner  Truppen 
weiter  nach  Spanien  führte;  als  er  zurückkam  und  die  Stadt  sich 
au  ihn  ergab ,  entfernte  sich  Domilius  mit  seinen  Freunden  und 
drei  Schiffen ;  nur  eins,  welches  ihn  selbst  trug,  gewann  die  hohe 
See,  die  andern  liefen  aus  Forcht  Tor  den  feindlichen  -wieder 
in  den   Hafen  ein.  ^^) 

So  findet  man  ihn  im  nächsten  Jahre  48  im  Heere  des 
Pompejus  in  Thessalien,  und  noch  immer  voll  Zuversicht  und  im 
heftigen  Streite  mit  Lentulus  Spinther  und  Bletellus  Scipio,  weil 
jeder  Cäsar  in  dem  Amte  eines  Poutifex  ]\Iaximus  folgen  wollte.  '  ^) 
Auch  trug  er  darauf  an ,  nach  dem  Kriege  über  die  Senatoren 
Gericht  zu  halten;  wer  in  Rom  geblieben  war,  sollte  sterben, 
wer  mit  Pompejus  die  Stadt  verlassen,  aber  nicht  an  den  Gefechten 
Theil  genommen  hatte,  eine  Geldstrafe  erlegen,  und  nur  der 
Kampfgenosse  von  der  Schuld  freigesprochen  werden.  ")  Cicero, 
welcher  es  nie  vergass,  dass  Domitius  ihn  einen  Feigen  nannte,  ^^) 
gehörte  zur  zweiten  Classe,  und  die  Drohungen  der  Optimaten 
bei  ihrer  Einschiffung',  ihre  Raubsucht  und  Rachgier  machten  ihm 
den  Sieg  eines  verhassten  Feindes  wünschenswerth.  Die  Eut- 
.-icheidung  war  nahe.  Domilius  führte  bei  Pharsalus  den  linken 
Flügel,  ''■)  uuJ  wurde  von  Reitern  erschlagen,  als  er  aus  dem 
Lager   auf  einen  Berg  entfloh.  ^°) 

Geburt  und  Rcidilhum  nährten  einen  EhrgeLs  in  ihm,  welchem 


53)  ad  Att.  8,  12  14.  9,  1.  3.  54)  Das.  9,  6  n.  9.  Caes.  B.  C. 
1 ,  34.  55)  Caes.  B.  C.  2 ,  22.  Plin. ,  Sueton.  U.  cc.  Dio  41 ,  25. 
56)  Cprncl,  Leut.  No.  21.  §.  2.  57 J  Caes.  B.  C.  3,  83.  Cic.  ad  All. 
11,6.  Suet.  Kero  2.  58)  ad  Farn.  6,  21.  59)  Plut.  Caes.  44. 
App.  2,  475.  Lucaii.  7,  220  gielit  ihm  dea  rechten,  n.  Caes.  3, 88  schweig«. 
60;  Caes.  1$.  C.  3,  99.  Snel.  Nero  2.  Api..  2,  479.  Tacil.  A  4,  44. 
Liicaii.  7,  600  f.  Auch  81.  Anioiiius  war  iu  der  Scülacht,  daher  2.  l'hil. 
20:  L.  Uomiljum  occiderus.     Vgl    c.   11. 


24  XV.    DOMITII.  (9.) 

seine  Kräfte  nicLt  entsprachen.  Nur  Dio  bemerkt,  er  habe  anter 
Sulla  viele  Ländereien  erworben;^')  wie  dem  auch  sein  mag-, 
80  beweis't  seine  Aedilität ,  das  Versprechen,  jedem  von  der  Be- 
satzung^ in  Corfinium  vier  Juchart  zu  geben  und  die  Ausrüstunf 
eines  Geschwaders  bei  Cosa,  wie  dessen  Bemannung;  mit  eigenen 
Leuten,  ^-)  dass  er  sehr  beg:iitert  war.  Alle  anderen  Eig-en- 
schaffen,  welche  seina  Rolle  erforderte,  g^ing'en  ihm  ab,  die  sitt- 
liche Würde  des  ächten  Republicaners,  Rednergaben*^)  und 
Feldherrntalenf.  Ung'estiim  und  Hartnäckig-keit  und  das  glühende 
Verlangen,  seine  Feinde  nicht  bloss  zu  besiegen,  sondern  auch 
zn  morden,  konnten  sie  nicht  ersetzen.  **) 

9.  Porcia.  Gemahlin  des  Vorigen,  Schwester  des  M.  Cafo 
Uticensis.  '^') 

10.  Cu.  Domitius  Ahenobarbus.  L.  F.  C'n.  N.  Sohn  von 
Wo.  8  und  9.  f^S)  Er  belangte  a.  50  Cu.  Sattirninus,  den  Sohn 
eines  Emporkömmlings ,  welcher  wahrscheinlich  dazu  beigetragen 
Latte,  dass  sein  Vater  nicht  Augur  wurde.*')  Im  folgenden 
Jahre  war  er  mit  diesem  in  Corfinium,*^)  wo  Cäsar  auch  ihn 
begnadigte.  IMan  wusste  anfangs  nicht,  wo  er  sich  befand ;  dann 
aber  sprach  ihn  Cicero  8.  März  auf  dem  Formianiim,  eJs  er 
zu  seiner  Blutter  Porcia  nach  Neapolis  reis'te.  '^^)  Es  ist  daher 
glaublich,  dass  er  nicht  für  die  IMassÜier  kämpfte,"")  sondern 
sich  sogleich  an  Pojiipejus  anschloss.  Nach  der  Schlacht  bei 
Pharsalns,  in  welcher  er  den  Vater  verlor,  legte  er  die  Waffen 
nieder,''')  ohne  jedoch  sofort  wieder  nach  Italien  zu  gehen. 
Diess  wurde  durch  Cäsars  Kriege  im  Osten  verzögert.  Dann 
kam  er  zwar  znrück ,  aber  Furcht  oder  Widerwille  gegen  clie 
neue  Verfassung  hielten  ihn  ab ,  eine  völlige  Begnadigung  nach- 
zusuchen, welclies  Cicero  ihm  a.  46  empfahl.  '-)  Endlich  fügte 
er  sich;  der  Tod  seines  Vaters  nnd  seines  Oheims  M.  C'ato 
machte    eine     aufrichtiije    Versöhnung    zwischen    ihm    und    dem 


61)   41,  11.         62)   Caes.  B.  C.  1,  17.  34.  56.         63)    Cic.  Brn».  77. 

64)  Snelon,  1.  c.  :  Ingenio  triici.  —  Consiiltaiite  Cii.  Pomipcio  ile  inciHig 
ac    neutrani    parlem    seijupiitilins,    solns   ccn.suit    liostiiiiu    iiiinipro    liabäiiilos. 

65)  S.  Porcil,  66)  Cic.  2.  Phil.  11.  ad  Farn.  6,  22.  Suel.  Nero.  3. 
Tacit.  A.  4,  44.  67)  ad  Farn.  8,  14.  Vgl.  p.  Plaac.  8  u.  hier  No.  9. 
A.  46.  68)  Seoec.  de  bcnef.  3,  24.  69)  ad  All.  8,  14  6u  9,  3. 
70)    Oben  No.  8.  A.  S5.        71)   ad  Fam.  6,  22.        72)   1.  c. 


AHENOBAKßl.  (10.)  25 

Herrscher  unmöglich,  zumal  da  er  selbst  docL  nnr  geduldet 
wurde.  '  ^)  Cicero  stellt  iLn  mit  den  Versch^vomen  zusammen,  '  ') 
und  Octavian  liess  iliii  vernrtlieilen ;  solche  Zeugnisse  hielt  Dio 
für  nnverwerlÜch.  '  ^)  Allein  Cicero  schrieb,  was  er  g-ehört 
hatte,  ohne  g'euau  unierrichtet  zu  sein,  und  überdiess  glaubte  man 
um  so  mehr,  der  Staat  selbst  habe  Cäsar  getödtet,  wie  er  versicherte, 
je  grösser  die  Zahl  der  Mörder  war.  Jenes  Urlheil  ferner  wurde 
einige  Jahre  später  aufgehoben ;  was  auch  die  Ursach  sein  mochte, 
so  verliert  es  doch  dadurch  an  Gewicht.  Dazu  kommt,  dass 
Appiau  die  Schuld  des  Domilius  aul  sich  beruhen  lässt,  '^)  und 
nicht  nur  Sueton,  sondern  auch  der  Zeitgenosse  Coccejus  Kerva 
sie  entschieden  läugnen.  ")  Er  wird  weder  in  den  JVr.chrichten 
von  Cäsars  Tode,  noch  unter  denjenigen  geuanui,  ^velche  nach 
der  That  auf  das  Capilol  kamen,  um  für  Verschworene  zu  gel- 
ten, '*)  und  man  sieht,  wie  leicht  bei  seinen  Verhähnissen  zum 
Dictator  und  bei  seiner  Verwandtschaft  mit  Brutus  und  Cassius  '  ^) 
das  Gerücht  entstehen  konnte,  dass  er  ihr  ]\Iitschuldiger  sei  oder 
doch  ihre  Absichten  gekannt  und  gebilligt  habe.  Es  schien  sich 
zu  bestätigen,  als  er  mit  den  Häuptern  der  Verschwörung-  an  der 
Rüste  von  Campanien  Schilfe  rüstete,  und  dann  mit  Bruttis  im 
September  nach  Athen  ging.  ^ ")  Jener  besetzte  3Iacedonien, 
und  Cassius  Syrien ;  Dolabella,  welcher  diese  Provinz  nach  einem 
Volksbeschlusse  für  sich  in  Anspruch  nahm ,  schickte  Reiterei 
durch  IMacedonien,  und  Domitius  brachte  eine  Abtheilung  zum 
Abfall.  ^ ')  Unter  diesen  Umständen  konnte  es  nicht  befremden, 
dass  er  in  Folge  der  lex  Pedia  verurtheilt  wurde,  nachdem  Octa- 
vian im  August  43  das  Consulat  angetreten  hatte.  **-) 

Brutus  und  Cassius  waren  im  Besitze  einer  zahlreichen 
Flotte;  es  stand  bei  ihnen,  den  Triumvirn  das  iouische  Bleer  zu 
sperren  oder  doch  einen  gi-osseu  Theil  ihrer  Streitkräfte  zu  zer- 
stören, ehe  sie  das  Festland  erreichten.  Wie  wichtig-  es  sei, 
nnd   welche   Fehler    man    vermeiden    müsse ,    lehrte    der    Feldzug 


73)  2.  Pliil.  11.  74)  Das.  75)  48,  7.  29.  76)  5,  703.  703. 
77)  Siiel.  NeroS.  App.  5,  707.  1.  TIi.  421.  78)  1.  Th.  S.  82.  79)  Die 
Gemalilin  des  Brtiins  l'oi-cia  war  dio  iViilite  seiner  Miiuer,  iiiiil  Cassius 
war  mit  Brutns  Schwester  verinaiilt.  hO)  ad  Au.  Kl,  4.  1.  Tli.  .S.  144. 
2.  Th.  S.  124.  81)  «Joi-iiel.  Uolab.  No.  10.  ;.  2.  A.  58  6.  82)  1.  Th, 
S.  338  Suel.  Nero  3.    App.   &,  703.  707-    Üio  48,  34. 


26  XV.    DOMITII.  (10.) 

Cäsars  g'egen  Pompejus  Tom  J.  48.  GleictwoLl  erscLieii  nur 
.Statins  Marcus,  und  auch  dieser  aus  eigenem  EnlscLIusse ''^)  und 
mit  so  gering-er  MacLt  vor  Brundusium,  dass  die  Feinde  a.  42 
gefalirlos  iibersetzleu.  "*)  Seitdem  blieb  iLm  kein  anderes  Ge» 
schüft,  als  Verstärkungen  und  Zufulir  abzuschneiden,  und  diess 
erleichterte  ihm  Douiilius,  welcher  mit  fünfzig  Schilfen,  einer 
Legion  und  Bogenschützen  zu  ihm  stiess,  *')  und  als  nun  Do- 
initius  Calvinus  bei  einem  Versuche,  von  Brundusium  auszulaufen, 
am  Tage  der  ersten  Schlacht  bei  Philippi  *  ^)  eine  grosse  Nieder- 
lage erlitt,  Imperator  wurde.  ^  ^)  Durch  den  Tod  des  Brutus 
und  Cassius  verlor  der  Kampf  an  den  italischen  Rüsten  seinen 
Zweck;  Statius  Murcus  fühl-te  sein  Geschwader  zu  Sex.  Pom- 
pejus nach  Sicilien,  ^'*)  wogegen  Domitius,  zu  stolz,  unter  dessen 
Freigelassenen  zu  dienen,  in  Erwartung  eines  günstigen  Ereig- 
nisses den  Krieg  sclbststündig  fortsetzte ,  und  mit  70  Schiffen, 
zwei  Legionen  und  leichten  Trujjpen  die  Länder  am  ionischen 
Eleere  plünderte.^') 

Seine  Hoffnung  täuschte  ihn  nicht.  In  Italien  entstand 
Blangel,  weU  er  und  Pompejus,  obgleich  unabhängig  von  ein- 
ander, die  Zufuhr  erschwerten,  ^°)  und  Octavian  wurde  a.  41 
auch  von  Fulvia,  der  Gemahlin  des  Triumvir  Antonius  und  von 
dessen  Bruder  Lucius  angegriffen.  ^ ' )  Dieser  ergab  sich  im 
fol"euden  Jahre  zu  Perusia,  aber  sein  Bruder  näherte  sich  vom 
Osten  her  mit  einer  bedeutenden  Blacht,  und  Domitius,  welcher 
nun  als  Freibeuter  sich  nicht  mehr  behaupten  konnte,  wurde 
nein  Legat,  ä^)  Darin  fand  Octavian  neuen  Anlass  zu  Klagen. 
Man  sollte  ihm  glauben,  dass  er  ohne  elirgeizige  Absichten  nur 
die  Feinde   und  Mörder   seines  Vaters  Cäsar   verfolge  und  daher 


83)  App.  4,  636.  84)  Ders.  4,  639.  Dio  47,  36.  48,  18.  I.  TIi. 
385.  2.  Th.  139.  85)  App.  1.  c.  n.  647.  652.  656.  86)  Wo  demnacb 
Alienobarbiis  nicht  -war,  App.  4,  C56.  obgleich  die  Allen  diess  oft  anzuncU- 
ineii  scheinen.  App.  5,  703.  Pio  48,  7.  VeUej.  2,  76.  Zon.  10,  21. 
»7;  2.  Th.  145.  Imper.  nennt  er  sich  auf  seinen  Münzen  mit  dem  Bilde 
des  angeblich  ersten  Ahenobarhus.  Ursin.  Uomit.  p.  86.  Ko.  4.  Vaill. 
Doniit.  No.  17.  Eclih.  5.  p.  202.  l'aruta  SicU.  p.  1106.  t..h.  181.  88)  Vellej. 
2,  72.  Dio  48,  19.  App.  5,  672.  89)  Suet.  INeio  3.  App.  1.  o.  ii.  686. 
A^ellej.  1.  c.  n.  2,  76.  90)  Dio  48,  7.  App.  5,  686.  707.  91)  1.  TL. 
395  r.        92)    1.  Th.  419.   App.  5,  704,  707.   Suet.  i\ero3.   Tudl.  A.  4,  44. 


AHEKOBARBI.  (10.)  27 

dife  AufnaLine  eines  GeäcLleten  eine  Beleidig-nng  für  iLn  sei. 
Die  Heere  unterstützten  ihn,  sie  verlangten  Frieden,  und  An- 
tonius scliickte  Domitius  als  Statthalter  nach  Bithj  nien ,  um  ilui 
nach  dein  Käthe  des  Unterhändlers  Coccejos  JNerva  vorerst  zu 
entfernen.^')  Bald  nacJiher  bewirkte  er  seine  Freisprechung', 
da  Octavian  sich  nun  von  seiner  Unschuld  zu  iiberzeng'en  schien, '-") 
und  im  J.  39  im  Frieden  mit  Ponipejus  bei  dem  Vorgebirge 
I\Iisenum,  dass  ilim  und  C.  Sosius  für  das  J.  32  das  Consulat 
zugesichert  wurde.  ^^) 

Domitius  blieb  längere  Zeit  in  Asien  ,  und  begleitete  Anto- 
nius a.  36  auf  dem  unglücklichen  Feldzuge  gegen  die  Pariher. 
Als  man  sich  genÖlhigt  sah,  nach  dem  Araxes  zurückzugehen, 
inusste  er  die  Truppen  anreden,  welclien  der  Triumvir,  von 
Schmerz  nnd  .Schaam  überwältigt,  sich  nicht  zeigen  mochte.  ^^) 
Indess  wurde  Sex.  Pompejus  von  Octavian  aus  Sicillen  vertrieben. 
Er  lebte  nnter  Antonius  Schulze  in  A  orderasien ,  bis  man  ent- 
deckte, dass  er  es  mit  Hülfe  der  Barbaren  und  selbst  der  Parther, 
deren  Sieg  ihn  ermuthigte ,  für  sich  erobern  wollte.  Der  Legat 
in  Asia  C  Furnius  erhielt  Verstärkungen  ;  auch  Domitius,  welcher 
in  der  Kähe  stand,  und  durch  einen  treulosen  Untergebeueu 
Curius  persönlich  in  Gefahr  gerieth,^')  führte  Truppen  herbei, 
und  Pompejus  wurde  a.  35  gefangen  und  getödtet. 

Durch  seine  Unternebmungen  war  der  Krieg  zwischen  den 
Trinmvirn  verzögert,  die  Beschwerden,  welche  sie  gegen  einander 
erhoben,  Hessen  einen  Bruch  voraussehen,  doch  gestattete  Octa- 
vian, dass  Domitius  und  C.  Sosius,  Freunde  seines  Nebenbuhlers, 
om    1.  Januar  32  C'onsuln  wurden.  ^  s)     Jener  wünschte  nach  so 


93)  App.  S,  708.  1.  Th.  S.  422.  94)  Die  48,  29.  Snef.  JVero  3. 
93)  App.  5,  714.  1.  Th.  S.  432.  A.  26.  96)  Plut.  Anton.  40.  1.  Th. 
4ö6.  97)  App.  5,  749.  S.  Pompeii.  98)  Cassiod.  Fast.  Sic.  a.  721. 
nnd  die  SieUen  im  1.  Th.  S.  447.  A.  26.  Tigh.  n.  Marlian.  Ano.  nennen 
den  Consnl  Doniilins  Cn.  F.  Cn.  N.  imd  der  Letzte  hält  ihn  für  den  Soha 
des  unsrigen.  Aher  derselbe,  Trelcher  sich  angeblich  gegen  Cäsar  -ver- 
schwor, füi-  die  Befreier  kämpfte,  dann  zu  Antonius  nnd  später  zn  Octavian 
überging  nnd  im  J.  32  die  Leiden  des  Kriegs  aus  Erfahrung  kannte,  ge- 
langte zn  den  höchsten  Ehren ,  und  zwar  in  Polge  des  Vertrags  von  Mise- 
nnm.  Dio  50,  2.  Suet.  JVero  3.  Taci«.  A.  4,  44.  Oben  A.  95.  Die 
Fasten  sind   daher  durch   t.  F.  Cn,  N.    zu   ergänzen.     Dagegen    wird   die 


28  XV.    DOMITII.  (11.) 

vielen  Bedräng-nlssen  in  Rulie  zn  leben,  und  niissbilligle  den 
Ungestüm ,  mit  -welchem  sein  College  sogleich  am  ersten  Tage 
des  Jahrs  sich  als  Gegner  des  Octavian  ankündigte;  ^^)  aber  in 
seiner  ■Stelliing-  mtisste  er  ihm  beistimmen,  nnd  als  Be-svalfnele 
den  Streit  zu  endigen  drohten,  entfloh  er  mit  ihm  zu  Antonius 
nach  Ephesus.  ^°°)  Hier  fand  er  anch  die  Königin  von  Aegy- 
pteu ,  -welche  er  stets  nur  Cleopatra  nannte;  ')  er  fühlte  sich 
durch  ihren  Stolz  gekränkt,  und  fürchtete  ihren  verderblichen 
Elinfluss;  sein  Rath,  sie  zn  entfernen,  hatte  keinen  Erfolg.') 
Diess  bestimmte  ihn ,  die  Rollen  vom  neuen  zu  wechseln ,  und 
bei  Actium  kurz  vor  der  Schlacht  zum  Feinde  überzugehen. 
Antonius  verbarg  seinen  Verdruss  über  den  Abfall  des  angesehenen 
Mannes  unter  dem  Spotte,  er  habe  sich  nach  seiner  Freundin 
Servilia  Nais  gesehnt  und  schickte  ihm  seine  Sciaven  mit  dem 
Gepäck.  Im  Gefecht  hätte  Domitius  ihm  nicht  mehr  nützen  kön- 
nen, denn  er  -war  unheilbar  erkrankt  nnd  starb  -wenige  Tage 
nach  der  Flucht  im  September  31.  ^)  Cicero  rühmt  ihn,  -weil 
er  nach  Cäsars  Tode  sich  gegen  Antonius  erklärte;  '')  auch 
Sueton  glaubte ,  dass  er  allen  Anderen  seines  Geschlechts  vor- 
zuziehen sei.  ')  Er  widersetzte  sich  eine  lange  Zeit  mit  Ent- 
schlossenheit und  Ausdauer  der  Alleinherrschaft;  aber  die  Ereig- 
nisse -waren  stets  mächtiger  als  er,  und  vom  nutzlosen  Kampfe 
ermüdet,  geistig  und  körperlich  erschöpft,  gab  er  sich  zuletzt  der 
eigenen  Sicherheit  -wegen  dem  Sieger  hin. 

11.  L.  Domitius  Alienobarbus.  Cn.  F.  L.  N.  Sohn  des 
Vorigen,^)  und  Grossvaler  des  Kaisers  Nero.  Sein  Dünkel 
wurde  dadurch  vermehrt,  dass  man  ihm  a.  36  bei  der  Zusammen- 
kunft des  Oclavian  und  Antonius  zn  Tarent  die  Tochter  des 
Letzten,  Antonia,   verlobte.  ')     Aedil   a.   22.     Er  zwang    einen 


Angabe  in  der  Tab.  Capuan.  bpi  Tigli.  3.  p.  494,  die  Consnlu  seien  im 
Laufe  des  Jahres  durch  L.  Cornelius  und  M.  Valerius  ersetzt,  dadurch  lie- 
stätigl,  dass  sie  y.n  Anloiiius  eiiUvichen,  obgleich  sich  sonst  keine  Spur 
davon  lindel.  99)  1.  Th  S.  467.  100)  Die  50,  2.  Flut.  Anton.  56. 
Supt.  Oclav.  17.  1)  Vellej.  2,  84.  2)  Plut.  1.  c.  1.  Th.  S.  469. 
3)  Flut.  Anton.  63.  Kio  50,  13.  Snot.  Nero  3.  A''ellej.  2,  84.  Tacit.  A. 
4,  44.  1.  Th.  477.  A.  100.  4)  10  Phil.  6.  5)  I.  c.  6)  A'^ellej. 
2 ,  72.  .Suel.  Nero  4.  Tacit.  1.  c.  Seine  (ieschichle  liegt  nnssurhnlb  der 
«iränzen  dieser  Schritt.         7)    I.  Th.  .8.  449.     Unten  No.  12. 


AHENOBARBI.  (12.)  2l> 

hohem  Magistrat,  den  Censor  L.  Munalins  Plauens,  ihm  aus- 
zuweichen. ^)  Nach  einer  Verfügung'  des  Aiigustus  sollten  die  Prä- 
toren alle  öffentliche  Spiele  anordnen  und  einen  Theil  der  Rosten  au» 
dem  Schatze  erhalten,  welches  jedoch  nur  eine  Zeitlang  geschah.  ■') 
Doniitius  liess  als  Prälor  römische  Ritter  und  Matronen  auf  der 
Bühne  auftreten,  und  veranstaltete  Jagden  im  C'irciis  und  in  allen 
Bezirken  der  Stadt,  und  Fechlerspiele  in  solchem  Uebermaasse, 
dass  Augustus  nach  vergeblichen  Warnungen  dem  Blutvergiesseii. 
durch  ein  Edict  Einhalt  that.  '  °)  Cos.  a.  16.  ")  Nach  einem 
glücklichen  Feldzuge  in  Germanien,  wo  er  über  die  Elbe  vor- 
drang, weiter  als  irgend  ein  Römer  vor  ihm,  wurde  er  mit  den 
Triumphal  -  Insignien  belohnt.  '')  In  seiner  Jugend  hatte  er  sich 
durch  die  Geschicklichkeit,  mit  welcher  er  die  Pferde  lenkte,  Ruf 
erworben.  Die  edle  Einfachheit,  welche  Vellejus  lobt,  '^)  scheint 
vielmehr  Rohheit  und  Trotz  gewesen  zu  sein,  da  er  selbst  auf  das 
Wort  des  Kaisers  nicht  achtete.  Anmassend ,  verschwenderiscij 
und  grausam  nennt  ihn  Sueton.  '  *)      Er   starb   25  nach  Chr.  '  ^) 

12.  Antonia.  Gemahlin  des  Vorigen,  ältere  Tochter  des 
Triumvir  IM.  Antonius  von  Octavia.  '  ®) 

13.  Cn.  Domitius  Ahenobarbus.  L.  F.  Cn.  N.  Sohn  der 
beiden  Vorigen,  ")  und  Vater  des  Kaisers  Nero.  Sein  Lebeu 
war  durch  Laster  und  Verbrechen  jeder  Art  befleckt,  und  er 
äusserte  selbst,  als  man  ihm  bei  der  Geburt  des  N^ero  Glück 
wünschte :  was  von  ihm  und  Agripj)ina  stamme,  könne  der  Welt 
nur  Verderben  bringen.  '  ^)  Das  Jahr  seiner  Prätur  ist  un- 
gewiss. Cos.  32  nach  Chr.  '  ^)  und  dann  Proconsul  in  Sicilien.  ^  °) 
Er  starb   zu  Pyrgi  in  Etrurien  an   der  Wassersucht.  - ') 

14.  Agrippina.  Gemahlin  des  Vorigen.-')  Ihr  Vater 
Cäsar  Germanicns  war  der  Sohn  des  Drusus ,  des  Bruders  vom 
Kaiser  Tiberius  und  ihre  Mutter  Antonia  die  jüngere  Tochter  des 


8)   Säet.  1.  c.    Dio  54,  2.         9)    Dio  54,  2.  SS,  31.         10)    Suet.  1.  c. 
11)   Uers.  1.  c.    Dio  54,  19.         12)  Snet.  1.  c.  Tacit.  A.  4,  44,  13)  2,72. 

14)  1.  c.  15)  Tacit.  1.  c.  16)  1.  Th.  S.  521.  Ko.  24.  17)  Suef. 
Nero  5.  Vellej.  2,  10.  72.  18)  Suet.  1.  c.  5  n.  6.  Dio  51,  2.  19)  Tacit. 
A.  6,  1.  Dio  58,  17.  20)  S.  die  Wüuzen  von  Panormns  bei  Vaill. 
Domit.  No.  20.  Eckli.  1.  p.  232.  21)  Snet.  1.  c.  5,  22)  Tacit.  A. 
4,  75.   Snet.  Nero  5.  6.    Plnt.  Anton.   87.    Dio  58,  20. 


30  XV.    DOMITir.  (15.) 

Triunivir  M.  Anfonliis  von  Octavia. -^)  Sie  yerlieiralLete  sich 
später  mit  dem  Kaiser  Claudius,  dem  Bruder  des  Germanicus;  " ') 
daher  wird  Nero  der  Stiefsohn  jenes  Kaisers  genannt.  '*) 

15.  L.  Domitius  Alienobarbus. -^ '')  Cu.  F.  L.  N.  Sohn 
der  heiden  Vorigen.  -  **)  Seine  Mutter  Agrippina  bewirkte  als 
Gemahlin  des  Kaisers  Claudius, '')  dass  dieser  ihn  adoptirle, 
obgleich  er  einen  Solin  Britannicus  hatte.  ^  *)  Seitdem  Liess  er 
Nero  Clandias  Cäsar  Drusus. 'ä) 

16.  Domitia.  Schwester  von  No.  13.'°)  Gemahlin  des 
Crispus  Passienus,  welcher  sich  später  mit  Agrippina,  Nero's 
Mutter,  verheirathete  und  zweimal  Consul  wurde.'')  Sie  war 
schon  alt,  als  Nero  sie  bald  nach  der  Ermordung  seiner  Mutter 
vergiften  liess,  um  sie  zu  beerben.  '^) 

17.  Domitia  Lepida.  Schwester  der  Vorigen.'')  Ge- 
mahlin des  M.  Valerins  Messala  Barbatus ,  mit  welchem  sie 
Messalina,  die  Gemahlin  des  Kaisers  Claudius  zeugte.")  Aus- 
schweifend und  schaaralos  wie  Agrippina,  auf  deren  Anstiften 
sie  zum  Tode  verurtheilt  wurde.  '^) 

18.  Cn.  Domitius  Ahenobarbns.  Vielleicht  der  Sohn  von 
No.  5.  Pi-ätor  a.  54.  Er  hatte  den  Vorsitz  in  dem  Gerichte, 
bei  welchem  M.  Coelius  angeklagt  wurde.  '^ ''} 


23)  Dies.  n.  l.TIi.  S.521.  No.  23.  24)  Die  60,  31.  Snet.  Cland.  39. 
25)  Siiet.  1.  c.  Plnt.  Ant.  1.  c.  Zonar.  H,  10.  Uebcr  ilirea  Tod  s.  Tacit. 
A.  14,  8.  Suet.  Nero  34.  2S/;)  Lncius  Lei  Tacit.  A.  11,  11,  nicht 
Criens,  wie  die  meisten  Genealogen  ihn  nennen,  26)  Snet.  Nero  5,  6. 
Tacit.  A.  12,  64,  65.  l'lnt.  Anton.  87.  Dio  60,  34.  61,  2.  Zonar.  11,  10. 
27)  Tiberius  Claudius  Drusns  Cäsar  ans  der  Familie  der  Clandii  INeroues. ' 
S.  <lie  Yorige  No.  28)  Suet.  Cland.  39.  43.  Dio  61,  1.  Tacit.  A.  11, 
II.  12,  25.  26.  Rogata  lex,  qua  in  familiam  Claudiam  et  nomea  Neronis 
iransiret.  29)    Grnter.    p.    230.    No.    11.     Orell.    Inscr.    No.    174.    650. 

726  —  732  n.  a.  a.  O.  nnd  die  RIiin7.en  hei  Eckh.  6.  p.  260.  Plin.  2,  23 
(25)  u.  4,  S  (4)  nennt  ihn  Domilins  Nero.  30)  Dio  61,  17.  Tacit.  A. 
13,  19.  21.  31)  ^ninlU.  6,  1.  §.  50.  u.  das.  Spald.  6,  3.  §.  74.  10,  I. 
J.  24.  PUn.  16,  91  (44).  32)  Dio  1.  c.  Snet.  Nero  34.  33)  Tacit. 
A.  12,  64.  Vgl.  L!])S.  zu  Tac.  A.  11,  37  n.  12,  04.  p.  183  u.  209  und 
die  stemma  Angustae  dorn.  das.  p.  546.  Perizon.  ep.  ad  Heins,  in  Burm. 
Syllog.  T.  4.  p.  802.  S.  Clandii  Blnrcolli  No.  20.  34)  Tarif.  A.  11, 
37.  38.  Snet.  Claud.  17.  26.  27.  35)  Tanil.  A.  12,  64.  65.  Suet.  Nero  7. 
356)    Cic.  od  (^a.  fr.  2,  ]3.     a,  5G  TVurde  Coelius  aulAnstiften  derClodia 


AHENDBAiy3I.  (19.)  31 

If).  L.  Doinitlas  Ahenobnrbiis.  ""•)  Nach  der  Prätar  a.  SO 
^Sfatlhalter  im  diesseitigen  Spauien  mit  dem  Titel  eines  Pro- 
consuls.  *')  Im  folg'enden  Jahre  79  rief  ilin  Q.  Metellus  Piiis, 
Proconsul  im  jenseilig-en ,  über  den  Iberns ,  weil  er  Hülfe  gegen 
Sertorius  bedurfte.  Er  wurde  Ton  dessen  Quästor  Hirtnlejus 
am  Anas  (Guadiana)  geschlag-en  und  getö'dtet.  **) 


TOr  dem  Prätor  Cn.  Domit.  Calvinns  belangt,  und  TOn  Cicero  in  der  Rede 
vertheidigt,  Tvelche  yrir  noch  besitzen,  Pigh.  3,  395  n,  A.  haben  beide 
Processe  Terwechselt.  Clandii  Xo.  47.  Coelii  IVo.  5.  Domit.  Calv.  No.  6. 
f.  1.  A.  21.  36)  Lncins.  Eutrop.  6,1.  n.  Plnt.  Sertor.  12,  -wo  Dom. 
Lnsios  für  Lncius  geschrieben,  und  der  Vorname  nachgesetzt  ist,  vrie  Dio 
39,  14.  Liv.  cp.  90  unrichtig  Marcus.  Vgl.  Duk.  zn  Flor.  3,  22.  §.  6,  nnd 
Tzschucke  zn  Entrop.  1.  c,  37)  Sallnst.  Hist.  1.  p.  954.  Cort.  Plut.  1.  c. 
38)  LiT.  90.  Plnt.  1.  c.  Flor.  1.  c.  nennt  den  Fluss;  ans  Eutrop,  1.  c. 
a,  Oros«  5,  23  ergiebt  sich,  dass  er  Gel. 


32  XVI.    FAVOKIUS. 


X^l.     FAVONIUS. 

Älarcns  Favonius  ist  fiir  uns  der  Erste  nnd  Letzte  seines 
Geschlechts,  aber  eine  in  der  Geschichte  dieser  Zeiten  so  oft 
wiederkehrende  Erscheinung',  dass  man  ihr  nicht  ausweichen  kann. 
]Man  iiberzeug't  sich  bald,  dass  er  ursprünglich  nichts  T^ar,  ein 
leeres  Gefäss,  welches  allniälig  von  aussen  gefüllt  wurde,  nnd 
den  fremden  Stoff  nach  Gehalt  und  Farbe  unverändert  Hess.  Alle 
seine  Gedanken  nud  Worle  gehörten  BI.  Cato  an.  Blit  der  Treue 
eines  Hausthiers  'war  er  ihm  immer  zur  Seite,  auf  dem  Markte, 
im  Senat,  im  Theater,^")  und  nie  enfstaud  die  Besorgniss  ia 
ihm,  dass  er  bei  einer  solchen  Hingebung  irren  könne,  da  sie 
etweis  Unwillkührliches  'vs'ar,  die  in  sich  starke  nnd  sehr  bestimmt 
ausgeprägte  Persönlichkeit  des  Einen  auf  den  Andern  überging, 
weil  es  diesem  gänzlich  an  Charakter  fehlte.  Er  ahnete  eben 
so  'wenig,  dass  fiir  den  Freund  Älanches  geziemend  sei,  was  eine 
Unschicklichkeit  'S'^'urJe,  wenn  er  es  sich  erlaubte;  bei  der  an 
AVahnsinn  gränzeuden  Begeisterung  ,  welche  sich  seiner  bemäch- 
tigte ,  so  oft  Calo  den  Blund  öffnete ,  sprach  er  ilim  arglos  nach, 
nur  derber  und  lärmender,  wie  alle  Nachahmer  übertreiben.  *") 

Seine  Bekanntschaft  mit  der  griechischen  Literatur  war  ein 
todter  .Schatz,  seine  Philosophie  ein  roher  Cjnismus,  ^ ')  und  seine 
Beredtsamkeit  ohnerachtet  seiner  Uebungen  in  Rhodus  von  der 
Art,  dass  Cicero  vermiithete,  er  habe  dort  mehr  in  den  Mühlen 
als  unter  Molo  gearbeitet.  *-)  Gleichwohl  erhob  er  a.  61  seine 
Stimme  gegen  den  Consul  M.  Piso,  als  dieser  P.  Clodius  nach 
dem  Vergehen  gegen  die  Bona  Dea  in  Sch)itz  nahm  und  in  den 
betreffenden  Comitien  unredlich  verfuhr;  Cato  machte  ihm  Vor- 
würfe, auch  Horlenslus  und  Andere  tadelten  ihn,  lauter  als  Alle 


39)     PInt.  Cato  46.    Pomp.  60.     Brut.   12.  34.    Snet.  Octav.   13.    Val. 
M.  2,  10.  }.  8.    Dio  38,  7.         40)  Pliit.  Calo  ti.  Pomp.  U.  cc  41)  Dp«. 

Brut.  34.         42)    ad  Alt.  2,   1,   §.   7. 


XVI.    FAVONIUS.  33 

scLrie  Faronias. '^)  So  drängte  er  sich  mit  einer  läcLerlicLen 
ReckLeit  in  die  Reihen  der  Opfimaten,  nnd  beschwerte  das 
Slaatsschiff  mit  Ballast,  **)  Tveil  es  ihm  „der  Republik  wegen" 
nöthig  zu  sein  schien.  *')  Daher  war  er  sehr  erbittert,  als  das 
Volk  a.  60  nicht  ihn,  sondern  Metellus  Scijjio  für  das  folgende 
zum  Tribun  wählte,  und  niclit  einmal  seine  eigene  Tribus  ihn 
begünstigte ;  die  Stimmen,  behauptete  er,  seien  erkauft ;  er  klagte 
Scipio  au  und  polterte  viel;  aber  Cicero  yertheidigte  den  Gegner 
und  Pompejus  bewirkte  seine  Freisprechung.  *f)  Dass  er  früher 
Pnästor  gewesen  war  und  a.  59  zu  den  Senatoren  gehörte,  er- 
giebt  sich  aus  seiner  Weigerung,  C'äsars  Ackergesetz  zu  be- 
schwören; er  fügte  sich  endlich,  aber  unter  Allen  zuletzt,  als 
Cato  geschworen  hatte.  *')  Der  höhere  Zweck  des  Gesetzes 
blieb  ihm  verborgen,  wie  Cäsars  mäcLtiger  Einüuss.  Unter  den 
Triumvim  schien  ihm  Pompejus  der  gefährlichste  zu  sein,  ein 
Wahn,  welchen  freilich  Viele  mit  ihm  theilten,  und  worin  er 
besonders  dadurch  bestärkt  wurde,  dass  jener  glänzeid  weisse 
Beiubinden  trug,  da  es  ja  gleichgültig  war,  wo  man  das  Diadem 
anlegte.**)  Catos  Rui-zsichtigkeit  missleitete  auch  ihn,  und  er 
half  ihm  dem  Senate  einen  Blann  zu  entfremden,  ohne  Vielehen 
man  dem  Haupte  des  verhassten  Bandes  nicht  widerstehen 
konute. 

Ciceros  Vorschlag  vom  J.  57,  dass  Pompejus  für  die  Zufuhr 
sorgen  solle ,  erregte  sein  AlissfaUen ,  noch  weit  mehr  aber  die 
Rogation  des  Tribuns  C.  RIessius,  da  sie  eine  fast  unbeschränkte 
Gewalt  für  ihn  in  Anspruch  nahm;  die  Consulare  murrten,  Fa- 
vonius,  tief  unter  ihnen,  lärmte  am  meisten.*')  Diess  war 
wieder  das  RJappern  einer  Mühle;  ohne  wahre  innere  Ent- 
rüstimg aber  auch  ohne  die  ehrgeizige  Absicht,  sich  den  Ersten 
im  Senat  zuzugesellen,  folgte  er  der  Richtung,  welche  Cato  ihm 
gegeben  hatte.  Sein  rücksichtsloser  Eifer  wurde  auch  Ptolemäus 
Auletes,  dem  vertriebenen  Könige  von  Aegypten  fühlbar,  als  er 


43)    ad  Att.  1,  14.    §.  6.    2.  Th.  S.  209,         44)    Magnat»  na-vis  snper- 
Tacaneiim  onns.    (Sallnst.)    Orat.  II.  c.  55.  45)  ad  Att.  1.  c.         46)  Das. 

2.  Th.   S.   45.         47)    PInt.    Cato  32.    Dio    38,    7.     Vgl.   App.    2,   434. 

48)  Val.  M.  6,   2.   {.  7.     Vgl.    Cic.  ad  Atl,   2,  3.     Amin.  Marc.    17,  II. 

49)  ad  Att.  4,  1.  J.  2.     2.  Th.  S,  308. 

DramMin     Ga.ichichK  Koni»  III.  ,  3 


34  XVI.     FAVONIÜS. 

in  Rom  um  Hülfe  bat,  und  Gesandle  der  Alexandriner  tödten 
liess;  kühn  und  unbestechlich  trat  er  in  der  Curie  als  sein  An- 
kläger auf,  und  man  musste  nun  wenigstens  zum  Schein  eine 
Untersuchung  einleiten.  '")  Es  irrte  ihn  nicht,  dass  die  Grossen 
zürnten,  weU  eine  reiche  Geldquelle  zu  versiegen  drohte,  iind 
Pompeju»,  weil  er  den  König  herzustellen  wünschte.  Als  Jener 
a.  56  von  Clodius  öffentlich  geschmäht  und  auch  sein  Verhältniss 
zu  Ptolemäus  im  heftigsten  Wortwechsel  entschleiert  war,  ver- 
sammelte sich  der  Senat,  um,  wie  gewöhnlich.  Geschehenes  zu 
besprechen;  Cicero  blieb  in  seiner  Wohnung,  Favonius  erklärte 
dao'egen  mit  den  Consularen  Bibulus  und  Curio  und  dem  jungem 
Servilins,  dass  man  die  Handlungen  des  Pompejus  nicht  bUligen 
könne.  ^')  Denn  unermüdlich  waltete  er  über  das  Ganze,  ob- 
gleich ihn  nie  ein  glücklicher  Erfolg  belohnte.  Er  widersetzte 
sich  im  J.  65  der  Rogation  des  Tribuns  C.  Trebonius  über  die 
Provinzen ,  verlor  aber  die  Zeit  mit  Riagen ,  dass  er  auf  eine 
Stunde  bfcschränkt  sei  und  kam  nicht  zur  Sache.  Nach  ihm 
nahm  Cato  das  Wort;  ihra  waren  zwei  Stunden  bewilligt,  für 
einen  Redner,  welcher  den  Staat  retten  wollte,  ebenfalls  zu 
wenig-;  man  musste  ihn  mit  Gewalt  zum  Schweigen  bringen.  '-) 
Nur  zwei  Tribüne  unterstützten  ihn,  Atejus  Capito  und  Aquillius 
GaUus ,  '  "* )  und  vergebens  suchte  er  sich  am  andern  Tage  mit 
ihnen  und  mit  Favonius  in  der  Volksversammlung  Zutritt  und 
Gehör  zu  verschaffen;  das  Gesetz  wurde  bestätigt.  '*) 

Im  nächsten  Jalire  54  sprach  Favonius  mit  Cicero ,  Bibulus 
und  Calidius  für  die  Tenedier,  welche  den  Senat  um  die  Ver- 
günstigung baten,  nach  eigenen  Gesetzen  leben  zu  dürfen;  man 
ffieu"  nicht  darauf  ein.  ' ')  Bedenklicher  war  es,  die  Bestechungen 
der   vier  Candidaten  des  Consulats  zu  rügen;    Cicero  mochte  sich 

SO)    Dio  39,   14.     Cornel.  tenf.  No.  21.  §.  I.  51)    Cic.  ad  Qn.  fr. 

2,  3.  5.  3.  Claudii  No.  43.  §.  20.  52)  Dio  39,  34.  l>Iut.  Cato  43. 
53)  Dio  39,  32.  35.  Unriclilig  nennt  Pigh.  3,  389  Favonins  iliren  Col- 
legcn,  und  nach  ihm  Bteycr  Orat.  K.  fragm.  p.  185  u.  186,  -»velcher  ver- 
mntbet,  dass  er  iii  diesem  Jahre  das  Aufwandgeselz  der  Consnln  Pompejus 
lind  Crassus  empfohlen  hahe,  und  bei  Gell.  15,  8  Favonius  für  Favorinus 
lu  lesen  sei.  54)  Dio  und  PInl.  U.  cc.  S.  lulii  No.  31.  §.  24.  A.  53, 
wo  nntprsuchl  wird,  ob  man  «wei  Gesetze  des  Trebonius  nnlerscbeideu 
Blässe.         55)    Vir.   nd  <J"-  ^'-  2.   H. 


XVI.    FAVOMUS.  35 

uiclit  damit  befassen ;  er  glaubte,  da  Cato  wegen  einer  KrankLeit 
n!cLt  ersclieinen  konnte,  dass  I.October  nur  Antins  nnd  Favonias 
sich  freimüthig  darüber  änssem  werden.  ")  Wenn  dieser  oLn- 
erachtet  seiner  Unbedenisamkeit  sich  mitunter  angefeindet  sab, 
so  galt  der  Angriff  weniger  ihm,  als  seinem  Freunde  oder 
seiner  Partei.  Er  wurde  nicht  zum  Aedil  gewählt;  Cato  be- 
merkte, dass  alle  Stimmtafeln  von  Einer  Hand  beschrieben  waren, 
und  bewirkte  mit  Hülfe  der  Tribüne  eine  Ernenerung  der  Co- 
mitien,  deren  Ergebniss  seinen  Wünschen  entsprach.*")  Fa- 
vonius  verwaltete  a.  53  die  Aedilität  nur  dem  Namen  nach; 
denn  die  Geschäfte  und  die  Spiele  besorgte  Cato,  nicht  eben  zur 
Zufriedenheit  der  Slimen,  unter  welche  er  Kränze  von  Oel- 
zweigen  statt  goldener  and  andere  werthlose  Geschenke  vertheilte, 
während  der  Aedil  unter  den  Zoschanem  sass  und  ihm  Beifall 
klatschte.  ")  Bald  nachher  erfuhr  dieser  eine  andere  De- 
müthigung;  der  Tribun  Pompejus  Rnfus  schickte  ihn  ins  Gefäng- 
niss,  wohl  weniger,  om  sich  dafür  zu  rächen,  dass  der  Senat 
früher  ihn  selbst  hatte  verhaften  lassen,  als  um  ihn  vom 
Widerspruche  gegen  die  Dictatur  des  Triiunvir  Pompejus  ab- 
zuschrecken, 'ä) 

Kach  der  Ermordung  des  Clodius  im  Anfange  des  J.  52 
bezeugte  er  vor  Gericht,  dass  jener  kurz  vor  seinem  Tode  gesagt 
habe,  binnen  drei  Tagen  werde  IVIilo  nicht  mehr  sein.  Er  hatte 
es  sogleich  Cato  hinterbracht,  welcher  Älilo  wegen  seiner  sehr 
zweideutigen  Verdienste  nm  die  senatorische  Faction  gegen  den 
Willen  des  Pompejus  und  daher  vergebens  zu  retten  suchte,  ^"j 
Die  Alten  geben  uns  auch  hier  nur  Bruchstücke;  sie  erklären 
uns  nicht,  warum  Favonius  selbst  dem  Gerichte  vorstand,  von 
welchem  Alilo  wegen  strafbarer  Verbindungen  verurtheilt 
wurde.  ^')     Um  die  Prätur  bewarb  er  sich  a.  51,  ohne  gewählt 


56)     ad  Att.    4,    16.   J.   4.     Domit.  Calv.   Ko.  6.    §.  1.  57)   Plut. 

Cato  46.  58)  Ders.  I.  c.  Dio  40,  45.  59)  Dio  I.  c.  Im  December, 
in    vrelchem   P.  Riifus  seia  Amt    antrat.     Inlii  No.  31.  §.  31.  60)    Cic. 

p.  Milon.  9.  Ascon.  in  Mil.  c.  35.  p,  53  OreU.  Clandü  Ko.  43.  J.  23  fin. 
61)  Ascon.  1.  c.  p.  54.  Clandii  1.  c.  A.  41.  Er  war  Oaaesitor,  niclit 
Praetor,  wie  Pigh.  3,  411  annimmt;  anch  darf  man  nicht  mit  diesem  an 
«inen  andern  Favonias  denken ,  da  die  Geschichte  nie  einen  zweiten  or- 
Wähnl,     auf    welchen    man    diese    Nachricht    beziehen    könnte.      Vielleicht 

3* 


36  XVI.    FAYONIUS. 

zu  werden,  wozu  tue  Anhänger  des  Pompejas  und  Cäsar  an) 
meisten  beilriigen,  da  sie  nicht  wünschen  konnten,  dass  Cato 
durch  einen  ihni  sclavisch  ergebenen  höhern  Blagislrat  ihnen  ent- 
gegen wirkte.  ^')  Es  unterliegt  indess  keinem  Zweifel,  dass  er 
dennoch  zur  Prätur  gelangte,  und  zwar  vor  dem  J.  48,  in 
welatiem  er  bereits  PrÜtorier  war.  ^')  Demnach  warb  er  im 
J.  50  von  neuem  und  im  folgenden  tibernahm  er  das  Amt.  ^■*) 

Cicero  wusste  schon  vor  seiner  Rückkehr  aus  Cilicieu ,  dass 
er  mit  Cato  gegen  sein  Dankfest  gestimmt  habe,  weil  seine 
Thaten  im  Aiuanus  auf  eine  solche  Auszeichnung-  keinen  An- 
spruch gaben,  ^ ')  und  war  daher  nicht  günstig-  gegen  ihn  gesinnt, 
als  er  ihn  nebst  den  Consuln  und  vielen  Senatoren  am  27.  Ja- 
nuM  49  nach  ihrer  Flucht  aus  Rom  in  Capua  sah.  JVach  seiner 
Versicherung  hatte  hier  Favonius  zum  ersten  Male  eine  andere 
Meinung  als  Cato,  denn  er  verwarf  jeden  Vergleich  mit  Cäsar, 
wogegen  jener  lieber  Sclav  sein  als  feclifen  wollte,  eine  ünvi'ahr- 
Leit,  mit  welcher  Cicero  sein  eigenes  Schwanken  zwischen  den 
Parteien  za  entschuldigen  hoffte.  ''^)  Auch  Favonius  wusste, 
dass  man  nicht  auf  den  Krieg  vorbereitet  war;  nach  seiner  un- 
geschlachten Art  hafte  er  Pompejus  aufgefordert,  Legionen  aus 
der  Erde  zu  stampfen,  wie  er  versprochen  habe ;  ^ ')  er  trat  aber 
nicht  zurück,  -wie  viele  Andere,  als  es  nun  galt.  Er  trennte 
sich  von  Cato,  und  für  immer;  denn  dieser  gieng  nach  Sicilienj 
wo  er  vor  C.  Cm-io  die  Flucht  ergriff,  und  dann  nach  Vorder- 
asien, um  Schilfe  zusammen  zu  ziehen.  Favonius  finden  wie 
dagegen    bei    den    Legionen,    mit   welchen  BleteUus   Scipio   aus 


widersetzte  sich  Pompejus  nicht,  weil  die  Bestrafnng  Itlilos  für  den  Mord 
gewiss  war,  und  daher  der  Ansgang  der  anderen  Gerichte  -wenig  in  Be- 
tiacht  kam.  62)  ad  Fam.  8,  9.  {.  5.  63)  Vellej.  2,  53.  64)  Pigh. 
3,  417  meint,  a.  51  und  RIanut.  zu  Cic.  1.  c.  erklärt  sich  gegen  das  J.  49, 
weil  er  ad  Att.  9,  6.  §.  4  nicht  unter  den  Magistraten  genannt  werde, 
welche  mit  Pompojns  Italien  verliessen.  Cicero  war  in  der  ersten  Zeil 
des  Bürgerkriegs  nach  seinem  Abgange  von  Rom  nie  genau  von  den  Ereig- 
nissen unterrichtet ;  auch  die  briefliche  Mittheilung,  deren  er  a.  a.  O.  gegen 
Alticns  gedenkt,  enlh.'ilt  entschieden  Falsches,  denn  l'ompejus  schiffte  sich 
nicht  am  4.  März  ein,  nnd  nicht  mit  den  Consuln;  um  so  weniger  kann 
es  irren,  dnss  FaTOnius  nicht  darin  erwähnt  wird.  65)  ad.  Fain.  8,  II. 
j.  1.         66)    ad  Alt.  7,  13.         67)  I'lut,  Pomp,  60.   Caes.  33.   App.  2,  450. 


XVI.    FAVONIUS.  37 

Syrien    ziiriickkam   »iiid    a.   48   wälirend   der   Gefechte    bei  Dyr- 
rLacLiiim  Macedonien  gegen  Doiuitius  Calvinus  vertLeidigte.     Hier 
gerieih   er  diircl»   die    UebermacLt    des    Feindes    am   Flusse   Ha- 
liacmon  in   grosse  GefaLr,    avo    er  mit  dem  Gei)äck'    und  einer 
Bedeckung  blieb,  als  Scipio  sich  gegen  L.  Cassius  Longimis  nach 
Thessalien   ■wandte;    doch    eilte   jener   auf  seinen  Ruf  zur  HiQfe 
Lerbei   und    der  Plan   des  Domitius  wurde  vereitelt.  "*)     Er  war 
übrigens  nocli  voll  Hoffnung-,  und  vorlaut  im  Felde  wie  in  Rom, 
tadelte  er  seinen  BefeblsLaber,   dass   er  Clodius,  einen  Friedens- 
Gesandlen  Cäsars,  nicht  sogleich  z;irückschickte.  ^  ')     In  Thessalien 
äusserte    er    im    Unwillen    über   Ponipejus ,    welcher    einem    ent- 
scheidenden Kampfe  auswich,  man  ^verde  in  diesem  Jalire  keine 
Feigen   von    Tusculum    essen.  '  °)     Wiefern    sein  Muth   am  Tage 
der  Schlacht  sich  bewäJirfe,  wird  nicht  gemeldet,  er  verliess  aber 
Poinpejus  nicht,  und  bewies  ihm  gerade  auf  der  Flucht  die  grösste 
Aufmerksamkeit,   so    dass   er  ihn  sogar  bei  Tische  und  im  Bade 
bediente.")     Als    der    unglückliche  Feldherr    au    der  Küste  Ton 
Aegjqjten   getödtet   war,    gieng    er    nach   Italien    und    wurde    be- 
gnadigt; das  Nähere  ist  unbekannt. 

Schmerzliche  Erfahrungen  hatten  ihn  belehrt,  „dass  der 
Bürgerkrieg  ein  ärgeres  Uebel  sei,  als  gesetzwidrige  Alleinherr- 
schaft",'-) deshalb  mochten  Cäsars  Blo'rder  sich  ihm  nicht  an- 
vertrauen. Da  indess  ihr  Verbrechen  zunächst  nicht  bestraft 
wurde  und  sie  die  Römer  zur  Rettung  der  Republik  aufriefen, 
begab  er  sich  mit  Anderen  zu  ihnen  auf  das  Capitol.  ' ')  Von 
jetzt  an  theille  er  die  Schicksale  des  BI.  Drutus  und  Cassius. 
Antonius  nöthigte  sie,  sich  von  Rom  zu  entfernen,  und  er  folgte 
ihnen  und  erschien  bei  ihren  Berathungen,  unter  Anderen  am 
8.  Juni  in  Antium,  w'o  Cicero  ihn  sah.'*)  Im  September 
schilfte  er  sich  mit  ihuen  ein'^)  und  um  so  mehr  wurde  er 
a.  43  nach  der  lex  Pedia  als  ihr  JMitschuldiger  verurlheilt.  '**) 
Er  war  ihnen  mehr  lästig   als    nützlich;    im  J.  42   kam  er  mit 


68)  Caes.  B.  C.  3,  36.  Caes.  Dict.  a.  48.  Domit.  Calr.  No.  6.  §.  2. 
2.  Th,  S.  47  a.  152.  69)  Caes.  15.  C.  3,  58.  70)  riut.  Pomp.  67. 
Caes.  41.  71)  Ders.  Pomp.  73.  Vellej.  2,  53.  72)  Plut.  Biiil.  12. 
73)  App.  2,  503.  74)  ad  Att.  15,  11.  75)  2.  Th.  S.  124.  76)  Dio 
46,  48.  47,  49.     I.  Th.  S.  338. 


38  XVI.    FAVONIUS. 

gewohnter  Zudring-lichkelt  in  iLr  Zimmer,  um  bei  einem  Streite 
mit  LomeriscLen  Versen  RnLe  zu  gebieten;  Brutus  nannte  ihn 
einen  alberneu  Cjniker,  und  warf  ihn  hinaus.")  Dennoch 
focht  er  in  dessen  Heere  bei  Philipp!.  Man  führte  ihn  nach  der 
Schlacht  gefangen  und  in  Fesseln  zu  den  Triumvirn,  und  auch 
jetzt  vermochte  er  seine  Zunge  nicht  zu  zügeln;  er  schmähte 
Octavian,  weil  er  mehrere  Gefährten  der  Befreier  hatte  tödten 
lassen,  und  beschleunigte  dadurch  seine  eig'ene  Hinrichtung.  ' ') 


77)   Plut.  Brnt.  34.         78)   Dio  47,  49.   Sael.  Oct.  13.     2.  Th.  S.  149. 
A.  17. 


XVil.     ÜABLNII.  (1)  39 


XVII.      GABINII. 


1. 

A.  Galiioiiiij. 

, 

1-.  I6ii'.  Chr.— 

SSTo.K. 

1. 

A.  Gabiaius. 
ir. i>l.liO~Gl3 

3. 

A.   (iabiiiius. 

C.S9  — ft)5. 

s. 

P.  Gabiiiiu«  Cupito. 

;ir.  S9  — (j(jö. 

4. 

A.   Gabinius. 

'"^^^^^.— ''^— ^^^^^*"*-^ 

C.S2  — 67i 

y. 

P.  Gabiti.  Capito  CiQibei. 

5. 

A.   Gablnias. 

Cos.  SS— em. 

—  6.  I.ullia. 

Calil.  IOC. 

7.     A.  OabtDius  &>iäeana, 

XVII.     G  a  b  i  ii  ii. 

1  ItibejiscL  uiid  vor  dem  zweiten  JalxrLuuderte  v.  Chr.  nicLt 
erXväLiit. 

1.  Aldus  Gabinius.  Der  Proprafor  L.  Auicius  Hess  iLn 
a.  167  nach  der  Besiejfung  des  illyrischeu  Königs  Gentius  mit 
eiuer  Besatzung  in  dessen  Hauptstadt  Scodra  zurück ,  als  er 
belbst  nach  Epirus  gieng',  am  es  den  Römern  vieder  zu  unter- 
werfen. "  ^) 

2.  A.  Gabinius.  Nach  dem  Zeitverhältnisse  ein  Sohn  des 
Vorigen  und  dann  doch  nicht  von  so  dankler  nnd  niedriger  Ab- 
kunft, als  Cicero  annimmt.  *")  a.  139  als  V.  Tribun  der  Ur- 
heber des  ersten  unter  den  >-ier  Tabellur- Gesetzen,  nach  welchem 
man  bei  den  Magistrats -Wahlen  nicht  mehr  mündlich,  sondern 
schriftlich  mit  Tafeln  stimmen  sollte.  '' ' )  Das  Blajesfäts  -  Gesetz 
des  Gabinius,  von  welchem  Einige  glauben,  dass  es  von  diesem, 
Andere,  dass  es  bald  nach  dem  Gesetze  der  zwölf  Tafeln  *') 
gegeben  sei,  in  einer  Zeit,  wo  nie  ein  Römer  dieses  Namens  in 


79)  laT.  45 ,  26  fügt  seinen  Tornamen  nicht  Linzu ;  oliue  Zweifel 
hiess  er,  wie  die  zunäclist  Folgenden,  Anlas.  Vgl.  das.  40,  31.  80)  de 
leg.  agr.   3,   16.  81)    Cic.  1.  c.  u.  de  aniic.    12  bemerlct,    dass  es  zwei 

Jahre  früher  gegeben  wurde,  als  das  cassisclie  äbnlichea  Inhalts.  Oassii 
Ko.  7.  Coelii  No.  .2.  wo  sein  Ui-tbeil  über  diese  Neuernng  gewürdigt  i^i. 
82)    nieck  Crim.  Recht  der  Körner  S.  73.   J4. 


40  XVU.    GAÜINII.  (s.) 

der  Geschichte  auftritt,  Liih  man  am  richtigsten  für  eine  Er- 
findung des  Porcius  Latro,"^)  und  als  solche  ist  es  für  die 
BeantvN'ortung  der  Frage,  seit  wann  die  maiestas  der  perduellio 
folgte,  TÖllig  gleichgültig. 

3.  A.  Gabinius.  Legat  iui  Bundesgenossen  -  Kriege.  Er 
fiel  nach  glücklichen  Unternehmungen  gegen  die  Älarser  und 
Lncaner  a.  89  bei  der  Einschliessung  eines  feindlichen  Lagers.  **) 

4.  A.  Gabinius.  Sulla,  in  dessen  Heere  er  als  Rxiegs- 
tribnn  bei  Charouea  gefochten  hatte,  *^)  schickte  ihn  im  Anfange 
des  J.  81  nach  Asien,  um  Alurena  den  Befehl  zur  Beendigimg 
des  Kriegs  mit  Blithridates  zu  überbringen,  und  zwischen  dem 
Könige  und  Ariobarzanes  von  Cappadocien  einen  Vergleich  zn 
vermitteln.  ^^)  Massig  und  ehrbar,  und  darin  sehr  verschieden 
von  No.  5.  «') 

5.  A.  Gabinius.'^)  Sein  Vater  ist  unbekannt;  Vorname 
nnd  Zeitrerhältniss  erlauben  an  No.  3  oder  4  zu  denken. 

§    I. 

V.  Tribun  a.  67.  Das  Gesetz,  vt^odurch  er  Pompejas,  ohne 
ihn  za  nennen,  den  Oberbefehl  gegen  die  Seeräuber  mit  sehr 
ausgedehnten  Vollmachten  verschalfte,  ^  *)  wurde  vor  seiner  Ver- 
bindung mit  P.  Clodius  als  nothwendig  für  das  Wohl  und  die 
Würde  des  römischen  Volks  und  als  erspriesslich  für  die  Blensch- 
Leit  überhaupt  von  Cicero  gepriesen,  ^°)  welcher  nach  dem  Exil 
verkündigte,  dass  man  ihn  erkauft,  dass  die  äusserste  Dürftigkeif, 
das  Drängen  seiner  Gläubiger  dem  .Schwelger  keine  Wahl  ge- 
lassen habe,  sich  hinzugeben,  oder  selbst  Seeräuber  zu  werden.  *') 
Eliue  Legaten- Stelle  mit  der  Aussicht  auf  Beute  war  wenigstens 
bedungen,  wenn  auch  für  den  Krieg  mit  Mithridates  in  Asien, 
wo   L.    Lucnllus  durch   Pompejus    ersetzt   wei'den   sollte;    daher 


83)  Declamat.  contra  Catilin.  c.  19  in  der  Ausgabe  des  Sallnst.  von 
Corte  S.  109S.  84)  Liv.  ep.  76.  Flor.  3,  18.  §.  13.  Oros.  5,  18  nenai 
ihn   Cajus.  85)    Plnt.    Snll.    16.    17.  86)    App.   Mitlir.   215.   216. 

Cic.   ManU.    3.     Cornel.   SnU.    No.  8.   §.   8  ßn.  87)    App.    I.  c.    216. 

88)  Anlus.  Cic.  ad  Alt.  6,  2.  j.  5.  p.  Cornel.  p.  71  ed.  Orell.  App. 
2,  435.  Dio  36,  6.  89)  S.  Pompej.  UIv.  ».  67  ond  vgl.  I.  Th.  S.  63. 
2.  TIi.  S.  52.  90)  ßlauil.  19.  Cornel.  1.  c.  91)  p.  red,  in  Sen.  &. 
p.  Scxt.   8.     Dio  36,  -6. 


XVII.    GABIND,  (5.)  41 

spracL  Jer  Tribun  ungiinsliy  von  um ,  von  seinem  Aufwände, 
von  der  Pracht  seiner  Villa  bei  Tasculum,  und  bahnte  dadurcli 
Slanilius  den  Weg.  ^  ^) 

Sehr  zvreckmässig  war  sein  Gesetz  über  die  Anleihen  der 
Provincialen  in  Rom.  Cicero  erwähnt  es  wiederholt  in  seinen 
Briefen  an  Atlicus,  weil  man  während  seiner  Verwaltung  Ci- 
Uciens  bei  einer  Forderung  des  M.  Brutus  an  die  Salaminier  in 
Cjpriis  seine  Hülfe  in  Anspruch  ncihm.  Diese  konnten  sich 
a.  56  geg-en  die  gesetzlichen  Zinsen  von  1  Procent  monatlich  in 
Rom  kein  Geld  verschaffen,  und  man  wagte  es  auch  nicht,  ihnen 
auf  höhere  zn  leihen,  weil  man  nach  dem  gabinischen  Gesetze 
im  Fall  eines  Streits  ohnerachtet  des  Schuldscheins  keine  Klage 
erheben  durfte.  ^^)  Da  erboten  sich  Freunde  des  Brutus  zu 
einem  Darlehn  für  4  Procent  monatlich,  wenn  sie  durch  einen 
Senatsbeschluss  Sicherheit  erhielten.  ^'')  Der  Senat  verfügte,  um 
Brutus  gefällig  zu  sein,  die  Anleihe  soUe  weder  den  Salamiuiern 
noch  denjenig'en,  welche  ihnen  das  Geld  gegeben  haben,  zum 
Kachlheil  gereichen,  worauf  das  Geschäft  beendigt  wurde.  Bald 
aber  glaubten  sich  die  Wucherer  nicht  hinlänglich  gedeckt,  da 
das  gabinische  Gesetz  eine  Entscheidung  auf  den  Grund  der 
Schuldverschreibung  nicht  gestaltete;  es  folgte  daher  ein  zweifer 
L'eschluss:  diese  solle  dieselbe  Gültigkeit  haben,  wie  jede  andre*  9') 
Als  Appius  Claudius  in  Cilicien  und  Cyprus  Proconsul  war,  er- 
schienen M.  Scaptius  und  P.  Matinins,  Geschäftsträger  des  Brutus, 


92)   p.  Sext.  43.     rnten  A.  9.         93)    ad  Att.  5,  21.  §.  8.     Qnod  e 
sjTigrapha  ins  did  lex  Gabinia  Tetabat.  94)    Von  einer  usura  menstrna 

spricht  Cic.  in  einer  andern  Beziehung  anch  ad  Att.  6,  1.  §.  3.  Schnitz 
welcher  in  d.  Staatswiss.  d.  Rüm.  S.  397  diess  für  einen  bildlichen  Aus- 
druck, Sors  daselbst  für  eine  scherzhalte  Bezeichnung  der  ProTinz  hält, 
und  S.  396  meint,  Brutus  habe  vergebens  die  Genehjuigung  des  Senats  zu 
diesem  Darlehn  nachgesucht,  berechnet  die  gesetzlichen  Zinsen  zu  1  Procent 
jährlich,  und  lässt  demnach,  ohne  übrigens  des  gabinischen  Gesetzes  zn 
gedenken,  Brutus    4  Procent  jährlich  fordern,    statt  48.  95)    Als  jede 

nicht  Ton  Provincialen  ausgestellte,  ad  Att.  5,  21.  {.  8.  6.  2.  §.  ä  :  Kam 
qnod  Scnatus  consultum  esse  dicebat  (Scaptius),  nt  ins  ex  syngrapha  diceretur, 
eo  consilio  factum  est,  qnod  pecuniam  Salaminii  contra  legem  Cabiniam 
snmpseranl.  Vetabat  auteni  Anli  lex,  ius  dici  de  ita  siunpla  pecuuia.  De- 
crevit  igitnr  senatns ,  nl  ius  dicerftiir  ista  syngrapha.  Nunc  isla  habet 
kiris  idem,  qnod  ceterae,  nihil  praecipui. 


42  XVII.    GABLMI.  (5.) 

Capilal  anci  Zinsen  beizutreiben,®*)  und  jener  g-ab  Scaptius  Reuter, 
damit   er   in   Salamis    die  Zahlung    erzwingen   konnte.     Sie    ver- 
übten grosse  Ungebühr  und  Cicero,    Ajipius  Nachfolger,    rief  sie 
zurück.  ^')     Den  Salaminiern    befalJ   er,    die  Schuld  abzutragen, 
iedoch  seinem  Edicte  gemäss,  ■welches  nur  ein  Procent  monatlich 
zu    nehmen    und    die    rückständigen   Zinsen    jährlich   zum    Capital 
zu    schlagen,    Zins    von   Zinsen    zu   fordern,  erlaubte.  ^*)      Jene 
■waren  dazu  bereit;  Scaptius  verlangte  aber  4  Procent,  und  bezog 
sich  nach  Ciceros  Einrede,  dass  er  nicht  gegen  sein  Edict  handeln 
könne,    auf   den   Senatsbeschluss,    welcher   dem    Statthalter   von 
Cilicien  aufgebe,  nach  dem  Schuldscheine  zu  richten ;  er  behauptete 
iiberdiess  der  Wahrheit  zuwider,   dass  man  ihm  nicht  106,  son- 
dern 200  Talente  zu  zahlen  habe.  °^)     Cicero  erfuhr  nach  seiner 
Versicherung  jetzt  erst,   dass  Brntns  der  Gläubiger  sei,  und  sein 
Edict    war    diesem    günstig  genug,    da    der    Senat   kürzlich   fest- 
gesetzt hatte,  dass  die  rückständigen  Zinsen  von  einem  Jahre  ins 
andre    berechnet,    aber   nicht    als    Capital    verzins't   werden   soll- 
ten; 10")    auf    sein    Anstiften    ferner    legten   die    Salaminier    das 
Geld   nicht    in   einem   Tempel  nieder,    wie  ihre  Absicht  war,    da 
sie  es  dann  nicht  mehr  zu  verzinsen  brauchten.  ')     Später  bereute 
Scaptius,  auf  Ciceros  Vorschlag  nicht  eingegangen  zu  sein,  dem» 
der  Senatsbeschluss    genehmigte   nur   die  Anleihe    der  Salaminier 
als  Ansnalune  von  Gabinius  Gesetz,  aber  er  erlaubte  nicht,  4  Procent 
zu  fordern.  ^)     Nach  dieser  Darstellung  untersagte  Gabinius  nicht 
bloss,    Provincialen  in  Rom   für   ungesetzliche   Zinsen,     sondern 
ihnen  überhaupt  in  Rom  zu  leihen;  jedes  Geschäft  der  Art  sollte 
imgültig,    gar   keine   gerichtliche    Untersuchung   darüber    zidassig- 
sein.     Man  durfte  nur  über  die  Beobachtung  des  Gesetzes  wachen, 
lim    die    ohnehin   geplagten  Provincialen   von    unnützen  und  kost- 
spieligen    Reisen     nach     der     Hauptstadt     abzuhalten,     und     sie 
gegen   die  llabsucht    der  Grossen   und   der  Wucherer  wenigstens 
vor    den    Augen     des    Senats     zu    sichern ,     aber    das    Beispiel 


96)  ad  Att.  5,  21.  J.  8.  6,  3.  §.3;  Amicos  baljet  (Brutas)  meras 
nngas.  97)  Das.  6,  1.  {i.  4.  6,  2.  §.  5.  6,  3.  t.  3.  98)  l>as.  5,  21. 
^.  8.  Ceutesimas  —  cum  onalocisino,  oder  das.  6,  3.  §.3:  centesimas,  re- 
novato  in  singulos  nniios  foenore.  Vgl,  6,  1.  f.  4  u.  13.  ti.  2.  §.  5. 
99)     ad  All.   5,  21.  j.  8.    6,   1.  5.  4.  100)   l»,is.  5.  21.  5.8,  1)  Das,. 

6,   1.  5.  4.    2.   J.  5.    3.  5.  3.  2)    Uas.   6,  2.  v-  5. 


XVII.    GABINII.  (5.)  43 

des    Brutus     beweis't ,     dass     solche    Verordnungen     ohne    Kraft 
waren.  ') 

Ein  anderes  Gesetz  des  Gabinius  betraf  den  Senat.  Der 
Consul  Appius  Claudius  erklärte  a.  54,  die  lex  Pnpia  hindre  ihn 
nicht ,  an  den  Coniitial  -  Tagen ,  welche  auf  die  Ouirinalien 
(17.  Februar)  folgten,  den  Senat  zu  berufen,  '')  und  in  der  Ga- 
binia  sei  geboten,  vom  I.Februar  bis  zum  1.  März  den  Gesandten 
täglich  im  Senat  Gehör  zu  geben.  ')  Früher,-  im  Januar  56, 
schrieb  Cicero  an  Lentulus,  den  Proconsnl  von  Cilicien,  tim  ihm 
bemerklich  zu  machen ,  dass  die  Angelegenheit  des  Auletes, 
•welchen  jener  wieder  einzusetzen  wünschte,  nicht  so  bald  er- 
ledigt sein  werde:  vor  dem  1.  Februar  kann  der  lex  Pupia  zu- 
folge der  Senat  sich  nicht  versammeln,  imd  auch  im  ganzen 
Februar  nicht,  wenn  man  nicht  die  Gesandten  zuvor  gehört  und 
beschieden  hat.  ^)  Die  Schwierigkeiten,  welche  mau  hier  fin- 
det,')  entstehen  grössfentheils  dadurch,  dass  man  einen  innern 
Zusammenhang  zwischen  den  beiden  Gesetzen  annimmt,  well  sie  zu- 
gleich genannt  werden,  und  weil  man  das  Verbot  im  ersten  auf  eine 
bestimmte  Zeit  beschränkt.  Pupius  hatte  im  Allgemeinen  unter- 
sagt, an  Comitial  -  Tagen  sich  in  der  Curie  zu  berathen,  *)  und 
Appins  behauptete,  auf  die  Tage  von  den  Ouirinalien  bis  zum 
I.  März  sei  das  Gesetz  nicht  anwendbar,  er  könne  also  in  dieser 
Zeit  den  Senat  berufen ,  das  g-abinische  zwinge  ihn  sogar  dazu, 
denn  es  verlange,  dass  der  Senat  sich  vom  I.  Februar  bis  zum 
1.  März  täglich  mit  den  Gesandten  beschäftige.  Die  lex  Pupia 
gieng  diese  nicht  an ,  und  in  der  Gabinia  wurde  der  Ausdruck 
täglich  vom  Consul,  welcher  die  Comitien  verhindern  wollte,  ab- 
sichtlich so  gedeutet,  als  seien  die  Comitial -Tage  nicht  schwei- 
gend ausgenommen. 

a.   66   wollte   Gabinius    sich    als   Legat   des    Pompejus   nach 


3)   Vgl.   Cornelii  i)leb,   !So.    I   I)ei  dem  J.  67.  4)    In   ansserordenl- 

lichen    und   dringenden   Fällen    geschah    diess    anch    sonst.      Liv,    38,    53. 
5)    ad  Qu.  fr.  2,   13.  <>)     Bis    daliin    kann    man    über    nichts    Anderes, 

niclit    über    die  Herstellung   des    ägyptischen  Königs    verhandeln,     ad  Fam. 
1,4.  7)    I.   S.    Znuioscius   de  Sen,   R.   p.   47.     Ilic   mihi   Talde ,   ut 

aiiinl,    aqaa     haeret.  8)     Cicero    spricltt     vom    Januar.     Appius    vom 

Februar .    folglich    be/.ng    sich    das  (iesetz  keiuesweges  auf  einen   einzelneu 
Monat. 


44  XVII.    OABINII.  (5.) 

Asien  begelien,  *)  wo  dieser  nacli  der  Entwaffnung  der  Seeräuber 
Massregeln  ergriff,  sie  für  immer  unschädlich  zu  machen,  in  der 
That  aber  die  Bestätigung;  des  manilisdieu  Gesetzes  erwartete, 
lim  nun  auch  den  Krieg  mit  IMifhridates  zu  beendigten.  '  °)  So 
konnte  Cii'ero,  als  er  es  empfahl,  die  ^Yendung, nehmen,  es  sei 
Unrecht,  wenn  Gabinius  in  einem  Kriege,  welchen  man  in  Folge 
seines  Gesetzes  führe,  nicht  Legat  werde.'')  Im  Zorn'  über 
Pompejus  neue  Anmassung  behaupteten  dt  sseu  Feinde,  unmittelbar 
nach  dem  Tribunat  könne  niemand  eine  solche  Stelle  erhalten.  Cicero 
zeio-te  dem  Volke  durch  Beispiele  aus  früherer  Zeit  die  Nichtig- 
keit dieses  Einwurfs;  er,  der  Prätor,  wolhe  darüber  an  den 
Senat  berichten,  wenn  die  Consuln  sich  weigerten.  So  wenig 
ehrte  er  die  Verfassung,   ehe  er  selbst  Consul  wurde. 

Indess  scheint  die  Abreise  des  Gabinius  wenigstens  dadurch 
verzö'n'ert  zu  sein ;  auch  wird  er  in  der  Geschichte  des  dritten 
inithridatischen  Kriegs  wegen  seiner  Thaten  nicht  ausgezeichnet. 
Er  hatte  aber  für  seine  in  Rom  geleisteten  Dienste  eine  An- 
weisung anf  Freund  und  Feind,  und  benutzte  sie  wohl  schon 
a.  65  auf  dem  Zuge  über  den  Euphrat,  wodurch  die  Parther 
geschreckt  werden  sollten,'"')  und  noch  mehr,  als  er  mit  dem 
Quästor  BI.  Aemilius  Scaurus  nach  Damascus  geschickt  wurde 
nnd  dann  weiter  mit  ihm  nach  Judäa  gieng.  Hier  erklärten  sie 
sich  in  dem  Streite  zwischen  dem  Hohenpriester  Hyrcanus  und 
dessen  Bruder  ArislobiJus  für  den  Letzten,  welcher  Scaurus  400, 
nnd  Gabinius  300  Talente  gab.  Nach  der  Ankunft  des  Pompejus 
in  Damascus  wandten  sich  beide  Parteien  an  ihn,  und  er  beschied 
sie  auf  das  nächste  Frühjahr,  ohne  die  Bestechungen  zu  rügen, 
über  welche  Anlij)aler  im  Namen  des  Hyrcanus  sich  beklagte.  ' ') 
Aristobulus  wurde  a.  63  in  Jerusalem  belagert,  weil  er  aus 
Furcht  vor  einer  ungünstigen  Entscheidung  die  Waffen  ergriffen 
hatte.  Er  kam  aber  bald  zu  Pompejus,  ihm  die  Stadt  zu  über- 
geben. Gabinius,  welcher  sie  besetzen  sollle,  sah  sich  von  den 
Einwohnern  und  Truppen  zurückgewiesen ,  uud  der  Kampf 
dauerte  fort.  '  *) 


9)  Oben  A.  92.  10)  Plut.  Pomp.  30.         11)  M.inil.  19.         11/.)  Dio 

37,   5.  12)    Joscpli.   A.    J.    14,    2  (3).    §.   3.    cnp.  3  (5).    §.  1  u.  2. 

13)   Duis.  A.  J.  14,  4  (7).  {.'  1.    B.  J.   1,  6  fm.    Oros.  6,0.    Zouar.  5, 6.  * 
Ili'gCiiiip.   1,   Iti.     S.  l'ompoi.  IHv    a.  64  u.  63. 


XVn.     GABDfll.  (5.) 


Jener  übergieng  die  AeJIlilüt,  denn  er  verwalfele  bald  nach 
dem  Kriege,  ■\valirsclieinlicb  a.  61,  die  Prätur,  und  be^Yarb  sich 
zwei  Jalu-  später  um  das  Consulat.  Seine  FecLlerspiele  a.  59 
machten  ihn  bei  dem  Volke  beliebt,  obgleich  die  Feinde  seines 
Gönners  zischten ;  nach  einem  falscLeu  Gerüchte ,  'welches  L. 
Vettius  verbreitete,  wollte  man  Pompejus  bei  dieser  Gelegenheit 
födten.  ' ')  Ueber  die  Absichten  der  Triiimvirn,  von  welchen  der 
Erfolg  der  Wahlen  abhieng,  hatte  man  keine  Gevrissheit;  Viele 
glaubten,  Pompejus  und  Crassus  würden  Consuln  werden,  Andere, 
welche  besser  unterrichtet  zu  sein  schienen,  Gabiuius  und  Ser. 
Sulpicius,  nur  von  Q.  Arrius  und  L,  Lentuhis  war  in  dieser 
Beziehung  bald  nicht  mehr  die  Hede.  '  ^)  Der  Consul  Bibulus, 
Cäsars  College  und  wegen  fruchtloser  Anstrengungen  von  den 
Seinigen  gepriesen,'*)  verzögerte  die  Consular- Comitien  durch 
seine  archilocliischen  Edicte  bis  zum  18.  October,  ' ')  dann  aber 
wurden  Gabinius  und  L.  Piso  gewählt,  ")  mit  dessen  Tochter 
Cäsar  sich  vermählte.  Schon  früher  hielten  nach  Cicero  sogar 
die  Bauern  diese  Gewaltherrschaft  für  unerträglich,'^)  jetzt 
sprach  M.  Cato  von  der  Verkupplung  der  Aemter;  C.  Cato,  ein 
unbesonnener  junger  Alann,  wollte  Gabinius  wegen  gesetzt  idriger 
Bewerbung  anklagen,  er  fand  bei  den  Prätoren  kein  Gehör,  und 
wurde  beinahe  getödtet,  als  er  im  Zorn  Pompejus  vor  dem  Volke 
einen  Dictalor  nannte,^")  denn  Alle,  auch  Cicero  und  die 
übrigen  Blissvergniigten ,  welche  auf  dem  Lande  insgeheim 
schmollten  und  schmähten,  waren  in  dem  ^Vahue  befangen,  dass 
jener  der  Mächtigste   im  Bunde  sei,  und  „zur  Tyrannis  rüste".  ^ '} 

a.  58.  Die  Consuln  Piso  und  Gabiuias  waren  bestimmt, 
die  julischen  Gesetze  vom  vorigen  Jahre ,  welche  auch  für  Pom- 
pejus die  grösste  Wichtigkeit  hatten,  aufrecht  zu  erhalten,  und 
die  Interessen  der  Triumvirn   gegen   einander  zu  vertreten,     Sie 


14)    ai  Art.  2,  19.  §.2.     2,  24.  §.  2.    2.  Th.  S.  233  f.  15)   ad 

Au.  2,  5.   §.  2.     2.  Th    S.  64.  65.    Cornel.  Lentiil.    Ko.  35.  16)    In 

coelo  est.    ad  Au.  2,  19  in.    2,  20.  [.  4.    2,  21.  J.  2.  17)   Das.  2,  20  lin^ 

2,  21.  5.  3.  18)    S.   die  SteUen  im  2.  Th.  S.  65.  A.  61.  19)   ad 

Art.  2,  13.  {.  2.  20)    ad  <Jn.  £r.  1,2.  5.  9.   p.  Sexf.  8.  21)   ad 

All.  2,  14  n.  17. 


46  XVn.    GABINn.  (5.) 

■widersetzten  sich  dem  ägyptischen  Gö'tterdienste  in  Rom,  *') 
übrigens  grlifen  sie  unr  in  jener  untergeordneten  Rolle  in  die 
öIFentliclien  AngelegeoLeifen  ein,  aber  sie  benutzten  sie  zur  Er- 
reichung ihrer  eigenen  Absichten.  3Mit  um  so  mehr  Schein 
konnte  Cicero  sie  als  Urheber  seines  Exils  dem  V.  Tribun 
P.  Clodius  zugesellen,  nnd  ihnen  zur  Last  legen,  was  von  wohl 
bekannter,  aber  zu  mächtiger  Hand  über  ihn  verhängt  war. 
Clodius  liess  ilinen  für  ihren  Beistand  die  Provinzen  anweisen, 
welche  sie  wünschten,  Gabinius  namentlich  Syrien,-^)  wogegen 
dieser  dem  Senat  die  Trauer  um  Cicero  untersagte,  die  Ver- 
folgung desselben  für  gerecht  erklärte,  und  ohne  sich  zu  regen, 
als  sein  Haus  zerstört  wurde,  die  Bente  vom  Tusculannm  mit 
dem  Tribun  theilte,  und  nicht  auf  die  Herstellung  des  Verbannten 
antrug.  *')  Zuletzt  zerfiel  aber  Clodius  auch  mit  Pompejns;  sehr 
bedenklich  für  den  Consul,  welcher  jedoch  seinem  Gönner  treu 
blieb  und  nun  die  Erfahrung  machte,  dass  man  seine  Fasces 
zerbrach  «md  seine  Güter  den  Göttern- weihte.  -^) 

Indess  verblieb  ihm  Syrien,  wohin  er  a.  57,  wiederum  mit 
Schulden  belastet,^")  abgieng.  ^')  Er  folgte  M.  Aemilius 
Scaurus  nicht  unmittelbar.  - '')  Ponipejus  übergab  diesem,  seinem 
Quästor,  das  Land,  welches  er  zur  Provinz  gemacht  hatte,  mit 
zwei  Legionen ,  als  er  a.  62  nach  Italien  zurückkehrte ;  '^  ^) 
a.  59  wurde  Scaurus  durch  den  Proprätor  L.  Marcius  Philippus, 
und  a.  58  dieser  durch  den  Proprätor  Cn.  Lentulus  BlarceDinus, 
den  Vorgänger  des  Gabinius ,  des  ersten  Proconsuls  in  Syrien, 
ersetzt.^")  Gabinius  suchte  Geld  und  den  Imperator -Titel,  und 
er    durfte    Beides    hoffen,    denn   es   gährte    überall   um   ihn    her, 


22)    2.   Th.    S.  67.  23)   Das.    S.  C6  n,  260.    A.  7.  24)   Das, 

246.  249.  269.  276.  25)   Das.  275.  26)   p.  Sext.  8.  27)    Das. 

33.  in  Pison.  13.  Plnj.  Anton.  3.  App.  Syr.  120.  B.  C.  S,  677.  Joseph. 
A.  J.  14,  5  (10).  5.  2.   15.  J.  1,  8  (6).  5.  2.  28)    So  Joseph.  B.  J. 

1.  c. ,  vrelcher  in  diesem  Theile  seiner  Weike  hcsonders  Kicolaus  Damas- 
cens  und  Slrabo  hemitzt  hat.  A.  J,  14 ,  6  (11).  f>.  4.  Anch  Hege.sipp. 
1,   19.  29)    App.  .Syr.  p.  119     B.  C.  1.  c.    Joseph.  A.  J.  14,  4  (8).  §.  5. 

JJ.  J.  1,  7  u.  8.  1.  Th.  S.  29.  A.  96  f.  M.  I'iipins  Piso  sollte  a.  60 
nach  seinem  Consnlat  Syrien  vcriralten,  da  er  aber  Cloditis  begünstigte, 
so  ■wurden  seine  Iloirnnngen  rinrch  Cicero  vereitelt.  2.  Th  S.  80.  A.  83. 
30)   App.  Syr.  I.  c.     Clandü  Marceil.  No.  :il. 


XVII.    CABINII.  (5.)  47 

man  erkauAe  seinen  Beistand  oder  feindete  iLn  an ,  und  er 
glaubte  durch  Clodiiis  Gesetz  zu  jeder  EinndscLiin^  befugt  zu 
sein.  SieLt  man  davon  ab ,  dass  er  willküLrlicIi  die  Gränzen 
Syriens  überschritt,  so  ihat  er  nicht  mehr  und  nicht  weniger,  als 
die  meisten  Statthalter,  nur  hatten  nicht  Alle  einen  Gegner, 
■welcher  die  Mit-  und  Nachwelt  von  ihren  Verbrechen  unter- 
richtete. Und  doch  bleiben  auch  in  seiner  Geschichte  Dunkel- 
heiten, da  Cicero  Manches  nur  andeutet,  weil  er  es  selbst  aus 
unsichern  Gerüchten  aufgriff,  oder  seine  Zeitgenossen  ihn  ver- 
standen. Wenn  es  gegründet  ist,  dass  Gabinius  schon  auf  der 
Reise  von  Ariobarzanes  zum  Morde  gedungen  wurde,  so  kann 
es  sich  nur  auf  cappadocische  Verbannte  oder  Flüchtlinge  be- 
ziehen. ")  Auch  der  Feind  wird  nicht  genannt,  durch  welchen 
er  gleich  anfangs  Verlust  erlitt,  ohne  Z^veifel  Araber,  denn  sie 
kämpften  fast  ununterbrochen  mit  den  Römern,  seit  Pompejus  in 
diese  Gegenden  vorgedrungen  war.  ^ ')  Bald  aber  erhielt  er 
einige  Vortheile;  er  wurde  Imperator,  und  suchte  in  seinem 
Berichte  um  ein  Dankfest  nach.  Der  Senat  verweigerte  es  am 
15.  Mai  56,  um  ihn  und  noch  mehr  um  Pompejus  zu  deniüthigen.  ^  ^) 
Bei  seiner  Furcht  vor  den  Triumvirn  wünschte  sich  Cicero  Glück, 
dass  er  sich  an  dem  Tage  in  Antium  befand,  aber  seine  Freude 
war  gross,  und  er  verkündigte  in  Briefen  und  Reden,  man  habe 
Gabiiuus  nicht  geglaubt,*')  noch  nie  sei  einem  Feldherrn  die 
Supplication  versagt ,  ausser  unter  ganz  anderen  Umständen 
T.  Albuclus,  die  Schmach  sei   unerhört.  ^*) 

Der  Proconsnl  war  um  so  thätiger,  Geld  zusammen  zu 
raffen.  £r  hatte  schon  früher  in  Judäa  eine  gute  Erndte  ge- 
halten, und  hier  erneuerte  sich  der  Krieg  zwischen  den  JMacca- 
bäern  durch  Alexander,  den  Sohn  des  Aristobulus,  welcher  auf 
dem  Wege  entfloh,  als  Pompejus  ihn  mit  seinem  Vater  und  seinen 
Geschwistern    nach    Italien    führte.  ^  ^)       Ein    Theil    der    Juden 


31)  Cic.  de  prov.  cons.  4.         32)   Cic.  1.  c.  App.  Syr.  120.        33)  ad 
On.  fr.  2,  8.    de  prov.  coiis.  6.   7.   10.    in  Pison.   17.  34)    \'*'ie  später 

M.  Cato  und  Andere  im  gleichen  Falle  Ihm  nicht  glaubten,  ad  Farn.  8,  11. 
35)  ad  9n.  fr.  1.  c.  de  prov.  cons.  11.  cc.  in  Pison.  19.  14  Phil.  8  fin. 
niese  Verhandlungen  gehören  in  den  Anfang  des  J.  56  und  sind  älter  ais 
die  Feldi^iige  des  Gahinins  gegen  Alexander  und  Aristobulus  in  Judäa. 
^6)  Joseph.  A.  J.  14,  4  (8).  J.  5.    B.  J.  1,  7  En, 


48  XVII.    GABmiI.  (5.) 

begünstigte  den  jungen  Fürsten,  weil  sein  Obeim  H3rrcanns  sich 
dem  Einflüsse  der  Römer  und  des  elirgeizigen  Idumaers  Antipater 
Lingab.  Doch  konnte  er  nur  allmkiig  zu  Kräften  gelangen,  nnd 
sein  Versuch,  die  Blauern  von  Jerusalem  herzustellen,  wurde  Ton 
den  Römern  in  jener  Gegend  vereitelt.  Dann  aber  zählte  er 
10,000  Mann  zu  Fuss  nnd  1500  Reuter,  und  besetzte  die  Festen 
Alexandrium ,  Machärus  nnd  Hyrcania.  Die  Ehre  Roms  schien 
zu  fordern ,  dass  man  Hyrcanns  beschützte ,  da  er  von  Pompejus 
als  Hoherpriester  anerkannt  war.  Demnach  entsandte  Gabinius 
den  Befehlshaber  seiner  Reuterei,  M.  Antonius,  mit  den  jüdischen 
Truppen  unter  Pitholaus,  Blalichns  und  Antipater.  Als  er  die 
Vorhut  mit  den  Legionen  erreicht  hatte,  siegte  er  in  der  Nähe 
von  Jerusalem,  und  bestimmte  Antonius,  den  Feind  in  Alexan- 
drium einzuschliessen ,  während  er  selbst  im  Lande  umherzog, 
nnd  die  zerstörten  oder  von  ihren  Einwohnern  verlassenen  Städte 
Samaria,  Azotus,  Scylhoi)olis,  Raphia,  Gaza  u.  A.  aufbaute  und 
bevölkerte.  Nach  seiner  Rückkehr  zum  Belagerungs  -  Heere 
musste  Alexander,  dessen  Plätze  ilim  übergeben  und  vernichtet 
wurden,  sich  unterwerfen,  und  er  konnte  Hyrcanus  wieder  nach 
Jerusalem  führen.  Das  Land  theilte  er  in  fünf  Bezirke  mit 
eben  so  vielen  Synedrien.  ' ') 

Aber  die  Ruhe  war  von  kurzer  Dauer.  Hyrcanus  und 
Antipater  sahen  sich  genöthigt,  ihm  nnd  den  Ersten  in  seiner 
Begleitung  grosse  Geschenke  zu  machen  und  das  Geld  vom  Volke 
zu  erpressen.  Daher  fand  Aristobulus  viele  Anhänger,  als  er 
mit  seinem  Jüngern  Sohne  Antigonus  Italien  insgeheim  verliess, 
nachdem  er  a.  61  bei  Pompejus  Triumphe  erschienen  war;  '^) 
selbst  Pitholaus  gieng  mit  1000  Mann  von  der  Besatzung  Jeru- 
salems zu  ihm  über.  Alexandrium  zu  befestigen  hinderte  ihn 
Antonius  mit  Servilius  und  Sisenna,  des  Gabinius  Sohn.  Er 
eutliess  die  Unbewaffneten  und  brach  mit  etwa  8000  Blann  nach 
Blachärus  auf;  ehe  er  es  en-eichte ,  wurde  er  von  Antonius  an- 
gegriffen und  geschlagen;  die  Werke  des  Platzes  konnten  nur 
unvollkommen   hergestellt   werden    und   schon   nach   zwei  Tagen 


IS)    Joseph.  A.  J.    14,  5  (10).   §.2  —  4.    B.  J.    1,8  (6).   §.  2  —  5. 
Hcgesipp.  I,  19.     Zonar.  5,  7.    Plul.  Anlon,  3.  16;    Phit.  Pomp.  43. 

App.  Milhr,  253.    Zouar.  10,  6. 


xvn.  GABmn.        (5.)  49 

gerieth  er  schwer  rerwnnJet  mit  seinem  SoLne  in  Gefang'enscLaft. 
Antonius  liess  ihn  zum  Proconsnl  füliren,  welcher  ihn  wieder 
nach  Italien  schickte,  zugleich  aber  durch  einen  Bericht  an  den 
Senat  seinen  Rindern  die  Freiheit  rerschalfte,  weil  seine  Ge- 
mahlinn  unter  dieser  Bedingung  mehrere  Festen  übergeben  halte.  ' ') 

In  Rom  verhandelte  man  indess  a.  56  im  Senat  über  die 
Consular  -  Provinzen.  Man  hörte  fast  nur  die  Stimme  des  Partei- 
Lasses  und  der  Privatfeindschaft,  und  Cicero  insbesondre,  dessen 
Gutachten  vorliegt,  wollte  «ich  an  Piso  und  Gabinius  rächen. 
Schon  vor  ihm  war  P.  Servilins  Isanricns  der  Meinung  gewesen, 
dass  man  sie  aus  Macedonien  imd  Syrien  abrufen  und  ihre  Pro- 
vinzen, nicht  beide  Gallien,  welche  Cäsar  verwaltete,  den  künf- 
tigen Consnln  überweisen  müsse ,  und  dies  schien  auch  ihm  aus 
vielen  Gründen  das  Rathsamste  zu  sein.  Doch  erhielt  nur  Piso 
a.  55  einen  Nachfolger;  Gabinius  blieb,  weil  die  Triumvim  es 
wollten.  '  ^) 

Er  rüstete  nach  der  Besiegnng  des  Aristobulus  gegen  die 
, Araber,  wenn  auch  nur,  nm  zu  drohen,  and  wie  M.  Scaurus 
mit  Gelde  abgefunden  zu  werden.  ' ')  Ehe  er  diess  ausfühite, 
.verspi'acL  er  Blithridates,  dem  Könige  der  Pariher,  seineu  Bei- 
. stand,  welcher  von  seinem  Bruder  Orodes  verdrängt  war,  und 
gieng  voll  Zuversicht  über  den  Euphrat,  weU  Rom  erst  durch 
Crassus  die  Furchtbarkeit  dieses  Feindes  kennen  lernte.  '  ")  Bald 
aber  überliess  er  den  Schützling  sich  selbst;  ein  Anderer,  Pfole- 
mäus  Auletes ,  König  von  Aegypten,  bot  grössern  Lohn  und  er- 
hielt den  Vorzug.  Auch  er  war  aus  seinem  Reiche  vertrieben 
und  hatte  in  Rom  Hülfe  gesucht,  wo  Pompejus  ihn  begünstigte. 
Man  wusste  aber,  dass  dieser  ihn  nach  Aegypten  führen  wollte, 
um  an  der  Spitze  eines  Heeres  und  einer  Flotte  sich  selbst  wieder 
zu  heben,  und  vereitelte  seinen  Plan  durch  ein  sibyllinisches 
Orakel,  welches  für  einen  solchen  Fall  gewaltsame  Slittel  unter- 
sagte, und  durch  einen  entsprechenden  Senatsbescliluss ,  so  dass 
non    auch   P.   Lentulus    Spinther  als   Proconsnl  von  Cilicien   die 


17)   Joseph.  B.  J.  14,  6  (11).  5-  1.    B.  J.  1,  8.  5.  6.    Ueges.  1,  20. 
Zon.  Plnf.  U.  ec.  18)    2.  Th.  .S.  70  f.  19)    1.  Th.  S.  29.  20)  App. 

Syr.  120.    Dio  39,  56.    Justin.  42,  4.    Joseph.  B.  J.  14,  6  (11).  J.  2  n,  4. 
B.  J.  I,  8.  ^.  7.   Heges.  I,  21. 

Druniann,   Gcscliiclite  Uoms  ItL  ^ 


50  XVII.    CAÜINIT.  (r>.) 

äfryptischen  Ang'elegeulieiten  nicLt  mit  bewalTueter  Hand  ordnen 
dnrfle.  ^')  Poinpejus  rächte  sicL  für  seine  Niederlage;  die 
Optimaten  sollten  ■wenig'stens  die  Kränkung  erfahren,  dass  An- 
letes  trotz  Orakel  und  Senat  wieder  auf  den  Thron  gelangte. 
Er  schickte  ihm  ein  Schreiben  an  Gabiniiis ,  welches  die  Auffor- 
derung und  die  Vollmacht  enthielt,  ihn  herzustellen.  ^')  So  er- 
schien der  König  a.  55  iu  Syrien.  Seine  beste  Empfehlung  war 
das  Geld;  zwar  konnte  er  für  den  Augenblick  wenig  zahlen, 
obgleich  er  in  Rom  eine  bedeutende  Summe  geborgt  hatte,  aber 
er  machte  gTosse  Versprechungen  und  kam  auch  ohne  die  über- 
flüssige Verw^endung  des  M.  Antonius  zum  Ziel.  ^  ^) 

In  Aegypten  regierte  seine  älteste  Tochter  Berenice,  welche 
sich  mit  dem  Syrer  Seleucus  Cybiosactes  vermählte,  einem  Sohne 
des  Antiochus  Eusebes  von  Selene,  der  Tochter  des  Ptolemäus 
Physcon,  "')  ihn  aber  nach  wenigen  Tagen  wegen  seiner  ver- 
ächtlichen Sitten  tödten  liess,  ^')  Man  lenkte  ihre  Aufmerk- 
samkeit auf  Archelaus ,  dessen  Vater  gleiches  Namens  das  pon- 
tische  Heer  gegen  Sulla  befehligt  hatte.  "^)  Er  w£ir  von  Pom- 
pejus  zum  Priester  in  Comana  ernannt,  *'')  nnd  hielt  sich  jetzt 
!n  Syrien  auf,  um  an  dem  Feldzuge  des  Gabinius  gegen  die 
Pariher  TheU  zu  nehmen.  Die  Aussichten  in  Aegypten  waren 
lockender,  und  man  einigte  sich  um  so  eher,  da  er  die  Unter- 
händler durch  das  Vorgeben  täuschte,  er  sei  der  Sohn  eines  Königs, 
Milhridates  des  Grossen.  Den  Römern  konnte  es  nur  nach- 
theilig sein,  wenn  ein  junger,  kräftiger  Fürst  als  GemaM  der 
Berenice  im  Nachbar- Lande  den  Thron  bestieg;  deshalb  ent- 
fernte er  sich  insgeheim.  ^*) 


21)    Cornel.  Lentul.  No.  21.  §.  1  nnd  hier  §.  3.  A.  54.  22)  Eben 

so     handelte    Cicero    als    Feind    des    Antonios.      1.    Th.    S.    181.    §.    24. 

23)  App.  1.  c.  Dio  39,  SS.  56.  Strabo  17,  796.  Joseph.  A.  J.  14,  6. 
^<.  2.  B.  J.  I.  c.  Ileges.  I.  c.  Man  behauptete,  dass  Gabinius  sich  für 
10,000  Talente  verkanlt  habe,  p.  R.-ibir.  Post.  8.  So  nun  auch  Flut. 
Anton.    3.     Vgl.    ad    Qu.   fr.    3,    1  iin.    nnd    p.   Itab.  P.  3.     in  Pison.  21. 

24)  Cic,  Verr.  4,  27  nennt  seinen  Bruder  Antiochus  einen  Sohn  des  An- 
tiochus.    Selene  war  mehrmals  \erheirathet.     App.  Syr.  133.    Justin.  39,  4. 

25)  Strabo  12,  558.  17,  796.  Uio  39,  57.  26)  Cornel.  SuU.  No.  8.  }.  5  u, 
§.  STin.  27)  Strabo  12,  558.  28)  Der  Krieg  mit  den  Parthermvar  gegen 
den  Willen  des  rümischeu  Senats  beschlossen,  dieser  Konnte  ihm  daher  nicht  unter- 


XVII.    GABIINTI.  (5.)  51 

Gabiniiis  bot  seine  ganze  MacLt  auf,  um  des  Erfolges  gewiss 
zu  seiu ;  nur  weuig-e  Truppen  blieben  mit  seinem  Soline  Sisenna 
in  Syrien  zurück.  Die  VorLut  bildete  wieder  die  Renterei  unter 
IVI.  Antonios.-^)  Sie  wurde  wie  das  uacLrückende  Heer  von 
Antipater  mit  Gelde,  Waffen  ddcI  Getraide  unterstützt,  da  er 
Hyrcanus  beLerrscLte  und  bei  seinen  Entwürfen ,  die  Maccabäer 
g'änzlicL  zn  Terdräng-en,  die  FrenndscLaft  "der Römer  bedurfte.'") 
Um  so  leichter  gelano:ten  sie  über  die  Landenge  am  serbonischen 
See  bis  Pelusium,  wo  Antonius  nach  einer  schwachen  Gegenwehr 
seinen  Einzug  hielt,  und  die  Einwohner  gegen  die  Rachgier  des 
Auletes  in  Schutz  nahm,  ^')  Der  Schlüssel  des  Reichs  war  fiir 
Archelaus  verloren,  und  die  Alexandriner  zeigten  wenig  Eifer,  *-) 
so  muthig  sie  später  gegen  Cäsar  fochten.  Selbst  auf  dem  ]Nil 
erlitten  sie  eine  Niederlage,  und  ihr  König  fiel  gegen  eine  andere 
Abtheilung  des  feindlichen  Heeres  in  der  Schlacht.  Als  Gast- 
freund liess  Antonius  seinen  Körper  unter  den  Todten  suchen 
und  mit  Ehren  begraben;  ")  auch  erhielt  sein  Sohn  später  das 
Priesterthum  in  Comana,  '*)  Das  Land  musste  sich  Ptolemäus 
unterwerfen,  und  nicht  bloss  seine  Tochter  Berenice,  sondern 
auch  viele  Reiche  biissten  mit  dem  Leben,  weil  er  Geld  bedurfte, 
um  sowohl  Gabinius  zu  befriedigen ,  als  die  römischen  Truppen 
zu  unterhalten,  welche  zu  seinem  Schutze  in  Aegjpten  blieben, 
und  später  zum  Theil  Pompejns  im  Kriege  mit  Cäsar  yerstärkteri. '  *) 


sagen,  dem  Feldznge  beiznwolinen,  ■vrie  Strabo  I.e.  meldet ;  anch  -mlligte  Gabi- 
nius nicht  ia  seine  Verbindung  mit  Berenice,  yseü  er  etwa  fürchtete,  dass  er 
sonst  am  Kil  nicht  genng  "\Viderstand  finden  und  für  geringe  Arbeit  geringen 
Lohn  erbalten  werde;  Die  1.  c.  Die  Stimmung  der  ..Alexandriner,  vrelche 
Auletes  immer  gehasst  hatten  nnd  jetzt  anch  seiner  Rache  entgegensahen, 
war  ihm  ohne  Zweifel  bekannt.  Tgl.  Lit.  ep.  105.  Cic.  p.  Rab.  Post.  7. 
29)   Dio  39,  56.    Plut.  Anton.  3.  30)    Joseph    A.  J.  14,  6  (II).  §    2. 

Dio  1.  c.  31)   Plut.  1.  c.    Dio  39,  58.    App.  5,  675  fin.    Cic    2  Phil.  19. 

32)    Val.  M.  9,  1  ext.  J.  6.  33)  Strabo  12,  558.    Plnt  1.  c.    B.  Alex.  3. 

App.  Syr.  120.  Mithr.  254.  Ijt.  105.  Cic.  in  Pison  21.  Enseb.  Chron. 
p.  227.  Zonar.  5,  7.  Gabinins  nnd  Anletes  veranlassten  durch  ihren  An- 
griff den  Tod  des  Archelans,  aber  weder  jener  noch  dieser  befahl,  ihb 
hinzurichten,  Dio  39,  58.  Strabo  17,  796,  da  er  nicht  lebend  in  ihre  Ge- 
walt gerieth.  34)  Sn-abo  12,  558.  App.  Mithr.  254  35)  Caes. 
B.  C.  3,  4.  103.  Val,  M.  4,  1.  j.  15.  Senec  cons.  ad.  Marc.  14.  App. 
2,  458.  -    ■''■ 

4« 


52  XVn.    GABINII.  (5.) 

Man  wat  in  Italien  schon  gegen  Ende  des  April  ron  diesen 
Ereignissen  iinterricLtet ,  obgleich  der  Proconsul  keinen  Beruf 
fiihlte,  den  Senat  davon  in  Kennfniss  zn  Betzen.  ^  ^)  In  seiner 
Abwesenheit  hatte  Alexander,  der  Sohn  des  Aristobülus ,  ■wieder 
zn  den  Waffen  gegriffen,  nnd  die  Römer  theUs  niedergemacht, 
theila  anf  dem  Berge  Garizim  eingeschlossen.  Er  versuchte  die 
Buhe  auf  einem  friedlichen  Wege  durch  Antipafer  herzustellen, 
und  Viele  gaben  ihm  Gehör;  Alexander  setzte  dagegen  mit 
30,000  Mann  die  Feindseligkeiten  fort,  bis  er  in  der  IVähe  des 
Thabor  von  Gabinius  geschlagen  wurde,  welcher  die  Angelegen- 
heiten Judäas  nach  Antipaters  Rathe  ordnete,  und  dann  nach  einem 
Raubzuge  gegen  die  Nabatäer  wieder  in  seine  Provinz  gieng.  ") 
Sie  war  für  die  nächsten  fünf  Jahre  dem  jetzigen  Consnl 
M.  Crassus  bestimmt;  Gabinius  weigerte  sich,  sie  dessen  Legaten 
zu  übergeben,  doch  musste  er  sich  fügen,  als  am  Ende  des  Jahrs 
sein  Nachfolger  selbst  erschien.^*)  Nach  Ciceros  UrtheUe  wac 
er  «nter  aUen  Statthaltern  der  schlechteste,  nur  L.  Piso,  seinen 
ehemaligen  Collegen  im  Consulat  ausgenommen ;  ^ ')  ein  Heer 
wurde  von  ihm  verkauft,  die  Provinz  schnöde  gemisshandelt, 
Rom  seiner  Einkünfte  beraubt,  und  Gesetz  und  Verfassung  ver- 
höhnt. *")  Als  Feldherr  übertraf  er  Viele,  welche  triumphirten, 
diess  bezeugt  ihm  sogar  Josephus,  * ' )  und  seine  Truppen  wurden 
mit  Beute  bereichert.  In  Jeder  andern  Beziehung  glich  er  freilich 
den  übrigen  Optimaten;  die  Provinz  war  ihm  eine  Goldquelle, 
der  Blittelpunkt  einträglicher  Unternehmungen,  Auch  die  Römer 
in  Syrien  beklagten  sich  über  ihn,  besonders  die  Ritter;  er  hasste 
sie,  nicht  weil  sie  Cicero  gegen  seinen  angeblichen  Buhler  Ca- 
tiUna,  ■* ')  sondern  weil  sie  ihn  gegen  Clodius  unterstützt  hatten.  '  *) 


36)   ad  A«.  4,  10.    Dio  39,  59.  37)   Joseph.  A.  J.  14,  6.  §.  2—4. 

B.  J.  1 ,  8.  §.  7.     Zonar.  5 ,  7.  38)   Dio  39,  60.     Tlut.  Crass.  15  Cn. 

App.  Syr.  120.  B.  C.  5,  677.  Joseph.  A.  J.  14,  6.  J.  4.  B.  J.  1,  8.  {.  8. 
Zon.  1.  c.  39)   Piso  aiitem  aiio  quodain  modo  glorialnr,  se  bre\i  tem- 

pore  perfecissc,  no  A.  Gnbiiiiiis  iiniis  oinnium  iieqnissimns  existiniarctiir. 
de  piov.  cons.  5.  Wogegen  ad  <Ju.  fr.  3,  1.  §.  9:  Niliil  illo  ( Cabinio ) 
tnrpiiis  Proximns  tarnen  est  Piso.  40)  p.  Sext.  43.    de  proT.  coiis.  4.  5. 

in  Pison.  17.    ad  9n.  fr.  1.  c.    Dio  39,  56.  59.  41)   A-  J.  14,  6  (11). 

§.  4.    B.  J.   1,  8  (6).  §.  2.     Vgl.  B.  Alex.  43.  42)  p.  red.  in  Sen.  5. 

43)  Das.  13,  p.  Sext.  S,  12.  16.  tu  Pisou.  10.  Dio  38,  16.  2.  Tb, 
S.    246. 


xvn.  GÄBran.        (5.)  53 

Es  besänftigte  ihn  nicht,  dass  sie  ihm  bei  seinem  Abgange  nach 
der  Provinz  das  Geleite  gaben.  **)  Hier  durften  die  Pächter 
nie  mit  ilim  an  einem  Orte  sein ;  ihre  Beschwerden  über  Rück- 
stände wurden  nicht  gehört ,  gültige  Verträge  aufgehoben ,  Ver- 
haftungen verweigert,  und  Vielen  die  Steuern  erlassen.  Häufig 
mochte  er  in  solchen  Fällen  gerecht  sein  und  Unglückliche  be- 
schützen, um  seinen  Feinden  zn  schaden,  welche  ihm  nun  auch 
den  Feldzug  nach  Aegypten  zum  Verbrechen  machten,  weil  in- 
dess  die  Seeräuber  au  den  syrischen  Küsten  plünderten,  and  ihre 
Einnahme  dadurch  vermindert  würde.  * '} 

§   3. 

a.  54.  Er  wnsste,  welche  Stürme  ihn  in  Rom  erwarteten, 
und  reis'le  langsam ,  um  Vorkehrungen  zu  treffen.  * '')  Sein 
Geld  gieng  voraus,  und  Blancher  wurde  dadurch  besch\>"ichtigt, 
auch  verbarg  er  seine  Furcht  unter  der  zuversichtlichen  Behaup- 
tung,  er  werde  triumphiren.  *')  Endlich  erschien  er  am 
20.  September  nach  dem  unberichtigten  Kalender  vor  den  Thoren, 
und  niemand  begrüsste  ihn.  Die  Unterredungen  mit  Einigen 
Vertrauten  gaben  ihm  die  Gewissheit,  dass  längeres  Zögern  nutzlos 
sei,  und  da  er  also  die  Stadt  als  eine  feindliche  betrachten  musste, 
so  nahm  er  sie  am  28.  jenes  Alonats  als  ein  guter  Feldherr 
durch  Ueberrumpelung,  indem  er  unbemerkt  in  der  Nacht  seinen 
Einzug  hielt.  ")  Cicero  insbesondre  hatte  ihm  durch  die  Reden 
nach  dem  Exil  einen  schlechten  Empfang  bereitet;  die  Feinde 
des  Pompejus  und  Clodlus  waren  auch  die  seinigen,  mochten  diese 
längst  unter  einander  selbst  zerfallen  sein,  Senat  und  Ritter, 
Gö'tter  and  Blenschen  verlangten  Genugthuung.  Als  Gegner  der 
Trinmvirn  und  namentlich  des  Pompejus,  welcher  ihm  bei  den 
Wahlen  geschadet  hatte,  beförderte  der  Consul  L,  Domitius 
Ahenobarbus  sein  Verderben,  und  die  Ritter  sjjrachen  in  seinem 
Sinne,  jJs  sie  im  Februar  der  Klage  der  tyrischen  Gesandten 
über   ihre    Bedrückungen    mit    Beschwerden    über    Gabinius    be- 


44)   ad  Qu.  fr.  2,  13.  45)    Dio  39,  59.  46)    Quem  (ledituni) 

cisi   ipsc   sibi    i>i-accidJt ,    ego    taiueii    os    uC   videam  liaiuiuis ,    exspccto.     ia 
Pison.  22.  47)   ad  Qa.  fr.  3,  2.  48)  Vas,  3,  1.  §.  7  n.  9,    3,  2. 

Dio  39,  62. 


54  XVn.    GABINn.  (5.) 

geg-nefen.  ' ")  Sein  College  Appius  Claudius,  ein  Bruder  des 
Clodius  und  Verwandter  des  Pompejus ,  schien  im  Februar  ent- 
schlossen, die  Tribüne  an  Verhandlungen  mit  dem  Volke  über 
Gabinius  zu  Iiindern,  dann  aber  war  er  auf  der  andern  Seite, 
vielleicht  weil  jener  sich  zu  karg  erwies.  '  °)  Am  7.  October, 
dem  zehnten  Tage  nach  seiner  Ankunft  in  Rom ,  konnte  der 
Consular  sich  dem  Senat  nicht  länger  entziehen;  er  musste  über 
seine  kriegerischen  Unternehmungen,  über  den  Verlust  der  Feinde 
und  über  den  eignen  Bericht  erstalten  und  wollte  sich  wieder 
entfernen,  als  die  Consuln  ihn  zurückhielten  und  die  Pächter 
eingeführt  wurden.  Nun  begann  ein  allgemeiner  Angriff,  und 
am  tiefsten  verwundete  ihn  Cicero,  so  dass  er  endlich  kaum  Athem 
schöpfend  mit  zitternder  Stimme  ihn  einen  Exilirlen  nannte,  und 
damit  die  wahre  Ursach  seiner  Entrüstung  angab.  Bei  diesem 
Worte  erhoben  Senatoren  und  Pächter  ein  Geschrei,  sie  drangen 
auf  ihn  ein,  und  der  Beleidigte  wurde  ungewiss,  ob  er  ihn  nun 
nicht  dennoch  anklagte,  wie  sehr  auch  der  Gedanke  an  Pompejus 
Rache  und  au  Clodius  es  widerrielh.  ^') 

Gabinius  wurde  wegen  Majestät,  wegen  Erpressungen  und 
wegen  gesetzwidriger  Bewerbung  belangt.  In  der  Geschichte 
dieser  Klagen  irrt  nicht  blos  Appian ,  und  Cicero  ist  oft  dunkel 
und  zweideutig,  weil  er  aus  Rücksicht  auf  Pompejus  seinen  Feind 
schont,  ^')  oder  in  vertrauten  Mit(heilungen ,  in  den  Briefen  an 
seinen  Bruder,  nach  den  Umständen  mehr  seinen  Verdrnss  oder 
seine  Freude  äussert,  als  genau  erzählt.  Ohne  Auftrag  von  Senat 
und  Volk  über  die  Grenzen  der  Provinz  hinauszugehen  und  Krieg 
zu  führen  war  den  Statthaltern  in  altern  Gesetzen  und  dann  auch 
im  cornelischen  über  Majestät  und  im  julischen  über  Erpressungen 
untersagt.  '^)  In  dem  Falle,  um  welchen  es  sich  jetzt  handelte, 
bei  der  Herstellung  des  Ptolemäus  Auletes  kam  überdiess  ein 
sibyllinischer    Spruch    und    ein    Senatsbeschluss    in    Betracht.") 


IIU 


49)    Dio  39,  CO.    Cio.  ad  Ou.  fr.  2,  13.     Domit.  Alien.   No.  8.   A.  38. 
SO)     ad  Ou.  fr.   1.  c.    u.    3,2  fin.     Dio   1.  c.     2.  TIi.   S.   189.  51)    ad 

yii    fr.  3,  2.      Dio  39,  60    meint,    Pompejus    niid    Crassus   Iial>en    ihm   i 
vorigen  Jahr   als    Consuln   jene    Kränkung   zugefügt.  52)   S.    die   Rede 

für   Rabirius   Post.  53)    in  Pison.   21.  5*)    Welchem   freilich   Tri- 

büne   sich    widerseui   liaHen.      Seuatus    auctoritos.      ad    Fain.    1,7,    J     3. 
%  l'hil,    19.    Corni-l.   I.eiilul.    \o.    21.    (.     1. 


XVU.    GABIIXU.  (5.)  55 

Demnach  klagte  L.  Lentiilus  von  einigten  Anderen  nntersfül/.t 
C>abinlus  als  JlajestälsverbrecLer  an.'')  Das  GericLt  bildeten 
der  Prülor  C.  Alfius,  ■VN'elcLer  für  nnbesleclilicL  galt,  nnd  70  Bei- 
sitzer. '  *)  Blan  weiss  nicht,  an  welchem  Tage  der  Beklagte  zu- 
erst Tor  ihm  erschien,  ")  aber  das  \olk  empfing  ihn  um  die 
achte  römische  Stunde  mit  Zeichen  der  Erbitterung,  welche  mehr 
als  einmal  in  Tliätlichkeiten  libei-zugehen  drohten ,  und  wohl 
grössteniheils  durch  seine  Gegner  veranlasst  wurden.  ")  Cicero 
trat  als  Zeuge  gegen  ihn  auf;  da  er  sich  in  dieser  Zeit  so  oft 
wegen  seiner  Blässignng  und  Vorsicht  belobt  nnd  Gabinius  keiue 
Fragen  an  ihn  richtete,  wie  es  bei  feindlichen  Gesinnungen  zu 
geschehen  pflegte,  vielmehr  verbindliche  Worte  zu  ihm  sprach, 
so  deutet  diess  auf  ein  sehr  schonendes  Verfahren.  Ohne  Zweifel 
war  er  schon  entschlossen,  in  einem  andern  Gerichte  ihm  Beistand 
zu  leisten.  '^)  Gabinius  behauptete  zu  seiner  Rechtfertigung,  er 
sei  durch  das  Gesetz  des  Clodius  vom  J.  58  zu  dem  Feldzuge 
nach  Aegvpten  ermächtigt,'^'')  und  habe  ihn  nicht  für  Geld, 
sondern  der  Republik  und  des  Ruhmes  wegen  unternommen,  das 


55)   ad  Qn.  b.  3,  1.  §.  7.   3,  4.    ad  Att.  4,  16    §.  5.   Comel.  Lentnl. 
Ko.    37.  56)     ad  Qu.  fr    3,  1.  {.  9.    3,  3.  {.  3.     3,  4.    ad  Att.  1.  c. 

57)  Tunstall  ep  ad  Middl  p,  122  glaubt,  am  Tage  nach  seinem  Einznge, 
vfelclies  falsch  ist;  aus  Cic.  ad  Qn.  fr  3,  1.  §.  9:  Gabinius  a.  d.  IV  Kai. 
Octobr.  noctn  iu  urbem  introiTit,  et  hodie  hora  VIII,  qaum  edicto  C.  Ällii 
de  maieslate  adesse  operieret  etc.  folgt  es  nicht,  da  er  nicht  bemerkt, 
wann  dieser  Theil  seines  Briefs  geschrieben  vrurde.  Auch  Alannt.  denkt 
im  Commentar  an  den  29.  September.  58)    ad  Oa.  fr.  1,   c.    3,  3.   3,  5. 

5.  4.    D:o  39,   62.  59)    ad  Qa.  fr.  3,  4.  f.  1.  n.  3,  9.  60)  p.  Rabir. 

Post.  7.  2.  Th.  S  261.  A.  14.  Blannt.  zu  Cic.  1.  c.  3,  p.  205  vermuthel, 
irgend  ein  V.  Tribun  habe  auf  Cäsars  und  Pomppjns  Betrieb  ein  Gesetz  ge- 
geben, vrorin  die  Herstellung  des  Auletes  ihm  zwar  nicht  aufgetragen,  .iber 
doch  besclilossen  sei,  fügt  aber  selbst  hinzu,  dass  niemand  eines  solchen 
Gesetzes  gedenke.  Clodius  gab  seinem  Freunde  Syriam,  Bahjlonem,  Per- 
sas  —  ad  diripiendum.  Regna  orania  Syrorum,  Arabnm,  Persarnmque. 
p,  dem.  23.  47.  AegTpten  wurde  nicht  genannt,  weil  Auletes  noch  nicht 
verdrängt  war,  der  Statthalter  von  Syrien  erhielt  aber  die  Befiigniss,  jeden 
Krieg  zu  führen,  Imperium  iafinitum.  p.  dorn.  9,  21.  Menn  Clodins  nach- 
träglich den  Xamen  jenes  Landes  eingeschoben  hätte,  wie  Verfälschungen 
der  Art  sehr  oft  vorkamen,  de  leg.  3,  20,  so  würde  Cicero  es  bemerken, 
nnd  es  geschah  um  so  weniger,  da  et  am  Ende  seines  Tribnnats  mit 
Gabinius  zeriicl. 

• 


50  XVn.    GABIOTI.  (5.) 

Meer  vor  der  Floffe  cles  ArcLelaus,  vor  Seeräubern  za  sicLern.  *') 
IVitr  38  gegen  32  Slimmen  sprachen  Um  frei,  unter  dem  Vor- 
wande,  dass  die  Werfe  der  Sibylle  sicli  auf  eine  andre  Zeit  und 
einen  andern  König  bezieLen.  ^')  Bald  nacliher  ■wurde  ein  Theil 
von  Rom  und  die  Gegend  an  der  appischen  Strasse  «berschwemmf, 
eine  Strafe  der  Götter  für  den  nngerecLten  Spruch,  wie  Cicero 
seinem  Bruder  mit  Versen  des  Homer  schrieb.  *^)  Auch  die 
Richter,  welche  überstimmt  waren,  rächten  sich ;  sie  verurüieiltea 
eine  Stunde  später  Antiochus  Gabinius,  einen  Freigelassenen  des 
Beklagten,  nach  der  lex  Papia,  weil  er  sich  das  Bürgerrecht 
angemasst  hatte.  ^*) 

Seinen  ehemaligen  Herrn  retteten  Ponipejus  und  sein  Geld. 
Jener  war  abwesend,  weil  er  für  die  Zufuhr  sorgen  mnsste,  *  *) 
aber  er  hatte  schon  vorher  seine  Massregeln  genommen ,  sich 
selbst  mit  Bitten  an  die  Richter  gewandt  und  vnrkte  auch  später 
durch  Freunde,  Göttern  und  Menschen  zum  Trotz,  ^*)  und  um 
so  mehr,  da  das  Gerücht  von  seiner  Dictatur  sie  unterstützte;  *') 
er  allein  war  die  Ursach,  dass  Cicero  nicht  Ankläger  wurde. 
Doch  blieb  auch  Gabinius  nicht  unthätig;  er  sparte  nicht,  so 
dass  es  zweifelhaft  wird,  ob  er  seiner  Freigebigkeit  oder  dem 
Einflüsse  des  Triumvir  mehr  verdankte;  ein  Prätorier  unter  den 
Richtern ,  Domitius  Calvinus ,  machte  es  sehr  bemerklich,  dass  er 
sein  Wort  lös'te,  und  ein  Anderer,  Cato,  eilte  sogleich  nach  der 
Entscheidung  zu  Pompejus,  ihm  die  Botschaft  zu  überbringen.  ^  *) 
Man  vermulhete  bei  der  Lauheit  des  Lentnlus  und  seiner  Älit- 
ankläger,  dass  auch  sie  nicht  vergessen  waren;  der  Process  ver- 
wandelte sich  in  ein  Scheingefecht,  ^8)  und  die  Richter  geriethen 
durch   die   aufgeregte    Bienge   in  Gefahr.  '")      Es  freute   Cicero, 


61)  p.  Rab.  Post.  7.  8.  62)   Die  39,  SS.  62.    Cic.  ad  Au.  4,  16. 

j.  5.  ad  Qu.  fr.  3,  4.  7.  9.  App.  Syr.  120.  2,  441  Cn.  liisst  ihn  Ter- 
urtheilen,  ■weil  er  diesen  Process  mit  dem  folgendeu  yerwechselt ;  der  erste 
inirde  vor  dem  2.  NoTember  entscliieden.  od  Att,  4 ,  16.  5-  5 ;  nnch  ad 
Qu.  fr.  3,  3.  {.  3,  Sciemus  de  mniestate  tridno,  gicbt  über  den  Tag  keinen 
Anfsclilnss.  63)     nd  <Jn.  fr.    3,    7.     Dio   39,    62   setzt    die   Flnth   vor 

O.ibimiis  Rüi-kltchr   aus  Syrien.  64)    ad  Att.  4,   16.  §.  5.  65)   Uio 

39,  62.  63.     2.   Th.  S.  307.  6C)    ad  Qu.  fr.  3,  2.  3.  4.     ad  Att.   I.  c. 

Uio    39,    53.    62.  67)    ad    Qn.    fr.    3,   4.  68)     üas.  ad  Att.  1.   c. 

69)    ad  Att.  4,  16.  {..  S.    ad  Qu.  fr.   3,  3.  J.  3.    3,  4.  70)    ad  Qu.  fr. 

3,  4.    l)io  .■J9,  63. 


XVn.    GABINn.  (5.)  57 

dass  er  sicli  nicLt  als  SacliAvalter  eingemiscLt  hatte,  wie  sehr  auch 
Pompejas  in  ihn  drang';  ")  er  fürchtete,  bei  den  Optimaten  von 
der  senatorischen  Partei,  bei  allen  Feinden  der  Triumvirn  an- 
zustossen,  nnd  durch  seine  Hing-ebung  an  Gablnius,  welcher  seit 
Jahren  mit  Abscheu  von  ihm  genannt  war,  zugleich  lächerlich  zn  wer- 
den ;  auch  mochte  er  weder  fiir  einen  solchen  Clienten  siegen,  noch 
seines  eigenen  Rufes  wegen  ohne  Erfolg  fiir  Um  auftreten.  Sein 
Haas  trieb  ihn  zur  Anklage,  aber  er  beherrschte  sich;  er  konnte 
nicht  auf  die  Richter  rechnen,  musste  sogar  erwarten,  dass  Viele 
unter  ihnen  freisprachen,  nm  ihn  zu  kränken,  und  Pompejus 
würde  sich  augenblicklich  mit  Clodius  versöhnt  und  ihm  offenen 
Krieg  erklärt  haben;  diess  ist  der  wahre  Grund.  ")  IVur  von 
fern  wollte  er  zuschüren ,  und  dann  die  Thaten  der  beiden  Im- 
peratoren besingen,  wie  der  Eine,  L.  Piso,  sein  Heer  verlor,  und 
der  Andre  es  verkaufte.'^)  Sein  Bruder  Quintus  und  Pansa 
waren  der  Bleinnng,  er  habe  die  Bitte  des  Pompejus  gewähren 
müssen;  Sallnstius  behauptete,  nur  zwischen  Anklage  und  Ver- 
theidigung  sei  ihm  die  Wahl  geblieben,  eine  seltsame  Zumuthung, 
sich  entweder  gefährliche  Feindschaften  zuzuziehen ,  oder  sich 
mit  ewiger  Schaude  zu  bedecken;  '*)  besser,  dass  er  sich  in  der 
Mitte  hielt,  nur  als  Zeuge  sprach;  Pompejus  biUigfe  sein  Ver- 
fahren Und  es  war  seiner  würdig.  '  *)  Bei  deni  klägUchen  Zu- 
stande der  Republik,  welche  die  alte  Kraft  und  Farbe  verliess, 
tröstete  ihn  die  Erinnerung  an  die  Zeiten  ihres  Glanzes,  in 
weichen  er  das  Ruder  führte,  die  Wahrnehmung,  dass  die  Opti- 
maten, einst  eifersüchtig,  als  er  Etwas  galt,  jetzt  einen  tödllichen 
Verdruss  empfanden,  da  Einer  Alles  vermochte,'^)  und  die 
Hoffnung,  seinen  Feind  doch  noch  büssen  za  sehen.  '  ^) 

Denn  gegen  diesen  waren  bereits  zwei  andere  Klagen  an- 
hängig gemacht,  "  *)  Ehe  er  nach  Rom  kam,  meldeten  sich  drei 
Parteien,  ihn  wegen  Erpressungen  zu  belangen,  Tiberius  Nero 
mit  guten   Gehülfen ,   der  V.  Tribun  C.  Memmius   mit  Li.  Capito 


71)  Adbnc  nihil  profecit,  nee,  si  nllam  partem  libcrtatis  tenebo,  pro- 
ficiet.  ad  (Ju.  fr.  3,1.  §.  6.  Töif  /lui  /uroi.  Das.  3,  9.  Vgl.  3,  4. 
72)    ad  <1h.  fr.  3,  2.  73)    Pas.  n.  3,  1.  §.  9.  74)  nd  Qu.  fr,  3,  4. 

§.  I.    3,  5.  f..  4.    3,  9  in.     S.  iinleii  A.  15.  75)  Das.  11.  cc  76)  ad 

Att.   4,   IG.  §.  5.  17)    Das.    u.    aJ  (,)u.  fr.   3.  4.  78)    Dos.   11.  re. 


58  XVII.    GABIOTI.  (5.) 

und  C.  Antonius  mit  seinem  jungem  Bnider  Lnciiis.  ''  ^)  Dnrcb 
die  KrankLeit  des  Prätor  M.  Cato  wurde  derProcess  verzög'ert.  *") 
Am  10.  October,  eLe  noch  bestimmt  war,  wer  anklagen  sollte, 
sprach  SIemmius  vor  dem  Volke  mit  so  grosser  Heftigkeit  gegen 
Gabinius ,  dass  der  Prätorier  M.  C'alidius  kein  Wort  zu  dessen 
Rechtfertigung  vorbringen  konnte;  endlich  warf  sich  Sisenoa,  der 
Sohn  des  Consulars,  vor  Äleramius  nieder,  und  dieser  Hess  ihn 
liegen,  bis  der  Tribun  Lalius  im  Unwillen  über  eine  solche 
Härte  und  mit  allgemeiner  Billigung-  Gabinius  aus  der  Versamm-. 
lang  entfernte.  *')  Meuimius  erreichte  seine  Absicht;  die  Frage 
in  Betreff  der  Ankläger  wurde  am  folgenden  Tage  vor  BI.  Cato, 
welcher  die  Bestrafung  des  Gabinius  wünschte,  zu  seinen  Gunsten 
entschieden.'')  Von  den  Antoniern,  deren  Bruder  mit  jenem 
in  Syrien  gewesen  war,  durfte  man  wenig  erwarten.  Die 
Richter  zeigten  Ernst,  und  wohl  nicht  Alle  nur  aus  Scheu  A'or 
.  dem  Volke,  oder  weil  der  Consular  in  der  Holfnung,  sie  werden 
ihn  nicht  verurtheilen ,  wenn  die  Hauptklage  einen  guten  Ans- 
gaiig  nehme,  nicht  freigebig  gewesen  war. '  ^)  Unter  den  Zeugen 
w^urden  die  alexandrinischen  fast  bei  jedem  dritten  Worte  auf- 
gerufen; aber  als  Abgeordnete  des  Auletes  sprachen  sie  zum 
Vortheile  seines  Beschützers  und  läugneten,  dass  er  Geld  er- 
halten habe,  obgleich  sie  bald  nachher  im  Processe  des  Rabirius 
das  Gegentheil  aussagten.'^)  Auch  Pompejus  wurde  vernommen 
und  das  Gericht  zu  dem  Ende  ausserhalb  der  Thore  gehalten,  da 
er  als  Proconsul  von  Spanien  nicht  in  der  Stadt  erscheinen 
durfte.  Er  bewies  aus  den  eigenen  Briefen  des  Königs,  welche 
er   vorlegte,    dass   Gabinius   nur    die  Rriegskosten   ersetzt   seien, 


79)   ad  Qn.  fr.  3,  1.  §.  6.    3,  2.    1.  Th.  S.  523.  No.  29.  80)   ad 

9n.  fr.   3,   1.  5.  6.    ad   Att    4,   16.  §.  4.  81)    ad  Qu.  fr.  3,  2.   Val.  M. 

8,  1.  §.  3.  ITeber  Calidius  s.  Cic.  Brnt.  79.  80.  p.  red.  in  sen.  9.  Qiiintil. 
10,  1.  5.  23.  Spald.  Diess  war  keia  Volksgericht  —  die  Untersuchung 
TOr  dem  Prätor  folgte  —  und  betraf  kein  einzelnes  Verbrechen,  etwa  die 
Majpsliit  oder  die  Erpressungen,  wie  Manulins  zu  Cic.  ad  <}a,  fr.  1.  c. 
n.  Tunstall  ep.  ad  Middl.  p.  122  annehmen,  sondern  Memmius  wollte  Auf- 
sebn  errogcn,  damit  er  seinen  Nebenbuhlern  vorgezogen  wurde,  die  Menge 
gegen  den  Manu  erbittern,  welclien  er  vor  Gericht  anzugreifen  gedachte, 
und    dadni'cli    die    Richter    einschüchtern.  II)     ad  <J"-  fr-  '.  c.   u.  hier 

.lie  ST.  A.  12)    Dio  39,  (i3.  13)    p.  Uabir.  Post.   11  —  13. 


XVII.    CIBINÜ.  (5.)  59 

dass   man   iLn  demnacb  •\vejen  unrechtmässig  erworbenen  GelJes 
nicht  in  Anspruch  nehmen  könne,  und  mit  einem  EmpfelJuugs- 
Schreiben  Cäsars,  dass  auch  dieser  ihn  fiir  unschuldig-  halte;  die 
Bichter    ■wussten    nun,    was    die    Triumvirn   Terlang-ten,    und    die 
Herablassung'    des    Geweiltigen,     die   Bitten,    mit    welchen    seine 
lange  Rede  sich  endigte,  konnten  kaum  ohne  Wirkung  bleiben.  ") 
Doch    das    Schwierigste    war  Cicero    vorbehalten.     Durch   keinen 
Andern  war  man  so  oft  über  Gabinius  Verbrechen  belehrt,  kein 
Anderer   Latte    eine    so    grosse  Ungeduld   verrathen ,    ihn  bestraft 
zu    sehen,   und    jetzt   sollte    er  ihn  der  Strafe  entziehen.  '  ^)     Er 
unternahm  es,  aus  Blenschenfreundlichkeit,  meint  Valerius  Maxi- 
mus;'*)    sein    versöhnliches    Gemüth,    die    Aufrichtigkeit    seiner 
Gesinnungen   nach    der  Versöhnung    zu  zeigen ,    da  keine  Feind- 
schaft ewig  dauern  müsse,  sagt  er  selbst;  ' ')  wider  seinen  Willen, 
weil  Pompejus  sich  nicht  mehr  abfinden   liess,    behauptete  Bleni- 
mius.  '  ^)  Wie  fern  die  Art  seiner  Vertheidigung  dazu  beitrug,  dass 
Gabinius,    dessen   Schuld    er    bald   nachher   in  der  Rede  fiir  Ra- 
birius  mit  einigen  geschickten  Wendungen  zugab,  ")    verurtheilt 
wurde,  ist  unbekannt,  diess  aber  war  der  Erfolg.     Der  Consular 
gieng    ins   Exil,^")    und    seine  Güter    wurden  eingezogen,   weil 
er  die   Summe,  mit  welcher  er  dem  Gesetze  verfallen  war,  nicht 
erstatten   konnte.  ^ ')     Damit    endigte   sich    nun    auch  der  Process 
über  Amtserschleichung,    in    welchem    P.  Sulla    und    dessen  Ge- 
hiilfeu  C'aecilius  und  Älemmins  die  Ankläger  Svaren,  da  L.  Tor- 
quatus,  Sullas  Privatfeind,  welcher  dieselbe  Absicht  hatte,   nicht 
durchdrang.  ^  *) 

§•  4. 

Im  J.  49  rief  Cäsar  nach  seinem  Feldzuge  gegen  die  Legaten 
des  Pompejus  in  Spanien  die  Verbannten  zurück.     Auch  Gabinius 


14)   p.  Rahir,  Post.  12.    Dio  1.  c.  n.  c.  5S  fin.  15)   S.  obeo  A.  71 

n.  74.  16)    4,  2.  §.  4.  17)    p.  Rabir.  Post.  7,   12    und  das  Bruch- 

stück seiner  Rede  bei  Hieronym.   adv.  Rnfin.  T.  4.  p.  351.  Paris.  18)  p. 

Rabir.  Post.   12.    Dio  39,  63.     QuintU.   11,  1.   §.  73.   Spald.  19)    7.  S. 

13  n.  s.  Dio  46,  8.  20)   p.  Rabir.  Post.  4.  7.    Dio  39,  55.  63.  46,  8. 

App.    Syr.    120.     B.  C.   2,  441  fiii.     Oben  A.  62.  21)    p.  Rabir.  Posl 

4.  13.  22)   ad  Alt.  4,  16.  J.  6.    ad  ^u.  fr.  3,  3.  §.  3.    Cornelii  bull 

i\o.   23. 


60  XVII.    GABINII,  (5.) 

kam  wieder  nacL  Rom,  und  wurde  dadurcL  Aem  Dicfator  gewon- 
nen. ^^)  Er  überlebte  aber  seine  Herstellung  nur  kurze  Zeit. 
Gegen  Pompejus  focht  er  nicht  unmittelbar,  weil  er  es  wegen 
seiner  früheren  Verhältnisse  nicht  wünschte,  oder  weil  er  sich 
zuvor  bewähren  sollte.  Erst  nach  der  Schlacht  bei  Pharsalus 
wurde  er  mit  den  neu  errichteten  Legionen  aus  Italien  nach 
Illyrien  beschieden,  um  Q.  Cornificius  zu  verstärken,  und  wenn 
die  Provinz  gegen  die  feindliche  Macht  unter  M.  Octavius  ge- 
sichert sein  würde,  bis  Macedonieu  vorzugehen.  Es  war  schon 
spät  im  Jahre,  als  er  aufbrach,  und  sein  Unternehmen  wurde 
dadurch  noch  schwieriger,  dass  er  sich  aus  Furcht  vor  der  Flotte 
der  Pompejaner  nicht  einschiffen  mochte.  Auf  dem  Landwege 
kämpfte  er  mit  Mangel  und  Kälte,  die  Dalmatier  empfiengen  ihn 
als  Feinde ,  und  er  musste  im  Winter  ihre  Burgen  und  Städte 
angreifen,  um  sich  Ruhe  und  Unterhalt  zu  verschaffen.  Die 
Barbaren  drängten  ihn  gegeft  Salonä,  und  tödteten  ihm,  ehe  er 
es  erreichte,  mehr  als  2000  Mann;  mit  den  Uebrigen  warf  er 
sich  in  die  Stadt,  wo  er  Octavius  muthig  widerstand,  aber  schon 
nacli  einigen  Monaten  im  J.  48  oder  im  Anfange  des  folgenden 
an  einer  Krankheit  starb.  ^') 

Ehe  er  Cicero  beleidigte,  war  er  ein  braver  Mann,  welcher 
sich  als  V.  Tribun  grosse  Verdienste  um  den  Staat  erwarb.  ^ ') 
Als  jener  unter  seinem  Consulat  und  unter  seiner  Mitwirkung 
verbannt  wurde,  verwandelte  er  sicli  in  ein  Ungeheuer.'®) 
Pouipejus  gebot  Frieden;  ohne  Zweifel  liess  Cicero  seinen  neuen 
Fi-eund  in  der  Verlheidigungs-Rcde  in  einem  verdächtigen  Hell- 
duukel  erscheinen,  worin  man  die  Flecken  sah  und  die  langsam 
und  spärlich  verhüllende  Hand,  wie  er  in  der  Rede  für  Rabirius 
geschont  wurde,  weil  doch  nun  einmal  eine  Versöhnung  Statt 
gefunden  hatte,  und  er  nach  seiner  Verurtheilung-  nur  noch  Mit- 
4eidea  erregte.  ")     Die  Welt  wusste  schon  genug;    Cicero  hatte 


23)   Dio  39,  63  fia.    Caes.  Dict.  a.  49.  24)  B.  Alex.  42.  43.    od 

Au.  11,  16.    App.  lUyr.  p.  762  u.  766.  (c.  12  n.  27.)    B.  C.  2,  46*,  ii. 

Ilio  42,  1 1  setzen  seinen  Zug  nach  Illj^rien  irrig  früher  als  die  pliarsalische 

Sclilaclit.     Cornilic.    No.    3.              25)     p.    Maiiil.  17.  18.     p.   Coriicl.  p.  71. 

OrpU.    Oben   §.  1.  A.  90.            26)    IIoiiio    posl  liominos    n.ilos  tiiipissimus, 

sccleratissiinus,    coiilaiuioatiäsiiuu^.     x>.    doui.    9.  p.  Scxt.    24.     Uio  (t6,  G. 
27)   p.  Rübir.  Tos«.  7. 


XVn.     G.\BL\n.  (5.)  (Jl 

ihr  mis  dem  Scliatze  seiner  Stadt  -  und  Familien  -  GescLicLten 
reicLlIcL  gespendet.  Es  \var  ihr  nicht  mehr  unbekannt,  dass 
Gabinius  schon  in  zarter  Jug-end  Anfechtung'en  unterlag',  '*)  dass 
auch  später  schnöde  Lust  ihn  missbrauchte ,  '  *)  und  Catilina  ihm 
seine  Liebe  zuwandte  und  mit  ihm  in  der  Ehe  lebte.  ^ ")  Doch 
suchte  er  im  reifern  Alter  auch  andere  Freuden.  Er  buhlte  mit 
Dirnen  und  Frauen,  und  trieb  bald  ans  JVolh  in  seinem  Hauso 
das  Kupplerg-eschäft.  ")  Dahin  führte  „den  keuschen  Älann"  ") 
seine  Verschwendung'.  Schwelgerische  Gast-  und  Trinkgelage 
machten  ihn  arm  und  zu  nützlichen  Dingen  ungeschickt;  dena 
selten  war  er  nüchtern  und  immer  verrieth  der  Weiudunst  seine 
Nähe.'')  Seit  er  wider  Erwarten  durch  Pompejus  zu  hohen 
AYürden  g-elangte,  '*)  erbaute  er  sich  ein  prachtvolles,  Hinimel- 
anstrebendes  Landhaus  zu  Tusculum,  gegen  welches  die  Villa 
de^  L.  Lucullus,  die  ihm  einst  Gelegenheit  gab,  diesen  trefflichen 
Bürger  wegen  seiner  Ueppigkeit  zu  tadeln,  nnr  eine  Bauernhütte 
war;  ")  auch  lag  es  sehr  bequem  neben  Ciceros  Gute,  dessen 
Hausgeräth,  Rimstwerke  und  Bänmc  ohne  grosse  Mühe  zu  dem 
Nachbar  hinüber  gebracht  M'erden  konnten ,  als  C'lodius  die  Ge- 
bäude zerstörte.  '  ^)  Seine  Kräfte  waren  für  einen  solchen  Auf- 
wand zu  gering;  die  Gläubiger  wurden  ihm  oft  gefähi-lich;  als 
man  aber  meinte,  er  werde  zu  den  Seeräubern  übergehen,  gab 
er  für  gute  Zahlung  ein  Gesetz  gegen  sie,  und  half  sich  dadurch 
wieder  auf;  ")  zu  einer  andern  Zeit  kaufte  er  von  Clodius  eine 
Prorinz,  wo  er  dann  vermöge  dieses  Vertrags  Alles  für  sein 
Eigenlhum  erklärte.  '')  Wie  seine  Habe,  so  verbesserte  er 
auch  seine  Gestalt;  seine  künstlich  gekräuselten  Haare  dufteten 
von    Salben,")    und    die    Wangen    waren  geschminkt.*")      So 

28)    p.  Sexf.  8:  Despiciens  —  reteres  vexatores  aetatnlae  snae.    p.  red. 
In  Sea.  5.    p.  dorn.  48.  29)   p.  red.  1.  c. :  <Jui  ne  a  sanclissima  quidem 

parte  corporis  potiiisset  hominum  inipnrai]!  intemperantiaiu  propnlsarf», 
.S.  ■\VoIf  das.     p.  dorn.  9.   Homo  coiilaiuliiatissiinns.  30)  p.  red.  ia  Sen. 

4.  5:    Eius    vir    Catilina.     p.  dorn.  24.     2.  Th.  S.  276.  A.  14.  31)   p. 

red.  in  Sen.  S.  "6.    p.  Sexf.  8.  9.  32)   p.  Sext.  43.  33)    p.  red.  in 

Sca,  5.  6.  7.  p.  dorn.  47.  p.  .Sext.  9.  25.  in  I>is.  9.  de  pror.  cons.  5. 
34)    p.  Sext.  9.  33)    Das.  43.    p.  dorn.  47  fin.    in  Pison.  21.  36)  p. 

red.  in  Sen.  7  ßn.    p.  dorn.   24.    2.  Th.  S.  269.  A.  67.  37)    p.  red.  in 

Sen.  5.    p.  dorn.  48.  38)    p.  Sext.  43.    de  prov.  cons.  4.  5.  39)  p. 

red.  in  Sen.  5.  6.  7.    p.  Sext,  8.    in  I'ison.  11.  40j    in  fison,  1.  c. 


(i2  XVII,     GABINII.  (6.) 

geziemte  es  sich  für  den  Alaiin,  •welclier  aller  Sitte  und  Scliick- 
licLkeit  zum  Trotz*')  in  der  Tanzkunst  die  MeisterscLaft  er- 
rungen Latte,  '^)  und  dessen  Haus  von  Gesang  und  Cymbelspiel 
■wiederlialJte.  ")  Die  Gunst  des  Poinpejus  erhob  ilin  bis  zum 
Consulat,  aber  mit  seiner  Engherzigkeit,  mit  einer  gemeinen, 
niedrigen  Gesinnung,  mit  einer  schmutzigen  Habsucht  wurde  er 
durch  den  Glanz  des  höchsten  Ehrenamtes  geblendet,  und  be- 
trachtete es  nur  als  ein  Mittel,  einen  Handel  über  eine  reiche 
Provinz  zu  schliessen  und  sich  dadurch  seiner  Schulden  zu  ent- 
ledigen. **)  —  Auch  hier  gilt,  was  über  die  Schilderung  des 
L.  Piso  in  Ciceros  Schriften  bemerkt  ist,  *') 

6.  Lollia.  Gemahlinn  des  Vorigen.  *  ^)  Walirscheinlich  die 
Tochter  des  M.  Lollius  Palicanus,  VFelcher  a.  72  V.  Tribun  war, 
und  die  Ton  Sulla  beschränkten  Rechte  der  Tribüne  herzustellen 
suchte.  *')  Er  bewarb  sich  a.  67  um  das  Consulat,  aber  ohne 
Erfolg,  da  der  C'onsul  C.  Piso  sich  weigerte,  seine  Wahl  bekannt 
zu  machen,**)  und  wird  fast  immer  mit  Verachtung  als  ein 
Unruhstifter  genannt,*')  Seine  Tochter  beschuldigte- man  eines 
strafbaren  Umgangs  mit  Cäsar,  '") 

7.  A^  Gabinius  Sisenna,  Sohn  von  No,  5  und  6.  ")  Die 
Alten  geben  ihm  nur  den  Zunamen,  welcher  sich  auch  im  cor- 
nellscheri'^)  und  statilisthen  Geschlechte  findet,")  Er  begleitete 
Gabinius  a.  57  nach  Syrien,  und  blieb  hier  mit  einigen  Truppen, 
während  jener  a.  55  Ptolemäus  Auletes  nach  Aegypten  führte.  '*) 


41)    p.  Muren.  6.    Macrob.  Sat.  2,  10  fin.  42)   p.  red,  in  Sen.  6, 

p.  dorn.  23.    in  Pison.  8.  10.    Macrob.  I.e.    Coelii  No.  5.  §.  4  in.  43)  in 

rison.    9.    10.  44)    p.  red.  in  Sen.  4,  4S)    2.  Th.  S.  79   n.    oben 

j.   2.    A.    41,  46)    Suet.    Caes.   50.  47)    Ascon.    in   Cic.   div.    in 

Caeoil.  3.  Vgl.  Ascon.  in  Verr.  A.  1,  IS.  lib.  1,  47.  Cic.  in  Verr,  2,  41. 
48)   2.  Th.  S.  94.  A.  33.  49)    Cic.  ad  An    1,  1  (10).    Val.  Max  8,3. 

'..   3.  50)    .Snet.  1.  c.  51)   Val.  M.   8,   1.   §.  3.    Dio  39,  56.     Vgl. 

Joseph.    A.  J.    14,  6  (11).    5.  1.     Ilegesipp.   1,  20.  52)    L.   Cornelius 

Sisenna,  älter  als  Horlensiiis,  Verfasser  einer  Geschichte  des  niarsischeu 
nnd  des  ersten  Bürgerkrieges,  meistens  auch  nur  Sisenna  genannt.  Cic.  de 
leg.  1,  2.  Brut.  64.  Sallust.  B.  J.  I,  95.  Vellej.  2,  9.  §.  5.  Ascon.  in 
Cornel,  p.  73.  Orell.  Bei  Fest.  v.  Scrup, :  Coniel.  Sisenna.  Kin  Coriiel. 
Sisenna  war  Legat  des  Poinpejus  im  Kriege  mit  den  Seeräubern  nnd  starb 
um  67  V.  Chr.  in  Creta.     Dio  36,  1.  2.    2,  Tb.  S,  53.  A.  53.  53)  Tacit. 

A.  2,  1,         54)    Dio  1.  c. 


XVII.     GABINIl.  (8.)  iß|{ 

Im  foIg;eii<len  Jalire  sncLte  er  C.   IMemiiiiiis,  Jen  Ankläger  seines 
Vaters,  zu  besänftigen,  und  wurde  iinfreundJich  zorückgewiesen.  *  *) 

8.  P.  Gabinius  Capifo.  Prätor  a.  89.  '  *)  Dann  Proprätor 
In  AcLaja.  * ')  Nach  seiner  KiickkeLr  wurde  er  von  L.  Piso, 
welchen  die  AcLäer  zu  ihrem  Patron  wählten,  wegen  Erpres- 
sungen belangt  und  venirlheilt. '*)  Lactanlius  nennt  ihn  nach 
Varro  unter  den  drei  Gesandten ,  welche  a,  76  nach  Erythrä 
giengen,  sibylliiüsche  Sprüche  zu  sammeln. '') 

9.  P.  Gabiuius  Capito,  bei  Cicero  mit  dem  Beinamen  Cim- 
ber,  ^'*)  nach  dem  Zeitverhältnisse  ein  Sohn  des  Vorigen.  Unter 
Catilinas  Genossen  einer  der  thälig-slen.  Er  und  M.  Coeparius 
gewannen  ihm  Vulturcius.  * ')  Nach  der  Verhaftung  der  allo- 
brogischen  Gesandten  läugnete  er  anfangs  gegen  Cicero,  welcher 
ihn  zu  sich  fordern  liess,  mit  vieler  Keckheit,  dass  er  mit  ihnen 
unterhandelt  habe.*')  Er  wurde  M.  Crassus  zur  Haft  übergeben 
und  hingerichtet.*') 


55)   Oben  Ko.  5.  {.  3.  A.  81.  56)  Cic.  p.  Arcli.  5.  57)  Vmn. 

ia   Caecil.   20.  58)    Cic.  U.  cc.     2.  Th.  S.  83.  No.   18.  59)    1 ,  6. 

Bei    dem   Brande   im    Capitol   a.  83    yraren   die    sibj-lliniscfaen  Bücher  rer- 
nichtet.    Dionys.  Hai.  4,  62.    Cornel.  Sna  No.  8.  §.  8.  A.  89.  60)  SaUusf. 

B.  C.  17.    Cort.     Cic.  in  CatU.  3,  3,  61)     Sallnst.  I.  c.  47.    Cic,  1.   c. 

62)    Cic.  in  Catil.  3,  3.  5.  6.   4,  6.    SaUatt.  40.  44.  63)   SaUnst.  47. 

55  fia,     S.  Cornel.  Lentnl.  No.  18. 


6^  XVm.    GELLII.  (1.) 


X\in.      GELLII. 


1.    Cn.  Gelluis. 

c.  ISOc.  t'Ar.  — 604«.«. 

2.  L.  (iLlliii!,  I'i.plicuia.  4.    C.'lliiis  Popürola.  5,     Cellb 

Cos.  :j  —  HSi.  ji.Cioiiiiüuc. 

3.  L.  tVfIliuR  l*oplicula. 

t'os.Sü  — TIS. 


XYin.    Gellli. 

> 

Vom  Rittersfande.  ^'')  Der  Name  finJef  sich  in  Samnium 
Beton  cim  Ende  des  di-ilten  JaLrLunderts  y.  CLr.  ^*) 

1.  Cn.  GelHns,  mn  150  v.  Ctr.  Der  ältere  M.  Cato  Tcr- 
dieidigte  gegen  ihn  L.  Turins.  *  ^) 

2.  L.  GelUus  Poplicola.  L.  F.  *^)  Man  unterscheidet 
ihn  mit  Unrecht  als  einen  jungem  yon  dem  Contnbernal  des 
C.  Carbo;  (Cos.  120)  denn  Cicero  nennt  denselben,  welchen  er 
anf  jene  Art  bezeichnet,  seinen  Freund,  und  diesen  Proconsnl 
in  Griechenland;  es  erhellt  nur  daraus,  dass  er  sehr  alt  wurde, 
da  er  Ciceros  Exil  überlebte.  ^*)  Seine  curulische  Aedilität, 
deren  Jahr  unbekannt  ist,  bezeugen  die  Bliinzen.  *')  Nach  der 
Prätur  verwaltete  er  Griechenland  mit  dem  Titel  eines  Pro- 
cousuls,  und  trug  spottend  in  Athen  den  streitsüchtigen  Philo- 
sophen seine  Vermittlung  an.  ' ")  In  Rom  vertrat  er  a.  74 
M.  Octavius  Ligur,  den  Erben  des  Sulpicius,  gegen  die  Tochter 
des  Mannes,  welcher  der  Patron  des  Verstorbenen  gewesen  war, 
als    sie    den    sechsten   Theil    des  Vermögens    forderte    und    vom 


64)   Cic.  p.  Sext.  51.  65)   Lit.  10,  18.     Bei  Dionjs.  U,  ^erdpn 

nach  einer  nnrichti'gen  Lesart  zwei  TOrnehine  Jünglinge  znr  Zeit  des 
Tarqnin.  Snp.  Celli  genannt,  (S,  6.)  bei  Liy.  2,  4.  Vilellü.  Ueber  den 
Annalisten  Cn.  Gellius,  dessen  vreitschweifiges  AVerk  Dionys.  (2,  31.  72. 
76  u,  s. ),  Livins  aber  nicht  benntzt  bat,  s.  Voss,  de  bist.  lat.  I,  S  ii. 
Lncbmann    de    fonl.   Uist.   Liv.    I.    p,  45.  66)    Cell.   14,    2.    Meyer 

Orat.    R.    fr.    p.   81.  67)    VaiU.    CeU.    No.    1.  68)   Brut.   27.    p. 

CInent.  42.    de  leg.  1,  20,    Unten  A,  82.  69)  VaiU.  I.  c.  70)  Cic. 

de  leg,  L  c 


XVin.    GELLH.  (2.)  C5 

Piälor  Verres  ans  Eig;ennutz  dadurch  begünstigt  wurde ,  dass  er 
seinem  Edict'  in  Beziehung'  auf  die  Erbschaft  eine  i-ückwirkende 
Kraft  gab.  ' ')  Er  focht  a.  72  als  Consul  mit  seinein  Collegen 
Cu.  Lentulus  Clodianus  '  ^)  gegen  Spartacns.  Die  Nachrichten 
von  ihren  Unternehmungen  slimraeu  nicht  TÖLig'  iiberein ,  doch 
sieht  man,  dass  Gellius  den  Prätor  Q,  Arrius  schon  an  sich  ge- 
zogen hatte,  als  Crixiis,  ein  Anführer  der  Gladiatoren,  sich  iui 
Debermuthe  Ton  Spartacns  trennte,  und  nun  am  Berge  Garganus 
in  Apullen  gegen  jene  Schlacht  und  Leben  verlor.'^)  Nun 
wandten  sich  beide  Consuln  g'egen  Spartacns,  welcher  über  die 
Alpen  nach  Gallien  zu  entkommen  hoifte;  Lentulus  verlegte  ihin 
den  Weg  und  Gellios  folgte;  er  aber  griff  sie  einzeln  an,  und 
schlug  zuerst  jenen  in  den  Apenninen,  und  dann  auch  Gellius 
mit  dem  Prätor  Arrius,  und  brachte  300  römische  Gefangene 
Crixns  zum  Sühnopfer.  Auch  verbrannte  er  alles  überflüssige 
Gepäck ,  nm  sich  schneller  zu  bewegen.  Im  Picenischen  traf  er 
auf  die  beiden  Consuln  und  erhielt  einen  neuen  Sieg.  Alle  An- 
streng'nngen  gegen  ihn  waren  vergeblich,  bis  M.  Crassus  im 
Felde  erschien,'*)  Pompejus  beendigte  um  diese  Zeit  den  Ri-ieg 
mit  Sertorius  in  Spanien,  wo  er  Blehrern  das  Bürgerrecht  ver- 
lieh. Diess  wurde  in  einem  Gesetze,  welches  die  Consuln  vor- 
schlugen, genehmigt.  Ihr  Antrag,  dass  in  den  Provinzen  keine 
peinliche  Anklage  gegen  Abwesende  Statt  linden  sollte,  war  da- 
gegen auf  Verres  in  Sicilien  berechnet ,  und  bei  Gellius  oline 
Zweifel  eine  Nachwirkung  des  alten  Hasses.'^)  Jener  ver- 
%valtete  a.  70  mit  demselben  Lentulus  die  Censur.  '  ^)  BeL  dem 
Lustrum  erschien  auch  Pompejus,  unter  dessen  Oberbefehle  er 
a.  67  nnd  66  im  Kriege  mit  den  Seeräubern  als  Legat  das 
tnscische  Meer  bewachte.  ")     Während   der   sogenannten  erslen 


71)   Cic.  Ven-.  Üb.  1 ,  48.  72)    S.    die  Stellen   in  Cornel.  Lentnl. 

No.  26  a,  VaL  M.  5,  9.   §.  1.  73)    Liv.  96   erwähnt  nur  Arrius.     l'lul. 

Crass.  9  n,  App.  1 ,  424  schreiben  das  Verdienst  Einem  der  Consuln  zu, 
%yelchen  Gros.  6,  24  Gellini  nennt.  Mit  diesem  stellt  Livius  selbst  im 
Folgenden  Arrios  zusammen.  S.  Licinü  Crassi  Mo.  37.  §.  1.  A.  8d,  '»o 
die   Geschichte  dieses  Kriegs  erzählt  ist.  74)    Liy.  ,  Gros. ,  App.  11.  cc. 

Flor.  3,  20.  J.  10.    Entrop.  6,  7  (6).  76)  Cornel.  Lenl.  IVo.  26.  Cornel. 

Ba:b.    IVo.  I.  76)    Cornel.  Lent.  1.  c.  77)   Afp.  Mithr.  236.    Clor. 

3,  6.  f.  8.     Vgl.  Cic.  p.  red.  ad  9uir.  7. 

Drumann .   Geschieht«  Koma  IIL  /i 


66  XVin.    CELLn.  (3.) 

ca(ilinariscLen  VergcLwörung  entdeckte  er,  dass  man  seine  Flolte 
zu  gewinnen  suchte,  und  gerietL  dabei  persönlich  in  Gefahr,  doch 
wurde  die  Meuterei  unterdrückt.")  Da  er  selbst  solche  Er- 
fahrungen gemacht  hatte,  so  schienen  ihm  a.  63  Ciceros  Ver- 
dienste um  so  grösser  zu  sein,  fiir  welchen  er  im  Senat  eine 
Biirgerkrone  forderte.  '  ^)  Aber  auch  sein  Eifer  für  die  Partei 
der  Optimaten  hatte  Antheil  daran.  In  ihrem  Interesse  sprach 
er  a.  59  im  hohen  Alter  gegen  Cäsars  Ackergesetz, '")  und 
zwei  Jahre  später  für  Ciceros  Herstellung  ans  dem  Exil,  da  der 
Staat  durch  ihn  gerettet  sei.  *')  Er  lebte  noch,  als  jener  a.  55 
die  Rede  gegen  L.  Piso  hielt,  starb  aber  bald  nachher.  ^^J*  Neben 
den  grossen  Meistern  seiner  Zeit  konnte  er  als  Bedner  iiicht 
glänzen,  obgleich  es  ihm  weder  an  Anlage  noch  an  Uebung 
fehlte.  *^)     Er  war  zweimal  verheirathet.  *') 

3.  L.  Gellius  Poplicola.  L.  F.  L.  N.  Sohn  des  Vorigen 
ans  dessen  erster  Ehe.  Man  beschuldigte  ihn,  dass  er  seine 
Stiefmutter  geschändet  habe  nnd  seinen  Vater  tödten  wolle, 
welcher  ihm  erlaubte,  sich  vor  einer  grossen  Anzahl  Senatoren 
zH  vertheidigen ,  nnd  nach  deren  Gutacliten  ihn  freisprach.*') 
Nach  Cäsars  Ermordung  war  er  a.  43  mit  M.  Brutus  in  Mace- 
donien.  *  ^)  Er  gieug  mit  ihm  nach  Asien,  und  stellte  ihm  nach, 
wurde  aber  aus  Rücksicht  auf  M.  Messala,  einen  treuen  An- 
Länger  des  Cassius,  seinen  Bruder,  begnadigt.*')  Auch  als  er 
nun  eine  Meuterei  gegen  Cassius  stiftete,  blieb  er  auf  Verwen- 
dung seiner   Mutter   PoUa,   welche   selbst   Anzeige   machte,   «n- 


78)  Cic.  1.  c.  wo  sich  in  der  Sache  keine  Schwierigkei«  findet.    S.  2.  Th. 
S.    89.   A.   90.  79)    in  Pison.  3.    GeU.  5,  6.  80)    Tlnt.   Cic.  26. 

81)    p.  red.  ad  Qnir.  7.  82)    in  Pis.  3.     de  leg.  1,  20.     Brot.  47:    IIa 

din  vixit,    nt   mnltarnm   aetatnm   oratoribns   impUcaretnr ,    mnltnm  etiam  in 
causis    Tersnietnr,  83)     Cic.    Brnl.   1.    c.  84)     Val.    M.    5,  9.    §.1 

a.   unten   A.   87.  85)    Val.    M.   5,  9.    §.  1.  86)    Folgüch  nicht  in 

Gallien;  ad  Fam.  10,  17  ist  die  Lesart  L.  Gellins  unrichtig  wie  die  ganze 
Stelle  Terfälscht.  87)    Dio  47,  24.     Es  scheint,  dass  PoUa,  seine  Mnl- 

ter,  (Dio  1.  c.)  TOn  seinem  Vater  geschieden  wurde,  nnd  M.  Valerius  Mes- 
sala Iicirathcle.  Pigh.  3,  307  \ermnlhet,  er  sei  Ton  einem  Messiila  adoptjrl, 
und  halte  dadurch  den  Beinamen  Poplicola  erhallen ;  diess  wird  aber  durch 
seine  anderen  Namen  nicht  angedeutet ,  wogegen  für  jenes  spricht ,  dass 
auchPolla  mit  dem  Jüngern  Messala  bei  Cassius  war;  nnd  schon  sein  väter- 
licher Oheim  wird  al$  Poplicola  bezeichnet,    Unten  Mo.  4  in. 


XVni.    GELLD.  (4.)  67 

bestraft."")  Diircb  ein  VerbrecLen,  gcLeint  es,  vfollte  er  sich 
die  Gunst  der  Triiimrirn  Antonius  nnd  Octavian  er\>'erben,  an 
^reiche  er  sich  nun  anschloss,  nnd  In  deren  Dienste  er  als 
puäslor  Proprätore  Geld  schlafen  lies».  *')  Sein  Abfall  TerLaif 
ihm  a.  36  zum  Consnlat.  ^°)  Im  neuen  Bürgerkriege  folgte  er 
Antonins  nnd  befeliligfe  a.  31  bei  Aclinm,  wo  er  wahrscheinlich 
getödtet  WTirde,  den  rechten  Flügel  seiner  Flotte.  ") 

4.  Gellius  PopUcola.  9^)  L.  F.  Bruder  von  No.  2.  Sein 
Vorname  ist  unbekannt.  Stiefsohn  des  L.  Mairclns  Philippus. 
(Cos.  91.)  9')  Ein  Schwelger  und  den  schändlichsten  Lüsten 
ergeben,  wenn  Cicero  eis  sein  Feind  nfcht  erdichtet  oder  über- 
treibt. 9  ♦)  Bei  dieser  Lebensweise  war  sein  Vermögen  bald 
erschöpft,  nnd  er  wandte  sich  zur  Philosophie.  Doch  musste  er 
seine  Bücher  für  Wein  verpfänden,  und  er  zog  es  nun  vor,  sich 
seinem  Namen  gemäss  nm  die  Volksgnnst  zu  bewerben;  er  hei- 
rathete  eine  Freigelassene  und  wurde  Clodins  Freund,  denn  ohne 
Raab  und  Zerstörung  gab  es  für  Ihn  kein  Heil.  9^)  Man  sah 
ihn  mit  FirmIdius,  Titius,  Sergios,  LoUios  and  anderen  Un- 
sinnigen a.  58  In  der  Rotte,  welche  Clodins  als  Volksversamm- 
lung über  Cicero  stimmen  liess,^'')  nnd  nach  dessen  Flucht  bei 
den  Freiidengelagen,  wo  jener  jedoch  dadurch  an  seinen  Feinden 
gerächt  wurde,  dass  Gellias  sie  mit  seinem  entweihten  Munde 
küsste.  9')  Postumus,  der  Sohn  seiner  Schwester,  ernannte  ihn 
nicht  zum  Vormunde  seiner  Kinder,  9')  auch  alle  anderen  Bluls- 
freunde  zogen  sich  von  ihm  zurück ;  um  so  mehr  war  er  auf 
Clodins  angevfiesen ,  welchen  er  anch  nach  Ciceros  Herstellung 
nicht  verliess,  „als  ausser  ihm  ond  den  Sclaren  fast  nur  noch 
der  Leichenbesorger  Deciraiis  ihm  aohieng".  **) 

5.  Gelliai  Schwester  von  No.  2  imd  4.  Cicero  erwähnt 
ihren  Soho  nur  unter  dem  Namen  Postumus.  '°°) 


I  88)     Di«    l.  c.  89)    tJrsin.   p.  106.  No.  2.     Vaill.  Anlon,  No.   18. 

I   54.  OeU.  No.  4.  Eckh.  5.  p.  223.  90)  Dio  48,  54.  49,  24.  91)   1.  Th. 

j:  S.   480.    A.   20.    VaUL  Anton.  No.   54.  92)    Cicero   spielt   auf  diesen 

{  Namen   an:     populo  R.  dedittis.    Plebi  coIa.     p,  Sext.  51.  52.  9^)   p. 

(  Sext.  51.  94)   Das.  52.    Catnll,  80.  95)   p.  Sext.  1.  c.    inVatin.  2. 

96)   p.  Sext.  1.  c.   p.  dorn.  9.    de  liar.  r.  27.  97)  Oben  A.  94.         98)  p. 

Sext.  52.  99)    ad  Att.  4,  3.  100)   p.  Sext.  I.  c. 


68  XIX.    IIIRTII.  (1.) 


XIX.    HIRTII. 


1.    Hirtiiis. 

c.ssc.  CAr.  — 66Go.?i. 
±     A.  Hirtius.  3.    Hirtia. 

Cos.  43  — 711. 


XIX.     Hirtii. 

Plebejisch  und  von  dunkler  Abkunft.  ') 

1.  Hirtius.  Er  wird  als  Sullas  Legat  im  mitliridatisclien 
Kriege  in  den  NacLrichten  von  der  ScklacLt  bei  CLä'ronea  er- 
wähnt. ^) 

2.  Auhis  Hirtius. 

§   I. 

Der  Vater  seines  nachmaligen  Collegen  im  Consulat  C.  Pansa, 
nicht  der  seinige,  wtirde  von  Sulla  geächtet.  *)  Daher  wandte 
er  sich  nicht  aus  Rachgier  zn  der  Volkspartei ,  sondern  es  folgte 
von  selbst  aus  seiner  Verbindung  mit  Cäsar,  welchem  er  sein 
Glück  verdankte.  ')  Er  begleitete  ihn  a.  68  als  Legat  nach 
Gallien,  und  suchte  auch  hier  frohen  Lebensgenuss ,  weshalb 
Q.  Cicero  ihn  mit  gewohnter  Bitterkeit  tadelt.  ^)  Seine  Heiter- 
keit, Bildung  und  aufrichtige  Hingebung  erwarben  ihm  dagegen 
die  Zuneigung  und  das  Vertrauen  des  Feldherrn,  und  er  vergalt 
ihm  durch  wesentliche  Dienste,  weniger  in  den  Lagern  als  in 
Rom.  Man  kannte  diese  Verhältnisse;  es  erregte  Aufsehn,  als 
er  im  Deccmber  50  in  der  Hauptstadt  erschien,  nnd  nach  einer 
Unterredung    mit    L,    Baibus    sich    schnell    wieder    entfernte.  *) 


1)  Cic.  13.  Phil.  11.  Dadnrcli  wird  Ursin.  Hirt.  p.  108  widerlcgf, 
welcher  es  für  nogewiss  hält,  ob  dieses  Geschlecht  nicht  Tielmchr  patri- 
cisch  war.  Ueber  das  angebliche  V,  Tribnnat  des  A.  Hirtius  s.  unten  iVo.  2. 
$.  1.  A.  2)    Plnt.  SuU.  16.  18  nennt  ihn  Ericins.     Cornel.  Snll.  Mo.  8. 

§.  6  in.  3)   Die  4j,  17  spricht  von  jenem,  nnd  isl  von  Mannt,  xn  Cic. 

ad  Fnm.  6,  12    nnd    von  Gland.  Hirt.   missYerstaudeu,  4)    13  Phil,  11. 

S)  ad  Fam.  IC,  27.  6)  ad  Au.  7,  4, 


XIX.    HIRTII.  (2.)  69 

ßald  (lilirte  iLu  der  Bürgerkrieg'  zurück,  und  er  blieb  in  Rom, 
^vaLreud  Cäsar  a.  49  g'eg'en  die  Pompejaner  in  Spanien  focLf; 
bei  der  grossen  GäLrung  in  den  Gemütliem  als  Folge  einer 
allgemeinea  Umwälzung;  bedurfte  dieser  treue  Beobachter  and 
Vermittler  wie  Baibus,  Oppius  und  Hirtius.  Die  Gegner  LassteD 
in  ilim  den  Cäsarianer,  oder  sie  beneideten  ihn  um  seine  Sicher- 
keit und  seineu  Eiufluss,  und  glaubten  mit  Unrecht,  dass  er  ihnen 
durch  geheime  Ränke  schaden  werde;  auch  Cicero  fürchtete,  als 
sein  Neffe  Quintus,  dessen  Gesinnungen  gegen  die  Seinigen  ihm 
verdächtig  geworden  waren,  sich  mit  dem  Günstlinge  des  Herr- 
schers besprochen  hatte.  ')  Dieser  war  weder  jetzt  mit  BI.  An- 
tonius noch  im  nächsten  Jahre  V.  Tribun ;  das  Gesetz  gegen  die 
Pompejaner,  welches  er  aageblich  als  solcher  bestätigen  liess,  *) 
beantragte  er  vielmehr  als  Prätor. 

Er  reis'te  a.  47  iiach  dem  alexandrinischen  Kriege  zu  Cäsai-, 
und  sah  ihn  im  Juli  nach  dem  unberichtigten  Kalender  zu  An- 
tiochien,  wo  er  für  Q.  Cicero  mit  dessen  Sohne  ein  Fürwort 
einlegte,  und  auch  in  dieser  Hinsicht  günstiges  Gehör  fand.  ') 
Im  folgenden  Jahre  war  er  Prälor.  ' ")  Er  wohnte  mit  „den 
Uebrigen "  " )  den  Spielen  in  Präneste  bei,  und  wird  Ton  Cicero 
vorzugsweise  genannt,  weil  die  Freuden  der  Tafel,  welchen  mau 


7)    ad  Att.  10,  4.  8)   Pigh.  3,  437.  447.    Unten  A.  14.  9)  ad 

Au.    11,    20.  10)    Ursin.    p.  108.    VaiU.   Hirt.  jVo.  1.     MoreU.  Thes. 

T.  2.  tab.  3.  No.  6.  Eckh.  5.  p.  224  TgL  169  erklärt  Pr.  auf  diesen 
Münzen  durcli  praefcctns  (nrbanns),  nnd  hält  Hirtins  für  einen  der  8  oder 
6  Prafecten ,  "welche  CSsar  Tor  dem  Feldznge  gegen  die  Sühne  des  Pom- 
pejns  in  Spanien  mit  Lepidus  in  Rom  zurückgelassen  habe.  Die  43,  28. 
Diese  Tnirden  aber  erst  am  Ende  des  J.  46  ernannt,  und  Hirtius  Tvar  nach 
den  Münzen  Pr.  nnter  Cäsars  drittem  Consulat,  {olglich  a.  46,  Tromit  nicht 
gelängnet  Tvird ,  dass  er  als  Vertrauter  dann  auch  Stadtpräfect  Tfurde. 
Dazn  kommt  das  bestimmte  Zengniss  des  Dio,  (42,  51.  Vgl.  Suet.  Caes.  41. 
Pompon.  de  or.  inr.  wo  die  Zahl  falsch  angegeben  ist  nnd  Cornel.  SuU. 
No.  8.  §.  12.  A.  97)  dass  für  das  J.  46  Frätoren  und  zwar  zum  ersten 
Male  zehn  ernannt  seien.  Snet.  Caes.  76  sagt  nur,  in  seinem  dritten  und 
Tierlen  Consulat ,  also  a.  46  n.  45  habe  der  Dictator  keine  Comitien  ge- 
halten, ansser  zur  Ayahl  der  Tribüne  und  AedUen,  und  Präfeclen  stall  der 
Pr.^toren  eingesetzt;  wenn  auch  diese  Nachrirht  für  gegrüudet  gelten 
könnte,  so  ist  doch  damit  die  AViibl  der  Präloren  iiu  J.  47  für  das  fol- 
gende nicht  ausgeschlossen ,  wrie  Pigh,  3,  452  auDiuuul,  lulii  31.  (.  62. 
A.  76.  II)    Den  Freunden  Cäsais. 


fO  XIX.    HIRTn.  (2.) 

sich  Lier  acLt  Tage  Jiberliess,  ■wäLrend  Cäsar  in  Africa  kämpfte, 
besondern  WertL  für  ihn  Latten.  '  ^)  Man  durfte  indess  nicLt 
Loffen,  von  diesen  Leuten  befreit  zu  werden,  und  'wnsste  nicht, 
was  Ton  dem  Sieger  nach  seiner  Rückkehr  zu  erwarten  sei ;  eine 
Fürsprache  bei  ihm  schien  wünschenswerth ,  daher  fügte  sich 
Cicero  dem  Verlangen  des  Hirtius  und  Dolabella,  und  übte  sie 
im  Tusculanum  in  der  Redekunst,  wogegen  sie  ihn  in  der  Knngt 
gut  zu  essen  unterwiesen;  mit  Seufzen  sah  er  sich  vom  Redner 
zum  Rhetor  herabgesunken  und  gezwungen,  der  Vertraute  „dieser 
Menschen"  zu  sein,  von  welchen  er  endlich  dadurch  befreit 
wurde,  dass  sie  Cäsar  entgegen  giengen. '*)  Snllanische  Pro- 
scriptionen fanden  zwar  nicht  Statt,  jener  schloss  aber  durch  ein 
Gesetz  des  Hirtius  die  Pompejaner  von  den  Ehrenstellen  aus.  ' ') 
Er  tadelte  die  treue  Hingebung  an  seinen  Nebenbuhler  nicht,  wenn 
ican  nur  nicht  als  Gefangener  wieder  zu  den  Waffen  griff,  und 
schon  aus  diesem  Grunde  kann  das  Gesetz  nicht  dem  Jahre  49 
angehören;  nach  Pompejus  Tode  erbitterte  ihn  die  Forlsetzung 
eines  nutzlosen  Kampfs,  worin  er  nun  die  Aeusserung  eines 
persönlichen  Hasses  gegen  sich  erblickte,  obgleich  sie  in  der 
Ordnung  war,  da  die  Partei  ihr  Haupt  überlebte;  und  doch  sollte 
seine  Strenge  nur  schrecken,  weil  die  Feinde  in  Spanien  von 
neuem  rüsteten ;  viele  ihrer  ehemaligen  Gefährten  wurden  be- 
fördert, wie  schon  das  Verzeichniss  seiner  Mörder  lehrt. 

Hirtius  folgte  ihm  nicht  sogleich  über  die  Pyrenäen;  er  ver- 
liess  Rom  erst  a.  45 ,  und  meldete  Cicero  am  18.  AprU  aus 
Narbo,  dass  in  Spanien  entschieden  sei.  ' ')  Nach  seiner  Ver- 
einigung mit  Cäsar  schickte  er  jenem  seine  Schrift  über  Cato, 
welche  dem  Empfänger  wenig  Freude  machte;  '*)  auch  missfiel 
Cicero  sein  Schweige»  über  Tullias  Tod,  obgleich  Atticus  ver- 
sicherte, dass  er  ihn  gegen  den  Vater  nur  aus  Schonung  nicht 
erwähnt  imd  in  einem  Schreiben  an  ihn  sich  mit  Theiinahme 
darüber  geäussert  habe.  ' ')  Eine  günstige  Gesinnung  zeigte  sich 
in  seinem  Wortwechsel  mit  dem  Jüngern  Q.  Cicero,  welcher  bei 
dem  Heere  Vater  und  Oheim  als  Gegner  Lasars  zu  verdächtigen 


12)    nil  Au.    12,  2.  13)    ad  Fam.  7,  33.   9,  6.   16.   18.     Snet.  de 

dar.  ihct.   1.  14)    13  Phil    16.  15)    ad  Au.  12,  37.  16)  Das. 

12,  40.  41.     S.   innen.  17j    ud  Atl.  12,  44. 


XIX.    HIRTII.  (2.)  JJ 

suchte;  aber  et  hatte  ihm  doch  zuerst  bei  diesem  Zutritt  Ter- 
scbaffl,  ")  und  seine  Briefe  wurden  spät  beantwortet,  so  dass 
Atticus  daran  erinnern  luiisste.  '  *)  Gegen  Andere  gab  sich  Cicero 
das  Ansehen,  als  sei  er  mit  den  Vertrauten  Cäsars,  mit  Pansa, 
Hirlios,  Balbus,  Oppius,  Matius  nnd  Postnmias  innig  verbunden, 
er  nannte  diese  „Pelopiden,  deren  Namen  und  Thaten  er  nicht 
Loren  mochte",^")  seine  alten  Freunde.")  Später  erzählten 
AI.  und  L.  Antonius  als  Feinde  Octarians,  er  habe  nicht  bloss 
seine  Adoption  yon  Cäsar  mit  seiner  Ehre  erkauft,  sondern  auch 
in  Spanien  grosse  Summen  durch  eine  Biihlschaft  mit  Hirtius 
erworben.  ' ') 

Dieser  verwaltete  a.  44  abwesend  durch  Aurelius  das  bel- 
gische Gallien,  welches  wider  Erwarten  nach  Cäsars  Tode  sich 
nicht  empörte.  ^  ^)  Anch  übrigens  wurde  er  fortwährend  von 
dem  Diciator  ausgezeichnet,  und  mit  C.  Pansa,  seinem  Collegen 
im  Augurat,  ^*)  fiir  das  folgende  Jahr  zum  Consul  ernannt.  '*) 
Er  war  mehr  als  sein  hochherziger  Gönner  von  den  Gefahren 
unterrichtet,  welche  diesen  umgaben,  und  rielh  ihm  mit  einigen 
Anderen,  aber  vergebens,  seine  Leibwache  nicht  zu  entlassen.  ^  ^) 
Das  Gefiirchtete  geschah.  Hirtius  wünschte  aus  Liebe  zu  seinem 
Wohlthäfer  nnd  zur  Ruhe,  dass  die  jetzige  Verfassung  bestehen 
möge,  wobei  allerdings  anch  Consulat  und  {'rovinz  in  Betracht 
kamen.  Blit  Missfallen  bemerkte  er  die  Ränke  des  Antonius, 
welcher  die  Herrschaft  an  sich  riss,  und  die  Ansprüche  Octavietns; 
ihr  Streit  konnte  leicht  in  Krieg  übergehen  und  die  Verschwomen 
zu  einem  Angriff  auf  die  Cäsarianer  enuuthigen.  Aber  er  hielt 
sich  fern,  als  sei  es  seine  höchste  Aufgabe,  nirgends  anzustossen. 
Er  wollte  nicht ,  dass  die  Befreier  in  Rom  blieben ,  oder  dahin 
eurückkehrten ,  da  sie  gegen  Antonius  nichts  vermochten  und  ihr 


18)    ad   Att.    13,   37.    40.     Omnlom   flagitiornm    anctor.  19)   D.is. 

13,  21.  20)   ad  Fam.  7,  28.  30,  21)   Das.  6,  12.  22)  Sueto«. 

OctaT.  68.    Cic.  3  PhU.  6.    1.  Tli.  S.  206.  A.  29.  23J  ad  AM.  14,  1.  9. 

24)   aJ  Fam.  12,  25.  §.  3.   7  Phil.  4.  25)   Plut.  Cic.  43.   ad  Att.  14,  6 

a.  14,  9:  Duo  qnidem  quasi  designati  consnles.  14,  12:  Haud  amo  Tel 
hos  desigoatos.  15,  1.  6.  ad  Fam.  12,  2  fin.  Snet.  Caes.  76.  App.  2,  508. 
509-    Dio  43,   51.    S.  nnten  §.  2  in  26)   Veliej.  2,  57.   Suet.  Caes.  86. 

Plot.  Caes.  57.  Dio  44,  7.  App.  2,  496.  %^gl.  ad  An.  13,  52  u.  luiii 
Ko    31.   f..  67.  A.  18. 


7^  XIX.    HIRTII.  (2.) 

Beistand  auch  nIcLt  g'ewiinscLt  ■wnrde;  iLre  Gegenwart  Hess 
Äleutereien  nnd  blutige  Auftritte  fürchten;  deshalb  eröffnete  er 
D.  Brutus,  dass  er  bei  den  feindlichen  Gesinnungen  des  Antonius 
und  der  Veteranen  nicht  mit  Sicherheit  in  der  Stadt  verweilen 
könne.  ^')  Um  die  Mitte  des  April  traf  er  in  Pnteoli  mit  Cicero, 
Baibus ,  Pansa ,  Octavian  und  L.  Philippns  zusammen.  Diess 
war  aber  nicht  der  Zweck  seiner  Reise ;  denn  er  begleitete  Octa- 
yian,  welcJier  von  Apollonia  zurückkam,  nicht  nach  Rom,'*) 
sondern  declamirle  mit  Pansa  unter  Ciceros  Leitung,  '')  obgleich 
dieser  auch  durch  ihren  Anblick  daran  erinnert  wurde ,  dass  die 
Tyrannis  den  Tyrannen  überlebte,  und  er  sich  selbst  wegen  seiner 
zu  grossen  Gefälligkeit  anklagte,  da  er  nicht  mehr  zu  solchen 
Diensten  gezwungen  sei,  welche  ihm  nicht  einmal  einen  ruhigen 
Aufenthalt  in  den  Bädern  gestatteten.  ^°) 

Hirtius  gieng  nach  Bajä  ^ ' )  und  blieb  demnach  in  Ciceros 
Nähe,  welcher  nicht  vermeiden  konnte,  ihn  zn  besuchen  und  iu 
Pnteoli  zu  empfangen,^')  und  bei  diesem  Verkehre  nun  auch 
für  Andere  auf  den  künftigen  Consul  wirken  sollte.  Nicht  nur 
Atticus  bat  ihn  um  seine  Verwendung  in  Betreff  seiner  Güter 
bei  Buihrotum  in  Epirus,  wo  Cäsar  den  Soldaten  Acker  an- 
gewiesen hatte,  ^*)  sondern  auch  M,  Brutus  und  C.  Cassius.  Sie 
hofften,  er  werde  ihn  für  die  gute  Sache  gewinnen,  nach  seiner 
Meinung  etAvas  Unmögliches,  denn  wenn  er  auch  Antonius  zürne, 
so  sei  er  doch  mit  ganzer  Seele  Cäsarianer.  '*)  ludess  schrieb 
er  ihm,  «nd  er  erwiederte  im  Anfange  des  Juni,  dass  er  ihre 
W^ünsche  gern  erfüllen  wolle,  und  Cicero  nur  einen  raschen  Ent- 
schluss,    ihre  Abreise    von  Italien  verhindern   möge;   mit  Gewalt 


27)   ad  Farn    11,   1.     1.  Tli.  S.  135.  A.  7.  28)   ndÄit.  14,  9.  11. 

1.    TIi.    S.    120.  29)     ad    Att.    14,    12.    22.  30)    Das.  14,  9.   12. 

Oben  A.  13.     1.  Tli    S.   152.  A.  56.  31)   ad  Farn.  16,  24.  32)  ad 

Atl.  14,  21  15,  1.  2.  3.  Warum  Schütz  TiH'Uloinov  das.  14,  21  (Mou- 
gault  Aiim.  6.)  n.  15,  2  für  »iiäclit  erklärt,  ist  nicht  fvohl  einzusehen; 
Cicero  gieht  auch  sonst  durch  neu  gebildete  AVürter,  'n'ie  Sullaturire  und 
proscrijitiirire,  ad  Att.  9,  10,  seinen  Ilass  oder  seine  Verachtung  knnd. 
Diese  Cäsarianer  Tvünschte  er  zu  ihrem  Oberhau]ite  in  die  Unterwelt ;  er 
mochte  sie  nicht  nennen,  (  ohi'n  A.  20)  bezeichnete  sie  oft  nur  dnrch  isti, 
und  Hirtius,  nachdem  \ier  der  früher  erwähnten  sich  entfernt  hiillen  ,  mit 
dem  griechischen  'Worte.  33)    ad  Atl.   15,  1.  3  n.   16,   16,  ^>o  sich  dos 

ISähere  linJft.  34;    Das.   J4,  L'O.  21.    15,    5.  ü. 


(  XIX.    mRTII.  (2.)  73 

werden  sie  dodi  niclits  erreichen,  als  dass  Alles  in  noch  grössere 
Verwirrung'  gerathe.  *') 

Am  1.  Juni  war  Hirtius  im  Senate  gewesen,  wie  es  scheint, 
ohne   auch  nur  die  Stimme  gegen  Antonius  zu  erheben,    welcher 
als  Consul,  im  Besitze  der  Papiere  Ciisars  und  von  Bewaffneten 
unterstützt  keinen  Widerspruch  duldete.  ^  *)     Voll  Unwillen  über 
diesen  Zwang  yerliess  er  Rom   und  schrieb  auf  dem  Wege  nach 
seinem  Tnsculanum   jenen  Brief  an  Cicero,  worin  er  bemerkte, 
er   werde   am    5.  Juni    an    den   Berathnngen   über    die  Provinzen 
nm    so    weniger   Theil   nehmen ,    da  Cäsar   schon  darüber  verfügt 
habe.  * ')     Cicero  fand  es  lächerlich ,   dass  er  Brutus  und  Cassins 
eines  kühnen  Unternehmens  fähig  glaubte,    aber  er  war  eben  so 
sehr   über  die  Absichten  der  künftigen  Consuln  in  Ungewissheit. 
Bir  Verhalten   gegen    Antonius   hatte   seinen   Beifall;    auch   ihre 
Aeussernngen  verriethen  einen  guten  Geist,    obgleich  Pansa  nach 
»einer  Meinung   ohne  Selbstständigkeit   war  und  nur  Hirtius  bei- 
])flichtete ;    er   zählte   sie    sogar  zu  den  Besten ,    wenn  er  in  den 
Feinden  des  Antonius  Hoffnungen  erregen  wollte;  ^  *)  dann  aber 
stimmte  er  Marcellus  bei,  dass  man  ihnen  kein  Vertrauen  schenken 
könne,    und   wie    auch    ihre  Gesinnungen   sein  mögen,    bei  ihrer 
Schläfrigkeit  und  Genusssucht   keine  Wiedergeburt    der  Republik 
von  ihnen  zu  erwarten  sei.  ")     Wie  leicht  konnte  es  geschehen, 
dass    Hirtius,     ohnehin    voll    Liebe    zu    dem   Manne,    „welchen 
Brutus    verwundet    hatte",    mit   dessen    Gelde    von   Antonius   be- 
stochen   wurde.  '")      Der    erste    Januar    gewährte    daher    Cicero 
keine  beruhigende  Aussicht.     Zeigte  sich  doch  Pansa  selbst  nicht 
am  20.  December  im  Senat,  als  dieser  Massregeln  nahm,  im  folgenden 
Jahr  sich  gefahrlos  versammeln  zu  können.*')     Vielleicht  kam  er 
nicht,  weil  Hirtius  nicht  erschien.    Dieser  war  im  Juli  oder  Angust 
schwer  erkrankt,  und  noch  immer  nicht  ganz  hergestellt,  welches 
Cicero   in  seinen    Briefen    aus   dieser  Zeit  nur   einmal   und   nur 
gelegentlich  erwähnt,  weil  es  ihn  nicht  berührte,")   desto  mehr 
aber   in    den  Philippiken,    um  daran  zu  erinnern,    dass  das  Volk 

35)    ad   An.   IS,   6.           36)    Das.   1.  c.   n.    15,   8.  1.   Th.   S.  162. 

A.  42  f.          37)  ad  Alt.  15,  6.    1.  Tb.  S.  165.  A.  78  f.  Caes.  Dict.  a.  44. 

38)    ad  Alt.  14,  20.  {.  3.     IS,  22.     ad   Faiu.   12,  2.  22.  39)    ad  Au. 

15,   1.    16,    1.    {.   4.           40)    nas.    14,    22.    15,  2  Cn.  41).  1.  Ti.. 
S.  224.           42)    ad  Foui.   12,  22. 


74  XIX.    HIRTII.  (2.) 

fiir  seine  Genesnng',  •wie  einst  fiir  Poinpejiis,  Gelübde  getlian 
Labe,  weil  es  durch  ihn  Ton  der  Herrscbaft  desa  Antonius  befreit 
zu  werden  hoffle.  ' ') 


§    2. 

a.    43.      Die   Consuln   Pansa   und   Hirlius*')    beriefen    am 
1.  Januar  nnd  an  den  drei  folgenden  Tagen  den  Senat,  und  be- 
günstigten   die    Partei    in    ihm ,    welche    aus    sehr    verschiedenen 
Gründen    den    Frieden    zu    erhalten    wünschte.       Man    beschloss 
gegen  Ciceros  Willen,   Gesandte   zu  Antonius   zu  schicken,   von 
welchem  D.  Brutus  iu  Mutiua  belagert  wurde.  * ')     Bald  nachher 
BteUte  sich  BUrtius  an  die  Spitze  des  Heers,  obgleich  er  noch  nicht 
TÖUlg   gesund   war,    um    mit  Octavian    den  Feldzug   zu   eröffnen, 
wenn  Antonius    sich   nicht  fügen  werde;    Pansa  bUeb  zur  Been- 
digung  der   Rüstungen  vorerst  iu  Rom.  *  ^)     Auch    als  Antonius 
Bedingungen   machte,   statt    sich   zu   unferv»'erfeo ,   konnte    Cicero 
nicht    bewirken,    dass    man    ihn   fiir   einen   Reichsfeind    erklärte, 
und    eben    so    wenig,    dass   der   Senat  C.  Cassius   und    nicht   auf 
Calenus  Vorschlag,  welchen  Pausa  unterstützte,  den  Consuln  den 
Oberbefehl   gegen  Dolabella   in   Asien   und   die    Provinzen  Asia 
and    Syrien   bestimmte,   wohin  sie  Legaten    schicken,    und   nach 
dem  Entsätze  von  Mutina  selbst  abgehen  sollten.*'')     Pansa  folgte 
seinem   Collegen    im  März,    er   wollte  aber,    wie   dieser,    nicht 
schlagen ,    sondern    schrecken    und    einen    Vergleich    erzwingen. 
Sein  Zögern  und  die  Jahreszeit  dienten  Hirtius  bei  seiner  eigenen 
Unthätigkeit  zum  Vorwande ;  er  rückte  endlich  mit  Oclavian  gegen 
Mutina  vor;  Antonius  erinnerte  sie,  dass  sie  ein  gleiches  Interesse 
mit  ihm   Laben,    und  warf  sie  zurück,   als  sie  nicht  darauf  ein- 
giengen.  *')     Auch  Pansa    wurde  am  14.  April  bei  Forum  Gal- 
lonim  geschlagen  und  tödtlich  verwundet.    Hirlius  rächte  ihn  gegen 
Abend  in  derselben  Gegend  durch  einen  glücklichen  UeberfaU*') 


43)    1  Pliil.  IS.    r,  4.   10,  8.    14,  2.  44)   Fast.  cnp.  a.  710.    Fast. 

Sic.  Cassiod.  Sic.  3  Pliil.  15,  7,  4.  ad  Fam.  12,  4:  Egregios  consules 
babemus.  ad  Faiu.  12,  5.  Siiet.  Octar.  10.  Dio  45,  17.  App.  3,  558. 
Flnt.  Anton.  17.  Solin.  1.  §.  32.  S.  die  Ansfiihrung  des  Folgenden  im 
1.  Th.  Aulonii  No.  14.  $.  35—45.  45)   Das.  ^.  35.  36.  46)  Das. 

S>.  37.  47j   Diis.  5.  38.  39.  48)   Das.  ?.  42.  49)   Das   §.  43. 


XIX.    HIRTIl.  (2.)  fS 

nnd  siegte  bald  nacLLer,  waLrscLeinlicIt  am  27..  April,  mit 
Octavian  bei  Slutina,  £el  aber  im  feindlichen  Lag'er  im  Hand- 
gemeng'e.  Am  £inderen  Tage  starb  Pansa.  Mit  Unrecit  be- 
schuldigte man  Octavian,  dass  er  die  Consuln  habe  tödten  lassen. 
Ihre  Leichen  wurden  nach  Rom  gebracht,  und  dnrcL  ein  feier- 
liches Begräbniss  auf  dem  Blarsfelde  geehrt.  *°) 

Hirtius  erscheint  als  ein  achfnngswerther  Alaun ,  welcher 
seinen  Einflass  nicht  mlssbrauchte,  weder  am  sich  zu  bereichern, 
noch  um  Andere  zu  drücken;  er  nahm  vielmehr  Angeklagte  nnd 
Verläamdete  in  Schutz.*')  Nie  wankte  er  in  seiner  Trene 
gegen  Cäsar,  und  nach  dem  Tode  seines  Wohlthäters  bezeugte 
er  in  würdiger  Haltung  auch  gegen  dessen  Feinde  seinen  Sclunei-z. 
Mit  starker  Hand  die  Schicksale  Korns  za  lenken  nnd  die  Parteien 
zu  zügeln,  war  er  nicht  gescha£Fen,  nnd  es  wnrde  ihm  überdiess 
während  seines  Consulats  durch  körperliche  Schwäche  nnd  seinen 
frühen  Abgang  Ton  Rom  erschwert.  Muth  nnd  Feldherm  -  Gaben 
verbürgen  seine  Siege  über  Antonius.  Cicero  erhebt  ihn  als 
Meister  in  der  Knnst  zu  schmausen,*^}  und  Qaintns ,  sein 
Bruder,  schildert  ihn  als  einen  leichtsinnigen  nnd  schaamlosen 
Sch-«'elger;  *^)  diess  heisst,  aus  der  Sprache  der  Bitterkeit  und 
des  Unwillens  in  die  gewöhnliche  übertragen,  er  liebte  eine  gut 
besetzte  Tafel.  Aber  er  zeigte  seinen  Geschmack  darin  nicht 
allein,  uud  besass  nicht  bloss  Talente  für  das  gesellige  Leben, 
sondern  anch  eine  gediegene  Bildung.  Es  geht  schon  daraus 
hervor,  dass  Cäsar  ihn  a.  45  wälirend  des  spanischen  Feldzugs 
veranlasste,  Ciceros  Lobschrift  auf  Cato  zu  beantworten,  ehe  er 
diesen  selbst  angriff.  Er  enthüllte  die  Fehler  und  Schwächen 
des  Gefeierlen  in  einem  Sendschreiben  an  Cicero,  welcher  darin 
auf  das  ehrenvollste  erwähnt  wurde ,  nnd  wohl  deshalb  Atticus 
wiederholt  ersuchte,  durch  Abschriften  für  die  Verbreitung  dieses 
Anticato  zu   sorgen,   obgleich    er  vorgab,   dass  der  Tadel  solcher 


SO)    S.    I.    Th.   Antonü   Xo.    14.    ^.  45.  51)    Oben   ^.  I.   A.  18. 

S2)  ad  Fam.  9,  16:  Coeoandi  magisler.  Das.  9,  18:  Ilirtianiim  ins.  Das. 
9,  20:  Nos  iam  artis  tannm  habemns,  ot  Verrinm  tunm  et  CamiUnin ,  qna 
monrlilia  hoinines  ?  qna  eleganlia .'  TOcare  sae|ihis  andeanins.  Sed  Tide 
.indaciaiD.  Eüiim  Ilirlio  roenaui  deili.  nd  Alt.  12,  2.  16,  I.  ^.  4,  Vgl. 
Iiilii  No.   31.  i.  61.  A.  47.         53)    ad  Fam    16,   27. 


76  (.s)  XIX.    HIRTII.  (3.) 

Mensclen    für    Jen  Verstorbenen    riiluulicL   sei ,    nnd   sie '  selbst 
läcUerlicL  und  veräcLllicIi  macLe.  ") 

Andere  Werke    des   Hirtius    ueuut  Cicero  nicht,    und  sclion 
Sveton  war  ungewiss ,    ob    er  oder  Oppius   das '  aclite  Buch   des 
gallischen    Krieges ,     und     die    Geschichte    des    alexandriuischen, 
africanischen    und    spanischen    geschrieben    habe,    wenn   er    auch 
geneigt  scheint,  das  Erste  anzunehmen.  *^)     Es  kann  daher  nicht 
befremden,  dass  durch  die  Uu (ersuchungen  der  Neuern  die  Zweifel 
nicht    gehoben   sind.  ^')     Kur    hat    „der  spanische  Krieg",   wie 
er  uns  vorliegt,   oITenbar  keinen  jener  Freunde  Lasars  zum  Ver- 
fasser,   denn  dieser  schreibt  nicht  nur  barbarisch  latein,    sondern 
er    verräth    auch   übrigens    einen    gänzlichen   Älangel   an  Bildung 
und  Urtheil,    er    weiss   das  Wichtige   vom  Unwichtigen  nicht  zu 
unterscheiden,    nnd   seine   Gedanken    nicht   zu    ordnen   oder  'Blich 
nur   verständlich   vorzutragen.     Dass    C.   Oppius,    dessen    Namen 
einige  Handschriften  jenen  anderen  Büchern  vorsetzen,    zu  deren 
Abfassung  befähigt    war,   kann  nicht  geläugnet  werden;  "*)   auf 
ihn   ferner   wie    auf   Hirtius    ist    das  Geslandniss  in  der  Vorrede 
zum  achten  Buche  des  gallischen  Krieges  zu  beziehen,  ans  welcher 
Svetou  *^)    ein  Bruchstück   uittheilt,    der  Verfasser   spreche  vom 
alexandrinischen    nnd    africanischen    nicht    als    Augenzeuge,    und 
Beide    hatten    eine    grosse   Vorliebe   für    Cäsar,    welche   sich    in 
diesen  Schriften  kund  giebt.  ^°)     Dagegen  ist  man  bei  den  vielen 
Lücken   im   „africanischen  Kriege"   nicht   zu   der  Annahme    be- 
rechtigt,   dass   weder   der  Eine    noch    der  Andre    ihn  geschrieben 
haben  könne,    weil  die  Darstellung  mitunter  dunkel  ist,  und  der 
Verfassser  auf  Nachrichten   in  seinem  Werke  verweis't,   welche 
man  vergebens  sucht.  * ' ) 

3.  ^Hirtia.     Schwester  des   Vorigen.     Sie  wurde  Cicero   um 
das  3.  46    zur  Gemahlinn  angetragen,    als  er  sich  von  Terentia 


54)   ad  Att.   12,  40.  41.  44.  45,  47.    S.  lalii  No.  31.   §.  76.  A.  56. 
56)    Cies.    56.  57)    DodvveU.    Dissert.   de  auct.  lib.  8  de  11.  G.iU.  et 

Alex.  Afiic.  et  Ilisp.  (in  Cies.  ed.  Oudcnd.  T.  2.  p.  869.  ed.  1822.) 
Voss  de  Iiist.  lat.  p.  64.  Fabric.  Uibl.  lat.  ed.  Ernest.  T.  I.  p.  252. 
Lips.  Elect.  2,  22  u.  Oiidend.  in  seiner  Aiisga)>e  des  Caesar.  58)  Suet. 

Caes.  52.  53.    PUn.  11,  105  (45).  59)   Caes.  56.  60)  U.  Afric.  31. 

61)    Das.  34.  38. 


XIX.    HmXII.  (3.)  77 

getrennt  hatte;  er  gleng  nlcLt  darauf  ein,  weil  er  sicL  nicLt  zii- 
gleicli  mit  der  PLilosopIiie  und  einer  Frau  bescLäftig'en  könne.  ^~) 
Publilia,  welche  jung  und  reich  war,  erhielt  den  Vorzug;  *^)  bei 
Hirtia  scheint  er  jene  Eigenschaften  vermisst  za  haben.  ^*) 


62)    Hieronym.   in  lovin.    1,   29.  63)  ad  Fam.  i,  14.  §.  1  n.  2. 

ad  Alt.  12,  32.    Plnt.  Cic.  41.    Dio  46,  18.     S.  TiiUii.  64)   Vielleichl 

■st  ad  Att.  12,  II  auf  sie  zu  beziehen:  De  Fompeii  M.igni  filia,  tibi  re- 
scripsi ,  nihil  me  hoc  tem]iore  cogitare,  Alteram  vero  illam,  qnam  tu  scribis, 
puio  nosti,    Nihil  vidi  foedjos. 


78 


XX.    HORTENSII. 


XX.     HORTENSII. 


1. 

L.  Hortensiiis. 

Ir.iil.inr.Chr.— 

332  n.u. 

2. 

9-  Hortensiiis. 

Dicl.c.lS^  —  Hj». 

3. 

L.  Hortensius. 

pi^.  i:0  — 5S4. 

4. 

Ö.  Hortensiiis. 

Coa.  las  — 64«.  (?) 

5. 

L.  Hortensius. 

c.  »7  —  657. 

—  6.    Sempronia. 

7.    <J.  Horteiisius. 

—   S.      Lutatia. 

14.     Hortcnsia. 

Cus.  69— ms. 

9.     (Marcia). 

—  M.  Valer.  Mcssala. 

Orator. 

19,      L.  Hortensius. 
Uyut.  Sullae. 

10.     Q.  Horteiisius  Hortalus.                11.    Hort 

ensia. 

Propr.  Macen.  44  — 

710. 

12.     O.  Horteiisius.                   U. 

AI.  Hortensius 

Corbio. 

Uoitalus. 

XX.    Hortensii. 

Plebejisch.  * ') 

Den  Namen  tnag^  dieses  GescLIecht  vom  Gartenbau  erhalten 
Laben,  wie  Plinins  AehnllcLes  von  anderen  behauptet,  *')  und 
Hortalus     ursprünglich    eine    scherzhafte    Bezeichnung    oder    Ab- 


68)  Gegen  Sebast.  Corradns,  Trelcher  zn  Cic.  Bmt.  p.  6  die  Hortensier 
für  Plebejer  erklärt,  bemerkt  Rieb,  sirein.  Gent.  R.  Hort.,  sie  seien  yiel- 
mehr  Patricier  getresen ;  Cicero  nenne  den  Redner  nobilis,  dies  könne  sich 
nnr  anf  das  Fatriciat  beziehen,  da  ausser  I..  Ilortensins,  Prätor  a.  170  keiner 
seines  Namens  TOr  ihm  ein  cnmlisches  Amt  verwaltet  habe.  Zur  Erlangung 
der  Nobilität  würde  aber  diess  schon  genügen,  nnd  ein  Hort,  war  bereits 
286  Dictator,  ein  Andrer  am  das  J.  98  Prätor.  Hortensier  wnrden  T.  Tri- 
büne, nnd  in  dem  wenig  zahlreichen  Geschlechte  patricische  nnd  plebejische 
Familien  zn  unterscheiden,  findet  sich  weder  ein  innerer  noch  ein  äusserer 
Grnnd.  Ihrer  Nobilität  gedenken  ausser  Cicero  p.  t^nint.  22  nnd  in  den 
Verrinen  Plin.  9,  80  (54).  Macrob.  Sal.  2,  II.  PInt.  Cato  m.  25,  nnd 
wenn  der  Enkel  des  Redners  bei  der  Aensserung,  dass  unter  seinen  Ahnen 
10  Tiele  Consnln  nnd  Dictatoren  gewesen  seien,  auch  an  die  Sempronier 
dachte,  Ton  welchen  seine  Grossmntter  abstammte,  so  übertrieb  er  weniger 
als  es  scheint.     Tacit,  A.  2,  37.  69)    18,  3. 


XX.    HORTENSII.  (l.)  79 

kiirznng'  gewesen  sein,  ■welche  dann  aber  Zaname  wurde.  Er 
flodet  sicli  iiiclit  zuerst  in  den  MacLricLteu  vom  Enkel  des  Red- 
ners,'°)  sondern  scLon  Cicero  gebraucht  ihu  yon  seinem  be- 
rühmten Zeitg'enossen.  ") 

1.  L.  Hortensins.  Der  Erste  seines  Namens,  welchen  die 
Geschichte  erwähnt.  Er  war  a.  422  t.  Chr.  V.  Tribun ,  und 
belangte  C.  Sempronius  Atraliniis,  weil  er  im  Torigen  Jahre  als 
Consul  durch  eigene  Schuld  nngliicklich  gegen  die  A^olsker  ge- 
fochten habe;  auf  die  dringende  Verwendung  von  vier  Gollegen 
liess  er  die  Klage  fallen,  welche  weniger  dem  Feldherrn  als  dem 
Rtolzen  Patricier  galt,  dessen  Stand  auch  noch  in  dieser  Zeit  dnrch 
die  Wahl  von  Kriegstribunen  mit  Consulai- Gewalt  die  Plebejer 
vom  Consulat  auszuschliessen  suchten.  '^) 

2.  Q.  Hortensins.  Diciator  um  286  r.  Chr.  Genauer  ist 
die  Zeit  wegen  einer  Lücke  in  den  capitolinischen  Fasten  nicht 
zu  bestimmen.  Das  Volk  wurde  von  seinen  Gläubigern  anter 
den  Optimalen  gedrückt,  und  entwich  nach  einer  langen  nnd 
heftigen  Gährung  nach  dem  Janiculum.  Hortensius  sollte  seine 
Rückkehr  bewirken,  und  erneuerte  zu  dem  Ende  die  lex  Horatia 
Valeria  v.  J.  449,  in  welchem  das  Volk  nach  dem  Alons  sacer 
ausgewandert  war,'')  und  die  Publilia  von  SSO,'*)  dass  alle 
Römer  zur  Beobachtung  der  Plebiscile  verpflichtet  sein,  diese 
folglich  als  allgemein  gültige  Gesetze  beobachtet  werden  sollten.  '  ') 
Auch  ein  anderes  Gesetz,  nach  welchem  man  an  den  Nundinen, 
wo  die  Landleute  des  Handels  wegen  ohnehin  in  die  Stadt 
kamen,  Gericht  halten  durfte,  scheint  ebenfalls  diesem  Hortensius 
anzugehören.  '*)     Er  starb  als  Dictator.  ") 

3.  L.  Hortensius.  Der  Krieg  mit  Perseus  führte  ihn 
a.  170  als  Prätor  an  die  Küsten  von  Thracien,  wo  er  die  rö- 
mische Flotte  befehligte,  und  durch  seine  Raubsucht  nnd  Grausam- 
keit Schrecken  verbreitete.  Es  erbitterte  ihn,  dass  die  Abderilen, 
von  welchen   er   100,000   Denare   und   50,000  Scheffel   Getraide 


70)    Tacit.  A.  2,  37.  38.    Snelon.  Tiher.  47.  71)    ad  An.  2,  25. 

4,  15.  §.  4.  72)   LiT.  4,  42.  Tgl.  25.    Tal.  M.  3,  2.  {.  8.    6,  5.  §.  2. 

73)  Liv.  3,  55.  74)  Ders.  8,  12.  75)  Ders.  cp.  11.  Plia.  16,  IS  (10). 

Cell.    15,   17.     Aagnstni.    de  cir.  D.  3,  17.    (j.  2.     Touipon.    de   orig.    iar. 
Uig.   1.    I.   tit.   2.     VgU    Tacit.   A.   2,   37.  76)    Macrob.   Sal.    1,   16. 

2.  Th.  S.  319.  A.  1,  77)  Li»,  n,  Augiisl,  II.  cc. 


80  XX.    nORTENSII.  (4.) 

forderte,  Gesandte  abscliickten,  den  C'onsul  Hostilius  Mancinns 
lind  den  Senat  um  Schonung  zu  bitten ;  er  eroberte  und  plünderte 
ilire  Stadt ,  und  Hess  die  Angesehensten  enthaupten  und  die 
Uebrigen  verkaufen.  Der  Senat  verfügte  die  Freilassung  der 
Letzteren,  aber  keine  Entschädigung  und  Strafe.  Ungehindert 
setzte  der  Prätor  seine  Erpressungen  fort,  so  weit  sein  gleich- 
gesinnter  Vorgänger  C.  Lucrefitis  ihm  eine  Nachlese  zu  halten 
erlaubte.  Die  Weigerung  der  Städte  in  Chalcidice,  römische 
Truppeu  und  Schiffe  aufzunehmen,  galt  für  Begünstigung  des 
Perseus,  und  doch  konnten  sie  sich  nicht  anders  vor  Misshandlnng 
und  Knechtschaft  bewahren,  wie  ihre  Abgeordneten  unumwunden 
in  Rom  erklärten.  Auch  jetzt  bezeugte  der  Senat  Hortensius 
seine  Missbilligung,  mit  dem  Befehle,  die  Verkauften  von  der 
Sclarerei  zu  befreien,  aber  ohne  ihn  zurückzurufen.^^) 

4.  Q.  Hortensius.  Man  hat  einen  Consul  dieses  Namens 
bei  dem  J.  108  y.  Chr.  —  646  a.  u.  mit  Sulpicins  Galba  zusammen- 
gestellt, und  ihn  (^uintus''^)  oder  Lucius  genannt.^")  lu  den 
capitolinischen  Fasten,  welche  von  ihm  schweigen,  lies't  man  nur 
die  Bemerkung:  mn  oder  m.  n.  est  in.  e.  1.  f.  e.  Scaurus.  ^') 
Onnphrius  Panvinius  ergänzt :  C.  Saufeius ,  antequam  iniret, 
damnatus  est,  in  eins  locum  factus  est  M.  Aurelius  Scaunis.  ^"^ 
Da  indess  Cuspinian  in  einer  Inschrift  ausser  Galba  und  Scaurus 
auch  einen  Hortensius  unter  den  Consuln  jenes  Jahrs  erwähnt 
fand,  und  die  Buchstaben  m.  n  durch  einen  Punkt  getrennt  sind, 
so  erklärt  Pighius:  aggressus  magistratum  non  est,  weil  er  etwa 
erkrankte  oder  starb ,  oder  wegen  gesetzwidriger  Bewerbung 
verurtheilt  wurde.  Die  Namen  der  designirten  Consnin  trug  man 
aber  nicht  in  die  Fasten  ein;  wenn  also  die  Lücke  auf  Cnspi- 
nians  Zeugniss  mit  dem  Namen  des  Hortensius  ausgefüllt  wird, 
dessen  keiner  unter  den  Allen  gedenkt,  so  ist  nicht  in.  n,  mag 
es  sich  auch  in  den  Fasten  finden,  wie  Pighius  nach  eigener 
Ansicht  versichert ,  sondern  m.  e.  mortuus  est ,  für  die  richtige 
Lesart  zu  halten. 

5.  L.   Hortensius.     Vater  des  Redners.  ' ')     Nach   seiner 


78)  Liv.  43,  4.  6.  7.  8.  79)  Pigh.  3,  129.  80)  Marlian.  Ann. 

a.  G45.  81)   Aarelius,  nicht  Aeiuilins,  wie  Eracsti  Clav.  Cic    T.  Scnur. ' 

anniiiunl.     I.  Th.  S.  27.  82)  Fasli  Rom.  a.  I.  SB)  Cic.  Vcrr.  3,  16. 


XX.    HORTENSII.  (6.)  81 

Priitui"   «im  das  J.  97  S(attLaI(er  von  Sicilien,   und  wegen  seiner 
GerecLlig-keit  und  BBlde  g'erüLmt.  **) 

6.  Sempronia.  GemaMInn  des  Vorigen.  TocLter  des  C.  Sem- 
proniiis  Tuditanus,  welclier  a.  132  Prätor  und  129  Consnl  war, 
und  dessen  Vater  mit  9  Anderen  zu  L.  Blummins  gescliickt 
%vurde,  um   Griectenland  ab  Provinz  einznricLten.  '^) 

7.  <?.  Hortensins.  ^G)  L.  F.  Sohn  von  No.  5  und  6.  »0 
Geboren  114  v,  GLr.  and  daher  acht  Jahre  früher  als  Cicero.  ^*) 

§    1. 

a.  95  trat  er,  neunzehn  Jahr  alt,  zuerst  auf  dem  Markte 
auf,  und  auch  im  Senat  in  einer  übrigens  unbekannten  Angelegen- 
heit für  die  Provinz  Africa.  ^^)  Seitdem  widmete  er  sich  stets, 
45  Jahre  hindurch  dem  Sachwalter- Geschäft,  denn  noch  a.  50, 
kurz  vor  seinem  Tode,  verlheidigte  er  Appius  Claudius.  L,  Crassns, 
der  Redner,  welcher  a.  91  starb,  hörte  ihn,  als  er  für  Nicomedes, 
König  von  Bithjnien,  sprach.  Dieser  war  durch  seinen  Bruder 
Socrates  Chrestas  verdi-ängt  und  bat  die  Römer  um  Schutz;  die 
Gesandten  M.'  Aquillins  und  Manilius  Mancinns  führten  ihn 
unter  dem  Beistande  des  .Statthalters  von  Asia  L.  Cassius  in  sein 
Reich  zurück.^")  Bei  solchen  Bestrebungen  war  Hortensius  dem 
Kriege  abgeneigt;  er  focht  im  marsischen  im  J.  91  als  Legionär 
und  im  folgenden  alsRriegsfribun;  später  sah  man  ihn  nie  wieder 
unter  den  Waffen.  8')  a.  86  verlheidigte  er  mit  L.  Marcius 
Fhilippus,  dem  Consular,  Cn.  Pomp  ejus  (Magnus),  welcher  an- 
geklagt wurde,  weil  er  in  jenem  Kriege  bei  der  Eroberung  von 


84)   Cic  Verr.  3,  16.  85)   ad  Atl.  13,  6.  30.  32.  86)    In  der 

Schrift  von  Liizac:  De  Q.  Hortensie  oratore,  Ciceronis  aemnlo,  -nird  Hor- 
tensins dem  Titel  gemäss  als  Redner  nnd  Nebenbuhler  Ciceros  geschildert; 
ohnerachtet  ilires  anerkannten  >Verthes  konnte  ich  doch  nnr  in  diesen 
Beziehnngen  auf  sie  verweisen,  da  meine  Aufgabe  erfordert,  den  berühmten 
Römer  auch  als  Menschen ,  Bürger  nnd  Staatsmann  darzustellen ,  nnd  zu 
nntersnchen,  ob  er  den  Namen  eines  Weisen  nnd  Vaterlandsfrenndes  ver- 
dient. (Lnz.  27.  41.  79.)  87)  Cic.  Verr.  3,  16.  ad  Att.  13,  6. 
88)  Ders.  Brut.  64  u.  94.  89)  Das.  64.  de  or.  3,  61.  Er  wurde 
ohne  Zweifel  mit  ihrer  Oesandtschaft  eingeführt,  um  als  Zeuge  vctnonimen 
zu  werden,  denn  er  war  noch  nicht  Senator.  90)  Cic.  de  or.  1.  c. 
App.  Mithr.  176.   177.    Justin.  38,  3.    Cassii  No.  22.  91)  Cic.  Brut.  89. 

Urum.iiin.    (i.'Sfliirhli?  Xloms  IM.  (] 


82  XX.    IIORTENSn.  (7.) 

Asculum  Beute  iinterscLIag'en  Labe,  und  nicLt  der  Kunst  der 
Patrone,  sondern  seiner  Verlobung-  mit  der  Tochter  des  iudex 
quaestionis  P.  Antistius  seine  FreisprecLung  verdankte.  GleicL- 
•wolil  bemerkt  Cicero,  dass  Hortensius  auch  bei  dieser  Gelegenheit 
am  meisten  leistete;  er  Terdunkelte  Alle,  und  Cicero  ihn;  so 
rühmt  der  Feldherr  den  besiegten  Feind.  ^^)  Er  hatte  sich  aber 
doch  einen  Optlmaten  verpflichtet,  welcher  bald  als  Sullaner 
grossen  Einfluss  erhielt,  und  ihn  während  der  Proscriptionen  be- 
schützen und  der  Nothwendigkeit  überheben  konnte,  Partei  zu 
ero-reifen ;  oft  belobte  er  sich,  dass  er  nie  an  einem  Bürgerkriege 
Theil  genommen  habe,  nach  Cicero  ein  Beweis  von  Schlaffheit, 
deren  man  ihn  nicht  beschuldigen  könne,  wenn  er  nun  auch 
(a.  49)  die  Ruhe  vorziehe,  s') 

Hortensius  schwankte  nicht  zwischen  den  Parteien ,  wie 
Cicero  vor  seinem  Consulat;  er  schloss  sicli  von  Anfang  an  die 
Nobilität  an,  obgleich  er  nicht  für  sie  kämpfte.  Es  zeigte  sich 
schon  a.  81  ^*)  im  Processe  des  P.  Quintius,  dessen  Ankläger 
Sex.  Nävins,  sein  Client,  von  P.  Burrienus,  ^  *)  Cn.  Dolabella,  ä^) 
L.  Philippus^')  und  anderen  angesehenen  Sullanern  begünstigt 
■wurde.  ^ ')  Dieser  Latte  mit  Cajus  Quintius  in  Gallien  gemein- 
schaftlich Handel  getrieben  und  Güter  angekauft.  Nach  dem 
Tode  des  Cajus  stand  er  mit  dessen  Bruder  und  Erben  Publius, 
seinem  nahen  Verwandten,  ^9)  etwa  ein  Jahr  im  besten  Ver- 
nehmen, ohne  auf  den  Grund  der  Handelsverbindung  oder  sonst 
eine  Forderung  zu  machen;  er  hielt  ihn  sogar  durch  das  Ver- 
sprechen ,  ihm  Geld  zu  leihen ,  von  der  Versteigerung  seiner 
Privatbesitzungen  ab,  wodurch  Publius  sich  die  Mittel  zur  Be- 
friedigung seiner  Gläubiger  verschaffen  wollte.  ^°°)  Dann  reis'ten 
sie  nacli  Rom.  Hier  nahm  Nävius  sein  Wort  unter  dem  Vor- 
geben zurück,  dass  man  sich  erst  über  die  gemeinschaftlichen 
Geschäfte  berechnen  müsse.  Man  einigte  sich  nicht,  und  das 
Gericht  sollte  entscUeideu.  Der  Termin  wurde  mehrmals  weiter 
liinaus"esetzt.  Ouiulius  begab  sich  im  Januar  83  nach  Gallien, 
und  nun  stellte  sich  Nävius;  er  rief  Zeugen  auf,  dass  sein  Gegner 


92)    Brut.  64.    riul.  roinpoj.  4.    1.  Tli.  S.  55.  A.  10  u.  12.  Porapej.  IIIv. 
a.  86,  93)    a<l  Fnm.   2,   IG.  94)    CeU.    15,  28.  95)    p.  (J.iii.l. 

6.  8.  21.  90)    Das.  8.  97)  22.  24.  26.  98)  21.  22.  99)  4. 

28.  31.  100)    4.  11. 


XX.    HORTENSn.  (7.)  83 

sich  nicLt  g-estellf  habe,  aud  der  Prätor  P.  Biirrienus  g-estatfete 
ihm  seinem  Edicte  g-emiiss  dessen  Güter  in  Besitz  zu  nehmen. 
Er  bot  sie  feil,  obg-leich  der  Geschäftsträger  des  Abwesenden 
Sex.  Alpheniis,  ein  Marianer  und  Freund  des  M.  Brulas,  und 
später  von  Sulla  geächtet,  ')  darauf  drang,  dass  man  seine  Rück- 
kehr erwarte.  Am  13.  September  sollte  Quintius  erscheinen;  er 
kam ,  und  ein  Jahr  sechs  Monate  yergiengen ,  ehe  Nävius  sich 
regte.  -)  a.  81  trug  er  dann  aber  bei  dem  Prätor  Cn.  Dola- 
beUa  darauf  an,^)  dass  der  Beklagte  ihm  Sicherheit  leiste  nach 
der  Formel,  er  mache  an  den  eine  Forderung,  dessen  Güter  er 
nach  dem  Edict  des  Prätor  dreissig  Tage  besessen  habe.  Dola- 
bella  bestimmte,  Quintius  solle  eine  Summe  niederlegen  und  zu 
zahlen  geloben,  wenn  er  nicht  beweisen  könne,  dass  Nävius 
nicht  nach  dem  Edict  des  Burrienus  dreissig  Tage  im  Besitze 
seiner  Güter  gewesen  sei.  Dadurch  gerieth  er  in  JVachtheil ;  die 
Beweisführung  wurde  ihm  zugeschoben ,  und  der  Kläger  erhielt 
das  letzte  Wort.  *) 

M.  Junius  hatte  die  Vertheidigung  des  Quintius  vor  dem 
Richter  C.  AquiUius  Gallus,  welcher  nebst  Beisitzern  von  Dola- 
bella  mit  der  Untersuchung  beauftragt  war,  bereits  eingeleitet;  ') 
er  befand  sich  jetzt  nicht  in  Rom ,  und  Cicero  ersetzte  ihn  vor 
denselben  Richtern  auf  Ersuchen  des  Schauspielers  Q.  Roscius, 
mit  dessen  Schwester  der  Beklagte  sich  verheirathet  hatte,  ^)  mehr 
aber  noch  ans  eigenem  Antriebe,  da  er  im  Gefühle  seiner  Kraft 
einen  Wettstreit  mit  Hortensius  nur  wünschen  konnte.  Seine 
Rede  für  Quintius  ist  unter  denen,  welche  wir  besitzen,  die  erste. 
Wiederholt  huldigte  er  darin  der  Ueberlegenheit  seines  Gegners; 
er  erkannte  seine  vorzüglichen  Rednergaben  an,  seine  Uebung 
und  seinen  Ruf,')  selbst  seine  Nobililät ,  nachdem  er  die  Be- 
harrlichkeit im  Guten  und  im  Schlechten  als  deren  Eigenthüm- 
liches  bezeichnet  hatte.  *)  Hortensius  pflegte  streng  einzutheilen ; 
Idiess,  sagte  er,  wolle  er  nachahmen.  Demnach  behauptete  er, 
[dass  Nävius  keine  Veranlassung  gehabt  habe,  sich  der  Güter  des 
Quintius  zu  bemächtigen,  weil  dieser  nicht  bei  ihm  im  Rück- 
stande  war,    und   mit    Unrecht    beschuldigt    wurde,    am    Termin 


1)    p.    Qniut.   20.   21.   24.  2)    7.   8.    12.  3)     Cornel.  Dolab. 

|Vo.  8.     CeU.   1.    c.  4)    2.   8.    10.   13.    22.    31.  5)    1.   2.  10.  17. 

3)  .24.  25.  7)    1.  2.  22.  24.  26.  8)   22.  8. 

6* 


84  XX.    HORTENSn.  (7.) 

nicLt  'ersctienen  zu  ßein ;  *)  dass  nach  dem  prälorisclien  Edict  die 
Besitznalime  nicht  Sfaft  finden  konnte,  weU  Quintiiis  sich  Dicht 
in  böser  Absicht  verbarg,  sondern  während  seiner  Keise  nach 
Gallien  sich  durch  einen  Geschäftsträger  Terfreten  Hess,  weil  er 
Erben  hat  und  nicht  als  Verbannter  sich  entfernte;  '°)  dass  end- 
lich JXäTius  die  Güter  nicht  dem  Edict  gemäss  in  Besitz  ge- 
nommen, dass  er  sie  durch  seine  Leute  in  Gallien  dem  Eigen- 
ihiimer  entrissen  habe,  ehe  er  noch  vom  Prätor  dazu  ermächtigt 
war,  und  seine  Handlung  folglich  als  Raub  betrachtet  werden 
müsse.")  Cicero  sprach  mit  grosser  Zuversicht;  selbst  ein 
Crassus  und  Antonius,  versicherte  er,  könnten  ihm  bei  der  ent- 
schiedenen Gerechtigkeit  der  Sache  den  Sieg  nicht  streitig  machen, 
wenn  sie  ins  Leben  zurückkehrten;  ")  er  gründete  seine  Ver- 
theidigung  auf  Thatsachen,  welche  einen  erwünschten  Ausgang 
des  Processes  verbürgten.  Am  Schhisse  wandle  er  sich  an  das 
Gefühl  der  Richter,  wodurch  er  Gelegenheit  eihielt,  sich  einen 
höhern  Schwung  zu  geben,  und  durch  eine  ihm  fremde,  aber  mit 
der  Farbe  der  Natur  und  Wahrheit  meisterhaft  zur  Schau  ge- 
tragene Begeisterang  die  Gemüther  mit  sich  forlzureissen.  So 
erforderte  es  hier  besonders  die  Rücksicht  auf  Hortensins,  dessen 
Gegemede  wir  nicht  kennen. 


Die  Zeit,  in  welcher  dieser  die  Quä"stnr  verwaltete,  ist  nicht 
genau  zu  ermitteln;  für  das  Jahr  80  giebt  es  keinen  Beweis.  '  ^) 
Seine  Gewissenhaftigkeit  bei  der  Ablegung  der  Rechnungen  v»iid 
Ton  Cicero  gerühmt.  ' ')  Er  vertheidigte  auch  ferner  Blänner 
seines  Standes  oder  seiner  Partei,  und  vertrat  also  grosse  Auf- 
sehen erregende  Verbrechen  gegen  das  Gesetz,  statt  als  Ankläger 
dem  Sitlenverdcrbniss  unter  den  Optimaten  zu  steuern ;  diess 
brachte  Feindschaft  und  der  Redner  suchte  Einlluss  und  Gunst. 
Sein  Ruf  war    schon    gegründet,   als   er    in    einem    übrigens    un- 


9)    16.  18.  10)   19.  11)  25.  26.  12)   26.  13)   Cicero 

sagt  .1.  70  nnrt  Niiper  qnaestor  fnisti;  Verr.  3,  78,  welclics  sich  freilich 
auf  jenes  J.nhr  80  nhor  auch  auf  ein  anderes  beziehen  kann.  Die  Miinie 
bei  Goltz  Fast.  a.  684.  Vaill.  Uorlens.  No.  2  dentel  man  ,  wenn  sie  Seht 
ist,  ohne  Gmnil  auf  ilio  Quiislar  dieses  Ilorteusius.  14)  Verr.  I,  14.  39. 


XX.    HORTENSII.  (7.)  85 

bekannten  RecLtsLandel  für  BL  Cannlejus  sprach.  '  °)  Dann 
wurde  er  a.  78  der  Anwalt  des  Cn.  Dolabelia,  welcLen  nacL 
der  Rückkehr  aus  Cilicien  M.  .Scaurns  wegen  Erpressungen  an- 
klagte;  es  gelang  ihm  nicht,  die  Strafe  abzuwenden.  '  ^)  Mit 
besserem  Erfolge  trat  er  nebst  C.  C'otta  (Cos.  75),  welcher  ihm 
die  erste  Rolle  iiberliess,  * ')  a.  77  für  einen  andern  Cn.  Dola- 
belia auf,  (Cos.  81)  als  Cäsar  ihn  nach  der  Verwaltung  Mace- 
doniens  wegen  desselben  Verbrechens  belangte.  ' ')  Im  J.  76 
bewarb  er  sich  um  die  Aedilität,  wie  Cotta  um  das  Consiilat. 
Er  wollte  sie  nicht  übergehen,  da  er  die  Mittel  besass,  die  ihm 
verächtliche  Menge,  welche  nach  einer  solchen  Ablehnung  leicht 
die  höheren  Ehren  versagte,'^)  mit  Spielen  zu  vergnügen,  und 
Beine  vornehmen  Freunde  mit  ihren  geraubten  oder  erkauften 
Kunstschätzen  ihn  gern  imterstülzten.  In  ihren  Kreisen  mochte 
es  auch  wohl  von  ihm  mit  stolzem  Lächeln  besprochen  werden, 
dass  Cicero,  ein  Jlensch  von  niedriger  Herkunft  und  ohne  Gliicks- 
giiter'")  das  Kleeblatt  der  Redner  unter  den  Beamten  des  nächsten 
Jahrs  als  Ouästor  vollständig  zu  machen  hoffte,  "  ')  Seine  ädi- 
licischen  Spiele  a.  75  gehörten  zn  den  glänzendsten,  und  wurden 
bis  zum  J.  63,  in  welchem  P.  Leutulus  .Spinther  alle  seine  Vor- 
gänger verdunkelte,  nicht  iibertroffeu.  ^')  Die  Znrüstungen  er- 
regten vorzüglich  Ciceros  Aufmerksamkeit,  welcher  jetzt  schon 
für  seinen  Kednerschalz  sammelte ,  um  gelegentlich  davon  Ge- 
brauch zn  machen.  Am  wenigsten  entgieng-  ihm  irgend  eine 
Handlung  des  Hortensius;  er  wusste  noch  fünf  Jalir  später  die 
Kunstwerke  zu  nennen,  deren  Verres  als  Legat  des  Cn.  Dola- 
belia in  Griechenland ,  Asia  und  Cilicien  sich  bemächtigt  hatte, 
und  „der  Herr  der  Gerichte"  ^^)  sich  zur  Verherrlichung  seiner 
Spiele  bediente;  er  wnsste  sogar,  dass  mehrere  in  dessen  Hanse 
und  Villen  zu  finden  waren;  -*)  in  Sicilien  für  seineu  Freund 
zu  sammeln  hatte  Verres  noch  nicht  Gelegenheit  gehabt.  Hor- 
tensius   sorgte   nun    aber   auch   für   Brodt;    der  Einzelne   erhielt 


15)   Cic.  Bmt.  92.  16)    Coriiel.  Dolab.  No.  8.     Oben  §.  1.  A.  3. 

17)   Bmt,  1.  c.     Unten  A.  27.  18)  Cornel,  Dolab.  iVo.  5.  19)  Cic. 

de  off.   2,    17.  20)    p.    <Jnint.   8   fin.    p.   Scaiu-,    ed.   Peyr.  et  Beier 

p.  135 :    Sine  praesidio  fortnnae.  21)    Brut,  92.  22)    de  off.  2,  16. 

Cornel.  Leiiinl.  Ko.  21.  {.  1.  23)   Verr.  I,  22.  2<)   Das.  1,  19.  22 

u.  das.  Ascon.  4,  3.     Uuleu  {.  3.  A.  56. 


86  XX.    HORTENSn.  (7.) 

zwar  nur  andertLalb  ScLeffel ,  da  aber  gerade  eine  TLenrnng 
herrscLte ,  so  war  die  Gabe  willkommen  und  der  Aufwand 
gross.  ^ ')  Um  seine  Sfandesgenossen  erwarb  er  sicL  wahrend 
seiner  Aedilität  das  Vei-dienst,  dass  er  Terentius  Varro,  welcLer 
CescLwisterkind  mit  ilim  war,  und  als  Proprätor  in  Asia  erpresst 
halte,  gegen  den  Kläger  Appius  Claudius  vor  dem  Prätor  P.  Len- 
tulus  Sura  vertheidigte.  Es  galt,  den  Verwandten  zu  retten, 
Ton  Processen  der  Art  abzuschrecken,  da  die  Nobililät  auf  die 
Provinzen  angewiesen  war,  und  als  Sachwalter  Ehre  einzulegen. 
Zur  Freude  seines  geheimen  Beobachters  gab  er  sich  eine  Blosse, 
an  welche  jener  fleissig  erinnerte ,  weil  er  dadurch  lächerlich 
wurde,  und  seine  bisherige  Herrschaft  in  den  Gerichten  nun 
wenigstens  nicht  mehr  als  die  Wirkung  seiner  Beredtsamkeit 
allein  erschien.  Er  gewann  durch  einen  bestochenen  Richter 
Turins  auch  Andere,  und  um  gewiss  zu  sein,  dass  sie  nicht  täusch- 
ten, liess  er,  doch  wohl  im  Einverständnisse  mit  dem  Prätor, 
Tersohiedenfarbige  Täfelchen  verlheilen ,  so  dass  man  sehen 
kannte,  wie  jeder  stimmte.  Das  gefärbte  Wachs  verschaffte  ihm 
den  Sieg.  •  ^) 

Doch  blieb  für  die  Optimalen  die  Erhaltung  der  snUanischen 
Verfassung  das  Wichtigste,  und  in  ihrer  Mitte  selbst  fand  sich 
ein  Abtrünniger,  welcher  sie  erschütterte.  Der  Consul  dieses 
Jahrs  C.  Aurelius  Colta,  bisher  mit  seiner  Beredtsamkeit  eine 
Ilauptstülze  der  Gutgesinnten,^')  erhob  sich  gegen  Sullas  Gesetz 
über  die  V.  Tribüne,  so  fern  es  diese  von  den  höheren  Ehren- 
stellen ansschloss.  ^  *)  Seine  Rogation  wurde  von  dem  Tribun 
Q.  Opimius  dem  Volke  empfohlen,  und  nicht  wie  mehrere  andere 
Anträge  vom  Consul  selbst  zurückgenommen,  sondern  bestätigt.  ^') 
Obgleich  die  Tribüne  erst  a.  70  durch  Pompejus  alle  ihre  Rechte 


25)  Verr.  3,  92.  Mannt,  bezieht  diese  Stelle  1.  p.  225  anf  die 
Qa.^stor  des  Horteosius;  Cicero  spricht  aber  nicht  von  einer  amtlichea 
Vertheilnng,  sondern  von  piner  Spende  auf  Kosten  des  Magistrats,  nnd  es 
ivar  gewühnlich ,  dass  Aedile  die  Menge  beschenkten  und  bevrirtheten. 
riut.  Cnes.  S.    Cato  ra.   46.  26)    Cic.  dir.  in  Caecil.  7    u.    Ascon.  das. 

Vorr.  A.  1,  6    13.    A.  2.  1.  5,68.    Acron  in  llorat.  Serm.  2,1.49.    Clandii 
No.  41.  f.   I.    Corncl.  Lentul.  No.  18.  27)    Oben  A.   17.  28)   Cor- 

nelii   Snll.    Ao.    8.    J..    12.    A.    92.  29)    Cic.  Cornel,  p.  66.  78.     Verr. 

1.  60  u    daä.   Asron.   Sallnst.  Ilisi.  3    p.  069.   Corl. 


XX.    HORTENSII.  (7.)  87 

wieder  erlilelten,  so  konnte  man  doch  leicht  erachten,  dass  das 
aiirclische  Gesetz  dahin  führen  werde,  zumal  da  schon  ähnliche 
Versuche  vorausgegangen  waren.  ■* ")  Vergebens  widerstrebten 
die  Angesehensten,  Q.  Catulus,  C.  Carlo  und  mit  ihnen  Horten- 
sius,  aumassende  Älenschen,  wie  Cicero  sie  nennt,  weil  er  sich 
noch  nicht  in  ihren  Reihen  erblickte.  ^ ')  Der  Schwächere 
wenigstens  sollte  biissen.  Opimius  wurde  a.  74  vor  dem  Prätor 
C.  Verres  angeklagt  und  zu  einer  grossen  Geldstrafe  verurlheilt, 
in  der  That  nicht  wegen  Intercession ,  welche  von  Sulla  be- 
schränkt nicht  untersagt  war,  sondern  weil  er  bei  der  Unter- 
Stützung  Cottas  gegen  die  Gesetze  des  Dictator,  namentlich  iu 
Beziehung  auf  die  Tribüne,  sich  auflehnte.  ^^) 

Als  Prätor  hatte  Horteusius  a.  72  den  Vorsitz  in  den  Ge- 
richten über  Erpressungen,  ^*)  als  sollte  er  die  Rollen  wechseln, 
und  eine  Art  von  Verbrechern  bestrafen,  welche  bisher  vorzugs- 
weise von  ihm  in  .Schutz  genommen  war.  Seit  Sulla  richtete 
ausschliesslich  der  Senat  und  mit  grosser  Willkühr;  ■* '')  doch 
wurde  ein  Senator  Q.  Septimius  Scävola  verurlheilt ;  man  gab 
aber  den  Grund  dafiir  an,  er  sei  als  Richter  bestochen.  ^')  Hor- 
(ensius  befolgte  die  Regel,  von  welcher  auch  Cicero  so  wenig 
als  möglich  abzuweichen  sich  empfahl,  Rom  als  den  Schauplatz 
seiner  Thaten  zu  betrachten,  und  das  Volk,  dessen  Gedächtniss 
einer  solchen  Nachhülfe  sehr  bedurfte,  täglich  von  neuem  an  sich 
«u  erinnern;  *^)  er  übernahm  a.  71  keine  Provinz,  zumal  da  er 
jetzt  seine  Bewerbung  um  das  höchste  Ehrenamt  vorbereitete. 


30)  Pompej.  IIIt.  a.  70.  31)  Verr.  1.  c.  u.  das.  Ascon.  32)  Uel)«r 

den  Sinn  der  'VVorle:  Intercessil  contra  legem  Corneliam,  Verr.  1.  c, 
G.    Cornel.    SuU.    1.    c.  33)     Verr.   A.    1 ,    13.     Ascon.  in  Verr.  A.   2. 

1.  1.  22.  34)    Cornel.  SiiU.  No.  8.  §.  13  n.  15.  35)  A^on  Clnentiiis 

im  Processe  seines  Stiefvaters  Oppi.inicns,  welclier  ihn  hatte  -vergiften 
wollen.  Verr.  A.  I,  13  n.  das,  Zumpt.  Später  behauptete  Cicero,  Oppia- 
nicus  selbst  habe  ihn  bestochen,  aus  Furcht,  verortbeilt  zu  -werden;  des- 
halb beschuldigte  ihn  Atlius,  der  Ankläger  des  Clnontius ,  dass  er  sich 
■»riderspreche.     p.  Cluent.  23  f.     41  fin.     50.  51.  36)     Urbein ,    iirbeni, 

mi  Rufe,  cole,  et  in  ista  luce  vive.  Omnis  peregi-inalio,  quod  ego  ab  ado- 
lescentia  indicavi,  obscora  est  et  sordida  iis,  quoruin  induslria  Rouiae  polest 
illnstris  esse,  ad  Fam.  2,  12.  Kibil  eiiim  est  tarn  niolle,  tani  teneriim, 
tarn  aut  fragile  aut  flexibile,  q»iam  voluntas  erga  nos  sensnsqnc  riviiiui. 
p.  Aliluii,   IG.     Nam  posteaqiiam  sonsi,  populuiu  11.  aures  bubeliorcs,  ociilu.> 


88  XX.    IIORTEMSII.  (7.) 

§  3. 

a.  70  wurde  er  zum  Consul  gewählt,  und  seine  Verwandte 
und  Freunde  begleiteten  iLn  mit  einer  grossen  Volksmenge  vom 
Marsfelde  nach  seiner  Wohnung.  ")  Cicero,  welcher  als  Quästor 
in  Sicilien  gestanden  hatte,  war  für  das  nächste  Jahr  die  Aedilif ät . 
bestimmt,  obgleich  Hortensius  es  zu  Terhindern  suchte.'")  In 
seiner  äussern  Stellung  untergeordnet,  fühlte  sich  Cicero  bereits 
in  anderer  Beziehung  mit  jenem  auf  gleicher  Höhe;  seine  Kraft 
war  erstarkt,'^)  es  galt,  Rom  davon  zn  überzeugen,  die  Allein- 
herrschaft auf  der  Rednerbiihne  zu  zerstören,  und  sich  von  dieser 
auf  den  curiilischen  Sessel  zu  schwingen.  Keine  Ahnen,  kein 
Reichfhum  unterstützten  ihn,  und  er  durfte  ohnehin  nicht  durch 
Erkaufung  der  Stimmen  die  Nobilität  gegen  sich  bewaffnen.  Die 
Hindernisse,  zum  Consulat  zn  gelangen,  waren  gross,  die  Mittel 
mussten  ihnen  entsprechen.  Schon  längst  verabscheute  das  Volk 
die  senatorischen  Gerichte,  und  Cicero  wurde  zum  ersten  Male 
Ankläger,  '")  um  ihre  Schande  aufzudecken,  und  sie  zur  Ge- 
rechtigkeit zu  zwingen;*')  wenn  er  sich  aber  dahin  vermass, 
mit  dem  Gewichte  seiner  Rede  die  volle  Gunst  der  Menge  in 
die  Wagschaale  legen  woUte,  so  war  jedes  Halbhandeln  aus- 
geschlossen ;  und  übrigens  stand  zn  seinem  Schutze  der  Consul 
Pompejns  im  Hintergrunde ,  *  °)  unter  dessen  Blifwirkang  das 
aurelische  Gesetz  noch  in  diesem  Jahre  Riltern  und  Volk  Antheil 
an  den  Gerichten  verschaffte,  in  der  That  freilich  auf  Cäsars 
Betrieb ;  sich  uubewusst  half  Cicero  das  Kö'nigthum  gründen.' 

Seine  Kriegserklärung  erfolgte  schon  vor  seiner  Wahl  zum 
Aedjl;  er  meldete  sich  als  Ankläger  des  C.  Verres.  Diese 
Unternehmung  war  der  eine,  die  Verurtheilung  Catilinas  der 
andre  Pol  seines  staatsbürgerlichen  Lebens;  durch  jene  untergrub, 
durch  diese  schirmte  er  die  Aristokratie;  mit  dem  Angriff'  auf 
ihr  wichtigstes  Vorrecht  nahm  er  den  Anlauf  zum  Consulat,  und 
mit  ihrer  Rettung,  mochte  sie  auch  bald  nur  als  ein  Traum  erscheinen, 


acies  ntqno  acutes  habere ,  ilestiti ,  qiiiil  de  me  nuditiiri  esscnt  homines, 
cogilare:  feci,  ut  postea  qnotidie  nie  praesentem  viderenl :  Iiabilnvi  in  ocnlis: 
pressi   forma,     p.  l'lanc.  27.  37)   Verr.  A.  1,  7.  13.    A.  2.   1.  3,  95. 

Brut.  92.     QnintU.  6,  S.  §.  i,  Spald.  38)    Divin.  in  Caocil.  22.    Vcrr. 

A.  1 ,    9.  12.  13.  39)    Brut,  I.  c.  40)    Diriii.  in  Caecii.  1.  2.  21. 

41)   OiTin.  21.  A.  1,  12.  13.  ii)   A.  I,  15  Tm. 


XX.    HORTE  NSII.  (7.)  89 

besiegel(e  er  Jen  mit  ilir  errichteten  Bund.  Verres  hatte  nach 
seiner  Prätnr  als  Nachfolger  des  Proprätor  C.  Sacerdos  *  ^)  drei 
Jahr  hindurch*'')  von  73  —  71  Sicilien  rerwaltet  und  gemiss- 
handelt.  a.  70  wurde  er  durch  L.  Metellus  ersetzt,*')  and 
nach  dem  ^^  iinsche  der  Insel  *  ^)  sollte  Cicero,  nicht  sein  Neben- 
buhler Q.  Cäcilius  Niger,  ein  Siculer,  *')  ihn  wegen  Erpressungen 
anklagen.*^)  Bei  der  Stimmung  gegen  die  senatorischen  Ge- 
richte schien  es  bedenklich,  so  offenkundigen  Frevel  nicht  zu 
ahnden,*^)  und  doch  erforderte  es  das  eigene  Interesse  der 
Oi)timaten,  dass  die  Plünderung  der  Provinzen  unbestraft  blieb; 
Viele  unter  ihnen  waren  iiberdiess  persönliche  Freunde  des 
Verres,  besonders  Hortensius,  C.  Curio,  die  Metellus  und  die 
Scipionen,  *")  „leere  Namen  der  Nobilität,  d.  h.  anmassender 
]Männer,  welche  Cicero  nicht  so  sehr  hinderten,  weil  sie  von 
hoher  Geburt  waren ,  als  sie  ihn  förderten ,  weil  man  sie 
kannte".  ")  Blan  suchte  daher  bei  einer  schlechten  Sache  einen 
guten  Schein  zu  gewinnen.  Cäcilius,  der  Ouästor  des  Verres 
in  Sicilien,'-)  soUte  einen  unschädlichen  Angriff  auf  ihn 
machen,  '^)  und  Hortensius,  der  Redner,  der  Consul  des  künf- 
tigen Jahrs  ihn  verlheidigen.  '  *)  Die  Kichter  entschieden  nun 
zwar  vor  den  A\'ahlcomitien  ' ')  fü'r  Cicero,  aber  dem  Beklagten 
bUeb  doch  Hortensius,  mit  welchem  er  längst  enge  verbunden 
war, '^)  weshalb  man  ihm  nach  dessen  Wahl  Glück  wünschte. ' ") 
Knn  forderte  Cicero  zu  einer  Reise  nach  Sicilien  110  Tage,  um 
sich  urkundliche  Beweise  und  Zeugen  zu  verschaffen;  er  been- 
digte sie  jedoch  in  50,  '^)  und  war  «m  so  mehr  darüber  erfreut, 
da  seine  Gegner  einen  Achaja  betreffenden  Process  einzuschieben 
suchten,    in   welchem  der  Kläger  nur  eine  Frist  von  lOS  Taaeu 


43)   Ascon.   arg.   diviii.    Verr.  2,  8.  34.  44)    Ascon.  1.   c.     Dir.  4. 

A.  1,  S.  14.   A.2.  1. 1,  23.  2,57.  3,41.  Lactant.  2,  4.  §.  34.  45)  2.  Th. 

S.  56    Ko.  32.  46)    DJT.  1.  4.  5.  7.  20.  47)   Ascon.  1.  c.   Div.  16. 

48)   Dir.  3.  5.  20.   A.  1,  14.  17.  18  ün.   A.  2.  1.  3,  95.  49)  A.  1,  1. 

Addnxi  enim  hoininem ,  etc.    15  in.   16.  50)    Ascon.    arg.   A.  1.    Verr. 

A.  1,  6.  7.  9.  12.     Unten  A.  61.  51)    A.  1,  6.  52)    Div.  10,  17. 

18.   19.  20.  53)    Div.  6.  7.   10.   14.  17.  18:    Utrum  te  perfidiosiun,  an 

praeTaricatorem  enstimari  mavis?  54)    Ascon.  1.  c.    A.  2.  I.  1 ,  9.  28 

o.  s.  Brot.  92.   Oral.  37  n.  lüer  die  ff.  A.  S.'i)    Div.  21.  22.   A.  I,  12. 

56)  Div.    7.    A,    1 ,    14.     Grat.    1.    c.     Familiaris  rens.     Obea  §.  2.  A.  24. 

57)  A,  I.  7.  58)    Ascon.  1.  c    A.  1,  2.  A.  2.  1.  I,  11. 


90  XX.    HORTENSn.  (7.) 

verlang'te  und  desLaib  vorgleng';  »»j  Jann  kamen  Spiele  Linz«,  *°) 
lind  man  durfte  Loffen,  dass  die  Untersnclinng  g^eg-en  Verres  sich 
bis  zum  nächsten  Jahre  verzog ,  in  welchem  Hortensius  und 
Q.  Metellus  als  Consnln,  und  der  Bruder  des  Letzten  M.  Metellus 
als  Prätor  ihm  noch  nützlicher  werden  konnten.  ^')  Durch  seine 
eilige  Rückkehr  brachte  Cicero  sie  aus  der  Fassung';  auch  be- 
wirkte er  die  Verwerfung:  der  bestochenen  Richter,  damit  „keia 
Zeichen,  keine  Farbe,  kein  Flecken  auf  die  Abstimmung  Einfluss 
hatte".  «^)  Er  hielt  am  5.  August  (Sextil)  ^^)  vor  dem  Prätor 
M.  Acilius  Glabrio  ^*)  die  erste  unter  den  verrinischen  Reden, 
und  entschleierte  darin  die  Umtriebe  der  andern  Partei  und  die 
Schwäche,  welche  sie  dadurch  kund  gab,  während  er  zugleich 
zeigte ,  wie  uachtheilig  es  dem  Senat  sein  werde ,  wenn  die 
Richter  auch  jetzt  nicht  verdammten,  wo  Jeder  verdamme,®') 
einen  Beklagten,  welcher  sich  nur  deshalb  zu  stellen  wage,  weil 
er  sie  für  Nichtswürdige  halte,  ®^)  dessen  Verfahren  nur  eine 
Zugabe  zu  einem  Uebermasse  von  Verbrechen  sei.*')  Hortensius 
hörte,  er  stehe  jetzt  nicht  unreifen  jungen  Männern  gegenüber;  **) 
der  Kläger  fürchte  seine  Einiheilungen  an  den  Fingern ,  seiuen 
Wortschwall  und  sein  lebhaftes  Mienen  -  und  Geberdeuspiel 
nicht;  '"')  er  wisse,  wie  er  seinen  Einfluss  auf  die  Gerichte  er- 
worben und  ausgeübt  habe,  und  trete  jetzt  eben  auf,  um  bekannt 
zu  machen ,  was  er  wisse ,  die  Wahrheit  seiner  Aussagen  durch 
Thatsachen  zu  erhärten,  die  Schuldigen  zu  brandmarken  und  den 
Unfug  zu  endigen, '°)  damit  die  Provinzen  nicht  zur  Schande 
des  Senats  die  Aufhebung  solcher  Gerichte  verlangen,  weil  die 
Statthalter  dann  doch  nur  für  sich,  nicht  anch  für  Sachwalter 
und  Beistände,  für  Prätor  und  Richter  erpressen  würden;'') 
denn  oft  habe  Verres  in  Sicilien  geäussert:  er  plündre  die  Pro- 
vinz  im  Vertrauen    auf  den   Schutz    eines   angesehenen  Slaunes, 


59)    Ascon.  I.  c.    A.  1 ,  2.  3.    A.  2.  1.   1,  11.    Pia«.  Cic.  7.    Qiüntil. 
6,  5.  §.  4.  60)   A.  2,  1.  1,  11.    Vgl.  A.  1,   18.  61)    Ascon.  arg. 

A     1   11.   A.    1,    8.    9.    10.    11.     Caecil.   No.    29  n.  34.  62)    A.  1 ,  6. 

12  fin.   14.  63)     A.   1,  10.  64)     A.   1 ,  2.  3.  17.    A.  2.  1.   1,  II. 

Vgl.  <;>uiuiU.  1.  c.  II.  10,  1.  §.  23.  65)  A.  I,  3.  5  iiii.  15.  16.  66)  A.  I, 

3.   6.   14.  67)    Das.    1.  4.  68)    Appins.     Diviu.  7  Tm.     Oben   §.  2. 

A.  26.  69)    Viy.  14.   Oben  §.  I.  A.  9.    Val.  M.  8,  10.  70)   A.  1, 

12.    13.   16    17.  71)    A.   1,  14,   §.  2. 


XX.    IIORTENSII.  (7.)  91 

lind  werde  selir  frolj  sein ,  wenn  der  Ertrag  Eines  Jahres  ihm 
■verbleibe;  im  zweilen  sammle  er  für  seine  Vertheidiger,  und  im 
dritten,  dem  frucLtbarsten  und  ergiebigsten,  für  die  llicLter.  '-) 
Um  die  VerLandlungen  abzukürzen ,  wollte  Cicero  die  Zeugen 
sogleicli  Tjei  jedem  einzelnen  Rlagpunkte  nicLt  nach  der  Been- 
digung seines  ganzen  Vortrags  aufrufen;'^)  Ilortensius  unter- 
bracli  und  befragte  sie;  ")  er  mochte  sich  aber  nach  einer  solchen 
Einleitung  des  Processes  nicht  weiter  mit  ihm  befassen,  ")  und 
sein  Client  gieng  vor  der  Entscheidung  ins  Exil  und  wurde  ver- 
urlheilt.  '  ^)  Den  Betrag  seiner  Räubereien  in  Sicilien  hatte 
Cicero  zu  100,  und  dann  nach  den  Untersuchungen  auf  der  Insel 
zu  40  ÄDllionen  Sestertien  berechnet;  ")  wie  man  auch  die  un- 
sicheren Lesarten  bei  Plutarch'*)  und  Ascouius  '  ^)  verändern 
mag,  so  bezeugen  doch  Beide,  dass  die  Geldbusse,  welche  man 
\  erres  auflegte,  verhiiltuissmässig  gering  war,  ^^•odurch  der  Ver- 
dacht entstand,  Cicero  habe  von  ihm  Geld  bekommen  oder  ihn 
aus  Rücksicht  auf  Hortensius  geschont.  Wenn  man  ihn  je  der 
Bestechlichkeit  überführen  könnte,  so  musste  er  doch  jetzt  vor- 
wurfsfrei bleiben,  und  den  Vertheidiger  wollte  er  um  jedeu  Preis 
von  seiner  Höhe  herabziehn ;  überdiess  hieng  die  Bestimmung 
nicht  von  ihm,  sondern  vom  Gerichte  ab ;  die  Umstände  hinderten 
es,  A^erres  freizusprechen,  die  wohl  verdiente  Schmach  von  ihm 
abzuwenden,  welche  er  indess  mit  unzähligen  Anderen  theilen 
würde,  wenn  Cicero  ihr  Leben  beleuchtet  hätte,  nicht  aber,  die 
Strafe  zu  ermässigen. 

Jener  hatte  sich  indess  zu  einem  härtern  Kampfe  angeschickt, 
und  er  wollte  nun  wenigstens  durch  Streiche  in  die  Luft  gegen 
einen  Abwesenden,  dessen  Verurtheilung  für  ihn  nur  Mittel  ge- 
wesen war,  seine  Meislerschaft  noch  mehr  bewäliren;  deshalb 
schrieb  er  die  übrigen  Reden  gegen  Verres,  welche  wir  be- 
sitzen. ' ")      Auch    Hortensius    wird    darin    als    gegenwärtig    er- 


72)  A,  1,  14.  §.  2.  tfeber  die  Sphinx,  ■welche  11.  iron  ihm  erhalten 
hahen  soU  s.  Plin.  34.  18  (8).  9iüatii.  6,  3.  §.  98.  Pliit.  Cic.  7. 
73)   Ascon.   arg.  A.  1    n.    Cic.  A.   1 ,  18.    PInt.   1.  c.  74)   Ascod.   I.  c. 

A.  2.  1.  1,  28.  73)   Ascon.  I.e.  A.  2.1.  1,  11  B.  das.  Ascou.    Orat.  37. 

Flu«.   1.    c.  76)     Ascon.    arg,   A.    1.     Lactant.  2,  4.  77)    DiTin.  5. 

A.    1 ,  18  fin.  78)   Cic.  8.  79)   zn  A.  1,  18.  80)   Ascou.  arg. 

A.  2    1    1. 


92  XX.    HORTENSII.  (7.) 

Nvähiit.  ^ ' )  Er  niitwortete  nicht,  well  er  slcL  in  leeren  Declama* 
tionen  nicLt  gefiel  und  über  eine  durchaus  verlorne  Sache  noch 
weniger  schriftlich  als  mündlich  verhandeln  mochte ,  da  sein 
Gegner  weit  besser  schrieb.  *') 

Das  Loos  bestimmte  ihm  die  Provinz  Greta.  Er  überliess 
sie  Q.  MeteUus  (Creticus),  mit  welchem  er  a.  69  Consnl  war,  *^) 
und  blieb  im  folgenden  Jahre  in  Rom.  Dadurch  widerlegte  er, 
was  Cicero  in  dieser  Beziehung  über  ihn  geschrieben  hatte.  **) 
Als  Vertheidiger  der  Aristocratie  und  als  Metellus  Frennd^^), 
sprach  er  a.  67  im  Senat  gegen  Gabinins,  welcher  Porapejng, 
ohne  ihn  zn  nennen,  zum  Anführer  im  Kriege  mit  den  See- 
räubern vorschlug.  Er  erklärte  anch  a.  66 ,  als  Älauilius  für 
Pompejus  den  Oberbefehl  gegen  IMithridat  forderte,  jener  sei  der 
Würdigste,  wenn  man  Einem  alle  Gewalt  übertragen  müsse, 
man  müsse  aber  nicht  Einem  alle  Gewalt  überfragen ;  nach  Clceros, 
des  Democraten,  Urtheil,  ein  veralteter  Spruch,  welcher  sich  längst 
durch  die  Erfahrung  als  falsch  erwiesen  habe.  *^)  Cicero  war 
jetzt  Prätor;  zum  ersten  Male  erhob  er  seine  Stimme  auf  der 
Rednerbühne  in  einer  Staatsangelegenheit,*')  nnd  beförderte 
durch  die  Empfehlung  der  Rogation  die  Wiederlage  des  Senats. 
Bald  traf  er  mit  Hortensius  auch  wieder  in  den  Gerichten 
zusammen.  Es  beruht  aber  auf  einem  Irrthume,  wenn 
man  diesen  a.  65  P.  SuUa  als  Theilnehmer  an  der  ersten 
catilinarischen  Verschwörung  vertheidigen  lässt ;  die  Stellen, 
welche  es  beweisen  sollen ,  beziehen  sich  vielmehr  auf  das 
Jahr    62.  **)      Er    zeugte    jetzt    mit    anderen    Optimaten    gegen 


81)  A.  2.  1.  1,  9.    5,  1.  9.  18  n.  s.  82)   Cic.  Orat.  38;   Dicebal 

melius  quam  scribebat  Hortensius.  Onintil.  11,  3.  §.  8.  Derselbe  sag« 
10,  1.  §.  23  nur,  es  sei  •vriinscliensvrerth,  dass  mau  eine,  nicbt  die,  Rede 
des  H.  für  Verres  yergleichen  könne,  um  die  Sachlage  richtig  za  beur- 
theilen.  —  Verres  erreichte  ein  hohes  Alter;  seine  Liebe  zn  den  Knast- 
werken vvnrde  die  TJrsach  seines  Todes.  M.  Antonins  ächtete  ihn  a.  43 
und  liess  ihn  ermorden,  vreil  er  sich  weigerte,  itun  GelKsse  TOn  corin> 
thischem  Erze  abzntreten.  Er  starb  später  als  Cicero  und  mit  männlicher 
Fassnn».     Plin.  34,  3  (2).    Senec.  Snasor.  6.    Lactant.  2,  4.  83)  Caecilii 

No.   29.   A.  35.   30.     Hier   A.   36.  84)    Verr.  1.  2,  31.     Vgl.  3,  95. 

85)    Caccil.   I.  c.  A.  51.  86)    Ulanil.  17.   19.  22.    Flut,  roiup.  25.    Dio 

36.  7.    romppj.  UIv.   n.  67  n.  66.    Gabinii  No.  5.  §.   I.  87)    Ma»U.  1. 

88)   l>.  SuUu  4.  5.     S.  unten  A.  96  u.  Corael.  Sulla  No.  23. 


XX.    HORTENSII.  (7.)  93 

C.  Cornelius,  dessen  Trlbunat  ihren  Zorn  erregt  Latfe,  weil  er 
BlissbräiicLe  abzustellen  und  die  Grossen  zu  zügeln  sucLfe;  des- 
halb wurde  er  unter  dem  Verwände ,  dass  er  die  tribunicischen 
RecLte  verletzt  Labe,  wegen  Blajestät  angeklagt;  sein  Anwalt 
Cicero  Latte  die  GenugtLnung,  dass  die  Richter  ihn  freisprachen.^*) 
Um  diese  Zeit  trat  Horteusius  selbst  für  den  Senator  L.  Vargun- 
tejus  auf,  welcLer  wegen  gesetzviidriger  Bewerbung  um  ein  Amt 
belangt  war,  und  bald  als  Catilinas  BlitverscLworner  Cicero  in 
seiner  Wohnuiig  tö'dten  wollte.  BleLr  wird  nicht  daiüber  be- 
richtet. 9  °) 

§    4. 

Für  Cicero  näherte  sich  der  wichtige  Tag  der  Consnlar- 
Comitien.  Um  des  Erfolgs  gewiss  zu  sein,  hatte  er  bis  Jetzt  der 
Volkspartei  gehuldigt,  und  nicht  in  ihm  lag  die  Ursach,  wenn 
Ponipejus,  welchem  die  gesättigte  und  dankbare  Menge  unter 
seiner  Vermittelung  den  höchsten  Wunsch  erfüllte,  nicht  als 
Herrscher  vom  mithridatischen  Kriege  zurückkam.  Er  wurde 
a.  64  gewählt.  Hortensius  und  die  Ebenbürtigen  sahen  scheel;  *•) 
aber  er  versöhnte  sie  a.  63  als  Consul,^-)  denn  nun  war  er 
Aristocrat,  wenn  auch  spater  der  leidige  Streit  mit  Clodius  ihn 
oft  zur  Selbstverläiignnug  zwang.  Die  gefährlichsten  Feinde  der 
bestehenden  Ordnung  waren  die  Optimaten  selbst  wegen  ihrer 
Entartung ,  und  Cäsar  als  der  klügste.  Aus  einer  Ferne ,  wo 
man  iLn  kaum  erkennen ,  noch  weniger  eiTeichen  konnte ,  leitete 
oder  begünstigte  er  die  Angriffe  gegen  sie ,  und  auch  wenn  er 
besiegt  wurde,  drang  er  vor,  denn  er  schreckte  die  Grossen  und 
zeigte  dem  Volke  das  Ziel.  Zu  den  scheinbar  misslungenen  Ver- 
suchen dieser  Art  gehört  das  servilische  Ackergesetz ,  gegen 
■welches  Cicero  mit  dem  Gefühle  seiner  Wichtigkeit  seine  ganze 
Beredtsanikeit  aufbot,  nicht  ohne  den  Vorwurf  zu  hören,  er  ver- 
wende sich  für  die  sieben  Tyrannen  und  die  übrigen  Besitzer 
der   von  Sulla  angewiesenen  Ländereien;  ^^)   femer  der  Process 


89)    Cornelii  (plcbeii)  No.  1.  90)   p,  SnUa  2.     Vgl.  24  n.  SaUusl. 

B.  C.   17.  28.  Cort.  91)    Brut.  94.  92)  Das.  2  Phil.  5.  93)  de 

lege  agr,  3,  I.     Unter  ilipsen  virar,    so  -»iel  vär  wissen,   Iloripnsius  niclit, 
obgleicli  er  mk  mehreren  der  Sieben  als  Gegner  des  C.  Corneliua  zusammen- 


94  XX.    HORTENSII.  (7.) 

des  C.  Rabirius.  Der  greise  Senator  wurde  wegen  Perdaellion 
belangt ,  nicht  weil  mau  ihn  verderben ,  sondern  weil  man  den 
Senat  abliallen  wollte ,  ausserordentliche  Massregeln  zu  seiner 
Sicherheit  zu  nehmen.  Hortensius  vertheidigfe  ihn  und  nach  ihm 
Cicero.  ^')  Auch  für  L.  Licinius  Murena,  welchen  sein  Mit- 
bewerber um  das  Consulat  Ser.  Sulpicius  beschuldigte,  dass  er 
die  Stimmen  erkauft  habe,  sprach  Cicero  zuletzt,  und  er  machte 
die  grössten  Anstrengungen,  um  die  beiden  anderen  Sachwalter 
Hortensius  und  M.  Crassus,  deren  Nachgiebigkeit  er  diesen  Vorzug 
verdankte,  zu  übertreffen,  und  durch  Witzeleien  über  den  Rechts- 
gelehrten Sulpicius  und  dessen  Mitankläger  den  Stoiker  M.  Cato 
die  Richter  in  eine  gute  Laune  zu  versetzen,  Murena  wurde 
freigesprochen.^') 

Unter  seinem  Consulat  a.  62  belangte  man  P.  Sulla  wegen 
Theilnahme  an  der  catilinarischen  Verschwörung.  Hortensius 
und  Cicero,  welchem  auch  jetzt  die  Schlussrede  überlassen  blieb 
und  eine  erwünschte  Gelegenheit  sich  darbot,  jenen  unter  vielen 
verbindlichen  Worten  in  den  Schatten  zu  stellen,  erhielten  einen 
günstigen  Spruch.  ^  ^)  Der  Retter  der  Republik  erwartete  auch 
von  Anderen  fortwährend  ausgezeichnet  zu  werden;  es  krankte 
ihn,  dass  er  a.  61  vom  Consul  M.  Piso  im  Senat  nicht  zuerst 
gefragt  wurde,  doch  vrar  er  der  zweite  und  Hortensius  nur  der 
vierte;  darin  lag  einiger  Trost;  gleichwohl  musste  Piso  seine 
Rache  empfinden,")  zumal  da  dieser  die  Bestrafung  des  P.  Clo- 
dias  nach  dem  Vergehen  gegen  die  Bona  Dea  zu  verhindern 
suchte.  Auch  Hortensius  machte  ihm  deshalb  Vorwürfe; '*)  er 
beförderte  aber,  was  er  nicht  wollte;  denn  da  über  die  Art  des 
Gerichts  Streit  entstand ,  und  er  nur  im  Verzuge  Gefahr  sah, 
weil  der  Verbrecher  übrigens  unter  keiner  Bedingung  entrinnen 
könne,  so  bewirkte  er,  dass  die  ordentlichen  Richter  zugelassen 
wnrden,  welche  Clodius  freisprachen.'")  In  ihm  fürchtete  Cicero, 
welcher    gegen  ihn    ausgesagt    und   ihn   dann    durch  bittern  Spott 


gestellt  vrird.     Ascon,    Cornel.  p.    60.    Orell.     Oben   J.  3.  A.  89   n.  Inlii 
No.  31.    5.  6.   A.  70.  94)    luUi  No.  31.  5.  7.  A.  4   n.   2.  Th.  S.  26. 

A.  26,  95)  p.  Muren.  4.  23.    Plnt.  Cic.  35,    Cato  m,  2!  n.  28.     S.  Li- 

cinü  Muren.  No.  5.  96)    Cornpl    SuU.  No.  23.  97)    ad  Alt.   1,  13. 

§.  2.    2.  Th.  8.  86.  A.  60.  98)    ad  All.  1,  14.  {,  6.  99)   2.  Th. 

S.  207.  A.  93.   S.  210.  A.  7. 


XX.    HORTENSIl.  (7.)  05 

noch  mehr  gereizt  Latte,  den  Rächer  Catiliaas;  er  suchte  daher 
bei  Ponipejiis  Schutz,  aber  mit  keinem  andern  Erfolg'e,  als  dass 
dessen  Feinde  auch  die  seinigen  wurden.  Der  Imperator  erschien 
im  Anfange  des  J.  61  nach  seiner  Rückkehr  vom  mithridalischen 
Kriege  vor  Rom ;  er  hafte  das  Heer  entlassen ,  ohne  die  Ge- 
müther zn  beruhigen,  und  auch  abgesehen  von  seinen  ehrgeizigen 
Entwürfen,  fühlten  sich  Mehrere  persönlich  durch  ihn  beleidigt, 
besonders  L.  Lucullus,  Auch  Cicero  liebte  ihn  nicht;  der  Ruhm 
des  Helden  that  dem  seinigen  Eintrag;  Jener  schien  von  den 
Verdiensten  des  Redners  kaum  Kenntniss  zu  nehmen,  sein  Ein- 
fluss  jeden  andern  zu  vernichten,  und  unerträg-Iich  waren  die 
Umtriebe,  durch  welche  er  die  Wahl  seines  Legaten  L.  Afranius 
zum  Consul  des  nächsten  Jahrs  bewirkte :  '" °)  dennoch  warf 
sich  Cicero  in  seine  Arme,  und  wurde  von  ihm  bald  auch  Cäsar 
Eugefiihrt.  ')  In  dieser  Richtung  mochten  Horlensius  nnd  andere 
Optimalen  ihm  nicht  folgen,  und  eben  so  ^venig  glaubten  sie  sich 
verp (lichtet,  ihn  gegen  einen  Mann,  welchen  er  sich  muth willig 
verfeindet  hatte,  zu  vertreten;  in  ihm  w^urde  aber  nach  seiner 
Behauptung  die  Republik  preisgegeben;  daher  die  Klagen  a.  60 
über  seine  Neider,  über  die  Thoren,  -welche  nicht  begriffen,  dass 
sie  ihre  Fischteiche  nicht  behalten  werden,  wenn  der  Staat  unter- 
gieng.  ')  Hortensius,  auf  welchen  solche  Aeussernngen  vorzugs- 
weise zu  deuten  sind,^)  vertheidigte  in  dieser  Zeit  in  einem 
übrigens  unbekannten  Rechtshandel  Valerius,  einen  Freund  des 
Atticus,  dessen  Freisprechung  daher  auch  Cicero  erwünscht  war; 
doch  konnte  dieser  die  Bemerkung  nicht  unterdrücken,  dass  man 
der  Einmischung  des  Pompejus  und  des  ihm  dienstbaren  Consuls 
Afranius ,  und  folglich  nicht  der  Beredtsamkeit  des  Anwalts  das 
Meiste  verdanke,  wie  sehr  auch  das  Ansehu  „des  Gewalligen" 
ihn  schmerzte.  *) 

Durch  die  Errichtung  des  Triumvirats  war  die  Macht  des 
Pompejus  scheinbar  vermehrt,  und  Cäsar  verschaffte  ihm  a.  59 
als  Consul,  was  er  von  Afranius  gehofft  halte.  ')  Gegen  den 
eisernen   Arm    der    Verbündeten    galt   kein    Widerstreben ;    vor- 

JOO)    1.  Th.   S.  36.   A.  83  —  87.  1)    ad  Att.    1,  19.  §.  6.    2,  1. 

§.    6.    3.   J.  3.  2)    Das.  1,  18.  J.  8.   19.  j.  6.    20.  J.  4.    2,  1.  {.  6. 

S.   unten   §.   6.   A.   83.  3)   Macrob.  Sat.  2,  11.  4)   ad  Att.  2,  3. 

5)   1.  Th,  S.  36.  A.  83. 


96  XX.    HORTENSn.  (7.) 

sichtig  zog  sich  Ilortensius  in  die  GerlcLfo  zurück ;  er  wagte 
nicht,  v/o  er  nur  verlieren  konnte.  Das  .Schicksal  führte  ihm 
wieder  einen  Clienten  zu,  welchen  man  beschuldigte,  und  nach 
Macrobius  mit  vollem  Rechte,  sich  auf  Kosten  der  Provincialen 
bereichert  zu  haben.  ^)  L.  Valerius  Flaccus,  Prätor  a.  63  ') 
und  dann  Slatüialter  in  Asia ,  ')  wurde  wegen  Erpressungen  an- 
geklagt. Er  hatte  Cicero  in  dessen  Consulat  gegen  die  Ver- 
schwornen  unterstützt,  '■')  und  gern  gewährte  auch  dieser  seine 
Bitte  um  Beistand.  Denn  hier  war  eine  Gelegenheit,  an  einen 
glänzenden  Zeitpunkt  zu  erinnern,  Stoff  und  Anlass  zur  Selbst- 
vergötterung ' ")  und  zu  Ausfällen  auf  die  Freunde  des  C'atilina. ' ') 
Hortensius  begnügte  sich  wieder,  zuerst  zu  sprechen;  er  erhob 
die  Thaten  des  J.  63  bis  an  den  Himmel  und  gab  damit  den 
Ton  an,  in  welchen  Cicero  einstimmte;  '  °)  aber  nichts  konnte 
diesen  von  dem  Wahne  heilen,  dass  der  Lobredner  zu  seinen 
geheimen  Feinden  und  Neidern  gehöre,  da  er  sich  in  jeder  Be- 
ziehung so  viel  grösser  zu   sein  dünkte. 

Er  sah  daher  auch  a.  58,  als  die  Triumvim  seine  Verban- 
nung durch  P.  Clodius  zuliessen,  nur  bösen  Willen  bei  ihm. 
Mochte  Hortensius  mit  einigen  anderen  Senatoren  die  Riller, 
welche  für  ihn  baten,  zum  Consul  Gabiuius  führen,  und  dann 
im  Getümmel  kaum  den  Streichen  der  Clodianer  entgehen,  ' ') 
nichts  überzeugte  den  Verfolgten  von  der  Reinheit  seiner  Ge- 
sinnungen, «nd  sein  Ralh,  durch  freiwillige  Entfernung  dem 
Sturme  auszuweichen,  liess  keinen  Zweifel  übrig,  dass  er  nicht 
nur  sich  des  bewunderten  Nebenbuhlers  entledigen,  sondern  ihn 
auch  zu  einer  schimpflichen  Handlung  verleiten  wollte.  '  *)  Dieser 
beleidigende  Argwohn  blieb  ihm  nicht  verborgen,  obgleich  Atticns 
nicht  Zuträger  war,  sondern  das  gute  Vernehmen  zwischen  seinen 
gemeinschaftlichen  Freunden  zu  erhalten  suchte.  '  ^)  Für  einen 
Undankbaren,    welcher  jeden  seiner  Schritte  missdeutete,   mochte 


6)  Satnrn.  2.  I ,  eine  Stelle,  ans  wclclier  sich  zngleich  ergiubt,  dass 
■wir  Ciceros  Rede  für  Flaccus  nicht  ToUständig  besitzen,  und  dass  dieser  frei- 
gesprochen -wnrde,  7)  Cic.  p.  Flacc.  3.  40.  Sallust.  B.  C.  45.  Corl. 
8)  p.  Flacc.  3.  9)  Das.  1.  2.  40.  41.  10)  Das.  1.  2,  38  f. 
II)  Das.  37.  41.  12)  nd  Att.  2,  25.  $.  2.  13)  2.  TIi.  S.  245. 
A.  C3.  64.  14)  Das.  .S.  251.  A.  10  f.  15)  ad  Att.  3,  9.  j.  2, 
Vgl.  4,  3:   Elinm  hercnio  faiuiUari  luo.  n.  4,  6. 


XX.    HORTENSn.  (7.)  97 

er  sich  nicLt  metr  bemiiLen ;  nnr  als  Älifg'lied  des  Senats,  sofern 
dieser  im  Allgemeinen  daLin  wirkte ,  beforderte  er  seine  Her- 
etellnng'.  Die  ung'emessenen  Fordeningeu  Ciceros  nach  dessen 
RiickkeLr  a.  57  und  seine  neuen  Händel  mit  Clodius,  die  stete 
Beuiu-uLigung'  der  Stadt  durcli  einen  Privafzwist,  in  -welchem  er 
einen  Kampf  für  Freiheit  und  Republik  erkennen  sollte,  gefielen 
ihm  nicht,  und  auch  dadurch  erregte  er  grosse  Unzufriedenheit.  *  *) 

§    5. 

Unter  seinen  Beschützern  pries  Cicero  insbesondre  P.  Len- 
(iilus  Spinther,  welcher  a.  56  Proconsul  von  Cilicien  war,  und 
Ptolemäns  Anletes,  den  vertriebenen  König  von  Aegjpten,  wieder 
einzusetzen  wünschte.  Dieselbe  Absicht  hatte  Pompejus ,  weü 
ihn  nach  dem  Oberbefehle  über  Heer  und  Flotte  verlangte.' 
Cicero  suchte  sich  durchzuwinden,  wogegen  Horfensius,  von  keinem 
Clodius  und  zweiten  Exil  bedroht,  sich  offen  für  Lentulus,  den 
Unschädlichen,  erklärte,  nur  sollte  er  dem  Spruche  der  sibjl- 
linischen  Bücher  gemäss,  sich  friedlicher  Mittel  bedienen,  damit 
Pompejus  weniger  gereizt  and  die  Ruhe  ini  Staate  erhalten 
würde.  ' ') 

Es  freute  Cicero,  dass  der  Triumvir  nicht  durchdrang,  und 
dass  auch  Hortensius  dazu  beitrug;  übrigens  dachte  er  an  diesen 
immer  nur  mit  Misstrauen  und  geheimem  GroU.  Alticns  wnsste, 
dass  das  Unrecht  auf  seiner  Seite  war  «nd  seine  Klagen  und 
Anspielungen  auf  einem  ungegründefen  Verdachte  beruhten ;  '  *) 
er  forderte  ihn  daher  anf,  Hortensins  eine  Schrift  zu  widmen. 
Wie  viel  aber  auch  sein  Wort  dem  Freunde  galt,  so  war  dieser 
doch  einer  solchen  Selbstüberwindung  nicht  fähig,  zumal  da  e* 
durch  eine  Art  von  Widerruf  sich  lächerlich  zu  machen  fürch- 
tete. 'S) 

Hortensius  waren  solche  Rücksichten  fremd;  er  widersprach 


16)    2.   Th.    S.   316.   A.  85.    S.  318.  A.  94.  17)   ad  Fam.  1,  1. 

§.  2.   2,  §.  1.     Cornel.  Lenml.  No.  21.  §.  1.  A.  99  ii.  5.  18)    2.  Th, 

S.  251.   A.  10—18.    S.  302.  A.  85.  19)    ad   A«.    4,   6.    §.    2.     Die 

Ausleger  haben  bemerkt,   dass  hier  nich»  von  dem  viel  spiiler  geschriebenen 
„Horlensios'-  die  Rede  is«;   (de  divin.   2,  1  )  aber  eben  so  wenig  geh»  ans 
Ciceros  Aborten  henor,  dass  er  kürzlich  luii  Horiensius  üfl'enlüch  gestritten 
hane,  nnd  der  Vorschlag  des  Atticas  dadurch  veranlagst  war. 
Drumann  .   Cleüclüclito  Uüni:i  Ul.  '/ 


98  XX.    IIORTElVSn.  (7.) 

sich  nlctt,  wenn  er  Cicero  eine  Anfmerksamlceit  erwies.  So 
aber  erscLeint  seine  VertLeidigung'  des  P.  Sextias,  welcher  a.  57 
als  V. Tribun  von  dem  Gefolge  des  Clodiiis  verwundet  war,  und 
sich  dann  aus  Rachg-ier  und  zu  seiner  Sicherung  ebenfalls  niit 
einer  Bande  umgab.  ^°)  Anderes  denfete  Cicero  nach  dem  Exil; 
er  rühmte  die  Verdienste  des  Tribuns  um  die  Republik  und  be- 
kannte sich  zu  dessen  Schuldnex'.  Indess  wusste  jener,  dass  man 
glauben  sollte,  bis  auf  eine  verworfene  Rotte  habe  sich  Alles 
für  den  Verbannten  erhoben ,  und  Cicero ,  warum  Sextius  ge- 
kämpft hatte.  Um  so  leichter  konnte  zwischen  ihnen  selbst  ein 
Zwist  entstehen;  maai  kennt  die  Veranlassung  nicht,  aber  ganz 
Rom  war  davon  unterrichtet.  Cicero  wurde  von  seinem  Bruder 
Ouintus  daran  erinnert,  dass  man  ihn  der  Undankbarkeit  beschul- 
digen werde,  wenn  er  „die  \  erkehrtheit  des  mürrischen  Mannes" 
nicht  ertrage,  und  von  der  Sorge  für  seinen  Ruf  getrieben,  von 
dem  Wunsche,  lÜir  erkenntlich,  grossmüthig  und  inenschenfreund- 
Lch  zu  gelten,  bot  er  Sextius  seine  Dienste  an,  als  er  am 
10.  Februar  56  vregen  Bestechung  bei  den  Wahlen  und  an 
demselben  Tage  von  M.  TuUius  Albinovanus  bei  dem  Prätor 
M.  Aemilius  Scaurus^')  wegen  der  Gewaltthätigkeiten  belangt 
wurde,  durch  -welche  er  als  Tribun  die  öifentliche  Ruhe  gestört 
Latte.'')  In  dem  letzten  Gerichte,  welches  hier  allein  in  Be- 
tracht kommt,  verlor  er  den  Clienten  fast  ganz  aus  den  Augen, 
um  seinen  Hass  gegen  Piso  und  Gabinius  auszuschütten,  unter 
deren  Consnlat  er  verbannt  war,  seine  Flucht  zu  rechtfertigen, 
sich  Weihrauch  zu  streuen,  und  zu  beweisen,  dass  er  Rom  un- 
entbehrlich gewesen  sei.  Kur  nach  diesen  Bemerkungen  kann 
man  das  Verfahren  des  Hortensius  würdigen.  Er  vertrat  mit 
Anderen'^)  ohne  eine  äussere  Nö'thigung  einen  Angeklagten, 
gegen  welchen  er  keine  Verpflichtungen  hatte,  und  neben  Cicero, 
dessen  W^unsch  und  Hoffnung,  in  nächster  Berührung  mit  ihm 
um  so  mehr  bewundert  zu  werden,  ihm  kein  Geheimniss  war,  der 
sich  gänzlich  hätte  verleugnen  müssen,  wenn  er  diese  Gelegen- 
Leit  nicht  benutzte,  sich  als  Staatsmann,  als  Retter  des  Staats,  in 

20)   2.  Th.  S.  287.  A.  83.    S.  291.  A.  9  f.    S.  292.  A.  16.  21)  p. 

Sext.  54.     1,   Th.  S.   30.  22)    Cic.  ad  Oq    h.  2,  3.  4.    \>.  Spxt.  2.    in 

Vatin,  1.  23)     p.  Sexl.  2.     (Jui  aiilo  nie  ilixeiiml.     —     Qiioniaiu   sia- 

gulis  ci'imiuibus  caeieri  i'cspouderiiiit,  dicau  cgo  cic. 


XX.    HORTENSn,  (7.)  99 

ein  glänzencles  LicLt  zn  stellen,  in  einem  Falle  endlicli,  vro  er 
nichts  zur  SacLe  sagen  konnte,  ohne  auch  jenen  lobend  zn  er- 
wähnen. Ueberdiess  gestattete  er  anch  jetzt,  dass  Cicero  zuletzt 
redete,  ^'')  eine  Begünstigung,  da  man  am  Schlüsse  alle  Gründe, 
welche  bis  dahin  vorgebracht  waren,  zusammen  fasste,  und  mit 
dem  gröss'en  Aufwände  der  Kunst  die  Gerechtigkeit  und  Billig- 
keit der  Richter  und  ihr  Mitleiden  in  Anspruch  nahm.  Sextius 
wurde  am  14.  März  einstimmig  für  unschuldig  erklärt.  ' ') 

In  dem  Alter,  welches  Hortensius  erreicht  hatte,  suchte  er 
nicht  mehr  Befriedigung  der  Eitelkeit,  aber  noch  immer  Genuss, 
und  er  wollte  nicht  darin  beschränkt  werden.  Deshalb  sprach 
er  a.  55  gegen  das  Aufwand -Gesetz  der  Consuln  Crassus  und 
Pompejus.  Er  machte  bemerklich,  dass  eine  prachtvolle  Lebens- 
weise den  Grossen  eines  mächtigen  Reichs  gezieme  und  sie  darin 
selbst  ein  rühmliches  Beispiel  geben.  Diess  zweideutige  Lob, 
dessen  weitere  Ausführung  auch  Pompejus  ohnerachtet  seiner 
Massigkeit  nicht  wünschen  konnte,  veranlasste  sie,  ihren  Antrag 
zurückzunehmen.  ^  ^) 

a.  54  erfreuten  sich  wieder  Mehrere  seines  Beistandes  vor 
Gericht.  Zu  diesen  gehörte  aber  nicht  Cn.  Plancius,  welcher  als 
Ouästor  des  Proprätor  L.  Appulejus  in  Macedonien  Cicero  wäh- 
rend seiner  Verbannung  in  Thessalonich  aufgenommen  und  be- 
schützt hatte,  und  jetzt  als  erwählter  Aedil  von  seinem  unglück- 
lichen JMitbeweiber  M.  Juventius  Laterensis  beschuldigt  wurde, 
Vereine  zur  Bestechung  der  Tribus  errichtet  zu  haben.  ^')  Er 
vertheidigte  vielmehr  Procilius  gegen  dessen  Ankläger  P.  Clodius. 
Jener  hatte  vor  zwei  Jahren  mit  seinen  CoUegen,  den  Tribunen 
C.  Cato  und  Nonius  Sufenas,  im  Dienste  des  Pompejus  und 
.Crassus,  welche  durch  ein  Zwischenreich  zum  Consulat  zu  ge- 
langen holften,  Gewaltthäligkeiten  verübt  und  auch  einen  Bürger 


24)    p.    Sext.    2,    6.  25)    ad  On.  fr.  2,  4.  26)    Dio  39,  37. 

S.  FaTOiiias  A.  53.  27)   Cicero  erwäliiit   p.  rianc.  15  Hortensius  nichl 

als  Anwalt  seines  Clienten,  wie  Manntius  glaubt  (das.  2,  p,  299)  sondern 
nur  in  Bezielinng  auf  sein  Gnlachteu  im  Senat  über  den  Sinn  dos  licinisclten 
Gesetzes ,  worin  M.  Crassus  im  Torigon  Jahre  das  Verlaliren  in  Gerichten 
über  Sodalitien  bestimmte.  Scliol.  Buhicns.  zu  Cic.  Or.  )>.  l'Ianc.  p.  253. 
Orell.  lieber  die  üeil  diese»  l'iQce).»cs  i,.  Wunder  l'ioU-g.  ad  or.  p.  l'l. 
1.  3.  c.  1. 

7* 


JOO  XX.    HORTENSII.  (7.) 

getödtef.  GleichwoliI  wurde  er  am  5.  Juli  nnr  mit  einer  MeLr- 
heit  von  secLs  Stimmen  veruriLeilt.  Nur  ein  SacLwalter,  dessen 
Gruudsiifze  dem  Senat  nicht  zweifeUiaft  waren,  konnte  sich  mit 
dieser  Klage  befassen,  ohne  Anstoss  zu  geben.  Cicero  schwieg; 
er  mochle  auch  nicht  feindlich  mit  Clodius  zusammen  (reffen.  -^) 
Dajin  aber  sprach  er  mit  ihm,  mit  Hortcnsius  und  drei  Anderen 
für  AI.  Aemilius  Scaurus ,  welclien  man  am  8.  Juli  wegen  Er- 
pressungen belangte.  Ihre  Bemühungen  hallen  einen  günstigen 
Erfolg.  =  9) 

Bald  nachher  a.  63  wurde  P.  C'rassus  mit  seinem  Vater 
von  den  Parihern  ersclilagen,  ^ ")  Er  war  Augur  gewesen  und 
man  musste  ihn  ersetzen.  Cicero  schrieb  zwar  später  aus  Cilicien 
an  M.  Cato,  als  er  sich  um  eine  Supplicalion  bewarb,  ihn  habe 
nie  nacL  äusseren  Ehren  verlangt,  auch  nicht  nach  dem  Augiirat, 
welches  er  leicht  habe  erhalten  können,  erst  nach  dem  Exil  sei 
der  Wunsch  in  ihm  entstanden ,  dass  man  ihn  durch  ölfenlliche 
Anerkenntuiss  auszeichnen  möge;  ^')  aber  schon  im  J.  59  ver- 
traute er  Afticus  nach  dem  Tode  des  Augur  O.  ÄleteUus  Celer, 
seine  AVahl  an  dessen  Stelle  sei  das  Einzige ,  wodurch  die 
Triumvirn  ihn  vielleicht  gewinnen  könnten.  ^ ')  Obgleich  er 
also  über  die  Anzeigen  spottet,  ^^)  so  hatte  doch  das  Priester- 
thum  einen  hohen  Werth  für  ihn,^*)  aus  anderen  Gründen, 
nnd  weil  er  auch  darin  Hortensius  nicht  nachstehen  wollte,  und  ge- 
rade dieser  unterstützte  seine  Bewerbung  ^ ')  am  thätigsten.  .Sein 
Nebenbuhler  war  der  V.  Tribun  Luccejus  Hirrus,  '  ^)  welcher  be- 
sonders wegen  dieser  Anmassung  von  ihm  und  seinen  Freunden 
als  ein  lächerlicher  und  verächtlicher  JNIensch  geschildert  wird. 
In  der  Zeit  der  Philippiken  versicherte  BI.  Antonius,  auch  er 
habe  sich  gemeldet,  und  aus  Gefälligkeit  gegen  Cicero  seinen 
Entschluss  geändert.  ' ')     Das  Collegium  erklärte  sich  für  Cicero, 


28)  ad  Atl.  4,  IS.  §.  S.  4,  16.  §.  3.  LJv.  105.  Dio  39,  27.  2.  Th. 
S.  333.  A.  81.  334.  A.  86.  339.  A.  23.  rompej.  Illr.  <-i.  56  n.  54. 
29)    1.  Th.    S.  31.  A.  28  f.     2.  Th.  S.  340.  A.  24.  30)    Plnt.  Crass. 

26.     Cic.  36.     S.  Licin.  Crassi.  31)    ad  Farn.   15,  4.   §.  2.  32)    ad 

A«.  2,  5.     2.  Th.  S.  28.  A.  52.  S.  227.  A.  23.     Uober  die  Ar«  der  Wahl 
s.   Iiaii    Ko.  31.   §.  7.  A.  24.  33)  de  diviii.  2,  25.  34.  34)   Vgl. 

«le   leg.   2,  12.     ad  Alt.  8,  3,   §.  1.  35)   ad  Farn.  1.  c.  36)   Uai. 

8,  3.  37)   2  Phil.  2. 


XX.    HORTENSII.  (7.)  101 

nnd  Hortensiiis  und  Pouipejus  ernannten  ilin;  '')  jener  scLwnr, 
dass  er  der  AufniJime  win-dig  sei,  er  weihte  iLn,  und  der  neue 
Augur  war  nun  verj)flicLtef,  ihn  als  Valer  zu  elu-en.  ^  ^) 

Indess  Hessen  Ciceros  Aeussernngen  erst  nach  dem  Tode  des 
altem  Collegen  ein  solches  VerhältnJss  ahnden ;  auch  kam  es  wohi 
nie  dahin,  dass  sie  unter  vertraulichen  Blitlheilungen  über  den 
Lerannaheudcn  Bürgerkrieg  Thränen  vergossen,  obgleich  Horten- 
sius  jede  Störung  seiner  behaglichen  Ruhe  hasste.  *")  Er  war 
nicht  geneigt,  sich  auch  nur  für  die  Optimaten  aufzuopfern,  und" 
bewies  diess  unter  Anderem  a.  52  nach  dem  Tode  des  Clodius 
durch  den  schwachen  Widerstand,  welclien  er  dem  Consiil  Pom- 
pejns  leistete.  Bei  den  Verhandlungen  im  Senat  erklärte  er  sich 
nur  gegen  die  neuen  geschürften  Strafgesetze,  wodurch  Pompefns 
sich  seiner  Feinde,  besonders  Milos,  entledigen  wollte,  nicht  gegen 
ein  ausserordentliches  Gericht.  Dann  bezeugte  er,  dass  die  Sclaven 
des  Milo  entlassen  seien ,  welche  man  auf  der  Folter  befragen 
wollte.  ")     Als  Anwalt  liess  er  sich  nicht  vernehmen.  ") 

Aach  bei  dieser  Gelegenlieit  konnte  Cicero  mit  ihm  zu- 
frieden sein,  da  er  sich  dem  Beklagten  günstig  zeig-fe,  er  wurde 
aber  nie  von  seinem  Misstrauea  geheilt.  Eine  Verfügung',  welche 
von  Pompejus  ansgieng,  führte  ihn  a.  51  als  Proconsiil  nach 
Cilicien,  vielleicht  zum  Kampfe  mit  den  Parihern,  „vor  welchem 
dann  wider  sein  Erwarten  die  Gottheit  ihn  bewahrte,"  ' ')  wäh- 
rend er  den  Kampfplatz  in  Rom  Horlensius  überlassen  niusste, 
da  di.^ser,  ohne  Zweifel  wegen  seines  höhern  Alters  und  seiner 
Körperschwü'che  in  Italien  blieb.  Im  Cumanum,  wohin  Horlensius 
ohnerachtet  seines  leidenden  Zustandes  sich  begab ,  um  ihn  noch 
einmal  —  zum  letzten  Male  —  zu  sehen,  erhielt  er  das  Wort 
von  ihm,  dass  er  eiue  Verlängerung  seiner  Statthalterschaft  nach 


38)     2  riiil.  2   n.    13  Phil.  5.     ail  Farn.    3,  10.    §.  2.     Brut.   1.     riiü. 
Cio.   36.  39)    Cic.   Eint.  1.  40)    Dos.  96.  41)    2.   Tli.    S.  350. 

353.    A.    15.   22.    S.  355.    A.  44.  42)    Ascoii.   arg.  Älilo«.    p.  ii.   eil. 

Orell.  Respoiidit  bis  uiiis  IM.  Cicero.  Darnach  sind  die  AVorle  j).  35  zu 
erklären:  AiTuernnt  Bliloni  9-  Iforlensiiis,  M.  Cicero,  M.  IHarcelln.s,  M. 
Calidius,  M.  Calo,  Fausliis  Sulla.  Siu  lieiniihteu  sich  für  den  Beklagten; 
Marcc'Uns  legte  mit  ihm  nnil  mit  Ciceru  den  Zeugen  Fragen  vor;  ilns.  |>.  41^ 
Cato  stimmte  dann  sogar  ab  llicüler.  Das.  p.  5J.  2.  Th.  S.  äSö.  A.  33. 
43')    ad  Att.  7,   I.  y.  2. 


102  XX.    HORTENSn.  (7.) 

Kräften  verliindem  wolle,*')  und  er  wiedertolte  scbon  auf  der 
Reise  die  gleiche  Bitte  in  Briefen  an  Atticus,  mit  der  Auffor- 
derung', alle  Freunde,  und  besonders  jenen  aufzubieten,*^)  -welcLem 
er  auch  selbst  zu  schreiben  Gelegenheit  nahm. '»^)  Dann  erfuhr 
er  durch  Sextius ,  dass  Horfensius  sich  über  die  Dauer  seiner 
Verwaltung  zweideutig  geäussert  habe  ;  eine  unverbürgte,  wie  es 
scheint,  lediglich  auf  einem  Gerüchte  beruhende  Mittheiluug  er- 
füllte ihn  mit  Argwohn  und  Furcht,  und  er  wandte  sich  sogar 
an  Appius  Claudius,  seinen  Vorgänger  in  der  Provinz,  dessen 
patricischer  Stolz  ihn  noch  vor  kurzem  beleidigt  hatte,  damit  er 
dem  gemeinschaftlichen  Collegen  im  Angurat  abrieth,  ihm  Cilicien 
auf  ein  zweites  Jahr  übertragen  zu  lassen.  *')  Nach  Allem, 
■was  bisher  von  Hortensius  erzählt  ist,  wünschte  er  mit  dem 
eifersüchtigen  und  reizbaren  Blanne  in  gutem  Vernehmen  zn 
bleiben ,  und  diess  durfte  er  nicht  hoffen ,  wenn  er  ihn  auf  eine 
so  empfindliche  Art  verletzte  und  täuschte;  auch  wurde  Cicero 
bald  durch  Atticus  von  dem  Ungrunde  seines  Verdachtes  über- 
zeugt. *  ä) 

In  dieser  Zeit  stand  M.  Valerius  Messala  vor  Gericht ,  der 
Schwestersohn  des  Hortensius,  weil  er  a.  54  bei  seiner  Be- 
werbung um  das  Cousulat,  welches  er  im  folgenden  Jahre  ver- 
waltete, die  Stimmen  erkauft  hafte.  *^)  Sein  Vergehen  war 
stadtkund-g  und  das  betreffende  Gesetz  des  Pompejus  '")  sehr 
strenge.  Cicero  bedauerte  —  in  Briefen  an  Atticus  —  den  un- 
glücklichen Oheim,  welcher  ohnehin  durch  seinen  missrathenen 
Sohu  schmerzliche  Erfahrungen  machte ,  und  M.  Coelius  schickte 
sich  an  —  in  Briefen  an  Cicei'o  —  für  seinen  verurtheilten 
Frennd  Leid  zu  tragen,  ' ')  Aber  für  Pompejus  hatte  das  Gesetz 
seinen  Zweck  verloren ,  und  Hortensius ,  der  Vertheidiger  des 
Messala,  bediente  sich  der  ihm  wohlbekannten  IMittel,  es  zu 
lähmen.  Man  erstaunte;  lautes  Geschrei  verrieth  die  allgemeine 
Älissblllignng,  und  als  Hortensius  am  andern  Tage  in  das  Theater 


44)    ad  All.  5,  2  n.   17.  {.  S.  45)   Das.  5,  9.  46)  Das.  5,  12. 

5.  2.  47)    Das.    5,    17.    },   5.     ad  Farn.  3,  8.  J.  2,  48)    ad  Au. 

6,  1.  §.  10  u.  3.  {.  5.  S.  TiiUii.  49)  Doniil.  Calvin.  Wo.  6.  §.  1. 
A.  23.  §.  2.  A.  52.  Uiileu  No.  14.  50)  2.  Th.  S.  351.  51)  ad 
Alt.  5,  12.    nd  Vam    8.  2. 


XX.    IIORTENSn.  (7.)  103 

des  Carlo  kam,  empfieng'  man  ihn,  dem  diess  nie  begegnet  war, 
mit  einem  solcLen  Zischen  und  Lärmen,  dass  er  es  bereuen 
musste,  auf  diese  Art  gesiegt  zu  haben.  ^^) 

Dennoch  beharrle  er  in  seinem  Berufe,  nm  so  mehr,  da 
man  in  Ciceros  Abwesenheit  vorzüglich  auf  ihn  angewiesen  war. 
Der  Consular  Appius  Claudius  wurde  a.  50  nach  seiner  Rück- 
kehr von  Cilicien  von  P.  Dolabella,  Ciceros  künfligem  Schwieger- 
sohne, wegen  Majestät  und  dann  auch  wegen  Bestechungen  bei 
den  Wahlen  belangt,  im  ersten  Processe  von  M.  Brutus,  dem 
Gemahle  seiner  Tochter,  und  von  Hortensius  vertheidigt  und  in 
beiden  freigesprochen.  '^)  Den  zweiten  erlebte  Hortensius  nicht; 
er  starb  in  seinem  vier  und  sechzigsten  Jahre,  ^  *)  bald  nach  dem 
fünften  April,  an  welchem  Appius  über  den  glücklichen  Ausgang 
des  ersten  an  Cicero  schrieb.  ^')  Dazu  stimmt,  dass  Cäsar  sich 
im  Frühjahr  aus  Gallien  nach  Italien  begab,  um  BI.  Antonius 
zum  Nachfolger  des  Verstorbenen  im  Augurat  zu  empfehlen.  *  *) 
Cicero  erhielt  die  Nachricht  von  dem  Todesfalle,  als  er  Cilicien 
bereits  verlassen  hatte,  in  Rhodus.  "■)  Er  wurde  angeblich  da- 
durch erschüttert;  '*)  wie  ihm  aber  Coelius  kalt  und  mit  wenigen 
Worten  meldete,  dass  der  Redner  unheilbar  erkrankt  sei,  ^^)  so 
berührte  auch  er  den  Verlust  in  einem  Briefe  an  Atlicus  nur 
kurz:  er  wird  dich  schmerzen,  mir  macht  er  Rummer;  es  war 
meine  Absicht,  mit  Hortensius  einen  vertrauten  Umgang  zu  füh- 
ren. ^°)  Das  Erbe  des  JMannes  erregte  ein  grösseres  Interesse; 
Coelius  erstand  ein  Gut  bei  der  Sladt,  und  Cicero  wollte  den 
schönen  Landsitz  bei  Puteoli  kaufen.^')  Ein  günsliges  Geschick 
bewahrte  Hortensius  vor  dem  Sturme,  welcher  bald  über  Rom 
hereinbrach;  er  hatte  gelebt,  so  lange  man  im  Staate  firoh  nnd 
glücklich  leben  konnte.  ''-) 


52)  ad  Famil.  1  c.  Bnit.  96.  Val.  M.  5,  9.  §.  2.  Coelins  dentel  in 
jenem  Briefe  an,  d.iss  Messala  eine  AiilUage  uacli  dem  liciuisctieu  Gesetze 
(oben  A.  27)  bevorstehe;  er  vürde  noch  in  diesem  Jahre  Terurtheilt. 
ad   Farn.    8,   4.  53)     Claudii   No.   41.    J.    4.     Cornel.    Dolab.    No.    10. 

54)    Cic.  Brut.  64.  94.  96.  55)    ad  Fiuu.  3,  11.  56)    B.   G.  8,  50. 

1.  Th.  S.  67.  A.  94  r.  bier  A.  32.  57)  Brut.  1.  A^gl.  ad  Alt.  6,  7. 
ad  Fam.  2,  17.  l'lnt.  Cin  36.  58)  Brut.  I.  c,  59)  ad  Farn.  8,  13. 
CO)     ad   Att.    6,   6.           61)     Das.  7,3.   §.  C.           62)   Unit.  1.     ad  Fam 

2,  16.    VeUej.  2,  49. 


104  XX.    IIORTENSn.  (7.) 

§   6. 

Aeusseres  Wohlsein  Latte  aber  grossen  Wertli  für  iLn, 
und  dalier  auch  sein  bedeutendes  Vermögen.  Auf  dein  gewöhu- 
lichen  Wege,  durch  Räubereien  in  den  Provinzen,  war  es  weder 
von  ihm  noch  von  seinem  Vater  erworben,  «nd  Ciceros  Schwei- 
gen ^^)  sichert  ihn  gegen  den  Vorsvurf,  däss  er  SiJlas  Pro- 
scriptionen  benutzte.  W^ie  aber  gelangte  er  zu  einem  Keichthume, 
welcher  ihm  erlaubte,  auf  ein  einziges  Gemälde  144,000  Sestertien 
zu  verwenden?  ^'')  Durch  Erbschaften  wurde  Blanches  gewonnen, 
wenn  auch  nicht  immer  auf  eine  rechtmässige  Art,  **)  noch  weit 
mehr  aber,  wie  es  scheint,  durch  das  Sachwalter- Geschäft.  Seine 
Clienten  waren  grösstentheils  Optiniaten,  besonders  solche,  welche 
mit  gefüllten  Gassen  aus  den  Provinzen  kamen;  sie  theilten  mit 
dem  Patron,  und  sein  Ruf  und  ihre  Gefahr  machten  sie  frei- 
gebig,^^) obgleich  sich  kein  Beweis  findet,  dass  jener  bei  der 
Berechnung  der  für  die  Richter  bestimmten  und  ihm  etwa  an- 
vertrauten Summen  nicht  gewissenhaft  war,  wie  von  Clodius  ge- 
sagt wird.  ^')  W^enn  es  aber  nicht  an  der  Ordnung  gewesen 
wäre,  für  den  gerichtlichen  Beistand  zu  zahlen,  so  würde  das 
Liob  Ciceros,  er  habe  für  seine  Dienste  keinen  Lohn  angenom- 
men, keinen  Sinn  Laben.  ^  ä) 

Das  Haus  des  Hortensius  in  Rom,  welches  später  Augustus 
eine  Zeit  lang  bewohnte,  war  einfach,  nicht  gross,  und  nur  mit 
Hallen  von  albanischem  Marmor  nnigeben.  ''  '■')  Es  ist  aber  wahr- 
scheinlich, dass  dless  nur  vom  väterlichen  gilt,  und  er  ein  anderes, 
ein  Prachfgebäude,  auf  dem  Palalinus  kaufte,  wie  Cicero,  ' ")  da 
man  im  Heere  des  Pompejus  vor  der  Schlacht  bei  Pharsalus  wohl 
nicht  bloss  wegen  seiner  Lage  über  dessen  Besitz  stritt,  und 
L.  Leutulus  Cos.  49  es  nebst  dem  Garten  Cäsars  für  sich  for- 
derte. '  1) 

Um  ihn  im  Privatleben  genau  zu  beobachten,  mnss  man  ihm 
auf  seine    Landgüter  folgen.    JVacL   dem   Beispiele    der  übrigen 


63)    z.  B.  ad  Farn.  2,  16  64)  Plin.  35,40(11).  §.26.  65)  S. 

nnteii    A.    89.  66)    Oben    §.    3.    A.    72.  67)     Oben    §.   2.    A.   26. 

68)  Flut.  Cic.  7.     Oben  §.  3.  A.  72.  69)  Suel.  Ocla^.  72.  70)  2.  Tli. 

S.  209.  71)   aa  All.  11,  6.  §.  3.     Vgl.   Coos.  K.  C.  3 ,  82  u.  Cornel. 

Lont.  No.  28. 


XX.    HORTENSII.  (7.)  105 

Grossen  besass  er  meLrere  in  der  Niihe  der  Stadt,  um  zu  jeder 
Zeit,  auch  wenn  er  sich  nicLt  weit  und  nicht  lange  von  ilir 
entfernen  wollte,  die  Müsse  gemessen  zu  können.  Diesen  Zweck 
erreichte  er  insbesondre  durch  eine  Anlage  vor  dem  flumen- 
tanischen  Thore,  nach  seinem  Tode  ein  Eigenthnm  des  BI.  Coe- 
lius, '  -)  jedoch  auch  durch  anderf  Villen  in  Latiuiu,  bei  Laureutum 
an  der  Küste  mit  einem  Park  und  Thiergarten, '^)  und  bei 
Tusculuni.  ")  Sie  wurden  von  dem  Gute  bei  Baiili  in  Cam- 
jianien ,  ' ')  zwischen  Slisenum  und  Bajä,  26  Stadien  von  Pu- 
teoli, '*)  nach  welchem  es  auch  benannt  wird,'")  an  Glanz 
und  jeder  Zuriistung  zum  Wohlleben   bei  weitem  iibertroifen. 

Der  Besitzer  war  nicht  bloss  reich,  sondern  er  erfreute  sicli 
auch  einer  dauerhaften  Gesundheit,  welches  Cicero  ebenfalls  be- 
rechtigte, ihn  glücklich  zu  preisen;  nur  in  den  beiden  letzten 
Jahren  drückten  ihn  die  Beschwerden  des  Alters.'^)  Ohn- 
erachtet  der  Bewunderung,  welche  sein  ausgezeichnetes  Redner- 
talent ihm  sicherte,  wollte  er  auch  durch  sein  Aeusseres  gefallen. 
Seine  Kleidung  war  mit  Hülfe  des  Spiegels  so  sorgfältig  geordnet, 
die  Toga  in  so  viele  zierliche  Falten  gelegt ,  wie  man  es  etv^'a 
von  einem  Schauspieler  erwartete,  und  da  er  überdiess  in  seinen 
Geberden  mehr  Kunst  und  Anmuth  zu  zeigen  suchte,  als  es 
dem  ernsten  Redner  geziemte ,  so  nannte  L.  Torquatus  ihn  Dio- 
njsia,  der  Name  einer  Tänzerin. 'ä)  Dem  entsprachen  seine 
Umgebungen,  besonders  auf  dem  Lande,  die  Gebäude,  das  Haus- 
geräth ,  die  kostbaren  Gemälde ,  Statuen  und  übrigen  Kuust- 
schätze.  ' ")  Ausserdem  aber  vermisste  man  auch  nichts,  wa,s  zo 
einem  üppigen  Leben  erforderlich  ist.  In  seinen  Kellern  fanden 
sich  mehr  als  10,000  Fässer  Wein,  und  Spötter  versicherten,  er 
habe  ihn  auch  zum  Begiessen  der  Bäume  gebraucht,    welcJie  ihm 


72)    ad  Ätt.    7,  3.    }.  6.  73)   Varro  de  re  r.  3,  13:    Qnod   non 

leporarium  sed  0)jniotQO(fiioy  appellabat.  74)   Plin.  35,  40  (11).  J.  26. 

Jlacrob.  Sat.  2,  9.  75)    Cic.  Acad.  prior.  2,  3,  40.     l'liii.  9,  81   (55), 

Varro  de  re  r.  3,   17.  76)    Tacit.  A.  14,  4.    Dio  59,   17.  77)  Cic. 

ad  Att.  1.  c.     Später  besass  es  Symiuacljus.    Symm.  Epist.  1,  1.  78)  Brut, 

1,  96.    ad  Au.  5,  2.  79)    Gell.  1,  6.    Macrob.  I.e.     Vgl.  Cic.  Brut.  83. 

Val.  M.  8,  10.   §,  2.  80)  Plut.  Cic.   7.    Ai>cphlh.  Reg.  et  luip.  p.  104. 

V.    8.    ed.    Uutl.    Pliu,  34,   18  (8).    35,  40  (11).  §.  36.     ^uiiuil.  6,  3. 

;.  98. 


lOG  XX.    HORTENSn.  (7.) 

vorzüglich  wertli  waren.  * ')  Der  Wald  von  Lanrentum  lieferte 
Wild;  es  war  angeblich  dazu  abgerichtet,  vor  seinein  Herrn  zn 
erscheinen,  wenn  der  Sanger  Orpheus  es  herbeirief.  *^)  Gleiche 
Gelehrigkeit  zeigten  die  Fische  in  den  Teichen  von  Bauli,  die 
besten  und  seltensten  Arten,  und  nicht  bloss  für  den  Gaumen 
bestimmt ,  obgleich  Hortensiu''  welcher  bei  seinem  Angural  - 
Schmause  zum  ersten  Male  Pfauen  auf  die  Tafel  brachte,'^) 
ohne  Zweifel  auch  in  dieser  Hinsicht  eine  Auswahl  zu  treffen 
wusste.  *')  Er  sorgte  für  die  Erwärmung  des  Wassers,  für 
gutes  Futter,  war  hoch  erfreut,  wenn  die  Fische  es  aus  seiner 
Hand  nahmen,  *  ^)  und  veranlasste  dadurch  manche  üble  Nachrede. 
Denn  man  sagte,  ihre  Krankheit  betrübe  ihn  mehr,  als  die  Krank- 
heit seiner  Sclaven ;  er  habe  sogar  den  Tod  einer  Muräne  be- 
weint, welches  wahrscheinlich  vom  Redner  L.  Crassus  auf  ihn 
übertragen  ist,'*)  und  vor  Allen  spottete  Cicero  über  ihn,  über 
Lucilius,  Philippns,  die  Lucullus  n.  A. ,  von  welchen  er  behaup- 
tete, dass  die  Pflege  ihrer  Fische,  worin  sie  es  einander  zuvor 
zu  thun  suchten,  ihnen  wichtiger  sei,  als  die  Erhaltung  der  Re- 
publik; ")  er  X'siisste  allerdings  seine  Müsse  besser  anzuwenden. 
Indess  tadelte  man  Hortensius  nicht  bloss  wegen  seiner 
üeppigkeit.  Alan  beschuldigte  ihn,  dass  er  sich  nicht  auf  die 
rechtlichste  Art  die  Mitlei  dazu  verschaffe.  Cicero  woUte  in  den 
Büchern  von  den  Pflichten  durch  ein  Beispiel  beweisen,  dass 
mitunter  auch  solche,  welche  für  ehrliche  Leute  gelten,  den  Vor- 
theil  der  Tugend  vorziehen;  '^)  er  entnahm  es  aus  dem  Leben 
des  Hortensius.  Betrüger  überbrachten  aus  Griechenland  ein 
untergeschobenes  Testament  des  reiclien  Minucius  Basilus,  worin 
mit  ihnen  Hortensius  und  M.  Crassus  zu  Erben  eingesetzt  waren, 
damit  ihr  Ansehn  die  Ausführung  des  Plans  sicherte.  Obgleich 
die  beiden  Optiraaten  Satrius,   den  Neffen  des  Verstorbeneu,  als 


81)    riin.  14,  17  (14).    Macrob.  Sat.  2,  9.  82)   Varro  de  re  nisf. 

3,   13.     Plin.   8,  78  (i2).  83)    Vairo  3,  6.    Macrob,  1.  c.    Plin,  10, 

23  (20).     TertuU.    de   pallio    p    56.    ed.  Liigd.  Bat.    n.  A.  84)    Varro 

3,  3.    PUn.  9,  79  (54).   Macrob.  2.  11.  85)   ad  Att.  2,  1.  }.  6.   Varro 

3,    17.  80)    Varro    !.  c.    Plin.    9,  81  (55).     Macrob.  1.  c.     S.    Licinii 

Crassi.  87)     Pisciiiarii.     1'is.ciiiaviiiii    Tritoues,     ad   Att.    1  ,    18.    §.    8. 

19.  §.  6.  20.  §.  4.    2,  1.  §.  6.   9.  §.  2.     Paradoxa  V,   2.    Macrob.  Sat.  1.  c. 
88)    Uaec  cousiduromus,  <iiiae  faciiiiit  ii,   qui  Uabeulur  Loiü.     de  olT.  3,  18. 


XX.    HORTENSn.  (8.)  107 

den  recLtmässIgen  Erben  kannten,  so  wiesen  sie  den  Gewinn 
docb  nicLt  zurück,  da  man  sie  nicht  als  UrLelier  des  \  erbrecLens 
belangen  konnte,  *'')  und  diess  lässt  nun  freilicli  TermntLen,  dass 
„das  Licht  der  Curie,  die  Zierde  des  Markts"  auch  in  anderen 
Fällen  käuflich  war,  wie  sein  Nebenbuhler  besonders  in  den 
Verrinen  ihm  vorwarf. 

Das  Sittengesetz  wurde  Horfensins  nirgends  hinderlich,  wenn 
auch  seine  schlüpfrigen  Lieder  nicht  eben  Ton  einem  unzüchtigen 
Leben  zeigten,  ^ ")  und  Plutarch  bemerkt,  dass  er  in  dieser  Hin- 
sicht keinen  Ansfoss  gegeben  habe.  ^')  Seine  Verbindung  mit 
Marcia,  der  Gemahlinn  des  M.  Cato  war  denn  doch  sehr  be- 
fremdlich.") —  Von  seinen  Anlagen,  Kenntnissen  und  Schriften 
zu  sprechen,  würde  überflüssig  sein.  ^^') 

8.  Lutatia.  Gemahlinn  des  Vorigen.  Tochter  des  Redners 
Q.  Lutatias  Catolus,  welcher  a.  102  mit  C.  Blarius  Consul 
war,  ^*)  und  der  Servilia.  ^^) 

9.  (Blarcia.)  Tochter  des  L.  Marcins  Philippus  und  Ge- 
mahlinn des  M.  Cato.  Ihre  Verhältnisse  zu  Hortensius  (No.  7) 
sind  eben  so  seltsam,  als  die  Nachrichten  darüber,  so  fern  sie  zu- 
gleich erklärend  sein  sollen,  ungereimt,  wenn  auch  die  Thatsache- 
selbst  nicht  geläugnet  werden  kann.  Jener  bewarb  sich  an- 
geblich ans  Achtung  gegen  Cato ,  und  um  dessen  Tugenden  auch 
in  seine  Familie  zu  verpflanzen ,  um  seine  Tochter  Porcia ,  die 
Gemahlinn  des  noch  lebenden  M.  Bibulns;  ^^'')  wenn  er  Nach- 
kommen von  ihr  habe,  und  ihr  Gatte  es  wolle,  könne  sie  zu 
ihm  zurückkehren.  Auf  die  Bemerkung  des  Vaters,  dass  es 
unschicklich  sein  werde,  wenn  seine  Tochter  diesen  Wunsch  er- 
fülle ,  da  sie  schon  verheirathet  sei ,  bat  Hortensius  zu  gleichem 
Zweck'  um  seine  eigene  Gemahlinn  Marcia,  und  sowohl  Cato 
als  Philippus  wUligten  ein;  die  Frau  wurde  ihm  geliehen,  und 
nach  seinem  Tode  nahm  Cato  sie  wieder  auf.  ä"*)     Sie  war  nicht 


89)    Cic.  1.   c.    Paraa.   VI.  1.    Val.  M.  9,  4.  §.  1.  90)  OtiiL  Trist. 

2,  441.    GeU.  19,  9.  91)  Cato  m.  25.  92)  Unten  No.  9.  93)  S. 

die  im  Anfange  dieser  Ko.  angeführte  Abhandlnng  Ton  Liizac.  94)  Cic. 

de  op.   3,  61.     S.  die  folg    No.  93)   Cic.  Verr.   2,  8.  95 b)    Cal- 

pnrnii   No.   38.  96)     l'lnt.   Calo  52.     App.  2,  490.     Er  Tcrmählte  sich 

uiclit  Ton  neuem  mit  ilir,    sie  wurde  auch  nicht  seine  Concuhine ,    sondern 
das  alte  Verhällidüs  trat  wieder  ein,  es  wurde  lücht  als  aufgehoben,  souderu 


108  XX.    HORTENSn.  (10.) 

vou  iLin  g'escLIeden,  und  lebte  folglicli  mit  Hoffenshis  nicLt  in 
Jer  Ehe,  wobei  es  sich  noch  besonders  fragt,  ob  dieser  sich  toi» 
Lutatia  getrennt  oder  sie  durch  den  Tod  verloren  hatte;  das 
zweite  ist  das  wahrscheinlichste,  da  zwischen  thm  nnd  ihrem 
Bruder  O.  Catuliis  stets  ein  g-utes  Vernehmen  bestand,  und  ohne 
Zweifel  war  sie  auch  die  Mutler  seiner  a.  50  schon  erwachsenen 
Kinder.  A])pian  meldet  freilich,  er  habe  sich  mit  Marcia  ver- 
bunden, weil  er  sich  nach  Rindern  sehnte,  und  keine  fruchtbare 
Gemahlinn  besass,  aber  jeder  iirtLeilte  über  seine  Bewegungs- 
griinde  verschieden ;  Cäsar  behauptete  sogar  in  seiner  Schrift 
gegen  Cato,  dieser  habe  mit  seiner  Gemahlinn  Handel  getrieben, 
welche  mit  grossem  Reichthurae,  dem  Vermächtnisse  des  Horteu- 
sius,  wieder  zu  ihm  gekommen  sei.  ^')  Aus  Allem  aber  geht 
hervor,  dass  ihre  Hingebung  Aufsehn  erregte,  und  der  wahre 
Gnind,  durch  welchen  Hortensius  bestimmt  wurde,  unbekannt  ist. 
Ihn  verblendete  nicht  die  Liebe ,  denn  er  forderte  anfangs  eine 
Andre,  auch  nicht  die  Bewunderung  der  Tugenden  seines  Freun- 
des, wie  ein  Blick  auf  sein  eigenes  Leben  beweis't,  und  wenn 
jene  sich  durch  Zeugung  vererben  Hessen,  so  war  ja  doch  nur 
Porcia,  nicht  Blarcia  dazu  fähig.  Auf  der  andern  Seite  liegt 
ein  Widerspruch  darin,  dass  Cato  in  der  Ehe  seiner  Tochter  ein 
Hinderniss  fand,  ohne  Bibulus  um  die  Verzichllelstung  auf  seine 
Rechte  auch  nur  zu  ersuchen,  während  das  ehliche  Band  Älarcias 
ohne  Bedenken  auf  unbestimmte  Zeit  gelös't  und  zugestanden 
wurde,  was  nicht,  wie  Strabo  sagt,  alte  römische  Sitte  war.  ^') 

10.  O.  Hortensius  Horlaliis.  « »)  O.  F.  L.  N.  Sohn  des 
Redners,  wahrscheinlich  von  Lnfatia. '°°)  Wenn  er  eine  natür- 
liche Neigung  zur  Schlechtigkeit  hatte,  ')  so  wurde  ihr  durch 
die    Erziehung    wenigstens    nicht    entgegen    gewirkt.      ]Mag    der 


nur  als  nQterbrochen  betrachtet ;  deshalb  kann  man  Ileinecc.  Ant,  R.  AppeuJ. 
1.  I.  c.  1.  No.  47.  p.  2C8.  cd.  llaub.  nicht  darin  l)ei]itiichlen ,  dass  Cato 
sich  wirklich  geschieden  habe,  seine  in  Form  des  Kaufs  entstandene  Ehe 
getrennt  sei.     ( Remancipaiio. )  97)    Plut.  1.  c.  98)    l'Iutarch  Cato 

23.  52.  App.  1.  c.  Straho  II,  514.  515.  (Juinül.  3,  5.  §.  11.  10,  5.  >;.  13. 
Lncan.  2,  326  f.  Tertull.  Apol.  39.  Aiiguslin  de  lide  et  oper.  7.  de  bono 
lOnj.   18.     Hieronjm.  in  loviu.   1,  27.  99)    Ueher  den  Ziinanicu    s.  die 

Kinleitung  zur  Oeschichto  dieses  Oesclilechls  A.  7üu.  7J.  100)  S.  No.  9. 

]>    ad  Atl    10,  4.  ^.  I. 


XX.    HORTENSn.  (10.)  109 

Freig-elassene  Salvlus,  welclier  lim  verdorben  Laben  soll,  ')  sein 
Pädagog  gewesen  sein,  oder  sich  S]);iter  seines  Vertrauens  be- 
inäcLligt  Laben,  so  gieng  er  im  elterlichen  Hanse  nicht  durch  die 
Schale  der  Massigkeit  und  der  Ordnung.  Die  Folgen  zeigten 
sich  schon  bei  Lebzeiten  seines  Vaters,  welcher  ihn  als  einen 
Ungeralhenen  Verstössen  und  den  Sohn  seiner  Schwester  Messala 
zum  Erben  einsetzen  wollte,  diesen  Entschlnss  jedoch  änderte.  ') 
Aber  er  entfernte  ihn,  denn  im  J.  50  war  der  jüngere  Hortcnsius 
ohne  ein  öffentliches  Geschäft  in  der  Provinz  des  Cicero.  Der 
Proconsul  zog  ihn  nur  einmal  an  Tisch,  um  den  Anstand  zu 
beobachten,  und  doch  auch  dem  Vater  bei  dem  entschiedenen 
Zerwürfnisse  zwischen  ihm  und  dem  Sohne  nicht  zu  missfallen. 
Ueberdiess  betrug  sich  der  Letztere  auch  hier,  in  Laodicea,  wiili- 
rend  der  Fechterspiele  sehr  ungeziemend,  weshalb  Cicero  um  so 
mehr  auf  seine  Bitte,  mit  ihm  nach  Rom  zuriicki-eisen  zu  dürfen, 
zwar  nicht  ablehnend,  aber  doch  kalt  antwortete.  *)  Er  selbst 
hatte  nur  zum  Schein  darauf  angetragen;  die  Nachricht  vom  Ab- 
leben seines  Vaters  nölLigte  ihn  zur  Eile ,  und  überhob  ihn  der 
lästigen  Aufsicht  eines  Gefährten. 

Als  Sohn  eines  reichen  Älannes  hatte  er  leicht  Gelegenheit 
zu  Anleihen  gefunden.  Die  Wucherer  wollten  nun  aber  be- 
friedigt sein,  und  er  veräusserte  sein  Erbtheil,  auch  die  schöne 
Villa  bei  Bauli ,  nach  welcher  ohnerachtet  seines  steten  Geld- 
mangels und  der  unruhigen  Zeiten  Cicero  gelüstete,  da  er  schon 
eine  andere  in  der  IVähe,  bei  Puteoli,  besass;  daher  seine  Er- 
kundigungen bei  Afticus  über  den  Verkauf.  ^)  Durch  die  Er- 
eignisse des  J.  49  wurde  der  Plan  vereitelt.  Hortensius  betrachtete 
den  Bürgerkrieg  gleich  vielen  anderen  Wüstlingen  auf  beiden 
Seiten  als  einen  Hafen,  worin  er  Sicherheit  finden  und  sich  er- 
holen könne.  Das  Recht  kam  nicht  in  Frage,  sondern  die  Wahr- 
scheinlichkeit des  Siegs,  und  da  Cäsar  der  Stärkere  war,  so  g'ieng 
er  zu  ihm.  Er  wurde  mit  einigen  Cohorten  über  den  Rubicon 
vorausgeschickt,  Ariminum  zu  besetzen,  und  war  folglich  der 
Erste,    welcher   die   Gränzen   der  Provinz   überschritt.  ^)      Dann 


2)   ad  Alt.  10,  18.  3)  Val.  M.  5,  9.  §.  2.     Oben  ^o.  7.  §.  S.  A.  49. 

k)   ad  Au.  6,  3.  J.  5.  5)  Das.  7,  2.  §.  6.  3.  f.  6.  6)  riul.  Caes.  32. 

Suet.  Caes.  31.    S.  Caes,  Dict. 


110  XX.    HORTENSn.  (ll.) 

kreuzte  er  mit  einer  Abtlieilnng'  der  Flotte  im  imtem  oJer  fyr- 
rLeniscLen  Meere,  und  versprach  auf  das  Fürwort  des  C.  Curio, 
welcher  im  April  M.  Cato  von  Sicilien  vertrieb,  dass  er  C'iceros 
Absicht,  sich  von  Italien  zu  entfernen,  nicht  entgegen  sein  werde. 
Diess  wiederholte  er  im  Blai  in  den  verbindlichsten  Ausdrücken 
bei  einer  Landung  der  Gemahlinn  Ciceros  Terenlia  und  dann 
ihm  selbst  auf  dem  Pompejanum;  aber  er  durfte  nicht  befördern, 
was  M.  Antonius  als  Stellvertreter  Cäsars  untersagte,  und  wurde 
deshalb  der  "Wortbrüchigkeit  beschuldigt.  ^ '')  Sein  Aufenthalt  im 
westlichen  Meere  hatte  keinen  Zweck  mehr,  da  die  feindliche 
Flotte  sich  unter  AI.  Bibulns  im  adriaüschen  zusammen  zog.  Als 
er  mit  P.  Dolabella  u.  A.  die  Küste  von  Illjrien  zu  decken 
versuchte,  wo  C.  Antonius  als  Legat  stand,  wurde  er  mit  dea 
Uebrigen  von  AI.  Octavius  und  L.  Libo  geschlagen.  '')  Diess 
geschali,  ehe  Pompejus  in  Thessalien  unterlag,  und  seitdem  wird 
er  in  Cäsars  Geschichte  nicht  mehr  erwähnt. 

Der  Dictator  halte  für  das  J.  44  ihm  und  für  das  nächste 
M.  Brutus  Macedonien  zur  Provinz  bestimmt.  Er  verwaltete  es 
mit  dem  Titel  eines  Proconsuls.  Allein  M.  Antonius,  welchen 
das  Verbrechen  vom  15.  Blärz  zum  Beherrscher  von  Rom  erhob, 
schickte  am  Ende  des  Jahrs  seinen  Bruder  Cajus  als  Statthalter. 
Bereits  früher  war  Brutus  angelangt;  Hortensius  erkannte  die 
Rechte  des  Befreiers  an,  und  half  ihm  ein  Heer  errichten,  wo- 
durch er  sich  nach  Cicero  als  ein  trelfücher  Bürger  und  seiner 
Hnd  seiner  Ahnen  würdig  zeigte,  und  gültige  Ansprüche  auf  ein 
Belobungs-Decret  des  Senats  erwarb.  *)  Im  März  43  musste 
sich  C.  Antonius  in  ApoUonia  ergeben ;  man  schonte  ihn  bis  die 
Triumvirn  proscribirlen,  worauf  Hortensius,  welcher  auch  geäch- 
tet •* '')  und  in  der  Provinz  geblieben  war,  während  Brutus  nach 
Asien  gieng,  den  Gefangenen  im  Anfange  des  J.  42  auf  dessen 
Befehl  durch  C.  Clodius  tö'dten  Hess.  ^)  Zur  Vergeltung  wurde 
er  nach  den  Schlachten  bei  Philippi  auf  dem  Grabe  des  Ermor- 
deten hingerichtet.  ' ") 

11.      Hortensia.      Schwester   des  Vorigen.      Auf  ihr   ruhte 


6b)    ad  Att.   10,  12.  IG.  17.   18.     App.  2,  453.    Gros.  C,   15.     1.  Th. 
S.  70.  A.  15.  7)    Oios.  6,  15.    1.  Th.  S.  524.    Coinel.  Dol.ib.  No.  10. 

§.    1.  S)     10   riiil.    C.    11   fiii.  8*)    App.  4,  008.  9)    1.  Th. 

S.  2li2.  A.  U8.    S.  2ü7.  A.  :J1.    S.  525.  52Ü.  10)    l>ab.  S.  520.  A.  17. 


XX.    HORTENSn.  (12.)  m 

Jer  Geist  des  Vaters.  ' ')  .Sie  sprach  a.  42  mit  grosser  Fieredt- 
samkeit  fiir  sich  uud  die  anderen  reichen  Frauen  und  Erbinnen, 
■v^'elcLe  die  TriumTirn  zum  BeLufe  des  Kriegs  mit  Brutus  und 
Cassius  besfenern  -wollten,  nnd  erreichte  zum  Theil  ihre  Absicht, 
da  auch  das  Volk  seinen  Unwillen  über  die  Forderung  zu  er- 
kennen gab.  ") 

12.  9.  Hortensins  Corbio.  Q.  F.  Q.  N.  Sohn  von  No.  10. 
Sein  Vorname  findet  sich  nicht,  wenn  er  aber  von  dem  Folgen- 
den, Marcus,  verschieden  v\ar,  so  hat  man  Grund,  ihn  fiir  dea 
altern  zu  halten,  aufweichen  in  der  Regel  der  Vorname  des  Vaters 
iibergieng',  und  eben  diess,  dass  der  andre  nicht  hiess,  wie  der 
Vater,  lässt  auf  einen  ähern  Bruder  schliessen.  Dazu  kommt  die 
Bezeichnung  Corbio,  welche  weder  durch  Entstellung  aus  Hor- 
talus  entstanden  sein,  noch  als  Beiname  auf  denselben  Enkel  des 
Redners  (No.  13)  bezogen  werden  kann.  '^)  Denn  die  Nach- 
richten, welche  Valerius  Älaximus  über  das  Privatleben  des  Corbio 
mittheilt,  darf  man  nicht  auf  JMarcus  deuten.  Wenn  dieser  sich 
schaamloser  als  öffentliche  Dirnen  zu  schändlicher  Lust  herlieh, 
so  würde  Augustus  bei  seinem  Abscheu  vor  solchen  Sitten  ihn 
nicht  unterstützt,  Tiberius  bei  der  Weigerung,  ihm  in  der  Noth 
zu  helfen,  daran  erinnert  haben,  und  Tacitus  könnte  ihm  nicht 
die  Worte  in  den  IMund  legen,  er  habe  vor  seiner  Heirath  dahin 
gestrebt,  seine  Ai-muth  mit  Würde  zu  ertragen,  und  niemandem 
lästig  za  werden.  '*)  Wie  ist  auch  nur  von  einem  Familien- 
Vater  zn  glauben,  nicht,  dass  er  in  seiner  Jugend  sich  verirrte, 
goudem  zuletzt  that ,  mit  dem  endigte,  was  das  Schaamgefühl 
auszusprechen  verbietet?  '^)  Da  Marcus  sich  auch  deshalb  ver- 
mählte, damit  sein  Geschlecht  nicht  erlöschen  möge, '  ^)  so  scheint 
Corbio  damals  schon  gestorben  zu  sein. 

13.  BI.  Hortensius  Horfalus.  O.  F.  O.  N.  Bruder  des 
Vorigen,  ein  Enkel  des  grossen  Redners,  ohne  dessen  Talent, 
ohne  Ansehn  und  dem  Bettelstabe  nahe.''')  Augustus  wollte 
den  Erben  eines  berühmten  Namens  nicht  gänzlich  sinken  lassen ; 


11)    Val.   M.    8,    3.    §.    3.     Onintil.    1,    I.    §.    6.     App.  4,  608.  609. 
12)    Dies.     S.   1.  Th.  S.  381.   A.  95  f.  13)   Das  eine  oder  das  Andre, 

meint    Lips.    p.    55    zu   T.icit.    A.    2,    37,    sei    nolli wendig.  14)    1.   c. 

15)    Valer.  M.  3,  5.  j.  4.  16)    Tacil.  1.  c.  17;  Tacil.  A,  2,37.38. 

Ouaiuvis  domus  tlorlensü  i>udcudaiu  ud  iuopiam  dulabciclur. 


112  XX.    nORTENSn.  (14.) 

er  gab  ilim  250,000  Denare  oder  1  IMillion  Sesfertien,  •*)  damit 
er  Senator  bleiben  konnte,  und  trieb  ihn  zur  Heiradi  an,  wie  er 
pflegte.  So  zeugte  er  vier  Rinder;  bald  aber  nötliigte  ibn  der 
Maugel,  Tiberius  um  Unterstützung  zu  bitten,  welcher  ihn  im 
Senat  unfreundlich  beschied,  und  dann  zwar  den  Söhnen  eine 
Summe  bewilligte,  aber  einmal  für  immer.  '^) 

14.  Hortensia.  Schwester  des  Redners.  Gemahlinn  des 
M.  Valerius  Blessala  und  JMutter  des  gleichnamigen  Consuls  vom 
J.  53,  welchen  ihr  Bruder  a.  51  gegen  die  Anklage  wegen 
Bestechungen  vertheidigte  und  zum  Erben  einsetzen  woUte.  ^°) 

15.  L.  Hortensius.  ^ ')  Legat  Sullas  im  ersten  mithrida- 
tischen  Kriege.  Er  fiihvte  ihm  Truppen  nach  und  stiess  mit 
6000  Älann  zu  ihm,  worauf  er  a.  86  bei  Chäronea  sich  aus- 
zeichnete und  ohne  Zweifel  auch  bei  Orchomenos.  ^  ^) 


18)  So  viel  sollte  nach  piner  Bestiminnng  des  Kaisers,  welcher  früher 
yreniger  nnd  später  mehr  forderte,  das  Vermögen  eines  Senators  betragen. 
Dia  54,  17.  Snet,  Octav.  41  n.  das,  Baumgart. -Crnsins.  Tacit.  1.  c. 
19)   Tacit.  1.  c,  20)   Oben  No.  7.  §.  S.  A.  49.   Ko.  10.  A.  3.    2.  Tli. 

S.  508.  A.  97.  21)   Der  Vorname   findet  sich  bei  Memn,  32  (34),    ed, 

Orell.  22)  Fiat.  Sulla  15.  17.  19.   Dio  fr.  I2S.   Memn.  1,  c. 


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Jralriciscb  und  plebejisch. 

Familien :  luliis,  Menfo,  Caesar,  welcte  entücliieden  patrIciscL 
waren,  Bursio,  Libo,  Pelignns,  Vindex,  Rufiis,  Seqiiestris.  Hier 
Laiidelt  es  sich  Dur  um  die  lulii  Caesares. 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  das  Geschlecht  der  Julier 
zu  den  ältesten  gehörte;  sie  werden  in  der  Geschichte  des  Ro- 
luuhis  erwähnt,-^)  und  gelaug-ten  schon  im  ersten  Jahrhunderte 
der  Republik  zu  den  höchsten  Würden.  Um  so  leichter  konnte 
Cäsar,  der  Dictator,  nach  der  .Sitte  seiner  Zeit"*)  noch  weiter 
zurückgehen.  Aeneas,  der  Sohn  der  Venus  und  des  Anchises, 
gründete  Lavinium,  und  sein  Sohn  von  Lavinia  Ascanius,  auch 
Julus  genannt,  Alba  Longa,  ^  ')  nach  dessen  Eroberung  der  König 


23)    Liv.    1,  16.  24)    1.  Th.  S.  59.    2.  Th.  S.  59.  25)   Liv. 

1,  1.  3  lässt  es  auf  sich  beruhen  —  quis  enim  rem  tarn  -vetercm  pro  certo 
afErmet?  —  ob  Julns  nicht  Tielmehr  ein  älterer  Sohn  des  Aeneas  von 
Crensa  und  schon  in  Ilium  geboren  war.  Nach  der  Sage  landeten  lUer  in 
Latinm  und  erbauten  Alba ,  ans  welchem  die  Julier  nach  Rom  versetzt 
wurden ;  ( S.  unteu )  als  man  sich  mit  deren  Abkunft  beschäftigte,  genügte 
eine  solche  allgemeine  Ableitung  nicht;  man  bedurfte  einen  einzelnen,  be- 
stimmten Hier,  ihn  als  Stammvater  aufzustellen,  und  nannte  ihn  Julus» 
Unter  den  Griechen  war  diess  das  ganz  gewühuliche  Verfahren,  wodurch 
sie  einen  Anfangspankt  in  der  Geschichte  ihrer  Völkerschaften  und  Lander 
gewannen  imd  deren  Namen  erklärten.  Die  Namen  der  Stammväter  waren 
grösstpntheils  von  den  Völkerschaften  und  Ländern  entlehnt,  da  man  aber 
später  das  Gegenlheil  glaubte,  so  versuchte  man,  sie  zu  deuten.  Die  Julier 
sollten  von  Ascauius,  einem  Sohne  des  Aeneas  und  Enkel  der  Venus  ab- 
stammen; deshalb  behauptete  man,  dass  jener  auch  Julus  hiess,  und  erfand 
Mährchen,  um  es  zu  rechtfertigen,  Mit  Hülfe  der  Etymologie  kam  man 
zum  Ziel.  Aeneas  Sohn,  sagt  Servius  zu  Virgil.  Aen.  1,  271,  wurde  zuerst 
nach  dem  gleichnamigen  phrygischen  Flusse  Ascanius  genannt,  dann  Uns 
nach  dem  Könige  Uns,  und  als  er  Mezentius  erlegt  hatte,  und  in  dieser 
Zeit  sein  Barthaar  zn  wachsen  anJleng,  (lanugo,  l'ovXoe)  Julus.  Wenn 
man  auf  die  Geschlechts -Register  keine  Rücksicht  nahm,  so  erhielt  man 
auf  rein  etymologischem  Wege  ein  anderes  Ergebniss:  oii/of  heisst  im 
Griechischen  ein  Bündel  Aehrcn,  OuXti  ist  ein  Beiname  der  Demeter, 
lovlog  ein  Hymnus  zu  Ehren  der  Göttinn,  (Athen.  14,  p.  618.  ed.  Casaub. 
und  die  Schiif (steiler,  welche  von  Hüllmann  De  orig.  Damii.  Bonn  1818 
angeführt  sind)  deren  Dienste  sich  demnach  dio  Julier  durch  fleissigen 
Anbau  des  Bodens  vorzugsweise  widmeten. 


XXr.    lULU.  115 

Tallus  Hostilins  die  JuIIer  nach  Rom  verpflanzte  und  ^nter  die 
Patricier  aufnaLm.  ^^)  Als  Cäsar  za  Ehren  der  Julia,  der 
Schwester  seines  Vaters,  eine  Leichenrede  hielt,-')  betheuerte 
er,  dass  sie  den  Göttern  ver\randt  sei,  den  Aeneaden,  ■welchen 
Rom  nach  Einigen  das  PaUadinm  verdankte.  °  *)  Er  -wählte  den 
Namen  seiner  Stammmutier,  der  Venus  Genetrix  hei  Pharsalns 
und  bei  Munda  zum  Feldgeschrei ,  '*)  gelobte  ihr  dort  einen 
Tempel,*")  setzte  ihr  Bild  auf  die  Münzen,*')  und  g-ab  den 
lliensern,  auf  deren  Gelde  man  ihn  und  Aeneas  erblickte.  Län- 
dereien ,  Freiheit  und  Immunität.  *  -)  Seine  Blacht  und  das  An- 
sehn der  Dynastie,  welche  er  stiftete,  verschaffte  ihm  Glauben; 
mochten  Zeitgenossen  über  den  Sohn  der  Göttin  spotten,**) 
und  einzelne  Geschichtschreiber  von  einem  dunkeln  Alterthnme 
sprechen,  * ')  so  vernahm  man  doch  bei  ihnen  und  bei  den  Dich- 
tern den  Nachhall  seiner  Rede,  * ')  in  welcher  er  auch  den  König 
Ancns  Blarcius  zn  Julia's  Ahnen  zählte,  weil  ihre  IMutter  Blarcia 
hiess.  *^) 

Aber  er  selbst  erhob  das  julische  Geschlecht  über  aUe  an- 
deren, und  durch  ihn  wurde:  Cäsar  die  Bezeichnung  der  höchsten 
irdischen  Grösse.  * ')  Um  so  mehr  ist  es  zu  beklagen,  dass  man 
nicht  weiss ,  welcher  unter  seinen  \  orfahren  diesen  Zunamen 
zuerst  erhielt,  und  was  dazu  Veranlassung  gab.     Spartianus  stellt 


26)    Dionys.    H.    3,    29.     Tacit.    A.    11,    24.  27)    Snet.   Caes.  6. 

28)    Dionys.  H.  1,  69.  29)    App.  2,  475.  493.  30)    Ders.  2,  470. 

492.    Die  43,  22.    Snet.  Caes.  61.  84.     S.   Caes.  Dict.  31)  MoreU.  thes. 

Caes.  Tab.  IV.  V.     Eckh.    6.    p.    4  f.  32)    Strato    13,    594.     aioreU. 

Ihes.  Caes.  Tab.  VIII.  Nero  „der  secbste  nnd  letzte  Erbe  der  Aeneaden" 
(Anson.  Caesares  VI.  Nero)  erbat  wegen  dieser  jVbstammnng  TOm  Kaiser 
Clandins  Gnadeiibezeugnngen  für  sie.     Tacit.   A,   12,  58.  33)    ad  Fam. 

8,   15  fin.  34)     LiT.    1  ,    3.     Tacit.  1.  c.     Aliaqne   band   i>rocnl   fabulis 

Tetera.  35)    Liy.  1.  c.    Dionys.  H.  1,  70.    Dio  41,  34.    43,  22.   44,  37. 

App.  2,  470.  524.  3,  536.  Strabo  1.  c.  Vellej.  2,  41.  Sueton.  Caes.  6. 
49.  81.  A.  Vict.  de  orig.  gent.  Rom.  15.  Euseb.  Cbron.  1,  46.  5.  3.  cd. 
Maji.  Virgil.  Aen.  1,  271.  274.  290.  6,  789.  Ovid.  Fast.  4,  35.  S,  563. 
Bletam.  13,  623.     Lncan.  3,   213.     9,  995.    Anson.  1.  c.  36)    Sueton 

Caes.    6.     Unten  Ko.    28.  37)    Spartian.   im   Ael.    Ver.    1:    Clamm  et 

dnraturmn  cum  eeternitate  mnndi  nomen.  Gell.  19,  8.  Vilellins  wollte 
nicht  so  genannt  sein ,  bis  er  znletzt  ans  Furcht  darin  willigte.  Tacit.  H. 
I,  62.    3,  58.    Vlut.  Galba  22.    Snet.  Vitell.  8. 

8* 


116  XXI.    lULII. 

die  verschiedenen  Meinungen  zusammen;'')  er  fand,  dass  die 
Gelehrtesten  annahmen,  ein  Jiilier  Labe  einen  Elephanten,  t'iisar 
in  der  Sprache  der  Mauren,  in  der  Schlacht  erlegt.  Wenn  man 
aber  diess  Verdienst  dem  Grossrafer  des  Dictators  zuschreibt, 
welcher  angeblich  in  Africa  mit  eig-ener  Hand  ein  solches  Tliier 
tödtete,^^)  so  beweis't  die  Geschichte,  dass  er  nicht  der  erste 
Cäsar  war.  ÜVach  Anderen  wurde  die  Geburt  eines  Julier  durch 
einen  Einschnitt  in  den  Leib  seiner  Mutter  bewirkt.''")  Aurelia, 
die  Mutter  des  Dictator,  lebte  noch,  als  er  öffentliche  Aemter 
verwaltete ,  und  überdiess  g'ab  es  schon  Cäsaren  unter  seinen 
Ahnen;  folglich  hat  der  Kaiserschnitt  den  Namen  nicht  von 
ihm.  *  ' )  Gleich  willkiihrlich  ist  die  Erklärung-,  ein  Römer  dieses 
Geschlechts  sei  mit  starkem  Haupthaare  g-eboren,  oder  habe  blaue 
und  lebhafte  Augen  g-ehabt.  '' ')  Wenn  man  überhaupt  eine 
Deutung-  wagen  will,  so  ist  die  erste  allen  anderen  vorzuziehen. 
Wir  kennen  die  punische  Sprache  zu  wenig,  als  dass  man  längueu 
könnte,  Cäsar  oder  oder  ein  ähnlich  lautendes  Wort  habe  in  ihr 
einen    Elephanten     bezeichnet.*^)       Siess    Thier    schreckte    die 

■     38)    1.   c.  39)    Serr.   zn  Virgil.  Aen.  1,  290.     Die  Endignng  ar 

ist  im  Lateinischen ,  wenn  man  TOn  Abkürzungen  wie  lacnnar,  laqneai'  ab- 
sieht, nicht  gewöhnlich,  aber  doch  italisch.  Fe$t.  v.  Casnar,  Senex  Oscorum 
lingaa.  40)    Spartian.   1.  c. :   Tel   qnia   mo,rtna   matre   fentre    caeso    sit 

natns,  Non.  Marcell.  de  propinqiiit.  p.  556.  ed.  Ups.  1826.  Ygl.  das. 
Agrippa  u.  A''opiscus.  Plin.  7,  7  (9).  Solin.  1.  f.  62.  Zonar.  10,  U. 
(Val.  Max.)  de  nomin.  ratione  p.  631.  ed.  Kapp.  Serv.  zu  Virgil.  Aen. 
1 ,  290.  Nach  Festiis  Wessen  diejenigen ,  welche  auf  solche  Art  geboren 
wurden,  caesones.  Sie  waren  nach  Serv.  zn  Virg.  Aen.  10,  316  Apollo 
als  dem  Gotte  der  Heilknnst  geweiht,  w^elchen  diese  julische  Familie  des- 
halb besonders  verehrt  h.iben  soll.  41)  Vgl.  Zonar.  1.  c.  42)  Spart. 
I.  c.  Fest.  V.  Caesar:  qiiod  est  cognomen  luliorom,  a  caesarie  dictiis  est, 
quia  scilicet  cum  caesarie  natus  est.  43)  Spart.  1.  c.  Serv.  zn  Virg. 
Aen.  I,  290;  qui  (elephas)  Caesar  ilicitnr  Pocnornm  lingna.  Constantiiins 
Manasses  Comp.  Chron.  p.  37.  ed.  Paris.:  KulaaQic:  yun  IX^ifco'ifi  toTs 
ffofvi^k  xaXiii'Jni'  Ueber  die  Versuche ,  das  Wort  ans  den  orientalischen 
Sprachen  abzuleiten,  s.  Dionys.  Voss,  zn  Caesar  B.  G.  lib.  I.  argum.  ed.  II. 
Oudcnd.  D.-is  etruscische  Wort  aesar,  Gott,  Snet.  Octav.  97,  gehört  gar 
nicht  hieher,  so  wenig  als  irgend  ein  gallisches,  ähnlich  lautendes,  welches 
iiacli  Serv.  zu  Virg.  Aen.  H,  743  Dimittere  bedeutete.  Unten  Ko.  31. 
J.  10.  A.  67  u.  §.  33.  A.  88;  vielleicht  aber  stammte  der  lusitanische  An- 
führer, Cnesaras,  dessen  Ajipian.  Ilisp.  286  gedenkt,  von  phoeoiciscbcu  oder 
carlbagischen    Coloiiisten  ab. 


XXI.    lüLU.  (1.)  117 

Kölner,  als  sie  es  zuerst  in  den  feindlichen  KeiLeu  üaheu;  der 
Kampf  mit  ihm  erforderte  Rtutb  und  GewanilfLeit ,  und  konnte 
dem  Sieger  leicht  einen  ehrenden  Beinamen  verschaffen,  ^'elcher 
am  natürlichsten  vom  Ueberwundenen  entlehnt  ■wurde.  Anf  dem 
Münzen  des  Dictator  findet  man  das  Bild  der  Elephantea  sehr 
oft,**)  auch  stellte  er  diese  bei  öffentlichen  Aufzügen  zm- 
Schau,  '  ^)  ein  Prunk,  zu  welchem  er  durch  seine  Feldzüg-e  gegen 
Juba  und  Andere  ganz  yorzüglich  berechtigt  zu  sein  schien,  doch 
wollte  er  wohl  zugleich  an  seinen  Namen  und  au  das  Bedeutungs- 
volle in  ihm  erinnern. 

1.  C.   Julius  Julus.     Cos,  489  V.  Chr.  *6) 

2.  C.   Julius   Julus.      C.    F.    L.    N.      Sohn    des    Vorigen. 
Cos.  482.*')     Decemvir  4il.  *s) 

3.  C.   JrJius    Julus.      C.   F.    C.   N.  ♦»)     Cos.    I.   447.  '») 
Cos.  n.  435.  ^')     Cos.  m.  434.  '-) 

4.  Vopiscns     Julius     Julus.       Vielleicht     ein     Bruder     von 
No.  2.  5')     Cos.  473.  ^*) 

5.  Lucius   Julius  Julus.     Vopisci    F.     Trib.    mU.   cons.    p. 
438.^5)     Mag.  eq.  431.  ««)     Cos.  430.'") 


44)  S.  darüber  Oirist.  ScMegel  in  Morell.  Aes.  S.  60  f.  45)  D!a 

43,   2Z.     Sneton.    Caes.    37.     Vgl.    Co-rnificii   No.    5.  46)     Dionj-s.    H. 

8,  1.     Liv.  übergeht  die  Consnln  dieses  Jahres.  47)  Liv.  2,  43.  Diouys. 

8,  90  bemerkt  nnr,  dass  sein  College  Fabius,  dessea  Zuname  Vibulanus  11 
sich  allein  in  den  cajiit.  Fasten  findet,  zum  zweiten  Male  Consiü  geworden 
sei.  48)    Als    solcher   vrird    er  i-n  den  capitol.  Fasten  als  C.  F.  L.  N. 

aufgeführt.  Er  übc-rnahm  diess  Amt  als  Coasnlar;  Dionys.  10,  56  fin. 
Vgl.  liv.  3,  33.  Diess  kann  sich  aber  nur  auf  den  Consul  des  J.  482  be- 
ziehen,   welcher  hiernach  sehr  früh  zur  höchsten  Ehrenstelle  gelangt  war. 

49)  In    den    capitol.    Fasten    bat    diese   Bezeichnung  sich    nicht    erhalten. 

50)  Liv.  3,  65.  Uiodor.  Sic.  12,  29  nennt  ihn  Lucius.  51)  Liv.  4,  21. 
Wiod.  12,  49.  52)  Liv.  4,  23.  53)  Der  Name  Vopiscus  finde» 
sich  auch  in  anderen  Geschlechtern,  und  bedeutet  angeblich  einen  Zwilling, 
welcher  zur  gehörigen  Zeit  geboren  wird,  während  der  andere  unreif  durch 
Abort  zur  A> Cll  kommt,  l'lin.  7,  S  (10).  Solin.  1.  C.  63.  (Val.  Max.)  de 
nojn.  rat.  p.  030.  ed.  Kapp.  Non.  Marcell.  p.  557.  ed.  Lips.  Plnt.  Coriolau 
11  fin,  54)  Diouys.  9,  37.  Auch  Liv.  2,  54  fand  den  Namen  in  einige« 
Annalen,  in  anderen  Opiter  Virginins.  Diodor.  Sic.  II,  65:  Lucius  Studius 
Julius.  SS)  Liv.  4,  16.  Diodor.  12,  38,  wo  ("njus  olfenbar  zu  Julius 
zu  ziehen,  aber  nach  Liv.  nicht  der  ricfaligs  Vorname  ist.  56)  Liv.  4,  26. 
57)    Liv.  4,  30.    Diodor.  12,  72. 


118  XXI.    lULU.  (6.) 

6.  L.  Julius  Juluä.  L.  F.  Vopisci  N.  SoLti  des  Vorigen. 
Trib.  ID.  cons.  pot.  I.  403  "")     II.  401.  =«)     III.  397.  »9) 

7.  C.  Julius  Julus.  L.  F.  Vopisci  N.  Bruder  des  Vorigen. 
Tr.  ni.  c.  p.  I.  408.  ^o)     If.  405.  «')     i  als  Ceusor  392.  «^J 

8.  C.  Julius  Julns.     Dictator  352.«^) 

9.  L.  Julius  Julus.     Tr,  m.  c.  p.  I.  387.  «■*)     IL  378.  «») 

10.  Sextus  Julius  Julus.  Jüngerer  Zeitgenosse  von  No.  5. 
DocL  fehlt  der  Beweis,  dass  er  dessen  Bruder  vrar.  Sein  Vor- 
name findet  sicL  in  der  Familie  der  Cäsaren  so  oft,  dass  diess 
auf  ein  näheres  Verwandt  Schafts  -  Verhältniss  schliessen  lässt. 
Tr.  mil.  c.  pot.  424.««) 

11.  Sex.  Julius  Cäsar.  Der  erste  Julier,  -welcher  mit  dem 
wahrscheinlich  ererbten  Zunamen  Cäsar  in  der  Geschichte  auf- 
ti'itt.  Er  gieng  208  als  Prätor  nach  .Sicilien,  nnd  nach  seiner 
Rückkehr-,  als  der  C'onsul  M.  Marcellus  gegen  Hannibal  gefallen 
war ,  mit  zwei  Anderen  zu  dessen  verwundeten  Collegen 
T.  Oninctius ,  ihm  den  Befehl  zur  Ernennung  eines  Dictator  za 
überbringen.  ®^) 

12.  L.  Julius   Cäsar.  «  «) 

13.  L.  Julius  Cäsar.  Prator  183  und  beauftragt,  die  trans- 
alpinischen Gallier,  welche  in  Italien  eingedrungen  waren,  an 
der  Gründung  einer  Stadt  auf  dem  nachmaligen  Gebiete  von 
Aquileja  zu  hindern.  ^') 

14.  Sex.  Julius  Cäsar,  a.  181  als  Rriegstribun  im  Heere 
des  Proconsuls  L.  Aemilius  PauUus,  welches  die  Ligurer  ein- 
geschlossen hatten,  '  °)  170  wurde  er  mit  Anderen  als  Gesandter 
nach  dem  Osten  geschickt,  den  Abderlten  die  Freiheit  wieder  zu 
geben.  ' ' ) 


57 a)   Liv.  6,  1.  58)    Ders.  5,  10.    Diodor.  14,  44.  59)  Liv. 

$,  16.     Bei   Diodor.  14,  85   fehlt   sein   Käme    uud   die    anderen   sind   znm 
Tlieil  falsch.  60)    Liv.  4,  56.     Diodor.   13,  104.  61)   11t.  4,  61. 

Diodor.  14,   17.  62)   Liv.  5,  31.     Da  in  diesem  Lustrnm  Rom  von  den 

Galliern  genommen  wurde,  so  wäUte  man  seitdem  nie  wieder  einen  Censor 
für  einen  verstorbenen.     Das.  63)    Liv.  7,  21.     Seine  Abkunft  ist  un- 

gewiss,  da   er   in   den  cajiitol.  Fasten  nicht  erwähnt  wird.     A^ielleicht  ein 
Enkel  des  Vorigen.  64)   Liv.  6,  4.  65)   Ders.  6,  30.     Bei  Diodor. 

15,    51    unrichtig    Tiberiiis    Julius.  66)    Liv.    4,   35.     Diodor.    12,  82. 

67)    Liv.  27,    21.   22    29.  68)    S.  die  folg.   Xo.  69)    Liv.  39,  45. 

70)    Ders.  40,  27.  71)    Deis.  43,  4.    Ilortensii  No.  S. 


XXI.     ItLlI.  (15.)  11» 

15.  L.  Julius  Cäsar.     SoLn    von  Ivo.   13.     Prätor  166.") 

16.  Sex.  Julius  Cäsar.  Sex  F.  L.  N.  ' ')  SoLn  Ton  Mo.  14. 
,4Js  curuliscLer  Aedil  gab  er  a.  165  mit  seinem  Collagen  Cn.  Dola- 
bella  die  Hecyra  des  Terenz.  '^)     Cos.   157.  '^) 

17.  Sex.  Julius  Cäsar.     SoLn  des  Vorigen.      Prälor  123, '^) 

18.  L.  Julius  Cäsar.  "') 

19.  Popülia.  GemaLünn  des  Vorigen ,  und  früLer  mit 
Q.  Catulns  verheiratLet.  ") 

20.  L.  JuUus  Cäsar.  L.  F.  Sex.  N. '9)  SoLn  von  No.  18. 
Von  Cicero  ■wegen  seiner  EigenscLaften  und  TLaten  gerühmt.  ^ ") 
Im  JaLre  90  focLt  er  als  Cousul  ^ ')  mit  den  Legaten  Sulla, 
Crassas,  T.  Didius,  P.  Lentulus  und  M.  IMarcellus  *^)  im  mar- 
sischen Kriege  gegen  die  Saniniten,  und  wurde  von  ihrem  An- 
füLrer  Vettius  Cato  gescLlagen  und  in  Aesernia  eingeschlossen, 
wo  er  in  einer  Vermummung  entfloh.'')  Er  errichtete  wieder 
ein  Heer,  auch  ans  Galliern  und  Numidiern,  welche  jedoch 
grösstentheils  iibergiengen ,  und  erhielt  bei  Acerrä  in  Campanieu 
einen  nicht  entscheidenden  Sieg  über  Papius  Motulus;  sein  Heer 
begrüsste  ihn  als  Imperator ,  nud  die  Römer  glaubten  sich  so  ge- 
sichert, dass  sie  das  Rriegsgewand  ablegten.  *"*)  Sein  College 
Rntilius  Lupus  erlitt  am  Liris  eine  Niederlage  durch  Vettius  Cato, 
und  starb  bald  nachher  an  seinen  Wunden.  •* ')  Aber  auch  er 
wurde  von  Marius  Egnatins  bei  Acen-ä  überfallen,  und  ver- 
mochte diese  Stadt,  welche  Papius  belag-erle,  nicht  zu  entsetzen.  "  *) 
Da  man  eine  Empörung  aller  italischen  Bimdesgenossen  und 
iiberdiess  einen  Krieg  mit  Dlithridat  fürchten  musste,  so  beantragte 
der  Consul  ein  Gesetz,  worin  den  Italern  und  Lateinern,  welche 
•reu   geblieben    waren ,    das    römische   Bürgerrecht    unter  der  Be- 


72)    Liv.  45,  44.  73)    Fast.  cnp.  a.  596.  74)    2.  TU.  S.  561. 

No.  3.  7S)    Polyb.  32,  20.   Scliweigh.     Plin.  33,  17  (3).  76)    Cic. 

p.  dorn.  53.    all  Heveiin.  2,   13.     S.  uiiten  Ko.  41.  77)  S.  die  folg.  Ko. 

78)    Cic.  de  or.  2,  11.  79^  Fast   cap.  ad  a.  663  u.  664.  80)  Tiisciü. 

5,  19.    p    Scaur.   n.    das.  Ascon.   p.  24.  Orell.  81)    Fast.  cap.   o.  663. 

Ascon.   1.   c.    Liv.    73.     Vellej.    2,    15.    Plin.   2,   29.     Obseq.   115.     Bei 
Appian.  1,  374  375.  377  unrichtig  Sextns.  82)  App    1,375.  83)  Das. 

Vgl.  2.  Th.  S    404.  No.  23.  84)    App.  1,  376.    I.iv.  73,    Gros.  5.  18. 

85)    App.,  LiT.  U.  CG.   Flor.  3,  18.  «.  12.    Dio  fr.  111.  112.  86)   App, 

1,  377. 


120  XXI.    IVUl.  (21.) 

dingun^  verliehen  wurde,  dass  sie  die  mit  iLin  verbundenen 
RecLte  und  Verpflichtiing'en  freiwillig  übernäLmen.  Lex  lulia 
de  civitate.  ^')  Mehrere  Völker  benutzten  diess  gern,  obgleich 
andere  auch  jetzt  nicht  ruhten,  und  Cäsar,  welcher  wegen  Krank- 
heit das  Heer  verliess,  ^ ')  konnte  a.  89  als  Censor  durch  die  Er- 
richtung neuer  Tribus  sein  Ciesetz  selbst  vollziehen.  '  ^)  Noch 
vor  der  Beendigung  des  niarsischen ,  begann  der  Bürgerkrieg, 
in  welchem  C'üsar  mit  seinem  Bruder  a.  87  eJs  Gegner  des  Marius 
und  L.  Ciuna  von  Fimbria  ermordet  und  sein  Kopf  auf  der 
Rednerbiihne  ausgestellt  wurde.  ^"^ 

21.  Fulvia.  Gemahlinn  des  Vorigen,  Tochter  des  M.  Ful- 
vius  Flaccus  (Cos.  125).  Dieser  war  der  Freund  des  Jüngern 
Gracchus  und  wurde  121  auf  Befehl  des  Consuls  L.  Opimius 
mit  seinem  Sohne  getödtet;  Cicero  nennt  ihn  den  Grossvater  des 
L.  Cäsar  (Cos.  64).=") 

22.  L.  Julius  Cäsar.  L.  F.  L.  N.  '■> ')  Sohn  von  No.  20, 
und  durch  seine  Schwester  Oheim  des  Triumvir  IM.  Antonius. 
Er  bewarb  sich  um  die  Aedilität,  und  wurde  nicht  gewählt.  ^^) 
Das  Jahr  seiner  Prätur  ist  unbekannt.  Cos.  64  mit  Blarcius 
Figulus;  ^*)  in  dieser  Zeit  beschloss  der  Senat  wegen  der  Um- 
triebe des  Catilina  und  C.  Antonius,  dass  die  Bestechungen  bei 
den  Wahlen  in  einem  Gesetze  härter  verpönt  werden  sollten; 
der  Tribun  Q.  Mucius  Orestinus  that  Einspruch.  ^  ^)  Mangel  an 
Scharfblick  und  Festigkeit  liess  Cäsar  ohnerachtet  seines  Eifers 
für  die  bestehende  Verfassung  ein  Werkzeug  ihrer  Gegner  wer- 
den; Cäsar,  der  nachmaUge  Dictator,  konnte  ihn  a.  63  überreden, 
mit  ihm  als  duumvir  perdiiellionis  C.  Kabirius  zu  richten,  obgleich 


87)  Cic.  p.  Balbo  8.  In  quo  magna  conlenlio  —  fiiif,  cnm  magna 
pars  in  üs  clTitalibas  foederis  sui  libertatem  civitati  autcferret.  Cell.  4,  4. 
App.    1,379.    VeUej.   2,  16.  88)    App.   1,   377.  89)    Fast.   cap. 

a.  664.  Cic.  p.  Arch.  3.  Ascon.  1.  c.  PUn.  13,  5  (3).  14,  16  (14).  Solin.  46, 
Val.  M.  9,  2.  5.  2.     Fest.  y.  Referri.  90)   Fimbria  nennt  Flor.  3,  21. 

§.  14.  Ascon.  1.  c.  Die  übrigen  Stellen  s.  in  Corncl.  Ciun.  Ko.  3.  A.  57. 
91)    Plutarcli.    C.    Gracch.    16.     Cic.    in   CatU.   4,    6.  92)    Goltz   Fast, 

a.   689.     Vaill.   lul.    No.    5.     Eckh.  5.    p.  228.  93)     p.    Plane.    21. 

94)  Cassiod.  Fast.  Sic.  ad  Att.  1,  2,  -no  sie,  obgleich  nur  designirt,  Cou- 
snln  genannt  werden,  p.  Mnren.  34  p.  Sulla  20.  Sallnst.  IJ.  C.  17.  Cor«. 
Dio  37,  10.  95)    p.   niur.  26  iin.  34.    9.  Cic.  de  petit,  cons.  9.    Ascoa. 

zu  Cic.  or.  in  toga  cand,  argnm. 


XXI.    lULII.  (22.)  121 

jener  durcb  den  Process,  welchen  er  herbeigeführt  ha((e,  dein 
Senat  schaden  wollte.^*)  Als  es  dag'egen  g-alt,  die  Entwürfe 
des  Catilina  zu  vereiteln ,  stimmte  er  für  den  Tod  des  P.  Len- 
toliis  Sura,  mit  welchem  seine  Schwester  vermählt  war;  Cicero 
riihinte  daher,  dass  der  Consular  ihm  auch  durch  seinen  Rath 
biitzlich  geworden  sei.  ^')  Im  J.  62  wurde  P.  Sulla  wegen 
Theilnahme  an  Catilinas  Verschwörung  angeklagt;  als  Beweis 
führte  man  unter  Anderem  die  Errichtung  einer  Fechter  -  Bande 
an;  sein  Sachwalter  Cicero  behauptete,  er  habe  nicht  für  sich, 
sondern  für  den  abwesenden  Faustus  Sulla  zu  dessen  Spielen 
Fechter  gekauft ,  und  nicht  er  allein ,  sondern  auch  L.  Cäsar, 
Q.  Pompejus  und  G.  Memmius,  welche  wie  er  von  jenem  schrift- 
lich um   diesen  Dienst  ei-sucht  seien.  ^  ^) 

Lucius  hatte  bis  dahin  keine  Provinz  verwaltet;  der  Kriegs- 
rahm war  ihm  gleichgültig,  und  er  scheint  sich  auch  in  Gallieii 
als  Legat  seines  Verwandten,  des  Proconsuls  Cäsar,  nicht  aus- 
gezeichnet zu  haben.  Wann  er  zum  Heere  gieng,  ist  ungewiss; 
im  J.  62  stand  er  an  der  Spitze  von  22  Cohorten,  und  er  blieb 
in  diesen  Verhältnissen  bis  zum  Anfange  des  Bürgerkriegs.  ^^) 
Man  hat  ihn  in  der  Geschichte  der  zunächst  folgenden  Zeiten 
mit  seinem  Sohne  verwechselt.  Pompejus  ^var  nicht  mehr  in 
Rom,  als  er  dort  eintraf,  und  er  kämpfte  weder  für  ihn  noch 
für  Cäsar,  sondern  pflegte  in  der  Stadt  der  Ruhe.  Sie  wurde 
ihm  gern  gegönnt,  da  er  eben  so  uuschädlich  als  untüchtig  war. 
Diese  Erfahrung  machte  sein  Neffe  IM.  Antonius ,  Cäsars  Stell- 
vertreter und  Blagister  E(j.  im  J.  47 ;  Lucius  sollte  ihn  als  Stadt- 
präfect  ersetzen,  während  er  sich  zu  den  meuterischen  Legiouea 
begab,  und  wurde  verlacht.  '°°) 

Alter  und  Rörperschwäche  vermehrten  die  ihm  angeborne 
Schlaffheit.  JN'ach  dem  Tode  des  Dictator  a.  44  erklärte  er  sich  gegen 
ein  öITeulllchesLeichenbegängiiiss,  weil  man  die  Folgen  leicht  voraus- 
sehen kounte.  ')     Ihm  missllelen  die  ehrgeizigen  Unternehmungen 


96)    Dio  37,  27.     S.  naten  No.  31.  §.  7.  A.  95  n.  vgl.  Caecil.  No.  16. 
A.  26    n.    Hortens.    No.  7.    §.  4.    A.  94.  97)    ia  Catil.    4,6.     2  Diil. 

6.    8,  1.     ad   Atl.     12,  21.    §.  1.     2.  Th.    S.   532.  98)    p.    SuUa    19. 

2.  Th.    S,  StO.  A.   18.     516.  A.  81.  99)    Caes.    B.    ü.    7,    65.     B.    C. 

I.  8.     Unten  \o.  31.  {.  33.  A.  86.  100)   Dio  42,  30.  Caes.  Dict.  a.  47. 

Vgl.    1.  Tb.  S.  74.  1)    Lactanl.   I,   15.    I.  Th.  6.  95. 


122  XXI.    lüLU.  (22.) 

des  Conäiils  M.  Antonius,  und  er  verliess  Rom.  Cicero  «prach 
ihn  in  den  ersten  Tagen  des  Blai  in  Neapel,  wo  er  erkrankt 
war,  aber  dennoch  eine  lebhafle  Freude  darüber  äusserte,  daas 
Dolabella,  der  andre  Consul,  den  Altar  C'äsars  zerstört  Latte, 
Cicero  als  den  angeblich  wahren  Urheber  der  verdienstlichen 
Handlung  viel  Verbindliches  sagte,  und  nur  bedauerte,  nicht  in 
eben  dem  Maasse  auf  seinen  Neffen  wirken  zu  können.  So  be- 
richtete jener  selbst  an  seinen  Schwiegersohn  Dolabella ,  mit 
sichtbarer  Uebertreibung,  um  ihn  in  der  Feindschaft  gegen  den 
CoUegen  zu  bestärken.  ^)  Bald  nachher  begab  sich  Lucius  auf  p 
eein  Gut  bei  Aricia,  und  ohne  zu  wissen,  dass  Cicero  sich  aus 
Vorsicht  mit  den  Verschwornen  nicht  befassen  mochte ,  welche 
Bpthlos  umherirrten,  statt  ihn  von  seinen  Feinden  zu  befreien, 
ersuchte  er  ihn  im  Auftrage  des  Brutus  um  eine  Unterredung.  ^) 
Er  war  im  September  wieder  in  Rom,  und  zeigte  sich  als  „ein 
trefflicher  und  mulhiger  Bürger",  erschien  aber  wegen  Krankheit 
oder  unter  diesem  Vorwande   nicht  im  Senat.  ') 

Erst  dann  trat  er  öffentlich  gegen  Antonius  auf,  als  dieser 
nach  Mutina  abgegangen  war,  und  auch  jetzt  mit  einiger  Mässi- 
gung.  ')  Demnach  erklärte  er  sich  im  Anfange  des  J.  43  gegen 
das  Ackergesetz  des  L.  Antonius,  und  auf  sein  Gutachten  gründete 
sich  der  Senatsbeschluss,  in  welchem  es  aufgehoben  wurde.  '') 
Als  aber  die  Friedens- Gesandten  mit  ungünstiger  Antwort  von 
Mutina  zurückkamen,  widersetzte  er  sich  im  Februar  dem  An- 
sinnen, seinem  Neffen  als  einem  Reichsfeinde  den  Krieg  an- 
zukündigen; nur  vou  einem  Tumult  sollte  die  Rede  sein,  welches 
Cicero  mit  den  körperlichen  Leiden  und  der  Verwandtschaft  ent- 
schuldigte. ')  Er  wollte  dadurch  verhindern,  dass  man  sich  eine 
Versöhnung  unmöglich  machte,  und  auch  sein  Vorschlag  bei  den 
Berathungen  im  Blärz,  den  Consular  P.  Servilius  mit  dem  Kriege 
gegen  P.  Dolabella  zu  beauftragen,  welcher  Trebonius,  den  Statt- 
halter von  Asia  getödtet  hatte,  nicht  C.  Cassiiis,  wie  Cicero,  und 
nicht    die    Consula   llirtius  und  Pansa,    wie    dessen    Gegner  ver- 


2)    ad  Farn.   9,    14.    1.  Th.   S.  130.  3)    nd  Alt.  IS,  4.     1.  Th. 

S.   140.  4)    ad  Fam.    12,  2.  5)    Das.    10,  28.     L.    Caesar  optinie 

«entit;    sed,    quod    nTiincuhis    est,    iion  acerriinns  dicit  seiitentias.     Vgl.  ad 
Fam.  12,  5.  6)  6  Phil.  5.  13,  15.  1.  Th.  S.  115.  A.  77.  7)  i  Vbil.  l. 

«d  Fam.  10.  28.    I.  Th.  8.  365.  A.  41.  256. 


XXI.    lULU.  (23.)  123 

lang'ten ,  sollte  die  Parteien  einander  naher  bringen.^)  Seine 
Bemiiliung'en  vereitelte  um  die  IMilte  des  April  die  Niederlage 
des  Antonius  bei  Forum  Gallormn,  denn  nun  wurde  dieser,  nocli 
vor  der  Schlacht  bei  IMutina,  als  Keichsfeind  g-eächtet,  und  auch 
er  gab  im  Senat  seine  Zustimmung-,  ein  Beweis,  dass  bisher  mehr 
die  Furcht  als  Zuneigung  zu  seinem  JNeffen  ihn  davon  abgehalten 
hatte.  ^)  Kach  der  Errichtung  des  Triumvirats  setzte  man  seinen 
Namen  in  die  Liste  der  Proscribirten,  jedoch  nur,  um  die  Römer 
durch  eine  scheinbar  rücksichtslose  Strenge  zu  beschwichtigen.  ' ") 
Er  flüchtete  zu  seiner  Schwester  Julia,  und  diese  erklärte  auf 
dem  Blarkte  vor  den  Triumvirn,  als  in  den  ^  erfolgern  die  Hab- 
sucht über  die  Sehen  vor  der  Blutter  des  Antonius  zu  siegen 
drohte,  sie  habe  ihn  aufgenommen,  und  damit  das  Leben  yer- 
wirkt;  man  möge  auch  sie  ermorden,  ihr  Bruder  werde  nur  mit 
ihr  sterben.  Die  Antwort  des  Antonius,  sie  sei  eine  gute  Schwe- 
ster, aber  eine  minder  liebevolle  Blufter,  da  sie  Lucius  nicht 
verhindert  habe,  ihn  anzufeinden,  lässt  auf  Verabredung  sclüiessen; 
man  sollte  glauben ,  dass  die  Begnadigung ,  welche  erfolgte ,  un- 
gern und  nur  auf  eine  solche  Fürsprache  bewilligt  sei.  ' ')  In 
allen  A  erhältnissen  findet  man  in  diesem  Cäsar  einen  lenksamen, 
schwachen  und  unbedeutenden  Mann,  dessen  Lob  in  Ciceros 
Schriften  lediglich  auf  den  Gegner  des  Catilina  und  Antonius  zu 
beziehen  ist.  '  ^)  Vermufhlich  war  er  der  Augur ,  welcher 
L,  Lentulus  Aiger  zum  Priester  des  Älars  weihte.  '^) 

23.  L.  Julius  Cäsar.  L.  F.  L.  N.  Sohn  des  Vorigen, 
von  welchem  er  bei  dem  gleichen  Vornamen  durch  den  Zusatz: 
filius  oder  adolescens  unterschieden  wird;  '  *)  doch  haben  die 
Neueren  diess  nicht  immer  beachtet.  Cäsar  stand  a.  49  bereits 
ausserhalb  seiner  Provinzen  bei  Ariminum,  als  Lucius  und  der 
Prätor  L.  ßoscius  im  Auftrage  des  PompeJ«  zu  ihm  kamen,  des 

8)    1.  Th.  S.  270.  A.  52.  9)  Äppmn.  4,  S9S  fin.  611.   Dio  47,  6.  8. 

1.  TIi.  S.  306.  10)    In  doteiu  ioTitaiKentmnqne  sceleris.     Tellej.  2,  67. 

S.    3.  11)    App.    4,   610.    611.     l)io   1.  e.     Plut.  Anion.    19.     Cic.  46. 

liv.  120.  VcUej.  1.  c.  Senec.  su.->sor.  6.  Flor.  4,  6.  §.  4.  Oros.  6,  18. 
1.  Th.    S.  373.  374.   A.  4  X.  12)     in  Catil.    4,   6.     Vir  fonissimus   et 

ajn.-in(i>,Minns  rcip.  6  Thil.  4.  Clarissimns  vir  et  praestantissijnns  Senator, 
ad  Farn.  12,  5.  (Ex  consiilaribiis }  nnus  1..  Caesar  lirraus  est  et  rectuk 
13)    3.  Th    S.  SS2.  Ao.  35.  14)   ad  Fam.  9,  7.    taes.  B,  C.  1,  a 


124  XXI.    lULII.  (23.) 

allgemeliien  Besten  wegen  über  einen  Vergleich  zu  unterliaudeln. 
Dieselbe  Liebe  zur  Republik,  und  snm  Frieden  beurkundete  die 
Antwort,  und  die  Absicht,  Zeit  und  einen  guten  Schein  zu  g'C- 
Tvinneii,  wurde  nicht  erreiclit.  ' ')  Ganz  gegen  seinen  Wunsch 
sah  sieh  Cicero  bei  diesem  Unternehmen  von  Pompejus  nicht  zu- 
gezogen ;  '  *)  es  kränkte  ihn,  und  als  Verinilller  hätte  er  die  Er- 
eignisse ejTvarten  können,  ohne  Partei  zu  ergreifen.  Deshalb 
spottete  er  über  den  unwürdigen  Abgeordneten,  als  Lucius  ihn 
auf  der  Rückreise  am  25.  Januar  zu  Jlinturnä  an  der  cam- 
panischeu  Gräuze  von  seiner  Sendnug  und  deren  Erfolge  be- 
nachrichtigt hatte ;  er  war  sogar  geneigt,  Alles  für  Erdichtung  zu 
halten.")  An  demselben  Tage  fanden  die  beiden  Gesandten 
Pompejus  und  die  C'onsulu  zu  Teanum  Sidicinum. '*)  Sie  wurden 
init  Gegenforderungen  von  neuem  zum  Feinde  geschickt,  '^)  mit 
einem  Schreiben,  welches  von  Sestius,  nicht  von  Cicero,  und 
daher  nach  dessen  Urtheile  sehr  schlecht  abgefasst  war.  Doch 
zweifelte  dieser  nicht,  dass  es  zum  Frieden  führen  werde,  zumal 
da  auch  das  Volk  die  Bedingungen  des  Pompejus  billigte,  bis 
er  vernahm,  dass  Cäsar  mit  grössfer  Thätigkeit  seine  Rüstungen 
fortsetze,  und  sich  einer  Stadt  nach  der  andern  bemächtige.  ^°) 

Ohne  Anstrengung  g'elaiigte  C.  Carlo,  der  Cäsarianer,  im 
April  49  zum  Besitze  von  Sicilien;  dann  gleng  er  nach  Africa. 
Bei  seiner  Annäherung  enllloh  Lucius,  welcher  mit  zehn  Schiffen 
von  der  Flotte  des  Attius  Varus  die  Rüste  bei  Clupea  bewachea 
sollte,  an  das  Land  und  weiter  nach  Adrnmefum,  und  überliess 
das  ihm  anvertraute  Geschwader  seinem  Schicksal;  er  trug  dem- 
nach nicht  dazu  bei,  dass  Curio  geschlagen  und  getö'dtet  wurde.  ^  '} 
Auch  drei  Jahr  später,  als  Cäsar  seine  Feinde  in  diesen  Ge- 
genden aufsuchte,  entzog  er  sich  den  Gefechten,  imd  schloss  sich 
mit  M.  Cato,  dessen  Proquästor  er  genannt  wird,  in  Ulica  ein. 
Nach  der  Schhicht  bei  Thapsus  und  dem  Tode  des  Cato,  welcher 
ihm  seine  Rinder  empfahl,  rieth  er  den  Einwohnern,  dem  Sieger 
die  Thore  zu  öffueu;  er  selbst  gieng  ihm  entgegen,  fussfällig  um 


15)    Caes.  B.  C.  1,  8.  9.    Dio  41,  5.   Unten  No.  31.  §.  41.  16)  riii«. 

Caes.  31    gehört   nicht   hicher.           17)    ad  Alt.  7,  13.  §.  5.  IS)    Das. 

7,    14.     Folglicli    nicht    in   Cnjina.     Caes.    15.    C.    1,    10.  19)    ad  Alt. 

7,   16.    Caes.   I.   c.          20)    nü   Alt.    7,   17.    18.  y&i.   14.  tacs.  I,  H. 
.il)    C«cs.  1,  30.    •_',  23.    Dio  41,  41. 


XXI.    lULII.  (24.)  125 

selu  Leben  zu  bitten,  niiJ  wurde  begnadigt,  bald  nacLter  aber 
in  Africa  ermordet.  --)  Ulit  banger  Ahndung,  dass  diess  der 
Anfang  der  Proscriptionen  sei,  nnd  nun  auch  iLn  die  Reihe  treffen 
>verde,  erwähnte  es  Cicero  in  einem  Briefe  an  Varro;  der  Ur- 
heber des  Verbrechens  war  ihm  nicht  zweifelhaft,^^)  nnd  Dio 
fügt  sogar  Iiinzu ,  Cäsar  habe  zuerst  durch  richterliehen  Sjiruch 
seine  Kachgier  befriedigen,  dann  aber  doch  lieber  ohne  Aufsehn 
sicli  des  Verwandten  entledigen  wollen.  -*)  Der  Dicfator  zeigte 
anch  jetzt  eine  grosse  Milde  gegen  die  Gefangenen,-*)  wenn 
sie  nur  nicht  zum  zweiten  Male  die  Waffen  ergriffen  haften; 
man  sieht  nicht,  was  ihn  bestimmen  konnte,  mit  einem  unschäd- 
lichen jungen  Älanne  seines  Hauses  eine  Ausnahme  zu  machen, 
welche  Rücksicht  oder  Scheu  ihn  bewog,  öffentlich  sein  Wort  zu 
Terpfiindeu,  wenn  er  es  nicht  za  halten  gedachte.  Seine  Truppen 
aber  waren  dm'ch  den  erneuerten  Kampf  und  einen  höchst  be- 
schwerlichen Feldzug  erbittert,  und  Lucius  wurde  ohne  Zweifel 
ein  Opfer  ihrer  Wulh,  wie  auch   Sveton  andeutet.  ^  ^) 

24.  Julia.  Tochter  von  No.  20,  Schwester  von  No.  22.  "  ') 
Vermählt  mit  M.  Antonius  Creticus,  '^)  und  nach  dessen  Tode 
mit  P.  Lentulus  Sura,  welcher  a.  71  Consul  war,  und  a.  63  als 
IMilschuldiger  des  Catilina  starb.  ^^)  In  allen  Verhältnissen  der 
Gesinnung   nach   sehr    achtungswerth ,  '  °)   W£ir   sie   dennoch   un- 


22)    B.   Atric.   88.  89.    Plat.   Cato  m.   66.  23)    ad   Fam.   9,   7. 

24)    43,    12.         -25)    Kiclit  bloss  VeUej.   2,   SS.   J.   2    bezeugt   es   ihm. 

26)  Caes,  7S.  Die  Anslegcr  umgehen  die  AVorte,  ■nelclie  bei  ihm  folgen  : 
(Lncius)  Caesar,  libcnis  servisque  eius  (C.  Caesaris  Dict. )  ferro  et  igni 
crodolem  in  modiim  enectis,  beslias  qnoqiie  ad  munns  popali  comjiaralas 
conlrucidaverat.  Im  Vorigen  spricht  er  Ton  Afranius  und  Fausliis  Sulla, 
nnd  \>'ill  nnn  oITenbar  den  Grund  angeben,  warum  auch  Lncius  geiödtet 
sei.  SclaTen  nnd  Freigelassene  waren  vielleicht  mit  Thieren ,  welche  bei 
den  Spielen  in  Rom  gebraucht  werden  sollten,  in  See  gegangen,  und  Ton 
den  Scliiffen  bei  Utica  .lufgebracht ;  die  Soldaten  Cäsars  wnsslen ,  oder 
glaubten   doch,  dass  jener  sie  auf  eine  grausame  Art  habe  ermorden  lassen. 

27)  Cic.  in  Catil.  4,  6.  1  PhU.  11.  2,  6.  8,  1.  ad  Fam.  9,  14.  10,  28. 
VeUej.  2,  67.  §.  3.  Flor.  4,  6.  §.  4.  Dio  47,  6.  Plnt.  Anton.  19.  App. 
4,  595.  28)  Plnt.  Anton.  2.  App.  4,  608.  5,  701.  708  n.  die  \orige  A. 
Antonii  No.  11  n.  13.  29)  Cic.  in  Catil.  1.  c.  2  Plül.  6.  8.  8,  1. 
Plnt.  1.  c.  Corncl.  Lent.  No,  18.  19,  30)  Cic,  in  Catil,  I.  c,  Focmina 
eleclissima.     Plut,  Ant.  2. 


126  XXI.    lüLD.  (25.) 

glücklich.  ILr  erster  Gemahl  verschwendete,  und  sie  konnte  iha 
nicht  zügeln;^')  der  zweite  wurde  hingerichtet,  und  ihre  drei 
Söhne,  die  Autonier,  entzogen  sich  bald  ihrer  Leitung.  Daher 
brachte  ihr  auch  das  Alter  keine  Freuden.  Alarcus ,  ihr  ältester 
Sohn,  welcher  sie  angeblich  mit  Geringschätzung  behandelte,^-) 
erregte  gegen  Ende  des  J.  44  einen  neuen  Bürgerkrieg.  AVäh- 
rend  er  Älutina  belagerte ,  blieb  sie  in  Rom ,  und  suchte  zu  ver- 
hindern, dass  man  ihn  für  einen  Feind  der  Republik  erklärte.  ^') 
Dann  verwendete  sie  sich  a.  43  für  ihren  Bruder,  als  Marcus 
und  die  andern  Triumvirn  ihn  geächtet  hatten,  **)  und  für  die 
Frauen,  welche  sie  um  Schutz  baten,  weil  jene  ihr  Vermögen 
bedrohten.  ^')  Durch  den  perusinischen  Krieg,  das  Werk  ihrer 
Schwiegertochter  Fulvia,  sah  sie  sich  a.  40  genölhigt,  nach  Sicüien 
zu  Sextus  Pompejus  zu  entHiehen.  Dieser  schickte  sie  auf  eine 
ehrenvolle  Art  zu  BI.  Antonius  nach  Griechenland,  mit  welchem 
er  einen  Bund  gegen  Octavian  zu  errichten  wünschte.  So  kam 
sie  mit  ihrem  Sohne  nach  Italien  zurück,  wo  der  Vertrag  von 
Brundusium  die  Einigkeit  zwischen  den  Triumvirn  herstellte.  ^  ®) 
25.  C.  Julius  Cäsar  Strabo.  *')  L.  F.  Sex.  N.  ^^  Sohn 
von  No.  18.  Bruder  des  L.  Cäsar  (No.  20)^9)  und  des 
Q.  Catulus.  *")  Er  belangte  a.  103  T.  Albucius,  welcher  Sar- 
dinien verwaltet  hafte,  wegen  Erpressungen;  sein  Nebenbuhler 
Cu.  Pompejus  Sirabo  musste  ihm  weichen,  weil  dieser  der  Quästor 
des  Beklagten  gewesen  war.*')  Curulischer  Aedil  a.  90  unter 
dem  Consulat  seines  Bruders.  *^)  Rriegstribun,  Decemvir,  um 
Acker  anzuweisen,  und  Ponlif.  *')  a.  88  bewarb  er  sich  um 
das  Consulat,  ohne  Prätor  gewesen  zu  ssln,  welches  bei  der 
grossen  Spannung    zwischen    den  Optimaten    und    deren  Gegnern 


31)    Plnt.   Ans.    1.  32)    2  PhU.    24.  33)    App.   3,   560.  564. 

1.  Th.  S.   211.  A.  75.    240.  A.  45.  34)  Oben  Ko.  22  fio.  35)  App. 

4,    608.     1.  Th.    S.  382.     Hortensü  No.  11.  36)     App.    5,   701.    708. 

741.748.    nio  48,  16.  riut.  Aiiion.  32.    1.  Th.  S.  417.  A.  27.  37)  Sirabo, 

weil   er  schielte,    bei  ihm  kein  Tererbter  Beiname.     Gruter  p.  421.  No.  5. 
Vellej.  2,  9.  §.  2.    Suet.  Caes.  55  n.  A.  38)    Cic.  Brat.  48.  Gell.  4,  6. 

Grnter.    1.  c.  39)     Cic.   de    or.    3,   3.     Ascon.  in  Scanr.   p.  24.    Grell. 

40)     de    or.    2,    3.    11.     de    ofilc.    1,  37.     Oben  No.   19.  41)    Cic.  in 

Caecil.    19    n.    das.    Ascon.    de    ofKc.    2,    14.      Sneton.    1.    c.  42)     AU 

C.  Cnrio  V.  Tribun    war,    folglich    nicht    3.  89.     Cic.  Bml,  89.    Ascon,    in 
Scaur.  I.  c.  43)   Gnit.  u.  Gell.  U.  cc. 


XXI.     lüLn.  (26.)  127 

ParteisacLe  wurde,  obg-leich  nicLt  die  Ursach  des  Bürgerkriegs, 
wie  Asconias  sagt.  Auf  Marias  Betrieb**)  widersetzten  sich 
ihm  die  V.  Tribüne  P.  Sulpiciiis  und  P.  Antistius,  *^)  zuerst  mit 
Worten,  dem  Annalgeselze  des  L.  Villius  Tom  J.  180  gemäss,*®) 
dann  aber ,  als  er  nicht  nachgab ,  und  sein  Verfahren  zu  recht- 
fertigen suchte,  mit  Gewalt,  wodurch  sie  ihre  Absicht  erreich- 
ten. *')  Der  Consul  Sulla  yertrieb  die  Häupter  der  Volkspartei; 
3Iarius  und  Cinna  kamen  aber  zurück,  während  er  a.  87  mit  dem 
Heere  in  Griechenland  war,  und  verfolgten  ihre  Feinde.  Auch 
Cäsar  sollte  sterben;  ein  etruscischer  Gastfreund  Sextilius,  welchen 
er  vor  Gericht  vertheidigt  hatte,  und  auf  dessen  Gute  bei  Tar- 
quinii  er  Schutz  suchte,  verrieth  ihn;  er  wurde  getödtet,  und  sein 
Kopf  auf  die  Rednerbühne  geschickt.  *  ^) 

Die  Alten  erwähnen  ihn  öfter  als  seinen  Bruder,  weil  er 
Redner  uud  Dichter  war.  In  jener  Beziehung  wui-de  er  indess 
von  seinen  berühmten  Zeitgenossen  IM.  Antonius  und  L,  Crassus 
übertreffen.  Am  meisten  wirkte  uud  glänzte  er  durch  seinen 
Witz ;  kräftige ,  sinnschwere  Worte  vernahm  man  nicht  von 
ihm.  *')  Auch  durch  seine  Tragödien  erwarb  er  sich  Ruf,  ob- 
gleich Atlius  sich  ein  grösserer  Dichter  zu  sein  dünkte.'")  Unter 
anderen   schrieb   er  eine  Tecmessa  und  einen  Adrast.  ' ') 

26.  C.  Julius  Cäsar.  Aeltervater  des  Dicfator,  in  dessen 
Geschlechtsregister  jedoch  jede  Angabe  über  seinen  Vater  hinaus 
nur  auf  \ermuthung  beruht;  da  jener,  wie  er  selbst  Cajus  hiess, 
so  gilt  diess  wahrscheinlich  auch  von  seinen  nädistea  älteren 
Ahnen.  Dieser  Cäsar  gelangte  nicht  zu  den  höheren  Ehren- 
stellen,   weshalb    die  Fasten   von    ihm    schweigen.     Vielleicht   ist 


44)    Diodor   Sic.   fr.    1.   37.    Vol.    10.    p.    190.    Arg.  45)     1.    Th. 

S.    54.    Ko.    7.     2.    Th.    S.    435.    A.   30   f.  46)    WesseÜng   Probab. 

p.   375.      Vgl.    2.    Th.    S.   482.    A.    77.  47)    Cic.    Brut.    63.    de   bar. 

r.    20.     Ascon.   1.  c.  48)    Cic.    de    or.    3,   3.     Brut.   89.     Ascon.  1.  c. 

Val.  M.  5,3.  f.  3  n.  die  Stellen  in  Cornel.  Cinn.  Ko.  3.  A.  57.  Snet. 
C'alig.  60  fin, :  Obserratum  antem  nolalain((ne  est  inpriniis,  Caesares  omnes,  (.') 
quibus  Caii  praenomen  fuerit,  ferro  perisse,  iam  inde  ab  eo,  qui  Cinnanis 
teniparibus  sit   occisns.  49)     Cic.  Brnt.    48.  57.  60.  89.    de  or.  2,  5*. 

3,  8.  Tnsc.  5,  19.  de  off.  I,  30.  37.  VeUej.  2,  9.  §.  2.  Qninlil.  11,  3. 
129.  Xon.  niarn.  p.  513.  ed.  Lips.  50)  Val.  M.  .3,  7.  §.  11.  51)  Victorin. 
de  orlhngr.  Fest.  v.  Frophelas.  Vgl.  Cic.  Brut.  48.  Ascon.  in  Scaur. 
I>.  24:    buius  sunt  tragoediae,  qaae  iDScribuntnr  lalii. 


128  XXI.    lULII.  (27.) 

er   der  Senator,   welclier  um    143   eine  röraiscLe   GescLichte    in 
griecLiscLer  Sprache  schrieb.  "  -) 

27.  C  Jiilins  Cäsar.  Sohn  des  Vorigen.  Grossvater  des 
Dictator.  Ob  und  wann  er  zur  Prätur  gelangte,  ist  ungewiss, 
da  Plinius  ohne  nähere  Bestimmung  erzählt,  zwei  Cäsaren  seien 
am  Morgen  plötzlich  bei  dem  Ankleiden  gestorben,  ein  Prätor  in 
Born,  und  der  Vater  des  Dictator  nach  der  Verwaltung  jenes 
Amtes  in  Pisa.  *^) 

28.  IMarcia.  Gemahlinn  des  Vorigen.  Schwester  des 
Q.  Blarclus  Kex.  (Cos.  118.)  Ihr  Enkel,  der  Dictator,  leitete 
ihr  Geschlecht  vom  Könige  Ancus  Bleircius  ab.^*) 

29.  C.  Julias  Cäsar.  Sohn  von  No.  27.  Vater  des 
Dictator.  Er  erlebte  den  ersten  Bürgerkrieg  und  übernahm  die 
Prätiir  vor  dem  J.  84,  in  welchem  er  plötzlich  zu  Pisa  mit  Tode 
abgieng,  als  sein  a.  100  geborner  Sohn  im  sechzelmten  Jahre 
war.  '  *)  Dieser  gab  a.  65  ihm  zu  Ehren  als  curulischer  Aedil 
Fechterspiele.  ^'^) 

30.  Aurelia.  Gemahlinn  des  Vorigen.  Nach  dem  Zeif- 
verhältnisse  darf  man  annehmen,  dass  M.  Aurelius  Cotta  und 
Rutilia^')  ihre  Eltern,  und  C.  M.  und  L.  Cotta,  -Coss.  a.  75, 
74  und  65,  ihre  Brüder  waren.  ^  *)  Doch  wurde  sie  nicht  bloss 
wegen  ihrer  Abkunft,  sondern  auch  wegen  ihrer  Tugenden  ge- 
achtet. '^)  Die  wichtigste  Angelegenheit  war  ihr  die  Erziehung 
ihrer  Rinder.  ^'')  Unter  diesen  liebte  sie  Cajus  am  meisten,^') 
dessen  ausgezeichnete  AnIngen  sich  unter  der  Leitung  des  ge- 
lehrten gallischen  Rhefor  ]JI.  Antonius  Gnipho  äusserst  glücklich 
entwickelten.  " ')  Sie  blieb  zu  allen  Zeiten  seine  mütterliche 
Freundinn.  So  zeigte  sie  sich  a.  63  bei  seiner  Wahl  zum 
Oberpontifen.  * ')     Ohnerachtet  der  Sorgfalt,  mit  welcher  sie  über 


52)  Uv.  ep.  53.  53)  7,  54  (53).  54)  Suet.  Caes.  6.  55)  Plin. 

1.  c.  Suet.  Caes.  1.  Ob  dieser  Cäsar  oder  No.  20  Sulla  a.  93  den  "Vor- 
wurf juachte,  dass  er  die  PraJur  erkauft  habe,  ist  nicht  zu  bestimmen. 
Plut.    SuU.    5.  56)    Plin.    33,    16    (3).     Unten    No.    31.    §.  4.    A.  52. 

57)  ad  Att.  12,  20  fiii.  Sie  war  \ieUeicht  die  Schwester  von  P.  Rntilius 
Kufos,  Cos.  103.    Cic.  Brut.  22.  29.  30.  58)  Suet.  Caes.  1.  SO)  Plut. 

Caes.  9.  60)    (Tacit  )  Dial.  de  or.  28.     Vgl.  Dio  44,  38.  61)  Suet. 

Caes.  74.    Plnt.  Caes.  9.  10.  Zonar.  10,  11.  62)  (Suet.)  de  iU.  grnnun.  7. 

63)   Suet.  Caes.  13. 


XXI,  mm.      (31.  §.1.)       129 

die  Sitfen  seiner  lelcLfsinnlgcn  GemaLlinn  Ponipeja  wacLle,  wussle 
P.  C'lodiiis  sicli  dieser  zu  uüLern ,  auch  am  Feste  der  IJona  Dea, 
an  welcLem  sie  Theil  naLin.  '''')  Dagegen  wurde  iür  die  Freude, 
ihren  Sohn  a.  59  als  Coiisul  zu  begrüssen,  und  dann  Ton  seinen 
glänzenden  Thaten  in  Gallien  zu  hören.  Aber  sie  sah  ihn  nach 
seinem  Abgange  von  Rom  nicht  wieder,  denn  sie  starb  a.  54 
kui-z  vor  ihrer  Eukelinn  Julia.  ^  ^) 

31.     C.  JnUns  Cüsar.     C.  F.  C.  N.  ««)     Sohn  von  Ko.  29. 

§    1. 

Geboren  a.  100  r.  Chr.  —  654  a.  n.  unter  C.  Blarlus  VI; 
nnd  L.  Valerius  Flacciis  Consulat;  folglich  sechs  Jahr  jünger  als 
Pompejas  ®')  und  Cicero.  Bei  dem  Tode  seines  Vaters  im  sech- 
zehnten Jahre;**)  etwa  achtzehn  alt,  als  Sulla  sich  der  Herrschaft 
bemächtigte;  *')  im  56sten  als  er  a.  44  starb.  '")  Der  Monat 
seiner  Geburt  -war  der  Quintilis,  Nvelcher  eben  deshalb  später 
Julius  genannt  wurde,")  und  der  Tag  nach  zuverlässigen  nnd 
bestimmten  Zeugnissen  der  zwölfte.  '  -)  Wenn  die  Neuern  gleich- 
wohl daran  gezweifelt  oder  einen  andern  Zellpankt  angegeben 
haben,  so  sind  sie  durch  die  Bemerkung  des  Die  Cassius  irre 
geworden,  C'äsars  Geburtstag  sei  a.  42  mit  den  Apolliuar- Spielen 
zusammen  gefallen ,  und  um  dem  Gotte  nichts  von  seinen  Ehren 
zu  entziehen  von  den  Triumvirn  geboten,  ihn  einen  Tag  fi-iiher 
za    feiern.'^)      Jede    Ungewissheit ,    welche    dadurch    entstehen 


64)    Snet.   Caes.   74.    l'liu.    I.  c.    2.    Th.    20S.   A.    78.    212.   A.  16. 
65)    Snet.    1.  c.    26.  66)   Fast.  cap.  a.  694  u.  705  t  67)    VeUej. 

2,   53  fin.  68)    Suet.   Caes.  1.  69)    a.    82,    in   vrelcliem  Fräaeste 

übergieng.  Vellej.  2 ,  41.  {.  2.  2.  Th.  S.  468.  Cu.  Dolabella  klagte  er 
a.  77  an,  folglich  nicbt  im  21sten  Jalu-e,  (Tacit.)  Dial.  de  or.  34,  soiidem 
im   23sten.     2.    Th.    S.    561.    A.    36.      Zur    Zeit    der   Schlacht   Lei    Manda 

I"!   ferner  war  er  im  SSsten,  niclit  im  56stoa.    Eiurop.  6,  24  (19).  70)  Siiet. 

I   Caes.   88.    Flut.  Caes.   69.    App.  2,  522.     Nach    Dio  44,  7    ein  Fünfziger. 

71)  S.  die  folgenden  A.  h.  Plntarch.  Kiim  19.  /\pp.  2,  494  fin.  5,  727. 
Dio  44,  5.  Cic.  ad  Att.  16,  I  u.  4.  Snet.  Caes.  76.  Flor.  4,  2.  §.  91. 
Censor.  de  d.  nat.  22.    Fest,  t,  Innjum.    Hieron.  in  Euseb.  Chron.  Ol,  184. 

72)  a.  d.  rV  id.  Qnintil.  procrcalus.  Macrob.  Sat.  1,  12.  Calend.  Amiteru. 
et  Antiat.  in  Verr.  Flacc.  Fast,  ed.  Foggia.  p.  111.  Dea  faufzebntea  nennt 
irrig  Porphyr,  zn  Ilorat.  ep.  1,  5.  9.  73)   47,  18. 

Orumann ,    Ucschichto  Roms  III.  Q 


130  XXI.    lULII.         (31.  §.1.) 

könnte,'*)  verscLwiu Jet ,  wenn  man  sicL  erinnert ,  das»  jene 
Spiele  nicht  immer  an  demselljen  Tage  Jas  Oiiintil  gegeben 
wurden.  Liyius  gedenkt  bei  dem  J.  212  v.  C'Lr.  ibrer  Stif- 
tung, ")  und  bei  dem  J.  208  ihrer  Feier  am  fünften,  a.  d. 
m  Non.  puint.  mit  dem  Zusätze,  an  diesem  Tage  Labe  sie  seit- 
dem gewöhnlich  Stalt  gefunden."'')  Nicht  immer.  Sie  wurde 
auch  auf  den  elften  angeordnet;'")  alte  Kalender  nennen  den 
sechsten,'^)  und  oft  dehnte  man  sie  auf  mehrere  Tage  aus, 
z.  B.  a.  44  der  Priilor  M.  Brutus,  in  dessen  Abwesenheit  sein 
College  C.  Antonius  sie  besorgte; '8)  Brutus  wollte  am  Tage 
nachher,  am  dreizehnten  eine  Jagd  geben,  und  die  Apolllnar- 
Spiele  hatten  am  siebenten,  an  den  Nonen  begonnen.'")  Aus 
Dios  Nachricht  also  von  der  Verlegung  der  Geburtstages -Feier  folgt 
für  den  Tag,  an  welchem  Cäsar  geboren  wurde,  gar  nichts,  sie 
streitet  nicht  mit  der  hier  angenommenen  Bestimmung. 

Nach  Allem,  was  wir  von  Cäsar  wissen,  erfreute  er  sich  in 
seiner  Jugend  eines  vorzüglichen  Unterrichts ,  obgleich  er  nie 
aufhörte,  mit  grosser  Leichtigkeit  sich  Kenntnisse  anzueignen.  *  *) 
C  Marius,  welcher  mit  der  Schwester  seines  Vaters  vermählt 
war,  führte  ihn  a.  87,  als  SuUa  gegen  die  Feldherrn  des  Mithri- 
dates  focht,  dadurch  in  das  ö'fFeutliche  Leben  ein,  dass  er  mit 
dem  Consiil  L.  Cinna  ihn  zum  Priester  des  Jupiter,  flamen  dialis, 
wälJen  Hess.  ^')  Sein  Vorgänger  L.  Cornelius  Merula,  Optimal 
und  in  diesem  Jahre  nach  Cinnas  Flucht  an  dessen  Stelle  zum 
Consul  ernannt,  hatte  sich  im  Capitol  getödtet.  *^)  Aber  auch 
Marius  starb  schon  am  13.  Januar  86  vor  der  Weihe  seines 
Verwandten,  und  da  dieser  eben  deshalb  als  ilamen  destinatus,  ") 
nicht  mitzählt,  so  bemerken  die  Alten,  dass  es  von  Merula  bis 
zum  J.  H  vor  Chr.,  in  welchem  Auguslus  das  Priesterfhum  des 
Jupiter  herstellte,   keinen  Hamen  dialis  gegeben  habe,*')   daher 


74)    S.    Foggin.    1.    c.    p.   123.     Noris.  Cen.  Pis.  Diss.  2.  c.  6.  p.  193. 
75)     25,  12.     Vgl.  Macrob.  Sat.    1,  17.  76)    27,  23.     S.  Licinii  Vari 

No.   11.  77)    Liv.  37,  4.  78)    Oben  A.  72.  79)    10  Phil.  4  — 

Qiii    unqnani    aut   IiidJ,    aiit    ilies    laotJores   fiiernnt.     —     At   biinc   his  ipsis 
liKloruiu  djebiis  videbam  etc.  80)    ad  All.  16,  1   u,  4.     1.  Th.   S.   141 

u.    524.  81)     Oben    No.    30.  82)     Vellej.    2,   43.     .Snet.   Caes.   1. 

2.  Th.  S.  493.  83)   2.  Th.  582,  A.  28.  587.  A.  60.  84)  .Suet.  I.  c. 

85)  76  Jahr.     Bei  Tacit.  A.  3,  58  ungenau  72.     Dio  54,  36.  Suet.  Ociav.  31. 


f 


XXI.    lüLn.         (31.  §.1.)  131 

aach  Cicero  in  Beziebong  auf  die   Rede  fiir  sein  Haus  seiner 
niclit  gedenkt.  *  ^) 

Die  Gunst,  durch  welche  Cäsar  von  dem  Haupte  der  Volks- 
partei  ausgezeichnet  wurde,  bestimmte  ihn  nicht,  sich  schon  früh 
für  diese  zu  entscheiden,  und  weder  die  Ermordung  seiner  Ver- 
wandten, ^')  noch  die  Furcht  vor  Sulla,  als  dessen  Freunde  sie 
gefallen  waren,  schreckte  ihn  davon  ab.  Seinem  Scharfblicke 
entgieng  es  nicht,  dass  die  Republik  sich  überlebt  hatte;  er  be- 
schloss  eine  Partei  durch  die  andre  zn  stürzen,  um  dann  über 
beide  zu  gebieten.  Diesen  Plan  entwarf  er  schon  Jetzt,  und 
folgerecht  führte  er  ihn  aus;  jede  Seite  seiner  GescLichte  bezeugt 
es.  Was  für  seine  ersten  Beobachter  bedeutung-slos  oder  räthsel- 
haft  war,  ist  es  nicht  auch  für  uns,  welche  das  Ende  des  Ruäuls 
bis  zu  dessen  Anfang  leitet.  Zunächst  galt  es,  durch  auffallende 
Handlungen  die  Aufmerksamkeit  derer  zu  erregen,  welche  ihm 
einst  vertrauen  sollten,  jedoch  so,  dass  er  sich  nicht  in  seiner 
Ohnmacht  den  Gegnern  preis  gab.  Er  heirathete  a.  83  die 
Tochter  des  L.  Cinna,  dessen  Absicht,  Sulla  im  Osten  zn  be- 
kriegen,  im   vorigen  Jahre   durch   seinen  Tod  vereitelt  war.**) 


86)  de  har.  r.  6.  2.  Th.  311.  Norisins  hat  die  chronologischen 
Schwierigkeiten  bei  dieser  Untersachnng  zu  heben  Tersucht,  und  sie  nicht 
bloss  durch  die  Verwechseliuig  des  Flamininm  mit  dem  Pontißcat  nnr  ver- 
mehrt. Cen.  Pis.  Diss.  2.  c.  5.  p.  182.  Gegen  ihn  schrieb  '^Vesseling 
Obserr.  2,  18,  besonders  nm  die  Ehre  Svetons  zn  retten,  vfelcher  1.  c.  der 
Meinung  zu  sein  scheint,  Cäsar  sei  erst  nach  dem  Tode  seines  Vaters 
oder  nach  dem  J.  84  Flamen  geworden,  als  Marius  nnd  Cinna  nicht  mehr 
lebten,  dessen  Worte  aber  in  dem  verstümmelten  Anfange  seines  Werks 
offenbar  versetzt  sind.  Darüber  hat  noch  niemand  sein  Befremden  geäussert, 
dass  man  Cäsar,  welcher  allerdings  a.  88  während  der  kurzen  Herrschaft 
des  Marius  nnd  bei  Lebzeiten  des  Msrula  das  Priesterthum  nicht  erhielt, 
nicht  auf  Sullas  Betrieb  durch  Merula  ersetzt  wurde,  wie  Norisins  glaubt, 
nach  seiner  Wahl  nicht  inaugnrirte.  Wenn  auch  Marius  bald  nachher  starb, 
so  blieb  doch  dessen  Partei  bis  a.  83  oder  bis  Sullas  Rückkehr  vom  mi- 
thridatischen  Kriege  am  Ruder;  Cäsars  Jugend  stand  der  Wahl  und  also 
auch  der  Weihe  nicht  entgegen ;  demnach  Terdaukte  er  jene  der  persön- 
lichen Zuneigung  des  berühmten  Fcldherru ,  nach  dessen  Tode  er  nicht 
Weiler  beachtet  wurde,  zumal  da  wichtigere  Dinge,  die  Rüstungen  gegen 
Sulla,  die  Marianer  beschäftigten,  nnd  er  mit  Cinuas  Tochter  sich  erst 
dann    Termählte ,     als    dieser    ermordet    war.  87)     Ko,    20    n.    25. 

88)   2.  Th.  592. 

9» 


132  XXI.    lUIJI.        (31.  §.1.) 

Seine  VenvamltscLaft  mit  Mariiis  vrat  kein  Verbreclien,  aber 
auch  kein  Verdienst;  diese  Heirath,  kein  Verbrechen,  weil  sie 
ein  rein  menscLlicLes  Verbäitniss  begründete,  sollte  später  durch 
andre  Schritte  ihren  Sinn  erhalten.  Nach  der  Besiegung  der 
Marianer  befsdil  ihm  Sulla  a.  82 ,  sich  von  der  Tochter  seines 
Feindes  zu  trennen.  M.  Piso  entliess  nach  dem  Wunsche  des 
Herrschers  Annia ,  Cinnas  Wittwe ,  und  Pompejus  Anti!>tia,  *  ^) 
Cäsar  aber  nicht  Cornelia.  Man  ächtete  ihn,  woduich  er  seine 
Würde  als  Priester  des  Jupiter,  die  Aussteuer  seiner  Gemahlinn 
und  sein  eigenes  Vermögen  verlor.  Er  irrte  krank  und  in  einet 
Vermnnimung  im  Sabinischen  umher,  und  wurde  hier  von  Cor- 
nelius Phagita  ergriffen,  von  vs'elchem  er  seine  Freiheit  mit 
zwei  Talenten  erkaufte.  ^")  Dann  erfolgte  zwar  seine  Be- 
gnadigung, weil  die  Vestalinnen,  deren  Fürwort  um  so  gewich- 
tiger war,  da  schon  ihre  Gegenwart  vor  Gewalt  schützte,^') 
Aurelius  Colta ,  ein  Bruder  seiner  Mutter  ^^)  und  Mamercus 
Aemilius  Lepidus^^)  für  ihn  baten;  aber  Sulla  fügte  sich  un- 
gern, und  bemerkte,  als  man  von  der  Jugend  des  Proscribirten 
und  von  seiner  Unbedentsamkeit  sprach,  welche  auch  sein  Aeus- 
seres  knnd  gebe,  in  ihm  sei  mehr  als  ein  Marius,  man  möge  sich 
Tor  dem  schlechtgegürfefen  Knaben  hüten.  ^') 

Cäsar  hatte  gezeigt,  was  von  seiner  Festigkeit  nnd  von  seinen 
Grundsätzen  zu  erwarten  sei;  mehr  konnte  er  jetzt  nicht  wollen. 
Da  es  also  in  Rom  vorerst  kein  Geschäft,  nur  Gefahren  für  ihn 
gab,  so  gieng  er  nach  Asien.  Hier  folgte  a.  81  der  Proprätor 
M.  Minucius  Thermus  dem  Legaten  SuUas  L.  Blurena^')  in 
der  Provinz  Asia.  ^^)     Er  beschloss  Mifylene  zur  Unterwerfun 


89)   1.  Th.  S.  42  n.  55.   2.  Tli.  S.  85.  A.  52.  90)  Plnf.  Caes.  1. 

Suet.  Caes.  1.  74.   Vellej.  2,  41.  5    2.    2.  Tli.  481.  A.  71.  91)  2.  Th. 

S.  181.  A.  67.     Vgl.  Cic.  p.  Font.  17.  92)    Er   vrird   niclil  näher  be- 

zeichnet.    Oben  Ao.  30  in.  93)    1.  Th.  S.  4.    Ko.  14,  94)    Snet. 

1.  45.    rint.   1.    Macrob.  Sat.  2,  3.    Dio  43,  43.  95)   2.  Th.  455.  460. 

461.  477.  96)   Suet.  2.     Es  gab  in  dieser  Zeit  Mehrere  seines  Samens. 

Ein  Alinncius  Thermus  gieng  a.  86  mit  dem  Consul  A'olerins  Flacciis  nach 
Asien  nud  wurde  von  Fimbria  in  Unthätigkeit  yerselzt;  er  Tv-ar  folglich 
Marianer.  App.  Mithr.  204.  2.  Th.  452.  Die  anderen  Schriftsteller,  welche 
Cäsars  Reise  erwähnen ,  schweigen  TOn  seinem  Fcldherrn  Thermus ;  diess 
beweis'!  nichts  gegen  Snoton;  von  Livius  haben  wir  hier  nnr  einen  Aiiszng, 
und  flutarcb  übergehl  uichl  nur  Namen,  sondern  auch  Ereignisse,  z,  B.  die 


XXI.  lULrr.      (31.  §.2.)      133 

EU  brluyen,  ")  WelcLes  im  ersten  mitbridatiscLen  Kriege  von 
Rom  abgefallen  nnd  aucli  nach  einer  Niederlage  seiner  Flotte 
unter  L.  Lncullus  nicLt  genommen  \yar.  **)  In  dieser  Zeit  kam 
Cäsar  za  ihm,  zum  ersten  Male  im  Felde  zu  dienen.  JMinacios 
schickte  ihn  nacL  BitLjnien  zu  Nicomedes  3.,  dessen  ScliilTe  er 
herbeifüLren  sollte.  ^^)  Man  beschuldigte  ihn,  er  habe  sich  dem 
Könige ,  ^'elcher  später  den  Romern  sein  Reich  vermachte ,  zu 
schändlicher  Lust  hingegeben,  und  fand  darin  eine  Bestätigung, 
dass  er  wenige  Tage  nach  seiner  Rückkehr  unter  dem  Vorwande, 
für  einen  Freigelassenen,  seineu  Clienten,  Geld  eintreiben  zu 
wollen,  vrleder  zu  ihm  reis'te.  Zu  allen  Zeiten  hat  man  diese 
Anklage  gegen  ihn  erneuert ;  mit  welchem  Rechte ,  ist  nicht  zu 
entscheiden.  '"")  ludess  focht  er  a.  80  vor  ölitjlene  und  mit 
Auszeichnung;  als  es  erobert  wurde,  rettete  er  einem  Kampf- 
genossen das  Leben  und  Thermus  belohnte  ihn  mit  einer  Biirger- 
krone.  ')  a.  78  begab  er  sich  auf  die  Flotte  des  Proconsuls 
P.  Servilius,  welcher  die  cilicischen  und  die  übrigen  Seeräuber 
entwaffnen  sollte,  und  sich  den  Beinamen  Isauricns  erwarb.') 
Kaum  aber  war  der  Feldzug  eröffnet,  als  er  auf  die  Nachricht 
von  Sullas  Tode  nacL  Rom  zurückgieng.  ') 

$  2. 

a.  78.     Bei  seinem  schnellen  und  richtigen  ürtheil'  erkannte 
er  sogleich,  dass  die  Sache  des  Volks  in  schlechten  Händen  sei. 


Belagerung  von  Blitrlene  tind  Cäsars  Fcldzng  nnter  Servilius,  Eben  so 
SIemn.  Uist.  36  (38).   Orell.  97)    Die   Münzen  haten   Mjtilene,   die 

meisten  Autoren  und  anch  einige  Inschriften  Blityl.  Hier  ist  die  gewölin- 
liche   Schreibart  beibehalten.     S.   Eckh.  2.   p.  503.  98)   flul.  Lnc.  4. 

Ijcinii  Lncull.  No.  5.  J.  1.  A.  88.  99)  Tgl  2.  Th.  442.  100)  Suet. 

2.  49.  52.  (A.  V.)  de  vir.  iU.  78.  Dio  43,  20.  Tlnt.  1  gedenkt  der 
Reise,  aber  nicht  der  Schande.  Bei  Gell.  5,  13  nennt  Cäsar  in  einer  Rede 
ilr  die  BithjTiier  Xicomedes  seinen  Castfrennd.  1)  Suet.  2.    Vgl.  Liv.  89. 

riin.  16,  5  (4).  GeU.  5,  6.  Lncan.  1,  358.  Die  Münze  bei  Voill.  Minne. 
Ko.  13.  Eckh.  5.  p.  255  gehört  nicht  hierher;  wenn  sie  Cäsars  That  ver- 
herrlichen sollte,  so  würde  diess  angedeutet  sein.  2)  Kur  8uet.  3 
spricht  von  Cäsars  MitTfirknng.  Vgl.  Liv.  90.  93.  Cic.  Verr.  I,  21.  3,90. 
»,  10.  5,  30.  Val.  M.  8,  5.  §.  6.  Flor.  3,  6.  §.  4.  Eutrop.  6,  3.  Orox. 
S,  23  u,  die  VebersicUl  der  Tiralen - Exiege  in;  Tonipej.  lUr.  a.  67. 
3)   Suet.   I.  c. 


134  XXI.    lULII.         (31.  §.2.) 

Sie  selbst  zu  übernehmen ,  war  er  noch  zu  schwach ,  nnci  un- 
geschickten Führern  mochte  er  sich  nicht  anvertrauen.  Daher 
wurden  die  Autrage  des  Consuls  M.  Lepidus,  sich  mit  ihm  gegen 
die  Sullaner  zu  verbinden,  abgelehnt,  obgleich  ohne  Zweifel 
L.  Cinna,  der  Bruder  seiner  Gemahlinn,  der  Unterhändler  war;  *) 
man  hatte  nichts  vorbereitet,  und  Lepidus,  welcher  im  folgenden 
Jahre  von  Q.  Catulus  an  der  milvischen  Brücke  geschlagen 
wurde,  und  in  Sardinien  als  Geächteter  starb,  war  nicht  geeignet, 
eine  grosse  Umwälzung  zu  leiten,  ')  Diese  konnte  auch  nicht 
das  Werk  Eines  Jahres  sein.  Man  musste  der  herrschenden 
Partei  zunächst  in  der  öffentlichen  Meinung  schaden,  und  Cäsar 
unternahm  es  mit  so  viel  Mässigung  und  so  schlauer  Berechnung, 
dass  er  absichtslos  zu  handeln  schien,  bis  die  wiederholten  Streiche 
fühlbar  wurden. 

a.  77.  Nach  der  Sitte  der  jungen  Römer,  sich  durch  An- 
klagen bedeutender  Männer  bemerklich  zu  machen,  belangte  er 
den  Consular  Cn.  Dolabella,  welcher  Rlacedonien  verwaltet  hatte, 
wegen  Erpressungen.  Diess  war  in  der  Ordnung.  Aber  ein 
Sullaner  wurde  eines  von  Sulla  verpönten  Verbrechens  beschul- 
digt, und  der  Senat,  durch  Sulla  allein  im  Besitze  des  Richter- 
anites,  sprach  ihn  frei.  Die  Vermuthimg  lag  nahe,  dass  die 
Richter  den  Parteigenossen,  den  Senator  begünstigten,  dass  sie 
von  Processen  der  Art,  welche  ihnen  selbst  ganz  vorzüglich  Ge- 
fahr brachten,  abschrecken  wollten;  die  "Verfassung  des  Dictator 
erhielt  einen  Riss.  Durch  Dolabellas  Schmähungen  wurde  Cäsar 
nicht  widerlegt,  und  der  Beifall,  mit  welchem  ein  grosser  Theil 
der  Umstehenden  ihn  hörte,  galt  nicht  bloss  dem  gebornen  Red- 
ner. ®)  Um  so  kühner  setzte  er  den  Angriff  fort.  Denn  C,  An- 
tonius, ( Cos.  63 )  welchen  er  a.  76  vor  dem  Prätor  M.  Lucullus 
wegen  Erpressungen  anklagte,  hatte  zur  Zeit  des  mithridatischen 
Krieges  mit  einer  Schaar  von  Sullas  Reuterei  in  Griecheuland 
geplündert;  er  wusste  sich  jetzt  der  Untersuchung  zu  entziehen, 
wurde  aber  sechs  Jahre  später  auch  aus  diesem  Grunde  von  den 
Censoren  aus  dem  Senat  gestossen.  ') 

4)    2.    Th.    S.    590.    No.   5.  5)    Suel.  3.     Vgl.  Flui.  Pomp.   16. 

Caes.  3.  4.  Ai)p.  1,  418.  Pliii.  7,  54  fin.  (53.)  Flor.  3,  23.  1.  Th.  S.  3. 
No.   12.    2.  Th.  S.  497.  6)   2.  Th.  561.  No.  5.    Hoitensn  No.  7.  §.  2. 

A.  17.    Obeu  {.  1.  A.  69.  7)    Autonius  hiess  nicht  Fulilius,    nud  der 


XXI.    lULII.         (31,  §.2.)         135 

JVocIi  immer  traf  Cäsar  ineLr  persönlicLer  als  Parteibass; 
furcht  vor  den  Männern,  welche  rou  iliui  belästigt  waren,  Latte 
au  seiner  zweiten  Keise  nach  Asien  keinen  Autheil.  *)  Niemand 
verstand  es  besser,  auch  die  Zeit  wirken  zu  lassen;  die  Nobilität 
opferte  sich  selbst.  Daher  gieng  er  im  Winter  76  nach  Rhodas, 
wo  er  sich  'unter  der  Leitung  des  Rhetor  Älolo  in  der  Redekunst 
üben  wollte.  In  der  JNähe  Ton  Blilet  wurde  er  bei  der  Insel 
Pharmacusa  von  Seeräubern  gefangen  genommen ,  nach  dem 
Processe  des  Dolabella,  wie  Sueton  richtig  angiebt,  und  in  dem 
genannten  Jahre,  denn  Plutarch  und  Vellejus  erwähnen  in  der 
Geschichte  des  Abenteuers  Junius  Silanus,  einen  Prätorier,  welcher 
nach  Plinins  jetzt  Asia  mit  dem  Titel  eines  Proconsuls  venvaltete. 
Plutarch  setzt  das  Ereigniss  gleichwohl  vier  bis  fünf  Jahre  früher, 
in  die  Zeit,  als  Cäsar  von  Niconiedes  zurückkehrte,  und  Poljän 
stimmt  ihm  im  W^eseutlichen  darin  bei,  obgleich  er  übrigens  nicht 
nur  von  ihm,  sondern  auch  von  den  anderen  Scliriftslellem  vöUig 
abweicht^  jenen  am  laconischen  Vorgebirge  seine  Freiheit  ver- 
lieren, den  Räubern  durch  seinen  Sclaven  Epierates  einen  Schlaf- 
trunk bereiten,  und  sie  dann  tödten  lässt.  Auch  konnte  der  Ge- 
fangene nicht  glauben,  dass  Crassos  sich  seines  Schicksals  freuen 
werde,  denn  sie  vs'aren  nicht  Feinde.  Ob  er  so  viel  Unerschrocken- 
Leit  zeigte  als  Plutarch  in  einer  sichlbar  ausgeschmückten  Er- 
zählung berichtet,  mag  auf  sich  beruhen;  Sueton  bestätigt  nur, 
dass  er  die  Piraten  im  Scherze  mit  dem  Kreuze  bedrohte,  nicht 
aber,  dass  er  als  Gebieter  unter  ihnen  auftrat,  nnd  mit  lächerlicher 
Freigebigkeit ,  um  sie  über  die  Wichtigkeit  seiner  Person  zu 
belehren,  statt  20  Talente,  welche  sie  forderten,  50  zu  zahlen 
versprach.  Diese  bezog  er  von  Milet,  denn  in  einem  solchen 
Falle  niussten  Provincialen  und  Eundesgeuossen  das  Lösegeld 
herbeischaffen,  '■')  und  nach  38  bis  40  Tagen  war  er  frei.  In 
der  Kacht  nach  seiner  Aussetzung  raffte  er  milesische  Schiffe  zu- 
sammen; er  bemächtigte  sich  der  Räuber  auf  Pharmacusa,  und 
führte   sie  nach   Pergamum.     Dann    begab   er  sich   nach  Bilhj- 


ProcesS  wurde  nicht  in  Griechenland  geführt,  vfic  Plnt.  Caes.  4  sagt. 
Ascoii.  za  Cic.  or.  In  toga  cand.  p.  84.  Grell.  Cic.  p.  IM.  TnUio  cap.  8. 
ed.  Peyron.  et  Beier.  I.  Th.  532.  A.  72  —  533.  A.  79.  2.  Th.  547. 
A.   88.    Licin.  Loculli   No.  9.   A.  34.  8)    Sueton.  4   ball   sie   fiu   die 

UauptuTsach.  9)    2.  Th.  201.  A.  48. 


136  XXI.    lüUI.         (31.  §.2.) 

nien,  '")  wo  Junias  sich  gerade  aufhielt,  WaLrscLeinlicL  nm  zn 
bewirken,  <Iass  Rom  den  König  Nicomedes  3.  beerbte,  und  als 
der  Procousul  aus  Eigennutz  die  Piraten  zu  verkaufen  befahl, 
kam  er  vor  dessen  Schreiben  nach  Pergamum,  und  liess  sie 
kreuzigen,  nachdem  sie  zur  Milderung  der  Strafe  erwürgt  wa- 
ren. ")  Zum  zvseiten  Male  verdankte  er  dem  Gelde  die  Er- 
haltung seines  Lebens,  und  er  verdankte  ihm  ausch  später  sehr 
viel,  weil  er  es  zu  gebrauchen  wusste. 

Den  Rlietor  Molo  in  Rhodns,  vrelchen  er  jetzt  hörte,  '  -)  und 
dessen  Unterricht  auch  Cicero  in  Rom  und  dann  auf  der  In$el 
benutzte,  nennt  dieser  immer  so,'^)  den  Rhelor  dagegen,  an 
welchen  O.  Mucius  S.cävola  (Cos.  117)  als  Prätor  sich  wandte, 
stets  Apollonius.  ' ')  Sie  mit  dem  Namen  ApoUonius  Molo  als 
eine  und  dieselbe  Person  zn  bezeichnen,  gestattet  schon  ihr  un- 
gleiches Aller  nicht,  und  Strabo  unterscheidet  sie  sehr  bestimmt; 
er  erzählt,  Apollonius  mit  dem  Beinamen  Blalakos,  der  Weich- 
ling, und  JIolo,  beide  aus  Alabanda  in  Carlen  gebürtig,  haben 
sich  in  Rhodus  angesiedelt,  und  JMolo  zuletzt,  welches  jenem  zn 
einem AYorlspiele  Anlass  gab.'')  Die  Schriftsteller  nach  Cicero, 
welche  dessen  Lehrer  Apollonius  Molo  nennen,  '  ^)  sind  dadurch 
getäuscht,  dass  der  allere  und  jüngere  Rhetor  Landsleute  und 
Seitgenossen  waren.  Dei  Plutarch  heisst  der  Grieche,  zu  welchem 
Cäsar  gieng ,  sogar  Apollonius ,  .Sohn  des  JMolo.  ' ')  Cäsars 
Aufenthalt   in  Rhodus  war  von  kurzer  Dauer.     Der  dritte  Krieg 


10)   Diess  ha«  Plnlarch  irre  gemacht.  II)  Snet.  4.  74.  Veliej.  2,  42. 

§.  2.  Väl.  M.  6,  9.  §.  15.  Plin.  2,  35.  Plnt.  Caes.  1.  Crass.  7.  Polyaen 
straf.  8,  23.  J,  1.  Fenestella  bei  Diomedes  p.  361.  Putsch,  spricht  TOn 
Enthauptung,  einer  bei  Verbrechern  dieser  Art  nicht  üblichen  Todesstrafe; 
über  seinen  Ansdrnck  decoUare  s.  IVessel.  Observ,  1,  20.  Tgl.  2,  18. 
12)    Sueion.  4.    Plut.  3.  13)  Brnt.  89.  90.  91.  14)  de  or.  1,  17.  28. 

de  iav.    1,  56.  15)    14,  655:    'Oi/'t   i-ioliov.  661.  16)    Sne«.  1.  c. 

<^aintil.  12,  6  fin.  Tgl.  3,  1.  5,  16.  Joseph,  c.  Apion.  2,  14,  36  n.  Fabric. 
B.  Gr.  ed.  Harl.  4.  p.  273.  17)    Caes.  3.     So   ist   ohne  ZTreifel  auch 

Flut.  Cic.  4  zu  lesen.  Dieselbe  Benennang  findet  sich  bei  PoiThyr.  Quaest. 
Homer.  Selbst  Tvenn  Apollonius  der  Sohn  eines  Molo  vrar,  so  kann  doch 
in  Beziehung  auf  Ciisai'  nnd  (Jcero  gar  nicht  TOn  ihm  die  Rede  sein,  und 
Spalding  Iint  in  seinen  Anmerkungen  zn  (Inintil.  3,  1.  J.  16  nnr  in  so  fem 
Becht,  ,ils  er  mit  CasnnJi.  zn  Strabo  u.  Snet.  II.  cc.  und  mit  Wetzet  zu 
Cic.  Brat.  89  Ton  einem  ültorn  und  Jüngern  Rhelor  spricht. 


I 


A 


XXI.    lULn.         (31.  §.2.)         137 

mit  Millu-idafes  rief  ilin  iiacl»  der  Provinz  Äsia,  vro  er,  •waLr- 
scLeinlicL  im  Anfange  des  J.  74 ,  oLne  Auftrag  als  PriTalmann 
Truppen  zusammenzog ,  und  eine  feiudlicLe  Schaar ,  Welche  ein- 
gedrungen war,  um  die  Einwohner  gegen  Rom  aufzureizen,  ia 
die  FlucLt  schlug.  ^^)  Auch  liier  Terweille  er  nicht  lange;  sein, 
Oheim  C.  Aurelius  Gotta,  welcher  im  vorigen  Jahre  Consul  ge- 
wesen war,  und  in  diesem  Gallien  verwaltete,  starb  plötzlich,  '  ^) 
und  er  wurde  abwesend  an  dessen  Stelle  zum  Pontifen  ge- 
wählt. ^°)  Deshalb  reis" te. er  nach  Rom,  nicht  ohne  Furcht  vor 
der  Rache  der  Seeräuber,  und  entschlossen,  sich  ihr  im  äussersten 
Falle  durch  Selbstmord  zu  entziehen  j  indess  traf  er  nicht  mit 
ihnen  zusammen.-') 

Er  fand  die  Gegner  der  jetzigen  Verfassung  in  einem  hiilfs- 
losen  Zustande,  zumal  da  die  Volks -Tribüne  nichts  vermochten; 
ein  Parteihaupt,  nach  welchem  sie  sich  sehnten,  konnte  nur  dann 
durchdringen,  wenn  es  über  die  .Stimme  und  die  Arme  der 
Blenge  gebot,  welche  die  Anmassungen  der  Nobililität  nicht  be- 
rührten ,  desto  mehr  aber  die  damalige  Theiu-ung.  Cäsar  näherte 
sich  ihr;  daS  Wohlwollen  des  Patriciers  und  seine  Getraide- 
.Spenden  befestigten  ihn  in  ihrer  Gunst,  nnd  in  dem  Maasse,  als 
sein  Ansehn  Stieg,  öffneten  sich  ihm  die  Cassen  der  Wucherer, 
denn  die  Aemter  als  Gegengeschenk  des  Volks  und  die  Provinzen 
verbürgten  die  Rückzahlung.  Kur  die  Ojitimaten  rechneten  falsch; 
sie  hofften ,  mit  seinem  Vermögen  werde  auch  sein  Eiufluss 
schwinden.  ^  ^)  Vorerst  wählte  das  Volk  ihn,  nicht  seinen  Mit- 
bewerber C   Popilius,   zum  Kriegstribun.  ^^)     Gleichwohl   wird 


18)  Nnr  bei  Saeton.  4  hat  sich  diese  Nachricht  erhalten,  vrelches 
weder  Lefremden  noch  üweifel  erregen  kann,  da  die  Allen  aus  dem  frü- 
heren Leben  Cäsars  höchst  ^Tillküh^lich  Einzelnes  hervorheben,  welches 
ihnen  gerade  vrichtig  oder  zweckdienlich  schien,  nnd  Anderes  übergehen, 
19)    Cic.  in  Pisou.  26  n.  das.  Ascon.  p.  14.  OreU.  Brut.  92.  20)  VeUej. 

2,   43.     Unten   f.  7.  A.  16.  21)   VeUej.  1.  c.  22)   Plut.  4.     Vgl. 

Cic.    p.   Plane.    26,  23)     Snet.    5.     Plnl.    5.     Schon   362  t.   Chr.   war 

bestimmt,  dass  ein  Theil  dieser  Tribüne  in  den  Comitien,  (comiliati.  Ascon. 
«n  Cic.  Verr.  A.  1,  10.  p.  142.  OreU.  )  nicht  melir  alle  \on  den  Feldherrn, 
den  Consuln  oder  Dictatorcn,  gewrhlt  XTerden  sollten,  (Riifuli  nppella- 
Iiantnr  tiib.  m,  a  consnle  facti,  non  a  populo,  do  qiiorum  inre  qnod  Ru- 
lilins  Rnfns  legem  tulerat,  Rufuli  ac  post  Rntuli  sunt  appellali.  Fest.  v. 
Uul.     LiT.  7,   5  flu.    Ascon,  1,  c, )     Liv.  7.    S.     Das   Gesetz   Tv-urde   ab<^r 


138  XXI.    lüLII.         (31.  §.3.) 

er  in  deu  näcLslen  drei  Jahren  nicht  erwähnt,  in  einer  Zeit,  wo 
Mithridat,  Si)ar(acns  und  Sertorius  die  römischen  Heere  beschäf- 
tigten. Gegen  den  Letzten  konnte  er  nicht  fechtet,  ohne  seinen 
öffentlichen  Character  zu  verlängnen,  so  wenig  er  auch  den  Sieg 
dieses  JMarlaner,  eine  gewaltsame,  übereilte  und  durch  einen  An- 
dern bewirkte  Umkehr  der  Dinge  wünschte.  Es  ist  aber  Toraus- 
zusetzen,  dass  er  in  der  Abwesenheit  der  angesehensten  Optimaten, 
welche  im  Felde  standen,  das  Volk  zu  stimmen,  das  Missvergnügen 
über  die  bestehenden  Einrichtungen  zn  vermehren  nnd  Hoffnungen 
zu  erregen  suciite,  und  dadurch  sein  Werk  im  Stillen  förderte. 

§    3. 

Im  J.  70  trat  er  zum  ersten  Male  in  ein  näheres  Vertält- 
nlss  zu  Pompejus,  nnd  von  diesem  Augenblicke  an  war  es  fiir 
immer  entschieden.  Pompejus ,  der  Grosse ,  Sullas  furchtbares 
Rüstzeug  und  schon  unter  dessen  Dictatur  Triumphal,  nach  seiner 
Behauptung  der  Ueberwinder  der  Marianer  in  Spanien  und  der 
Gladiatoren  in  Italien,  übernahm  a.  70  mit  M.  Crassus  das  Con- 
sulat.  ÄKt  einem  Worte  schien  er  Cäsar  in  sein  Wichts  zurück- 
schleudern und  dessen  künstlich  gesponnenes  Gewebe  zerreissen 
zu  können.  Aber  eben  wegen  seines  Glanzes  und  hochfahrenden 
Wesens  wurde  er  von  seiner  Partei  beneidet  und  gefürchtet, 
und  er  neigte  sich  zum  Volk.  Hier  erwartete  Um  Cäsar,  auf 
dem  eigenen  Gebiete  ein  nicht  zu  verschmähender  Beistand; 
kräftig  und  mit  schuldiger  Achtung  lieh  er  dem  Mächtigen  seinen 
Arm,  ihn  in  die  falsche  Bahn  hineinzuziehen,  wo  er  mit  seinem 
Stolze,  seiner  Kälte  und  der  Unfähigkeit,  die  Menge  sich  zu  be- 
freunden, einen  schlüpfrigen  Boden  und  nur  sehr  spät  zu  seinen 
natürlichen  Bundesgenossen  den  Rückweg  fand.  Von  jetzt  an 
wucherte    Cäsar   im  Hintergrunde  mit   seinem  Ansehn  und   trieb 


nicht  beobachtet,  und  deshalb  a.  311  dem  Volke  das  Recht  zugestanden, 
spchszehn  Stellen  in  den  4  Legionen  der  beiden  Consnlar- Heere,  folglich 
V3 '  ^"  besetzen.  Liv.  9,  30.  Der  Senat  suchle  auch  später  Vorwand, 
das  Gesetz  zn  umgehen ,  nnd  ermächtigte  in  manchen  Jahren  die  Consnln 
zur  Ernennung  aller  Tribüne  oiler  auch  der  Iläirte,  wogegen  a.  169  das 
Volk  sich  ihre  IVaUl  in  den  i  Legioaeu  ausschliesslich  votbolüelt.  Lir. 
43,    Vi. 


XXI.    lüLII.         (31.  §.3.)         139 

ihn  Liilfrelch  weiter  and  weifer,   bis  er  endlich  dem  Verderben 
nahe    auch   die    Verirrungen    dieses   Jahrs   bereute.''^)      Dahin 
gehört    die    Herstellung    der    h-ibunicischen    Gewalt,    welche    seit 
SiiUa  mehrmals  versucht  und  von  Pompejiis  nach  dem  Kriege  mit 
.Sertorius    dem   Volke    versprochen    war;     er   hielt    seine    Zusage 
und   Cäsar  unlerstiilzte  ihn,   denn  diesem  frommte  es,   dass  er  aus 
dem  Lager  der  Aiistocratie  entwich,  und  ein  verfassungsmässiges 
Organ  zu  deren  Bekämpfung  wieder  ins  Leben  rief.     Man  hatte 
es    besonders  wegen  der  senatorischen  Gerichte  gewünscht.     Ihre 
Gebrechen    rügte  auch  Cicero   in  diesem  Jahro,    ohne  zu   ahnden, 
in  welchen  Plan   er    eingriff,   nur  um  sich  überhaupt  und  neben 
Ilortensius   emporzuschwingen,  -  ^)  und  bald  nachher  übertrug  der 
Prätor  L.  Aurelius  Cotta   das  Richferamt  den  Senatoren,  Rittern 
und  Schatztribunen.  *^)     Er  war  der  Oheim  Cäsars,^')  welcher 
in    und    nach    den    Processen    des    Dolabella    und   Antonius    den 
Unwillen    des  Volks   über    die   suUanische  Gerichtsverfassung  ge- 
nidirt  hatte,   und  jetzt  die  Neuerung,  an  welcher  Pompejus  einen 
thäligen  Antheü  nahm,    und  in  ihr  die  Beschimpfung  des  Senats 
veranlasste;    es    bedarf    hier    keines    ausdrücklichen  Zeugnisses; 
seine  Stellung,  sein  übriges  Verfahren,  und  die  Bemerkung,  dass 
gerade    Cotta   das  Gesetz   beanh-agte ,    sagt  Alles.  '  *)     Auch    be- 
stimmte  ihn    nicht    die  Liebe    zu  seinem  Verwandten,    nacJi  dem 
Kriege    mit    Sertorius    in    einer   Rede   an    das  Volk   den    Gesetz- 
entwurf des  Tribuns  Plautius  zu  empfehlen ;  es  sicherte  L.  Cinna, 
dem  Bruder  seiner  Gemahlinn ,  und  dessen  Gefährten  die  Rück- 
kehr   aus  Spanien ,   wohin    sie    nach  dem  Tode  des  Lepidus  mit 
Perperna  entflohen  waren.  ^  ^) 


23)    App.   2,   445  fin.  24)    Suet.  S.     S.    Pompej.  lllv.    a.  70  n. 

2.   Th.  483.  25)    2.   TIi.    506.   A.    72   f.     Honens.    No.    7.   §.   3   iiu 

26)    rompej.    IIIv.     a.    70.     Vgl.    2.    Th.    490.  27)     Oben    No.   30. 

28)  Pomp.  1.  c.  u.  a.  SS  n.  Cic.  de  leg,  agr.  2,  3  fin.  4  fin.  Unlen  {.  S. 
A.  34.  29)    Sueton.  S.     Gell.   13,  3.     Vgl.    Nonius  v.  Necessilas.    Cic. 

de  leg.  Bgr.  2,  4  fin.  2.  Tli.  590.  A.  85.  Wahrscheinlich  liess  Cäsar  den 
Tribnn,  welcher  nüt  anderen,  bekannteren  seines  Namens  nicht  verwechselt 
werden  darf,  erst  dann  auftreten,  als  die  Gemüther  sich  beruhigt  nnd  jene 
früher  erwähnten  Veränderungen  die  Snllaner  eingeschüchtert  hatten.  Ans 
seinen  Worten  bei  Gell.  Eqnidem  mihi  videor  pro  uostra  uecessilate  etc. 
folgt  nicht,  was  Casanb,  zn  Suet.  daraus  abnimmt,  d.iss  es  sich  luu  ein 
Frivilegimu  handelte,  deim  diess  Bruchstück  beweis'!  bloss,  dass  der  Redner 


140  XXI,  rutn.      (3i.§.3.) 

Wie  si)3(er  Ocfavian  und  eine  Zeitlang  alle  Trium-rirn  eine 
grosse  ELrfurcLt  gegen  ihn  Leiichelten  und  als  seine  RäcLer 
lierrscliten ,  so  beschwur  er  die  Maneu  des  niarius  Lerauf,  die 
Noljililät  zu  schrecken ,  und  den  Missverg-niigten  einen  Ver- 
eiuigungspunkt  zu  zeigen.  Die  Absicht  erkannte  jeder,  aber  man 
konnte  ihn  nicht  als  Meuterer  belangen,  weil  er  nicht  handelte, 
wenn  sich  nicht  eine  Gelegenheit  dazu  darbot,  und  er  dann  etwas 
ganz  anderes  zu  wollen,  harmlos  heilige  Pflichten  zu  erfüllen 
schien.  Während  seiner  Quästur  a.  68  starben  Julia,  die  Schwe- 
ster seines  Vaterp  und  bald  nachher  auch  Cornelia,  seine  Ge- 
inahlinn ,  jene  die  Wiltwe  des  IVIarius ,  diese  die  Tochter  eines 
andern  Hauptes  der  Volkspartei,  des  L.  Cinna.  Er  hielt  ihnen 
Leichenreden  auf  dem  Markte,  auch  der  Letzten,  obgleich  es  nur 
zu  Ehren  älterer  Frauen  zu  geschehen  pflegte,  und  sie  waren 
vielmehr  Lobreden  auf  jene  Männer  und  deren  Grundsätze,  selbst 
wenn  ihrer  gar  nicht  gedacht  wurde;  die  Gefeierten  erinnerten 
an  sie ,  und  zum  Ueberfluss  trug  man  bei  Julias  Bestattung  ohn- 
erachtet  der  über  ihn  verhängten  Aechtung  das  Bild  des  Marius 
vor.  Wohl  ahndete  Cäsar  nicht,  dass  Antonius  einst  auch  seine 
Leiche  auf  diese  Art  missbrauchen  und  entweihen  werde;  das  Mittel 
war  gut  gewählt;  das  Beifallsgeschrei  des  Volks  übertönte  die 
Stimme  der  erbitterten  Optimaten,  und  die  Menge  machte  es  stolz, 
dass  das  julische  Geschlecht,  dessen  Abstammung  von  Göttern  und 
Königen  ihr  jetzt  öfi'entlich  verkündigt  wurde,  sich  mit  einem 
Marius,  einem  im  Staube  Geborenen,  verschwägert  hatte,  dass 
der  Redner  kühn  und  freudig  es  in  ihr  Gedächtniss  zurückrief, 
sich  an  sie  anschloss,  und  das  Bild  der  Zeiten  aufstellte,  "welche 
nicht  mehr  waren,  aber  zurückkehren  sollten.  ^°) 

Das  Jahr  seiner  Ouästur  ist  nicht  mit  Sicherheit  zu  er- 
mitteln, da  man  nicht  weiss,  wann  Antislius  Vetus  die  Prätur 
verwaltete ;  doch  spricht  für  68  mehr  als  für  69,  dass  Cäsar  a.  65 
Aedil  war.  Er  begleitete  jenen  nach  seiner  Provinz,  dem  jen- 
seitigen  Spanien ,   und   besorgte  im   ehrenvollen  Auftrage    seines 


vorzüglicli ,  aber  nicht,  (lass  er  nnr  f iii-  seinen  Verwandten  spracli ;  Srelon 
sagt  das  Gegeiillieil  nnd  es  sliinnit  zu  Cäsius  riiiiien.  Nur  ilio  Würder  des 
f^iM'loi'iiis  nalimiMi  fast  alle  ein  gpwallsames  Ende.  Vlnt,  Sert.  27. 
30)    Suet.  (i.     riut.  5.     Vgl.    LiT.  5,  SO  u.  oben  j.  1.  A.  88. 


XXI,    lüLH.         (31.  §.3.)         141 

Vorgesefzien ,  nnd  Wenn  Vellejus  wahr  berichtet,  mit  fjrosser 
Redljchlteit  und  Thätig^kelt,  in  einem  TLeile  des  Landes  die 
RecLispüege.  Diess  füLife  lim  auch  nach  Gades,  wo  er  iia 
Tempel  des  Hercules  die  Statue  Alexanders  sah;  ang'eblich  be- 
scLämt  über  sein  ruLmloses  Leben  und  in  der  JVacLt  durch  einen 
Traum,  worin  er  seine  Mutter,  die  Erde,  die  Mutter  Aller,  um- 
armte, noch  mehr  aufgeregt,  forderte  er  sogleich  seine  Entlassung', 
um  in  Rom  einen  Schauplatz  zu  Ileldenthaten  zu  suchen.  So 
schildert  man  ihn  mit  gänzlichem  Vergessen  und  Aberkennen  alles 
Vorigen  als  einen  unreifen  Jüngling,  welcher  plötzlich  zum  Be- 
wusstsein  seiner  Kraft  gelangt  und  einen  ehrgeizigen  Entschluss 
fasst.  ^')  Er  gieng  nicht  vor  der  Zeit  nach  liom ,  um  an  der 
Spitze  eines  Heeres  zu  glänzen,  wozu  für  einen  Magistrat  seines 
Ranges  keine  Aussicht  war,  nicht  einmal,  um  irgend  wo  am 
Kriege  Theil  zu  nehmen,  sondern  um  Ponipejus  und  durch  ihn 
sich  und  seine  Partei  zu  heben.  Auf  der  Rückreise  besuchte  er 
die  C'olonien  im  transpadanischen  Gallien,  welche  statt  des  latei- 
nischen Rechts,  in  dessen  Besitze  sie  sich  seit  Ponipejus  Strabo, 
dem  A'ater  des  Ponipejus  Magnus,  befanden,^-)  das  römische 
Büi-gerrecht  Terlangten;  wenn  er  sie  darin  besläi-kle,  so  geschah 
es  nur  Ton  fern ;  seine  Feinde  beschuldigten  ihn ,  dass  die  Gäh- 
ning',  wodurch  die  Consuln  genöthigt  wurden,  die  Einschiffung 
der  nach  Cilicien  bestimmten  Legionen  zu  verschieben,  sein  Werk 
sei,  aber  sie  konnten  den  Freund  und  Ratbgeber  aller  Bedrängten 
•md  Unzufriedenen  nicht  überfiiliren.  ^  ^) 

Es  war  ihnen  überhaupt  unmöglich ,  anders  als  in  der  in- 
nigsten Verbindung  mit  Pompejus ,  dem  angesehensten  unt^r  den 
Optiniaten  und  gepriesenen  Krieger,  seine  Pläne  zu  durchkreuzen, 
und  diese  Verbindung  wandte  er  ab,  bis  er  gleichsam  im  Gefolge 


31)  Vellej.  2,  43.  Sne(.  7.  B.  Ilisp.  42.  Dio  37,  S2.  41,  24. 
Plnt.  A  erirähnt  das  Aläbrcben  nicht,  sondern  lässt  ihn  a.  61  als  rropiätor 
Spaniens  bei  dem  Lesen  der  Gescliichle  Alexanders  vom  Schmerz'  über 
seine  Unbedenlsamkeit  durchdrnngen  (11)  nnd  durch  den  Traum  gar  erst 
a.  49  in  Rairenna  ennnibigt  ivetdeu  (32).  Vgl.  Arleniidor.  Oiürocril. 
1,  82.    1.  Tb.  S.  56.  No.   11.   Anlist.  n.  unten  J.  10.  A.  33.  32)  Ascon. 

in   Pison.    in.    p.   3.    Orell.     Cic.    ad  Atl.   5,    11.    f.   2.  33)    Suet.  8. 

a.  49  TerschalTto  er  den  Transpadauem ,  was  sie  Tvi'uischlen.     Dio  4l ,  36. 
vgl.  37,  9  u.  unten  J.  14.  A.  79. 

I 


142  XXI.    lULn.        (31.  §.4.) 

des  Helden  erstarkt  «inJ  znm  Ziele  gekommen  war.  Pompejus 
wollte  durch  Senat  und  Gesetz,  mithin  über  sie  g-ebieten;  dadurch 
erregte  er  Eifersucht  und  Besorgniss  vor  Alleinherrschaft  und 
man  ■widersetzte  sich,  welches  wieder  ihn  mit  Misstrauen  nnd 
feindlichen  Gesinnungen  erfüllte,  und  ihn  nöthigte,  zum  Volke 
überzugehen.  Für  ihn  war  es  ein  todtes  Werkzeug,  aber  Cäsar 
belebte  es,  ohne  Neid  und  ohne  Furcht;  ein  demüthiger  Client 
liess  er  durch  einen  Andern  Senat  und  Gesetz  bei  Seite  schieben, 
und  so  den  Weg  bahnen,  auf  welchem  er  emporzusteigen  ge- 
dachte, und  der  Hasa  traf  vorzugsweise  den  Consular,  den 
Abtrünnigen,  welchem  auch  aller  Gewinn  dieser  Bewegungen 
zuzufallen  schien,  ^'')  während  er,  dessen  unsichtbare  Hand  ihm 
seine  Schrille  vorzeichnete,  noch  in  der  Zeit  des  Triumvirats  für 
minder  gefährlich  galt. 

§  4. 
a.  67  bald  nach  seiner  Ankunft  in  Rom  vermählte  er  sich 
mit  Pompeja ,  einer  Enkelinn  des  SuUa  und  des  Q.  Pompejus 
Rufus,  welcher  a.  88  Consul  gewesen  war.  ^'')  Eine  Ver- 
schwägerung mit  dem  Hause  des  Pompejus  IMagnus  musste  seinen 
Gegnern  unter  den  jetzigen  Umständen  bedenklich  sein,  nnd  als 
er  später  Jenem  Julia  gab,  gleichzeitig  Calpurnia,  die  Tochter  des 
Li.  Piso  heiralhete,  und  dann  wieder  um  Pompeja,  die  Tochter 
seines  Schwiegersohns,  sich  bewarb, '8)  konnte  über  seine  po- 
litischen Absichten  bei  solchen  Verbindungen  kein  Zweifel  übrig 
bleiben.  Das  Band  der  Verwandtschaft  wurde  durch  wesentliche 
Dienste  noch  fester  geknüpft.  Bei  einer  grossen  Theuerung  be- 
antragte der  Tribun  A.  Gabinius  die  Ernennung  eines  Anführers 
gegen  die  Seeräuber  mit  unbeschränkter  Vollmacht,  damit  man 
sich  Getraide  verschaffen  könne,  und  die  Menge  forderte  mit 
stürmischem  Jubel  den  Oberbefehl  für  Pompejus.  Unter  den 
Optimalen  zeigte  sich  ein  dumpfer  Schrecken ;  sie  hatten  zwischen 
Rönigsherrschaft,  wie  man  glaubte,  und  den  Ausbrüchen  der 
Volkswuth  zu  wählen ,  und  fürchteten ,  dass  der  Ueberwinder 
der  Piraten,  wenn  er  einmal  mit  grossen  Streitkräften  im  Osten 


34)    Vellej.  2,  44.  §.  2.  3S)    Snet.  6.    PInt.  5.     2.  Tli.  S.  508. 

No.  14  u.  Pompeii.  36)   2.  Th.  81.  No.  15.     Unten  ^.  28.  A.  15. 


XXI.    lULn.         (31.  §.  4.)         143 

stehe,  sict  ancb  den  Krieg  mit  MilLrldat  anmassen  werde; 
angstlich  und  schonend  spraclien  Einige  gegen  den  Vorschlag, 
aber  Cäsar  billigte  ihn;  Pompejus  wurde  ihm  verpflichtet,  die 
Khift  zwischen  ihm  und  dem  Senat  erweitert,  das  Volk  be- 
friedigt, und  die  Aristocratie  trauerte  über  eine  neue  Nieder- 
lage. ^')! 

Cäsar  machte  sich  auch  ferner  nicht  bloss  dnrch  sein  Gut- 
achten bei  den  Berathungen,  sondern  auch  durch  sein  Geld  be- 
liebt. Er  wurde  um  diese  Zeit  zum  Aufseher  der  appischen 
Strasse  ernannt,  eine  besondere  Ehre,  und  verwendete  grosse 
.Summen  auf  die  Wegbesserung,  obgleich  er  borgen  musste;  eben- 
diess  empfahl  ihn  am  meisten.  ^  ^) 

Mit  seinem  Einflüsse  auf  dem  Markte  stieg  seine  Wichtig- 
keit für  Pompejus ,  dessen  Erhebung  sein  letztes  Ziel  zu  sein 
schien.  Der  Consular  hatte  die  Seeräuber  entwaffnet,  und  der 
Tribun  C.  Manilius  verlangte  a.  66  fiir  den  Abgott  des  gesättigten 
Pöbels  den  mithridatischen  Krieg.  Im  Senat  neue  Entrüstung 
und  Verlegenheit,  wenn  er  auch  das  Gewitter  hatte  kommen 
sehen ,  und  neuer  fruchtloser  Widerstand.  Noch  war  Cicero 
nicht  Consul ;  seine  Wald  zu  sichern  sprach  er  fiir  die  Rogation ; 
Cäsars  Entwürfe  giengen  über  das  Consulat  hinaus;  sein  Gesetz 
war  der  Wille  des  Volks;  er  huldigte  ihm,  und  half  Pompejus 
und  den  Senat  einander  verfeinden,  nachdem  er  dazu  beigetragen 
Latte,  sie  zu  trennen.  Abermals  ohne  es  za  wissen  wurde  Cicero 
'Aim  dienstbar.  ^^)  Auch  viele  Andere  mussten  ihm  nützen,  jeder 
mit  seiner  Gabe  und  zum  Theil  wider  Willen.  Insbesondre  war 
diess  über  M.  Bibulus  verhängt,  seinen  Collegen  in  der  Aedilität, 
Prätur  und  im  Consulat,  w^elcher  die  jetzige  Ordnung  zu  erhalten 
wünschte,  immer  eine  grosse  Abneigung  und  endlich  einen  tödt- 
lichen  Hass  gegen  ihn  empfand.  Sie  wurden  jetzt  zu  curulischen 
Aedilen  gewählt.  "')  Ehe  sie  ihr  Amt  antraten,  entsliuid  die 
sogenannte  erste  catilinarische  Verschwörung;  man  wollte  am 
1.  Januar  und  dann  am  6.  Februar  65  die  Consuln  Cotta  und 
Torquatns   und  mehrere    Senatoren   ermorden.     Cäsar   konnte   ea 


37)   Flut.  Pomp.  25.   Zonar.  10,  3.    Tompcj.  IIIv.  a.  67.  38)  Plni. 

5  fin.  Plin.  Ep.  ä,  15.        39)  Dio36,  26.  Pompej.IIIv.n.GG.         40;Suel.9. 
Flut.  5.    Die  37,  8.    Caes.  B.  C.  3,  16.    2.  Th.  S,  98. 


144  XXI,    lULIT.         (31.  §.4.) 

niclit  befremden,  v^enn  man  nucli  gegen  Um  Verdaclit  scJiopfle, 
aber  erst  nach  Jahren ,  nacL  einem  völlig-en  Briiclie  mit  ihm  be- 
haupteten Bibulus  und  der  altere  C'iirio  seine  Theilnahme,  und 
ihre  Angaben  wnrden  von  Annalisten  ■wiederholt  und  weiter 
ausgesponnen ,  so  dass  znlelzt  Cäsar  und  Crassus  die  Hauptrollen 
zufielen ,  obgleich  jener  durch  die  Zerstörung  des  Staats  seinen 
eignen  Plan  vereitelt  haben  würde,  und  dieser  nicht  geneigt  war, 
sich  mit  dem  Clienten  seines  Feindes  Pompejns  so  enge  und  zu 
solchen  Zwecken  zu  verbinden  und  seine  Schätze  onlzuopferD.  * ') 
Seine  Besonnenheit  und  Vorsicht  machten  Cäsar  um  so  ge- 
fährlicher; unverwundbar  schlug  er  immer  tiefere  Wunden,  WäL- 
rend  Pompejus  a.  65  im  Osten  als  König  der  Könige  schaltete, 
benutzte  er  seine  cnrnlische  Aedilltät,  gegen  die  herrschende  Partei 
weiter  vorzudringen ,  und  zwar  zum  Theil  auf  Kosten  eines 
Mannes  aus  ihrer  Mitte,  seines  CoUegen  Bibulus ;  sie  selbst 
wurde  veranlasst,  sich  über  die  Festlichkeiten  missfällig  zu  äussern, 
den  Urheber  im  Dienste  des  Volks  anzufeinden,  und  dann  ausser 
Stand  gesetzt,  die  KiLhnheit  zu  ahnden,  mit  welcher  er  öffentlich 
Marius  ehrte,  weil  er  zuvor  durch  seine  Spenden  und  Spiele  fast 
ganz  Rom  in  seine  Leibwache  verwandelte.  *^)  Seine  Schulden 
berechnete  man  auf  1300  Talente,  ehe  er  ein  Amt  übernahm;'^) 
er  hatte  nie  so  viel  als  er  brauchte,'*)  aber  er  kaufte  Grosses 
um  einen  geringen  Preis.  * ')  Demnach  gab  er  am  4.  April  und 
an  den  folgenden  Tagen  die  megalesischen  Spiele*^)  und  im 
September     die    römischen     im    Circus.  ")       Er    verzierte    den 


41)  Sneton.  9  folgt  CSsars  Gegnern,  im  T^'iderspmche  mit  Saunst. 
B.  C.  18.  Cort.  und  Dio  36,  27,  •welche  die  beiden  nachmaligea  IIIt. 
nicht  ervfähnen.  Ciceros  Schweigen  in  der  Rede  für  Sulla  beweis't  freilich 
nichts ;  er  füichtete  jene ,  nnd  über  die  erste  Verschwörnng  hatte  schon 
der  andere  Sachwaller  Hortensius  sich  verbreitet.  Plutarch  übergeht  diese 
Ereignisse.     S.  2.  Th.  S.  88  n.  515  f.  42)  PInt.  Stln.  Sallnst.B.  C.  54: 

Beneficiis    ac    mnnificentia   magnus    habebatnr.  43)    Plut.   1.  c.     Catnll. 

29 ,    18.     Taterna   prima    lancinata   snnt   bona.  44)     Cic.    de  1.  agr.  2, 

24  fin. :  ad  consnraendimi  nihil  salis.  A]>ii.  2,  428:  ]Jif.ci<S>]S  vniQ  äv- 
vufjiv.    Vgl.   SaUusl.   B.  C.   49.  45)    l'lut.  1.  c.  46)    Dio  37,  8. 

Plut.  Tt.  App.  11.  cc.  Suet.  10.  Vgl.  die  alten  Kalender  in  Verr.  Place. 
Fast.  p.  108.  Foggin.  Cic.  ad  Fam.  2,  II.  de  bar.  r.  12  u.  über  die  Stif- 
inng    dieser  Spiele   2.  Th.  178.  326.  A.  35.  47)   Verr.  Flacc.  p.  113. 

Cic.  2  PhU.  43.   ad  Att.  13,  45.   ad  Fam.  8,  12. 


XXI.    lULII.         (3l.§.  4.j  145 

Älarkt,*')  die  Basiliken  und  das  Capitol  mit  Gemälden  and 
Statuen,*^)  ond  erbaute  Hallen,  viel  Ueberflüssig'es  darin  auf- 
zustellen, damit  das  Volk,  welcLes  er  iiberdiess  bescLenkte,  sich 
desto  mehr  Ton  seiner  Freigebigkeit  übei-zeugfe.  ^°)  Zu  dem 
Allen  steuerte  auch  Bibulus;  von  ihm  Mvar  aber  nicht  die  Rede, 
weshalb  er  sich  mit  PoUux  verglich,  da  man  den  auch  ihm  ge- 
weihten Tempel  auf  dem  Blarkfe  nur  nach  seinem  Bruder  Castor 
benannte.  ' ' )  Diess  bewirkte  Cäsar  zum  Theil  dadurch,  dass  er 
allein  Fechterspiele  zu  Ehren  seines  Vaters  hinzufügte.  Es 
mochte  Manchen  bedanken,  dass  die  kindliche  Liebe  sich  etwas 
spät  in  ihm  rege,  oder  wohl  gar  nicht  in  Betracht  komme,  zumal 
wenn  man  sich  an  seine  früher  gehaltenen  Leichenreden  erin- 
nerte, '^)  aber  er  war  darüber  niemandem  Rechenschaft  schuldig, 
und  sehr  ervvünscht  beschränkte  der  Senat  ans  Furcht  vor  der 
grossen  Bande  die  Zahl  der  Gladiatoren,")  deren  dann  doch 
320  Paar  auftraten,  *  ■*)  er  hemmte  den  Festgeber,  welcher  gleich- 
sam zum  Ersatz  die  Fechter  zum  ersten  JMale  mit  silberner  Rüstung 
versah,  in  seinem  grenzenlosen  Eifer  fiir  das  Volk.  ^') 

Noch  grollten  die  Optiraaten,  als  man  an  einem  Morgen  die 
i  von  Sulla  zerstörten ,  '  ^)  den  jugnrthinischen  und  cimbrischen 
Krieg  betreffenden  Siegeszeichen  des  Marius  und  dessen  Statue 
auf  dem  Capitol  wieder  hergestellt  fand.  Auf  diese  Nachricht 
wogte  die  Menge  hinzu;  mit  einem  Freudengeschrei  begrüsste 
sie  das  Bild  des  dritten  Gründers  ihrer  Stadt,  ")  seine  Veteranen 
und  die  übrigen  Marianer  vergossen  Thränen,  und  Alle  priesen 
Cäsar,  welcher  eines  so  hochverdienten  Verwandten  sich  so 
würdig  zeige.  Denn  jeder  sagte  sich  sogleich,  dass  man  ihm 
diess  Schauspiel  verdanke.  Auch  die  NobiUtät  war  nicht  darüber 
in  Zweifel ;  der  Senat  versammelte  sich ,  und  der  Consular 
Q.  Lutatius  Catulus,   dessen  Vater   von   Marius   zum   Tode    ver- 


48)   Diess  geschah  znerst  309  v.  Chr.  vom  Dictalor  L.  Fapirins  Cursor, 

welcher  vcrgoldele  Schilde  aufhängen  liess.  Lir.  9,  40.  S.  2.  Th.  182. 
;Ko.  29.  49)    Ueber  die  Art,   yrie   die  Aedilen  sie  sich  zn  Terschaffen 

pflegten,  s.  2.  Th.  186.  A.  30  n.  HoHens.  No.  7.  J.  2.  A.  19  f.  50)  Suet. 

10.    Ajip.  1.  c.  51)     Snet.  n.  Dio  U.  cc.     Sallust.  B.  C.  52:    Libenilis 

liex  sociornm  fortnnis.     Caes.  B.  C.  3,  16.    Unten  {.  12.  A.  63.  52)   Oben 

i{.  3.  A.  30.  53)   Snet.  10.  54)   Plnt.  5.  55)  Plin.  33,  16  (3). 

l|8aUast.  B.  C.  49.  56)   2.  Th.  470.  A.  50.  S7)    Plnt.  Mar.  27. 

I         Pruniann ,    Gcschiclito  Roniü  III.  j[Q 

i 


146  XXI.   lüLir       (31.  §.4.) 

artheilt  war,  ")  rief  voll  Zorn,  als  aLudete  er,  dass  iLm  die 
nächste  persönliche  Deiniithigung  begtimmt  sei,  der  Staat  \>'erde 
nicht  mehr  bloss  untergraben ,  er  werde  schon  mit  Gewalt 
erstürmt.  Cäsar  rerlheidigte  sich,  aber  nicht  seine  Beredtsamkeit 
Tettete  ihn,  der  ein  Gesetz  öffentlich  mit  Füssen  getreten  hatte,'*) 
sondern  die  Furcht  vor  dem  Volke.  Statue  und  Siegeszeichen 
blieben.«") 

Rom  hatte  sich  noch  nicht  an  den  verhassten  Anblick  ge- 
wöhnt, als  ein  neues  Schreckbild  auftauchte.  Cäsar,  als  dessen 
Nebenbuhler  Crassus  genannt  wird ,  ^ ' )  wünschte  eine  ausser- 
ordentliche Sendung  nach  Aegypten.  Er  wollte  dort  nicht  einen 
vertriebenen  König  wieder  einsetzen,  wie  Sueton  sagt,*^)  am 
allerwenigsten  Ptolemäus  Auletes,  welcher  erst  a.  57  in  Rom 
Schutz  suchte,  ^^)  während  diese  Verhandlungen  in  das  J.  65 
gehören,^*)  sondern  das  Land  als  Provinz  einrichten,  und  zwar 
auf  den  Grund  eines  Testaments,  worin  Ptolemäus  Alexander  1 
sein  Reich  angeblich  den  Römern  vermacht  hatte,  nicht  sein  Sohn 
Alexander  2,  welchen  Sulla  a.  81  nach  dem  Nil  schickte,*') 
oder  irgend  ein  Andrer.  Daher  die  Behauptung,  Aegypten  sei 
schon  seit  dem  Consulat  des  Sulla  und  Q.  Pompejus  oder  seit^ 
a.  88  Eigenthum  des  römischen  Volks.  **)  Ttlan  meinte,  wie 
die  Meisten  sich  das  Verhältniss  Cäsars  zu  Pompejus  dachten, 
Jener  woUe  Verstärkungen  nach  dem  Osten  fuhren,  damit  diesei, 
desto  gewisser  als  König  zurückkommen  könne,  oder  auch  mit. 
dem  ägyptischen  Gelde  und  Getraide  den  Pöbel  noch  mehr  an 
sich  fesseln,  und  gewann  einige  Tribüne,  Einspruch  zu  thun, 
wenn  etwa  andere  auf  ein  Plebiscit  antragen  würden;  allein. 
Cäsar  gieng  nicht  weiter;  erst  a.  63  wurde  die  Sache  auf  sein 
Anstiften  wieder  angeregt.  *') 

Unter   den  Tribunen,  welche  man   gegen   ihn   aufbot,  war 
C.  Papius;  ein  nach  ihm  benanntes  Gesetz  entfernte  alle  Fremden  _ 
aus  Rom,   bis  auf  die  ehemaligen  italischen  Bundesgenossen  und 


58)   2.  Th.  587.  A.  61.  59)  2.  Th.  438.  A.  49.  60)  Plut.6. 

Snet.  11.     TeUej.  2,  43.    Val.  IW.  6,  9.  {.  4.     Vgl.  Proper«.  3,  2.  v.  43. 
61)  Plul.  Crass.  13.  62)   11.     Unten  f.  6.  A.  SS.  63)  2.  Tb.  536. 

64)   L.  Cotia  L.  Toripiat.  Coss.     Cic.   de  leg.  agr.  2^  17.  65)    2.  Th. 

494.  66)   de  leg.  agr.  1,  1  in.    2,  15.  21.     Vgl.   2.  Th.  l.  c.  u.  264. 

535.  A.  68.  67)   S.  anten  ^.  5.  A.  32. 


XXI.    lULII.         (31.  §5.)         147 

Glaucippus,  weil  der  Andrang  zu  gross  sei.  ®*)  fn  der  TEat 
■wollte  man  sich  der  Transpadaner  entledigen,  der  Freunde  Cäsars, 
damit  sie  nicLt  zur  Unterstützung  seiner  Pläne  in  der  Volks- 
versammlung stimmten.  Denn  liier  war  eine  strenge  Aufsicht 
iiumöglirh,  seit  die  Ifaler  das  Bürgerrecht  hatten,  und  die  Ge- 
schichte des  Clodius  insbesondre  beweis't,  dass  selbst  Sclaven  bei 
der  Abstimmung  als  Bürger  mitzählten.  Gleichwohl  befcoid  sich 
der  Angreifende  im  Vortheil';  seine  Gegner  verriethen  ihre 
Blossen,  wenn  sie  die  Streiche  vorsahen,  und  meistens  deckten 
sie,  wie  Demosthenes  von  den  Atheniensern  sagt,  die  Stellen, 
wo  sie  schon  getroffen  waren.  Er  wusste,  dass  Cicero  als  Consul 
zu  ihnen  übergehen  werde,  wie  sehr  er  auch  dem  Volke  und 
dessen  Günstlinge  Pompejus  geschmeichelt  hatte,  und  suchte  a.  64 
seine  Wahl  zu  verhindern;  es  misslang,  obgleich  Crassus  aus 
llass  gegen  Pompejus  und  gegen  Cicero  mit  ihm  wirkte.*^) 
Dagegen  erhielt  er  selbst  für  den  betreffenden  Prätor,  weil  dieser 
krank  oder  zu  sehr  beschäftigt  war,  als  iudex  quaestionis  den 
Vorsitz  bei  den  Untersuchungen  über  Mord,  yvie  man  oft  nach 
der  Aedililät  dazu  berufen  wurde. '  °)  Nach  einem  Gesetze  Snllas 
sollten  die  Vollzieher  seiner  Proscriptionen  unbestraft  bleiben, '  ° ") 
und  eben  um  diess  Gesetz  fhatsächlich  aufzuheheu  und  sich  zur 
Anklage  des  Rabirius  den  Weg  zu  bahnen,  bewirkte  Cäsar,  dass 
L.  Luscius ,  durch  dessen  Hand  drei  Geächtete  gefallen  waren, 
irad  L.  Bellienus,  der  3Iörder  des  Lucretius  Ofella'"'')  bei  ihm 
belangt  und  verurtheilt  wurden.""')  In  gleicher  Schuld  war 
Catilina;  L.  Luccejus  zog  ihn'  vor  Gericht,  und  es  sprach  ihn 
fi-ei.'""') 

§    6. 

Am  10.  December  des  Jahrs  64  überntihm  P.  Servilius  Rullns 
das  Tribunat.     Er    war   bestimmt,    der  Aristocratie   neue  JL^eiden 

68)  Die  37,  9.  Cic.  de  leg.  agr.  1,4.  p.  Arch.  5.  de  off.  3,  11. 
Ursin.  p.  182.  No.  3.  Vaill.  Pap.  Äo.  1.  Spanli.  de  pr.  nnm.  2,  p.  200. 
Eckt».  5,  268.  69)    Ascon.  arg.  or.  in  log.   cand.     Vgl.    Sallnst.  B.  C. 

17.   Cort.  70)    Cic.    p.    Claent.    29.     Brut.   76.     Unten    J.    9.    A.    19. 

70a)    2.   Tli.   «4.   A.   95.    486.   A.   100.  70i)    Uas.    482.    A.   81. 

70<-)  Die  37,  10.  Ascon.  in  Cic.  in  tog.  cand.  p.  91.  92.  Orell.  p.  Ligar. 
4  nn.    Snet.  Caes.  II.     Vgl.    Flui.  Cato  m.  17.  70 J)    Cic.  in  tog.  e. 

II.  d.is.  Ascon.  p.  92. 

10* 


148  XXI.    IVUI.         (31.  §.5.) 

zu  schaffen,  ein  verarmter  Schwelg'er , '" ')  welcher  «Icli  zur 
Nobilität  zählte.")  Sein  Vater  Piiblius  Lade  sich  dadurch  ang- 
gezeichnet, dass  er  zuerst  einen  ganzen  Eber  anf  die  Tafel 
brachte;  ^^)  Valgins,  seinen  Schwiegervater,  kannte  man  seit 
Sullas  Proscriptionen,  seitdem  war  er  reich.  ■'^)  Im  periisinischen 
Kriege  focht  sein  Sohn  Publius  für  Ocfavian. '*)  Cicero  spottet 
über  das  Gefühl  von  Wichtigkeit,  welches  er  nack  seiner  Wahl 
kund  gegeben  habe;  '^)  man  errieth,  dass  er  Grosses  auszuführen 
gedächte;  jener  hatte  dieselbe  Absicht,  und  suchte  sich  ah  de- 
signirter  Consul  in  seinen  Kreis  einzudrängen,  durch  die  Zusage 
seines  Beistandes  bei  jedem  nützlichen  Unternehmen  das  Geheim- 
niss  zu  erlauschen;  man  wies  ilin  aber  zurück,  er  musste  ans 
der  Ferne  kundschaften  und  erfuhr  nichts  Gewisses,  auch  nicht, 
als  der  Tribun  im  December  sein  Vorhaben  dem  Volke  im  All- 
gemeinen mittheilte,  denn  seine  Rede  war  dunkel.''®)  Endlich 
machte  Rnllus  den  Entwurf  zu  einem  Ackergesetze  bekannt,  lex 
Servilia,  welcher  im  Januar  des  nächsten  Jahrs  bestätigt  werden 
sollte. ' ')  Cicero  verschaffte  sich  augenblicklich  eine  Abschrift, ' ') 
worin  er  in  mehr  als  vierzig  Capiteln  '^)  Folgendes  fand: 

ßuUus  selbst  lässt  durch  17,  durch  das  Loo.s  zu  bestimmende 
Tribus^")  auf  dieselbe  Art,  wie  der  Oberponfif  zn  seiner  Würde 
gelangt,^')  eine  Commission  von  10  Mitgliedern  auf  5  Jahr*-) 
wählen,  und  der,  fiii-  welchen  9  Tribus  slimmen,  ist  gewählt, " ') 
nur  musa  er  gegenwärtig  sein.'*)  Für  die  Zehn  tragt  der 
Prätor,  welcher  sein  Amt  als  der  Erste  erhalten  hat,  oder,  wen* 
er  sich  verhindert  sieht,  der  zuletzt  gewaLlte  ^ ')  auf  ein  Curiat- 
gesetz  an ;  wenn  sowohl  der  Eine  als  der  Andere  verhindert 
wird,  so  haben  sie"  gleichwohl  dieselben  Befugnisse,  als  wenn 
das  Gesetz  gegeben  wäre;  jeder  Einspruch  ist  ungültig.*^)  Um 
bei  der  Anlegung  von  Colonien  Auspicien  zu  hallen,  haben  sie 
Pfleger  heiliger  Hühner.  ' ')     Sie  sind  ermächtigt,  in  ItaUen  und 


70e)lagr.l.         71).  2  agr.  7.  72)  Plm.  8,  78  (51).          73)  Unten 

§.   6.   A.    63.           74)    Dio   48,    28.  App.  5,    70S.     1.  Th.  421.  A.  48. 

75)    2   .igr.    5.   25.           76)    Das.   5.  77)     Das.   1.    c.    n.    1    agr.   2. 

78)    2    agr.    5.            79)    3    agr.    2.  80)    2   agr.   8.           81)     Das.    7. 

Unten  §.  7.   A.  22.           82)   Das.  13.  24.           83)    Das.  8.           84)   Das. 

7.   9.          85)    Das.    10.   11.     Unten  J.  C.  A.  51-  SG)   2  agr.  II.  12. 
87)   Das.  12. 


XXI.     lULII.         (31.5.6.)  149 

[iiisserlialb  die  Ländereien,  Hänser,  TeicLe  u.  «.  w.  zu  verkaufen, 
welcLe  unter  dem  Consulat  des  Sulla  und  Q.  Pompejus  (a.  88) 
Oller  später  öffentliches  Eigenthuui  geworden  sind,  ^  *)  und  Alles, 
iiljer  dessen  Verkauf  seit  dem  Consnlat  des  M.  Tullius  Decula 
und  Cn.  Dolabella  ( a.  81)  SenatsbescLlüsse  sicL  finden,'^)  mit 
Ausnahme  des  Gebiets,  welches  durch  einen  Bund  den  Besitzera 
i;esichert,  ^°)  oder  seit  Marius  (des  Jüngern)  und  Carbos  Con- 
Milat  (a.  82)  vom  Staate  angewiesen  und  bewilligt  ist,*')  oder 
einen  Besitzer  gehabt  hat.  '-)  üebrigens  entscheiden  die  Zehn, 
\  on  deren  WiUkühr  auch  der  Ort  der  Versteigerung  abhängt, '  ^) 
ob  etwas  dem  Staate  oder  Privatpersonen  gehöre,  *'')  und  sie  er- 
heben von  den  ölTentlichen  Ländereien,  welche  den  Besitzern 
\ erbleiben,  eine  Abgabe,**)  die  recentorischeu  in  Sicilien  aus- 
genommen. *  ^)  Auch  werden  ihnen  von  den  Statthaltern  der 
iVühern  Zeit  und  von  den  jetzigen,  Pompejus  ausgenommen,  die 
.Summen  überliefert,  welche  als  Erlös  aus  der  Beute ,  als  Beitrag 
zum  Triumph  aus  den  Provinzen  eingehen,  und  nicht  bei  der 
I^irichtung  öffentlicher  Denkmäler  verbraucht  oder  in  den  Schatz 
geflossen  sind;*')  diess  gilt  auch  fiir  die  Zukunft.*^)  Sie  sind 
nicht  verpflichtet,  von  dem  Gelde  Rechenschaft  zu  geben,  oder 
IS  im  Schatze  niederzulegen,**)  sondern  sie  kaufen  in  Italien '°'') 
Acker,  wo  und  von  wem  sie  wollen,  *)  solchen,  welcher  an- 
gebaut werden  kann,')  jedoch  so,  dass  niemand  zur Veräusserung 
(li'S  seinigen  gezwungen  wird.  ')  Diese  Ländereien  und  was 
"!o  sonst  wollen,  *)  weisen  sie  Colonisten  On,  *)  und  es  ist  ihi-em 
(iiitdiinken  überlassen,  w'en  sie,  und  wo  sie  ihn  versorgen.  ^) 
Aach  Capua  sollen  sie  5000  führen,  ')  und  auf  dem  campanischen 
Acker  jedem  zehn,  und  auf  dem  stellatischen  zwölf  Juchart  zu- 
messen. ') 


88)     1    agr.   1.  3.     2    agr.    15,   21.     3  agr.  4.           89)  2   agr.    14. 

90)    1,  4.    2,   22.     Unteu   (j.   6.    A.   58.           91)    3,    2.  92)   3,   3. 

1U)    1,   3.          94)    2,   21.           9S)     1,   i.    2,21.          96)  Das.  U.  cc. 

<)7)   I,  4.  2,  22.          98)  J,  4.    2,  23.    Pos»  nos  consnles.  99)  1,  5. 

ü.  13.  27.           100)   2,  25.     Dell.iio,  inqiüt,  Italiam.           1)  1,  S.  2,  13. 

.ii.  25.          2)   2,  25.           3)    1,  5.    2,  25.  27.           4)  2,27.  Et  in  qiiao 

lora  praoterea  videbitur.  5;  1,5.  2,  2-J.  25.  2G.  29.  6)  1,6. 
2.  13.  20.  21.  27.  7;  1,6.  2,  2«.  Vgl.  Siielon.  Caes.  20.  VsUej. 
-■   ii-     •  ■».           8)    2  nsr.   28.  29.  31. 


150  XXI.     lULII.  (31.  §.5.) 

Eiu  gerecLt  und  verständig  entworfenes  Agrargesetz  würde 
feile  Hände  und  gähr'eude  Massen  entfernt,  und  dadurch  auch  der 
A-ristocratie  genützt  haben.  Aber  die  Urheber  des  servilischen, 
anter  ^yeIchen  Cäsar  die  erste  Stelle  einnimmt,  wollten  weder 
für  das  römische  Volk  sorgen,  za  welchem  Zweck'  es  auch  sein 
üpochte,  noch  hofften  sie  irgend  dnrcb  die  Bestätigung  ihres  Vor- 
schlags dazu  ennäclitigt  zu  werden.  Dieser  soUte  das  Volk  auf- 
fegen, sie  ihm  empfelJen,  die  Optimaten,  deren  Widerstand  ge- 
wiss war,  einschüchtern  und  verhasst  machen,  und  Alle  auf  ein 
julisches  Ackergesetz  vorbereiten.  Daher  das  Uebertriebene, 
Gränzeulose,  Verfassungswidrige,  ja  Ungereimte  in  deir  For- 
derungen, welches  von  einem  Cäsar  nur  dann  ausgehen,  selbst 
unter  seiner  entferntesten  Mitwirkung  nur  dann  beantragt  werden 
k<>pnte,  wenn  eben  Absicht  darin  lag.  Aber  Cäsar  hatte  auch 
Nebenabsichten;  Cicero  sollte  im  Beginn  seiner  Laufbahn  als 
Optiniat  mit  der  Menge  entzweit  werden,  und  zugleich  erforschte 
er  deren  Gesinnungen  gegen  Pompejus,  welchen  man  aus  Asien 
erwartete,  damit  er  wusste,  welche  Stellung  er  selbst  gegen  ihn 
zu  nehmen  hafte. 

Ohne  Zweifel  blieb  RiiUus  der  Zweck  seiner  Rogation  ver- 
borgen, als  sie  ih^  |ii  geheimen  nächtlichen  Zusammenkünften 
eingegeben  wurde.  ')  Auch  Cicero  nahm  das  Blendwerk  für 
Wahrheit,  und  je  siegreicher  er  den  Augriff  abschlug,  desto  mehr 
salj  ^Jäsar  seine  Wünsche  erfüUt.  Jenec  gesteht  unumwunden, 
dass  er  zum  Theil  fm.  ich  selbst  kämpfe.  Rom  sollte  erkennen, 
dass  er  des  Consulats  würdig  sei.  Die  NobUität,  sagt  er,  be- 
trachte den  Emporkömmling  mit  Eifersucht ;  er  müsse  sich  herror- 
thun,  um  sie  zum  Schweigen  zu  bringen;  wenn  er  fehle,  habe 
er  keine  Verzeihung,  wenn  er  Gutes  wirke,  wenig  Lob,  wenn 
er  in  Zweifel  sei,  keinen  treuen  Rath,  wenn  er  sich  in  Noth 
befinde ,  keinen  zuverlässigen  Beistand  von  ihr  zu  erwarten.  '  ") 
Das  Volk  dagegen  habe  ihn  gewählt,  obgleich  er  ohne  Ahnen- 
bilder aufgetreten  sei;  diess  Vertrauen  wolle  er  rechtfertigen.  ' ') 
So  ist  es  ihin  erfreglich,  4^ss  sich  sogleich  am  ersten  Tage  seines  9 
Consulats  Gelegenheit  dazu  zeigt,  '=)    eine  Gelegenheit,  sicli  iiu- 


9)     2,5.    9.     Unten    A.  35.  10)    2,   2.  H)    2,    I.   2.  3.  3C, 

12)    in  Pisoii.   2.     Ego   Calemlis  Isn.   —   liliefavi. 


XXI.     lULlI.  (^31.  §.5.)  151 

gewöhnliche,  unvergleicLlicLe  Verdienste  zu  erwerben,  ehe  noch 
eiu  C'atiiina  tobt,  denn  auch  das  Ackergeselz  bedroht  das  Ansehii 
des  Senats,  ")  das  Eigenthum  des  Volks,  die  ganze  Republik; '*) 
schon  ordnen  die  Feinde  ihre  Schaaren,  schon  bezeichnen  sie  ihre 
Lager  vor  den  Thoren  Roms ;  ' ')  aber  in  tiefer  Nacht  erscheint 
der  Rettnngs- Stern,  '  *)  Cicero  wird  Consul,  und  die  Gefahr 
verschwindet.")  Sein  Eifer  ist  indess  besonnen.  Er  sucht  Sieg, 
glänzenden  Sieg,  mag  fallen,  was  fallt,  nnr  Eins  gilt  ihm  mehr, 
die  eigene  Sicherheit,  und  diese  kann  nach  seiner  Meinung  nnr 
Pompejus  gewähren.  Er  weiss,  dass  der  Senat  in  dem  Manne, 
^velcher  nun  über  den  dritten  Welttheil  triumphiren  wird,  einen 
r^Tannen  erwartet,  er  weiss  aber  auch,  dass  dieser  über  Heer 
und  Flotte  gebietet,  und  glaubt  zu  wissen,  dass  das  Volk  mit 
dankbarer  Erinnerung  ihm  anhängt :  was  auch  im  Consulat  kommen 
mag,  der  Rückhalt  ist  in  Asien.  Daher  das  Lob  und  die  Ver- 
iheidignng  des  Pompejus.  Das  servilisclie  Gesetz  nahm  ihn  gegen 
sich  selbst  in  Schutz,  aber  nnr  ziun  Theil;  diess  wurde  gerügt. 
Er  soll  nicht,  wie  die  anderen  Statthedter,  den  Ueberschnss  von 
der  Beute  und  vom  Kronen- Golde  ")  an  die  Zehn  abliefern. 
Diess  heisst  nicht,  iLn  begünstigen,  sondern  ihm  in  einer  Hin- 
sicht kein  Unrecht  thun,  weil  man  fürchtet,  er  werde  es  nicht 
dulden,  '^)  während  ihm  in  einer  andern  ein  unerhörtes  wider- 
fährt; denn  die  Zehn  sollen  in  Asien  das  von  ihm  eroberte 
Land  verkaufen,  und  ehe  noch  der  Krieg  geendigt  ist;  ^°)  er 
darf  nicht  einmal  mitreden ,  denn  fast  namentlich  ist  er  vom 
Decemvirat  ausgeschlossen.  - ' )  Um  ihn  anderweitig  zu  schonen, 
wiU   man    das  Gebiet  nicht    veräussem,   mit   dessen  Besitzer  ein 


13)   I,  9  (in.  14)    I,  7  Cn.  15)   1,  8.   2,  28.    Sed  si  qninqua 

boniinum    luillibus   —   comparari.  16)    1,    8.     Hoc   motn    —   illuxerit. 

17)  1,  1.  7.  9.  2,  36.  Me  consule.  Nobis  consniibns.  Vgl.  1,  8:  Sic 
me  in  hoc  inagistratu  geram  —  contemnere.  2,  28:  Quamqnam  me  vesler 
bonos  vigUare  dies  atqne  nocces  —  iabet.  2,  37:  Quare,  modo  ut  viu 
wppetat  —  iossisset.     3,  2 :  Praeserdm  qni  otii  —  professus  sim.  18)  Von 

der  Beistener  der  Provinzen   znm  Triumph.     Oben  A.  97.  19)    2,  23. 

Non  mihi  videntnr  honoris  cansa  —  possit.  Aach  nicht,  'wenn  der  Senat, 
welcher  Fompejns  gern  nnschädlich  machen,  nnr  nicht  so  Tiel  dafür  hin« 
geben  woUle,  «nd  das  Tollt  die  Rogation  genehmigten?  Ein  Riicktall  in 
d«a  reTolniionären  Too  der  Toripen  Zeilen ,  eine  Mahnung  ob  dia  Philip- 
pileo.  20)   I,  a.  4.    2.  19.  20.  2n   2.  9.   10.  22. 


152  XXI.     lULII.  (31.  §.5.) 

Bund  en'icLtet  ist ;  damit  wird  aber  die  Majestät  des  Volks  ver- 
letzt; Poiupejus  Lat  (im  J,  81)  Hiempsal  Numidien  gegeben, 
Ländereien  an  der  Küste,  welche  von  P.  Scipio  Africanus  dem 
römischen  Volke  übei'wie.sen  sind;  es  hat  ihnen  nie  entsagt,  denn 
es  hat  den  Bund  nicht  bestätigt,  welcher  unter  dem  Consulat  des 
C.  Cotta  (a.  75)  mit  dem  Könige  geschlossen  ist;  Rullus  bestätigt 
ihn.  ^^)  Man  klagt  über  eine  zu  grosse  Gewalt  des  Pompejus, 
und  diese  Zehn  massen  sich  alle  Gewalt  an;  er  gieng  Arbeit 
und  Kampf  entgegen,  und  sie  suchen  Beute  und  Gewinn.  ^^) 
Sie  wollen  ihn  erniedrigen,  der  so  oft  die  mnihigsfen  Feinde  und 
die  schlechtesten  Bürger^')  überwunden  hat,  '')  sie  wollen  ihm 
selbst  die  Bliltel  entziehen,  seine  Riieger  zu  belohnen,  -  ^)  wollen 
Heer  und  Feldherrn  gegen  ihn  aufstellen,'^')  diess  ist  der  Haupt- 
zweck des  Gesetzes,  und  es  schmerzt  Cicero  am  meisten,  denn 
er  hat  als  Prätor  zum  Besten  und  im  Auftrage  des  Volks  viel 
für  ihn  gethan.  2*) 

Er  erhob  sich  gegen  die  Rogation  sogleich  am  1.  Januar  63, 
am  ersten  Tage  seines  C'onsulats,  -')  im  Senat.  Dieser  ver- 
sammelte sich  im  Capitol,  '")  und  auch  Rullus  fand  sich  ein.") 
C'iceros  Grü'nde  waren  auf  seine  Zuhörer  berechnet;  im  Einzelnen 
und  in  der  Gesammtheit  wurden  Besorgnisse  erregt.  Zehn  Männer 
wollen  sich  der  Herrschaft  bemächtigen  und  ihren  Golddurst  be- 
friedigen. An  ihrer  Spitze  stehen  einige  Privatpersonen,  welche 
früher  einen  ausserordentlichen  Auftrag  für  Aegypten  forderten,  ^  -) 
die  Verbannten  herstellten,*')  dem  Senat  die  Gerichtsbarkeit 
entrissen,^*)    der    Republik   unheilbare   Wunden   schlagen,    und 


22)   2,  22.     Vgl.  l,  4.   Plut.  Pompej.  12.   tiv,  89.   Pompej.  HIt.  a.  81. 
Hier  §.  ii.  A.  55.  23)  2,  18.  24)  Die  Volkspartei,  die  Marianer. 

25)  2,  36.  26)   2,  20.  27)   3,  4.  28)   Durch  die  Empfehlung 

des  uianilischen  Gesetzes.  2,  18.  Oben  §.  4.  A.  39.  Deshalb  rühmt  Cicero, 
welcher  ihm  in  diesem  Jahre  auch  auf  andre  Art  nützlich  -wurde,  er  habe 
sich  in  seinem  Consulat  lun  ihn  verdient  gemacht;  ad  Fam.  1,  9.  §.  4. 
Der  Schützling  wnsste,  ans  ■welchem  Omnde,  und  bewies  ihm  wenig  Ver- 
trauen und  Dankbarkeit;  dem  Senat  aber  war  es  höchst  unerfreulich,  dass 
er  Rullus  mit  dem  Heere  des  rroconsuls  bedrohte.  2,  10:  An  vos  nliter 
exislimabalis  —  Cn.  rompeii  praosidinm  opponenilnm  putelis.  29)  l.Th. 

535.   A.  99.  30)     1,    6.  31)    2,    29.     Vgl.     ad  Att.    2,   1.    §.  2. 

Hin.  7,  31    (30).    Plul.  Cic.   12.  32)    Ctisar  und  Crassns   also.     Oben 

{.  4.  A.  62.  33)   Oben  f.  3.  A.  29.  34)    {.  3.  A.  27. 


XXI.    lULU.         (31.  §.6.)  153 

den  Tribun  nur  vorscliieben.  ' ')  Von  dem  Verluste  des  .ScLatzes 
vor  dem  Volke;  hier  nur  von  den  Gefabren,  ■welche  dem  Senat 
und  der  Verfassung  droben.  '  ^)  Man  will  ganz  Italien  bis  zn 
den  Tboren  von  Rom  durcL  bewaffnete  Colonisten  in  Fesseln 
legen,  und  den  Senat  nicht  bloss  seiner  Würde,  sondern  auch 
seiner  Freiheit  berauben.  * ')  Eine  neue  Orduung  der  Dinge 
soll  beginnen;  Capna,  vs'o  nnter  dem  Einflüsse  des  Beichthums 
die  Volksmenge  inmier  entartet,  soll  wieder  eine  Colonie,  ein 
zweites  Bom ,  die  Hauptstadt  des  Reichs  sein ;  alles  Gold  und 
Silber  wird  dort  zusammen  fliessen,  seine  Besatzung  das  Heer 
der  zehn  Könige  bilden,  den  campanischen  und  steUatischen  Acker 
überschwemmen ,  und  dadurch  zu  einer  furchtbaren  ßlacht  au- 
'Wachsen.  *') 

Höchst  angeschickt  erwiederte  der  Tribnn:  es  sei  zu  viel 
Pö'bel  in  der  Stadt,  man  müsse  ihn  ausschöpfen;  *^)  Cicero  ver- 
gass  es  nicht,  nnd  erhielt  zu  Rlitlheilungen  auf  dem  IMarkte  noch 
reichern  Stoff,  als  Rullus  auf  die  Frage,  welche  Tribus  er  zuerst 
in  Cttpua  versorgen  wolle,  die  romilische  nannte.  *")  Indess 
beharrte  dieser  bei  seinem  Vorhaben,  die  Rogation  bestätigen  zu 
lassen;  deshalb  wandte  sich  Cicero  an  einem  der  folgenden 
Tage*')  an  das  Volk. 

§   6. 

(a.  63.)  Davon  abgesehen,  dass  er  gegen  ein  Schattenbild 
focht,  zeigte  er  bei  dieser  Gelegenheit  wie  noch  nie  seine  Meister- 
schaft in  der  Kunst,  die  Gegner  aus  einer  vortheiUiaften  Stellung 
zn  vertreiben,  nnd  ihre  Hiilfsmacht,  seine  Zuhörer,  zum  jVbfalle 
zu  bringen,'-)  und  ohne  das  Wortgepränge,  welches  das  Lesen 
mancher  anderen  Reden   verleidet,   weil  noch  kein  Catilina  ent- 


35)  I  BgT.  5 :  Hamm  omninm  remm  machinatoribns^  7 :  li ,  qnos 
mnllo  magis,  qa&m  Rullnin,  timetis.  9.  2,  6.  s.  iln.  9:  li,  qni  haec  machina- 
bantDr.  2i  fin.:  Reperiemns ,  parlem  esse  eoruin,  quilios  ad  babendum, 
partem ,  quibns  ad  consaiuendum  niliil  satis  esse  Tideatiir.  ( Crassns  nnd 
Cäsar.)  36)1,7.9.  37)1,5.6.  38)1.6.7.8.  39)2,26. 

Üulpn  5.  6.  A.  65.  40)    2,  29.     Unten  {.  6.  A.  67.  41)   2,  29  in. 

u.  die  Stellen  in  A.  31  oben.  42)  Plin.  7,  31  (30).     Te  dicente  legem 

agtaMÄiu,  li,  c.  alimeuta  siin.  abilicnvenmt  tribus. 


154  ^^l     IVLU.         (3l.§.  ti.) 

walfiiet  war.  Er  erwähnt  zunüclist  seine  ^Tossen  VerpflicLJun^n 
geg'en  das  Volk,  vvekLes  ihm  das  höchste  Ehrenamt  und  auf  eine 
solche  Art  verliehen  habe,  ■wie  nur  Wenigen  in  der  Nobili(ä(, 
und  einem  Alanne  seines  Standes  nie.  Daher  dürfe  es  mit  Recht 
erwarten,  dass  er  sich  als  sein  Freund  erweisen  werde;  diess 
Jiabe  er  auch  bereits  am  1.  Janaar  im  Senat  erklärt.*^}  Nur 
müsse  es  die  wahren  Freunde  von  den  falschen  unterscheiden; 
jene  wollen  ihm  den  Innern  und  äussern  Frieden  und  die  Frei- 
heit erhalten,  diese  suchen  es  durch  schön  kling-ende  Worte  und 
durch  Verheissungen  auf  Kosten  des  Schatzes  zn  täuschen. 

Das  servilische  Gesetz  soll  nicht  ihm,  sondern  den  Decem- 
virn  Vortheile  zuwenden;  eine  Ackervertheilung  wird  ihm  vor- 
gespiegelt, damit  es  in  seine  Knechtschaft  willigt.  Man  verlangt, 
dass  es  seinem  Wahlrechte  entsagt.  Znr  Wahl  der  Vollzieher 
eines  Ackergesetzes  berief  man  bisher  alle  35  Tribus;  jetzt  wird 
sie  17  vorbehalten ,  und  nicht  nach  Älaassgabe  des  Käherrechls, 
sondern  nach  der  Entscheidung  des  Looses.  * ')  In  den  Wahl- 
comitien  des  Oberpontifen ,  an  welche  man  erinnert,  stimmen 
auch  nur  17;  der  Fall  ist  aber  ein  ganz  anderer.  Das  Volk  hat 
in  Sachen  der  Religion  keine  Befugniss ;  wenn  hierin  eine  Ver- 
günstigung Statt  fand ,  so  konnte  es  doch  nicht  als  Gesammtheit 
auftreten ,  und  überdiess  folgten  einer  solchen  Wahl ,  welche 
Cn.  Domitius  auf  alle  Priesterthümer  ausdehnte,  die  Cooptation 
durch  das  Collegium.  Hier  also  der  Unterschied  zwischen  Do- 
mitius und  Rullus;  jener  giebt  wenigstens  einem  Theile,  was  er 
dem  Ganzen  nicht  geben  durfte,  dieser  giebt  einem  Theile,  was 
dem  Ganzen  gebührt,  und  verräth  die  Absicht,  Alle  anszuschlies- 
seu.  *^)  Da  er  selbst  den  Vorsitz  hat,  so  ist  zn  erwarten,  dass 
das  Lioos  ihr.  ■•^die  Tribus  verschafft,  welche  er  wünscht,  und  nur 
gegen  die  9,  deren  Stimmen  entscheiden,  wird  er  mit  seinen 
Collegen  sich  dankbar  beweisen ,  den  übrigen  26  wird  er  nicht» 
geben.  *')  Und  mit  welchem  Rechte  will  der  Urheber  der  Ro- 
gation für  sich  selbst  Stimmen  annehmen?  Es  ist  gegen  das 
licinische  und  äbntische  Gesetz ,    worin  sogar  Gollfegen  und  Ver- 


43)    2  8gT.    1.  2.  4.     Vgl.    1,  8.  9.  «)  2,  3.  4.  45)    <:    7. 

12    fin,  46J    7.     2.    Tl..    4<»3.    A.    60.     Poniit.    Alien.    No.   4    u.  niilen, 

».    7.   JV.   22.  471    8.  ■ 


XXI.    lULlI.         (31.  §.6.)         J55 

wandten  des  Magistrats  das  Amt  oder  Geschäft  verweigert  wird, 
welches  er  beantragt,  damit  der  Eigennutz  keinen  Spielraum 
gewinnt.  *^)  Pompejus  dagegeu  würde  das  Volk  mit  Fug  und 
Uecht  vor  allen  Andern  wühlen,  und  er  würde  dessen  Freiheit 
beschützen ;  eben  deshalb  ist  es  auf  die  Anwesenden  be- 
schränkt. *^) 

So  viel  über  die  Wahl  der  Zehn;  nun  Ton  ihrer  Gewalt. '") 
Jeder  Magistrat  innss  in  andern  Coniitien  gewählt  sein,  ehe  die 
Ciirien  ihn  zu  religiösen  Handlungen  ermächtigen.  Dieser  Tribun 
fordert  ein  Curiatgesetz  mit  Uebergehung  der  Tribut -Comifien, 
und  ein  Prälor  —  wie  es  ungereimt  ausgedrückt  ist,  der  Erste 
oder  der  Letzte  —  nicht,  wie  es  in  der  Verfassung  liegt,  ein 
Consnl,  soll  es  beantragen,  wenn  sich  ein  Hinderniss  findet,  den 
Zehn  dieselbe  Gewalt  zuzugestehen,  als  wenn  es  gegeben  wäre. 
Eine  in  Coraitien  keiner  Art  übertragene  Gewalt  ?  das  heisst  Könige 
einsetzen,  nicht  Decemvim,  und  schon  durch  ihre  Einsetzung, 
ehe  noch  ihre  Verwaltung  beginnt,  die  Rechte  and  die  Freiheit 
des  Volks  vernichten.")  Und  ein  Tribun  erklärt  den  tribu- 
nicischen  Einspruch  für  ungültig?  Ein  Tribun  gestaltet  den  Zehn, 
wenn  ein  Einspruch  erfolgt  und  sie  demnach  von  den  30  Lictoren, 
den  Stellvertretern  der  Curien,  nicht  die  Befuguiss  dazu  erhalten, 
heilige  Hühner  zu  befragen,  welches  nicht  einmal  den  von 
35  Tribus  gewählten  Magistraten  in  einem  solchen  Falle  vergönnt 
ist?  ^-)  Fünf  Jahr  sollen  sie  im  Amte  bleiben;  man  wird  sie 
nie  zwingen  können,  zurückzutreten,  ihre  königliche  Macht,  ihr 
zahlreiches  Gefolge  von  öffentlichen  Dienern,  welches  einer  Leib- 
wache gleictt,  verbürgt  es  ihnen.  Fünf  Jahre  dürfen  sie  ohne 
alle  Beaufsichtigung,  vor  jeder  Berufung  auf  das  Volk  gesichert 
die  Staatsländereien  veräusseru,  und  wenn  sie  dadurch  unermess- 
liche  Summen  erhalten  haben,  in  Italien  Acker  kaufen  und  es 
mit  ihren  Colonien  bedecken.  '^)  Ihnen  ist  anheim  gegeben,  zu 
verkaufen,  was  der  Senat  seit  dem  Consulat  des  Decula  und 
Dolabella  zu  verkaufen  beschlossen  hat;  warum  führt  man  e» 
nicht  namentlich  auf?  Vielleicht  aus  Schaamgefiihl,  weil  der 
Senat  diess  ans  Noih  verfügte  und  die  Consuln  es  nicht  vollzogen. 


48)    8   0.    ad  Fam.   8,6.   }.  3.     Unten  f.   II.  A.  14.  t9)  9.   |0, 

-.0)    !0.  51)    U.   12.  02)    II.  j;i)    13.   14. 


156  XXI.     lULII.  (31,  §.6.) 

um  niclit  verhasst  zn  werden;  wakrscLeiulich  aber,  um  Senafs- 
bescblüsse  unterscLiebeu  zu  küaneu.  Der  Zusatz  „und  was 
sonst"  erlaubt  den  ZeLn  oLueliin,  mit  dem  öffentlichen  Eigeu- 
tliume,  welches  seit  Sullas  erstem  Consnlat  erworben  ist,  ganz 
unabhängig  vom  Senat  nach  Willkiihr  zu  verfahren.  ")  Auch 
mit  Aegypten?  Man  sagt,  dass  es  vom  Könige  Alexander  Rom 
vermacht  sei;  man  sagt  auch,  es  sei  kein  Testament  vorhanden, 
Rom  müsse  nicht  alle  Königreiche  begehren;  Riillus  wird  mit 
seinen  künftigen  Collegen  entscheiden ,  unter  welchen  Einige 
sich  schon  früher  nach  Aegypten  gesehnt  haben.  Er  wird  also 
das  fruchtbare  Land  dem  römischen  Volke  zusprechen?  Dem 
Könige  wird  er  es  zusprechen;  ^')  und  das  römische  Volk  nichts 
erhalten,  vielmehr  soll  dessen  Eigenthum  in  und  ausser  Italien 
veräussert  werden,  und  ohne  Zweifel  wiU  Rullus  selbst  Pompejus 
zu  sich  nach  Sinope  entbieten,  und  ihm  ankündigen,  sein  Gesetz 
ermächtige  ihn  zu  verkaufen,  was  jener  erobert  habe.  *  ^) 

Die  öffentlichen  Einkünfte  darf  man  mir  in  Rom  verpachten ; 
die  Zehn  dürfen  das  öflentliche  Eigenthum  an  jedem  beliebigen 
Orte  und  ohne  alle  Aufsicht  vei'kaufen  oder  auch  verschenken, 
und  sie  bestimmen,  was  dem  Staate  oder  Privatpersonen  gehört. 
Von  dem  Staafslande,  welches  sie  den  Besitzern  nicht  entziehen, 
fordern  sie  eine  grosse  Abgabe,  das  recentorische  in  Sicilien  aus- 
genommen; warum  die  Ausnahme,  wenn  es  als  Privatland  an- 
erkannt wird,  wenn  es  öffentliches  ist,  warum  es  günstiger  be- ' 
Landein,  als  das  übrige?  Rullus  mag  seine  besonderen  Gründe 
haben.  * '')  Er  weiss  auch,  dass  Hiempsal  in  Numidien  reich  ist, 
deshalb  schützt  ihn  ein  Bund,  obgleich  das  römische  Volk  diesen 
nicht  bestätigt  hat;  so  ehrt  der  Tribun  dessen  Rechte.'^)  Bei 
solchen  Entwürfen  kann  er  nicht  wünschen,  dass  Pompejus  sei« 
College  sei;  er  schliesst  ihn  nicht  nur  aus,  er  misshandelt  ihn. '^)' 

Aber  das  Gesetz  hat  einen  guten  Zweck;  die  römischen 
Bürger  sollen  in  Colonien  versorgt  werden.  Die  Bürger  nennt, 
und  an  sich  denkt  man;  unter  jenem  Vorwande  werden  die  Zehn 
ihre    Cassen   fJiiUen,   ohne   Zeugen   verkaufen   und   kaufen,   auch 


54)    I4.  IS.  55)  Für  OcM.    16.  17.    Oben  f.  4.  A.  62.  56)  20. 

57)  Bosloelien  sein.    81.  58)22.    Ol.en  J.  5.  A.  00  ii.  22.  59)  Oben 

4.  5.  A.  18  f. 


XXI.     lüLn.  (31.  §.6.)  157 

■vvoLl  Geld  annehmen,  damit  sie  nicLt  verkaufen.  *")  Bisher  liat 
man  Colonien  immer  Gemeinland  aug'ewiesen,  jelzt  kauft  man 
Land;  nnd  welclies  ?  Angebautes?  Das  Gesetz  sagt,  solches, 
welches  angebaut  ■werden  kann;  also  Steppen,  Steinfeldfr,  wo 
kein  Pflug  einzudringen  vermag,  alles  andre  ist  in  Italien  an- 
gebaut; ein  unwürdiger,  schändlicher,  aber  ein  gewinnreicher 
Handel.  ^')  Man  sieht,  RuUus  wiU  nicht  bloss  sich  und  seine 
CoUegen  bereichern.  Durch  Sullas  Proscriptionen  haben  Viele 
Güter  erheJfen ,  welche  sie  zu  verkaufen  wünschen ,  weil  der 
Hoden  nicht  ergiebig,  die  Luft  ungesund  oder  der  Besitz  ungeysiss 
ist  nnd  üble  Nachrede  bringt;  ^^)  sie  fürchten,  ein  Volkstribun 
werde  darauf  antragen,  dass  sie  dem  Volke  sein  Eigenthum 
zurückgeben,  und  ein  Volkstribun  reiss't  sie  aus  der  Noth;  sie 
können  aus  jenen  Grinden  keine  Räufer  finden,  er  kauff,  er 
kauft  um  Jeden  Preis,  sie  dürfen  nur  fordern.  Zu  den  Guts- 
besitzern dieser  Art  gehört  nämlich  sein  Schwiegervater  Valgius; 
lim  dem  Manne  zu  helfen  und  ihm  grosse  Summen  zuzuwenden, 
beraubt  Rullus  das  Volk.  *^)  Und  angenommen,  dass  man  sich 
.seines  Ackers  nicht  entünssern  will,  so  werden  die  Decemvirn 
das  Geld  unter  sich  vertheilen;  eben  deshalb  verkaufen  sie,  ehe 
sie  kaufen.  ^') 

KuUus  hat  im  Senat  geäussert,  des  städtischen  Gesindels  sei 
7.a  viel,  man  müsse  es  ausschöpfen;  er  spricht  von  den  achtbarsten 
Bürgern,  als  sei  von  Hefen  die  Rede;  darnach  lässt  sich  schon 
ermessen,  wie  er  sie  versorgen  wird,  mit  Sand  und  Sumpf.  ^^) 
Das  fruchtbare  Gebiet ,  das  campanische  und  stellatische  nnd 
C'apua  selbst  ist  feilen  Banden  bestimmt  nnd  auch  diese  werden 
nur  für  die  Zehn  die  Namen  herleihen.  ^^)  Gegen  alle  Ord- 
nung wollen  sie  die  romilische  Tribus  zuerst  bedenken;  jeder 
soll  vom  campanischen  Lande  10  Juchart  erhalten,  so  wird  für 
die  Bleisteu  nichts  übrig  bleiben,  nnd  diess  ist  die  Absicht;  mit 
seinen  Colonisten,  welche  der  Reichthum  verderben  würde,  wenn 
man  auch  nicht  von  Anfang  verwegene  Meuterer  ausersähe, 
soll    Capua    die   Hauptstadt    der    neuen    Republik ,     ein     gegen 


60)    24.     Vgl.   1,   3.  61)    25.  62)   2.  Th.  4/S.  63)    26. 

Vgl.  1,  5.    3,   I.  2.  3.  4.     2.  Th.  479.  A.  54.  64)  27.  65)    Das. 

Oben  }.  5.  A.  39.  66)   2.S. 


158  XXI.    lüLU.         (31.  §.6.) 

Rom  gericLtetes  BoDwerk  sein.*')  Aber  das  Volk  möge  sich 
beruliigen;  seine  Feinde  haben  iLre  Zeit  sclJecLt  ge^YäLlt,  unter 
Ciceros  Ccnsulat  -wird  ihr  Anschlag  nie  gelingen.  ^') 

Äfan  hörte  ihn  ohne  Zeichen  des  Jßssfallens ;  für  einen 
Redner,  welcher  gegen  ein  Ackergesetz  auftrat,  ein  seltnes 
Glück.  **)  Deshalb  mochte  BuUus  in  seiner  Gegenwart  nichts 
erwiedern,  dann  aber  verbreitete  er  mit  seinen  Freunden :  nnr  ans 
Gunst  gegen  die  sieben  Tyrannen  '")  und  gegen  die  Uebrigen, 
welchen  Sulla  Land  angewiesen  habe ,  suche  Cicero  das 
Volk  zu  dessen  Nachtheil  von  der  Genehmigung  des  Gesetz- 
entwurfe abzuschrecken.  Dieser  musste  sich  daher  rechtfertigen. 
Ein  Geräusch,  Blick  und  Miene  verriethen,  dass  die  Versamm- 
lung umgestimmt  war.  '  •)  Er  aber  kehrte  den  Pfeil  seines 
Feindes  gegen  ihn  selbst.  Nicht  er,  so.idern  Rullus  wolle  die 
Besitzer  der  von  Sulla  verliehenen  Ländereien  und  insbesondre 
seinen  Schwiegervater  sichern.  Es  ergebe  sich  unverkennbar 
aus  dem  vierzigsten  Capitel,  von  welchem  er  bis  jetzt  geschwiegen 
habe,  um  nicht  vernarbte  Wunden  wieder  aufzureissen.  ") 

Nichts  ist  ungerechter  und  nichts  verdient  weniger  den  Namen 
eines  Gesetzes,  als  das  valerische,  worin  alle  Handlungen  und 
Verfügungen  Sullas  genehmigt  und  bestätigt  wurden;  '^)  völlig 
dasselbe  besagt  das  servilische,  nur  versleckt ;  es  nennt  nicht  den 
Dictator,  um  nicht  anstössig  zu  werden,  sondern  die  Consuln 
Marius  und  Carbo;  jeder  weiss  aber,  dass  SuUa  uacli  ihrem 
Consulat  Dictator  gewesen  ist ;  was  man  nach  ihi'em  Consulat 
angewiesen  hat,  soll  den  Besitzern  verbleiben,  folglich  werden 
die    sullanischen    Anweisungen    bestätigt ,  '  *)     das    Angemassie, 


67)    30 — 36.  68)   37.  69)   2  agr.  37:    9<"^   anqnam  tarn  su- 

cnnila  concione  legem  agrariam  suasit,    qnam  ego  dissnasi?    —    snnunDm  et 
rimissimum  —  praebeatis.     3,1:  Video  qnosdam — retulisse.  70)  3  agr. 

1.  3.  4.    Hortensü  No.  7.   j.  4.  A.  93.  71)    3  agr.  1.    ad  Alt.  2,  1. 

f.  2  zählt  diese  Rede  yregen  ihres  geringen  Umfangs  unter  den  consn- 
larischen   nicht    mit.  72)    c.    2.      Vielmehr,    tun    nicht    den  Veteranen 

Snllas  in  den  Colonien  nnd  den  Optimalen,  -welche  dem  Dictator  Güter  Ter- 
dankten  nnd  dessen  Verfassung  ohnehin  schon  fast  aofgehoben  sahen,  gleich 
von  Anfang  als  neuer  Parteigenosse  missfäUig  zu  ^Terden.  Rnllus  zwang 
ihn,  aus  sich  herauszugehen,  sich  gegen  den  durch  SuUa  begründeten  Besitz- 
iland  in  erklären ,  so  dass  man  auch  hier  Cäsars  leitende  Hand  entdeckt, 
73)   2.     S.  2.  Tb.  47(>.  A.   12.  74)    2. 


I 


XXI.     lULn.  (31.  §.7.)  159 

wolcLes  man  bisLer  zurückfordern  konnte,  soll  das  Volk  als 
rechtmässiges  EigentLum  anerkeuuen,  damit  es  den  Besitzern  ge- 
wisser sei,  als  ererbtes  väterliches  Gut.  So  viel  hat  weder  das 
valerische  Gesetz  noch  Sulla  selbst  verlangt;  Rallns  verlangt  es, 
.sein  Sch\yiegervater  ist  nun  geborgen.  Ja  er  fügt  sogar  Schen- 
kungen hinzu;  denn  er  bestätigt  nicht  mir,  vsas  man  seit  jener 
Zeit  erhalten,  sondern  auch,  was  man  seitdem  besessen,  etwa  mit 
Gewalt  genommen  oder  sich  selbst  angewesen  hat.  Denn  gar 
Vieles  ist  unter  Sulla  eingezogen,  und  nicht  verlheik  oder  ver- 
kauft, und  man  hat  diess  benutzt;  Rullus  Schwiegervater  und 
anderen  Besitzern  der  Art  soll  das  Gesetz  Sicherheit  gewähren. '') 
Für  den  Fall,  dass  man  dennoch  zur  Abstimmung  schritte, 
war  der  Tribun  L.  Cäcilius  gewonnen,  FinsprncL  z»  thun.  '^) 
Dahin  kam  es  jedoch  nicht;  die  Gegner  gaben  die  Rogation  auf, 
weil  ihre  Wünsche  vorerst  erfüllt  waren;  ^')  Cicero  erklärte  es 
für  sein  "Werk;  ")  nicht  nur  der  Senat,  sondern  auch  die  Ritter, 
welche  da»  Gesetz  als  Pächter  mit  grossem  Verluste  bedrohte 
und.  Cicero  auch  in  der  Rede  für  die  lex  Roscia  vertrat,  glaubten 
sich  ihm  verpflichtet,  und  die  Letzten  bewiesen  es  ihm,  als  er 
bald  nachher  die  Republik  gegen  Catilina  schirmte.  Das  Acker- 
cesetz  brachte  indess  Cäsar  a.  59  als  Cousul  in  veränderter  Ge- 
stalt von  neuem  an  das  Volk;  es  wurde  bestätigt  und  jener  lud 
Cicero  ein,  bei  der  Vollziehnng  mitzuwirken.  '') 

i   7. 

(a.  63.)  Ein  anderer  Plan,  mit  welchem  er  sich  jetzt  be- 
schäftigte, war  wieder  von  der  Art,  da.ss  schon  der  Versuch, 
ihn  auszuführen  gfenügte,  weil  eine  HauptwaJfe  des  Senats  dadurch 
abgestumpft  und  das  Volk  seinem  Besthülzer  noch  mehr  ver- 
pflichtet wurde.  Der  Schrecken  erregenden  Rogation  folgte  zu 
gleichem  Zwecke  ein  eben  so  schreckliches  Gericht;  nur  die  Art 
des  Angriffs  veränderte  sich.  Unter  dem  Consulat  des  C.  IMarius 
und    L.    Valerius    Flaccus ,  ^ ")    im    J.    100 ,    mithin    vor    etwa 


75)    3.   4.    2.    Tb.  480.    A.   68.          76)    p.  SiiUa  23.    2;  Tli.  515. 

A.  66.    523.   A,   37.  77)    iu  Pison.  2.    riat.  Cic.  12.           78)    I.  c. 

79)    Cnlen   J.  U.  A.  1  u.   J.  12.  A.  72.          80)    tic  p.  Rabir.  perd.  r. 
7.  10.    CatÜ.  I,  2. 


160  XXI.     lULII.  (31.  §7.) 

36  Jatren,   wie  Dio  die  Zeit  bestimmt,  «')    war  der  V. Tribun 
L.    Appnlejus   Saturninus   -wegen   seiner   Meutereien   vom    Senat 
geächtet,    von   den  Consiiln  auf  dem  Capitol  belagert,   und  als  ef 
sich  -wegen  Mangel  an  Wasser  ergab,  in  der  Lostilischen  Curie  ") 
mit   dem  Prätor  C.  Servilius  Glaucia   und   mit  anderen  Genossen 
von  seinen  Gegnern  gelödtet.     Blan  beschenkte  Sceva,  den  Sclaven 
des  Q.  Croton,   mit    der  Freiheit,   weil  er  Saturninus  erschlagen 
hatte;  *^)    vielleicht   wurde   ihm   die  Ehre  einer  doch  immer  ge- 
hässigen That  nur  aufgebürdet,   zumal,    da  den  Belagerten  Straf- 
losigkeit zugesichert  war.     Der  Tribun  T.  Alias  Labienus  kam 
bei  der  betreffenden  Untersuchung  stets  von  neuem  darauf  znrück, 
dass    man   sein  Wort  verpfändet  habe;    das  Verhältniss  zwischen 
3Iarius  und  Saturninus  macht  es  sehr  walirscheinlich,  Cicero  musste 
es   zugeben^*)   und   mehrere  Schriftsteller  bestätigen  es.*')     Es 
begründete  im  Allgemeinen  eine  Anklage  des  C  Rabirius,   eines 
jetzt  Lochbejahrten  Senators,  -welcher  sich  im  Kriege  ausgezeichnet 
hatte.  *")     Er  war  geständlich  dem  Angriffe  auf  die  Curie  nicht 
fremd   geblieben,^')    und  hatte   nach  einem  Gerüchte  sogar  den 
Ropf  des  Saturninus  bei  Gastgelagen  gezeigt,  um  den  Todten  za 
verhöhnen.*')      In   jedem   Falle   konnte    er   nicht    darthun,    das» 
nicht  sein  Stein  oder  Pfeil  ihn  getroffen  habe;   er  mochte  selbst 
darüber  in  Zweifel  sein,    da   man   bei  so  stürmischen  Auftritten 
selten    den    Erfolg    seiner   Älitwirkung  wahrnimmt.      Ueberdiess 
waren  nach  so  langer  Zeit  schon  Viele  gestorben,  welche  etwa 
seine  Unschuld  hätten  bezeugen  können.  "  ^) 

Ihn  also  belangte  Labienus  als  den  Mörder  des  Tribuns, 
und ,  wie  es  schien,  ans  eignem  Antriebe,  da  sein  Oheim  Q.  La- 
bienus mit  jenem  und  als  dessen  Anhänger  das  Leben  verloren 
hatte.  ^  °)     Um  ihn  in  ein  ungünstiges  Licht  zu  stellen,  erinnerte 

81)    37,  26.     Cic.  in  Pis.  2  nennt  40,    eine  runde  Zahl,  wie  Ascon. 
das.  bemerkt.        82)   VeUej.  2,  12.  83)   p.  Rah.  11.  8i)  Das.  10. 

Unten  A.  9.  85)   Plutarch.  Mar.  30.    Flor.  3,  16.   (A.  -Vict.)  de  vir. 

ill.  73.  86)  p.  Rat.  1  n.  fragm.  ed.  Niebnlir  36.  Dio  37,  26.  87)  p. 

Rab.   6.  88)    (A.  Vict.)    de  -vir.  ill.   1.  c      Da  Ciceros  Rede  für  ihn 

sehr  Terstiimmelt  ist,  so  weiss  man  nicht,  ob  es  auch  von  seinem  Ankläger 
behauptet  wurde.     In  den  kurzen  Berichten  bei  Appian.  1,  370,  Plut.,  Vellej.,    ' 
Flor.    11.    cc. ,    Liv.   69,    Oros.   5,    17    darf   man   über    Rabir.    Theilnahm« 
an   diesen    Ereignissen   keinen   Aolschloss   erwaiien.  89)    p.    Rab.    I. 

00)  Das.  S.  7.  8. 


XXI.     lULU.  (31.  §.7.)  161 

er  zugleich  an  andere  Vergehen :  er  Labe  Leillg'e,  geweihte  Oerfer 
verletzt,  —  sein  Privatfeind  C.  Maeer  hatte  ihn  deshalb  angeklagt 
und  das  Gericht  ihn  freigesprochen  ^  ' )  —  er  habe  mit  C.  Curtius, 
«lein  Gemahle  seiner  Schwester,  Staats -Gelder  untergeschlagen, 
und  den  Ort  angezündet,  wo  die  öffentlichen  Urkunden  auf- 
bewahrt wurden  —  bis  dahin  war  er  vor  Gericht  dessen  nicht 
beschuldigt  und  Curtius  war  nicht  verurtheilt  —  er  habe  den 
Jüngern  Curtius,  den  Sohn  seiner  Schwester,  getödtet,  fremde 
Sclaven  widerrechtlich  zurückbehalten,  römische  Bürger  ge2:en 
das  porcische  Gesetz  geissein  oder  hinrichten  lassen,  seinen  Körper 
preis  gegeben  und  mit  Anderen  Unzucht  getrieben.  ^^)  Am 
meisten  wurde  es  aber  von  Cicero,  dem  Sachwalter  des  Rabirins, 
gerügt,  dass  Labienus  ihn  nicht  als  Majestäts- Verbrecher,  sondern 
wegen  Hochverrath,  perduellio,  in  Anspruch  nahm;^^)  es  sei 
ungerecht,  grausam,  eine  Handlung,  welche  jetzt  unter  den  Be- 
griff der  Majestiit  falle,  mit  einem  längst  veralteten  Ausdrucke 
zu  bezeichnen,  und  damit  auf  die  furchtbare  Strafe  der  Kreuzigung 
anzutragen,  während  sonst  der  Beklagte  sich  selbst  verbaunen 
und  dadurch  sein  Leben  retten  könne.  ^'')  Ein  günstiger  Spruch 
war  nicht  zu  hoffen,    denn  gerade  Cäsar,    welchen  man  als  den 


91)   p.  Rab.  2.   Manut.  das.   LicinJi  Murenae  Macri  No.  9.  92)  p. 

Rah.  3.  93)    Das.  1.  c.    in  Pison.  2.     Suet.  Caes.  12.  94)    p.  Rab. 

I — 5.  Sallnst.  B.  C.  51.  Cort.  At  alJae  leges  item  condemnatis  civibns 
animam  non  eripi,  sed  in  exiliiim  permitli  iubeat.  Cic.  p.  Caccin.  34: 
KxiliDm  non  snpplicium  est,  sed  perfngiam,  portusqne  snpplicii  —  deponitiir. 
Vgl.  1.  Cornelia  im  2.  Th.  S.  487.  Unter  den  Königen  und  in  den  früheren 
Zeiten  der  Republik  wurde  der  Hochverräther ,  perdnellis,  dem  Henker 
übergeben,  gegeisselt  und  an  das  Kreuz  geschlagen;  daher  p.  Rab.  3.  4. 
10:  carnifex,  flagella,  crux.  n.  4:  I  lictor,  coUiga  raanns,  capnt  obnubito, 
nibori  infelici  snspendito  ;  vgl.  Liv.  1 ,  26.  Dann  aber  schien  diese  Strafe 
zn  hart;  es  wurde  allmälig  ohne  eine  ausdrückliche  Bestimmung  Sitte,  dass 
der  Verbrecher  sich  durch  ein  freiwilliges  Exil  zum  bürgerlichen  Tode 
verdammen  durfte,  p.  Rab.  3  fin. :  Ista  laus  primtim  est  maiorum  nostrornm, 
qni,  expulsis  regibns,  nuUnm  in  libero  populo  vesligium  crudelitatis  regiae 
retinuerunt.  Vgl.  p.  Caecin.  1.  c.  und  auch  die  Bezeichnung  perduellio, 
welche  sich  noch  in  den  TabeUar- Gesetzen  des  Cnssiiis  (a.  137)  und 
Coelius  (a.  107)  findet,  (2.  Th.  S.  113  u.  409)  wurde  dnrch  die  mildere 
maiestas  verdrängt,  wie  man  unter  Anderen  a.  65  C.  Cornelias  wegen  nicht 
lieachteten  tribunicischen  Einspruch  nnter  diesem  Rechlstite)  belangte. 
■2.  Th.  S.  613. 

Oromunn ,    (iosfliiclite  Roms  III.  j^^ 


162  X^I      lULn.  (31.  §7.) 

UrLeber  des  Processes  kannte,  ■wurde  mit  Lucios  Cäsar,  dem 
Consnl  des  vorigen  Jahrs,  einem  schwachen  Älanne,^^)  zum 
Richter  ernannt,^*)  und  zwar  verfassungswidrig'  vom  Prülor, 
nicht  vom  Volke ,  damit  die  Wahl  desto  weniger  zweifelhaft 
blieb.  ^')  Vor  einem  solchen  ausserordentlichen  Gerichte  konnte 
Rabiriiis  sich  kaiun  vertheidigen ;  er  wurde  verurtheiit,  obgleich 
er  läugnete.  ^') 

Seine  Verfolgung  war  Ca'sars  Werk.  ^®)  Labienns,  welcher 
ihn  auch  ferner  in  diesem  Jahre  unterstützte,  iusbesondre  bei 
seiner  Bewerbung  um  die  Würde  des  Ober-Pontifen,  mucste  sie 
einleiten,  nnd  er  iiberneihm  dann  die  Hauptrolle.  Rabirias  und 
dessen  angebliches  Vergehen  war  ihm  gleichgültig;  er  woll(e 
ihn  nicht  unglücklich  machen,  und  sah  voraus,  dass  die  Aristocratie 
tun  jeden  Preis  das  Aeusserste  abwenden  werde;  denn  nicht 
gegen  den  Einzelnen ,  sondern  gegen  sie  war  der  Angriff  ge- 
richtet. Bei  seinen  Entwürfen  bedurfte  Cäsar  die  Hülfe  der 
Tribüne;  er  musste  ihnen  znm  voraus  Sicherheit  verbürgen,  den 
Senat  absclireckeu,  ihnen  das  Schicksal  des  Satuminus  zu  bereiten 
nnd  den  Consuln  unbedingte  Vollmacht  zu  geben,  und  den  Bür- 
ger, dem  Aufrufe  zur  gewaltsamen  Unterdrückung  einer  Äleuterei 
zu  folgen.  Dass  diess  seine  Absicht  und  die  Klage  nur  Älittel 
war,  sagt  Cicero  mit  deutlichen  Worten,  ohne  ihn  zu  nen- 
nen. '»") 

AJs  der  Angeklagte  sich  auf  das  Volk  berief,  ')  stellte  La- 
bienus  auf  dem  IMarsfelde,  wo  die  Centurlat-Comitien  gehalten 
wurden,    das    ßild    des    Saturninus    auf,    obgleich    Sex.    Titius 


95)    Oben   No.   22.  96)   Dio  37,  27.    Suel.  Caes.  12.     Dnamviri, 

qui   de   perduellione  anquirereut;   Liv.  1 ,  26.     6,   20.  97)   p.  Rab.  4: 

ininssu  vestro.  Dio  1.  c.  Dieser  Prälor  vrar  nicht,  -wie  Fabric.  hier  in  der 
A.  vermuthet,  Melellns  Celer,  der  Frennd  des  Rabirius.  98)  p.  Rab.  4. 

(Labienns)  indicta  causa  ciTem  R.  capitis  condeuinari  coegit.  Suet.  1.  c. 
Dio  37,  26.  27.  99)   .Suet.  d.  Dio  11.  cc.  bezeugen,  -nas  sich  ohnehin 

nicht    verkennen   liissl.  100)     p.    Rab.    1 :     Ul    illud  summum  auxiliom 

niaiestatis  atque  imperii  — •  de  rep.  tolloretur.  Das. :  Quam  ob  rem  ^ 
iuilicare.  2:  Agitur  enim  —  praesidium  s.ilutis.  Das.:  Deinde  tos  — 
soletis.  A''gl.  7  in.  u.  in  Pison.  2 :  Ego  in  C.  Rabirio  —  senatns  aacto- 
rilatein   snslinui   etc.     Dio  37,  26.  1)  p.  Rab.  4.     Dio  n.  Snet.  U.  cc. 

Liv.  1,  26. 


XXI.     lULII.  (31.  §.7.)  163 

bestraft  war,  weil  er  ein  solches  Bild  auch  nur  in  seiner  WoLniing' 
gehabt,  und  C.  Decianus,  weil  er  über  den  Tod  des  Geäclitefen  öffent- 
lich sein  Bedauern  geäussert  Lalte,-)  und  gestattete  jedem  der 
beiden  Sachwalter,  Hortensins  und  Cicero,  nur  eine  halbe  Stunde  zu 
reden.  *)  Jener  iiberliess  Cicero  die  Schlussrede,  wie  gewöhnlich, 
wenn  er  mit  ihm  auftrat.  Er  hob  besonders  hervor,  dass  Sceva 
wegen  des  Verdienstes,  Saturninns  getödlet  zu  haben,  belohnt 
und  diese  That  demnach  Rabirins  nicht  zuzuschreiben  sei.  ') 
Dann  verbreitete  sich  Cicero  über  die  Härte  und  feindselige  Ge- 
sinnung, welche  sich  durch  die  Anklage  kund  gebe.  ')  Dem 
Verdachte,  als  sei  der  Sclav  nur  genannt,  damit  Babii-ius  als 
schuldlos  erscheine,  begegnete  er  durch  die  Behauptung,  diesem 
entgehe  dadurch  ein  grosser  Ruhm.  ^)  Eben  deshalb  gestehe 
man  gern,  dass  er  dem  Aufrufe  der  Consuln  gefolgt  sei,  dem 
Senats  -  Beschlüsse,  welcher  sie  zur  Abwendung  der  Gefahr  durch 
jedes   Blittel   ermächtigt   habe.  ")      Wie    konnte    er    anders,    fragt 


2)    p.   Rab.   9.  3)    Das.  2.  3.  5.    fragm.  ed.  Nieb.  38.     Die  Be- 

merknng  Niebnhrs,  praef.  ad  Or.  p.  Rab.  p.  69  f.,  es  habe  sich  in  diesem 
Volksgerichte  nur  um  eine  TOn  Labienns  verhängte  Geldstrafe  gehandelt, 
deren  Cicero  3.  auch  ausdriicklicb  gedenke,  die  Strafe  des  Hochverraths  sei 
wegen  der  ungültigen  ■\\  ahl  der  Dnumvirn  auf  Betrieb  des  Consnls  TOm 
Senat  aufgehoben,  3:  nam  de  perduellionis  iudicio,  qnod  a  me  snblattun 
esse  criminari  soles,  meum  crimen  est  etc.,  und  Rabirins  vom  Volke  frei- 
gesprochen, yrie  Sneton  1.  c.  andeute,  Dios  Nachricht  folglich  zn  verwerfen, 
bedarf  keiner  Widerlegung.  Sehr  bestimmt  unterscheidet  Cicero  3.  die 
geringern  Vergehen,  welche  der  Antrag  auf  eine  Geldstrafe  betrifft,  TOn 
dem  Verbrechen  des  Hochverraths ;  nam  quid  ego  etc.  Illam  alleram  etc. 
I  und  Labienns  Aenssernng,  jener  habe  die  Gerichte  über  Ferdnellion  anf- 
gehobeii^  kann  nur  anf  seinen  schon  früher  bekannten  Eutschluss,  Rabirins 
in  irertheidigen,  anf  seine  ohne  Zweifel  im  Senat  oft  vernommene  Klage 
über  die  Ernenernng  solcher  Gerichte  bezogen  werden.  Seine  Rede 
würde  völlig  sinnlos  sein,  wenn  nur  eine  Geldstrafe  zn  fürchten  war;  er 
spricht  vom  Henker,  von  Banden',  Geissei  nnd  Krenzignng,  tind  nicht  von 
einer  schon  überwundenen  ,  sondern  noch  immer  drohenden  Gefahr.  4  in. 
vgl.  1.  2.  5.  9.  11.  Endlich  sind  Snetons  Worte:  Tarn  cupide  conderanavit 
nt  ad  popnlum  provocanti  nihil  aeqne  ac  iudicis  acerbitas  profuerit,  auf 
den  Senat  nnd  besonders  anf  Bletellus  Celer,  nicht  auf  das  Volk  zn  deuten ; 
die  Ilitze  des  Angriffs  liess  jene  zur  Rettung  des  Beklagten  ein  ansser- 
ordentliches  Mittel  nnwenden.  4)    p.  Rab.  6.   II.     Seine  Rede,  welche 

Charisins  noch  las,  Putsch,  p.  100,  hat  sich  nicht  erhalten.  5)   p.  Rab. 

1—5.     Oben  A.  94.  6)   6.  II.  7)    6.  7.    Catil.   I.  2.        ^ 

11* 


164  XXL     lULII.  (31.  §.7.) 

sein  Anwalt ,  da  die  Senatoren  iiud  unter  iLnen  der  Erste, 
M.  Aeiniliiis  Scaiirus,  und  die  übrigen  Consnlare,  die  Ritter  nnd 
alle  rechllicLen  Bürger  die  Waffen  ergriffen?  Sollte  er,  statt 
diesem  Beispiele  zu  folg-en,  sich  in  seine  Wohnung  einscliliessen, 
oder  wie  der  Olieim  des  Labienus  auf  das  Capitol  gehen?  Wie 
würde  Labienus  selbst  gehandelt  Laben?  Gewiss,  wenn  sein 
Alter  es  ihm  erlaubt  hätte,  eben  so  wie  der,  welchen  er  jetzt 
anklagt ,  wie  <lie  Ersten  und  Besten  unter  den  Bürgern ,  welche 
er  in  ihm  anklagt,  wie  die  Consuln,  für  welche  kaum  eine  Strafe 
zu  erdenken  ist,  wenn  Rabirius  gekreuzigt  werden  soll,  da  er 
nur  ihre  Befehle  vollzog.  *)  Hat  man  Saturninus  Tersprochen, 
ihn  nicht  zu  tödten,  so  ist  dies  von  Marius,  nicht  von  Rabirins 
ausgegangen,  und  nicht  dieser,  sondern  der  Consul  ist  worlbrüchig 
geworden;  seine  Zusage  hatte  aber  auch  keine  Gültigkeit,  da  er 
oline   einen  Senats -Beschlnss  nicht  dazn  befugt  war.  °) 

Das  Volk  hörte  seine  grossen  Redner  und  forderte  um 
nichts  weniger  auch  jetzt  ein  Opfer  für  die  Verletzung  seiner 
Majestät;  vor  den  Eingebungen  des  Cäsar,  des  Catilina  und  ihrer 
Genossen  verschwanden  die  Zauber  der  Kunst;  zu  nahe  lagen 
ihm  die  Zeiten,  wo  Sulla  es  erniedrigt  und  der  Senat  insbesondre 
durch  den  Missbrauch  der  richterlichen  Gewalt  sich  gebrandmarkt 
Latte;  nicht  befestigen  wollte  es  das  Ansehn  des  Senats,  wie 
Cicero  ihm  zumuthete,  sondern  dessen  Willkühr  Schranken  setzen, 
das  kaum  wieder  erstandene  Tribunat  vor  neuer  Schmach  be- 
wahren, und  war  schon  im  Begriff,  das  Urtheil  der  Duumvira 
zu  bestätigen,  als  der  Prätor  Q.  Metellus  Celer  die  Verhandlungen 
dadurch  endigte,  dass  er  auf  dem  Janiculum  die  Rriegsfahne 
wegnahm.  '  °)  Man  sicherte  sich  durch  dieses  Zeichen  während 
der  Centuriat-Comilien  vor  einem  Ueberfall,  als  Rom  nur  nocjj 
ein  Stadtgebiet  besass,  und  behielt  auch  später  die  alte  Sitte  bei, 
weil  sie  es  den  ^Magistraten  erleichterte,  das  Marsfeld  zu  be- 
herrschen. ' ')  Es  verrieth  Furcht  und  Verzweiflung,  dass  man 
durch  einen  Gewaltsfreich  entschied;  das  Volk  war  erbittert,  und 
da  die  Drohimg  ihren  Zweck  erreicht  hatte,  so  wurde  die  Klage 
nicht  erneuert.  '  -) 


8)   8  — la         9)    10.  10)   Dio  37,  27.    2.  Th.  S,  26.         II)  Dio 

37,  28.    Liv.  39,  15.  12)   Uio  1.  c. 


XXI.     lULII.  (31.  §7.)  165 

Wenig  nützte  es,  auf  der  einen  Seite  zu  däminen ,  da  der 
Sliom  desto  gewisser  auf  vielen  anderen  hervorbrach.  Bei  ihrer 
•^iilenlosigkeit  gaben  die  Opliinateu  überall  Blossen;  sie  waren 
i; russtentheils  nach  den  Umständen  übermüthig  und  feig,  und  eben 
sü  verhasst  als  verachtet ;  sie  angreifen  hiess  sie  einschüchtern 
lind  der  Menge  einen  Dienst  erweisen.  Ihr  war  es  besonders 
erwünscht,  dass  C.  Piso,  Cos.  67  und  dann  Statthalter  im  narbo- 
iiensischen  Gallien  jetzt  wegen  Erpressungen  und  wegen  der 
Hinrichtung  eines  Transpadaners  angeklagt  wurde,  denn  stets 
hatte  er  sich  dem  Volke  feindlich  gezeigt.  Der  Process  war 
von  Cäsar,  als  Patron  der  Transpadaner,  in  der  That  aber  im 
eigenen  Interesse  veranlasst,  und  es  beunruhigte  ihn  nicht,  dass 
(  icero  den  Beklagten  vertheidigle  und  das  Gericht  ihn  frei- 
sprach. '  ^) 

Piso  sann  auf  Rache ,  und  wurde  bald  von  Q.  Lutatlus  Ca- 
tiihis  unterstützt.  Dieser  hatte  Cäsar  bereits  öffentlich  als  einen 
i'eind  der  Republik  bezeichnet,  '  *)  und  machte  nun  auch  persön- 
lich als  sein  Nebenbuhler  eine  schmerzliche  Erfahrung.  Beide 
Ijcwarben  sich  um  das  Amt  des  Oberpontifen ,  welches  kürzlich 
iliiich  den  Tod  des  Q.  Melellus  Pius  Cos.  80  erledigt  war,  '  *) 
niul  in  ihnen  traten  zugleich  die  Parteien  in  die  .Schranken,  so 
un-.s  mau  nach  dem  Erfolge  ihr  Ausehn  und  ihren  Ein/luss  er- 
messen konnte.  Cäsar  war  seit  dem  J.  74  Pontif.  "')  Er  legte 
j.i  sich  auf  die  priesterlichen  AVürden  einen  hohen  W^erlh;  • ') 
\\cun  man  ihm  jetzt  die  höchste  verlieh,  so  waren  die  mächtigsteu 
Hebel  des  Staats,  und  für  die  ganze  Lebenszeit,  '  *)  in  seiner 
Hand,  er  bewährte  sich  seinen  Anhängern  durch  einen  glänzenden 
.Sieg'  über  die  Optimalen,  und  konnte  fortan  den  Ueberwundenen 
desto  kühner  entgegen  gehen.  Deshalb  verschwendete  er  so 
grosse  Summen ,  dass  er  auch  in  dieser  Beziehung  seiner  Mntter 
-^^glti  ■  du  siehst  mich  als  Oberpontifen  oder  als  Flüchtling  wie- 
ilir,  "''')  und  noch  mehr  verpilichtele  er  sich  das  Volk  gerade  in 
dieser  Zeit,    wo    es    ihu  au  die  Spitze  der  Priester  stellen  sollte, 


13)    2.   Tii.   S.    95.    A.   37   u.   S.  612.  14)    Oben  §.  4.  A.  58. 

15)    2.  Th.  S.  43.  A,  S3.  10)   Oben  f.  2.  A.  20.  17)    Sie  v.cr.Ieu 

li  .iiiT   oncli  meistens  aiii  sciiieo  Bliin?.!.'«  genannt  oder  angeJeulet.     Bloicll. 
lii'  s.   Caes.   tab.    I  f.    Eckh.   6  in.     Ovid.  Fast.  3,  419.  IS)    Ai>pijn 

j,  746  in.  18;>)   riutarcli.  Caeä.  7.    Suei,  Caes.  13. 


1G6  XXI.    lULlI.         (31.  §.7.) 

durch  die  Anfüebnng  des  corneb'scLen  Gesetzes  über  deren  Wahl. 
Der  Oberpontif  erhielt  früher,  wenn  auch  nicht  von  Anfangs,  sein 
Amt  vom  Volke,  '  ^)  und  Cu.  Domitins  Ahenobarbus  dehnte  im 
J.  104  diese  Befug-niss  auch  auf  die  Walil  der  übrigen  Priester 
ans,  Jedoch  so,  dass  jedesmal  nur  17  Tribns  zu  den  Centuriat- 
Comitien  berufen  wurden.^")  Seit  dem  betreffenden  Gesetze 
Sullas  ergänzten  sich  die  Priester  -  Collegien  wieder  selbst,") 
und  er  entzog  dem  Volke  ohne  Zweifel  auch  die  Emennnngf 
des  Pontifex  Maximus ;  es  lag  im  Geiste  seiner  Verwaltung», 
und  der  Abschnitt  im  Ackergesetze  des  Knllas,  nach  welchem 
nur  17  Tribus  die  Decemvirn  wählen  sollten,  wie  sie  jenen 
Priester  wälilten,  —  so  lange  das  Gesetz  des  Domitins  galt  — 
deutet  nicht  auf  einen  damals  noch  bestehenden  Gebrauch.  *  ^) 
Durch  ein  Gesetz  des  Tribuns  T.  Atius  Labienus  wandte  Cäsat 
dem  Volke  das  Recht  wieder  zu,  die  Priester  zu  wählen,  ^^) 
und  zwar  sollten  zwei  im  Collegium  ihm  Candidaten  vorschlagen, 
unter  welchen  diejenigen  cooptirt  wurden,  für  welche  es  gestimmt 
hatte.  =*) 

Ausser  Catulus,  Cos.  78,  dem  Ersten  im  Senat,  für  dessen 
Hauptstütze  er  galt,  ^')  war  auch  Q.  Servilius  Isanricus,  Cos.  79, 
Cäsars  Mitbewerber,  welcher  einst  unter  seinen  Befehlen  gegen 
die  Seeräuber  focht.  ^  ^)  .Sie  kannten  seine  Stellung  zum  Volke, 
und  der  stolze  Catnlus  insbesondre  dachte  mit  Unruhe  an  die 
Gefahr  einer  Niederlage  durch  einen  Gegner,  über  welchen  er 
sich  durch  Alter,  Rang  und  Verdienste  weit  erhaben  fühlte; 
aber  es  gab  nach  seiner  Meinung  ein  unfehlbares  Mittel,  die 
Verlegenheit  zu  endigen;  Cäsar  hatte  .Schulden,  untilgbare  Schul- 
den; er  ei'suchte  ihn,  abzustehen  und  versprach  Geld.  Man 
wollte  ihm  wiederbringen,  was  er  wegwarf,  um  ein  Höheres  zu 
erreichen     und    veranlasste     durch    diese    Verblendung    und    das 


19)     Liv.    25,   S.     2.    Th.    493.    A.    66  n.  67.  20)    Domit.  Ahen. 

No.   4.  21)    2.    Th.    493.  22)    Oben  J.  5.   A.  81.    {.  6.   A.  46. 

23)    Die  37,  37.  24)   2  PhU.  2.   13,  5.    ad  Farn.  8,  14.   B.  GaU.  8,  SO. 

Hertens.  No.  7.  §.  S.  A.  32  f.     Nach  Cäsars  Tode  wnrde  das  Gesell  a.  44 
>on  M.  Aulonins  anfgehoLen.     1.  Th.    S.  117.   A.  90  f.  2S)   Dio  I.  e. 

Plnl.    Caes.    7.     Sallnst.    B.   C.   49.    Corl.     Vgl.    Cic.   in  Pison.  3.     Vellej. 
2 ,    43 :     Omiiiiim   confessione  senalns   princeps.  26)   Tlnt.   I.  c.    8net. 

Caes.  13.     Oben  J.  1  Tin. 


XXI.     lULH.  (31.^.7.)  107 

»LliinipUicLe  Geständliiss  der  Hoffiuingslosigkelt  die  Antwort:  er 
werde  nielir  borgen  und  nicht  abstehen.  ^'')  Am  U.März  uurde 
■  r  gewählt,-*)  und  er  erhielt  selbst  in  den  Tribus  der  beiden 
(Jonsulare  mehr  Sliinnieu  als  diese  überhaupt.  ^  ^)  Seitdem  wohnte 
er  nicht  mehr  im  väterlichen  Hause,  in  der  Gegend,  welche 
Subara  hiess ,  sondern  in  einem  öffentlichen  in  der  Leiligeu 
Strasse.  *") 

Bald  nachlier  wählte  ihn  das  Volk  auch  zum  Präfor.  ^ ' ) 
Aber  noch  immer  stand  er  fern  vom  Ziele;  er  musste  noch  mit 
dem  Ansehn  des  Pompejus  wuchern,  welcher  als  Freund  und 
\^  ohlthäter  der  Menge  von  Rom  gescliiedeu  war,  und  durch 
>.eine  Siege  und  Eroberungen  in  Asien  sich  selbst  übertraf.*^) 
Furcht  und  Missgunst  machten  die  Aristokratie  abgeneigt,  dem 
Abwesenden  zu  huldigen;  ^^)  Cäsar  dageg'en  wusste,  dass  dieser 
ihm  nicht  gefährlich  war,  so  lange  er  in  der  unnatürlichen  Ver- 
bindung mit  dem  Volke  beharrte,  und  dass  er  leicht  Flitter  für 
Oold  nahm ;  er  veranlasste  durch  die  Tribüne  Labienus  und 
T.  Ampius  Baibus  ein  Plebiscit,  nach  welchem  der  Consular  bei 
den  circensischen  Spielen  einen  Lorbearkranz  und  den  ganzen 
iriumphal- Schmuck,  und  bei  den  Bühuenspielen  den  Kranz  und 
^k'ich  den  IMagistrafen  die  Prätexta  tragen  sollte.  In  Catos 
Eiligen  wankte  die  Republik;  sie  wankte  allerdings,  aber  nicJit, 
\NciI  die  Eitelkeit  eines  Grossen  befriedigt,    sondern  weil  er  deu 


■11)    Flu«.    1.  c.  28)    OTid.  Fast.  3,  4lS.     VeUej.  2,  43  beachtet 

iliL'  Zeilfolge  iiiclit,  und  anch  Dio  37,  29.  37  spricht  ftüher  you  der  cati- 
tirniischen  VerschvTÜrniig ,  als  von  der  » ahl.  Vgl.  I'lnt.  Caes.  7  ii.  42. 
App.  2,  471.  Caes.  B.  C.  3,  83.  Siiet.  Caes.  13  u.  4G.  Gell.  5,  13. 
Lactant.    1,    6   n.    die    Münzen,    obea    A.    17.  29)    Suet.  I.  c.     Einer 

ähnlichen  Auszeichnnag  erfreute  sich  im  J.  212  F.  Crassns;  er  -wurde  früher 
Oherjiontif  als  Aedil,  obgleich  Consnlare  mit  ihm  warben,  Licinii  Crassi 
No.  19,  und  120  Jahre  hindurch,  einen  Fall  ausgenommen,  nur  solche  ge- 
wählt waren,  welche  curulische  Äemter  irerwaltet  halten.  Liv.  25,  5. 
M.  Antonius  war  (,)uäslor  gewesen,  als  das  Volk  ihn  a.  50  bei  der  l'ou- 
»ifen-AVahl  dem  Consular  Domitius  vorzog.  1.  Th.  S.  68,  wo  '/..  8  die 
Worte :  als  noch  das  CoUeginm  —  wählte,  zu  streichen  sind.  30;  Suet. 

46.  Fun.  19,  6  (I).  A'gl.  Dio  54,  27.  Harnarh  ist  Rio  43,  44  liii.  v.n 
orKlären.  31)     Snel.    14.    15.     riiil.   Caes.   «.     Cic.   23.     Calo   27.     Hio 

37,44.    Cic.  adAtt    2,  24.  §.  2.   12,  21.  32)  Oben  J.  4  in.  33)  Flut. 

Pomp.  43. 


1(58  XXI.     lULII.  (31.  §.8.) 

Regierenden  dadurch  noch  meLr  entfremdet  wurde ;  »eine  Einrede 
war  fruchtlos,^'')  und  in  Kurzem  beschloss  man  sogar,  Pompejas 
zum  Schutze  der  Bürger  gegen  seine  Partei  nach  Rom  zu  ent- 
bieten, *  ^) 

/■ 

§    8. 

(a.  63.)  Diess  wurde  durch  die  Unternehmungen  des 
Li.  Sergins  Catilina  befördert.  Die  wahren  Urheber  und  die 
Verzweigungen  der  Meuterei  blieben  lange  unbekannt,  und  um 
so  grösser  war  der  Schrecken  der  Nobilität.  Uniäugbar  er- 
warteten die  Meisten  Pompejus  an  der  Spitze  seines  Heers  und 
als  Alleinherrscher  wieder  zu  sehen ;  vielleicht  war  der  Gewaltige 
mit  den  Verschwornen  einverstanden.  Noch  weniger  durch- 
schaute man  Cäsars  Plan;  er  diente  der  Anarchie  und  der  Mo- 
narchie ;  suchte  er  auf  den  Trümmern  der  Republik  ein  Diadem, 
und  war  es  ihm  oder  Pompejus  bestimmt?  Nur  so  viel  schien 
unzweifelhaft,  dass  man  ihn  überall  vermuthen  durfte,  wo  sich 
eine  Bewegung  zeigte.  ^^)  Durch  den  Verrath  des  Q.  Curius 
und  der  Allobrogen  waren  Cicero  die  Geheimnisse  Catilinas  ent- 
deckt; Mehrere  wurden  verhaftet  und  in  den  Wohnungen  zu- 
verlässiger Bürger  bewacht;  nicht  ohne  Absicht  bewies  der  Consul 
dadurch  Cäsar  sein  Vertrauen,  dass  er  ihm  den  Ritter  L.  Statilius 
übergab,  ^')  und  O.  Catuhis  und  C.  Piso  konnten  ihn  nicht  dahiu 
bringen,  durch  die  Allobrogen  oder  durch  Andere  ihn  vielmehr 
auch  anklagen  zu  lassen;  er  schonte  den  Günstling  des  Pompejus 
und  des  Volks  der  eigenen  Sicherheit  wegen,  ^*)  und  jene  ver- 
breiteten nun  selbst,  die  Gallier  haben  nachtheilig  über  ihn  aus- 
gesagt. ^ «) 


34)    Veliej.  2,   40.     Dio  37,  21  fin.  35)    S.   nnlen  §.  9.  A.  3  f. 

36)    Oben   §.  4.   A.  41.  37)    Sallnst.  B.  C.  47.   Tgl.  c.  17.  ed.  Cort. 

Plut.  Cic.  19.  22.  Er  wurde  dadurch  geehrt  und  als  unschuldig  anerkannt, 
aber  auch  für  deu  Fall,  dass  er  schnldig  ■war,  in  eine  bedenkliche  Lage 
Tcrsetzt.  Wenn  er  den  Ritter  entkommen  liess,  so  hatte  man  einen  neuen 
Verdachtsgrund  gegen  ihn ;  treue  Bewachung  konnte  den  Gefangenen  oder 
dessen    Genossen    zur   Anzeige   bewegen.  38)    .Sali.  49.    l'lut.  Caes.  7. 

Oben  §.  7.  A.  13  f.  Plut.  Grass.  13  berichtet,  in  einer  Rede,  welche  erst 
nach  ilircm  Tode  erschien,  seien  Cäsar  und  Crassus  als  Mitschuldige  Cati- 
linas von  ihm  bezeichnet.     Ai)p.  2,  430  Cn.  39)   Sali.  I.  c. 


XXI.    lULII.  (31.  §.8.)         169 

Am  5.  December '")  berief  Cicero  den  Senat,  das  Schicksal 
der  Gefangenen  zu  entscheiden.  Jener  hatte  bei  der  Verthei- 
diyiing;  des  Rabirius  bewiesen,  dass  eine  Anklage  wegen  Per- 
duellion,  welche  die  Todesstrafe  bezwecke,  dem  Herkommen,  den 
.Sitten  und  dem  menschlichen  Gefühle  widerstrebe  und  der  Bla- 
jestäts-Process,  bei  welchem  freiwilL'ges  Exil  gestattet  war,  an 
ihre  Stelle  getreten  sei;")  er  vermeidet  auch  in  den  catilina- 
rischen  Reden  den  Ausdruck  perdnellis;  gleichwohl  sollte  jetzt 
nach  seiner  Absicht  ein  Todesurlheil  gesprochen  werden,*^)  und 
zwar  von  einem  ausserordentlichen  Gerichte,  dem  Senat.  *^)  Von 
der  Folge  der  Gutachten  war  schon  31.  Brutus  nicht  genau  unter- 
richtet; *'')  es  kann  daher  nicht  befremden,  dass  die  Schriftsteller 
Ulis  späterer  Zeit  in  ihren  Angaben  von  einander  abweichen. 
Kicht  31.  Cato,  wie  jener  glaubte,  sondern  Decimus  Junius  Si- 
lanns,  welcher  als  erwählter  C'onsul  zunächst  gefragt  wurde,  und 


40)  ad  Att.  2,  1.  5.  2.  Vgl.  1,  19.  §.  6.  10,  1  in.  p.  Flacco  40. 
41)  Oben  §.  7.  Ä.  94  n.  5.  2.  Tli.  S.  487.  A.  9.  Verr.  5,  66.  Facinns 
est,  Tinciri  civem  R. ;  scelus,  verberari:  prope  parricidium ,  necari:  quid 
tlicam  in  cnicem  tollere?  Verbo  satis  digno  tarn  nefaria  res  appellari  nullo 
modo    potest.  42)     Seine    Rechtfertignng   vrar    eine    Selbstanklage,     ia 

CatU.  1,  11:  Etenim,  si  mecum  patria  loqnatnr:  BI.  Tulli,  qnid  agis? 
Tiine  ennij  quem  esse  bostem  coraperisti  —  exire  patieris?  Könne  hnnc 
iiL  rincnla  dnci,  non  ad  mortem  rapi,  non  snnuno  supplicio  mactari  imperabis? 
(Jnid  tandem  impedit  fe?  Mosne  maiormn?  —  An  leges,  qnae  de  ciTiom 
R.  snpplicio  rogatae  sunt?    —   An  invidiam  posteritatis  times ?  43)  Waa 

ilndet,  dass  er  bei  Verschwörungen  und  Verräthereien  der  Ilaler,  ehe  diese 
das  römische  Bürgerrecht  erhielten,  ein  ausserordentliches  Gericht  einsetzte, 
l'olyb.  6,  13,  nnd  unter  Anderm  314  t.  Chr.  Mänins  zum  Dictator  ernennea 
liess,  um  Verschworne  in  Capna  zn  bestrafen.  Man  delinte  dann  die  Unter- 
snchnng  auch  auf  die  Römer  aus,  welche  beschuldigt  wurden,  zur  Beförde- 
rung ihrer  M^ahlen  A^erbindnngen  geschlossen  zn  haben ,  nnd  Alänius  be- 
hauptete, dass  die  Befugniss  dazn  in  seiner  dictatorischen  Alachtfiille  liege; 
da  aber  die  NoliUität  drohte,  ihn  selbst  wegen  jenes  Verbrechens  an- 
zulilagen,  so  legte  er  nieder,  nnd  erklärte  sich  bereit,  vor  den  Consnln  zn 
erscheinen ,  wenn  der  Senat  diese  zn  Richtern  ernenne ,  welches  geschah. 
Obgleich  die  N0bilit.1t  es  duldete,  so  war  doch  auch  diess  eine  Ausnahme. 
Cic.  de  leg.  3,  4;  De  capite  civis,  nisi  jier  luaximnm  coiuitiatum  —  ne 
fernnto.  p.  Rabir.  4:  C.  Gracchus  legem  tnlit,  ne  de  capite  civium  R. 
ininssn  vestro  iudicaretnr.     Vgl.  4.    Caiil.  S.    SallusL  B.  C.  51.  44)  ad 

Alt.  12,  21. 


170  XXI.    lULlI.         (31.  §.8.) 

so  «pracli,    wie   es  ihm  eingegeben  war,    sthninte  znerst  für  die 
äusserste  Strafe,  ")  aber  aiicL  Ciceros  Mittheiiiing ,  Alle  bis  auf 
Cäsar    seien    ibin    beigelreten, '"^)   ist    dabin  zu  bericLlig-en ,    dass 
schon  vor  diesem  Tiberiiis  Nero  darauf  antrug-,  die  Verschworneil 
bis    nach  C«tilinas  Besiegung    in  Haft  zu  halten ,    und  dann  eine 
genauere   Unfersuchnng    anzustellen.  *')      Dadurch    war    man    auf 
Cäsars  Rede   vorbereitet,    welche    sich    bei  Sallust   nicht    wörtlich 
aber  doch  nach  ihrem  wesentlichen  Inhalte  findet.     Für  ein  Ver- 
brechen wie  dieses  sei  keine  Strafe  zu  hart;    er  könne  darin  mit 
Silanus  und  mit  den  übrigen  ehrenwerthen  Männern  nur  gleicher 
Meinung  sein.     Man  möge  aber  wohl  bedenken,  ob  die  Strafe^ 
welche    sie    fü'r    angemessen    halten,    sich    mit  den  Einrichtimgen 
des  Staats  vereinigen  lasse;  sie  sei  nicht  die  gewöhnliche.     Wenn 
diess  Anstoss    gebe,    so   komme    noch    hinzu,   dass  der  Tod  auch  i 
nicht    für   die   äusserste  gelten  könne;    mit  ihm  endige  sich  jeder  1 
Schmerz,     jenseits   habe    man    weder    Freude    noch    Leid    zu    er.f 
warten.      Warum     will    man    also    die    Verbrecher    nicht    zuvor 
g-eisseln?      Silanus    schweigt   davon;  weil    das   porcische    Gesetz 
es  verbietet?     Aber  andere   Gesetze  verbieten,  einen  Bürger  zum 
Tode  zu  verurtheilen,  man  soll  ihm  gestatten,  sich  zn  verbannen ; 
ist   es    zu   billigen,    dass   man   sie    im  Geringem   beobachtet,   im 
Grössern  nicht?    Gegen  Hochverräther,  sagt  man,  ist  alles  erlaubt. 
Wohl,    eine   schonungslose  Strenge,  aber  keine  Willkiihr,  denn 
diese  bedroht   auch  Andere,   man  giebt  ein  gefährliches  Beispiel 
für  Zeiten,    wo    kein  Cicero  Consul   ist.     Damasippus  und  seine 
Genossen  hatten  ohne  Zweifel  den  Tod  verdient,    aber  mit  ihrer 
Ermordung   begann    ein  Blutbad,    welches    nicht  endigte,   bis  die 
Raubgier  aller  Sallaner   befriedigt   war.  '*)     Ehre   man   also  mit 
dem  porcischen  Gesetze  auch  die  übrigen,  worin  weise  Vorfahren 
den  Verurtheilten    das    Exil    vergönnten.     Doch    sollen    die    Blit- 
schuldigen  Catilinas  nicht  entlassen  werden ,  damit  sie  sein  Heer 
verstärken ;    man   ziehe    ihr  Vermögen   ein ,    und   schicke   sie  in 


45)    Cic.   CatU.   4,   4  f.    Sallnsl.    SO.   Sl.    Snet.   14.     Plnt.    Cic    20. 
Cato  22.    App.  2,  430.  46)  ad  Att.  1.  c.     So   min  auch  Plul.  Calo  I.  e. 

Caes.   7.    Cic    20.   Dio  37,  36.  47)  Sali.  ii.  App.  U.  cc.         48)  M'enn 

Cäsaf    diese  Worte    wirklich    sprarh  ,    wie  man  gLiiiben  darf,    so  lag  darin 
piue   ai(!0  Vcrhöhnnng  seiner  Zabürcr.     S.  2.  Th.  463.  A,  3.  467.  A.  284. 


XXI.     lüLIL  (31.  §.8.)  171 

Fesseln  ia  die  angesebensten  Sliiuicipien ;  wer  sie  entrinnen 
liisst,  sie  zu  befreien  unternimmt,  oder  auch  nur  in  der  Curie 
oder  bei  dem  Volke  eine  Älilderung  oder  Aufhebung'  der  Strafe 
beantrag-t,  der  werde  vom  Senat  als  Feind  der  Republik  ge* 
ächtet.  '») 

Gegen  Ca'sars  Gründe  war  nichts  einzuwenden,  als  dass  sie 
ihn  nicht  abgehalten  hatten ,  Kabirius  zu  verfolgen ,  welchen  er 
aber  nur  zum  Scheine  angriff.  Doch  bewirkte  vorzüglich  die 
Furcht,  dass  bei  der  fernem  Abstimmung  eine  immer  grössere 
Zahl  von  Senatoren  sich  anf  seine  Seite  neigte,  '")  sogar  Quintns 
Cicero,  -weil  sein  Brnder  durcli  ein  zu  hartes  Verfahren  sich  der 
Hache  bloss  gab.  ^')  Der  C'onsnl,  welcher  noch  im  J.  45  rüh- 
mend bekannte,  er  habe  gerichtet,  ehe  man  sich  berieth,  '*)  sah 
die  Versammlung  schwanken,  und  die  Opfer  seinen  Händen  ent- 
schlüpfen; er  nahm  das  Wort.  ^^)  Scheinbar  beleuchtete  er  un- 
parteiisch das  Gutachten  Cäsars  und  Silans ,  um  dem  Senat  das 
lirilieil  zu  erleichtern;'')  in  der  That  aber  forderte  er  Blut; 
CS  sollte  sein  Zengniss  besiegeln,  durch  ihn  sei  der  Staat  aus  der 
Iiüchsten  Gefahr  errettet,  beweisen,  dass  er  nicht  ohne  Ursach 
so  grosses  Aufsehn  gemacht,  so  viele  Familien  in  Trauer  und 
Verzweiflung  gestürzt  habe,'*)  und  ihn  zugleich  persönlich 
sichern."")  Eure  Blicke  sind  auf  mich  gerichtet,  Senatoren. 
Fürchtet  nicht  für  mich;  es  gilt  euch,  euren  Gattinnen,  euern 
Kindern,  unserm  Vaterlande.  Blan  ruft  die  AUobrogen  zu  den 
AT  äffen,  man  bietet  die  Sclaven  auf,  Calilina  wird  erscheinen, 
und  nach  dem  allgemeinen  Älorden  niemand  übrig  bleiben,  am 
Grabe  der  Republik  zu  weinen.")  Diess  ist  durch  die  Anzeigen 
bekannt,  die  Angeklagten  haben  es  gestanden,  und  ihr  habt 
ihnen   vielfach  das  ürtheil   gesprochen ,   als   ihr  euren  Dank  mir 


49)    SaUnst.  51.    Cic.  Catil.  4,  4.  5.    ad  Att.  12.  21.   VeUej.  2,  35. 
§.  3.  Sneton.  14.    FInt.  U.  cc.   App.  2,  430.  431.  Dio  37,  36.  50)  Snet. 

1.  c.    Plat.  Cato  22.  23.    App.  I.  c.   SaU.  52  in.  51)   Sueton.  1.  c.   Cic. 

Catil.  4,  2.  52)    ad  Alf.  I.  c.  53)    in  Catil.  4.    Plnt.  Cic.  21.  App. 

I,  431.  54)    c.   3:    Ego  institni  referre  ad  -vos,    tancjnam  integrnm,  el 

de  facto ,  quid  indicetis,  et  de  poena,  qnjd  censealis.  55)  6.  56)  in 

C;itil.   3,   12.     Ne    vobis    nocere   possent,     ego    providi;    ne    milü    noceänt, 
losimm  est  providere.  57)   Vgl.  I,  Th.  S.  168.  A.  100. 


172  XXI.    lULII  (31.  §.8.) 

bezeugtet,  als  iLr  Leutulus  die  Prätur  naliint ,  *")  und  die  Allo- 
brogen  beloLutet.  ^  ^)  Es  bedarf  nur  noch  eines  ausdrücklicLen 
Beschlusses.  Aber  eilt,  noch  vor  der  JVacLt  niuss  eutschiedea 
sein ,  denn  das  Uebel  hat  bereits  auch  die  Provinzen  ergriffen. 
Silan  stimmt  für  den  Tod ,  Cäsar  dagegen ;  jener  glaubt ,  dags 
Menschen  nicht  einen  Augenblick  länger  leben  dürfen,  welche 
das  römische  Volk  des  Lebens  berauben  wollen;  dieser  hält  den 
Tod  für  eine  Wohlthat,  und  ewige  Gefangenschaft  in  den  Mu- 
niciplen  für  ein  härteres  Loos.  Kann  man  fü'glich  den  Mu- 
nicipieu  eine  solche  Last  durch  einen  Befehl  aufbürden,  oder 
wird  eine  Bitte  Gehör  finden?  Doch  beschliesst.  Stets  ist 
Cäsar  ein  Freund  des  Volks  ge"wesen,  und  wenn  er  «seine  Ab- 
sicht erreicht,  so  Labe  auch  ich  von  jeuer  Seite  weniger  za 
fürchten.  Das  Heil  der  Republik  gilt  mir  indess  mehr.  Freilich 
Äich  Cäsars  Gutachten  verbürgt  seine  Liebe  zu  ihr;  er  weiss, 
was  er  seiner  Würde  schuldig  ist,  und  will  nicht  auf  Kosten 
der  Gerechtigkeit  durch  Älilde  Gunst  erhaschen.  Wird  man  es 
aber  Grausamkeit  nennen,  wenn  wir  SUanus  folgen?  Bei  def 
Bestrafung  eines  so  ungeheuren  Verbrechens  ist  sie  undenkbar; 
den  Staat  reiten,  heisst  wahrhaft  menschlich  und  milde  sein:  ich 
sehe  im  Geiste  die  Stadt  in  Flammen ,  sehe  auf  dem  Grabe  des 
Vaterlandes  die  Haufen  nicht  begrabener  Bürger,  erblicke  Cethegus 
schwelgend  im  Morden,  Lentulus  am  Ruder,  Catilina  im  Anzüge 
mit  seinem  Heere  ^'')  —  man  wird  unsre  Barmherzigkeit  preisen, 
wenn  wir  diess  abwenden ,  und  uns  der  grössten  Grausamkeit 
gegen  Vaterland  und  Mitbürger  beschuldigen,  wenn  v/lr  Nachsicht 
üben.  Oder  war  etwa  L.  Cäsar  g-rausam,  als  er  dem  Gemahle  seiner 
Schwester  das  Leben  absprach?  ^  ')  Aber  man  zweifelt,  ob  ich  den 
Beschluss  des  heutigen  Tages  werde  vollziehen  können.  Alles  ist  vor- 
gesehen ;  der  Markt,  die  Tempel  umher,  die  Zugänge  sind  mit  Älenschen 
jedes  Standes  und  jedes  Alters  besetzt,  denn  bis  auf  die,  welche 
am  Abgrunde  standen,  und  lieber  ganz  Rom  mit  sich  hinabreisscu 
als  allein  umkommen  wollten,  sind  Alle  von  Einem  Geiste,  vom 


68)   2.  Th.  532.  A.  28.  59)    An!   ähuliclie  Art   bewies  Cicci-o  ia 

den  l'hilippiken ,  dass  der  Senat  Antonius  tue  einen  Keichsluind  erklärt 
habe,  oligleicli  es  nicht  geschelien  -nar.  I.  Tli.  ISO.  A.  7.  228.  A.  .3.1. 
tiO)  SolfO  jiingere,  de  llamma,  de  ferro  —  nosti  i:>l«s  i.>jxv3nri  —  ad  Atl. 
I,   14.  Ol)    1*.  Lenliaiis  Sin«.     2.  Tl..  S29.    üben  ^o.  22  u.  24. 


XXI.    lULII.         (31.  §.8.)         173 

uli-iclien  Eifer  für  die  Republik  diircLJrtingen ,  die  Ritter,  die 
Scliatztribuiie,  die  Schreiber,  die  Freien  nnd  die  Freig-elassenen ; 
selbst  der  Sclav,  dessen  ScLicksal  erlräglicli  ist,  bebt  vor  der 
^'er\vcgenLeit  Jener  Bürger  zurück.  Fiirrlifet  daher  keine  Auf- 
reizung der  dürftigen  und  unerfahrnen  Bienge ;  der  Schutz  des 
Volks  ist  euch  gewiss,  an  eucli  ist  es,  das  \olk  zu  schützen; 
das  gemeinsame  Vaterland  streckt  euch  flehend  seine  Arme  ent- 
gegen,  es  ruft  euch  an,  seine  Bürger,  seine  Tempel  nnd  Altäre 
zu  erhalten,  euer  eigenes  Leben,  das  Leben  der  Eurigen  hängt 
von  dem  Beschlüsse  dieses  Tages  ab.  Den  ^Valiusinnigeu, 
Avelcher  einmal  als  Feind  seines  Vaterlandes  aufgetreten  ist, 
kann  man  Nveder  mit  Gewalt  zügeln  noch  durch  Wohlthaten 
gewinnen;  mit  ilim  führt  man  einen  ewigen  Krieg,  und  wir 
werden  überwinden,  wenn  wir  einig  sind.  AInth  also!  es  steht 
Alles,  Alles  auch  für  euch  auf  dem  .Spiele;  was  ilir  aber  be- 
schlicssen  werdet,  das  werde  ich  vollziehen  und  rertreten. 

Diess  ist  nicht  die  Sprache  des  ruhig  erwägenden  Richters; 
vom  Blutdurste  verblendet,  lässt  sich  der  Consul  nicht  einmal  de« 
Ausweg  offen ,  dass  eine  gewaltsame  Befreiung  der  Gefangene« 
zu  fürchten  sei,  denn  er  rühmt,  dass  sie  allein  stehen.  Seine 
Rede  machte  keinen  Eindruck;  sie  überzeugte  weder  noch  be- 
siegte sie  die  Scheu  vor  der  Rache  des  Volks.  Wenn  aber  ein 
Todesurtheil  für  den  Senat  gefährlich  war,  wie  viel  mehr  für 
.SUanus,  * ')  von  welchem  es  ausgieng;  er  wurde  bestürzt  und  deu- 
tete: die  „äusserste  Strafe",  aul -welche  er  angetragen  habe,  sei 
für  einen  Senator  Gefängnis«,  ei*  trete  Nero  bei.  Unter  den 
Folgenden  stimmte  Q.  Catulu^  fiir  den  Tod,^')  aber  nicht  ihm, 
dem  im  Dienste  der  Aristocratie  ergrauten  Consular,  sondern  erst 
M.  Cato  gelaug  das  blutige  Werk,  obgleich  er  nur  erwählter 
Tribun    war.  *')       Cicero    liess    seine    Rede    durch    Geschwind- 


62)  S.illnst.  SO.  Snet.  14.  rinl.  Cic.  21.  Cato  22.  Cicero  bezieht 
sich  in  seiner  Rede  nar  anf  Silans  erstes  Gntachten;  folglich  ■widerrief 
dieser  später;  Plntarch  Cic.  1.  c.  ist  der  Einzige,  welcher  diess  genau  und 
richtig  angiebt.  63)    Plnt.   Cie.  21.    Caes.  8.     Vgl.  Cic.  ad  Att.  12,  21. 

ü4)  Cic.  p.  Sext.  28.  Vellej.  2,  35.  I>ie  Beantwortung  der  Frage,  ob 
man  diese  Verschworenen  so  sehr  lU  fürchten  Uisach  hatte,  wie  Cicero  be- 
hanptet,  nnd  die  Rücksicht  auf  den  Staat  ihre  Ilinrichluug  forderte,  bleibt 
•inem  andern  Ort«  vorbebalien. 


174  XXI.     lüLlI  (31.  §.8.) 

scLreiber  aufzeicLnen,  und  Pliitarch  konnte  sie  noch  benutzen.*')  • 
Dennoch  hat  Sallust  eine  andere  entworfen,  worin  man  in  der 
Hauptsache  nichts  verniisst,  aber  doch  an  Sprache  und  Inhalt  deq 
Urheber  erkennt.  Er  übergeht  das  Lob ,  mit  welchem  Cato  des 
Consuls  gedachte,  weil  er  die  Verschwörung  entdeckt,  dem  Senat 
angezeigt,  diesen  ermuthigt  und  schon  vor  der  Abstimmung  das 
Urtheil  gefallt  habe ,  ^  '^)  wogegen  der  Consul  die  Freimüthigkeit 
des  Redners,  seine  edle  Todesverachtung  und  rücksichtslose  Liebe 
zum  Vaterlande  erhebt,  und  versichert,  die  Anerkennung  seiner 
Verdienste  und  der  deutliche  und  ausfiihrliche  Vortrag  habe  eben 
den  Senat  bewogen,  diess  Gutachten  bei  seinem  Beschlüsse  zum 
Grunde  zu  legen.  ^')  Indes»  bestätigt  Plutarch,  **)  dass  Cato 
nicht  bloss  auf  die  Todesstrafe  drang,  und  Silanns  wegen  seiner 
feigen  Unbeständigkeit  tadelte,  sondern  auch  Cäsar  za  verdächtigen 
suchte:  unter  dem  Scheine  des  Mitleidens  wolle  er  den  Senat 
einschüchtern  und  Rom  ins  Verderben  stürzen;  er  nehme  Men- 
schen in  Schutz ,  welche  niclit  ■werth  seien ,  dass  sie  geboren 
wurden ,  vertraue  sie  den  Älunicipien  an,  um  ihre  Befreiung  zu 
erleichtern,  und  könne  sich  Glück  wünschen,  dass  man  ihn  nicht 
selbst  zur  Rechenschaft  ziehe.  Cäsar  stand  auf,  sich  und  die 
Gerechtigkeit  seines  Antrags  zu  verlheidigen ,  -welches  einen 
Wortwechsel  zwischen  ihm  und  Cato  zur  Folge  hatte,  *')  aber 
nicht  verhindern  konute,  dass  durch  die  Mehrzahl  der  SlimmeB 
die  Todesstrafe  beschlossen  wurde.  '")  Als  er  sich  aus  der 
Versammlung  entfernte,'')  gerieth  er  Jurch  die  Ritter,  welche 
Cicero  nebst  anderen  Bewaffneten  auf  dem  capitohnischen  Hügel 
aufgestellt  halle, '^)  in  Lebensgefahr;  sie  drangen  vielleicht  auf 
Anstiften  des  Piso  und  Catulus,  wie  Sallust  andeutet,  mit  ent- 
blössten   Schwerdlcrn   auf  ihn  ein ,    ohne  jedoch  ihre  Absicht  zn 


65)   Cato  23,  66)   Cic.  ad  Atf.  n.  VeUej.  U.  cc.  67)    ail  Ä«. 

a.  p.  Sex.   U.  cc.  68)    Cato  23.     Vgl.  Caes.  8.    Cic.  21.   App.  2,  431. 

VeUej.  1.  c.    SaUost.  52.    Sueton.  14.  69)   .Suet.  1.  c.     Plnt.  Cato  24. 

70)  SaU.  53.  55.  Cic.  ad  Att.  12,  21.  Suet.,  VeUej.,  App.  11.  er.  Plnl. 
Cato   23  fiu.    Cic.  21.    Cacs.  8.    Die  37,  36.  71)  Egreüieiiti  es  senatu. 

SaU.  49  ün.     So  auch  riol.  Caes.  8.    Nicht  im  Senat,  Suet.  )14.  72)  Eine 

von  Cicero  als  höchst  Terdammlich  ge  chüdene  Massregel ,  wenn  Andere 
sie  sich  erlaubten.  I.  Tb.  192.  A.  IQ.  197.  A.  49  u.  50.  2.  Th  356. 
A.  49.    357.  A.  51. 


XXI.     lULII.  (31.  §.8.)  175 

rrreicLen,  weil  Curio  und  einige  Andere  ihn  mit  iLrer  Tog'a  be- 
deckten. Nach  einein  Gerüchte  wehrte  ihnen  auch  Cicero  selbst 
.1118  Furcht  vor  dem  Volke ,  welches  den  Mord  augenblicklieb 
Serächt  haben  würde.  '")  Seitdem  erschien  Cäsa»-  in  dea  übrigen 
Tagen  des  Jahrs  nicht  mehr  im  Senat.  '*) 

Seine  Verwendung  brachte  den  Gefangenen  keinen  Gewinn, 
desto  mehr  aber  ihm  selbst.  Wie  man  auch  über  diese  An- 
gelegenheit denken  mochte,  so  erkannte  man  doch  in  ihm  Avieder 
den  Gegner  der  Optimaten,  welche  am  meisten  gefährdet  und 
deshalb  auch  am  meisten  zur  Strenge  geneigt  waren ;  sein  Wider- 
stand schien  iiberdiess  durch  schone  menschliche  Gefühle  geheilig-t 
zu  sein,  neben  welchen  jedes  abweichende  Gutachten  als  Härto 
oder  Grausamkeit  sich  zeigte,  und  wenn  man  daran  zweifelte,  so 
verrieih  er  doch  keinen  Antheü  an  der  Schuld,  keine  Besorgniss, 
von  den  Angeklagten  als  Genosse  genannt  zu  werden,  denn  er 
verurlheilte  sie.  Das  Richteramt  des  Senats  aber  und  sein  Spruch 
konnten  in  Zukunft  Veranlassung  geben,  ihn  anzugreifen;  auch 
Cicero,  dessen  Beredtsamkeit  doch  immer  ein  mächtiger  Hebel 
für  die  Grossen  war,  musste  Anklagen  fürchten,  und  es  gelang 
vielleicht ,  ihn  durch  Drohungen  zum  Schweigen  zu  bringen, 
weun  nicht  eben,  wie  Jetzt,  die  Eitelkeit  über  die  Feigheit  siegte; 
seine  Wachen  auf  dem  Capitolin  entzogen  ihm  und  seinem  An- 
hange zum  voraus  das  Recht,  Beschwerde  zu  führen ,  wenn  man 
einen  dem  Senat  nachtheiligen,  und  ebenfalls  zur  Sache  der  Re- 
publik gestempelten  Antrag  auf  gleiche  Art  bevorwortete ,  und 
nun  liess  jener  sich  noch  durch  Cato  zu  einer  monatlichen  Ge- 
(raide- Spende  verleiten,  wodurch  nicht  nur  für  den  Staat  alle 
Jahr  nach  der  niedrigsten  Bestimmung  ein  Aufwand  von  5  Mil- 
lionen 500,000  Denaren  erwuchs,'^)  sondern  auch  die  Menge 
verwöhnt,  den  Unruhstiftern  der  Weg  gezeigt,  ihr  Verfahren 
gebilligt,  und  Furcht  und  Blisstranen  kund   gegeben  wurden. 

Cäsar;  rastloses  Anstreben  gegen  das  Bestehende  machte  es 
\  ielen  eben  so  glauL>}ich,  dass  er  zu  den  Verschwornen  gehörte, 


73)  Plnt.  1.  c.  Tgl.  Plnt.  Cic.  20  ßn.  u.  Cic.  p.  Sext.  12.  74)  &iet.  14. 

Es  ist  dnrchans  nicht  glaublich ,  dass  er  bald  uacli  jener  Sitzung  nochmals 
versuchte,  sich  toi  ihm  in  rechtfertigen.  Plnt.  Caes.  8.  Unten  §.  9.  A,  30. 
75)    Plui.  Caes.  8.     Im  Cato  26  wird  er  za   1250  Talenten  berechne«. 


176  XXI.    lULII.  (31.  §.8.) 

als  die  Optlmaten  einen  Feind  zn  vernichten  wiinsctten,  welcLer 
sie  wie'  ein  unsiclu barer  Kobold  unaiifliö'rlich  neckte.  Der  Scheia 
war  gegen  ihn.  Deuu  wer  hatte  mehr  als  er  die  Sullaner  bei 
dem  Genüsse  ihrer  Vorrechte  beunruhigt  und  sie  auf  jedem  Ab- 
wege za  finden  und  zu  züchtigen  gewnsst?  Eine  innere  Ent- 
rüstung über  das  Unrechr  oder  über  die  ungünstige  Lage  seiner 
anderen  Mitbürger  liess  sich  bei  ihm  nicht  voraussetzen ,  man 
suchte  daher  die  Ursach  in  dem  Verlangen  nach  einer  Umkehr, 
w^odurch  er  der  Erste ,  oder  doch  der  Erste  nach  Pompejos 
würde.  '  ^)  Seit  er  sein  Vermögen  aufgeopfert  hatte,  um  die 
Volksgunst  zu  erkaufen,  schien  ihm  nicht  einmal  die  Wahl  zn 
bleiben.  '  ^)  Man  vermuthete,  dass  er  schon  an  der  ersten  Ver- 
schwörung Catilinas  Theil  genommen  habe;  ^^)  wenn  es  bei  der 
zweiten  noch  irgend  einer  Ueberredung  bedurfte,  so  konnte  man 
durch  P.  Lentulus,  den  Gemahl  seiner  Vervsandtinn  Julia,'*) 
oder  durch  seinen  Freund  M.  Crassus,  von  dessen  Einverständ- 
nisse mit  Catilina  viel  gesprochen  wurde,  auf  ihn  wirken.  Und 
endlich  war  seine  Schntzrede  für  die  Gefangenen  nicht  anders 
zu  erklären,  als  dass  sie  befreit  und  die  gemeinschaftlich  ent- 
worfenen Pläne  dann  dennoch  ausgeführt  werden  sollten. 

Plutarch  mag  über  sein  Verhältniss  zu  ihnen  nicht  ent- 
scheiden, * ")  obgleich  er  nicht  daran  zweifelt,  dass  Cicero  ihn 
für  schuldig  kielt.  Auch  Appian  ist  der  Meiuung,  der  Consul 
Labe  nur  aus  Scheu  vor  dem  Volke  die  Untersuchung  nicht  auf 
ihn  ausgedehnt ,  '  ' )  wogegen  Sallnst  ihn  entschieden  freispricht. 
In  der  Geschichte  der  ersten  Verschwörung  nennt  er  selbst  seinen 
Namen  nicht,  ^^)  und  er  erklärt  Catulus  und  Piso,  welche  im 
J.  63  nachtheilige  Gerüchte  über  ihn  in  Umlauf  brachten,  für 
Verläunider.  ^  ^)  Diess  allein  wü'rde  nichts  beweisen,  da  er 
nicht  nur  die  Verfassung  und  die  Sitten,  wie  sie  durch  und  seit 
Sulla  sich  veränderten,  und  vorzüglich  die  Nobib'tät  sehr  ungünstig 
schildert,*')    und  daher  den  gefährlichsten  Feind  der  Opümateu 


76)  Cic.  CatiL  2,9:  Allernm  genns  est  eornm,  qni  qiiaraqnam  pre- 
mnntnr  aere  alieno,  doininationeni  tarnen  expectant:  rernm  poiiri  TOlinit: 
honores,  qaos  quicta  rep.  desperant,  pcrtnrbata  consequi  se  posse  arbi- 
trantur.      Tlat.    Calo.    22.  77)      Cic.    1.    c.      Sallnst.    B.    C.    49.     Cort. 

78)  Oben  §.4.  Ä.  41.  79)  Oben  A.  61.  80)  Caes.  7.  81)2,430. 

82)   2,  TU.  516.  A.  74  f.  83)    «,  C.  49.  84)    U,  38.  39. 


XXI.    lULII.  (31.  §.8.)  177 

zn  scLonen  geneigt  sein  konnle,  sondern  auclx  gegen  den  nacL- 
nialigeu  Dictafor  grosse  VerpilicLdiiigen  Latte,*')  es  kotninea 
aber  noch  andere  Gründe  Iiiuzii.  Cäsar  förderten  die  MissbräiicLe 
iiu  Staate,  weil  sie  zur  Mouarclile  führten.  Er  lenkte  die  Auf- 
merksamkeit daraufhin,  dass  die  Regierenden  eine  Facfion  von 
Bevorrechteten  bildeten,  welche  mit  den  Wörtern  Vaterland  und 
Republik  ein  schnödes  Spiel  trieben,  und  suchte  sie  allmalig  zu 
entwaffnen.  Durch  die  Anklage  des  Rabirius  hatte  er  es  ihnen 
verleidet,  die  Verantwortlichkeit  der  Consulu  aufzuheben,  jedes 
Büttel,  wodurch  eine  Meuterei  unterdrückt  werden  konnte,  zn 
ihrer  Verfügung  zu  stellen,  und  jetzt  erklärte  er,  ein  Senator  in 
iler  Blitle  des  Senats,  dieser  dürfe  keinem  Bürger  das  Leben 
absprechen ,  die  Hinrichtung  der  Gefangenen  werde  Mord  sein, 
was  sie  auch  verbrochen  haben,  ein  für  alle  Römer  gefährliches 
Beispiel ,  da  die  anmasslicLeu  Richter  sich  leicht  auch  anmassen 
können,  eine  ihnen  missfällige,  nicht  strafbare  Handlung  als  Hoch- 
verralh  zn  bezeichnen,  und  dann  zu  verdammen.  Der  Redner 
wollte  also  sich  und  seine  Weikzeuge  für  die  Zukunft  sichern, 
und  man  vernahm  den  AYiederhall  seiner  furchtbaren  AVorte,  so 
oft  der  Senat  oder  Cicero  angegriffen  wurden.  "■  ^)  Aber  der 
Boden  würde  unter  seinen  Füssen  gewchen ,  sein  Ziel ,  das 
Diadem  ihm  entrückt  sein,  wenn  das  Staatsgebäiide  zertrümmert 
wäre.  ''')  Sein  Plan  war  auf  ein  langsames  Reifen  nnd  Gedeihen 
berechnet,  und  hatte  mit  der  Verzweiflung,  mit  ihren  Absichten 
und  Bütteln  nichts  gemein ;  sie  mochte  den  Schaden  der  Gesell- 
schaft enthüllen,  das  Mis.svergnügen  und  die  Sehnsucht  nähren, 
liier  schrecken  und  dort  ermuthigen ,  dann  aber  sollte  sie  sich 
unter  ihrem  eigenen  Werke  begraben.  Selbst  wenn  er  einen 
solchen  Ausgang  nicht  hätte  wünschen  müssen,  war  er  zu  klug, 
um  sich  in  eine  Verbindung  einzulassen,  deren  Entdeckung  ihn 
seinen  lauernden  Feinden  als  Verbrecher  überliefert  hüben 
würde.  *  *)      So    findet    sich    denn    auch   nicht   Eine    Spur   einer 


85)   Dio  43,  9.    App.  2,  490.   B.  Afiic.  97.  86)   2.  Th.  29.  A.  60. 

30.   A.  64  f.    243.   A.  49.     257.  A.  78.           87)  Cic.    C^ail.    2,    9.     Noii 
\ifleiit,    id  se  cupere,  qiiod  si  ailepti  fueriiit,  fugiiivo  .nliciii,  aiil  gladialori 

coüceili   Sit   necesse .'     1.    Tli.    534.           88j   .Sein  >■%  ablspiuch   war   uiclil: 

inceniluim   siiiiin    riiiua  resliiigaei'O ,    SaUiist.   IS.   C.  31,    oder:    evcrso  iuvat 
orbe  iiiori.     Claudia»,  in  Ruiin.  Ijb,  2.  y.   19. 

Druni.'iiin  ,    (io.srhiiTlitc  UoiiiR  III.  ^9 


178  XXI.    lULII.         (3i.§.y.) 

vertraulicheu  Aiuui]ieriiii^  zwischen  ihm  und  Catiüna;  mau  wollte 
falsche  Zeugen  aufstellen,  um  ihn  zu  überführen,  und  dadurch, 
dass  er  weder  Richter  noch  Gerichtete  fürchten  durfte,  stand  er 
über  Beiden;  das  Siegesgeschrei  der  Ersten,  der  Weihranch,  mit 
welchem  Cicero  sich  berauschte  und  das  stoische  Wortgepränge 
des  Cato  irrte  ihn  nicht:  dass  .lan  nur  gegen  ein  Zeichen  der 
Krankheit  gekämpft  hatte,  wnsste  er  am  Besten,  nnd  nicht 
weniger,  dass  man  das  einzige  Mittel,  wodurch  sie  geheilt  werden 
konnte,  die  Verbesserung  der  Gesinnungen  und  der  Sitten,  eine 
Rückkehr  zu  der  Zeit,  wo  ein  achtungswerther  Senat  nnd  ge- 
wissenhafte Magistrate  über  die  Wohlfahrt  der  Republik  wachten, 
auch  nicht  einmal  versuchen  werde. 

§    9. 

Im  J.  62  Tcrwaltete  er  die  Prätiir,  '^)  und  mit  ihm  M.  Bi- 
bulus,  früher  sein  College  in  der  Aedililät  und  seitdem  nicht 
bloss  als  Optimat  gegen  ihn  erbittert.  ^°)  Cäsar  war  ihm  und 
den  anderen  Feinden  ohnerachtet  seiner  Rückzüge  und  Umwege 
immer  vor;  er  verlor  keine  Zeit  mit  RathpDegen  und  falschen 
Schritten,  weil  er  allein  im  Rathe  sass,  nnd  sein  Ziel  und  die 
Mittel,  welche  dahin  führen  konnten,  von  Anfang  deutlich  er- 
kannte. Diess  sicherte  ihm  alle  Vortheile  des  Angriffs ,  es  war 
die  Taktik  eines  grossen  Feldherrn.  Vorerst  beschränkte  er  sich 
noch  auf  den  kleinen  Krieg;  in  den  Tagen  der  Entscheidung 
sollte  es  sich  belohnen,  dass  er  die  Gegner  getäuscht,  in  un- 
günstige Stellungen  gelockt  und  ermüdet  hatte.  Aber  immer 
ernstlicher  wurde  der  Kampf  und  immer  mehr  erschöpfte  die 
Aristocrafie  ihre  Kräfte,  da  sie  jetzt  schon  nicht  bloss  zu  den 
äussersten  Massregeln  ihre  Zuflucht  nahm,  sondern  auch  zu  gesetz- 
widrigen und  verkehrten.  Freilich  sah  sie  sich  von  allen  Seiten 
gedrängt.  Pompejus  hatte  Italien  als  Beschützer  des  Volks  ver- 
lassen, und  es  war  ungewiss,  ob  er  nicht  auch  ferner  „  den  neuen 
Freunden"  den  Vorzug  geben,  das  Strafgericht  des  vorigen  Jahrs 
verdammen  und  es  benutzen  werde,  über  Rom  statt  über  Mithridat 
zu  triumphiren.  Sein  Schreiben  an  den  Senat  ohne  einen  Glück- 
wunsch  für  ihn    und    für  Cicero    schien    eine  üble  Vorbedeutung 

89)   Oben  §.  7.  A.  31.  90)   2.   Th.  S.  98  n.  oben  f.  4.  A.  40. 


XXI.    lULII.  31.  §9.)  179 

zu  sein,")  lind  noch  lebte  Cafilina,  er  Latte  eiu  Heer,  die  Unter- 
siicLung'  dauerte  fort  und  konnte  seine  Reiben  verstärken. 

In  dieser  Zeil,  am  1.  Januar,  schlenderte  Cäsar  einen  nenen 
Brand  unter  die  Blasse.  Er  entband  sich  von  der  Pflicht,  die  Con- 
siiln  zu  begrüssen  und  sie  zu  der  üblichen  Feier  auf  das  C'apitol  zu 
begleiten,  iiud  trag  indess  in  Abwesenheit  seiner  Standesgenossen 
bei  dem  Volke  darauf  an,  dass  nicht  Q.  Calulus,  -v^'elcher  einen 
i'Leil  des  zum  Bau  bestimmten  Geldes  unterg-eschlagen  und  diesen 
nicht  beendig-t  habe,  sondern  Pompeins  das  Capitol  vö'Uig  her- 
slellen  und  weihen,  und  er  statt  jenes  Andern  in  der  Inschrift 
nra  Gebäude  genannt  werden  solle.  *')  Sulla  hatte  nach  der 
Zerstörung-  des  Tempels  im  Juli  83  den  Bau  fast  nur  anordnen 
können,  ^^)  mit  welchem  dann  C'atulns  beauftragt  wurde.  Er 
veranlasste  selbst  die  Provinzen  und  Bundesgenossen,  Statuen, 
Gemälde  und  kostbares  Geräth  zur  Verzierung  zu  schicken,  ^  *) 
imd  that  ohne  Zweifel  auch  übrigens,  was  möglich  war,  damit 
das  Werk  eJs  „sein  Monument"  betrachtet")  und  sein  Name 
mit  Recht  daran  eingegraben  werden  konnte.  Die  Einweihung' 
erfolgte  durch  ihn  im  J.  69.  ^  ^)  Da  er  früher  im  Privatleben 
und  noch  bei  diesem  Feste  grossen  Aufwand  gemacht  hatfej  * ') 
und  auch  wohl  an  einem  so  bedeutenden  Gebäude  noch  immer 
Manches  vermisst  wurde,  ^')  so  mochte  die  verwegene  Anklage 
einigen  Glauben  finden.  Auf  die  Nachricht  von  der  argen  Be- 
schimpfung des  Ersten  unter  den  Senatoren  '^)  eilten  die  Opti- 
maten  bestürzt  und  ergrimmt  aus  dem  Gefolge  der  Consuln  auf 
den  Markt;  er  selbst  vertheidigte  sich,  obgleich  nicht  von  der 
Rednerbühne,  weil  der  Prätor  ihm  dag  Wort  nicht  gab,  "">)  und 
mit  diesem  Auftritte  endigte  sich  der  .Streit,  der  Name  des  An- 
gefeindeleu glänzte  am  Capitol,  bis  es  unter  Vitellius  von  neuem 
niederbrannte.  ') 


91)     ad    Fam.   5,    7.    Dio    37,    44.  92)     Sueton.    15.     Dio   1.   c. 

93)     2.    Th.    460.    A.   89.      497.    A.    5.  94)     Cic.    Verr.    4,    28.    29. 

95)    Das.    c.   31.    38.  96)    Liv.  98.     Taci«.  HIst.   3,  71.   72.     Val.  M. 

6,  9.  {.  5.  riin.  19,  6  (1).  Suet.  Caes.  15  n.  Octav.  94.  Dio  37,  44. 
43,  14.  Plat.  Poplic.  15.  Griiter.  p.  170.  No.  6.  OreU.  Inscr.  No.  31. 
97)   Plin.  I.   c.    Val.  M.  1.  c.  n.  2,  4.  J.  6.  98)  Dio  37,  44.  99)  Cie. 

in  Pison.  3.  100)     Cic.    ad  Att.    2,  24.    §.   2.  1)    So   Taci«.    Hist. 

3,  72.   Val.  M.  6,  9.  {.  5.     Vgl.  Suet.  Vilell.  15,  wodurch  Dios  Nachrickt 

12* 


180  XXI.    lULII.  (31.  §.9.) 

In  seinem  Adlerfliige  warf  Cäsar  zwar  Alles  zu  Boden, 
was  seine  Bahn  durcLkreiizle ,  aber  nicht  im  Zorn'  oder  ans 
RacLgier;  sein  Ehrgeiz  zeigte  sich  duklsam,  so  fern  er  den 
Widerstand  verzieh.  Ohne  die  sittliche  Kraft,  sich  das  Höchste 
zu  versagen ,  an  welches  das  Bewusstsein  seiner  Ueberlegenheit 
«nd  jeder  Pulsschlag  seines  Lebens  mahnte,  war  er  zu  gross, 
um  zu  hassen;  er  hasste  weder  die  Nobilität,  da  er  es  in  der 
Ordnung  fand,  dass  sie  sich  vertheidigte,  noch  den  Einzelnen  i.t 
ihr,  etwa  Catulus,  so  oft  ihm  dieser  auch  entgegen  trat.  ^)  Mit 
seinem  Unternehmen  schmeichelte  er  der  Eitelkeit  des  Pompejus, 
welcher  von  seiner  Höhe  herab  einen  Tribut  unwandelbarer 
Treue  darin  erblickte.  Blau  konnte  voraussehen  ,  dass  der  .Senat 
es  vereiteln ,  seinen  Beschluss  gerade  gegen  Cäsar  am  hart- 
näckigsten aufrecht  erhalten,  und  den  Imperator,  welcher  Hul- 
digungen, unter  allen  Umständen  Huldigungen  forderte,  dadurcl» 
beleidigen  werde,  und  diess  war  die  Absicht,  die  fernere  Tren- 
nung- feindlicher  Mächte. 

Bald  nachher  ^vurde  der  Senat  gezwungen,  sich  noch  be- 
stimmter gegen  Pompejus  auszusprechen,  Q.  MeteUus  Nepos  war 
aus  dessen  Lagern  angelangt,  wie  man  glaubte,  als  Vorläufer  des 
künftigen  Königs,  nud  Tribun  geworden.  ^)  Die  Erbillerung-, 
mit  welcher  er  ölfentlich  Ciceros  Verfahi-en  gegen  die  Mit- 
schuldigen des  Catilina  rügte,  bestärkte  die  Opfiinalen  in  ihrem 
Argwohne,  und  sie  wünschten  iich  Glück,  dass  M.  Cato  sich 
ihm  als  College  zugesellte,  um  ihn  zu  zügeln,  und  auf  die  Hülfe 
eines  andern  Tribuns,  des  Q.  Minucins  Thermns,  rechnen  konnte. 
Aber  auch  Metellus  stand  nicht  allein;  die  Freunde  der  Ver- 
urtheillen ,  alle  Anhänger  des  Pompejus  und  Cäsar  waren  für 
ihn ,  und  dieser  wurde  sein  Vertrauter.  Von  ihm  geleilet  und 
ermuthigt  machte  er  den  Entwurf  zu  einem  Gesetze  bekannt, 
nach  welchem  Pompejus  mit  dem  Heere  zurückkommen  sollte, 
«ni  zu  verhindern,  dass  Bürger  ohne  Urlheil  und  Recht  getödlet 
würden.  Was  man  als  einen  Gewallsireich  gefürchtet  halle,  das 
verwandelte    sich   in    dieser   Kogation    in    eine  Piiicht   gegen    das 


I 


Tfidprlpgt  Tvird,  (43,  14)  <lor  Senat  halic  n.  46  \crfi'igt,  den  Namen  Ciisars 
für  (liMi  des  Catiiliis  in  dio  Inschrift  zu  setzen.  Unten  ^.  (iO.  A.  92. 
2)  Oben  §.  4.  A.  58.   §.  7.  A,  14.   §.  8.  A.  38.  3)   2.  TIi.  S.  2». 


I 


XXI.    lULII.  (31.  §.9.)  181 

Vulerlaiid,  in  Gehorsam  gegeu  das  Geselz,  Cicero  und  Catiliua 
>  L-ilauscli(eu  iure  Rollen ;  der  C'onsular  und  sein  Senat  erscLienen 
;ils  eine  blufdiirslij;'e  Hotte,  gegen  v,:elclie  man  die  bewalfnete 
jMacLt  aufbieten  müsse,  and  wenn  sie  sich  mit  Glück  vertheidig- 
Icn,  so  verfielen  sie  eben  dadurch  der  KucJie  des  Pompejus.  Diess 
i;rilf  zu  lief  in  C'äsars  Plane  ein,  imd  war  zu  schlau  ersonnen, 
cils  dass  es  vou  Metellus  ausgehen  konnte.  lüben  desshalb  zog' 
Cicero  sich  zurück ;  er  halte  den  Ruhm  Iiinweg,  mochte  der  Senat 
weiter  sehen,  dessen  Deschluss  ja  nur  von  ihm  ausgeführt  wurde; 
es  ist  selbst  zweifelhaft,  ob  er  C'ato  auf  den  JMarkt  begleitete, 
denn  „wir  Alle  fürchteten  für  das  Leben  des  Blannes"  "*)  kann 
nach  ähnlichen  Aeusseruugen  in  Fällen,  wo  er  entschieden  nicht 
uegenwärtig  war,  auch  nur  Leissen,  die  Gutgesinnten  fürchteten. 
Er  hatte  schon  versucht,  sica  mit  Metellus  zu  einigen,  war  aber  ab- 
^L'wiesen,  ')  und  erwähnte  noch  a.  56  de.sseu  Unternehmungen  im 
Tribuuat  mit  Schonung,  um  Cäsar  und  Pompejus  nicht  zu  verletzen.  ^) 

Solche  Rücksichten  kannte  C'ato  nicht;  er  schien  vielmehr 
iKn  Antrag  des  IMetellus  durch  neue  Gewaltlhätigkeiten  recht- 
l'-rtigen  zu  wollen.  Anfangs  bat  er  ihn  zwar  im  .Senat  mit 
grosser  Blässigung,  dass  er  sein  Vorhaben  aufgeben  uu^sich 
^eines  durch  Eifer  für  die  Aristocratie  ausgezeichneten  Geschlechts 
\\ürdig  zeigen  möge,  als  diess  aber  für  Furcht  galt,  und  die  Er- 
klärung veranlasste,  mau  werde  auch  gegen  den  Willen  des 
Senats  durchdringen,  verbürgte  er  sich  feierlich:  so  lauge  Er 
lebe,  nie. 

Bletellus  berief  demnach  das  Volk,  und  besetzte  vor  Aubrncli 
des  Tages  den  JMarkt.  Seinen  Gegner  hatten  die  Warnungeu 
der  Freunde  und  die  Thräneu  seiner  Familie  so  wenig  berührt, 
dass  jMinucius  ihn  aus  dem  Sclüiife  wecken  musste.  Blit  einem 
kleinen  Gefolge  verliess  er  sein  Haus ;  man  kam  ihm  vom  Blai-kte 
entgegen,  und  meldete,  was  er  zu  erwarten  habe;  er  aber  gieng 
weiter,  und  erblickte  ^oldateu,  Fechter  und  andere  Sclaven  am 
Tempel  des  Caslor,  und  auf  dessen  obersten  Stufen  Äletcllus  und 
Cäsar.     „Ein  Heer  gegen  Einen!"    mit    diesen  Worten  stieg  er 


4)   p.  Scxl.  29.  5)    a.t  Farn.  6,  2.  {.  4.     2.  Th.  S.  30.  6)   p. 

Sext.  I.   c  :    Adüt  (Cato)  ob  causam ;    qiiae  quauta  {ueril ,    iani  mihi  dicer« 
iioii  fi»  uecesbc. 


182  XXI.    ILLIl.         (3i.§.  ö.) 

hinauf,  uud  nahm  »einen  Sitz  zwischen  ihnen,  Berathong^en  zn 
Terhindern.  Voll  Bewunderung  sahen  es  die  Seiuig'en ,  und  ein 
Freudeng-eschrei  verkündigte  ihm  ihre  schützende  Nähe.  Nun 
hatte  Cäsar  ein  ergötzliches  Schauspiel.  Melellus  gebot  einem 
öffentlichen  Diener,  die  Rogation  zu  verlesen,  uud  Cato  gestattete 
es  nicht;  er  versuchte  es  selbst,  Cato  entriss  ihm  die  Schrift;  er 
wollte  den  Inhalt  aus  dem  Gedächtnisse  vortragen,  und  Alinacius 
verschloss  ihm  den  Mund.  ')  Auf  einen  Wink  brach  jetzt  seine 
Bande  hervor;  die  Optimalen  wurden  nebst  ihren  Anhängern 
mit  Knitteln,  Steinen  und  Schwerdtern  vertrieben,  und  zuletzt 
auch  Cato,  welchen  der  Consul  Blurena  mit  der  Toga  bedeckte 
tmd  im  Tempel  des  Castor  barg,  obgleich  jener  vor  kurzem  als 
Mitankläger  gegen  ihn  aufgetreten  war.  ')  Sie  kamen  aber  vor 
beendigter  Abstimmung  mit  verstärkter  Macht  zurück ,  und  nun 
mussten  nach  neuem  Handgemenge  die  Anderen  die  Flucht  er- 
greifen ,  worauf  Cato  den  Kampfgenossen  im  Namen  der  Re- 
publik seinen  Dank  bezeugte.  Auf  eine  gesetzwidrige  Art  hatte 
er  die  Verhandlungen  eines  Tribuns  mit  dem  Volke  unterbrochen ; 
gleichwohl  erhielt  er  den  Beifall  des  Senats,  welcher  noch  an 
demselben  Tage  sich  versammelte,  Trauer  anlegte,  eine  Mum- 
merei, wodurch  man  die  äusserste  Gefahr  des  Staats  bezeichnen 
wollte,  wie  durch  den  Beschluss,  die  Consuln  haben  über  dessen 
Sicherheit  zu  wachen ,  und  Metellns  und  Cäsar  ihre  Aemter 
nahm.  ')  Jener  eröffnete  dem  Volke,  er  weiche  der  Gewalt 
und  gehe  zu  Ponipejus;  der  Proconsul  werde  sich  und  ihn  zu 
rächen  wissen ;  dann  reis'te  er  ab.  ' ") 

Nicht   eiumal    der   Unverletzliche   war    sicher    in  Rom;    wer 
mochte  noch  zweifeln,  dass  es  des  Heers  bedürfe,  um  die  Bürger 


7)    Vgl.    2.  Tli.  612.  A.  SS  n.  Plut.  Tib.  Gracch.   10.    App.  1,  356. 

8)  Plut.    Cato    21.    28.    Hortensü    No.  7.    J.  4.  A.  95.     Vgl.    Dio  38,  6. 

9)  Nach  Plut.  Cato  29  hatte  man  nur  die  Abskht,  auch  Melellus  abzusetzen,  ■ 
welches  auf  Cafos  Fürwort  unterblieb;  dieser  fühlte  vrohl  vrenig  Beruf,  " 
sich  für  ihn  zu  verwenden ,  und  wie  konnte  man  den  Urheber  des  Streits 
veischonen,  wenn  der  minder  Schuldige  besliaft  wurde?  Suet.  16,  Dar- 
nach ist  2.  Th.  31.  A.  67  zu  berichtigen.  10)  Plut.  Cato  26  —  2') 
erzählt  am  ansführlichsten ,  aber  verworren;  eine  seltsame  Rolle  spielt  bei 
ihm  das  Volk,  weil  er  mit  diesem  Namen  beide  Parteien  bezeichnet. 
<>ic.  23.    l»io  37,  43.    Cic.  p.  Sext.  29.    Suet.   16. 


XXI.    lüLlJ.         ^öi.§.  9.)  183 

z(i  bescLützen  ?  So  eutiloLen  im  J.  49  ebenfalls  auf  Ausliften 
Cüsars  die  Tribüne  Antonius  und  Cassius,  und  der  Hiilferuf  dieser 
j,eLeiIigten  Personen  ftihrte  ihn  nacL  Rom.  ' ')  Er  wagte  nichts; 
l'ompejus  Latte  eine  zu  grosse  Scheu  vor  der  öffentlichen  Mei- 
nung, um  anders  als  auf  einem  scheinbar  durchaus  gesetzliche^ 
\Vege  das  Ungesetzliche  zu  thun,  und  eine  Eänigung  zwischen 
ihm  und  dem  Senat,  welcher  sein  £inverständniss  mit  den  JMeu- 
lerern  nicht  bezweifelte  und  seiner  Seits  ihn  durch  die  Ver- 
eitelung des  Unternehmens  beleidigte^  war  nun  so  leicht  nicht 
zu  fürchten.  Nie  aber  konnte  der  grosse  Feldherr,  klein  und 
schwach,  wenn  er  nicht  im  Felde  stand,  eine  Stütze  entbehren, 
lind  da  die  Optimalen  mit  feindlicher  Gesinnung  sich  ihm  ver- 
sjgten,  so  bot  sich  wieder  Cäsar  dar,  der  kühne,  nnemiüdliche 
Kämpfer,  welchen  jene  auch  verfolgten,  seinetwegen  Terfolgten, 
iiud  das  Volk  so  hoch  hielt.  Das  Letzte  musste  jetzt  noch  auf 
eine  augenfällige  Art  bewiesen  und  der  Senat  bis  zum  Staube 
irebeugt  werden ,  damit  Pompejus  im  Glänze  seiner  Siege  doch 
nur  auf  gleiche  Bediuguugen  den  Freundschafls- Bund  erneuern 
konnte.  Die  Prälur  verdankte  Cäsar  dem  Volke,  und  es  Lalle 
'seiD  Geschenk  nicht  zurückgenommen;  er  fulir  daher  fort,  Recht 
zn  sprechen,  bis  man  sich  anschickte,  ihn  mit  Gewalt  vom  Tri- 
bunale zu  entfernen :  da  gab  es  einen  Auftritt ,  und  so  sollte  es 
«ein;  in  äusserster  Eile  entliess  er  seine  Lictoreu,  er  warf  die 
Prätexta  von  sich,  um  nicht  erkannt  zn  werden,  und  schlich  in 
»ein  Haus.  Welch  ein  Zustand,  ein  Tribun  flüchtet  in  die  Lager, 
und  ein  Prätor  verbirgt  sich  vor  dem  Senat !  es  empörte  die 
Menge,  und  machte  es  ihr  um  so  fühlbarer,  wie  viel  dieser 
Piätor  ihr  war,  und  warum  er  litt;  sie  strömte  nach  seiner 
SV  ohnung  und  beschwur  ihn,  über  ihre  Arme  zu  verfügen.  ]Mit 
verzagtem  Herzen  versammelten  sich  auch  die  Senatoren,  und 
harrten  der  Dinge,  als  die  freudige  Botschaft  sie  überraschte, 
der  Arge  habe  das  Volk  beschwichtigt;  man  athmete  wieder, 
die  Angesehensten  giengen  ab,  dem  Ketter  zu  danken  und  iu 
die  Curie  einzuladen,  wo  er  mit  Lobeserhebungen  empfangen 
und  wieder  in  sein  Amt  eingesetzt  wurde.  '  ') 

Bei   seinem  Bestreben,    Pompcjns  and  die  Optimaten  immer 


11)    S.  aiitcn  u.    1.   Tli.  49.  12)    Säet.  I.  c. 


184  XXI.    rULn.         (31.  §.9.) 


\ 


nieLr  zu  entzweien,  begünstigte  ihn  der  Streit  zwiscLen  tiem 
Proconsiil  und  Q.  Metellus,  welcher  nacli  der  Eroberung  Gretas 
■im  J.  CG  \Yieder  vor  Rom  er^cLien,  und  erst  jetzt,  gegen  Ende 
fles  Mai  triumiihirte.  Die  beiden  HauptanfüLrer  des  Feindes 
tUeben  auf  Betrieb  eines  Tribuns,  ohne  Zweifel  des  Bletellus 
Nepos,  der  gleichen  Feier  des  Pompejus  vorbehalten.  '^)  Denn 
dieser  behauptete  in  Folge  des  Gabinischen  Gesetzes,  die  Insel 
sei  unter  seinen  Auspicien  genommen.  ' ')  Cäsar  wird  hier  nicht 
ansdriicklifch  erwähnt;  d.'  Alten  geben  aber  aus  seiner  frühem 
Geschichte' nur  Bruchstücke,  welche  sich  nicht  immer  einander 
ergänzen,  und  man  weiss,  dass  Pompejus  durch  seine  schaamlose 
Anmassuug  gegen  Metellus  verächtlich  und  verhasst  wurde,  und 
Cäsar  stets  darauf  bedacht  war,  schimpüiche  Lorbeeren  auf  sein 
Haupt  zu  sammeln,  und  ihm  unter  Blumen  verborgene  Dornen 
auf  den  Weg  zu  streuen. 

Seine  Feinde  grollten  indess;  sie  Latten  endlich  den  Blutt 
gefassf,  ihn  zu  verurtheilen,  und  dann  die  Strafe  aufgehoben  und 
ihm  Genuglhuung  gegeben.  Vielleicht  konnten  sie  ihn  noch  in 
die  Untersuchung  gegen  Catiünas  Mitschuldige  verwickeln,  welche 
fortgesetzt  wurde.  Sie  nahmen  diesen  Plan  Avieder  auf;  ' ')  er 
erforderte  aber  Eile,  damit  nicht  Pompejus,  bisher  sein  Schild, 
ihm  auch  sein  Schwerdt  lieh.  Unter  Ciceros  Consulat  hatten 
sich  L.  Veltius  und  Q.  Curius  als  Angeber  bewährt;  man  ver- 
langte Jetzt  von  ihnen  denselben  Dienst,  nnd  sie  waren  bereit. 
Der  Eine  starb  später  im  Gefängnisse,  weil  er  ungeschickt 
Verläumdete,  und  seine  Patrone  dadurch  in  Verlegenheit  ge- 
riethen,  '  «)  und  Curius  haften  die  Censoren  wegen  seiner  Nichts- 
würdigkeit ans  dem  Senat  gestossen,  ehe  er  noch  mit  Catilina  in 
Verbindung  getreten  und  dann  für  Lohn  zum  Verräther  geworden 
war.  '^)  Q.  Catuhis  und  C.  Piso  mochten  am  meisten  zu  den 
Summen  sceueni,  mit  welchen  man  sie  erkaufte,  '^)  worauf  Curius 
im  Senat  aussagte,  er  wisse  durch  Catilina  selbst,  dass  Cäsar  zu 
den  Vcrschwornen  gehöre,  und  Vellius  vor  dem  Untersuchungs- 
llichter  '3)    Novius  IViger    sich    verpflichtete,    ein    Schreiben    des 

13)    Dio  36,  2,  wo  Fabiicins  an  Gabiniiis  denkt,  den  Tribun  des  J.  67. 
14)   2.  Tli.  S.  52.  15)    Oben  J.  8.  A.  38.  16)  2.  TIi.  234.  A.  68. 

17)    Salliist.    15.    C.    17.    23.    26.  18)    Oben  A.  15.  19)    Qu.icsilor, 

oilci-    vvie    sich    irrig   iu    den   Handscbriflou   nndct,    quaestor,    für   iudex 


XXI.    rULU.  (31.§,9:)  185 

Priitor  au  Calilina  beizubring'en.  Mit  Einem  ScLIag:e  warf  Cäsar 
die  Helfer  seiner  feigen  Gegner  zu  Boden;  er  rief  Cicero  zum 
Zeugen  auf,  den  gewichtigsten  unter  Allen,  und  als  dieser  be- 
sliiligte,  dass  er  ibin  aus  eigenem  Antriebe  IVacbricliten  über  die 
Verschwörung  mifgetbeilt  habe,  und  das  Volk,  bei  der  Lebhaftig- 
keit und  langen  Dauer  der  Silzung  vor  der  Curie  ein  drohendes 
Geschrei  erhob,  ^°)  wurde  Curius  der  Verriither-Sold  entzogen, 
iiiul  Veltius,  da  man  ihn  wegen  falscher  Anzeigen  belangte  und 
er  sich  nicht  stellte,  ausgepfändet,  sein  Hansgerath  vom  Volke 
zerschlagen,  und  er  selbst  auf  dem  IMarkle  fast  zerrissen  und  ins 
Gefäugniss  geführt;  auch  JNovius  sah  sich  verhaftet,  weil  er  die 
Klage  gegen  einen  höhern  Älagistrat  angenommen  halte.  -') 

In  einem  andern  Rechtshandel  verlheidigte  Cäsar  einen  jungen 
Afrikaner  von  hoher  Geburt,  Blasinissa  oder  Blasintha,  welchen 
Hiempsal,  König  von  Numidien,  als  tributpflichtig  in  Anspruch  nahm. 
Jener  suchte  Schutz  in  Rom  und  Juba,  der  Sohn  des  Königs 
und  später  im  Bürgerkriege  Bundesgenoss  der  Aristocraten ,  trat 
gegen  ihn  auf.  Er  wurde  verurtheilf,  aber  Cäsar,  welcher  wäh- 
rend seiner  Rede  im  Zorne  Juba  bei  dem  Barte  ergriff,  entriss 
ihn  dessen  Dienern ,  als  sie  sich  seiner  bemächtigen  wollten, 
und  verbarg  ihn  in  seiner  Wohnung,  bis  er  ihn  im  nächsten 
Jahre  mit  sich  nach  Spanien  führte. '°)  Es  scheint  demnach, 
dass  Hiempsal  durch  die  Anordnungen,  welche  Pompejus  unter 
Sullas  Dictatur  in  Afrika  gemacht  hatte,  zu  seiner  Forderung 
nicht  berechtigt  war,  - ')  und  dass  eben  deshalb  das  Gericht  im 
Dienste  der  Optimalen  für  ihn,  imd  Cäsar  gegen  ihn   entschied. 

Diesen  schien  ein  abenteuerliches  Ereigniss  im  Anfange. des 
December  nur  als  Privatmann  zu  berühren;  Clodius  buhlte  mit 
seiner  Gemahlinn  Poinpeja,  und  fand  sich  am  Feste  der  Bona 
Dea,  an  welchem  Männer  nicht  Theil  nehmen  durften,  in  seiner 
Wohnung  ein,  wo  es  gefeiert  wurde;  es  halle  aber  für  seia 
ölfentliches  Leben  die  wichtige  Folge,  dass  Cicero  und  Cato  Rom 


qiiaestionis,  ohne  Zweifel  ein  gewesener  Äedil,  (oben  {.  4.  A.  70)  ■und 
deslinlb   -von  Cüsar   angeklagt ,    dass   er  seine  Befugiiiss  überscliiiuen  habe. 

20)  riut.  Caes.  8  hat  auch  hier  die  Zeiten  \erwechseU.     Oben  {.  8.  A.  74. 

21)  Sneion.  17.  Dio  37,  41.  Vgl.  2.  Th.  196.  A.  9.  22)  Suelon.  71. 
Vgl.  nio  41,  41  u.  unten  f.  59.  A.  67.  23)  Oben  §.  5.  A.  22.  f.  6. 
A.  58.    rorapej.  lllv. 


186 


XXf.     lULll.         (31.  §.10.) 


verlassen  mussten,  als  sie  iLm  am  meisten  schaden  konnten. 
Denn  Clodius  wurde  dadarcli  auf  den  Schauplatz  gefidirt,  und 
wahrend  der  unuiiltelbar  Beleidigte  ihn  schonte,  als  er  a.  61 
■wegen  seines  Verbrechens  vor  Gericht  stand ,  zerfiel  er  mit 
Cicero  und  beschiifligte  dann  bis  zu  seinem  Tode  im  J.  52  durch 
seine  Banden  auch  Pompejus.  Dankbarkeit  bestimmte  ihn  nicht, 
aber  seine  Dienste  verloren  dadurch  nicht   an  Werth.  -  *) 

Gegen  Ende  des  Jahrs  62  kehrte  Pompejus  aus  Asien  nach 
Italien  zurück,  und  im  folgenden  erschien  er  vor  Rom,  ohne 
Heer,  und  von  jetzt  an  nicht  mehr  der  Grosse,  obgleich  er  einen 
beispiellosen  Triumph  hielt. 


§    10. 

a.  61.  Durch  Cäsar  waren  die  Dinge  so  verschoben,  das» 
Pompejus  nicht  wusste,  wie  er  eingreifen  sollte,  und  auf  eine 
dem  Freunde  nachtheilige  Art  nicht  eingreifen  konnte ;  die 
Stimmung  der  Aristocratie  Hess  eine  falsche  Behandlung  des  Im» 
perator  voraussehen,  besonders  unter  dem  Einflüsse  des  M.  Cato; 
auch  war  einigermassen  auf  M.  Crassus  zu  rechnen,  Pompejus 
Feind  zu  Sullas  Zeiten,  und  noch  mehr,  seit  jener  nach  dem 
Fechterkriege  ihm  einen  wohl  erworbenen  Ruhm  streitig  gemacht 
hatte:  so  durfte  Cäsar,  welcher  es  klüglich  vermied,  jetzt  schon 
einen  Vergleich  unter  ihnen  zn  stiften,  ohne  Besorgnisse  nach 
dem  jenseitigen  Spanien  abgehen,  seiner  Provinz,^*)  wo  er 
bereits  als  Ouästor  gewesen  war.  Nur  Ein  Hinderniss  fand 
sich;  seine  Gläubiger  ^vollten  zuvor  befriedigt  sein.  Aber  für 
einen  solchen  Fall  hielt  er  die  Schätze  des  Crassus  bereit,  deren 
sich   nicht   ohne   sein   Zuthun    auch   die   Richter  des  Clodius   er- 


24)   S.  das  Genauere  im  2.  Tli.  S.  203  f.  25)  ülter.  Hisp.  Snet.  18. 

Hispa»ia.  Cic.  p.  Halb.  19.  Tgl.  28.  Suet.  Caes.  71.  Plut.  Caes.  11. 
Crass.  7.  App.  Hisp.  313.  B.  C.  2,  432.  Dio  44,  4l.  Lnsilania.  (A.  V.) 
de  vir.  Ul.  78.  Dio  37,  52 ,  welches  allerdings  zu  seiner  Provinx  gehörte. 
Dio  45,  40  irird  nnrichtig  Spanien  für  Gallien  genaunt,  denn  dort  -war 
C.  Antislius  Vetus  sein  Quäsior,  dessen  Vater  er  seliist  einst  in  dieser 
Eigenschaft  üljer  die  Pyrenäen  folgte,  (ohen  f.  3.  A.  31  o.  1.  Tb.  St») 
in  Onllieit  dagegen  M.  Antonius.  (1.  Th.  67.)  F,\hricins  sliniinl  Dio  hei; 
I.   c    u.  in  den  Aum.  zu  ü,  2ti.     änel.   54   nennt  ihn  l'rccousul. 


XXI.    lULU.        (31.  §.10.)        187 

freuten;'^)  dena  Alle  mussten  ihm  mit  iLren  Gaben  dieueu, 
weil  die  seinig'e  die  grösste  war.  Durch  einen  Wink,  sein 
Kampf  gegen  die  Optimalen  solle  sie  von  Pompejus  trennen  und 
dessen  Ueberinacht  weLren,  verschaffte  er  sich  die  Giiust  des 
reichen  Consulars,  und  dieser  verbürgte  sich  für  ihn.  * '') 

Indess  wurde  seine  Abreise  dadurch  verzögert.  Er  erschien 
noch  im  Processe  des  Ciodius  als  Zeuge,  ^*)  und  kam  vor  der 
Zeit  zurück.  ^'^)  Blan  erwartete  ihn  im  Juni  60  vor  Rom,  folg- 
lich war  er  im  Juni  61  noch  nicht  in  Spanien.^")  Sobald  ihn 
aber  nichts  Anderes  mehr  abhielt,  verliess  er  Italien  aus  Furcht 
vor  einer  Anklage,  obgleich  der  Senat  die  Provinz  noch  nicht 
ausgestattet,  über  die  Verwaltungs- Rosten,  über  die  Stärke  des 
Heers  und  über  sein  Gefolge  nicht  verfügt  hatte,  *')  einem  Be- 
schlüsse gemäss,  dessen  Cicero  am  13.  Februar  61  gedenkt,  und 
welcher  länger  wirksam  blieb,  als  Anfangs  die  Absicht  war: 
mit  den  prätorischen  Provinzen  sich  nicht  zu  beschäftigen,  bis 
über  die  Consular- Rogation  entschieden  sei,  nach  welcher  Ciodius 
%vegen  des  Verbrechens  gegen  die  Bona  Dea  vor  ein  ausser- 
ordentliches Gericht  gestellt  werden  sollte.^-)  So  vereitelte 
Cäsar  den  Plan,  auch  ihn  zu  richten. 

Auf  dem  Zuge  über  die  Alpen  äusserte  er  angeblich  an 
einem  kleinen  Orte,  er  wolle  lieber  hier  der  Erste,  als  in  Rom 
der  Zweite  sein.  Der  Urheber  dieses  Märchens  hat  in  seiner 
Seele  gelesen,  aber  falsch;  solche  Geständnisse  vernahm  ma« 
nicht  von  ihm.  Auch  fand  Plutarch  in  seinen  Quellen,  ein  Ge- 
schichtswerk über  Alexander  habe  dann  in  Spanien  den  Enl- 
schluss  in  ihm  vereuilasst,  ebenfalls  ein  grosser  JMann  zu  wer- 
den. '') 

Er   gieng   in   der  Provinz    davon   aus,    dass  er   aus   eigner 


26)    2.  Th.  214.  27)    Nach  Plnt.  Caes.  II.    Crass.  7  für  830  Ta- 

lente. Suet.  18.  App.  2,  432.  S.  anten  Ja  ^.  73  in.  die  Bemerk,  über 
Cäsars   A'ermögen.  28)    Oben    f.    9.    A.    24.     2.   Th.    211.    A.    15. 

29)    Sneton.  18.  30)    ad  Alt.  2,  1.  §.  7.     Cicero  woUte  als  Proconsul 

\on  Cilicien  am  Ende  des  Juli  SO  abgerufen  ■werden ,  weil  er  im  vorigen 
Jahre  um  diese  Zeit  dort  eingouolTen  war.  ad  Att.  5,  15.  16.  ad  Atl. 
6,  3.  <>.  1.  Der  noch  nnberichtigle  Kalender  kommt  nicht  dabei  in  Be- 
tracht. 31)  Sneton.  I.  c.  32)  ad  Atl.  1 .  14.  {.  6.  2.  Tb.  207. 
Xi)    Caes.   11.    Oben  {.  3.  A.  31. 


188  XXI.    lüLII.        (31.  §.10.) 

MacLifiille  ihre  20  Coliorten  um  10  vernieLrte.  ^  *)  Nadi  be- 
endigter Riisfung  bekriegte  er  die  Gebirgs  -  Völker  iu  Lti.sitanien, 
welche  das  Land  umLer  beunruLigfen,  und  GeLorsam  versprachen, 
auch  wohl  Tribut  zahlten ,  wenn  sie  von  den  Römern  gedrängt 
wurden,  nm  dann  von  neuem  zu  rauben.  Zunächst  wandle  er 
sich  gegen  die  Bewohner  des  Gebirgs  Herminius,  südlich  vom 
Tagus  in  der  Gegend  von  Bledobrega,  * ')  und  auf  ihre  AVei- 
gerung,  sich  iu  der  Ebene  niederzulassen,  erzwang  er  in  einigen 
Gefechten  ihre  Unterwerfung.  Jenseits  des  Flusses  fand  er  die 
Ortschaften  leer;  die  Wehrhaften  hatten  Frauen  und  Kinder  und 
Uire  beste  Habe  auf  das  nördliche  Ufer  des  Durius  geschickt,  und 
erwarteten  ihn  in  einem  Versteck' ;  nur  ihre  Heerden  waren 
sichtbar;  die  Römer  zerstreuten  sich  aber  nicht,  sondern  nahmen 
sie  erst  dann,  als  der  Feind  geschlagen  war.  Im  Herminius  be- 
setzten indess  die  Lusitaner  die  Engpässe,  um  Cäsar  auf  dem 
Rückwege  zu  überfallen;  er  nmgieng  sie,  drängte  sie  gegen  die 
Rüste,  und  nölhigte  sie  duKch  Hunger  und  durch  die  Flotte, 
welche  er  von  Gades  herbeirief,  sich  zu  ergeben.  Dann  eroberte 
er  im  J.  60  '  ^)  mit  Hülfe  seiner  Schilfe  Brigantium  im  Lande  • 
der  Gallaiker,  ^')  nicht  weit  vom  jetzigen  Coruüa  in  Galicien.  *') 
Ruhm  und  Beute  belohnten  ihn,  der  jetzt  zum  ersten  Male  als 
Feldherr  auftrat;  er  bereicherte  den  Schatz,  die  Truppen  und 
noch  mehr  sich  selbst ;  ^  '•')  das  Heer  begriisste  ihn  als  Impe- 
rator, *")  nnd  der  Senat  ehrte  ihn  durch  ein  Dankfest,  wodurch 
er  die  Anwartschaft  auf  den  Triumph  erhielt.'")  Nach  einer 
erdichteten  Rede  des  BI.  Antonius  war  er  zum  Kampfe  ge- 
zwungen, ")  und  auch  Sveton  deutet  darauf  hin,  dass  er  die 
Provinz  habe  sichern  wollen,'^)  der  gewöhnliche  Vorwand, 
unter    welchem   Ehrgeiz   und   Habsucht   der   Stalthalter    sich    ver- 


34)    Plut.  Caes.  12.   Api>.  2,  432.  35)    Dio  37,  S2.  53,  tto  diese 

Ereignisse  am  ausfülirliclisteii  erzühit  werden.    13.  Alex.  48.  36)  Oliseij. 

123.  37)    Auch.  Callaeci  und  anders  genannt.     D.  Benins  Cos.   138  be- 

siegle sie.     Liv.  55.  56.    VeUcj.  2,   5.     Flor.  2,   17.    App.  Ilisp.  294  fin. 
lunii  No.  26.  38)    Dio  1.  c.  u.  44,  41.   Tlul.  Caes.  12.   App.  Ilisp.  313. 

B.  C.  2,  432.     Zonar.   10,  6.    Lir.  103.    Sueton.  18.  39)  l'lul.,  App., 

Zon.    11.   oc.  40)     l'lut.    1.    r.     Dio   44,   41.     Die   üliinzo    bei  Vaillaut 

Inl.  i\o.  li   kann  man   ancli   nnf  jeden  andern   Sieg  beiieben.  4l)    Dio 

37,  54.    44,  41.    App.  2,  432.  42)    Dio  44,  «1.  43)  18,  anders  54. 


XXI.    lüLII.        (31.  §.10.)         189 

bargen;  nnr  waren  Geld  und  Triumph  für  Cäsar  bloss  Blillel  zu 
einem  höheren  Zweck. 

Willkührlich  verfuhr  er  auch  in  der  Civilrerwalhing' ,  aber 
zum  Besten  der  Provinz.  Stets  ihat  er  lieber  das  Gate  als  das 
Schlechte;  wenn  er  als  Herrscher  geboren  ■wäre,  so  würde  kein 
anderer  ihm  an  Grösse  mid  an  Tugenden  vergleichbar  sein.  Der 
Durchgang  durch  die  republicanischen  Aemter  mit  dem  Throne 
als  Ziel  veranlasste  unter  Anderem  einen  g-ränzenlosen  Aufwand, 
nnd  es  ist  glaublich,  dass  er  von  den  .Spaniern  Geschenke  zur 
Tilgung  seiner  .Schulden  annahm,*')  vielleicht  als  Dank  für  eine 
unparteiische  und  sorgfältige  Rechtspflege,  für  die  bei  dem  Senat 
vermittelte  Aufhebung  der  von  O.  Metellus  Pius  im  Kriege  mit 
Sertorius  eiugeführtei  Steuer*^)  und  für  die  bessei'e  Eim-ichtnng 
ihres  eigenen  Schuldwesens,  ^Vohllhaten,  deren  im  Bü'rgerkriege 
Wenige  noch  gedachten.*^)  Er  überwies  zwei  Drittheile  von 
dem  Einkommen  des  .Schuldners  den  Gläubigern,")  und  diess 
galt  für  eine  milde  IMassregel,  weil  es  den  Grundbesitz  rettete, 
obgleich  es  auch  auf  die  Grösse  des  Uebels  schliessen  lässt,  dessen 
erste  Ijrsach  hier  wie  in  allen  Provinzen  in  den  Verhältnissen 
zu  den  Römern  lag.  Um  den  nnmässigen  Forderungen  der  Statt- 
halter, ihres  Gefolgs  und  der  Päditer  der  öffentlichen  Einkünfte 
zu  genügen,  borgten  die  Einwohner,  und  die  Wucherer  aus  Rom, 
zum  Theil  Geschäftsträger  der  Vornehmsten,  welche  sich  wie 
eine  Pest  über  das  Reich  verbreiteten,  liehen  ihnen  gegen  hohe 
Zinsen,  sclilugen  diese  zum  Capital  und  bemächtigten  sich  zuletzt 
der  verpfändeten  Güter;  nur  das  Meer  bot  ein  Asyl,  nnd  hier 
vergalt  man.  *^')  Die  Gaditaner,  mit  welchen  der  Senat  früher 
einen  Bund  geschlossen  hatte, '^)  fühlten  sich  vorzüglich  durch 
Cäsars  Gegenwart  beglückt ;  er  legte  ihre  Zwistigkeifen  bei, 
wieder  besonders  durch  Anordnungen  im  Schuldwesen,  und  ver- 
besserte mit  ihrer  Genehmigung  die  Gesetze,  wodurch  nach  Cicero 
ihre  Sitten  gemildert  wurden.  Diess  verdankten  sie  der  Rück- 
sicht auf  Ponipejus  und  auf  ihren  Landsmann  L.  Cornelius  Baibus, 


44)    .Snelon.  54.  45)  B.  Ilisp.  42.  2.  Tli.  42.  A.  82.  46)  Caes, 

B.  C.  ■>,  18.  {.  5.   B.  Hisp.  I.  c.  47)   l'liii.  C.iis.  12.   Cic.  p.  Balbo  19. 

Vellpj.  2,  43.  48)   Auch  M.  liruliis,  ilpr  Sioikpr  iinJ  TTi-aimeiuuöi'der, 

geliürie  zu  diesen  Blutsaugern.     S.  Iiiiiji.  49)    2.  Th.  595.  A.  13. 


190  XXI.    lULir.        (31.  §.10.) 

Jessen  Günstling',   welcher  auch  bereits  Cäsars  Vertrauen  besass, 
und  jetzt  sein  praefectus  fabrum  war.  ^ ") 

Der  Wobilitiit  stand  das  Aeig'ste  bevor,  Cäsars  Consulat. 
Unter  der  Vermittlung;  des  Q.  Arrius,  welcbem  er  dagegen  als 
Consul  zu  dieser  Würde  verhelfen  wollte,  aber  nicht  verhalf, 
einigte  er  sich  schon  a.  61  mit  L.  Luccejus,  einem  reichen  und 
übrigens  unbedeutenden  Candidaten,  die  Stimmen  gemeinschaftlich, 
das  heisst  mit  dessen  Gelde  auch  für  sich  zu  erkaufen ;  Luccejus, 
später  Geschichtschreiber  und  Pompejus  Freund,  gieug  darauf  ein, 
weil  Cäsar  ihm  seine  Verwendung  bei  dem  Volke  zusagte.  ' ') 
Dieser  wünschte  an  sich ,  M.  Bibulus  auszuschliessen ,  welcher 
mit  ihm  warb,  und  ihn  todtlich  hasste,  seit  er  sich  in  der  Aedi- 
lität  für  ihn  hatte  aufopfern  müssen,  und  d  mn  auch  in  der  Prätur 
sein  College  gewesen  war,'')  ein  leidenschaftlicher  Aristocrat 
uud  als  solcher  nicht  ohne  Anhang ,  aber  im  Gefühle  seines 
Äichts  und  bei  der  Stärke  der  Volkspartei  nicht  abgeneigt,  sich 
mit  dem  mächtigen  Nebenbuhler  zu  verbinden.  '^)  Man  hoffte 
anfangs ,  Cäsar  werde  zu  spät  eintreffen ,  oder  des  Triumplis 
wegen  bis  nach  den  Wahlen  vor  den  Thoren  bleiben;  er  er- 
wartete aber  seinen  Nachfolger  nicht  und  zeigte  sich  im  Juni  60 
vor  Rom,  als  der  Tag  der  Consular- Comitien  schon  bestimmt 
war.  ' ')  Nach  dem  Herkommen  musste  er  an  den  drei  letzten 
Nundinen  vor  diesem  Zeitpuncte  in  der  Stadt  sein,  und  sich 
persönlich  melden, '')  welches  sich  mit  dem  Triumphe  nicht 
vereinigen  liess.  Sein  Gesuch,  ihn  davon  zu  entbinden,  wurde 
von  den  Freunden  im  Senat  lebhaft  unterstützt,  und  man  konnte 


50)   2.  Th.  597.  A.  28.    Cic.  p.  Balio  19.  28.  51)   ad  Au.  1,  17. 

§.  5.  2,  1.  5.  7.  2,  7.  §.  2.  Snel.  19.  Caes.  B.  C.  3,  18.  Ueber  Arrius 
Tgl.   2.  Th.  65.  A.  58,  n.  hier  §.  14.  A.  84.  52)   Oben  {.  4.  A.  51. 

5.  9  in.  53)   ad  Att.  1,  17.  {.  5.  54)   Das.  2,  1.  §.  7.    Snet.  18. 

Dio  37,  54.  Pluf.  Caes.  13.  Pompej.  47.  Crass.  14.  Nach  Sullas  Gesetze 
sollte  der  abgehende  Statthalter  sich  binnen  30  Tagen  nach  der  Ankunft 
des  nenen  entfernen,  (2.  Th.  493.  A.  62)  wogegen  es  ihm  erlaubt  war, 
die  Provinz  dem  Quäsfor  oder  einem  andern  L'nterbeamten  zu  übergeben, 
•wenn  der  Nachfolger  -zu  lange  zögerte.  So  verfuhr  nnter  Anderen  Cicero 
0.  50  in  Cilicien.  ad  Fam.  2,  15.  }.  4.  Cäsar  entfernte  sich  aber  vor 
der  Zeit,  welches  insbesondre  Sueton  zn  erkennen  giebt,  und  man  wagte 
es    nicht,    ihn    deshalb  zur  Rechenschaft  zu  ziehen.  55)   Cic.  ad  Farn. 

16,   12.    SaUost.  B.  C.   18. 


XXI.    lULir.        (31.  §.10.)         191 

iii  einem  so  ausserordenlücLen  Falle  niclits  dagegen  einwenden, 
wesLalb  (Ja(o  nach  der  Taktik  uienterisclier  Tribüne  bis  Sonnen - 
Un(erg;ang  sprach,  und  dadurch  einen  BescLhiss  verhinderte.'^) 
Was  Marius  wiederholt,")  L.  LncuUus'*)  und  Anderen  ge- 
stattet war,  und  Cato  a.  52  Pompejiis  zngestand,  '^)  das  hielt  er 
jetzt  für  verderblich ;  die  Blanen  C;.tilinas  trieben  ihn  nicht  wie 
Cicero,  der  Republik  weg'en  sich  Cäsar  zu  nähern,  „welcher  mit 
günstigjein  Winde  segelte"  * ") ;  aber  dieser  durchbrach  die  schwachen 
Schranken;  wieviel  auch  schon  die  Vorbereitung'en  zum  Triumph 
gekostet  hatten,^')  entsagte  er  ihm  und  kam  in  die  Stadt.''-) 
Die  Ausführung  seiner  Pläne  war  auch  ohne  Siegsgepränge 
möglich,  worin  er  ohnehin  Pompejns  nicht  erreichen  konnte,  nicht , 
aber  ohne  Cousulat;  es  verwandelte  Ponipejus  in  seinen  Clienlen, 
erhob  ihn  auf  den  Standpunkt,  wo  er  die  letzte  Mand  an  sein 
W^erk  zu  legen  gedachte,  und  verpflichtete  ihm  das  Volk,  welches 
sein   „grösstes  Geschenk"  *^)  allem  Andern  vorgezogen  sah. 

]\iemand  zweifelte  daran,  dass  es  ihn  wählen  werde;  nm 
wenigstens  ein  Gegengewicht  zu  erhalten,  brachte  man  Geld  zu- 
sammen, —  des  allgemeinen  Besten  wegen  auch  Cato  —  «nd 
ßibuhis  zahlte  allein  für  die  Stimmen  so  viel,  als  seine  Mit- 
bewerber vereinigt  gaben.®')  Er  wurde  Cäsars  College,**) 
dessen  Freundschaft  Luccejus  grosse  Summen  und  ein  Consulat 
kostete.  Nach  dem  Gesetze  des  jungem  Gracchus  sollte  der  Senat 
jährlich  vor  den  Wahlen ,  damit  weder  Hass  noch  Gunst  ein- 
wirkten, *®)  die  Provinzen  der  künftigen  Consuln  bestimmen, 
welche  sich  dann  verglichen  oder  loos'ten.  Oft  hinderten  ihn 
Tribüne  und  ehrgeizige  Optimaten,  und  das  Volk  entschied.  Jetzt 
erlaubte  er  sich  aber  selbst  eine  Abweichung;  erst  in  diesem 
Jahre  —  Cicero  meldet  es  am  15.  Blärz  als  eine  Neuigkeit  ®')  — 

56)  Suel.  18.  Die  37,  54.  44,  41.  riut.  Caes.  13.  Cato  31.  App. 
2,  432.    Zoiiar.  10,  6.     GeU.   4,  10.  57}    Salliist.   B.    J.    114.     Pliil. 

Mar.   14.    LW.  68.  58)    Flut.  LnciiU.  1.    Cic.  Acad.  prior.  lib.  2.  c.  I. 

Vgl.  App.  2,  432.  59)    Flut.  Cato  47.    Pomp.  54.    Uutea  §.  34.  A.  3. 

60)  ad  Att.  2,  1.  J.  6.  61)  App.  1.  c.  C2)  Oben  A.  56.  63)  Salhisl. 

B.    J.   85   in.   Cort.  64)    Suet.  19.  65)    Ders.  1.   c.    VelUj.  2,  41. 

Plnt.  Caes.  14.    Cato.  31.    Pomp.  47.    Crass.   14.    App.  2,  433.    Dio  37, 54. 
44,   41.    Zonar.   10,  6.    Entrop.  6,   17  (14).    «)ros.  6,  7.  66)    Sallnsf. 

15.  J.  27.    Cii:.  de  pr.  cons.   2.    ji.  dorn.  9.    «d  Farn.    I,  7.  {.  6.  67;   ad 

Alt.    1,    19.   V.   2.    20.  §.  6.    Unten  i.   15.   A.  42. 


192  XXI.    lULn.        (31.  §.10.) 

wies  er  den  Consnln  Afranins  und  Mefellns  Celer  beide  Gallieh 
an,  v/o  Ulan  einem  blulig-en  Kriege  entgegen  sab,  und  erst  iiach 
den  Wablen  übertrug  er  den  künftigen  Consuln  die  Aufsicht 
über  die  Waldungen  und  Triften,  so  dass  Bibulus  mit  Cüsar  litt, 
Heer  nnd  Triumph  auch  ihm  entzogen  wurden.  ^ ") 

In  dieser  Beleidigung  findet  Sveton  die  Hauptursach  des 
Triumvirats,^^)  aber  er  erwähnt  dessen  Stiftung  nach  den 
Wahlen  und  ist  darin  genauer  als  Andere.  ' ")  Der  Bund  zwi- 
schen Cäsar,  Pompejus  uud  Crassus,  ein  Bund  der  Klugheit  mit 
dem  Ruhme  und  dem  Reichlhume,  durch  welchen  der  Eine  steigen, 
der  Andre  behaupten  und  der  Dritte  gewinnen  ■wollte,'')  war 
nicht  das  Werk  eines  Augenblicks,  und  wenn  dem  Urheber  Tor 
den  Comitlen  Blusse  blieb,  so  niusste  ihm  doch  ein  späterer  Zeit- 
punkt günstiger  erscheinen,  wo  Lorbeeren  und  Geld  durch  seinen 
nun  entschiedenen  Eiufhiss  aufgewogen  wurden.  Mochten  also 
Pompejus  und  Crassus  ohuerachtet  ihrer  Feindschaft  gegen  ein- 
ander, seine  AVahl  befördern,  '^)  weil  er  mit  seiner  Gewandtheit 
Beide  an  sich  lockte,  so  versöhnte  er  sie  doch  erst  als  designirter 
Consul.  Pompejus,  der  Sullaner,  war  unter  dem  Beistaude  der 
Volkspartei  der  Schrecken  der  Seeräuber,  des  Blithridat  und  der 
Kobililät  geworden;  er  halte  „über  die  ganze  Welt"  trium- 
phirt,'^)  mit  dem  Heere  nur  Rom  sich  nicht  unterworfen,  weil 
er  Herrscher  sein  ■wollte  ohne  den  Namen,  und  kämpfte  nun 
vergebens  gegen  BI.  Crassus ,  Bletellus  Creticus ,  L.  Lucullus, 
gegen  deren  Anhänger  und  einen  gereizten,  argwöhnischen  Senat, 
in    welchem    M.    Cato   insbesondre    sich   ■widersetzte,  '*)    um   die 


I 


68)  Snet.  19,  ■wo  Bannig. -  Crusins  sich  ohne  Gnind  gegen  Lips.  zu 
Tacit.  A.  4,  27.  p.  117  eikläit.  Cäsar,  welcher  den  I3esclilnss  ungiillig 
zu  machen  wiisste,  sollte  eben  durch  eine  provincia  mininii  negotii  ( Snet. ) 
znm    Quästor   herabgewürdigt    werden.  69)    1.  c.  70)    So  anch  Dio 

37,  55.  Flut.  Caes.  13.  Pomp.  47.  Crass.  14.  App.  2,  433.  Zonar.  10,  6 
setzen  sie  früher.  Doch  widerlegen  sie,  wie  die  dürftige  Nachricht  bei 
Liv.  103  (vgl.  Ilorat.  C.  2,  1  in.),  die  Angabe  des  'Vellej.  2,  44  in.,  nach 
welcher  sie  erst  a.  59  unter  Cäsars  Consulat  erfolgte  ;  hoc  consulc  soll  bei 
ihm  auf  diesen  bezogen  worden,  s.  c.  41,  nicht  wie  Oiidend.  zu  Snet.  19 
verlangt,  auf  Metellns  Celer  Cos.  60,  welches  allerdings  geschichtlich  das 
Richtige  wäre.  71)  Flor.  4,  2.  {.  11.  72)  riut.ll.  cc.  73)  Dio 

37,  21.  74)    atl  Att.   2,   1.  §.  6:    Sed  tarnen  ille,    optimo  animo   utcns 

et     summa    Tide ,    nocet    interdum    rei    pnbllcae.      Uicit    enim   tamquam   in 


XXI.     lUIJI.         (31.  f.  10.)  193 

Bestätigung  seiner  EinricLluDg'en  in  Asien  und  eine  Acker- 
vertLeiliiDg;  fiir  seine  A'^eteranen  zu  bewirken.  Für  jeden  Slatt- 
Lalter  war  es  eine  ELrensacLe,  dass  seine  Verfügungen  nnd 
Zosagen  gültig  blieben;  Tor  Allem  musste  das  Wort  eine«  Pom- 
pejus  die  Bürgschaft  seiner  Erfüllung  in  sich  selbst  tragen,  nnd 
Afranins,  ■welchem  er  zu  dem  Ende  das  Consniat  verschaffte  that 
nichts  fü'r  ihn,'*)  er  sah  einer  Beschimpfung  entgegen,  .orte 
das  Hohngelächter  seiner  Feinde :  da  versprach  Cäsar,  die  Schande 
abzuwenden,  aber  mit  dem  Geständnisse,  dass  die  S  iwierig- 
keiten  unübei'O'indlich  seien,  wenn  man  nicht  auch  Crassns  heran- 
ziehe ;  ein  Privatverhältniss  dürfe  nicht  stören,  wo  man  so  Grosses 
erstrebe.  Es  machte  Eindruck  und  auch  C'rassus  zähmte  ein 
Wink,  dass  man  ohne  Pompejus  nichts,  and  mit  ihm  alles  ver- 
möge, denn  auch  er  hatte  seine  Wünsche.  So  führte  Cäsar  die 
Consulare  zusammen,  nnd  die  Drei  gelobten  si:h  eidlich,'^) 
nur  Einen  Willen  zu  haben,  das  erste  Triumvirat.  '") 

Eine  Zeitlang  blieb  der  Bund  geheim,")  bis  Cäsar  als 
Consul  eine  Macht  entwickelte,  über  welche  seine  beiden  Freunde 
selbst  erstaunen  mochten ;  sie  standen  Alle  für  Einen,  man  konnte 
es  nicht  mehr  verkennen;  Cato  lärmte,  Varro  spottete  in  seinem 
„dreiköpfigen  Ungeheuer",'')  nnd  Cicero  zürnte  den  „Dy- 
nasten ",  welche  jetzt  schon  nnd  ohne  Sehen  vor  dem  Tnllianum 
seine  Thaten  in  eine  Posse  verwandelten,  im  Stillen,  in  Briefen 
au  Atticus.  '")  Wer  vermochte  die  Verbündeten  anzuklagen, 
wenn  man  sie  nicht  überführen  konnte,  und  wer  konnte  sie 
überführen,  da  die  Späher  ni^jts  von  Rauben,  Brennen  und 
Rlorden,  nichts  von  fluchwürdigen  Anschlägen  gegen  Senat  nnd 
Magistrate,  gegen  Verfassung  und  Gesetz  vernahmen?  Rom  war 
von  einer  unsichtbaren  Macht  umsponnen,  gegen  welche  es  seine 
Kräfte  umsonst  mit  Luftstreichen  erschöpfte. 


Plalonis  no' •iltct,  non  tamquam  in  Romnli  faece  sententiam.  ad  Att.  I,  18. 
{•  9,  Unns  est,  qni  cnret  coustanlia  magis  et  integrilato  —  quam  consilio 
ant  ingeoio,   Cato.  75)    1.  Th.  36.  76)    Dio  37,  57.  77)    LiT. 

103.  VeUej.  2,  44.  Säet.  19.  Dio  37,  56.  57.  Plut.  Caes.  13.  Pomp.  47. 
Crass.  14.  Lucnil.  42.  Cato  31.  App.  2,  433.  Zonar.  10,  6.  Flor.  4,  2. 
§.  9  f.     Vgl.  2  PhiL  10  o.  ad  Att.  2,  9.  §.  3.  78)    Cic.  ad  Att.  2,  3.  §,  3. 

Dio  37,  58.     38,  5  fin.  79)     Vy/xnpijyor.     App.  2,  433.  80)    ad 

An.  2,  9.  {.2. 

Kniniann,    CcscIilcJitc  Rom«  III.  J3 


194  XXI.   lULir.      (3i.§.  u.) 

Doch  ancli  für  die  Geweihten  gab  es  ein  offenes  Geheimniss', 
sie  wollten  einHnder  gebrauchen.  Poinpejiis  und  Crassiis  haften 
nur  Wünsche,  aber  keinen  Plan  für  das  Leben;  sie  fühlten  sich 
befriedigt,  wenn  Cäsar  ihnen  gewährte,  was  sie  von  der  Gegen- 
wart verlangten;  für  ihn  war  jedes  Erreichte  nur  Mittel,  und 
nichts  ohne  Zusauiinenhang.  Jene  bestimmte  er,  ihn  während 
seiner  Provincial- Verwaltung,  welche  er  nach  Willkühr  zu  yer- 
längern  hoffte,  in  Rom  gegen  die  Aristocratie  zu  vertreten ;  durch 
einige  ihnen  nützliche  Gesetze  wollte  er  sie  zwingen ,  ihn  bei 
allen  zu  unterstützen,  und  sie  in  seiner  Abwesenheit  aufrecht  zu 
erhalfen;  sie  sollten  als  die  Gegenwärtigen  und  als  Abirnunige, 
zu  welchen  er  nicht  gehörte,  den  grössten  Theil  des  Hasses  auf 
sich  laden,  ^')  durch  den  Bund  mit  ihm  zwischen  sich  und  dem 
Senat  eine  Scheidewand  errichten,  durch  verfassung^sv/idrige  Hand- 
lungen mit  dem  Gesetze  zerfallen,  und  Senat  und  Gesetz,  •welche 
sie  doch  zuletzt  zum  Kampfe  mit  ihm  aufrufen  mnssten,  zum 
voraus  entwaffnen.  So  geschah  es;  Crassus  starb,  Pompejus  aber 
erkannte  seinen  schrecklichen  Irrthum  zu  spät;  was  mit  der 
Kraft  eines  dreifachen  Hebels  geschaffen  war,  das  spottete  def 
Kraft  des  Einzelnen,   als  die  Bauleute  zerfielen.  ^-) 

§    11. 

Im  J.  59  übernahm  Cäsar  mit  M.  Bibulus  das  Consulat.  ") 
Was  kommen  sollte,  schien  die  Natur  selbst  am  Ende  des  vorigen 
durch  Sturm  und  Zerstörung  anzukündigen ;  aber  für  die  Optimaten 
lag   kein  Voriheil    darin;    die  Götter   galten  nicht   mehr  für  ihre 


81)    Vellej.  2,  44.   §.  2.  82)    Utinam,  Pompei,  cnm  C.  Caesar» 

societatem  aut  nunquam  coisses,  aut  nnnqiiam  diremisses !  Fnil  altcruin 
grafitatis,  allcrnm  prudentiao  tnae.  Cic.  2  Phil.  10.  Nihil  actum  est  a 
Fompeio  noslro  sapienter,  nihil  lortiter;  addo  etiam,  niliil  nisi  contra  con- 
silium  anctorilalenKjne  meam.  Omitto  illa  vetera,  quod  istum  (Caesaiem) 
in  rem  p.  iUe  aluit,  anxit,  armatit;  ille  legibus  per  Tim  et  contra  auspicia 
ferendis  auctor;  ille  Calliae  lüterioris  adinnclor;  iUe  gener;  ille  in  ado- 
plando  P.  Clodio  angin-;  ille  restiluendi  niei  qnam  retinendi  stiidiosior;  illo 
provinciao  propagatoi- ;  illo  absenlis  in  omnihus  adintor.  ad  Att  8,  3.  §.  2. 
Plnt.   Ciass.    14.    Pomp.  46.    Caes.   13.  83)    Oben  J.   10.  A.  65  n.  Cic. 

atl  Ati.  7,  9.  ad  Faiu.  1 ,  9.  §.  4.  Liv.  103.  VcUej.  2,  44.  OeU.  4,  10. 
Fast,  rap.,   Fast.  Sic.  ii.  Cassiod.   n.  694. 


XXI.     lULU.         (3l.§.  II.)         195 

BescLülzer,  ^'')  und  Cäsar  fürcLtete  ihre  Rache  so  TS'enig  als  sein 
AiiLang.  Er  verpflichtete  sich  zuerst  das  Volk ,  nach  ihm  die 
Ritter,  dann  Pompejas,  ** ')  und  forderte  darauf  Provinzen,  vro  er 
seinen  Thron  errichten  konnte.  Biess  v  ar  ihm  das  W  ichtigste, 
seine  Aufgabe  fiir  die  Zeit  des  Consulats,  es  entschied  über  seine 
Zukunft,  und  die  Gegner  empfanden,  dass  man  seine  Pläne  nicht 
mehr  unbestraft  durchkreuzte :  Bibulus  verbarg  sich ,  C'ato  be- 
schwur, was  er  verdammt  hatte,  Lncullus  demiithig-le  sich,  und 
Cicero  wanderte  ins  Exil ;  „  er  allein ,  noch  nicht  durch  Siege 
erstarkt,  vermochte  mehr  als  die  ganze  Republik."''^)  Seine 
Getreuen  standen  bereit:  Pompejus,  Crassus,  Sertilius  Cäpio, 
welchem  er  seine  Tochter  versprach.*")  Der  Prätor  O.  Fufius 
Calenus,  ihm  mit  Begeisterung  ergeben,'^)  und  von  mehreren 
seiner  Collegen  unterstützt,*^)  und  der  Volkstribun  P.  Vatinins, 
ein  Söldner,  ^ ")  nebst  einem  andern,  dessen  Name  nicht  erwähnt 
wird.-")  In  den  feindlichen  Reihen  sah  man  die  Tribüne 
Q.  Ancharius,  C.  Fannius  und  Cn.  Domitius  Calvinus.  ^-)  Aber 
Cäsar  wollte  keiuen  Kampf;  er  wollte  weder  täuschen  nodi 
sicher  machen,  wie  Appian  glaubt,  s^)  als  er  sogleich  im  An- 
fange Bibulus  in  der  Curie  aufforderte,  der  Republik  wegen  mit 
ihm  einig  zu  sein;  die  Zustimmung  des  Collegen  und  des  Senats 
verbürgte  die  dauernde  Gültigkeit  seiner  Gesetze;  wenn  nur  das 
Volk  sie  genehmigte,  waren  sie  als  erzwungen  dem  Angriff' 
bloss  gestellt.  Um  indess  durch  einen  äussern  Antrieb  auf  die 
Väter  zu  wirken,  wenig-stens  auf  die  furchtsamen  und  auf  solche, 
welche  nach  höheren  Aemtern  verlangte,  führte  er  den  Gebrauch 
ein,  dass  über  die  ^  erhandlungen  im  Senat  und  vor  dem  Volke 
Tagebücher  gehalten  und  zur  allgemeinen  Kenntniss  gebraclif 
wurden.  Mit  einem  der  Menge  erwünschten  Ackergesetze  ge- 
dachte er  zuerst  hervorzutreten,  wie  jeder  wusste,  man  mochte 
sich  also  hüten.  *')     Auch  stellte  er  die  alle  .Sitte  her,   das»  vor 


84)    Dio   37,   S8.    Obseq.   123.  85)    Plnt.   Cato  33.    Ponipej.  48. 

App.  2,  433.    Dio  38,  7.  86)   ad  Au.  7,  9.  87)    Snet.  21.    Unten 

A.  45.  88)    ad  Alt.   2,  18.   5.   1.    Dio  38,  8.  89)    ad  Qn.  fr.   1.  2. 

5.  9.  90)    Cic.   in  Vaiin.    12.   16.     p.  Sext.  53.  91)    p.  Sext.  1.  r. 

92)  Das.  ^ach  Cic.  in  Vatin  7  ■Nvairn  dessen  CoUpgen  ohne  Ansnabm» 
brave  Männer.  Dio  38,  6.  Pliit.  Pomp.  48.  App.  2,  434.  Domiiü  Calr. 
No.  6  in.  93)    2,  433.  94)  Snet.  20.     Erimui  instilnit.     Vgl.   Gell. 

13* 


196  XXI.    1U7.it.        (31.  §.11.)  i 

eiuem  Consiil  in  dem  Monate,  in  welcliein  er  die  fasces  nicht 
hatte,  nin-  ein  ö'ffentlicLer Diener  niedern  Rang-es,  accensns,  gieng, 
und  die  Lictoren  ihm  folgten.  ^ ')  Sein  College  wurde  veranlasst 
dnrcli  eine  Selbstentaussernng ,  welcLe  iLn  zugleich  in  seiner 
TLätigkeit  lähmte,  dem  Volke  gefällig  zu  sein,  und  den  Dank 
nicht  zu  begehren,  da  er  sich  eben  nur  fügte.  Bald  nach  der 
Gründung  der  Republik  Hess  man  die  zwölf  Beile  einen  Monat 
hindurch  einem  Consnl  vortragen,  und  dem  andern  nur  die  zwölf 
fasces,  damit  nicht  statt  Eines  Königs,  zwei  zu  herrschen  schie- 
nen, „ein  zwiefacher  Schrecken";  ^'')  dann  wurden  auf  Ver- 
anstaltung des  Valerius  Poi)licola  die  Beile  in  der  Stadt  gänzlich 
aus  den  fasces  entfernt  und  nur  ausserhalb  gestattet.®')  Damit 
hätte  eine  sichtbare  Unterscheidung  der  Consuln  aufgehört,  wenn 
nicht  die  Lictoren  dem  Einen  in  dessen  Monat,  iu  welchem  er 
als  der  regierende  befrachtet  wurde,  ^')  vorangiengen ,  und  dem 
andern,  vor  welchem  dann  nur  ein  accensns  erschien,  lolgten;®^) 
nach  Sveton  ein  aller  Gebrauch,  welcher  seither  nicht  mehr  be- 
obachtet war.  So  wurde  eine  Reihe  von  Gesetzen  mit  und  ohne 
Cäsars  Namen  vorbereifet,  über  welche  Cicero  drei  Jahr  später 
das  kühne  Wort  entschlüpfte:  die  Ersten  im  Staate,  von  deren 
Rathe  unterstützt  ich  die  Republik  gerettet  habe,  und  deren  Mei- 
nung mich  bestimmt  hat,  einer  Verbindung  mit  Cäsar  auszuweichen, 
behaupten,  da.ss  die  julischen  Gesetze  und  die  übrigen  aus  der 
Zeit  seines  Consulafs  nicht  auf  eine  verfassungsmässige  Art  ge- 
geben sind.  '  °  ") 

Man  wusste  schon  gegen  Ende  des  vorigen  Jahrs,  dass  Cäsar 


5,  18.  Dass  die  von  Pigh,  2,  378  bei  dem  J.  585  a.  n.  und  yon  Dodwell 
Praelecf.  Cajubden.  p.  665  bekannt  gemacliten,  und  auch  von  Graev.  zu 
Snel.  1.  c.  anfgeiioiumenea  älteren  Tagebücher  nnächt  sind,  \ermuthete  vor 
Wesseling  Probab.  •;.  39  schon  Reines.  Inscr.  Class.  4.  inscr.  2,  besonders, 
weil  sie  von  eiuem  täglichen  AVechsel  der  fasces  unter  den  Consnln 
sprechen.  Wenn  diese  im. Felde  vereinigt  lagerten,  befehligton  sie  eirieji 
Tag    um    den   andern.     Polyb.    3,    110.    X.iv.    22,   41.  95)    Snet.    20. 

96)    Dionys.  IFal.  5,   2.    Liv.  2,   1.  97)  Dionys.  H.  5,  19.  98)  Liv. 

9,  8  in.  99)    Die  Bedingungen,    von  welchem  die  Ordnnug  im  monat- 

lichen Wechsel  abhieng,  giebt  Gellins  an,  2.  15.  Anch  unter  den  Decem- 
virn  hatte  nur  der  die  f.isces,  welcher  Uei.lit  sprach,  den  Senat  berief  und 
iiberhaniit  bei  den  ofl'enilichen  Handlungen  das  CoUcghini  vertrat,  Liv.  3,  24. 
Dionys.  H.   10,  57.    Zonar.  7.  18.  100)   de  i.rov.  cons.   19. 


XXI.    lULII.        (31.$.  u.>        lyy 

f-iii  Ackerg'esete  beanfragen  werde,  ')  und  iui  April  Irat  es  ins 
Leben.  ^)  Das  servilische  vom  J.  63,  mit  Forderungen  oLue 
Maass  und  Ziel  und  durch  ihn  veranlasst,  solhe  unr  einem 
andern  Bahn  machen,  und  diess  wurde  erreicht,  obgleich  Cicero 
als  Consul  die  Bestätigung  verhinderte.  ^)  Auch  das  flarische 
vom  vorigen  Jahre  mussfe  man  aufgeben,  ein  Unfeniehmen  des 
Pompejus,  welcher  durch  den  Tribun  L.  Flavius  seinen  Veteranen 
die  ihnen  zugesagten  Ländereien  verschaffen  wollte,  oder  nach 
der  Meinung  des  Senats  in  den  Colonien  Lager  errichten,  um 
über  Rom  zu  herrschen.  *)  So  konnte  sich  nun  Cäsar  ein  grosse» 
Verdienst  um  ihn  erwerben.  Um  seine  Rogation  nach  ihrem  ganzen 
Inhalte  herzustellen  fehlt  es  an  Nachrichten.  Nur  muss  man  die 
Angabe  der  Griechen  zurückweisen,  der  campanische  Acker  sei 
darin  ausgenommen,  wegen  seiner  Fruchtbarkeit  dem  Staate  ver- 
blieben, und  der  \'orschlag  zu  seiner  Vertheilung  unter  solche 
Bürger,  welche  drei  oder  mehr  Kinder  hatten;^)  nachträglich 
erfolgt.^)  Obgleich  Cicero')  und  Livius  *)  von  julischen  Acker- 
g'eselzen  in  der  Jlehrzahl  sprechen ,  so  berechtigen  doch  die  ro- 
iiiischen  Schi-iftsteller  nud  auch  Cicero  nur  an  eins  zu  denken, 
welches  Folgendes   enthielt.     Der  campanische  ^)   und  stellatische 


1)    ad   Att.    2,   3.    f.   3.  2)    Cicero    enrähnt   im   April   Mehrere 

oiiter  den  Zwaniig,  vrelche  es  vollziehea  sollten,  ad  Att.  2,  12.  J.  1. 
Vgl.  2,  6.  7.  15.  <'.  1.  Was  er  ia  der  letzten  Stelle  am  Ende  des  April 
aber  die  Verschiebung  der  Comiden  dorch  Bibulus  bemerkt ,  ist  nicht  auf 
ilie  Bestätigung  des  Gesetzes,  sondern  auf  die  ^Valilen  zu  deuten;  dass 
jene  schon  Statt  gefunden  hatte,  erhellt  auch  aus  ad  Att.  2,  IG.  §.  1:  Am 
30.  April  habe  ich  deinen  Brief  erhalten,  in  vrelchem  du  vom  campan. 
Acker  schreibst.  —  Bisher  suchte  sich  Pompejns  durch  die  Wendung  zu 
rechtfertigen:  das  Äckergesetz  habe  seinen  Beifall  gehabt;  ob  ein  Tribun 
habe  Einspruch  thun  können,  oder  nicht,  gehe  ihn  nicht  an.  Dazu  stimmt 
nun  auch  Flut.  Pomp.  48:  Acht  Monate  habe  sich  Bibnlus  in  sein  Hans 
eingeschlossen  ;  an  den  Verhandlungen  üher  jene  Rogation  nahm  er  thätigeu 
AntheU.  3)    Oben  §.  S  n.  6.  4)   ad  Au.   1,  19.  §.  4.    Pio  37,  50. 

Das  Genanere  in  Pomp.  IUt.  a.  60.  Vgl.  2.  Th.  27  u.  273.  A.  96. 
S)  Dio  38,  7.  App.  2,  433.  Dass  diese  in  Cäsars  Gesetze  den  Vorzug 
erhielten,  kann  man  nicht  mit  Mongault  A.  2  zu  ad  Att,  2,  16  deshalb 
bezweifeln,  weil  Cicero  davon  schweigt,  welcher  anfangs  wenig  von  der 
.Sache  unterrichtet  war;  (1.  c. )  es  wird  überdiess  von  Snel.  20  bcslaiigl. 
0)  Dio  38.  I.  7.  Plut.  Cato  31.  33.  Pouip.  47.  Caes.  12.  App.  I.  c. 
7;     ad   All.  2.   18.   •.  2.  8)    103.  9)    Capaa  selbst  liatte  338  v.  Chr. 


198  XXI.     lULli,         (31.  §.11.) 

Acker  '")  wird  unter  die  diirftigslen  Bürger  vertLeilt,  und  vor- 
zugsweise unter  solche,  welche  drei  oder  mehr  Kinder  haben.") 
AVenn  die  Staats -Ländereien  nicht  ausreichen,  so  kauft  man 
andere  mit  dem  Gelde ,  welches  Pompejus  aus  dem  Osten  ge- 
bracht hat  oder  vom  Ueberschiisse  der  üffentlichea  Einnahme;  "^) 
die  Veräusserung  hängt  aber  vom  Willen  des  Besitzers  ab ,  und 
die  Kaufsiimme  entspricht  der  Abschätzung  des  Grundstücks  bei 
dem  letzten  Census.  '^)  Eine  Commission  von  Zwanzig,  '  *)  vou 
welcher  jedoch  der  Urheber  ausgeschlossen  ist,  ")  soll  es  voll- 
ziehen, der  Senat  es  beschwören,  ' '')  und  jeder  Candidat  geloben, 
nichts  vorzuschlagen,   was  mit  ihm  streitet.  '•') 

Mau  kann  auch  hier  anwenden,  was  Cicero  von  dem  servi- 


<Ias  niedere  Biirgerreolit  erhalten,  Liv.  8,  13,  (nacb  Vellej.  1, 14.  §.  3,  a.  334) 
und  vrar  a.  211  wegen  seines  Abfalls  an  Ilanuibal  eine  Präfectur  geworden. 
Vellej.  2,  44.  §.  4.  Cic.  de  leg.  agr.  2,  32.  Liv.  26,  16.  Fest.  ▼.  Prae- 
fecturae.  Von  jetzt  an  erscheint  es  als  Colonie.  Caes.  B.  C.  1 ,  14.  Dio 
38,  7.    Plin.  3,  9  (5).  10)    Campus  stellalis  agri  Cauipani.     Liv.  9,  44. 

10,  31-  22,  13.  Bei  Sneton.  20  ist  maioribns  consecratas  schon  TOn  den 
Auslegern    auf  Venvandlnng  in    Gemeinland   gedeutet.  11)   Oben  A.  S. 

Also  campanisches  Feld.  Cic.  ad  Att.  2,  16.  §.1.  2,  17;  er  nennt  das 
Gesetz  ad  Att.  2,  IS.  §.  2  sogar  Campana  les,  und  so,  dass  nach  dem 
Zusammenhange  nur  tou  einem  und  demselben  agrarischen  Gesetze  die 
Rede  ist.  2  Pbil.  39.  Caes.  B.  C.  1,  14.  Vellej.  2,  44.  J.  4.  45.  §.  2. 
Suet.  Caes.  20.  Octav.  4.  Blau  fürchtete  auch  für  die  Städte,  deren  Ge- 
biet Sulla  für  öffentliches  erklart  und  nicht  vertheilt  hatte,  ad  Att.  1,  19. 
j.  4.  2.  Th.  481.  A.  69,  besonders  für  die  Volalerraner  in  Etrnrien,  aber 
Cäsar  Terschonte  sie.  ad  Fam.  13,  4.  Die  Bestimmung,  wie  viel  jedem 
angewiesen  sei,  fehlt;  Cicero  verrauthete  10  Jugera.  ad  Att.  2,  16.  v.  1. 
Oben  §.  S.  A.  8.  12)    Dio  38,  1.  5.     Ciceros  IIolTaung  also,  nur  5000 

werde  man  in  Campauien  versorgen  können  und  die  übrigen  erbittern,  war 
nicht    gegründet,     ad    Att.    2,    16.    {.    1.     p.    dorn.    9.  13)    Dio   1.   c. 

14)  ad  Att.  2,  6.  7.  9,  2.  §.  1.  Vellej.  2,  45.  Suet.  Octav.  4.  «Jnintil. 
12,  1.  J.  16.  Dio  38,  1  :  die  Gewalt  wurde  unter  so  viele  vertheilt,  damit 
tie  nicht  zu  gross  erschiene;  anch  sollte  man  nur  Älänner  von  gutem  Rufe 
wählen.  —  Cäsar  errichtete  bald  einen  Ausschuss  von  Fünf.  Unten  f.  12. 
A.  6Ö  f.  IS)   Dio  1.  e.     Oben  §.  6.  A.  48.  16)   Dio  38,  7.   Plut. 

<;ato  32.  App.  2,  434.  So  anch  Saturnin.  a.  100.  2.  Th.  39.  A.  49. 
17)  ad  Atl.  2,  18.  §.  2.  Aus  dieser  Stelle  folgert  Mong.  mit  Unrecht, 
dass  nur  die  Candidateu  geschworen  haben ,  zu  welchen  Calo ,  Favonius 
n.  s.  w.  nicht  gehörten.  S.  hier  dio  vorige  Ä,  A^'euu  jene  schon  Suiu- 
torcn  wai'en,  so  schwuren  sie  doppelt. 


XXI.     ILLII.         (31.  §.11.)         199 

lischen  Ackergesefze  sagt,  dass  das  Volk  nur  den  Namen  lieL. 
Allerding-s  sollte  das  jiilische  iLin  auf  Rosten  des  Staats  eine 
neue  Verpflichtung'  auflegen,  '  ^)  noch  mehr  aher  war  es  darauf 
berechnet,  die  Ehre  des  Pompejus  durch  die  Versorgung  seiner 
ivrieger  zu  retten.  '  ^)  Jener  wurde  immer  weiter  auf  der 
schlüpfrigen  Bahn  fortgescLoben ;  er  behauptete  seine  Würde; 
die  Erwähnung  der  asiatischen  Beate  schmeichelte  ihm ,  sie  er- 
innerte an  seine  Thaten ,  und  bezeichnete  ihn  als  den ,  welchem 
die  künftigen  Colouisten  für  den  Acker  schuldeten,  und  bald  sah 
er  ofleullich  das  Schicksal  des  Gesetz -Entwurfes  in  seine  Hand 
gelegt;  nach  seinem  Wahuo  huldigte  ihm  der  Consul  aus  Noth, 
er  war  der  Grösste  in  Rom,  nun  aber  auch  nach  den  Gewalt- 
lliätigkeiten,  durch  welche  er  entschied,  jedes  Danks  für  die  Ent- 
lassung des  Heers  nach  dem  mithridatischen  Kriege  verlustig, 
durch  ein  persönliches  Interesse  gezwungen,  mit  den  \  eteranen 
und  Clienten  gegen  die  natürlichen  Bundesgenossen  die  Vorhut 
zu  bilden,  und  diesen  Terhasst.  Denn  für  die  Optimaten  hatte 
das  Wort  Ackergesetz  einen  schlechten  Klang;  es  war  seit  länger 
als  400  Jahren  das  Feldgeschrei  ihrer  Feinde,  und  widrig  tönte 
es  besonders  jetzt,  und  in  Cäsars  Jfuude,  welcher  im  eigenen 
oder  in  Pompejus  Dienste  die  Stadt  mit  seinen  Lagern  ein- 
zuschliessen  drohte.  '  °)  ^Vas  sollte  werden ,  wenn  nun  gar 
Cousulu ,  wie  nie  seit  Spuiins  Cassius ,  dem  Schöpfer  dieser 
Schreckgestalt,  die  Rolle  der  Tribüne  übernahmen,  statt  diese 
nach  so  fluchwiü-digen  Anträgen  zu  ermorden,  Viie  L.  Opimius 
oder  wenigstens ,  wie  viele  andere ,  die  Vollziehung  zu  ver- 
hindern ?  ^ ' ) 

Der   Name    des    Gesetzes    war    sein  Schild ,    und    im  Hinter- 
grunde   schirmten    es   Heer   und  \  olk.     Am    bedenklichsten    aber 


18)    Plnt.  Pomp.  47.    Cic.  de  oflT.  2,  22.    ad  Fam.  8,  4.  19)   Dio 

38,  1.  S.    Cic.  2  PhU.  39.    Oben  {.   10.  A.  75.  20)    Ea  natnra  rei  est, 

nt  haec  extrema  esse  non  possint.  Quid  cnim  eos  haec  ipsa  per  se  de- 
iectare  possnnt .'  inimqHam  hnc  Tenissent ,  iiisi  ad  alias  res  pesUferas  aditu:« 
sibi    compararent.     ad  Att.    2,  17  ia.  21)    Plnt.  Pomp.  47.     Caes.  14. 

Cato  32.  Die  Aanaluuc,  dass  ein  Consnl  während  der  Republik  der  Ur- 
heber des  ersten  und  des  letzten  Ackergesetzes  war,  !s»  nicht  ricliiig;  noch 
A.  44  nach  Casars  Tode  liess  der  Tribun  L.  Antonius  eins  Rogation  dic&or 
Art  durch  das  Volk  bnstätigen.     1.  Tb    113.  527. 


200  XXI.    lULII.        (31.  §.11.) 

schien  sein  luLuIt;  er  verrieih  eine  grosse  Mässigung-,  und  ge- 
stattete kaum  einen  Einwurf,  welcher  sich  nicht  sogleich  ent- 
kräften Hess.'-)  Cicero  fragt:  da  die  Zölle  in  Italien  bereits 
aufgehoben  sind,°^)  welche  Einkünfte  bleiben  hier  ausser  dem 
Zwanzigsten  von  der  Freilassung  der  Sclaven  übrig,  wenn  man 
auch  den  campanischen  Acker  TCrtheilt?  ^*)  Er  tadelt  es,  dass 
man  in  ilnn  die  Hülfsquellen  des  Staats ,  die  nächsten ,  vergeude, 
lind  durch  den  Ankauf  anderer  Ländereien  den  Schatz  er- 
schöpfe. ° ')  Man  konnte  ihm  erwiedern:  der  Verlast  jenes 
Ackers  und  die  baare  Auslage,  welche  der  Staat  doch  nur  Einmal 
zu  machen  hat,  und  ohne  Beschwerde  von  der  asiatischen  Beute 
bestreitet,  wird  dadurch  reichlich  aufgewogen,  dass  er  nach  der 
Verminderung  der  Volksmenge  in  Rom  weniger  üir  Getraide 
aufwendet,  -  ^)  und  nicht  für  die  innere  Ruhe  fürchten  darf.  Die 
Massregel  ist  demnach  nützlich,  nothwendig,  und  sie  ist  auch  ge- 
recht, denn  nirgends  wird  der  Besitz  gefährdet,  wie  durch  das 
flavische  Gesetz.  .So  konnten  Gäsars  Freunde  zum  voraus  rüh- 
men, g'egen  seinen  Antrag  werde  nichts  einzuwenden  sein.  ^') 

Auch  die  Art ,  wie  er  ihm  Gültigkeit  zu  verschaffen  suchte, 
war  in  der  Ordnung.  Er  unterwarf  ihn  zuerst  der  Prüfung  des 
Senats,-^)  aber  voll  Zuversicht,  weil  man  ihm  nicht  beizukommen 
vermochte,  und  weil  der  Wortführer  Cicero,  der  siegreiche 
Gegner  des  Servilius  Rullns ,  sich  auf  das  Land  zurückgezogen 
Latte.  '^^)  Cicero  befand  sich  seit  seinem  Consulat  in  einer  Stel- 
lung, welche  ihm  nur  die  Wahl  liess,  entvs'eder  voranzukämpfeu 
gegen  die  Feinde  der  Aristocratie,  oder  den  Kampfplatz  gänzlich 
zu  meiden.  ^V^enn  er  ei-schien  und  schwieg,  so  fiel  er  aus  seiner 
Rolle,  und  die  Optimaten  zürnten;  wenn  er  nicht  schwieg,  so 
überlieferten  ihn  die  Optimaten  P.  Clodius;  hatten  sie  doch  schon 
eine  kühne  Aeusserung  über  den  Zustand  der  Republik  mit  der 
Aufnahme  seines  Feindes  unter  die  Plebejer  bestraft,  so  dass 
dieser  nun  als  Tribun  ihn  zügeln  konnte,  wenn  er  sich  ferner 
regte  ^ ") :  er  gieng  auf  seine  Villen. 

22)    Dio  38,  1.  2.    App.  2,  •133.  23)  2.  Th.  31.  A.  71.  24)  ad 

Alt.  2,    16.  §.  I.  25)  Das.  2,  9.  5.3.  2,  17.  .itl  l'.uii  «,  4.  26)  Oben 

f.  S.  A.  75.  27)  ad  Au.  2,  15.  16.  28)  Ilio38.  2.  29)  2.  Th'. 

225.  30)    2.  Th,   222.     Aiit    fortiler    reM&lpndiim    est   legi    agiaiiap    — 

am   r{tliti^^nn(tßTn   —    niil  eliitni   <i<liuvajt(lurn .    s'-lirielt   er  mit  Ovüiidon  für  nn'l 


XXI.    lULlI.         (31.  §.11.)         201 

Die  GescLitLtscLreiber  verweilen  nur  bei  dem  Gutachten  de-; 
M.  Cato,  nnd  docL  stimmten  Andere  vor  ihm,  da  er  nicLt  einmal 
Prätor  g-ewesen  vsar,  «nd  nicht  bloss  Bibuhis  und  L.  Lucullus, 
deren  beiläufig  gedacht  wird,  ^')  erhoben  sich  gegen  das  Gesetz, 
aher  ohne  Nachdruck.^')  In  den  ersten  Monaten  des  Jahrs 
wandte  sich  Cäsar,  ehe  Pompejus  den  Vorzug  erliielt,  in  der 
Cnrie  immer  zunächst  an  Crassus;  '  ^)  jetzt  mochte  er  sie  nicht  Tor 
Anderen  auffordern,  weil  die  Berathuiig  scheinbar  frei  sein  sollte, 
und  diess  durch  eine  ihm  günstige  Erklärung  der  Angesehensten 
vereitelt  sein  nnd  später  bei  Unternehmungen  gegen  sein  Gesetz 
berechtigt  haben  würde,  über  Zwaug  zu  klagen;  nur  im  äussersten 
Falle  sollten  sie  einschreiten,  imd  dann  vor  dem  Volke.  Zur 
Erörterung  fand  sich  im  Senat  ohnehin  wenig  Anlass ;  mau 
konnte  das  Gesetz  nnr  unbedingt  verwerfen,  und  auch  Cato  sah 
keinen  andern  Ausweg;  er  nannte  es  eine  Neuerung  nnd  jede 
Keuerung  verderblich.  ' ')  Aber  nicht  deshalb  erlaubte  man  sich 
Gewaltthätigkeilen  gegen  ihn,  wie  Dio  glaubt,  sondern  weil 
er  durch  fortwährendes  Reden  eiueu  Beschhiss  zu  verhindern 
suchte,  *  *)  und  nur  nm  ihn  zu  schrecken,  und  in  der  Erwartung, 
er  werde  einen  Tribun  seiner  Partei  um  Beistand  anrufen  und 
dann  ruhen,  gebot  Cäsar  einem  Lictor,  ihn  zu  verhaften.  '  ^)  Er 
fügte  sich;  die  Versammlung  gerieth  in  eine  heftige  Bewegung; 
«eine  Anhänger  verlangten ,  dass  man  auch  sie  ins  Gefängniss 
führe,  BI.  Petrejus  mit  dem  Zusätze,  er  wolle  lieber  dort  mit 
ihm,  als  mit  Cäsar  in  der  Curie  sein,^')  und  dieser  veranlasste 
insgeheim    einen    Tribun  zum  Einspruch ,    wodurch   Cato   befreit 


wider  schon  a.  60  aa  Atticus.  2,  3  fin.  Flnt.  Cato  31  ISsst  ihn  an  den 
folgenden  Verhandlungen  Theil  nehmen.  31)   Plut.  Cato  31.   l'omj).  48. 

32)  Daher  Dio  38,  2.  3:  Keiner  widersprach  ausser  Calo.  So  auch 
Sueton.  20,  wogegen  sich  nach  Plut.  Caes.  14  n.  Calo  32,  App.  2.  433 
Viele  widersetzten,  nämlich  dadurch,  dass  sie  mit  jenem  ins  GefSiigiiiss 
wandern  wollten.  33)    Unten  A.  51.  34)   Dio  38,  3.    Plut.  11.  cc. 

Suet.  1.  c.  3Ö)    So   Ateius    Capito    in   der  Schrift   De  otficio  senatorio 

bei  Gell.  4,  10  und  auch  Valer.  M.  2,  10.  §.  7,  welcher  ihn  aber  irrig 
gegen  einen  die  Ritter  betreffenden  Antrag  sprechen  lässt.  Vgl.  Cic.  «d 
Atl.  2.  21    n.    Oell    14,   7.   §.  8.     Unten   J.  24.  A.  53.  36)    Suet.   20. 

Val.  M.  1.  c.  ^ach  Gell.  I.  e.  einem  Vialor.  welches  die  Einmischung 
•ines  Tribuns  voransselzeu    würde.  37)    Einige  Handschriften   bei  Dio 

38,  3  halicn  Pelroiiius. 


202  XXI.    lULII.         (3i.§.  u.) 

wurde.")  Den  Senat  entlless  der  Consul  mit  der  Bemerkung', 
da  mau  den  Gesetz -Entwurf,  welchen  zu  verändern  er  sehr 
bereit  gewesen  sei,  sogar  nicLt  einer  BeratLung-  würdige,  80 
werde  er  nun  unmittelbar  zum  Volke  gehen.  ^  "j  Djg  Nachricht 
(edocb  ,  er  habe  die  Väter  in  diesem  Jahre  nicht  mehr  ver- 
sammelt, *°)  ist  so  zu  verstehen,  dass  er  sie  selten  berief,  unter 
Anderem,  um  sein  Ackergeselz  zu  beschwören  und  Auletes  und 
Ariovistus  als  Freunde  des  Reichs  anerkennen  zu  lassen,  und  in 
wichtigen  Fällen,  wo  er  des  Erfolges  gewiss  sein  wollte,  sie 
ferner  nicht  zuzog.  Blanche  Mitlheilung  der  Allen  über  ihn 
bestätigt  es:  er  befragte  nach  der  Verheiralhung  seiner  Tochter 
Pompejus  in  der  Curie  zuerst;  nur  Wenige  pflegten  sich  seit 
jener  Sitzung  hier  einzufinden,  und  Q.  Cousidius  eröffnete  ihm, 
dass  die  Bewafl'neten  die  Uebrigen  verscheuchten,  und  er  nur 
komme,  weil  er  iu  seinem  Alter  nichts  mehr  fürchte;'")  der 
Senat  endlich  fas.ste  einen  Beschluss  über  seine  Provinz  und  sein 
Heer. 

Durch  Vatinius  und  andere  Sendlinge  wnrde  das  Volk  von 
den  Schwierigkeiten  unterrichtet,  mit  welchen  sein  Beschützer 
kämpfen  müsse.  Es  sollte  sich  selbst  davon  überzeugen.  Cäsar 
beschied  es  auf  den  Markt,  als  er  seine  Rogatipn  bekannt  ge- 
macht hatte ,  und  forderte  hier  nochmals  das  Gutachten  der 
Grossen,  damit  sie  aus  sich  herausgiengen.  Sein  College  hatte 
von  Cato  gelernt;  er  rügte  die  Neuerung,  und  als  Cäsar  und  auf 
dessen  Bitte  auch  die  Menge  ihn  zu  erweichen  suchte,  entfernte 
er  sich  mit  dei>  Drohung:  nie,  so  lange  ich  Consul  bin.  *^)  Der 
Widerstand  war  entschieden,  man  musste  auch  seine  Nichtigkeit 
beweisen.  Ein  fernerer  Aufruf  der  Blagistrate,  unter  welchen 
viele  wie  Bibuhis   dachten,  war  nicht  der  Weg ;  mit  Nichtachtung 


38)  Nacli  Gell. ,  Suet, ,  Val.  M.  U.  cc.  begegnete  ihm  diess  in  der 
Curie,  nacli  I'Jnt.  dagegen  später  auf  dem  Markte,  als  über  das  angebliche 
T.weite,  den  campan.  Acker  betrelTeade  Gesetz  ( Cato  33 )  oder  über  Cäsars 
Provinzen  (Caes.  14)  gestimmt  werden  sollte;  der  Irrthniu  ist  dadurch 
entstanden,  dass  er  anf  dem  Alarkte  in  ein  Handgemenge  verwickelt  wurde. 
f   lü.    A.  59.  39)   Dio  38,  3.     Plnt.    Caes.    14    verkeimt,    dass    Cäsap 

eine  fiiedlicho  Einigung  wünschen  musste.     Liv.    103.  40)   App.  2,  433, 

T)io  .18,  4.  41)    I'lui.   Caes.   14.    Zonar.   10,  6.    Cic.  «d  Atl.  2,24.  j.  3. 

42)    Pio  38.  4.    Plut.  Tump    47. 


XXI.     lULlI.         fJl.§.  12.)         203 

der  Sitte  wiinleii  sie  iibergaugen,  uud  Pompejus  erLielt  das  Wort. 
Ilr  sollte  ricLten  z^viscLen  den  Consiiln,  zwischen  Senat  und 
Volk;  bis  zur  Beläubunjj  wurde  ihm  Weihraiicli  gestreut,  so  dass 
ihm  fast  jedes  andre  Bewiisslseiu  scLwand,  als  das  GefiiLl  seiner 
Ci rosse;  aber  er  sollte  sicU  aucU  seiner  selbst  entäiissern ,  kalt 
und  verscLlossen,  wie  er  war,  ölfentlicL  und  fcierlicli  dem  Senat 
den  Krieg-  ankündigen,  besclieiden  und  gemässigt,  wie  er  scheinen 
wollte,  gleich  einem  libermiithigen  Tyrannen  sich  gebehrden ;  so 
bestieg  er  die  Rednerbiiline.  \oa  Cäsar  befragt,  ob  er  das  Gesetz 
billige,  sprach  er  sein  gewiclitiges  Ja,  uud  unterstützte  es  mit 
Gründen,  welche  eben  so  lockend  für  das  Volk,  als  demiithigend 
für  den  Senat  und  für  ihn  selbst  schmeichelhaft  Wciren;  wiederum 
befragt,  wie  er  handeln  werde,  wenn  man  Gewalt  gebrauche, 
erwiederle  er ,  dann  werde  auch  er  zum  Schwerdte  greifen. 
Aehnliches  vernahm  man  von  Crassus,*^)  und  Andere  wagten 
nun   keinen  ^\  iderspruch. '*) 

Lm  den  Bund  zn  befestigen,  vermälilte  Cäsar  seine  Tochter 
Julia  mit  Pompejus,  obgleich  sie  schon  einem  Andern  verlobt 
war,'*)  und  er  selbst  heiräthete  Calpurnia,  deren  Vater  L.  Piso 
im  nächsten  Jahre  als  Cousul  über  seine  Gesetze  wachen  sollte.**) 
Diese  Ehen,  welche  Kellona  stiftete,*')  errregteu  bei  Cicero 
Verdacht  und  Unwillen,**)  und  erfüllten  Cafo  mit  Abscheu; 
er  erhob  ein  Geschrei  über  die  nnerträglidie  Kuppelei,  ■^vodurch 
man  sich  Aemter,  Heere  und  Provinzen  verschaffe,  die  Republik 
und  Pompejus  sich  selbst  ins  Verderben  stürze**)  und  Ciirio, 
Vater  und  Sohn,  nebst  Anderen  stimmten  ein.'")  Cäsar  aber 
liess  sich  so  wenig  dadurch  irren,  dass  er  im  Senat  bis  zur  Wahl 
der  neuen  Consnln  nicht  mehr  Crassus,  sondern  Pompejus  zuerst 
aufrief.  * ' ) 

§    1-'. 

(a.  59.)  Die  Comitleu  nahten  heran  und  die  Vertheidiger 
des  Ackergesetzes    gieugeu    ihnen    furchtlos   entgegen ,    da   keine 

43)  rint.  Caps.  Pomp.  U.  cc.  App.  1.  c.  Pio  38,  4.  5.  A'ellej.  2,  44. 
f.  4.     Vgl.   Cic.  ad  A«.  8,  3    '.  2.  44)    Uio  3?<,  5.  45)   S.  nntpii 

§.  28.    A    12    n.   "So.  36.  46)    2.  Th.  81.  47)     -AMguslin.    .le   ri». 

I>ei  3,  J3.  48/   ail  Au.   2,    17  in.   8.  3.   '.  2.  49j    FliH.  Cups.   14. 

roiii|i.  48.  Caio  31  fia.  App.  2,  435,  50)  Suet.  Caec.  50.         5i)  Sne«.  21 


204  ^XI.     lULlI.        (31.  §.12.) 

irdische  Waffe  iLin  zu  schadeu  vermochte.  Bei  dieser  schmerz- 
lichen Gewissheit  ergrilf  13ibulus  die  geweihte  der  ReL'gion ;  er 
zeigte  an ,  dass  er  an  allen  Coinilial  -  Tagen  den  Himmel  beob- 
achten werde. '^)  Die  Gesetze  des  Aelius  und  Fufius,  welche 
Clodius  im  folgenden  Jahre  aufhob,  ^^)  berechtigten  zu  einer 
solchen  Ankündigung  für  einen  Tag ,  an  welchem  man  mit  dem 
Volke  nicht  verhandeln  durfte  ,  da  es  doch  immer  möglich  war, 
dass  der  Älagistrat  ungünstige  Erscheinungen  am  Himmel,  Donner 
oder  Blitz  bemerkte ,  wodurch  die  Götter  den  Beschluss  unter- 
sagten ,  lind  jener  genöthigt  wurde ,  die  Volksversammlung  zu 
vertagen  ( obnunciare ).  Dem  alten  priesterlichen  Adel  hatte  sich 
diess  Mittel  oft  bewährt,  aber  in  einer  solchen  Ausdehnung,  und 
mit  einem  so  offenen  Geständnisse,  man  werde  sehen,  was  man 
sehen  wollte,  war  es  noch  nicht  angewandt. 

Um  60  weniger  wurde  es  von  Cäsar  beachtet.  In  der 
Nacht  vor  den  Comitien  besetzten  bewaffinete  Veteranen  des 
Pompejus  und  ein  Tlieil  des  Volks  mit  verborgenen  Dolchen  deu 
Blarkt.  *  *)  Der  C'oasul  begann  mit  Anbruch  des  Tages  von  den 
Stufen  des  Dioscuren  -  Tempels ,  welcher  in  solchen  Fällen  als 
Burg  benutzt  wurde,  ^ ')  zum  Volke  zu  reden,  als  Bibulus  er- 
schien. Drei  Tribüne,'^)  die  Consularen  L.  Luculliii.,  Q.  Ble- 
tellus  Celer  und  L.  Gellius,  ' ')  ferner  M.  Cato,  Favonins,  dessen 
Schatten,  der  jüngere  Curio^')  nebst  Anderen  seiner  Partei  und 
zahlreichen  Clienten  begleiteten  ihn.  ^  ^)  Sobald  er  Cäsar  er- 
reicht hatte,  unterbrach  er  ihn  durch  seinen  Einspruch.  Wort- 
wechsel und  Handgemenge  waren  die  Sache  eines  Augenblicks. 
Man  warf  Bibulus  die  Stufen  hinunter,  zerschlug  seine  Fasce» 
und  bedeckte  ihn  mit  Schmutz;  zwei  Tribüne  wurden  neben  ihm 
verwundet,  und  als  er  auch  jetzt  nicht  wich,  sondern  seinen  HaU 


u.  «las.  Bannig. -  Crnsiiis.  Gell.  4,  10.  14,  7.  §.  9.  Dionys.  H.  II,  16. 
52)  Dio  38,  6.  13.  Siiet.  20.  Cic.  p.  ilom.  IS.  de  har.  resp.  23.  ad  Att. 
2,  16.  5.  1:  Biljnlus  de  coelo  tum  servassel,  uec  iie,  silii  (Pompeio)  quae- 
rendam  non  fiiisse.  Eben  so  Rlilo  a.  57.  ad  Atl.  4,  3:  Proscripsit  Blilo, 
.^e  per  omiics  dies  couüliales  de  coelo  servalurnra.  2.  Th.  318.  A.  97. 
Ö3)    2.  TIi.  239.  A.   12.   13.  54)   Dio  38,  6.    Tlut.  Pomp.  48.    Caes.  14. 

Ciilo  32.    Lucall.  42.   App.  2,  433.    Zonar.   10,  6.  55)    I>io  I.  r..    Ol.en 

j.  9.    A.  7.  56)    Oben    f.    H.    A.    92.  57)     Gellii   No.    2.    A.   72. 

38)   Cic.  ad  Atl.  2,  18.  J     I.  59)   Oben  A.  .i4  n.  Liv.   103.    Suet.  20. 


XXI.    lULII.        (31.  §.12.)        205 

ruiblösste ,  um  fiir  das  Recht  zu  sterben ,  führten  ihn  Freiinue 
"\-\  iJer  seinen  Willen  in  den  Tempel  des  Japiter  Stator. '''')  Am 
liuig-sfen  widerstand  Cato;  er  .scliwaug'  sich  auf  die  RednerbiiLne, 
um  sich  Gehör  zn  verschaffen ,  wurde  herabgerissen,  gelangle  auf 
einem  andern  W^ege  wieder  hinauf  und  schmähte  Cäsar,  bis  man 
ihn  gänzlich  vertrieb.  Nach  diesem  Zwischenspiele  wurden  die 
Verhandlungen  erneuert  und  das   Gesetz  gieng  durch.''') 

Bibulus  war  heftig  und  hartnäckig,  aber  nicht  unternehmend; 
die  Nobililät  halte  ihn  aufgereizt,  und  er  hoffte,  sie  werde  nun 
wenigstens  am  andern  Tage  im  Senat  ihn  «nlerstiilzen ,  nud 
wenn  sie  keine  Blassregeln  ergreifen  konnte,  das  Verbrechen  der 
Gegner  zu  bestrafen  und  deren  Triumph  zu  vereiteln,  weil  Cäsar 
die  Fasces  und  folglich  den  \  orlrag  hatle ,  doch  in  Abschwei- 
fungen vom  Gegenstande  der  Berathung  ihren  Unwillen  bezeugen 
lind  das  Gesetz  fiir  ungiildg  erklären :  es  herrschte  aber  tiefes 
Schweigen,  und  er  zog  sich  in  seine  Wohnung  zurück,  welclie 
er  bis  zum  Ende  des  Jahrs  nicht  mehr  verliess.  ^-)  Dadurch 
wurden  auch  die  ihm  befreundeten  Tribüne  in  Unihätigkeit  ver- 
setzt, nnd  die  Senatoren  gerechtfertigt,  als  sie  das  Ackergeselz 
beschwuren,*^)  ein  Beispiel,  welchem  zu  folgen  doch  auch 
Q.  Metellus  Geier,  M.  Cato  und  M.  Favonius  zuletzt  fiir  rathsam 
hielten;*')  Spötter  aber  sprachen  vom  Consulat  des  Julius  und 
Cäsar.  *') 

Man   schritt  nun  zur  Wahl  der  Zwanzig,    deren  Zahl  einen 


60)    App.    2,   434.  61)    Ders.   1.  c.     I»!o  38,  6.    r-.t.  Cato  32. 

Pomp.  48.    LiT.   103.    VeUpj.  2,  44.  j.  4.   Suet.  20.  62)  Cic  in  Vatin.  9. 

ad  Fam.  1,9.  §,  3.  Vellej.  2,  44:  Qno  facto,  diun  angere  Tnlt  invidiam 
coUegae,  anxit  potentiam.  Suet.,  Dio,  App.  11.  cc.  PInt.  Caes.  14.  Pomp. 
1.  c.    Seneca  Cons.  ad  Marc.  14.  63)     Die   Verpflichtung    dazu    lag    in 

ihm  seihst.  Oben  f.  11.  A.  16.  Nur  App.  2,  434  kennt  ein  späteres 
Gesetz ,  -vrelches  den  Eidweigereru  den  Tod  drohte,  Appnlejus  Satnrninus 
gebot  a.  100  in  dem  seinigen,  die  Senatoren  sollten  es  binnen  5  Tagea 
beschwören  ,  bei  Strafe  der  Ausstossung  nnd  einer  Geldbnsse  Ton  20  Ta- 
lenten ,  und  sie  gehorchten  nach  einigem  Zügern  damals  -me  jetzt ,  bis  aof 
Metell.  Nnmidicus.     2.  Th.  39.  64)    Dio  38,  7.     App.   2,  434.     Kach 

Plnt.  Cato  32  bestimmten  diese  die  Thränen  der  Seinigeu  und  Cicero, 
welcher  ilnu  Torslellle,  er  müsse  sich  dem  Vaterlande  erhallen  ;  diess  sagte 
Cicero  drei  Jahr  später  in  der  P.ode  für  Sexlius  28  zn  seiner  Enischal- 
digung.  65)   Suet.  20.    Dio  38,  8.    App.  I.  c.    Oben  §.  4.  A.  51. 


206  XXL    lULII.        (31.  §.12.) 

Missbrauclj  der  ibiien  aiivertraiifen  Gewalt  verLindern  sollte,'") 
bald  aber  in  der  Tbat  auf  Fünf  bescLrünkt  wurde.  Ausser  Poin- 
jiejus,  welcher  sich  in  dieser  Angelegenheit  nach  Capna  begab,  ^') 
und  Crassus^')  werden  M.  Atius  Baibus,  der  Gemahl  von 
Cäsars  Schwester  Julia  '' ")  und  nach  Ciceros  Urtheil  als  ein  un- 
bedeutender Ariciuer  unwürdig,  Pompejus  College  zu  sein,'") 
Hud  C.  Cosconius  ")  als  Vollzieher  des  Ackergesetzes  genannt. 
Der  Letzte  starb  noch  in  diesem  Jahre,  und  man  trug  Cicero 
seine  Stelle  an,  welcher  unter  fremdem  Namen  der  Commissiou 
den  Untergang  wünschte,  nur  mit  Verachtung  sich  über  sie 
äusserte'-)  und  seines  Rufs  wiegen '^)  auf  nichts  eingieng, ''') 
aber  auch  sehr  erfreut  war,  dass  man  Clodius  nicht  aufnahm.  ' ') 
Das  Hauptgeschiift  erhielt  ein  Ausschuss  von  Fünf,  und  die 
üebrigen  wurden  ihnen  nur  zur  Hülfe  beigegeben,  etwa  die 
Raufcontracte  abzuschliessen.  ■'^)  Alle  waren  den  Optimaten 
verhasst,  welclie  ihren  ohnmächtigen  Zorn  selbst  und  durch  ihre 
Clienten  und  Söldner  kund  gaben,  an  ölfentlichen  Orten  Curio 
den  Jüngern  und  Andere  ihrer  Partei  mit  Beifallklatschen  und 
«ÜB  Gegner  mit  Murren  und  Zischen  empfiengen,  und  bei  Cäsars 
Auftreten  wenigstens  schwiegen.")  Auch  die  Missvergnii( 
auf  den  Gütern  äusserten  in  vertraulichen  Gesprächen  ihre 
rüstung,  und  Cicero,  ihr  Nachbar,  hörte  sie  gern  wie  jene, 
Botschaften  aus  Rom.'*')  Nach  seiner  Rückkehr  vom  Lande 
überzeugte  er  sich  durch  eigene  Wahrnehmung,  dass  „die 
Volksfreunde  sogar  die  Gemässigten  zischen  gelehrt  hatten ",  ' ') 
und    dass    die  Schauspieler   auf  Pompejus    anspielten,    welcher   in 


66)    Dio  38    1.  67)   aJ  Alt.  2,   12.  19.  §•  2.    de  prov.  cons.  17  fin. 

68)  Er  wild  nicht  ausdrücklich  erwiihnt,  aber  als  Trinmvii-  und  nach  seiner 
lebhaften  Mitwirkung  konnte  er  nicht  ansgeschlossen  vferden ;  überdiess 
ist  de  prov.  cons.  17:  IVle  in  tribns  sibi  couiunclissimis  consularibus  esse 
Tolnit  (Caesar),  auf  Pompejus  und  ihn,  nicht,  wie  Mannt,  will,  aufL.  Piso, 
Cäsars  Schwiegervater,  zu  beziehen,  denn  dieser  war  noch  nicht  Consular. 

69)  Snet.  Octav.  4.  70)  ad  Att.  2,  12.  71)  Das.  2,  19.  J.  3. 
72)  Das.  2,  6.  7.  §.  2.  12.  §.  1.  73)  Unten  A,  77.  74)  ad  Atl. 
2,  19.  §.  3.  9,  2  extr.  §.  1.  de  prov.  cons.  17.  Vellej.  2,  45.  §.  2. 
Qnintil.  12,  1.  §.  16.  Vgl.  2.  Th.  231.  A.  51.  75)  ad  Att.  2,  7. 
76)  de  prov.  rons.  17.  ad  Alt.  1.  c.  wo  Manu«,  irrig  viginli  für  quinqnn 
<n  lesen  vorschlagt;  s.  2.  Th.  231.  A.  52.  77}  ad  Att.  2.  18.  §.  I. 
19.  {.  a.           78)   D.1S.  2,  «.  5.  1.   13.  j.  2.  19.  §.  3.           79)  Da».  2.  19.  §.  1. 


XXI.    lUUI.        (31.5.12.)        207 

tapua  Acker  anwies,  und  von  einer  tobenden  Facdon  g-enötLigt 
wurden,  ihre  Worte  meLmials  zu  wiederLolen.  ^'')  •  Als  Sach- 
\N  alter  legte  er  auf  solche  Dinge  einen  grossen  AYertL,  und  er 
wünschte  sich  selbst  zu  •^iberreden ,  dass  ganz  Rom  diese  Stim- 
niuug  theilte,*')  weil '•die  Deniiithigung  der  Herrscher,  welche 
ihm  seinen  Tnumj)h  vom  J.  63  so  bald  und  so  schmerzlich  ver- 
leideten, ihm  tröstlich  war,  und  er  zugleich  holfle,  Pompejos,  „an 
Beschimpfungen  nicht  gewöhnt ,  bisher  immer  gelobt  und  vom 
Ruhme  umgaukelt,  und  nun  nugewiss,  wohin  er  sich  wenden 
sollte ,  da  vor  ihm  ein  Abgrund  gähnte  und  auch  der  Rückzug 
Schwierigkeiten  hatte"  werde  sich  demioch  zn  diesem  eni- 
schliessen,  und  dann  mit  dem  Senat  ihn  gegen  Clodins  beschützen. 
Ja,  der  Triumvir  erregle  sein  ]Milleiden,  wenn  er  voll  Ver- 
stellung ihm  offenbarte ,  wie  gern  er  aus  der  verwickelten  Lage 
sich  heransreissen  möge;  dann  dachte  er  nach,  fand  aber  kein 
Heilmittel,  und  rechnete  nur  noch  auf  die  öffentliche  Meinung, 
gegen  welche  der  Bund  nicht  bestehen  werde.  *^) 

Das  julische  Gesetz  wurde  indess  zum  Theil  schon  aus- 
geführt ,  und  etwa  20,000 ,  besondere  Veteranen  des  Pompejus, 
Lsahen  sich  nach  einer  willkührlichen  Bestimmung  ohne  Ent- 
'scheidung  des  Looses  in  Campauien  versorgt,**)  wo  sie  bei  der 
Erbauung  ihrer  Häuser  auch  die  Gräber  zerstörten  und  durch- 
wühlten, und  nach  dem  Berichte  des  Cornelius  Balbns  in  dem 
lyionumente  des  Capys,  ^^Bründers  von  Capua,  auf  einer  ehernen 
Tafel  die  griechische  Ii^Birift  fanden :  wenn  man  die  Gebeine 
des  C'apjs  entdeckt,  wim  der  Enkel  des  Juhis  durch  die  Hand 
seiner  .Stammgenossen  fallen ,  und  Italien  bald  durch  grosses  Un- 
glück dafür  büssen.  *'')  Doch  vertheilte  man  nicht  aüe  Staats - 
Ländereien  in  Campanien ;  selbst  im  J.  51  waren  nicht  alle 
angewiesen,  und  man  sagte,  Pompejus  werde  diess  beeilen,  damit 
Cäsar  nach  der  Rückkehr  aus  Gallien  nicht  darüber  verfügen 
kö'nne.  *')      Den    Ankauf    der    Privat  -  Besitzungen    erschwerte 


80)  ad  An.  ^.2  n.  Val.  Mas.  6,  2.  §.  9.  „  Kostra  miseria  In  es 
magnns  "  „Eandem  Tirtntem  istam,  veniet  teoipns,  quum  graviier  geines." 
81)    ad  An.  2,  22.  §.  3.  23.  {.  2.  82)  Das.  2,  23.  §.  2.  83)  Säet.  20. 

Extra  sorlcm.     Vellej.  2,  44.    f.  4.    App.  2,  433.     Vgl.   Caes.  B.  C.   I.  14. 
l>io  38,  7.    45,  12.  84)    Sae(.    81.  HS)   Cic.  ad  Farn.  8,  10  fia. 

Hier  V  36  Co, 


«208  XXI.    lULII.        (31.  §.13.) 

angeblich  Clodiiis  a.  58  als  Tribun,  da  er  mit  eiuem  Theile  der 
tla/.ii  bestiinniten  Siiminen  die  Consiilu  Piso  iiud  Gabinius  für  ihre 
Provinzen  ausstattete,  doch  liegt  in  dem  Zeugnisse  seines  Feindes 
Cicero  wenigstens  Ueberfreibung',  "  *■)  obg-leicL  er  am  Ende  seines 
Tribunats  auck  mit  Cäsar  zerfiel.^')  Im  December  57  forderte 
der  neue  Tribun  P.  Rutilius  Lupus  in  der  Curie  die  Rückgabe 
des  campauiscLen  Ackers  an  den  Staat ;  man  hörte  ihn  mit 
schweigendem  Beifall;  mehr  wagte  man  nicht,  und  der  erwählte 
Consul  Lentulus  Marcellinus  erklärte  es  für  .schicklich,  in  Pom- 
pejus  Abwesenheit  nichts  zu  beschliessen.  *  *)  Auch  Cicero 
beantragte  am  5.  April  des  folgenden  Jahrs  eine  Berathung'  über 
diesen  Gegenstand  für  den  15.  Mai,  und  veranlasste  dadurch  eine 
»rosse  Aufregung  bei  beiden  Parteien;  aber  Pompejus  gieng  voll 
Unwillen  zu  Cäsar  nach  Luca  in  dessen  Winterlager,  und  die 
Berathung  unterblieb.  **) 


§    13. 

(a.  59.)  Durch  das  Ackergesetz  war  den  Römern  das 
Triumvirat  angekündigt  und  die  Aristocratie  gelähmt;  die  Wei- 
genmg  des  Senats,  mit  sich  reden  und  dingen  zu  lassen,  galt  für 
Verzichtleistung  auf  seine  Rechte,  die  wichtigsten  Rogationen 
gelangten  von  jetzt  an  unmittelbar  an  das  Volk,  "")  und  Cäsar 
regierte  allein.  ^  ' )  Bibulus  widerstand  ihm  nur  durch  öffentliche 
Anschläge,  durch  Edicte,  ohne  selbst  wieder  aufzutreten,  und 
daher    ohne    Erfolg.  ^^)      Auch    beschränkte    er    sich    nicht    auf 


86)   p.  dorn.  9.     Tgl.  das.   21.    p.  Sext.  30.    in  Pison.  12.  35.    2.   Tb. 
262.    A.    18.  87)    2.  Tli.   281.   A.  41   f.     liier  j.   15.  88)    ad  (Jn, 

fr.  2,   1.  §.  1.     Unten  §.  20.  A.  40.  89)    ad  Fam.    1,  9    {.  3.    ad  Qn. 

fr.  2,  8.  Manutias  ist  in  den  A.  der  Meinung,  die  Vertheilung  der  frag- 
lichen Ländereien  habe  vor  Cäsars  Tode  gar  nicht  Statt  gefunden,  obgleich 
ans  dem  Vorigen  erhellt ,  dass  man  nur  nicht  über  alle  verfügte.  Der 
Vorschlag  des  D.  Brutus  a.  43,  man  möge  den  Truppen  in  Campanien 
Acker  geben ,  bezieht  sich  auf  das  nun  ungültige  Gesetz  des  L.  Antonius 
vom  J.  44,  nach  welchem  dessen  Bruder  Marcus  in  jenem  Lande  znm 
Nachtheile  der  dort  schon  ansässigen  Colonisten  Güter  angewiesen  hatte, 
nd  lam.  11,  20.  5  PhU.  19.  1.  Th.  113.  A.  58.  114.  A.  70.  129.  A.  62. 
90)   Oben   f.  II.   A.  40.  91)    Suet.  20.    Vellej.  2,  44.  92)    Oben 

5.   12.  A.  62. 


XXI.    JULir.        (31.  §.13.)        209 

EinsiiriicL,  seiner  friiLern  Erklürnng  gemäss,  "')  Eondern  er  war 
seiner  Würde  so  wenig  eingedenk,  dass  er  in  diesen  öffenllicliea 
l'rkunden  seinen  Gegner,  einen  Consul,  mit  gemeinen,  grössten- 
ilieils    auf  Stadtgespräch    gegründeten   SctmäLungen    angriff:    er 
liribe    sich    mit    Catilina    gegen    die    Reiniblik    verschworen,  9«) 
iHiJ    mit  Nicomedes  gebuhlt,    weshalb    er   ihn  Röniginn  von  Bi- 
tliynien   nannte,   welcher    ein   König    am    Herzen   gelegen    habe, 
und    nun   ein  Königreich    am  Herzen   liege.  ^')     Jeder   drängte 
sich   hinzu,   diese   „ archilochischen  Edicfe"    zu  lesen,  ^ 6)   deren 
Verfasser   von   seiner   Partei    bis    zun'   Himmel  erhoben  ^ ')    und 
n!s  der  Held  gepriesen  wurde,  „welcher  den  Staat  durch  Zögern 
niie",^^)    wogegen  Cicero,    nur  mit  Reclitshaudeln   beschäftigt, 
sich  wohl  hütend,    an  Staalssachen  TheU  zu   nehmen, '-"S)   nicht 
ohne  Neid  über  die  „neue  Art,  berühmt  zu  werden"  spottete,  '°°) 
und   der  Tribun  Vatinius   sein  Haus   bewachen  liess,   um  ihn  zu 
verhaften,    wenn    er    sich   zeigte.  ')     Als    er   die   Wahlcomitien 
verschob,   hielt  Cäsar   auf  dem  Markte  eine  heftige  Kede,   nach 
Ciceros   Deutung  in   der  Absicht,    die  Menge   zu   einem   Sturm' 
ge^en  seine  Wohnung  aufzureizen,  welches  nicht  gelang.  ^)     Er 
SLhonte    auch   Pompejus   nicht,    und   dieser    vertheidigfe    sich   am 
25.   Juli   vor   dem   Volke,   aber   so   kleinlaut,   so   demüthig   und 
kraftlos,  dass  er  „Allen  und  sich  selbst  missfiel,  Cicero  Tluänea 
vergoss,  und  nur  Crassus  ein  angenehmes  Schauspiel  hatte".  ^) 

Dahin  führte  ihn  seine  Trennung  vom  Senat,  und  ungesucht 
zeigte  sich  Cäsar  eine  Gelegenheit,  auch  das  Band  zwischen 
diesem  und  den  Rittern  zu  lösen,  welches  Cicero  als  die  schönste 
Frucht  seines  Consulats  und  einen  starken  Damm  gegen  die 
Neuerer  betrachtete.  Der  Senat  verfügte  a.  61  nach  dem  Processe, 
in  welchem  Clodius  nach  dem  Vergehen  gegen  die  Bona  Dea 
seine  Freisprechung  erkauft  halte,*)  dass  über  bestochene  Richter 
eine  Untersuchung  verhängt  werden  sollte;  er  schien  sich  damit 
selbst  für  schuldlos  zu  erklären,  und  die  Richter  aus  den  beiden 


93)   Oben  A.  52.  94)  Snel.  9.   Oben  §.  4.  A.  40.  95)  Suet.  49. 

Plnt.  Pomp.  48.    Oben  §.  1.  A.  100.  96)   ad  Att.  2,  20  Ca.   21.  J.  2. 

97)  Das,  2,  19.  §.  1.   20.  §.  4.   21.  J.  3.  98)  Das.  2, 19.  99)  Das. 

2,  22.    §.  I.  100)    Das.   2,   20.   §.  4.  1)    in  Valin.  9.    ad  Fam. 

1,9.  §.  3.    Dio  38,    6.  2)    ud  Alt.   2,  21.   J.  3.  3)   Das.  J,  2< 

4)    2.   T(i.  214.  ,:    (,tt 

IhLini.tiiii ,    Ot:jiliit.lili:  IL'iiiui  111.  ^^ 


210  'XXI.    rULH.        (31.  §.13.) 

anderen  Ständen  *)  fiihlten  sicH  gekränkt.  Zufällig  war  Cicero 
abwesend ;  in  Briefen  an  Allicus  konnte  er  den  Beschluss  nur 
billigen  ^)  und  mit  grosser  Entrüstung  äusserte  er  sich  über  jene» 
Gericht,  ')  aber  die  Beleidigten  waren  bestimmt,  ihn  gegen  Clo- 
dius  zu  besrhiilzen,  deshalb  rügte  er  es  in  der  Curie,  dass  man 
so  rücksichtslos  gegen  sie  verfuhr.  ")  Nun  aber  verlangten  die 
Jlitter ,  welche  die  Einkünfte  in  Asien  von  den  Censoren  nm 
einen  zu  hohen  Preis  gepachtet  hatten,  von  Crassus  ermulhigt 
in  demselben  Jahre  die  Aufhebung  des  Vertrags ;  „  ein  verhasster 
Handel,  eine  schändliche  Forderung,  ein  Gesländniss  der  Un- 
besonnenheit", und  dennoch  am  1.  und  2.  December  von  Cicero 
Ibevorwortet,  damit  die  Stände  einig  blieben.  Bletellus  Celer,  der 
erwählte  Consul,  war  dagegen,  und  auch  Cato,  doch  hinderte  ihn 
die  Kürze  des  Tages,  sein  Gutachten  abzugeben.  ^)  Er  glaubte 
nicht,  dass  das  gute  Vernehmen  zwischen  Senat  und  Rittern  vor 
allem  Andern  in  Betracht  komme,  '")  und  Cicero  klagte  am 
1.  Februar  60,  nun  schon  den  dritten  Monat  quäle  er  die  armen, 
ihm  vorher  treu  zugethauen  Pächter,  und  gestatte  nicht,  dass  der 
Senat  ihnen  auch  nur  antworte.  ' ')  Dadurch  wurden  sie  diesem 
verfeindet,'')  sie,  unter  deren  Beistande  Cicero  seinen  fünften 
December  gefeiert  hatte,  '')  seine  Schutzwache  auf  dem  Ca- 
pitol,  ")  weil  die  Grossen  sich  nur  mit  ihren  Fischteichen  be- 
schäftigten ")  und  Cato  bei  dem  besten  AVillen  vergass,  dass 
man  nicht  in  Piatos  Republik  lebte.  '^)  „Nichts  konnte  wahrer 
sein,  als  dass  man  bestochene  Richter  selbst  vor  Gericht  stellen 
müsse,  nichts  schaamloser,  als  die  Forderung  der  Ritter,  aber  die 
Klugheit  rieth,  nachzugeben,  den  Verlust  zu  tragen;  Cato  wollte 
es  nicht,  und  er  drang  durch;  so  war  denn  vorauszusehen,  dass 
auch  der  Senat  allein  stehen  werde."")  Die  Hülfe  kam  früher, 
als  Cicero  ahndete,  nur  nicht  für  Uin,  denn  sie  macIUe  den  Riss 
noch  grösser.  Durch  die  Verheerung  Asiens  im  mithridatischen 
Kriege    hatten    auch    die    Pächter   gelitten,    und    Cäsar    gründete 


6)    2.   Th.   491,   A.   51.  6)    2,  1.    §.  6.  7)    ad  Att.    1,  16. 

2.   Th.   21S.  8)    ad  A«.    1,   17.   §.   3.  9)    Das.  1.  c.  10)   p. 

Clnent.  55.  11)   ad  Att.  1,  18.  J.  8.    p.  Plane.  14.    Dio  38,  7.    App. 

2,  435.  12)  ad  Att.  1,   19.   §.  6.  2,  9.  §.  3.  13)  2.  TIi.  532.  A.  32. 

14)   ad  Att.  2,  1.  §,  6.  p.  Plane.  I.  c.  15)   Hortens.  No.  7.  §.  6.  A.  87. 

16)    ad  Att.  I.  c.  17)   Das.  f.  6  n.  8. 


XXI.    lULn.         (31.  §.13.)         211 

darauf  im  April  59  '  ^)  seinen  Antrag-  an  iaa  Volk,  ein  Drittheil 
der  Pachtsumine  zn  erlassen,  obg-leicli  nur  der  Senat  daza  befng't 
Vrar.  '^)  Cn.  Plancius,  selbst  ein  röiniscLer  Ritter,  sprach  zuerst 
iför  die  Rogation,  ^°)  dann  Pompejus  '')  und  oLne  Zweifel  auch 
Crassas,  und  sie  'wurde  ohne  Hindernisse  genehmiget ;' ^ )  der 
Consul  warnte  sog-ar  seine  Schützlinge  zum  Nachtheil'  des  Schatzes, 
in  Zukunft  vorsichtiger  za  sein,^^)  und  sie  verehrten  ihn  als 
ihren  Wohlthäter. 

Er  hatte  zwei  wichtige,  wenn  auch  nur  Torbereilende  Unter- 
nehmungen ausgeführt  und  Pompejus  ihn  treu  unterslülzt;  nun 
liess  er  dessen  Einrichtungen  in  Asien  bestätigen,  '  ')  nicht  früher, 
mn  Volk  und  Ritter  zuTor  günstig  zu  stimmen,  nnd  die  Optimalen, 
einzuschüchtern,  wie  er  ihm  selbst  sagen  mochte,  in  der  That 
aber,  um  dadurch  dass  er  anfangs,  im  Ackergesetze,  sein  AVort 
nur  zur  Hälfte  lös'te,  ihn  abhängig  zu  erhalten.  Auch  Terschaffts 
er  dem  Freunde  nur  eine  eitle  Ehre,  und  sich  den  wesentlichen 
Vortheil,  dass  dieser  die  Gesetze  und  Einrichtungen  des  Consuls, 
welche  wegen  der  Verachtung  der  Anspicien  „  leicht  umzustossen 
■waren",  ^')  rertheidigen  niusste.  Pompejas  behauptete  nach 
seiner  Ankunft  in  Asien,  nur  ein  Feldherr,  welcher  einen  Krieg 
endige,  habe  die  Befugniss,  in  den  eroberten  Ländern  An- 
ordnungen zu  machen ,  imd  daher  sein  Vorgänger  L.  LncuUus 
weder  zu  Gunsten  noch  zum  Nachtheil  der  Städte,  Truppen, 
Bundesgenossen  oder  Einzelner  verfügen  können ;  '  ^)  er  erkannte 
keine  seiner  Handlungen  an,  obgleich  der  Proconsul  die  zehn 
römischen  Gesandten  zugezogen  hatte,  wie  es  sich  gebührte.  *') 
Nicht  Cato  allein  fand  diess  ungerecht,  auch  ]>IeleUu8  Creticns, 
welchem  Aehnliches  begegnet  war,  ^^)  Aletellus  C'eler  und  viele 
Andere  bewrkten  in  Verbindung  mit  Lucullus ,  dass  der  Senat 
das   Verfahren    des    Pompejus    nicht    genehmigte.  °^)      Cäsar   ent- 

18)    ad  A«.  2,  16.  {.  1.  19)    Polyb.  6,  13.  20)   p.  Plane.  14. 

21)    ad    Alt     1.    c.    n.    8,    3.    §.    2.  22)     Soet.    20.    Dio  u.  App.  1.  c. 

23)  ad  Au.  2,  18:  2:xo7i6g  est,  nt  snspicor,  Ulis  qui  tenent,  nnllam  cni- 
qnam  largitioaem  relJnquere.  Soeton.  1.  c.  Caetera  item,  qnae  cniqne 
libni.ssent,  dilargitns  est.     S.  nnten  §.  53.  A.  63.  24)    Dio  38,  7.  PInl. 

Pomp.  *8.     App.  2,   435.     VeUej.  2,  44.  {.  2.    Snel.  20.  25)    ad  Att. 

2,    14.     §.    1.  26)     Plnt.    Pomp.    38-  27)    Das.    31.      Lucnil,    36. 

28)   2.  Th.  SS.  29)    VeUej.  2,  40.    Dio  37,  49.  38,  7.  Plal.  LucdU,  42. 

Pomp.  46.  48.    Cato  31.    Flor.  4,  2.  $.  8. 

14* 


212  XXI.    lüLII.        (31,  §.13.) 

-scliied  dnrcli  einen  VolksbescLliiss ,  und  Lncnllnü,  welcLer  sicL 
aiicli  je(7.t  noch  videi-setzte ,  wurde  durch  die  Drohung',  ihn 
wegen  der  Verwaltung  Asiens  anzuklagen,  so  sehr  geschreckt, 
dass  er  ihm  zn  Füssen  fiel,  und  seine  Ansprüche  aufgab.  ^  °) 

Ausserdem  aber  wünschte  Pompejus  eine  Schuld  aus  der 
Zeit  seiner  Statthalterschaff  in  Asien  abzutragen,  und  der  Consul 
war  unermüdlich,  Uim  zu  dienen.  Er  hafte  während  seines  Feld- 
zngs  jn  Judäa  im  J.  63  bedeutende  Summen  aus  Aegypten  er- 
halten, ^')  dessen  König  Ptolemäus  Auletes  als  natürlicher  Sohn 
des  Lafhurus  ^')  und  wegen  des  angeblichen  Testaments  seines 
Oheims  Alexander  I ,  nach  welchem  die  Römer  das  Land  erben 
sollten,'^)  für  seinen  Thron  fürchtete.  Cäsar  selbst  verlangte 
a.  65  die  Vereinigung  des  ägyptischen  Reichs  mit  dem  rö- 
mischen ,  ^  *)  nnd  zwei  Jahr  später  wurde  die  Sache  im  Acker- 
gesetze des  RuUus  von  neuem  augeregt.  ^ ')  In  dieser  Gefahr 
wendete  sich  Auletes  an  Pompejus,  zugleich  aber  unterstützte  er 
dessen  Fürwort  bei  dem  Consul  nnd  bei  anderen  Grossen  mit 
Gelde  und  Versprechungen,  und  Cäsar  beruhigte  ihn  im  Anfange 
dieses  Jahrs '^)  durch  einen  Senats-  und  Volksbeschluss ,  in 
welchem  er  als  Freund  und  Bundesgenoss  anerkannt  und  damit 
bestätigt  wurde.  ^ ') 

Eine  gleiche  Gunst  erwies  Cäsar  %vieder  mit  Zuziehung  des 
Senats  dem  germanischen  Fürsten  Ariovistns,  welcher  auch  grosse 
Geschenke  erhielt.  Nach  seiner  Behauptung  hafte  dieser  sich 
di-ingend  um  die  Freundschaft  der  Römer  beworben,  er  sollte 
aber  wahrscheinlich  durch  den  Vertrag  gebunden  und  abgehalten 
w^erden,  die  vom  Consul  bereits  beschlossene  Eroberung  Galliens 
zu  erschweren.  ") 


30)   Snct.  20.     Rio  38,  7  erzählt  so,  als  habe  er  TOni  Anfang  nichts 
gegen  die  Rogation  nnternominen.  31)   Plin.  33,  47  (9).   Joseph.  A.  J. 

14,  3  (5).  32)    2.  Th.    263.   494.   A.  79.  33)    Das.  264.   A.  31. 

53S.   A.  68.  34)    Das.   264.    Hier  §.  4.  A.  61.  35)   2.  Th.  265. 

Hier  J.  5.  A.  32.     Clodius  schickte  a.  58  M.  Calo  nach  Cypern,  die  Insol 
als  ein   ügypt.  Nebenland  in  Besitz  zn  nehmen.     2.  Th.  262.  36)  Cir. 

ad  Att.    2,  17.    §.  1.  37)    Das.     Caos.   R.   C.   3,  107.     Snef.  54.    Dio 

39,  12.    Cic.  I).  Rahir.  Post.  3.  38)     des.    I{.  G.    1,  35.  40.  42.  44. 

l'lnt.  Caes.  19.    Dio  38,  34.  App.  (Jeltic.  I.  4    Exe.  14  de  leg.  ed.  Schw. 
Vnlen  {.  15  fin.  u  j'i-'j   .V.^    >*■  ,>.w.  * 


XXI.    ILLII.        (31.  §.14.)         213 

§    14. 

(a.  59.)  Die  übrigen  juliscLen  Gesetze  mag  Dio  nicLl 
läher  bezeicLnen,  ^Ye^I  ibre  Zahl  zu  gross  sei  uud  seine  Auf- 
gabe es  nicLt  erfordre ;  er  fügt  nur  Linzu ,  Cafo  Labe  als  Prälor 
jie  nie  nach  ibrem  UrLeber,  sonJeru  zum  TLeil  mit  den  läcLer- 
JcLsten  Wendungen  anders  benannt.  ^^)  Man  findet  aucL  bei 
veinem  Andern  LinreicLende  nnd  zuverlässige  NacLricLten  über 
iie,  so  dass  es  bei  mancLen  ungewiss  bleibt,  ob  sie  Ciisars  erstem 
Consniat  oder  der  Zeit  seiner  HerrscLaft  oder  selbst  Augustus 
ingeLören,-und  ein  Ganzes  oder  nur  AbscLnide  eines  Ganzen 
insmacLen.  Ueber  das  Gesetz  gegen  Erpressungen,  1.  lulia  de 
l>6cnnib  repetondis ,  welcLes  entscLieden  im  J,  59  gegeben 
Vvnrde,  *")  erLält  man  darcL  Cicero  einigen  AufscLluss,  jedodi 
ist  es  nicLt  möglicL,  seine  C'apitel,  deren  melir  als  101  waren,  * ') 
rollsiändig  Lerzustellen ,  znmcJ  da  in  den  Pandecten  sx>ätere  Zu- 
sätze eingescLoben  sind.  *^)  Es  übernaLm  Mebreres  aus  den 
älteren  Gesetzen  dieser  Art,  ancL  aus  dem  corneliscLen,  * ')  war 
aber  strenger,  weil  es  meLr  ins  Einzelne  gieng,  nnd  die  Strafen- 
scLärfte.  DesLaib  wird  es  von  Cicero  gerühmt,**)  obgleicL  es- 
nur  die  Opfimaten  beschränken  sollte,  während  Cäsar  in  seinen 
Provinzen  nach  Gutdünken  zu  Landein  und  sicL  der  ALndnng 
zu  entziehen  gedacLte.  UnrecLtmässiger  Erwerb  sowoLl  der  Pro-" 
vincial-BeLörden  und  iLres  Gefolgs,  als  der  städtiscLen,  so  fern- 
er aus  dem  IMissbranche  ihrer  Befugnisse ,  ihrer  Gewalt  und  ihres  • 

■ li 

39)    a.  54  iD   der   Quästion   über  Repetnuden   mnsste  er  nach  Cäsars 
Gesetze   ricliten.     Dio   38,   7.  40)     Cic.  p.    Sext.   64.     iu  Vatiu.   12. 

41)   ad  Farn.  8,  8.  §.  2.  42)   Dig.  1.  48.  tit.  11.  lex  1  t.    Das.  leg.  7; 

liodie  ex  lege  rep.  extra  ordiaem  piminnlur;  et  plenunqne  vel  exilio  pu- 
uiuutnr,  vel  etiam  durius,  prout  admiserint.  (Marcell.)  Sigou.  de  iudiciis 
2,  27  ist  mir  eiu  Auszug  aus  den  Tandecten,  niit  einigen  Stellen  aus  Cicero. 
Eben  so  Anton.  Augustin.  de  legg.  in  Graev.  tbes.  2.  p.  1217.  Ferrat. 
Epist.  1 ,  10  widerlegt  Einiges  im  Conunenlar  des  Slannt.  zu  Cic.  Or.  p. 
Rah.  Post.  Mannt,  de  legg.  p.  55  b.  sali  wenigstens,  dass  die  Bestiuimnng 
ülier  die  Reclinungeu  I^ein  besonderes  Gesetz  war,  wie  nocb  Ernesti  (ind. 
legg.  Schütz,  p.  264)  annahm,  sondern  als  ein  sehr  wesentlicher  Theil  dem 
liier  Besprocheneu  zufällt.  43)    S.  die  Uebersicht  der  legg.  rep    bis  auf 

Sulla  im  2.  Th.  488.  44)    p.  Rabir.  P.  4:   Mulla  sunt  severius  scripta, 

quam  iu  antiquis  legibus,  et  sanclins  iudicata,  p.  Sext.  64  fin. :  Optima 
lex.     iu  Vatin.  12:    acerrima.     in  Pison.  10:    iustissima  atqae  oi)lima. 


214  XXI.    lULH.        (31.  §.14.) 

Einflusses  Lerrorg'eLen  konnte,  wiirde  darin  verpönt;  der  Bürger, 
ProTincial  und  Biindesgenoss ,  welcher  von  ihnen  abLängi»  war, 
oder  mit  ihnen  in  Berührung;  kam,  sollte  vor  gesetzwidrigen  For- 
derungen und  bei  Streitigkeiten  vor  parteiischer  Entscheidung, 
der  Schatz  vor  Verlust  und  der  Staat  überhaupt  vor  den  Nach- 
theilen einer  gewissenlosen  Verwaltung  und  Rechtspflege  bewahrt 
werden.  * ')  Das  Gesetz  bestimmte  demnach,  was  dem  Statthalter 
auf  der  Reise  und  in  der  Provinz  zu  leisten  und  zu  liefern  sei: 
Obdach,  Lager,  Holz  und  Salz  für  ihn,  seine  Unterbeamte  und 
Begleiter,  und  Stallung  und  Heu  für  die  Pferde  und  Last- 
thiere.  *^)  Ohne  Auftrag  von  Volk  oder  Senat  sollte  er  die 
Gränzen  seiner  Provinz  nicht  überschreiten,  das  Heer  nicht  hinaus- 
führen ,  keinen  Krieg  unternehmen  und  sich  nicht  mit  den  An- 
gelegenheiten eines  benachbarten  Reiches  befassen.'')  Aach 
war  ihm  nicht  erlaubt ,  Rronengold  als  Beisteuer  zu  den  Kosten 
des  Triumphs  zu  fordern ,  wenn  der  Senat  diesen  nicht  bewilligt 
Latte.  '  *)  Bei  seinem  Abgange  legte  er  in  zwei  Städten  seiner 
Provinz  Rechnungen  nieder,  und  dann  eine  völlig  gleicLlantende 
im  Schatz'.  *  s)  Die  Pandecten  erwähnen  ausser  den  genannten 
andern  Vergehen,  welche  nach  diesem  Gesetze  unter  den  Begriä 
der  Repetunden  fallen,  so  dass  es  auch  gegen  diejenigen  gerichtet 
war ,  welche  als  Ankläger  ,  Richter  oder  Zeugen  sich  bestechen 
Hessen,  Geld  nahmen,  jemanden  zum  Kriegsdienste  auszuheben 
oder  davon  zu  befreien,  im  Senat  oder  in  einer  andern  öffent- 
lichen Versammlung  ein  Gutachten  abzugeben,  wie  es  gewünscht 


45)   Die  Riner   als  solche   gieng  das  CeseU  nicht  an.     p.  Rab.  P.  5. 
46)     ad  Atf.   5,  10  n.   16.  47;    in  Pisoa.  21    u.    das.  1.  c. :    Exercitnni 

cdnxjl  ex  Syria  (Gabinius).  (Jni  licuJt  exlra  prOTinciam?  16:  I-ege  Cae- 
saris  popnli  liberi  plane  et  vere  erant  IJberi.  37 :  Mino  diplomala  tota  in 
provincia  passim  data;  mitto  nnmernm  naTinm,  snmmamqne  praedae ;  mitto 
rationcm  exacti  imperatiqne  frnmenti ;  mitto  ereptam  liberlalem  popnlis  ac 
singulis ,  qni  erant  alTecli  praeniiis  nominatim ;  qnornm  nihil  est  ^  qnod  non 
sit  lege  lulia,  ne  Ceri  liceat,  sancilnm  diligenter.  p.  dorn,  9:  Nonne  no- 
minatim popnlos  liberos,  mnltis  S.  G.  etiam  recenti  lege  generi  ipsius  übe» 
ratos  etc.  de  prov.  cons.  4 :  Ut  tibi  pecnniis  editis  ins  in  liberos  popnlos  ~~- 
conlra  legem  generi  tm  dicere  liceret.  'WolF  zu  Or.  p.  dorn.  1.  c.  denkt 
an    eine    lex  Inlia  de  proTinc,    welche  Cäsar  als  Dictator  gab.  48)   in 

Pison.  37.   2.  Th.  69.  A.  2.  49)   ad  Alt.  6.  7.   ad  Farn.  2,  17,   6,  20. 

in  Pijoa.  25.   flnt.  Cato  m.  38.   Dio  39,  23. 


XXI.     lULII.         (31.  §.14.)         215 

wurde,  nnti  Gefraide,  welcLes  nicht  vertLeilt,  oder  Banten,  ■welche 
nicht  ausgeführt  waren ,  dem  Schatze  iu  Rechnung  brachten. 
]Vack  dem  julischen  Gesetze  sollte  der  Verbrecher  nicht  bloss 
mit  £xii  nnd  Schadenersatz  biissen,  wie  schon  nach  älteren, 
sondern  anch  aus  dem  Senat  gestossen  werden,  '")  nnd  wenu 
sein  Vermögen  nicht  zureichte,  das  Gericht  untersuchen,  wer  den 
Mitgenuss  am  Erpressten  gehabt  habe,  * ')  und  diesen  zur  Zahlung 
des  Fehlenden  anhalten ,  wie  früher  bereits  das  servilische  und 
comelische  Gesetz  verlangten.  '^) 

Andere  Rogationen  kann  man  Cäsar  mit  demselben  Rechte 
znschreiben,  obgleich  sie  den  Namen  des  P.  Vatinius  trugen,  '  ^y 
eines  erkauften  Tribuns.  ")  Die  erste  machte  dieser  im  An- 
fange des  Jahrs  oder  schon  am  Ende  des  vorigen  bekannt : 
Kläger  und  Beklagter  sollten  nicht  bloss  wie  bisher  einzelne,^') 
sondern  alle  Richter  einmal  verwerfen  dürfen ;  lex  Vatinia  de- 
alternis  consiliis  reiiciendis.  Als  er  jedoch  erfuhr,  dass  man 
C  Antonius ,  Ciceros  GoUegen  im  Consnlat ,  belangen  wolle, 
zögerte  er,  bis  es  geschehen  war,  und  beschränkte  dann  sein 
Gesetz  auf  Processe,  welche  man  nach  dessen  Bestätigung  an- 
hängig machen  werde,  damit  es  dem  Consular,  dem  Optimaten, 
nicht  zu  Statten  kam.  '  *) 


SO)  Soet.  Caes.  43.  Otho  2.  Taci«.  H.  1,  77  fin.  Plin.  Epist.  2,  11. 12. 
Paul.  Recept.  sent.  5,  28.  Heinecc.  Ant,  R.  4.  tit.  18.  §•  ^^5.  Lips.  zu 
Tacit,     14,     28.  51)     Qno     ea   pecunia    pervenerit.      p,    Rabir,    P.    4. 

52)  p.  Rabir.  1.  c.  S.  Gabinii  No.  5.  §.  3.  A.  52  u.  78.  Als  Gabiiiias 
a.  54  nach  der  ■willkührlictiett  Herstellnng  des  Auleies  Tvegen  Repetunden 
verurtlieilt  war,  nnd  die  Ton  ihm  geforderte  Summe  nicht  zahlen  konnte, 
nahm  man  C.  Rabirins  Postnmns  in  Anspruch,  ireil  auch  er  in  Aegyptea 
gewonaen  habe;  appeudicula  cansae  iadicatae.  p.  Rab.  1.  c.  u.  c.  7:  Cum 
ita  dicis,  Posiumi  impulsu  Gabininm  profectuni  Alexandriam  elc.  11:  Ait 
enim  (C.  Memmins,  accusator)  dum  Gabinio  pecuniam  Fostumus  cogeret  ex 
decnmis  imperatornm,  pecuniam  sibi  coegisse.  53)    in  Vatin.  6,     Deinde 

qnaero,  quae  sit  anctoritas  eins,  qni  se  alterins  facto,  non  sno  defendat?  — 
Si  iam  ^iolentior  aliqua  in  re  C.  Caesar  fuisset  —  id  tu  tibi,  fnrcifer, 
snmes,  etYatinii  latronis  ac  sacrilegi  tox  andielnr,  hoc  postnlantis,  ut  idera 
sibi   concedatur,    quod    Caesari  ?  54)    Das.    12.  16.  55)    Ascon.  in 

Verr.  Act.    1,  6.    OreU.  p.  131.  56)    iu  A^itin.  11.     1.  Tb.  539.     Es 

bezog  sich  nicht  bloss  auf  Klagen  wegen  Repetnnden,  eine  Annahme,  wozu 
man  ohne  Zweifel  dadurch  verleilet  ist,  dass  nun  eben  Antonius  Tregcn 
die«es  Verbrechens  vor  Gericht  stand. 


216  XXI.    lULII.         (31.  §.14.) 

El"  erLielf  Jjald  eine  höhere  Beslimrating.  Cäsar  hafte  al» 
Consul  mir  Anderen  gedient,  dem  Volke,  den  Rittern  uud  Pom- 
pejiig,  und  sich  in  neue  Schulden  gestürzt,  um  die  ßlenge  darcL 
Bühnen  -  und  Fechter.spiele  za  ergötzen,  in  welchen  er  sich  selbst 
übertraf; ' ')  anspruchslos  äusserte  er,  für  sich  bedürfe  er  nichts;  ") 
er  bedurfte  aber  Provinzen,  solcher  Provinzen,  welche  ihm  den 
Sieg'  über  Freund  und  Feind  verbürgten,  und  Vatinius  forderte 
sie  für  ihn.  Blit  dem  Senat,  dessen  Beschluss  über  seine  Ver- 
waltung' nach  dem  Consulat  Furcht  uud  Hass  verrieth,  *  ^)  mochte 
er  nicht  mehr  rechten,  auch  war  es  überflüssig',  da  er  sich  stark 
genu^  fühlte,  ihn  und  da^  sempronische  Gesetz,  nach  welchem 
die  Curie,  und  zwar  jährlich,  über  die  Consular- Provinzen  ver-, 
fügen  sollte,  ®°)  unbeachtet  zu  lassen.  ^')  Auf  Vatinius  Antrag 
gab  ihm  das  Volk,  in  welchem  auch  Porapejus  Veteranen,^') 
und  die  Freunde  des  Crassus,''^)  Clodius  ^*)  und  L.  Piso^^) 
stimmten,  das  cisalpinische  Gallien  imd  Illjricum  mit  drei  Le- 
gionen auf  fünf  Jahr.  ^  ^)  Es  glaubte  sich  ihm  verpflichtet, 
während  es  seinen  höchsten  Wunsch  erfüllte,  und  die  anderen. 
Triumvirn  empfanden  keine  Eifersucht.  Pompejus  verlangte  nach 
wohlfeil  errungenen  oder  auch  fremden  Lorbeeren,  und  Crassns, 
nach  grösserem  Reichthum.  Wahrscheinlich  blieb  es  ihnen  nicht 
verborgen,  dass  man  den  Senat  veranlassen  werde,  das  jenseitige 
Gallien  hinzuzufügen ;  in  jedem  Falle  war  es  von  mehreren 
Seiten  bedroht,  und  ein  Statthalter  am  Padus  konnte  der  Theil- 
nahme  am  transalpinischen  Kriege  kaum  entgehen,  Blan  fürchtet 
diesen,  schrieb  Cicero  im  März  des  vorigen  Jahrs;  die  Aeduer, 
kämpfen,  die  Seqiianer  haben  unglücklich  gefochteu,  und  die 
Helvetier  sind  ohne  Zweifel  unter  den  Waffen  und  machen 
Streifzüge  auf  unser  Gebiet;  *')  später  giengen  zwar  bessere 
Nachrichten    ein,*')   man  hatte   aber  keine  Gewissheit,   und  die 


57)   App.  2,  435.  58)   Dio  38,  8.  59)    Oben  §.  10.  A.  68. 

60)   Das.  A.  66.  61)   in  Vatin.  15.  62)   Suet.  22.  Plut.  Caes.  14. 

63)    Pliit.    Crass.    14.  64)    App.    2,   436.  65)    Suet.  1,   c.    Ohen 

§.11  fiü.  66)    Plnt.   Caes.,  Crass.  11.  cc.    Ponipej.  48.    Calo  33.    App. 

2,  435.  Dio  38,  8.  Zoiiar.  10,  6.  Cic.  in  Valiu.  15.  de  prov.  cons.  15. 
Caes.  15.  ü.  2,  35.  3,  7.  5,  1.  VeUcj.  2,  44.  J.  5.  Suet.  22.  Gros.  6,  7 
giebt  TvJe  Eutrop.  6,  17  (14)  die  Zahl  der  Legionen  /.n  hooli  an.     Vgl.  Flor. 

3,  10.  67)    iid  Au.   1,   19.  ;.  2.  68)    Das.   I,  20.  §.  6. 


XXI.    iüLn.        (31.5.14.)        217 

Gallier  scLienen  Rom  so  gefülirlich  zu  sein,  dass  im  Kriege  mit 
ihnen  keine  Ausnaliine  vora  Waffendienste  Statt  fand  *  ^)  Ohne 
Ahndang  der  Folgen  vei-setzten  also  Pomxjejus  und  Crassus  ihren 
CoUegen  „gleichsam  in  eine  Burg".  '") 

Auch  die  Alten,  welche  das  Ende  über  den  Anfang  belehren 
konnte,  sehen  in  Cäsars  Leben  selten  die  Bedeutung  des  Ein- 
zelnen; sie  lassen  ihn  im  Geiste  gewöhuliclier  Oplimaten  han- 
deln; er  zog  Gallien  vor,  sagt  Sveton ,  weil  es  Beute  und 
Triumphe  verhiess;"')  diese  waren  aber  für  ihn  nur  Büttel. 
Ein  blutiger  und  langwieriger  Krieg  sollte  ihm  ein  Heer  ver- 
schaffen, welches  sich  vom  Staate  ablös'fe  und  nur  ihm  gehorchte; 
er  sollte  die  nächsten  Interessen  des  Volks  berühren,  nnd  ein 
siegreicher  gallischer  war  dazu  geeignet,  denn  ein  cimbrischer 
Schrecken  hatte  sich  der  Gemüther  von  neuem  bemächtigt;''^) 
er  sollte  auch  nicht  fern  von  Italien  geführt  werden,  damit  Rom 
den  Feldherrn  nnd  er  Rom  nicht  aus  den  Augen  verlor,  wie  es 
PompeJQS  in  Asien  begegnet  war.  Deshalb  galten  ihm  eben  beide 
Gallien  für  unzertrennlich;  das  eine  hatte  ohne  das  andre  nicht 
den  halben  ^^  erlh  für  ihn,  sondern  gar  keinen.  Jenseits  der 
Alpen  war  sein  Schlachtfeld,  seine  Goldquelle  und  sein  Uebungs- 
l>latz  für  den  Bürgerkrieg;  diesseits  sein  Winterlager,  wo  er 
die  Berichte  seiner  Freunde  in  Rom  und  seiue  Aufträge  für  sie 
durch  mündliche  Mitlheilungen  ergänzte,  seine  immer  glänzendem 
Lorbeem  mit  einem  immer  kräftigeren  Druck  auf  die  Gegner  in 
der  Nahe  zeigte,  imd  endlich  sich  zum  Angriff'  aufstellte,  ohne 
die  gesetzmässigen  Schränken  zu  durchbrechen.  '  - '')  Solche  Zeilen 
Latte  man  nicht  vorgesehen,  als  man  einen  TheU  der  Halbinsel 
zur  Provinz  machte,  und  Pompejus  vergass,  als  er  Proconsul  von 
Spanien  wurde,  and  vor  Rom  blieb,  dass  der  Nebenbuhler  nun 
zwischen  ihm  und  dem  Kern  seiner  Truppen  stand. 

Wohl  konnte  C"  ir  vom  Volke  mehr  erhalten,  aber  nicht 
ohne  den  zwiefachen  Kachtheil,  dass  es  den  wahxen  Grund  seiner 
ilan  bisher  bewiesenen  Guust  entdeckte,  und  das  Geschenk  un- 
sicher wurde;  die  Optimaten  sollten  dessen  Gültigkeit  dadurch 
anerkennen,    dass    sie    es   vergrösserten.      Deshalb   sprachen"  die 


69)   App.  2,  523.  70)   Tlut.  Crass.  14.    Calo  33.  71)  Caes  22. 

721   ad  Au.  1,  19  in.   de  prov.  cons.  8,  13.  TU)   Gallia,  «piao  sempei 

piaesiilct  nlqqe  praeseilit  Iiuic  iuiperio. 


218  XXI.    lULH.        (31.  §.14.) 

Aiihäng'er  cles  Consuls  von  einer  dritten  Provinz,  und  der  Senat 
bewilligte  iLm  voll  Bestürzung'  das  jenseitig-e  Gallien ,  Comatam, 
nnd  eine  vierte  Leg-ion,  ebenfalls  auf  fünf  Jahr,  um  einer  nenen 
Anmassung'  des  Volks  zuvorzukommen.'^)  Valinius  mochte 
dazu  auffordern,  aber  am  naclidrücklichsfen  stimmte  Pompejus 
dafür,")  in  der  Meinung',  er  überliste  den  Freund,  ■wenn  er 
ihn  auf  so  viele  Jahre  entferne,  «nd  indess  mit  der  Gewalt  des 
Triumvirats  über  Curie  nnd  Comitien  gebiete;  wie  sehr  eine 
lange  Abwesenheit  schade,  hatte  ja  die  eigene  schmerzliche 
Erfahrung  ihn  gelehrt.  Bei  dem  Allen  vermied  Cäsar  jede  muth- 
willige  oder  zwecklose  Beleidigung  des  Senats;  er  verhöhnte  ihn 
nicht  in  einer  drohenden  Rede,  als  er  so  viel  erreicht  hatte;  '*) 
es  lag  nicht  in  seinem  Character  und  würde  den  ohnehin  zu  er- 
wartenden Angriff  auf  seine  Gesetze  beschleunigt  haben.  Zu 
seinen  Entwürfen  stimmte  dagegen  das  vatinische  Gesetz,  welches 
ihn  ermächtigte,  nach  Comum,  nördlich  vom  Padas,  5000  Colo- 
nisten  zu  schicken,  und  diesen  das  Bürgerrecht  verlieh.  '^)  Da- 
durch schmeichelte  er  Pompejus,  dessen  Vater  Pompejus  Sirabo 
den  Ort,  von  jetzt  an  Novum  Comum  genannt,  nach  einer  Ver- 
wüstung durch  die  Rhätier  hergestellt  nnd  ihm  das  lateinische 
Recht  gegeben  hatte,  so  dass  jeder  nach  der  Verwaltung  eines 
obrigkeitlichen  Amtes  in  der  Colonie  römischer  Bürger  wurde.") 
C.  Scipio  vermehrte  die  Zahl  der  Einwohner  mit  3000.  ' «)  Längst 
sehnten  sich  alle  Transpadaner  nach  dem  römischen  Bürgerrechte, 
und  wenn  man  annehmen  muss ,  dass  Cäsars  Lebensplan  im 
Wesentlicheu  von  Anfang  fest  stand,  dass  er  namentlich  aus  den 
angeführten  Gründen  die  beiden  Gallien  sehr  früh  sich  zu  Pro- 
vinzen ersah,  so  begreift  man  nun  auch,  warum  er  schon  als 
Quästor    jene    Absichten    begünstigte ;  '  ä)     er    wollte    sich    zum 


73)    S.    die    Stellen    in  A.  66  n.  Dio  38,  41.  74)    ad  Alt.  8,  3. 

§.  2.     Ille  Galliae  ulterioris  atliunctor.  75)  Snet.  22.  76)  Ders.  28. 

Strabo  5,  213.  App.  2,  443.  Plnt.  Caes.  29.  Vgl.  Cic.  ad  Alt.  S,  II. 
ad  Fam.  13,  35.  77)    Ascon.  in  Or.  in  Pison.  in.  OreU.  p.  3.    Sirabo, 

App.  11.  CO.  Plin.  3,  24  (20).  Die  NoTOCOmenser  erhielten  also  iion  Cäsar 
nicht  erst  das  lateinische  Recht,  sondern  die  römische  Civität,  -n-eshiilb 
nun  M.  MarceUns  Cos.  51  einen  Ein-wohner  der  Stadt  geissein  liess,  um 
zu  icigen ,  dass  er  sie  nicht  anerkenne.  ad  Att.  5,  11.  Plut.  I,  c. 
78)  Strabo  I.  c,  79)   Oben  j.  3.  A.  33.    Vgl.  Dio  37,  9. 


XXI.    lULII.        (31.  §.14.)        219 

voraus  am  Padus  Frennde  erwerben  und  Jetzt  durch  die  WoLl- 
<Lat,  welche  er  Einer  Stadt  erwies,  sie  auch  den  anderen  ver- 
bürgen. In  der  That  zeigten  sich  alle  ihm  treu  ergeben,  *°) 
und  im  J.  49  empfiengen   sie  den  gehofften  Lohn.  "') 

Während  er  auch  bei  solchen  Massregeln  Poinpejiis  aus- 
zuzeichnen schien,  war  er  stets  darauf  bedacht,  das  Zerwiirfniss 
zwischen  ihm  und  den  Grossen  zu  unterhallen.  Auf  sein  An- 
stiften und  unter  der  Vermittlung  des  Vatiuius  wurden  Mehrere 
von  dem  Ritter  L.  Vettius  als  Urheber  einer  Verschwörung 
gegen  Pompejus  angegeben.  Aber  der  Tribun  und  der  Ankläger 
entledigten  sich  ihrer  Aufträge  so  schlecht,  dass  er  fürchten 
musste,  seine  Umtriebe  entschleiert  zu  sehen,  und  Vettius  im 
Gefängnisse  beseitigt  wurde.  '^) 

Die  Optimaten  grollten  indess  in  der  Wohnung  des  Bibulus, 
ihrem  Sammelplatz ,  und  trieben  ihn  an ,  gegen  die  Handlungen 
seines  CoUegeu  in  Edicteu  Einspruch  zu  thun,'^)  besonders 
gegen  die  Wahlcomitien ,  deren  Erfolg  sie  voraussahen,  wenn 
sie  auch  eine  Zeitlang  nicht  wussten,  wem  das  Consulat  bestimmt 
sei.  ^*)  Vor  dem  18.  October  wurde  nicht  darüber  entschieden, 
dann  aber  wählte  das  Volk.  L.  Piso,  Cäsars  Schwiegervater,  und 
den  Günstling  des  Pompejus,  A.  Gabinius,  *')  welchen  C.  Cato 
vergebens  wegen  Bestechungen  zu  belangen  versuchte.  '  *) 

Sie  sollten  mit  ihrem  amtlichen  Ansehn  die  jiilischen  Gesetze 
aufrecht  erhalten,  welche  besonders  durch  Cicero  und  M.  Cato 
bedroht  zu  sein  schienen;  denn  jener  war  ei-bittert,  weil  er  seinen 
Einflass  verloren  halte,  ")  und  als  Redner  gefährlich,  sobald  die 
Furcht  ihn  nicht  mehr  ziigelte,  und  über  Cato  vermochte  auch 
diese  niclils ,  er  wich  mit  seinem  Eifer  für  die  republicanische 
Verfassung  nur  der  Gewalt.  In  keinem  Falle  durften  sie  Cäsars 
Pläne  vereiteln,  sein  Ehrgeiz  liess  nicht  mit  sich  dingen,  aber  er 
war  in    so   fern  duldsam,   als  er  auch  der  Leidenschaft  Anderer 


80)    Cic.   ad  Alt.  7,  7.     ad  Fam.   16,  12  (II).  81)   Dio  41,  36. 

S.  unten  §.  46.  A.  70.  82)   2.  Th.  233.  83)   App.  2,  433.     Oben 

}.    12.   A.   52  n.  62.  84)     2.    Th,    64.    Ä.    SS  f.     Hier   §.  10.  A.  Sl, 

Arrins.  8S)    2.  Th.    64.    A.  SS.     6S.  A.  61.  86)     Gabiiiii  No.  S. 

l^.  2.  A.  20,  87)    Meuiiiierani ,    nobis    priralis    asqiie    ad    Caesarcin    et 

Bibuluin    consnles ,    quum   sententiae  noslrae  magnani  in  Senatn  pondns  ha- 
berent,  uaojii  lere  sensnm  fiiisse  bonortun  ornuium.    ad  Fam.  I,  9.  f.  4. 


220  XXI.    lULII.        (31.  §.14.) 

KecLfe  einräumte,   und  wenn  sicL  die  MöglicLkeit  zeigte,  sie  auf 
eine   milde  und  grossuiütLige  Art   ans   seiner  BaLu  zu  entfernen 
suchte.     Das  Unredit    Lbrt   desLaib   nicht   auf,   Unrecht   zu  sein, 
doch  verletzt   es   weniger   das   sittliche    Gefühl.     In  Lasars  Ver- 
fahren  gegen  Cicero  bemerkt  man  eine  Schonung,    welche  seine 
Achtung  gegen  den  hochgebildeten  Mann  beurkundet.     Schon  oft 
war    die   Hinrichtung    der   Älitschi^digen   Catilinas    für  Alord   er- 
klärt, ^  *)  nnd  Cicero  glaubte,  dass  Clodins  sich  zu  ihrem  Rächer 
Rufwerfen  werde,  um  ihm  für  eine  Beleidigung  zu  vergelten.  ^^) 
Durch    diesen    Patricier    wollte    Cäsar    den    Consnlar    schrecken, 
aber  nicht   mehr,   wenn    er  sich  fügte.     Als  Cicero  seinen  Hass 
gegen    die   Herrscher    in   einer  Rede  für  C.  Antonius    ölfentlich 
äusserte,   wnirde  Clodius   an   demselben  Tage  Plebejer  nnd  damit 
befähigt,    sich    durch    das  Tribunat    gegen   seinen  Feind   zu   be- 
waffnen. ä°)     Dieser   gieng   auf  das   Land  und  entzog   sich  den 
Verhandlungen    über   das    julische  Ackergesetz.*')     In  der  Hoff- 
nung,   dass    er   sich   nun   zu   einem  Schritte  entschliessen  werde, 
welcher   «hm  höhern    Schutz  nnd   den   Triumvirn   sein   ferneres 
Schweigen   verbürgte,   machte   ihm  Cäsar   nach   seiner  Rückkehr 
den  Antrag,  er  möge  Ihn  als  Legat  in  die  Provinz  begleiten  oder 
nnter   dem  Verwände   eines   Gelübdes   reisen;  *^)   die  Sorge  für 
seinen  Ruf  und    die   Scheu   vor   einer   langen  Abwesenheit   von 
der  Stadt   liess   ihn   beides   verschmähen.     Daher  folgte  das  An- 
erbieten, ihn  «mter  die  Vollzieher  des  Agrargesetzes  aufznnelmien ; 
aber  auch  diess  lehnte  er  ab,   weil  er  sich  nicht  binden  und  als 
Retler    der   Republik    sich    nicht   entehren    mochte.  ^ ')      Clodius 
wurde    Tribun;    er    schickte    im    nächsten   Jahre   Cicero   ins    Exil 
nnd  Cato  nach  Cj-pern,'*)  und  bewährte  sich  schon  in  diesem, 
denn   er  unterbrach  Bibulus,    als  er  am  letzten  December  wieder 
auf  dem  Älarkte   erschien,   um  nach  dem  herkömmlichen  Schwüre 
das  Gift  seiner  Edicie  nochmals  über  Cäsar  auszuschütten.  ^^) 

Dieser  miissfe  nun  freilich  wünschen,  dass  seiner  Verwaltung 
nicht  weiter  gedacht  wurde,  aber  eines  gemeinen  Gamierstreichs 
beschuldigt  ihn  wieder  nur  Srelon,  '  *)  welcher  auch  mit  manchen 


88)   Olieii  5-  9.  A.  3.  89)   2.  Tl..  212.  A.  19.  90)   Das.  222. 

91)    Oben  5.   11.  A.  30.  92)  2.  TU.  230.  A.  47.  48.  93)   Das.  231. 

liier  §.  12.  A.  72.  94)   2.   Tli,  2C2.  95)    Uas.  236.  9C)    54. 


XXI.    lULn.         (31.  §.15.)        221 

anderen  iingiiusüg'en  Nachriclifen  über  ihn  vereinzelt  steht,  s') 
Daruacli  entwendete  er  wäLrend  seines  ersten  Consulafs  3000  Pfund 
Gold  aus  dem  Capitol,  an  deren  Stelle  er  vergoldetes  Erz  legen 
liess.  Eine  Handlung  der  Art  sieLt  woLl  einem  ViteUius  äLn- 
licL,  "  ^)  aber  nicht  einem  Cäsar,  aus  anderen  Gründen,  und  weil 
er  seinen  lauernden  Feinden  nie  eine  Blosse  gab,  der  Diebstahl 
aber  bald  entdeckt  und  gerügt  sein  würde.  In  Ciceros  Briefen 
an  Atticus  wird  nie  darauf  hingedeutet,  und  in  der  Rede  gegen 
Vatinius  trifft  diesen  nur  der  Vorwurf,  dass  er  in  fremdem  Solde 
gestanden  und  dem  .Schatze  durch  seine  Gesetze  geschadet  habe.  °  °) 
Endlich  gieng  Cäsar  mit  grossen  Schulden  in  die  Provinz;  "''') 
er  Latte  selbst  von  Pompejns  und  Atticus  geborgt.  ') 

§   15. 

Im  Anfange  des  Jahrs  58  war  er  Privatmann,  nnd  diese 
Zeit  soUte  benutzt  werden,  wie  im  Felde  der  Augenblick,  wo 
der  Feind  sich  ausserhalb  seiner  Verschanzungen  zeigt.  Er 
konnte  sich  entfernen  und  als  Proconsul  von  neuem  die  Fasces 
ergreifen,  dann  schützte  ihn  die  lex  Memmia;  ^)  aber  auch  nicht 
der  Schein  einer  Flucht  durfte  die  Gegner  ermuthigen,  deshalb 
trat  er  mit  unbewehrtem  Arme  unter  sie,  wie  einst  Sulla;  diese 
Kühnheit  schreckte,  und  seine  Freunde  bebten  nicht  mehr  vor 
einem  also  eingeleiteten  Kampfe  zurück.  ]\Ian  kannte  die  Consuln 
Piso  und  Gabinius  als  seine  Anhänger;  nnter  den  Präloren  hallen 
dagegen  L.  Domitius  Ahenobarbus  ^)  und  C.  Blemmius,  „rüstige 
und  eifrige  Bürger,"*)  längst  sein  Verderben  beschlossen.  Der 
Senat   wurde    von    ihnen   aufgefordert,    ihn  wegen   seiner  Ver- 


97)  Oben  §.4.  A.  41  n.  hier  A.  75.  98)  Snet.  ViteU.  S.  99)  in 

Vatin.  12,  vo  Graev.  u.  Ernesti  die  Nachricht  Snetons,  welche  dieser 
nach  einem  Gerüchte  oder  auf  das  Zeiigniss  eines  Tanusins  Gcminns  ( Siiet. 
Caes.  9)  millheilte,  bestätigt  finden,  nnd  der  Meinung  sind,  der  Raub  sei 
durch  den  Tribnn  ausgeführt.  Lucap.  3,  114  u.  retron.  .Satyr.  122.  v.  292 
sprechen  Ton  dem  heiligen  Schatze,  dessen  sich  Cäsar  im  J.  49  bemächtigte, 
imd  gehören  folglich  nicht  hieher.     S.  unten  §.  43.  A.  88.  100)   App. 

2,   435.  1)     ad  All.   6,  1.    §.  22.     Anch   a.  52    verschwand  Gold    ,nus 

dem  Capitol.    Unten  §.  34  fin,  2)    Quae  eovum,  ipii  reip.  cansa  abessen! 

recipi  noniina  \etnbat.     Val.  M.  3,  7.  §.  9.  Cic.  in  Vatin.  14  flu.  3)  Douiit. 

Ahen,  ISo.  8.  4)   Cic.  ad  Qu,  fr.   I,  2  Cn.     ünieu  {.  2Ö,  A,  100. 


222  XXI.    lULlI.       (ai.f.ii.) 

waltnng'  im  vorigen  Jalire  zur  Rechenschaft  zu  ziehen,  da  die 
Aiispicien  nicht  Ton  ihm  beachtet  seien.  >Sog-leich  drang;  er  selbst 
auf  eine  Untersuchung',  und  sie  erfolgte  nun  nicht,  weil  man 
fürchtete,  er  werde  lu  seiner  Rechtfertigung  dieselben  Mächte 
heraufbeschwören,  mit  deren  Hülfe  er  gefrevelt  halte.  Nach 
einem  dreitägigen ,  fruchtlosen  Wortwechsel  verliess  er  die 
Stadt.*)  Zwar  wurde  sein  Quästor  als  eins  seiner  Werkzeuge  *) 
lind  dann  er  selbst  vom  'fribun  L.  Antistius  belangt,  da  er  nun 
aber  mit  Ehren  an  das  Gesetz  des  Memmius  erinnern  und  sich 
durch  den  Einspruch  anderer  Tribüne  wohl  insbesondre  des  Clodius 
sichern  konnte,  so  liess  man  die  Riagen  fallen.  ') 

Indess  war  noch  nicht  alles  erreicht.  Cicero  beobachtete  aus 
der  Ferne,  mit  Groll  im  Herzen  und  mit  dem  heissen  Wunsche, 
Pompejus  dem  Senat  wieder  zuzuführen;  dann,  hoffte  er,  werde 
Clodius  unterliegen  und  seine  schimpfliche  Müsse  sich  endigen. 
Diess  durfte  nicht  sein ;  er  hatte  die  Hand  der  Triumvirn  zurück- 
gewiesen, jede  Bürgschaft  für  sein  öffentliches  Handeln  abgelehnt} 
es  blieb  nichts  übrig,  als  ihn  zu  stürzen.  Vielleicht  war  Clodius 
allein  stark  genug,  vielleicht  auch  nicht,  für  Cäsar  eine  Lebens- 
frage; er  verweilte  drei  Monate  vor  Rom,  und  unterstützte  den 
Tribun.  ')  Durch  vier  Gesetze  bereitete  dieser  mit  grosser  Schlau- 
heit seinem  Feinde  den  Untergang;  dann  forderte  er  in  einem 
fünften  dessen  Bestrafung  für  Bürgermord,  ohne  ihn  zu  nennen.  ^) 
Der  geängstigte  Consular  suchte  überall  Schutz,  nur  nicht  bei 
Cäsar,'")  welcher  ihm  wiederholt  einen  Ausweg  gezeigt  und 
kein  Gehör  gefunden  hafte;  nur  die  Ueberzeugung,  dass  Bitten 
jetzt   fruchtlos    seien,    hielt   ihn   zurück,    nicht    Stolz,   Hass  oder 


1 


5)    Suet.  Caes.  23.    Nero  2.    Schol.  Ambros.   in   Cic.    er.  p.  Sext.  18 
n.   in  Vatin.  6.  6)     Sein    (Juästor,     Sneton.    CaeS.    23,    nämlicli    vom 

■Wrigen  Jalir.  Lir.  4,  43:  Man  Terdoppelle  (421  v.  Clir.)  die  Zahl  der 
Od.  nt,  praeter  duos  urbaiios  quaestores,  dno  consnlibus  ad  ininisteria  belli 
pracsto  essent.  Nach  Dio  48,  43  waren  seit  38  v.  Chr.  jedem  Consul  zwei 
zugeordnet.  7)    Sneton.    1.  c.  8)  Dio  38,  17.    Cic.  p.  red.  in  Seu.  13. 

p.  dorn.  9.     de  bar.  r.  22  Cn.    p.  Sext.  17.   18.  9)    2.   Th.  237.  A.  87. 

243.  A.  49.  10)    Dio  38,   14.  15   int  in    der  Zeit    und   in    der  Sache. 

Cäsar  machte  die  Anträge  früher,  wodurch  er  Cicero  retten  wollte,  und 
dieser  kam  nicht  zu  ihm ;  es  ist  an  sich  unglaublich  und  wird  weder  von 
ihm  selbst ,  noch  -von  einem  Andern  gemeldet ;  er  gieng  nicht  einmal  zu 
Crassuc.     2.  Th.  247.  A.  74  f. 


XXI.    lULD.        (31.  §.15.)        223 

Schaam,  denn  diese  Gefühle  musste  er  aach  bei  Änderen,  an 
welche  er  sich  wendete,  und  zum  TLeil  in  noch  huLerem  Grade 
verläugnen.  Seine  Besorgniss  war  gegründet;  den  Beweis  gab 
C'asars  Erklärung  vor  dem  Volke,  welches  Clodiiis  aasserhalb  der 
Thore  versammelte;  er  billigte,  was  dieser  unternahm,  obgleich 
mit  Ma'ssigung,  '')  und  als  Cicero  nun  im  Anfange  des  April  ins 
Exil  gieng,  ehe  man  ihn  verurtheilt  hatte,  und  auch  Catos  Reise 
nach  Cjprus  entschieden  war,  eilte  er  in  seine  Provinzen.  '^) 
Seitdem  hielt  Clodius  seine  Rechnung  mit  den  Triumviru  ftir  ge- 
schlossen, da  er  sie  nicht  mehr  bedurfte.  Er  entriss  Pompejus 
seinen  Gefangenen,  den  Armenier  Tigranes,  und  liess  ihn  selbst 
in  seiner  Wohnung  belagern.  '  ^)  Der  Bedrängte  sehnte  sich 
nach  Cicero,  aber  Cäsar  glaubte,  dass  dieser  noch  nicht  genug 
gezähmt  sei,'*)  auch  sollte  die  Verlegenheit  des  Pompejus  dessen 
Abfall  vom  Bunde  verhüten.  Dem  Tribun  genügte  diess  nicht; 
er  verlangte  offenen  Beistand  und  griff  zuletzt  in  seinem  Wahn- 
sinn' die  julischen  Gesetze  an;  um  so  gewisser  sah  er  im  fol- 
genden Jahre  Cicero  wieder  in  Rom.  '  *) 

In  diesen  Zeiten  hatten  die  Gallier  bereits  aufgehört,  den 
Nachbaren  gefährlich  zu  sein.  Einst  überschwemmten  sie  einen 
Theil  von  Italien,  und  ihnen  gelang,  was  während  der  Republik 
keinem  andern  Volke  gelungen  ist,  sie  legten  Rom  in  Asche, 
wie  etwa  hundert  Jahr  früher  die  Barbaren  des  Ostens  Athen. 
Auch  ihr  Glück  scheiterte  an  der  Ausdauer  und  geistigen  Ueber- 
legenheit  der  Besiegten;  Italien  wurde  ihr  Grab,  oder  sie  zahlten 
für  die  Scholle ,  deren  sie  sich  bemächtigten ,  mit  ihrer  Freiheit. 
Bei  einer  umsichtigen  Politik  würde  man  in  Gallien  die  Cisalpiner 
als  eine  Vorhut  gegen  einen  furchtbaren  Feind  betrachtet  und  sie 
mit  aller  Blacht  unterstützt  haben;  als  man  sie  aufgab,  verloren 
auch  die  Alpen  als  Schutzwehr  ihre  Bedeutung.  Aie  vereinigten 
sich  die  Völkerschaften  jenseits  zu  Einem  Staate,  keine  wurde 
die  herrschende ,  obgleich  alle  darnach  strebten ,  es  lenkte  die 
Blicke  vom  Auslände  ab,  und  die  Römer  erhielten  durch  ihre 
Kriege  unter  einander  Gelegenheit,  sich  als  Bundesgenossen  ein- 
zumischen. 


11)   2.  Th.  249.  12)    Das.  256.    Cnten  §.   18  in,  13)   2.  Th. 

273  —  278.  14)  Das.  280.  15)   Das.  281.  286.  A.  706. 


224  XXI.    lüLII.        (31.  §.15.) 

Diese  unterjocLten  das  obere  Italien,  ehe  der  zweite  pnniscLe 
Krieg  begann ,  in  •welchem  auch  Spanien  ihnen  znfiel.  Ein 
Länderraub  drängle  sie  zum  andern;  das  Gewebe  des  Ehrgeizes 
schien  sich  von  selbst  weiter  fortzuspinnen ,  weil  jeder  Schrift 
za  neuen  Verwicklungen  führte  und  für  Eroberer,  welche  keine 
natürlichen  Gränzen  und  keine  Anhänglichkeit  an  väterliche 
Sitte  und  Verfassung  achteten,  nichts  sicher  war,  so  lange  sie 
nicht  Alles  besassen.  Nun  unterbrach  überdiess  Gallien  die  Ver- 
bindung mit  Spanien;  seine  Lage  entschied  über  sein  Schicksal. 
Aber  Rom  nahm  nicht,  was  sich  gerade  darbot;  der  Erwerb 
ransste  gewiss  und  nicht  in  anderen  Beziehungen  hinderlich  sein; 
kein  Volk  hat  scheinbar  so  viel  Enthaltsamkeit  und  Selbst- 
überwindung gezeigt,  weil  ein  grosser  Plan  sein  Leben  durch- 
drang. Dieselbe  Erscheinung  findet  sich  im  Leben  des  Cäsar; 
auch  er  konnte  warten,  auch  sein  Wahlspruch  war,  Alles  zu 
seiner  Zeit;  deshalb  kamen  Rom  und  Cäsar  zum  Ziel.  Für 
Beide  war  der  Kampf  um  Gallien  verhängnissvoll.  Er  würde 
früher  begonnen  haben,  wenn  P.  Scipio  an  der  Rhone  Hannibal 
den  Weg  verlegt  hätte.  '  ^)  Seitdem  ^vurden  die  Römer  in  an- 
deren Gegenden  beschäftigt,  aber  sie  verloren  diese  nicht  aus  den 
Augen.  Die  Empörnrgen  in  der  cisalpinischen  Provinz  riefen 
ihre  Heere  häufig  nach  dem  Norden;  um  so  leichter  wurden  sie 
von  aussen  veranlasst ,  weiter  zu  gehen ,  und  zwar  durch  die 
Massilier,  deren  Colonien  Kicäa  undAntipolis  (Nizza  und  Antibes) 
von  transalpinischen  Ligurern,  den  Oxybiern  und  Deciaten,  ge- 
plündert waren.  Denn  wie  in  Thracien  und  fast  überall  so 
dachte  man  auch  hier  auf  die  Beraubung  und  Vernichtung  der 
griechischen  Ansiedler,  welche  in  Rom  Schutz  suchten.  Sogleich 
erschienen  römische  Gesandte,  und  da  die  Barbaren  sie  miss- 
handelten, statt  ihr  Schiedsrichter -Amt  anzuerkennen,  so  folgten 
die  Legionen;  der  Consnl  Q.  Opimius  führte  sie  154  vonPlacentia 
gegen  Aegitna,  den  Ilauptort  der  Oxybier,  und  erzwang  durch 
dessen  Eroberung  und  zwei  Siege  in  offener  Feldschlacht  die 
Unterwerfung.  Den  giössten  Theil  des  feindlichen  Gebiets  er- 
hielten   die    Massilier.  ")       Diess    war    der    erste    Schritt    zur 


16)    PolyL.  3,  40  f.  17)   Polyb.  33,  5.  7.  8.    Liv.  47.     Die  Be- 

merkung bei  Flor.  3,  'i,  [.  3:  Friiua  Irans  Alpes  nruia  nosAta  sensere  Saiji 
ist  also  falsch. 


XXI.    lULII.        (31.  §.15.)        225 

Erwerbung  einer  neuen  Provinz,  nnd  er  verrietli  Grossmntk  und 
Uueigeiinützigkeit.  So  kümpflen  die  Römer  aucli  jenseits  des 
ionischen  und  ägäiscLen  Bleers  zuerst  für  Andere,  nm  die  Krüfle 
zu  iLeilen  und  sich  Freunde  zn  verscLatfen;  in  dem  Maasse, 
als  sie  inäcliliger  wurden,  wollten  sie  oLne  Anstrengung  ge- 
winnen,  selbst  durch  Erbschleicherei. 

Da  sie  nun  aber  Gallien,  wie  man  glaubte,  nicht  mehr 
beachteten,  '  *)  so  wurden  die  Blassilier  von  einem  anderen  ligu- 
rischen  Stamme,  den  Salluyiern  oder  Saljern  ' ')  und  von  den 
Voconliern  beunruhigt,  und  sie  wendeten  sich  wieder  an  Rom. 
Hier  wünschte  man  ohnehin  den  Gonsul  31.  Fulvius  Fiaccus,  den 
Freund  des  jungem  Gracchus  zn  entfernen.  Er  gieng  125  über 
die  Alpen  und  erhielt  einige  Vortheile,  weshalb  er  123  trium- 
pliir-te.  -°) 

In  diesem  Jahre  focht  der  Proconsul  C  Sextius  Calrinns 
mit  denselben  Völkern  und  drängte  sie  von  der  Rüste  zuriick. 
Die  Gründung  der  Stadt  Aquae  Sextiae  Hess  die  Absichten  Roms 
nicht  länger  verkennen,  -')  und  schon  jetzt  gab  es  römisch  Ge- 
sinnte, deren  Zahl  er  dadurch  zu  vermehren  wusste,  dass  er 
Crato  und  auf  dessen  Fürwort  900  Andere  begnadigte,  als  er 
bewies,  dass  er  weg-en  seiner  Ergebenheit  gegen  Rom  von  den 
Mitbürgern  verfolgt  sei.  '  ^)  Durch  die  Belohnung  des  Verraths 
wurde  der  Saame  der  Zwietracht  ausgestreut. 

Als  Beschützer  der  Massilier  hatten  sich  die  Römer  der 
Küste  bemäcLtigt,  als  Beschützer  der  Aeduer,  westlich  vom  Arar, 
(Saone)  drangen  sie  in  das  Innere.  Diese  schlössen  Freund- 
schaft uud  Bündniss  mit  ihnen,  weshalb  die  Allobrogen,  östlich 
vom  Rhodanus,  (Rhone)  in  ihr  Land  einfielen,  wie  sie  sich 
weigerten,  Teutomalius  und  andere  Häuptlinge  der  Salluvier  ans- 

18)    Gallias   —    saepe    et    adfeclaTimos    et    omisiinns.     Vellej.    2 ,  39. 

19)  Die  lateiuische  nnd  gviecliische  Form  ilires  JN'amcns ;  jene  findet  sicli 
vnter  Anderem   in   den   Fro^m.   f.ist.    triumph.    bei    Gruter.   p.  298.  No.  3« 

20)  Liv.  60.  Flor.  1.  c.  App.  1,  371.  Fast.  cap.  a.  630.  Amm.  Ularcell. 
15,  12:  Hae  regiones  —  panLIaiim  levi  sudore  sul>  iiuperiiim  \eneie  Ro- 
ninnnra:   primae  tentatae  |»er  FiilYiiini,  21)   Liv.  Gl.    Vellej.  1,  15.  (j.  4. 

.   Amm.  Marc.  1.  c.    Strabo  4,  J80.     ürnler.  1.   c.  22)    Diodor.   fp.  1.  34. 

Vol.  10.  p.  129.  Arg.  Eutrop.  4,  22  (10)  verwechselt  diesen  Calvions  mit 
Domilins  Alienob.  Cos.  122,  (s,  unten)  -»eil  es  aucli  unter  den  Domil. 
Calviui  gab. 

Dnini.nnn,    Geschichte  Roms  III.  15 


226  XXI.     lULIT.         (31.  §16.) 

zuliefern.  Der  Consul  Cn.  Doinitiua  Ahenobarbns  rüstete  122, 
nnd  besiegte  die  Allobrogen  und  ihren  Bundesgenossen  Bifuilus, 
König-  der  Arverner,  im  nächsten  Jahre  bei  Vindalium,  ^^)  da  er 
auch  nach  der  Ankunft  des  C'onsuls  Q.  Fabius  Maximus  in  Gallien 
blieb.  Durch  ihre  Niederlage  wurde  der  Muth  der  beiden  Völker 
nicht  gebrochen ;  sie  erlitten  aber  ohnerachtet  ihrer  Verbindung 
mit  den  Rutenern  121  am  8.  August  durch  Fabius,  den  Enkel 
des  Siegers  von  Pydua  Aemilius  Paulus,  nnd  von  fetzt  an  Allo- 
brogicus  genannt,  am  ZusammeDllusse  der  Isara  (Isfere)  und  des 
Rhodanas  eine  zweite  und  grössere,  worauf  die  Allobrogen  sich 
unterwarfen.  Die  Arverner,  nach  ihrer  Behauptung  Kachkommen 
der  Trojaner  und  als  solche  Brüder  der  Römer,*'')  nebst  den 
Rutenern  bUeben  frei ;  dennoch  war  es  auch  für  sie  eine  Be- 
schimpfung, dass  Domilius,  welcher  zugleich  die  nach  ihm  be- 
nannte Landstrasse  aidegte ,  und  Fabius ,  der  Patron  der  Allo- 
brogen, *')  Trophäen  errichteten,  nach  Florus  die  ersten  römischen 
im  feindlichen  Lande ,  und  noch  weit  mehr  empörte  sie  das 
Schicksal  des  Bituitus;  er  wurde  veranlasst,  in  Rom  selbst  über 
den  Frieden  zu  unterhandeln ;  der  Senat  schickte  ihn  als  Ge- 
fangenen nach  Alba  und  liess  auch  seinen  Sohn  Congentiatus 
ergreifen  und  in  Italien  bewachen.  ^*) 

Noch  immer  glich  das  römische  Gallien  einem  nnsichern 
Aussenwerke,  welchem  man  sich  nicht  einmal  ohne  Gefahr  nähern 
konnte,  auch  als  der  Consul  Q.  Marcius  Rex  118  im  Durchzuge 
die  Stoener  in  den  Alpen  überwand.  Er  gründete  darauf  die 
Colonie  Narbo  Martins ,  nach  welcher  die  Provinz  benannt 
wurde.  -') 


23)  Liv.  61.  Cic.  p.  Font.  12.  Vellej.  2,  10.  39.  Flor.  3,  2.  §.  4. 
Eutiop.  4,  22  (10).  Oros.  5,  13.  Strabo  4,  185.  191.  App.  Call.  Exe.  XI 
ile  leg.it.  ed.  Schw.  Gruter  Inscr.  298.  No.  3.  S.  das  Genauere  in  Domit. 
Ahen.  No.  3.     Snel.  Nero  2  Terwecbselt  ihn  mit  seinem  Sohne.     Das.  No.  4. 

A.  94.  24)    Lucan.   1  ,  427.     .Sidon.  Apoll.    7.   ep.  7.  25)    SaUust. 

B.  C.  41.  Cort.  App.  2,  430.  Cic.  de  off.  1,  II.  26)  Liv.  61,  Cic. 
p.  Font.  12.  PÜn.  7,  51  (50)  giebt  den  Tag  der  Schlacht  an.  Vellej. 
1,  10  n.  39.  Val.  M.  6,  9.  §.  4  u.  9,  6.  §.  3.  Ainui.  Blarc.  15,  12.  Flor. 
3,  2.  Eulrop.  4,  22  (10).  Oros.  5,  14.  Strabo  4,  185.  191.  App.  B.  C. 
1.  c.  n.  Call,  755.  (lib.  4.  eap.  2.  cd.  Schw.)  Gnit.  298.  No.  3. 
27)  LiT.  62.  Vellej.  1,  15  (2,8.)  Eulrop.  4,  23  (10).  Oros.  5,  14. 
Cniter  298.  No.  3.     Vgl.  Cic.  p.  Font,  1.    p.  Cliient.  6J.    de  or.  2,  55. 


XXI.    lULII.        (3i.§.  15.)        227 

Bald  aber  fanden  sich  NebenbiiUer ;  die  Cimbern  und  Ten- 
tonen  und  die  Lelveziscben  Stämme,  welcLe  sich  an  sie  an- 
schlössen, besonders  die  Tigiiriner,  bedrohten  das  römische  Reich. 
Sie  fielen  in  Gallien  ein  und  forderten  von  den  Römern  Län- 
dereien ,  zuerst  durch  Gesandte,  dann  mit  den  ^Yaffen,  nnd  ohne 
zu  ahnden,  wie  heftig  jene  seit  Jahrhunderten  unter  sich  selbst 
über  den  Ackerbesifz  gestritten  hatten.  ^  ^)  Der  rohen  Tapferkeit 
schien  der  Sieg  bestimmt  zu  sein;  mehrere  Consuln  wurden  im 
jenseitigen  Gallien  von  ihnen  geschlagen,  M.  Jnnius  Silanus 
109,'')  und  L.  Cassius  Longinus  107  von  den  Tigurinern  auf 
dem  Gebiete  der  Allobrogen.  ^°)  Im  J.  106  lernten  die  Gallier 
durch  den  Consul  O.  Servilius  Cäpio  zuerst  auf  eine  abschreckende 
Art  die  Raubsncht  der  römischen  Grossen  kennen;  er  plünderte 
Tolosa  und  dessen  reiche  Tempel,^')  welches  nicht  hinderte, 
ihm  für  105  den  Oberbefehl  zu  verlängern ,  damit  er  gemein- 
schaftlich mit  dem  Consul  Cn.  Mallius  Slaximus  die  Provinz 
gegen  die  Germanier  vertheidigte.  Er  blieb  aber  aus  Eifersucht 
auf  dem  andern  Ufer  des  Rhodanus,  mit  dem  Erfolge,  dass  Beide 
Schlacht  und  Lager  verloren,  ^  -)  und  erst  Blarius  die  furchtbaren 
Feinde   102  bei  Aqua  Sextiä  aufrieb. 

Die  Römer  behaupteten  ihre  transalpinischen  Besitzungen, 
ohne  ihnen  einen  grössern  Umfang  zu  geben.  ]Vach  dem  Auf- 
stände der  Sclaven  in  Sicilien,  dem  marsischen  und  dem  Bürger- 
kriege beschäftigten  sie  Sertorius,  Spartacus  nnd  die  Seeräuber, 
nnd  als  sie  wieder  freier  athmeten,  mieden  ihre  berühmtesten 
Heerführer,  Lucullus,  IMetellus  Greticns  und  Pompejus  den  gefahr- 
vollen Kampf  in  Gallien;  sie  suchten  Gold  und  Lorbeeren  im 
Osten,  wie  später  auch  Crassus.  ^^)     Aber  die  Gallier  benutzten 


28)    Flor.    3,    3.    {.  3.  29)   S.  lunü  Xo.  46.  30)    2.  Th.  62. 

A.  30.    113.  A.  69.  31)    Strabo  4,  188.    Oros.  S,  15.    Justin.  32,  3. 

Gell.  3,  9.  Das  anrum  Tolosannm  wnrdo  als  eia  mit  Fluch  beladener 
Besitz  zum  Spiüchwort ,  wie  das  sejauisclie  l'ferd,  vreil  SerTilins  bald 
naclilier   nngliicklich   irar.     Gell.   1.    c.  32)    Liv.  67.    Tacit.  Germ.  37. 

VeUej.  2,  12.  Justin.  1.  c.  Oros.  5,  16.  I'lut.  Mar.  19.  Seitor.  3.  Dicdor. 
£r.  1.  36.  33)    Belltun  Gallicnm  C.  Caesare  imperatore  gestum  est,  antea 

tantuDimodo  repulsiim,  Semper  iUas  naiiones  nostri  iniperalores  refntandas 
potiiis  hello,  qtiam  lacessendas  pntaveriint.  —  Semitam  taritnm  Galliae 
tenebamus  antea.  —  Propier  Tim  ac  multitudinem  gentiiun  illanun  ntm- 
qnam  est  antea  cnin  omniI>ns   diniicatiini,     Cic.  de  prov.  cons.  13. 

15* 


228  XXI.    lULII.        (31.  §.15.) 

diese  Zeiten  nickt,  zn  ihrer  eigenen  SicLernnj  tue  niiferJocLten 
Brüder  zu  befreien,  welche  ohne  Hülfe  nichts  vermochten,  ob- 
gleich die  Erpressung'en  der  römischen  Stalthalter  und  die  Gleich- 
gültigkeit des  Senats  gegen  ihre  Riagen  sie  zur  Verzweiflung 
brachten.  So  konnte  P.  Leutulus  Sura  im  J.  63  die  Gesandten 
der  Allobrogen ,  deren  Beschwerden  in  der  Curie  unbeachtet 
blieben,  zu  seinen  Vertrauten  machen.  In  seinem  Auftrage  er- 
ölfnete  ihnen  P.  Umbrenus ,  welcher  des  Handels  und  Wuchers 
wegen  in  Gallien  gelebt  hatte,  dass  es  ein  Mittel  gebe,  die 
Wünsche  ihres  Volks  zu  erfüllen,  wenn  es  die  Verschwomen 
imtersliilze  und  zu  dem  Ende  Catilina  in  Etnirien  mit  Reuterei 
verstärke.  Sie  bewahrten  das  Geheimniss  nicht,  weil  sie  einen 
unglücklichen  Ausgang  fürchteten ,  und  retteten  dadurch  ihre 
Unterdrücker.  ^'')  Audi  wurde  Catilinas  Versuch,  sich  zu  den 
gallischen  Stämmen  in  Oberitalien  durchzuschleiclien  und  sie  nebst 
den  jeuseitigeu  zu  bewaffnen ,  durch  O.  Bletelhis  Celer  vereitelt, 
welcher  ihn  zum  Rückzuge  zwang.  Er  unterlag  a.  62  bei 
Pistoria,^^)  und  nun  empörten  sich  die  AUobrogen  dennoch,  da 
man  ihrer  Noth  ohnerachtet  jenes  wichtigen  Dienstes  nicht  ab- 
half. ^ '')  Ihr  Verfahren  bestätigt,  dass  die  Völker  den  inneren 
Zustand  Roms  nicht  zu  benutzen  wussten.  Sie  bemächtigten  sich 
der  Stadt  Vieuna,  deren  Einwohner  sie  als  römisch  Gesinnte 
vertrieben,^')  uud  überfielen  a,  61  Blaiilius  Lentinus,  den 
Legaten  des  C.  Pomptinus,  welcher  unter  C'iceros  Consulat  Prätor 
gewesen  war,  ^  ')  imd  jetzt  das  narbonensische  Gallien  verwaltete, 
wälirend  der  Belagerung  von  Ventia.  Dann  setzten  sie  mit  ihrem 
Häuptlinge  Catugnatus  über  die  Isara ;  IManlius  gerieth  in  einen 
Hinterhalt,  er  zog-  aber  von  neuem  vor  jene  .Stadt  und  nahm  sie 
mit  .Sturm.  Andere  Legaten,  L.  Marius  und  Servius  Sulpicius 
Galba  erhielten  nach  dein  Uebergange  über  den  Rhodanus  vor 
Solonium  nur  geringe  Vortheile,  weil  Catugnatus  ihnen  hinderlich 
wurde,  bis  Pomptinus  seine  Streitkräfte  vereinigle  und  die  Feiudc 
einschloss ,  welche  sich  unterwarfen.     Der  Anführer  entkam,  ^  ^) 


34)    2.   TIi.    531,  35)    1.  TIi.  536.    2.  Th.  26.  36)    Cic.    de 

prov.  cons.   13.   Orliiiu  reiionle  l)plliim  Allobi'Oj;iiui  .iKiue  h.ic  sceler.ila  coii- 
iurntione  excitatiun.  37)   Dio  46,  50.    1.  Tii.  350.  38)    Cic.  Calil. 

3,   2.    SaUnst.   B.    C.  45.  39)    Dio  37,  47.  48.    Caos.    B.  G.    I,  6. 

I.iv.   103.    Cic  ile  pi-or.   cons.  1.  c. 


XXI.    lULlI.        (31.  §.15.)        229 

iiii<l  der  Sieger  liiuiii|)Lirte  erst  im  J.  54  unter  der  Veniiidlung- 
seines  elieinaligeii  Rauipfgenossen  Galba,  dessen  Collegen  AI.  Calo 
und  P.  Semliiis  aucL  jelzt  noch  EinsprucL  (Iiaten,  weil  ilnn  der 
Oberbefehl   diircL  kein  giilliges  Curialgeselz  übertragen  sei.  ■* ") 

Kaum  var  die  Ruhe  in  der  Provinz  hergestellt,  als  sicL 
a.  60  das  Gerücht  Terbreifele,  man  habe  dort  einen  Angriff  der 
Ilelvetier  zu  erwarten,  und  in  der  That  haflen  diese  jetzt  schon 
die  Auswanderung-  beschlossen.'*')  Die  Römer  hörten  es  mit 
.Schrecken;  iiocL  war  kein  halbes  Jahrliundert  vergangen,  seit 
isie  die  Helvefier  und  Germanier  nur  mit  der  grösslen  Anstren- 
gimg und  uuler  einem  Feldherrn,  wie  er  sich  nicht  immer  fuidel, 
nn  ihren  Grä'nzen  zurückwiesen ;  statt  der  Germanier  konnten  die 
Gallier  hinzutreten  und  die  .Schlacht  am  Allia  erneuern.  Q.  Me- 
lellus  Creticus,  L.  Fiaccus  und  Cn.  Lcnhiliis  Clodianus  wurden 
beauftragt,  über  die  Alpen  zu  gehen ,  zu  kundSchafleu  und  den 
gc'fürchleten  Bund  zu  verhindern  ,  nud  die  Consuln  Afranius  und 
Bletellus  Celer ,  welche  nach  der  Entscheidung  des  Looses  die 
\  erwaltuug  der  beiden  Gallien  übernehmeu  sollten ,  Truppen 
auszuheben  nnd  keinem  Waffenfähigen  den  Kriegsdienst  zu  er- 
lassen. Indessen  trafen  bald  bessere  Kachrichten  ein,  und  die 
liüstungen  ruhten ,  nach  Ciceros  Versicherung  nicht  zur  Freude 
des  t'onsuls  Metellus,  welcher  sich  nach  dem  Triumphe  sehnte, 
aber  wohl  nur  unter  einem  erkünstelten  Ehrgeize  seine  Besorg- 
nisse verbarg"')  und  im  niiclisfen  Jalire  im  narbonensischen 
Gallien  nicht  Statthalter  war. ''^)  Oline  Zweifel  wnsste  Cäsar 
besser  als  Alle,  dass  die  Gefahr  nicht  vorüber  sei,  nnd  er  be- 
wirkte auch  a.  59  als  Consul,  dass  mau  Ariovist,  den  Germanier, 
zum  Freunde  und  Bundesgenossen  erhob ,  obgleich  er  völlig  auf 
dieselbe  Art  und  in  derselben  Absicht  wie  die  Römer  sich  in 
Gallien  festgesetzt  hatte,  und  di('  Eroberung  des  Landes  mit  seiner 
Vertreibung  beginnen  mussle.  Vorerst  war  nun  die  Provinz  vor 
ilnn  gesichert.  "")  ^ 


40)    Die   39,   63.     Cic.   ad  Ai(.   4,  16.   {■.  5.    ail  Qa.  fr.  3,  4.   J.  4. 
Vgl.  !>.  tlacc    40.  4l)    Caes.   U.  <i.    1,    3.     Ad    eas   res    coiilirieiidas 

bieniiiiiin  silii  s.ilis  esse  duxcrmil;  in  turliiiuiaiiiiuiii  profectiuiieui  lege  ooiilir- 
maot.  S.  uiileii  {.  18  iii.  42)  ad  Alt.  1,  l'J.  f.  2.  liO.  $.0.  43)  2.  Tli.  28. 
44)  Hier  <,.  13  liu    u.  J.  18. 


230  XXI.    lULII.        (31.  §.16.) 

§    16.  ♦») 

(a.  68.)  Cäsar  fand  Lier  den  Krieg,  nnd  als  er  sich  nicLt 
intLr  Ton  selbst  darbot ,  rief  er  Um  herbei ,  weil  er  Ihn  be- 
diirffe.  "')  Er  kam,  um  Gallien  zn  erobern,")  nnd  er  eroberte 
Gallien,  um  das  römische  Reich  zu  besitzen.  Die  Strassen- 
gefechte,  in  welchen  Bibiilus  und  Cato  flohen  und  seine  Schlachten 
hatten  denselben  Zweck.  Nur  das  eine  Jahr  50  ausgenommen, 
war  er  von  jetzt  an  der  Würgengel  der  Barbaren  und  Römer, 
nnd  als  Leichenfelder  in  drei  Welttheilen  seinen  Sieg  ver- 
kündigten und  er  nun  das  Diadem  ergreifen  wollte,  da  hörte  er 
auf  zu  sein.  '  ^)  Für  ihn  also  war  diess  ein  Ringen  ohne  Lohn, 
ein  Kampf  ohne  Preis,  aber  für  Rom  brachte  er  zum  Durchbruch, 
was  Jahrhunderte  gezeitigt  hatten.  Es  ist  weder  möglich  noch 
nothwendig,  genau  zu  berechnen,  wie  viele  Städte  er  als  Pro- 
consul  mit  Sturm  nahm,  ob  mehr  als  300, 'ä)  800^°)  oder 
1000;  5')  wie  viele  Völker  er  besiegte,  ob  300  =  =)  oder  400;  '*) 
wie  viele  Schlachten  er  lieferte,  deren  Appian  30  zählt,  =')  wie 
viele  Menschen  darin  umkamen,  ob  400,000, '=)  eine  Blillion 
oder  mehr, '^)  nnd  wie  viele  in  Gefangenschaft  geriethen, '") 
aber  niemand  wird  daran  zweifeln,  dass  seine  Kriege,  nur  die 
ersten  im  J.  58  ausgenommen,  ein  frevelhafter  Angriff  auf  Leben 
und  Gut  von  Unzähligen  waren,  wenn  auch  Andere  in  alter  und 
neuer  Zeit  nur  deshalb  nicht  eben  so  handelten,  weil  sie  es 
nicht  vermochten.  Immer  härter  ahndete  er  Widerstand  und 
Abfall.     Die  JXervier  flehten   sein  JRIitleiden   an,   als   nach  ihrer 


45)  Meiner  Aufgabe  gemäss ,  nnd  in  Betracht ,  dass  Cäsars  Geschichte 
lier  nnr  ein  Theil  einer  allgemeinen  ist,  wird  in  der  folgenden  Darstellung 
des  gallischen  Kiiegs  dessen  Bedeutung  für  die  innern  Verhältnisse  Roms 
nnd   für   den   kiinfligen  Herrscher  besonders  hervorgehoben,  46)    Plut. 

Pomp.  51.  47)    Cic.  de  prov.  cons.  13.     Kon  sibi  solnm  cnm  iis,   quos 

iam  armalos  contra  jiopnlum  Rom.  Tidebat,  bellandum  esse  duxit,  sed  totam 
Galliam  in  nostram  dilionem  esse  redigeudam.  48)    Vellej.  2,  56.   §.  3. 

Keque    illi    tanto    \iro    —    plus    quinque    mensinm  principalis  qnies  conligil. 
49)    Julian.    Caesares    p.   321.    A.    Spanh.  50)    Plut.   Caes.    15.    App. 

GaU.  755.    (lib.  4.  c,  2.  .Schvr.)  51)    Plul.    Pomp     67.  52)    Plnt. 

a.  CO.  53)  App.  1.  c.  u.  IJ.  C.  2,  523.  54)  B.  C.  1.  c.  55)  Vellej. 

2,    47.  56)    Plut.   U.  cc.     App.   GaU.  1.  c.    l'liii.  7,   25.    Julian.  1.  c. 

57)    Nach  Plnt.  n.  App.  II.   cc.    einp  Million 


XXI.    lULil.        (3i.§.  10.)        231 

frellicli  absichtlich  tibertriebenen  Angabe  von  60,000  nur  noch 
600  Wehrhafte  sich  fanden.  ' ")  Bald  nachher  Hess  er  53,000  Adua- 
liiken  verkaufen.'^)  Er  verkanfte  unter  dem  Vorwande,  dass 
das  Gesandlenrecht  Ton  ihnen  verletzt  sei,  auch  die  Veueter,  und 
verurtheilte  alle  ihre  obrig-keitlichen  Personen  znm  Tode.  ^'') 
Duinnorix,  der  Aeduer,  „der  freie  Bürger  eines  freien  Staats," 
wurde  auf  seinen  Befehl  erschlagen,  weil  er  sich  gegen  das  JocJi 
sträubte.  ®  *)  Aus  gleichem  Grunde  weihte  er  ein  ganzes  Volk, 
die  heldenniiithigen  Eburonen,  dem  Untergänge,  und  entbot  die 
Xachbarn  von  beiden  Ufern  des  Rheins,  die  Acht  zu  vollziehen.  ^'  -) 
Seine  Truppen  legten  Genabum  in  Asche,  die  blühende  .Stadt  der 
C'arnuten,^^)  nnd  schonten,  durch  lange  Gegenwehr  gereizt,  in 
Avaricum  nicht  Weib  und  Rind;  von  40,000  entkamen  kaum 
800;  ^*)  diess  Alles  aber  verschuldete  der  Urheber  des  Krieges. 
Am  meisten  zürnte  er  Ambiorix,  dem  Häuptlinge  der  Eburonen; 
da  er  sich  seiner  nicht  bemächtigen  konnte,  „so  schien  es  seine 
A'\"iirde  zn  erfordern",  das  Vaterland  des  Unglücklichen  nun 
völlig  zn  verwüsten;  ^ ')  in  UxeUodunum  befahl  er  sogar,  Allen 
welche  gefochten  hatten  die  Hände  abzuhauen ;  „  das  Leben 
.schenkte  er  ihnen,  damit  sie  die  Strafe  ihres  Verbrechens  zur 
Schau  trugen".  ^^) 

Diess  liisst  schon  vermnthen,  dass  er  mit  grossen  Schwierig- 
keiten und  Gefahren  kämpfte,  und  in  der  That  schien  der  Augen- 
blick oft  nahe  zu  sein,  welcher  die  Aristocratie  für  immer  von 
ihm  befreite,  oder  ihn  nach  dem  Verluste  des  Heers  und  der 
Provinz  ihrer  Rache  preis  gab.  Blan  lies't  sogar  bei  Servius, 
welcher  die  Nachricht  nach  seiner  Versicherung  aus  Cäsars 
Schriften  entnahm ,  dass  er  von  einem  Gallier  gefangen  und  nur 
auf  den  missverstandenen  Zuruf  eines  andern  sogleich  wieder 
entlassen    wurde.  ^^)      JVach    Sveton^*)    erfuhr    er    dreimal    die 

58)    Caes.  B.  G.  2,  28.  Liv.  104.  59)  Caes.  2,  33.  60)  r).-.s. 

3,   16.  61)    Das.  5,  7.  62)    tJt   stirps    ac   nomen  civhalis  tollalui'. 

Das.  6,  34.  63)   Das.  7,  H.  64)    Das.  7,  28.    Flor.  3,   10.  §•  23. 

CO)  B.  CaU.  8,  24.  66)  Das.  8,  44.  67)  Serv.  zu  Viig.  Aeii.  11,  743: 

Cum  ab  toste  rajitiis  eqno  eius  portarelnr  armatus,  occurrit  cpiidam  ex  hostibus, 
qiii  eum  nosset  et  insultaiis  ait:  Caesar,  Caesar!  quod  Gallomm  liiigua  di- 
inilte  signilii  at,  et  ita  factum  est,  nl  diniiltereinr.  Hoc  aulein  ipse  Cacsai' 
in  Ei>lieiueridu  sna  dicit,  ubi  propriam  comiueniorat  (elicilatem.  Oben  lulii  Einl. 
A.  43  u.  liier}  33.  A.  88.    Andere  lesen  Cecos  oder  Cetos  Caesar!  68>  2i. 


232  ^  XXI.    lULlI.        (31.  §,16.) 

Ungunst  des  ScLicksals,  in  Britannien,  bei  Gergovia  und  im  Lande 
der  Elmronen,  wo  der  Feind  seine  Truppen  unter  Titurius  und 
Aiirunctilejus  Colfa  vernichtete.  ^^)  Aucli  ausserdem  drohte  das 
Gebäude  seines  Ehrgeizes  über  ihm  zusammen  zu  stürzen.  Auf 
dorn  Zug-e  gegen  Ariovist  verdankte  er  es  seiner  Entschlossenheit 
und  der  zehnten  Legion,  dass  der  Schrecken  sein  Heer  nicht 
auflöste.  Dieselbe  Legion  und  Labienus  retteten  ihn  in  der 
Schlacht  mit  den  Belgiern  am  Sabis.  '  °)  Noch  gegen  das  Ende 
seiner  Verwaltung  sah  er  sich  vom  Heere  abgeschnitten,  ' ' )  und 
bei  Alesia  bedurfte  es  nach  den  Anstrengungen  des  Vercingeforix 
nur  noch  eines  unglücklichen  Zufalls,  um  ihn  zu  verderben.  ^  *) 

Er  führte  den  Krieg  mit  Völkern,  welche  im  Ganzen  kräftig, 
tapfer  und  für  die  Freiheit  begeistert  waren.  Als  die  Gallier 
daran  verzweifelten,  ihn  anders  als  durch  die  Verwüstung  des 
Landes  zu  entfernen ,  brannten  die  Biturigen  an  Einem  Tage 
zwanzig  ihrer  Städte  nieder ,  und  diess  Beispiel  fand  Nach- 
ahmung. '  ^ )  Ihre  Reuter  schwuren,  unter  kein  Dach  zu  gehen, 
Eltern,  Weiber  und  Kinder  nicht  zu  umarmen,  bis  sie  zweimal 
durch  das  feindliche  Heer  geritten  seien.  ")  Sie  lernten  voa 
den  Gefangenen  die  Belagernngskunst,  '^)  und  zuletzt  auch,  aber 
zu  sjjät,  durch  Erfahrung  eine  angemessene  Art  zu  kämpfen,  den 
kleinen  Krieg,  wobei  ihnen  ihre  Ueberlegenheit  an  Reuterei  zu 
Stalten  kam,  '  ^)  Mehrere  Häuptlinge  der  sogenannten  Barbaren 
entwickelten  ausgezeichnete  Eigenschaften ;  sie  konnten  Cäsar 
nicht  besiegen,  welches  auch  Pompejus  und  Scipio  an  der  Spitze 
der  Legionen  nicht  vermochten,  aber  sie  zeigten  sich  vollkommen 
befähigt,  ihm  den  Sieg  streitig  zu  macheu.  Nur  auf  gleiche 
Bediugnngen  wollte  Ariovist  der  Freund  der  Römer  sein;  ihre 
Forderung,  fü'r  das  Fortbestehen  des  Bundes  seineu  Eroberungen 
zu  entsagen,  erschien  ilim  als  ungereimt;  er  entsagte  dem  Bunde 
und  sie  zitterten.")  In  Britannien  begriff  Cassivellaunus ,  wie 
man  ihnen  begegnen  müsse,  und  er  würde  sie  aufgerieben  haben, 
•wenn  er  besser  unterstützt  wäre.'**)     Induciomarus,  derTrevirer, 


69)    Caes.  1,  39.  40.  70)   Das.  2,  26;    (liinm,   qiianto  in  periciilo 

et   castra,   et  legioiics   et  impei-ator  versarelnr,   cognovissent.        71)   Das. 
7,  6.  72)    Das.  7,  68  f.     S.  unten.  73)    Cacs.  7,  15.  74)  Das. 

7,  66.  75)   Das.  5,42.    7,30.31.  7G)  Das  7,  14.  C4.  77)  Das. 

1,  36.  39.  44.  78;    Das.  5,  15  f.     Unten  J.  26. 


XXI.    lULU.        (31.  §.16.)        233 

fasste  Jen  kiilinen  Entselilnss,  Gallien  und  Germanler  zum  Wider- 
stände gegen  sie  zu  vereinig-en;  nie  hatte  ein  Anderer  ein  so 
<;rosses  Ansebn  gehabt.  '  ^)  Durch  Anibiorix  verloren  sie  ihre 
C'ohorten  unter  Tilurius  und  C'olta,  und  die  Bemühungen  Cäsars, 
sich  des  listigen  und  gewandten  Eburonen  zu  bemächtigen,  ■waren 
fiuchtlos.  *  ")  Alle  aber  übertraf  Vercingetorix,  der  Arrerner,  durch 
dessen  Thaten  bei  und  in  Alesia  seinem  Namen  die  Unsterblich- 
keit und  seinem  Volke  der  Ruhm  gesichert  wurde,  dass  es  mit 
Ehren  fiel.  8') 

Bei  dem  Allen  hafte  Cäsar  grosse  Bürgschaften  iiiir  den 
.Sieg,  und  insbesondre  in  sich  selbst.  Ueber  Gallien  ent- 
schieden nicht  eine  oder  einige  Schlachten,  wie  über  Mace- 
douien ,  Syrien  imd  Griechenland ;  er  miisste  es  fast  in  jedem 
Jdhre  von  neuem  erobern ,  und  behauptete  es  zugleich  gegen  die 
Germanier,  furchtbare  Nachbaren  auch  für  den  Statthalter  einer 
ruhigen  Provinz,  nun  aber  durch  wiederholte  Niederlagen,  nur 
Bfiwerke  eines  riesenhaften  Baues,  so  geschreckt,  dass  sie  den 
Khein  nicht  mehr  zu  überschreiten  wagten.  '  ^)  Sie  wurden 
sogar  in  ihren  Gauen  angegriffen,  und  auch  zn  Landungen  in 
Britannien ,  zur  Leitung  der  Innern  Angelegenlieiten  Roms ,  der 
Curie,  der  Comitien  und  Pompejus  des  Grossen  blieben  Zeit  und 
Kräfte  übrig.  Nur  weil  Cäsar  durch  immer  glänzendere  Unter- 
uehniungen  die  vorigen  verdunkelte,  und  dann  die  Römer  schlu"- 
wie  die  Barbaren,  erscheint  das  Ungemeine  zuletzt  bei  ihm  als 
in  der  Ordnung,  und  die  Bewunderung  ermüdet. 

Die  Welt  mag  das  Hohe  gern  erniedrigen;  sie  findet  die 
Ursach  ihres  Erstaunens  um  so  leichter  in  der  Um^ebun"-  eines 
Ansgezeichneten ,  da  grosse  Geister  verwandte  an  sich  ziehen, 
und  auch  die  miltelmässigen  als  ihre  Werkzeuge  sich  über  sich 
selbst  erheben.  Unter  Cäsars  Legaten  war  keiner  T.  Labienus 
vergleichbar;  dieser  Eine  leistete  mehr  als  Alle;  im  Biirüerkrieo-e, 
ihm  gegenüber,  leistete  er  nichts.  F.  Crassus,  der  Sohn  des 
Triumvir  und  Ciceros  Bruder  Ouintus  zeigten  sich  als  liichti"-e 
Anführer,  doch  sollten  sie  dem  Oberfeldherni  iiu-Lr  unter  einem 
ehrenvollen    Namen    zu    Gcisseln     dienen    und    ihm    Gelegenheit 

79)   Caes.  5,  55.     Urnen  .'.  26.  A.  28  u.  (,.  27.  A.  74.  80)   Caes. 

S.  2G.    B.  r.aU.  8,  24.  81)   Caes.  7,  4.  68  f.  82;    Das.  5,  55. 


234  XXI.    lULII.        (3i.§.  16.) 

geben,  iiirch  GunstbezeiigiingeD  sie  nud  die  Ihrigen  sich  zu  ver- 
j)flicLten,  und  mit  diesen  II eissig  Briefe  Zu  wecLseln.  Ausserdem 
werden  Q.  Tituriiis  Sabinus*^)  und  L.  Aurunculejus  Colta**) 
t;enannt;  C.  Trebonius;  ^  ^)  P.  Sulpicius  Rufus;  **)  C.  Fabius;") 
L.  Roscius;««)  L.  Miinafius  Plancus;«»)  T.  Sextius;»»)  M.  Si- 
lauus;'")  C.  Antistiuslleginus;«^)  Q.  Pedius ; ^  =  i')  L.  Cäsar;  9^ 
C.  Caninius  Rebiliis;9')  Q.  Fufius  Calenus; '')  P.  Vaünius;  9«) 
Ser.  Siilpicius  Galba^')  und  L.  Minucius  Basilas.  9"')  Sie 
standen  Jedoch  nicht  alle  zu  gleicher  Zeit  in  Gallien.  Als  Quästor 
diente  hier  unter  Anderen  M.   C'rassus.  ^  ^) 

Die  meisten  unter  den  Legaten  wussten  Cäsars  Befehle  zu 
vollziehen  und  sie  huldigten  ihm  durch  strengen  Gehorsam,  zumal 
da  die  Erfahrung  lehrte,  dass  eine  Abweichung  von  seinen  Vor- 
schriften ihnen  selbst  verderblich  wurde,  ® ')  und  auch  ihre  Unter- 
gebenen vom  innigsten  Vertrauen  zu  der  Oberleitung  durchdrungen 
waren.  '"")  Mochte  mancher  feindliche  Heerführer  ihnen  au 
Gaben  überlegen  sein,  woran  nicht  zu  zweifeln  ist,  so  erscheinen 
sie  dennoch  als  die  Stärkeren,  da  nicht  nur  Cäsar  mit  seinen 
sicheren  Berechnungen  der  Zeit  und  dem  schnellen  Ueberblicke 
des  Oerilicheu  und  aller  Verbindungs -Linien,  sondern  auch  die 
Truppen  mit  ihrem  Muthe,  ihrer  Kriegskunst  und  Blannsznchl 
sie  übertrugen.  Di«  erste  Scheu  vor  den  Barbaren  war  bald 
überwunden ,  und  seitdem  fand  sich  nur  Veranlassung,  vor  einer 
zu  ungestümen  Kampflust  zu  warnen.  ') 

Volk  und  Senat  hatten  Cäsar  vier  Legionen  gegeben.  ")  Er 
vermehrte  sie  aus  eigener  Machtfülle ,  obgleich  für  die  übrigen 
erst  später  Sold  angewiesen  wurde.  ^)      Legio  I.'')     Ponipejus 


83)   Caes.  2,  5.  9.  10.   3,   II.  17.  4,  22.  38.   5,  24.  26.  27.  29.  33. 
3G.  37.  84)   2,  11.  4,  22.  38.    5,  24  f.  8S)   5,  17.  24.   7,  11.  81. 

15.  O.  8,  6.  46.  54.  86)    4,  22.     7,  90.  87)    5,  24.  46.  47.  53. 

6,6.    7,  40.   41.   87.  90.     B.  G.  8,  6.  24.  27.  31.  37.  54.    Vgl.   B.  C. 

1,  37  f.  88)  5,  24.  53.  89)  5,  24.  25.  90)  6,  1.  7,  49. 
r,l.  90.  B.  G.  8,  11.  91)  6,  1.  92)  6,  1.  7,  83.90.  926)  2,  1. 
93)    7,  65.     Oben  No.  22.          94)   7,  83.  90.   B.  G.  8,  24.  26.  30.  33. 

2.  TU.  107.  95)  B.  G.  8,  39.  96)  Das.  8,  46,  97)  Caes.  3,  1  f. 
II.  G.  8,  50.  976)  B.  O.  6,  29.  30.  7,  90.  Ueber  D.  Brulns  vgl. 
lunü  No.  31.  A  53.  98)  6,  24.  Licinü  Crassi  No.  39.  99)  5,28. 
29.  <i,  36.  100)  5,  28.  1)  7,  52.  2)  Ubeu  j.  14.  A.  73. 
:5)   S.  uiitoii  5.  23.  A.  100.           4)   B,  Gall.  8.  54. 


XXI.    lüLU.        (31.  §.16.)        235 

warb  sie  a.  55  als  Consul  im  cisalpinischen  Gallien ,  folg'lich  in 
(.üsars  Proyiuz,  und  lieh  sie  diesem  im  Winter  54  auf  53  auf  dessen 
Antrag'.  ')  Im  J,  50  gab  Cäsar  sie  zurück,  als  man  eine  Legion 
für  Bibulus  zum  partLiscLen  Kriege  von  ihm  forderte.  *')  L.  V. 
Alaiida,  legio  Alandarum.  Sie  Avurde  von  Cäsar  im  trans- 
alpinischen Gallien  errichtet  und  später  mit  dem  BiirgcrrecLfe  be- 
schenkt. ')  Ihr  Helmbusch  hatte  AehnUchkeit  mit  den  Federn 
auf  dem  Kopfe  eines  Vogels,  welcher  im  Gallischen  alauda 
hiess;  so  nannte  mau  sie  nun  selbst  als  ein  Ganzes  und  auch  den 
Einzelnen  in  ihr,  *)  jedoch  anfang-s,  wie  es  scheint,  nur  zum 
Scherz  oder  aus  Spott,  Im  Heere  zählte  sie  als  die  fünfte.  ^) 
L.  VI  wird  erst  im  J.  51  erwähnt.'")  L.  VH  ")  gehörte  nebst 
den  beiden  zunächst  folgenden  zu  den  ähesten. '-)  L.  VIII. '^) 
L.  IX.  ")  L.  X.  Wegen  ihres  Bluthes  und  ihrer  Ergeben- 
heit gegen  den  Feldherrn  eine  Stütze  und  ein  Muster  für  alle 
anderen,  der  Kern  des  Heers  und  häufig  für  den  entscheidenden 
Augenblick  geschont.  '  *)  L.  XI  diente  vom  Anfemge  des  Krieges 
iu  Gallien  und  die  Mannschaft  war  Torzüglich,  dennoch  erwarb 
sie  sich  nie  einen  so  grossen  Ruf,  als  die  vier  roi-igen;  '  ^)  es 
fehlte    ihr    an    guten  Anführern    oder    an    Glück.      L.    XII.  ' ') 


5)    Caes.  6,  I.   B.   C.  3,  88.  B.  G.  8,  54.   Dio  40,  65.     Vgl.  39,  39. 
App.  2,  446.  6)    B.  G.  1.  c.     Dio,  App.  U.   cc.     Lucan.  7,  218.     D,ir- 

nach  ist  die  Angaie  bei  Tlnt.  Caes.  25  u.  Pomp.  52  zn  bericlitigen ,  narh 
•welcher  Pompejus  zwei  Legionen  lieh.  S.  {.  27.  A.  79,  —  Ueber  die 
Legion,  -vrelche  man  als  die  dritte  in  Cäsars  Heere  aufführt,  s.  unten  A.  21. 
7)    Snelon.  24.  8)   Cic.  ad  An.  16,  8.    PhU.  1,  8.    5,  5.   13,  2.    PUn. 

II ,  44  (37).  Snet.  L  c.  Marceil.  Kmp.  de  medicam.  c.  29.  ed.  H.  Steph. 
p.   375.    Gregor.    Tur.    Hist.    4,   31.  9)     In    Inschriften:    Gruler.  403. 

iNo.  2.  544,  Ko.  2.  559.  Ko.  7.  Reines,  dass.  VI.  No.  35.  p.  410.  Orell. 
Inscr.  No.  733;  aber  anch  schon  in  einem  Briefe  des  Asiuius  Pollio,  Cic. 
ad  Fam.  10,  33.  Ans  den  oben  A.  8  angeführten  Stellen  bei  Cicero  ergiebt  sich, 
dass  Antonius  die  Legion  der  Alandae  an  sich  zog,  ans  den  Inschriften,  dass 
sie  auch  die  fünfte  hiess ,  es  nnterliegt  daher  keinem  Zweifel ,  dass  die 
fünfte  des  Antonius,  deren  Asinius  gedenkt,  die  hier  besprochene  ist. 
S.  1.  Th.  116.  A.  83.   205.  A.  19  f.  10)    B.  G.  8,  4.  11)   Caes. 

2,  23.  26.  4,  32.   5,  9.    7,  62.  12)   B.  G.  8,  .8.  13)   Caes.  2,  23. 

7,  47.  B.  O.  1.  c.  14)    Caes.  2,  23.   B.  G.  1.  c.  15)    Caes    1,  40. 

41.  42  2,  21.  23.  25.  26.  4,  25.  7,  47.  51.  »io  38,  47.  Plut.  Caes.  19. 
Zonar.  10,  6.  IC)    B.  G.  8,  8.     Vgl.  Caps    2,  23  u.  B,  G.  8,  2.  0,  24. 

17)    Cat'S.  2,  23.   25     3.   1.  7.  C2. 


236  XXI.    lULn,        (31.  §.16.) 

L.  XIII. » «)     L.  XrV  '  9)  wurde  im  Winter  54  anf  53  nacli  der 

Kiederlage  des  Tifiirius  und  Cotta  im  cisalpinisclien  Gallien  aus- 
gehoben. ^")  L,  XV.  Sie  wurde  a.  51"°'')  im  cisalpiniscLen 
Gallien  als  Besatzung^  in  die  festen  Plätze  vertlieilt.  Cäsar  stellte 
sie  zum  parlLisclien  Rrieg'e,  obgleich  er  wussfe,  dass  der  Senat 
ihn  nur  schwächen  wollte  und  ersetzte  sie  durch  die  dreizehnte.  ^  ') 
Aus  dieser  Uebersicht  erhellt,  dass  nicht  alle  elf  Legionen 
schon  iu  den  ersten  Jahren  des  Krieges  und  während  seiner 
ganzen  Dauer  unter  den  Waffen  waren,  a.  58  fochten  gegen 
die  Helvelier  und  g-egen  Ariovist  nur  sechs;  eine  fand  Cäsar  in  der 
jenseitigen  Provinz;-')  da  er  grössere  Streitkräfte  bedurfte,  so 
n-ieng  er  nacli  der  diesseitigen  zurück,  um  drei  aus  den  Winfer- 
lao'ern  bei  Aquileja  herbeizuführen  und  zwei  neue  auszuheben.  °^) 
Jene  ersten  vier,  Veteranen,  ^ '')  waren  ihm  vom  Staate  bewilligt. 
Vor  dem  belgischen  Kriege  a.  57  errichtete  er  im  cisalpinischen 
Gallien  abermals  zwei;  er  hatte  nun  acht.-*)  Bis  zum  Ende 
des  J.  54,  in  welchem  eine  Legion  und  fünf  Cohorten  unter 
Titurius  und  Cotta  fast  ganz  aufgerieben  wurden,  ^^)  blieb  diese 
Zahl  unverändert.  -'''')  Im  folgenden  Winter  erhielt  Cäsar  eine 
Leo-ion  von  Porapejus  und  zwei  warb  er  in  der  Provinz  in 
Italien,  ^')  Wegen  jenes  Verlustes  werden  nun  docli  nur  zehn 
o-enannt.  ^')  Die  Aushebung  im  cisalpinischen  Gallien  im  An- 
fange des  J.  52  ersetzte  bloss  den  Abgang ;  '  ^)  im  Felde  standen 
zehn  Leo-ionen;  '°)  auch  noch  am  Ende  des  J.  51.  ^ ')  Dazu 
kam  als  elfte  die  L.  XV  im  obern  Italien,  welche  Cäsar  a.  50 
nebst  der  ihm  geliehenen  L.  I  au  Pompejus  abgab;  die  dreizehnte 


18)    Caes.  S,  53.     B.  G.  8,  2.  S4.     S.   unten  A.  21.  19)   Ctes. 

6,  32.   B.  G.  8,  4.  20)   Caes.  6,  32.   vgl.  6,  I.   PInt.  Caes.  25.    Gros. 

6,  10.  20h)    Umen  }.  35.  A.  56.  21)  B.  G.  8,  54.     t.  XV.  zählte 

unter  den  Trnpiien  des  l'ompejus,  mit  welchen  sie  vereinigt  wnrde,  als  die 
dritte,  (Caes.  B.  C.  3,  88;  nach  Lucan.  7;  219  als  die  vierte)  vriihrend 
die  erste,  deren  er  sich  ebenfalls  heni.'ichtigte,  diesen  Namen  behielt.  Nnr 
so  erklärt^ich  der  scheinbare  Widerspruch  in  den  IN'achrichten.  22)  Caes, 

1,  7.  8.  23)  Pas.  1,  10.  24.  49.  24)  Das.  I,  24.  25)  Das.  2,  2.  8, 

26)    Das.  5,  24.   37.  26/-)    Unten  §.  20.  A.   29.  27)   Das   6,1.32, 

■wo:  Unani  ex  üs  IU,  ipias  proxime  conscriptas  ex  Italia  transdnxer.nt  nach 
dem  Vorigen  zn   erklären  i.<t.  28)    Das.  0,  32.  33.  29)  Das,  7,  1,7. 

30)    Das.  7,  34.  90.  31)  B.  G.  8,  46. 


XXI.    lULII.        (31.  §.17.)        237 

naLm  ilire  Stelle  ein,  nnd  im  transalpiniscLen  Gallien  blieben 
acLt.  ^^)  Die  illjrisclieu  Krieger  wurden  nur  in  ihrer  Provinz 
verwendet,''^)  und  die  Gallier  ans  dem  verbündeten  oder  neu 
eroberten  Lande  den  Leg:ionen  nicLt  einverleibt,  sondern  als  ab- 
gesonderte ScLaaren  gebrauclit,  vorziiglicli,  die  ZufuLr  zu  sichern.  '*) 
Dassel])e  g-ilt  von  den  Germaniern  im  römischen  Heere,  welche 
ihm  als  leichte  Truppen  gute  Dienste  leisteten.  ^ ') 


§    17. 

(a.  58.)  Demnach  überwand  Cäsar  seine  Feinde  mit  einer 
verhalluissmässig'  geringen  Macht,  und  zvsar  fast  ausschliesslich 
mit  dem  Fussvolke ,  denn  die  Reiiterei  leistete  nichts.  Sie  be- 
stand aus  Galliern,  ^^)  in  den  letzten  Jahren  auch  aus  Spaniern 
und  Germaniern,  ^ ')  und  war  4  bis  5000  Blann  stark,**)  die 
ausgeuomraen,  welche  die  Legaten  in  dringenden  Fällen  fiir  sich 
aushoben.  *^)  Man  durfte  weder  auf  den  Blulh  noch  auf  die 
Treue  der  gallischen  rechnen ;  fast  in  allen  Gefechten  ergriff  sie 
die  Flucht,'")  sogar  in  ganzer  IMasse  vor  500  Helvetiern  und 
800  Germaniern.  *')  Nur  wenn  der  Feind  schon  zum  Weichen 
gebracht  war  oder  beim  Ueberfalle  sah  man  sie  mitunter  ent- 
scheidend mitwirken.*-)  Aber  auch  der  böse  Wille  hatte  An- 
theil  daran;  der  Zwang  bringt  keine  "NVunder  der  Tapferkeit 
hervor  und  er  wurde  hier  nicht  einmal  wie  bei  leibeigenen 
Kriegern  durch  die  Gewohnheit  eines  sclavischen  Gehorsams 
unterstützt;  freudig  eilten  einst  die  trevirischen  Reuter,  die  besten 
unter  allen,  aus  der  .Schlacht,  als  sie  Cäsar  für  besiegt  hielten. '^) 
Diesem  war  es  indess  sehr  erwünscht,  dass  Gallien  Ueberliuss 
an  Pferden  hatte;  ")  als  es  sich  a,  52  gegen  ihn  empörte,  mnsste 


32)  B.  G.  8,  54.  lieber  die  Nachriclit  bei  Snet.  29.  Plnt.  Caes.  31 
n.  Pomp.  59,  Cäsar  habe  sich  erboten,  8  Legionen  und  dem  jen^eiiigen 
Gallien  zn  entsagen ,  und  nur  zwei  mit  dem  diesseitigen  oder  eine  nnd 
lilyTien  bis  za  seinem  zweiten  Consniat  gefordert,  s.  unten  (j.  38.  A.  44, 
33)  Caes.  5,  1.  34)   Das.  7,  34.  35)   B.  G.  8,  36.  36)  Caes. 

1,  15.  4,  6.  6,  4.  37)  D.-.S.  7,  13.  38)  Das.  1,  15.  4,  12. 
5,  5.  8.  39)  Das.  5,  57.  58.  40)  D.is.  1 ,  24.  2,  19.  24.  27 
7.  13.          41)  Das.  1,  15.  4, 12.          42)  Das.  2,  27.  5,  57.  58.  43y  Das. 

2,  24.  44)  Das.  7,  14.  64. 


238  XXI.    lULlI.        (31.  §.17.) 

er  sie  in  Spanien  xmd  Italien  kaufen.  * ')  Die  spaniscHen 
Reuter*^)  und  besonders  die  germaniscLen  * '_)  thaten  sieb  in 
allen  Gefechten  Lervor,  ihre  Zaiil  war  aber  zu  gering.  Au 
LeicLtbewalFnelen  folgten  dem  Heere  ausser  denen,  welche  zn 
den  Legionen  gehörten,  Numidier,  crefensische  Bogenschützen, 
balearische  Schleuderer  und  Germanier,**)  und  wie  Ariovist  so 
mischte  auch  Cäsar  sie  zuweilen  unter  die  Reuterei.  *^) 

Seine  persönliche  Grösse  und  die  Vorzüge  seiner  Truppen 
wurden  den  Feinden  um  so  verderblicher,  da  auf  der  Seite  der 
Römer  die  vollkommenste  Einheit  herrschte,  und  auf  der  andern 
nicht.  Die  Gallier  handelten,  als  das  Schwerdt  schon  über  Aller 
Haupte  hieng,  wie  sie  früher  gehandelt  hatten,  so  dass  sich 
innerhalb  ihrer  Gränzen  wiederholte,  was  Rom  bei  der  Gründung 
seines  Weltreichs  begünstigte,  die  Bedrohten  seihen  einander  gleich- 
gültig fallen,  oder  sie  halfen  dem  Unterdrücker  ihre  Nebenbuhler 
besiegen.  Es  ist  von  diesen  Zeiten  nicht  zu  fordern,  dass  die 
sogenannten  Barbaren  im  Norden  bis  Britannien  hinauf  sich  ver- 
banden, sobald  der  erste  römische  Krieger  die  Alpen  überschritt, 
oder  das  Schicksal  der  Cisalpiner  und  der  Spanier  sie  warnte; 
aber  selbst  die  Völker  zwischen  dem  Rhein  und  den  Pyrenäen 
standen  nicht  AUe  für  Einen,  ihre  Fehden  dauerten  fort.  Sie 
erinnerten  sich  an  ihre  verschiedene  Abstammung ,  aber  nicht  an 
ihr  gleiches  Interesse.  *  °)  Ungern  theilten  die  Gelten  oder  Gallier 
im  engern  Sinne  des  Wortes  das  Land  mit  den  Aquitanern, 
Stämmen  iberischer  Abkunft  zwischen  der  Garnmna  (Gai-onne) 
und  den  Pj'renäen,  * ')  und  mit  den  Belgiern,  welche  grössfen- 
theils  aus  Germanien  eingedrungen  waren,  ^^)  und  Uires  Ursprungs 
mit  Stolz  gedachten.  '^)  Auch  die  Völker  desselben  Stammes 
bildeten  in  staatsbürgerlicher  Hinsicht  kein  Ganzes ;  ihre  Ver- 
suche, eine  politische  Einheit  zu  schaffen,  gelangen  nicht,  sie 
erbitterten  nur  und  schwächten;  daher  die  National -Feindschaft.  *'') 
Es  gab  freie  Staaten  und  Gebiete.  Die  Bewohner  der  letzteren 
nennt    Cäsar    Clienten.      Unter  anderen   halten    die   Arveruer, '*) 


45)    Caes.  7,    55.  46)   Das.  5,  26.  47;   Das.  7,  13.  70.  80. 

Vgl.  1,  48.  48)   Das.  2,  7.  10.  24.   -       49)  B.  G.  8,  13.   B.  C.  3,  84. 

50)    Äjnmian.  Marc.    15,    11.  51)    Siralio  4,  189.  52)    Caes.  2,  4. 

6,  32.    Tacit.   Germ.  2.  53)    Tacit.  das,  28.  54)    Caes.  6,   12  lin. 

55)   Strabo  4,   191. 


XXI.    lÜLn         (31.  §.17.)        239 

Aedoer, '*)  Adnahiken,  *')  Trevirer  ")  unJ  Nerrier*^)  Nahe 
nnd  Entfernte  in  diesen  Zustand  versetzt,  stets  in  der  Absicht, 
ganz  Gallien  in  ihr  Gebiet  zu  verwandeln.  Bestrebungen  dieser 
Art  zeigten  sich  früh,*")  aber  nie  gelangte  ein  Volk  zu  einem 
allgemeinen  und  immer  ■währenden  Principat.  In  der  ersten 
Hälfte  des  zweiten  Jahrhunderts  waren  die  Arvemer  die  mächtig- 
sten,^') dann  die  Aeduer;^^)  gegen  diese  riefen  die  .Sequaner 
Ariovist  herbei;  die  Aeduer  mnssten  nach  mehreren  Niederlagen 
sich  ihnen  unterwerfen ,  bis  Cäsar  ihr  Beschützer  wurde  und 
ihnen  ihre  Clienten  zurückgab,*^)  jedoch  nicht  alle;  aus  allem 
Hasse  gegen  sie  schlössen  sich  mehrere  abhängige  Völker  lieber 
an  die  Remer  an,  welche  erfreut  waren,  nun  wenigstens  deu 
Bang  nach  den  Aeduern  zu  erhalfen.  '"'') 

Solche  Entwürfe  giengen  von  den  Grossen  ans,  denn  die 
Menge  fiöhute.  ^  *)  Sie  vollendeten  dadurch  die  innere  Zer- 
»iittung,  dass  sie  mit  Hülfe  ihres  Gefolges  über  ihren  Gau  und 
dann  über  Gallien  gebieten  wollten.  Kein  Andrer  konnte  ihre 
Bänke  so  leicht  durchschauen  als  Cäsar,  da  er  gegen  Rom  die- 
selben Pläne  verfolgte ;  dort  untergrub  er  Regierung  und  Verfassuna' 
in  Gallien  fanden  sie  einen  Vertheidiger  in  ihm ;  denn  von  jenen 
Ehrgeizigen  hatte  er  den  heftigsten  Widerstand  zu  erwarten, 
weil  sie  als  Provincialen  am  meisten  verloren,  den  Niedrigsten 
gleichgestellt  wurden.  ^^)  Daher  bemühten  sie  sich,  alle  Gallier 
gegen  ihn  zu  vereinigen;^')  doch  nutzte  ihm  auch  ihre  Eifer- 
sucht,^") wenn  er  nicht  darüber  hinausgieng,  die  Uneinigkeit 
zu  nähren;  wenn  er  selbst  Häuptlinge  einsetzte,  so  wurden  sie 
erschlagen   oder  vertrieben,  ^ ') 

Die    inneren  Verhältnisse    wirkten   auf  die  Feldzüge  zurück, 
in    welchen    diese  Völker   sich  ohnehin   im  Nachtheile    befanden. 

56)     Caes.    1,  31.     6,   12.  57)    Das.   5,  27.  58)    Das.  4,  6. 

59)    Das.   5,  39.  60)     Liv.  5,  34.  61)   StraLo  1.  c.     Oben   §.   15. 

A.  23.  62)  Caes.  I,  31.  6,  12.  7,  54.  63)  Das.  U.  cc.  64)  Das. 

6,    12  fia.  65)    Das.    6,    13.  66)    Das.    1,   17:    Liscns   proponit : 

Esse  nonnollos,  quornm  anctoritas  apnil  plebem  plurimam  Taleat,  qui  pri- 
valim  plns  possint,  qaam  ipsi  magistralns.  Hos  sediüosa  atque  improba 
oralioiie  miiltitudinem  deterrere ,  ne  framenlum  confcrant;  qiiod  praestare 
ilicant,  si  iam  principatnm  Galliae  obtinore  noo  possint,  Gallornm  qTiam 
Romanornm    imperia    perferre.     Vgl.    cap.    18    u.    7,    4.  67)     7,    30. 

68)    Dns.  5,  3.    6,  8.    7,  4.  69)   Das.  5,  25.  54.  56.    6,  8. 


240  XXI.  lULn!      (31.  §.17.) 

Mag  sich  seit  Polybitis  MancLes  bei  iLnen  geändert  Laben ,  Ja 
sie  als  gelehrig  und  anstellig  geschildert  werden,  ' ")  und  nament- 
lich ihr  dünnes  Schwert  ohne  Spilze  bereits  gegen  ein  besseres 
vertauscht  sein,  ' ')  so  kann  doch  die  Nachahmung-  nie  ihr  Vor- 
bild erreichen.  Sie  hallen  befestigte  Studie;'^)  ihre  Lager  zu 
befestigen, '  ^)  und  Verschanzungen  anzugreifen  und  einzuscliliessen 
lernten  sie  nothdiirflig  erst  im  Kriege  mit  Cäsar.  '*)  Da  sie 
meistens  nur  an  Streifzüge  geAVo'hnt  waren,  so  sorgten  sie  nicht 
fiir  Vorräthe,  wodurch  sie  Jetzt  oft  gezwungen  wurden,  ein  Unter- 
nehmen aufzugeben.  '  *)  Schrecklich  war  ihr  erster  Anlauf;  '  *) 
eine  Aufstellung  in  mehreren  Treffen  und  einen  geordneten, 
zum  voraus  berechuefen  Rückzug-  kannten  sie  nicht;")  ihre 
Schlachten  endigten  sich  entweder  mit  einem  schnell  erfochtenen 
Siege  oder  mit  eiucr  vollständigen  und  blutigen  Niederlage,  wie 
bei  allen  Volkern,  welche  in  der  Kriegskunst  unerfahren  sind. 
Desto  mehr  leisteten  sie  in  zerstreuten  Gefechten ,  wenn  es  galt, 
ans  dem  Hinterhalte  hervorzubrechen,  die  Verbindungen  zu  durch- 
ki-euzen,  die  Zufuhr  abzuschneiden,  und  die  feindlichen  Stelhingen 
zu  umschwärmen,  zumal  da  es  ihnen  an  Pferden  nicht  fehlte. '  *) 
Wie  sehr  sie  Cäsar  dadurch  zu  schaden  vermochten,  lernten 
sie  erst  gegen  das  Ende  seiner  Statthalterschaft  deutlich  einsehen, 
über  deren  Dauer  die  Alten  nicht  einig  zu  sein  scheinen.  Diese 
verwechseln  aber  grösslentheils  nur,  mit  und  ohne  Absicht,  die 
gesetzmässige  und  die  wirkliche  Zeit,  Sf"  dass  die  Widersprüche 
zu  heben  sind ,  welche  Geschichfschreiber  und  Ausleger  viel  be- 
schäftigt haben,  und  den  Streit  zwischen  dem  Proconsul  und  der 
Aristocratie  zunächst  vor  dem  Bürgerkriege  wesentlich  berühren. 
Durch  das  vatinische  Gesetz  vom  J.  59  erhielt  Cäsar  Gallien  auf 
5  Jahr;'^)  durch  das  trebonische  vom  J.  55  wurde  ihm  die 
Verwaltung  auf  einen  gleichen  Zeitraum  verlängert.  ^ ")  FolglicJi 
trat  er  nach  jenen  Bestimmungen  im  Anfange  des  J.  48  in  den 
Privatstand    zurück;     denn    die    ersten    füuf  waren   am    letzten 


70)   C.ies.  5,  42.  7,  22.  71)   Folyb.  2,  33.  72)   Caes.  7,  23. 

73)     Das.    7,    30.  7i)     Das.    2 ,    6.     5,    42.  75)     Das.    2,     10. 

76)    Polyb-  1.  c.  77)    Caos.  2,  11.    5,  31.  78)    D.is.  7,  14.  64. 

79)     Oben   §.    14.    A.    66.  SO)    S.  unten  }.  24.  A.  59  f.     Dio  39,  33 

sagt    auf    drei  J.ibio    darnach  Iiiitle  Cäs.w  nach  dem  Verlaufe  des  J.  51  ab- 
gehen müssen,  >v<^lchps  jener  auch  nnuiiumt.      40,  44.  59. 


XXI.    lULn.        (31.  §.17.)        241 

Dccenber  54  verflossen ,  und  die  z-vreifen  fünf  am  letzten  De» 
ceniber  49.  IMan  kann  dagegen  einvsendeu:  er  Labe  dann  Heer 
und  Provinzen  ein  JaLr  länger  LeLallen,  als  Pompejus  und  Crassos, 
■svenn  das  treboniscLe  Ge.setz  genau  zur  AusfüLrung  kam,  da  es 
ihnen  nach  iLrem  zweiten  Consulat  für  54  bis  50  Spanien  und 
Syrien  gab,  auch  lese  man  im  achten  Buche  des  Gallischen  Krieges, 
dass  seine  Rückkehr  nach  Rom  im  J.  50  habe  erfolgen  müssen;  ") 
aber  seine  C'ollegen  im  Triumvirat,  unter  t\' eichen  Pomjiejns  ins- 
besondre sich  als  sein  IVachahmer  zeigt,  hofften  auch  auf  Ver- 
längerung; dann  waren  sie  es,  die  ihn  bei  weitem  überflügelten, 
und  der  Fortsetzer  des  Gallischen  Krieges  vergass,  was  aus  einer 
einfachen  Berechnung  zu  entnehmen  ist.  Davon  abgesehen  war 
es  scheinbar  C'äsars  höchster  ^^  unsch,  unmittelbar  nach  der  Statt- 
halterscheift  Cousul  zn  werden,  und  sich  dadurch  vor  einer  An- 
klage zu  sichern.  Für  49  machte  er  keinen  Anspruch  auf  das 
Consulat;  es  verletzte  ihn  nur,  dass  sein  Legat  Ser.  Gnlba  nicht 
gewählt  wurde;  *-)  erst  in  diesem  Jalire  wollte  er  werben,  wes- 
halb er  sich  im  vorhergehenden  den  IMunicipien  im  cisalpinischen 
Gallien  empfahl.*^)  JVach  seinem  eigenen  Berichte  war  es  das 
J.  4fs,  in  welchem  er  gesetzlich,  zehn  Jahre  nach  dem  ersten, 
das  Consulat  wieder  übernehmen  konnte,**)  und  dazu  stimmt 
nun  auch  seine  Beschwerde,'  man  verkürze  ihm  die  Slatlhalter- 
schaft  um  sechs  Blonate,  da  man  verlange,  er  solle  sich  in  Person 
unter  den  Candidafen  einfinden,  mithin  schon  im  .Sommer  49 ;  * ') 
seiue  Feinde  glaubten,  dass  er  die  Zeit  der  AYahlen  nicht  ein- 
halten, und  lieber  bis  zum  Ende  des  Jahrs  in  Gallien  bleiben 
werde.  *  )  Auf  zehn  Jalir  waren  ihm  also  seine  Provinzen  an- 
ge\%-iesen,  *')  er  verwaltete  sie  aber  nur  neun;  ^^)  im  Anfange 
des  zehnten  betrann  der  Büro-erki'ies:. 


81)    8,  39.  82)  B.  G.  8,  SO.  83)  Das.  1.  c.  Si)   B.  C. 

3,  I.    Tgl.  Cic.  ad  Att.  7,  9:   Ant  tum,  qnum  comitiis  etc.  85)    Caes. 

B.  C.  1 ,  9.  86)    Diess  äusserte  Pompejns  am  27.  Decemher  50  gegen 

Cicero,  ad  Att.  7,  8.  '.  4,  vro  hoc  anno  sich  auf  die  Zeit  vor  den  C'on- 
snlar- Comiüen  50  bis  dahin  a.  49  bezieht;  für  49  waren  die  CoiiMiIn  längst 
gevriiblt.  87)    Im   Zorne    macht   Cicero    keinen   Unterschied,      ad   Att. 

7,  5  fin. ;  Sero  resistimns  ei,  qnem  per  annos  decem  alnimus  contra  nos. 
Das.  7,  7.  f.  5:  Annornm  enim  decem  imperium.  Das.  7,  9:  Qmd  im- 
pudentins?     Tennisti    provinciam   per    decem    annos.  88)    Caes.    B.  C. 

I,  7.    VeUej.  2,  47.  f.  1.    Sneton.  25-   Eiitrop.  6,  17  (14).   Fiat.  Caes.  15. 

Drumann  ■    Geschieht«  R<>m.^  111.  \(y 


242  XXI.    lüLII.        (^31.  §.18.) 

§    18. 

(a.  58.)  Cicero  War  durch  den  Tribnn  P.  Clodins  von  Rom 
entfernt,  als  Cäsar  sich  im  Anfaug-e  des  Aprils  in  seine  ProTinzen 
begab.  * ")  Nach  einer  Reise  von  acht  Tagen  erreichte  er  Ge- 
neva  (Genf),  die  allobrogische  Stadt  am  Rbodanus ,  ^ ")  denn  es 
bedurfte  jetzt  der  grössten  Eile,  da  die  Helvetier,  ein  gallisches 
Volk,^')  in  das  römisclie  Gebiet  hereinzubrechen  drohten.*') 
Sie  hatten  sich  schon  früher  mit  den  Römern  gemessen,  deren 
Consul  L.  Cassius  vor  etwa  einem  halben  Jahrhunderte  von  den 
Tigurlnern,  einem  ihrer  vier  Slämme,  überwunden  war,  ^^)  nnd 
wenn  die  Niederlagen  der  Cimbern  und  Teutonen  auch  ihnen 
Schranken  setzten,  so  blickten  sie  doch  immer  mit  Stolz  auf  jenen 
Sieg  zurück,  nnd  beschlossen  im  J.  61  um  so  zuversichtlicher, 
andere  Wohnsitze  zu  suchen.  Ihr  kleines  Land  zwischen  dem 
Rhein ,  dem  Jura ,  dem  lemanischen  oder  genfer  See  und  der 
Rhone  konnte  die  zunehmende  Volksmenge  nicht  mehr  fassen 
und  ernähren,  und  nördlich  vom  Rheine  wehrten  ihnen  die 
Gennanier ,  mit  welchen  sie  viele  Kriege  führten.  Freudig' 
stimmten  sie  daher  ein,  als  Orgetorix,  einer  der  Angesehensten 
nnd  Reichsten,  iu  der  Hoffnung,  über  Sieger  und  Besiegte  als 
König  zu  gebieten,  die  Eroberung  des  westlichen  Galliens  in 
Vorschlag  brachte.  Seine  Älassregeln  verrathen  eine  unter  Bar- 
baren seltene  Besonnenheit.  Der  Zug  sollte  erst  im  dritten  Jahre 
nach  genügenden  Vorkehrungen  beginnen.  In  der  Zwischenzeit 
gewann  er  auch  Castieus,  den  Sequaner,  und  Dumnorix,  den 
Aeduer,  welchem  er  seine  Tochter  gab,*»)  und  trieb  sie  an, 
sich  der  Herrschaft  zu  bemächtigen,  dann  werde  man  an  der 
Spitze  der  drei  Völker  sich  leicht  ganz  Galh'en  unterwerfen. 
Diess  Triumvirat  konute  dem  römischen  gefährlich  werden ;  es 
war  aber  von  kurzer  Dauer,  wenn  auch  nicht  ohne  Folgen,  Die 
Helvetier    verurüieilten    Orgetorix    wegen    seiner    Meuterei    znm 


89)    Oben  §.   IS    A.  8  n.  12  nnd  hier  im  Folgenden  A.  1.  90)  Plnl. 

Cnos.  17.    Caps.    B.   G.    I,  7.  91)    des.   1,  1.  3.  25.  92)    üers. 

1,  1—29.  Cic.  de  prOT.  cons.  13.  Liv.  103.  Flor.  3,  10.  Gros.  6,  7. 
Dio  38,  31—33.  App.  Call.  755.  lib.  4.  c.  3.  Exe.  13  d»  leg.  ed.  Schw. 
Flui.   Caes.   18.    Slrabo  4,   193.    Zoiiar.   10,  6.  93)    Oben  §.  15.  A.  30. 

94j    Caes.  1,  3.  9.   18.     S.  unten   J.  2C.  A.  31. 


XXI.    lULII.        (31.  §.18.)        243 

Feuertode,  und  bewaflnefen  sicli  gegen  ihn,  als  sein  AnLang  die 
VollzieLunj  verliiaderte ,  weshalb  er  waLrscLelnlich  sich  selbst 
entleibte.  ^^)  Das  Unternehmen,  welches  durch  ihn  veranlasst 
war,  hatte  seinen  Fortgang.  Die  Auswandernden,  263,000  mit 
Frauen  und  Kindern,  brannten  ihre  Wohnungen  nieder,  ihr 
Schwur,  nicht  zurückzukehren,  nnd  überredeten  mehrere  Nachbar- 
völker gallischer  Abkunft,  sich  anzuschliessen,  die  Rauraken 
23,000,  die  Tulinger,  36,000,  die  Latobrigen,  14,000  nnd  die 
Bojer  aus  Noricum  32,000;  im  Ganzen  zählte  man  368,000,  und 
nnter  diesen  92,000  Streiter.  ^^)  Es  schien  rathsam,  dass  nur 
die  AVehrhaften  aaszogen  und  zunächst  ein  Land  erkämpften; 
die  Uebrigen  sahen  sich  dann  aber  den  Antillen  und  der  Rache 
vielfach  gereizter  Völker  preisgegeben.  ^')  Auf  der  andern  Seite 
konute  man  sich  mit  einem  solchen  Trosse  nur  langsam  bewegen, 
den  Feind  nicht  überraschen,  sich  ihm  nicht  versagen,  und  da, 
wo  man  sich  hätte  Freunde  erwerben  sollen,  nicht  schonen,  weil 
die  Bedürfnisse  zu  gross  waren.  Dazu  kam  die  ungünstige  Jahres- 
zeit; im  April  fanden  sie  leere  Felder.  Gemz  anders  musste 
sich  der  Krieg  gestalten,  wenn  die  Allobrogen,  unzufriedene 
Provincialen ,  und  die  Aeduer,  ohnerachtet  des  Bruder-Titels^^) 
gegen  Rom  nichts  weniger  als  treu  gesinnt,  nicht  darcli  Raub 
und  Mord  erbittert  und  die  Schaaren  schnell  bis  Tolosa  (  Toulouse  ) 
vorgedrungen  wären;  dann  würden  jene  im  Rücken  Cäsars  auf- 
gestanden sein. 


9S)   Caes.  1,  4,     Gros.  I.  c.  dentel  an,   er  sei  hingericlitet ,   wogegen 
Dio  38,  31   ibn  nach  dieser  Zeit  als  Anlührer  auftreten  lässt.  96)  Caes. 

1,  5.  29.  Mehr  oder  Treniger  nennea  Flut.,  App  ,  Strabo,  Gros.  U.  cc.  n.  Po- 
lyaen  strat.  8,  23.  {.  3.  Cäsar  fand  im  feindlichen  Lager  ein  mit  griechischen 
Bnchstaben  abgefasstes  Yerzeichniss ,  1,  29;  nm  so  mehr  ist  auch  6,  li 
graecis  lileris  zn  lesen.  Die  Drniden  konnten  dnrch  die  Massilier  die 
Schreibkunst  überkommen,  ohne  die  griechische  Sprache  zu  erli'rnon.  S. 
Davis.  «.  Gudend.  bei  der  letzten  Stelle.  Jener  bemerkt,  dass  Divitiacus, 
nach  Cic.  de  div.  1,  41  ein  Druide,  sich  durch  einen  Dollmclscher  mit 
Cäsar  Dnterredete,  1,  19.  Dessen  bedurfte  es  nicht,  vrenn  er,  \Tie  dieser, 
des  Griechischen  kundig  war.  Einen  in  ilieser  Sprache  verfassten  Brief 
konnten  die  Gallier  nicht  entziffern.  Unten  J.  27.  A.  69.  Beier  Gbserv,-itt. 
in  Caesar,  in  der  Krit.  Biblioth.  -von  Seebode,  1825.  S.  1218  giebt  hier 
oichis   Nenes.  97)     Dio   38,   61.  98)    Cic.  ad   Att.   I,  19.   §•  2. 

Caes.  I.  33. 


244  XXI.    lULII.        (31.  §.18.) 

Die  Helvelier  gerielLen  also  «nfer  jeder  Beding'uiig'  m  grosse 
Gefahr.  Indess  dachten  sie  nach  den  Ziiriisfiingen  nur  an  den 
Weg,  ■Vielehen  sie  wählen  konnten.  Der  nächste  führte  durch 
die  Pässe  des  Jura  in  der  Gegend,  wo  dieser  das  nördliche  Ufer 
der  Khone  erreicht,  und  durch  das  jenseits  des  Gebirgs  gelegene 
Land  der  Sequaner  (Franche-Gomte)  in  das  Innere  von  Gallien; 
er  war  aber  enge  und  beschwerlich  und  eine  geringe  Alannschaft 
konnte  hier  widerstehen.  ")  Daher  beschlossen  sie,  über  die 
Rhone  durch  die  römische  Provinz  zu  gehen,  nnd  sich  folglich 
zu  den  Allobrogen  zu  wenden,  zumal  da  sie  deren  Hess  gegen 
die  Römer  kannten.  Am  28.  Blärz  sollten  Alle  an  jenem  Flusse 
versammelt  sein.  ""')  Cäsar  eilte  von  den  Thoren  von  Rom  nacli 
dem  jenseitigen  Gallien  nnd  mit  der  Legion,  welche  er  hier 
fand,  nach  Geneva.  Er  befahl,  die  Rhone- Brücke  bei  der  Stadt 
abzutragen  und  versprach,  die  Helvetier  auf  ihr  Gesuch  um  freien 
Durchzug  durch  die  Provinz  am  13.  April  zu  bescheiden.  ')  In 
der  Zwischenzeit  verstärkte  er  sich  durch  die  neu  ausgehobenen 
Trappen ,  nnd  sicherte  das  allobrogische  Gebiet  dnrch  einen 
19,000  Schritt  langen  ^Yall  und  Graben  und  durch  Feldschanzen 
auf  dem  linken  oder  südlichen  Ufer  der  Rhone  von  Geneva  oder 
vom  westlichsten  Puncfe  des  lemanischen  Sees  an.')  Er  erölfnele 
darauf   den    Helvetiern ,    dass    er    ihren    Wunsch    nicht    erfüllen 


99)  Caes.  I,  6.  8.  9.  100)  Das.  1,  6.  1)  Das.  J,  7.  2)  Das. 

1,8.  Die  Ausleger  haben  znm  Theil  ricblig  gesehen,  dass  mni-ns  hier, 
trie  auch  soust  znneilen,  die  hier  angegebene  Bedeutung  hat ;  in  so  kurzer 
-  Zett  konnte  man  nirht  eine  so  lange  Alauer  aufführen.  Uebrigens  ist  diese 
Stelle  znerst  von  dem  Hanptm.  Roesch  in  seinem  Commeniare  über  die 
Comm.  Cäsars  S.  151.  Taf.  4  Lefriedigend  erklärt.  Blan  dachte  sich  den 
Wall  auf  dem  rechten  Ufer  der  Rhone  bis  zum  Jura,  nnd  begriff  nun  nicht, 
wantju  Cüsar  die  Werke  da  anlegte,  wo  die  Besatzung  wegen  der  Zer- 
störnng  der  Biiicke  von  den  übrigen  Truppen  abgeschnitten  viar ,  vrelche 
.nnt  dem  linken  Ufer  in  der  Provinz  standen,  und  wo  der  von  den  Helvetiern 
jetzt  gewählte  Weg  zu  snchen  sei.  Locus,  quocnnque  te  vertas,  magnis 
diflicnllatibus  iniplicatur.  Davis.  Den  Messungen  zufolge,  deren  Roesch 
S.  158  gedenkt,  betrügt  die  Entfernung  Genfs  vom  Passe  von  Ecluse  fast 
so  viele  Schritte,  als  Cäsar  für  die  Länge  des  Walls  angiebt,  oder  genauer 
18,750,  welches  mit  den  150  Stadien  Appians,  (Call.  Exe.  XllI  de  leg  ) 
•Ins  .Stailinm  zu  125  Sclirilteu  gerechnet,  ilbereinstinimt.  Der  Urheber  des 
AVei'ks  kannte  aber  ohne  Zweifel  dessen  Ausdehnung  am  hosten;  es  wurde 
also  noch  eine  Strecke  jenseits  Ecluse  forlgeführl. 


XXI.    lULII.        (31.  §.18.)         245 

kciiine,  niid  warf  sie  zurück,  als  sie  mit  Gewalt  iliircLziibrecLen 
versuclileii.  So  blieb  iluien  nur  der  erste  Weg  übriii-;  sie  gieng'en 
zu  tk'i»  .Sequanern,  bei  -welclien  Duninorlx,  der  Aedner,  ihnen 
eine  giiusti^e  Aufnahme  verschalfle,  und  gedacLien  bis  zu  den 
.Sau(ouen  ( Saintonge ) ,  nicht  weit  von  Tolosa  in  der  Provinz, 
vorzudringen.  Auf  diese  NacLriclit  holte  C'asar  fünf  Legionen, 
unter  welchen  zwei  aus  eigener  Blachtfülle  von  ihm  gewoi'ben 
wurden ,  aus  Italien  herbei ;  er  vereiuigte  sich  mit  Labienus, 
^velcher  in  seiner  Abwesenheit  die  Truppen  bei  Geneva  be- 
feliligte,  und  lagerte  ebenfalls  ohne  Auftrag  vom  Senat,  aber 
durch  die  Umstände  gerechtfertigt,  ausserhalb  seiner  Provinz  im 
Lande  der  Segusianer  (in  der  Gegend  von  Lyon). 

Schon  hatten  die  Helvetier  aus  JVoth  die  Besitzungen  der 
Allobrogen  westlich  von  der  Rhone  verwüstet,  und  jetzt  plün- 
derten drei  Abtheilungen  auf  dem  Gebiete  der  Aeduer,  (Herzogt 
thum  Burgund),  als  Cäsar,  welchen  diese  um  Schulz  baten,  die 
vierte  oder  die  Tiguriner  östlich  vom  Arar  (Saone),  über  welchen 
sie  den  Uebrigen  noch  nicht  hatten  folgen  können ,  durch  einen 
plötzlichen  Angriff  zersprengte,  und  über  den  Fluss  gieng.  ^) 
Den  Feinden  war  diess  unerwartet;  sie  trugen  durch  Divico» 
einen  ihrer  Grossen,  auf  Frieden  an,  aber  in  hochfahrender  Rede: 
Cäsar  möge  ihnen  Land  anweisen,  sonst  könne  eg  sich  leicht 
ereignen,  dass  der  Ort,  wo  sie  ständen,  durch  die  Vernichtung 
seines  Heers  einen  Kamen  erhalte.  Auf  seine  Forderung,  dass 
sie  Geissein  stellten  und  die  Allobrogen  und  Aedner  entschädigten, 
wurde  ersviedert:  die  Helvetier  seien  gewohnt.  Geissein  zu  em- 
pfangen, aber  nicht  zu  geben;  diess  könne  Rom  bezeugen.  Ihre 
Zuversicht  wurde  grösser,  als  ihre  500  Reuter,  die  einzigen,  wie 
es  scheint ,  da  andere  nicht  erwähnt  werden ,  4000  gallische 
schlugen,  zum  Theil,  weil  Dumnorix  in  böser  Absicht  mit  den 
seiuigen  zuerst  entfloh.  Cäsar  folgte  ihnen  etwa  fünfzehn  Tage 
läugs  dem  Arar,  auf  dem  rechten  ül'er  des  Flusses,  dessen  Schilfe 
ihn  versorgten,  dauu  aber  zogen  die  Barbaren  westlich,  und  die 
Aeduer   lieferten   nicht.      Die    Ursach    erfuhr   man   im   römischen 


3)  Folyaen.  strat.  8,  23.  j.  3  neuut  liier  irrig  <li(>  Rlioiip,  irmi  riiii. 
w.  Ajip.  U.  cc.  ( oben  A  92 )  sibreilien  die  Tlial  Lnbieniis  7.ii ,  ■>vel(heii 
(Äisar  bei  dieser  Gelcgenbeil  uicbl  i;rwäbut,  obgleich  er  sonst  seine  Vei- 
ilieusle  uicbt  verscUvreigt. 


246  XXI.    lüLlI.        (31.  §.18.) 

Lag'er ,  wo  ilire  Hätiptliiige  sich  befanden ,  durch  Liscus ,  ihren 
Vergobreten,  oder  ersten  Blagisirat :  *)  Dumnorix  sei  reich,  frei- 
gebig, bei  der  Menge  beliebt,  mächtig  durch  Gefolge  und  Ver- 
wandte nnd  hoffe  zu  herrschen ;  durch  die  Römer  werde  dieser 
Plan  vereitelt;  man  höre  von  ihm,  besser  sei  es,  den  Helvetiera 
als  Rom  zu  gehorchen ;  mit  jenen  verliere  auch  Gallien  seine 
Freiheit;  er  kundschafte  für  sie,  und  habe  die  Niederlage  der 
Reuterei  verschuldet.  Sein  Bruder  Divitiacus  konnte  diess  nicht 
läugnen;  aber  er  bat  für  ihn,  nnd  gab  zu  erkennen,  dass  seine 
Bestrafung  alle  Gallier  erbittern  werde;  so  begnügte  sich  Cäsar, 
ihn  zu  warnen  und  insgeheim  zu  bewachen. 

Gegen  die  Helvetier  entsandte  er  in  der  Nacht  Labienus 
mit  zwei  Legionen;  er  sollte  einen  Berg  in  ihrem  Rücken  be- 
setzen, uud  mit  Tagesanbruch  angreifen,  wenn  die  übrigen  Truppen 
von  der  andern  Seite  herankamen.  Am  Morgen  meldete  P.  Con- 
sidius,  welcher  vorausgeschickt  war,  man  erblicke  auf  dem  Berge 
die  Waffen  und  Feldzeichen  des  Feindes.  Sein  Irrthum  wurde 
zu  spät  erkannt  und  der  Legat  zurückgerufen ,  worauf  das 
Heer  gegen  Bibracte,  einen  Ort  der  Aeduer,  aufbrach,  (in  der 
Gegend  von  Autün)  um  sich  mit  Vorräthen  zu  versehen.  Bei 
der  Langsamkeit  der  Helvetier  konnte  man  sie  ohne  Gefahr  eine 
kurze  Zeit  ans  den  Augen  verlieren.  Nun  aber  wurden  s  i  e  die 
Verfolger;  die  scheinbare  Feigheit  ermuthigte  sie.  Cäsar  stellte 
seine  vier  alten  Legionen  an  einem  Abhänge  in  drei  Treffen  in 
Schlachtordnung ;  weiter  hinauf  standen  die  beiden  neu  ge- 
worbenen mit  den  Hülfstruppen.  Mit  gerechtem  Misstrauen  gegen 
die  Reuterei  entfernte  er  die  Pferde,  und  um  nicht  Anstoss  zu 
geben ,  das  seinige  zuerst.  Kaum  war  er  in  Bereitschaft ,  als 
dichte  Massen  gegen  sein  erstes  Treffen  heranstürmten,  aber  auch 
sogleich  von  oben  herab  durchbrochen  wurden.  Der  furchtbare 
römische  Wurfspiess  drang  durch  ihre  Schilde  oder  heftete  gar 
mehrere  an  einander ;  daher  warfen  Viele  die  hindernde  Schutz- 
Waffe  von  sich  und  um  so  schrecklicher  wüthete  das  Schwerdt, 
bis  die  Barbaren,  mit  Wunden  bedeckt,  nach  einem  andern  Hügel 
zurückwichen.  In  der  Hitze  des  Kampfes  Hieb  es  bei  den  Rö- 
mern  unbemerkt,    dass   15,000   Bojer  und  Tnlinger  ihren  rechten 


4)   Caes.   1,  16. 


XXI.    lüLII.        (31.  §.19.)         247 

riiig-el  iiDig-ieng-en,  die  Loosiing'  fJir  die  ScLaaren  auf  der  Hohe, 
um  aiicL  wieder  vorzurücken.  Nur  die  Runst  und  eiue  feste 
Haltung  konnten  der  Tapferkeit  den  Sieg  noch  entreissen.  Cäsars 
erstes  und  zweites  Treifen  widerstanden  ihren  Torigen  Gegnern; 
(las  drille  machte  eine  Schwenkung,  um  die  Flanke  zu  decken, 
uud  bildete  mit  jenen  einen  \\  inkel.  NacL  einem  langen  Ge- 
fechte von  der  siebenten  röniisciien  Stunde  bis  zum  Abend,  in 
\Nelchem  keiner  der  Helvetier  den  Kücken' zeigte,  räumten  diese 
endlich  das  ScLIachtfeld ;  ein  Theil  setzte  sich  auf  dem  Berge, 
ein  anderer  in  der  ^^agenburg,  welche  das  Gepäck  umschloss, 
und  erst  tief  in  der  Nacht  wurden  Wagen  und  Lager  genommen. 
Diess  vollbrachten  vier  Legionen  und  ohne  Reuter;  doch  be- 
durften sie  nach  der  Blutarbeit  drei  Tage  Ruhe;  dann  brach 
Cäsar  gegen  die  130,000  auf,  welche  in  grö'sster  Eile  gegen 
Aorden  zu  den  Lingonen  zogen,  (Langres  in  Champagne)  und 
vom  Älangel  gedrückt,  ihm  Friedensgesandte  entgegenschickten.  Er 
forderte  Geissein,  Waffen  und  die  entlaufenen  Sclaven,  und  gebot 
ihnen  ans  MenschUchkeit  und  Klugheit,  ihre  Wohnplätze  wieder 
aufzubauen,  damit  die  Gei-manier  nicht  einwanderten  und  im 
römischen  Gallien  plünderten.  Die  Urbigeuer  erklärte  er  nach 
einem  Versuche,  während  der  Unterhandlungen  zu  entfliehen, 
für  Gefangene;  ausserdem  blieben  die  Bojer,  aber  als  freie  An- 
siedler im  Lande  derxA.eduer,  welche  sich  durch  den  kriegerischen 
Stamm  zu  verstärken  wünschten.  110,000  kehrten  nach  Helvetien 
zurück. 

§    19. 

(a.  58.)  Schon  ^oc  ihnen  war  Ariovist,  der  Germanier, 
in  Gallien  eingedrungen  uud  unter  Cäsars  Consulat  von  den 
Römern  als  Freund  und  Bundesgenoss  anerkannt,  w'eil  jener 
einen  Angriff  auf  die  iiarbouensische  Provinz  bis  zu  seiner  An- 
kunft   verhindern  wollte.  ')     Der  Proconsul  hatte  die  Gallier  vor 


5)  Oben  §.  13  fin.  ^,  15  fm.  Ueber  die  folgenden  Ereignisse  vgl. 
Caes.  1,  30  —  54.  Cic.  de  prov.  cons.  13.  Liv.  104.  Tacit.  II.  4,  73. 
Flor.  3,  10.  §.  11  f.  setzt  de«  Krieg  mit  Ariovist  nacli  dein  belgiscben. 
Oros.  6,  7.  Dio  38,  34  —  50  nennt  die  Germanier  Celtea.  riat.  Caes.  19. 
App.  lib.  4.  GaU.  Exe  14  u.  15  de   leg.     Zonar.  10,  6. 


248  XXI.    lULII.       (31.  §.19.) 

einem  JocLe  bewaLrt,  er  sollte  sie  mm  aucli  von  einem  andern 
befreien.  Hire  Abgeordneten  deuteten  es  an,  als  sie  ihm  Glück- 
wunsch und  Dank  überbrachten,  und  nach  einem  Landtag-e,  welcher 
wohl  nicht  mit  seiner  Genehmiijung' ,  aber  doch,  um  nicht  Ver- 
dacht zu  erregen,  mit  seinem  Vorwissen  gehalten  wurde,  kamen 
sie  von  neuem  und  erolfnefen  ihm  durch  Divitiacus,  den  Aeduer: 
viele  Jahre  haben  Aeduer  und  Arverner  um  den  Principat  ge- 
kämpft, ^)  und  die  letzteren  haben  endlich  mit  den  Sequanern, 
15,000  Germanier  unter  Ariovist  in  Sold  genommen.  Durch  die 
Fruchtbarkeit  und  den  Anbau  des  Landes  seien  bald  auch  Andere 
terbeigelockt,  und  jetzt  zähle  man  120,000.')  Nach  einer  Nieder- 
lage bei  Admagetobria  ')  haben  die  Aeduer  Geissein  stellen  und 
eidlich  geloben  müssen,  den  Setpianern  stets  unterthan  zu  sein, 
und  Rom  nicht  um  Hülfe  anzuflehen.  Aergeres  sei  jedoch  den 
Siegern  begegnet;  ein  Dritlheil  ihres  Gebiets  habe  Ariovist  in 
Besitz  genommen,  und  jetzt  fordre  er  ein  zweites  für  die  kürz- 
lich angelangten  Haruden.  Bald  werden  alle  Germanier  folgen, 
und  die  Gallier  auswandern,  wie  die  Helvetier,  wenn  Cäsar  sie 
nicht  beschütze.  Die  Sequaner  sahen  schweigend  zur  Erde;  sie 
waren  sich  ihrer  Schuld  bewusst,  und  fürchteten  die  Rache  des 
Unterdrückers.  Ihr  Zustand  warnte  ihre  Stammgenossen  nicht; 
durch  einen  Fremden  hatte  man  sich  der  Herrschaft  bemächtigen 
wollen  und  durch  einen  Fremden  wollte  man  sich  befreien.  Die 
Völker  selbst,  welche  er  zn  unterjochen  gedachte,  riefen  ihn  in 
ihre  BLtte,  und  er  konnte  sie  beruhigen,  ihnen  die  Versicherung' 
geben ,  dass  es  bei  seinen  persönlichen  Verhältnissen  zu  Ariovist 


6)  P.  Tereiitlas  Vano  Atacinns,  ans  Gallien  gebürtig,  besang  dieso 
Kriege  ond  Cäsnrs  Thaten  in  GalUen  in  einem  Gedichte  de  bello  Sequ.inico, 
dessen  Prise,  lib.  10.  p  877.  P.  gedenkt.  Weinsd.  Poetae  lat.  min.  Tom.  V. 
P.  III.  p.   1394.  7)  Caes.  1,  51  nnterscheidet  Marcomanen,  Tribocchen, 

(Strabo  4,  193)  Vangionen,  Nemeten,  Sednsicr,  Sveyeii  «ud  Ilainden, 
Vielehe  nacli  Caes.  1,  31   zuletzt  sich  einfanden.     Vgl.  Gros.  1.  c.  8)  Der 

Ort  ist  nicht  zn  eimittelii.  Reichard  Geogr.  Kachweis,  der  Kriegsvorfälle 
Cäsars  S.  S  sucht  ihn  mit  D'An\ille  in  la  Moigtc  de  Bioie,  nicht  weit  von 
der  Vereinigung  des  Oignon  und  der  Saone,  im  ösilichea  Theile  des  II. 
Burgnnd;  Simon  Aelteste  Nachrichten  von  den  Bewohnern  des  lirikun 
Rhciaiifers  S,  70  nicht  weit  TOn  Ponlallier  in  der  Franche  -  Coni'ie.  Kichts 
Ist  gewiss,  als  dass  der  deutsche  Häuptling  in  diesen  Provinzen  (Aedupr 
lind  Sequaner)  sich  festsetzte. 


XXI.    lULU.        (31.  §.19.)        249 

nicht  einmal  eines  Kriegres ,  nur  seiner  Venvencliing'  bedürfen 
Nverde,  dem  Uebel  abzuLelfen;  den  König'  konnte  es  niclit  be- 
fremden, dass  die  Römer  bei  der  Rnecblscliaft  ihrer  Freunde,  der 
Aeduer,  nicLt  gleicligiiltig'  blieben,  und  die  Römer  ninssfen  be- 
i;reifen,  wenn  es  dennoch  znm  Kriege  kam,  um  welcLen  Senat 
und  Volk  ■wieder  nicht  befragt  wurden,  dass  man  nur  zwischen 
ihm  und  einem  zweiten  cimbrischen  in  der  Provinz  und  in  Italien 
zu  wählen  hatte. 

Wicht  Cäsar  trug  die  Schuld,  als  der  deutsche  Fürst  auf 
seine  Einladung,  sich  mit  ihm  zu  unterreden,  ei'wiederte:  wenn 
er  ein  Anliegen  habe,  so  möge  er  zu  ihm  kommen;  übrigens 
sehe  er  nicht,  was  die  Römer  in  seinem  Gallien  begehren  können. 
Diess  also,  antwortete  der  Proconsul,  sei  der  Dank  für  das  Gute, 
-welches  er  und  Rom  ihm  erwiesen  haben ,  dass  er  sogar  eine 
Zusammenkunft  verweigere ;  er  begehre ,  dass  er  nicht  neue 
Schaaren  über  den  Rhein  heranziehe ,  die  Geissein  der  Aeduer 
entlasse  und  sie  und  ihre  Bundesgenossen  nicht  bekriege,  sonst 
werde  er  sie  zu  vertheidigen  wissen.  Ariovist  fühlte  sich  da- 
durch empört:  wie  Rom  von  dem  Eroberungsrechte  Gebrauch 
mache,  so  auch  er;  niemand  habe  hineinzureden;  ohnerachtet 
ihrer  Verbrüderung  mit  den  Römern  werden  die  Aeduer  fort- 
fahren, ihm  zu  steuern  und  ihre  Geissein  nicht  erhallen;  es 
stehe  bei  Cäsar,  sich  mit  den  unüberwindlichen  Deutschen  za 
messen.  Zu  gleicher  Zeit  wurden  die  Aeduer  von  den  Haraden 
geplündert,  und  jenseits  des  Rheins  zeigten  sich  bereits  auch  die 
Sveven.  Man  durfte  sie  nicht  erwarten,  und  eben  so  wenig 
Vesontio  am  Dubis  (Besan9on  am  Donbs),  den  festen  und  mit 
Vorräthen  \vohI  versehenen  Hauptort  der  Sequaner,  dem  Feinde 
überlassen,  Avelcher  vom  Norden,  wie  Cäsar  vom  Süden  gegen 
ihn  anrückte.  Dieser  besetzte  ihn.  Aber  die  Schilderung  der 
Deutschen,  ihrer  Grosse  und  Tapferkeit,  welche  sie  hier  aus  dem 
Munde  der  Gallier  vernahmen,  schreckte  sein»  Truppen,  und  die 
Tribüne  und  die  jungen  Römer  in  seinem  Gefolge  am  meisten; 
es  verlautete  sogar,  man  werde  seinen  Befehlen  nicht  gehorchen. 
In  einem  Kriegsrathe  und  in  Gegenwart  der  Cenlurionen  rügte 
er  es  als  eine  Anmassung,  dass  das  Heer  sich  mit  seinen  Ent- 
würfen beschäftige.  Ariovist  werde  nicht  wagen ,  seine  und  des 
römischen    Volkes    Ciunst    zu    verscherzen;    wenn    er    es    wage, 


250  XXI.    IVUi         (31.  §.19.) 

bereite  er  sich  das  Scliicksal  der  Cirabern  und  Teutonen.     Warum 
man    ihn    fürchte?     selbst    die    Helvetier,    von   welchen  die  Ger- 
nianier  fast  immer  geschlagen  worden ,    Laben  den  Römern  nicht 
widerstehen   können.     Man    spreche   von  Verweigerung    des    Ge- 
horsams ?       Sogleich    in    der    nächsten    Nacht    werde    er    weiter 
ziehen,  und  wenn  keine  andre  die  zehnte  Legion  ihn  begleiten.  ") 
Sie  dankte  ihm;    Alle  waren  umgewandelt  und  gelobten,  ihm  zu 
folgen ;   um  die  vierte  Nachtwache  brach  er  auf.     ArioVisf,  welchem 
er    am  siebenten   Tage  östlich  von  Vesontio   auf  dem  Wege  nach 
dem  Rhein  gegenüber  stand,    wurde  offenbar   dadurch  iiberraischt; 
er    suchte    es    zu   verbergen    und  trug  nun  selbst  auf  eine  Unter- 
redung an,  da  Cäsar  seinem  Wunsche  gemäss  sich  genähert  habe, 
doch  solle  von  beiden  Seiten  nur  Reuterei  erscheinen.     Diess  liess 
ein  Einverstandniss    zwischen  ihm  und  der  gallischen  vermulhen ; 
sie  musste  daher  ihre  Pferde  an  die  zehnte  Legion  abgeben,  unter 
deren    Schutze   der    Proconsul    wiederholte,    was    er   dem  Könige 
schon    früher    über    dessen  Verpflichtungen    gegen  Rom  und  über 
seine   Forderungen     an    ihn    halte   niittheileu    lassen.      Nicht   ans 
eig'enem  Antriebe,  antwortete  Ariovist,  sondern  auf  den  Ruf  der 
Gallier    befinde    er    sich    in   ihrer  Älilte,    und   nicht   er  habe  sie, 
sondern    sie    haben    ihn    bekriegt.     Die    Freundschaft    der   Römer 
müsse  ihm  Vorlheil  bringen,  sonst  leiste  er  gern  darauf  Verzicht. 
In  Gallien   sei  er  früher  gewesen ,  als  sie ;  diess  sei  seine  Pro- 
vinz, wie   jene  andere  die  ihrige.     Was  sie  hier  suchen?     Cäsar 
möge  sich  entfernen,  dann  wolle  er  ihm  in  Allem  gewärtig  sein; 
wenn    er   sich  genöthigt  sehe,    ihn  als  Feind  zu  behandeln,    und 
ihn  tödle,   so  werde  er  sich  bei  vielen  römischen  Grossen   Gunst- 
und  Dank    erwerben ;    er    wisse   es   von    ihnen    selbst  durch  ihre 
Boten.  '  °)      Eine   sehr    gesuchte   Entgegnung   zeugte   von    Cäsars 
Verlegenheit:    gehe   man   in    die  älteren  Zeilen  zurück,    so  habe 
Rom  bei  weitem  das  nächste  Anrecht  an  Gallien,  der  Senat  wollte 
aber,  dass  es  frei  sei.     Und  das  narbonensische  ?     Vielleicht  wurde 


9)    Caes.    1,   40.    Front,  strat.  1,  II.  §.  3.    4,  5.  §.  II.  10)   Es 

ist  nicht  unwaliischeinlicli.  "Weder  die  l'.Mricier  noch  die  Nobililät  h.-iliea 
je  eine  Verbindung  mit  den  Feinden  des  Vaterlandes  gescheut,  wenn  sie 
sich  dadurch  Ton  einem  gefährlichen  Gegner  befreien  konnten.  Il.-iss  Seiid- 
liuge  in  (iallien  waren ,  welclie  nicht  erst  Weisangen  von  Rou  bedurften, 
verslebt  sich  von  selbst. 


XXI.  ruLn.      (31.  §.19.)      5J51 

er  dnrch  die  denfscLen  Renter  vor  dieser  Frage  bewaLrf,  welche 
die  römiscLen  augriffen,  und  nng'eslraft,  denn  er  gestattete  den 
.Seinigen  nicht,  die  Feindseligkeiten  zu  erwiedern,  damit  «las 
Heer  durch  die  Treulosigkeit  des  Barbaren,  dessen  iiberinutL.ig'e 
Rede  man  geflissentlich  verbreitete,  um  so  mehr  erbittert  vi'iirde. 
Auch  schickte  er  auf  das  erneuerte  Gesuch  um  eine  Zusammenkunft 
nur  den  Gallier  C.  Valerius  Procillus,  und  M.  Blellius,  einen  ü  ast- 
freund des  Königs;  Beide  Murden  sogleich  in  Ketten  gelegt.  '  ') 

Bald  nachher  zog  Ariovist  an  den  Römern  voriibei-  vjnd 
lagerte  jenseits,  damit  sie  von  den  Secinanern  und  Aeduern  ke  ine 
Zufuhr  erhielten.  Vergebens  boten  sie  ihm  mehrere  Tage  liin- 
durch  die  Schlacht  an;  er  beschränkte  sich  auf  ReufergeCecIhte. 
Um  seine  Absicht  zu  vereiteln,  errichtete  Cäsar  wieder  jenseits 
der  feindlichen  Stellung  ein  Lager  für  zwei  Legionen;  mit  eben 
so  vielen  Treffen  kämpfte  er  gegen  die  gesammte  Reutenn  der 
Germanier  und  16,000  Mann  zu  Fuss;  als  das  dritte  die  Arbeiten 
beendigt  hatte,  kehrte  er  mit  vier  Legionen  nach  den  alten  Vt;r- 
schanzungen  zurück.  Am  nächsten  Tage  führte  er  alle  seine 
Truppen  ins  Feld,  aber  Ariovist  ruhte  auch  jetzt,  obgleich  eif  v  on 
zwei  Seiten  bedroht  wurde,  in  der  Hoffnung,  der  Hung-er  ^.verde 
den  Feiud  vertreiben  und  er  Gelegenheit  finden,  ihn  wahrend 
des  Abzugs  anzufallen.  Nur  mit  einem  Theile  des  Heers  j;rifE 
er  gegen  Abend  das  kleinere  Lager  an  und  ohne  Erfolg.  Blan 
erfuhr  durch  Gefangene,  dass  er  seine  Horden  mit  einem  Sj  iruche 
der  Wahrsagerinnen  beschwichtige:  vor  dem  Neumonde  i könne 
man  nicht  siegen.  '  -) 

Es  beschleunigte  die  Schlacht,  welche  Cäsar  ohnehin  ■svegen 
IMangel  an  Unterhalt  erzwingen  musste.  In  seinen  beiden  L  agern 
blieben  nur  Wenige  als  Besatzung ,  und  vor  dem  kle  inern 
dehnten  sich  die  Hülfstruppen  aus,  um  die  geringe  Zahl  s  einer 
Streiter  zu  verbergen.  Indess  rückten  die  Legionen  vor,  wie 
gewöhnlich  in  drei  Treffen,  und  mit  grösster  Macht  gegen i  den 
schwachem  linken  Flügel  der  Feinde,  hinter  welchen  sich  soj  leich 
eine  mit  Weibern    angefüllte  Wagenburg  erhob  uud  den  Fi  eigen 


11)  Caes.  1,  47  n.  53.  12)  Caes.  1,  50.  Dio  38,  48.  rin«.  Cn  es.  19. 

Polyaen.  sirat.  8,  23.  §.  4.    Front,   sirat.  2,  1.  {.  16.     Vgl.  Tacit,  r.(  rm.  8. 
11.  4,  61.    Clem.  Alex,  ström.  1,  p.  131.  Svlb. 


25Si   1  XXI.    lULII.        (31.  §.19.) 

die  Hoiriuiiijj  zur  Flucht  benahm.  Fast  in  demselben  Ang-en- 
blicke  sahen  sich  die  Kömer  im  Handg-emeiig'e ;  für  ihre  Wiirl- 
spiesse  blieb  nicht  Zeit  und  Raum,  sie  griffen  zum  Scli-werdte, 
niicl  nun  verwandellun  sich  die  nervig;en  Riesen,  deren  Arm  kein 
Aberg^laube  lühmte,  den  Schild  über  dem  Kopfe,  iu  eine  beweg- 
liche Festung;,  Avelihe  man  zum  Theil  erstieg,  nm  von  oben  z;i 
treffen.  Endlich  wurde  der  linke  Flügel  zersprengt,  aber  die 
Scbiaaren  des  recli(en  drängten  gewallig ,  die  römische  Linie 
wankte,  von' allen  Seiten  umkreis't,  und  drohte  sich  aufzulösen, 
C'ä;iar  selbst  verlor  sich  im  Getümmel,  da  Hess  P.  C'rassus,  welcher 
als  Anführer  der  Reuterei  die  Gefahr  in  der  Ferne  bemerkte,  das 
dritte  Treffen  vorgehen.  Für  den  rechten  Zeitpunkt  geschont 
entschied  es  das  Schicksal  des  Tages.  Nach  ihrer  Sitte  hatten 
die  Barbaren  Alles  auf  Einen  Wurf  gesetzt;  sie  kannten  kein 
Sparen  der  Kräfte,  keine  Eintheiinng  als  nach  Völkern;  zum 
Rückhalte  dienen,  während  die  IJrüder  bluteten,  würde  sie  mit 
uriauslüschlicher  Schande  oedeckt  haben.  Ihrer  Flucht  war  kein 
Ende,  bis  sie  den  50,000  Schritt  entfernten  Rhein  erreichten,'-') 
an  dessen  Ufern  die  IVleisten  unter  dem  Schwerdle  der  Sieger 
fielen;  Ariovist  entkam  auf  einem  Kahne,  aber  schwer  vei'- 
Wnnd'.et,  wie   es  scheint,  da   er  bald  starb.  '  ') 

J\ach  seiner  Niederlage  durften  auch  die  Sreven  nichts  mehr 
hoffen;  von  den  Ubiern  verfolgt,  welche  von  ihnen  geplünder-t 
■waro.n,  begaben  sie  sich  wieder  in  ihre  Heimath.  Die  Frage, 
ob  Gallien  eine  deutsche  oder  römische  Provinz  werden  sollte, 
war  auf  Jahrhunderte  entschieden;  erst  nach  der  Zerstörung  des 
weströmischen  Reichs  konnten  die  Geruianler  sich  seiner  be- 
inäclitigen.  In  ihrer  äussern  Geschichte  reihte  sieh  Cäsars  Name 
an  tlen  Namen  des  Marius ;  bis  dahin  als  Feldlierr  kaum  er- 
wähnt halte  er  in  wenigen  Monaten  zwei  Völkerkriege  geendigt, 
die  3aarbonensische  Provinz,  Italien,  vielleicht  Rom  selbst  gerettet 
und  die  Schranken  des  freien  Galliens  durchbrochen,  auf  dessen 
Gebiete    seine  Truppen,    ehe   noch  die  Jahreszeit  es  forderte,   im 


13)    Cnps.  1,  53.    Oros.  6,  7.     Bei  Plut.  1.  c.  300  Slailieii  =  37,500 
Scliril  t.  14)    Caes.  1.  c.  u.  5,  '09.     Die  Dc^iinre  iiiil  TiopliäL-ii  in  MoivII. 

lliesaiir.  Caes.  T.ib.  IV.  No.  12  ii.  Vaill.  Icil.  Ko.  13  liat  man  atif  die 
Folil/i  iige  «liesos  Jahres  geileutel ;  man  kann  alier  mit  Siclierlieit  uiclili  bv- 
stiouMsn,  als  (la»s  sio  üicb  iml  iSioga  über  Barbaren  beiieUoii. 


XXI.    lULn.        (31.  §.20.)        253 

Lauile  cler  Seqnaner  die  Winterquartiere  bezog-en.  Den  Ober- 
befehl «iberlrug  er  Labienus  zur  BeloLiiung  seiner  Verdienste, 
:ils  er,  angeblich  um  Gericht  zu  halten,  in  der  That,  um  den 
Zustand  der  Diuj>'e  in  Rom  in  der  ]\ähe  zu  sehen,  über  die 
VIpen   gieng-. 

Pompt'jus,  sein  Gesch;if(striiger,  A'STirde  indess  in  einen  Kampf 
von  ganz  anderer  Art  verwickelt.  Noch  halte  er  sich  mit  der 
A.ris(ocrafie  nicht  versöhnt,  als  der  Tribun  P.  Clodius  ihn  angriff, 
miJ  er  nun  in  einer  kliiglicheu  Gestalt  zwischen  Optimalen  und 
I'obel  in  der  Mille  stand.  Hülfe  suchend  streckte  er  die  Arme 
nach  Cicero  aus,  dem  Verbannten;  aber  Cäsar  wehrte  ihm,  weil 
Cicero  noch  gefährlich  war,  obgleich  der  Tribun  auch  die  julischen 
Gesetze  aufzuheben  drohte.  '  ^)  Durch  die  Siege  in  Gallien  wurden 
diese  gesichert ,  und  Aller  Blicke  wandten  sich  der  aufgehenden 
Sonne  zu ;  ein  ohnmächtiger  Zorn  verzehrte  die  Feinde  der  Trium- 
virn  ;  sie  wussten,  dass  der  Senatsbeschluss  vom  J.  61,  nach  welchem 
der  Slallhalter  Galliens  die  Aeduer  beschützen  sollte,  Cäsar  nicht 
zu  diesen  Kriegen  ermächtigte,  wie  er  gegen  Ariovist  behauptet 
(lalle,  '^)  aber  sie  waglen  es  nicht,  ihn  zur  Rechenschaft  za 
'iehen.  Wer  Geld  und  Aemler  begehrte,  eille  nach  dem  Norden, 
und  kehrte  mit  Anwe&ungen  und  gewichtigen  Empfehlungen 
zurück.  ' ') 

§    20. 

a.  57.  Die  römischen  Winterlager  aui  Arar  erregten  Ver- 
dacht. In  ihrer  Nähe  konnte  man  sich  nur  einem  stammen 
Schmerze  überlassen,  aber  geheime  Botschaften  beförderten  die 
Rüstungen  in  Belgien,  '  *)  „die  Verschwörung  gegen  das  römische 
Volk".")     Ehe    noch  Labienus  Briefe  anlangten,    wurde  Cäsar 


15)    Oben   §.    15.   A.    13  f.  16)    Caes.    1,   35.    Dio   38,  35.  41; 

17)    l'lut.  Caes.  20.    Zonar.  10,  6.  18)  OLen  §.  17.  A.  52.  10)  Caes. 

2,  1  —  35.  Liv.  104.  Vellej.  2,  46:  Cum  deinde  immaiies  res,  -vix  luuliis 
TOlnniinibus    explicandas,    C.   Caesar  iii  Gallia  ageret  etc.     Suel.  23.     Flor. 

3,  10.  J.  4:  Sequens  longeyne  crueiUior  piigna  Bclgarnm,  qiiippe  pro  liber- 
tale  pugnaiiliiim.  Dio  39,  1  —  5.  Ihm  hcissen  auch  die  Belgier  Celten. 
Oas.  c.  1.  Vgl.  oben  5-  19-  A,  5.  Seine  Nacbrichlen  sind  unToU&tüudig 
und  verworren,     rial.  Caes.  20.   App.  lib.  4.   Call.  c.  4.  Scbw. 


2i54  XXI.    lULU.        (31.  §.20.) 

dnrch  vielfaclie  Gerüchte  Savon  in  Rennfniss  gesetzt;  er  warl» 
ohne  Auftrag-  zwei  Leg^ionen  im  cisalpiniscLen  Gallien  ,  und 
schickte  sie  mit  dem  Legaten  Q.  Pedius  voraus ;  als  es  auf  den 
Feldern  nicht  mehr  an  Weide  fehlte,  folgte  er  selbst,  und  etwa 
fünfzehn  Tage  nach  dem  Aufbruche  mit  dem  Heere  stand  er  auf 
belgischem  Gebiete,  im  Lande  der  Remer  (Rheiras,  zwischen  der 
Marne  und  Aisne).  Ihre  Abgeordneten  versicherten  ihre  Un- 
schuld, sie  bestätigten  aber  auch,  dass  alle  anderen  Belgier  unter 
den  Waffen  seien:  die  Bellovaken,  (Beauvais  zwischen  der  Seine 
und  Somme )  die  zahlreichsten  und  mächtigsten ,  welche  60,000 
Mann  stellten ,  und  100,000  zu  stellen  vermochten ;  die  Svessio- 
nen,  (Soissons)  mit  einem  Häuptlinge  Galba;  ^°)  die  IVervier, 
(nördlich  von  der  Sambre)  die  kriegerischsten,  deren  Anführer 
Boduognatus  genannt  wird;")  die  Atrebaten;  (Artois)  die 
Ambianer;  (Amiens)  die  Mariner  über  diesen  an  der  Küste; 
die  JMenapier ;  (zwischen  der  Scheide  und  dem  Rhein)  die 
Adnatuken;  (w^estlich  von  der  Maas  in  der  Gegend  von  Lüttich) 
ihre  Nachbaren,  die  Condrusen  und  Eburonen,  (zwischen  der 
Maas  und  dem  Rhein)  und  die  Uebrigen,  mit  einer  Gesammf- 
nacht  von  mehr  als  300,000  Mann.  Unter  Allen,  welche  vom 
Rhein  bis  zu  den  Pyrenäen  wohnten,  galten  sie  für  die  tapfersten, 
nnd  wie  die  Helvetier  die  Römer  zu  schlagen  hofften,  weil  sie 
die  Germanier,  und  die  Germanier  unter  Ariovist,  weil  sie  die 
Gallier  geschlagen  hatten,  so  waren  auch  die  Belgier  voll  Zuver- 
sicht, weil  ihre  Väter,  Deutsche,  einst  die  Gallier  aus  dem  Lande, 
wo  sie  jetzt  sassen ,  verdrängten ,  und  sich  sogar  der  Cimbern 
und  Teutonen  erwehrten. 

In  der  That  schien  es  unmöglich  ,  sie  mit  acht  Legionen  zu 
überwinden,  wenn  man  sie  nicht  trennte.  Zu  dem  Ende  sollte 
Divitiacus  mit  seinen  Aeduern  die  Bellovaken  zur  Linken  des 
römischen  Heers  in  ihrem  Lande  beschäftigen;  er  machte  aber 
nur  einen  Streifzug  gegen  Frauen  und  Rinder,  und  wegen  der 
alten  Freundschaft  zwischen  den  beiden  Völkern  mit  grosser 
Schonung;  '=)    die  Rrieger   hatten   sich  bereits   mit  den  Bundes- 


20)    Caes.  2.  4.  13.     S.  die  folg.  A.  21)   Caes.  2,  23.    Dio  39,  1 

ervfähnt  Adra  als  Oberfolilherrn  der  Belgier;  Cäsar  schvreigt  von  ihm  imd 
kennt  überhanpt  nnr  IJefelilshaber  der  einzelnen  Völker,  worin  er  ofl 
missverstanden  ist.  22)   Caes.  2,  S.  14. 


XXI.    lüLII.        (31.  §20.)        255 

(nippen  vereJnig't.  Cäsar  näherte  sich  diesen  mit  Vorsicht.  Er 
•jieng  auf  einer  Brücke,  welche  er  vorfand,  über  die  Axoua 
1  Aisne)  im  Gau  der  Keiner,  und  liess  hier  einen  Posten  zurück, 
iiud  zu  dessen  Verstärkung  Q.  Titurius  Sabinus  in  einem  Castell 
am  südlichen  Ufer.  Auf  dem  nördlichen  (bei  Pont  ä  Vere) 
bezog  er  mit  Beiiulziing'  des  Flusses  ein  festes  Lager.  Bald 
meldete  ihm  Iccius,  ein  Kemer,  dass  Bibrax,  eine  Stadt  seines 
Volks,  von  den  Feinden  belagert  werde  und  er  ohne  Hülfe  sich 
nicht  länger  halten  könne.  Obgleich  nur  Numidier  und  andre 
leichte  Truppen  zu  ihm  kamen,  weil  die  verhältnissmässig  geringe 
Schaar  der  Römer  sich  nicht  schwächen  durfte,  so  wurde  doch 
die  Belagerung  des  Platzes  aufgehoben.  '^)  Nun  aber  erschienen 
die  Belgier  an  der  Axona.  Cäsar  wollte  sich  jetzt  nicht  mit 
ihnen  messen,  sondern  durch  den  Hunger  ihren  Abzug  bewirken; 
ihre  ungeheuren  Massen  konnten  in  einer  Gegend,  welche  sie 
zur  Wüste  gemacht  hatten,  nicht  lange  verweilen;  wenn  sie  nach 
ihrer  Gewohnlieit  sich  ohne  Ordnung  entfernten  und  jeder  seinen 
Ileerd  wieder  aufsuchte,  so  fand  sich  Gelegenheit,  sie  mit  Nach- 
druck zu  verfolgen  und  sie  einzeln  zu  besiegen.  Der  Eroberer 
durfte  indess  keine  Furcht  verratlien;  seine  Reuterei  wurde  täglich 
mit  dem  Feinde  handgemein;  dann  zeigten  sich  auch  sechs  Le- 
gionen am  Abhänge  vor  dem  Lager,  wo  die  beiden  neugewor- 
benen zurückblieben;  die  Flügel  deckten  zuvor  angelegte  Graben, 
an  deren  äussersten  Enden  sich  Feldschanzen  mit  Wurfmaschinen 
erhoben;  vor  dem  Heere  war  ein  nicht  grosser  Sumpf.  Unter 
diesen  Umständen  hatte  die  Herausforderung  nur  ein  Gefecht 
zwischen  den  Reutern  zur  Folge;  die  Belgier  mochten  so  wenig 
als  ihre  Gegner  in  aufgelös'ten  Reihen  auf  dem  Kampfplätze  an- 
langen, und  beschlossen,  was  Cäsar  beschlossen  hatte,  ihm  durch 
die  Zerstörung  der  Brücke  und  des  Castells  in  seiuem  Rücken 
die  Zufuhr  aus  dem  iunern  Gallien  zu  entziehen.  Nur  ein  Theil 
■war  durch  die  Führten  auf  das  südliche  Ufer  der  Axona  vor- 
gedrungen ,  als  Cäsar  mit  der  ganzen  Reuterei  und  den  Leicht- 
bewaffneten über  die  Brücke  gieng,  und  mit  Titurius  den  kühnen 


23)  Er  lag  nicht  anf  der  Südseile  der  Aisne ,  wie  Reichard  in  seinen 
GeogT.  Nachweis.  S.  6  wegen  des  falsch  erkiärlea  ex  itiaere  (Caes,  2,  6) 
anuiDiml ;  der  Feind  rückte  TOm  Morden  heran. 


256  XXI.    lULII.        (31.  §.20.) 

Angriff  clurcli  eine  blutige  Niederlag-e  räcLte.  Die  Uebrigen  zer- 
Slreiiteu  sicL,  zumal  da  der  Blangel  ihneu  füLlbar  ■wurde  und  die 
Bellovaken  erfuLren,  dass  die  Aeduer  in  iLrein  Lande  seien. 
Nur  einen  Tag  yerfolgten  die  Römer,  der  eigenen  SiclierLeit 
wegen  und  Tveil  nun  ohne  Verzug  ein  Volk  nacli  dem  andern 
unterjocht  werden  sollte. 

Ihr  Weg  führte  gegen  ^Vesfen.  Früher  als  die  flüchtigen 
Svessionen  erreichten  sie  deren  Hauptort  Noviodunum,  (Soissons) 
■welcher  sich  unterwarf.  Selbst  die  BelHvaken  flehten  wider 
Erw"arten  um  Gnade,  als  Cäsar  sich  ihrer  Stadt  Bratuspantium 
näherte.  (Nicht  ■weit  von  Breteuil.)  Er  vergab  ihnen  auf  die 
Fürbitte  ihrer  Freunde,  der  Aeduer,  und  insbesondre  des  Divi- 
tiacus,  dessen  Mannschaft  jetzt  entlassen  "wurde,  und  erhielt  auch 
Geissein  von  den  Ambianen.  Neben  diesen  sassen  östlich  die 
Nervier,  (in  Henuegau,  zwischen  der  Scheide  und  der  Sambre) 
ausgezeichnet  durch  Freiheitsliebe  und  IMulh,  Allem,  was  ver- 
■weichlichen  konnte,  jedem  Verkehre  mit  Fremden  abgeneigt,  und 
roh  bis  zur  Wildheit.-^'')  Sie  schmähten  ihre  feigen  Stamm- 
genossen,  und  sch'svuren  den  Römern,  an  ■welche  sie  nie  Gesandte 
schicken  ■werden,  ewigen  Krieg.  Mit  ihnen  vereinigten  sich  die 
Atrebaten  und  Veronianduer,  ihre  Nachbaren;  die  Aduatuken 
■wurden  erwartet,  und  Frauen  und  Rinder  in  einem  Bruche  ge- 
borgen ,  das  Zeichen  zum  Rampf.  Bald  meldeten  Ueberläufer, 
die  Legionen  trenne  vieles  Gepäck;  man  könne  die  erste  über- 
wältigen, ehe  die  anderen  zur  Stelle  wären;  daun  sei  jenes  eine 
sichere  Beute,  da  niemand  mehr  Stand  halten  werde.  Dazu  kam 
die  BeschafTenheit  des  Bodens ;  die  Nervier  fochten  fast  nur  zu 
Fuss,  und  suchten  deshalb  feindlicher  Reuterei  durch  dicht  ver- 
wachsene Hecken  den  Zugang  zu  erschweren ;  zu  beiden  Seiten 
der  Sabis  ferner,  (Sambre)  waren  Höhen  und  diese  auf  der 
ihrigen  am  Flusse  frei ,  weiter  hinauf  dagegen  mit  einem  Walde 
bedeckt,  in  ■welchem  sie  im  Hinterhalte  standen;  ausserhalb  sah 
man  nur   einige   Reuter. 

Sie  hatten  aber  falsche  Runde  erhalten.  Den  Zug  der 
Römer  eröifnete  die  Reuterei;    dann  folgten  sechs  Legionen  ohne 


23  ^>)  ULi  isti  sini  Nervü,  et  quam  longe  absint,  nescio.     Cic.  ad  (}a.  fr. 
3,  8.  i  2. 


XXI.    lULII.        (31.  §.20.)        257 

Unterbrectung,  und  zwischen  ihnen  und  den  beiden  nen  aus- 
gehobenen das  Gepäck.  Die  Reuter  gieng^en  mit  den  leichlen 
Truppen  über  den  Fhiss  und  i)länkelten,  während  die  sechs 
Legionen  auf  dem  andern  oder  südlichen  Ufer  das  Lager  auf- 
schhigen  und  die  gewöhnliche  Schanzarbeit  anfieugen.  In  tiefster 
Ruhe  erwarteten  die  Belgier  das  Gepäck,  wie  sie  beschieden 
waren.  In  dem  Augenblicke,  wo  es  sichtbar  wurde,  stürzten  sie 
aus  dem  Gehölze ,  und  ohne  durch  die  Reuter  oder  den  Fluss 
aufgehalten  zn  werden,  mit  unglaublicher  Geschwindigkeit  die 
diesseitigen  Höhen  heran.  Cäsar  wurde  überfallen ;  seine  Truppen 
glichen  einer  auseinander  genommenen  Waffe,  dei-en  Heft  er  ver- 
loren hatte;  seinen  Zuruf  und  seine  Befehle  hörten  nur  die 
Nächsten,  au  welchen  er  gerade  vorüber  sprengte;  die  Entfernten, 
welche  auf  das  Zeichen,  sich  zu  sammeln,  herbeieilten,  schlössen 
sich  an,  wie  es  sich  fügte;  der  Soldat  musste  sich  selbst  Führet 
sein,  um  eine  Stelle  in  einer  Legion,  der  Legat,  um  mit  der 
Legion  eine  Stelle  im  Heere  zu  finden;  die  Rollen  waren  ge- 
wechselt, der  Legionär  übertrug  den  Feldherrn,  der  Feldherr 
kämpfte  als  Legionär,  weil  er  sich  nichts  übrig  gelassen  hatte« 
als  tapfer  zu  sein.  Man  konnte  nicht  einmal  den  Kopf  mit  dem 
Helme  bedecken  oder  die  Schilde  enthüllen ;  noch  weit  weniger 
war  es  möglich,  ein  regelmässiges  Treffen  zu  bilden  und  ihm 
einen  Rückhalt  zu  geben ;  die  Schlachtordnung  bestimmte  der 
Feind ;  wo  er  heranwogte ,  musste  man  ihn  empfangen ,  und  die 
Hecken  erlaubten  nicht,  auch  nur  seine  Reihen  zu  übersehen. 
Verschieden  wie  der  Ort ,  wo  man  kämpfte ,  war  der  Erfolg. 
Auf  dem  linken  Flügel  trieb  Labienus  mit  der  neunten  und 
zehnten  Legion  die  Atrebaten  nach  dem  Flusse  zurück  und  auf 
das  andere  Ufer,  und  er  behauptete  sich  hier,  obgleich  sie  von 
oben  herab,  in  einer  günstigen  Stellung-,  den  Angriff  erneuerten.  -  *) 
Auch  drängten  die  elfte  und  achte  Legion  in  der  Mitte  die  Vero- 
manduer  bis  zur  Sabis,  Dadurch  wurde  aber  der  rechte  Flügel 
entblösst,  die  zwölfte  und  siebente  Legion  und  das  Lager;  Bo- 
duognatus  warf  sich  mit  seinen  Nerviern  in  die  Lücke ;  die 
Trujipen  wurden  umringt ,  das  Lager  genommen ,  die  Reuter, 
welche    hier    nach    der    Niederlage    auf    dem    jenseiligen    Ufer 


24)   Caes.  2,  23  \rird  er  nicht  genannt,  aber  c,  26. 
Drumann,  Gescbjchte  Roms  UI.  17 


258  XXI.    lULlI.        (31.^.20.) 

Sicherheit  suchten,  entflohen  in  einer  nndern  Richtung,  auch  die 
Trossknechle,  durch  ihre  Beufegier  nus  den  Schanzen  gelockt, 
retteten  sich,  wie  jeder  vermochte,  g-Ieiches  Entsetzen  bemächtigte 
sich  der  Mannschaft  bei  dem  Gepäck,  und  die  trevirischen  Reuter 
im  Dienste  der  Römer  zogen  ab  und  verkündigten  den  Ihrigen, 
jene  seien  gänzlich  geschlagen.  Als  Cäsar  herbeikam,  halte  er 
den  Anblick  einer  gränzenlosen  und  wie  es  schien  nnheilbaren 
Verwirrung.  Die  zwölfte  Legion  war  durch  den  Angriff  von 
vorn  und  von  den  Seilen  in  einen  Knäuel  zusammengerollt,  fast 
aller  Anführer  durch  den  Tod  beraubt  nnd  auch  schon  durch 
Ausreisser  geschwächt.  Bei  der  Gegenwart  des  Feldherm,  welcher 
vorankämpfte,  ermannte  sie  sich;'')  er  gebot  ihr,  sich  aus- 
zudehnen, wodurch  der  Ann  frei  wurde;  zugleich  niussten  sie 
lind  die  siebente,  nicht  weniger  bedrängte,  sich  einander  nähern, 
damit  sie  sich  den  Rücken  deckten;  aber  auch  jetzt  konnte  man 
sich  nur  vertheidigen ,  die  Schfacht  nur  verlängern,  nnd  es  dem 
Schicksal  anheimstellen,  ob  es  Hülfe  senden  werde:  da  erblickte 
man  oben  anf  dem  Berge  die  beiden  Jüngsten  Legionen;  die  Noth 
der  Gefährten  beflügelte  ihre  Schritte,  und  von  der  jenseitigen 
Höhe,  wo  er  die  Gefahr  des  Feldherrn  und  seiner  Tapferen  be- 
merkte, schickte  Labienus  nach  der  Erobernng  des  belgischen 
liagers  die  zehnte.  Alles  stürmte  gegen  die  Feinde  heran,  auch 
die  Reuter,  um  die  Schande  der  Flucht  zu  tilgen  und  die  un- 
bewaffneten Knechte;  die  Nervier  standen;  die  Todten  wurden 
ihre  Burg;  immer  höher  stiegen  die  blutigen  Wälle,  von  welchen 
sie  die  Wnrfspiesse  der  Römer  auf  diese  zurückschieuderten; 
schrecklicher  schien  es  ihnen ,  den  .Sieg  wieder  aufzugeben ,  als 
nicht  gesiegt  zu  haben,  nnd  Sieg  und  Niederlage,  wussten  sie, 
W£iren  gleichbedeutend  mit  Freiheit  nnd  Knechtschaft.  Doch  ihre 
Reihen  wurden  endlich  zu  sehr  gelichtet  und  lös'teu  sich  auf;  an 
der  Stelle  der  Krieger  erschienen  Greise,  Frauen  und  Kinder, 
und  Cäsar  begnadigte  Alle,  nnd  entUess  sie  in  ihre  Heimath; 
kein  Nachbar  sollte  sie  belästigen.  ^®) 


25)   Vgl.  Valer.  M.  3,  2.  §.  19.  26)    Nach    Caes.   2,    28   wurde 

fast  der  ganze  Stamm  Ternielitet;  er  rüstete  aber  mit  seinen  Gebieten  nach 
einigen  Jatiren  wieder  ein  bedeutendes  Heer.  Uas.  5,  38.  39.  Pen  Ort, 
vo  geschlagen  wurde ,  hat  man  in  Berlaimont,  in  Freie,  einem  Dorfe  zwei 
franz.  Meilen  von  Charleroi  n.  s.  w.  lu  finden  geglaubt ;  Ächaintre  ist  sogar 


XXI.    lULII.        (31.  §.20.)        259 

Die  Adiiatuken,  Naclikominen  der  Cimbern  und  Teutonen,  *') 
waren  niclit  zu  rechter  Zeit  eingetroffen  und  kehrten  jetzt  um. 
Sie  brachten  ihre  Habe  in  Eine  Stadt,  welche  durch  Abhänge 
und  auf  der  einen  zugänglichen  Seite  durch  eine  doppelte  Blauer 
geschützt  wurde ;  hier  häuften  sie  Felssfiicke  und  Balken ,  um 
den  Feind  zu  zerschmettern.  Es  war  ihnen  lächerlich,  dass 
Cäsar  einen  hohen  Thurm  erbaute,  da  seine  Römer,  Menschen 
von  so  winziger  Gestalt,  ihn  nicht  bewegen  könnten.  Als  die 
furchtbare  Maschine  ihnen  dennoch  näher  rückte,  in  ihren  Augen 
eine  übernatürliche  Erscheinung,  nahmen  sie  ihre  Zuflucht  zur 
List,  und  versprachen  Unterwerfung,  wenn  man  ihre  Waffen 
nicht  fordre,  denn  diese  bedürften  sie  gegen  ihre  feindlich  ge- 
sinnten Nachbaren,  Gleichwohl  wurde  ihnen  geboten,  sie  ausr 
zuliefern;  sie  wussteu  aber  etwa  den  dritten  Theil  zu  verbergen, 
und  machten  einen  nächtlichen  Ausfall.  Cäsar  benahm  ihnen  die 
Meinung,  dass  sie  einen  sorglosen  Feind  überraschen  und  seiue 
AVerke  unbewacht  finden  werden;  er  warf  sie  zurück  und  ver- 
kaufte 53,000  als  Sclaven.  2S) 

Auch  berichtete  P.  Crassns,  dass  die  Veneter,  Uneller  und 
die  übrigen  Völkerschaften  im  nordwestlichen  Gallien,  (in  der 
Bretagne  und  Normandie,  zwischen  den  Mündungen  der  Loire 
und  Seine)  wohin  er  mit  einer  Legion  entsandt  war,  die  Herr- 
schaft der  Römer  anerkennen,  welches  freilich  nur  besagte,  dass 
er  Geissein  von  ihnen  erhalten  habe,  welche  sie  bald  zurückf 
forderten.  ")  Doch  stand  für  den  Augenblick  kein  Feind  mehr 
unter  den  Waffen,  und  Cäsars  Ruf  verbreitete  sich  über  den 
Rhein,  wo  einige  Stämme  ihm  durch  Gesandtschaften  huldigten. 
Er  führte  die  Truppen,  welche  in  Belgien  nicht  mit  Sicherheit 
überwintern  konnten,  nach  den  Uferu  des  Liger  (Loire)  zu  den 


der  Meinnng,  Cäsar  habe  die  Scheide  für  die  Sambre  gehalten.  S.  d.  Mi?, 
iiioire  snr  les  campagiies  de  Cesar  dans  la  Belgiqne  TOn  P.  J  B.  heransgeg. 
\on  Roulez    S.  58  f.     Uebor   die  Neryier   Tgl.   {.  27.  A.  60.    j.  30.  A.  5. 

27)  Cacs.    2,    29.     Dio   39,   4.     Man    hat   diess   ohne   Grund    bezweifelt. 

28)  Nicht  alle  Aduatnken  waren  hier  vereinigt,  wie  Caes.  2,  29  anzudeuten 
scheint;  die  Uebrigen  ersahen  ihre  Zeit,  sich  zu  rächen.  Das.  5,  38.  39. 
ti,  2.  29)  Das.  2,  34.  3,  8.  Jene  Legion  war  nicht  eine  neunte,  son- 
dern mit  Crassns  von  der  Sabis ,  wo  acht  gefochten  hatten,  nacli  dem 
Westen  geschickt,    nnd  wnrde  die  sicl)enle  genaunt.     Das.   3,  7. 

17  ■» 


260  XXI.    lULn.        (31.  §.20.) 

Carnufen,  Antlen  und  Turonen.  Nur  die  zwöIfCe  Legion  nnd 
eiu  Tliell  der  Reiiterei  gieng  mit  .Servius  Galba  weiter,  um  die 
Wantuafen,  die  Veragrer  und  -Sedunen  zwischen  dem  Lande  der 
Allobrogen,  dem  lemaniscLen  See  und  dem  RLodanns  zu  ziiclifigen, 
und  den  Weg  über  die  Alpen  für  friedliclien  Verkehr  zu  sichern. 
Der  Legat  glaubte  nach  einigen  Gefechten  nnd  der  Eroberung 
mehrerer  Bergschlösser  sich  seines  Auftrags  entledigt  zu  haben, 
und  lagerte  zu  Oclodurus,  auf  dem  Gebiete  der  Veragrer.  (Viel- 
leicht Martinach  oder  Martigny  an  der  Dranse  in  Wallis. )  ^ ") 

Indess  war  Cäsar  in  Italien  angelangt ;  er  reis'te  daun  auch  nach 
Illyrien,  und  der  Senat  bescliloss  ihm  ein  funfzehntägiges  Dank- 
fest, eine  Auszeichnung,  deren  sich  vor  ihm  kein  Anderer  halte 
rühmen  können.  * ' )  Man  bewilligte  C  Cethegus  a.  1 97  vier 
Tage,^-)  und  dann  einem  Consul  oder  Consular  gewöhnlich 
fünf.  *^)  Nach  dem  mithridniischen  Kriege  feierte  man  zu  Ehren 
des  Pompejus  zehn,  und  zwar  auf  den  Antrag  des  Consuls  Cicero,  ^ ') 
■welcher  auch  jetzt  durch  sein  Gutachten  die  Steigerung  veran- 
lasste; ")  denn  der  Senat  konnte  nicht  füglich  einen  Statthalter 
abrufen,  dessen  Verdienste  auf  eine  solche  Art  anerkannt  waren, 
und  um  so  mehr  durfte  Cicero  hoffen,  dass  Gabinius  und  Piso, 
die  ihm  verhassten  Consuln  des  J.  58  ihre  Provinzen  verlieren 
und  die  Triumviru  ihn  gegen  Clodius  beschützen  würden.  '  *) 
Er  sah  sich  später  überboten;  im  J.  45  verfügte  der  Senat  sogar 
eine  funfzigtägig-e  Supplication.  ^ ') 

Cicero  war  seit  dem  4.  September  wieder  in  Rom;  seine 
Verbannung  endigte  sich  nach  Cäsars  Meinung  zu  früh,  doch 
mochte  dieser  den  Wünschen  des  Pompejus  nicht  mehr  entgegen 
sein,  welcher  sich  mit  Hülfe  des  Consulars  aus  seiner  Nichtigkeit 
erheben  ■wollte.  ^  *)  In  seinen  Dankredeu  schonte  Cicero  die 
Triumvirn  aus  Furcht ;  er  vermittelte  es  auch  unter  dem  Beistaude 
des  Volks ,  dass  Pompejus  auf  fünf  Jahr  die  Aufsicht  über  die 
Zufuhr  erhielt,  *')  aber  ohne  Heer  und  Flotte,  so  dass  er  seine 


30)     Caes.    3,  1.    PUii.  3,  24  (20).     Gros.  6,  8.     S.  unten  §.  22  in. 

31)  Caes.  2,  35.    3,  7.     Dio  39,  5.    Plul.  Caes.  21  n.  Cic.  in  den  f.  A. 

32)  2.  Th.  555.  A.  75/).  33)  Cic.  de  prov.  cons.  11.  34)  Das. 
1.  c.  35)  Das.  I.  c.  vgl,  c.  10  n.  IG.  p.  Balbo  27.  in  Pison.  25. 
ad  Fant.  1,  9.  §.  4.  36)  .S.  unten.  37)  Dio  43,  42.  38)  2.  Th. 
286.  A.  70  b.          39)  Das,  307.  A.  20. 


XXI.    IVLU.        (3l.§.2i.)        261 

Iloffnnng;,  in  Folge  des  ausserordentlichen  Auftrags  u!cLt  bloss 
eine  AcLtang'  »ebietende  Stellung  geg'en  den  Senat  zu  gewinnen, 
sondern  auch  mit  Cäsar  auf  gleicher  Höhe  zu  bleiben,  nicht  erfüllt 
sah.  Diess  milderte  den  Schmerz  der  Oplimafen,  welclie  die 
Kachrirhlen  aus  Gallien  ohnehin  auf  das  unangenehmste  beschäf- 
tigten. Erwartungsvoll  und  in  grosser  Anzahl  strömten  sie  nach 
der  Curie,  als  im  December  der  neue  Volkstribnn  P.  Rutilius 
Lupus  den  Senat  versammelte,  um  die  Aufhebung  des  julisrheu 
Ackergesetzes  Tom  J.  59  zu  bewirken.  *°)  Während  seiner 
liede  herrschte  eine  tiefe  Stille;  Cicero  insbesondre  hörte  mit 
geheimer  Freude,  dass  er  wegen  der  Vereitelung  der  servilisclien 
Rogation*')  gepriesen,  Cäsar  in  bitteren  Ausfällen  angegriffen, 
Gellius  Poplicola,  der  Freund  des  Clodius,'')  geschmäht,  und 
Pompejus,  welcher  Italien  verlassen  hatte,  um  Getraide  herbei- 
zuschaffen, und  nicht  bloss  als  Vollzieher  bei  dem  Agrargesetze 
beiheiligt  war,**)  getadelt  wurde.  Da  aber  der  Tribun  keinen 
ermuthigenden  Zuruf  vernahm  und  deshalb  nicht  stimmen  liess, 
so  bemerkte  der  erwählte  Consul  Lentulns  Marcellinus,  um  den 
Verdacht  der  Feigheit  von  sich  und  von  dem  Senate  abzuwenden: 
Lupus  möge  nicht  von  dem  Schweigen  der  Versammlung  auf 
ihre  Gesinnungen  schliessen;  er  selbst  schweige  nur,  weil  er  es 
nirJit  für  schicklich  halte,  dass  man  in  Abwesenheit  des  Pompejus 
über  den  campanischen  Acker  verhandle,  und  so  ohne  Zweifel 
auch  die  Anderen.  *  *} 

§    21. 

a.  56.  Die  fortwährenden  Umtriebe  und  Streitigkeiten  in 
Rom  nahmen  Cäsars  Aufmerksamkeit  besonders  in  den  ersten 
Monaten  des  Jahrs  in  Anspruch  und  verzögerten  seine  Rückkehr 
zu  den  Truppen.  So  lange  die  Nobilität  mit  ihren  Entv\iirfen 
gegen  ihn  allein  stand ,  war  sie  ihm  nicht  gefährlich ,  und  Pom- 
pejus hatte  er  nicht  nur  zum  Abfall'  verleitet,  sondern  auch  in 
eine  solche  Lage  versetzt,  dass  er  dem  Bunde  mit  ihm  vorerst 
treu  bleiben  musste.  Blit  grosser  Genuglhuung  sah  er  seinen 
Schwiegersohn   sich   imn    r   tiefer    verwickeln,    je    mehr    er   eine 

40)     Oben    ^.    II    a.    12    Rh.  4I)    §     i.  42)     Uellii    Nu.   4. 

i3)   Oben  j.  12.  A.  67.  44)   Cic.  ad  yu.  £r.  2,  1.  §.  1. 


262  XXI.    lULU.        (31.  §.21.) 

freie  Slellung  zu  gewinnen  suchte,  weil  er  eine  doppelte  Rolle 
jspielte,  mit  Cäsars  Hülfe  gegen  Cäsar  erstarken  wollte;  denn 
nun  wirkte  die  senatoriscLe  Faction  ihm  entgegen ;  sie  versagte 
dem  Triumvir,  nnd  wie  sie  wähnte,  dem  Haupte  des  Triumvirats, 
was  sie  dem  Haupte  der  Aristocratie,  dem  Feinde  des  Proconsuls 
Ton  Gallien  gern  bewilligt  haben  wirde.  Doch  trug  auch  sie 
einen  Theil  der  Schuld;  sie  verkannte  seinen  durch  Cäsar  er- 
künstelten und  ihm  lästigen  Zustand ,  seinen  Chetracter,  seine  po- 
litische Feigheit,  fürchtete  Königsherrschaft  und  stiess  ihn  von 
sich.  Durch  die  Besorgung  der  Znfuhr  ohne  Rriegsmacht  war 
er  wenig  gefördert ;  er  hoffte  Ptolemäus  Auletes,  den  vertriebenen 
König  von  Aegypten,  wieder  herzustellen,  und  dadurch  zum  Ziele 
zu  kommen,  aber  auch  dieser  Plan  scheiterte  an  der  Eifersucht 
der  Optimaten. '"^)  Ehe  noch  darüber  entschieden  war,  brachten 
ihm  als  Beschützer  des  Cicero  nnd  Milo  seine  Verhältnisse  zu 
Clodius  eina  Demüthigung  nach  der  andern;  er  wurde  im  An- 
fange des  Februar  bei  Milos  Processe  öffentlich  verhöhnt,  und 
wollte  sich  im  Picenischen  nnd  anter  Cäsars  Zustimmung  im 
Transpadanischen ,  wo  sein  Vater  Colonien  angelegt  hatte,*') 
eine  Bande   errichten,  *^) 

So  wenig-  nützte  ihm  Ciceros  Gegenwart,  welcher  auch  zn 
seinem  Nachtheile  " )  am  5.  April  im  Senat  anf  eine  neue 
Berathnng  über  das  julische  Ackergesetz  für  den  J5.  Mai  an- 
zutragen wagte,  freilich  nur  nach  einem  heftigen  innern  Kampfe, 
und  nm  seine  Hinneigung  zu  den  Triumvirn,  das  Werk  des 
Clodius,  bei  den  Gutgesinnten  ins  Vergessen  zu  bringen.  *  ^)  An 
demselben  Tage  waren  Pompejus  40  BliUioneu  Seslertien  zum 
Behuf  der  Zufuhr  bewilligt;  es  sollte  ihn  zum  voraus  beschwich- 
tigen, und  zugleich  nebst  der  Theurung,  welche  seit  Ciceros  An- 
kunft in  Rom  fortdauerte,  zum  Vorvs^ande  dienen,  unter  welchem 
man  die  Vollziehung  des  Ackergesetzes,  den  Ankauf  von  Län- 
dereien verhinderte,  da  der  Schatz  erschöpft  sei.  '^)  Aber  die 
Gegner  geriethen  in  Aufruhr;  in  diesem  einen  wurden  alle  ju- 
lischen  Gesetze  angegriffen;   es  entstand  ein  Geschrei,  wie  kaum 


üb)    2.  Th.  335  t.     Hier   j.  13.  A.  37.  4S)   Oben  }.   U.  A.  77. 

46)    2.    Th.    326.    A.    32.  47)    Oben    §.   11.   A.    19.  48)    ail  Farn. 

1,  !).  {.  3.  49)    ad  911.  fr.   2.   5.     OLon  5.   11.  A.   2S. 


XXI.    lULI!.        (31.  §.21.)        263 

ia  einer  VolLsTersaminlang' ,  und  der  IjcscLInss  des  Senats,  dem 
VorscLIag-e  dennoch  Folge  zu  g-eben,  bewirkte  nur,  dass  Cäsar  in 
seiner  Bahn  von  neuem  einen  grossen  Fortschritt  machte.  * ") 
üedenkiicher  waren  für  diesen  die  Drohungen  des  L.  Domitius 
Ahenobarbas,  welcher  schon  als  Prätor  sich  als  sein  Feind  ge- 
zeigt hatte,'')  und  jetzt  bei  der  Bewerbung  um  das  Consulat 
im  unbesonnenen  Eifer  äusserte,  er  werde  nun  ausführen,  was 
er  früher  nicht  vermocht  habe ,  ihm  Heer  und  Provinzen  ent- 
ziehen; '-)  an  UnterstülzHug  konnte  es  ihm  nicht  felilen,  und 
um  so  mehr  ergieng  vom  Proconsul  die  Einladung  an  Pompejus 
»lad  C'rassus,  sich  zu  JLuca  (Lucca)  in  seinen  Winterquartieren 
über  die  gemeinschaftlichen  Angelegenheiten  mit  ihm  zu  be- 
sprechen. 

Pompejns  war  von  den  Tagen  seines  Glanzes  nichts  übrig 
geblieben,  als  verwelkte  Lorbeeren,  Auf  dem  Blarkte  wurde  er 
mit  Spott  und  Gelächter,  in  der  Curie  von  dem  Consul  Lentulus 
IMarcellinus  und  von  Anderen  mit  Vorwürfen  empfangen,  und 
ein  grosser  Theil  der  Senatoren  hörte  sie  gemj  ")  sein  eigener 
College  im  Triumvirat,  BI.  Crassus,  galt  ihm  für  den  Urheber 
dieser  Beschimpfungen,  er  glaubte  sogar  sein  Leben  durch  ihn 
gefährdet,  '*)  da  er  wohl  wusste,  wie  sehr  er  ihn  einst  ge- 
kränkt halte,  '*)  und  Cicero  zog  sich  von  ihm  zurück,  um  nicht 
bei  den  Optimalen  noch  ärger  anzustossen;  '^)  so  konnte  er  sich 
nach  der  Entsclileierang-  seiner  Känke  au  keinen  Andern  wenden, 
als  an  den  falschen  Freund ,  welcher  ihn  in  diess  Labyrinth  ge- 
führt hatte.  Er  verbarg  seinen  Unwillen  gegen  Cicero,  als  dieser 
ihn  am  7.  April  besuchte,  '')  uud  entfernte  sich  bald  nachher, 
in  Sardinien  und  Africa  Getraide  zu  kaufen,  *^)  zuvor  aber  sich 
in  Luca  Consulat,  Provinzen  und  Heer  zu  verschaffen.  Crassus 
war  in  derselben  Absicht  schon  früher  abgereis't  und  mit  Cäsar 
in  Kaveuna  zusammen  getroffen,  wo  er  über  Ciceros  Unter- 
nehmen Bericht  erslaltele  und  zur  Versöhnung-  mit  Pompejus 
überredet   wurde. '^)     D.uiu    begab   er  sich    nach  Luca,  welches 


SO)    ad   Fam.   1.   c.  51)    Oben    §.    15   in.     Damit.    Aken.   j\'o.   8. 

52)   SiieioD.  24.  53)   Cic.  »d  Qa.  fr.  2,  6.  J.  4.  54)  Das.  2,  3.  §.  4. 

2.    Th.    325.  SS)     Oben    {.    10   in.  56)    u.l    <Jn.    fr.    2,   6.   f.    4. 

57)   ad  Fam.  X,  9,  J.  3.    ad  ^u.   fr    1.  e.  58)    Cic.  U.  cc,  59)  ud 

Faul.  I.  c. 


264  XXI.    lULn.        (31.  §.21.) 

Neuere  bezweifeU  Laben,  ^'')  obgleich  es  nicLt  einmal  eines  ans- 
drücklicLen  Zeugnisses  dafür  bedarf.  ^') 

Auch  viele  andere  Vornehme  fanden  sich  ein,  selbst  Äla- 
g-istrafe  «nd  Staffhaller,  und  unter  diesen  der  Proprätor  von 
Sardinien  Appius  Claudius^')  und  Q.  Metellos  Nepos,  Proconsnl 
im  diesseitigen  Spanien,^*)  um  durch  Cäsars  Verwendung  Aemter 
und  Provinzen  oder  aus  seinem  Schatze  zur  Bestechung  des  Volks 
bei  den  Wahlen  und  zur  Befriedigung  der  Gläubiger  Geld  za 
erhalten.  Blan  zählte  120  Fasces  vor  seiner  Wohnung,  nnd 
mehr  als  200  Senatoren ;  sogar  Frauen  erschienen :  Rom  huldigte 
seinem  künftigen  Herrscher.  Für  ihn  aber  war  diess  Gepränge 
nnr  Mittel  zum  Zweck,  ein  Antrieb,  auf  der  Schwindel  erregenden 
Höhe  nicht  still  zu  stehen,  damit  Pompejus,  welcher  sich  mit 
grossem  Harm'  als  Client  in  seinem  Hofstaate  verlor,  ihn  nicht 
nm  so  tiefer  hinabstürzte,  wenn  er  endlich  von  seiner  Ver- 
blendung zurückkam. 

In  einem  geheimen  Vertrage  wurden  Pompejus  nnd  Crassns 
im  April  dieses  Jahrs**)  ein  zweites  Consulat  für  das  nächste 
wnd  nach  dessen  Verwaltung  Provinzen  und  Heere  zugesichert, 
■wogegen  sie  bewirken  wollten,  dass  man  Cäsar  die  Statthalter- 
schaft auf  fünf  Jahr  verlängerte  und  für  die  willkührlich  aus- 
gehobenen Truppen  Sold  zahlte.  *')  Zwar  schien  er  Geld  am 
wenigsten  zu  bedürfen,  da  er  seine  Gäste  und  ausserdem  viele 
Andere  in  Rom  so  reichlich  beschenkte;  '*)  es  war  aber  schon 
Gewinn,  wenn  er  es  dem  Schatze  nnd  folglich  Pompejus  and 
der  Aristocratie  entzog,  und  bei  endlosen  Ausgaben  hatte  er  nie 
ztt  viel.  Die  Wahl  seiner  Freunde  versprach  er  durch  Empfeh- 
lungen an  Männer  seiner  Partei  und  durch  Krieger  zu  sichern, 
welche  in  den  Comitien  für  sie  stimmten.     Denn  man  sah  einem 


60)    Noris.    C.n.    Pis.  Diss.  1.  c.  1.  p.  27.  61)    Snet.  Caes.  24. 

Pliit.  Caes.  21.  Cato  m.  41.  Crass.  14.  App.  2,  437.  Dio  39,  26.  33 
nbergeht  die  Zusammenkunft  in  jener  Stadt,  nnd  stellt  nun  auch  die  Ei- 
nigung der  beiden  TriuniTirn  uud  die  Verlängerung  der  Statthalterschaft 
für  Cäsar  in   ein  falsches  Licht.  62)    2.  Th.  188.  A.  43  f.  63)  Das. 

34.  A.  93.  64)    Nicht  das  J.  55,  wie  die  Bruchstücke  eines  unächteii, 

oben    §.   11.    A.    94   näher    bezeichneten    Dinrinm   berichten.  65)     Die 

SteUen  in  A.  61.     VeUej.  2,  46.  §.  1.  66)  Tlut.  Caes.  21.  Pompcj.  51. 

App.  2,  437. 


XXI.    lULII.       (31.  §.22.)        265 

lebhaften  Widerstände  entg-egen,  zumal  da  die  beiden  Consulare 
sich  nicht  zu  rechter  Zeit  als  Candidafen  meldeten.  *')  Uebrigens 
waren  sie  es ,  welche  das  Gehässige  ins  Werk  setzten ;  der  An- 
Btifter  erndtete,  ohne  sichtbar  zu  "\verden,  erfreut,  dass  die  neue 
Reibung'  zwischen  Pompejus  und  dem  Senat  ein  Einyerständniss 
zwischen  ihnen  Torerst  unmöglich  machte,  und  dass  jener  ohne 
den  Senat  ihm  nicht  gefahrlich  werden  konnte,  Provinz  und  Heer 
nur  zu  nichtigen  Triumphen  zu  benutzen  wasste. 

IVach  dieser  Uebereinkunfl  gieng  Crassus  wieder  nach  Rom ;  *') 
Pompejus  schiffte  nach  Sardinien,  wo  er  sich  gegen  Q.  Cicero, 
seinen  Legaten,*')  über  dessen  Bruder  beklagte.  Quintus  hatte 
sich  fiir  Ciceros  Hingebung  an  die  Triumvirn  bei  ihm  verbürgt, 
als  er  ihn  bat,  sein  Exil  zu  endigen,  nun  sollte  er  den  Angriff 
auf  Cäsars  Ackergesetz  verhindern.  Auch  ersuchte  er  den  Con- 
sular  durch  Vibullius ,  diese  Angelegenheit  bis  zu  seiner  Rück- 
kehr ruhen  zu  lassen.  Da  traf  Cicero  ein  Abkommen  mit  der 
Republik:  sie  möge  ihm,  welcher  so  viel  für  sie  gethan  und  ge- 
litten habe ,  erlauben ,  nun  auch  die  Pflichten  der  Dankbarkeit 
zu  erfüllen. ' ")  Er  halte  seine  Uebereilung  längst  bereut  und 
sich  am  8.  April  auf  das  Land  begeben;")  des  campanischen 
Ackers  wurde  am  15.  Blai  im  Senat  nicht  weiter  g'edacht. '  *) 

§  22. 

(a.  56.)  Auch  diesen  friedlichen  Kampf  hatte  Cäsar  sie^ 
reich  bestanden,  und  er  überliess  es  nun  seinen  Anhängern  und 
Pompejus,  ihn  in  Rom  zu  vertreten,  da  neue  Bewegungen  ia 
Gallien  ihn  zu  den  Legionen  riefen.  Die  Auflehnung  einiger  Al- 
penvölker gegen  Servius  Galba  konnte  als  ein  vereinzeltes  Unter- 
nehmen ihn  nicht  beunruhigen.  '  *)  Sie  fürchteten  mit  Recht, 
dass  der  Legat  sie  nicht  bloss  an  der  Beraubung  der  Reisenden 
hindern ,  sondern  auch  ihrS  Gebiete  mit  der  römischen  Provinz 
Tereinig>en  solle,  und  umringten  im  Anfange  des  Jahrs  sein  La- 
ger zu  Octodurus,  welches  er  aus  Sorglosigkeit  nicht  hinlänglich 
befestigt  und  mit  Vorräthea  versehen  hatte,  und  dessen  Besatzung 


67)    Dio  39,    27.  68)  Pliit.  Crass.  tS.  69)  2  Th.  310  A.  36. 

70)    ad   Farn,    1,    9  §.  3.  71)    ad    Qu.    fr.  2,   6  §.  3-.     Eram  poslridia 

Roma  cxiiuras.        72)  Das.  2 ,  8.  Obea  A.  47.      73)  Oben  §.  20.  A.  30. 


260  XXI.    IlTLIl.         (31.  §.22.) 

durch  Entsendungen  geschwächt  war.  Olinerachfet  einer  uotlii- 
gen  Gegenwehr  beg'snnen  sie  den  Wall  niederzureissen  nnd  den 
Graben  zu  füllen,  als  ein  unerwarteter  Ausfall  sie  schreckte,  und 
•sie  mit  Hinterlassung  vieler  Todfen  die  Flucht  ergriffen.  Ihre 
Absicht  wurde  indess  erreicht;  die  Römer  entfernten  sich,  und 
überwinterten   im  Lande  der  Allobrogen.  ' ') 

In  der  neuen  Provinz  war  die  Gefahr  für  Cäsar  viel  grösser. 
Gallien  würde  Ihm  ohne  Zweifel  bei  gleichzeitigen  Anstrengun- 
gen der  Einwohner  wieder  entrissen  sein,  da  er  selbst  ihren 
theilweisen  Aufstand  kaum  unterdrücken  konnte,  sie  erkannten 
diess  aber  zu  spät.  Während  im  vorigen  Jahre  die  Belgier 
kämpften ,  ruhte  man  im  nordwestlichen  Gallien ,  und  unterwarf 
sich  einer  einzigen  Legion  unter  P.  Crassus,")  welcher  im 
-Winter  nicht  weit  von  der  Mündung  des  Liger  (Loire)  aufdes- 
-sen  nördlichem  Ufer  im  Lande  der  Anden  blieb.  (Anjou.)  An 
dieser  Küste  waren  die  Veneter  mit  einem  Hauptorte  Dartoritum 
oder  Darlorigum  '  ^)  (vielleicht  Vannes  in  Bretagne)  die  mädi- 
ligsten.  ' ' )  Sie  verdankten  ihr  Uebergewicht  der  Flotte  und  der 
Erfahrung  im  Seewesen;  fast  Alle,  welche  ihr  Meer  befuliren, 
inussten  ihnen  Tribut  entrichten ,  und  diess  sowohl  als  die  Be- 
schaffenheit des  Landes  verleitete  sie  zu  einer  Ueberschätzung  ih- 
rer Kräfte.  So  beschlossen  sie,  sich  zu  befreien,'*)  und  ergrif- 
fen die  Kriegst rlbuue,  durch  welche  Crassus  von  ihnen  und  in 
der  Umgegend  Getraide  fordern  liess,  damit  sie  zur  Lösung  ihre 
Geissein    wieder   erhielten,  '  *)     Auf   ihr    Anstiften    wagten    die 

74)  Caes.  3,  2  —  6.  Oros.  6,  8.  Dio  39,  5.  Apii.  lil>.  4  GaU. 
c.  4.  nennt  statt  dieser  Völker  die  Allobrogen ,  ivelche  Cäsar  nach  dem 
belgischen  Kriege  überwnnden  habe.  75)  Oben  §.  20.  A.  29.  76)  Ptoleui. 
2,  8.  77)  Caes.  3,  7  —  16.  Liv.  104.  Flor.  3,  10  §.  5.  Oros.  6,  8. 
Dio  39,  40.  Strabo4,  194  f.  glaubt,  dass  die  Veneter  am  adriatischen 
iVIeere  von  ihnen  ausgegangen  seien,  welchen  Polyb.  2,  17  eine  von  der 
celtischen  abweichende  Sprache  zuschreibt,  obgleich  in  Sitten  n.  Kleidung 
sich  einige  Aehnlichkeit  zeige.  78)  Nach  Slrabo  I.  c.  wollten  sie  die 
Römer  hindern,  im  Verkehr  mit  Britannien  ihre  Nebenbuhler  zu  werden. 
79)  Bei  Caes.  3 ,  9.  16  heissen  die  Tribüne  Gesandte,  weil  ihre  Verhaf- 
tung als  ein  Verbrechen  erscheinen  n.  sein  Feldzng  gerechtfertigt  vyerden 
soll.  Dio  l.  c.  ist  gutmüthig  genug,  zuerst  der  Lebensmittel  wegen  Sold.i- 
ten,  und  als  sie  ins  Gefäugniss  geworfen  waren,  Gesandte  schicken  zu 
lassen  ,  welche  dasselbe  Schicksal  hatten. 


XXI.    lULII.        (31.  $.22.)        267 

INaclibareD,  mit  welclien  sie  sich  verbanden,  eine  gleiche  Heraus- 
forderung. Der  Feind  mussfe  iiacL  ihrer  Bleinnng  ohne  Schwerdt- 
t;(lilag  -weichen,  wenn  man  ihn  nicht  versorgte,  oder  er  vervvik- 
kclle  sich  in  unüberwindliche  Schwierigkeiten.  Die  Weg'e  wa- 
ren in  ihrem  Lande  häufig  mit  Stauwasser  bedeckt;  die  Städte, 
welche  grössfentheils  auf  Erdzuugen  lagen,  sicherten  Ebbe,  Bran- 
dungen und  Untiefen  gegen  einen  Angriff  zur  See  und  die  Fluth 
liegen  ein  Heer;  im  äussersten  Falle  konnten  sie  Menschen  und 
Habe  von  einem  Orte  ziim  andern  bringen,  da  die  Baucirt  ihrer 
Fahrzeuge  ihnen  nahe  heran  zu  gehen  erlaubte.  Auch  wurden 
sie  durch  die  Schüfe  der  Bundesgenossen  verstärkt,  zu  welchen 
die  Moriner  und  Menapier  in  Belgien  gehörten.  Dass  sie  gerade 
auf  dem  Wasser  am  meisten  gefährdet  waren,  ahndeten  sie  nicht, 
weil  die  Römer  über  keine  Seemacht  geboten,  und  ihr  Meer 
und  die  wenigen  Häfen  an  der  Küste  nicht  kannten. 

Die  Unterhandlungen  in  Luca,  deren  Cäsar  aus  Gründen  nie 
gedenkt,  waren  noch  nicht  beendigt,  als  Crassus  ihm  über  jene 
(_;  abrang  Bericht  erstattete.  Er  wünschte,  sie  im  Werden  za  er- 
sticken, ehe  sie  sich  weiter  verbreitete;  seine  Legionen  standen 
bereits  am  Liger,  *")  und  es  schien  nur  noch  übrig  zusein,  dass 
man  auf  diesem  Flusse  Kriegsschilfe  erbaute,  und  sie  mit  Rude- 
rern versah.  Als  seine  deshalb  ergangenen  Befehle  vollzogen 
waren  ,  kam  er  zum  Heer ,  und  legte  es  zum  Theil  in  entfernte 
Gegenden,  weil  er  überall  Aufrulir  fürchten  mussfe  und  nach 
einem  Gerüchte  Germanier  sich  anschickten,  den  Belgiern  zu  hel- 
fen. Demnach  gieng  Labienus  mit  Reuterei  zu  den  Trevirern 
nach  dem  Rhein,  und  P.  Crassus  mit  12  Cohorten  und  einer 
grossen  Anzahl  Reuter  nach  Aquitapien,  damit  die  Feinde  von 
dort  nicht  unterstützt  und  die  Einwohner  zugleich  unter  diesem 
Vorwande  entwaffnet  würden;  auch  jetzt  also  sollte  der  Leg-at 
die  Vorhut  befehligen  und  dem  Imperator  auf  dem  allmäligen 
verheerenden  Zuge  durch  Gallien  die  Bahn  brechen.  Um  endlich 
die  Völker  zu  treunen,  welche  schon  gerüstet  hatten,  wurde  Ti- 
Inrius  Sabinus  mit  drei  Legionen  bis  zu  den  Unellern  und  Le- 
xoviem  vorgeschoben.  (Normandie.)  Mit  den  übrigen  Truppen 
wendete   sich    Cäsar   gegen   die  Veneter.     Er   nuhm   einige  ihrer 


80)  Oben  §.  20  nach  A.  29. 


268  XXI.     lULn.         (31.  §.22.) 

Städte,  fand  ater  wider  Erwarten  im  OertlicLen  so  viele  Hinder- 
nisse,   dass  der  Krieg'  ins  Stocken  gerietL,    bis    die  Flotte  unter 
Decimus   Brutus    erschien.     Diese    bestand   aus  ScLilfen  der  Gal- 
lier,   besonders    d^i-   Pictonen    und    Santonen   siidücli  >  ^m  Lig-er, 
(Poitou  und  Saintong-e)   und   aus   den    neu   erbauten ,   und  wurde 
einen  grossen  Tbeil  des  Sommers  durch  Stürme   abgehalten,    ihre 
Ankerplätze   zu   verlassen.     Als    sie    sich  zeigte,    giengen  ihr  (im 
Meerbusen  von  Blorbihan)  220  Schilfe  entgegen,    «o   fest    gebaut 
und  mit  so  holiem  Borde^   dass  man  ihnen  weder  mit  den  SchilTs- 
ßchnäbeln,  noch   mit  den  Thürmen  und  Wurfwaffen  beiznkommen 
vermochte.     Aber   die    Römer   durchschnitten  mit  Sicheln  an  lan- 
gen Stangen  die  Taue  der  Raaen  am   Masibaum;  * ')    sobald    ein 
Schiff  dadurch  seine  Segel  verlor,    und    sich  nicht  mehr  bewegen 
konnte ,    legten    sich    mehrere   an    es  an ,   die  Mannschaft  enterte 
mit  Uebermacht  und  focht  um  .so  tapferer,  da  Cäsar  und  das  Land- 
beer  an    der  Küste  die  Flotten  übersahen.     Auch  die  Natur  war 
mit  dem  Eroberer  im  Bunde ;  eine  plötzliche  Windstille  bewirkte, 
was  die  Sicheln  bewirkt  hatten ,    sie    machte   den  noch  unverletz- 
ten Schiffen  die  Flucht  unmöglich;  sehr  wenige  retteten  sich  nach 
einem  Kampfe  von  der  vierten  römischen  Stunde  bis  Sonnen-Un- 
tergang unter  Begünstigung  der  Nacht  an  das  Land.     Andere  be- 
sassen  diese  Gallier  nicht  und  ihre  besten  Krieger  waren  erschla- 
gen oder  gefangen ;  daher  ergaben  sie  sich.     Ihre  Angesehensten 
•wurden  hingerichtet  und  die  Uebrigen  verkauft ,    damit    die  Bar- 
baren „römische  Gesandte  ehren,"  vor  der  Rache  ihrer  Unterdrü- 
cker zittern  lernten. 

In  derselben  Zeit  bluteten  ihre  Brüder  an  der  Nordküste,  die 
Uneller  mit  ihrem  Häuptlinge  Viridovix  und  Andere  für  Freiheit 
imd  Heerd.  '-)  Voll  Ilass  gegen  den  Läiiderräuber  tödteten  sie 
ihre  obrigkeitlichen  Personen,  weil  sie  nicht  für  den  Krieg  stimm- 
ten, und  forderten  Titiirius  Sabinus  täglich  zur  Schlacht.  Sein 
'Zögern  machte  sie  kühner,  und  noch  mehr  die  falsche  Nachricht, 
welche  er  ihnen  durch  einen  feilen  Gallier  zugehen  liess:  er 
Labe   den    Aluth  verloren  und  woUe  in  der  folgenden  Nacht  ent- 


81)  Nur  die  Anker   liiongen    nach    Caes.    3,    13   an    Ketten,    welcJies 
Str.il)0  4,  195  in.  nuiichtig  gefassl  liat.  82)  Caes.    3,    17  —  19.     Dio 

39,  45.     Oros.  6,8.  ■        / 


XXI.     lULII.  (31.  §.22.)         269 

flieLen,  zngleidb  nm  Cäsar  gegen  die  ihm  überlegenen  Veneter 
zu  Terstärken.  Alle  drangen  mit  einem  Freuden  -  Geschrei  bei 
ihren  Anlührern  auf  augenblicklichen  Angriff,  zumal  da  auch  in 
ihrem  Heere,  wie  meistens  in  den  g-allischen,  nicht  fiir  hinläng- 
liche Vorräthe  gesorgt  war;  mit  Faschinen  zur  Füllung  der  Gra- 
ben belastet  stiegen  sie  den  Hügel  hinauf,  ohne  zu  ruhen,  und 
fast  athemlos  erreichten  sie  das  feindliche  Lager.  Hier  hatten 
die  Römer  sie  erwartet;  sie  brachen  i>16tzlict  ans  zwei  Thoren 
heraus  und  nahmen  sie  in  die  IMitte,  wodurch  der  geträumfe  Sie" 
sich  in  Flucht  und  Tod  verwandelte. 

In  Aquitanien  wurde  Crassus  mit  gleiclier  Zuversicht  empfan- 
gen. **)  Die  Soliaten,  südlich  von  der  Garumna,  (in  Gascogne) 
glaubten  sich  nach  früheren  "N^  affenthaten  stark  genug ,  ohne 
fremden  Beistand  *uch  ihn  zurückzuweisen.  Ihre  Reuterei,  der 
Kern  des  Heers,  wurde  indess  geschlagen,  als  sie  die  Römer 
auf  dem  Wege  angriff,  und  dann  auch  das  Fussvolk,  welches  im 
Hinterhalte  lag.  Kicht  glücklicher  verlheidigten  sie  sich  in  ihrer 
Stadt,  obgleich  sie  im  Bergbau  erfahren  waren,  und  Alinen  an- 
legten ;  sie  unterhandelten  und  Crassus  gebot  ihnen ,  die  Waffen 
auszuliefern.  Aur  ihr  Feldherr  Adcantuannus  verwarf  die  schimpf- 
liche Bedingung.  Er  machte  mit  600  Solduriern,  einer  Schaar 
von  Tapferen,  welche  sich  an  einen  angesehenen  Edlen  anschloss, 
mit  ihm  zu  leben  und  zu  sterben  gelobte,  und  von  ihm  unterhal- 
fen wurde,"')  einen  Ausfall,  in  der  Hoffnung,  die  Römer  un- 
vorbereitet zu  finden;  aber  auch  er  wurde  besiegt,  seine  AVort- 
brüchigkeit  jedoch  nicht  bestraft.  Diess  Schicksal  eines  Volks  von 
grossem  kriegerischem  Rufe  veranlasste  die  anderen  Aquilanier, 
sich  zn  verbinden  und  C'autabrer  aus  Spanien  heranzuziehen ,  un- 
ter welchen  sie  ihre  Anführer  wählten,  JMänner  aus  der  Schule 
des  Q.  Sertorius.     Au  50,000  Streiter  lagerten  und  verschanzten 


83)  Caes.  3,  20  —  27.  liv.  104.  Dio  39,  46.  Flor,  3,  10.  <'.  6. 
Oros.  1.  c.  84)  Caes.  3,  22.  Athen.  6.  p.  249.  ed.  Casanb.  erklärt  d. 
Wort  durcli  tv/iali^ntoi,  Menschen,  welche  sich  dnrch  ein  Gelübde  znr 
Treue  Terpflichtet  haben,  und  Cäsar  selbst  6,  15  dnrch  ambacti  nnd  clien- 
tes,  so  dass  jene  etwa  eine  hühere  Classe  ausmachten,  obgleich  eine  Closso 
zu  Fest.  T.  ambactns  sie  in  Leibeigene  rerwandelt.  Die  Stärke  eines  sol- 
chen freien  Gefolges  wie  der  Unfreien  im  Dienste  eines  Edeln  (Caes.  6,  13) 
hieng  von  dessen  Rang  nnd  Reichthiuu  ab,  (Ders.  6,  15.) 


270  XXI.    lULII.        (31.  §.22.) 

sich  nach  Art  der  Römer  und  besetzten  die  Zugänge  zur  Stel- 
lung' des  Crassus ,  in  der  Absicht,  ihn  durch  den  Hunger  zum 
Rückziige  zu  zwingen,  und  ihn  dann  mit  Uebermacht  zu  erdrücken. 
Als  verantwortlicher  Befehlshaber  berief  er  einen  Rriegsrath ; 
Alle  waren  seiner  Meinung,  dass  man  nicht  zögern  dürfe.  Dem- 
nach ordneten  sich  seine  wenigen  Cohorten  in  zwei  Treffen  zur 
Schlacht.  Aber  auch  dadurch  konnte  er  den  Eutschluss  der  Gegner 
nicht  erschüttern;  er  musste  sie  selbst  angreifen,  und  sie  verthei- 
digten  ihr  Lager  mit  dem  besten  Erfolge,  bis  er  auf  die  Älel- 
dung  der  Reuter,  man  werde  sich  des  Thors  auf  der  entgegen- 
gesetzten Seite  leicht  bemächtigen,  vier  Cohorten  entsandte,  sich 
ihm  unbemerkt  auf  einem  Umwege  zu  nähern.  Bald  verkündigte 
ein  Geschrei  aus  der  Ferne,  dass  sie  es  einstürmt  hatten,  worauf 
auch  die  Anderen  mit  verdoppelter  Anstrengung  vordrangen,  und 
die  Feinde  in  der  grössten  Bestürzung  die  Werke  räumten.  In 
der  Ebene  ereUte  sie'  die  Reuterei;  kaum  der  vierte  Theil  ent- 
kam ,  und  nur  an  den  Abhängen  der  Pjrenäen  weigerte  man 
sich  auch  jetzt  noch.  Geissein  zu  geben,  weil  man  in  den  Ge- 
birgspässen und  bei  der  Nähe  des  Winters  gesichert  war. 

Aus  ähnlichen  Gründen  blieben  auch  die  Moriner  und  Ble- 
napier  in  Belgien  vorerst  noch  frei.  Cäsar  griff  sie  an,  weil  sie 
allein  unter  den  Galliern,  jene  kleinen  Stämme  ausgenommen,  ihm 
nie  ihre  Unterwürfigkeit  bezeigten.*')  Durch  fremde  Erfahrung 
belehrt,  dass  mau  in  offener  Feldschlacht  ihm  nicht  widerstehen 
könne,  verbargen  sie  sich  in  Wald  und  Bruch;  nur  die  Gele- 
genheit zum  Ueberfall,  welche  sich  auf  einem  solchen  Boden  un- 
fehlbar darbieten  musste,  sollte  benutzt,  und  das  Uebrige  der  vor- 
gerückten Jahrszeit  überlassen  werden.  Ihre  Hoffnungen  täusch- 
ten sie  nicht.  Zwar  misslang  der  Versuch,  Cäsar  zu  schlagen, 
während  er  am  Rande  des  Waldes  sein  Lager  befestigte;  auch 
drang  er  weiter  vor  und  fällte  die  Bäume ,  welche  ihm  zugleich 
zu  Verhauen  dienten ;  die  Witterung  nöthigte  ihn  aber  bald,  den 
Feldzug  zu  endigen.  Er  führte  die  Truppen  gegen  Westen  über 
die  Sequana  (Seine)  zu  den  Lexoviern  und  deren  Nachbaren 
(Normandie)  in  die  Winterquartiere,  und  begab  sich  nach  dem 
cisalpiuischen  Gallien. 


85)  Caes.  3,  28.  29.  vgl.  4,  21.  22. 6,  5.  f.  Dio  39, 44.  Flor  3,  10.  J.  6. 


XXI.    lULII.        (31.  §.23.)        271 
§  23. 

(a.  56.)  Aucli  seine  Feinde  in  Rom  zeigten  sich  entscLIos- 
sener,  als  er  erwartet  hatte.  Pompejus  fand  sie  bei  seiner  Rück- 
kehr von  Sardinien  *  *)  in  grosser  Aufre§;ung:.  Blochte  ihnen  vor- 
erst verborgen  bleiben,  was  in  Luca  verhandelt  war,  so  lag-  doch 
in  diesen  Verliandlungen  an  und  für  sich  eine  neue  Krieg-serklä- 
rimg.  Sie  lauschten  ,  beobachteten ,  und  bewirkten  dadurch,  dass 
Pompejus  und  Crassus  sich  um  so  mehr  verstelHeu,  und  selbst 
negen  ihre  Auhäng-er  äusserten,  es  sei  nicht  ihre  Absicht,  ein 
zweites  Consulat  zu  übernehmen.  ^ ')  IVicht  Cäsar,  Pompejus 
fürchtete  man  am  meisten.  Vergebens  hatte  man  ihm  einen  Ober- 
befehl zum  Behuf  der  Zufulir  *  ')  und  den  Auftrag  für  Aegjpten  *  ^) 
versagt,  wenn  er  nun  dennoch  Provinz  und  Heer  erhielt,  und 
durch  sein  Schicksal  nach  dem  mithridatischeo  Riiege  gewarnt 
lind  von  seinen  beiden  Freunden  unterstützt  nicht  wieder  in  den 
Privatsland  zurücktrat.  Der  Consul  Lentulus  Marcellinus  ^  °)  wollte 
sich  und  seiner  Partei  wenigstens  Gewissheit  verschaffen,  auch 
^^•ohl  durch  eine  Ueberraschung  den  Triuuivirn  ein  Wort  ent- 
locken, welches  sie  binde;  er  fragte  sie  im  Senat,  ob  sie  sich 
um  das  Consulat  bewerben  werden;  Pompejus  erwiederte:  viel- 
leicht, und  Crassus  mit  weniger  Keckheit:  er  werde  thun,  was 
das  allgemeine  Beste  erfordre;  jener  fügte  ausweichend  und  dro- 
hend hinzu,  als  man  in  ihn  drang:  wenn  er  sich  bewerbe,  werde 
er  sich  nur  an  gerechte  Bürger  wenden,  und  endlich  gieng  er 
ijsi  Wortwechsel  mit  IMarcellinus  zu  Sdimälrnngen  über,  ä')  Das 
Geheimniss  war  also  entdeckt,  und  das  Verfahren  dieser  Candi- 
daten,  welche  sich  nicht  zu  rechter  Zeit  gemeldet  hatten,"-) 
leicht  vorauszusehen. 

Es  befremdete  aber,  dass  auch  Cicero,  obgleich  in  anderen 
Beziehungen,   sich   an  sie  anschloss.     Sein  Antrag  vom  5.  April 


86)  Oben  5.  21  Cn.        87)  Dio  39,  27.     Plut.  Pomp.  51.     Crass.  15. 
88)    Oben    §.   20.   A.   39.  89)     5.    21,    A.    446.  90)    2    Th.    406. 

91)  Plut.  Pomp.  1.  c.  lässt  diess  Tor  d.  Volke,  Crass.  1.  e.  dagegen  rich- 
tig im  Senat  sich  ereignen.  Nach  Dio  39,  30  legte  Pompejus  ein  oirenes 
Gesiäiidniss  ab,  welches  weder  zu  seinem  Characier  noch  zn  seinen  Eul- 
würfen stimmt;  auch  erfolgte  der  Auftritt  ia  einer  frühem  Zeil  des  Jahrs, 
als  jener  annimmt.        92)  Dio  39,  27. 


272  XXI.    lüLII.        (31.5.23.) 

in   Betreff  des    campaniscLen  Ackers  Latte  die  Trlumvirn  gereizt, 
nnd  sie  konnten  C'lodius  abermals  gegen  iLn  bewaffnen.     Wenige 
Tage  später  gieng  er  mit   grossen  Besorgnissen  auf  das  Land,  *^) 
und    dachte    auf   Mittel    sie    zu  Tersölinen.     Im  Unmutli  über  die 
Gefahr  und  Erniedrigung  schrieb  er    an    Atlicus :    er   entsage    der 
Wah,rheit  und  der  Tugend;  die  Gutgesinnten,  jene  stolzen  Opti- 
maten ,    beneiden  ihn;   sie  haben  ihn  getäuscht,   verlassen,   preis 
gegeben;    endlich  sei  er  Ton  seiner    Verblendung    geheilt;    durch 
eine    Lobschrift    auf  Cäsar    werde    er   sich    selbst  einen  Rückfall 
unmöglich   machen;    der    grössten    Thorheit    müsse  er  sich  ankla- 
gen ,    dass    er   sich  nicht  längst  von  den  Schwachen ,    welche  ihn 
nicht  lieben,  zu   den  Mächtigen  gewendet  habe.  ^ '')     Er  erwartete 
seinen  Bruder  aus   Sardinien,  *")  und  hoffte,    dass  er  ihn  am  6. 
Mai  in  Rom  finden  werde ;  '  ^)    aber  auch  auf  kurze  Zeit  mochte 
er  nicht  in  der  Stadt  sein,  bis  der  fünfzehnte  des  Monats  vorüber 
\var,    an    welchem    man    sich    nach    seinem    Vorschlage  über  das 
jnlische  Ackergesetz    berathen   sollte,    und    nun  nicht  berieth.  ^') 
Dagegen   wurde   ihm    die   Freude,    dass  der  Senat  an  demselben 
Tage  A.  Gabinius,    dem  Statthalter  von    Syrien,    welcher    a.    58 
als  Consul  seine   Verbannung    befördert   hatte,    das    Dankfest   für 
seine  Thaten  verweigerte,    um  in  ihm  seinen  Beschützer  Pompe- 
jus  zu  kränken.     Die   Wobilität    zeigte    sich  „göttlich";    es   gieug 
Cicero   nicht    an,     dass   sie    dadurch   nach    Cäsars    Wunsche    ihre 
Einigung    mit    dem    Triumvir    weiter   hinaussetzte;    war    er    doch 
selbst  in  dieser  Zeit  in  Antium ,    und   von   jeder    Theilnahme    an 
der  Beleidigung  freizusprechen.  '•*) 

Bald  nachher  kam  er  in  die  Stadt.  Hier  herrschte  grosse 
Zwietracht,  wie  er  an  P.  Lenlulus,  den  Proconsul  von  Cilicien, 
schrieb,  welcher  den  König  von  Aegypten  wieder  einzusetzen 
wünschte,  und  Pompejus,  seinen  Nebenbuhler  in  dieser  Angele- 
genheit, nicht  lieble.  ^^)  „Die  Kräfte  waren  ungleich:  denn  die 
Gegner  der  Nobililät  hatten  nicht  bloss  durch  Geld  und  Heer  und 
durch  ihren  Einlluss  auf  die  Menge  das  Uebergewicht,  sondern 
ilir  Wille  entschied  bei  dem  gänzlichen  Mangel  an  Klugheit  und 


93)    Obea  §.   21.   A.    48  n.  72.  94)  ad  All.  4,  S.  95)  Obpu 

§.  21.  A.  69.         96)  ad  Qu.  fr.  2,  7.         97)  Das.  2,  8.        98)  Das.  1.  c, 
Galiioü  No.  5.  §.  2.  A.  33.         99)  2  Th.  538. 


XXI,    lULU.        (31.  §.23.)        273 

Festig'keit  anf  der  andern  Seite  auch  schon  im  Senat.  DiircL  ihn 
erreichten  sie  unter  dem  fruchtlosen  "VV'iderspniche  einiger  We- 
nig-en,  vras  sie  ohne  einen  Aufrnhr  nicht  einmal  durch  das  Volk 
erreichen  zu  können  glaubten;  man  bewilligte  Cäsar  Sold  und 
zehn  Legaten.  Ein  solcher  Zustand  der  Republik  erregte  Ciceros 
I^Iissfallen ;  er  mochte  in  seinem  Briefe  nicht  länger  dabei  ver- 
v^eilen."  ""')  Aber  er  selbst  hatte  den  Beschluss  veranlasst,  ihn 
bevorworte»,  die  Senatoren,  welche  anderer  Bleinung  waren,  wi- 
derlegt, bei  [der  schriftlichen  Abfassung  seinen  Namen  hinzuge- 
fügt. Man  sollte  es  wissen,  wenn  auch  eben  nicht  in  Cilicieu, 
und  wohl  im  Gedächtnisse  behalten,  damit  seine  Feinde  sich  nicht 
erkühnten ,  in  einem  solchen  Bnnde  ihn  anzutasten ,  imd  wenn 
sie  es  dennoch  wagten,  seine  erhabenen  Schützlinge  ihn  rerlhei- 
digten ;  deshalb  brachte  er  es  im  Senat  und  vor  Gericht  in  Erin- 
nerung.')  Ex  wusste,  dass  Cäsar  das  Geld  nicht  bedurfte,  da 
er  viele  Beute  gemacht  hatte,  und  dass  der  Schatz  es  nicht  ent- 
behren konnte,  ')  es  war  aber  Pflicht,  den  Feldhemi  auszuzeich- 
nen, welchem  man  die  Sicherung  der  Gränzen  und  den  Besitz 
von  ganz  GaUien  verdankte,  und  aus  demselben  Grunde  war  es 
Unrecht,  dass  Einige  die  Legaten  verweigerten  und  Andere  eine 
so  grosse  Zahl  unerhört  fanden,  ')  oder  doch  jetzt  noch  nicht  da- 
fiir  stimmen  wollten;  seine  von  aussen  so  mächtig  unterstützte 
Beredtsamkeit  trug  den  Sieg  davon,  auch  über  Favonius,  welcher 
sich  am  hartnäckigsten  widersetzte,  und  endlich  aus  der  Curie  anf 
den  Alarkt  lief,  ohne  jedoch  vom  Volke  gehört  zu  werden.  *) 
So  musste  der  Senat  zum  Nachtheile  seiner  Ehre  und  seines  An- 
sehns  für  die  Unterhaltung  der  vier  jüngsten  Legionen  sorgen,*) 
bei  deren  Aushebung  er  nicht  von  Cäsar  befragt  war;  das  Ma- 
iestätsverbrechen  wurde  gebilL'gt,  nnd  die  Summen,   welche   der 


100)  ad  Fam.  1,  7.  5.  6.  1)  uns  sehr  willkommen;  vrir  erhallen 
dadurch  in  diesem  Theile  der  innern  Geschichte  Roms,  in  vrelchem  Alle 
o.  Neuere  wetteifern,  die  Zeitrechnung  zu  verwirren,  einige  wichtige  chro- 
nologische RichipnnXte.  2)  Vgl.  §.  21.  A.  49.  3)  Das  gahinische  Ge- 
setz  gab  Pompejns  a.  67  zum  Kriege  mit  den  Seeräubern  fünfzehn,  Plut. 
Pompej.  25.  Dio  36,  6.  20.  Zonnr.  10,  3.  4)  de  prov.  cons.  II.  p. 
Balbo  27.  Plut.  Caes.  21.  Dio  39,  25  stellt  hier  Alles  unrichtig  dar, 
anch  in  so  fern ,  als  nach  ihm  das  VolX  den  Sold  zu  geben  beschloss. 
5)  Oben  §.  16,  A.  25. 

Druniunn,    G^sdiichte  Roms  III.  J3 


274  XXI.     lULlI.  (31.  §.23.) 

Proconsul  nun   in   seiner   oLneliin  woLl  gefiilllen  ^-legscasse  er- 
sparte, gingen  nach   Rom,  und  verslärklen  seine  Partei. 

Ciceros  Exil  trug  auch  ferner  gute  Friiclite.  Die  Vollzie- 
hung der  Beschlüsse  von  Luca,  das  Unternehmen  des  Trebonius 
im  folgenden  Jahre  wurde  durch  ihn  Torbereitet,  obgleich  er  nicht 
mehr  als  Andere  von  den  Plänen  der  Triumvirn  unterrichtet  war. 
Sie  hatten  ihren  Bund  erneuert ,  wie  jeder  wusste,  und  ihrer  un- 
umschränkten Herrscliaft  stand  nichts  mehr  entgegen,  .wenn  mau 
nicht  verhinderte,  dass  Pompejus  und  Crassns  vermittelst  des  Con- 
sulats  Provinzen  erhielten,  und  dass  Cäsar  in  den  seinigen  blieb. 
Man  hoffte  Beides  abzuwenden,  das  Eine  durch  die  Leitung  der 
Wahlen,  und  das  Andre  durch  die  Ueberweisung  der  beiden 
Gallien  an  die  C'onsuln  des  künftigen  Jahrs,  wobei  nun  freilich 
Toransgesefzt  wurde,  dass  nicht  Pompejus  und  Crassus  zu  dieser 
W^ürde  gelangten ,  und  dass  man  das  sempronische  Gesetz  des 
Jüngern  Gracchus,  nach  welchem  der  Senat  jährlich  vor  den  Wah- 
len die  Consularproviuzen  bestimmen  sollte,  gegen  das  vatinische 
vom  J.  59  geltend  machen  konnte.  *)  Demnach  musste  der  Con- 
sul  Lentidus  Marcelliuus  diesen  Gegenstand  in  der  Curie  zur 
Sprache  bringen.  Mehrere  waren  bereits  befragt,  als  Cicero  sein 
Gutachten  dahin  abgab ,  dass  man  Cäsar,  w  elcher  Grosses  ge- 
leistet ')  und  sein  Werk  noch  nicht  vollendet  habe,  vom  Schau- 
platze seiner  Thaten  nicht  abrufen  dürfe.  Im  Interesse  der  Re- 
publik habe  er  früher  ein  Dankfest  von  fünfzehn  Tagen,  ^)  Sold 
und  zehn  Legaten  für  ihn  gefordert;')  im  Interesse  der  Republik 
fordre  er  jetzt,  dass  man  nicht  Gallien,  sondern  Macedouien  und 
Syrien  —  die  Provinzen  des  Piso  und  Gabinius ,  welche  sie  zum 
Lohn  für  ihre  JMitsvirknng  bei  seiner  Verbannung,  als  Werk- 
zeuge der  ihm  eben  so  verhassten  aber  unerreichbaren  Triumvirn 
erhalten  hatten  '  °)  —  den  künftigen  Consuln  anweise.  So  ge- 
dachte er  sich  für  sein  erstes  Exil  zu  rächen  und  einem  zweiten 
zn  entgehen.  Doch  wurden  seine  Wünsche  nur  zum  Theil  er- 
füllt; Cäsar  verlor  seine  Provinzen  nicht,  aber  man  schickte  auch 
Gabinius  keinen  Nachfolger,'')  sondern  nur  Piso.  '  ^) 

6)  Oben  5.  10.  A.  66.  §.  14.  A.  62.         7)  de'))roT.  cons.  12.  13.  14. 
8)  Das.  11.   Oben  §.  20.  A.  34.         9)  <le  piov.  cons.  1.  c.  10)  2  Tli. 

243.  260.  11)   Gabiu.  Ko.  i.  j.  2.  A.  1».  12)   S.  d.  Genaucro  im 

2  Tb.  70  f. 


XXI.    lULn.        (31.  §.23.)        275 

Die  Reibungen  dauerten  fort.  Wenn  die  Nobilität  iLren 
Gegnern  nicht  zu  scLaden  vermochte,  so  wollte  sie  ihnen  doch 
eine  Deniüthigung  bereiten;  diess  führte  zu  einem  neuen  Zwi- 
schenspiele ;  sie  griff  nach  Ciceros  Beispiele  die  za  stark  gerüste- 
ten Patrone  in  ihren  Clienten  an.  Li.  Cornelius  Baibus  war 
darch  Ponipejns  römischer  Bürger  und  jetzt  auch  Cäsars  Günsf- 
liug,  und  wenigstens  dem  Namen  nach,  da  er  meistens  in  Rom 
lebte,  ijraefectus  fabrnm  in  dessen  Heere.  Ein  erkaufter  Gadita- 
ner  belangte  ihn,  weil  er  mit  Unrecht  behaupte,  rönnscher  Bür- 
ger zu  sein.  Ausser  Crassus  und  Pompejiis  verlheidigte  ihn  auf 
Ersuchen  des  Letztern  auch  Cicero,  welcher  sich  dadurch  imi  die 
beiden  mächtigsten  Triumvirn  verdient  machte,  und  besonders  um 
Pompejus,  da  er  in  einer  Zeit,  wo  Cäsar  ihn  zu  verdunkeln 
drohte,  das  undankbare  Rom  an  seine  Triumphe  erinnerte.  Bai- 
bus wurde  von  den  Richtern  als  Bürger  anerkannt.  '  ^) 

Bei  solchen  Aeussernngen  einer  feindseligen  Gesinnung 
musste  auch  Cäsar  nm  so  mehr  dahin  wirken,  dass  die  Consnlar- 
Comitien  den  gewünschten  Erfolg  halten ;  Pompejus  erhielt  da- 
durch eine  neue  Bürgschaft  für  seine  Wahl.  Doch  schienen  die 
Aussichten  seit  der  Rückkehr  des  BL  Cato  von  Cjprus,  welches 
er  auf  Clodius  Veranstaltung  Ptolemäus  entrissen  hatte,  sich  wie- 
der zn  trüben.  '  *)  Nach  Ciceros  Abfalle  sah  die  Aristocralie  vor 
Allem  auf  ihn;  er  sollte  mit  seinem  republicanischen  Eifer  ihren 
Angelegenheiten  einen  neuen  Schwung  geben ,  und  auch  seinen 
Schwiegervater,  den  Consul  Blarcius  Phib'ppus,  in  Thäligkeit 
setzen  oder  doch  gü'nstig  stimmen ,  damit  dessen  College  Lentu- 
lus  Marcellinns  wenigstens  niclit  durch  ihn  behindert  wurde.  '  *) 
Er  verlor  aber  auf  der  Reise  seine  Rechnungen,  und  Clodius, 
jetzt  ein  Freund  der  Triumvirn,  weil  Pompejus  als  Consul  ihm 
bei  seinen  Geldforderungen  in  Asien  behnlüich    sein   konnte,'*) 


13)  2.  Th.  598.  Der  Process  gehört  in  eine  spätere  Zeit  dieses  Jahrs, 
als  die  VerhandJnngen  über  den  Sold  nnd  die  Consularpro\inzen ,  da  Ci- 
cero sie  in  d.  Rede  für  Balbns  c.  27  erwähnt.  14)  2  Th.  266.  Er 
kam  erst  in  diesem  J.  nach  Rom ,  nicht  schon  im  -vorigen ;  als  man  über 
Sold  n.  Legaten  stritt,  vrar  er  noch  abwesend,  Plnt.  Caes.  21  ,  nnd  als  er 
in  Italien  landete,  verwaltete  Marcius  Philippns  d.  Consulat,  l'lut.  Calo  39, 
und  C.  Clandius,  der  Bruder  des  Clodius,  die  PrSlur.  Dio  39,  21,  22. 
15)  PIu«.  Cato  39.  Tgl.  25.         16)  2.  Th.  327.  A.  42.  333. 

IS* 


276  XXI.    lULn.        (31.  §.23.) 

machte  es  ihm  zur  Pflicht,  sie  vorzulegen,  •')  nncl  wurde  Bowoh) 
darin  als  in  jedem  andern  Unternelunen  gegen  ihn  von  Cäsar  be- 
stärkt und  geleitet.  *^)  Man  liess  diesem  sogar  die  erfreuliche 
Nachricht  zugehen,  dass  Cato  auch  mit  Cicero  zerfallen  Bei,  "wel- 
cher  die  Gesetze  des  Clodlos  vom  J.  58  und  folglich  auch  da» 
Verfahren  gegen  Ptolemäus  für  ungültig  erklärte. '  ^)  Darcli 
solche  Privathändel  wurde  der  Vertheidiger  der  Republik  nur 
noch  mehr  gereizt,  sich  ihrem  Dienste  za  widmen.  Die  Candi- 
daten  des  Consulats  trafen  zurück,  als  sie  das  Nutzlose  und  Ge- 
fährliche ihrer  Bewerbung  erkannten,  nur  nicht  L.  Domitius 
Ahenobarbus,  der  Gemahl  der  Porcia,  der  Schwester  Catos,  wel- 
cher ihn  überredete,  nicht  zu  weichen,  da  es  sich  nicht  um  das 
Amt,  sondern  um  die  Freiheit  handle.  Sein  Ehrgeiz  und  sein 
Hass  gegen  Cäsar  machten  ihn  folgsam ,  ^  °)  und  die  senatorische 
Faction  verkündigte  das  Unglück,  welches  nnabwendbar  herein- 
brechen werde,  wenn  man  ihn  nicht  wähle,  und  dadurch  we- 
nigstens Einen  Triumvir  ausschliesse.  '  ')  Sie  hatte  sich  aber  den 
V.Tribun  C.  Cato  verfeindet,  welcher  jetzt  ihren  Gegnern  sehr 
nützlich  wurde.  Im  Anfange  seines  Tribnnats  erhielt  er  ihren 
Beifall,  weil  er  nicht  woUte,  dass  man  Ptolemäus  Anletes  mit 
der  bewafiheten  Macht  gegen  Aegypten  unterstützte,*^)  denn  da- 
durch sah  Pompejus  seine  Hoffnungen  vereitelt.  Auch  war  es 
ihr  erwünscht,  dass  er  im  Februar  als  Freund  des  Clodius  bei 
dessen  Streite  mit  Müo  über  die  Ränke  des  Triumvir  und  über 
dessen  Wortbrüchigkeit  gegen  Cicero  sich  öffentlich  aussprach,^  ^) 
obgleich  er  nur  Lientulus  Spinther,  Proconsul  von  Cilicien,  den 
Krieg  mit  Aegypten  zu  entziehen,  und  Clodius  zu  dienen  suchte. 
Schon  im  December  des  vorigen  Jahrs  hatte  er  jenem  seine  Feind- 
schaft bewiesen,**)  und  im  jetzigen  machte  er  einen  Gesetzent- 
wurf bekannt,  nach  welchem  er  seine  Provinz  verlieren  sollte.'  '\ 
Um  diess  sowohl  als  die  Bestätigung  einer  Rogation  des  Tribuns 


17)  2.  Tli.  267.  Hier  §.  14.  A.  49.  18)  Dio  39,  23.  Flut.  Cato  39  fio. 
19)  2  Th.  267.  20)  Oben  §.  21.  A.  52.  Cicero  schrieb  ad  Alt.  4,  8  fin. 
als  er  nicht  gewählt  wurde,  er  hfibe  sein  Schicksal  selbst  verschuldet,  weil 
er  gedroht  hatte,  als  Consnl  Cäsar  ■vom  Heere  abzurufen,  Sneton,  24. 
21)  PInt.  Cato  41.  Pompej.  52,  Crass,  15.  Dio  39,  31.  60.  App.  2,  437. 
Suet.  1.  c.  22)  2.  Th.  537  f.  23)  Das.  325,  A.  30.  24)  Das.  537. 
A.  88  f.        25)  Cic.  ad  Qn,  fr,  2,  3,  §,  2. 


XXI.    lULII.        (31.5.240        277 

Caninius  Gallus  abzuwenden,  welcher  vorscUug',  dasa  man  Pom- 
pejus  mit  zwei  Lictoren  nach  Alexandrien  schickte,  kündigte  der 
t'onsiil  Marcellinns  viele  Feiertage  an.  -  ^)  Cato  konnte  also  nicht 
mit  dem  Volke  verhandeln;  er  wurde  dadurch  erbittert,  und  da 
olinehin  Clodins  Jetzt  mit  dem  Triumvir  einverstanden  war,  wei- 
ther nicht  hoffen  durfte,  unter  dem  Vorsitze  des  Marcellinus  zu 
tlessen  Nachfolger  gewählt  zu  werden ,  so  verhinderte  er  mit  sei- 
nem CoUegen  JYonius  Sufenas  durch  Einspruch  die  ConsiJar-Co- 
iiiitien.  ^')  Der  Senat  fand  mit  seineu  Bitten  und  Drohungen 
kein  Gehör;  selbst  seinem  Beschlüsse,  Trauer  anziJegen,  das  ge- 
wöhnliche Gaukelspiel,  wodurch  er  andeutete,  dass  der  Staat  in 
Gefahr  sei,  widersetzte  sich  der  Tribun,  obgleich  ohne  Erfolg, 
und  als  dieser  ihm  auch  nicht  gestatten  wollte,  zu  demselben 
Zwecke  sich  den  öffentlichen  Spielen  zu  entziehen ,  begab  er  sich 
auf  den  Markt,  wo  der  Consul  über  die  Umtriebe  und  die  grosse 
Blacht  des  Pompejus  klagte.  Den  kühnen  Redner  belohnte  das 
Beifallsgeschrei  der  Seinigen,  *^)  die  Wahlen  aber  konnte  er 
nicht  erzvyingen.  ^  ^) 

§  24.  •  - 

Das  Jahr  55  begann  demnach  mit  einer  Zwischenregle- 
rnng,^")  für  Cäsar  eine  verhängnissvolle  Zeit.  Er  war  zum 
Bürgerkriege  nicht  gerüstet;  Geld  nnd  Truppen  genügten  nicht; 
diese  mussten  mehr  vom  Vaterlande  abgelös't  und  daran  gewöhnt 
werden ,  nur  ihm  zn  gehorchen ,  ehe  er  sie  gegen  Rom  führte, 
und  es  fehlte  auch  noch  an  einem  scheinbaren  Vorwande,  da  der 
Senat  berechtigt  war,  ihn  in  Gallien  nach  einer  Verwaltung  von 
fünf  Jahren  durch  einen  Andern  zu  ersetzen.  Wenn  diess  nun 
aber  geschah;  wie  L.  Domitius  Ahenobarbus  und  dessen  Anhsmg 
drohten,")    so   wurde   ihm  das  Ziel  seines  ganzen  Lebens  Ter- 

26)  2  Th.  539.  A.  12.  27)  Dio  39,  27.  Liv.  105.  Vgl.  Cic.  ad 
Att.  4,  15.  §.  4.  16.  5.  3.  ünteu  §.  28.  A.  91.  28)  Die  Alten  unter- 
scheiden auch  hier  nicht  zyrischea  dem  Volke  nnd  den  Parteigenosseo. 
Dio  39,  28.  Valer.  M.  6,  2.  §.6.:  Assensns  ei  clara  voce  universus  po- 
pnliis  Richtiger  sagt  Dio  39 ,  29  (S.  2.  Th.  327.  A.  44.)  ,  die  Senatoren, 
die  Optimaten  haben  Clodius  unterbrochen ,  als  er  um  diese  Zeit  Marcelli- 
nns vor  dem  Volke  schmähte.  29)  Dio  39,  30.  30)  Ders.  39,  31. 
31)  Oben  J.  21.  A.  52. 


278  XXI.    lULn.        (31.  §.24.) 

rückt ,  and  statt  des  Diadems  erwartete  ihn  bei  der  untegränzten 
WutL  seiner  vielfacli  überL'steten  und  gedeiniitl^igten  Feinde  ewige 
Verbannung  oder  das  Dlutgeriisf.  Nur  Pompejiis  und  Crassus 
konnten  iliu  in  seiner  jetzigen  Stellung  erhalten,  und  nur,  wenn 
sie  Consuln  wui-deu.  DaLer  bot  er  Alles  auf,  diess  zu  bewirken. 
In  Luca,  wo  er  sicL  dazu  verpilicLtet  Latte,  wf'ren  bereits  Viele 
durch  Geschenke  und  Zusagen  von  ihm  gewonnen,  Andere  be- 
freundeten ihm  durch  gleiche  Mittel  seine  Sendlinge  und  Ge- 
echäflsträger  in  Rom ,  wenn  anch  der  Gegendienst ,  welchen  man 
fordern  werde,  den  Erkauften  vorerst  unbekannt  blieb«  Dann 
schickte  er  im  Winter  zur  Abstimmung  und  auch  zum  gewaltsa- 
men Beistande  eine  Anzahl  Krieger  mit  seinem  Legaten  P.  Cras- 
sus, ^^)  welcher  noch  im  Spätherbst  des  vorigen  Jahrs  in  Aqui- 
tanien  focht.  *^)  Seine  Feinde  aber  verhinderten,  dass  die  Be- 
förderung seiner  Nebenbuhler  ihm  nicht  etwa  nachtheilig  wurde. 
Sie  verkannten  Pompejus  und  dessen  Verhältnisse,  und  daher 
auch  ihre  Aufgabe,  vor  Allem  den  Bund  aufzulösen,  und  dadurch 
das  Gleichgewicht  herzustellen.  Zu  dem  Ende  mussten  sie  den 
Wünschen  jenes  Triumvir  entgegen  kommen,  welcher  nur  aus 
Noth  zu.  Cäsar  hielt,  lieber  den  Senat  gegen  ihn  als  ihn  gegen 
den  Senat  gebrauchte,  und  nach  seiner  Eigenthümlichkeit  gleich 
unfähig,  als  Volkshaupt  und  als  König  zu  herrschen,  nur  seine 
Eitelkeit  befriedigen,  nur  der  Erste  in  einer  Republik,  princeps 
civitatis  sein,  keinem  andern  Machthaber  huldigen  wollte.  Diess 
lehrte  die  Vergangenheit;  eine  nicht  schwer  zu  entschleiernde 
Zukunft  bestätigte  es. 

BI.  Cato  sah,  wie  seine  Partei,  nur  die  äussere  Erschei- 
nung ;  es  besteht  eine  Verschwörung  gegen  den  Staat ,  zwei  Ver- 
Bchworne  wollen,  wie  einst  Catilina,  als  Consuln  ihre  Entwürfe 
ausführen;  man  muss  wenigstens  Einem  Treugesinnten  die  höchste 
Würde  verschaffen.  Zwar  ist  das  Mittel  schon  im  J.  59  ange- 
wendet und  hat  sich  nicht  bewährt;  es  gilt  aber  einen  neuen 
Versuch.  Am  Tage  der  Wahl  begaben  sich  Cato  und  Domitius 
mit  ihren  Freunden  vor  Sonnen-Aufgang  nach  dem  Marsfelde,^*) 

32)  Dio  39,  31.  Vgl  Cic.  nd  On.  fr.  2,  9.  §.  2.  Plnt.  Pompej.  51. 
33)  Caes.  3,  27.  28.     Oben  §    22.  A.  83.  34)  So  l'tut.  Cato  41,  wo- 

gt'gen    er   Foin]i.    52  u.    Grass.  15   nnrichtig    den    Markt    nennt.     Dio  I.   c 
App    2,  437  llisst  Pompejus  gegeuwürtig  seiu,     S.  uateil  A.  ftl. 


XXI.    lüLII.        (;ii.5.24.;        270 

'im  niclit  ansgesctlossen  zu  werden.  Sie  wurden  aber  von  Be- 
waffneten euipfanjen,  welche  zur  Vermehrung'  des  Schrecken« 
uiid  der  Verwirrung-  ihren  Fackelträger  niederstiessen,  und  ausser 
\ielen  Andern  auch  Cato  verwundeten;  dennoch  hielt  er  Stand, 
und  ermuthigte  Domilius  im  Kampfe  mit  den  Tyrannen  nicht  zn 
weichen,  deren  Herrschaft  sich  durch  Meuchelmord  ankündige. 
■Sein  Client  rettete  sich  indess  durch  die  Fhicht  und  er  folgte; 
l'ompejus  und  Grassns  wurden  zum  zweiten  Male  zu  Consuhi  ge- 
wühlt *^)  Ihr  Sieg  war  nnvoUständig,  wenn  die  Gegner  sich 
der  übrigen  Aemter  bemächtigten,  nnd  insbesondere,  wenn  Cato 
Prätor  wurde,  welches  er  Jetzt  als  eine  Pflicht  betrachtete,  Avie 
er  für  das  J.  62  als  Wächter  der  Republik  Tribun  g^eworden 
war.  ^®)  Mau  wollte  P.  Vatinius  für  ihn  einschieben,  Cäsars 
^^'erkze^g  in  dessen  Consulat,^')  und  die  Stimmen  erkaufen, 
i'iiisf  hatte  Cato  mit  der  Nobilität  das  Volk  bestochen,  damit  Bi- 
i)uliis  als  Cousul  seinen  Collegen  Cäsar  zügelte;  ")  jetzt  erschien 
ihm  das  Verbrechen  in  einem  andern  Lichte,  und  man  dachte 
auf  Mittel,  Vatinius  vor  einer  Anklage  zu  sichern.  Demnach 
^vurde  der  Senat  am  11.  Februar  durch  das  Gutachten  des  Cou- 
siilars  L,  Afranius  zu  einem  Beschlüsse  veranlasst,  nach  welchenx 
die  BIa°;istrate,  deren  Walil  man  entgegen  sah,  sogleich  nach  der- 
selben ihr  Amt  antreten  sollten ,  und  als  Einige  darauf  drangen, 
dass  die  Prätoren  60  Tage  im  Privatstande  blieben,  liessen  die 
Cousuln  es  unbeachtet,  weil  die  Absicht,  ihre  Anhänger  unter 
den  Candidaten  vor  Gericht  zu  ziehen,  nicht  zu  verkennen  war. ^') 
In  den  Comitien  zeigte  sich  sogleich  im  Anfange  der  Abstimmung 
ein  für  Cato  günstiger  Erfolg;    Porapejus  unterbrach  sie;    er  gab 


35)  Plnt.  Cato  42.  Pomii.  Crass.  U.  cc.  Dio  39,  31.  60.  App.  L  c, 
LIt.  105.  Caes.  B.  G.  i,  1.  VeUej.  2 ,  4G  in  :  Cii.  Pompeius  et  Ciassas, 
Blterma  ioiere  consulalum ;  qni  neque  petitns  honeste  ab  Iiis ,  neqne  jiroba- 
bililer  gestns  est.  Cic.  ad  Qu.  fr.  2,  9.  {.  2.  Eutrop.  6,  18.  (15.)  Oros. 
6,  13.  Cassiod.  a.  Fast.  Sic.  a.  698.  36)  2.  Th.  29.  A.  59.  37)  Oben 
§.  14.  A.  53.  38)    Oben  §    10.  A.  64.  39)    Cic.  ad  Qn.  fr.    2,  9 

}.  3,  eine  vielfach  missrerstandene  Stelle.  Man  hat  III  id.  Blaii  statt  III 
id.  Febr.  gelesen,  obgleicli  aus  Cic.  Briefen  erhellt,  dass  diese  slädtiscben 
Angelegenheiten  im  April,  als  die  Consiiln  sich  anf  dem  Lande  anfhielten, 
längst  erledigt  waren ,  und  sie  im  Anfange  des  Mai  nicht  zn  d.  Wahlen 
sondern  znr  Verrechnnng  mit  den  Rittern  nach  Rom  znriickkehreu  wollten, 
ad  All.  4,  11  tu  hier  A.  71.   PIul.  Cato  42.  1.  Th.  38.  A.  93. 


280  XXI.    lULII.        (31.  §.24.) 

vor,  (lass  er  Donner  gebort  habe,  und  nach  aberinalig'sn  Geld- 
Speiulen  erhielt  in  einer  neuen  Volks  -  Versammlung  Vatlnius  die 
Praliir.  Dio  versichert,  dass  es  nicht  zu  Gewaltthätigkeifen  kam, 
weil  Cato  davon  abrieth ;  die  Optimaten  begleiteten  ihn  in  g'nosser 
Anzahl  nach  seiner  Wohnung.  *  °) 

Desto  stürmischer  waren  die  ädilicischen  Comitien.  Jene 
wollten  wenigstens  diu-ch  die  unteren  Magistrate  einigen  Eiulluss 
behalten,  und  erschienen  nun  auch  mit  Bewaffneten,  so  dasa 
Mehrere  im  Handgemenge  das  Leben  verloren.  Für  Pompejus 
hatte  es  ebenfalls  unglückliche  Folgen,  obgleich  er  die  Gegner 
vertrieb;  Julia  glaubte,  er  sei  erschlagen,  als  er  sein  Gewand, 
welches  mit  dem  Blute  der  Verwundeten  befleckt  war ,  nach  sei- 
ner Wohnung  schickte;  diess  veranlasste  eine  Fehlgeburt  und 
später,  sofern  ihre  Gesundheit  dadurch  geschwächt  wurde,  ihren 
Tod.  Die  Alten  sehen  darin  sogar  die  Ursach  des  Bürgerkrie- 
ges, aber  mit  Unrecht,  da  für  Caesar  die  Vermählung  seiner 
Tochter  nur  ein  Mittel  und  nie  ein  Hinderniss  sein  konnte.  *') 
Unter  den  Tribunen  waren  C.  Atejus  Capito  and  P.  AquUliug 
Gallus  für  die  Nobilität.  *=) 

Pompejus  fühlte  sich  nach  vieljähriger  Erniedrigung,  welche 
mit  seinem  Triumphe  nach  der  Rückkehr  aus  Asien  begonnen 
und  ohnerachtet  des  Triumvirats,  zum  Theil  iu  Folge  desselben 
fortgedauert  hatte,  wieder  gehoben,  zwar  durch  Cäsars  Arm  und 
In  dessen  Dienste,  aber  das  Eine  verletzte  ihn  nicht,  weil  er 
seinen  jetzigen  Zustand  für  ein  Ergebniss  gemeinschaftlicher  An- 
strengungen hielt,  und  er  nun  reichlich  vergalt,  das  Andre  ent- 
gieng  ihm;  Er  glaubte  zu  überlisten.  Durch  sein  Consulat  und 
durch  die  übrigen  Wahlen  war  ihm  der  Weg  gebahnt ,  noch  hö- 
her zu  steigen ,  und  er  zögerte  nicht.  Ohnerachtet  seiner  Eitel- 
keit konnte  er  sich  der  Bemerkung  nicht  erwehren,  dass  er  bis- 
her viele  falsche  Schritte   gelhan   hatte ,    und   der  Procousul   von 


40)  Dio  39,  32.  riiit.  1.  c.  Pomp.  52.  Liv.  105.  Val.  M.  7,  S.  §.  6: 
Noa  Caloiü  tuiic  praelura,  sed  praeliirae  Cato  uegatus  est.  Vgl.  Cic.  ad 
Farn.  1,  9.  J.  5.  in  Valiii.  IG  fiii.  Quiaül.  G,  1.  §.  13.  9,  2.  §.  25. 
Spald.  u.  uate«  A.  C5.  41)  Dio  39,  32.  Plut.  I'onip.  53.  Val.  M.  4, 
6.  J.  4.  App.  2,  437  verwechselt  die  Zeiten  j  nar.li  ihm  geiielh  Pompejus 
schon   in    den    Coasulov  -  Couiitieu   ins   Getilian,  Unten    §.    28.   A.    12. 

ii)  Uio  39 ,  32.  34.  35.  36.  39.    Plut.  Cato  42.  43.     Ciass.  IG. 


XXI.     lULII.  (31.  $.24.)         281 

Gallien  mit  melur  SicLerLeit  nnd  Glück  emporstrebte;  man  innsste 
jlin  nacLaLinen.  Rlit  diesem  Entschlüsse  war  er  nacL  Luca 
g:ereis't  nnd  Consnl  geworden.  Wie  Cäsar  a.  59  durcL  den  Tribun 
V.  Vatinins,  so  wirkte  er  durch  den  Tribun  C.  Trebonius;  wie 
iener  verschaffte  er  sich  Heer  und  Provinzen  auf  fünf  Jahr;  wie 
Jener  Hess  er  sich  vier  Legionen  bewilligen,  und  wie  jener  ohne 
Auftrag  andere  hinzufügte,  so  wurde  er  sogleich  durch  ein  Gesetz 
dazn  ermächtigt ;  nur  darin  war  er  selbstständig,  dass  er  vor  Rom 
bleiben,  die  Legionen  im  Hintergründe  über  Senat  und  Volk 
gebieten,  und  so  zwiefach  bewehrt  Cäsar  und  seine  Feinde  in 
der  Stadt  zu  Boden  drücken  wollte. 

In  stolzer  Haltung  gab  er  sich  nach  den  Wahlcomitien  das 
Ängehn,  als  ob  er  nun  nichts  mehr  begehre.  '")  Trebonius  trat 
an  seiner  Stelle  auf,  und  eine  schlagfertige  Bande  erwartete  seine 
Befehle;  als  Cicero  ihn  gegen  Ende  des  April  in  Campanieu 
sprach,  war  bereits  entschieden.*')  Der  Senat  hatte  die  Pro- 
vinzen der  Consnln  vor  deren  Wahl  nicht  bestimmt,  wie  es  das 
Gesetz  forderte,*')  weil  er  nicht  wnsste,  ob  er  Feind  oder 
Freund  versorge,  jetzt  gieng  Trebonius  an  das  Volk,  als  habe 
jener  sich  seiner  Rechte  begeben.  Er  machte  zwei  Rogationen 
bekannt,  die  Erste  für  Pompejus  und  Crassus,  und  die  Andre 
für  Cäsar;  Beide  hatten  nichts  gemein,  als  die  Urheber,  und  werden 
dennoch  von  den  Geschichtschreibern  oft  zusammengeworfen.  Auch 
wurde  der  Consuln  nicht  einzehi  nnd  besonders  gedacht,  sondern  sie 
verglichen  sich  über  die  Provinzen,  oder  sie  waren  vielmehr  längst 
darüber  einverstanden.  '^)  Ferner  erwähnte  das  Gesetz  weder 
den  parthischen  *')  noch  den  spanischen  Krieg,  ob  es  gleich 
Pompejus  erwünscht  sein  mnsste,  dass  der  Proconsul  Metellas 
Kepos  im  diesseitigen  Spanien  mit  Empörern  kämpfte,*^)  und 
die  Gallier  von  dort  gegen  Cäsar  verstärkt  waren, ''^)  da  der 
grosse  Feldherr  nun  Beruf  hatte,  gerade  dieses  Land  zu  wählen. 
Es  kann  endlich  nicht  zweifelhaft  sein,  die  Folge  lehrt  es,  dass 


43)    Dio  39,  33.  44)    ad  Art.  4,  9.  45)   Oben  5.  10.  A.  66 

n.  J.  23.  A.  C  f.  46)    Flntarch   Grass.  IS   lässt    sio   loosen ,    nnd   ver- 

meidet damit  wenigstens  den  IrrlUiim,  welchen  man  in  anderen  SlelJcii 
ancli  bei  ilini  findet,  als  liaJie  das  Gesetz  jedem  seine  PrOTinr  angewiesen. 
S.  unicn.  47)   Ders,  Crass.  16.  48)   Uio  39,  32.  54.     2.  TIi.  34. 

49)   üben  j.  22  Bn. 


282  XXI.    lULn.        (31.  §.24.) 

Crassus  die  PartLer  ongreifen,  nicht  Ptoleniäns  Anlefes  wieJer- 
einsetzen  wollte,  AvelcUen  Gabiuias,  sein  Vorgänger  in  .Syrien, 
in  diesem  Jalire  nach  Alexaudrien  führte,  '")  und  dass  Pom- 
pejos  nicht  Afrika  übernahm ;  Aeg-yptea  und  Afrika  werden 
daher  von  Einigen  mit  Unrecht  in  der  Rogation  genannt.") 
Sie  verlangte  vielmehr  für  die  C'onsuln  Syrien  und  beide  .Spanien, 
diese  mit  vier  Legionen,  auf  fünf  Jahr,  freie  Gewalt  über  Krieg 
und  Frieden,  und  die  Befngniss,  ihre  Streitkräfte  nach  den  Um- 
ständen zu  vermehren.  ' ') 

Drei  Männer  also  wollten  das  römische  Reich  unter  sich 
theUen,  und  die  Optimalen  verstummten  und  zagten.  Um  so 
kiihner  forderte  Favonius  das  Wort.  BI.  Cato  schickte  ihn 
voraus,  nicht,  das  Volk  zu  warnen,  denn  von  Gründen,  wnsste 
er ,  durfte  man  nichts  erwarten,  sondern  durch  langes  Reden  die 
Abstimmung  unmöglich  zu  machen.  So  hatte  er  selbst  schon 
nach  Art  der  Unruhstifter  gegen  das  jiilische  Gesetz  gekämpft,'') 
und  so  gedachte  er  auch  jetzt  nach  seinem  Freunde  ohne  Ende 
zn  sprechen.  Zwar  bewilligte  Trebonins  jenem  nur  eine  Stunde, 
welche  er  mit  Riagen  über  die  beschränkte  Zeit  ausfüllte ,  und 
ihm  nur  zwei;  er  aber  achtete  kein  Verbot,  keine  Erinnerung^ 
fruchtete,  ein  Diener  des  Tribuns  mnsste  ihn  mit  Gewalt  ent- 
fernen und  ins  Gefängniss  führen;  doch  enfliess  man  ihn,  da 
seine  Parteigenossen  ihn  in  grosser  Anzahl  begleiteten,  and  mehr 
Aufsehn  zu  erregen  nicht  ratlisam  schien;  seine  Absicht  war 
erreicht.  *')  Tribunicischer  Einspruch  sollte  das  Uebrige  thun; 
um  zur  Stelle  zu  sein,  verbarg  sich  Aquillius  in  der  Nacht  nahe 
am  Blarkte  in  einer  Curie,  wo  man  ihn  einschloss.  Am  andern 
Tage  zeigte  sich  nur  sein  College  Atejus  mit  Cato,  Favonius, 
L.  Ninnius  Quadratus  ")  und  deren  Anhange.  Er  sollte  ein- 
schreiten, obgleich  der  Markt  mit  Bewaffneten  besetzt  war,  im 
änssersten  Falle  die  Republik  durch  eine  Unwahrheit  retten,  und 
rief  daher,   als   man   ihn  nicht  zuliess,    er  Labe  Donner  gehört; 


SO)    Gabinii   No.   S.   f.    2.  51)   Plnt.  Cato  43.    Pomp.  52.    App. 

2,  437.  52)    Dio  39,  33.   Plnt.  U.  cc.  n.  Crass.  15.    Caes.  28.  36  in. 

App.  1.  c.  (n.  Panh.   135.)     Liv.   105.    Cic.  ad  Att.  4,  9.    Tellcj.  2,  46. 
5.    2.    48.   §.  1.    (A.  A'ict.)  do  vir.  iU.  77.  53)     Oben   f.   11.    A.  35. 

54)    Dio  39,  34.    Plul.  Cato  43.    Liv.  105.   Favonius  A.  52.  55)  V.Tiilj. 

a.  58  und  für  Cicero.     Dio  39,  35.     Vgl.  38,  14  u.  2.  TIi,  278.  A.  30. 


XXI.    lULII.         (31.  §.24.)         283 

ein  Bürger  Lob  ilui  empor,  damit  sein  Geschrei  leichter  ver- 
nommen würde,  in  einer  gleicLeu  Stellung  wiederholte  es  Cato, 
und  beförderte  dadurch  einen  Sturm  anderer  Art,  da  die  Mann- 
schaft der  Consuln  den  Platz  mit  Gewalt  reinigte.  Älehrere 
fielen;  unter  den  Verwundeten  war  auch  Aqnillius,  welcher  im 
Getümmel  seine  Zeit  ersah,  aus  der  Curie  hervorzubrechen,  der 
Seuator  L.  VilUus  Annalis  blutete  unter  den  Streichen  des  Cras- 
6US,  *'')  und  das   Gesetz  wurde  bestätigt.  *')• 

An  Aufreizungen  der  Blenge  fehlte  es  nun  nicht;  Ate|us 
führte  ihr  Aquillius  zu ,  dessen  Gestalt  bewies,  wie  arg-  der  Un- 
verletzliche gemisshandelt  war,  und  eine  Bande  unternahm  es, 
Pompejus  Statuen  zu  zerstören,  doch  verhinderte  Gato  selbst,  dass 
die  Unruhen  sich  erneuerten.  '*) 

Die  zweite  Rogation  des  Trebonius  betraf  Cäsar,  und  ohne 
Verzug  berief  mau  das  Volk,  um  auch  sie  zum  Gesetze  zu  er- 
lieben.  Es  ist  schon  darauf  hingedeutet,  dass  der  Antrag  für 
den  Proconsul  nicht  in  dem  Vorigen  enthalten  war.  Plntarch 
berichtigt  sich  in  dieser  Hinsicht  selbst ,  wie  es  sich  oft  bei  den 
Alten  findet;  er  lässt  üb.  •  Alles  zu  gleicher  Zeit  verhandeln, 
wenn  er  nur  daran  erinnern  wiU,  dass  es  solche  Gesetze  gab;  *') 
in  der  genauem  Darstellung  unterscheidet  er,  ^°)  und  Dio  sagt 
wiederholt,  dass  Cäsar  besonders  wnd  zuletzt  bedacht  sei,  obgleich 
er  irrig  behauptet,  man  habe  ihm  drei  Jahre  zugelegt,  und  auch 
diese  nur,  weil  seine  Partei  unter  keiner  andern  Bedingung-  in 
das  erste  Gesetz  willigen  woUte,  während  Beide  auf  dem  Ver- 
trage von  Luca  beruhten.^')  In  der  Rogation  desVatinius  war 
ihm  Gallien  auf  fünf  Jahre  überwiesen,*^)  oder  für  die  Zeit 
vom  1.  Januar  58  bis  zum  letzten  December  54;  ^^)  in  der 
trebonischen,  welche  das  Volk  ebenfalls  genehmigte,  wurde  ihm 
die  Verwaltung  auf  fünf  Jahre  von  53  an  verlängert,  so  dass  er 
hiernach  bis  zum  Anfange  des  J.  48  in  den  Provinzen  geblieben 


56)  Plnt.  comp.  Nie.  cnm  Crass.  2.    I.  TIi.  376.  A.  31.  57)  Plnt. 

1.  c.   zählt   vier   Todte.     Ders.    Crass.    15.    Cato  43.    Dio  39,  35  f.    Ajip. 

2,  437  fin.  58)  Dio  39,  36.  Plnt.  Cato  1.  c.  59)  Pomp.  52. 
Crass.  15.  60)  Cato  43.  61)  39,  33.  36.  62)  Oben  §.  14. 
A.  66.  63)  S.  das  'Wcitore  in  J.  17.  A.  79  f.  Nach  Ciceros  nn- 
richtigcr  Angabe  endigte  sich  seine  Statthalterschaft  schon  am  1.  März  54. 
2.  Th.  70.  A.  0.   72,  A.  21. 


284  XXI.     lULII.         (31.  §.24.) 

sein  wlirile.  Cato  begnügte  sich,  Pompejus  die  nngliickliclien 
Folgen  für  iLn  uud  für  den  Staat  vorLerzusagen.  "'')  Der  Consul 
ucLfete  aber  weder  auf  seine  Reden  noch  auf  den  Groll  der 
Aristocrafie,  welche  ihm  am  meisten  zürnte,  weil  er  bei  den  ver- 
liassten  Unternehmungen  gegenwärtig  und  unmittelbar  thätig  war. 
lir  wählte  unter  den  Provinzen  Spanien,  und  C'rassus  Syrien. 

Nach  seiner  Versicherung  N'V'idersetzte  sich  Cicero  im  Senat 
mit  grö'sstem  Ernste  der  Bewerbung  des  Vatinius  «m  die  Prätur, 
nicht  aus  Feindschaft  gegen  ihn,  sondern  aus  Wohlwollen  gegen 
seinen  Nebenbuhler  M.  Cato.  ^ ')  Man  muss  diess  bezweifeln. 
Er  war  mit  Cato  nach  dessen  Rückkehr  aus  Cjprus  zerfallen,  ^^^ 
und  sah  ihn  ungern  in  der  Rolle  eines  Vertheidigers  der  Re- 
publik; in  Vatinius  beleidigte  er  Cäsar,  welches  er  zu  vermeiden 
suchte,  und  endlich  spricht  sein  nachmaliges  Verfahren  dagegen. 
Unleidlich  war  ihm  bei  seinem  hohen  Selbstgefühle  die  schranken- 
lose Gewalt  der  Herrscher,  der  Bann,  welchem  Senat  und  Ge- 
richte unterlagen  und  die  schnöde  Verachtung  jedes  fremden 
Anspruchs;  ®')  aber  nach  den  Erfahrungen  vom  vorigen  Jahre 
wagte  er  es  nicht,  wieder  aufzntaiijien.  **)  Seitdem  verspürte 
er  in  sich  eine  solche  Dankbarkeit  gegen  Pompejus,  eine  solche 
Hinneigong  zn  ihm,  dass  Alles,  was  diesem  beliebte  oder  frommte, 
ihm  als  recht  und  wahr  erschien.  Widerstand  war  ohnehin 
fruchtlos ,  die  consularische  Würde  vernichtet ;  es  blieb  nur 
übrig,  Pompejus  zu  unterstützen,  oder  zu  schweigen,  oder  mit 
den  Wissenschaften  sich  zu  trösten.  ^^)  Man  bemerkte  ihn  daher 
im  Februar  in  der  Wohnung  und  im  Gefolge  der  Consulu;  '") 
dann  begab  er  sich  auf  seine  Villen ,  und  erhielt  im  Ai)ril  auf 
dem  Cumanum  einen  Besuch  von  Pompejus,  dessen  Herablassung 
als  Dank  für  seinen  Rückzug  ihn  nur  verletzen  konnte.''')  Er 
kam  später  in  einer  Angelegenheit  Milos  auf  eine  kurze  Zeit 
nach.  Rom,  ohne  der  Senats  -  Sitzung  beizuwohnen,'^)  und  zu 
den  Spielen,  welche  Pompejus  bei  der  Einweihung  seines  Theaters 


6i)  Plat.  Cato  43.  Pomp.  52.  Crass.  15.  App.  2,  437.  (Partlj.  135.) 
Dio  39,  33.  36.  Liv.  105.  Cic.  2  l'IiU.  10.  ad  Att.  8,  3.  {.  2 :  lUe  (Pomp.) 
provinciae  propagator.     Vellej.  2,  46.  §.  2.   Suet.  24.  65)    ad  Farn.  I,  9. 

J.  6.    Oben  A.   40.  66)    2.    Th.   267.  67)    ad  Farn.    1,  8.   §.  2. 

68)    Oben   §.  21.   A.   47.  69)     ad   Fam.   1.   c.     Vgl.    ad  Att.  4,  13. 

70)   ad  Qo.  fr.  2,  9.  5-  2.  71)    nil  Att.  4,  9m.  II.  72)  Das. 4,  12. 


XXI.    IÜI.n.        (31.  §.25.)        285 

grab,  " ')  und  lebte  dann  ^y^eJer  auf  dem  Lnnde  ßicL  selbst,  Innig 
erfreut,  wie  er  im  Noyember  vom  Tnsculanum  an  Atticns  scLrieb, 
der  TLeilnaLme  'an  den  Streitigkeifen  in  der  Curie  überLoben  zu 
sein.  '  *)  Alilos  Vermählung'  und  die  Erwartung  der  Wahl  -  Comitieu 
führte  ihn  um  die  Alitte  des  December  nach  Rom  zurück,  ^ ')  als 
Crassus,  welchen  Cäsar  in  dem  Entschlüsse,  die  Pariher  anzugreifen, 
bestärkt  halte,  '  ^)  bereits  nach  Syrien  abgegangen  war.  ' ') 

§   25. 

(a.  55.)  Cäsar  reis'te  früher  als  gewöhnlich  zum  Heere, 
einen  Feldzug  zn  erö'ffuen,  welcher  nicht  durch  grosse  Schlachten 
und  auch  durch  kein  anderes  folgenreiches  Ereigniss  ausgezeichnet 
war,  als  dass  Gallien  nochmals  gegen  die  Deulstlieu  behauptet 
wnrde,  und  dennoch,  aus  der  Feme  gesehen,  mehr  als  die  vorigen 
glänzte.  Ohne  Gefahr  konnte  der  Proconsul  ItaUen  verlassen, 
Aa  Pompejus  und  Crassus  als  seine  Friedens -Legaten  für  ihn 
wirkten,  und  bei  dem  Zerwürfnisse  zwischen  Urnen  und  der 
Aristocratie  nicht  wünschten,  dass  diese  ihn  jetzt  schon  aus  den 
Provinzen  abrief.  Aber  auch  er  durfte  nicht  feiern;  durch  neue 
und  unerhörte  Thaten  mnsste  er  das  vergessliche  Volk  fort- 
während an  sich  erinnern,  und  in  den  Legionen  ein  unerschütter- 
liches \  ertrauen  zu  seiner  KJugheit  und  zu  seinem  Glücke  be- 
gründen. Krieg  also  galt  es,  ewigen  Krieg-,  In  Gallien  schien 
dessen  Fackel  erloschen  za  sein;  nur  wenige  Stämme  an  der 
belgischen  Küste  und  am  Fusse  der  Pyrenäen  waren  noch  frei;'*) 
aber  in  Germanien  gährte  es;  ein  Theil  seiner  Bevölkerung  er- 
goss  sich  über  den  Rhein,  ^ä) 

Seit  längerer  Zeit  waren  dort  die  Usipefer  nnd  Tenchtherer 
Ton  den  Sreven  gedrängt.  Sie  vermochten  zuletzt  nicht  mehr  zu 
widerstehen,  nnd  wanderten  aus,  angeblich  430,000  mit  dem 
Trosse.  *")     Nach   dreijährigem  Umherirren   gelangten   sie  in  die 


73)    ad  Fam.    7,    1.   §.   2.  74)    Das.  4,   13.  75)    Das.  1.  c. 

76)    Plnl.    Crass.    16.  77)    Das  Weitere   über   die  innerea  Angelegen- 

heilen  Roms,  welche  Cäsar  znnäclist  uichl  angehen,  s.  in :  Pomp.  IIIt.  a.  53. 
78)    Oben  {.  22  fin.  79)    Caes.  4,  1  —  15.    Dio  39,  47.  48.  vgl.  49. 

Plnt.  Caes.  22.    Cato  51.    Comp.  Nie.  e.  Crass.  4.    App.  lib.  4.    GaU.  Exe. 
XVr.  de  leg.    Flor.  3,  10.  J.  14.    Oros.  6,  8  fin.  80)    So  Caes.  4,  15. 


286  XXI.    lULII.        (31.  §.25.) 

GegencI,  wo  der  RLein  sicli  tLeilf,  nnd  an  beiden  Ufern  desselben 
die  Menapier  wolinten  (Jelzt  EiuraericL  im  Regiernng'S  -  Bezirk 
Cleve).  Diese  eutlloben  über  den  Fluss,  welclien  sie  bewacLten, 
zu  iLren  Brüdern.  Den  Germaniern  felilte  es  ohnehin  an  Schiffen; 
aber  sie  lockten  den  Feind  durch  einen  verstellten  Rückzug'  wieder 
auf  sein  Gebiet,  und  kehrten  dann  plötzlich  zurück.  So  erhielten 
sie  einen  leichten  Sieg  über  ihn ;  sie  bemächtigten  sich  seiner 
Fahrzeuge  und  erschienen  nun  auch  im  westlichen  Lande  der 
Menapier,  wo  sie  für  den  Winter  hinlängliche  Vorräthe  fan- 
den. ' ')  Cäsar  hörte  sogar,  als  er  in  grössler  Eile  bei  dem 
Heere  eintraf,  dass  sie  auf  die  Einladung  einiger  gallischen  Völker 
schon  über  die  Maas  bis  zu  den  Eburonen  und  Condrusiern  vor- 
gedrungen seien.  Ohne  eine  Aeusserung  des  Missirauens  ver- 
stärkte er  sich  durch  gallisch^  Reuterei,  um  den  Deutschen  sogleich 
entgegen  zu  gehen.  Auf  dem  Wege  meldeten  ihm  ihre  Gesandten: 
man  habe  sie  aus  ihrem  Lande  vertrieben ;  wenn  er  ihnen  den 
Besitz  des  eroberten  oder  eines  andern  zugestehe,  so  dürfe  er 
auf  ihre  Freundschaft  rechnen ;  doch  möge  er  wählen ;  die  Svevcn 
ausgenommen  seien  sie  Allen  überlegen.  Die  Sprache  des  Ariovist. 
In  Gallien,  bemerkte  der  Proconsul,  gebe  es  kein  herrenloses 
Gut,  welches  er  ihnen  anweisen  könne;  er  wolle  es  aber  ver- 
mitteln, dass  die  Ubier  sie  aufnehmen;  auch  diese  beklagen  sich 
über  die  Sveven,  und  lassen  ihn  so  eben  um  Hülfe  bitten.  Die 
Ubier  in  der  Gegend  des  jetzigen  Cöln  waren  die  einzigen  Trans- 
rhenaner,  welche  sich  um  seine  Freundschaft  bewarben,  und  ihm 
Geissein  gaben,  *^)  und  nicht  ihnen  ist  es  zuzuschreiben,  dass 
sie  ihm  nicht  mit  gleichem  Erfolge  die  Thore  von  Germanien 
öffneten,  mit  welchem  die  Aeduer  ihm  die  Thore  von  Gallien 
geöffnet  hatten.  Nach  seinem  Siege  über  Ariovist  verfolgten 
sie    die    Sveven    auf    deren    Rückzuge ,  ^  ^)     nnd    jetzt    mussten 

Plut.  n.  App.  11.  cc.  lassen  400,000  in  Gallien  nmkommen.  Oros.  1.  c. 
zählt  440,000.  81)    Man  hat  an  ein  geheimes  EinversläiiJniss  zwischen 

ihnen  und  den  Ueberwiindenen  gedacht,  welche  sich  nöthigcnfalls  gegen 
die  Römer  damit  rechtfertigen  wollten,  dass  die  Befreier  gegen  ihren  Willen 
eingedrungen  seien;  dann  nahmen  die  Denischen  ihre  Rolle  zu  ernst,  da 
sie  die  östlich  wohnenden  Rlenapier  erschlugen ,  und  die  Uebrigen  so  arg 
plünderten,  dass  sie  nach  ihrer  eigenen  Niederlage  durch  Cäsar  deren  Rache 
fürchteten.     Caes.    4,   4.    15.  82)    Caos.  4,  16.  83)    Das.  1,54. 

Oben  $.  19  fin. 


XXI.    lüLn.        (31.  §.25.)        287 

sie    ilmen    Tribut   zaLlen    nnJ    jede   Art   Ton    DemütLig-nng    er- 
dulden. «♦) 

In  drei  Tagen  ■wollten  die  Gesandten  Cäsar  Antwort  über- 
bringen ;  sie  ersuchten  ihn ,  bis  dahin  nicht  vorzudringen.  Ihm 
aber  schien  es  nothwendig,  dass  er  bei  der  Stimmung  der  Gallier 
sich  der  Fremden  so  bald  als  niöglicli  entledigte  und  die  Ab- 
wesenheit der  Reuter  benutzte,  T^elche  sie  auf  das  linke  Ufer 
der  Alaas  geschickt  hatten,  die  Ambirariter  zu  plündern.  Als  er 
nur  noch  12,000  ScLritle  von  ihnen  entfernt  -v^ar,  baten  sie  aber- 
mals, er  möge  iu  seiner  jetzigen  Stellung  bleiben,  und  der  Ren- 
terei, welche  die  Vorhut  bildete,  den  Angriff  untersagen;  sein 
Vorschlag  habe  ihren  Beifall;  nur  sollen  die  Ubier  ihnen  die 
Aufnahme  eidlich  zusichern,  wozu  eine  Frist  von  drei  Tagen  er- 
forderlich sei.  Auch  darin  erkannte  er  die  Absicht,  die  Schaar, 
welche  sie  entsandt  hatten,  vor  der  Schlacht  heranzuziehen;  des- 
Laib erwiederte  er:  es  fehle  ihm  an  Wasser;  um  es  zu  finden, 
müsse  er  noch  4000  Schritte  weiter  gehen;  ihren  Wunsch  iu 
Betreff  derReuterei  werde  er  erfüllen;  am  nächsten  Tage  möchten 
Abgeordnete  in  grösster  AnzeJJ  wieder  kommen,  damit  man  sich 
einige.  UumiKelbar  nach  dieser  Unterredung  M'urden  die  5000 
Reuter  der  Römer  *  *)  von  800  germanischen  angegriffen  und 
ohnerachtet  ihrer  Uebermacht  geschlagen,  zum  Theil  wohl,  weil 
sie  als  Gallier  sich  für  ihren  Unterdrücker  nicht  aufopfern 
mochten.  ^  *)  Cäsar  erklärte  das  Verfahren  der  Feinde  für  Treu- 
losigkeit; die  Zeit  zu  erwarten,  wo  Alle  wieder  vereinigt  sein 
würden,  hielt  er  für  Wahnsinn.  Da  fanden  sich  am  andern 
Tage  seiner  Aufforderung  gemäss  ihre  Vornehmen  und  Aeltesten 
ein,  wie  er  behauptet,  ihn  ferner  zu  täuschen,  die  Schuld  der 
ungestümen  Jugend  beizumessen,  welche  den  Befehlen  nicht  ge- 
horcht habe,*')  nnd  einen  Waffenstillstand  zu  scliliessen.  Er 
Hess  sie  verhaften  und  führte  die  Legionen  sogleich  in  drei 
Treffen  gegen  das  verwais'te  Heer,  ehe  es  von  dem  Schicksale 
seiner  Häuptlinge   unterrichtet   war.     Die  Bestürzung   machte   es 


84)     Caes.   4,   3.  8.  16.  85)    Cäsar   Iiatte  meistens   4000.      Oben 

{,  17  in.  86)    a.  58  wiclien  4000  TOr  500  helTezischeu.     Oben   §.  18, 

und  überiliess  Tcnchtlieri  super  solitum  belloriiiu  deciis  eqncslris  discigilinae 
arte  praecellunt.  Tacit.  Germ.  32.  llire  Fecbtarl  beschreibt  Caes.  4,  12. 
87)   Vgl.  Dio  39,  47.  48. 


288  XXI.     tüLII.         (31.  §.25.) 

den  Germaniern  nnmöglicli,  einen  EntscLIuss  zn  fassen;  sie  Latfen 
die  Waffen  nocli  uicLt  ergriffen,  sich  nicht  gesammelt  und  ge- 
ordnet, als  die  Römer  schon  im  Lager  standen.  Doch  kämpften 
sie  zwischen  den  Wagen  und  dem  Gepäck,  bis  sie  das  Geschrei 
der  Weiber  und  Kinder  vernahmen,  welche  hinter  dem  Lager 
bei  dem  Versuche,  sich  zn  retten,  von  Cäsars  Reutern  getödtet 
wurden;  sie  glaubten  sich  umringt,  und  entflohen;  Mancher  fiel 
durch  das  Schwerdt  und  Viele  ertranken  bei  dem  Durchgange 
durch  den  Rhein,  *^)  aber  nicht  Alle  kamen  um,  denn  die  Ge- 
schichte gedenkt  ihi-er  auch  später.  *^)  Dass  ihre  Reuter,  welche 
zur  Zeit  der  Schlacht  noch  nicht  von  der  Maas  zurückgekehrt 
waren,  die  Sigambrer  erreichten,  berichtet  Cäsar  selbst.^")  Den 
verhafteten  Anführern  erlaubte  er,  ihnen  zu  folgen,  und  als  sie 
aus  Furcht  vor  den  Galliern,  deren  Gebiet  sie  geplündert  hatten, 
zu  bleiben  wünschten,  gab  er  ihnen  die  Freiheit.  In  seinem 
Heere  war  angeblich  niemand  gefallen  und  die  Zahl  der  Ver- 
wundeten gering. 

Man  hat  diese  Ereignisse  als  einen  unauslöschlichen  Schand- 
fleck in  Cäsars  Leben  betrachtet  und  bereits  M.  Cafo,  ^')  dessen 
Urtheil  über  Kriegs -Angelegenheiten  nun  freilich  ohne  Gewicht 
ist,  auch  wenn  es  nicht,  wie  hier,  vom  Parteigeiste  bestimmt 
wurde.  Die  Gernianier  erschienen  auf  römischem  Gebiete,  ohne 
durch  eine  Beleidigung  gereizt  zu  sein,  und  gaben  dann  der 
Aufforderung  der  Provincialen  Gehör,  in  das  Innere  vorzudringen 
und  sie  zn  befreien ;  sie  wollten  also  nicht  bloss  Wohnsitze  in  der 
Provinz  erkämpfen,  sondern  deren  Abfall  bewirken,  und  eine 
einzige  glückliche  W^affenthat  genügte,  um  den  glimmenden  Funken 
zur  Flamme  anzufachen.  Cäsar  durfte  Gallien  nicht  verlieren, 
ohne  selbst  verloren  zn  sein;  die  Barbaren  wurden  durch  seine 
plötzliche  Ankunft   überrascht;   sie  hatten  den  Kern  ihres  Heers, 


88)  Caes.  4,  15:  Ad  conflnentem  Mosae  et  Rheiü  kann  nichts  anders 
bedenten,  als  dass  sie  in  den  Keil  zwischen  dem  Rhein  nnd  der  Maas 
hineingetrieben  wurden ,  und  in  der  Gegend  ühersetzten ,  wo  sie  auf  deo 
Schiffen  der  Menapier  in  Gallien  angelangt  waren,  der  Arm  des  Rheins, 
welcher  die  Waal  heisst,  blieb  ihnen  zur  Linken.  Irrig  hat  man  stat 
Mosa  (Maas)  Mosella  (Mosel)  lesen  wollen,  und  sie  bei  dem  nachmaligen 
Coblenz  (Conflnentes)  übergehen  lassen.  89)  Tacil.  A.  1,  51.  11.4,63. 

Germ.  32  n.  sonst.  90)  4,  16.  18.   Dio  39,  48.        91)  S.  unten  A.  23. 


XXI.    UILIl.        (31.  §.25.)        289 

fast  ihre  ganze  Reuterei,   über  die  Mosel  gesdiickt,    und  nnfer- 
Landelten,  damit  sie  vor  der  ScLlacLt  sich  wieder  einfand.     Noch 
hatte  man  sich  nicht  verglichen,    als  ihre  anwesenden  Reuter  mit 
den  römischen   handgemein    wurden   und   sie  besiegten.     Dadurch 
wurde  nichts  entschieden,  wie  sie  wusslen,    es  drohte  vielmehr, 
ihren   Plan   zu  vereiteln,    und  man  glaubt  ihnen  gern,    dass  ihre 
Häupter   das   Gefecht   nicht    bilh'gteu.      Gleichwohl    trifft  sie    der 
Vorwurf  der  Verstellung,    in   welcher   sie   auch   jetzt  noch    be- 
faarrten;   denn   ihre  Angesehensten  begaben  sich  in  das  römische 
Lager,   die  Unterhandlungen   fortzusetzen,   weil   ihre  Mannschaft 
von     der   Maas    noch    nicht    angelangt   war.      Sie   glaubten    ohne 
Zweifel,    dass   deren  Entsendung  für  Cäsar  ein  Geheimniss  sei; 
er  aber  kannte  die  Ursach  ihrer  Friedensliebe  und  wollte  deshalb 
die    Schlacht    nicht    verschieben.      Was    auch   früher  besprochen 
sein  mochte,  so  war  es  doch  jetzt  nicht  mehr  gültig;  der  römische 
Feldherr    konnte    von    dem   Ri-iegsrechte  Gebrauch    machen,   und 
sich    der  Feinde  bemächtigen ,   welche  ohne  freies  Geleit  zu  ihm 
kamen,   ehe  man  die  Urheber  des  Gefechts  ermittelt  und  bestraft 
hatte.     Er  läugnet,   dass  ein  Waffenstillstand  geschlossen  sei,  ^^J 
ano-  niit  Recht,  da  er  sich  nicht  selbst  hinderlich  werden  mochte, 
ohne  Verzug  anzugreifen.     Diess  ist  aber  von  keiner  Bedeutung; 
ohne    das  Zwischenereigniss   war  die   Verhaftung   der  von   ihm 
eingeladenen  Grossen  eine  schändliche  Wortbriichigkeit.     Es  fragt 
sich  nur,  welcher  TheU  am  vorhergehenden  Tage   angriff.     Cäsars 
Zeng'niss   kann    nicht   darüber  entscheiden,   da  er  in  der  eigenen 
Sache    zeugt.      Die    friedliche   Entlassung   der    Germanier   würde 
ein  Sieg   ohne  Ruhm   gewesen    sein,    und    er  wünschte  Aufsehn 
zu    erregen;    auch   war   ihm   nicht  unbekannt,    dass  sie  gar  nicht 
die  Absicht  hatten,  sich  mit  ihm  abzuCuden;    wenn  er  nun  aber 
die  Schlacht  weder  vermeiden  wollte  noch  konnte,    so  niusste  er 
sie    beschleunigen,    weil  man  jeden  Augenblick  jene  Reuterei  er- 
wartete.     Indess    schwebten   Unterhandlungen,    welche    er    zwar 
nicht  veranlasst,    aber  auch  nicht  abgelehnt  hatte,  um  den  Feind 
sicher   zu   machen.     Er   bedurfte   nun  einen  Vorwand,   sie  ohne 


92)    4,  12:    Is  dies  inducüs  erat  ab  eis  petitiis.     13:   Germani  — 

ad  eiim  in  costra  venernnt,  —  nt,  si  quid  posseat,  de  inducüs  fallendo  im- 
pelrarent. 

Dnnswn,   Gescbiclite  Roms  III.  j[9 


290  XXI.    lULn.        (31.  §.25.) 

Zeitverlnst  abzubrechen.  Deshalb  Hess  er  seine  Renfer  so  weh 
Torrücken,  dass  die  germanischen  aus  Furcht,  ihr  Lager  überfallen 
zu  sehen  und  überdiess  von  kampflustigen  jungen  Blännern  an- 
geführt, sich  ihnen  enigegeu  warfen,  so  bald  sie  ihnen  zu  Gesicht 
kamen;  ^')  nicht  immer  kann  der  für  den  Angreifenden  gelten, 
welcher  zuerst  das  Schwerdt  zieht.  Blit  Einem  Worte  also,  die 
Schuld  war  auf  beiden  Seiten ,  beide  Theile  wollteu  lauschen, 
und  der  Rlügste  trug  den  Sieg  davon. 

Der  Glückliche  und  Blächlige  findet  immer  Anlass,  nm  sich 
zu  greifen,  «nd  nie  feldt  es  ihm  an  einem  guten  Schein'.  Wenn 
man  diess  aber  anf  Cäsar  anwendet,  weicher  jetzt  seinen  ersten 
Feldzag;  in  Germanien  eröffnete ,  *')  so  wird  man  nicht  alle 
Gründe  Terwcrfen,  mit  welchen  er  es  rechtfertigt,  sondern  ihm 
nur  erwiedern,  dass  er  durch  die  Eroberung  Galliens  die  Noth- 
wendjgkeit,  deren  er  gedenkt,  seine  Waffen  weiter  zu  tragen, 
selbst  geschaffen  hatte.  Versetzt  mau  sich  in  seinen  Standpunkt, 
so  galt  es  für  eine  Herausforderung,  dass  die  Deutschen  mehr- 
mals in  seiner  Provinz  als  seine  Nebenbuhler  auflrafen.  Sich 
hier  zu  behaupten ,  war  für  ihn  von  der  änssersten  Wichtigkeit. 
Ihre  Niederlagen  westlich  vom  Rheine  schreckten  sie  nicht«- ab, 
wieder  za  kommen,  wie  die  Erfahrung  lehrte,  und  die  Unter- 
jochten rechneten  auf  sie;  er  musste  ihnen  beweisen,  dass  es 
ihm  nicht  an  Mnth  und  an  Blitteln  fehlte,  sie  in  ihren  Gauen 
zu  züchligen ,  wenn  sie  nicht  aufhörten ,  ihn  zu  reizen.  Die 
Sigambrer  (zwischen  der  Sieg  und  der  L.ipj;e)  zweifelten  daran; 
sie  nannten  den  Rhein  die  Gränze  des  römischen  Reichs  und 
fanden  es  ungereimt,  dass  er  die  Auslieferung  der  Reuter  vom 
Heere  der  Usipeter  und  Tenchtherer  verlangte.^')  Ihre  Nach- 
baren, die  Ubier, ^^)  hatten  sich  unter  seinen  Schutz  begeben,^') 
und  naJimen  ihn  dringend  gegen  die  Sveven  in  Anspruch;  er 
wollte  diesen  zeigen,  dass  er  seine  Freunde  zu  vertheidigen  wisse. 


93)  Ubi  primiun  nostros  eqnites  conspexerniil ;  Caes.  i,  12.  94)  Caes. 

4,  16 19.    Liv.  105.    Siiel.  24.  25  lässt  die  Ccrmaüier  üsllich  TOin  Rbein 

grosse  Niederlagen  eilriden,  n.  Flor.  3,  10.  §.  14  meint,  Cäsar  sei  über 
die  Mosel  und  den  Rhein  gegangen.  Oros.  6,  9  sagt  unrichtig:  Tone 
Caesar  in  Germaniam  facto  poote  traiisgrediens ,  Sicambros  et  Ubios  ob- 
sidione  liberat.     Die  39,48.    Plnt.  Caes.  22.  23.  Zonar.  10,  6.  95)  Oben 

A.  90.     Vgl.  §.  30.  A.  24.  96)   Dio  1.   t.         97)    Oben  A.  82. 


XXI.     lULII.         (31.  §.25.)         291 

and  sie  nicLt  fiircLfe,  obgleich  „selbst  die  Unsterblichen  ihnen 
nicht  gewachsen  waren".  8^)  Aber  weder  die  Rücksicht  auf 
Gallien,  noch  ein  unüberwindlicher  TJiatendrang  war  die  Haupt- 
ursach seines  Unternehmens.  Nur  in  Verbindung  mit  dem  britan- 
nischen gedacht,  gewinnt  dieser  Krieg  das  rechte  Eicht;  Cäsar 
gieng  über  den  Rhein  und  über  den  Ocean,  weil  es  in  Rom 
als  ein  Wunder  erscliien,  und  weU  er  die  Legionen  durch  Be- 
schäftigung an  Meutereien  hindern  und  durch  Ruhm  und  Beute  an 
sich  fesseln  wollte.  Wie  wenig  auch  die  Deutschen  die  Probe 
der  Kriegskunst  gegen  ihn  bestanden  hatten ,  so  betrachtete  man 
sie  in  Italien  doch  immer  noch  als  die  tapfersten  unter  den  Bar- 
baren; man  wünschte  sich  Glück,  wenn  sie  an  ihrem  Heerde 
blieben;  sie  dort  aufsuchen  war  Vermessenheit,  und  Cäsar  wagte 
es;  mit  welcher  Begeisterung  musste  die  Menge,  durch  welche 
er  Rom  beherrschte,  seine  Siegesfeste  feiern!  ^^) 

Sie  sollte  noch  eine  Zugabe  erhalten.  Cäsar  war  auch  ein 
grosser  Architekt,  und  beschloss,  sich  nicht  der  Schiffe  za  be- 
dienen, welche  die  Ubier  ihm  anboten,  sondern  eine  Brücke  zu 
bauen.  Ohne  Brücke  kein  Feldzug;  diese  Bedingung  machte  et 
sich  gelbst.  Es  steigerte  das  Erstaunen  der  Römer,  wenn  er  bei 
so  vielen  anderen  Gefahren  auch  noch  die  Elemente  gegen  sich 
aufrief,  und  den  Barbaren,  welche  sich  bei  iLren  Einfällen  in 
Gallien  am  meisten  durch  den  Rhein  behindert  sahen ,  und  ihn 
als  die  Schutzwehr  ihres  Landes  betrachteten,  wurde  seine  Ueber- 
legenheit  fühlbar;  sie  sollten  entmuüiigt  nnd  wohl  auch  veranlasst 
werden,  sich  zurückzuziehen  und  ihn  des  Kampfs  in  ihren  un- 
wirlhbaren  und  unbekannten  Marken  zu  überheben.  Er  gönnte 
ihnen  eine  Frist  von  zehn  Tagen,  denn  so  lange  dauerte  der 
Bau ,  durch  welchen  er  sich  zugleich  den  Rückzug  sicherte.  '  °  °) 
Nach  seiner  Beschreibung  Hess  er  je  zwei  Pfähle,  welche  andert- 
halb   Fuss    im   Durchmesser    hatten,    mit   einem    Zwischeni-aume 


98)   Caes.  4,  7.  99)   Die  I.  c.  100)    NaTibns  Iransirc   neqiie 

satis  tDtnm  esse  arbitrabatnr,  neqne  snae,  neqne  popnli  Romaiii  digiiitalis  esse 
statuebat.  Caes.  t,  17.  Der  Zweifel  der  KnnstTersläniligcn,  ob  das  unter- 
nehmen so  ausgeführt  werden  konnte ,  wie  er  angiebt ,  berührt  höchstens 
seinen  sehr  einfachen  nnd  doch  missverstandenen  liericht,  nicht  die  Sache; 
seina  Zeitgenossen  nnd  Gefährten  ninssten  iluu  ßlonches  glauLeii ,  aber  ein 
solches  Banwerli  durfte  er  nicht  erdichten. 

19* 


292  XXI.    lULII.        (31.  §.25.) 

von  zwei  Fuss  einraininen,  nicLt  senkrecLf,  sondern  so,  Jass  sie 
sieb  nacli  der  Seite  iieig-fen,  -woLin  das  Wasser  floss,  und  eben 
so  viele  mit  einer  Neigung'  gegen  den  Strom  in  einer  Entfernung 
von  vierzig  Fuss.  Dann  legte  man  Qneerbalken  von  jedem  Paar 
Pfäblen  bis  zu  den  gegenüber  stehenden,  nnd  befestigte  sie  mit 
Klammem.  So  trieb  das  Wasser,  ohne  in  seinem  Laufe  auf- 
gebalten zn  ^Yerden,  die  einzelnen  Werkstücke  in  einander.  Auf 
die  Queerbalken  brachte  man  Bohlen  und  Flechtwerk.  Ausserdem 
schützten  die  Brücke  unterhalb  Strebebalken  gegen  den  W^ogen- 
di-ang  nnd  oberhalb  andere  gegen  die  Baumstämme  nnd  Schiffe, 
welche  der  Feind  etwa  den  Fluss  hinabschicken  konnte,  sie  zu 
zerstören. 

Das  Oertliche  hat  Cäsar  nicht  bestimmt;  da  er  indess  auf 
dem  andern  Ufer  nicht  sogleich  auf  dem  Gebiete  der  Sigambrer 
stand ,  so  ist  der  Uebergangspunkt  südlich  von  Bonn  zn  suchen, 
doch  immer  noch  in  einer  bedeutenden  Entfernung  von  Coblenz.  ') 
An  den  beiden  Enden  der  Brücke  blieb  ein  Wachtposten  zurück. 
Kaum  hatten  die  Römer  den  deutschen  Boden  betreten,  als  von 
mehreren  Ortschaften,  welche  indess  auch  nicht  näher  bezeichnet 
werden ,  Gesandte  anlangten  und  um  Frieden  und  Freundschaft 
baten.  Man  gab  ihnen  auf,  Geissein  zn  senden;  daher  können 
sie  nicht  Ubier  gewesen  sein,  da  diese  der  Forderung  schon  ge- 
nügt hatten;  ^)  Andere  wollten  also  die  Plünderung  von  sich 
abwenden.  Die  Geissein  kamen  nicht ;  aber  das  Bild  der  Brücke 
erhielt  doch  nun  einen  angemessenen  Hintergrund.  Uebrigens 
ereignete  sich  nichts,  was  des  stolzen  Baues  würdig  war.  Die 
Sigambrer  entwichen  mit  den  Reutern  der  Usipefer  und  Tench- 
therer  und  mit  ihrer  beweglichen  Habe  in  die  Wälder,  und  Cäsar 
konnte  nur  ihre  Wohnungen  und  Aecker  verwüsten.  Als  er 
zu  den  Ubiern  znrückgieng,  erfreuten  sie  ihn  mit  der  Nachriclit, 
auch  die  Sveven ,  an  welchen  er  sie  zu  rächen  versprach ,  haben 
das  Feld  geräumt,  aber  auf  einem  Landtage  alle  Wehrhaften  in 
die  Wälder  entboten,  wo  sie  sich  anschickten,  ihn  zn  empfangen. 
Man    sieht    nicht^    was   die    Ubier    bestimmen    konute,    diess   zn 


1)  Oben  A.  94.  Die  beireffenden  Schriften  ,  eieren  Vf.  in  sehr  ver- 
schiedenen Ergebnissen  gelnngt  sind,  s,  in  Simon  Aellesten  Nachrichten 
II.  s.  w.  S.  79  f.  2)    Üben  A.  82. 


XXI.    lULn.        (31.  §.25.)        293 

criUcLfen;  weim  sie  sich  dadurch  der  lästigen  BescLiitzer  enfledig'en 
wulllwi,  so  wnssteii  sie  nicbt,  ob  er  den  Feind  nicht  wirklich 
suchte  oder  doch  iiach  einer  solchen  Blitlheilung-  seiner  Ehre 
wegen  um  so  länger  blieb ;  und  iiberdiess  war  es  unter  den 
Germaniern  Sitte,  sich  in  Schlupfwinkeln  zu  verbergen,  um  ein 
durch  seine  Kriegskunst  furchtbares  Heer  zu  überfallen.  An 
Zeit  fehlte  es  nicht,  obgleich  Cäsar  nur  achtzehn  Tage  auf  dem 
rechten  Rheinufer  verweilte.  Der  Zweck  des  Unternehmens, 
sagt  er,  war  erreicht ;  die  Brücke  wurde  abgebrochen. 

Man  kann  nicht  an  seiner  Befähigung  zweifeln,  unter  andern 
Umständen  da  zu  erobern,  wo  Drusus  und  Tiberius  .eroberten; 
fr  mochte  aber  seine  Rräfle  nicht  zersplittern.  Gallien  war  und 
blieb  das  grosse  Lager,  aus  welchem  er  gegen  Rom  hervor- 
brechen wollte,  sein  Waffenplatz  und  seine  Geldquelle.  Alle 
Unternehmungen  ausserhalb  der  Provinz  bezweckten  nur  deren 
Behauptung-,  Ivräfteiibung  für  das  Heer  und  einen  günstigen  Ein- 
druck auf  die  öffentliche  Meinung.  Dieser  inusste  aber  um  so 
;;rösser  sein,  wenn  die  Ereignisse  sich  drängten,  wenn  Zeit  und 
Ort  der  unglaublichen  Thaten  gleichsam  wetteifernd  die  Römer 
zur  Bewundeniug-  zwangen.  So  sollte  ohuerachlet  des  nahen 
^Vinters  noch  in  diesem  Jahre  eine  Laudung  im  fernen  Britannien 
folgen,  *)  von  welchem  sie  nicht  VMissten,  ob  es  eine  Insel  sei,  ') 
ob  es  Europa  oder  einem  andern  AVelftheile  angehöre. ')  Cäsar  be- 
merkt, er  habe  sich  von  der  Nothwendigkeit  überzeugt,  die  Insel 
und  deren  Bewohner,  von  welchen  Gallien  fast  in  allen  Kriegen 
mit  Rom  unterstützt  sei,  mit  eigenen  Augen  zu  sehen,  wenn  es 
nun   eben  auch  im  .Spätjahre  nicht  mehr  habe  geschehen  kö'uneu. 


3)  Caes.  4,  20  —  36.  Liv.  lOS.  VeUej.  2,  46.  Snelon.  25.  47.  Tacit. 
Agric.  13.  Lncan.  2,  571  f.  Valer.  M.  3,  2.  §.  23.  Eutrop.  6,  17  (14). 
Flor.  3,  10.  §.  16.  Oros.  6,  9.  Dio  39,  50  —  52.  Plnt.  Caes.  23.  Coiuii. 
'\ic.   cum  Crasso  4.    Diodor.  Sic.  5,  21.  22.  Slral)o4,  199.200.  4)  Mio 

I.  0.  T.icit.  Agric.  10,  28.  Caes.  4,  21.  5,  13  nennt  es  eine  Insel;  auch 
Cic.  ad  Atl.  4,  16.  J.  8.  5)    A'^ellej.  1.  c.    Altenim  paene  iuiperio  ooslro 

ac  sno  qnaerens  orbem.  Flor.  1.  c.  9"^^'  '•'<'  Romanns  orbis  non  suf- 
llceret,  alterum  cogiiavit.  A'irg.  Ecl.  1,  67  —  folo  divisos  orbe  Bricannos. 
Aon.  8,  727.  Exn-emi  hoiuJnum  IMoi'ini.  Diod.  Sic.  I.  c.  spriclit  von  Inseln, 
welclie  zwischen  Knropa  und  luitannicn  liegen.  V.ilor.  M.  I.  <■. :  Hello 
quo  C.  Caesar,  non  contenlns,  upera  sua  Oceani  claudere  litoribas,  Bri- 
tannicae  insulae  coelestes  iuiccil  manus,  elc. 


294  XXI.    lULlI.        (31.  §.25.) 

Durch  die  gallischen  Rauflente  erhielt  er  nur  einige  unbefrie- 
digende Nachrichten  von  der  Rüste,  wohin  sie  besonders  des 
Zinns  wegen  schifften;  das  Innere  und  Character  und  Sitte  des 
Volks  zu  erforschen,  hatten  sie  weder  Beruf  noch  Gelegenheit.  *) 
•Seine  Feinde  in  Rom  verbreiteten ,  ihn  habe  nach  Perlen ,  nach 
grösserem  Reichthume  gelüstet,  ')  aber  auch  er  selbst  erlaubt  sich 
eine  Unwahrheit ,  er  war  durch  keine  Feindseligkeit  gereizt. 
Der  Verkehr  zwischen  Gallien  und  dem  Nachbarlande  beschränkte 
sich  allerdings  nicht  durchaus  auf  den  Handel;  wie  wenig  auch 
auf  die  Aussage  der  Remer  zu  geben  ist ,  Divitiacus ,  der  König 
der  Svessionen  in  Belgien,  habe  über  einen  Theil  von  Britannien 
geherrscht,  *)  so  stand  hier  doch  Commius,  der  Atrebat,  in  be- 
sonderem Ansehn;  s)  im  J.  57  entflohen  die  Häuptlinge  der 
Bellovaken  nach  der  Insel,  "")  und  die  Veneter  baten  die  Be- 
wohner der  gegenüberliegenden  Rüste,  w^elche  sie  oft  besuchten, 
lim  Hülfe  gegen  die  Römer;  ' ')  die  Britannier  mischten  sich 
aber  nicht  in  den  gallischen  Krieg. 

C.  Volnsenus  wurde  als  Kundschafter  zu  ihnen  voraus- 
geschickt; am  fünften  Tage  kam  er  zurück;  er  hatte  nicht  gewagt, 
sein  Schilf  zu  verlassen,  und  daher  wenig  gesehen.  ")  Indes» 
führte  Cäsar  sein  Heer  nach  dem  Lande  der  Moriner,  wo  sich 
auch  die  Flotte  sammelte,  weil  man  hier  (in  der  Gegend  von 
Boulogne)  der  Insel  am  nächsten  war.  '^)  Bald  erschienen 
Abgeordnete   aus  Britannien,    Geissein    zu   versprechen,   da   man 


6)    Caes.  4,  20.    Diod.  Sic.  5,  22.    Strabo  4,  190.  7)    Snefon.  47. 

vgl.    Tacit.    Agric.    12.  8)    Caes.   2,   4.  9)    Ders.   4,   21.     Unten 

§.  26.  A.  36  u.  }.  30.  A.  8.  10)  Caes.  2, 14.    Obeu  J.  20.  11)  Caes. 

3,  8.  9.  Obea  §.  22.  12)  Caes.  4,  21.  23.  13)  Mehr  sagt  er 
A,  21  über  den  Ort  der  Abfahrt  nicht,  nnd  es  ist  keineswegs  erwiesen, 
dass  er  jetzt  wie  im  folgenden  Jahre  seine  Seemacht  im  portns  Iccins 
insammenzog;  vielmehr  ergiebt  sich  das  Gegentheil;  er  wählte  den  Hafen 
später,  weil  er  in  Erfahrnng  gebracht  hatte,  dass  die  Ueherfahrt  von  hier 
nach  der  Insel  die  bequemste  sei;  (Caes.  5,  2.  S)  vorher  war  es  ihm 
also    niibckannt,    auch    suchte    er    anfangs    den    kürzesten  Weg.     Strabo 

4,  199  lässt  ihn  freilich  vom  p.  Jccius  in  der  Nacht  abgehen  und  am  andern 
Tage  nm  die  Tierto  Stunde  liritannien  erreichen,  mithin  anf  der  ersten 
Fährt;  (Caes.  4,  23)  er  verwechselt  diese  aber  mit  der  zweiten,  denn 
sichtbar  schöpfte  er  seine  Nachricht  aus  Cäsars  Schriften,  nnd  diese  be- 
rechtigen nun  oben   zu  einer  solchen  Annahme  nicht.     S.  nnteii  f.  26.  A.  27. 


XXI.    lüLII.        (31.  §.25.)        295 

durch  Raiifleiite  den  Zweck  seiner  Rüs'ung'en  erfaLren  Latte. 
Ev  bezeugte  ihnen  seine  Zufriedenheit,  und  gab  Ihnen  Comniius, 
welcher  ihm  die  Ronigswiirde  unter  den  Atrebaleii  verdankte, 
zum  Begleiter,  die  Völker  in  ihren  guten  Gesinnungen  zu  be- 
starken, uud  ihnen  anzukündigen,  dass  er  sogleich  folgen  werde.  '') 
Auch  unterwarf  sich  ihm  der  grösste  Theil  der  Moriner;  um  so 
erwünschter,  weil  es  ihm  den  Rücken  sicherte. ' ')  Doch  blieben 
Titurius  Sabinus  und  L.  C'otta  mit  eiuer  bedeutenden  Blacht 
zurück,  um  sie  und  die  Menapier  zn  beobachten;  '  ^)  den  Hafen 
bewachte  P.  Sulpicius  Rufus.  Achtzig  LastschiiFe  sollten  zwei 
L.egionen  übersetzen,  die  siebente  und  die  zehnte,  ")  und  acht- 
zehn, welche  ungünstige  Winde  in  einem  andern  Hafen  fest- 
hielten, die  Reuterei;  die  Kriegsschiffe  wurden  unter  verschiedene 
Anführer  vertheilt. 

Um  die  dritte  Nachtwache  gieng  die  Flotte  in  See  und  um 
die  vierte  römische  Stunde  langte  sie  bei  Britannien  an.  Sie  fand 
ein  steiles  Gestade  mit  Feinden  bedeckt  und  fuhr  deshalb  weiter 
nach  einer  flacheren  Gegend;  jene  aber  folgten  am  Lande,  Reu- 
terei und  Streitwagen,  welchen  bald  auch  das  Fussvolk  nachkam. 
Die  römischen  Fahrzeuge  waren  zu  gross,  um  nahe  heran  zu 
gehen,  und  die  Soldaten  zeigten  nicht  die  gewohnte  Entschlossen- 
lieit,  da  sie  mit  den  schweren  Waffen  ins  Wasser  springen  uud 
zugleich  mit  den  Wellen  und  mit  den  Barbaren  kämpfen  sollten. 
Deshalb  schickte  Cäsar  Kriegsschiffe  mit  Wurfmaschinen  in  die 
rechte  Flanke  der  Feinde,  welche  hier  nicht  vom  Schilde  ge- 
schützt wurden  und  etwas  zurückwichen.  Dennoch  zögerten  die 
Römer,  sich  einem  Meere  anzuvertrauen ,  dessen  Tiefe  sie  nicht 
kannten,  bis  der  Adler- Träger  der  zehnten  Legion  sich  hinab- 
stürzte ,  und  sein  Beispiel  uud  sein  begeisternder  Zuruf  die 
Nächsten,  und  durch  ihren  Vorgang  auch  die  Uebrigen  ans  der 
Erstarrung  weckte.  Ein  Schilf  nach  dem  andern  wurde  Ton 
seiner  Mannschaft  verlassen;  sie  bildete  aber  einen  verworrenen 
Haufen;  der  ungleiclie  Meeresgrund  erlaubte  ihr  nicht,  festen 
Fass  zu  fassen,  und  >ou  dei-  Küste  herab  ergoss  sich  elu  Regen 


14)   Caes.  4,  21.  27.     Vgl.  6,  ü.  1>)  Ders.  4,  22.  37.   Dio39,  51. 

Obeu    §.  22  Ca.    u.   Li«   A.  lü.  10)    Cuci.  4,  22.  38.  17)    Ueri. 

4,  22.  25.  32. 


296  XXL    lULII.        (31.  §.25.) 

von  Pfeilen,  wälirend  die  britanniscben  Renter  die  ilinen  woLI 
bekannten  Untiefen  benutzten,  und  in  den  aufgelös'ten  Gliedern 
Einzelne  in  grosser  Anzalil  umringten.  Cäsar  bemannte  alle 
Boote,  den  Bedrängten  Hülfe  zu  senden,  und  nach  einem  laugen, 
blutigen  Gefechte  erreichten  die  Römer  endlich  das  Land,  wo  sie 
sich  ordnen  und  den  Feind  zurückwerfen  konnten,  ohne  ihn 
jedoch  weit  zu  verfolgen,  weil  die  Reuterei  noch  nicht  angekommen 
war.  Sogleich  gelobten  die  Britannier,  die  Herrschaft  Roms 
anzuerkennen;  sie  entliessen  Commins,  welcher  in  Fesseln  gelegt 
war,  nach  ihrer  Versicherung  das  Werk  der  unverständigen 
Menge,  und  Cäsar  rügte  es  nur,  dass  sie  Friedensgesandte  nach 
dem  Festlande  geschickt,  und  —  ihn  dann  ohne  ürsach  bekriegt 
Laben;  er  erhielt  Geissein,  andere,  welche  nicht  zur  Stelle  waren, 
solllen  in  Kurzem  bei  ihm  eintreffen. 

Ulm  blieb   aber  auch  nicht  einmal  der  Schein  einer  Eroberung. 
Seine  Reuter  waren  vier  Tage  nach  ihm  von  Gallien  abgegangen, 
und  nicht  mehr  weit  von  ihm  entfernt,  als  plötzlich  in  der  Nacht 
ein  Sturm  ihre  achtzelin  Schiffe  zerstreute,  und  auch  Cäsars  Flotte 
an  und  auf  der  britannischen  Rüste  stark  beschädigte.     Das  Heer 
war  bestürzt;    man   sah   sich   abgeschnitten,    ohne   Reuter,   ohne 
Schiffe  und  ohne  Vorräthe  für  den  Winter;  um  frei  zu  werden, 
durfte   der  Feind   nur   die  Kälte  und  den   Hunger  wirken  lassen, 
und  diess  wurde  beschlossen;    der  Proconsul  sollte  als  ein  Aben- 
teurer, als  ein  Oi)fer  seiner  Unbesonnenheit  endigen.     Es  gelang 
ihm,    das    Schicksal   zu    entwaffnen.      Die   zwölf  Schiffe,    deren 
Herstellung    olmeLin    unmöglich  war,   gaben  Holz  und  Eisen  zur 
Ausbesserung  der  übrigen ,    der  Soldat  legte  Hand  an ,    und  man 
hatte  wieder  eine   Flotte.      Diess   schien   die  Britannier  irre  zu 
machen;    sie    räumten    die  Umgegend  nicht,    und  zeigten  sich  im 
Lager;   nichts   deutete   auf  feindliche  Absichten;    die  Entfernung 
des  Wohnortes  entschuldigte  es,  dass  ihre  Geissein  vergebens  er- 
wartet wurden.     Aber  sie  täuschten.     Sie  verbargen  sich  in  einer 
Wacht  in  der  Nähe  des  Feldes,  welches  allein  noch  seine  Früchte 
hatte,    in    einem  Walde,    und  überfielen   am   andern    Tage   die 
siebente  Legion,  als   sie  sich  mit  der  Erndte  beschäftigte.     Grosse 
Staubvs'irbcl  verriethen  Cäsar,   was   sich    ereignete;    er   eilte  mi* 
den  Cohorten,   ^velche    die  Wache   hatten,    herbei;   zwei  sollten 
diese  ersetzen,  und  die  anderen  ihm  folgen.     Schon  aus  der  Ferne 


XXI.    rULU.        (31.  §.25.)        297 

bemerkte  er ,  dasa  die  Seinigen  in  einen  Knäuel  zusammen 
gedrängt  waren,  und,  Ton  allen  Seiten  angegriffen,  kaum  melir 
\viderstanden.  Die  grösste  GefaLr  droLle  von  den  Streitwagen, 
iu  deren  Gebrauche  die  Barbaren  eine  besondre  Fertigkeit  be- 
sessen ;  sie  omschwärinten  mit  iLnen  die  Linien,  bis  sie  Geleg'en- 
Leit  fanden,  Lineinzudringen,  dann  sprangen  sie  Linab  und  focLteii 
zu  Fuss ;  doch  blieben  die  Wagen  in  der  JNälie,  sie  aufzunehmen, 
und  dem  Feinde  schnell  zu  entrücken,  wenn  dieser  ihnen  über- 
legen war.  '  *)  Jetzt  gaben  sie  ihre  Vortheile  auf,  als  die  Legion 
verstärkt  wurde.  Ungeregelte  Schaaren  schreckt  jedes  Unerwartete 
weit  mehr  als  andre,  weil  es  bei  ihnen  für  einen  solchen  Fall 
keinen  Rückhalt  giebt,  und  diess  Bewusstsein  sie  befangen  macht; 
sonst  würden  die  Eritannier  sich  getheilt  und  die  heranziehenden 
C'ohorten,  welche  nun  mit  ihren  geretteten  Gefährten  in  das  Lager 
zurückkehrten,  einzeln  aufgerieben  haben.  Eben  so  wenig  sahen 
sie  ein,  wie  schwierig  es  war,  die  Römer  in  ihren  Verschan- 
zungen oder  in  deren  Nähe  zu  besiegen;  sie  dachten  nur  an  ihre 
Uebermacht,  an  Beute  nnd  Freiheit,  nnd  erschienen  vor  dem 
Lager.  Cäsar  empfieng  sie  ausserhalb  seiner  Linien  nnd  schlug 
sie  um  so  leichter,  da  eine  solche  Kühnheit  wieder  nicht  in  ihrer 
Berechnung  lag.  Noch  an  demselben  Tage  baten  sie  ihn  nm 
Frieden,  und  er  forderte  die  doppelte  Zahl  von  Geissein,  welche 
man  ihm  nach  Gallien  schicken  sollte,  obgleich  er  nichts  erobert 
hatte,  als  den  Boden,  auf  welchem  er  stand,  und  aus  Furcht  vor 
einem  Angriffe  während  der  Einschiffung  die  Insel  um  Älitter- 
nacht  verliess.  Der  ^^'ind  war  günstig',  und  ohne  Verlust  er- 
reichte er  die  belgische  Küste. 

Zwei  Lastschiffe  wurden  indess  durch  die  Strömung  von  den 
Landungsplätzen  der  übrigen  abgetrieben,  nnd  die  300  Mann, 
welche  sie  aussetzten,  von  etwa  6000  Morinern  angegriffen.  Auf 
diese  Nachricht  entsandte  Cäsar  seine  ganze  Renterei,  bei  deren 
Anblicke  die  Feinde  entflohen.  Da  ihre  Sümpfe  ausgetrocknet 
waren,  so  konnten  sie  sich  nirgends  verbergen,  als  T.  Labienus 
mit  der  siebenten  und  zehnten  Legion  ihr  Gebiet  verwüstete.  '  '■') 


18)   Caes.  4,  33.    nio  39,  SI.     Obne  Zweifel  hatten  Jie  M'agen  ancli 
Sicheln.     Vgl.   Fronlin.  sttat,  2,  3.  {.  17  n.  18.  19)   Caes.  4,  36.  37. 

Oben  A.  lö. 


298  '     XXI.    IDLII.        (31.  §.26.) 

Dasselbe  ScLIcksal  traf  durch  Titarius  Sabiniis  und  Cotta  die 
Menapier,  in  deren  Wälder  jene  jedoch  nicht  einzndring-en  ver- 
mochten. Alan  endigte  also  wie  im  vorig-en  Jahre.  ^°)  Die 
Leg-ionen  bezog-en  die  Winterquartiere  in  Belgien ,  um  die  Ein- 
>vohner  zn  zügeln ,  und  zu  einem  zweiten  Unternehmen  gegen 
Britannien  in  Bereitschaft  zn  sein.  Sie  sollten  die  beschädigten 
Schilfe  ausbessern  und  neue  erbauen ,  und  zwar  niedriger  und 
breiter,  als  sie  im  mittelländischen  Meere  zn  sein  pflegten.^') 
Ohne  Zweifel  verdankte  es  Cäsar  dieser  drohenden  Stellung,  dass 
wenigstens  zwei  britannische  Ortschaften  Geissein  schickten. 
Seinen  Bericht  an  den  Senat  kennen  wir  nicht,  es  ist  aber 
vorauszusetzen  ,  dass  er  noch  günstiger  lautete ,  als  seine  Denk- 
würdigkeiten, in  welchen  er  bemerkt,  man  habe  ihm  ein  zwanzig- 
lägiges  Siegsfest  beschlossen,  fünf  Tage  mehr,  als  im  J.  57,^^) 
ohne  zn  erwähnen,  dass  M.  Cato  nicht  nnr  dagegen  stimmte, 
sondern  auch  auf  seine  Auslieferung  an  die  arglistig  getäuschten 
Usipeter  und  Tenchtherer  antrug,*^)  damit  der  Fluch  der  Treu- 
losigkeit von  Rom  abgewendet  werde.  ^  ')  Durch  die  Anordnungen 
in  den  Winterlagern  wurde  er  so  lange  beschäftigt,  dass  er  erst 
im  Anfange  des  folgenden  Jahrs  nach  Italien  gieng.  ^*) 

§    26. 

a.  54.  Er  hielt  hier  die  gewöhnlichen  Gerichtstage,  «nd 
begab  sich  dann  anch  nach  Illyrien,  welches  die  Piriisten  ge- 
plündert hatten.  Seine  Rüstungen  bewogen  sie.  Geissein  zu 
Stelleu ,  und  die  Beraubten  zu  entschädigen.  '  ^)  Im  jenseitigen 
Gallien,  fand  er  bei  seiner  Rückkehr  600  Last-  und  28  Kriegs- 
schiffe fast  segelfertig.  Zu  ihrem  Sammelplatze  bestimmte  er  den 
Hafen  Iccins ,  da  er  jetzt  wnsste ,  dass  man  \oii  diesem  Orte  am 
bequemsten  nach  Britannien  übersetze,  von  welchem  er  etwa 
30,000  Schritte  entfernt  war.  -') 


20)   Oben  §.  22.  21)    Caes.  S,  1,    Dio  40,  1.  22)  Caes.  4,  38. 

Pio    39,   53.     Sueton.   24  f.n.     Oben  §.  20.  A.  3t.  23)    Oben  Ä.   91. 

24)  rillt.  Caes.  22.    Cato  51.   App.  lib,  4  G.iU.  Exe,  XVI  de  leg.  Siiel.  24. 

25)  Caes.  5,  1.  26)  Ders.  1.  c.  27)  Uers.  S,  2.  5.  Siralio  4,  199 
320  Stadien  oder  40,000  .Schrille.  Rcr  Hafen  lag  in  deir  Nähe  TOn  Bou- 
lognc,     wclclies    nach     der    iiciitiiig,    Tafel    spiilci-    üossoriucuiu   und    danu 


XXI.    lüLU.        (31.  §.26.)        299 

Um  sich  für  die  Zeit  seiner  AbwesenLeit  zu  sichern,  fuJirte 
er  vier  Legionen  und  800  Reuter  geg^en  die  Trevirer,  ein  nach 
seiner  Abkunft  germanisches  Volk  zwischen  dem  Rhein'  und  der 
Maas,  welches  seine  Befehle  verachtete.  Er  fürchtete,  dass  sie 
sich  mit  Hülfe  ihrer  Stammgenossen  nnd  im  Vertrauen  auf  ihre 
eigene  zahlreiche  Reuterei  empören  werden,  wenn  er  die  Provinz 
verlasse,  nnd  wünschte  so  schnell  als  möglich  zu  endigen.  Ihre 
Grossen  erleichterten  es.  Induciomarus  wollte  als  Befreier  durch 
die  Germanier  sein  Volk,  und  dann  durch  sein  Volk  ganz  Gallien 
unterjochen,^')  und  unter  den  Nebenbuhlern  besonders  Cingetorix, 
sein  Schwiegersohn,  lieber  den  Fremden  als  ihm  gehorchen.  ^^') 
Dieser  gieng  Cäsar  entgegen,  und  versicherte  ihn  seiner  Treue; 
Andere  folgten,  und  Induciomarus,  welcher  die  Wehrhaften  schon 
zusammen  gezogen  und  die  Uebrigen  in  die  Ardennen  geschickt 
hatte,  sachte  sich  nun  durch  das  Vorgeben  zu  rechtfertigen,  dass 
er  unter  der  Menge  Ruhe  und  Ordnung  erhalten  und  sich  nur 
deshalb  noch  nicht  eingefunden  habe.  Alan  glaubte  ihm ,  und  er 
kam  mit  200  Geissein,  wie  ihm  geboten  war.  Es  fehlte  an 
IMiisse ,  sich  mit  ihm  zu  beschäftigen ;  aber  auch  er  erwartete 
nur  andere  Zeiten,  zomal  da  der  Proconsifl  sich  selbst  für  Cin- 
getorix um  die  Gunst  der  vornehmen  Trevirer  bewarb. 

Obgleich  die  Meuterei  unterdrückt  war,  so  beschied  Cäsar 
doch  nun  um  so  mehr  die  Angesehensten  der  Provinz  bis  auf 
einige  Unverdächtige  nach  dem  Hafen  Iccius.  Sie  sollten  an 
seinem    zweiten   Feldzuge    gegen   Britannien   Theil   nehmen,  ^ ") 


Bonooia  hiess.  Mau  hat  ihn  anch  in  anderen  Städten  gesncht,  in  Caletum, 
(Calais)  in  Wit-sand  odpr  Wissan  und  sonst.  Für  das  Letzte  erklärt  sich 
d'An-ville.  (Sur  le  portns  Itius  in  den  Mem.  de  l'Acad.  d.  Inscr.  T.  XXVIIL 
J).  397.)  Er  baut  zu  sehr  auf  die  doch  immer  unsicheren  Angaben  der 
Alten  über  die  Entfernungen,  und  übersieht,  dass  Strabo  den  ersten  Feldzng 
mit  dem  zweiten  verwechselt;  (oben  J.  25.  A.  13)  auch  nimmt  er  an, 
Cäsar  habe  anf  der  zweiten  Fahrt  den  kürzesten  Weg  gewählt.  Mehrere 
Gelehrte,  welche  sich  mit  diesem  Gegenstände  beschäftigt  haben,  erwähnen 
Cellar.  Ijb.  2  c.  3.  p.  376  f.  und  P.  J.  B,  in  seinem  Memoire  sur  les 
campagnes  de  Cdsar  dans  la  Belgiciue,  piiblie  par  Ronlez  p.  3.  28)  Caes. 

5,  3.  26.  55.  29j    Ders.  5,  3    56.    Unten  §.  27.  A.  75.  30)  Caes. 

iS,  5  —  23.  Liv.  105:  Aliquam  partem  insulae  in  poloslatora  redegil.  Es 
kann  also  nicht  befremden ,  wenn  die  Späteren  noch  weiter  gehen.  Cic. 
ad  Qu.  fr.  2,  15.   2,   16.  §.  i.   3,  1.  J.  3:    De  Brilannicis   rebus   cognovi 


300  XXI.    lULIL        (31.  §.26.) 

eine  Massregel,  deren  Zweck  ihnen  nicht  enfg'ieng-,  am  wenigsten 
Diimnorix,  dem  Aeduer,  welcher  früher  mit  den  Helvetiern  sieb 
verbunden  hatte.  ^ ')  Wie  Inducioinarus  erbilterte  ihn  niclit  bloss 
Bein  Veihältniss  zu  den  Römern ,  sondern  auch  die  Vereitehmg- 
seiner  ehrgeizigen  Entwürfe.  Er  bat  anfangs  unter  diesem  und 
jenem  Vor^vande,  ihn  zurückzulassen;  dann  sagte  er  den  Grossen, 
man  habe  ihren  Tod  beschlossen,  und  werde  in  Britannien  aus- 
führen, was  man  in  Gallien  nicht  wage.  Cäsar  wurde  durch 
seine  Zuträger  davon  unterrichtet,  mochte  aber  gegen  den  ge- 
achteten Häuptling  nicht  einschreiten,  bis  er  dessen  Schuld  be- 
weisen konnte.  Unter  diesen  Umständen  war  es  ihm  besonders 
unangenehm,  dass  der  Nordwestwind  ihn  25  Tage  am  Auslaufen 
hinderte.  Als  er  sich  endlich  einschiifte,  und  Dumnorix  mit 
seinen  Aeduern  entwich,  befahl  er  der  Reuterei,  ihn  zu  ver- 
folgen ,  und  ihn  todt  oder  lebend  zurückzubringen.  Jener  ver- 
iheidigte  sich,  aber  er  allein;  der  Zuruf  an  die  Seinigen:  er  sei 
ein  freier  Bürger  eines  freien  Staats,  fand  kein  Gehör,  und  er 
wurde  erschlagen.  Die  Aeduer  kamen  wieder  in  das  römische 
Lager.  Bei  dem  Allen  war  es  ungewiss,  ob  die  Ruhe  von 
Dauer  sein  werde;  deshalb  blieb  T,  Labienus,  der  bewährteste 
unter  den  Legaten,  mit  drei  Legionen'  und  2000  Reutern  auf 
dem  Festlande,  die  Gallier  zu  beobachten,  die  Hafen  zu  bewachen 
und  für  Vorräthe  zu  sorgen. 

Cäsar  gieng  mit  fünf  Legionen  und  2000  Reutern ,  welche 
wie  jene  in  der  Provinz  ausgehoben  waren,  am  Abend  unter 
Segel.  Er  wurde  bei  zu  schwachem  Winde  seitwärts  gelrieben, 
und    hatte    bei    Tagesanbruch    Britannien    zur    Linken ;    nur    mit 


ex  tnis  literis  nihil  esse,  nee  qnod  metnamas,  nee  qnod  gandeamns.  ad  Att. 
4,  15.  §.  8.  4,  16.  §.8:  Constat  aditiis  iusulae  essc^  munitos  uiirilicis 
jnolibus.  Eliaiu  illud  iani  coguitum  est,  neqne  argenti  scripiüum  esse  nllum 
in  illa  insnla,  neqiie  nilam  speni  prnedae,  nisi 'ex  uiancipiis ;  ex  qulljus 
nnllos  jinto  te  literis  ant  miisicis  erudilos  exspectare.  4,  1 7.  §.  3.  ad  Farn. 
7,  6 :  In  Urilannia,  ne  ab  essedariis  decipiaiis,  raveto.  (ad  Trcbal.)  7,7: 
In  Uritannia  nihil  esse  audio  neqne  anri  neqne  argenti.  7,  17.  Vellej. 
2,  47.  5.  1.  Senec.  cons.  ad  Marc.  14.  Snelon.  25.  Flor.  ^^,  10.  §.  18: 
Itritannos  Calidonias  scqnntns  in  silvos.  Eiitrop.  6,  17  (14):  Uritannos 
slipendiarios  lecit.  Eben  so  Sex.  Hufiis.  »)ros.  <i,  9.  Itio  40,  1  f.  Tliil. 
Caes.  23.  vgl.  16.  Strabo  4,  199.  200.  App.  üb.  4  GaU.  iiu.  l'ol)ai.u. 
stral.  »,  23.  §.  5.  31)   Ulic«  5-  18.  A.  04  u,  4. 


XXI.     lULII.         (31.  §.26.)         301 

Hülfe  der  RaJer  konnte  er  clen  Ort  au  der  Rüste  erreicLen,  vro 
er  anzulegen  gedacLte  nud  um  Blittaj  eintraf,^')  Die  Feinde 
zogen  sich  bei  dem  Anblicke  von  mehr  als  800  Schiffen  zurück; 
man  mnsste  sie  aber  angreifen,  ehe  sie  sich  verstärkten,  und 
schon  in  der  folgenden  Nacht  setzte  sich  das  Heer  in  Bewegung. 
Es  fand  sie  in  einer  Entfernung  von  12,000  Schrillen  in  einer 
oflenbar  zum  voraas  gevN'ählten  Gegend  hinter  einem  kleinen 
Flusse  auf  waldigen  Höhen,  deren  Zugänge  durch  Verhaue  ge- 
sperrt waren;  dennoch  gelang  es  der  siebenten  Legion,  sie  zu 
vertreiben.  Am  audern  Tage  ■wollte  man  weiter  vordringen,  aU 
aus  dem  Lager  die  Nachricht  eiogieng,  ein  heftiger  Sturm  habe 
in  der  Nacht  die  Schiffe  von  den  Ankern  losgerissen  und  gegen 
einander  geworfen.  Die  Verfolgung  wurde  eingestellt.  Cäsar 
zählte  vierzig  zertrümmerte  Schiffe;  die  übrigen  Hess  er  an  das 
Land  ziehen  und  innerhalb  der  Verschanzungen  ausbessern ;  aach 
befahl  er  Labienu»,  neue  zu  erbauen.  Nach  zehn  Tagen  rückte 
er  wieder  Ins  Feld.  Die  Britannier  hatten  indess  eine  grosse 
Kriegsmacht  gesammelt,  und  Cassivellaunus  zum  Anführer  ge- 
wählt, welcher  jenseits  des  Flusses  Tamesis  (Themse)  herrschte, 
und  als  ein  eroberungssüchtiger  und  entschlossener  Fürst  seinen 
Nachbaren  bisher  sehr  gefährlich  gewesen  war.  Auch  jetzt 
standen  sie  am  Abhänge  vor  einem  ^Valde,  in  welchen  sie  nach 
einigem  Geplänkel  zurückwichen,  aber  nur,  um  die  Römer  un- 
erwartet anzugreifen,  als  sie  ihr  Lager  aufschlugen.  Blit  einer 
nngemeinen  Kühnheit  und  Schnelligkeit  durchbrachen  sie  mit 
ihren  Streitwagen  die  Cohorten,  welche  sich  ihnen  entgegen 
warfen.  Ihre  Art  zu  kämpfen  war  ein  unaufhörlicher  ^^  echsel 
von  Vorrücken  und  Flucht,  wobei  die  Ermüdeten  siels  durch 
Andere  ersetzt  wurden  und  jeder  einzeln  focht.  Mit  Massen 
konnte  man  ihnen  daher  nicht  beikommen,  und  wenn  die  Co- 
horten oder  Reuter- Schaaren  sich  auf lös'len ,  so  wurden  die 
Soldaten  von  den  Wagen  umringt,  deren  Mannschaft  hinabsprang 
nnd  überall  die  stärkere  war.  Doch  gelang  es  endlich  sich  ihrer 
zu  erwehren.  Entweder  hier  oder  bei  einer  andern  Gelegenheit 
rettete  ein  Legionär  zwei  seiner  Oberen,  welche  in  einen  Bruch 


32)  Nach  Dio  40,  1  vfar  er  hier  ancli  aoi  der  ersten  Fahrt  gelandet; 
er  sagt  es  nicht,  es  ist  aber  vrahrscheiolich. 


302  XXI.    lULII.        (31.  §.26.) 

genetLen  und  vom  Feinde  hart  gedrängt  wurden.  Cä'gar,  vor 
dessen  Aiigen  es  geschah,  bezeugte  Uim  seinen  Dank  nnd  seine 
Bewunderung;  er  aber  bat  weinend  und  auf  den  Knien  oni 
Gnade,  weil  er  den  Schild  nicht  zurückgebracht  hafte.  Die  Zeit 
dieser  Handlung  ist  gleichgültig ;  sie  bezeichnet  den  Feldherrn 
und  sein  Heer.  '  *) 

Schon  am  folgenden  Tage  überfielen  die  Britannier  C.  Tre- 
bonins,  als  er  mit  drei  Legionen  und  der  ganzen  Keuterei  ent- 
sandt war,  Getraide  und  Futter  zu  holen;  sie  erlitten  einen  be- 
deutenden Verlust,  besonders  durch  die  Renter,  welche  bei  einem 
sichern  Rücklialt'  so  schnell  vordrangen ,  dass  ihnen  nicht  Zeit 
blieb ,  die  Wagen  zu  verlassen.  Seitdem  hatte  man  nicht  wieder 
einen  so  harten  Kampf  zu  bestehen  ,  da  der  grö'sste  Theil  ihrer 
Hülfsvö'lker  sich  zerstreute.  Die  Uebrigen  empfingen  Cäsar  an 
der  Themse,  dessen  Bette  und  nördliches  Ufer  sie  mit  spitzen 
Pfählen  verwahrten,  ohne  ihre  Absicht  zu  erreichen;  denn  er 
gieng'  dennoch  durch  die  Fuhrt  nnd  vertrieb  sie.  ^  *)  Durch  diese 
ErfEihrungen  wurde  Cassivellauuus  belehrt,  dass  sein  Gegner  ihm 
in  ofi'ener  Feldschlacht  stets  überlegen  sein  werde;  er  entliess 
seine  Truppen  bis  auf  4000  nnd  deren  Wagen,  mit  welchen  er 
die  Römer  an  unzugänglichen  und  waldigen  Orten  beobachtete, 
Menschen  und  Thiere  von  den  Wegen,  welche  sie  einschlugen, 
entfernte,  und  die  Reuter  anfiel,  wenn  sie  Weide  suchten;  nur 
in  Reihe  nnd  Glied  war  man  vor  ihm  gesichert.  Sein  Verfahren 
liess  den  besten  Erfolg  hofien ;  man  durfte  nur  dabei  beharren 
und  einig  bleiben.  Es  führte  aber  langsam  zum  Siege;  die  Rö- 
mer gewannen  immer  mehr  Boden,  und  als  man  dem  Feldherm 
nicht  mehr  vertraute,  regte  sich  der  Hass  und  die  Eifersucht; 
man  wollte  durch  den  neuen  Feind,  wenn  mau  ihm  nun  einmal 
nicht  widerstehen  konnte,  sich  am  alten  rächen.  Die  Trinoban- 
ten,  einer  der  mächtigsten  Stämme  nördlich  von  der  Themse,  ba- 
ten Cäsa^,  ihnen  Maiidubratius,  den  Sohn  ihres  Königs  zu  schicken, 
welcher  sich  zu  iiim  auf  das  feste  Land  begeben  halte,  als  sein 
Vater  von  Cassivellauuus  getödtet  war.     Ihr  Wunsch   wurde    er- 


33)  rint.  Caes.  16.  34)  Nach  Polyaen.  slrat.  8,  23.  §.  5  bewiiklp 
diess  die  Fnrcht  vor  dem  Elephaaten  der  Römer,  welchen  ausser  ihm  nie- 
mand ervrähnt. 


XXI.    lüLII.        (31.  §.26.)        303 

füllt,  wogegen  sie  sich  unterwarfen  und  Getraide  lieferten.  Das- 
selbe geschah  nach  ihrem  Vorgange  von  Anderen,  und  da  es  nun 
in  den  Wäldern  und  Sümpfen  nicht  afi  Führern  fehlte,  so  nah- 
men die  Römer  nach  geringem  Widerstände  den  Hauptort  des 
fassirellaunus,  wo  sie  sich  ganzer  Heerden  bemächtigten.  Auch 
dieser  Verrath  eutmiilhigte  den  britannischen  Fürsten  nicht.  Er 
gebot  den  vier  Häuptlingen  in  Cantium  (Kent),  südlich  von  der 
Themse,  ^  *)  das  römische  Lager  an  der  Küste  zu  erobern.  Bald 
meldete  man  ihm,  dass  der  Versuch  uisslungen  sei,  und  nun  un- 
lerhandelte  er  durch  den  Atrebaten  Commius.  ^  ^)  Cäsar  verlangte 
\  ou  Britannien  eine  jährliche  Abgabe  und  von  ihm  insbesondre, 
dass  er  sich  nicht  an  den  Trinobanten  rächte  und  Gcisseln  stellte.") 
Beide  Theile  wussten  diese  Unlerv^erfung  zu  würdigen ;  der  Sie- 
ger woUte  dadurch  seiner  Behauptung  Glauben  verschaffen,  dass 
er  die  Insel  erobert  habe,  weshalb  er  auch  die  Gefangenen  und 
Geissein  mit  sich  nahm,  obgleich  er  voraussah ,  dass  er  nie  Tribut 
erhalten  werde;  der  Besiegte  beschleunigte  Cäsars  Abzug,  an  wel- 
chen ohnehin  die  Jahrszeit  mahnte,  und  ohne  Zweifel  war  die 
ihm  untersagte  Bestrafung  des  Abfalls  sein  erstes  Geschäft. 

Um  auf  der  Flotte  mehr  Raum  zu  haben,  schiffte  sich  das 
römische  Heer  in  zwei  Abtheilungen  ein.  Aber  die  Fahrzeuge 
der  ersten,  welche  mit  den  60  von  Labienus  neu  erbauten  leer 
Zurückkamen ,  warfen  widrige  Winde  bis  auf  wenige  wieder  an 
die  gallische  Rüste.  Cäsar  mochte  sich  nicht  den  Stürmen  der 
Herbst- Nachtgleiche  aussetzen;  nach  einigem  Zögern  gieng  er  in 
See;  sie  war  vollkommen  ruhig-,  und  auch  übrigens  traf  ihn  kein 
Unfall. '  ä) 


35)  Caes.  5,  13.  22.  36)  Oben  §.  25.  A.  9.  37)  Cic.  ad  All. 
4,  17.  §.3  —  confecta  BritannJa,  obsidibiis  acceptis,  nnUa  praeda,  ira- 
perata  tarnen  pecnnia.  38)    Er    schrieb  aiu  1.  Sept.   nacli  der  nnbericl«- 

tigten  Jahrform  ans  Britannien  an  Cicero,  vrelcher  diesen  liiief  am  28, 
desselben  Alonats  erhiett,  ad  (^n,  fr.  3 ,  1  Cn.  nnd  dann,  als  er  im  ße- 
grilT  irar,  die  Insel  zu  verlassen,  am  26.  Sept.  ad  All.  4,  17.  J.  3.  „Dioss 
stimmt  mit  Cäsars  Angabe,  (5,  23)  dass  er  sein  Heer  gegen  d.  Aequinocliun 
ans  Britannien  zurückgezogen  habe,  ganz  gnt  iiberein.  Penn  der  26.  Sept. 
entsprach  damals  dem  31.  Julian.  Angnsl,  und  d.  Herbst  -  AeqiuuociiMm  lr.i( 
anf  den  25,  jolian.  Sept."    Ideler  Uaudb,  d,  Chronol.  2,  116. 


304  XXI.    lULII.         {31.  §.27.) 

§    27. 

(a.  54.)  Er  pflegte  j«LrIich  die  Grossen  der  Provinz  zu  ver- 
sammelu  uud  dadurch  iLrea  Gehorsam  zu  erproben;  es  geschah 
auch  jetzt  zu  Sainarobriva,  (an  der  Samara,  Sorame;  Amiens)^") 
ehe  er  den  Legionen  die  Winterquartiere  anwies.  In  Folge  einer 
Misserndte  legte  er  sie  weit  aus  einander.  Eine  führte  der  Le- 
gat C.  Fabins  zu  den  Morinern  (Picardie,  zwischen  der  Lys  und 
Boulogne).  *  °)  Eine  andre  Q.  Cicero,  der  Bruder  des  Redners, 
zu  den  Neryiern  (am  Flusse  Sabis,  Sambre,  in  Hennegau.)") 
Eine  dritte,  und  zwar  die  dreizehnte,*-)  L.  Roscius  zu  den  Es- 
suern,  (in  der  Normandie)  in  deren  Lande  man  am  wenigsten 
Unruhen  fürchtete.  *  ^)  Eine  vierte  T.  Labienus  zn  den  Remern, 
(Rheims  zwisclien  der  Matrona  und  Axona,  Marne  und  Aisne) 
so  dass  er  an  der  Gräuze  der  verdächtigen  Trevirer  lagerte,**) 
etwa  60,000  Schritte  von  Cicero,*^)  und  weiter  als  dieser  von 
den  Legaten  im  Lande  der  Eburonen  entfernt,  nämlich  etwas 
mehr  als  50,000  Schritte.*^)  Die  Legion,  welche  zulezt  jenseits 
des  Padus  ausgehoben  war,  gieng  nebst  fünf  Cohorten  mit  Q.  Ti- 
turius  Sabinns  uud  L.  Aurunculejus  Cotta  zu  den  Eburonen. 
(Zwischen  der  Blaas  und  dem  Rheine.)*')  Die  noch  übrigen 
drei  Legionen  sollten  unter  den  Befehlen  des    Quästor   M.  Cras- 


39)  Caes.  5,  24.  47.  53.  Cic,  ad  Fam.  7,  11.  12.  16.  Vgl.  Samaro- 
briva  ou  Examen  d'iiiie  qnestion  de  Geographie  ancienne  par  M.  de  C... 
Amiens  1832.  Die  Gründe,  welche  den  Vf.  d.  Recherches  sur  Samar.  in 
d.  mehrmals  erwähnten  Memoire  sur  les  camp,  de  Cesar  p.  76  bestimmen, 
von  d.  gewöhnlichen  Meinung  abzugehen,  und  den  Ort,  später  Ambiani 
genannt,  nicht  als  ll.inptort  der  Ambianer  in  Belgien  in  Amiens  oder  doch 
in  dessen  Nähe,  sondern  in  Canibrai  zu  suchen,  befriedigen  nicht,  Dass 
briva  Brücke  bedeutet,  ist  freilich  nicht  verbürgt.  40)  Caes.  5,  24.  46. 
41)  Ders.  5,  24.  27.  38  f.  Cicero  schrieb  im  November:  Ubi  isli  sini 
Nervii,  et  quam  longe  absint,  nescio.  ad  Qu.  fr.  3,  8.  §.  2.  42)  Caes. 
S,    53.  43)   Dprs.  5,   24;    er  erzählt  c.  53,    die  Armoriker,   wie  man 

die  Völker  dieser  Küste  im  Allgemeinen  nannte,  haben  Roscius  mit  e.  An- 
griffe bedroht;  der  Legat  stand  also  im  nürdlicheii  Gallien,  und  wenn  die 
Lesart  in  Essuos  nngewiss  ist,  so  ist  die  von  Mehreren  vorgesclilagene  in 
Aeduos  entschieden  falsch.  44)  Ders.  S,  24.  Dio  40,  11.  45)  Caes. 
5,  53.  46)  Ders.  5,  27  flu.  Labienus  wollte  im  Winter  nach  Rom  rei- 
sen, welches  der  Aufstand  in  Gallien  verhinderte.  Cic.  od  Qu,  fr.  3,  8. 
47)  Caes.  5,  24.  26.    Nach  Aduatuca,     Unten  §.  30.  A.  22. 


XXI.    lULII.        (31.  §.27.)        305 

sus,  und  der  Legafen  C.  Treboniiis  und  L,  Munatlns  Plancns, 
welcher  jedocL  bald  zu  den  C'armifen  gescLickt  wurde,'*')  im 
westlicLen  Belgien  überwintern.''^)  Alle  diese  Lag'er  befanden 
sich  bis  auf  die  Slellung  des  Koscius  innerLaib  eines  Umkr-eises 
von  100,000  Schritten; '")  man  konnte  sich  abreichen,  ohne  sich 
den  Unterhalt  zu  erschweren ,  und  doch  machte  man  die  Erfah- 
rung', dass  die  besten  Bereclmung-en  eines  g-rossen  Feldherrn  oft 
trügen. 

Cäsar  war  noch  im  jenseitigen  Gallien,  als  man  ihm  mel- 
dete ,  die  Carnuten  (zwischen  der  .Seine  und  Loire,  in  Orleanols, 
Vendomois  und  Beauce)  haben  Tasgetius  erschlagen,  welcher  ans 
ihrem  fürstlichen  Geschlechte  stammte,  und  weg;en  seiner  Treue 
vor  drei  Jahren  von  ihm  zu  ihrem  Könige  ernannt  war.  ^') 
Ohne  zu  ahnden,  dass  diess  nur  ein  Vorsj)iel  zu  grösseren  Be- 
wegungen sei,  schickte  er  L.  Plancus  in  ihr  Land,  an  welchen 
die  Schuldigen  ausgeliefert  wurden.  Dann  entfernte  er  sich  Ton 
seinen  Truppen,  da  sie  nun  alle  ihren  Bestimmungsort  erreicht 
Latten,  um  über  die  Alpen  zu  gehen.  ^ -)  Er  war  aber  nocl» 
nicht  in  Italien  angelangt,  als  die  Empörung  der  Gallier  ihn  zu- 
rückrief. '^) 

luduciomarus,  der  Trevirer,  Latte  sich  vor  dem  britanni- 
schen Kriege  gegen  ihn  aufgelehnt.  Er  war  nicht  bestraft  aber 
gedemiithigt,  und  die  Züchtigung,  wie  er  glaubte,  nur  vei*scho- 
ben.  *'')  Umstrickt  und  niedergebeugt  zeigte  er  vorerst  Anderen 
das  Ziel  und  den  Weg;  die  Gallier  waren  einzeln  unterjocht, 
durch  dieselbe  Taclik  mussle  man  sich  befreien,  uud  wenn  er 
nur  erst  die  niichslen  Römer  vernichtet  und  seine  Bande  gesprengt 
Latte,  so  gedachte  er  als  der  Urheber  des  Unternehinens  öffent- 
lich aufzutreten,  an  der  Stelle  der  Fremden  zu  gebieten,  imJ 
ihrem  Anführer  zu  beweisen,    dass  er  nur  für    ihn   erobert,   für 


48)  Dcrs.  5,  24.  23.  49)  Ties  in  Belgio  conlocaTit,  Caes.  S,  24, 
erklärt  durch  c.  46:  Caesar  nuucium  in  liellevacos  (Beaiivaiü  iwischeii  der 
Soinnie  u.  d.  Seine)  ad  M.  Crassum  quaostorem  midil;  aucli  die  Sendung 
des  riancus  zu  den  siiiUicli  von  der  .Seine  n.  also  niclit  fern  T\olinendei» 
CaniuCen  deutet  auf  jene  Gegend.  50)  Caes.  5,  24.  51)  Dcrs.  5,  23. 
So  halte  er  den  Alrekateu  Conimins  (4,  21)  n.  den  Senonen  Cararinas  auf- 
ggdrangen.  (5,  54.)  52)  Ders.  2,  25.  29.  53)  Dio  40,  5.  9.  Plul. 

Caes.  24.         54)  Ohen  f.  26  in. 

fIrum.'Uin,   Gescliichte  Itoms  III.  20 


30r»  XXI.     lULII.         (31.  §.27.) 

ihn  die  alten  Ordnnngen  aufgehoben  und  die  Völker  in  Ver- 
zweiflung gesliirzt  habe.  Man  übereilte  sich  aber,  und  wohl 
ohne  seine  Schuld.  Fünfzehn  Tage  nach  dem  Abgange  des  rö- 
mischen Feldherrn  konnte  man  zu  einer  gleichzeitigen  Erstiiraiung 
seiner  Lager  noch  nicht  vorbereitet  sein,  und  ein  einseitiger, 
wenn  auch  glücklicher  Angriff  machte  das  Uebel  nur  ärger. 

Zu  den  Häuptlingen ,  mit  welchen  Indiiciomarus  einverstan- 
den war,  gehörten  die  Eburonen  Ainbiorix  und  Cativulcus,  der 
Letzte  ein  hochbejahrter  Mann,  *')  Sie  empiiengen  Titurius  und 
C'otta,  deren  Untergang  sie  beschlossen  hatten,  als  Freunde,  und 
versorgten  sie  mit  Gelralde.  Um  so  weniger  entdeckte  man  ihre 
geheimen  Umtriebe ,  bis  sie  w^ohl  gerüstet  vor  dem  Lager  er- 
schienen. Ihr  Versuch,  es  zu  erobern,  misslang,  und  nun  lockten 
sie  die  Legaten  ins  freie  Feld.  Ambiorix  erölfnele  den  römi- 
schen Abgeordneten,  welche  auf  seinen  Antrag  zn  ihm  kamen: 
er  verdanke  es  Cäsar,  dass  er  den  Aduatnken,  seinen  JVachbaren, 
nicht  mehr  Tribut  und  Geissein  gebe;  sein  Volk  habe  ihn  zu  den 
Feindseligkeiten  gezwungen  imd  werde  selbst  wieder  bei  seiner 
Unbedeutsamkeit  durch  den  Willen  der  übrigen  bestimmt,  welche 
sich  geeinigt  haben ,  in  dieser  Zeit  alle  römischen  Lager  anzu- 
greifen ;  in  kurzem  werden  auch  germanische  Söldner  sich  einfin- 
den; man  möge  sich  daher  zu  Cicero  und  Labienus  zurückzie- 
hen;**) der  Pflicht  gegen  Gallien  habe  er  genügt,")  Jetzt  wolle 
er  auch  der  Pflicht  der  Dankbarkeit  genügen;  auf  dem  Wege 
durch  sein  Land  sei  nichts  zu  fürchten,  er  verbürge  sich  dafür.") 


55)  Caes.  5,  24.  26.  6,  31.  Liv.  106.  Siieton.  25.  67:  Clades  Tifn- 
i'iaiia.  Flor.  3,  10.  {.  7  u.  8  verwechselt  die  Zeiten;  auch  DolabeUa  für 
Labienns  scheint  eigner  Irrthum  zusein;  anium  ahlatnm  für  Aiaiinculeiiuu 
Coitam  kommt  dagegen  offenbar  anf  Rechnung  der  Abschreiber,  und  sollte 
nicht  mehr  in  den  Text  anfgenomnien  Tverdcn,  Kulrop.  6,  17  (14).  Oros. 
C,  10.  Dio  40,  4  f.  li.it  nicht  aus  Ciisar  geschöpft.  Plut.  Caes.  24.  App. 
2,  523.    Polyaen.  sirat.  8,  23.  §.  23.  56)  Diese  waren  nach  dem  Vo- 

rigen jetzt  auch  schon  eingeschlossen  oder  gefangen.  57)  Er  hatte  die 
llömer  nach  seinem  Vorgelien  nur  gezwungen  angefeindet.  Nichts  Unge- 
reimteres als  diese  Rede,  aber  wohl  unr  dnrch  Ciisars  Zusätze,  welcher 
die  Arglist  dos  Ebnronen  u.  die  Verblendung  des  Titurius  bemerklich  ma- 
chen wollte.  58)  Nemo  tantum  feroces  dixerit  Gallo»,  fraudibus  agunt. 
Flor.  3,  10.  §,  7.  Die  Eburonen  waren  aber  germanischer  Abkunft.  CaeS. 
2,  4. 


XXI.    lULII.        (31.  §.27.)        307 

Nach  diesen  MiftLeiInngen  Lielten  die  Legaten  einen  Krieg'sratli: 
Cofla  und  meLrere  Andere  wollten  ohne  Cäsars  BefeLI  sich  nicixt 
entfernen;  mau  sei  stark  genug',  sieb  zu  beLanpten ,  diess  zeige 
das  letzte  Gefecht;  auch  fehle  es  nicht  an  Lebensmitteln;  auf  die 
Weisung  des  Feindes  zn  handeln  sei  schimpflicher  Leichtsinn. 
So  dachte  Cäsar,  v^elther  das  Gutachten  nur  im  Allgemeinen 
kannte.  Anders  stimmte  Tiluriiis:  nicht  dem  Feinde  gebe  er  Ge- 
Lö'r,  die  Sache  spreche  selbst;  der  Angriff  der  Eburonen  verrathe 
einen  mächtigen  Rückhalt;  Cäsar  sei  fern,  auf  Entsatz  nicht  za 
rechnen;  zu  schwach,  den  vereinigten  Galliern  und  Germaniern 
zu  widerstehen  könne  man  sich  nur  durch  einen  schnellen  Rück- 
zog retten.  Die  Berathung  endigte  sich  um  Slitfernacht  mit  einem 
Wortwechsel  zwischen  ihm  und  Colta,  welcher  sich  zuletzt  fügte. 
Am  andern  Morgen  erfolgte  der  Aufbruch,  und  ohne  Vor- 
kehrungen zum  Kampfe  in  einem  langen  Zuge  und  mit  ^^ele^l 
Gepäck;  innerhalb  drei  Tagen  hoffte  mau  in  westlicher  Rich- 
Jung  das  Lager  Ciceros  zu  erreichen;  es  war  50,000  Schritte  ent- 
fernt aber  unter  allen  das  näcliste. '  *)  Als  der  grösste  Theil  der 
Römer  etwa  2000  Schritte  weit  in  einem  Walde  in  ein  Thal  ge- 
kommen ^var,  stürzte  sich  der  Feiud  aus  einem  Hinterhalte  zu- 
gleich auf  die  Spitze  und  auf  die  Kachhut.  Tituriiis  zitterte; 
Cotia  blieb  besonnen,  weil  die  Ereignisse  ihn  nicht  überraschten; 
er  befahl,  das  Gepäck  aufzugeben,  und  einen  Ivreis  zu  schliessen; 
■wenn  die  Gallier  plünderten,  so  konnte  man  sich  leichter  durch- 
schlagen, Sie  aber  setzten  den  Angriff  fort,  ohne  sich  mit  der  Beute 
zu  befassen,  und  da  sie  im  Handgemenge  viele  Blenschen  verlo- 
ren, so  zog-en  sie  sich  anf  Ambiorix  Anordnung  schnell  zurück, 
wenn  eine  Cohorfe  vordrang-,  und  verfolgten  sie,  wenn  sie  sich 
wieder  an  den  Heerhaiifen  ansrhloss.  Schon  hatte  man  vom  Mor- 
gen bis  zur  achten  römischen  Stunde  gefochten,  und  das  Geschoss 
der  Gallier  die  Reihen  ihrer  Gegner  gelichtet,  als  auch  Colta  mit 
einer  Schleuder  im  Gesichte  verwundet  wurde.  Titurius  liess  den 
feindlichen  Feldherrn,  von  ■welchem  er  noch  immer  glaubte,  dass 
er  gegen  seinen  Willen  kämpfe,  um  Schonung  bitten,  und  dieser 
Terpfa'ndele  sein  Wort  für  seine  persönliche  Sicherheil;  auch 
Wollte  er  sich  für  die  Truppen  verwenden;  man  möge  das  Wei- 


59)  Cnes.  S,  27.  30. 

20^ 


308  •  XXI.    lULII.        (31.  §.27.) 

tere  mit  ihm  bespreclien.  Abermals  warnfe  Colin;  Tllnrius  gieng 
ihit  seinem  Gefolsje  allein,  und  wurde  wiilirend  der  absicliflich 
Verlängerlen  Unlerredinig-  umringt  und  erschlagen.  Die  Barbaren 
erhoben  ein  -wildes  Geschrei,  und  iiberwälligten  die  Römer,  wel- 
che sich  mutliij  vertheidiglen,  aber  g-rössteniheils  mit  Cotta  für 
'den  Wahn  des  andern  Legaten  mit  dem  Leben  bilssten.  Eine 
Weine  Schaar  entfloh  nach  dem  Lager,  und  tödtete  sich  hier,  als 
sie  sich  hier  eingeschlossen  sah;  nur  Einige  gelangten  auf  grossen 
Umwegen  zu  der  Legion  des  Labienus. 
•''  Was  auch  Ambiorix  am  meisten  beschäftigen  mochte,  die 
■Frende,  dass  nach  diesem  ersten  Siege,  nach  einem  so  g-länzen- 
■den  Erfolge,  welchen  schon  halbe  Massreg-eln  gehabt  hatten,  die 
Befreiung  des  Vaterlandes  nicht  mehr  unmöglich  schien,  oder  die 
Hoffnung,  nun  sellist  sich  der  Beweg'ung'  zu  bemächtigen,  und 
Iriduciomarus  in  den  Hintergrund  zn  schieben ,  er  vernachlässigte 
"nichts j  sondern  eilte  zu  den  Wachbaren,  den  Aduafuken  imd Ner- 
'viern ,  und  bald  standen  diese  mit  den  von  ihnen  abhängigen 
Völkern  und  den  Eburonen  vor  dem  Lager  des  Q.  Cicero^  ^'') 
■flm  Lande  der  Nervier,  südwestlich  von  Brüssel.^'))  Er  sollte 
'erdrückt Werden ,  ehe  er  noch  den  Tod  des  Tilurius  erfuhr;  ein 
■Sturm  folgte  dem  andern,  und  sein  Hülferuf  drang  nicht  zu  Cä- 
sar hindurch,  da  die  Wege  besetzt  waren.  So  auf  sich  selbst 
angewiesen  gab  er  seinen  eben  so  braven  Truppen  ohnerachtet 
Seiner  wankenden  Gesundheit  das  Beispiel  eimr  heldenmiilhigen 
Vertheidigung;  am  Tage  wurden  die  Angriffe  der  Belgier  abge- 
schlagen, und  in  der  Nacht  die  Werke  ergänzt  und  verstäikt.^^) 


60)   Caes.   5,    38  —  52.    tiv.   106.    Gros.   6,    10.    D!o40,7.    Plnt. 

Caes.  24.  App.  lil).  4.  G.ill.  fin.  Polyaea.  strat.  8,  23.  §.  6.  61)  Zwi- 
$cheu  dieser  Stadt  n.  Mons  im  Ilennegaii.  Zu  e.  genauem  Angabe  fehlen 
'die  Naclirichten,  obgleich  in  d.  Mem.  snr  les  campagnes  de  C&ar  p.  4 
Tgl.  p.  22  versichert  -wird,  Cicero  habe  zu  Castres  gelagert,  im  Flamländi- 
schen  Kester,  einem  Dorfe  zwischen  Brüssel  und  Engliien ,  etwa  4^  lieues 
von  Nivelles.  62)  120  Thiirme  konnte  man  JTrcilicIi  in  Einer  Nacht  nicht 
erbauen,  Caes.  5,  40,  und  eben  so  wenig  bade  man  für  sie  die  erforderliche 
Mannschaft;  ohne  Zweifel  fällt  die  überhicbeno  Zahl  unwissenden  Ab- 
schreibern zuv  Last.  Boesch  Comment,ir  S.  259  lies'l:  zwanzig.  Auch  ist 
nicht  zu  verkennen ,  dass  Cicero  die  Gelcgonheit  benutzte ,  Cäsar  sicTi  zu 
Ter]>IIichieu ,   von    dessen    Gunst   das    Schicksal   seines   Hauses    abzuhüngen 


XXI.    lULII.        (31.5.27.)        309 

^  iclleicht  gelange   es,    auch    diese    Legion   zu  yerlocten.    -  Einige 
iiiplliniie  der  IVervier,   welche  Cicero  kannte,  meldeten  ihm  bei 

.^;ier  Ziisammenknuft  den  Tod  des  Tilurius,  und  wiederLol(en, 
\>as  Ainbiorix  früher  im  gleichen  Falle  gesag-t  hatte,  mit  dem 
JJeifiigen,  sie  wünschen  nur,  dass  es  nicht  zur  Gewohnheit  werde, 
iin  \^  inter  unter  ihnen  zu  lag-ern ,  übrigens  g-eslatte  man  ihm 
gern  freien  Abzug-.  Er  verwies  sie  an  Cäsar,  und  erbot  sich, 
ihr  Gesuch  zu  unterstützen,  wenn  sie  die  ^Yaffen  niederlegten. 
.Sofort  beg-ann  die  Belagerung-.  Die  Gefangenen  und  C0,000  Ar- 
me ^^)  ersetzten,  was  dem  belgischen  Heere  an  liinsitht  und  an 
Geräthschaften  fehlte ,  und  Cicero  sah  sich  bald  von  Wall  und 
Graben,  von  Thünuen  und  Slnrinda'chern  umgeben,  Zurüslungen, 
bei  deren  Anblicke  Cäsar  später  erstaunte.^')  Am  siebenten 
Tage  wurden  die  Hütten  der  Römer  bei  einem  starken  Winde 
mit  Brandpfeilen  und  glühenden  Kugeln  von  Thon  angezündet; 
das  ganze  Lager  schien  in  Flaninieu  zu  stehen ,  und  dennoch 
konnten  die  Feinde  nicht  hineindringen,  weil  der  römische  Sol- 
dat, unbekümmert  um  Brand  und  Habe,  sie  mit  kaltem  Blute 
enipfleng-.  Die  Besatzung  eines  Thurms  wagte  es  nicht,  auf  den 
A^  all  hinüberzugehen ,  wo  man  sie  dazu  aulforderle  und  zu  deaa 
linde  den  Platz  räumte.  Zwei  Centurionen  hatten  längst  wellei- 
fernd nach  einem  höhern  Kange  gestrebt;  Pulfio  stürzte  wiihrend 
des  heftigsten  Kampfes  ans  den  Linien  mit  dem  Zurufe  au  Va- 
renus :  dieser  Tag  werde  über  sie  entscheiden;  er  wurde  um" 
ringt,  ^  arenus  machte  ihn  frei,  und  ihn  rettete  wieder  Pulfio; 
unverletzt  kamen  beide  aus  dem  Getümmel  zurück,  ihr  Streit 
war  nicht  entschieden. 

Ein  solcher  Geist  belebte  Cäsai-s  Heer.  Aber  ein  grosser 
Theil  war  verwundet ,  und  die  Belgier  ruhten  uicht ;  sie  ermor- 
deten die  Boten,  welche  zu  dem  Proconsul  geschickt  wurden,  vor 
den  Augen  der  Rpmer,  bis  endlich  ein  Sclav  des  Vertico,  eines 
im  Lager  gegenwärtigen  und  Cicero  ergebenen  IVerviers,  sein 
Ziel    erreichte.''^)     In    derselben    Stunde    baschied    Cäsar   seineu 


Scliien,    und   für   "welchen  er  in  diesem  J.itire  dringend  eine  Lobscbrifl  von 
seinem   Bruder    verlungle.     .S.    nnlen    \.    ^8.  C3)    C'.iPS.    5,    49.      Hut. 

C'aes.  2i.         04)  C'acs.  5,   S2.  65)  Mo?    ist  nngewiss,    .ibcr  docli  jcu- 

seits  Saiuarobriv.1 ,  (oben  A.  39)  denn  bis  zu  «iic^iCui  Orte  war  der  l'rocon- 
sul  noch  uicbt  vorgedcuugen.     Caes.  5,  47. 


310  XXI.     lULU,         (31,  §.27.) 

Qnästor  M.  Crassiis  zu  sich,  welcher  25,000  Schritte  weit  bei 
den  Bellovaken  stand; ''^)  C.  Fabius'^')  sollte  von  der  Küste  zu 
den  Atrebaten  (Ai-tois)  vorrücken,  und  ihn  hier,  erwarten ,  und 
Labienus^')  zu  den  Nerviern,  wenn  es  ohne  Gefahr  geschehen 
könne ;  die  übrigen  Truppen  waren  zu  fern.  Er  halle  nur  40O 
Keuler,  als  Crassus  zu  ihm  sliess;  die  20,000  Schrille,  v^'elche 
ihn  von  Samarobriva  (Auiieus)  trennten,  wurden  an  Einem  Tage 
zurückgelegt.  Hier  befanden  sich  seine  Geisselu  und  l'rkunden, 
viel  Gei);ick  und  alles  für  den  Winter  aufgespeicherte  Getraide 
unter  dem  Schutze  einer  Legion.  Diese  übergab  er  Crassus,  wo- 
gegen weiterhin  Fabius  sich  mit  ihm  vereinigte ,  aber  nicht  La- 
bienus,  denn  ihn  umschwärmten  die  Trevirer  unter  ludiiciomarus. 
Als  Cäsar  mit  nur  zwei  ohnehin  sehr  geschwächten  Legionen 
die  Gränzen  der  JVervier  überschritten  hatte,  meldete  er  es  Cicero 
in  einem  in  griechischer  Sprache  verfasslen  Briefe, ''8)  welcher 
von  einem  gallischeu  Reuter  mit  einem  Spiesse  ins  Lager  ge- 
worfen, aber  erst  am  dritten  Tage  bemerkt  wurde.  Bald  konnte 
er  die  erfreuliche  JNachricht  durch  die  Rauchsäulen  der  niederge- 
brannten Ortschaften  bestätigen.  Nun  aber  wandten  sich  die 
Feinde  gegen  ihn;  er  wurde  durch  einen  Sclaven  des  Vertico, 
welchen  Sprache  und  Kleidung-  des  Landes  unverdächtig  machten, 
von  Cicero  gewarnt,  ohne  seinen  Eulschluss  zu  ändern,  und  nur 
4000  Schrille  war  er  vorgerückt,  als  er  jenseits  eines  grossen 
Thals,  durch  welches  ein  Bach  iloss,  die  Belgier  erblickte.  Sein 
Heer  von  7000  Blann  ohne  Tross  und  Gepäck  musste  ihnen  ver- 
ächtlich sein;  überdiess  gab  er  dem  Lager  einen  geringen  Um- 
fang, damit  sie  in  ihrer  Zuversicht  um  so  gewisser  und  vor  der 
Ankunft  ihrer  Verstärkungen  durch  das  Thal  giengen  und  seine 
Linien  angrilfen.  Doch  zeigten  sich  anfangs  nur  ihre  Reuter; 
als  aber  die  seinigen  wichen ,  und  die  Cohorten  mit  ängstlicher 
Eile  die  Werke  erhöhten  und  zum  Schein  die  Thore  verrammel- 
ten ,  folgten  die  Uebrigen.  Sie  fanden  nicht  einmal  die  Schanzen 
besetzt,  und  begrüssteu  den  feigen  Feind  in  seinem  \  erst  eck  mit 
einem  Hagel  von  Pfeilen;  Herolde  verkündigten,  bis  zur  drillen 
Tagesstunde  könne  mau  gefahrlos  zu  ihnen  übergehen,  dann  nicht 


66)  Oben  A.  49.  67)  Oben  A.  40.  68)  A.  44.  69)  Caes. 

6,  48.    Dio  40,  9.    Obeu  §.  IS.  A.  96. 


XXI.     lULII.         (31.  §.27.)         311 

melir;  zng;Ieich  sah  mau  sie  mit  Jen  Ilünden  den  Wall  einreisseu 
Hiid  den  Graben  füllen.  Slill  und  sc]ii;!i;fer(i^  Stauden  die  llöaier 
im  Innern;  auf  ein  Zeichen  öffneten  sich  die  Thore;  sie  stiiizle« 
Liuaus,  die  Reuter  voran,  und  wie  ein  anfg-eja^tes  V/ild  eut/lo- 
Len  die  Horden,  und  bedeckten  das  Feld  rait  ihren  Leibern  und 
weggeworfenen  ^^^aifen. 

Um  die  neunte  römische  Stunde  dieses  Tages'")  kam  Cäsar 
zu  Cicero.  Ilr  musterte  dessen  Legion,  in  welcher  nicht  der 
Zehnte  ohne  Wunden  war,  und  dankte  ihr  und  ihrem  Fiilirer. 
Am  andern  Blorgen  benachrichtigte  er  sie  von  Jeui  Schicksale 
des  Cotta  und  Titurius,  welches  der  Unbesonnenheit  des  Letztem 
zuzuschreiben  sei;  mau  habe  die  gefallenen  Brüder  gerächt,  und 
nicht  Ursach,  sich  länger  dem  Schmerze  zu  überlassen.  So  nährte 
er  iu  seinen  Ki-iegern  auch  im  Unglück'  ein  stolzes  Selh^lgefiihl, 
die  Uebcrzeugung,  dass  der  römische  Soldat  nur  durch  elgenn 
Schuld  überwunden  werden  könne.'')  Er  schickte  Fabius  N\ie- 
der  zu  den  Älorinern,  uud  blieb  die  noch  übrige  Zeit  des  Win- 
ters Tou  drei  Legionen  umgeben  in  Samarobriva ;  denn  durch  die 
glänzende  That  des  Ambiorix  war  ganz  Ciallien  aufgeregt ;  Ge- 
sandte giengeu  hin  und  her,  uud  die  Häuptlinge  hielten  au  abge- 
legeneu Orten  näclilliche  Zusamnieukiinfle.  3Iochle  sein  Sieg- 
den  lliickziig  des  Induciomarus  bewirken,  welclier  am  folgenden 
Tage  Labieuuf  atte  augreifen  wollen,  und  L.  Iioscius  iL'  i  mel- 
den,'-) dass  nun  auch  die  Völkerschaften  iu  Armorica,  deren 
Heer  ihm  schou  nahe  gewesen  war,  sich  eulferut  haben,  so 
luusste  er  doch  slets  ueue  Bewegungen  fürchten,  auch  als  er  die 
Vornehmsten  der  Provinz  zu  sich  entboten  und  ihnen  unter  ernst- 
licher Verwarnung  eröffnet  hatte,  dass  er  ihre  Umtriebe  kenne.' *) 
Nur  den  Aeduern  und  Kemern  durfte  er  verhauen,  und  auch 
diesen  nur,  weil  sie  den  übrigen  Galliern  für  Verrälher  galten 
und  Hache  fürchteten.  Die  Senonen,  (südlich  von  der  Seine,  mit 
einem  Hauptorte  Agendicum ,  Sens)  dcreu  Ahnen  Kom  zerstört 
Latten,    vertrieben    sogar    ihren   König    Cavarinus,    welclier  seine 


70)  Caes.  S,  53.  71)  Uors.  5,  52.  fllii  dieser  Uede  liisst  sicli  die 
Kacliricht  bei  Suet.  67  ii.  roljaen.  siial.  8,  23.  J.  23  iiicbl  vereinigen,  er 
habe  nach  der  Niederlage  des  Titnrins  Uanpl-  u.  Bnrlkaar  wachsen  las- 
sen, bis  sie  gerächt  sei.  72)  Oben  A.  4J.  73)  Caes.  5,  53.  54. 
Die  Urheber  erscbieueu  iiicht. 


312  XXI.    lüLII.         (31,  §.27.) 

Würde  Cäsar  verdankte ;  sie  entschuldigten  sich  zum  Schein ,   als 
aber  ihr  Senat  vorgeladen  wurde,  erschien  er  nicht. ■'^'') 

Bei    dieser   Gahrung-   waren    Aller   Blicke    auf  Induciomarus 
gerichtet.     Er  befand  sich  mit  seinen  Trevirern  an   der    östlichen 
Gränze    des    Landes ;    dennoch   suchten    Verbannte  und   JMissver- 
gniigte  Schutz  bei  ihm,  Privatpersonen  und  ganze  Völker  bewar- 
ben sich  um  seine  Gunst.     Blan  hatte  sich  von  der  ersten  Betäu- 
bung erholt,  und  das  Joch  war  zu  neu,    um  nicht  zu  schmerzen. 
Gallien  zahlte  40  Blillionen  Sesterlien  an    jährlichem    Tribut;") 
Sommer  und   Winter    mussle   es    die    Legionen    unterhalten ;    ein 
Gebiet  nach  dem  andern  wurde  verwüstet;    die  Menge  fühlte  die 
Knechtschaft,    die    Grossen    erbitterte  iiberdiess  der  Verlust  ihrer 
Einkünfte  und  ihres  Ansehns :  jener  Häuptling  sollte  die  Schmach 
nnd  da*  Elend  hinwegnehmen  und  die  Unglücklichen   sich   selbst 
wiedergeben ;     die   alten    Zwistigkeiten    wurden    vergessen ,     man 
kannte  nur   Einen  Feind,  und  mit  vereinigten  Kräften  wollte  man 
ihn    zu    Boden   werfen.     Ohne    Zweifel   sagte  sich  Induciomarus, 
dass  die  Germanier,    welche    sich    ohnehin    weigerten,    nochmals 
in  Gallien  aufzutreten,   ihm  nicht  helfen  werden,    wenn    es  sich 
nicht  selbst  helfe;  dass  der  günstige  Augenblick  vorüber  sei,  der 
Proconsul,    gewarnt  und  gerüstet,  ihm  zur  Seite  stehe  und  seine 
Legionen    jedes    Unternehmen   bewachen   und    erschweren;    aber 
nacLvdem  Feldznge  gegen  Labjenus  blieb  ihm  keine  Wahl,    und 
auf  der  andern  Seite  war  die  Versuchung  gross;  die  Völker  ka- 
men  ihm    entgegen,    tausende    von    Armen    trugen    sich    ihm  an; 
warum    die  Wechselfälle    des   Krieges   scheuen,    wenn    nur    im 
Kriege  Rettung  möglich  war? 

Er  berief  die  Trevirer  zu  einem  bewaffneten  Landtage  nnd 
ächtete  hier  den  Verrälher  Cingetorix; '  ^)  dann  sprach  er  von 
seinen  Verbindungen  mit  den  Senonen,  Carnuten  und  mehreren 
Anderen,  und  von  der  Absicht,  zu  ihnen  vorzudringen,  zuvor 
aber  die  Legion  des  Labienus  aufzureiben,  weiche  ihm  im  Lande 
der  Kemer  den  Weg  verlegte,  "■)  und  diese  Treulosen  zu  züch- 
tigen. ' ')     Der  Legat  erfahr  diess  durch  Cingelorix,  und  glaubte, 


73h)   S.    unten  (.  30.  A.  8.           74)  Sneton.  23.  Enirop.  6,   17  (l4). 

nio  40,  43.         75)  Uhen  §.  2C.  A.  29.  76)  Obea  A.  44.         77)  Cacs. 

5,    S6.  6,   2.    Dio  40,  11.  31.    Flor.  3,  10.  §•  8  wo  stall  Dolabella  La- 
biunns  zu  Irscn  iät.     Gros.  0,  10, 


XXI.    lULIL        (3l.§.2S.)        313 

dass  er  Cäsar»  Beis<aniT  entbebren  könne  und  ein  Aufgebot  der 
Reuter  in  der  Umg-eg'end  genüge.  Früher  als  diese  erscLien  In- 
tlucioniarus.  Nach  dem  Beispiele  seines  Feklüerru  stellte  sich  La- 
bieuus  verzagt;  er  sah  die  Pfeile  der  Feinde  in  seinen  Verschan- 
zungen  niederfallen  und  vernahm  ihre  Herausforderung',  ohne 
sich  zu  regen,  bis  in  einer  Wacht  die  Reuter  anlangten.  Die 
Trevirer  bemerkten  sie  nicht,  nnd  zeigten  sich  am  folgenden  Tage 
v\ieder^  Tor  dem  Lager;  als  sie  sich  gegen  Abend^ zerstreuten, 
brachen  jene  hervor ;  sie  hatten  den  Befehl,  nur  den  Anführer  za 
suchen ,  auf  dessen  Kopf  ein  Preis  gesetzt  ^var ;  so  wurde  er  in 
einer  Fuhrt  ereilt  und  getödtet,  und  sein  Heer  zersprengt.  Diess 
entmuthigte  auch  die  Eburonen  und  Nervier,  welche  schon  unter 
den  Waffen  standen. 

Dennoch  blieb  Cäsar  im  transalpinischen  Gallien.  D.^r  Win- 
ter-Feldzug  hatte  sein  Heer  geschwächt;  er  Hess  daher  durch 
einige  Legaten  zwei  Legionen  im  cisalpinischen  ausheben,  und 
ersuchte  Pompejus,  ihm  die  Legion  zu  leihen,  welche  er  im  vo- 
rigen Jahre  als  Consul  in  diesem  Gallien  geworben  hatte  und 
nicht  bedurfte,  zumal  da  er  die  Vei-vsaltung  seiner  spanischen 
Provinzen  Anderen  übertrug.  Sein  Wunsch  wurde  erfüllt,  der 
Nebenbuhler  untei'stützte  ihn,  und  ohne  Genehmigung  des  Se- 
uats,'*)  wie  sehr  es  auch-  Catos  Blissfallen  erregte; '°)  er  zählte 
jetzt  zehn  Legionen,  ^'')  mehr  als  zuvor,  und  die  Gallier  konn- 
ten daraus  ersehen,  wie  er  bemerkt,  dass  Rom  jeden  Verlust 
schnell  zu  ersetzen  vermöge. 

§  28. 

(a.  54.)  Rom  umsste  diese  Rüstungen  zulassen,  weil  es  sict 
noch  immer  nicht  mit  sich  selbst  versöhnte.  Pompejus  hielt  es 
jetzt  besonders  für  überflüssig,  mit  der  Aristocratie  einen  Bund 
zu  errichten,  da  Crassus  sich  entfernt^')  und  das  trebouische 
Gesetz    ihn   auf  fünf  Jahr  zum  Procousul  von   Spanien  ernannt 


78)  Caes.  6,  1.  32.  B.  G.  8,  54.  Gros.  1.  c.  D!o  40,  65.  §.  16. 
A.  27.  n.  j.  36.  A.  93.  79)  Pliit.  Cato  45.  l'omp.  52.  Caes.  25.  29 
TFO  z^vei  Legionea  genannt  werden  ;  der  Irrlhuin  ist  dadurcli  enislanden, 
dass  Cäsar  späcer  zwei  an  roiupejus  abgab.  Oben  §.  16.  A.  6.  80)  Oben 
§.  16.  A.  28,         81)  Oben  §,  24  fni. 


314  XXI.     lULn.  (31.  §.28.) 

Latte;")  er  dünkte  sicli  gross  zu  sein,  und  träumte  fort.  Ein 
Titel,  eine  Stellung-,  -worin  er  mit  Senats  -  und  VolksbescLliisseu 
die  Legionen  seines  Nebenbuhlers  in  Gallien  entwaffnen  konnte, 
die  Dictafur  also,  -war  sein  Ziel.*')  Cäsar  Latte  durch  die  Gunst 
des  Volks  die  Optimalen  überwunden,  er  dagegen  verschmähte 
die  Gunst  der  Optimaten ,  nm  Cäsar  zu  überwinden.  Seinem 
Character  treu  wollte  er  durch  die  Gesetze  herrschen,  und  diese 
Herrschaft  scheinbar  nicht  erzwing-eft,  sondern  man  sollte  sie  ihm 
anfragen.  Darum  stürzte  er  den  ohnehin  erschütterten  Staat  iu 
eine  unheilvolle  Verwirrung.  Den  Schatten,  -welchem  er  nach- 
jagte, erreichte  er  nicht;  seine  gehässigen  und  verbrauchten  Mit- 
tel erbitterten  Rom,  und  Cäsar  gewann  Frist.  ^')  Bei  solchen 
Entwürfen  scliickte  er  Legaten  in  seine  Provinzen. '  ^)  Schon 
im  vor'^en  Jahre  hatte  er  als  Consul  Truppen  für  sie  ausgeho- 
ben,^^) welche  er  mit  der  Zeit  auf  sieben  Legionen  vermehrte. * ') 
Die  Aufsicht  über  die  Zufuhr  gab  ihm  einen  Vorwand,  vor  Rom 
zu  bleiben;**)  man  war  aber  nicht  der  Meinung,  dass  er  mit 
seiner  jungen  Gemahliun  Julia  zu  tändeln  wünsche,  ^  ^)  -wie  sehr 
er  sie  auch  liebte,  man  ahndete  Böses,  nnd  bewachte  ihn  mit 
Eifersucht  und  Furcht ;  weil  er  ferner  hei  seiner  Eigenlliümlichkeit 
nur  als  Beschützer  der  Republik  der  Erste  sein  und  folglich  uicht 
ohne  die  Zustimmung  des  Senats  gegen  Cäsar  kämpfen  konnte,  so 
wurde  auch  sein  Aufenthalt  in  Italien  nicht  die  Ursach  des  Bür- 
gerkriegs, wie  Cicero  meiut,  ^'')  er  verzögerte  ihn. 

Wie  früher,  so  sollten  auch  jetzt  Andere  für  ihn  -wirken. 
Um  sie  zu  ermuthigen  ,  nahm  er  C.  Cato  und  Nonius  Sufenas  in 
Schutz,  welche  vor  zwei  Jahren  als  Tribüne  sich  den  Wahlen 
widersetzt  hatten ,  damit  er  Consul  würde,  ^')  und  deshalb  ange- 
klagt, aber  am  5.  Juli  freigesprochen  wurden."')  Bald  nachher 
belangte  man  JL  .Scaurus  wegen  Erpressungen,  und  auch  dieser 
erhielt  am  2.  September  ein  günstiges  Urlheil;  Pompejus  schickte 


82)  Das.  A.  52.         83)  Plut.  Caes.  20.  28.         84)  Caes.  B.  C.  1,  8S. 
§.  8.  85)  Dei-s.  B.   G.  6,  1.  B.   C.  1 ,  85.  Cic.  ad  Farn.  7,  5  nnd  die 

übrigen  Briefe  ans  diesem  J.  ad  Farn.  6,  6.  Vellej.  2,  48.  SO.  §.  4.  I)io 
39,  30.  riut.  ronip.  52.  53.  Caes.  28.  36.  Cato  45.  Ciass.  10.  Ajn». 
■2,  438.  80)   Dio  I.   c.  Oben  §.  27  fin.  87)  Caes.  B.  C.   1,  38.  85. 

88)  nio  1.  c  Oben  f.,  20.  A.  39.  89)  Flut.  Pomp.  53.  Crass.  16.  90)  ad 
Fam.  6,  6.        91)  Oben  J.  23.  A.  27.        92)  Uorlensii  No.  7.  §.  5.  A.  28. 


XXL    lULII.        (31.  §.28.)  315 

nur  eine  IjobscLrift  für  ilin  ein,  und  nur,  weil  er  es  nicLt  ver- 
meiden konnte;  denn  Scaurns  bewarb  sich  um  das  Consulal,  und 
man  sollte  nicht  Cousuln,  sondern  einen  Dicialor  ■vvülilen.  ^  ^) 
Er  Latte  sein  Albanuni  Tor  der  Stadt,  jedoch  nicht  Italien  ver- 
lassen, um  Getraide  zu  kaufen.  9»)  In  seiner  Abwesenheit  be- 
gannen die  gerichtlichen  \erfolj;iingen  des  A.  Gabiuius,  welcher 
als  sein  AVerkzeiig-  von  den  Optimalen  längst  gehasst  wurde,  und 
wahrend  seiner  Statthalterschaft  in  Syrien  durch  mehrere  Verg'e- 
Len  den  Gesetzen  verfallen  war.  Am-  meisten  rügte  man  die 
Herstellung:  des  Ptoleniiiiis  Auletes.  Pompejus  hatte  ihn  gegen 
den  Willen  des  Senats  dazu  angetrieben  und  ermächtigt,  und 
schon  seine  Ehre  erforderte,  dass  er  ihn  der  Strafe  entzog-,  wei- 
ches gelang-.  Dann  aber  wurde  Gabiuius  wegen  Erpressungen 
verurtheilt,  obgleich  ausser  Pompejus  auch  Cäsar  ihn  zu  retten 
sachte,  ^ä)  und  Cicero  iLu  vertheidigte.  In  ihm  sollte  sein  Gön- 
ner büssen.  ^'''} 

Durch  solche  Reibungen,  in  welchen  sich  der  Parteig-eis* 
offenbarte,  wurde  im  Wesentlichen  nichts  gewonnen  und  nichts 
verloren.  Desto  mehr  förderten  Pompejus  die  Bestechungen  der 
vier  Candidaten  des  Cousulats,  Domitius  Calvinus,  Alemniius,  Äles- 
sala  und  Scaurus.  Die  beiden  Ersten  versprachen  sogar  den  Con- 
suln  für  ihre  Dienste  Provinzen  oder  Geld;  diess  konnte  zum 
Ziele  führen ,  ein  Zwischeureich  und  dessen  Fulgeu  verhüten, 
aber  IMemmius  Hess  sich  von  Pompejus  überreden,  den  Vertrag- 
bekannt  zu  machen.^')  Dadurch  stiess  er  Cäsar  zurück,^')  von 
welchem  man  glaubte,  dass  er  ihn  begünstige,^*)  obgleich  er 
a.  58  die  jiilischen  Gesetze  angegriffen  hatte. '°°)  Der  Procon- 
8ul  wünschte  die  Wahlen,  weil  die  Dictatur  ihm  missfuliig-  war- 
Dennoch  hoffte  Blemuiius,  dass  er  Krieger  und  Cisalpiner  zur 
Abstimmung-    schicken   werde,    wenn  die  Consular- Comitien   siel» 


93)  1.  Th.  31.  A.  32.  94)  Schon  Tor  der  Sturmfliilli ,  -welche  erst 
ini  October  nach  Gabinias  FreisprechuDg  einen  ^Theil  von  Rom  Terheerle  u. 
■viele  Früchle  Terdarb;  Cic.  ad  Ou.  fr.  3,  7;  gerade  nach  jenem  ersten 
Processe  seines  Schützlings  kam  er  znriick.  Jlieinarli  ist  I>io  39,  63  zu 
berichligen.  95)    Dia    1.    c.  9ü)    Gabinii    Ko.  5.  j.   2.  A.  22.  §.   3. 

97)    Uoniit.   Calv.    Ko.    6.    §.    1.  A.  29.  98)  Cic.  nd  Att.  4,  16.  f.  4. 

99)  ad  Att.  4,  15.  J.  7.        100)  Üben  $.  U  iu. 


316  XXI.     rULII.         (31.  §.28.) 

bis  zur  Zeit  der  Winterquartiere  verzog-en.  *)     Poinpejiis  gab  sich 
das   AnseLn,    als  ob  er  für  Scaiirus  fLälig;  sei;')    aber  schon  im 
Anfiuig-e  des  Juni  verbreiteten  sich  beunndiigende   Gerüchte    über 
die    Dictatiir; ')    Rom    sollte   mit    dem    Gedanken    daran    verfrant 
■%^-erden,  und  die  Hülfe  sich  von  fern  zeigen,  während  man  eben 
durch  diese  Ausstreuungen  auf  die  Rechtspflege  und  auf   alle    6T- 
fenllichen  Angelegenheiten  störend  einwirkte,  Furcht  erregte  und 
die  innere  Zerrüttung  vermehrte.     Man  erzählte  sich  sogar,  Lnc- 
cejus  Hirrus  'sverde  im  December  oder  später  als  Tribun  des  künf- 
tigen   Jahrs    das    ausserordentliche   Amt   in    ^  orschlag  bringen. ') 
Pompejus    selbst    schien    nach   vertraulichen   Mittheilungen    bereit, 
sich   zum    Besten    des    Staats   neuen  Beschwerden  zu  unterziehen, 
dann  aber  war  er  wieder   gänzlich    abgeneigt ,    und    ersuchte    Ci- 
cero,   dahin    zu    wirken,    dass    Coelius    Viiiicianus,   der    künftige 
College  des  Hirrus,   sich  nicht  bei  dem  Volke  für  ihn  verwende.*) 
Kicht   bloss  seine  Anhänger  wurden  ihm  nützlich ,    sondern    aucli 
die  vier  Candidalen,   welche   man  wegen  ihrer  gesetzwidrigen  Be- 
werbung belangte;®)   die  Consuln  Domitius  Aheuobarbus  und  Ap- 
j)ius    Claudius    durch    den    strafuaren   \  ertrag;    andere    Optimalen 
durch  den  Eifer,   mit  welchem  sie  die    Anklagen    betrieben,    und 
den  Tribun  Alucius  Scävola  zu  der  Ankündigung  vermochten,  er 
werde   an  allen  Comitial- Tagen  den   Himmel    beobachten,    damit 
die  Consuln  nicht  von  ihren  Clienten  den  verheissenen  Lohn   er- 
hielten ,    und    diese    nicht    durch   ihre    ^Vahl    den    Gerichten  ent- 
sien"'en. ')     Demnach  fanden  die  Consular-Comilien  immer  grössere 
Schwierigkeiten.     Blan   war  im   Mai ,    Juni    und   Juli  über  ihren 
Zeilpunct  uugewiss,  ^)    und  sah  ihnen  dann  im  September  entge- 
gen;   aber  auch  jetzt  musste  man    sie   verschieben,^)   worauf  das 
Gesländuiss  des  Älemmius  ^")    und  der  Tribun  Scävola  den  Con- 
suln hinderlich  wurden,    welche    fast  allein  sie  zu  beschleunigeu 


1)  ad  Au.  4,  17.   L  2.  ail  On.  fr.  3,  2.  §.2.   3,    Ö.  §.  3,  2)  ad 

Alt.  4,  15,  §.  7.  3)    ad    (Ju.   fr.    2,   15,  §.  3.   I'lul.   Pomp.  54.    App. 

2,  438.  4)  a<l  <?«■  &•  3,  8.  §.  3.  3,  9.  J.  3.  Tlnt.  1.  c.  -wo  sein  Name 
enislellt  ist.  5)  ad  Qu.  fr.  3,  S.  f.  3.  2.  Th.  4:i3.  Ko.  10.  6)  Do- 
niit.  Cidv.  Ko.  C.  §.  1.  A.  38.  7)  ad  Au.  4,  IC.  f.  4.  ad  (In.  fr.  3,  2. 
j.  2.  3,  3.  5.  2,  3,  9.  §.  3.  2.  Tli.  lUO.  Doiuit.  C.nlv.  1.  c.  A  37.  8)  ad 
AU>  4,  14.  15.  §.  7.  ad  (,)a.  fr.  2,  15.   §.  3.         9)  ad  Qu.  fr.  2,  16.  J.3. 

3,  1.  f.  7.         10)  ad  AU.  4,   lü.  j.  4. 


XXI.    lüLII.         (31.  §.28.)         317 

wünscLfen.  Es  niiferlag'  nun  keinem  Zweifel  ineLr,  dass  das  JaLr 
sich  mit  einem  Zvs  isriienreiche  endigen  werde,  und  so  gescLali 
es;  '  ')  docli  wurde  Pompejus  auch  nicht  Diciator, 

Er  verlor  im  September  seine  Gemahliun  Julia  nach  deren 
Enlbiudung-  und  -o-enig-e  Tage  nachher  auch  ihr  neugebornes 
Rind,  '^)  zum  Theil  eine  Folge  der  blutigen  Auftritte  in  Rom, 
welche  er  veranlasst  hatte.'*)  Seine  Stellung  gegen  Cäsar  wurde 
nicht  so  wesentlicL  dadurch  verändert,  wie  die  Alten  zu  glauben 
geneigt  sind;  das  Wort  und  die  Schicksale  einer  Frau  wogen  iu 
der  Wagschaale  des  Ehrgeizes  zu  leicht.  Es  bedurfte  auch  bis 
ddliin  kaum  der  Vermittlung  einer  trefflichen  Gatlinn  und  Toch- 
ter, um  die  Einigkeit  zwischen  den  Triumvirn  zu  erhalten,  da 
Beide  noch  nicht  zum  Kampfe  gerüstet  waren;  erst  später,  als 
man  der  Entwicklaug  näher  kam,  und  der  Eine  vor  dem  An- 
griife  auf  Rom  allen  Gährungsstolf  in  Gallien  vernichten  wollte, 
der  Andre  durch  den  Bürgerkrieg  sich  überrascht  sah,  wurde  sie 
nothweudig-  und  wiinschenswerth.  Deshalb  trug  Cäsar  seinem 
Schwiegersohne  die  Hand  der  Ocfavia  an,  einer  Schwester  des 
nachmaligen  Kaisers  Augustus  und  Gemahlina  des  C.  Marcellus, 
(Cos.  50}'')  und  er  selbst  bewarb  sich  um  die  Tochter  des  Pom- 
pejus, welche  mit  Faustus  Sulla  verheirathet  war,  wie  er  mit 
C'alpurnia; '^)  Scheidungen  galten  ihm  für  kein  Hinderuiss,  auch 
verfehlte  sein  \ erschlag  den  Zweck  nicht  ganz,  obgleich  er  ab- 
gelehnt wurde. 

Während  er  mit  Pompejus  in  gutem  Vernehmen  blieb,  und 
sogar  eine  Legion  von  ihm  erhielt,'*)  suchte  er  sich  durch  die 
Verschönerung  Roms  iu  der  Volksgunst  zu  befestigen.  Jeuer 
Latte  im  vorigen  Jahre  sein  Theater  geweiht;  Aemilius  Paullus 
errichtete  eine  Basilica,  und  diess  trug  ohne  Zweifel  dazu  bei, 
dass  er  in  einem  neuen  Markte,  Forum  Caesaris,  ein  Seitenstück 
zu  liefern  beschloss.  Ein  Pracht^verk  der  Art  schien  um  so 
verdienstlicher  zu  sein,  da  das  Forum  Ronianum  für  die  Gerichte 
zu  beschränkt  war.")     Oppius  und  —  Cicero  mussleu    die    Pri- 


11)    ad   Qn.  fr. 3,   8.  {.  3.  3,  9.  §.  3.    p.  Bliloii.  9.    riiil.  Pomp.  54. 
Dio    40,   17.    45.    App.    2,    438.   439.  12)   S.    §.  11.  A.  45.  ii.  iintni 

Ko.  36.  13)  Oben  §.  24.  A.  41.  14)  2.  Th.  402.  A.  49.  15)  K.is. 
81.  A.  10.  511.  A.  29.  512.  Hier  §.  4  in.  16)  Oben  J.  27 ßn.  17)  App. 
2,  492. 


318  XXI.    lüLn.        (31.  §.29.) 

vafgebäiide ,  welche  ösllicli  Ton  diesem  in  der  nacLmalig'en  achten 
Reg-ioii  bis  zum  Atrium  der  Liberias  standen  und  niederg-erissen 
werden  sollten,  für  60  Millionen  Seslerfien  ankaufen,'*)  und 
auch  diese  ungelieiire  Summe  reichte  nicht  hin,  der  Bauplatz  al- 
lein kostete  100  Blillionen.  '  8)  Er  wurde  mit  einem  Tempel  der 
Venus  Genetrix  verziert,  und  im  J.  46  mit  ihm  eingeweiht.^") 
Ausserdem  wurden  jene  angewiesen ,  die  Einhegungen  (septa)  für 
die  Tribiis  auf  dem  Marsfelde  Ton  Marmor  erbauen  und  über- 
decken zu  lassen,  und  sie  mit  einer  hohen  Säulenhalle  von  einem 
Umfange  von  tausend  Schritten  zu  umgeben.-')  Eines  Bürger- 
kriegs bedurfte  Cäsar  nicht,  wie  Pompejus  äusserte,  damit  er  sich 
zur  Vollendung-  dieser  Werke  und  zur  Befriedigung  einer  hab- 
süchtigen Menge  die  Mittel  verschaifte.  ^ -)  Er  halte  Geld  ge- 
nug, auch  viele  Einzelne  zu  beschenken,  nicht  bloss  alte  Freunde, 
wie  den  Ritter  Rabirius  Postumus^^)  aus  der  JVoth  zu  reisseu, 
sondern  sich  auch  neue  zu  erwerben. 

§   29. 

(a.  64.)  Vor  Allem  bemühte  er  sich  um  Ciceros  Gunst,'*) 
welcher  sich  sowohl  ihm  als  Pompejus  ergeben  zeigte,  und  sehr 
erfreut  war,  dass  die  Verhältnisse  zwischen  ihnen  es  gestatteten, 
in  einer  andern  Hinsicht  aber  sich  in  grosser  Verlegenheit  be- 
fand; er  hatte  Ursach,  sein  Einverständniss  mit  ihnen  geheim  zu 
halten ,  damit  die  Optimalen  ihn  nicht  einen  Abtrünnigen  nann- 
ten,*') wogegen  es  seine  Feinde  von  Unternehmungen  gegen 
ihn  abschrecken  konnte,  wenn  es  offenkundig  wurde.  Die  Furcht 
vor  Clodius  entschied;  er  huldigte  den  Machthabern,  welche  ihn 
beschützen ,  seinen  Feind  w'enigstens  nicht  von  neuem  gegen  ihn 
bewaffnen  sollten,  und  verbarg'  es  nicht.  Diess  ist  der  Schlüssel 
zu  allem  Folgenden,  und  er  findet  sich  ungesucht.  „Man  for- 
derte mich  auf,  Gablnius  anzuklagen,  —  dann  wäre  Pompejus  in 
die  Stadt  eingerückt,  es  wäre  zwischen  ihm  und  mir  zum  Bruch 
gekommen,    mit    Clodius  hätte  er  sich  unfehlbar  versöhnt.  —  Ich 

18)  Cic.  ad  Ate.  4,  16.  §.  9.  19)  Siielon.  26.  Plin.  36,   24  (15). 

§.  2.  App.  1,  c.  20)  .S.  unten  §.  61.  A.  57  i.  21)  Cic.  1.  c.  22)  Siie- 
ton.  30.         23)  Cic.  p.  Rabir.  l'ost.  15,  16.  24)  Vgl.  obea  j.  24  ßn. 

25)  ad  Fam.  1,9.^.  4.  U.  p,  250.  ed.  Schütz. 


XXI.    lULII.         (31.  §.29.)         319 

bin  nicht  oLne  Besorgniss  für  das  niicLste  Jalir,'^)  aber  doch 
ohne  Furcht."^")  „Procilius  ist  TenirtLeilf;  Hortensius  sprach 
wie  immer,  und  ich  —  kein  ^A  ort ;  die  RJeine,  Tullia,  welche 
jetzt  kränkeh ,  iingstig-te  es ,  dass  ich  Clodius ,  den  Ankläger,  be- 
leidigen könne."-*)  „Du  schreibst  von  einem  Briefe  des  Clo- 
dins  an  Ciisar ;  ich  billige  es ,  dass  die  Furie  keine  Antwort  er- 
hallen hat."-^)  Die  Furcht  „vor  diesem  "Wahnsinnigen"^") 
entfernte  ihn  aus  dem  Senat,  wo  er  leicht  durch  eine  gefährliche 
Uebereilung  die  Triumvirn  reizen  konnte;  si,e  veru ehrte  seinen 
Abscheu  gegen  die  Dictatur,  weil  er  voraussah,  dass  Ponipejus 
sich  der  Wahl  des  Blilo  widersetzen  werde,  welcher  für  das  J. 
52  das  Consulat  übernehmen  und  Clodius,  den  Prätor,  zügeln 
sollte;^')  sie  trieb  ihn  in  die  Gerichte  und  wurde  die  Ursach, 
dass  er  den  Parteien,  zum  TheU  tödlich  gehassten  Feinden,  bis 
zur  Erschöpfung  diente;  sie  machte  ihn  zum  Legaten  des  Pom- 
pejus,  zu  Cäsars  Lobredner,  und  führte  diesem  seinen  Bruder  zu. 
Schon  vor  drei  Jahren  hatte  Pompejus  als  Oberaufseher  über 
die  Zufuhr  ihn  zum  Legaten  ernannt,  und  ihm  gern  gestaltet,  die 
Stelle  an  den  Bruder  abzutreten,^')  jetzt  gab  er  ihm  denselben 
Titel  als  Proconsul  von  Spanien.  ^^)  Cicero  wurde  dadurch  kein 
Zwang  angethan ;  es  öffnete  ihm  nnr  ein  Thor,  wenn  Clodius  zn 
arg  drängte,  und  da  diess  nicht  de-  Fall  war,  so  gieng  er  auch 
nicht  in  die  Provinz,  und  erfüllte  tl.  ait  zugleich  Cäsars  ^Vunsch, 
welcher  abrieth,  da  eine  zn  genaue  Verbindung  zwischen  ihm 
und  seinem  Collegen  im  Triumvirat  ihm  schaden  konnte.  ^  *)  Ge- 
gen Eude  des  Jalirs ,  zu  einer  Zeit ,  wo  etwa  der  Gedanke  an 
die  Prätur  seines  Feindes  ihn  wieder  sehr  beunruhigte,  meldete 
er  AtlicHs,  er  werde  im  nächsten  Januar  Rom  verlassen,^')  dann 
aber  wurde  die  Sache  nicht  mehr  erwähnt.  Ihm  war  es  bei  wei- 
tem das  ^Vichligste,  in  Cäsar  einen  Bückhalt  zu  haben,  da  die- 
ser  durch   Thalen,     Reichlhum    und   Ansehn  alle   Anderen   ver- 


26)  In  Tvelchem  Clodius  sich  nm  die  Präwr  bevrerben  'wollte.  27)  ad 
Qn.  fr.  3,  4.  §.  1  u.  2.  3,  9.  {.  3:  Motus  lemporöm  Teoienlis  anni. 
28)  ail  Act.  4,  15.   f.   4.   Horlensü  No.  7.  f.  5.  A.  28.  29)  ail  Qu.  £r. 

3,   1.  §.  4.  30)  ad  Qu.  fr.  3,   15  6n,     Sin  aliquis  emnipet  amenlis  ho- 

minis  furor   etc.  31)    Das.    3,    8.  §.  5.  3 ,  9.  §.  2.  2.  Th.  340.  A.  27 

32)  2.  Th.  307.  A.  24.  310.  A.   36.        33)  ad  Fam.  7,  5.  17.         34)  ad 
Qn.  fr.  2,  15,  f.  1.  3,  1.  {.  7.         35)  ad  A«.  4,  18  fin. 


320  XXL    lULII.        (31.  §.29.) 

dunkelte.  Va(inias  sagte,  das  Glück  Labe  ihn  dein  Froconsiil 
gewonnen,'"')  und  mit  einigen  verscliö'nernden  Worten  Ragt  er 
es  selbst;  ")  der  Mächlig-e  konnte  ihn  scliiilzen.  DocL  giebt  er 
auch  andere  Gründe  an:  die  Optiuiaten  haben  sich  einen  Publius 
erwählt, '')  und  können  es  ihm  nicht  verargen,  wenn  er  sich 
auch  einen  Publius  wähle, '^)  und  ihnen  ebenfalls  ein  wenig' 
Verdruss  mache;'")  durch  ihre  Kälte  und  üiren  Neid  sei  er 
veranlasst,  sich  zu  Ponipejus  hinzuneigen,  und  bei  dessen  Freund- 
schaft mit  Cäsar  habe  er  sich  nun  auch  au  diesen  angeschlossen, 
•welcher  sich  ohnehin  uin  ihn  und  um  seinen  Bruder  Quintus 
grosse  Verdienste  erwerbe.  ■• ' ) 

So  gieng  zunächst  in  diesem  Jahre  Ouintus  nach  Gallien.  *-) 
Er  sollte  ein  Unterpfand  der  Treue  und  ein  Vermittler  fort- 
währeader  Einigkeit  sein,  und  wurde  wiederholt  an  seinen  Beruf 
erinnert,  besonders  nach  den  Beschwerden  des  britannischen  Feld- 
zngs,  welcher  ihm  den  Krieg  verleidete.  *')  Cäsar  behandeile 
ihn  von  Anfang  mit  Auszeichnung,  **)  und  diess  gab  ihm  um 
so  mehr  Anspruch  auf  Dankbarkeit,  da  er  ihn  entbehren  konnte; 
denn  es  fanden  sich  nicht  Stellen  genug  für  die  vornehmen 
Römer,  welche  als  Legaten,  Tribüne,  Präfecten  und  in  anderen 
Eigenschaften  in  das  Heer  eintreten ,  Kuhm  und  Beute  theilen 
und  dann  bei  den  Wahlen  unterstützt  werden  wollten.  * ')  Fast 
keiner  erschien  ohne  ein  gewichtiges  Empfehlungsschreiben. 
Unter    Anderen    wurde    C.    Messius ,    gegen    welchen    Pompejus 


36)    ad  Fam.  1 ,  9.  §.  3.    II.   p.  235.  etl.  Scliiitz.  37)    Das.  "J.  3. 

p.  252.  38)    Clodius.  39)    Valiiiius,    welchen    er   aiil:  Cäsais  Bitte 

verllieidigte.  40)     Cic.    1.    c.    §.    3.   p.  2SS.  41)    Das.  {.  4.  p.  242 

n.    245.  42)     ad    Oii.    fr.    2,    15.    §.    1.  43)    ad  Fam.  I,  9.  §.   7. 

p.  258.  ad  9"'  ^'''  2,  15  fin. ;  I'elis,  ut  ad  te  —  fiaterne  lescribam.  Id 
est  ntnun  tue  advoles,  an  ad  expediendum  te,  si  causa  sit,  commoiere.  — 
In  hac  Tero  re  hoc  profecto  qnaeris  ciiiusmodi  illam  nnnnm,  qui  seqiiitur, 
exspectem?'  (Oben  A.  26.)  Das.  3,  1.  §.  3:  Scribis  de  Caesaris  summa 
iii  nos  amore.  Hunc  et  tu  Xovebis,  et  nos  —  aiigobimus.  Das.  3,  8.  §.  1 ; 
Tantum  te  et  moueo  et  rogo,  ut  in  istis  mol**stiis  et  laboribus  et  dcsideriis 
recordere,  consilium  noslruiu  qnod  fuerit  pi-ofpcliouis  tiiae.  Kon  enim  com- 
moda  qnaedam  seqiiebamur  parva  ac  mediocria.  Quid  enim  erat ,  quod 
discessn  nostro  emondum  putaremns?  Praesidiiun  tirinissimnm  petebarans 
ex  optimi  et  potentissirai  \iii  benevolentia  ad  omiicm  statum  nostrae  digni- 
tatis.  44)    .-id  Qu.  fr.  2,  15.  §.  J.  45)   Vgl.  Caes.  B,  G.  1,  39. 


XXI.     lULlI.         (31.  §.29.)         321 

VerpflicLfnngen  Lafte,  nnd  wohl  eben  desLaib,  auf  die  Ver- 
wendung des  Appius  Claudius  Legat.  *  •*)  Aber  die  Meisten 
überbrachten  Briefe  der  Art  von  Cicero,  so  dass  dieser  lästig 
zu  werden  fürchtete,  aber  sicli  doch  durch  die  vielfache  Bewerbung 
um  sein  Fürwort,  durch  seinen  allgemein  bekannten  lüinlluss  auf 
den  Imperator  gesichert  fühlte.")  Er  empfahl  M.  Rufus, '"') 
LI.  Curlius,*^)  und  am  dringendsten  ausser  seinem  Bruder  den 
jungen  Rechtsgelehrlen  C.  Trebatius,  ^  °)  welcher  früher  ihn  selbst 
nach  Spanien  hatte  begleiten  sollen,  und  dann  in  CTallien  die 
noch  vorhandenen  nichts  sagenden,  nnd  doch  durch  Witz  und 
Laune  sehr  anziehenden  Briefe  von  ihm  erhielt.  Die  Läufigen 
Anspielungen  auf  seine  Absiclit,  in  der  Provinz  Schätze  zu  sam- 
meln^'') wurden  nicht  bloss  durch  ihn  veranlasst,  denn  mit 
leeren  ond  offenen  Händen  kamen  AUe,  auch  Ouintus,  welcher 
seine  Schulden  z«  tilgen  hoffte.  *-)  Durch  die  Einführung  seiner 
Bekannten  bei  dem  Proconsul  fand  Cicero  einen  erwünscLtea 
Vorwand,  ihm  oft  zu  schreiben.  Er  versicherte  iLn  unmittelbar 
oder  in  Briefen  an  Andere  seiner  innigsten  Ergebenheit, '^)  seiner 
Dankbarkeit,")  seiner  Bewunderung  und  eines  unbedingten 
Vertrauens;'^)  „nur  zu  lange  Latte  er  einen  solchen  JMann 
vernachlässigt,  aber  er  wollte  Alles  einbringen"."')  Daher 
wurden  nun  auch  dessen  Freunde  mit  Briefen  von  ihm  bedacht, 
besonders  Baibus,  „welchen  er  von  ganzem  Herzen  lieble",  weil 
er  während  seines  Aufenthaltes  in  Gallien  am  meisten  dazu  bei- 
trug, dass  Ouintus  in  der  Gunst  seines  Feldherrn  täglich  höher 
slicglß'')   aber    auch   T.   Pinarius,   ein  Verwandter   Cäsars,   mit 


46)   ad  Att.  4,  IS.  §.  7.   2.  Th.  308.  A.  23.    Hier  Ä.  83.  47)  ad 

<Ja.  fr.  3,  1.  J.  3.  48)    ad  Fam.  7,  5.  49)    ad  Oii.  fr.  2,  13.  f.  2. 

3,  1.  f.  3.  50)  ad  Fam.  1.  c.  51)   Das.  7,  7.  8.  9.  10.  11.  16.  17. 

52)  ad  Qti.  fr.  2,  13:  Id  est,  nü-um  hiic  advoles,  m  dixpris,  an  ad  ex- 
pediendum  te,  si  causa  sir,  commororo.  —  Magni  aesüiuo  iiwfiXn'ffi'ai' 
Ulnni  tiiam,  et  exiilicationem  debiiorum  tiionim.  lllud  qiiideiu  sie  habeto, 
nihil    nobis   expedilis,    si   Talebimus,   foie    fortanalias.  53)    ad  (Jn,  fr. 

3,  1.  (j.  7:  Ille  mihi  secundum  te  et  liberos  nostros  ita  est,  ut  sil  paene 
par.  5'i)    Vgl.  ad  Fam.  1 ,  9.  f .  4.   II.  p.  232.   ed.   Schütz :     Sic   enim 

te  exislimare  velim  —  neminem  esse,  cuios  officiis  me  tam  esse  devinctum 
non  solum  coufitcar,  sed  eliam  gaiideam.  SS)  ad  Fam.  7,5. 

56)   ad  (Jn.  fr.  2,  15.   J.  I.  57)   «d  Qu.  fr.  3,  I.   {.  3  n.  5.    ad  Fara. 

7,  6.  7.  9. 

Druniann,   Gcschidilc  Uoms  III.  21 


322  XXI.    lULn.        (31.  §.29.) 

dessen  Bruder  Lucius  er  in  Rom  fleissig  TerkeJirle,  '")  Labienas, 
Lig-uriiis,  ^'O  und  Andere. 

Ouintus  bat  ihn  um  Verse ,  welcLe  er  in  ein  Werk  über 
den  britannischen  Feldzug  aufnehmen  wollte.  Er  war  bereit,  sie 
ihm  zu  schicken  und  erwartete  mit  Ungeduld  die  Nachricht  von 
der  Eroberung  der  Insel.  ^")  Dann  aber  erklärte  er,  dass  es 
ihm  an  Blusse,  an  Freudigkeit  und  auch  an  Interesse  fehle,  und 
sein  Bruder  als  besserer  Dichter  keiner  Hülfe  bedürfe;^')  der 
Krieg  endigte  sich  nicht  so  glänzend,  als  man  gehofft  hatte,  ^-) 
und  der  Zauber  des  unbekannten ,  fernen  Schauplatzes  verlor 
seine  Kraft; ''^)  es  ist  mir  angenehm,  schreibt  er  an  Trebatius, 
dass  du  nicht  nach  Britannien  gegangen  bist ;  du  hast  keine 
Plage  gehabt  und  wirst  mich  nun  von  diesen  Dingen  nicht  nnler- 
faalten;  und  seinem  Bruder  gesteht  er  zuletzt,  der  Gegenstand, 
welchen  er  besingen  solle,  habe  keinen  Reiz  für  ihn.  ^'*)  Ein 
Epos,  worin  er  Cäsars  Thaten  im  Allgemeinen  pries,  legte  er 
eine  Zeitlang  bei  Seite,  weil  er  fürchten  mochte,  durch  eine 
solche  Huldigung  zu  sehr  ans  der  Rolle  zu  fallen  und  die  Opti- 
maten  zu  verletzen;  da  jener  indess  Kenntniss  davon  erhielt,  so 
vollendete  er  es,  aber  neue  Bedenklichkeiten  bestimmten  ihn,  es 
nickt  abzuschicken.^*)  Dagegen  bekam  Cäsar  ein  anderes  Ge- 
dicht von  ihm,  welches  nicht  näher  bezeichnet  wird,  und  dessen 
Anfang  vielen  BeifiiU  fand.  ^  ^)  Audi  war  Cicero  darin  mit 
seinem  Bruder  völlig  einverstanden,  dass  Pompejus  ein  lauer  und 
unzuverlässiger  Freund  sei,  und  eine  enge  Verbindung  mit  Cäsar 
mehr  Sicherheit  gewähre;  ^')  nur  machte  er  es  Ouintus  und  sich 
selbst  zur  PJlicht,  diese  Verhältnisse  und  die  Vorgänge  in  Rom 
in  Briefen  mit  Vorsicht   zu  erwähnen.  ^*) 

Cäsar  ehrte  ihn  zu  allen  Zeiten ;  jetzt  aber  erkennt  man 
zugleich    Absicht    darin.       Bei    der    bloss    scheinbaren    Einigkeit 


58)  ad  On.  fr.  3,  1.  §.  9.  Vgl.  1.  TIi.  99.  A.  23  n.  hier  No.  38  fiii. 
59)  ad  Qu,  fr.  3,  7.  ad  Fnm.  16,  18:  A.  Lignrias,  Caesaris  familiaris, 
mortuns  est.  60)    ad  Qn.  fr.  i,  15.  §.  1.    16.  §.  4.  61)   Das.  3,  4. 

J.  2.    S  n.  6.  J.  3  n.  5.  62)    Das.  3,  1.   §.  3.    ad  Au.   4,  16.    §.  8. 

17.   §.  3.  63)     ad    Qn.    fr.    2,    16.    §.   4.  64)    ad  Farn.  7,  17.    ad 

9n.  fr.  5  n.  6.  J..  3.  66)    ad  Q».  fr.  3,  1.  §.  4.  3,  8.  §.  3.  66)  Das. 

2,  16.  §.  5.    2.  Th.  335.  A.  94.  67)    ad  ^n.  fr.  2,  13.  15.   3,  1.  §.  3. 

68)   Das.  3,  8.  §.  2.   3,  9.  {.  3. 


XXI.    lULn.        (31.  §.29.)        323 

zwiscien  den  Triomvirn  wollte  er  den  Consiilar  an  sicli  ziehen, 
ihm  Bürgschaften  geben,  die  Kälte  nnd  den  Stolz  des  Pom]>ejus 
Mnd  die  Ziiriickhalfung  der  Optimalen  ihm  fühlbarer  machen, 
damit  er  eben  so  abgeneigt  als  untüchtig  würde,  Pompejus  nnd 
die  Optimalen  einander  zn  befreunden,  oder  ihnen  nach  ihrer 
Versöhnung  als  Redner  zu  dienen.  Demnach  erwies  er  seinem 
Bruder  eine  besondere  Achtung  ^^)  und  noch  mehr  ihm  selbst. 
Er  schrieb  ihm  aus  dem  Felde,  aus  den  Winterlagern,  unter  den 
grössten  Anstrengungen  und  Gefahren, "  ")  sogar  aus  Britannien,  '  ') 
und  stets  mit  derselben  zuvorkommenden  Aufmerksamkeit,  Wie 
oft  ihm  auch  Empfehlungs  -  Schreiben  von  Cicero  überbracht 
wurden,  so  machte  er  ihm  doch  Vorwürfe,  dass  er  ihm  in  dieser 
Hinsicht  nicht  Vertrauen  genug  beweise,")  und  die  Empfohlenen 
waren  einer  guten  Aufnahme  gewiss,  wenn  sie  sich  auch  völlig 
unbrauchbar  zeigten,  wie  Trebalius,  welcher  die  Beute  mehr 
liebte  als  den  Krieg. '^)  Aber  auch  übrigens  mnsste  die  That 
die  Worte  bekräftigen;  Cicero  befand  sich  fast  immer  in  Geld- 
Terlegenheit  und  Cäsar  lieh  ihm ,  '  *)  und  benutzte  vielleicht  den 
Bau  seines  Marktes,  ihm  zum  Lohn  für  seine  Dienste  beträcht- 
liche Summen  zuzuwenden.  '^) 

Der  Consular  wusste,  dass  der  geringste  Misston,  welcher 
diesen  Eiuklang  störte,  ihm  verderblich  ^Verden  konnte;  er  be- 
herrschte sich,  und  blieb  den  öffentlichen  Geschäften,  die  gericht- 
lichen ausgenommen,  so  viel  als  möglich  fremd.  Im  Februar 
scherzte  er  in  der  Curie  über  die  toga  prätexta  des  Antiochus 
von  Conmiagene,  welche  Cäsar  als  Consul  ihm  zu  tragen  erlaubt 
Latte;  diess  aber  brachte  er  auf  Rechnung  seiner  Spoftsucht,  ob- 
gleich ein  liefer  Unniuth  sich  darin  offenbarte.'*)  Sein  Wahl- 
spruch war:  Friede  mit  Freund  und  Feind.     Nach  dem  Wunsche 


69)  ad  Fam.  1,  9.  §.  4.  ad  Alt.  4,  18.  §.  2:  (Jui  quidem  Quinfum 
mcnm,  tniunque,  dii  boui!  quemadmodiuu  tractat  honore,  dignitate,  gratia? 
non  secns,    ac  si  ego  essem  imperalor.  70)    ad  Fam.   7,  S.  8.     ad  Alt, 

i,  15.   (j.  8.    4,   16.  J.  8.    ad  9u.  fr.  2,  15.    3,  I.  §.  3.  7  a.  9.    3,  5  n.  6, 
},  3.  71)    ad  Oll.  fr.  3,  1   Co.    ad  Alt.  4,   17.  {.  3.  72)    ad  Fam. 

7,  S.    ad  Qu.  fr.  3,  1.  J.  3.  73)  ad  Fam.  7,  10.  16. 17.  74)  2.  Th. 

S  36  {.  S.  75)   Oben  A,  18.     Vgl.  ad  Att.  7,  3.  §.  1.   De  auimo  aiitem 

meo   —    sentire  et  defendere;   nnd  das,  ^.  8:  sed  scis  —  carare,    ad  Alt, 
7,  8.  I.  4.  76)   ad  Qu.  fr.  2,  12. 

21*^ 


324  XXI.     lULII.         (31.  §.29.) 

der  nncicron  Tiiiimvirn  f«ier(e  er  niii  Ende  des  vorigen  JaLrs 
mit  IM.  Crassus  ein  Ver.sölinnng;sfest.  ")  Dann  verwendete  er 
sicli  für  ilin ,  als  man  ihn  schon  in  den  ersten  Monaten  ans  der 
Provinz  Syrien  zurückrufen  wollte;  es  ist  aber  nicht  glaublich, 
dass  diess  einen  ernstlichen  Wortwechsel  zwischen  ihm  und  deu 
Consuln  und  vielen  Consularen  zur  Folge  hatte j '")  er  mochte 
sich  nicht  für  ihn  aufopfern;  seine  Berichte  an  Abwesende  über 
seine  Bemühungen  für  sie  sind  immer  übertrieben.  Den  Mai 
verlebte  er  auf  den  Villen,  wo  er  auf  dem  Curaanum  Pompejus 
sprach  ''^)  und  an  dem  ^Verke  über  die  Re])ublik  arbeitete.  *°) 
In  den  ersten  Tagen  des  Juni  war  er  wieder  inllom.  *')  Hier 
erwarteten  ihn  als  Sachwalter  in  der  heissesten  Jahrszeit  sehr 
ermüdende  Geschäfte.  Oft  blieb  ihm  nicht  Blusse,  seinem  Bruder 
selbst  zu  schreiben,"')  weil  er  sich  niemandem  versagen  wollte,"^) 
wogegen  sein  Haus  sich  taglich  füllte,  die  Parteien  sich  auf  den» 
INIarkte  um  ihn  drängten ,  das  Volk  ihn  im  Theater  mit  Beifall 
cmpfieng,  und  er  nun,  zumal  unter  Cäsars  und  Pompejus  Schutze, 
gutes  Mulhs  sein  konnte.*')  Er  vertheidigte  Messius,  Cäsars 
Legaten,  welcher  sich  stellte,'')  und  noch  war  nicht  entschieden, 
als  er  sich  anschickte,  für  Drnsus  und  Scaurus  aufzutreten.  "^) 
Auch  P.  Valinius  wurde  sein  Client,  Cäsars  Werkzeug  in  dessen 
Consulat,  und  ihm  vor  Anderen  verächtlich  und  verhasst;  der 
Triumvir  bat,  und  er  musste  sich  fügen.")  Nicht  weuiger 
rechneten  die  vier  Candidateu  des  Consulats  auf  seinen  Beistand; 


77)    ad  Farn.  1,  9.  §.  6.    2.  Th.  338.    Licinii  Crassi  No.  37.  §.  3.  A.  14. 
78)    ad  Farn.  5,  8.  79)    ad  Alt.  4,  14.   ad  Qn.  fr.  2,  14.  80)  ad 

Qu.  fr.  1.  c.    Tgl.  3,  5  n.  6.   ad  Att.  4,  16,  J.  2.  81)  ad  Oii.  fr.  2,  15. 

82)    Das.  2,   16.    3,3.  83)    Das.    2,    16.     Daniiis    operam,    ne    coiiis 

aiiimiiDi  olTendamus,  attpie  iit  ctiani  al>  iis  ijisis .  qiii  iios  cum  Caesare  taiu 
coniiiiic(os  dolciil,  diliganuir  :  ab  apijuis  vero.  aiit  eliam  a  propensis  in  hanc 
parteiii  \ehemeiiter  et  colamur  et  aueinnr.  ad  Faiii.  I,  9.  }.  4.  II.  p.  250. 
ed.  Scliütz:  Tanlnm  enitor,  nt  neque  anünis,  neqiie  etiam  alieuioribiiü 
Opera,  consilio,  labore  desim.  84)    ad  (Jii.    fr.  2,   15  fin.    ad  Att.  4,15. 

§.  6.  85)    ad  Att.    1.   e.    §.  7.     Oben  A.  46.  86)    ad  Att.    I.  c.    ii. 

4,   16.  §.  4.     ad  Qu.  fr.  2,   16.  §.  3.     1.  Tb.  31.  87)    ad  On.   fr.  1.  c. 

«d  Fam.  1,  9.  }.  2.  4.  5.  II.  p.  233.  252.  253.  ed.  Scbiilz  ad  Fani.  5,  9. 
ad  Qu.  fr.  3,  5  n.  6.  §.3:  Angor  —  ininiicos  a  me  partim  non  oppiigiiatos, 
partim  etiam  esse  defensos;  raenin  non  modo  nnimnm,  scd  ne  odium  ipiidem 
es.se  liberum. 


XXI.    lULII.        (31.  §.29.)        325 

wie  seLc  er  aucll  in  Briefen  an  Vertraute  ihre  scLäucIlioiien  Be- 
stechungen riig-te,  so  wollte  er  sie  doch  Alle  vor  Gericht  ver- 
treten, lind  auch  auf  jede  andre  Art  bewarb  er  sich  um  ihre 
Freundschaft,  da  er  nicht  wusste,  welche  unter  ihnen  g-ewahlt 
■werden  und  dann  ihm  und  seinen  Beschützer  Blilo  in  den  Con- 
sular- Coinitien  des  nächsten  Jahrs  nützen  oder  schaden  konn- 
ten.*^) Deshalb  erschien  er  nicht  iin  Senat,  als  viele  Tage 
hindurch  mit  der  grössten  Heftigkeit  über  ihr  Verbrechen  ver- 
handelt wurde;  „ohne  einen  mächtigen  Rückhalt  mochte  er  sich 
mit  der  Heilung  der  Republik  nicht  mehr  befassen".  ^^)  Im 
September  war  er  während  der  römischen  Spiele  bei  einer  über- 
mässigen Hitze  auf  dem  Lande,  *°)  dann  folgten  neue  und  grössere 
Anstrengungen."')  Am  schmerzlichsten  berührte  ihn  die  Rück- 
kehr des  Gibinius,  unter  dessen  Consulat  Clodius  ihn  halte  ver- 
bannen lassen.  Statt  ihn  anzuklagen,  und  eine  glühende  Rachgier 
zu  befriedigen ,  musste  er  ihn  im  October  vertheidigen ,  weil 
Pompejus  es  wollte.")  A^or  denselben  Richtern  führte  er  darauf 
die  Sache  des  Rabirius  Postumus,  welcher  als  Blitschnldiger  des 
Gabinius  belangt  wurde;  ^^)  seine  Verbindung  mit  Cäsar  gab 
dem  Redner  Gelegenkeit ,  dessen  Thaleu  zu  rühmen.  ^ ')  Die 
gute  Jahreszeit  war  vorüber;  er  fühlte  sich  aber  so  unheimlich 
in  Rom,  dass  er  in  den  letzten  Monaten  so  oft  als  möglich  seine 
Güter  besuchte.  ' ') 

Es  drohte  ihn  aufzureiben ,  dass  er  als  Staatsmann  ohne 
Einfluss  und  gezwungen  war,  um  den  Schutz  der  Äläuner  zu 
buhlen,  durch  welche  er  ihn  verloren  halte,  dass  er  als  Sach- 
walter fröhnen,  die  slärksfen  Gefühle  verläugnen  musste,  und  mit 
seinem  heissen  Verlangen  nach  Ehre,  Ruhm  und  Glanz  nichts 
Höheres  erstreben  konule,  als  Sicherheit.  „Nicht  bloss  das  Mark, 
sondern  auch  die  Farbe  und  Gestalt  des  Staats  ist  dahin;  eine 
solche  Republik  kann  keiue  Freude  gewähren.  Zu  meinem  Tröste 
erinnere  ich  mich  daran ,  wie  sie  einst  war ,  als  ich  das  Ruder 
führte."'')     „Du    siehst,    da  i   die  Republik  zu  Grabe  getragen 


88)    !>d  Att.   4,  15.  §.  7.     ad  Ou.  fr.  3,   1.  §.  7.    Oben  J.  28.  A.  97. 
89)    ad   9n.    fr.    2,   16.    §.    2.  90)    Das.  3,  1  ia.  91)    Das.  3,  3 

u.  3,  5  11.  6.  5    2.  92)    Gabinii   No.  5.  §.  3  93)  i>.  Rabir.  Pose.  5. 

Oben    §.    14.   A.   52.  94)    p.  Babir.   Tosl.    15.  16.  95)   ad  9u.  fr. 

3,  4.  §.  4.   3,  7  Cn.   3,  9.  J.  4.  96)   ad  Alt.  4,  16.  {.  5. 


326  XXI.    lüLII.        (31.  §.30.) 

ist,  dass  wir  keinen  Senat,  keine  Gericlite  mehr  Laben,  und 
niemand  unter  uns  in  einiger  AcLtiing'  siebt."")  „IcL  meide 
alle  Staatsgescbäfte  und  lebe  den  Wissenscbaften,  und  docli  muss 
icb  bekennen ,  was  ich  vor  Allen  dir  verbergen  möchte :  der 
Zustand  der  Bepublik  und  der  Gerichte  nagt  mir  am  Herzen;  in 
einem  Aller,  'svo  ich  im  Senat  des  grössten  Ansehns  mich  er- 
freuen sollte,  miiss  ich  mich  mit  der  Arbeit  auf  dem  Markte 
plagen  oder  in  meiner  Wohnung  in  den  Studien  Zerstreuung 
suchen ;  mit  jenem :  Immer  der  Beste  zu  sein,  hervorzuragen  vor 
Andern,  was  mir  von  Kindheit  auf  das  Theuersle  war,  ist  es 
nun  völlig  zu  Ende.  Bleine  Feinde  darf  ich  theils  nicht  an- 
greifen ,  theils  muss  ich  sie  sogar  vertheidigen ;  nicht  bloss  der 
Gedanke,  selbst  mein  Hass  ist  unter  dem  Bann."^')  „Der 
schändliche  und  verderbliche  Ausgang  des  Gerichts  ( Gabinius 
Freisprechung )  hat  mir  keinen  Rummer  gemacht.  Ich  habe  ebea 
den  Vortheil  davon,  dass  die  Gebrechen  des  Staats,  die  Frechheit 
der  Verwegenen,  über  welche  ich  früher  in  Verzweiflung  gerielb, 
mir  gleichgültig  werden ;  denn  nichts  Verdorbeneres  giebt  es,  als 
diese  Menschen  --und  diese  Zeiten.  Da  also  die  Republik  mir 
nicht  mehr  zur  Freude  gereicht,  so  weiss  ich  nicht,  warum  ich 
zürnen  sollte.  Mich  ergötzen  die  Wissenschaften,  nnsere  Studien, 
die  JMusse,  die  Villen  und  vorzüglich  unsere  Knaben."  '^) 

§    30. 

a.  53.  Auch  Ciisar  war  aus  der  Bahn  geworfen;  e^  konnte 
sich  im  Winter  nicht  mit  seinen  Getreuen  in  Italien  besprechen, 
weil  die  Gallier  nach  langer  Betäubung  erwachten.  '*"')  Durch 
den  Anblick  ihrer  Ketten  überrascht,  und  empört  durch  die  Arg- 
list, welche  ein  Volk  nach  dem  andern  und  durch  das  andre  in 
Sciaverei  g-es(ürzt  halte ,  beschlossen  sie ,  sich  zu  befreien.  Die 
Versuche  am  Ende  des  vorigen  Jahrs  blieben  ohne  Erfolg;  den- 
noch galten  sie  für  einen  glücklichen  Anfang:  eine  Legion  war 
aufgerieben  und  der  römische  Imperator  gelähmt.  Ein  grosser 
Theil  der  Provincialen  rüstete  zu  einem  Kampfe  auf  Leben  und 
Tod,   zugleich,   um  einer  schrecklichen  Rache  zu  entgehen,   und 


97)    ad   Qu.  fr.   3 ,   4.  98)    Das.  3 ,  S  n.  6.  §.  3.  99)   Das. 

3,  9.  $.  1.  100)   Oben  §.  27  fia. 


I 


XXI.    lULn.        (31.  §.30.)        327 

die  Herrsclisucht  benutzte  die  Stimmiing'  der  Völker,  wie  aucli 
sonst  woLI  die  Grossen  bei  der  Abwerfiing  eines  fremden  Jochs 
etwas  anderes  begehren,  als  die  allgemeine  Freiheit,  unter  deren 
Panier  sie  die  Menge  in  die  Schlachten  führen.  ')  Unter  den 
Trevirern  nahmen  die  \  erwandten  des  Induciomarus  dessen 
Stelle  ein,  -)  und  da  die  nahe  wohnenden  Germanier  einen  Kömer- 
krieg  scheuten,  so  gewannen  sie  die  entfernteren  Sveven;  Ani- 
biorix,  der  Eburone,  dessen  That  keine  Verzeihung  hoffen  liess, ') 
W'urde  ihr  Bundesgenosse,  und  auch  die  Kervier,  Adualuken, 
Blenapier,  ihre  JXachbaren  germanischer  Abkunft  in  Belgien,  *) 
im  Südwesten  die  Senonen ,  Carnuten  und  andere  Stämme  zwi- 
schen der  Sequaua  und  dem  Liger  (Seine  und  Loire)  waren  mit 
ihnen  einverstanden. 

Cäsar  kam  ihnen  zuvor,  und  entwaffnete  sie  einzeln,  wie  er 
sie  einst  unterjocht  hatte.  Er  überfiel  die  Nervier;  Gefangene 
und  Heerden  überwies  er  den  Truj)i)en,  damit  sie  es  williger  er- 
trugen, dass  sie  abermals  ihre  Winterquartiere  verlassen  mnssten 
und  das  Gebiet  der  kriegerischen  und  einst  vor  allen  Belgiern 
furchtbaren  Empörer,  welche  von  jetzt  an  kaum  noch  genannt 
werden,  in  eine  Wüste  verwandelten.  ')  Dennoch  erschienen 
die  Senonen,  C'arnulen  und  Trevirer  im  Frühjahre  niclit  auf  dem 
Landtage,  durch  welchen  er  die  Treue  der  Völker  erprobte,  wie 
einst  Athen  und  Sparta  durch  ihre  Bundestage.  Er  verlegte  ihu 
daher    nach  Lutetia,   dem  Hauptorle  der  Parisier  auf  einer  Insel 


1)  S.  über  das  Folgende  Caes.  6,  2  —  9.  Liv.  107.  Oros.  6,  10.  Di« 
40,  17.  31.  Plat.  Caes.  25  übergeht  die  Geschichte  dieses  Jahrs  und  die 
»venigen  Briefe  Ciceros  ans  dieser  Zeit  beirelTea  Privataugelegeotieiien, 
(vgl.  {.  31.  A.  34.)  Blan  sieht,  dass  C.  Trebatius  (oben  §.  29.  A.  SO 
n.  73)  noch  in  Gallien  >var,  und  ohnerachtet  seiner  Sehnsncht  nach  Rom 
von  ihm  den  Rath  erhielt,  dort  zn  bleiben;  ad  Farn.  7,  II.  12.  13.  16.  18. 
er  sollte  anch  über  den  Krieg  berichten  ,  ,,  \%'eil  die  Feigsten  den  meisten 
Clanben  verdienen  ",  das.  7,  18,  er  mochte  sich  aber  nicht  einmal  in  seinen 
Schreiben  mit  ihm  befassen,  nud  liess  die  A^'arnnng  seines  Gönners,  sich 
vor  den  Treviri  (trium\iri)  capitales  zn  Iinten,  bei  welchen  es  leicht  den 
Kopf  koste  and  kein  Gold  und  Silber  aasgemünzt  werde,  wie  von  dea 
trinmviri  monetales ,  nicht  nubeachtet ;  als  Rechtsgelelirter  kannte  er  die 
Cautelen.     Das.    7,     13.  2)    Oben    §.   27   fin.  3)     Das.   A.    55. 

4)  Vgl,  Caes.  2,  4.  5)   Oben  §.  20.  A.  26  n.  {.  27.  A.  60. 


328  XXI.    lULII.        (31.  §.30.) 

Äer  Seqiiana.  *)  OLiie  Verdacht  zu  erregen  stand  er  Lier  an  der 
Gräuze  der  Seuonen,  und  ehe  Acco,  ihr  Häuptling-,  seine  Krieger 
versammelt  halte,  war  er  in  ihrer  Mitte;  auf  die  Eilte  der  Aeduer, 
ihrer  ehemaligen  Schutzherren,  erliess  er  ihnen  Torerst  die  Strafe, 
und  jenen  übergab  er  auch  die  Geissein,  wodurch  er  sie  ver- 
antwortlich machte;  Cavarinus,  der  vertriebene  König,  wurde 
wieder  eingesetzt. ')  Für  die  Carnuten,  welche  Gesandte  schickten, 
weil  sie  allein  nicht  widerstehen  konnten,  verwendeten  sich  die 
Remer  aus  gleichem  Grunde  nnd  mit  demselben  Erfolge ;  Cäsar 
verschob  die  Rache  auf  eine  gelegnere  Zeit,  er  beendigte  den 
Landtag  und  gebot  den  Galliern ,  Reuter  zu  stellen.  Sie  sollten 
gegen  Ambiorix  und  die  Trevirer  fechten.  Kicht  zufällig  be- 
kriegte er  seine  erbiltertsleu  und  mächtigsten  Feinde  zuletzt,  und 
da  er  fürchtete,  dass  jener  Fürst  bei  den  noch  immer  freien 
Menapiern,  seinen  Gastfreunden,  einen  Zufluchtsort  finden  uud 
sieh  in  ihren  Wäldern  und  Sünij.fen  mit  Glück  vertheidigen 
werde ,  so  drangen  fünf  Legionen  in  drei  Abtheilungen  unter 
dem  Legaten  C.  Fabius,  dem  Quästor  BI.  Crassus  und  unter 
seiner  unmittelbaren  Führung  über  schnell  erbaute  Brücken  iu 
ihr  Land  ein.  Auch  jetzt  erlitten  sie  keine  Wiederlage,  weil  sie 
mit  ihrer  Habe  nach  dem  Innern  entwichen;  doch  schickten  sie 
Geissein,  und  setzten  dadurch  der  Verfolgung  nnd  den  Ver- 
Leerungen ein  Ziel.  Cäsar  verpönte  die  Aufnahme  des  Ambiorix, 
und  liess  zu  grösserer  Sicherheit  Commius,  den  Ati-ebaten,  *)  mit 
einem  Theile  der  Reuterei  auf  dem  meuapischen  Gebiete  zurück. 
Vor  diesem  Feldzuge  hatte  er  Labienns,  welcher 'unter  den 
Remern  lagerte,  *)  das  Gepäck  des  ganzen  Heers  anvertraut  und 
zwei  Legionen  zu  seiner  Verstärkung  abgeschickt.  Die  Trevirer, 
an  deren  Gränze  der  Legat  überwinterte,  standen  nur  noch  zwei 
Tagereisen  von  ihm ;  jetzt  hielten  ,  sie  an ,  die  Ilülfsvölker  aus 
Deutschland  zu  erwarten.  Aber  Labienus  gieng  ihnen  bis  in  ihr 
Land  entgegen.  Hier  schien  er  seine  Kühnheit  zu  bereuen; 
man  vernahm  im  Krieg^rathe,  er  werde  sich  vor  der  Ankunft 
der  Germanier  zurückziehen,  nnd  am  andern  Morgen  erfolgte  der 


6)    Cnps.  6,  3.    vgl.  7,  57.   58.  7)    Deis.  6,  5.  vgl.  5,  54.    Oben 

V.  -^7.  A.  73b.  8)  Caes.  C,  6.  vgl.  4,  21.    Oben  {.  25.  A,  9.  9)   Cäsar 

^iebl  6,  7  seine  Stellung  uiclit  so  gcu<tu  uii,  uls  5,  2i.     S,  (.  27,  A.  76. 


XXI.    lULII.        (31.  §.30.)        329 

AnfbrucL,  atsicLllIcb  mit  grossem  Geräusch.  Gallische  Reuter 
Lat(en  die  Geheimnisse  des  Lagers  den  Trevirem  mitgelheilt, 
welche  bei  dem  Anblicke  der  feigcu  Feinde  einen  Fluss  mit 
steilen  Ufern  überschritten.  '")  Um  Alle  auf  den  Abhang  zu 
locken,  von  welchem  er  sie  in  den  Strom  hinabstürzen  konnte, 
zo!j  Labicnus  weiter.  Plötzlich  aber  wandte  er  sich  in  völliger 
Schlachtordnung,  die  Reuter  auf  den  Flügeln,  und  die  Barbaren 
entflohen,  einer  auf  den  andern  geworfen,  mehr  vom  Schrecken 
als  mit  den  "Waffen  besiegt,  in  die  Wälder.  Die  Germanier 
giengen  enimuthigt  über  den  Rhein ,  und  mit  ihnen  die  Ver- 
wandten des  Indnciomarus,  an  deren  Stelle  Cingetorix  die  Re- 
gierung erhielt.  ' ')  Denn  der  Proconsul,  welcher  bald  nach  der 
Schlacht  in  diesen  Gegenden  anlangte,  wollte  ihn  für  seine  Treue 
belohnen ,  zugleich  aber  durch  seinen  Einfluss  sich  den  Rücken 
sichern ,  während  er  zum  zweiten  Älale  in  Germanien  einfiel, 
nm  sich  für  die  Untei-stützung  der  Trevii-er  zn  rächen  und  zu 
verhindern,  dass  Ambiorix  dort  aufgenommen  wurde.  '-)  Diese 
Griinde  erwähnt  er  selbst;  nach  den  Erfahrungen  aber,  welche 
er  vor  zwei  Jahren  gemacht  halle,  konnte  er  sich  solchen  eilelen 
Hoffnungen  nicht  hingeben ;  der  Feldzug  sollte  vielmehr  die 
Gerüchte  widerlegen,  ■svelche  sich  nach  so  vielen  Aufständen  in 
Gallien  in  Rom  verbreiteten;  nichts  war  mehr  geeignet,  zu  be- 
weisen, dass  seine  Älacht  nicht  erschüitert  sei,  dass  er  seine 
Pro'^'inz  beherrsche,  als  wenn  er  sie  verliess,  und  neuen  furcht- 
baren Feinden  die  Stirn  bot.  In  wenigen  Tag-en  \^^^rde  südlich 
Ton  dem  Orte,  welchen  er  früher  gewählt  hatte,  aber  nicht 
weit  von  ihm  entfernt,  eine  Brücke  erbaut,  zu  deren  Vertheidigung 
gegen    einen   Angriff    der   Belgier   eine   Wache   zurückblieb.  '*) 


10)  Der  Verf.  des  Memoire  snr  les  campagnes  de  Ce'sar,  heransgeg. 
von  Roulez,  p.  38  lässt  sie  über  die  Maas  gehen,  Tvogegen  Reichard  Geogr. 
Racliweis.  S,  9  Iiereits  richtig  bemerkt  hat,  dass  Cäsar  einen  so  bekannl'?n 
Fltiss  genannt  haben  vfürde;  an  irelchem  kleinern  aber  das  Gefecht  Statt 
fand,  ob  an  der  Sure,  "welche  sich  in  die  IMciel  ergiosst,  kann  man  nicht 
bestimmen.  11)    Oben  §.  27.  A.   75.  12)    Caes.  6,  9.   10.  29.    Lir. 

107.   Flor.  3,  10.  f..   15.    4,  12.   §.  22.    Dio  40,  32.  13)    Südlich  vom 

jetzigen  Bai\n  nnd  Cohlenz  näher,  als  im  J.  55,  in  der  Gegend  von  Ander- 
nach. Den  genaneren  Bestimmungen  in  J.  v.  RcUrenberg  noch  nngedrncktea 
nnd  >on  Rl.  .Simon  in  seinen  Aeltesten  iVachrich'  -  von  den  Bewohnern 
(les     linken    Ilbeiaufers    S,   96   f.    im   Ansznge    luitgetheiltcu   Autiquitatos 


330  XXI.    lULII.         (31.  §.30.) 

Die  Ubier'*)  betlieiierten,  nicht  sie,  sondern  die  Sveven  Laben 
sicli  mit  den  Trevirern  verbunden;  man  glaubte  ihnen,  und  als 
sie  die  Anzeige  machten,  dass  jene  mit  allen  von  ihnen  ab- 
Längigen  Völkern  sich  zum  Kriege  vorbereiteten,  mussten  sie 
ihre  Heerden  und  ihre  übrigen  Güter  in  die  Stadle  bringen,  damit 
der  Feind  durch  IMangel  genbthigt  v\'iirde,  in  einer  ungiinsligen 
Gegend  zu  kämpfen.  Bald  berichteten  ihre  Kundschafter,  dass 
die  Sveven  an  der  fernsten  Gränze  am  Eingange  des  Waldes 
Bacenis ,  welcher  sie  von  den  Cheruskern  trennte  und  ein  Theil 
des  hercynischen  war,  sich  aufgestellt  haben.  Cäsar  war  nicht 
geneigt,  sie  dort  zu  suchen.  Indess  sollte  in  seinen  Denkwürdig- 
keiten „ich  kam  nnd  gieng"  nicht  neben  einander  stehen,  des- 
Laib trennte  er  es  durch  die  Schilderung  und  Vergleichung  der 
Gallier  und  Germanier,  welche  für  uns  freilich  wichtiger  ist, 
als  einige  Schlachtberithte.  '  ')  Wie  viel  auch  unregelmässige 
Schaaren  auf  durchschnittenem  und  dicht  bewachsenem  Boden 
vermochten,  Latten  ihn  die  Älenapier  gelehrt,  und  wenn  er  siegte 
und  wegen  Hunger  und  Wald  seine  Vortheile  nicht  verfolgen 
konnte ,  so  war  das  Blutvergiessen  ohne  Zweck.  Für  die  Ehre 
war  genug  gethan;  man  hatte  sich  gezeigt,  die  Feinde  heraus- 
gefordert; dass  sie  dem  Kampfe  nicht  auswichen,  sondern  sich 
nur  da  nicht  finden  Hessen,  wo  die  Römer  sie  zu  sehen  wünsch- 
ten ,  dass  sie  vor  einer  natürlichen  Feste  wie  jene  vor  ihrem 
Lao-er  fechten  wollten ,  kam  in  der  öffentlichen  Meinung  nicht 
in  Betracht.  Um  sie  aber  zu  überzeugen,  dass  man  von  neuem 
in  ihr  Land  eindringen  könne  und  werde,  und  sie  dadurch  von 
Baubzügen  in  Gallien  abzuhalten ,  liess  er  nur  einen  TLeil  der 
Brücke  von  200  Fuss  Länge  auf  der  Seite  der  Ubier  abtragen; 
auf  der  andern  errichtete  er  einen  Thurm  von  vier  Stockwerken, 
welchen  ausgedehnte  Linien  mit  einer  Besatzung  von  zwölf 
Cohorten  unter  den  Befehlen  des  C.  Volcatius  TuUus  umgaben.  '  ') 


Saynenses  ftlüt  der  Beweis.  Ke  Manem ,  deren  Ruinen  R.  am  Ende 
des  17.  Jalirliunderls  oberhalb  Cunostein- Engeis,  nicht  weit  \on  Coblenz, 
untersuchte,  mögen  römischen  Ursprungs  sein,  aber  die  Rumer  sind  oft 
über    den    Rhein    gegangen.  14)     Oben    §.    23.   A.    2.  15)     Caes. 

6,  11  —  28.  16)    Uers.  6,  29.     A'^gl.   B.  C.  3,  52.     Ueber  Reiffeubergs 

Verinnthnng,  dass  die  Ubier  nach  dem  Abzüge  des  Tnllus  den  Briickenkopl 
besetzt  nnd    erweitert    Iiaben ,   und  dadurch  ein  Ort  Regio  TullJ ,    entstellt 


XXI.    lULII.        (31.  §.30.)        33t 

Dann  zog  er  in  der  Zeit,  \vo  die  Früchte  zn  reifen  an- 
fieng-en,  durch  die  Ardennen  gegen  Ambiorix.  So  lange  dieser 
Schlaue  lebte,  'welcher  die  Römer  eben  so  iinTersöhnlich  hasste, 
als  er  mit  der  grössten  Gewandtheit  ihren  Schlingen  zu  entgehen 
Wiisste,  "war  auf  Ruhe  in  der  Provinz  nicht  zu  rechnen;  aber 
er  sollte  auch  büssen  mit  seinen  Eburonen,  sollte  mit  ihuen  von 
der  Erde  vertilgt  werden,  das  Land,  worin  Titurius  Sabinns  und 
Cotta  mit  ihren  Cohorten  gefallen  waren,  ' ")  als  Schauplatz  einer 
fiirchtbaren  Rache  den  Galliern  eine  ^Varuung  sein,  oder  das 
Volk,  wenn  dessen  Vernichtung  nicht  gelang,  voll  Hass  von  dem 
Häuptlinge,  als  dem  Urheber  seiner  Leiden,  sich  für  immer  los- 
sagen ;  deshalb  leitete  der  Imperator  den  Krieg  in  Person.  '  ^) 
L.  Blinucius  Basilus  gieng  mit  der  ganzen  Reuterei  voran ,  sich 
einzuschleichen  und  Ambiorix  zu  überfallen ;  diess  gelang ;  man 
fand  ihn  mit  einem  kleinen  Gefolge  in  einem  vom  Walde  ein- 
geschlossenen Hause ;  die  Seinigen  leisteten  aber  so  lange  Wider- 
Stand,  bis  er  ein  Pferd  bestiegen  nnd  sich  gerettet  hatte.  Er 
errieth,  was  geschehen  werde;  seine  Eilboten  durchflogen  den 
Gau:  die  Römer  seien  hereingebrochen,  jeder  möge  für  seine 
Sicherheit  sorgen,  die  Loosung  zu  einem  allgemeinen  Flüchten 
in  die  Ardennen,  in  die  Sümpfe,  auf  die  Inseln  des  Meers  und 
auf  fremdes  Gebiet.  Cativulcus ,  welcher  neben  ihm  regierte,  '  ^) 
mochte  im  hohen  Alter  nicht  als  Abenteurer  umherirren,  nnd 
tödtete  sich  mit  Gift.  =") 

Indess  näherte  sich  auch  Cäsar.  Er  begnadigte  die  Segnier 
nnd  Condrusen,  auf  dem  rechten  Ufer  der  Maas  südlich  von  den 
Eburonen,  unter  der  Bedingung,  dass  sie  diese  auslieferten,  so 
•viele  bei  ihnen  als  germanischen  Stammgenossen  Schutz  gesucht 
Latten.  Um  auch  die  Uebrigen  schneller  zu  erreichen ,  liess  er 
alles  Heergeräth  nach  Aduatuca  bringen,   einem  Orte  in  der  IMitte 


RJgodnlnm,  enUtanden  sei,  -nelclien  er  in  dem  Dorfe  Rigol,  Reol,  Renl 
wieder  erkennt,  s.  Simon  S.  102  f.  ^-rl7)  Oben  {,.  27.  A.  55  f. 
18)  Caes  6,  29.  34.  §.  5.  7  n  8.  43.  §.  3.  B.  G.  8,  24  fin.  Liv.  107. 
Die  40,  32.     Gros.  6,   10.  19)     Oben    a.  a.   O.  20)    Caes.  6,  31. 

Taxo  se  exanimavit.  Plin.  16,  20  (10).  Siniilis  bis  tasns.  Mas  noxio 
frnctu.  Letale  quippe  baccis,  in  Uispania  praecipue,  Tenenum  inest.  Flor. 
4,  12.  §.  50.  Veneno,  qnod  ibi  (iu  ilisp.)  Tutgo  ex  arboribus  taxeis  ex- 
jirimitur,  praecepere  mortem. 


332  XXI.    lULlI.        (31.  §.30.) 

iLres  Landes,")  wo  im  vorigen  Jahre  Titiiriiis  Sabinns  und 
CoUa  l,ig^erten, ' -)  und  jetzt  die  vierzeLnte  Legion,  eine  der  zuletzt 
ausgehobenen,  mit  200  Reutern  und  den  Kranken  unter  Q.  Cicero 
BefeLIen  zuriickbiieb.  Dann  tlieille  er  die  Truppen;  Labienus 
verwüstete  mit  drei  Legionen  das  Land  nach  dem  Meere  Iiin 
an  den  Gränzen  der  Menapicr;  eine  gleiche  Anzahl  zog  mit 
C.  Trebonius  in  die  Gegend,  wo  es  das  Gebiet  der  Aduatuken 
berührte;  die  übri  en  drei  folgten  dem  Oberfeldherrn  nach  der 
Sabis  (.Sanibre)  und  dem  äussersten  Rande  der  Ardeunen,  weil 
man  dort  Ambiorix  mit  seinen  wenigen  Reutern  zu  finden 
hoffte;  '')  in  sieben  Tagen  sollten  Alle  wieder  bei  Cicero  ein- 
treffen. ]Mau  wollte  die  Eburonen  an  der  Flucht  hindern,  nicht 
aber  selbst  sie  in  ihren  Schluchten  aufsuchen,  weil  sie  bei  ihrer 
Ortskenntniss  kleine  vereinzelte  Abtheilungen  leicht  übermannen 
konnten ;  Cäsar  bot  die  Nächbaren  gegen  sie  auf,  Belgier  gegen 
Belgier ,  und  weder  Vaterlandsliebe  noch  Mitleiden  noch  die 
Furcht  vor  einem  gleichen  Schicksale  hielt  ihre  Raubgier  in 
Schranken ;    sie    kamen    und   mordeten   ihre   Brüder.     Aber   die 


21)  Caes,  6,  32.  Impedimenla  Adnatncam  contnlit.  Id  casteUi  nomen 
est.  IIoc  ferc  est  in  mediJs  Ebnronum  finibiis ;  zn  unterscheiden  von 
Aduatnciim  oder  Adiiaca  Tnngrorum,  Tongern  ^vesllich  yon  der  Maas,  nicht 
"weit  von  Liiltich,  Cäsar  erwähnt  die  Tungri  noch  nirlit;  er  nennt  das 
Volk  dieser  Gegend  Adnainci,  jVachkommen  der  Cinibern  und  Teutonen, 
welche  auf  dem  Zuge  nach  Italien  hier  ihr  Gepäck  mit  6000  Manu  znriick- 
liessen  ( 2,  29  ).  Die  Adnatnken  mögen  tou  den  Eburonen,  deren  Gebieter 
sie  später  Tnirden,  (Caes.  5,27)  auf  das  linke  Ufer  jenes  Flusses  gedrängt 
sein ,  "wälirend  ihrem  ersten  Hauptorte  der  alte  Name  verblieb ;  in  diesen 
Zeilen  erhielt  Belgien  oft  neue  Be>yohner  aus  Deutscbl.(iid.  Ausser  der 
bestimmten  Angabe  Cäsars  über  die  Lage  des  hier  besprochenen  Adnatiica 
hat  auch  die  Bemerkung  einiges  Gewicht,  dass  die  Siganibrer  es  vom  Rheii^ 
her  erreichten,  ohne  über   die  Blaas  zn  gehen  (6,  35).  22)    Mau  be- 

uiiizte  die  noch  vorhandenen  Schanzen.  Caes  ö,  32.  Von  der  jeizigea 
Besatzung  v\-ird  6,  37  gesagt:  Plerique  novas  sibi  ex  loco  religiones  finguni: 
Cottaequc  et  Titiuii  calamii  -^m,  qui  in  eodcm  occiderant  castello ,  ante 
ocolos    ponnnt.     Oben    §.    2/.    A.    47.  23)    Caes.    6,    33:    Ad   flumen 

Scaldem,  qnod  inlluit  in  Mosam.  S,  die  Ausleger  in  ed.  Oudend.  Die 
meisten  llaudschriflen  haben  Sraldem  (Scheide),  einige  und  der  griechische 
Metaphrnst  .S.ibin,  und  diese  l.psail  ist  die  richtige  ;  ileun  die  SaniLro,  nicht 
«lie  Sclielde  ergicssl  sicli  hei  ^ianiür  in  die  IVIaas,  und  Ciisar  konnte  in 
sieben  T.Tgen   nicht  >on  Adualnca   nach   der  SthclJe  und  zurückgciui. 


XXI.    lULlI.        (31.  §.30.)        333 

NacIiricLt,  dass  man  !n  Gallien  ungestraft  plündern  dürfe,  ver- 
breitete sicL  auch  Jenseits  des,  Rlieins;  2000  .Sigaiiibrer  zu 
Pferde-')  setzten  unterhalb  der  rüiiiisrhen  Brücke  über  den 
Fluss.  An  Streifzüge  in  Bruch  und  Dickigt  g'ewölint  drangen 
sie  schnell  bis  in  die  Nähe  von  Aduatuca  vor,  und  hörten  nun 
von  Gefangeneu,  ^Ye!che  sie  zu  AVerkzeiigen  ihrer  Rache  ersahen, 
dass  dort  von  einer  schwachen  und  feigen  Besatzung-  die  Schätze 
des  ganzen  römischen  Heers  aufbewalxrt  werden.  Cicero  hatte 
seiner  ]\[annschaft  nicht  erlaubt,  das  Lager  zu  verlassen;  so  -svar 
es  ihm  von  Cäsar  geboten;  als  dieser  aber  nicht  zurückkam,  ent- 
sandte er  am  siebenten  Tage  fünf  Cohorten  mit  vielen  Knechten 
lind  Lastlhiereu,  Getraide  zu  holen ;  dreihundert  Krieger,  grössten- 
theils  aus  anderen  Legionen ,  welche  wegen  Krankheit  bei  ihm 
geblieben  nnd  jetzt  hergestellt  waren,  schlössen  sich  an.  Blan 
WHSste,  dass  neun  Legionen  im  Felde  standen  und  ahndete  keine 
Gefahr.  Gerade  an  diesem  Tage  erschienen  die  .Sigambrer;  sie 
schlichen  unbemerkt  durch  einen  AVald  und  stürmten  gegen  das 
nächste  Thor,  wo  die  Wache  nur  mit  der  äussersten  Anstrengung 
sich  ilirer  erwehrte.  Im  Innern  gerieih  Alles  in  Aufruhr;  die 
jungen  Legionare  waren  noch  ohne  die  Weihe ,  welche  man 
durch  den  Krieg'  erhält ;  in  wilder  Eile  liefen  sie  zwecklos  durch 
einander;  niemand  zv^eifelte,  dass  Cäsar  mit  dem  Heere  erschlagen 
und  dieser  Ort,  wo  Titurius  und  die  .Seinigen  geblutet  hatten, 
vom  Schicksale  zum  Grabe  der  Römer  bestimmt  sei;  jede  Nach- 
richt fand  um  so  melir  Glauben,  je  schrecklicher  sie  war,  und 
endlich  wurden  Führer  nnd  .Soldaten  durch  das  Geschrei  betäubt, 
der  Feind  stehe  bereits  im  Lager;  auch  Cicero  verzagte,  und 
jubelnd  ermunterte  ein  Barbar  den  andern,  die  Beute  nicht  fahren 
zu  lassen.  Da  gab  ein  vielfach  bewährter  Centurio  der  zwölften 
Legion,  P.  Sextius  Baculus,-')  den  Dingen  eine  "VV^endung. 
Krank  und  erschöpft  kämpfte  er  im  Thore  voran;  sein  Beis])iel 
weckte  die  Nächsten  aus  der  Erstarrung-,  dann  auch  die  Uebrig-en; 
als  man  ihn  schwer  verwundet  aus  dem  Getümmel  trug-,  waren 
die  Wälle  nicht  mehr  von  Verlheidigern  entblösst.  Und  doch 
verdankte  man  einem  Zufalle  das  Äleiste.  Die  Sigambi-er  er- 
blickten die  fünf  Cohorten,   welche  von  ihrem  Geschäfte  ziirück- 


24)  Oben  §.  25.  A.  95.         25)  Caes.  6,  38.  vgl.  2,  25.   3,  5. 


334  XXI.    lULlI.        (31.  §.30.) 

kehrten;  sie  waren  anfangs  der  Meinung,  dass  Cäsar  mit  der 
Hauptmacht  nahe,  dann  übersEihen  sie  die  kleine  Schaar,  und 
grilfen  sie  an.  Voll  Schrecken  warf  sich  der  Tross  auf  die 
]>Iani|)eln ,  welche  das  unerwartete  Ereig-niss  nicht  weniger  aus 
der  Fassung  brachte;  einem  Theile  gelang  '%s,  sich  mit  dem 
Ritter  C.  Trebonius  durchzuschlagen;  die  Anderen  rerliessen 
einen  Hügel,  wo  sie  sich  aufgestellt  hatten,  um  ihren  älteren 
Gefährten  zu  folgen,  und  ^^^Irden  dadurch  in  ein  Gefecht  ver- 
wickelt, in  welchem  sie  sich  aber  auch  den  Weg  zum  Lager 
öffneten.  Zwei  Cohorten  wurden  gefangen  oder  getödtet;  ") 
aber  die  Sigambrer  begaben  sich  in  ihre  Heimath,  weil  sie  an 
der  Eroberung  der  feindlichen  Schanzen  verzweifelten.  Man 
konnte  sich  hier  noch  immer  nicht  beruhigen,  nnd  glaubte  Ver- 
sprengte zu  sehen ,  als  Cäsars  Reuter  mit  C.  Volusenus  sich 
zeigten;  ^')  der  AVatn,  dass  der  Imperator  gefallen  sei,  dauerte 
fort ,  bis  er  selbst  eintraf.  Er  rügte  es ,  dass  Cicero  seine  Ver- 
Lahungs  -  Befehle  nicht  streng  befolgt  hatte;  es  lag  darin  eine 
Warnung  für  alle  Legaten;  wenn  jener  mit  seiner  Legion  über- 
wältigt wurde ,  so  strömten  neue  Horden  ans  Germanien  herbei, 
und  die  Gährung  in  Gallien  kam  augenblicklich  zum  Ausbruch. 

Nach  einem  kurzen  Aufenthalte  in  Aduatuca  leitete  Cäsar 
die  fernere  Verheerung  des  eburonischen  Gebiets  durch  die  be- 
nachbarten Völker.  Die  Häuser  wurden  niedergebrannt,  alle 
Sachen  von  Werth  fortgeschalTt,  und  die  Feldfrüchte  iheils  ver- 
braucht ,  theils  durch  heftige  Regengüsse  verdorben ;  die  Natur 
half  die  Einwohner,  die  „Verbrecher",^*)  dem  Hungertode 
überliefern.  Es  ist  die  trostlose  Lehre  der  Geschichte  aller 
Zeilen,  dass  der  Blächtigere  ond  Klügere  die  Schwächeren  unter- 
drückt, nnd  kriegerischen  Blulh,  Liebe  zur  Freiheit  und  zum 
Vaterlande  an  ihnen  verdammt ;  nur  wenn  es  dem  eigenen  Heerde 
gilt ,  treten  jene  Tugenden  in  ihre  Rechte,  nnd  oft  vereinigt  sich 
an  den  Altären  der  Dank  für  Siege,  wodurch  man  dem  ruch- 
losen Eroberer  gewehrt  und  seine  .Stelle  eingenommen  hat.  Unter 
den  Eburonen  mochte  niemand  durch  einen  Verralh  an  Ambiorix 
sich   lösen;   er   eutgieng  mit  seinen  vier  Begleitern  der  Reuterei, 


26)    Caos.  6,  40.  44.  27)   Hers.  6,  41.     Vgl.  3,  5.  28)  Ders. 

6,  34. 


XXI.    lULn.       (3i.§.3i.)        335 

■welche  in  Erwartung  eines  grossen  Lohns  ihn  rastlos  verfolg-fe, 
und  nach  der  Aussage  der  Gefangenen  ilini  oft  nahe  ^yar,  ohne 
ihn  zu  erreichen.  Wann  und  wo  er  endigle,  ist  unbekannt,  aber 
seinen  Gau,  wo  er  nie  wieder  eine  Stätte  finden  sollte,  verwii- 
.stele  man  spater  nochmals  mit  Feuer  und  Schwerdt.  ^**)  Weni- 
ger strenge  bestrafte  Cäsar  den  Aufstand  der  Senoneu  nnd  Car- 
uuteu  auf  einem  Landtage  zu  Durocortorum ,  einer  Stadt  der  He- 
mer, (Kheims)  wohin  er  das  Heer  zuriickfiihi-te ;  nur  die  Häupter 
biissteu;  er  liess  Acco  hinrichten,^")  und  verbannte  die  übrigen, 
welche  endlohen  waren.  Dann  schickte  er  zwei  Legionen  zu 
den  Trevirern  und  zwei  zu  den  Liugonen  ( zwischen  den  Bel- 
giern und  Aeduern  in  der  Gegend  von  Langres  an  den  Quellen 
der  Marne)  in  die  AV^interquartiere ;  sechs  verlegte  er  nach  Agen- 
dicum  im  Lande  der  Senonen  (Sens)  und  in  dessen  JVähe,  um 
die  Völker  zwischen  der  Sequana  und  dem  Liger  zn  bewachen. 
Er  reis'te  darauf  unter  dem  gewöhnlichen  Vorwande  der  Rechts- 
pflege nach  Italien,  ■«'o  er  im  vorigen  Jahre  nicht  gewesen  war. '' ) 
In  seiner  Provinz  herrschte  scheinbar  nach  den  Strafgerichten  ein 
tiefer  Friede. 

§  31. 

(a.  53.)  Es  gereichte  ihm  zu  grossem  Voi;theil ,  dass  Pom- 
pejus,  der  Proconsul  von  Spanien,  auch  jetzt  vor  Korn  blieb,  und 
die  Ooliiuaten  durch  das  Schreckbild  der  Dictatur  beschäftigte.^') 
Poinpejus  beförderte  einen  gesetzlosen  Zustand,  damit  man-  ihm 
zur  Abhülfe  jene  Würde  verlieh.  Die  Bestechungen  der  vier 
t'audidalen  des  Cousulats  begünstigten  ihn,^^)  und  er  hatte  vor- 
erst die  Gennglhuung,  dass  Rom  im  Anfange  des  Jahrs  ohne 
Cousuln  war.  Auf  dieser  Grundlage  konnte  er  weiter  bauen, 
und  Viele  halfen ,  aber  die  Frucht  der  langen  Anstrengungen  war 
ein  Luftschloss.  ^  *)     Zu   seinen   thätigslen   Werkzeugen   gehörten 


29)  Ders.  6,  43.  B.  G.  8,  24.  25.  Unten  §.  35.  A.  57.         30)  Caes. 
6,    44.    Oben    A.   7.  31)    Caes.    1.    c.   u.  7,    1.  6.    Dio  40,  32.  Oros. 

6,  10.  32)  Oben  §.  28  in.  33)  Das.  A.  97.  34)  Cicero  schrieb  in 
ttiesem  Jahre  nicht  an  Atlicus,  welclier  ans  Asien  n.  Ton  seinen  Gütern 
in  Epirns  zurückgekehrt  war.  In  den  wenigen  inhaltleeren  Brieten  vou 
Andern  (s.  {.  30.  A.  L)  beklagt  er  sich  über   die   grosse   Zahl   der   Zwi- 


336  XXI.    lULII.        (31.  §.31.) 

die  Tribüne  Luccejus  Hirrus  ")  und  Coelins  Vinicianns '*)  nebst 
Q.  Pompejus  Rufiis,  welclier  im  folgenden  Jahre  diess  Amt  ver- 
^vallete. '')  Jene  beniiicLtif;(en  sich  der  ölfentlichen  Geschäfte; 
sie  vertraten  unberufen  die  Magistrate ,  unter  Anderem  die  Prä- 
foren bei  den  Spielen.^')  Ungiinstig-e  Anzeichen,  auch  eine Feuers- 
briinst ,  wodurch  ein  Theil  der  Stadt  in  Asclie  geleg-t  wurde,  dien- 
ten zum  Verwände ,  unter  welchem  sie  nach  dem  Wunsche  des 
Triumvir  die  Wahl  der  höheren  Beamten  verhinderten.  ^ ')  Diess 
führte  in  der  Curie  und  auf  dem  Blarkte  zu  lebhaften  Erörte- 
rungen; insbesondre  suchte  Pompejus  Kufiis  das  \  olk  aufzurei- 
zen; er  wurde  deshalb  auf  Befehl  des  Senats  verhaftet,  jedoch, 
wie  die  Folge  lehrt,  bald  wieder  entlassen.  '")  Der  Vorschlag 
des  Hirrus  und  der  mit  ihm  einverstandenen  Collegen ,  Krieg-s- 
tribune  mit  Consular  -  Gewalt  zn  wählen,  sollte  ihre  guten  Ge- 
sinnungen beurkunden,  als  Ausweg  eine  Einigung  der  Parteien 
vermitteln,  in  der  That  aber  neuen  Verzug  bewirken,  da  sie 
wussten,  dass  diese  Verwaltungs-Fonn  nicht  beliebt  war.*') 
Indess  gedachte  man  immer  wieder  der  Dictatur;  nur  Pompejus 
regte  sich  nicht;  er  entfernte  sich  sogar  weiter  von  der  Stadt; 
wer  ihn  länger  beobachtet  hatte,  konnte  die  Ursach  ahnden:*-) 
in  seiner  Abwesenheit  beantragte  Hirrus  in  Verbindung  mit  Coe- 
lius  Vinicianus  bei  dem  Volke  seine  Ernennung.  Dem  Senat 
erschien  dieser  Eingriff  in  seine  Rechte  als  das  kleinere  Uebel; 
weniger  das  Mittel  als  der  Zweck  machte  ihn  bestürzt,  und  BI.  Cato 


Sctienkönige,  aä  Fam.  7,  II.  iilrigoiis  mochte  er  ans  Vorsictt  cUe  öffentli- 
chen Angelegenheilen  nicht  berühren;  ad  Fam,  2,4.  sie  hatten  auch  in 
seiner  Eruie.  igung  kein  Jnteresse  für  ihn ;  Ulilos  WaU  ziim  Consul  für  d. 
J,  5ü  ausgenommen ,  "weil  dieser  ihn  gegen  Clodius  beschützen  sollte,  ad 
Fam.  2,  6.  5-  2.  Oben  J.  29.  A.  31.  Den  April  verlebte  er  auf  dem  Lande, 
ad  Fam.  7,  18.  $.  2.  35)  Oben  §.  28.  A.  4.  36)  Das.  A.  5.  37)  2. 
Th.  347.  A.  79.  348.  A.  86.  365.  A.  10.  414.  Ä.  79.  Pigh.  3.  405  n. 
412  n.  nach  s.  A''org.Tnge  Tiele  Andere  halten  ihn  für  den  Collegen  der  bei- 
den Vorigen,  Tvelclier  -nührcnd  der  Zvrischenregiening  bis  ins  folgende 
Jahr  oder  bis  Blilos  Verurllieilnng  Tribun  geblieben  sei.  Dio  40 ,  45.  ■vgl. 
49  giebt  ihm  diesen  Titel  irrig  schon  in  d.  Geschichte  des  J.  53.  S.  Ascon_ 
arg.  Blilon.  p.  34.  38.  enarr.  p.  43.  ed.  Orell.  38)  Dio  40,  45.  39)  Ders. 
1.  c.  40,  17.  Oros.  6,  14  7,  2.  Obseq.  125  int  in  d.  Zeit.  40)  Dio 
40,  45.  Unten  A.  56.  41)  Dio  I.  c.  42)  Ders.  I.  c,  Tlut,  Pomp,  54. 
Caes.  28.  App.  2,  438  fia. 


XXI.    IinJI.        (3i.§.  31.)        337 

widersetzte  sich  mit  solchem  Nachdruck,  dass  Ilirnis  in  Gefahr 
gerietL,  sein  Amt  zu  verlieren,*^)  und  die  Anhänger  des  Trium- 
vir  versicherten,  er  habe  keinen  Theil  daran.")  Diess  bestä- 
tigte er  selbst,  als  er  jetzt  nach  dem  misshmgenen  Versuclie  zu- 
rückkam.**) Cato  lobte  ihn,  aber  er  nahm  ihn  auch  beim  Wort'; 
auf  sein  Gutachten  wurde  Pompejiis  vom  Senat  aufgefordert,  flir 
Kühe  und  Ordnung  zu  sorgen.  *  ^)  Die  Götter  warnten  nicht 
mehr,  die  Tribüne  schwiegen,  und  Domitins  Calviuus  wurde  mit 
Valerius  Messala  im  Quinlil  (Juli)*')  ffir  dieses  Jahr  zum  Con- 
sul  gewählt,**)  obgleich  Beide  wegen  Erkaufung  der  Stimmen 
angeklagt  waren ,  und  der  Erste  sogar  mit  deu  vorigen  Gousuln 
einen  strafliaren  Vertrag  geschlossen  hatte.  *^) 

Cato  also  glänzte  als  Wortführer  der  Aristocrafie ,  da  Cicero 
sich  zurückzog.  Stets  verwechselte  er  Namen  und  Sache,  Form 
und  Wesen.  Er  konnte  es  wissen,  dass  Pompejus  mit  dem  Ti- 
tel, nach  welchem  er  sich  sehnte,  nicht  gefährlich  sein,  dass  er 
nicht  mehr  unternehmen  werde,  als  er  später  nach  seiner  Wahl 
zum  cJIeinigen  Consul  unternahm.  Wenn  die  Oplimaten  bei  einer 
richtigen  M'^ürdigung  seines  Characters  und  der  öffentlichen  An- 
gelegenheiten seine  Wünsche  erfüllten,  so  waren  sie  der  Rei- 
bungen und  tribunicischeu  Bewegungen  überhoben;  sie  verloren 
wenig-er  an  Ansehn  und  befreundeten  sich  den  Mann ,  mit  wel- 
chem sie  zuletzt  bei  jener  Wahl  dennoch  dingen  mussfeu,  und 
dessen  Hülfe  gegen  Cäsar  sie  nicht  entbehren  konnten,  wie  schoa 
sein  eigenes  Verhältniss  zu  diesem  ihn  in  Schranken  hielt,  da 
auch  er  den  Beistand  des  Senats  bedurfte.     Aber  am  meisten  irrte 


43)  Cic.  ad  Farn.  8,  4.  Plut.  1.  c.  wo  er  Lucillns  (Lnccejns)  genanat 
wird;  Dio  1.  c.  Cicero  änsserle  seinen  Scliiiierz  nnr  im  Umgänge  mit  Ver- 
f ranlen  n.  mit  grüsster  Vorsicht  in  Briefen,  ad  Farn.  2,4:  locerne  tecnm 
per  literas  ?  civem  mehercnle  non  pnto  esse ,  qni  temporibus  liis  ridere  pos- 
sic.  ad  Farn.  2,  ä:  —  Ita  stint  omnia  debilitata  et  prope  iam  exstincta. 
Sed  liaec  ipsa  nescio ,  rectene  sint  literis  commissa.  Qnare  caetera  cogno- 
sces  ex  aliis.  Tu  tarnen,  sive  habes  aliqu.-un  spem  de  re  pu]>lica,  sive  de- 
speras:  ea  para,  raeditare,  cogila,  quae  esse  in  eo  civi  ac  viro  debent,  qni 
sit  rem  publicam  atllictam,  et  oppressam  miseris  temporibus,  ac  perditis  mo- 
ribus ,  in  veterem  dignitatem  ac  libertatcm  Tindicatoros.  44)   Flut,    l.^  c* 

45)  Dio  40,  46.  46)  Plnt.  Pomp.  54.  Dio  40,  45.  47)  Im  siebenten 
Monate  Dio  40,   17.  46,  nicht  im  achten  App.  2,  438  fin.  48)  Domilii 

CalT.  Hio.  6.  5.  2.  A.  52.         49)  Das.  J,  1.  A.  26.     Hier  §.  28. 

Drumann,   Ocschichte  Uonis  111.  22 


338  XXI.    lULII.        (.M.§.  31.) 

Pompejus.  Es  entg;leng  ihm,  dass  Sulla  nicLt  herrschte,  weil  er 
Dictator  war,  sondern  weil  er  über  ein  siegreiches  Heer  gebot, 
wie  jetzt  Cäsar;  dass  seia  Weg  schon  Marius  und  Cinna  nicht 
znm  Ziele  geführt  hatte ,  da  ihre  Senats  -  und  Volksbeschlüsse  von 
dem  Gegner  verlacht  wurden ;  dass  ein  Feldherr ,  welcher  sich 
nur  durch  sein  Gewand  und  als  Ruhestörer  bemerklich  macht,  und 
durch  Land  und  Meer  von  seinen  Truppen  getrennt  wird,  weder 
Bewunderung  nnd  Liebe  noch  Furcht  erregt,  nnd  dass  sein  Spie] 
schon  deshalb  ein  gewagtes  war,  weil  es  zugleich  die  Aristocra- 
tie  nnd  Cäsar  bedrohte  und  warnte. 

Gegen  Ende  des  Jahrs  gieng  die  Nachricht  ein,  dass  M. 
Crassus  mit  dem  grö'ssten  Thelle  seines  Heers  von  den  Parthern 
erschlagen  sei,  ein  schmachvolles  Unglück  für  alle  Römer,  wel- 
ches aber  die  Optimaten  mehr  in  Beziehung  auf  das  Innere  des 
Reichs  berührte.  Im  Duumvirat  war  die  Stellung  des  Pompejus 
und  Cäsar  eine  andre  als  bisher ;  Crassus  hatte  als  Vermittler  sie 
getrennt,  sofern  er  mit  seinem  Reichthume  nnd  Anhange  Rück- 
sichten forderte.  Die  Alten  legen  jedoch  auf  jenes  Ereigniss  ein 
zu  grosses  Gewicht,  wie  auf  Julius  Tod,  weil  sie  Cäsars  Selbst- 
ständigkeit, sein  plannlässiges  Fortsclireiten  verkennen ;  wenn  man 
ihnen  glaubt,  so  haben  Zufälligkeiten  ihm  seine  Entwürfe  einge- 
geben und  ihn  gehoben,  Alit  seinem  Gelde  konnte  Crassus  ihn 
fordern,  aber  er  konnte  in  der  entscheidenden  Zeit  den  Lauf  der 
Dinge  nicht  hemmen,  selbst  nicht-,  wenn  er  die  Arsaciden  über- 
wand, wie  Pompejus  Mithridat;  weder  als  Feldherr  noch  als 
Staatsmann  war  er  dem  Proconsul  von  Gallien  vergleichbar ;  auch 
begehrte  er  nicht  der  Erste,  sondern  der  Reichste  zu  sein,  und 
würde  in  einem  glücklichen  Kriege  den  Euphrat  nicht  verlassen 
Laben,  um  in  Italien  Ruhe  zu  gebieten,  oder  einen  Ehrgeiz  zu 
befriedigen,  welcher  in  seinem  Alter  von  der  Habsucht  völlig  er- 
stickt war.  '  °)  Schon  vor  ihm  fiel  sein  Sohn  Pubiius ,  früher 
Cäsars  Legat  in  Gallien.  Dieser  hatte  ihn  mit  1000  gallischen 
Reutern  zum  Vater  geschickt. ' ')  An  seiner  Stelle  wurde  Ci- 
cero, nicht  Hirrus  dessen  Milbewerber,  von  Hortensius  und  Pom- 
pejus unter  die  Augurn  aufgenommen. '  *) 


SO)  8.  Liciaii  Crassi.        £1)  Plal,  Crass.  25.        &2)  Horteusii  No.  7. 
6.  A.  36. 


XXI.    lULII.  .«i.§.  32.)         339 

Es  Latfe  grossen  WeriL  fiir  iLn,  aber  er  wiinscLte  nun  aiicL 
seiner  Sicherheit  wegen,  dass  Milo,  mit  -welchem  Plnuliiis  H^p- 
säus  und  Metellus  Scipio  sich  bewarben,  zum  Consiil  gewühlt 
wurde; '^)  denn  Clodius  hoffte  im  nächsten  Jahre  Priilor  zu  sein, 
nud  konnte  seine  amtliche  Gewalt  ohne  ein  Gegengewicht  leicht 
zum  Nachtheile  seines  Feindes  luissbrauchen.  Ponij)ejiis  verlobte 
sich  mit  Scipios  Tochter,  und  erklärte  sich  gegen  Bliio,  wodurch 
er  von  neuem  Clodius  zugeführt  wurde.  In  der  That  aber  nahm 
er  nur  seinen  alten  Flau  wieder  auf;  die  Strassengefechte  zwi- 
schen den  Banden  des  Milo  und  Clodius,  welcher  voraussah,  dass 
er  unter  dem  Consulat  seines  Gegners  sich  nicht  werde  regen  diir-' 
fen,  wurden  ihm  nützlich,  sie  sollten  ihm  zur  Dictatur  verhelfen. 
Mochten  die  Consuln  im  Trauergewaude  in  der  Curie  erscheinen, 
und  durch  eine  Verfügung  des  Senats  die  höheren  Blagistrate 
fünf  Jahre  von  der  Verwaltung  der  Provinzen  ausscliliesseu ,  die 
Gewalllhäligkeiten  dauerten  fort,  und  Rom  erhielt  weder  Con- 
suln noch  Prätoren.'*)  Auf  Cäsars  Bitte  beförderte  Cicero  die 
Wahl  des  M.  Antonius  zum  Quästor,  welcher  sich  dagegen  er- 
bot, Clodius  zu  tödten,")  und  Pompejus  Rufus,  seit  dem  zehn- 
ten December  V.Tribun,  rächte  sich  dadurch,  dass  er  den  Aedil 
Favonius  ins  Gefängniss  schickte,  für  seine  Verhaftung;  er  wollte 
zugleich  den  kühnen  Schwätzer  und  noch  mehr  Cato ,  sein  Vor- 
bild, von  feinerem  Widerspruche  gegen  die  Ernennung  des  Pom- 
pejus Magnus  zum  Dictator  abschrecken, '  ^) 

§  32, 

a.  52.  Im  Jannar  wurden  diese  Umtriebe  durch  die  Ermor- 
dung des  Clodius  begünstigt ;  Rom  sah  sich  von  neuem  der  Wuth 
der  Parteien  preis  gegeben  uud  der  geäugstigte  .Senat  ermächtigte 
Pompejus,  über  die  Sicherheit  der  Republik  zu  wachen  uud  ia 
Italien  Truppen  auszuheben ;  im  folgenden  Blonat'  übernahm  der 
Triumvir  allein  das  Consulat.")  Der  halbe  Sieg  legte  doch 
grosse  Mittel  in  seine  Hand,  und  das  Schicksal  des  Reichs  hieng 
davon  ab,  wie  er  sie  gebrauchte. 


53)    ad  Farn.    2,    6.    5-   2  giel)»  er  andere  Griiiide  an.  ü)   2.  Th. 

340.  A,  26  f.        65)   Das.  342.  A.  37.  56)  Die  40,  45.  Oben  A.  40. 

Favon.  A.  59.         57)  2.  Th.  .147. 

90  * 


340  XXI.    lULII.        (31.  §.32.) 

Cäsar  warb  im  cisalplnlscten  Gallien;  er  wollfe  Lier  znr 
BeobacLtung  seines  Gegners  länger  Tcrweilen,  als  in  der  jensei- 
tigen Provinz  ein  nener  Krieg  begann,  der  blutigste  und  gefabr- 
vollsfe  unter  allen. '^)  Nach  secbsjäbriger  UnterjocLung  betrauer- 
ten die  Gallier  nicht  nur  den  Verlust  ihrer  Freiheit  ond  ihres 
Ruhms;  sie  hatten  durch  Steuern,  Winterquartiere,  Plünderung, 
Verwüstung  ihrer  Blarken  und  furchtbare  Strafen  auch  alle  Bit- 
terkeilen der  Knechtschaft  empfunden ,  und  nicht  mehr  Einzelne 
sondern  das  ganze  Land.  Ihre  früheren  Versuche,  die  Römer 
theilweise  zn  vernichten,  waren  nicht  völlig  misslnugen;  es  kam 
nur  darauf  an,  dass  sie  ilinen  inehr  Ausdehnung  und  Zusammen- 
bang gaben,  und  diess  erleichterten  die  Abwesenheit  des  Procon- 
suls,  die  Vorgänge  in  Rom,  in  welche  er  ohne  Zweifel  ver- 
wickelt war,  die  Jahrszeit,  der  Mangel,  die  schlechten  "Wege, 
welche  fremden  und  geordneten  Kriegern  am  verderblichsten  sind, 
und  Imperator  und  Heer  von  einander  trennten.  Die  Häuptlinge 
beriethen  sich  in  Wäldern  und  an  abgelegenen  Orten ;  Accos  Hin- 
richtung hatte  sie  erschüttert; '')  auch  über  ihnen  schwebte  das 
Schwerdt,  denn  keiner  wnsste  sicli  rein.  So  versprachen  sie  den 
Hochherzigen ,  welche  in  dem  allgemeinen  Nothstande  das  Werk 
der  Rettang  anfangen  würden,  reichlichen  Lohn  und  treue  Hülfe. 
Die  Carnuten  waren  bereit;  sie  erschlugen  am  Morgen  in  ihrer 
Stadt  Genabum  (Orleans)  die  römischen  Kauüeute  und  Wache- 
rer, und  schon  am  Abend  gelangte  die  erfreuliche  Nachricht  zu 
den  Arvernern  in  Gergovia  (Auvergne ,  in  der  Gegend  von  Cler- 
mont)..  Hier  hafte  ihr  Vercingetorix ,  einer  der  Vornehmsten, 
dessen  Vater  wegen  seiner  Herrschsuclit  getödtet  war,  mit  Un- 
geduld entgegen  gesehen.*")  Sein  Oheim  nnd  die  übrigen  Grossen 
zwangen  ihn,  die  Stadt  zu  verlassen,  weil  sie  Cäsars  Rache 
fürchteten,  aber  das  Volk  war  mit  ihm;  er  vertrieb  die  Feigen, 
und    wurde  zum   Könige,   imd   fast   vom   ganzen  nordwestlichen 


58)  Caes.  7,  1  f.  Liv.  107.  Plnt.  Caes.  2S.  Dio  40,33.  S(raI)o4,  191. 
Flor.  3,  10.  §.  20.  Oros.  6,  11.  59)  Oben  §.  30.  A.  30.  60)  Flor. 
1.  c.  Ille  corpori»,  armis  spiiitiiqne  terribilis,  noniiiie  eliam  quasi  tcrrore 
composilo,  Vercingclovix.  Vgl.  Dio  40,  41.  Im  Vorigen  ist  der  Trevirer 
Cingelorix  oft  erwähnt;  (Caes.  5,  3.  6,  8.)  die  Bedeutung  der  Torgeselz- 
ten  Sylbe,  vrclche  sich  auch  in  d.  Namen  des  A''eigasillaunus  £ndet,  (Caes. 
7 ,  76)  kennen  wir  nicht. 


XXI.    lULII.        (31.  §.32.)        341 

Gallien,  welcLes  seine  Gesandten  an  die  gescLworenen  Eide  er- 
innerten, znin  OberanfiiLrer  gewählt.  In  ihm  war  melir  als  in 
Induciomarus  und  Ambiorix ;  mit  seiner  Kraft,  ScLlauLeit,  Uin- 
sicLt,  EntscLIossenLeit  und  Ausdauer  scLien  er  für  die  Zeiten  ge- 
spart zn  sein,  wo  man  eine  solcLe  Heldenseele  verstand,  und  das 
Vertrauen  zu  ihm  und  der  Abscheu  gegen  die  Unterdrücker  schu- 
fen seine  Heere,  nicht,  wie  Cäsar  es  darstellt,  Marter  und  To- 
desstrafen, obgleicli  der  Gedanke  an  sein  grosses,  folgenreicbes 
Unternehmen  und  an  die  eigene  Verantwortlichkeit  ilm  bei  Schlaff- 
heit nnd  Verrath  nuerbittlich  machte. 

Er  befand  sich  zwischen  den  Legionen  nnd  der  narbonensi- 
schen  Provinz,  wohin  er  zu  den  Butenern  (Rouergue)  den  küh- 
nen Gadurker  Lucterius  entsandte,^')  den  Aulruhr  zu  entflam- 
men, den  Proconsul  fem  zu  halten,  nnd  ihm  selbst  den  Rücken 
zu  decken;  dann  zog  er  gegen  Norden  zu  den  Biturigen  (Berrj). 
Dunkle  Gerüchte  von  einer  Verschwörung  Latten  die  Winterla- 
ger jenseits  des  Liger  (Loire)  schon  früher  erreicht;  ^^)  jetzt 
wurden  sie  zur  Gewssheit;  die  Römer  schickten  Eilboten  zu  Cä- 
sar; auch  die  Aeduer,  welche  auf  iliren  Rath  den  Biturigen,  ih- 
ren westlichen  Nachbaren,  Beistand  leisten  wollten,  machten  sich 
verdächtig;  sie  kehrten  um,  weil  sie  angeblich  einen  Hinterhalt 
fürchteten,  und  jene  vereinigten  sich  mit  den  Arvernern.  Acht 
Legionen  waren  in  der  Nähe;  sie  konnten  von  zwei  Seiten  vor- 
gehen, die  Gallier  in  die  Bütte  nehmen  nnd  den  Aufruhr  im 
Werden  ersticken;  es  schien  nicht  rathsam,  Befehle  zu  erwar- 
ten, welche  man  unter  jeder  Bedingung  zu  spät  erhielt :.  aber  die 
Legaten  schreckte  das  Unglück  des  Titurius  Sabinns ,  und  nie- 
mand hatte  das  Recht  oder  den  Blulh,  den  anderen  zu  gebieten. 
Cäsar  durfte  keine  Zeit  verlieren ;  er  musste  den  Feldzug  eröff- 
nen, und  war  ohne  Heer.  ^^)  In  der  Provinz,  wo  Lucterius 
mit  den  umwohnenden  Stämmen  gegen  Narbo  vordrang,  fand  er 
wenige  Truppen,  und  auch  die  Neugeworbenen  aus  Italien  bilde- 
ten nur  eine  kleine    Schaar;    dennoch   wies    er   den    Feind    dui'ch 


61)  Stiabo  4,  191  nennt  einen  gaUischen  Fürsten  früherer  Zeit  ine- 
rins,  Liv.  38,  16  einen  Andern  Lutnrins;  Crieclien  n.  Rünier  entstellten 
ilic  Namen  der  Barbaren.  62)  Oben  §.  30  fiii.  63)  Änch  nicht  er- 

freut :    Urhanas  res  virtute  Cu.  Pomiieü  cominodioiem  iu  statiuu  pcrveuisse' 
Cacs.  7,  6. 


342  XXI.    lULn.        (31.5.32.) 

die  Besetzung:  der  ßrrjuzplätze  zurück,  und  zog  mit  der  tibrigen 
Blaiinscli.'ifl  diircL  das  Land  der  Heivier  und  den  liefen  Schnee 
der  .Siiveniien  zn  den  Arvernern.  Die  Keuterei  streifte  nach  allen 
Richtungen  und  verniflirle  den  Sclirecken  über  seine  unerwartete 
Ankunfl.  Seine  Absiciit,  die  Aufmerksamkeit  auf  diesen  Punct 
zu  lenken,  nnd  iudess  auf  einem  andern  durchznscliliipfen,  wurde 
erreicht ;  Vercingetorix  näherte  sich  aof  die  dringenden  Bitten  der 
Seinigeji,  während  er  die  Truppen,  welche  leicht  in  das  Gebirge 
entfliehen  konnten,  Decimus  Brutus  übergab,**)  und  auf  Umwe- 
gen über  Vienna  (\  ienne  an  der  Rhone)  und  unter  dem  Schutze 
der  dort  zum  voraus  aufgestellten  Reuter  dnrcli  das  Land  der 
Aeduer  zu  den  Lingonen  gelangte,  unter  welchen  zwei  Legionen 
lagerten  (Gegend  von  Laingres  au  der  Blame.j.  Das  ganze  Heer 
wurde  bei  Agendicnni  (Sens)  zusammengezogen,  ehe  noch  die  ihm 
verdächtigen  Provincialen ,  durch  deren  Gaue  sein  Weg  führte, 
oder  Vercingetorix  tou  seinem  veränderten  Entschlüsse  unterrich- 
tet waren.  **) 

Dieser  ^ah  sich  getäuscht ;  ein  Hauptstreich  war  verfehlt  und 
die  kostbare  Zeit  auf  unnütze  Hin-  und  Herzüge  verwendet;  in- 
dess  hörte  man  bald ,  dass  er  wieder  gegen  den  Liger  vorgerückt 
sei,  nnd  den  Hauptort  der  Bojer  belagere.**)  Wie  auch  der 
Winter  Be^vegiingen  imd  Zufuhr  erschweren  mochte,  so  durfte 
man  doch  in  einem  Augenblicke ,  wo  ganz  Gallien  sich  zum  Ab- 
fall' neigte,  schon  der  öffentlichen  Äleinung  wegen  ein  befreun- 
detes Volk  nicht  verlassen.  Zwei  Legionen  blieben  nüt  dem  Ge- 
päck' in  Agendicum ;  die  übrigen  nahmen  auf  dem.  W  ege  nach 
dem    Liger,   westlich    von  jeuer,    die  senonische  Stadt  Vellauno- 


64)  Oben  J.  22.  nach  A.  80.  65)  Prins  omnes  legiones  ia  nnnm  lo- 
cnm  cogit,  qnam  de  eius  odvenla  ArTernis  nunciari  posset.  Caes.  7,  9. 
Ante  in  media  Gallia  fiiit,  quam  ab  nllima  timeretnr.  Flor.  3,  10.  §.  22. 
t)6)  Der  Name  d.  Slad«  ist  nngewiss ;  er  hatte  Aehnlicbkeil  mit  d.  Namen 
der  arvernischen  GergOTia,  welcher  daher  als  der  bekanntere  in  Terschie- 
denen  Formen  anch  hier  (Caes.  7,  9)  von  d.  Abschreibern  aufgenommen 
ist.  S.  die  Crii.  in  ed.  Ondend.  Cäsar  niiterscheidet  aber  1.  c.  u.  34  sehr 
bestimmt  den  bojischcn  n.  den  arvernischen  Ort,  n.  dicss  fordert  anch  die 
Geschichte  des  Kriegs,  Vfelcbes  Reicbard  in  d.  neuen  geogr.  Ephem.  VII. 
1.  II.  in  d.  geogr.  Kachweis,  S.  9  verkennt.  Die  Bojer  waren  a.  58  mit 
d.  Ilclvulicru  in  Gallien  eingefallen,  n.  hatten  diese  Wohnsitze  von  Cäsar 
erhallen.     ObtHi   (:.   18  fin. 


XXI.    lULII.        (31.  §.32.)         343 

danum,  (in  der  Gegend  von  CLateau  -  Landoii)  welcLe  C.  Trebo- 
niiis  besetzte,  und  ersctieneii  dann  eben  so  scLnell  vor  Gena- 
biiin;  (Orleans)  sie  ergriffen  die  Einwohner,  (Jeirnnten,  als  sie  iii 
der  Nacht  über  den  Liger  zn  entfiiehea  versnchten,  und  plünder- 
ten und  verbrannten  den  Ort,  die  hier  getö'dteten  Römer  zn  rä- 
chen. Die  Beute  wurde  unter  die  Soldaten  vertheilt.  ^ ')  Nacb 
dem  Uebergaiige  über  den  Flnss  zeigte  sich  Cäsar  südlich  von 
Genabum  iin  Lande  der  Bittirigeu  vor  Noviodunnm  (Nouan  zwi- 
Bchen  Orleans  und  Bourges).  Es  wollte  die  Waffen  ausliefern, 
als  es  bei  dem  Anblick'  der  Renterei  des  Vercingetorix,  welcher 
sein  Unternehmen  gegen  die  Bojer  aufgab,  sich  zu  vertheiJigen 
beschloss ;  aber  die  Reuter  im  römischen  Heere ,  besonders  die 
germanischen,  trieben  jene  zarück,  und  die  .Stadt  öffnete  die  Thore. 
IDnter  den  Mauern  fanden  die  Gallier  keinen  Schutz  ;  wie  wenig 
sie  in  der  Feldschlacht  vermochten ,  hatte  eine  lange  Erfahrung 
gelehrt ;  nichts  schien  übrig  zn  bleiben ,  als  dass  sie  ihre  Städte 
bis  auf  die  haltbarsten  und  alle  anderen  Wohnplätzo  mit  Feuer 
zerstörten ,  und  unter  der  Begünstigung  des  Winters  und  einer 
überlegenen  Reuterei  den  Feind  durch  Hunger  besiegten.  Ihr 
Anführer  trug  darauf  an,  und  der  Rriegsrath  willigte  ein;  nur 
bitten  die  Biturigen  für  ihr  Avaricnm;  (Bourges  an  den  Flüssen 
Auron  (Avara)  und  Eure)  kein  andrer  Ort  komme  ihm  an  Schön- 
heit gleich,  auch  werde  es  bei  seiner  natürlichen  Festig-keit  nicht 
an  die  Römer  übergehen.  Vercingetorix  wurde  überstimmt;  er 
ahndete,  dass  diese  Ausnahme  das  schreckliche  Opfer,  welches 
man  durch  die  Einäscherung  von  zwanzig  biturigischen  und  vielen 
anderen  Städten  der  Freiheit  brachte,  nutzlos  machen  werde,  und 
folgte  dem  Gegner  vor  Avaricum,  wo  er  in  einer  Entfernung 
von  16,000  Schritten  sein  Lager  aufschlug.  In  dieser  Stellung 
konnte  er  die  Römer  beobachten,  sie  überfallen,  wenn  sie  ihre 
Werke  verliessen  ,  und  ihnen  die  Zufuhr  entziehen. 

Cäsar  besetzte  den  Raum  zwischen  Fluss  und  Snmpf;  die 
Stadt  mit  Wall  und  Graben  völlig  einznschliessen ,  erlaubte  das 
Oertliche  nicht ,  und  doch  niusste  er  hier  bald  endigen ,  da  schon 
in  den  ersten  Tagen  Älangel  entstand.  Seine  Truppen  forderten 
iliu   auf,  nicht  nachzulassen,  und  zn  Ehren   ihrer  in  Genabum  er- 


67)  Caes.  7,  II.  Oros.  6,  U. 


344  XXI.     lULn.         (31.  §.32.) 

würgten  Mitbürger  eine  blnlige  Todtenfeier  zu  begeben ;  aber  die 
BescLwerden  uiid  GefaJiren  wurden  immer  grösser ;  er  mnsste 
ßich  zwischen  Angri/f  und  VertLeidigung  tLeilen.  ®*)  Auch  ge- 
lang es  ihm  nicht,  sich  des  feindlichen  Lagers  za  bemächtigen, 
als  Verciugetorix  nach  der  Aussage  der  Gefangenen  sich  mit  der 
Keuterei  an  einem  Orte ,  wo  er  die  Römer  auf  ihren  Streifzii- 
gen  zu  finden  hoffte,  in  den  HinterhcJt  legte;  man  konnte  ihm 
nicht  beikommen ,  weil  es  auf  einer  von  Sümpfen  umgebenen 
Höhe  staud  und  die  Brücken  abgebrochen  waren,  und  leicht  ent- 
kräftete jener  bei  den  Seinigen  den  Verdacht,  er  habe  sich  ent- 
fernt, um  sie  aufzuopfern;  sie  glaubten  den  Sciaven,  welche  auf 
seinen  Befehl  sich  Legionare  nannten  und  versicherten,  in  drei 
Tagen  werden  die  Belagerer  abziehen,  wenn  der  Platz  bis  dahin 
nicht  erobert  sei,  da  sie  den  Hunger  nicht  länger  ertragen  könn- 
ten. Die  Furcht  verwandelte  sich  in  Zuversicht;  10,000  Mann 
sollten  die  Besatzung  verstärken,  damit  die  Biturigen  nicht  allein 
als  Sieger  erschienen  und  ein  zu  grosses  Ansehn  erhielten.  Aber 
ihre  Ausfalle ,  ihre  Versuche ,  die  feindlichen  Werke  durch  Feuer 
und  Minen  zu  zerstören,  die  Erfindsamkeit ,  mit  welcher  sie  die 
Annäherung  der  Thiirme  verhinderten,  alle  ihre  heldenmüthigen 
Anstrengungen  retteten  sie  nicht,  sie  erbitterten  nur:  denn  die 
Römer  wurden  zu  steter  AVachsamkelt ,  zu  einer  ununterbroche- 
nen, ermüdenden  Thäligkelt  gezwungen;  zwei  Legionen  standen 
fortwährend  unter  den  Waffen,  die  anderen  wechselten  bei  der 
Arbelt,  und  ohne  hiiilängDche  Pflege,  ohne  Schutz  gegen  Kälte 
und  Regen,  in  der  rauhesfen  Jahrszeit  und  auf  durchweichtem  Boden. 
Verciugetorix  überzeugte  sich  endlich,  dass  mein  die  Stadt  aufge- 
ben müsse,  und  wollte  wenigstens  die  Streiter  dem  Vaterlunde 
erhalten;  er  gebot  Urnen,  in  der  Nacht  in  sein  Lager  zu  entflie- 
Len.  Sein  Plan  wurde  diu'ch  die  Frauen  vereitelt;  sie  beschwu- 
ren Uire  Blänner,  nicht  Weib  und  Rind  dem  Tode  zu  weihen, 
und  erhohen  zuletzt  absichtlich  ein  so  lautes  Geschrei,  dass  man 
aus  Furcht,  die  Wege  besetzt  zu  finden,  nichts  unternahm.  Am 
andern  Tage  sah  Cäsar  bei  einem  heftigen  Sturme  nur  wenige 
yVachen.     Die  Legionen  näherten  sich  uuter  Schulzdächern,  ohne 


68)  Caos.  7,   17.  Liv.  107:  Laboriosac  obsidioncs  iirbiiuu.   Dio  40,  34. 
flot,  3,  10.  5.  2,1.  Oro-s.   G,  U. 


XXI.    lULII.        (31.  §.32.)        845 

bemerkt  zu  werden ,  und  brachen  plötzlich  hervor.  Fast  ohne 
Gegenwehr  wurde  die  Blauer  ereliegen.  Die  Besatzung'  zog;  sich 
im  ersten  Schrecken  auf  die  grösseren  Plätze  zurück,  wo  sie  sich 
Bii  vertLeidigen  gedachte;  als  aber  die  Römer,  statt  herabzukom- 
cien,  sie  auf  der  Blauer  umkreis'ten ,  stürzten  die  .Schaaren  nach 
den  entferntesten  Thoren,  wo  sie  theils  im  wldeu  Gedränge  von 
dem  nacheilendea  Feinde,  theils  ausserhalb  von  der  Reuterei  er- 
sdilagen  vnirden,  auch  Greise,  Frauen  und  Rinder;  von  40,000 
entkamen  kaum  800  in  das  gallische  Lager.  *^) 

Hier  sagte  Vercingetorix ,  um  die  Gemiither  zu  beruhigen: 
die  Körner  verdanken  diesen  Vortheil  einer  Kriegslist  und  ihrer 
Kenntniss  in  der  Belagerungskunst,  nicht  ihrer  Tapferkeit ;  er  be- 
daure,  dass  man  seinem  Rathe,  die  Stadt  zu  verbrennen,  nicht 
gefolgt  sei;  aber  er  werde  nun  anch  die  übrigen  Völker  für  die 
gute  Sache  gewinnen,  und  dem  Feinde  vergelten ;  zunächst  müsse 
man  sich  durch  die  Befestigung  des  Lagers  vor  einem  Ueberfall 
sichern.  Zum  ersten  Älale  sah  man  diese  Gallier  sich  im  Felde 
verschanzen. "  °)  Der  Abgang  an  Kriegern  wurde  durch  neue 
Aushebungen  und  durch  den  König  der  INiliobrigen  ersetzt,  (Age- 
nois  an  der  Garonne)  welcher  seine  Reuter  nnd  aquitauische  Söld- 
ner herbeiführte,  und  auch  bei  anderen  Häuptlingen  blieben  Ge- 
schenke und  Versprechungen  nicht  ohne  ^^  irkuug.  Koch  ver- 
weilte CäsEir  in  Avaricum,  wo  seine  Truppen  sich  an  den  Vor- 
räthen  erholten,  als  die  Aeduer  ihn  baten,  einen  Streit  zwischen 
zwei  Grossen  zu  entscheiden ,  welche  beide  auf  die  "Würde  eines 
Vergobreten  oder  jährlichen  höchsten  Blagistrats  Anspruch  mach- 
ten. ")  Diese  Nachricht  kam  zn  gelegener  Zeit;  mit  gutem 
Schein',  unter  dem  Verwände,  dass  der  Magistrat  jenes  Volks 
nicht  über  die  Gränze  gehen  und  sich  bei  ihm  e'.ifinden  dürfe,  aber 
allerdings  anch,  um  eine  Einmischung  des  Vercingetorix  zu  ver- 
hüten, begab  er  sich  aus  seiner  gefahrlichen  Stellung  nach  De- 
cetia,  (Decize  an  der  Loire)  wo  er  auf  einem  Landlage  Con- 
victolitanis  anerkannte.  Er  begünstigte  ihn,  weil  die  einflussrei- 
chen  Druiden  für  ihn  waren ,    angebücJi ,    weil   der   Nebenbuhler 


69)  Caes.  7,  27.  Tgl.  47  u.   die  vorige  A.  70)  Caes.  7,  30.     Die 

Aqnilauicr  waren  schon  a.  5(>  durch   Anführer  ans  Spanien  dnzn  augolcitet. 
Das.  3,  -^3  u.   oben  J.  22  fiD.         71)   taos,  7,  32  vgl.   1,   IG. 


346  XXI.    lULII.         (31.  §.32.) 

{(•eg^en  die  Gesetze  einem  noch  lebenden  Bruder  g'efolgt  sein  \vHrde. 
Dann  forderte  er  Reuter  und  10,000  Mann  zu  Fnss,  welcLe  er 
üls  Wachtposten  zur  Deckung-  der  Zufuhr  verwenden  wollte. 

Diess  war  ein  neues  Zeichen  seiner  Bedrängniss ;  indess  nahte 
die  gute  Jahrszeit,  und  er  durfte  nicht  säumen.  Er  theilte  sein 
Iieer;  vier  Legionen  und  einige  Reuterei  giengen  mit  Labienus 
"wieder  gegen  Norden  zu  den  Senonen  und  Parisiern;")  sechs 
führte  er  längs  dem  Elaver  (Allier)  gegen  die  arvernische  Stadt 
Gergovia,'*)  um  Vercingetorix  zur  Schlacht  zu  zwingen,  welcher 
Ihm  anfangs  auf  dem  linken  Ufer  des  Flusses  zur  Seite  blieb,  und 
die  Brücken  bis  auf  das  untere  Pfahlwerk  abbrechen  Hess ,  dann 
aber  durch  die  zum  Schein  und  in  gedehnter  Linie  vorrückende 
Cohorten  getäuscht  weiter  zog.  Dadurch  erhielt  Cäsar  Gelegen- 
heit, mit  zwei  Legionen  eine  Brücke  herzustellen  und  hinüberzu- 
gehen. '  *)  Er  erkannte  auf  den  ersten  Anblick ,  dass  er  die 
Stadt,  welche  auf  einem  Berge  erbaut  war,  nicht  durch  einen 
Handstreich  nehmen  und  auch  nicht  mit  Erfolg  belagern  konnte, 
wenn  er  sich  nicht  der  Zufuhr  versicherte.  Diess  erschwerte  das 
Oeriliche  nnd  die  Nähe  des  Feindes.  Um  Vercingetorix  in  sei- 
ner Stellung  auf  den  umliegenden  Höhen  Weide  und  Wasser  ab- 
zuschneiden ,   bemächtigte   er   sich   eines  Hügels  nnd  besetzte  ihn 


72)    Ders.  7,  34.  43.  56,  nach  62  unter  anderen  die  7.  n,  12.  Legion, 
S.  unten  {,  33  in.  73)    S.    oben.  Caes.   7,  34  f.  Liv.    107.  Sneton.  25. 

Flor.    3,    10.    §.    24  u.  25  yerwechselt  Gergovia  mit  Alesia.    Gros-  6,   II. 
DJo  40,  35.  Strabo  4,  191.  Polyaen.  strat.  8,  23.  §.    9,    10,  74)  Auf 

das  linke  oder  westliche  Ufer  des  Allier,  'welcher  sich  in  die  loire  er- 
giesst  (in  Nivemois).  Als  Cäsar  die  Belagerung  Ton  Gergovia  anflioli,  setzte 
er  wieder  über  den  Allier,  um  zu  den  Aeduern  zu  gelangen  ;  Caes.  7,  53. 
55.  er  stand  »nn  zwischen  zwei  Flüssen ,  dem  A,  zur  linken  u.  d.  Loire, 
welche  er  dann  auch  überschritt,  zur  rechten.  Das.  56,  Die  Stadt  lag  also 
auf  dem  linken  Ufer  des  A.  in  der  Gegend  von  Clermont.  —  "Weil  der 
Feind  am  Allier  gelauscht  werden  sollte,  so  behielt  Cäsar  nicht  die  Co- 
horten Ton  2  Leg.  ztirück,  sondern  ans  allen,  von  1  —  60  fortzählend,  iuimer 
die  vierte,  welches  19  oder  fast  2  Leg.  giebt,  wenn  man  die  4.  Cohorte 
einmal  als  die  letzte  unter  den  ersten  4,  und  dann  nach  röm.  Art  wieder  als. 
die  erste  unter  den  folgenden  4  rechnet,  und  so  fort  bis  60.  Die  Gallier 
glaubten  nun  das  ganze  Heer,  iiUe  6  Legionen  sich  fortbewegen  zn  seheii. 
Dii;se  trefUiche  Erklärung  der  schwierigen  Stelle  Caes.  15.  G.  7,  35  ver- 
dankt mau  Feldbanscb  Allgem.  Kcbulüeit.   1030  2,   Abth.  No.  13, 


XXI.    lULII         (31.  §.32.)        947 

mh  zwei  Legionen;  zwischen  diesem  kleinen  Lager,  welches  der 
.Stadt  näher  war,  nnd  dem  grössern  zog  er  einen  doppelten  Gra- 
ben. Nun  aber  fand  sich  ein  anderes  Hinderniss,  an  welchem 
das  Geld  der  Arverner  weniger  Antheil  hafte,  als  der  Hass  ge- 
gen die  Römer,  obgle'vch  Cäsar  die  Ursach  bloss  in  Bestechungen 
üucht.  Um  seineu  Befehlen  nachzukommen ,  erschienen  im  Ein- 
verständnisse mit  C'onvictolilanis  die  Brüder  des  Litaricus  mit  der 
Keuterei  der  Aeduer;  10,000  Mann  zu  Fuss  fiilirle  dieser  selbst, 
und  eröffnete  ihnen  auf  dem  Wege,  dass  seine  Brüder  und  viele 
Andere  ihres  Standes  mit  den  Reutern  wegen  angeblicher  Ver- 
bindung mit  den  Arvernern  ermordet  seien;  um  sich  zu  retten 
müsse  man  zu  Vercingetorix  entfliehen.  3Ian  glaubte  ihm;  die 
Römer,  'welche  sich  an  ihn  angeschlossen  hatten,  wurden  ge- 
tö'dlet,  nnd  bald  war  man  durch  seine  Boten  auch  in  der  Uel- 
math  Ton  dem  schrecklichen  Verralh'  unterrichtet,  Cäsar  erfuhr 
diess  um  Mitternacht  durch  Eporedorix,  einen  voruehmen  Aedtier; 
der  Abfall  eines  so  bedeutenden  Volks'*)  bedrohte  ihn  schon  als 
Beispiel  mit  grosser  Gefahr  nnd  schien  gewiss  zu  sein,  wenu  so 
viele  Tausende  sich  dem  Feinde  als  Geissein  überlieferten.  Ohne 
Verzug  gieng  er  den  Meuterern  mit  vier  Legionen  nnd  der  gan- 
zen Renterei  entgegen ;  Eporedorix  und  Viridomarus,  welche  nach 
ihrer  Äleinung  auch  hingerichtet  waren,  bestätigten  durch  ihre 
Gegenwart  und  mit  ausdrücklichen  Worten  seine  Versicherung, 
dass  man  sie  getäuscht  habe,  und  sie  baten  für  ihr  Leben;  nur 
Litavicus  entwich  mit  seinem  Gefolge  nach  Gergovia.  Auf  der 
Rückkehr  erhielt  der  Proconsnl  die  Nachricht,  der  Feind  habe 
mit  der  äussersten  Wnth  die  Verschanzungen  angegriffen,  und  der 
Legat  C.  Fabius  mit  seinen  beiden  Legionen  den  immer  von 
neuem  mit  frischer  Mannschaft  Anstürmenden  kaum  widerstehe» 
können;  seine  Soldaten  seien  verwundet  oder  erschöpft ;  mit  grosser 
ßesorgoiss  sehe  er  dem  folgenden  Tage  entgegen.  Cäsar  eilte; 
vor  Sonnenaufgang  war  er  im  Lager. 

.Sein  Muth  sollte  noch  härtere  Proben  bestehen.  Nach  jenen 
Bliltheilungen  des  Litavicus  wurden  die  Römer  auf  dem  Gebiete 
der  Aeduer,  welche  die  Ermordung  ihrer  Brüder  empörte,  be- 
raubt   und    zn    Sclaveu    gemiicLl    oder  erschlugen.     Conviclolitauis 

75)  Vgl.  Caes.  7,  63. 


348  XXI.     lüLIi:         (31.  §.32.) 

nnd  dessen  Anhänger  bestärkten  das  Volk  in  seinem  WaLne,  da- 
mit es  jeden  Anspruch  auf  Beg'uadig'nDg  verwirkte  nnd  im  Auf- 
riilir  bebarrte. '*)  Als  man  Lörte,  die  Krieger  der  Aeduer  seien 
nicht  im  gallischen  sondern  im  römischen  Lager,  wurde  die  IMenge 
von  den  Grossen  bei  Cäsar  der  Leichtgläulflgkeit  und  Uobereiliing 
angeklagt,  das  Vermögen  des  Litavicus  nnd  seiner  Brüder  einge- 
zogen und  den  Geplünderten  Ersatz  versprochen,  ein  Verfahren, 
■welches  in  solchen  Fällen  so  gewöhnlich  war ,  dass  der  Proconsul 
nur  aus  Noth  der  Lüge  Glauben  schenkte :  der  Augenblick  war 
nahe,  wo  er  zum  ersten  JMale  seinen  Gegner  als  Sieger  anerken- 
nen sollte. 

Er  hatte  schon  beschlossen,  die  Belagerung  anfzuheben,  als 
er  sah,  dass  Vercingetorix  die  Hochebne  jenseits  seines  Lagers 
befestigen  liess,  deren  Besetzung  durch  die  Römer  er  liirclitete. 
Diese  schickten  Reuter,  welche  mit  vielem  Geräusche  die  Arbei- 
ter umschwärmten,  und  dann  eine  Legion,  wodurch  sie  den  Feind 
verleiteten,  sein  Lager  vor  Gergovia  zu  verlassen,  nnd  sich  in 
den  neuen  Verschanzungen  aufzustellen.  Indess  zogen  sie  sich 
in  kleinen  Schaaren  aus  dem  grossen  Lager  in  das  andre;  den 
Legaten  wurde  gesagt,  es  hcindle  sich  um  einen  Ueberfall,  nicht 
um  eine  Schlacht;  man  müsse  schnell  sein,  aber  auch  verhindern, 
dass  der  Soldat  nicht  von  seiner  Kampflust  fortgerissen  werde. 
Die  rechte  Flanke  deckten  die  Aeduer.  Auf  ein  Zeichen  stürm- 
ten die  Legionen  die  Höhen  hinan;  sie  drangen  in  der  Mitte  des 
Abhangs  über  eine  sechs  Fnss  hohe  IMauer  vor  und  eroberten  drei 
Abtheilungen  des  Lagers.")  Jetzt  befahl  Cäsar  den  Rückzug; 
die  zehnte  Legion  hielt  an;  die  übrigen  verfolgten  die  Fliehen- 
den, ohne  auf  die  Oberen  zu  achten,  und  der  Centurio  L.  Fa- 
bius  erstieg  mit  einigen  Anderen  die  Mauer  der  Stadt.  Die 
Gallier  hörten  das  Geschrei  der  Frauen  und  Kiuder;  dann  mel- 
dete ein  Bote  nach  dem  andern  die  dringende  Gefahr,  und  mit 
stets  wachsender  Uebermacht  füllten  sie  Stadt  und  Lager.  Jener 
Centurio  wurde  mit  den  Seinigen  getödtet  und  hinabgestürzt ;  auch 


76)  Cacs.  7,  42.  Flut  Cacs.  26.  Dio  40,  36.  77)  Caes.  7,  46  tii- 
nis  castris  paliantiir,  erkliirt  Jurcti  7,  36:  Veicing. —  separatim  singvlariim 
civiiatum  cojiias  coulocaTcrat ;  tlaLer  aucli  cap.  CG:  tiiitis  caslris  Yeic,  cou- 
sedit, 


XXI.    lüLII.        (31.  §.32.)        349 

ein  Andrer  fiel,  welcher  die  Thore  zn  erbrechen  versncLfe;  doch 
widerstanden  die  Römer,    bis  sich  zur  Seite  die  Aedtier  zeigten; 
man  hielt  sie  für  Feinde,    die    Entblössung;  der  rechten  Schulter, 
■wodurch  die  befreundeten  Gallier  im  Gefechte    sich   kund   gaben, 
flir    eine   Krieg-slist,    und    wandte    sich   zur  Flucht.     Da  trat  die 
zehnte  Legion  vor;    sie  selbst  stützte  sich  wieder  auf  die  Gehör- 
ten der  dreizehnten ,    welche    auf   Cäsars    Befelil   mi*    T.  Sextius 
ans  dem  kleinern  Liag'er  vorg-erückt  war;    sobald    man    die    Ebne 
erreicht   hatte,    stellten    sich    die  Truppen  in  Schlachtorduung  und 
Vercingetorix  kehrte  in  seine    Linien    zurück.     Der    Tag    kostete 
Cäsar  46  Centurionen  und    ausserdem    fast   700   Mann;    aber   am 
schmerzlichsten  war  ihm  die  Gewissheit,    dass  die  Nachricht  von 
seiner   Niederlage    sich    mit    Uebertreibnngen    durch    ganz  Gallien 
und  Italien  verbreiten,  und  seine  geheimen  und  offenbaren  Feinde 
gegen   ilin   bewajfnen   werde.      Er    tadelte    den   Ungehorsam   der 
Soldaten  und  ihren  Ungestüm;    doch  rühmte    er   auch    den    Muth, 
mit  welchem  sie  alle   natürlichen   und    künstlichen    Schutzwehrea 
der  Gallier   durchbrochen  haben,   wie   er  immer  mit   der   Rriegs- 
zncht  auch  das  Selbstvertrauen  in    ihnen    zu    erhalten   wusste;'*) 
und  um  den  Schein  einer  Flucht  zu  vermeiden,  forderte  er  "Ver- 
cingetorix    noch    zwei   Mal    zur    Schlacht.     Wenige    Tage  später 
stand    er  wieder  auf    dem   rechten  Ufer  des  Elaver  in  der  Nähe 
der  Aedner. 

Hier  verliessen  ihn  mit  seiner  Genehmigung  Eporedorix  und 
Viridomarus,  um  Litavicns  entgegen  zu  wirken,  wie  sie  sagten, 
welcher  voransg'eeilt  sei,  und  das  Volk  aufreize ;  ihr  Eifer  machte 
sie  verdächtig,  er  mochte  aber  nicht  Furcht  oder  BL'ssfrauen 
äussern.     Sie  erfuhren  in  Noviodunum,   einem  Orte  der  Aeduer 


78)  Obea  §.  27.  A.  71.  In  der  That  lastete  anf  ihm  die  meiste  Scbald. 
Er  hatte  die  Stadt  erobern  ■svollcn ;  ein  andrer  Grund  des  Unternehmens  ist 
nicht  denkbar,  u.  die  Bemerkung,  seine  Absicht  sei  erreicht ,  als  man  nnter 
ilu-en  Rianern  stand,  ist  nur  Beschönigung  seines  Fehlers,  oder  eine  Aeusse- 
rnng  des  Stolzes,  welcher  nicht  gestehen  mag,  dass  man  "wider  "\^'illen 
Tiicb.  Das  Zeichen  zum  Rücluuge  erfolgte  ohne  Zweifel  erst  dann ,  als 
die  Gallier  aus  ihren  Schanzen  nach  GergOTia  zurückkehrten,  n.  die  Solda- 
ten traf  nnr  in  so  fern  ein  Vorwurf,  als  die  Ersten  vor  der  Ankunft  der 
Uebrigen  nad  ohne  bestimmten  Befehl  einzudringen  Tersnchien ,  u.  dadurch 
vor  der  Zeit  Lärmen  verursachten. 


350  XXI.    lULII.       (31.  §.33.) 

am  Lig'cr,  (Hevers)  wo  Bich  die  Casse  und  alle  Kriegsbedürfnisse 
der  Römer  befanden,  dass  Litavicus  in  Bibracte,  der  grössten 
ihrer  Sliidte  (in  der  Gegend  von  Auliin)  aufgenommen  sei,  und 
Convictolitanis  mit  einem  Tbeile  des  Senats  sich  dort  an  ihn  an- 
geschlossen und  mit  Vercingetorix  einen  Band  errichtet  Labe. 
Diess  genügte ,  um  auch  ihren  Plan  zur  Reife  zu  bringen ;  auf 
ihren  Befehl  wurden  die  Römer  getödtet,  die  Geissein  entfernt, 
und  die  Getrsdde - Vorräthe  fortgeschafft  oder  vernichtet,  worauf 
sie  die  Stadt  in  Asche  legten ,  und  mit  den  Truppen,  welche  sie 
in  Eile  zusammenzogen,  die  Ufer  des  Liger  bewachten.  Den- 
noch gieng  Cäsar  in  einer  Fuhrt  durch  den  Fluss,  '*)  und  wen- 
dete sich  gegen  Aller  Erwarten  nach  dem  Norden  zu  Labienus. 
Ein  Rückzug  nach  der  narbonensischen  Provinz  würde  ihn  in  die 
Lage  versetzt  haben,  in  welcher  er  im  J.  58  den  Krieg  begann, 
und  die  Ränke  und  Vorspiegelungen,  welche  früher  seine  Waffen 
unterstützten,  waren  jetzt  verbraucht;  er  konnte  Gallien  nicht 
räumen,  ohne  es  für  immer  zu  verlieren  und  mit  ihm  das  Heer 
seines  Legaten. 

§    33. 

(a.  52.)  Die  Ereignisse  bei  Gergovia  endigten  auch  den 
Feldzug  des  Labienus.  * ")  Um  die  Völker  an  der  Sequana 
(Seine)  zu  beschäftigen,  und  sie  an  der  Verstärkung  des  gal- 
lischen Hauptheers  zu  hindern,  führte  er  seine  vier  Legionen 
von  Agendicura,  (Sens)  wo  das  Gepäck  und  die  Neugeworbenen 
aus  Italien  zurückblieben ,  in  nordwestlicher  Richtung  über  Melo- 
dunum  (Melün)  nach  Lutetia,  der  Inselstadt  der  Parisier.  In 
ihrer  Nähe,  auf  dem  rechten  Ufer  jenes  Flusses  stiess  er  auf 
den  Feind  unter  Camulogenus,  einem  hochbejahrten  aber  kriegs- 
erfahmen  Aulerker,  welcher  ihm  den  Uebergang  über  die  Matrona 
(Marne)  streitig  machte.'')  Diess  nöthigte  ihn,  nach  Me!o4uuum 
zurückzugehen.  Die  Brücke  war  hier  von  den  Galliern  ab- 
getragen;  er  stellte  sie  wieder  her,  und  zog  nun  theils  auf  dem 


79)  Caes.  7,  56.     Dio  40,  38  sagt  das  CegentheU.  80)  Oben  §.  32. 

A.  72,  81)     Caes.   7,   S7.     Is,    quam    auiuiim    adverlissHt,   perpetuam 

esse  palndem,  quae  indoeret  in  Sequanam  etc.     Die  richtige  Erkläruog  Gadel 
Eich  schon  in  den  Geogr.   Nachweis,  von  Reichard  S.  10. 


XXT.    lULn.         (31.  §.33.)         351 

linken  Ufer  der  Secjnana,  iLeils  auf  Scliiffen  von  neuem  gegen 
Lutetia,  welches  er  mit  seint-n  Brücken  vom  Feinde  zerstört 
fand.  AncL  hörte  man,  dass  Cäsars  Unternehmen  gegen  Gergovia 
vereitelt  und  ihm  von  den  Aeduern  der  Gehorsam  aufgekündigt 
sei;  dadurch  wurden  selbst  die  Bellovaken  (Beauvais)  zu  Rü- 
stungen veranlasst,  obgleich  sie  jetzt  wie  spater  keinem  andern 
Volke  den  Oberbefehl  zugestanden.  ^  -)  Statt  anzugreifen  musste 
Labienus  auf  sichern  Rückzug  bedacht  sein.  Er  schickte  in  der 
Nacht  in  grösster  Stille  seine  Schiffe  mit  römischen  Rittern  den 
FIuss  hinab ,  mit  dem  Befehl ,  ihn  in  einer  Entfernung-  von 
4000  Schriften  zu  erwarten;  fünf  Cohorten  giengen  mit  vielem 
Lärmen  nach  der  entgegengesetzten  Seite,  nnd  fünf  blieben  im 
Lager.  Dann  iolgfe  er  mit  drei  Legionen  den  Schilfen,  welche 
ihn  nach  dem  nörcQichen  Ufer  übersetzten.  Camulogenus  g-laubte, 
der  Uebergang  werde  auf  drei  Puucten  bewirkt;  demnach  theilte 
er  seine  Truppen;  einige  bewachten  das  Lager,  dem  römischen 
gegenüber;  andere  zogen  gegen  Westen  nach  Metiosedum;  die 
Hauptmacht  gieng  am  Flusse  hinauf,  und  toffte  hier,  wo  das 
meiste  Geriiusth  war,  Labienus  zu  finden.  Durch  die  Theilung 
hatte  er  sich  so  sehr  geschwächt,  dass  der  Legat  sich  durch- 
schlagen konnte;  die  siebente  Legion  siegte  auf  dem  rechten 
Flügel,  und  erschien  dann  auf  dem  andern  zur  Unterstützung  der 
zwölften  im  Rücken  der  Feinde,  welche  in  grosser  Anzahl  mit 
dem  FeldJierrn  getödtet  wurden.  Auch  die  Cohorten  im  Lager 
waren  dadui« h  befreit ;  denn  die  Gallier  eilten  vom  gegenüber- 
liegenden Ufer  auf  die  Wahlstatt,  wo  sie  zu  spät  eintrafen  nnd 
mit  den  Uebrigen  entflohen.  Labienus  gelaugte  ungehindert  nach 
Agendicum  und  weiter   zu  Cäsar. 

Dieser  war  ihm  entgegen  gekoumien;  er  verkannte  so  wem'g 
als  sein  Legat,  was  das  Dringendste  sei.  Es  fehlte  ihm  aber 
an  Reuterei,  welche  er  in  Gallien  nicht  mehr  werben  konnte; 
deshalb  nahm  er  germanische  in  Sold ;  ihre  Pferde  wraren  so 
schlecht,  dass  die  Kriegstribuue,  Ritter  und  Freiwilligen  sie  mit 
den  Ihrigen  versorgten;  die  Mannschaft  bewährte  sich.  *^)  Ehe 
Cäsar  wieder  zum  Angriff  übergieng,  hielten  die  Aeduer  gleich- 
sam   vor    seinen  Augen    einen    allgemeinen  Landtag   zu  Bibracte. 


82)   Caes.  7,  £9.  75  fio.  83)  S.  nntcn. 


352  XXI.     TULH.         (31.  §.33.) 

Sie  erinuerten  sicL  ihrer  elienialigeu  Macht  und  gaLen  mit  Eifer- 
sucht auf  die  Arveruer;  doch  vermochten  sie  nichts  oluie  Ver* 
ciiigetorix,  welclier  auf  ilire  Einladung'  erschien,  und  einstimmig 
zum  Oberfehllierrn  gewählt  wurde,  wie  sehr  es  auch  Eporedorix 
lind  Viridomarus  verletzte.  Die  Remer,  Lingonen  und  Trevirer 
nahmen  nicht  Theil,  die  beiden  ersten  als  Freunde  des  römischen 
Volks ,  die  letzten  wegen  ihrer  Entfernung  und  weil  die  Ger- 
inanier  s".-  bedrängten.  *')  Vercingelorix  verlangte  auch  jetzt, 
dass  man  die  Römer  mit  einer  Wüste  umgebe;  eine  Unterstützung 
aus  der  Ferne  hoffte  er  mit  15,000  Reulern  unmöglich  zu  machen. 
In  dieser  Hinsicht  kamen  besonders  die  ADobrogen  in  Betracht; 
die  Aeduer  und  Segusianer  (in  der  Gegend  von  Lyon)  sollten 
sie  bedi-ohen  und  seinen  geheimen  Anträgen  Gehör  verschaffen,  '  *) 
und  gleichzeitig  Andere  vom  Norden  her  durch  die  Seveiuien 
und  vom  Westen  gegen  die  Heivier  (inVivarais)  und  die  übrigen 
Stänune  im  narbonensischen  Gallien  vordi-ingen,  damit  die  Ver- 
bindung zwischen  dem  römischen  Heere  und  Italien  gänzlich  auf- 
gehoben würde.  Die  Allobrogen  stellten  zwar  Wachtposten  an 
den  Rhodanus  und  der  Legat  L.  Cäsar  besetzte  in  der  Provinz 
mit  seinen  22  Cohorten,  grösstentheik  Eingebornen,  die  wichtigsten 
Plätze,®^)  aber  die  Heivier  erlitten  eine  IViederlage,  selbst  die 
Treue  der  Provincialen  war  nicht  verbürgt,  und  der  Procousul, 
fiLr  welchen  es  die  äusserste  Wichtigkeit  halte,  dass  er  sich  im 
neu  eroberten  Gallien  behauptete,  musste  nun  dennoch  näher 
rücken. 

Auf  dem  südlichen  Gebiete  der  Lingonen,  an  der  Gränze 
der  Sequaner,  stellte  sich  ihm  VercingetorLx  in  drei  Lag-ern 
entgegen,*')  und  ermulhigfe  die  Obersten  seiner  Reuter:  die 
Römer  fliehen,  Gallien  sei  für  den  Augenblick  frei;  aber  sie 
W"erden  in  grösserer  Zahl  wieder  kommen,  wenn  man  sie  ent- 
schlüpfen lasse;  man  müsse  sie  aufreiben  oder  sich  doch  ihre» 
Heergeräths  bemächtigen;  ausserhalb  ihres  Lag-ers,  auf  dem  Wege, 
seien  sie  nicht  zum  Kampfe  vorbereitet ;  alle  seine  Truppen  zu 
Fnss  werden  zum  Rückhalt  dienen.  Die  Reuter  schwuren,  nicht 
unter  Dach  zu  gehen  oder  die  Ihrigen  zu  umarmen,  bis  sie  zwei 


84)    Caes.  7,  63.    Oios.  6,  II.  8S)    Caßs.   7,  64.    Dio  40,  39. 

86)   Oben  No.  22.  A.  99.  87)   S.  §.  3i.  A.  77. 


XXI.     lULII.         (31.  §.33.)  353 

Mal  durch  die  feindlicLen  Liuieu  geritten  seien.  Am  andern 
Tage  saLen  die  Römer  zu  gleicLer  Zeit  die  Spitze  des  Zugs 
nnd  die  beiden  Flanken  bedroLt ;  ■\Yiilirend  iLre  Reuter  nun  eben- 
falls in  drei  Abllieiliiiigen  vorgiengen ,  Lielten  die  Legionen  an 
nnd  naLmen  das  Gepäck  in  die  Bütte;  nur  wenn  jene  wankten, 
macLten  sie  eine  Bewegung,  sie  zu  nnterstülzen.  Man  focLt 
lange  oline  EntscLeidung  und  Cäsar  yerlor  wahrscLeinlicL  Lier 
im  Handgemenge  sein  ScLwerdt,  welches  die  Arverner  später 
als  Tro]>Läe  zeigten;  *')  endlich  vertrieben  zur  Rechten  die  Ger- 
mauier  ihre  Gegner  von  einer  Höhe  und  diüngten  sie  nach  dem 
Flusse,  an  welchem  das  gallische  Fussvolk  stand,  worauf  die 
Uebrigen  die   Flucht  ei'griflen,  um  nicht  umringt  zu  werden. 

Aber  der  Feind  hatte  sich  schon  Alesia  im  Lande  der 
Mandubier  (Alise  in  Burgund  zwischen  Semiir  und  Dijon) 
westlich  von  seiner  jetzigen  Stellung ,  zum  Waffenplatze  er- 
sehen. "S)  Cäsar  folgte,  und  tödfete  3000  von  der  Nachhut. 
Er  fand  eine  hoch  gelegene  Stadt  zwischen  z'wei  Flüssen,  \%'elche 
nur  die  Ebene  auf  der  einen  Seite  ausgenommen  mit  einem 
Kranze  von  Hügeln  umschlossen  uud  auf  länger  als  einen  Monat 
mit  Lebensmitteln  versorgt  war.  ' ")  Gegen  Osten  lagerte  neben 
ihr,  80,000  Blann  stark,  hinter  Graben  und  Älauer,  das  gallische 
Heer.  Der  Anführer  war  schon  an  seinem  Plane  irre  geworden; 
die  Verödung  des  Landes  halte  den  Rö'uieni  wenig  geschadet, 
weil  man  sie  nicht  auf  Einem  Pnncte  festhalten  konnte ;  auch 
viele  andere  seiner  Voraussetzungen  schienen  sich  als  falsch  zu 
erweisen :  Cäsar  war  nicht  von  seinen  Truppen  abgeschnitten, 
das  uarbonensische  Gallien  empörte  sich  nicht,  die  Reuterei  ver- 
mochte den  Sieg  nicht  zu  fesseln;  er  verzvreifelte  nicht,  aber 
er  liess  sich  zu  früh  von  efner  Kriegführung-  ablenken ,  welche 
für  ibn  die  allein  richtige  war.  Wenn  die  Erfolge  bei  Gergovia 
ihm  statt  des  Parteigänger-  den  Belagerungs- Krieg  empfaiilen, 
so    brachte    er    nicht   in    Rechnung,    dass    sein  Gegner    jetzt    vier 


88)    PInt.    Caes.  26.     Serv.  zu  V!rg.  Aen.   11,  743      Vgl.   InUi  Einl. 
A.  43   n.    hier    §.   16.  A.  67.  89)    Nach  Diod    Sic.   4,   19.  5,  24  war 

Ilerciiles  «ler  Erbauer.  Caes.  7,  68  f.  Liv.  108.  A^cUoj.  2,  47.  Plin. 
34,  48  (17).  Flor.  3,  10.  5.  23.  (s.  oben  J.  32.  A.  73.)  Oros.  6.11. 
Strabo  4,  191.  Plui.  Caes.  27.  Dio  40,30  —  41.  Diod.  Sic.  4, 19.  Polyaea. 
«ra«.  8,  23.  §.  11.  90)    Caes.  7,  71. 

Drumann,   Ge.schiclil«  Umn'i  III.  23 


354  XXI.    lüLlI.        (31.  §.33.) 

Legionen  ineLr  zählte,  als  damals,  besonders  aber  Lätfe  er  sich 
nicht  in  die  feindlichen  Linien  eiiischliessen-  sollen ,  wodurch  er 
eifersüchtige  Befehlshaber  von  imlerg-eordnetem  Talent  sich  selbst 
iiberlies»,  und  sein  und  seiner  Truppen  Schicksal  an  das  Scliicksal 
einer  einzelnen  Stadt  knüpfte.  Davon  abg-esehen  halte  er  in  dem 
Orte  eine  sehr  glückliche  Wahl  getroffen,  und  bis  zum  letzten 
Augenblicke  erfüllte   er  freu  und  männlich  seine  Pflicht. 

Aucl.  für  Cäsar  war  diese  Belagerung  der  Wendepunkt  des 
ganzen  Kriegs ;  im  Geiste  Beherrscher  des  römischen  Reichs 
musste  er  für  den  Fall  eines  ungünstigen  Ausgangs  wünschen, 
sie  nicht  zu  überleben.  Schon  die  Eiuschliessung  des  Feindes 
war  eine  nicht  leichte  Aufgabe;  man  bedurfte  dazu  Linien  von 
11,000  Schritten  im  Umfange;  23  Feldschauzen  sollten  die  Ar- 
beiter gegen  einen  plötzlichen  Ausfall  sichern.  Nach  einem 
Reutergefechte  in  der  Ebne,  in  welchem  wieder  die  Germanier 
im  römischen  Heere  sich  auszeichneten  und  siegten ,  entsandte 
Vercingetorix  in  der  Nacht  seine  gesammte  F.euterei ,  iimerhalb 
30  Tagen  alle  Waffenfähigen  in  Gallien  zum  Entsätze  aufzubieten, 
ehe  noch  die  Werke  der  Römer  vollendet  sein  würden.  Bis  zu 
ihrer  Rückkehr  führte  er  die  Truppen  in  die  Stadt,  wo  er  die 
Vorräthe  unter  Aufsicht  nahm  und  mit  der  grössten  Sparsamkeit 
vertheilte.  Cäsar  benutzte  diese  Frist.  Zur  Abwehr  eines' An- 
griffs von  innen  zog-  er  einen  20  Fuss  tiefen  Graben  mit  senk- 
rechten Wänden;  hinter  ihm  in  einer  Entfernmig  von  400  Schritten 
folgten  zwei  Graben  von  15  Fuss  Breite  und  Tiefe,  unter  welchen 
der  innere  mit  Flusswasser  gefüllt  wurde;  sie  deckten  einen 
Wall  von  12  Fuss  Höhe  mit  Brustwehr,  Sturmpfählen  und 
Thürmen,  welche  80  Fuss  von  einander  abstanden.  Da  ein. 
grosser  Thcil  der  Römer  mit  dem  Schanzen  und  mit  der  Herbei- 
schaffung  der  Baustücke  oder  der  Lebensmittel  beschäftigt  war, 
und  die  Gallier  häufig  aus  den  Thoren  hervorbrachen,  um  sie  za 
beunruhigen,  so  verwahrten  sie  sich  durch  fünf  Reihen  zugespitzter 
und  in  Graben  eingesenkter  Baumstämme  oder  starker  Zweige, 
und  vor  ihnen  durch  acht  Reihen  W^olfsgruben ,  wegen  der 
Aehnlichkeit  von  den  Soldaten  Lilien  genannt,  mit  spitzen  Pfählen, 
und  mit  Strauchwerk  bedeckt,  und  durch  Fussangeln.  Gleiche 
Vorkehrungen  traf  man  in  einem  Umkreise  von  14,000  .Schritte» 
gegen   äussere  Feinde.     Auch  sollte  sich  jeder  für  die  Zeit,   wo 


XXI.    lULII.         (31.  §.33.)         35.5 

man  sicli  vielleicLt  nicLt  oLne  Gefalir  vom  Lag^er  entfernen  konnte^ 
auf  30  Tage  mit  NaLrnng.  und  mit  Futter  versorg'en. 

Die  Riistunofen  der  Gallier  reclilfertiglen  diese  Vorsicht, 
obgleich  ihre  Haiiptliiig-e  nicht,  vrie  Vercingetorix  -wollte,  alle 
Wehrhaften  zn  den  ^^'affen  riefen,  sondern  in  jedem  Lande  nur 
eine  gewisse  Zahl,  ■weil  es  unmöglich  schien,  eine  grössere  an 
Einem  Orte  zu  unterhalten  oder  zn  zügeln.  Aber  kein  persön- 
liches Verhältniss,  keine  Wohlthat  fesselte  länger  an  Cäsar,  jede 
Rechnung  war  mit  ihm  geschlossen,  und  selbst  Conimius,  det 
Atrebat,  vor  allen  Anderen  vom  Eroberer  begünstigt  und  geehrt) 
kannte  nur  noch  Pllicliten  gegen  sein  unglückliches  Vaterland.  ^') 
In  Kurzem  wurden  auf  dem  Gebiete  der  Aeduer  8000  Renter 
und  etwa  240,000  Mann  zu  Fnss  gemustert,  8')  nnd  unter  die 
Anführer  verlheilt.  Den  Oberbefehl  erhielten  Comniias  ,  die 
Aeduer  Eporedorix  nnd  Viridomarus ,  nnd  der  Arremer  Verga- 
sillaunus,  jeder  mit  einem  Kriegsraihe,  welcher  aus  Abgeordneten 
der  einzelnen  Staaten  bestand.  A  oll  Zuversicht  zog  die  nn* 
geheure  Blasse  nach  Alesia.  Was  ausserhalb  geschah ,  blieb 
hier  unbekannt.  Die  30  Tage  vergiengen,  die  Vorrälhe  "waren 
grösstentheils  verbraucht,  nnd  es  zeigte  sich  kein  Entsatz.  Einige 
stimmten  für  die  Uebergabe,  Andere' wollten  sich  durchschlagen; 
Beides  ver«'arf  Critognatiis,  ein  vornehmer  Arremer,  ohne  Zweifel 
auf  Anstiften  des  Vercingetorix:  man  habe  ganz  Gallien  zum 
Beistande  aufgerufen  nnd  müsse  nlin  ausdauern;  wenn  sich  keine 
andere  NaLrung  finde,  so  möge  man  nach  dem  Beispiele  der 
Ahnen  Greise  und  Rinder  tödten.  Sein  Vorschlag  erregte  Ab- 
scheu ;  man  schickte  die  Schwachen  imd  die  Einwohner  mit 
ihren  Frauen  nnd  Rindern  aus  der  Stadt;  die  Römer,  welchen 
sie  sich  mit  flehentlichen  Bitten  zn  Sclaven  antrugen,  nahmen 
sie  nicht  auf,  um  die  Besatzung  durch  den  Hunger  zu  besiegen ; 
aber  auch  Alesia  öffnete  sich  ihnen  nicht,  und  sie  starben.'^) 
Bald  nachher  erschienen  die  gallischen  Hülfsvölker  auf  den  Höhen, 
welche  nicht  mehr  als  500  Schritte  von  den  Römern  entfernt 
waren.     Ihre    Reuterei    rückte    am   folgenden  Ta;;e    in    die    Ebne 


91)  Caes.  4,  21.  27.  35.  6,  6.  7,  75.  76.  8,  6.  Hier  §.  35.  A.  51, 
92)  Ders.  7,  76.  Flor.  3,  10.  §.  23  250,000.  Plnl.  Caes.  27  300,000. 
Strabo    4,    191    nenn«    400,000    and   liält   Alle    für   ArTerner.  93)    Sd 

Dio  40,  40.     Caes.  7,  78  lässt  ihren  qualTOUea  Tod  nnr  errathen. 

23* 


356  XXI.    lüLII.        (31.  §.33.) 

hiuab,  und  gleicLzeitig  drang  Vercingeforix  aus  der  Stadt  gegen 
den  ersten  Graben  vor.  Auf  diese  Herausforderung  besetzten  die 
Legionen  den  innern  und  äussern  Wall;  die  Renter  giengen  um 
Mittag  den  feindliclien  entgegen,  welche  nicht  nur  die  UebermacLt 
hatten,  sondern  auch  von  Bogenschützen  und  anderen  leichten 
Truppen  zu  Fuss  unterstützt  wurden,  und  daher  die  römischen 
zum  Weichen  brachten.  Auf  den  Bergen  ertönte  ein  Siegs- 
geschrei. Aber  gegen  Abend  entschieden  die  Germanier  durch 
einen  Angriff  in  geschlossenen  Reihen;  die  Gallier  entflohen  mit 
grossein  Verluste  nach  ihrem  Lager  und  Vercingeforix  kehrte  tief 
bekümmert  über  seine  vereitelten  Hoffnungen  nach  Alesia  zurück. 

Indess  waren  Gefechte  dieser  Art  nur  als  Einleitung  zu 
ernstlicheren  zu  betrachten.  Die  Gallier  rüsteten  zum  Sturm'. 
In  grösster  SliUe  näherten  sie  sich  in  der  Nacht  mit  Leitern, 
Reisig'bündeln  und  Haken  dem  römischen  Lager  und  griffen  es 
an.  Ihr  Geschrei  war  fiir  Vercingeforix:  das  Zeichen  zum  Ausfall. 
Blan  kämpfte,  ohne  sich  zu  sehen,  aber  die  Römer,  welche 
M.  Antonius  und  C.  Trebonius  aus  entlegenen  Werken  ver- 
stärkten, konnten  in  der  Blenge  nicht  fehlen,  die  Gegner  kannten 
ilir  Ziel,  und  ihre  Pfeile  wirkten  bei  der  grossen  Zahl  ihrer 
Streiter  am  verderblichsten,  bis  sie  in  die  Fussangeln  geriethen, 
in  die  Fallgruben  stürzten,  und  von  den  Geschossen  der  Wurf- 
maschinen erreicht  wurden.  Als  sie  bei  Tagesanbruch  das 
Schlachtfeld  übersalien  und  bemerkten,  dass  sie  ihr  Blut  nutzlos 
vergossen  und  auf  dem  rechten  Flügel  umgangen  werden  konnten, 
entfernten  sie  sich,  und  auch  die  Belagerten  giengen  zurück,  ohne 
anch  nur  über  die  vorderen  Graben  vorgedrungen  zu  sein. 

In  der  Ueberzeugung,  dass  mit  Alesia  Alles  stehen  und 
fallen  werde,  wagte  mau  einen  dritten  Versuch.  Nördlich  von 
der  Stadt  war  eine  Höhe  wegen  ilires  grossen  Umfangs  von  den 
Römern  nicht  verschanzt,  und  nur  mit  zwei  Legionen  unter 
C  Antistius  Reginus  nnd  C.  Caninius  Rebilus  besetzt.^')  Dahin 
führte  Vergasillaunus  in  der  Nacht  60,000  Mann,  ausgewählte 
Trupj)en,  und  verbarg  sich  auf  der  andern  Seite  bis  zum  Mittage, 
wo  er  nach  Verabredung  sich  gegen  jene  Legaten  in  Beweg'ung 
setzte,   die  Reutcrei   in   die  Ebne  hinabzog  und  auch  der  übrige 


94)    1,  TIi.  57.  No.   18.    2.  Tli.  107.  Wo.  3. 


XXI.    lULII.        (31.  §.33.)        357 

TLeil  des  Heers  auf  der  Westseite  unter  die  Waffen  (rat.  Ver- 
cing-etorix  sah  in  der  Stadt,  was  vorgieng';  durch  Kraft  und 
Gesinnung;  zum  Befehlen  berufen,  säumte  er  auch  jetzt  nicht,  in 
einer  nntergcordneten  Rolle  durch  einen  Ausfall  mitzuwirken. 
Auf  allen  Puncten  entzündete  sich  fast  in  demselben  Augenblicke 
ein  heftiger  Kampf,  und  die  Römer  konnten  ihre  w'eilläufligen 
Werke  kaum  nolhdürflig-  besetzen.  Cäsar  nahm  eine  angemessene 
Stellung,  um  den  Gang  des  Gefechtes  zu  beobachten,  und  die 
Cohorten ,  ■welche  zu  dem  Ende  zu  seiner  Verfügung  blieben, 
hierhin  und  dorthin  zu  entsenden,  wo  der  Feind  durchzubrechen 
drohte;  bald  aber  hörte  mau  ein  Rampfgeschrei  im  Rücken," 
von  Norden  her;  VergasUlaunus  griff  die  beiden  Legionen  an, 
und  verbreitete  dadurch  über  die  ganze  Linie  der  Römer  einen 
plötzlichen  Schrecken.  Kichts  hielt  ihn  auf;  ein  Theil  seiner 
Krieger  suchte  den  ^'V  all  mit  Pfeilen  zu  reinigen;  Andere  liefen 
Sturm;  unaufhörlich  folgten  ihnen  frische  Truppen;  mit  den  los- 
gerissenen Baustücken  selbst  verschütteten  sie  Fussangeln  und 
Gruben,  und  die  Kräfte  und  Waffen  der  Römer  ■wurden  erschöpft. 
Cäsar  verstärkte  diese  durch  sechs  Cohorten  unter  Labienus;  die 
Wahl  des  Leg-aten  bewies,  wie  viel  er  leisten  sollte;  er  selbst 
gieng  von  einem  Orte  zum  andern,  die  Seinigeu  daran  zu  erinnern, 
dass  alle  früheren  Siege  nutzlos  seien,  wenn  man  nicht  an  diesem 
Tage,  in  dieser  Stunde  siege.  Man  setzte  das  Leben  ein,  um 
das  Leben  zu  retten ;  w  as  nach  einer  Niederlage  zu  erwarten  sei, 
verkündigte  die  Wuth ,  mit  Avelcher  die  Truppen  des  Verciiige- 
lorix  sich  g'egen  das  Lager  auf  den  Höhen  wandten,  da  es  in 
der  Ebne  durch  die  Gruben  und  andere  A'^onichlungen  zu  fest 
verwahrt  war,  die  Graben  füllten,  durch  ihre  Bogenschützen  die 
Besatzung  der  Thürme  vertrieben  und  schon  den  AA'all  zu  zer- 
stören begannen.  Anfangs  schickte  der  Proconsul  Decimus  Brutus 
mit  sechs  Cohorten,  dann  C.  Fabius  mit  sieben;  die  Gallier 
■warfen  Alles  zurück;  erst  als  er  selbst  mit  neuer  Blannschaft 
erschien ,  wurde  das  Gefecht  hergestellt  und  der  Feind  zum 
Weichen  gebracht. 

Nun  eilte  Cäsar  mit  vier  Cohorten  nnd  einigen  Geschwadern 
Reuterci,  welche  zum  Theil  Vergasillaunus  umgehen  sollten,  zu 
Labienus.  Auf  dem  Wege  meldeten  ihm  IJoleu  des  Legaten : 
er  Labe  aus  den  nächsten  Verschauzongen  39  Cohorten  zusammen- 


358  XXI,    lüLII.        (31.  §.33.) 

gezogen ,  aber  ■weder  Wall  nocL  Graben  verraög'e  ihn  lünger  zu 
schützen;  er  fragte  an,  was  zu  thun  sei.  Man  erkannte  den  Im» 
perator  am  Gewände ,  und  begriisste  ihn  von  beiden  Seiten  mit 
^inem  Geschrei,  -welches  auf  der  ganzen  Schlachtlinie  bis  zu  den 
TLoren  der  Stadt  beantwortet  wurde.  Unverzagt  giengen  ihm 
die  Gallier  entgegen  ;  sie  känipflen  am  Abhänge  von  oben  herab, 
und  waren  die  stärkeren;  die  Legionare  warfen  die  Spiesse  weg 
lind  griffen  zum  Schwerdte,  wie  es  im  plötzlichen  Handgemenge 
und  in  der  grössten  Eibilterung  zu  geschehen  pflegte :  da  zeigte 
sich  die  Reuterei  im  Kücken  der  Gallier,  auch  neues  Fussvolk 
war  im  Anzüge,  die  Feinde  entflohen  und  mit  einem  schreck- 
liehen Gemetzel  endigten  die  römischen  Türmen ,  welche  sie 
empfiengen ,  den  blutigen  und  verhängnissvollen  Kampf.  Viele, 
und  auch  Vergasillaunus  wurden  gefangen ,  und  74  Feldzeichen 
Cäsar  als  Trophäen  überbracht.  Bei  diesem  Aublick'  eiitwichen 
die  Belagerten  nach  der  Stadt;  das  Heer,  welches  sie  befreien 
sollte,  zerstreute  sich  und  würde  aufgerieben  sein,  wenn  die 
Ermüdung  den  Kömern  gestattet  hätte,  sie  mit  Nachdruck'  zn 
verfolgen.  Nun  erst  war  Gallien  erobert;  wenn  bei  gleichem 
Mulhe  unbedingt  der  grössern  Klugheit  und  Kriegskunst  die 
Palme  gebührte,  so  hatte  Cäsar  sie  an  diesem  Tage  verdient, 
mit  welchem  nicht  Eiuer  in  Pompejns  Lebensgeschichte  sich 
vergleichen  lässt,  und  doch,  nur  melir  Vorsicht  auf  der  Seite  de» 
Vergasillaunus,  ein  Rückhalt  für  einen  unerwarteten  Angriff, 
und  einer  der  ruhmvollsten  Tage  im  Leben  des  römischen  Helden 
wäre  sein  letzter  geworden.  Vercingetorix  erklärte  in  Alesiai 
nicht  im  eigenen  Interesse,  sondern  um  Gallien  zu  befreien  habe 
er  sich  zum  Kriege  entschlossen ;  mit  dem  Schicksale  könne  er 
nicht  rechten;  man  möge  den  Sieger  durch  seine  Auslieferung 
oder  durch  seinen  Tod  versöhnen,  er  sei  zu  Beidem  bereit.  Die 
Stadt  unterhandelte  und  erhielt  Befehl,  die  Waffen  zu  übergeben, 
und  die  Iläni>tlinge  in  das  römische  Lager  zu  schicken.  Hier 
sass  Cäsar  auf  dem  Foldherrn  -  Stuhle  ,  als  sein  Gegner  erschien, 
und  sein  Schwerdt  vor  ihm  niederlegte.  Er  führte  ihn  sechs 
Jahr  später  bei  seinem  Triumphe  durch  die  Strassen  von  Rom, 
und  liess  ihn  dann  tödlen,  ^  *)     Die  Gefangenen  vertheilte  er  bis 


95)     Caes.    T,   89.     Nach  Plitt.    Caes,    27   nSIierte   Vercingetorix   sich 


XXI,    lULII.        (31.  §.34.)         359 

auf  die  Äedoer  nnd  Arverner,  deren  Völker  er  durch  ihre  Ent- 
lassung zu  g-ewinnen  Loffte ,  als  Heute  nuler  d«s  Heer.  Auch 
unterwarfen  sich  die  Aeduer,  als  er  ihr  Gebiet  betrat,  und  die 
Arverner  stellten  Geissein;  Beiden  gab  er  etwa  20,000  Mann 
zurück,  >yelche  geg-en   ihn  g-efochten  hatten. 

Seine  Truppen  bedurften  Ruhe.  Zwei  Legionen  giengen 
mit  T.  Labienus  gegen  Osten  zu  den  Sequanern  in  die  AVinter- 
qnartiere.  Eine  g'leiche  Auzalil  führten  €.  Fabins  und  L.  Mi- 
nncins  Basilus  nach  dem  südlichen  Belgien  zu  den  Remem. 
C.  Antistius  Reginus  sollte  an  der  Maas  unter  den  Anibivareten 
lagern;  ^'^)  T.  Sexlius  mit  der  13.  Legion  unter  den  Bitnrigen, 
■westlich  vom  Liger ;  C.  Cauinius  Rebilus  unter  den  Rutenern,  im 
westlichen  Theile  des  narbonensischen  Gallien,  jeder  mit  einer 
Legion.  Q.  Cicero  und  P.  Snipicius  blieben  zur  Sicherung  der 
Zufuhr  mit  der  6.  und  14.  Legion  am  Arar  (Saone)  zu  Cabil- 
louum  (C'halons  sur  Saone)  und  zu  Matisco  (Ma9on  au  demselben 
Flusse)  im  Lande  der  Aeduer,  wo  auch  Cäsar  in  ßibracte  (in 
der  Gegend  von  Autiin)  überwintern  wollte.  Auf  seineu  Bericlit 
wurde  ihm,  wie  im  J.  55,  ®')  ein  Dankfest  von  20  Tagen  be- 
schlossen. '  *) 

§    34. 

(a.  52.)  Nach  dem  Beispiele  der  alten  Patricier,  welche 
mehr  als  einmal  Heer  und  Vaterland  daran  setzten,  um  ihre 
A^orrechte  zu  behaupten,  v^iirde  die  Nobilität  gern  Gallien  dahin- 
gegeben  haben  ,  wenn  es  zugleich  das  Grab  seines  Eroberers  ge- 
worden wäre.  Mit  eigener  Kraft  ihn  zu  verderben,  hinderten 
sie,  von  der  seinigen  abgesehen,  die  fortwährenden  Unruhen  in 
Rom  selbst,  und  die  Zerwürfnisse  zwischen  ihr  und  Poni|)C|us, 
dessen  Verlangen,  Dictator  zu  werden,  sie  jetzt  noch  am  meisten 


schTveigend,  wie  es  seiner  M'firde  nnd  seinem  Schick&ale  angemessen  war, 
wogegen  er  bei  Flor.  3,  10.  J.  26  seine  Lanfbalin  mit  einer  GrosssprechereJ 
bescliliessl :  Habes;  fortemTiruni,  vir  forüssirae,  iricisti.  Auch  Die  (40,41.  Tgl. 
43, 19  n.  die  .Slellen  hier  in  A.  89  )  bringt  Ungereimtes  vor,  nni  d.is  Trauerspiel, 
welches  nnr  Schmerz  nnd  Bewnndernng  erregt,  zu  verschönern.  S.  unten 
{.  60    A.  30.  96)     Caes.  7,  90.    vgl.  4,  9.     Ueber    die    einzelnen  Le- 

gionen   s.    B.  G.   8,  2.  4.   11.  2i.  97)    Oben  §.  25  fiu.  98)    Cato. 

7,  90.    Sneton.  24  Cu.     Dio  40,  60  nenal  sechzig. 


360  XXI.     lüLir.         (31.  §.34.) 

schreckte.  Durcü  ilin  insbesondre  war  es  dahin  g'edieLen,  dass 
es  im  Anfange  des  JaLrs  keine  Lö'Lern  Magistrate  gab,  ^^)  und 
jetzt  vereitelte  er  aucli  die  Ernennung  eines  Zwischenkonigs.  ' '"') 
Der  Staat  sollte  kranken,  damit  er  den  Arzt  bedurfte;  dann 
konnte  er  seine  Bedingungen  machen.  Es  war  ihm  daher  er- 
wünscht, dass  Milo  am  20.  Januar  bei  einem  zufälligen  Zu- 
sammentreffen auf  der  appischen  Strasse  P.  C'lodius  erschlag. 
Diese  Botschaft  erhielt  er  zu  Alsium  in  Etrurien ;  ' )  denn  er 
hatte  sich  wieder  Ton  Rom  entfernt,  damit  man  sein  geheimes 
Treiben  nicht  bemerkte.  Die  Parteien  wüthelen  mit  Feuer  nnd 
Schwerdt ,  und  durch  die  Wahl  eines  Zwischenkönigs ,  des 
M.  Lepidus,  wurde  das  Uebel  nur  ärger,  weil  er  als  der  Erste 
nicht  gegen  die  Sitte  Consular  -  C'omitien  halten  wollte.  Dnrch 
seine  Weigerung  erbittert  nnd  aufgereizt  von  den  Tribunen 
T.  Munalius  Plauens  nnd  Q.  Pompejus  Rufiis ,  trugen  die  C'lo- 
dianer  Blilos  Mitbe'werbern  Plautius  Hjpsäus  und  Bletelliis  Scipio 
die  Fa.sces  an,  ')  nnd  als  diese  sie  ablehnten,  stürmten  sie  aus 
der  Stadt  nach  dem  Garten  des  Pompejus,  welcher  aus  Etrurien 
zurückgekehrt  war,  und  von  der  Rotte  bald  zum  C'onsnl,  bald 
zum  Dictator  ausgerufen  wurde.  Milos  Versuch,  sich  wegen  des 
Mordes  vor  dem  Volke  zu  rechtfertigen,  veranlasste  neues  Blut- 
vergiessen;  ein  Zwischenkönig  folgte  dem  andern;  die  Banden 
gestatteten  keine  gesetzmässige  Wahl.  Dem  Senat  wurde  es 
fühlbar,  dass  er  einschreiten  müsse,  wenn  er  sich  seiner-  Rechte 
und  seines  Ansehns  nicht  gänzlich  begeben  wollte ,  ihm  fehlte 
aber  die  vollziehende  Gewalt ;  trotz  allem  Innern  Widerstreben 
beauftragte  er  den  Zwischenköuig,  die  V.  Tribüne  und  Pompej'.is, 
über  die  Sicherheit  der  Republik  zn  wadien ,  uud  den  Letzten, 
neben  welchem  die  Anderen  nur  zum  Schein  genannt  wurden, 
in  Italien  Truppen  auszuheben.  So  fand  der  Proconsul  von 
Spanien  etwas  anderes,  als  er  gesucht  hatte ;  die  Frevel  des  C'lodius 
und  Milo  beschleunigten  den  Bund  zwischen  ihm  und  der  Ari- 
stocratie,  den  geuieinscliafllichen  Kampf  gegen  Cäsar,  und  führten 
ihn  aus  einer  unnatürlichen  Stellung,  in  welcher  er  jahrelang 
von  diesem  festgehalten  war,  auf  den  rechten  Weg. 


99)    Oben   §.  31  (In.  100)   Vgl.  bei  dem  rnnächsl  Folgpnden  den 

2.   Tb.   342.  1)    Cic.  p     Rlilon.   20.  2)    Vgl.  f.    31.  A.   53. 


XXI.    lULn.         (31.  §.34.)         361 

Vorerst  sollten  aber  seine  Rüstungen  nicht  bloss  die  Factionen 
cinscLiicIitem ,  sondern  onch  den  Senat.  Sein  Garten  füllte  sich 
mit  Bewaffneten,  und  der  Zustand  Roms  blieb  unverändert,  weil 
er  sich  zunächst  des  Lohns  für  seine  Dienste  versichern  wollte. 
Freunde  und  erkaufte  Seudling^e  sahen  kein  Heil,  wenn  er  nicht 
Dictalor  wurde ;  ihm  länger  Alles  zu  verweigern,  war  nicht  melir 
möglich;  man  versuchte  daher,  mit  ihm  zu  dingen,  um  wenigstens 
dem  seit  Sulla  verrufenen  Herrscher -Aamen  auszuweichen,  nach 
C'alos  Meinung  ein  Gegenstand  von  der  höchsten  \'\  ichligkeit. 
Am  25.  Febi-uar  wurde  Pompejus  zum  Consul  gewählt,  der 
Statthalter  von  Spanien,  welcher  als  solcher  für  abwesend  galt, 
er  allein,  und  ohne  sich  gemeldet  zu  haben;  ^)  wenn  Cäsar  irgend 
stark  genug  war,  gleiche  Forderungen  zu  machen,  so  hallen  Pom- 
pejus und  der  Senat  den  Schutz  der  Gesetze  verwirkt.  Indess 
musste  es  sich  nun  zeigen,  ob  jener  einen  umfassenden  Plan 
entworfen  hatte.  Es  stand  nur  bei  ihm,  durch  Mässigung-,  Festig- 
keit und  treue  Hingebung  die  Arislocralie  zu  fesseln ;  sein  Ver- 
hältuiss  zu  dem  furchtbaren  Nebenbuhler  in  Gallien  empfahl  ilmi 
Ernst,  die  ungeheure  Verantwortlichkeit,  welche  er  als  Haupt 
der  Republik  übernahm,  die  grösste  Vorsicht;  sein  eigenes  Wohl, 
und  das  Wohl  des  Reichs  hieng  davon  ab,  dass  er  aufhörte, 
zwischen  den  Parteien  zu  schwanken,  und  sich  als  Bandenführer 
im  städtischen  Getümmel  zu  verlieren,  und  dennoch  beschäftigte 
Um  nur  das  Nächste  und  Kleinlichste;  er  geberdete  sich  wie  ein 
zügelloser   Tribun. 

Blilo  war  durch  Bestechungen,  Gewaltthätigkeiten  und  selbst 
durch  einen  Mord  dem  Gesetze  verfallen;  aber  nicht  deshalb 
verfolgte  ihn  jetzt  Pompejus,  sondern  weil  er  als  Candidat  des 
Cousulats  -ihm  entgegen  zu  treten  gewagt  hatte,  und  bei  seiuer 
rücksichtslosen  Verwegenheit ,  an  der  Spitze  eben  so  tollkühner 
Fechter  ihm  auch  ferner  hinderlich  werden  konnte.  *)  Blit  einem 
guten  Scheine,  wie  er  es  liebte,  als  Vollzieher  der  Geselze  gegen 
Bestechungen  und  Gewalt,  rächte  sich  der  Consul  an  seinen 
Feinden ;  er  selbst  war  der  Urheber  dieser  Gesetze  und  er  gab 
ihnen  eine  rückwirkende  Kraft,  um  Cäsar  in  die  Untersuchungen 
ZQ   verwickeln,  *)    auch  schärfte   er   die  Sti-afen  und  änderte  das 


3)   2.  Th.  349.  A.  91.  4)  nas.  350.  5)   Das.  351.  A.  99. 


362  XXI.    lULII.        (31.  §.34.) 

gericLtlicLe  Verfahren ;  das  Uebrige  blieb  ßeiueii  Kriegern  vor- 
bebalten.  Blilo  ^yur(le  am  8.  April  veriirtbeilt ,  '^)  wogegen 
M.  Saiifejiis,  welcher  bei  dem  Angriff'  auf  Clodiiis  am  thatigslen 
gewesen  war,  wiederholt  einen  günstigen  Spruch  erhielt.') 
Man  braclite  nun  aber  die  neuen  Gesetze  zum  TLeil  wider  den 
Wunsch  des  Pompejus  auch  gegen  die  Clodianer  in  Anwendung: 
nicht  nur  Sex.  Cloilius  traf  das  .Schicksal  des  JMilo,  *)  sondern 
anch  viele  Andere,  *)  und  im  December,  als  sie  das  Tribunal 
niedergelegt  hatten,  Pompejus  Kufus '")  und  Munatius  Plancus,  ' ') 
für  welchen  der  C'onsul  gegen  sein  Gesetz  eine  Lobschrift  ein- 
schickte. '^)  Diesem  waren  die  Freunde  des  C'Iodius  entbehrlich 
lind  daher  grösstentheils  gleichgültig  geworden.  Er  konnte  sie 
retten;  die  Gerichte  folgten,  wenn  er  ernstlich  gebot;  man  be- 
langte Milos  Mitbewerber  wegen  Bestechungen;  liyjjsäus,  sein 
Gefährte  im  milhridatischen  Kriege,  bat  ihn  fussfällig  um  Hülfe, 
und  er  yerweigerte  sie  mit  der  Bemerkung,  er  hindere  ihn  nur 
am  Essen,  weil  er  ihn  mit  seinen  Ansprüchen  auf  das  Consulat 
beseitigen  wollte;'^)  auf  sein  Fürwort  trat  dagegen  Bleuimius 
als  Ankläger  seines  Schwiegervaters  Scipio  zurück ,  und  die 
Bichfer  begleiteten  diesen,  als  wäre  er  auf  das  ehrenvollste  frei- 
gesprochen,  nach   seiner  Wohnung.  '  ') 

Eine  so  parteiische  Rechtspflege  wurde  von  Cato  gerügt,  ' ') 
doch  besänftigte  es  ihn  und  die  übrigen  Optimaten,  dass  Pompejus 
am  1.  Sextil  (August)  für  die  noch  übrigen  fünf  Monate  Scipio 
zu  seinem  Collegen  ernannte.  '  ^)  Kicht  die  Wahl  erhielt  ihren 
Beifall,  sondern  seine  .Selbstverläugnung,  da  er  auf  den  Weg 
der  Verfassung  einzulenken  schien,  und  Cäsar  nun  für  dieses 
Jahr    von    der    höchsten   Würde    ausgeschlossen   war.  ' ')     Nach 


6)     2.  Th.    356.    A.  50   n.    364.    A.  4.  7)    Ascon.  in  Milon.   arg. 

p    54.    OreU.  8)    2.  Th     364.    A.  9.    387.   A.  7.  9)   Ascon.    1.  c. 

p     SS.  10)     Sein    Ankläger    -war    M.    Coelins,     2.    Th.    4l4.    A.    79. 

11)    Ihn  klagte  Cicero  .in.     ad  Farn.  7,  2.   }.  2.     Vgl.    2.  Th.  345.  A.  67 
n.  Munatü.  12)     I'lut.    Cato    48.     Dio   40,    55.  13)    Die   40,  53. 

riut.  Pomp.  55.    App.  2,  442.    Val.  M.  9,  S.  5.  3.  14)  Dio  40,  Sl.  53. 

App.   1.  0      I'lut.   1.   c.   u.  Cato  48.     Val.  M.  1.  c.     Tacit.  A.  3,  28:    Tom- 
peins  —  suariini  legnm  aiictor  idem  ae  subversor.    2.  Th.  45.  15)    Plul. 

U.  cc.    Val.  M    G,  2,  §.  S.  16)  I'lut.  romp.  55.  Dio  40,  51.  App.  2,  442. 

Fast.  Sic.  n    Cassiod.  «.  701.  17)    2.  Th.   350.  A.  93. 


XXI.    lüLn.        (31.  §.34.)        363 

langen  Stürmen  erfrente  sich  Rom  wieder  der  Ruhe ,  nnd  die 
Aristocratie  blickte  noch  nicht  ohne  Misstrauen ,  aber  doch  mit 
Hoffnunj^en  auf  den  Blann ,  welcher  sich  endlich  wieder  in  ihrer 
Blilte  befand.  Auch  Pompejus  alLniete  freier;  Senat  und  Volk 
waren  zu  seiner  Verfügung',  '  *)  und  er  durfte  nicht  mehr  fürchten, 
von  den  Banden  des  C'lodius  und  ]MiIo  vom  Blarkle  yerscheiicht 
zn  werden ;  er  hatte  sich  Bahn  g-emacht.  Sogleich  begannen  die 
versteckten  Angriffe  auf  Cäsar ;  denn  ilim  insbesondre  galt  die 
Erneuerung  des  Gesetzes ,  nach  welchem  niemand  sich  abwesend 
nm  ein  Amt  bewerben  sollte.  '  ^)  Blan  hatte  diess  Mehreren  ge- 
staltet, nnd  wiederholt  Pompejus  selbst,  wogegen  es  Cäsar  bereits 
im  J.  60  nicht  zugestanden  war.  - ")  Wenn  der  Eine  als  Statt- 
halter einer  entfernten  Provinz  das  Consulat  verwaltete,  so  konnte 
der  Andre  nm  so  mehr  verlangen ,  dass  man  ihn  als  Statthalter 
unter  die  Candidaten  aufnahm ;  wie  er  aber  im  J.  60  dem 
Triumphe  hatte  entsagen  müssen ,  so  sollte  er  jetzt  Heer  und 
Provinzen  abgeben,  «im  sich  zu  bewerben,  und  während  der  Be- 
werbung, als  Privatmann,  angeklag't  und  verurtheilt  werden.  Es 
kam  nur  darauf  an,  dass  er  in  die  ScLlinge  gieng.  Der  Zu- 
mulhung ,  auch  der  Proconsul  von  Spanien  möge  als  solcher 
niederlegen  und  sich  gegen  nicht  minder  erhebliche  Anklagen 
rechtfertigen ,  suchte  jener  dadurch  vorzubeugen ,  dass  er  sich  die 
Statthalterschaft'')  durch  den  .Senat  auf  fünf  Jahre  verlängern 
liess,  wobei  das  Heer  auf  der  Kalbinsel  mit  zwei  Legionen  ver- 
stärkt und  tausend  Talente  aus  dem  Schatze  zur  Besoldung  an- 
gewiesen wurden.^-)  Bei  dem  Alien  war  es  möglich,  dass 
Cäsar  dennoch  zum  Consulat  gelangte  und  dann  wieder  eine 
Provinz  erhielt ;  um  diess  zu  verhindern  und  mauchen  niiss- 
vergnügten  oder  lästigen  Opiimaten  zu  entfernen ,  veranlasste 
Pompejus  den  Senat  zur  Erneuerung  des  Beschlusses  vom  vo- 
rigen Jahre,")  welcher  städtische  nnd  proviucial  Aemter 
durch    einen    Zwischenraum    von    fünf  Jahren    trennte.'')      Es 


18)   Caes.  B.  C.  I,  4.  §.4.   VeUej.  2,  47.  §.  3.  19)  Dio  40,  51.  56, 

Tgl.     53,    14.     Söet.    Caes.    26.    28.  20)     Oben    §.    10.   A.    57  —  59. 

21)     J.   24.  22)    Dio    40,  44.  56.     Plnt.    Pomp.    55.     Caes.   28.     App. 

2,  442.     Vgl.    nmen   }.  36.    A.  92    u.    i.  38.    A.  5.  23)    2.  TIi.   341. 

A.  36.     liier  §.  31  fin.  24)    Dio  40,  56    erzälüt,    nnn    erst   liabe  man 

Poropejns  die  Statthalterschnft  verlängert ;  obgleich  er  in  seinea  Aninassnngen 


364  XXI.    lULTI.        (31.  §.34.) 

folg-te  Ton  selbst,  dass  die  älteren  Staatsmänner  eintrafen,  so  fern 
sie  noch  keine  Provinz  verwaltet  halten;  ")  der  angebliclie  Zweck 
der  Verordnung  aber,  den  Andrang  zu  den  Aemlern  nnd  den 
Unfug  bei  den  Walilen  zn  verhüten,  wurde  nicht  erreicht. 

Cäsars  Freunde  nnd  Späher  berichteten  nach  Galh'en.  Es 
befremdete  ihn  nicht,  dass  Pompejus  ihn  zu  stürzen  suchte  und 
zu  verkehrten  Mitteln  seine  Zullucht  nahm,  nach  seinem  Beispiele 
die  Tochter  des  künftigen  Consnis  heirathete  und  die  Verlängerung 
seiner  Provincial- Verwaltung  erzwang;  er  konnte  diess  auch 
geschehen  lassen,  da  man  ilin  nicht  unmittelbar  anfeindete,  der 
Zustand  Galliens  machte  es  rathsam ,  selbst  bedrohlichere  Schritte 
scheinbar  nicht  zu  beachten.  Bei  seinen  Entwürfen  gegen  die 
Wobililät  bedurfte  er  aber  einen  Vorvv'and,  mit  ihr  zu  brechen; 
deshalb  beklagte  er  sich  über  das  Gesetz,  welches  persönliche 
Bewerbung  forderte,  und  er  hielt  diess  der  öffentlichen  Meinung 
wegen  bis  zum  letzten  Augenblicke  fest ;  wenn  man  nicht  nach- 
gab, so  war  Er  der  Beleidigte,  so  versagte  man  ihm,  was  man 
Pompeius  bewilligt  hatte,  nicht  die  Herrschaft,  sondern  ein  zweites 
Consulat  kam  in  Frage ,  und  die  Verweigerung  erschien  bei 
seineu  grossen  Verdiensten  als  ein  empörender  Undank ;  er  konnte 
sogar  behaupten ,  dass  sein  Leben  dadurch  gefährdet  werde. 
Schon  früher  hatte  man  versucht,  ihn  wegen  der  Gesetze  vom 
J.  59  aus  der  Zeit  seines  ersten  Consulats  zu  belangen;  -  ^)  seit- 
dem hasste  und  beneidete  man  ihn  noch  mehr;  wenn  er  in  den 
Privatstand  zurückkehrte ,  nicht  von  der  Statthalterschaft  zum 
Consulat  übergieng,  so  erwartete  ihn  statt  der  Wahlcomitien  das 
Gericht,  wohl  gar  ein  Todesurlheil  vom  Seuat,  da  er  in  den 
Augen  seiner  ergrimmten  Feinde  ein  ärgerer  Frevler  war,  als 
Catilina.  ^')  Seine  Anhänger  musslen  daher  Beschwerde  füh- 
ren.^**)    Pompejus  sah,  dass  man  ihn  verstanden  hatte ;  erkennte 


keine  Schranken  kannte ,  so  ist  es  doch  glanblich ,  dass  er  nahm ,  ehe  er 
za  nehmen  untersagte.  Auch  handelte  er  in  beiden  Fällen  durch  den  Senat, 
nicht  durch  das  Volk.     S.  die  folg.  A.  25)    Cic.  ad  Fam.  3,  2 :  Vides, 

ex  S.  C.  provinciam  esse  hohcndain.  ad  Fani.  8,8.  j.  3.  ad  Alt.  S,  9: 
Sinnus  hoc  exlraordinarium  i.  e.  Ciliciae  admiuisiralio.  2.  Th.  lOI.  26)  Oben 

J.   15.  27)    App.  2,  442.    Dio  40,  60.    Cir.   ad  F.rtn.  8,  14.   §.2:   Cae- 

sari  persnasura  est,  so  soIyuiu  esse  noii  possc,  si  ab  exercitu  recesserit. 
28)    Uio  40,  56.    Flut,  ronip.  ä6.   App.  1.  c 


XXI.     lULII.         (31.  §.34.)         365 

nur  noch  mit  dem  ScLwerdfe  antworten,  aber  er  war  nicht  ge- 
rüstet, und  brachte  EnlscLuIdigiingen  vor:  nur  ans  Verg-essenLeil 
Labe  man  Cäsar  nicht  ausgenommen ;  eine  tribunicische  Rogation 
sollte  den  Feliler  verbessern,  und  als  man  im  Senat  ■v%idersprach, 
beruhigte  er  ihn  durch  die  Mitlheilung,  er  habe  Briefe  vom 
Proconsul,  nach  welchen  er  die  Provinz  abgeben  wolle,  wenn 
man  nicht  auf  persönliche  Bewerbung  dringe,  und  ihn  dadurch 
iiöthige,  vor  beendigtem  Krieg'e  Gallien  zu  verlassen.  ~^)  Diese 
Begünstigung  des  Feindes  wurde  später  von  Cicero  als  eine 
Thorheit  getadelt,  '")  weil  er  seine  Unthätigkeit  im  Bürgerkriege 
zu  beschönigen  wünschte,  jetzt  aber  verwandte  er  sich  auf  ein 
Schreiben,  welches  er  von  Cäsar  während  der  Winterquartiere 
aus  Bavenna  erhalten  hatte,  bei  dem  Tribun  BI.  Coelius,  damit 
die  Rogation  an  das  Volk  g'elangte,  ^ ')  obgleich  er  in  den  Phi- 
lippiken es  läugnet.  ^^)  Er  fürchtete  die  Mächtigen  auch  nach 
Clodius  Tode.  Indess  war  Cäsars  Bitte  nur  eine  Schmeichelei, 
denn  dieser  gewann  Coelius  und  die  anderen  Tribüne  selbst. 
Auf  ihren  Antrag-  wurde  die  Ausnahme  zu  seinen  Gunsten  in 
einem  Gesetze,  folglich  in  einem  Privilegium,  ^  ^)  verfügt,^')  wie 
sehr  auch  BI.  Calo  dagegen  eiferte  und  die  Zeit  mit  Reden  aus- 
zufüllen suchte,  ^ ')  und  Pompejus  liess  es  nachträglich  in  dem 
seinigen  bemerken.  ^  ^)  Cäsar  hatte  nie  die  Absicht ,  dessen 
College  zu  werden,  wie  Viele  glaubten,  ^')  da  das  Verbot,  inner- 


29)   Sneton.  26.  28.   Dio  40,  Sl.  30)    ad  Att.  7,  3.  §.  2.   4.  §.  2. 

7,  7.  §.  5.    8,  3.  §.  2.    8,   11.  12.    ad  Farn.  6,  6.  31)    ad  Att.  7,  1. 

J.  2:  TJt  iUi  lioc  liceret,  adiiiTi,  rogatus  ab  ipso  Raveiinae  de  Coetio  tribauo 
plebis.  ad  Farn.  6,  6 :  Rationem  haberi  absentis  non  tani  pugnavi  ut  liceret, 
qnam  ut,  <{nando  ipso  coiisule  pugnante  popiüus  iusseral,  haberetnr.  2.  Th. 
414.  32)    2  l'bil.   10.     Duo    tcnipora   inciderunt,    quibus   alicpiid  contra 

Caesarem  Pompeio  suaseriin.  —  Uiium,  ne  quiiiqnennii  imperium  Caesari 
prorogaretiir.  Alteruio,  ne  paterelur  ferri,  ut  abseatis  eins  ratio  baberetur. 
Quorum  si  ulruravis  peisuasissem,  ia  has  miseiias  nunqiiam  incidissemus. 
33)    Suelon.   28.  34)    Caes.  15.   C.    1  ,  9.  §.  2.    32.  §    3    wo   das    Ver- 

dienst nicht  ohne  Ursach  bloss  dem  Volke  zugeschrieben  wird.  Cic.  oben 
A.  30.  Liv.  107.  Suet.  26.  28.  Flor.  4,2.  §.  16.  App.  2,  442.  Dio 
40,    51.    56.  35)     Caes.    B.    C.    1,   32.     tiv.    107.     l'lut.    Pomp.   56. 

36)  Cic.  ad  All.  8,  3.  J.  2:  lile  (Foinp. )  conlendit,  ul  dccem  tribuni 
Iilcl)is  ferieiit ,  nt  absentis  ratio  baberetur ;  qnod  ideiu  ipse  sauxit  lege 
quadam  sua.     Suet.  28.  37)   Dio  40,  50.  Öl,   Suet.  26. 


366  XXI.    lULII.        (31.  §.35.) 

Laib  zetn  JaLren  dasselbe  Amt  von  neuem  zu  verwalten,  nicLt 
in  Befracbl  kam;  ^'*)  aber  der  Streit  war  eingeleitet;  dass  man 
ihm  nicht  Wort  Lalten  werde ,  und  er  dann  um  so  mehr  auf 
sein  gutes  Recht  sich  stützen  konnte,  unterlag  keinem  Zweifel. 

Unter  den  Candidaten  des  Consulats  beg-iinstig-te  er  Ser. 
Sulpicius,  welcher  geeignet  und  geneigt  schien,  seinen  Feinden 
zu  widerstehen,  Pompejus  dagegen  BI.  Claudius  Marcellns.  ^ ') 
Um  so  weniger  durfte  M.  Cato  lioifen ;  er  wollte  als  C'onsul  die 
Bepublik,  und  schon  während  seiner  Bewerbung  ihre  Gesetze  in 
Schutz  nehmen;  weder  er  selbst  noch  seine  Freunde  buhlten  mit 
Worten  oder  Geschenken  um  die  Gunst  des  »Volks,  und  er  be- 
TS'achte  auch  seine  Nebenbuhler,  welche  gewählt  wurden.'") 
Die  Ueberzeugung,  dass  man  seine  Tugend  fürchte,  und  seine 
strenge  Aufsicht  Zwang  und  Bestechung  unmöglich  gemacht  habe, 
beruhigte  ihn,  und  gern  gönnte  man  ihm  den  schönen  Walin, 
zumal  da  er  von  jetzt  an  dem  Consulat  entsagte.*')  Auch 
Scipio  bewies  seinen  Eifer  für  Ordnung  und  gute  Sitte  durch 
die  Aufhebung  des  Gesetzes,  in  welchem  Clodius  a.  58  die  Rechte 
der  Ceusoren  beschränkt  hatte;  *^)  bei  seinen  Ausschweifungen 
war  ihm  die  censorische  Rüge  am  gefährlichsten.  Pomj)e)u3 
sorgte  im  Privatleben  besser  für  seinen  Ruf;  niemand  verdächtigte 
ihn,  als  jetzt  2000  Pfund  Gold  im  Capitol  vermisst  wurden,'^) 
obgleich  er  in  dieser  Zeit  genölhigt  war,  Anleihen  zu  machen.  *  *) 

§    35. 

a.  51.  Das  vorige  Jahr  halte  über  Gallien  entschieden. 
Seine  grossen  Helden  waren  landUu'chtig,  todt  oder  gefangen, 
und  alle  Arten  von  Rrieg'führung  versucht  und  erfolglos  geblieben. 
Man  glaubt ,  das  Opfer  lyibe  ansgerungen  ,  und  sieht  es  noch  in 
krampfhafter  Bewegung  gegen  das  Schicksal  ankämpfen,  wodurch 


38)    Liv.    7,  42.    10,   13.     Vgl.    Caes.  B.  C.  3,  1    u.    hier  §.  17  fin. 
39)    Dio  40,  58.   59.    2.  Tli.  393.  40)   Cic.  ad  F.im.  3,  3.    4,  4.  7.  12. 

8,  10.  12,  15.  ad  All.  5,4.  13  Phil.  14.  Liv.  108.  Sneton.  29.  Dio 
40,  30.  58.  riat.  Cato  49.  App.  2,  443.  Cassiod.  Fast.  Sic.  r.  702. 
41)     Dio   40,   58.     Vgl.   Flui.  Cato  SO.  42)    Dio  40,  57.    2.  TIi.  45. 

A.  7.    195.  A.  94.   243.  A.  46.  43)  Pliii.  33,  5  (I).    Vgl.  Ijier  §.  14  fin. 

44)   Val.  M,  6,  2.  ^.  II.    Ueber  seine  Bauleu  s.  Pomp,  IUy. 


XXI.    lULn.         (31.  §.35.)         367 

es  nur  seine  Qualen  vermehrt.  In  der  Voraussetzung,  dass  Cäsars 
SlatiLalterscLaft  sich  ihrem  Ende  näliere,  und  sein  Abgang  das 
Ziel  ihrer  Leiden  sein  werde,'*)  beschlossen  mehrere  gallische 
Völker,  ihm  bis  dahin  zu  widerstehen.  Es  war  ihnen  also  un- 
bekannt, wie  ihre  Unterjochung  in  seinen  Lebensplan  eingriff, 
dass  er  ihn  ohne  den  TÖlligen  und  sichern  Besitz  ihres  Landes 
aufgeben  niusste.  Sie  wollten  nicht  wieder  ihre  ganze  Macht 
auf  einem  Puncte  vereinigen,  wie  bei  Alesia,  damit  sich  nicht 
auch  die  Legionen  zusammenzogen,  sondern  diese  eiuzeln  mit 
Uebermacht  erdrücken ,  oder  aus  unzugänglichen  Stellungen  in 
Wäldern ,  auf  Höhen  und  hinter  Sümpfen  sie  überfallen  und 
ihnen  die  Zufuhr  abschueiden,  Frauen,  Rinder  und  Habe  in  ent- 
fernten Gegenden  verbergen,  und  sich  in  der  äusserslen  Bedräng- 
niss  durch  eine  augenblickliche  Unterwerfung  oder  durch  Aus- 
wanderung für  einen  neuen  Kampf  erhalten.  Die  Zweckmässigkeit 
dieses  Verfahrens,  von  welchem  insbesondre  die  Belgier  den  Sieg 
erwarteten,  wurde  selbst  von  den  Römern  anerkannt;  '*)  indess 
rüstete  nur  ein  Theil  der  Gallier,  und  Cäsar  erfuhr  diess  durch 
seine  Späher,  ehe  „die  Verschwörungen"  zur  Reife  gediehen. 

Er  reis'te  am  letzten  Tage  des  J.  52  von  Bibracle,'")  wo 
sein  Qnästor  M.  Antonius  zurückblieb,  zu  der  dreizehnten  Legion, 
welche  mit  T.  Sextius  westlich  vom  Liger  unter  den  Biturigen 
lagerte,  nnd  zog  auch  die  elfte  an  sich.  INiemand  durfte  anzünden, 
weil  mau  sich  selbst  des  Unterhalts  beraubt  uud  dsn  Feind  ge- 
warnt haben  würde.  Um  so  leichter  bemächtigte  sich  die  Ren- 
terei der  Landbewohner,  ehe  sie  die  Städte  erreichten,  und  die 
Gehörten  verbreiteten  sich  in  der  Umgegend,  damit  die  Flüchtlinge 
nirgends  Aufnahme  oder  Unterstützung  fanden.  Die  Unmöglich- 
keit, zu  entkommen,  und  die  Schonung,  mit  welcher  ohnerachtet 
ihrer  Meuterei  die  Nachbaren  behandelt  »wurden,  bestimmte  die 
Biturigen,  sich  zu  unterwerfen.  Am  vierzigsten  Tage  war  Cäsar 
wieder  in  Bibracte.  Seine  Soldaten  hatten  die  Besch%verden  des 
Winterfeldzugs  willig  ertragen;  zur  Belohnung  versprach  er  dem 
Legionär  200  und  dem  Centurio  2000  Sestertien.  '*) 

Aber  seine  Wachsamkeit  schreckte  die  Gallier  nicht.     Schon 


45)    B.    O.   8,   39.  46)    Das.   8,   8.  47)    Oben   §.   33  fin. 

48)    B.   C.   8,   1—4. 


368  XXI.     lULII.         (31.  §.35.) 

am  acLtzelinten  Tage  rief  er  die  sechste  und  vierzehnte  Legion 
ans  ihren  Lagern  am  Arar,  (Saone)  weil  die  Carnuten  (in  Or- 
Jeannois)  in  das  Gebiet  der  Bilurigen  einfielen,  wie  es  scheint, 
sie  durch  Zwang  dem  Bunde  freu  zu  erhalten.  Er  besetzte  ihre 
Stadt  Genabum,  (Orleans)  wo  sie  Dach  deren  Zerstörung*') 
mehrere  Häuser  wieder  aufgebaut  hatten,  und  die  Römer  in  diesen 
und  in  schnell  hergestellten  Hütten  währeud  der  rauhesten  Jahres- 
zeit sich  bargen;  die  Reuter  und  die  Uiilfstruppen  verfolgten  die 
Empörer  über   die  Gränze.  '  °) 

Raum  war  diess  Unternehmen  beendigt,  als  die  Remer  mel- 
deten, dass  mehrere  belgische  Stämme  nördlich  von  der  Seqnana 
(Seine)  und  an  ihrer  Spitze  die  kühnen  Beliovaken  (Beauvais) 
unter  der  Anführung  des  Correns  und  des  Atrebaten  Commius  ^ ') 
das  Gebiet  der  Svessionen  bedrohten ,  welche  nach  Cäsars  An- 
ordnung zu  den  Clienten  der  Remer  gehörten.  '  -)  Diese  galten 
für  seine  trenesfen  Freunde ,  und  eben  deshalb  bei  den  Galliern 
für  Verräther;  er  mussfe  beweisen,  dass  er  sie  auch  gegen  die 
Beliovaken  beschützen  konnte,  deren  Kräfte  noch  ungeschwächt 
waren,  da  sie  einem  fremden  Feldherrn  nicht  gehorchen  mochten 
und  deshalb  nur  2000  Slann  nach  Alesia  geschickt  hatten.  ^^) 
Um  seine  Truppen  zu  schonen ,  liess  der  Proconsul  sie  ab- 
wechselnd ruhen;  die  6,  und  J4.  Legion  blieben  mit  C  Tre- 
bonius  in  Genabum,  und  bildeten  hier  zugleich  einen  Rückhalt; 
die  11.,  zwei  andere  unter  C.  Fabius  im  Lande  der  Remer  nnd 
eine  Legion  des  T.  Labienns  auf  dem  Gebiete  der  Sequaner  er- 
hielten Befehl,  ihm  gegen  die  Beliovaken  zu  folgen.  Als  er 
ihre  Gränzen  überschritten  hatte,  berIcLtefeu  die  Reuter  nnd  ge- . 
nauer  die  feindlichen  Kundschafter,  welche  sie  einbrachten,  cJle 
Waffenfähige  ihres  Volks ,  der  Atrebaten  und  der  anderen  Ver- 
bündelen haben  sich  auf  eine  Höhe  iui  Walde  hinter  einen 
Sumpf  zurückgezogen,  und  wollen  die  Sclilacht  annehmen,  wenn 


49)    Oben  5.  32.  A.  67.  50)   B.  G.  8,  4.  5.  51)   Oben  J.  33. 

A.  91.  52)    B.  G.  8,  6  —  23.   Liv.  108.   Gros.  6,  11  folgt  dem  Vf.  des 

B,  G.  IMo  40,  42.  43  erziihlt  sehr  kurz  nud  ungenau,  und  l'lnt.  Caes.  28 
gellt  von  dein  Feldziige  des  J.  52  sogleich  zur  (luMrliirhte  des  Bürgerkriegs 
über.  In  Rom  sagten  sich  dio  Opiiuintcn  frendig  ins  Uhr,  es  stehe  sddecht 
um  Cäsar,  er  sei  von  den  BelloYakeu  eingesclUasSBU.  tic.  ad  Faiu.  8,  1. 
§.  4.  53)   faes.  7,  75.  90. 


XXI.     lULII.  (31.  §.35.)  369 

nur  drei  Legionen  erschienen,  sonst  aber  aus  dem  Ilinferlialte 
die  ZufiiLr  erschweren ;  aucL  'werde  Comniius  niit  germanischen 
Hiilfbtruppen  erwartet.  Man  niusste  durch  eine  Täuschung  den 
Kauij)^  beschleunigen.  Nur  drei  Legionen,  die  7.  8.  und  9. 
zeigten  sich  vor  dem  Gepäck,  die  11.  gieug  hinter  ihm;  aber  bei 
dem  Anblick'  eines  schlagfertigen  Heers  änderten  die  Belgier 
ihren  Entschluss ;  sie  stellten  sich  au^  ohne  durch  das  vorliegende 
Thal  näher  za  rücken.  Cäsar  zog  vor  seinen  Werken  einen 
doppelten  Graben,  damit  er  zu  ihrer  Vertheidigung  weniger 
Blannschaft  bedurfte,  und  durch  zahh-eiche  Entsendungen  sich 
versorgen  konnte;  seine  Vorsicht  sollte  zugleich  für  Furcht  gellen. 
Indess  blieben  die  Feinde  auch  nach  der  Ankunft  des  Conimius 
mit  500  germanischen  Reutern  auf  ihren  Hohen ,  und  versuchten 
sich  nur  in  kleinen  Gefechten ,  in  Welchen  sie  oft  im  Vortheil' 
waren.  Zum  Angriff  herzugehen  fühlten  sich  die  Römer  zu 
schwach;  daher  A.urdeu  JT.  Sextius  mit  einer  und  Trebonius  aus 
Genabum  mit  zwei  Legionen  herbeigerufen.  In  der  Zwischenzeit 
besiegten  die  Bellovaken  die  Reuferei  der  Remer,  welche  zum 
Behuf  der  Zufuhr  das  Lager  verlassen  hatte  und  ihren  Anführer 
Vertiscus  verlor;  dann  aber  entflohen  sie  selbst  vor  den  leicht- 
bewaffneten Germaniern,  und  als  bald  nachher  die  drei  Legionen 
eintrafen,  fürchteten  sie  das  Schicksal  der  Gallier  bei  Alesia. 
Nur  zmn  Schein  boten  sie  den  Römern  die  Schlacht  au ;  sie 
wollten  für  den  Abzug  des  Trosses  mit  dem  Gepäck  Zeit  ge- 
winnen und  ihn  verbergen,  wogegen  Cäsar  sich  dadurch  die 
Verfolgung  möglich  machte,  dass  er  auf  Brücken  über  den  Sumpf 
gieng  und  eine  Hochebne  besetzte ,  wo  die  ^Vurflnaschiuen 
wirken  konnten.  Die  Belgier  sahen  seine  Reuter,  den  Zügel  in 
der  Hand,  ihren  Aufbruch  erwarten;  länger  zu  bleiben  gestattete 
ihnen  der  Mangel  nicht;  sie  zündeten  daher  vor  ihrer  ganzen 
Linie  Feuer  an,  und  zogen  sich  unbemerkt  nur  10,000  .Schritte 
■weit  in  eine  andre  von  Natur  feste  Stellung  zurück.  Als  die 
Römer  es  endlich  entdeckten,  wurden  Rauch  und  Flammen  ihnen 
Linderlich ,  auch  fürchteten  sie  eine  Kriegslist ;  die  Abtheilungen, 
welche  Vorräthe  herbeischafften,  geriethen  fast  immer  in  einen 
Hinterhalt. 

So   konnte   Correns   hoffen,   sie  durch   den  Hunger   zii   ver- 
treiben; allein  Cäsar  überlistete  ihn.     Er  erfuhr,  dass  der  belgische 
DiuDiann,   Gcscliicliti)  Roms  ill.  24 


370  XXI.    lULn.        (31.  §.35.) 

Heerführer  mit  6000  Mann  zu  Fnss  und  1000  Renfern  in  einem 
dichten  Walde  hinter  einer  Ebne  lagere.  Scheinbar  unbefang-en 
schickte  er  Renter  und  Leichtbewaffnete  in  diese  Gegend,  ■\vohin 
er  mit  den  Legionen  folgte.  Die  Vorhut  wnrde  anfangs  nur  von 
einem  kleinen  Geschwader  angegriffen;  dann  brachen  die  Uebri- 
geu  hervor,  und  zuletzt  das  Fussvolk.  Dennoch  verlängerte  sich 
das  Gefecht,  bis  man  hörte,  der  Imperator  komme  mit  dem  gan- 
zen Heere,  für  die  Belgier  die  Losung  zur  Flucht.  Sie  waren 
mit  Benutzung  des  Waldes  und.  des  Flusses,  welcher  den  Kampf- 
platz begränzte,  eingeschlossen,  und  nebst  vielen  Anderen  starb 
Correus,  da  er  auf  keinen  Zuruf  achtete,  sich  zu  ergeben.  Cä- 
sar gieng  durch  den  Fluss,  und  näherte  sich  dem  Lager  der 
Feinde,  welche  die  Nachricht  von  der  Niederlage  und  von  seiner 
Gegenwart  fast  zu  gleicher  Zeit  erhielten.  Ihre  Grossen  baten 
nm  Schonung  und  erklärten  Correus  fiiü  die  einzige  Ursach  des 
Krieges ;  gegen  ihren  Willen  habe  er  <;e  Menge  verleitet.  Diess 
läugnete  der  Proconsul;  unter  allen  Galliern  haben  sich  die  Bel- 
lovaken  am  hartnäckigsten  gezeigt;  jetzt  klagen  sie  die  Todten 
an;  doch  seien  sie  genug  bestraft.  Er  empfieng  ihre  Geissein, 
und  nach  ihrem  Beispiele  unterwarfen  sich  auch  die  Bundesge- 
nossen. Nur  Conimius  mochte  sich  lieber  den  Germaniern  als 
dem  Sieger  anvertrauen;  im  vorigen  Jahre  hatte  ihn  C.  Voluse- 
nus,  ein  Oberst  der  Reuter,  auf  Labienus  Befehl  zu  einer  Unter- 
redung eingeladen,  um  ihn  zn  ermorden;  sein  Gefolge  rettete  ihn, 
er  wurde  aber  doch  von  einem  Centurio  am  Kopfe  schwer  ver- 
wundet, und  beschloss,  nie  wieder  mit  den  Römern  zu  ver- 
kehren. '  *) 

Nach  der  Entwaffnung  der  Mächtigsten  überliess  es  Cäsar 
seineu  Legaten,  das  Uebrige  zu  thun.  C.  Fabius  sollte  mit  25 
Cohorten  die  'westlichen  Gränzen  der  narbonensischen  Provinz 
verlheidigen,  Caninius  Rebilus  auf  dem  Gebiete  der  Rutener  ver- 
stärken, und  die  Acjullanier  bewachen.")  Die  15.  Legion  zog 
nach  dem  cisalpinisclien  Gallien,  die  dortigen  Colonien  gegen  die 
Räubereien   der   Barbaren    zu  sichern.'^)     Mit  der  H.  unter  M. 


54)  B.   C.  8,  23.  Dio  40,  43,  IJnlea  Ä.    65.  55)   B.    G.   8,    24. 

Caes.  7,  90.  SC)    B.   G.  I.   c.  haben  die  Ilandschriflen  leg.   XII;  aber 

in  d.  Zaiilen  sind  die   Abscbieiber    am    vrenigsten    zuverlässig,    ii,   das.    54 
>viril  diese  Legioa  zweimal  als  XV.  bezeichael.   S.  J.  16.  A.  21. 


XXI.    lULII.         (31.  §.35.)  371 

Antonius  nnd  einer  Legion  des  T.  Labienus,  welcher  die  15.  zu 
Jenem  Zwecke  abgegeben  Latte,    verwüstete   der   Imperator  noch- 
mab  das  Land   der  Eburonen,    damit  sie  Ambiorix  für  den  Fall, 
dass  er  noch  lebte,  als  den  wahren  Urheber  ihres  Unglücks  nicht 
wieder  aufnahmen,*')  oder  vielmehr,  um  sie  gänzlich  zn  vertil- 
gen.    Dann    gieng   Labienus    mit    zwei    Legionen   zu  den  Trevi- 
rem,   welche  stets    nur    aus    Zwang    gehorchten,    und   in    einem 
Reutergefechte     geschlagen    wurden.'*)      Im     AVesten     belagerte 
Dumuacus  ,    der   Anführer   der  Anden,    (Anjon)  mit  welchen  die 
Carnuten  und   andere    Stämme    sich   verbunden    Latten,    Dnratius,' 
einen  Freund  der  Römer,  in  Lemomim,  einer  Stadt  der  Picfonen 
(Poiliers).     Caninius  kam  znm   Entsatz;  er  Latte  aber  nicLt  Trup- 
pen genug,  und  konnte  den  Feind,  welcher  sogar  sein  Lager  zn 
nehmen  versuchte  nnd  dann  wieder  vor    der   Stadt    erschien,    nur 
aus    der    Ferne    beobachten.      Auf  seinen    Hülferuf  näherte    sich 
Fabius ;  er  ereilte  die  Gallier ,   als  sie  nun  über  eine  Brücke  auf 
das  rechte  Ufer  des  Liger  entweichen  wollten ,   und  tödtete  ihnen 
mehr  als  12,000  Mann.     Während  er  über  den  Fluss  setzte,  und 
die  Unterwerfung  der  Carnuten  erzwang,  nach  welchen  auch  die 
nördlich  bis  zum  RIeere  in  Armorica  wohnenden   A''ölker   Gehor- 
sam   gelobten,    wandte    sich    ein    Theil    der    Flüchtliuge  mit  dem 
Senonen  Drappes,  einem  Abenteurer,  und  Lncteriu.s,  dem  Cadur- 
ker,'*)  nach  der  alten  Provinz,  die  Abwesenheit  der  Römer  zn 
benutzen.     Durch  die  schnelle  Rückkehr  des  Caninius   wurde    ihr 
Vorhaben   vereitelt,    und    von   ihm    gedrängt   warfen    sie    sich  in 
Uxellodunum,  eine  arif  jähen,  vereinzelt  siehenden  Felsen  erbaute 
Stadt  der  Cadnrken  (in  der   Gegend  von   Cahors  in  Quercy,  einer 
Landschaft  in  Guyenne).  *")     Dennoch  versuchte  der  Legat,     sie 
einzuschliessen.     Er  errichtete  auf  den  höchsten  Puncten  drei  La- 
ger,  und    die    Umvs'allnng    begann.     Lucterius    entfernte   sich  mit 
Drappes ,    und  Hess  nur  2000  Blann  zurück ;    das    Schicksal    von 
Alesia ,    von  welchem  er  Zeuge  gewesen  war ,   bewog    ihn ,   mit 
Güte  und  Gewalt  grosse  Vorräthe    zu    sammeln.     Aber   Caninius 


57)  So  B.  G.  1.  c.  Tgl.  Gros.  6,  11.  n.  oben  §.  30.  A.  24  n.  29. 
S8)  B.  G.  8,  25.  45.  59)  Caes  7,  5.  Oben  §.  32.  Ä.  61.  60)  Für 
die  genauere  Angabe,  Pneche  d'lssolon  an  der  Tourmenle,  gieb»  es  kei- 
nen Beweis,  obgleich  man  dort  eine  Q^^Ue  a.  ein  Portal  auf  diese  Ereig- 
nisse bezieht. 

•24» 


,372  XXI.    lULII.        (31.  §.35.) 

überfiel  ihn  in  cten  ScLliieliteu,  und  führte  die  Lasttlüere  in  sein 
Lager ;  dann  p;riif  er  auch  Drappes  an ,  welcher  in  völliger  Si- 
cherheil nur  12,000  Schrille  weit  im  Thale  an  einem  Flus.se  stand. 
Eine  Legion  blieb  in  den  Sclianzen ;  die  andre  fand  auf  dem 
Schlachlfelde  die  Vorhut,  Reuler  und  germanisches  Fussvolk, 
schon  im  Handgemenge;  in  kurzem  war  das  feindliche  Heer  zer- 
sprengt und  der  Befelilshaber  gefangen. 

Am  folgenden  Tage  traf  C.  Fabius  ein;  die  Dinge  blieben 
aber  unverändert.  Die  Stadt  wm'de  durch  ihre  Lage  geschiitzli 
und  durfte  nach  dem  Abgange  so  vieler  Tausende  auch  den  Hun- 
ger nicht  mehr  fürchten.  Bei  der  Stimmung  der  Gallier  konnte 
es  Cäsar  nicht  gleichgültig  sein ,  dass  ein  einzelner  Ort  ihm  Trotz 
zu  bieten  wagte;  er  beschloss,  die  Belagerung  selbst  zu  leiten. 
Nach  der  Besieguug  der  Bellovaken,  welche  M.  Antonius  mit  15 
Cohorten  bewachte,  war  er  zu  den  Carnuten  zurückgegangen, 
deren  Häuptling  Gutruatus  er  hinrichten  liess,  wie  früher  den 
Senoneu  Acco, '")  weil  er  glaubte,  dass  sie  auf  sein  Anstiften 
sich  wiederholt  gegen  ihn  aufgelehnt  haben.  Jetzt  erhielt  er 
Briefe  von  Caninius,  und  nach  wenigen  Tagen  stand  er  mit  der 
Reuterei  vor  Uxellodunum,  wohin  Q.  Calenus  mit  zwei  Legio- 
nen folgte.  Um  es  zu  erobern,'  mnsste  man  ihm  das  Trinkwas- 
ser entziehen,  und  auch  diess  hatte  grosse  Schwierigkeiten.  Der 
Strom  in  dem  Thale ,  welches  die  Stadt  umgab ,  lloss  so  tief, 
dass  man  ihn  nicht  in  nc  i  tiefere  Graben  ableiten  konnte;  es 
blieb  nichts  übrig,  als  durch  Bogenschützen  und  Wnrfmaschinen 
die  Annäherung  an  das  jenseitige  Ufer  zu  verhindern.  Die  Be- 
lagerten schöpften  nun  aus  einer  Quelle  hart  unter  ihrer  Blauer, 
in  der  Gegend ,  wo  der  Fluss  sich  von  ihnen  entfernte,  und  etwa 
300  Fuss  weit  den  Zugang  zu  dem  Felsen  frei  liess,  Raum 
scliieu  es  möglich,  sie  auch  liier  zu  vertreiben,  wo  sie  fast  ohne 
eigene  Gefahr  von  oben  hinab  ihre  Waffen  gebrauchten.  Den- 
noch belahl  Cäsar  zu  schanzen ,  und  unter  grossen  Anstrengungen 
und  fortwährend  im  Kampfe  gelangte  er  dahin,  dass  er  die  Wege, 
welche  zum  Wasser  führten,  mit  seinen  Blaschiuen  beherrschte. 
Viele  Menschen  und  Tliiere  starben  in  der  .Stadt  vor  Durst.  In 
dieser  Noth  iülltcn  die  Gallier  Tonnen  mit   Pech,   Unschlilt   und 


(.1)  Ciios.  6,  4.   44.  Oben  J.  30.  A.  30. 


XXI.    lULn.        (31.  §.35.)        373 

ScLindeln  von  Kien,  und  rollten  sie  gegen  den  Wall ;  er  g-erielL 
in  Flammen,  und  ein  gleichzeitiger  Ausfall  erschwerte  das  Lö- 
schen. Als  aber  die  übrigen  Cohorleu  auf  allen  Seiten  mit  Ge- 
schrei die  Höhen  erstiegen,  riefen  die  Belagerten  ans  Furcht  vor 
einem  Stnrme  ihre  Rrieger  zurück ,  und  besetzten  die  Manern. 
Nun  konnte  man  dem  Feuer  Einhalt  thun.  Jene  vertheidigten 
sich  jedoch  auch  jetzt  noch,  bis  die  Römer  durch  Minen  der 
Quelle  das  Wasser  nahmen;  sie  war  sonst  nie  versiegt;  die  Göt- 
ter schienen  einen  längern  ^Viderstand  nicht  zn  wollen,  und  die 
Stadt  öifnete  die  Thore.  Der  Proconsul  liess  den  Gefangenen  die 
Hände  abhauen;  das  Leben  schenkte  er  ihnen,  damit  sie  Anderen 
zur  Warnung  dienten.''^)  AYohl  mochten  die  nie  endigenden 
Empörungen  seine  Geduld  ermüden,  aber  nur  der  Unterdrücker 
■war  anzuklagen  ;  ohne  gereizt  zu  sein,  hatte  er  diese  Völker  an- 
gegrilfen,  und  er  bestrafte  ihre  Liebe  zum  Vaterlande,  weil  er 
Ruhe  bedurfte ,  das  seinige  zu  bekriegen.  Drappes  tödfete  sich 
durch  Hunger,  und  Lucterius  wurde  auf  der  Flucht  Ton  einem 
rö'misch  gesinnten  Arverner  verhaftet  und  ausgeliefert. 

Bis  auf  einige  Häuptlinge,  welche  an  ihrer  Begnadigung  ver- 
zweifelten, hatten  alle  Gallier  die  Waffen  niedergelegt.  Auch 
die  Aqnitanier ,  welche  früher  zum  Theil  von  P.  Crassus  unter- 
jocht waren,  ^*)  schickten  Gesandte  und  Geissein,  als  Cäsar  jetzt 
zum  ersten  Blale  mit  zwei  Legionen  ihr  Gebiet  betrat.  Dann 
giengen  vier  Legionen  mit  M.  Antonius,  C.  Trebonius,  F.  Va- 
tinius  und  O.  TuUius  nach  Belgien  in  die  Winterquartiere;  zwei 
mussten  die  Aeduer  aufnehmen,  welche  man  bei  ihrem  grossen 
Ansehn  noch  immer  am  meisten  fürchtete;  zwei  die  Turonen  am 
Liger,  westlich  von  den  Carnufen,  (Touraine)  und  eine  gleiche 
Zahl  die  Lemoviken,  die  westlichen  Kachbaren  der  Arverner. 
So  wurden  die  Gallier  in  den  verschiedensten  Gegenden  bewacht, 
und  die  Trnppeu  doch  nicht  zu  sehr  vereinzelt.  *  *)  Cäsar  begab 
sich  auf  eine  kurze  Zeit  nach  Narbo,  nm  Gericht  zu  halten,  und 
die  Provincialeu  für  ihre  Treue  zu  belohnen.  Nach  seiuer  An- 
kunft in  Ä'emetocenna,  der  Stadt  der  Atrebaten  in  Belgien,  (Ar- 
ras    in   Aitois)    wo   er   mit   der  stärksten  ,  Abtheilung  des  Heers 


62)  B.  O.  8,  44.  Oros.  6,  11.         63)   Oben  §.  22.  A.  83.        64)  B. 
C.  8,  40. 


374  XXI.     lULIf.         (31,  §.36.) 

überwintern  wollte,  benacLricLtig^fe  man  Um  von  den  letzten  Un- 
ternelimungeu  des  Commius.  Er  hatte  hier,  in  seinem  Vafer- 
laude ,  den  Krieg  als  Parteigänger  fortgesetzt,  und  mit  einer  Reu- 
terscLaar  sich  der  Vorräthe  bemächtigt,  welche  für  die  römischen 
Winterlager  bestimmt  waren.  Obgleich  die  Einwohner  ihn  nicht 
unterstützten ,  so  konnte  man  doch  seine  Streifziige  nicht  länger 
dulden.  Antonius  beauftragte  C.  Volusenus  mit  seiner  Verfol- 
gung, weil  dieser  nach  dem  misslungenen  Versuche,  ihn  za  A 
tödten ,  und  sich  dadurch  bei  Labienus  Lohn  und  Beifall  zu  er- 
werben, ihn  am  meisten  hasste.  **)  Der  Atrebat  benutzte  den 
Ungestüm ,  mit  welchem  sein  Gegner  im  Gefechte  auf  ihn  ein-  ■ 
drang,  ihn  lebensgefährlich  zu  verwunden,  und  rettete  sich  durch 
die  Flucht.  Indess  hatte  er  nun  Genugthuung;  er  versprach  An- 
tonius, sich  friedlich  an  den  Ort  zurückzuziehen,  welchen  er  be- 
stimmen werde ,  wenn  man  ihm  nie  zumuthen  wolle ,  wieder 
einen  Römer  zu  sehen;  diese  Bedingung,  welche  die  Beherrschet 
der  Welt  als  treulose  Meuchelmörder  brandmarkte,  wurde  be- 
willigt. 


§   36. 

(a,  51.)  Das  Dankfest,  mit  welchem  der  Senat  Cäsars  Feld- 
zng  vom  vorigen  Jahre  belohnt  hatte ,  sollte  das  letzte  sein ;  man 
erklärte  den  gallischen  Krieg  für  beendigt,  und  den  längern  Auf- 
enthalt des  Imperator  in  seinen  Provinzen  für  überflüssig.  Da- 
durch wurde  er  zum  Schweigen  gebracht,  wenn  er  im  Namen 
der  Republik  Forderungen  machte.  Aber  er  konnte  zugeben,  «dass 
er  entbehrlich  sei,  und  gleichwohl  mit  Fug  und  Recht  Gallifln 
auch  ferner  verwalten;  er  durfte  sich  auf  das  trebonische  Gesel.^ 
stützen,  nach  welchem  seine  Zeit  noch  nicht  verüosseu  war;*"*) 
ein  anderes  entband  ihn  sogar  von  der  persönlichen  Bewerbung 
um  ein  zweites  Consulat.  ®')  Pompejus  hatte  diese  Gesetze  ge- 
nehmigt, und  sich  weit  mehr  angemasst,  als  sie  besagten;  der 
Senat  hatte  seine  Anmassuogen  geduldet;  das  Recht,  so  fern  es 
sich  auf  öffentliche  Verordnungen  gründet,   war    auf  der  anderen 


65)  Oben  A.  54.  U.  G.  8,  47.  48.  Fromiii.  strat.  2,  13.    §.   11.     Dio 
40,  43.        66)  Oben  5.  24.  A.  64.        67)  §.  34.  A.  34. 


XXI.     lULII.         (31.  $.36.)         375 

Seite.     Diess  irrte   jedoch   nicLf;    als   Beherrscherinn  des  Reichs 
glaubte  die  Nobilität,  so  feig'  sich  auch  der  Einzelne  in  ihr  zeigte» 
iin  Besitze  der  grossem  IMacht  zu  sein;  im  Bunde  mit  einem  be- 
rüLintea  Helden   sah   sie   eia   Unterpfand   des    Siegs;    Beschlüsse 
konnte    mau    zurücknehmen.     Nur   Eins    wachte    sie   besorgt;    sie 
niusste  auch  Pompejus  bewachen,    durch  dessen  Ehrjjeiz  sie  nicht 
■weniger    gefährdet    war;    seine    Lorbeeren    und    sein    siegreiches 
Schwerdt  sollte  er  in  die  Wagschaale  legen,    aber    nur  als  Voll- 
zieher ihres  Willens.     In  einer  solchen  Bolle    wünschte    er    auf- 
zutreten,   um  zu  beweisen,    dass  nichts  von   Ihm    ausgehe,    dass 
kein  persönliches  Interesse,    sondern    lediglich    die    PJlicbt    gegen 
Regierung  und  Vaterland  ihn  bestimme,  und  er  mit  schmerzlichen 
Gefühlen  die  Bande  löse ,    welche  so  lange  ihn  und  Cäsar  verei- 
nigt  hatten,     dessen    strafbare    Entwürfe    er    aufrichtig     beklage. 
Durch   Sendlinge    zu   wirken    und   eine    ihm    scheinbar    verhasste 
Entwicklung  der  Dinge  zu  befördern,    blieb  ihm  bei  dieser  Ver- 
stellung unbenommen.     Allein  das    Gaukelspiel   verwandelte    sich 
in  Ernst ;  die  Optimaten  behandelten  ihn  im  Felde  als  ihren  Söld- 
ner; nicht  einmal  über  den  Krieg  durfte  er  nach  eigener  Einsicht 
verfügen,   und  als    er    zum    TheU    eben    deswegen  sich  nicht  be- 
währte,   sagten    sie  sich  von  ihm  los;    nach  einem  vernichtenden 
Schlage  gegen  Cäsar  wirde  er  seiner  Absicht  gemäss    durch    das 
Heer  über  Senat  und  Volk,   und  durch  diese  über  den  Staat  ge- 
schaltet haben.     Es  war  leicht  zu  erachten,  dass  ein  solches  Ver- 
hältniss  zwischen  ihm,  Cäsar  und  dem  Senat  zu  unheilvollem  Zögern 
und  dann  zu  Uebereilungen  führen  werde.     Doch  trug  Pompejus 
die  meiste    Schuld,    nicht   bloss,    weil   er   den  rechten   Zeitpnnct 
für  den  Anfang  des  Krieges  nicht  erkannte,  sondern  auch  wegen 
seiner   Verschlossenheit.     Rom     und    ganz   Italien   waren    iu    der 
grössten    Aufregung,    da    man  einem  Bruche  zwischen  Cäsar  und 
der  Aristocratie   entgegen  sah;    mit    dieser   Erwartung    gieng   Ci- 
cero nach  Cilicien,    und  das  Unvermeidliche  schien  ihm    so    nahe 
zu    sein,    dass    er  auf  der  Reise  im  Alai  und  Juni  fast  in  jedem 
Briefe    um    Nachrichten    mahnte;^')    die    Parteien    bildeten    sich; 
man  sprach  von  Gut-  und  Schlechlgesinnteu;  Cicero  nannte  Pom- 
pejus schon  den  „Uusrigen,"  und  empfahl  M.  Coelius,  sich  ihm 


68)  ad  Au.  5,2,  12  —  15. 


376  XXL    lULn.         (31.  §.36.) 

gänzlicli  hinzugeben;®')  Einige  raunten  sich  ins  Ohr,  die  ganze 
Reuterci,  Andere,  die  siebente  Legion  sei  in  Gallien  niederge- 
hauen, und  Cäsar  selbst  von  den  Bellovaken  umringt,'")  und 
Alle  murrten,  mochten  sie  auch  selbst  aus  Vorsicht  sich  zurück- 
ziehen, dass  M.  Marcellus  so  lange  zögerte,  den  Senat  zur  Ver- 
fügung über  die  Consular- Provinzen  aufzufordern:'')  Pompejus 
allein  äusserte  sich  nicht  oder  mit  Ralte  und  Zurückhaltung,  jetzt 
auch  aus  Grundsatz;  bis  zum  Herbste  'svar  mau  ungewiss,  was 
er  über  Gallien  beschlossen  habe. '  ') 

In  den  ersten  Tagen  des  Mai,  als  Cicero  nach  Brundusium 
gieng,  um  sich  einzuschiffen,  erzählte  man  sich  ausserhalb  Korns, 
Marcellus  habe  den  Senat  unter  tribunicischem  Einspruch  veran- 
lasst, den  Proconsul  von  Gallien  abzurufen,  und  dieser  aus  eige-  - 
ner  Blachtfülle  den  Transpadanern  die  Rechte  der  Municipien 
verliehen.  Solche  Gerüchte  entstanden  meistens  durch  die  Lauen  ■ 
in  den  Villen ,  wo  man  AUes  tadelte ,  viel  schwatzte,  und  nichts 
Ihat.  Sie  waren  falsch;'^)  die  Berathung  über  jene  Provinzen 
wurde  von  Marcellus  ohnerachtet  seines  Hasses  gegen  Cäsar,  den 
Feind  der  Optimateu,  bis  zum  1.  Juni  verschoben,'*)  weil  Pom- 
pejus  abwesend  war,  und  nebst  mehreren  Tribunen  der  andre 
Consul  Ser.  Sulpicius  nicht  dafür  stimmte,  welcher  schon  früher 
in  Ciceros  Gegenwart  den  Senat  vor  den  Gräueln  des  Bürger- 
krieges gewarnt,  und  es  einen  Wahn  genannt  hatte,  wenn  sein 
College  und  viele  Andere  mit  Blachtsprüchen  zu  entscheiden  hoff- 
ten. ")  Pompejus  befand  sich  auf  seinem  Gute  bei  Tarent;  seine 
Gesundheit  mochte  zum  Verwände  dienen,  in  der  That  aber  wollte 
er  den  Verhandlungen  im  Senat  vorerst  noch  fremd  bleiben.  Auf 
seine  Einladung  besuchte  ihn  Cicero ,  welcher  ohnehin  nicht  so- 
gleich in  See  gehen  konnte,  und  am  18.  Mai  in  der  Stadt  ein- 
traf. Der  Proconsul  von  Cilicien  bedurfte  den  Kath  des  berühm- 
ten Kriegers;  noch  weit  mehr  wünschte  er  für  mögliche  Fälle 
sich  ihm  zu  empfehlen,  und  über  die  Zukunft  Aufschluss  zn  er- 
halten. In  den  drei  Tagen  ihres  Zusammenseins  wurde  ihm  die 
beruhigende  Gewissheit,  dass  jener  nicht  nur  ein  trelflicher  Bür- 


69)  Das.  5,  11.  ad  Farn.  2,  8.  70)  nd  Farn.  8,  1.  j.  4.  71)  Das. 
2.  Ti)  ad  Farn.  8,  8.  §.  3.  73)  ad  Att.  5,  2  fin.  ad  Fam.  8,  1. 
2.         7i)  ad  Fam.  1.  c.         73)  ad  Farn.  4 ,  3. 


XXI.    lULn.        (31.  §.36.)        377 

ger  sei ,  sondern  auch  den  Willen  und  die  Alacbt  Labe,  den  dro- 
henden Stiinn  zu  beschwören ;  es  überraschte  ihn ,  über  die  An- 
gelegenheiten des  Staats  die  offensten  Älittheilungen  zu  verneh- 
men ,  welche  er  den  Briefen  nicht  anzuvertrauen  wagte ;  nur 
konnte  er  es  nicht  billigen ,  dass  Ponipejus ,  wie  es  schien ,  Spa- 
nien selbst  verwalten  wollte,  weil  Italien  in  ihm  seinen  Beschützer 
verlor;  er  lioffte,  Theophanes ,  der  viel  vermögende  Günstling, 
um  dessen  Verwendung  er  bat,  werde  es  verhindern.'^)  Doch 
bereute  er  es  auch  jetzt  nicht,  Cäsar  bei  der  Ausfiilirung  seiner 
Plane  begünstigt  zu  haben;  er  war  nun  von  beiden  Seiten  ge- 
deckt. ")  M.  X'oelius  schrieb  ihm,  Pompejus  fehle  es  nicht  an 
dem  Willen  aber  am  Verstände,  seine  wahren  Gesinnungen  zu 
verbergen;  er  möge  Uim  melden,  was  er  von  ihm  gehört  habe.'*) 
So  viel  ist  ausgemacht,  dass  die  Befriedigung,  mit  welcher  Ci- 
cero sich  von  ihm  trennte,  nicht  eben  von  grosser  Menschen- 
ken^tniss  zeugt;  nur  die  zuversichtliche  Hoffnuug  des  IMannes, 
dass  er  Cäsar  eben  so  leicht  werde  unterdrücken  können,  als  er 
ihn  nach  seiner  Bleinung  gehoben  hatte ,  war  nicht  Verstellung, 
sondern  Verblendung,  und  diese  konnte  seinen  Gast  nicht  be- 
fremden, weU  er  sie  theilie.  ■'^) 

Ohne  den  Beistand  des  Pompejus  vermochte  IMarcellns  umso 
weniger  gegen  Sulpicius  und  die  Tribüne  durchzudringen;  die 
Angelegenheiten  Cäsars  ruhten  auch  am  ersten  Juni.  *  °)  Dauu 
beschäftigten  den  Consul  die  Magistratswahlen ,  welche  bis  auf 
Pompejus  Rückkehr  mehrmals  ausgesetzt  wurden.^')  Unter  dem 
Einflüsse  dieser  Partei  erhielten  L.  Aemilius  PauUus  und  C.  Clau- 
dius Blarcellus  im  Juli  das  Consulat;^^)  Beide  galten  für  ent- 
schiedene Anhänger  des  Senats.*^)  Aus  demselben  Grunds  lenkte 
man  in  den  tribunicischen  Comitien  die  Wahl  auf  C.  Scribonius 
Curio. ")  Man  erwartete,  dass  er  nach  dem  Beispiele  seines 
Vaters  Cäsar  anfeinden  und  ihn  stürzen  werde ;  *  ')  auch  M.  Coe- 


76)  ad  Att.  5,  6.  7.  11.  §.  3.  ad  Fam.  2,  8.  n,  3,  10.  ?.  2:  Oaid 
non  mecum  commuaicavit  (Pompejus)?  77)  ad  Att.  5,  13.  §.  3.  78)  ad 
Fam.  8 ,  1.  J.  3.         79)  Plut.  Caes.  28.  80)  Obea  A.  74.  ad  Farn.  8, 

2.  §.  2.  LiT.  108.  Sueton  29.         81)  ad  Fam.  8,  4.         82)  Das.  1.  c.   1. 
Th.   8.   A.   90.   2.    Th.   400.    A.   26.  83)  App.   2,   443.  Dio  40,  59. 

84)  Cic,  ad  Fam.  1.  c.  u.  2 ,  7.  Dio  u.  App.  U.  cc.  85)  Liv.  109.  Dio 

II.  App.  11.  CO, 


378  XXI.    lULH.        (31.  §.36.) 

lins ,  welclier  selbst  zum  citrullscken  Aedil  gewählt  wurde ,  *  *) 
nnd  fast  in  allen  seinen  UrtLeilen  und  Berechnungen  irrte,  war 
der  Bleinung ,  Curio  habe  die  Freunde  des  Proconsuls  in  den 
C'omilien  g-eläiischt,  *')  nnd  Cicero  beklagte  seine  Abwesenheit 
von  Kom,  weil  er  nun  nicht  Zeuge  seiner  ruhmwiirdigen  Hand- 
lungen sein  konnte.  ' ")  Das  Ansehn  und  die  Beredtsamkeit  nnd 
K.iihnheit  des  künftigen  Tribuns  liessen  viel  von  ihm  hoffen;*^) 
er  hatte  aber  mit  M.  Antonius  sein  Erbe  verschweigt,^")  und 
wui'de  abtrünnig,  als  Cäsar  fiir  ihn  zahlle.  ^')  Mit  BescUiissen 
nnd  Gesetzen  also  wollte  man  Cäsar  im  nächsten  Jahre  aus  dem 
Felde  schlagen ,  wenn  es  in  diesem  nicht  gelang ,  und  an  rüsti- 
gen Kämpfern  fehlte  es  nun  nicht. 

Ein  unmittelbarer  Angriff  war  nicht  möglich,  so  lange  Pom- 
pejus  sich  nicht  öffentlich  ausgesprochen  halte,  Marcellus  hoffte 
diess  am  22.  Juli  zu  veranlassen,  als  der  Senat  im  Tempel  des 
Apollo  ihm  für  seine  Truppen  in  Spanien  und  Italien  Geld  be- 
willigen sollte.^'-)  Er  fragte  ihn,  wem  die  Legion  in  Rech- 
nung zu  bringen  sei ,  welche  er  Cäsar  geliehen ,  and  warnm  die- 
ser sie  von  ihm  verlangt  habe.  ^*)  Durch  eine  Ueberraschung 
wollte  man  ihm  Rede  abgewinnen  und  ihn  dann  weiter  locken; 
die  Legion ,  erwiederte  er ,  stehe  in  Gallien ,  er  werde  sie  wie- 
der an  sich  ziehen ,  aber  nicht  sogleich ,  damit  seine  Feinde  nicht 
Stoff  zu  neuen  Verläumdungen  erhielten.  8')  Knu  drang  man 
ferner  in  ihn:  ob  er  dafür  stimme,  dass  man  Cäsar  einen  Nach- 
folger schicke  ?  Seine  Antwort  war  ausweichend :  an  den  Bera- 
thungen  über  die  Pro\'inzen  könne  er  jetzt  nicht  Theil  nehmen, 
da  er  nach   Ariminum  zu  seinen  Truppen  reise.     Offenbar  sollten 


86)  2.  Th    416.  A.  100.  87)    ad  Fam.  8,  4.  5.  8.  5.  4:  Ciuio  se 

contra  euiu  (Caesarem)  totiuu  parat.  8,  10.  Jener  gehörte  noch  nicht  zu 
den  Cäsarianern,  da  es  aber  ein  unfehlbares  Mittel  gab,  ihn  ?.n  gewinnen, 
SO  konnte  seine  Wahl  ihnen   nur   erwünscht    sein.  88)    ad    Fam.    2,    7. 

89)  Vellej.  2,  48.  §.  3.  Siiet.  29.  Dio  40,  60.  App.  2,  443.  90)  A''el- 

lej.  1.  c.  Plin.  36,  24.  {..  8.  Val.  M.  9,  1.  5-  6.  Lucan.  1,  269.  4,  820. 
Plnt.  Caes.  29.  I.  Th  65.  A.  75.  91)  S.  unten  §.  37.  A.  38.  92)  Cic. 
ad  Fam.  8,  4.    Vgl.  8,   1*  fin.     Hier    §.    34    in.   u.    A.    22.  93)  Oben 

5.  27  fin.  94)  liine  Anspielung  auf  M.  C'ato  n.  dessen  Partei,    welche 

seine  Bereitwilliglieit ,  den  Troc.  v.  Gallien  zn  unterstützen  ,  getadelt  bal- 
len, (^1.  27  fin.)  u.  nicht  rühmen  sollten,  sie  haben  recht  gesehen,  er  müsse 
diess  uuu  selbst  zugeben. 


XXI.    lULII.        (31.  §.36.)       379 

Andere  die  Babn  brechen,  •welches  noch  deutlicher  ans  der  Be- 
merkung hervorgieng;:  dem  Senat  sei  jeder  Gehorsam  schuldig. 
Dieser  verstand  ihn;  er  beschloss  aber  dennoch,  bis  zu  seiner 
Rückkehr,  nach  Coeliiis  Vermtilhung  etwa  bis  zum  13.  August, 
Jie  Sache  ruhen  zu  lassen.  Pompejus  reis'te;  er  entfloh  vordem 
lästigen  Ausinnen  seiner  eigenen  Partei,  welche  ihn  schon  zum 
Theil  ans  seinem  Versteck'  vertrieben  hatte.  ^')  Den  Gegnern 
war  jede  Frist  willkommen,  sonst  hätten  auch  sie  ihm  und  zu- 
gleich dem  Senat  Fragen  vorlegen  köunen ;  warum  man  die 
Truppen  in  Italien  nicht  entlasse,  da  der  Zweck  der  Rüstung 
längst  erreicht  sei ,  und  ^warum  sie  an  den  Gränzen  des  cisalpi- 
nischen  Galliens  lagern?  Gegen  die  Meuterer  in  Rom,  nicht 
gegen  Cäsar  habe  man  sie  ausgehoben;  ob  diess  etwa  die  Vor- 
hut eines  Heers  sei,  welches  man  gegen  Ihn  aufzustellen  gedenke, 
und  der  Schatz  im  Dienste  der  Nobiütät  durch  unnöthige  Ausga- 
ben verschwendet  werden  solle? 

Es  war  nicht  die  Absicht  des  Pompejus,  sich  so  schnell  wie- 
der einzufinden,  als  man  ihm  im  Senat  empfohlen  hatte.  ^  ^)  Die 
verzögerte  Entscheidung  über  die  Consular- Provinzen,  zu  wel- 
chen Cilicien  wie  Gallien  gehörten,  machte  auch  Cicero  verlegen, 
welcher  aus  anderen  Gründen  und  besonders  aus  Furcht  vor  den 
Parthern  sich  nach  Italien  sehnte.  Alles  stockt,  schrieb  ihm  Coe- 
lius,  wie  in  einem  Graben  ohne  Abzug;  Jahre  können  vergehen, 
ehe  die  fragliche  Angelegenheit  erledigt  wird.  ^')  So  oft  Mar- 
celius  die  Senatoren  versammelte ,  fehlte  es  an  einer  hinlängli- 
chen Anzahl,  um  einen  gültigen  Reschluss  zu  fassen,  weil  nie- 
mand den  Furchtbaren,  welcher  gestürzt  werden  sollte,  zu  be- 
leidigen wagte.  8  *)  Nur  der  lächerliche  C.  Luccejus  Hirrus,  einst 
Ciceros  unglücklicher  Nebenbuhler,  als  dieser  sich  um  das  Augu- 
rat  bewarb,  und  jetzt  von  M.  Coelius  in  den  ädilicischen  Comi- 
tien  überwunden,  ereiferte  sich  im  Senat  gegen  Cäsar,  welcheu 
er  vorher  vertheidigt  hatte,  um  für  die  nächsten  Wahlen  den 
Beistand  der  Optimaten  zu  erkaufen,  s  9)  Eine  Zeitlang  wurde 
man  auch  durch  den  Process  des  künftigen  Consuls  C.   ÜMarcellus 


95)  ad  Farn.  8,  4.  ad  Att.  5,  19.  §.  1.     96)  ad  Farn.  I.  c.     97)  Das. 
8,  5.  5.  2.        98)  Das.  1.  c.  99)  Das.  8,  9.  J.  1.     Vgl.  {.  31.  A.  43. 

Honens.  7.  §.  5.  A.  36.  2.  Th.  ili.  A.  88. 


380  XXI.    mLII.        (31.  §.36.) 

besciläftigt.  "'°)  So  gieng'  der  13.  Aiignst  nnbenntzt  vorüber,  und 
ancli  am  1.  September,  an  welchem  Marcellus  den  Anirag'  gegen 
Cäsar  ernenerte,  konnte  -wegen  der  geringen  ZaM  der  Senatoren 
nicLts  beschlossen  werden.  ')  Pompejns  erklärje,  da  er  sich  so 
wenig  unterstützt  sah,  man  müsse  jetzt  gar  nicht  über  die  Con- 
sular- Provinzen  verfügen,  weil  nämlich  Siilpiciiis  und  die  Tri- 
büne zuvor  durch  Andere  ersetzt  werden  sollten ,  worauf  sein 
Schwieg'ervater  Metellus  .Scipio  sichtbar  nach  Verabredung  sein 
Gutachten  dahin  abgab,  der  Senat  sei  am  1.  Blärz  des  folgendeu 
Jahrs  ausschliesslich  über  d^e  beiden  Gallien  zu  befragen.  Damit 
■war  für  Cäsar  wieder  viel  gewonnen;  er  konnte  sich  im  Besitze 
seiner  transalpinischen  Provinz  befestigen ,  und  die  Gesinnungen 
der  künftigen  Älagistrale  mit  Blusse  erforschen ,  mit  Gelde  und 
Versprechungen  auf  sie  wirken.  Seine  Anhänger  verbargen  ihre 
Freude  unter  Riagen.  In  Privafgesprächen  äusserte  Pompejus : 
unter  keiner  Bedingung  könne  Cäsar  eine  Provinz  und  das  Con- 
sulat  zugleich  verwalten.  ^) 

Da  man  sicli  nun  nberzengt  Latte,  dass  er  den  Nebenbuhler 
nicht  länger  in  Gallien  dulden  wolle ,  so  nahm  man  Blassregeln, 
jedes  andre  Hinderniss  für  das  nächste  Jahr  zum  voraus  zu  be- 
seitigen. Auf  Marcellus  Antrag  wurde  am  30.  September  im 
Tempel  des  Apollo  beschlossen:  die  künfligen  C'onsuln  sollen  am 
1.  März  über  die  Consular- Provinzen  an  den  Senat  berichten,') 
«ber  nicLts  anderes  vorher  oder  zugleich ;  *)  sie  sollen  ihn  in  dier 
ser  Angelegenheit  auch  an  Coniitial- Tagen  berufen,')  und  die 
Senatoren  unter  den  300  Richtern  zuziehen  dürfen,'')  und  wenn 
ein  Gesetz  oder  Plebiscit  erforderlich  ist,    sollen  sie  selbst,    oder 


100)    ad    Fam.    I.    c.    §.    2.   2.  Th.  400.  A.  25.  1)  ad  Fam.  1.  c. 

2)  Das.  1.  c.  §.  6.  Plut.  Caes.  29,  -welcher  die  Zeiten  ver-ivecIiseH  (s.  un- 
ten) Apv-  2,  443.  Dio  40,  59.  3)  Nnr  auf  die  beiden  Gallien  >var  os 
abgesehen ,  wohin  man  statt  Cäsar  Andere  schicken  wollte,  4)  Damit 
das  Wichtigste  nicht  mit  etwas  anderem ,  welches  etwa  der  IVIehrzahl  ijn 
Senat  misslällig  war,  verworlen  oder  die  Zeit  mit  Reden  ausgefüllt  würde. 

5)  An    welchen    es    sonst    nicht    gestattet    war.    ad    (lii.   fr.    2,    2.    §.  5. 

6)  Weil  man  sie  bei  der  Absiimuiiing  bedurfte.  300  die  runde  Zahl  für 
360,  2.  Th.  354.  A.  32,  welches  sich  aber  nicht,  -N>ie  Mannt  n.  Scliiil/. 
za  Cic,  all  Fam.  8.  8.  §.3  aiinehuion  .  auf  die  Dpcurie  der  Senatoreu  un- 
ter den  Richtern ,   sondern  auf  die  (»csommtzahl  der  Richter  bezieht. 


XXI.     lULII.         (31,  §.36.)         381 

die  Prätoren  nnd  die  Tribüne  oder  deren  NacLfolger  sich  an  das 
Volk  wenden.  Ein  Einspruch  erfolgte  nicht,')  und  mehrere  der 
angesehensten  Senatoren  setzten  bei  der  schriftlichen  Abfiissiiny 
des  Beschlusses  ihre  Namen  vor.  Reiner,  welcher  an  sich  dazu 
berechtigt  ist,  soll  die  Verhandlungen  im  Senat  unterbrechen, ^^ 
oder  er  wird  als  Reichsfe'nd  geächtet  werden.  Wenn  jet^t  je- 
mand sich  widersetzt,  so  ist  der  Beschluss  gleichwohl  niederzu- 
schreiben, und  darüber  an  Senat  und  \  olk.  zu  berichten.  Ein- 
spruch der  Tribüne  C.  C'oelius,^)  L.  Vinicius,  P.  Cornelius  und 
C.  Vibius  Pansa.  Der  Senat  soll  untersuchen,  welche  Rrieger 
in  Cäsars  Heere  ausgedient  haben,  oder  aus  anderen  Gründen 
ihre  Entlassung  fordern  können.  ' ")  Einspruch  der  Tribüne  Coe- 
lius  und  Pansa.  Cilicien")  und  die  acht  anderen  prutorische« 
Provinzen  sollen  nach  der  Entscheidung  des  JLooses  die  Prätorier 
übernehmen,  welche  keine  verwaltet  haben,  und  nach  einem  frü- 
heren Senats -Beschlüsse  dazu  verpilichtet  sind,'-)  zunächst  die 
Prätoren  vom  vorigen  Jahre,  so  viele  es  angeht,  und  wenn  ihre 
Zahl  nicht  zureicht,  die  älteren.  Einspruch  des  Coelius  nndPan-r 
sa. '^)  Auch  der  Consul  Sulpicius  stimmte  gegen  den  Antrag  sei- 
nes Collegen.  '  ■*)  Pompejus  sprach  wider  Willen  ;  man  drängle 
ihn,  weil  er  aus  sich  herausgehen,  bei  diesem  Gewebe  von  Arg- 
list und  Feigheit,  mit  welchem  man  Cäsar  zu  umgarnen  hoffte, 
nicht  im  Hintergründe  bleiben ,  sondern  sich  anschliessen  uud  die 
Schwachen  ermuthigen  sollte.  Zu  unbehülllich,  um  durchzuschlüp- 
fen,   bethenerle    er,   seiner   Macht   und  Würde  eingedenk:   ohne 


7)  Coelius  wüide  ad  Fam.  I.  c.  die  Tiibnne,  von  welchen  er  ansgieng, 
genannt  haben ,  wie  es  veiterbiu  geschieht.  Die  Buchslaheu  L.  V.  nach 
den  "Worten :  plehemve  ferreut ,  geben  freilich  keinen  Sinn  ;  sie  in  1.  N. 
intercessum,  oder  I.  V.  iideni  -viri,  za  -verwandeln  ist  nach  dem  Vorigen 
unzulässig  oder  ungereimt.  8)  Am  1.  März.  9)  2.  Th.  424.  Ko.   II. 

10)  Eine  Fürsorge,  deren  Zweck  den  Veteranen  nicht  enigieng.  11)  Bis- 
her n.  auch  jetzt  nnter  Cicero  Consiilar- Provinz,  u.  nun  zu  den  präiori- 
schen  geworfen ,  damit  der  consnlarischen  weniger  wurden ,  n.  man  um  so 
mehr  Gallien  den  Consuln  anweiben  koniüe;  die  Statthalterschaft  in  Spa- 
nien war  rompc.'us  verlängert;  so  blieben  nur  Syrien,  wo  liibulns  stand, 
u.  CaUien.  12)    Oben  J.  31  fin.  §.  34.  A.  23.  13)  ad  Fam.  8,  8. 

§.  3.  Veliej.  2,  48.  §.  1.  Sueton.  28.  Eutrop.  6,  19  (16).  l>lul.  Caes.  29_ 
App.  2 ,  443.  üio  40,  59.  14)  Uio  1.  c.  vgl,  Liv.  lOö.  Cic.  ad  Fam.  i, 
3.  n.  8,  10. 


382  XXI.    rULn.       (31.  §.36.) 

Unrecht  zu  thun,  könne  er  vor  dem  ersten  März  über  Cäsars 
Provinzen  sich  nicht  erklären;")  dann  werde  er  keinen  Ausland 
nehmen.  Und  wenn  Einspruch  erfolgt  ?  —  Es  ist  völlig  dasselbe 
ob  Cäsar  dem  Senat  den  Gehorsam  verweigert,  oder  ihn  hindert, 
gültige  Beschlüsse  zu  fassen.  Wie  aber,  wenn  er  Consul  sein^ 
und  dennoch  Heer  und  Provinzen  nicht  entsagen  will?  —  Wie, 
wenn  mein  Sohn  den  Stock  gegen  mich  erhebt?'^)  Dann  also 
wollte  er  den  Ungerafhenen  im  Namen  des  Vaterlandes  züchti- 
gen, ihn  wie  einen  Schulknaben  durch  Befehle  heimschicken^ 
Hnd  doch  verwirkte  er  immer  mehr  das  Recht ,  ilmi  zu  befehlen ; 
weder  sein  Beispiel,  da  er  selbst  zugleich  Consul  und  Statthalter 
gewesen  war,  noch  die  Ausnahme  zu  Cäsars  Gunsten  in  seinem 
Gesetze  über  persönliche  Bewerbung,  stimmte  zu  seinen  bedroh- 
lichen Worten ;  oder  glaubte  er  den  Mann  zu  schrecken,  der  vor 
eiiiem  Sulla  nicht  gezittert  hatte,  und  wohl  wusste,  dass  der  erste 
Schritt  von  seiner  Höhe  der  Anfang  eines  endlosen  Falls  sein 
Sverde?  ' ')  Cäsar  Hess  nicht  mit  sich  dingen,  wie  Coelius  wähn- 
te,'*) nur  gewaltsam  konnte  man  den  Knoten  lösen,  und  den- 
noch rüstete  man   nicht.  '  ^) 

Während  Marcellus  dem  Feinde  der  Optimaten  seine  Pro- 
vinzen zu  entreissen  suchte,  fügte  er  ihm  im  Juni  auch  eine  andre 
Kränkung  zu,  wodurch  er  zugleich  den  Bruch  beschleunigen 
wollte.-")  Pompejus  Strabo,  der  Vater  des  Triumvir,  schickte 
Colonisten  nach  dem  transpadanischen  GalL'en,  und  gab  ihnen  das 
lateinische  Recht ,  so  dass  sie  römische  Bürger  wurden,  wenn  sie 
in  ihrer  Stadt  obrigkeitliche  Aemter  verwaltet  hatten.  ^ ')  Zu  die- 
sen Colonien  gehörte  Comnm ,  von  jetzt  an  Novum  Comum  ge- 
nannt, ^^)  welchem  Cäsar  im  J.  59  als  Consul  durch  das  valini- 
sche  Gesetz  das  römische  Bürgerrecht  verlieh;  ^^)  es  sollte  iu  al- 


15)  'Weil  der  Senat  sich  bis  dahin  die  Enischcidang  vorlebielt.  ad 
A«.  8,  3,  §.  2.  16)  ad  Farn.  8,  8.  §.  i.  vgl.  8,  14.  J.  2.  17;  Snet, 
29.  Pliit.  Caes.  28.  Senec.  ep.  94.  Flor.  4,2.   §.   14.  18)  ad  Fam.  1.  c. 

19)    Utiuain,  Fompei,  cnm  C.   Caesare  socielatem  am  iiiiuqiiam  coisses,     anl 
nunquam  diremisses !    Cic.  2  l'hil.   10.  20)    Aiu   6.    Juii  vtar  Cicero  in 

AtLen  davon  nnterriclitet.  ad  Att.  5,   II.  §.    2  n.  4.  21)  Ascon.  in  Fi- 

son.  p.  3.  ed.   Orelli.  App.  2,  443.  Sli-abo  4,    187  n.  die  Stellen  ih'  §.  I4. 
A.  77.  22)  Slralo  5,  213.  vgl.  Liv.  33,  36.  37.  23)  Oben  §.  14. 

A.  76  f. 


XXI.     lULTT.         (31.  §.36.)         383 

len  anderen  Transpadanern  gleiche  Hoffnnngen  erregen  tind  sie 
ihm  gewinnen.  '  *)  In  melir  als  einer  Hinsicht  musste  es  ihn  da- 
her verletzen,  dass  Blarceilus  im  Senat  darauf  antrug,  diess  Ge- 
setz aufzuheben,  weil  es  den  Befugnissen,  welche  man  auf  den 
Vorschlag  des  Pompejus  Strabo  zugestanden  habe,  eine  willkiihr- 
liche  und  unstatthafte  Ausdehnung  gebe,  nnd  als  diess  erreicht 
war,-')  einen  Novocomenser  geissein  und  auffordern  Hess,  sei- 
nem Beschützer  die  Narben  zu  zeigen.  -  ^) 

Die  Parteiungen  verriethen  sich  überall,  auch  bei  der  Nach- 
richt von  einem  Einfalle  der  Parther  in  das  römische  Gebieti 
Vergebens  drang  man  in  die  Consuln,  den  Senat  zn  berufen;  sie 
selbst  mochten  Crassus  nicht  an  den  Barbaren  rächen,  und  eineft 
Andern  mit  einem  Heere  abzuschicken,  erlaubte  ihre  Ehre  nicht; 
iiberdiess  forderte  ein  Theil  der  Römer  einen  ausserordentlichen 
Oberbefehl  für  Cäsar,  ein  andrer  für  Pompejus,  welcher  ihn  jetzt 
nicht  wünschte  und  der  Nobilität  unentbehrlich  war.  Der  Streit 
verlängerte  sich  bis  zum  7.  October,  und  ohne  Grund,  da  der 
Feind  sich  schon  im  September  aus  Syrien  zurückgezogen  halte.") 
Am  meisten  beschäftigte  sich  Rom  mit  seiner  eigenen  Zukunft; 
man  fragte  sich ,  wie  die  neuen  Blagistrate  handeln  und  die  Rol- 
len unter  sich  rertheilen  -werden,  und  zweifelte  nicht,  dass  der 
Senat  von  dem  erwählten  Consul  L.  PauUus  nnd  von  C.  C'urirt 
als  Tribun  das  Beste  hoffen  dürfe,  von  diesem  namentlich  eine 
eilige  Anweisung  des  noch  übrigen  campanischen  Ackers ,    damit 


24)  S.  nnten  §.  46.  A.  70.  25)  FInt.  Caes.  29.  Snet.  28  spricht  not 
vOQ  dem  Antrage;  wenn  er  nicht  genehmige  vräre,  so  würde  Cicero  ad 
Alt.  5 ,  11.  J.  2  die  Misshandliiug  des  Novocomensers  anch  aus  diesem 
Grnnde  getadelt  haben.  26)    Cic.  Plnt.  App.  11.  cc.     Plutarch  setzt  das 

Ereigniss  irrig  in  das  J.  49.  Das  lat.  Recht  machte  niarcellus  ihm  nicht 
streitig,  welches  die  NoTocom.  nicht,  wie  App.  annimmt,  yon  Cäsar,  son- 
dern schon  Ton  Pomp.  Strabo  erhalten  hatten;  er  wollte  ihnen  yielmehr 
beweisen ,  dass  sie  das  r5m.  Bürgerrecht  verloren  haben ;  dieses ,  nicht  je- 
nes, sicherte  vor  Geisselung.  Ciceros  Bemerkung:  wenn  der  M<inn  nicht 
Magistrat  gewesen  wäre,  so  ist  er  doch  Transpadaner,  bezieht  sich  im  All- 
gemeinen auf  die  Begünstigung  dieser  Colonisten  durch  Pomp.  Strabo,  dessen 
Sohn  ein  solches  Verfahren  beleidigte.  Ita  mihi  viiletnr  non  rainns  sloma- 
chi  nostro  ac  Caesari  fecisse.  27)  Cic.  od  Farn.  8,  10.  2.  Th.  101.  119. 
Am  7.  October  wurde  Cassius  Siegsbericht  vorgelesen  ad  Att.  S,  21,  ^.  2. 


38*  XXI.     lULll.         (31.  §.37.) 

Cäsar    nacli   der   Rückkehr    ans    Gallien  nicLt  zu  Gunsten  seiner 
Veteranen  über  iLn  verfügen  konnte. '^^) 


§  37. 

a.  50.  Der  Proconsiil  \Vurcle  durch  seine  Freunde  von  den 
Ereignissen  in  Rom  unterrichtet;  er  blieb  aber  nach  dem  Feld- 
zuge des  vorigen  Jahrs  in  Neraelocenna , '  ^)  um  die  Gallier  zu 
beobachten.  Ihre  Unterjochung  war  für  ihn  ein  Mittel,  von  wel- 
chem er  nur  Gebrauch  machen  konnte,  wenn  sie  sich  in  ihr 
Schicksal  ergaben.  Das  bisherige  fruchtlose  Widerstreben  liess 
es  hoffen,  und  nun  suchte  er  ihre  Retten  dadurch  zu  vergolden, 
dass  er  auf  strenge  Mannszucht  hielt,  ihnen  keine  neuen  Lasten 
auflegte,  ihre  Grossen  beschenkte  und  ehrte,  und  in  ihren  Ge- 
setzen und  Verlassungen  nichts  veränderte.  ^  °)  So  lange  sie  noch 
an  ihre  Befreiung  glaubten,  verschmähten  sie  grösstentheils  seine 
Wohlthaten  als  Sclaven-Sold,  oder  sie  warfen  sie  von  sich,  so- 
bald sie  es  vermochten;  jetzt  galt  dagegen  die  Gunst  des  Herr- 
schers für  die  einzige  Ouelle  des  Glücks.  Einst  voll  strotzender 
«ind  übersiirudeluder  Rreift  und  stolz  auf  seinen  Kriegsruhm,  glich 
Gallien  einem  vom  Fieber  erschöpften  und  entstellten  Körper;^') 
die  Krankheit  halte  eS  beschlichen  und  um  so  grössere  Verhee- 
rungen angerichtet,  je  heftiger  seine  noch  ungeschwächte  Natur 
den  Giftstoff  wieder  auszuwerfen  strebte;  jetzt  lockte  es  kein 
Schlachtruf  mehr,  welchen  es  früher  mit  freudiger  Begeisterung 
vernommen  halte;  es  fürchtete  in  neuen  Auflehnungen  nur  neue, 
namenlose  Leiden ,  mit  einem  brennenden  Durste  nach  Freiheit 
fühlte  es  das  Uu vermögen,  ihn  zu  stillen. 

Cäsar  also  schonte  die  Gallier,  damit  sein  kühner  Bau  nicht 
zusammenstürzte,  wenn  er  die  Hand  von  ihm  abzog,  und  dieser 
Zeitpunct  nahte  herau.  ^=)     In  Rom  waren  Unternehmungen  gegen 


28)  Cic.  1.  c.  Oben  j.  12.  A.  85.  29)  Oben  §.  35  fin.         30)  B. 

G.  8,  49.  Die   40,  CO.  31)  Oros.  6,  12.  32)  Man  kennt  im  \Ve- 

sentlictiett  die  Veiliaiullmigen  in  Koiii  in  diesem  Jahre,  n,  die  Gesinnungen 
u.  Bewegnngsgründe  der  licdontendsten  Männer,  ■welche  daran  Theil  nah- 
men. Ueber  das  Einzelne  al)er  n.  über  die  Zeitfolge  erhält  man  nirgends 
genügenden  Aufschlnss.  Cicero  kam  erst  im  November  ans  CiUcieu  zurück, 
(ad  Fam.  16,  19)   scia   Freund  Atlicus   lebte   mehrere  Monate  in  Epnus, 


XXI.     lULII.   ^      (31.  §.37.)  385 

iLn  einj^eleifel ,  ^velclie  es  nölLig'  machten,  dass  er  tLälig'er  ein- 
griff,   obgleich    dort     im    Anfange   des    Jahrs    eine   grosse    Sliüe 

daher  die  öffentlichen  Angelegenheilen  in  den  Antworten  anf  dessen  Briefe 
wenig  berührt  ■werden.  Ueberdiess  Tvar  er  zn  sehr  mit  sich  beschäftigt; 
seine  Blillheilnngen  betreffen  die  Parther,  deren  Angriff  er  fürchtete,  seine 
innsterhafle  Verwaltung,  seine  Thaten  in  Amanus,  die  Siijiplication ,  der 
Triumph,  die  ünwürdigkeit  des  Bibulus ,  welchem  man  jene  so  leicht  zu- 
gestanden habe,  n.  den  Wunsch,  nicht  über  ein  Jahr  in  der  Provinz  zn 
bleiben.  Der  Ereignisse  im  Westen  gedenkt  er  nnr  beiläufig ,  so  fern  sie 
ihn  nicht  niuuitlelbar  angehen,  ihre  auch  für  ihn  schrecklichen  Folgen  ahn- 
det er  so  wenig,  dass  er  bei  der  Nachricht  Ton  Corios  Abfall  sich  nach 
Coelias  sehnt,  mit  welchem  er  über  den  Abtrünnigen  lachen  möchte,  (ad 
Fam.  2,  13  §.  4.)  So  lange  Pompejus  „steht  oder  auch  nur  sitzt,"  sieht 
er  keine  Gefahr,  (ad  Att.  6,  3.  §.  2)  man  müsste  ihm  denn  seine  Statt- 
halterschaft verlängern,  wenn  der  Stieit  zwischen  den  Parteien  die  Ent- 
scheidung über  die  Constilar -  Provinzen  verzögert,  (ad  Att.  5,  21.  §.3) 
Kurz  vor  seinem  Abgange  bittet  er  endlich  di'ingend  nm  Nachrichten,  da- 
mit er  nicht  als  Fremdling  anlange,  (ad  Fam.  2,  12.  §.  1.  ad  Att.  6,  3. 
J.  2)  n.  namentlich  benrtheilen  könne,  ob  es  rathsam  sei,  unter  dem  Ver- 
wände des  Triumphs  sich  dem  Senat  zn  entziehen,  (ad  Fam.  2,  17  in,  ad 
Att.  6 ,  7.  o.  7,  3.  ^.  2.)  Dann  erst  erkannte  er  die  Dinge  in  ihrer  wah- 
ren tiestalt,  als  anf  dem  Rückwege,  in  Athen,  das  übrigens  falsche  Ge- 
rücht von  Cäsars  Einfall  in  Italien  auch  ihn  erreichte,  u.  nun  begannen 
die  endlosen  Anfragen  bei  Atticns,  welcher  Partei  er  sich  anschliessen 
soUe.  ad  Att.  7,  1.  §.   1.  2. 

Jener  war  bis  zum  September  von  Rom  abwesend ,  (ad  Att.  6 ,  9) 
und  dachte  nnr  an  seine  Geldangelegenheiten,  und  an  die  Forderungen  des 
M.  Brutus,    dessen   Gläubiger  in  Asien   Cicero  zur  Zahlung  zwingen  sollte. 

In  den  Briefen  Ciceros  an  den  stolzen  Patricier  App.  Claudius  findet 
man  nnr  kalte  Höflichkeit  oder  erheuchelte  Theilnahme ,  u.  schmeichelhafte 
Aeussernngen  über  dessen  Verwandten  Pompejus.  (ad  Fam,  3,  10.  §.  1: 
Pomp,  qnem  unnm  ex  Omnibus  facio,  nt  debeo,  plui-imi.  Das.  §,  2:  Qnis 
nnqnam  tanti  qnemquam  fecit,  ant  facere  potuit,  ant  debuil,  quanti  ego  Cn. 
Pouipeinm?  ad  Fam.  3,  11.  §.  1:  Laetor  virtiite  et  oßicio  alterins,  omnium 
saecnlorum  et  gentium  principis.  Vgl.  ad  Fam.  2,  15.  §.  3:  Pro  Pompeio 
emori  possnm.) 

M.  Coelius  endlich,  welcher  jetzt  Aedil  war,  u.  Cicero  über  die  Vor- 
gänge ia  Rom  genau  belehren  konnte,  schrieb  selten,  (ad  Fam.  2,  12.  13) 
ti.  meistens  von  Privat-Angelegenheiten,  von  seinem  Streite  mit  App.  Clau- 
dius, n.  von  den  Panthern,  welche  Cicero  ihm  zu  seinen  Spielen  schicken 
sollte.  Das  Schicksal  des  Staats  war  ihm  gleichgültig;  „du  regst  dich  nicht 
sehr,"  (ad  Fam.  2,  15.  [.  3.)  obgleich  er  sich  noch  eine  Zeitlang  zn  den 
Cntgesinoten  rechnete,  (ad  Fam.  8,  It.  ^>.  2:  Nostri.)     Auch  er  hoffte  mit 

ürumann  ,   Ciescliichtc  R«>ti^  III.  9^ 


386  XXI.    lULn.        (31.  §.37.) 

berrsclitc,  die  Consnln  L.  Aeinilius  Panlins  nnd  C.  Claiiclias  Mar- 
cellds  nur  eiuen  Bescliluss  über  die  lateinischen  Serien  veranlass- 
(en,  und  der  Tribun  C.  Scribonins  Curio ,  wie  man  glaubte,  seia 
erbi((er(ster  Feind,  gänzlich  erstarrte.  ^  ^)  Man  schien  sicli  nur 
mit  den  Processen  des  Appius  Claudius  zu  beschäftigen;^*)  aber 
die  Optiinaten  rüsteten  und  warben,  Cäsar  am  1.  Blärz  durch  den 
Senat  den  Todesstreich  zn  versetzen.'^)  Solche  Waffen  fürchtete 
er  nur,  weil  er  den  Werth  der  öffentlichen  Meinung  kannte; 
man  sollte  das  Gesetz,  welches  ihm  die  Befirgniss  gab,  sich  ab- 
wesend um  das  Consulat  zu  bewerben,  nicht  durch  eiuen  gülti- 
gen Beschluss  aufheben  ,  ein  Tribun  sein  gutes  Recht  vertheidi- 
gen,  ein  Consul  es  schweigend  anerkennen,  und  wenn  es  ihm 
dennoch  versagt  wurde,  wie  vorauszusehen  war,  Dor  die  andre 
Partei  für  die  FoJgen  verantwortlich  sein.  Doch  schien  er  nicht 
zu  glauben,  dass  e»  dahin  kommen  könne;  es  bezeugte  nicht  nur 
seine  Liebe  zum  Frieden ,  sondern  auch  die  Hoffnung,  ihn  erhal- 
ten zu  sehen,  dass  er  neben  dem  Hain'  der  Diana  bei  Aricia 
eine  prachtvolle  Villa  erbauen  liess ;  '  ^)  hier  wollte  er  nach  so 
vielen  Beschwerden  ruhen,  und  die  Freuden  des  Lebens  ge- 
niessen ;  wenn  er  einen  Bruch  gefürchtet  hätte,  so  würde  er  sein 
Geld  anders  angelegt  haben.  Cicero  meinte,  sein  Unternehmen 
werde  stocken ,  weil  Atticus  50  Talente  von  ilim  zurückforderte, 
und  Pompejus,  welcher  ebenfalls  aus  früheren  Zeiten  sein  Gläu- 
biger war,  nach  einer  solchen  Zahlung  um  so  weniger  von  üim 
befriedigt  werden.")     Als  aber  Cicero  diess  schrieb,  Latte  Cäsar 


Cicero  -vifl  xn  lachen,  .niif  Appins  Kosten;  (ad  Farn.  8,  14.  §.  3)  wie  er 
sich  im  läiirgerkriego  slellcn  werde,  wiisste  er  nocli  nicht;  (das.  §,  2.)  vor 
dem  Knde  des  Jahrs  war  er  Cäsarianer.   (ad  Att.  7,  3.  §.  4.) 

"Wir  sind  demnach  vorzüglich  auf  die  griechischen  Schriftsteller  ange- 
wiesen, unter  welclien  Appian  am  ausführlichsten  erzählt,  ohne  jedoch  die 
Folge  der  Begebenheiten  zu  beachten ,  so  dass  er  oft  das  Spätere  voraus- 
schickt,  und  es  ungewiss  lässt,  bei  welcher  Gelegenheit  man  so  sprach 
oder  handelte,  als  er  berichtet.  Wie  schlecht  man  in  einem  solchen  Falle, 
oh...  lünlängliche  Zeugnisse  der  Zeitgenossen,  borathen  ist,  ergiebt  sich  da 
am  deutlichsten,  wo  man  vergleichen  kann,  33)    ad    Fam.  8,    6.  §.  3. 

Cnrioni  nostro  tribunatns  conglaciat.  34)  2.  Th.  194.  33)  Oben  §.  36. 
A.  3.         36)  ad  Atl.  6,  1.  J.  22.  n.  15 ,  4  flu.  Snel.  46.  37)  ad  Atl. 

6,  1.  §.  22. 


XXI.    lüLII.        (31.  §.37.)        387 

bereits  clie  betriicLflicLen  ScLuIden  des  Ciirio  getilgt,  '*)  welcLer 
»Lm  dageg'en  seine  Dienste  verspracH ,  ^  ^)  und  dem  C'onsul 
L.  Paulliis  vielleiclit  unter  dem  Namen  einer  Anleihe  zum  Bau 
seiner  Basilica  1500  Talente  g'escLenkt.  ■•  °)  Auch  Anderen  öffnete 
er  die  Schätze  Galliens,  Selbst  Sclaven,  wenn  sie  über  ihre  Herren 
viel  verniocliten ,  oder  sie  wurden  vorerst  durch  Znsag-en  ge- 
wonnen. *')  Indess  ist  Ciceros  Bemerkung  nicht  durchaus  ge- 
gründet: er  könne  anf  Alle  rechnen,  welche  von  den  Ge- 
richten oder  Censoren  verurtheilt  worden,  oder  verartheilt  zu 
werden  verdienen ;  fast  auf  die  ganze  Jugend,  auf  den  gesammten 
Pöbel  in  Rom,  auf  die  angesehensten  Tribüne,  und  auf  alle  Ver- 
schuldeten, deren  Zahl  grösser  sei,  als  er  gedacht  habe;  *^)  die 
meisten  Optimafen  in  den  Reihen  des  Pompejus  wünschten  und 
bedurften  den  Krieg  eben  so  sehr,  um  ihre  Gläubiger  zu  er- 
morden, und  ihre  Blilbürger  zu  berauben.  *^)  Noch  vor  wenigen 
Jahren  hatte  Cäsar  mit  Cicero  selbst  scheinbar  in  den  innigsten 
"Verhältnissen  gestanden;*')  er  kannte  seine  Stellung,  welche 
ihm  vorerst  einen  offenbaren  Abfall  von  der  Arislocratle  nicht 
erlaubte,  aber  auch  seine  Schwächen.  Calo  fand  die  Thaten  im 
Aniauus  zu  unbedeutend,  um  für  ein  Dankfest  zu  stimmen;  Cäsar 
wusste,  wie  sehr  der  Imperator  sich  dadurch  verletzt  fühlte,  und 
trug  nach  Kräften  dazu  bei,  dass  die  Wunde  nicht  heilte;  er 
iiberschickte  ihm  seinen  Gliickvsimsch,  ein  unverwerüiches  Urtheil, 
nicht  ohne  Catos  Ungerechtigkeit  zu  tadeln,  und  fügte  grosse 
Versprechungen  hinzu,  dass  er  als  Consul  ihm  den  Triumph  vei^ 
schaffen  und   in  Allem  nach   seinem  Rathe   heiudeln   werde ,  ' ') 

38)  Sie  betrugen  nach  Val.  M.  9,  1.  5.  6  sechzig  Millionen  Sestertien, 
nacli  Vellej.  2,  48.  {.  4  zeljn ;  hier  ist  aber  die  Lesart  falsch;  Cnrio  soll 
mehr  grhalien  haben,  als  L.  Paiillus ;  dass  er  sehr  grosse  Summen  bedurfte, 
um  seine  Gläubiger  abzufinden,  erhellt  aus  Dio  40,  60.  Plut.  Caes.  29. 
Pomp.  58.  Suet.  29.  Lucan.  1,  269.  4,  820.  Serv.  zu  Tirg.  Aen.  6,  621 
nennt  27,000  Sestertien.  39)    B.  G.  8,  52.    Caesaris  cansam  dignitatem- 

que  defendendam  snscepit.  40)    1.  Th.  .S.  7.  A.   85  n.  die  Stellen  das. 

5.  9.  A.  99.  Tgl.  S.  11.  A.  28.  Als  Cicero  in  Cilicien  Nachricht  davon 
erhielt,  schrieb  er  Alticns :  llnc  odiosa  afferebantnr  de  Curione,  de  Panllo  — 
mehercule  Curionis  et  TauUi ,    meomra   familiarium ,    Ticem   doleo.     od  Atf. 

6,  3.  f.  2.  41)  Sneton.  27.  Plnt.  Caes.  29.  Dio  40, 60.  Zonar.  10,  7. 
42)  ad  Att.  7,  3.  §.  3.  7,  7.  J.  S.  43)  S.  naten.  44)  Hier  J.  29. 
45)   ad  Att.  7,  2.  §.  6. 

25* 


388  XXI.    TULH.        (3i.§.  37.) 

wogegen   er  des   Geldes ,    welches  er   fordern    konnte ,    nie   gr 
dacLte.  *^)     Es  gab  seiner  Sache  einen  gnten   Schein,  wenn   der 
Retter   der  Republik    nicht    in   die  Curie  eilte,    nm   ihn  mit  C'ali- 
linarien   anzugreifen,   und   die  Gegner  entbehrten  das  ansgezeich- 
netste  Talent,  so  lange  man  mit  Worten  kämpfte. 

Sie  selbst  vermehrten  die  Zahl  seiner  Anhänger.  Appiu.s 
Claudius  war  unter  dem  Einflüsse  des  Pompejus  freigesprochen,  *') 
und  mit  L.  Piso,  Cäsars  Schwiegervater,  (Cos.  58)  Censor  ge- 
worden. Seine  Strenge  gegen  Viele,  besonders  gegen  Feinde 
seiner  Partei,  erbitterte  um  so  mehr,  da  Piso  sich  sehr  milde 
zeigte,  und  namentlich  Curio  gegen  ihn  vertrat.  '*)  Dieser  er- 
wachte;'^) seine  Schilderhebung  galt  aber  nur  der  Republik; 
keine  Parteien,  wie  sie  auch  heissen  mochten,  nur  Recht,  Friede 
nnd  Vaterland  schien  sein  Wahlspruch  zu  sein.  So  war  es 
nicht  seine  Schuld,  wenn  er  sich  den  Optlmaten  widersetzte, 
welche  als  Partei  fortregieren  wollten,  das  Ungerechte  verlangten, 
und  dadurch  den  Bürgerkrieg  heraufbeschwuren;  man  konnte 
ihn  nicht  anklagen,  werji  er  endlich  sich  gänzlich  von  ihnen 
lossagte,  und  die  billigen  und  durch  Gesetze  und  Beschlüsse  wohl 
begründeten  Forderungen  Cäsars  unterstützte.  Seine  ersten  Unter- 
nehmungen berührten  sogar  die  grosse  Lebensfrage  nicht;  sie 
reizten  seine  bisherigen  Freunde  nur  zum  Streite,  bewirkten  eine 
Spannung,  welche  Feindschaft  werden  konnte,  und  den  Verdacht 
-äntfemte,  dass  er  für  Gold  die  RoUen  wechsle.  *")  Wie  sehr 
es  ihm  gelang,  zu  täuschen,  beweis't  M.  Coelius  verkehrtes  Urlheil 
auch  über  ihn.  ' ') 

In  der  Voraussicht,  dass  er  bei  seinen  Collegen  im  Pontißcat 
Widerspruch  finden  werde,  trug  er  auf  die  Einschaltung  eines 
Monats  an.  Die  Jalirform  war  so  verschoben,  dass  es  an  sich 
nicht  befremdete;  auch  pflegten  die  Pontifen  aus  Gunst  oderHass 
gegen  die  Statthalter  und  Pächter  unter  den  Rittern  das  Jahr  zu 
verlängern   oder   zu    verkürzen.  ^'')     Jetzt  aber  würde  Cäsar  ein 


46)   Hier  §.  29.   A.  75  «.  Tullii.  47)  Oben  A.  34.  48)  2.  Th. 

7S.  A.  54.    195.  A.  4.  49)    Oben   A.  33.     ad  Farn.  8,  6.  J.  3:    (Jnoil 

tibi    snpra    scripsi,    Cnrionem    -valde    frigere;    iam  calet.  50)    Liv.  109. 

Vellej.  2,  48.  §.  4.    App.  2,  443.    Dio  40,  61.  51)    ad  Fam.  1.  c.    Le- 

vissinie,  quin  de  intercalando  non  obcinnerni,  «ransfiigit  ad  popnluni,  et  pro 
Caesare   loqni  coepil.  52)    Ceusor.    de   d.    nat.    20.     Cicero    fr.iKlp    im 


XXI.    lULII.         (31.  §.37.)         389 

Monat  zur  ProTi'ncial -Verwaltung'  zugelegt  sein;  der  Tribun 
«Innig-  nicht  durch. '^)  Er  brachte  nun  ein  Gesetz  über  die 
Anlegung  und  Pflasterung  von  Landstrassen  in  Vorschlag,  lex 
viaria,  und  wollte,  wie  einst  Rullus,  gegen  Fug  nnd  Recht  ") 
mit  der  Vollziehung  selbst  beauftragt  werden,  und  auf  fünf  Jahr, 
die  Klippe,  an  welcher  der  Entwurf  nach  seiner  Absicht  schel- 
ferte. '  *)  Auch  die  Rogation ,  nach  welclier  die  Aedilen  auf 
Kosten  des  Staats  unter  die  Annen  Getraide  vertheilen  sollten, 
lex  cdinientaria,  wurde  nicht  genehmigt,  weil  sie  dem  Schatze 
und  den  Magistraten  eine  neue  Last  aufzubürden  drohte."*) 
Diess  genügte  dem  Urheber,  um  den  Beleidigten  zu  spielen ;  auch 
iKihnien  jetzt  wichtigere  Dinge  seine  Anfinerksanikeit  in  An- 
spruch; er  unterdrückte  daher,  was  er  noch  hatte  hinzuTügen 
wollen,")  unter  Anderem  ein  Aufwandgesetz. '^)  Für  Cicero 
konnte  der  Streit  leicht  die  Folge  haben ,  dass  ihm  das  Siegsfest 
?n(gieng;  denn  da  die  Consuln  dnrch  Beobachtung  des  Himmels  ^ ') 
L'urio  an  Verhandinngen  mit  dem  Volle  hinderten,  so  widersetzte 
lieser  sich  im  Senat  den  Beschlüssen  über  die  Supplicationen, 
loch  gelang  es,  ihn  zu  besänftigen.  ''°) 

Bei  dem  Allen  hatten  weder  der  Tribun  noch  L.  Paullus 
Iire  Verhältnisse  zu  Cäsar  kund  gegeben,  als  der  Senat  nach 
leni  Antrage  vom  30.  September  des  Torigen  Jahrs  am  1.  März 
iber     die     Consular- Provinzen     entscheiden     sollte.*')       Cäsars 


'ebrnar  in  einem  Briefe  ans  Cilicien,  ob  eingeschaltet  sei.  ad  Att.  5,  21  fin. 
gl.  das.  6,  1.  J.  9  u.  fm.  53)    Cic.   ad  Farn.  8,  6.  J.  3.     Die  40,  62. 

4;    Oben   §.  6.  A.  48.  55)    ad  Farn.  1.  c.    App.  2,  443.  444;   nnten 

i.  58.  56)    ad  Farn    1.   c.  57)    Caeleras    suas  abiecit  actiones.     ad 

aui.  8,  11.  §.  2.  58)    ad  Att.  6,   1.   §.  22.     Man  hat  es  auf  eine  ge- 

nungene  Art  mit  der  yiaria  in  Verbindnng  gebracht,  und  es  für  Eins  mit 
ir  gehalten,  als  haben  ilie  Reisenden  zum  Behuf  des  Strassenbaus  be- 
teuert vrerden  sollen,  Za  dieser  Annahme  vrird  man  durch  nichts  be- 
echtigt.  Cnrio  hatte  freilich  selbst  sein  Vermögen  verschwendet ,  aber 
nter  den  Gesetzgebern  dieser  Zeit  war  kaum  Einer  tou  den  Lastern  nnd 
'erbrechen  rein,  vrelche  er  Terpönte.  53)    Oben  §.   12  in.  60)    ad 

am.  8,  11.  §.   1.  61)    Dass  er  sich  an  diesem  Tage  yersammelle,  Tvird 

irgends  ansdriicklich  gesagt;  aber  Cicero,  welcher  fürchtete,  man  werde 
im  vor  der  Erledigung  des  streitigen  Fnnctes  keinen  Nachfolger  schicken; 
ad  Alt.  5,  21.  (.  3)  schreibt  an  Alticus ,  er  habe  Nachrichten  aus  Rom 
is  zum  7.  März ,   nach  welchen  er  glauben  dürfe ,  der  hartnäckige  Wider- 


390  XXI.    lULII.        (31.  §.37.) 

StatlLalferscIiaft  encligte  sich  am  letzten  December  des  J.  49;  ^*)  in 
diesem  wollte  er  sich  für  das  folg-entle  um  das  C'onsulat  bewerben,  and 
zwar,  wie  iLm  gestattet  war,  nicht  in  Person,  ^ ')  damit  er  nicht  als 
Privatmann  angeklag't  wurde,  sondern  unmittelbar  nach  der  Ver- 
wallung  Galliens    sein  Amt  antrat.  ^')     Aber  Pompejus    und   die 
anderen  Geg-ner  fürchteten,  er  werde  als  C'onsul  dem  Oberbefehle 
nnd    den    Provinzen    nicht    enlsag-en,    und    an   der    Spitze    seiner 
Truppen ,  von  der  verblendeten  Menge  durch  Gesetze  unterstützt, 
die    Herrschaft    an    sich    reissen ;     auch    ohne    diese    Besorgnis» 
wünschten    sie  seinen    Untergang'   aus  Hass.     Demnach   Hess   der 
Consul   C.  Marcellus,  sein  Verwandter,^')    darüber  stimmen,  ob 
er  am  13.  November  dieses  Jahres  abzurufen  sei.  ^^)     Die  Mehr- 
zahl   der  Senatoren    war    dafür;    L,  Paullus    scliwieg,    wogegen 
Curio  sich  durchaus  beifallig  erklärte,  weil  ein  Bürger,  welcher 
zu   lange    im  Besitze    von  Heer   und  Provinzen  sei,    dem  Staate 
gefährlich  werde ;   daher  müsse  auch  Pomi)ejus  Spanien  entsagen, 
dessen   Verwaltung    ihm    der    Senat    Tor    zwei   Jahren    auf   fünf 
verlängert  hatte.*')     Sein   Gutachten    war  folgerecht;    man  ver- 
läugnete  den  Grundsatz,  nach  welchem  man  handelte;  er  gab  ihm 
eine    allgemeine   Geltung,    und   machte    durch  diess  einfache  Ver- 
fahren   die  Arglist  zu  Schanden;   den  Optimalen  blieb  kein  Aus- 
weg,   kein   Mittel    zur  Vertheidigung ,    und    durch  den   Einwurf: 
die  Zeit    des  Pompejus   sei    noch   nicht   verflossen ,   gerielhen  sie 
noch    tiefer    in    die    Schlingen;    sie    bezeichneten    sich    selbst   als 
Facliou,    und  Curio    nahm   seinen  Vortheil  wahr:    Pompejus  nnd 
Cäsar    befinden    sich    im    gleichen    Falle;     sie    haben    Heere    und 
Provinzen,  man  müsse  sie  Beiden  entziehen  oder  sie  Beiden  auch 
ferner  zugestehen;  nur  dann  erhalte  man  das  Gleichgewicht;  ein- 
seitige  Beschränkung    werde    er   nicht    dulden.^")     Die  Consuln 

Spruch  Cnrios  v^erde  jede  Nenernng  in  Betreff  der  Proviiizca  Terbindern. 
(ad  Att.  6,  2.  §.  4.)  Die  Festigkeit  des  Tribuns  war  also  scüon  auf  die 
Trobe  gestellt.  C2)    Oben  §.  17  fia.  63)  J.  34.  A.  33.  64)  Das. 

A.  26  n,  Cic.  ad  Farn.  8,  14.  §.  2.  65)  2.  Tb.  401.  No.  17.  66)  Cic. 

ad  Fam.  8,  11.  5.  2.  vgl.  8,  14.  §.  2.  Liv.  109.  Suet.  29.  (A.  V.)  de 
vir.  iU.  77.  78.     Oros.  6,  15.     App.  2,  444.    Dio  40,  62  f.  67)    Oben 

§•  34.  A.  21.  68)   ad  Fam.  8,  11.  §•  2,  vre  Coelius  leider  die  ciuzelnett 

Ciitachtea  nicht  mitthuilt,  weil  sie  im  Anschlüsse  unter  den  für  Cicero  be- 
slimmteu  Sladlneuigkeiten  enthalten  waren.  (Das.  §.  3.)  nd  Att.  6,  2. 
{.  4  u.  6,  3.  J.  2.    B.  0.  8,  52.    l'lut.  Caes.  30.    App.  u.  Dio  U.  cc. 


XXI.    lULlI.        (31.  §.37.)         391 

\>  urdeii  aufgefordert,  über  diesen  liiusprucU  un  den  Seuat  zu  bc- 
ricLleu.  6^) 

ObjjleicL  Poinpejns  nicLt  im  Senat  gewesen  war,  so  konnte 
lUiin  doch  über  seine  \^  üuscLe  uicLt  iu  Zweifel  sein.  Er  zog- 
sicL  absicLllicli  zurück,  jelzf,  wo  es  g-ilt,  "ud  beklagle  siiL  über 
die  StreitsucLt  des  Curio;  '^)  in  der  TLat  war  er  so  eiDg;eengf, 
dass  man  iLn  überall  mit  seinen  eigenen  A'V  aifen ,  mit  seinen 
eigenen  Handhingen  und  Gesetzen  zu  scLlagen  vermoclite.  Die 
Optimuteu  standen  an  der  Gränze  zwiscLen  Krieg  und  Frieden, 
und  wagten  ebne  Fiibrer  nicht  zu  wählen,  ' ')  Als  daher  der 
Senat  über  den  tribunicischen  Einspruch  befragt  wurde ,  und 
BI.  Marcellus,  der  Consul  des  Torigen  Jahrs,  der  Meinung  war, 
man  müsse  mit  Curio  unterhandeln,  damit  er  ihn  zurücknehme, 
mochte  keiner  ihm  beistimmen,  so  dass  Casars  Belugniss,  sieh 
abwesend    an  die  C'andidaleu  anzuschliessen,  gültig  blieb.  ' ') 

Am  Ende  des  April  oder  im  Anfange  des  folgenden  Monats 
kam  M.  Autouiiis  nach  Rom,  um  Augur  an  O.  Horlensius  Stelle, 
und  dann  auch  Volks -Tribun  zu  werden,  bisher  Cäsars  Quäslor, 
der  kühnste  und  gewandteste  unter  dessen  Gefährten  und  ihm 
unbedingt  ergeben.'*)  Etwas  später,  nach  den  Cousular-Co- 
mitieu,  in  welchen  seine  anerkannten  Feinde  L.  Lentulus  und 
C.  Blarcellus  über  seinen  Legalen  Ser.  Galba  siegten,  reis'te  aucli 
der  Imperator  nach  Ilalien,  augeblich,  um  durch  seine  Verwendung 
iu  den  Municipiep  und  Colonien  Aulonius  Wahl  zum  Priestfer 
zu  befordern.  "')  Mau  meldete  ihm  auf  dem  "Wege,  dass  sein 
'>\  unsch   unter  Curios  Vermiltelung-   schon   erfüllt   sei;    nun  war 

69)   ad  Fam.  8,  13.  §.  2.  73)    ad  Farn.  8,  H.  5.  2.  74)  Noslri 

jiorro,  qiios  ta  l)ene  nosli,  ad  extremuni  cerlamcn  rem  deduccie  non  audent. 
Das.  75)    ad  Fam.   8,  13.  {.  2,  -wo  die  Ausleger  am  Texte  gekiinslelt 

liabeii;  der  Ziisamnieiiliang  fordert  offenbar  die  gewühnliche  Lesart :  Trausie- 
raiit  iUiic,  iit  ralio  esset  eins  lialieiida,  qiii  iieijne  exeiciiiim,  neijiie  pro- 
\iacius  Iradere  \eUet;  der  Senat  Lescliloss  iiitUt,  dass  AJles  lieiiu  Alten 
Iileilien  sollte,  sher  es  folgte  von  selbst,  ad  Att.  7,  7:  Kumquam  Curio 
siistiniüsset,  si  cum  eo  agi  coeptum  esset.  B.  G.  8,  53  irrt  der  Vf.  iiu 
J.ilire,  weil  M.  Marcelltis,«  welclier  a.  51  als  Consul  sich  feindlich  gegen 
Ciisar  gezeigt  halte,    sein  Guladiten  jetzt  zuerst  abgab.  70)    1.  Th.  «7. 

A.  9i  f.  Horlensius  war  am  5.  April  noch  am  Leben  ,  er  starb  aber  bald 
nacliher.  S.  lloriensii  Ko.  7.  '.  5.  A.  55,  und  über  ilio  M'ahl  der  Auguren 
im  AUgeuieiueu  hier  §.  7.  A.  19.  77;    B.  U.  8,  50. 


392  XXI.     lULII.         (31.  §.37.) 

es  seine  PflicLt,  jenen  .Städten  zn  danken,  welchen  er  oLnehin 
zur  näclisten  Consnln-WaLl  sich  selbst  empfehlen  wollte.  Sie 
feierten  ihn  durch  Opfer  und  Freudenfeste,  überall  wogten  Vor- 
nehme und  Geringe  ihm  entgegen,  nnd  die  Eltern  führten  ihre 
Rinder  herbei,  damit  auch  sie  rühmen  konnten,  den  Eroberer  von 
Gallien  gesehen  zu  haben.  Diese  nngehenchelte  Begeisterung 
verbürgte  ihm  die  Treue  seiner  Transpadaner; '*)  auch  ver- 
mehrte er  durch  die  gewöhnlichen  Blittel  die  Zahl  seiner  Freunde 
in  Rom,  welche  Heissig  berichteten  ond  belehrende  Antwort  er- 
hielten. Dann  kehrte  er  nach  Nemefoceuna  ")  zurück  nnd 
musterte  die  Legionen  auf  dem  Gebiete  der  Trevirer.  ^°)  Das 
ganze  Heer  sah  ihn  zum  ersten  Male  nach  der  Beendigung  des 
gallischen  Krieges;  der  .Soldat  sah  seine  Walfengef ährten ,  und 
erinnerte  sich  mit  Stolz  an  die  Beschwerden,  welche  er  mit 
ihnen  ertragen  hatte,  an  die  gemeinschaftlich  errungenen  Siege, 
und  Alle  blickten  mit  Dank  und  Bewunderung  auf  den  Feldherrn, 
nnter  dessen  Leitung  das  grosse  Werk  gelangen  war,  von  welchem 
äe  jetzt  ihren  Lohn  erwarteten.  Er  hatte  für  Pompejus  Vete- 
ranen so  gnt  gesorgt,"')  was  durften  nicht  die  eigenen  hoffen? 
Seine  Thaten  und  Ansprüche  und  die  ihrigen,  seine  und  ihre 
Vergangenheit  nnd  Zukunft  verloren  sich  in  einander,  sie  waren 
Eins  und  er  der  Älittelpunct.  Von  diesen  Gedanken  und  Ge- 
fühlen sollten  sie  noch  einmal  recht  lebhaft  durchdrungen  werden, 
ehe  er  zum  Aufbruch'  nach  Rom  das  Zeichen  gab;  deshalb  ver- 
einigte er  sie,  und  es  ist  leicht  zu  erachten,  wie  er  zu  ihnen 
sprach.  Zugleich  aber  streckte  er  seinen  gewaltigen  Arm  über 
Gallien  und  Germanien  aus;  die  Heerschau  an  ihren  Gräuzen 
sollte  Schrecken  erregen,  auch  in  Rom,  obwohl  aus  weiter  Ferne, 
damit  er  nicht  zii  drohen,  nichts  zu  erzwingen  schien.  Er  enlliess 
die  Truppen  in  ihre  Lager.  Unter  den  Anführern  befand  sich 
mehr  als  Einer  seiner  künftigen  Mörder;  jetzt  war  ihm  nur 
T.  Labienus  verdächtig,  durch  Rriegsruhm  vor  Allen  ausgezeichnet, 
«nd  eben  deshalb  und  wegen  seines  Reichthums,  welchen  er 
Cäsar  verdankte,  *')    nicht  ohne  Eiulluss.     Der  Legat  entdeckte, 


78)    Oben   {.   36,   A.  24.  79)   Hier  A.  29.  80)   B.  G.  8,  S2. 

81)  Oben   §.   11.  A.  i.  82)    Cic.  ail  All.  7,   7.    (.  5.     Labieui    divitiae. 

Cjos    U.  C.  1,  17.    fiü.  Ital.   10,  34. 


XXI.    lüLH.        (31.  §.38.)        393 

dass  er  sicL  in  einer  Atig-elegenheit  Latte  gebrauchen  lassen ,  an 
■«■elcLe  er  mit  Abscheu  dachte ;  seine  Stimmung  verrieth,  was  in 
seinem  Innern  vorgieng;  man  musste  ihn  entfernen,  den  Abfall 
ihm  erleichtern,  ehe  er  Andere  nach  sich  zog;  er  -wurde  zum 
IJefehlshaber  der  Cohorten  im  cisalpiniscLen  Gallien  ernannt. 
Hier  unterhandelte  er  mit  den  Optimalen,  und  Cäsar  hörte  auf 
keine  Warnung,  -weil  er  wnsste,  dass  der  Abtrünnige  nur  neben 
ihm,  nicht  ihm  gegenüber  zu  schaden  vermochte.  *^) 


§    38. 

(a.  50.)  Der  Triumph  im  nördlichen  ItaDen  und  das  grosse 
Schauspiel  jenseits  der  Alpen  gieng  Pompejus  am  nächsten  an, 
nnd  niemand  wurde  weniger  davon  berührt.  Auch  er  feierte 
seine  Feste,  und  der  Weihrauch  umnebelte  ihn.  Er  verHess 
seinen  Garten  vor  Rom,  um  nach  Campanien  zu  reisen,  weil  die 
Rriegspartei  ihn  eväg  drängte ,  in  W^ort  und  That  ihn  vor- 
zuschieben sucäte,  und  er  nicht  als  Urheber,  sondern  nur  als 
Vollzieher  ihrer  Beschlüsse  erscheinen  und  den  ersten  feindlichen 
Schritt  von  Cäsars  Seite  erwarten  wollte.  Diess  bezweckte  auch 
sein  Schreiben  an  den  Senat,  worin  er  die  Verdienste  seines 
Nebenbuhlers  nnd  dann  die  eigenen  erwähnte.  So  zeigte  er  sich 
gerecht,  und  jeder  mochte  aus  seiner  einfachen  Erzählung-  nun 
selbst  entnehmen,  wem  der  Staat  am  meisten  schulde  und  zu 
vertrauen  Ursach  habe,  Cäsar  oder  ihm,  der  in  drei  Weltlheilen- 
gesiegt  Latte,  in  einer  Zeit,  wo  jener  noch  völlig  unbedeutend 
war,  und  ohne  dem  Senat,  wie  man  es  jetzt  erlebte,  den  Ge- 
Lorsam  zu  verweigern.  Zuletzt  gedachte  er  seines  dritten  Con- 
.snlals,  seiner  Provinzen  und  Truppen;  die  Gegner  sprachen  von 
einer  angemassten  und  ungebührlichen  Gewalt;  der  Senat  wusste 
am  besten,  dass  sie  in  grossen  Gefahren  iLm  aufgedrungen  war, 
da  aber  jene  so  viel  Ansloss  daran  nahmen,  so  wollte  er  gern 
noch  vor  der  bestimmten  Zeit  der  ihm  aufgebürdeten  Last  sich 
wieder  entledigen.  **)  Mau  sollte  sich  also  erklären,  nicht  ihm, 
sondern  Cäsar  gebieten,  die  WalTeu  niederzulegen,  nnd  wenn  er 


83j    B.  O.   8,  52.    Dio  41,  4.     Unten  §.  42.  A.  47  i.  84)   App. 

444. 


394  XXr.    lULlI.        (31.  §.38.) 

nicLt  geliorclito ,  iLn  achten,  und  Ponip'-Jiis  mit  der  Vollzieliing 
beauftragen.  Dieser  verliinderte  es  aber  selbst  durcL  seine  Ab- 
wesenLelt  und  VersteUnng;  es  war  vollkommeu  iiberilüssig,  das» 
er  Cäsar  als  einen  Neuling'  in  der  Kriegskunst  bezeiclinele,  der 
sicli  iLm  gleichzustellen ,  mit  ihm  zu  rechten  wage,  die  Republik 
erschüttere,  welche  er  mit  grosser  Anstrengung  gerettet  habe; 
der  Senat  theilte  seine  Ansichten  und  Wünsche  ohnehin;  die 
Kiihuheit  fehlte,  dem  Feinde  die  .Stirn  zu  bieten. 

Bald  nachher  verfiel  Ponipejus  in  ]Vea2>el  in  eine  schwere 
Krankheit.  Sowohl  hier  als  in  der  Umgegend  that  man  Gelübde 
für  ihn.  Nach  seiner  Genesung  bekränzten  sich  die  Neapolitaner 
auf  den  Vorschlag  des  Protagoras;  sie  überschickfen  ihm  durch 
eine  feierliche  Gesandtschaft  ihren  Glückwunsch  und  brachten 
den  Göttern  Daukopfer.  Diesem  Beispiele  folgte  man  in  Puteoli, 
und  ebenfalls  nach  einem  ölfenllichen  Beschlüsse ,  eine  Aus- 
zeichnung, deren  sich  nie  ein  Römer  hatte  rühmen  J&.önnen,  und 
nicht  bloss  dffe-  Griechlein ,  welche  nach  ihrer  Weise,  wie  Cicero 
6a"t ,  durch  übertriebene  Huldigungen  sich  lächerlich  machten, 
sondern  die  Einwohner  aller  Ortschaften  an  der  Strasse  nach 
Rom  empfiengen  ihn  bei  seiner  Rückkehr  mit  Kränzen,  Fackeln 
und  Freudenfesten ,  ^  ^)  ein  Tribut  der  Schmeichelei  und  der 
Furcht,  nicht  der  Liebe,  welche  er  sich  so  wenig  zu  erwerben 
wusste;  *^)  und  dennoch  bestärkte  es  ihn  in  dem  Wahne,  dass 
auf  seinen  Wink  ganz  Italien  sich  für  ihn  erheben  werde.") 
Als  er  vor  Rom  angelaugt  war,  sprach  er,  wie  er  geschrieben 
Latte:  er  wolle  niederlegen;  gewiss  werde  auch  Cäsar,  sein 
Freund  und  Verwandter,  nach  so  vielen  Beschwerden  sich  gern 
der  wohlverdienten  Ruhe  und  Ehre  erfreuen.  Leere  W^orle 
sollten  für  ein  Beispiel  gelten ,  die  Römer  ihn  um  so  mehr  be- 
wundern, da  er  des  allgemeinen  Besten  sogar  vor  der  Zeit 
entsagte:    allein    Curio    forderte    ihn    auf,    seinen  Entschluss    aus- 


85)    Cic.    Tiisc.    I,   35.     ad  Att.   8,   16.   9,   5.    Vellej.  2,  48.  §.  2. 
IiiTenal.   10,   283.    I'lnt.  l'oini..  57.    Dio  41,  6.    App.  2,  444.  86)   Cic. 

ad  Att.  8,  16:  Muiiiciiii.i  deiuii  ( Caesaiem  faciuiit);  nee  Simulant,  «t  ijiinm 
de  illo  aegioto  vola  faciebant.  Sie  erklärten,  als  roni|icjiis  ans  Italien  ent- 
floh,  die  Fnrdit  habe  sie  bestimmt;  ad  All.  9,  5  lin.:  (^tnidqnam  in  illa 
putas  fnisse  de  valeludina  decreta  jnuuicijiiorum  inae  bis  de  \Jctoria  gralula- 
tionibns  i    Tiiueut,  inyuies.    At  ipsi  tum  se  liinuisse  dicunt.  87)  I'lnt,  1.  c. 


XXI.    RTLn.        (31.  §.38.)        395 

zuliliLren,  und  brachte  im  WesentlicLen  dieselben  Gründe  vor, 
wie  früher:  man  werde  sich  selbst  einen  Herrn  geben,  wenn 
mau  gestatte,  dass  nur  Einer  unter  den  Waffen  bleibe;  der  Streit 
zwischen  Cäsar  und  Pompejus  dürfe  Rom  nicht  entzweien ;  Beide 
müssen  sich  ihrer  Blacht  entäussern  oder  als  Reichsfeiiide  geächtet 
werden.  Koch  immer  vertrat  er  die  Republik;  in  dieser  Maske 
war  der  Söldner  unüberwindlich;  er  halle  das  Blendwerk  des 
Pompejus  zerstört,  ihn  in  seinen  eigenen  Schlingen  gefangen, 
und  dieser  zog  sich  voll  Zorn  in  seinen  Garten  zurück ;  die 
Herstellung  der  tribunicischen  Rechte,  zum  TheU  sein  ^Yerk, 
trug  ihre  Früchte.  *  '') 

Indess  hoffte  er  noch  immer,    Cäsar  anf  Schleichwegen  bei- 
znkommen.     Im    vorigen    Jahre    hatte    der   Proquäslor  C.  Cassius 
die  Parther  in  Syrien  geschlagen,  ^ ')  und  dann  die  Provinz  dem 
Proconsul  M.  Bibulus    übergeben,    welch.er    a.  50    mit   nicht    ge- 
ringerer Furcht,  als  sein  Nachbar  Cicero  in  Cilicien,  einem  neuen 
Angriff'    entgegensah.      Cicero    schrieb    schon    im    Winter ,    der 
König    Orodes    habe    seinen  Sohn  Pacorus    über    den  Euphrat   in 
die  Landschaft  Cjrrhestica  geschickt;  ^°)  am  Ende  des  Juli  dürfe 
er  einen  Nachfolger  erwarten,  wenn  man  ihm  die  Statthalterschaflt 
nicht  verlängere,  und  Bibulus  bis  dahin  sich  behaupte,  so  werde 
er  dem   Kriege  entgehen.  ^')     Dieser  schien  ihm  aber  auch  nach 
Briefen  aus  späterer  Zeit  unvermeidlich   zu  sein, 's-)  bis  er  endlich 
um    die    IMilte    des  Juli    die  Gewissheit   erhielt,    dass   die  Feinde 
ihr  Unternehmen  gegen  Sjiien  aufgegeben  haben,  und  der  Euphrat 
sie   wieder   von   ihm    trenne.  ^  ^)     Auch    der  Senat    wurde  durch 
die   Nachrichten    aus   dem  Osten   beunruhigt,    doch  weit  weniger 
wegen    der    Gefahr ,     welche    einer    der    wichtigsten    Provinzen 
drohte,  —  Parteien  sind  immer  bereit,  den  Staat  ihrem  Interesse 
aufzuopfern    —    als    weil    er  Bibulus    verstärken    mnsste;    er  war 
zum  Kriege    mit  Cäsar    ohnehin    nicht    gerüstet,    und   beklagte  es 
jetzt   besonders,   dass   Pompejus   ihm   a.  54    nach  der  Niederlage 


88)   App.  2,  US.    Tgl.  2.  Th.  483  n.  Pomp.  UIv.  a.  70.  89)  Obea 

5.  36  Cn.    2.  Th.  H9.  90)   ad  AU.  5,  21.  {.  2.   (rgl.  das.  5,  18.  {.  I.) 

91)    Das.    6,    1.    §.    11.  92)     ad    Faiu.    13,    57.     ad   All.    6,    2  —  5. 

93)    ad  Fam.  2,  17.    ad  Alt.  G,  6.  J.3:  LacrediliUis  felicitas.     Das.  7,  2fiu.: 
Rej[>enle  Bibiilam  semiTiTiun  reliquernut. 


396  XXI.    lULII.        (31.  §.38.)', 

des  Tihirius  und  Coffa  eine  Legioii  geüeLen  hafte.  "'')  Indess 
en(deckfe  er  bald,  dass  sich  eine  Geleg-enheit  zeigte,  sie  mit 
ä;iitem  Scheine  zurückzufordern  und  noch  mehr,  und  beschloss  auf 
dfii  Antrag  des  C'onsuk  C.  Marcellus,  dass  sowohl  Cäsar  als 
Pompejus  eine  Legion  an  Bibulus  abgeben  solle.  ^*)  Pompejus 
Jjalle  diess  bewirkt;  er  schien  aber  nur  zu  gehorchen,  als  er 
Cäsar  ersuchte,  jene  Legion,  welche  in  dessen  Provinz  ausgehoben 
war,  zu  entlassen,  da  sie  eine  andere  Bestimmung  erhalten  habe 
und  in  Gallien  fetzt  entbehrlich  sei;  eine  zweite  verlangte  der 
Senat  von  ihm,  vielleicht  mit  der  geheimen  Hoffnung,  dass  er 
die  Probe  nicht  bestehen,  und  dann  gegen  den  Willen  seines 
Nebenbuhlers  der  Krieg  beginnen  werde.  Wenn  er  sich  fügte, 
so  mnsste  diess  in  Betreff  seiner  eigenen  Forderungen  das  gün- 
stige Vorurtheil  erregen,  dass  er  nur  Billiges  und  Gerechtes 
wolle,  und  seine  Feinde  erschienen  in  einer  gehässigen  und  ver- 
ächtlichen Gestalt,  wenn  die  Truppen  in  Italien  blieben,  wie  er 
voraussah,^')  er  erhielt  dadurch  neuen  Anlass  zu  Beschwerden, 
neuen  Vorwand,  sich  nicht  von  seinem  Heere  zuwennen,  und 
den  Abgang  zu  ersetzen.  ^ ')  Deshalb  übergab  er  die  geliehene 
Legion,  die  erste  genannt',  **)  Appius  Claudius,  dem  älteren 
Neffen  des  gleichnamigen  Censors,  ®^)  nnd  die  fünfzehnte  im 
cisalpinischen  Gallien,  deren  Stelle  die  dreizehnte  einnahm,  schloss 
sieh  an  sie  an.  '"")  Beide  beschenkte  er,  den  Mann  mit  250 
Denaren,  und  die  Anführer  nach  Verhältnlss,  •)  wodurch  er 
sich  ihrer  Treue  versichern  und  sie  ihrem  künftigen  Feldherrn 
verdächtig  machen  wollte.  °)  Marcellus  schickte  sie  nach  Capua, 
weil  in   Syrien   nichts   mehr  zu  fürchten   sei.  *)     Durch  Appius 


94)    Oben   §.   27  fin.    a.   §.  36    A.  93.  95)    Cicero   kannte  dieso 

Verrügiing  in  Cilicien  in  iler  Alilte  des  Jnli.  ad  Farn.  2, 17.  §.  1.  Coelius 
iiherliess  sicti  ancti  jetzt  noch  der  Hoffnung,  einer  der  beiden  ehemaligen 
Ti'inmvirn  werde  selbst  gegen  die  Parther  ziehen,  nnd  dann  der  Friede 
im  Innern  gesichert  sein,     ad  Fam.  8,  14  fin.  96)  B.  G.  8,  55.    Caes. 

B.   C.  1,  4  fin.    Cic.  ad  Alt.  7,  13.  §.  2.  97)    B.  C.  1,  2.    Dio  40,  65. 

98)   liier  §.  16.  A.  4  — 6  n.  21.  99)  2.  Th.  384.  A.  7.8.  100)  B.C. 

8,  54.    Caes.  B.  C.  3,  88.    Hier  J.  16.  A.  21.    §.  35.  A.  56.  1)  l'lut. 

Caes.  29.    Pomp.  56.    Apii.  2 ,  446.  2)   Gleichwohl  weigerten  sie  sich 

nicht,    gegen    die   Cäsaiianer    zn  fechten.     Caes.   li.  C  I.   c.  3)    B.  0. 

8,  55.    Caes.  B.  C.  I,  4.    Cit.  ad  All.  7,  13.   App.  I.   c.   Dio  40,  66. 


XXI.    lüLII.        (31.5. 38.)        307 

erLielt  man  nnn  auch  NacbricLfen  über  das  Heer  in  Gallien;  er 
Iialle  aber  mit  den  Angen  der  Clandier  ^eseben ,  und  erzäblfe : 
unter  den  .Soldaten  berrsche  grosses  Missverg-uiigen ;  sie  sebnen 
sich  nach  Rübe  und  nach  ihrer  Heimatb;  nie  vrerden  sie  sich 
dazu  hingeben ,  Cäsars  ehrgeizige  Entwürfe  auszufiibren ,  welche 
sie  verabscheuen,  sondern  bei  dem  ersten  Zusammentreffen  mit 
Ponipejus  übergehen.  ')  Dieser  glanbte  ihm ,  und  bebarrte  nun 
um  so  mehr  bei  seiner  Unthätigkeit;  er  vertraute  den  Italern, 
seinen  Liegionen  in  Spanien ,  dem  Heere  des  Gegners  und  der 
Macht  des  Senats,  von  welcher  er  so  eben  einen  Beweis  er- 
halten hatte;  selbst  Cnrio  war  nicht  hinderlich  geworden  und 
dabin  vermocht,  dass  er  sich  auch  der  Anweisung  des  Soldes 
für  seine  Truppen  nicht  länger  widersetzte.  ') 

Wenig  stimmte  die  Ruhe  des  Proconsuls  zu  dem  Ungestüme 
seiner  Partei;  aber  auch  sie  war  in  einem  argen  Widerspruche 
befangen;  schon  zweifelten  Viele,  ob  er  w'ei'de  Legionen  aus 
der  Erde  stampfen  können ,  wie  er  verhiess ,  und  doch  beschleu- 
nigten sie  den  Krieg.  Cnrios  Fordemng,  dciss  nicht  Cäsar  allein, 
sondern  auch  Pompejas  niederlegen  sollte,  halte  die  Verhand- 
lungen zum  Stillslande  gebracht;®)  da  sich  jetzt  manches  günstiger 
stellte,  so  nahm  C.  Marcellns  sie  wieder  auf,  and  zwar  gründete 
er  seinen  Antrag  scheinbar  auf  die  Erklärung  des  Tribuns,  aber 
so,  dass  er  über  Jeden  Proconsul  besonders  stimmen  Hess.  Die 
Rleisteu  waren  der  Bleinnng,  dass  man  Cäsar,  Wenige,  dass  man 
Pompe)us  einen  Nachfolger  geben  müsse.  Durch  diess  Verfahren 
wurde  die  Angelegenheit  eine  Parteisache,  und  zugleich  eine 
persönliche ;  nach  Curios  angeblicher  Absicht  sollte  man  nur  das 
Wohl  des  Slaats  beachten ;  er  veranlasste  daher  eine  Abstimmung 
über  die  Frage:  ob  es  ratbsam  sei,  dass  Beide  entsagten.  Die 
Senatoren,  welche  besonnen  waren,  oder  doch  den  Xiieg  fürch- 
teten, wagten  nnn,  sich  offen  auszusprechen:  370  bejahten,  nur 
22  verneinten.  ')  Curio  gieng  auf  den  Markt,  nicht  als  Cäsa- 
rianer,    sondern    als    Beschützer    des    Rechts    und    der    Republik; 


4)    Plut.  n.  App.  U.  CO.  5)    Cic.  ad  Farn.  8,   14  fin.     Hier  §.  34. 

A.  22.    {.  36.  A.  92.  6)    §.  37.  A.  68  n.  75.  7)    App.  2,  446  hat 

diess  richtiger  dargestellt,  als  Plntarch,  Pomp  98,  nach  welchem  Curio 
Tüllig  gegen  seinen  Grundsatz  den  Senat  znerst  über  jeden  Frocousiil  be- 
scnders  befragte. 


398  XXI.    lüLII.        (31.  §.38.) 

das  Volk,  dessen  Gesinnnnn^en  er  kannte,  sollte  sicl»  änssern, 
und  Marcellus  und  dessen  AnLänger  scLrecken.  Wie  gewölin- 
licli,  wenn  es  einen  näheren  AntLeil  naLui,  war  er  von  dem 
Erfolge  der  BeraÜiungen  in  der  Curie  bereits  unterricLfet;  es 
euii)fieng  den  Tribun  mit  Beifallsgeschrei ,  strenete  iLra  Blumen, 
und  begleitete  iLn  nach  seiner  Wohnung,  ")  nachdem  er  in  einer 
Rede  die  Verkehrtheit  und  Anmassung  des  Pompejus  gerügt 
Latte,  besonders  seinen  Eifer  für  Cäsar  in  seinem  zweiten  Consulat 
a.  55,  imd  die  Willkühr,  mit  welcher  er  ihm  jetzt  rauben  wolle, 
was  er  ihm  selbst  gegeben  habe.  °) 

Mit  den  zornigen  Worten:  wohl,  möge  denn  Cäsar  ener 
Herr  sein!  hatte  G.  Blarcelhis  indess  die  Sitzung  aufgehoben.  '") 
Die  Feigheit  und  Lauheit  des  Senats  und  der  Widerstand  des 
Tribuns,  brachte  ihn  und  seine  Faction  zur  Verzweiflung;  sie 
bedurften  Krieg,  Krieg  um  jeden  Preis,  um  ihren  Hass  zu  be- 
friedigen und  sich  auf  die  Beute  zu  stürzen,  und  erdichteten,  er 
Labe  schon  begonnen,  Cäsar  führe  vier  Legionen  nach  Placentia, 
(Piacenza)  er  sei  im  Anzüge  gegen  Rom.'')  Auf  den  Grund 
dieses  Gerüchtes  sollte  der  Senat  die  Truppen  in  Italien  gegen 
ihfl  aufbieten;  Curio  bewies,  dass  diesseits  der  Alpen  nur  eine 
Legion,  die  dreizehnte,  als  Besatzung  in  die  .Städte  vertheilt  sei, 
lind  vereitelte  die  Absicht  des  Cousuls  durch  seinen  Einsprach. 
Dieser  aber  schrie  höchst  entrüstet,  -wenn  man  mich  hindert,  den 
Senat  beschliessen  zu  lassen,  was  Noth  ist,  so  werde  ich  selbsf 
meine  ]Massregeln  nehmen,  und  eilte  mit  den  erwählten  Consuln 
C.  Marcellus  und  L.  Lentulus  ' ')  und  mit  den  gleichgesinnten 
Senatoren,  besonders  Scipio,  in  den  Garten  des  Pompejus,  ihn 
zur  Vertheidigung  der  Republik  aufzufordern  und  zu  ermächtigen, 
und  zu  dem  Ende  alle  Truppen  in  Italien,  welche  er  nach  Gut- 
dünken durch  neue  Aushebungen  verstärken  sollte ,  zn  seiner 
Verfügung  zu  stellen.  Pompejus  nahm  den  Auftrag  an  für  den 
unglücklichen    Fall ,     dass    man    Gewalt    mit    Gewalt    vertreibeu 


8)    Plnt.  1.  c.   App.   2,  444   erwähnt   es   gelegentlich.  9)    Vgl.   ad 

Fam.  8,  11.  5.  2  n.  2,  12  in.  10)   App.  2,  446.     l'lnt.  Pomp.  58  fin. 

verwechselt    diese   mit    der   folgenden.  11)    ad  Att,    6,    9  fin.:    Idibns 

Oclob.   has   dedi   literas,    qno   die,    iit  scribis ,    Caesar  Placenliam  legioncs 
qnaliior.     Das.  7,   1.  §.  1.     App.  1,  c.  12)    Nicht   mit   seinem  Collegei» 

L.  Paalins,  wie  Appian  sagt. 


XXI.    ITJLn.        (31.§.S8.)        399 

müsse;  ' ')  Jer  Krieg'  war  nngekündigf,  uicLt  von  Cäsar,  sondern 
von  seinen  Gegnern,  und  nicht  von  Senat  nnd  Volk,  sondern 
von  Pompejus  und  dessen  Faclion;  sie  erhoben  sich  über  den 
Senat,  verachteten  den  Widerspruch  des  Tribuns  und  bildeten 
jetzt  schon  das  auswärtige  Roiu.  Älit  grosser  KJiigheit  hatte 
Curio  sich  in  einer  schleclilen  Rolle  bewährt;  er  hatte  die  Aech- 
U\ng  seines  Gönners  verhindert  und  seine  Ansprüche  gültig  er- 
halten; jetzt  erklärte  er  nur  noch  vor  dem  Volke,  Recht  und 
Verfassung  werde  mit  Füssen  getreten,  der  Staat  aus  dem  Lager 
des  Pompejus  regiert,  niemand  sei  zum  Kriegsdienst  verpilichtet; 
dann  gieng  er  nach  dem  10.  December,  an  welchem  sein  Tribunat 
sich  endigte,   zu  Cäsar  nach  Ravenna.  '') 

Schon  früher  hatte  Pompejus  sich  von  Rom  entfernt,  jedoch 
nicht  vor  dem  6.  December,  ' ')  und  vor  dem  1.  Januar  kam  er 
zurück.  Er  reis'te  nicht,  nm  zu  rüsten,  sondern  um  nicht  den 
neuen  Tribunen  M.  Antonius  und  Q,  Cassius  Longinus  '  ^)  über 
seine  Befugnisse  Rede  zn  stehen,  und  indess  seinen  Schwieger- 
vater Bletelhis  Scipio  und  den  Consul  Marcellus  handeln  za 
lassen.  Unter  den  Opiimaten  erregte  es  grosse  Unzufriedenheit, 
dass  er  sich  in  so  schwierigen  Zeilen  den  LJeralliungen  entzog; 
besonders  (adelten  ihn  die  Senatoi'en,  welche  selbst  abwesend 
waren.  '')  Zu  diesen  gehörte  auch  Cicero;  er  hatte  Ciliciea 
verlassen,  und  laudete  am  25.  November  bei  Brundusium;  '  *) 
als  luiperalor  nnd  in  Erwartung'  eines  Triumphs  verschob  er 
seine  Rückkehr  nach  Rom.  Pompejus  äusserte  am  10.  December 
in  einer  zweistündigen  Unterredung  seine  Freude,  ihn  wieder 
zu  sehen;  auch  rieih  er  ihm,  dem  Triumphe  nicht  zu  entsagen; 
er  werde  sich  für  ihn  verwendei.^  nur  möge  er  sich  vor  der 
Entscheidung  Rom  nicht  nähern ,  damit  er  nicht  etwa  in  einer 
Sitzung^  des  Senats  vor  den  TLoren  du;  h  sein  Gutachten  einen 
Tribun  beleidige.  Der  Krieg  sei  kaum  zu  vermeiden;  Cäsar 
wolle    keinen  Vergleich;    noch  kürzlich  habe  ts  sich  davon  über- 


13)  App.  2 ,  447.  Plnt.  Pomp.  58.  59.  Anton.  5.  Dib  40 ,  64.  66. 
Oros.  6,  15  Tcrlegt  die  Legionen,  Tvelche  bei  Capna  standen,  iineh  Lnceria. 
14)  App.  1.  c.  Dio  40,  66  fin.  41,  1.  Plut.  Ant.  6  bringt  Maw-ln-s  auf 
Rechnung  des  Antonius,  -(vas  dnrcli  Cnrio  geschah.  15)    nd  All.  7,4  lin. 

16)    2.  Th.   154.  A.  65.  17)   ad  Alt.  7,  5.  §.4.  18)  ad  Faiu,  16,Q. 

§.  1.    ad  Att.  7,  2  in. 


400  XXF.     lULII.         (31.  §.38.) 

zeugt,  da  Ilirthis,  der  Vertraute  des  Proconsuls,  in  Rom  gewesen 
sei,  ohne  ilin  zu  bfesucLen.  '^)  Durch  solche  MiltheUungen  er- 
hielt Cicero  wenig  Aufschhiss,  auch  -wurde  ihm  die  Aufrichtigkeit 
des  Pompejus  in  einer  andern  Hinsicht  verdächtig,  als  man  ihm 
sagte,  er  solle  die  Vertheidigung  Siciliens  übernehmen,  da  er 
ohnehin  Befehlshaber  sei ;  er  mochte  nicht  gegen  Cäsar  stimmen, 
und  noch  viel  weniger  gegen  ihn  fechten;  weder  der  Senat, 
schrieb  er  an  Atticus ,  noch  das  Volk  haben  es  geboten ,  wenn 
man  ihn  dränge,  werde  er  durch  das  erste  Thor  in  Rom  ein- 
ziehen, welches  er  offen  finde.  ^  °) 

Seine  Briefe  aus  Cilicien,  aus  einer  Zeit,  wo  der  Gedanke 
an  den  Bürgerkrieg  ihn  noch  nicht  beunruhigte,  setzen  es  ausser 
Zweifel,  dass  ihn  wie  jeden  Statthalter  nach  dem  Triumph  ver- 
langte. Stets  sehnte  er  sich  nach  der  Ehre,  welche  dem  Römer 
die  höchste  war,  und  auch  aus  diesem  Grunde  wünschte  er  die 
Fortdauer  des  Friedens.  Aber  die  Aussichten  wurden  immer 
trüber,  die  Gemüther  erhitzten  sich  immer  mehr.  Unter  diesen 
Umständen  dachte  er  auf  Mittel,  parteilos  zu  bleiben;  mit  dem 
Titel  eines  Imperator,  welchen  er  nun  auch  deshalb  nicht  ablegte, 
konnte  er  nicht  in  Rom  sein ,  an  den  gefahrvollen  Berathungen 
in  der  Curie  nicht  Theil  nehmen;  einigermassen  entschuldigle  er 
ihn ,  wenn  er  selbst  vor  der  Stadt  sich  nicht  einfand ,  und  hier 
wie  Pompejus  und  Andere  in  seiner  Lage  den  Senat  unlerstützle. 
Indess  konnte  man  behaupten,  dass-  er  aus  Eitelkeit  und  Eigen- 
liebe dem  Staate  in  so  bedenklicher  Zeit  seine  Dienste  versage ; 
um  gegen  diesen  Vorwurf  gesichert  zu  sein,  gab  er  sich  das 
Ansebn,  als  ob  er  den  Friede,n  zu  erhalten  suche;  diess  machte 
es  nothwendig,  dass  er  sich  /.urückzog,  gegen  keinen  Theil  feind- 
liche Gesinnungen  zeigte,  damit  beide  ihm  vertrauten.  ^ »)  Bleh- 
rere  unter  den  Alten  sind  durch  ihn  getäuscht ;  sie  haben  geglaubt, 
er  sei  als  Vermiltltr  thätig  gewesen.^')  Ohne  Zweifel  wiiuschle 
er  als  solcher  aufzutreten  und  Gehör  zu  finden;  der  Krieg  be- 
drohte ihn  mit  Gefahr  und  Verlust;  wenn  er  ihn  verhinderte, 
so  sichei<e  er  sich  nicht  nur  Leben  und  Güter  und  den  Triumph, 


19)    ad  Att.   7,   4.   §.  2.     2.  Th.  603.  A.  77.  20)    ad  All.  7,  7. 

21)   Das.  7,  3.  §.  3 :  Ipsuin  Pompeiam  separatim  ad  cOncordiam  tiorlabor.   — 
Uic   omnia  facere  omiies,   ne  ariiiis  decerletur.  22)   Vellej.  2,  4Ö  iin, 

Hut.  toiup.  59.    Caes.  31.    Cic.  37. 


XXI.     lüLn.         (31.  §.38.)         401 

sondern  ein  so  grosses  Verdienst  mnsste  Uim  auch  wieder  Einfluss 
verscLafFen.  ' ')  Ueberdiess  war  die  senatoriscLe  Partei  nicht 
zum  Kampfe  vorbereitet,'*)  und  die  andre  stark,  und  befugt, 
sich  auf  die  Gesetze  zu  beziehen ,  ")  deren  Ausführung  ihm 
daher  zweckmässig  zu  sein  schien.*^)  Aber  er  wussle  jetzt  sehr 
wohl,  dass  die  Parteihaupler  keinen  Frieden  wollten,  dass  Cäsar 
nur  zum  Schein  die  Hand  zur  Versöhnung  bot,  und  Pompejus 
nicht  einmal  frei  war,  dass  endlich  er  selbst  durch  seine  Hin- 
neigung zu  den  Triumvirn  nach  dem  Exil,  ^')  durch  sein  Schwei- 
gen, wenn  es  galt,  die  Republik  gegen  sie  zu  yertheidigeu,  und 
durch  seine  wohlbekannte  Erbitterung  gegen  die  Machthaber, 
welche  diess  Schweigen  erzwangen,  das  Vertrauen  aller  Grossen 
Terlorön  hatte,  und  sie  also  auch  dann,  wenn  sie  einen  Vermittler 
suchten,  Uin  zuletzt  wählen  würden.  In  dem  Berichte  über  seine 
erste  Zusammenkunft  mit  Pompejus  zeigt  sich  keine  Spur,  dass 
dieser  ihn  aufforderte,  die  Einigkeit  herzustellen,  oder  dass  er 
selbst  Worte  des  Friedens  sprach,'*)  und  noch  viel  weniger 
war  bei  der  zweiten  am  Ende  des  December  die  Rede  davon.  '  ^J 
Cäsar  schrieb  ilim  in  den  verbindlichsten  Ausdrücken;  '")  schon 
auf  der  Rückreise  von  Cilicien  erhielt  er  Briefe  von  ihm  und 
von  Pompejus,  Beide  rechneten  auf  seinen  Beifall  und  auf  seinen 
Beistand,  ^')  und  er  verfehlte  nicht,  ihre  Aufmerksamkeit  zu  er- 
wiedern,   obgleich  er   einsah,   „dass  sie   nur  um  die  Herrschaft 


23)  ad  Att.  7,  3.  §.  2:  Sito  ad  concordiam  res  addnci  potest,  sive 
ad  bonortun  Tictoriam ;  utrinsvis  rei  me  aut  adintorem  velim  esse,  ant  certe 
non  expertem.  24)    Das.   7,  6:    Kisi  foite  haec  iUi  tum  arma  dedimus, 

«t  nnnc  cnm  bene  parato  pngnaremns.     Das.  7,  7.  f.  5.  25)    Das.  7,  7. 

$.  6 :  Cum  hoc  ant  depngnandnm  est,  aut  hahenda  e  lege  ratio.  Hier  S.  34, 
A.  33.  26)   Das.  7,  6,  §.4:   Ego  iü  sum,  qui  Uli  coucedi  putem  utilius 

esse,  qnod  postnlat,  quam  signa  conferri.  Das.  7,  6 :  De  re  publica  Talde 
timeo;  nee  adhuc  fere  inveni,  qui  non  coucedendum  pularet  Caesari,  qnod 
postularet,  potius,  quam  depugnandnin.  Das.  7,  7.  §.5:  Oiüd  ergo?  Exer- 
cilnm  relinentis,  quum  legis  dies  transierit,  ralionem  haberi  placet?  Alihi 
vero  ne  absentis  qnidem.  Sed  qnnm  id  datnm  est,  illud  nna  datum  est. 
Annorum    enim    decem   imperium.     Das.   7,   9.  27)     Das.    7,    1.    §.2: 

Videsne,  nt  te  auctore  sim  lUrnmqne  coraplexns?  —  We  «terque  nnmerat 
snum    nisi   feite   simnlat  alter.  28)    Das.  7,4.  §.  2.  29)   S.  unten 

A.  35.  30)   ad  Att.  7,  3.  §.  8:   lUe  mihi  literas  blandas  mittit.     l'acit 

idem  pro  eo  Baibus.  31)   Oben  A.  27. 

UruuiWHi,   Ucschidilc  Hums  111.  26 


402  XXI.    lULlI.        (31.5.38.) 

stritten",  '')  aber  and»  Cäsar  nahm  seine  Verwendang  noch  nicht 
in  Anspruch. 

Dieser  hatte  clafür  gesorg;(,  das9  Cnrio  in  seinem  ehemaligen 
Quästor,  dem  Tribun  M.  Antonius  einen  eben  so  verwegenen 
Nachfolger  erhielt,  welcher  am  23.  December  in  einer  Rede  an 
das  Volk  das  ganze  öffentliche  Leben  des  Pompejns  durchgieng, 
nnd  alles  Gehässige  hervorhob,  besonders  die  Verurtheilung  vieler 
Bürger  nach  seinem  Gesetze  über  Bestechungen  bei  den  Wah- 
len'^) nnd  sein  wiederholtes  Einschreiten  an  der  Spitze  der 
Bewaffneten,  mit  welchen  er,  der  Proconsul  von  Spanien,  vor 
den  Thoren  von  Rom  lagerte ,  und  es  beherrschte.  ' ')  Blan 
schickte  Pompejns  eine  Abschrift,  nnd  er  theilte  sie  Cicero  mit, 
als  er  am  27.  December  ihn  bei  Lavemium  einholte  und  bi:< 
Formiä  begleitete,  von  der  achten  römischen  Stunde  bis  zum 
Abend.")  Er  bemerkte,  ans  der  kecken  Sprache  de»  Tribuns 
könne  man  abnehmen ,  was  von  Cäsar  als  Consul  zu  erwarten 
sei,  auch  wenn  er  zuvor  in  den  Provinzen  niederlege.  Wahr- 
scheinlich werde  er  jedoch  auf  die  Nachricht,  dass  man  gegen 
ihn  rüste ,  im  nächsten  Jahre  ^  *)  sich  nicht  um  das  Consulat  be- 
werben nnd  Heer  nnd  Provinzen  vorziehen.  Wenn  er  aber  edle 
Schranken  durchbreche,  so  habe  man  die  Blittel,  ihn  mit  semen 
höchst  unverschämten  Forderungen  zurückzuweisen ;  besser  offener 
Krieg,  als  Ungewisser  Friede,  und  was  auch  geschehen  möge,  sei 
die  Freiheit  mehr  als  das  Leben.  Die  Worte  des  grossen  Feld- 
Lerm  beruhigten  Cicero,  ' ')  wenn  auch  nur  für  den  Augenblick, 
da  er  sich  bald,  wie  schon  früher,  gestehen  musste,  dass  man  zu 
einer  solchen  Zuversicht  wenig  berechtigt  sei. 

Aber  Cäsar  schien  in  der  That  zu  fürchten.  Er  war  in 
Bavenna,  an  der  südlichen  Gränze  seiner  cisalpiuischen  Provinz, 
welche   nur    die    dreizehnte   Legion    besetzt    hielt.  '^)      Um    so 


32)    ad  Art.  7,  3.  §.  2.  33)  Oben  §.  34.  A.  5.  34)   ad  Alt. 

7,  8.   §.  4.  35)   Cicero  äassert  sich  I.  c.  über  diese  zweite  „gelieime" 

Unterredung,  und  ergänzt  den  Bericht  ad  Att.  7,  9:  ut  idem  dicif ;  —  ut 
ait  idem  (Pompeins).  36)    Hoc  anno,     ad  Att.  7,  8.   §.  4.    Hier  §.  17. 

A.  86.  37)  Levabar  cnra,  yirum  fortem  et  perilnm  et  plurimum  anrto- 
rilate  Talentem  audiens.  ad  A«.  1.  c.  38)  5000  Mann  zu  Fnss  und 
300   Kenler.     Plnt.    comp.    AgesU.   c.   Pomp.  3.    Caes.   32.    App.  2,  447. 

B.  G.  8,  55.    Caes.  B.  C.  1,  5.    Oros.  6,  15. 


XXI.    lULII.        (3i.§.  3S.)        403 

mehr  sollte  man  glaubeu ,  dass  er  Jarch  seine  AnnaLerung'  die 
ünferliandJung-en  erleicLiern  'wolle.  Carlos  Ralh,  nun  oLne  Auf- 
ecLub  mit  dem  ganzen  Heere  geg-en  Rom  zu  zieLeu,  VTirde  von 
ihm  ver\>orfen ,  wie  seLr  er  ihm  für  seine  treuen  Dienste 
dankte,  ^')  und  der  Bote  des  Krieges  in  einen  Friedens -Herold 
mngeschaffen.  Cäsar  entliess  ihn  am  29.  December ''")  mit  einem 
an  den  Senat  und  an  die  neuen  Consuln  gerichteten  Schreiben, 
worin  er  seine  Thaten  erwähnte,  die  gegen  ihn  vorgebrachten 
Beschuldigungen  widerlegte,  und  sich  erbot,  in  den  Priratstand 
zurückzukehren ,  wenn  auch  Pompejns  sich  dazu  entschliesse ; 
wenn  man  aber  noch  ferner  es  aar  von  ihm  verlange,  ihm  zn- 
mnthe ,  sich  seinen  Feinden  auszuliefern ,  so  werde  er  auf  seine 
Sicherheit  bedacht  sein.*')  Zugleich  ermächtigte  er  die  Freunde 
in  Rom,  in  Briefen,  welche  ihnen  von  Curio  eingehä"ndigt,  oder 
doch  um  diese  Zeit  abgeschickt  wurden,  sich  mit  den  Gegnern 
dahin  za  einigen,  dass  ihm  bis  zu  den  Wahlen  und  bis  zum 
Antritt'  seines  zweiten  Consulats  *-)  zwei  Legionen  und  das 
diesseitige  Gallien  und  Illyrien,*^)  oder  wenigstens  eine  Legion 
und  Illjrien  verblieben.  * ')  Seine  Forderungen  musste  Jeder 
Unbefangene  billig  finden,'^)  zumal  da  M.  Cato  geschworen 
hatte,  ihn  anzuklagen,  sobald  er  Privatmann  sei,  nnd  Andere 
verkündigten :  diess  solle  unter  dem  Schulze  der  Bewaffneten 
ein  zweites  Gericht  des  BIUo  werden ;  *  ^)  man  durfte  sich  nicht 
auf  Verbannung  beschränken ,  bei  solchen  Gelegenheiten  war 
schon  ]yiancher   im  Getümmel  ermordet.     Freilich  konnte  eine  so 


39)   Oben  A.  14.    App.  1.  c    Cic.  ad  Fant    16,  11.  §.  2 :   Cnrio  mens 
illniii  incitabat.  40)    App.  L  c.     la   drei  Tagen  legte  Curio  den  AVeg 

znTÜck   nnd   am   1.  Janaar  entledigte  er  sich  seines  Auftrags.  41)    Die 

4],  I.  App.  2,  448.  Snet.  29,  30,  tvelcher  diess  irrig  vor  seiner  Anknnfl 
IQ  Italien  geschehen  lässt,  Cic.  ad  Farn.  I.  c. :  Minaces  ad  senatum  et  acer- 
bas    literas    miserat.  42)     Am  I.  Jannar  48.  43)    App.  2,  447  fin. 

Flut.  Pomp,  59.  Caes.  31.  vgl.  Anton.  5.  Cato  51  vrirft  nicht  mir  Sachen 
«ind  Zeiten  dnrch  einander,  sondern  er  glaubt  auch,  der  A'orscUag  sei  von 
Cicero  als  Vermittler  ausgegangen.    Sneton.  29.  44)  Vellej.  2,  49.  ^  5. 

Plnt.  Pomp.  1.  c.  Nach  .Sneton.  1.  c.  wollte  Cäsar  8  oder  9  Legionen  ab- 
geben ,  nnd  zwei  oder  eine  behalten ;  er  zählte  aber  nur  9  ,  seit  man  ihm 
zwei  unter  dem  Verwände  des  parihischen  Krieges  enlzogeu  halte.  Oben 
§.  16.  A.  32.  45)    Lenissim»  poslulaia.     Caes.  B.  C.  1,5.  46)  Sue- 

Ion.    30. 

2G* 


404  XXI.     lULn.         (31.  §.39.)  J 

hoch  gesteigerte  Verstellung'  Cäsar  schaden ,  wenn  Pompejns, 
■welcher  am  Ende  des  Jahrs  von  der  Reise  zurückkam,  sich  fiigte, 
wie  es  scheinen  sollte,*')  denn  er  wurde  dann  von  dessen 
Truppen  in  Spanien,  von  dem  neuen  Proconsul  im  jenseitigen 
Gallien,  und  von  den  Feinden  in  Italien  eingeschlossen,  aber  er 
vertraute  ihrer  wilden  Kampflust  und  den  Legionen  in  Gallien ; 
sie  waren  die  seinigen,  wer  sie  auch  befehligen  mochte. 


§    39. 

a.  49.  Man  durfte  nun  endlich  hoffen,  mit  einer  Kriegs- 
erklärung gegen  Cäsar  durchzudringen ;  beide  Consuln  waren 
dafür,  C.  Marcellus ,  ein  Mann  ohne  eigenen  Willen,  aber  mn 
so  fügsamer  unter  der  Leitung  seiner  Verwandten,  besonders 
seines  Bruders  Marcus,  Cos.  51,  und  L.  Lentulus  Crus,  dessen 
Schulden  nur  mit  Bürgerblute  getilgt  werden  konnten.**)  Sie 
versammelten  den  Senat  am  1.  Januar*')  in  der  Stadt,  ein 
Beweis,  dass  Pompejus  sich  nicht  einfinden,  sondern  als  Feldherr 
die  Befehle  der  Regierung  erwarten  wollte;  '")  sein  Schwieger- 
vater Metellus  Scipio  war  bestimmt,  in  seinem  Namen  zu  handeln. 
Aber  auch  die  Gegner  hatten  sich  vorbereitet.  Cnrio  übergab 
den  Consuln  Cäsars  Schreiben  im  Senat,")  wodurch  er  es 
unmöglich  machte ,  es  zu  unterdrücken ,  und  die  V.  Tribüne 
M.  Antonius  und  Q.  Cassius  Longinus  erzwangen  die  Vor- 
lesung; '^)  ihr  Antrag,  dass  darüber  verhandelt  und  abgestimmt 
werde,  blieb  unbeachtet,'^)  und  zwar  verschafften  die  Drohungen 
am  Schlüsse  des  Briefs  einen  willkommenen  Vorwand,  iLn  unter 
dem  Geschrei,  diess  heisse  den  Krieg  ankündigen,  durch  die 
Tagesordnung  zu  beseitigen.**)     Die  Consuln  veranlassten  darauf 


47)   App.  2,  447  Cn.    Plnt.  Pomp.  59.    Caes.  31.   VeUej.  2,  48.  §.  5. 
48)  2.  Th.  398.  548.  49)    Cic.  2  PhU.  21.   App.  2 ,  447.    Die  41 ,  1. 

50)    Caes.  B.  C.  1,  2.  3.  6.  51)     App.   n.    Dio   U.   cc.    nennen    Coric, 

nicht  den  Legaten  C.  Fa])ius;  (oben  {-.  10.  A.  87)  die  Lesart  a  Fabio 
Caes.  li,  C.  1,  1  beruht  auf  einem  Irrthume  der  Abschreiber.  .S.  Oudend. 
das  52)    Caes.   I.   c.    Dio  I.  c.    Flut.   Anton.  5.    Cato  51.     Derselbe 

erzählt  Caes.  30.  Pomp.  59  Antonius  habe  den  Brief  gegen  dea  Willen  der 
Cuiuuln  dem  Volke  niitgelhcilt.  53)    Caes.  1.  c.  54)    App.  2,  448. 

TeUej.  2 ,  49.  §,  4.     Nach  Dio  41 ,  2   wurde   im  Senat  darüber  geslimml 


XXI.    lULII.        (31.  §.39.)        405 

eine  BeratLnng  über  den  Znstand  des  Reicbs,  und  deuteten  damit 
;in,  ^vas  jeder  ^Yusste,  dass  es  in  GefaLr  sei,  und  nur  durch 
emsserordentliche  Blassregelu  g-ereflet  werden  könne,  ■welche  aus- 
zrifüLren  Lentulus  sich  bereit  erklärte,  wenn  man  einen  kühnen 
und  männlichen  Enischluss  lasse,  wenn  man  dagegen  wieder  aus 
Furcht  vor  Cäsar  zurückhalte,  oder  aus  Gunst  ihn  schone,  so 
^^erde  auch  er  sich  mit  ihm  zu  einig-en  wissen.  In  demselben 
Sinne  sprach  Scipio :  Pompejus  biete  dem  Staate  seine  Hülfe  an, 
unter  der  Bedingung',  dass  man  sich  treu  und  fest  an  ihn  an- 
schliesse;  spater  werde  man  sich  vergebens  an  ihn  wenden;  es 
sei  jetzt  nichts  übrig,  als  dass  man  Cäsar  befehle,  vor  einem  ge- 
wissen Tage  das  Heer  zn  entlassen,  nud  wenn  er  nicht  gehorche, 
ihn  als  Reichsfeind  zu  ächten.  Dennoch  warnte  sogar  BI.  Mar- 
cellns  vor  üebereilung :  ehe  mau  zum  Aeussersten  schreite,  müsse 
man  rüsten;  M.  Caliilius  verlaugte,  Pompejus  möge  sich  in  seine 
Provinzen  begeben,  dann  sei  keine  Ursach  zum  Kriege,  und 
M.  Coelius  Kufus ,  Curio,  Antonius,  (J.  Cassius  und  Andere 
traten  ihm  bei,  aber  Lentulus  schmähte  sie;  der  Waffen  bedürfe 
es,  nicht  mehr  der  Worte,  und  Hess  nur  über  .Scipios  Gutachten 
abstimmen,  welches  von  den  Bleisten  genehmigt  wurde.  ")  Cäsar 
sollte  also  ohnerachtet  der  ihm  gewordenen  Vergüustigung-  '  ^)  in 
den  nächsten  Wahlcomitien  als  Privatmann  und  in  Person  sich 
bewerben ,  er  soUte  sich  den  Gerichten  stellen.  Obgleich  sein 
Schicksal  nicht  von  der  Curie  abhieug,  so  war  es  doch  für  seinen 
Ruf  von  Wichtigkeit,  dass  er  und  nicht  der  Nebenbuhler  sich 
auf  öffeulliche  Beschlüsse  beziehen  konnte;  Antonius  und  Q.  Cas- 
sius thaten  daher  Einspruch.  *')  ]Man  hatte  diess  vor  zwei  Jahren 
für    einen   solchen   Fall  bei   harter  Strafe  untersagt;'*)    deshalb 


ob  Pompejus,  und  dann  ob  Cäsar,  nnd  nach  Plnt.  Ant.  u.  Cato  11.  cc.  zuletzt 
ancb  auf  Antonius  Verlangen ,  ob  Beide  Heer  nnd  Provinzen  niederlegen 
sollten;  sie  verwechseln  diese  Sitzung  mit  einer  früheren.  Oben  §.  38. 
A.  7.  55)     Caes.   1,    2.     Liv.    109.    VeUej    2,  49.   §.  5.     Sueton.   30. 

Flor.  4,  2.  {.  15.  Eutrop.  6,  19  (16).  Dio  n.  App.  11.  cc.  Plnt.  Caes.  30. 
56)    Oben  §.  34.    A.  34.  57)    Nicht  ohne  Grund  halte  Pompejns  schon 

früher  geäussert:  Omues  oportere  senatni  diclo  audientes  esse.  Cic.  ad 
Fain.  8,  4.  Cicero  verninthete  im  vorigen  Jahre,  dass  die  Dingo  sich  so 
entwickeln  werden,  vie  es  jetzt  geschah,     ad  At«.  7,  9.  58)    «d  Faui. 

ö,  8.   J.  3.   Oben  J.  36.  A.  8. 


4Ö6  XXI.    lULII.         (31.  §.390 

erfolgte  eine  Umfrage  über  die  Gültigkeit  des  tribnniciscLen  Ver- 
faLiens,  und  der  Senatsbeschlass  wurde  nach  neuen,  heftigen 
Angiilfen  auf  Cäsar  und  dessen  Freunde  niedergeschrieben. 

Ihre  Gegner  legten  Traner  an,  ein  gewöhnlicher  Kunstgriff, 
wodurch  man  auf  die  Menge  zu  wirken  suchte; 'S)  weder  die 
Tribüne  konnten  sie  daran  hindern,  noch  die  Drohung  des  Cen- 
turio,  welcher  aus  Cäsars  Lager  gekommen  war,  und  am  Ein- 
gange der  Curie  mit  den  Worten:  dieses  wird  ihm  verschaffen, 
was  er  fordert,  an  sein  Schwerdt  schlug.  «°)  Pompejus  beschied 
sie  an  demselben  Abend  in  seinen  Garten;  er  lobte,  tadelte, 
empfahl  Beharrlichkeit,  und  schickte  einen  Theil  seiner  Veteranen 
und  der  beit'jn  Legionen  Cäsars,  deren  er  sich  bemächligt  hatte, 
in  die  Stadt,  damit  sie  Scipios  Antrag  gegen  die  Tribüne  in 
Schutz  nahmen  und  die  Furchtsamen  ermuthigten;  auch  wurden 
Alle,  welche  ferner  für  Gutgesinnte  gelten  wollten,  in  den  Senat 
entboten.  So  kam  dieser,  zwei  Comifial  -  Tage  ausgenommen, 
bis  zum  6.  Januar  täglich  zusammen;^')  Mässigung  und  Be- 
sonnenheit machten  verdächtig,  und  um  gehört  zu  werden,  musste 
mau  in  Lentulus,  Scipios  und  Catos  Rriegsgeschrei  einstimmen.  ^  ^) 
Der  Censor  L.  Piso  Cäsoninus,  welcher  den  Frieden  mehr  liebte, 
als  seinen  Schwiegersohn,  war  der  Meinung,  dass  man  diesem 
wenig':.ens  antworten  und  seine  weiteren  Vorschläge  entgegen 
nehmen  müsse;  er  forderte  mit  dem  Prätor  L.  Boscius  zur  Beise 
nach  Bavenna  nur  eine  Frist  von  sechs  Tagen;  an  Cäsar  sollte 
aber  nur  Eine  Botschaft  gelangen,  der  Beschluss  vom  ersten 
Januar.  Als  Antonius  und  Q.  Cassius  bei  ihrem  Widerspruche 
beharrten ,  die  Gemüther  sich  erhitzten  und  der  Wortwechsel  in 
Gewaltthätigkeiten  überzugehen  drohte,  wozu  es  nur  eines  Winks 
an  die  Bewaffneten  bedurfte,  verwies  Lentulus  am  6.  Januar  die 


59)  Dio  4l ,  3,  Plut.  Pomp.  59.  Caes.  30.  Die  Constilare  wareni 
immer  .-insgenommen ;  um  so  mehr  TerpHichteten  sie  ihre  Partei,  ■wenn  sie 
deren  Beispiele   folgten.  60)    Plnt.  Pomp.   58.    Caes.  29.    Zon.   10,  7. 

App.  2,  443  erzählt  es  in  dei'  Geschichte  des  J,  51  TOn  Cäsar  selbst, 
■welcher  damals  noch  nicht  durch  ein  so  nnzvreiclentigcs  Zeichen  seine  Ah- 
sichten  kund  gab ;  aber  ein  Centurio  Octavians  iinsserte  sich  a.  43  auf 
Shnlicho  Art;  2.  Th.  332.  A.  70,  wie  man  überhaupt  im  dritten  Bürger- 
kriege Cäsar  und  dessen  Veteranen  znm  Muster  nahm.  61)  Caes.  1,  5. 
62)    Uurs.   1,  4.    l'liit.  Anton,  ä.  Cato  51. 


XXI.    lULII.        (31.  $.39.)        407 

beiden  Tribiiue  aus  dem  Senat.  '  ^)  Dieser  ermäcLtig-te  an  dem- 
selben Tag-  die  Consnln,  Präloren,  V.  Tribüne  und  die  Consiilare, 
welcLe  als  Anfiilirer  sich  in  der  NaLe  der  Stadt  befanden ,  über 
die  Sicherheit  der  Republik,  zu  •wachen ,  wodurch  in  der  That 
Cäsar  der  Krieg  angekündigt  und  Pompejus  zum  OberbefeLIs- 
liaber  gegen  ihn  ernannt  wurde,  obgleich  es  zu  seinem  grössten 
IiüssTergniigen  auch  Cicero  angieng,  da  er  nach  der  Rückkehr 
iiiis  C'ilicien  die  Lictoren  noch  nicht  entlassen  hatte.  ^*)  So  war 
demnach  Cäsars  Absicht  erreicht;  die  Aristocralie  trat  zuerst 
;;ejren  ihn  in  die  Schranken,  und  ihr  erster  Schritt  war  ein  Ver- 
lirechen.  Antonius  und  Q.  Cassius  verstanden  ihre  Rolle,  welche 
\\ eilig  Scharfsinn  erforderte;®')  ihre  Verfolgung  war  in  den 
Gesetzen  mit  Fluch  verpönt;  sie  sprachen  ihn  aus,  und  handelten 
wie  Älenschen ,  für  welche  es  in  Rom  keine  Sicherheit  mehr 
yab ;  in  der  Nacht  vom  6.  auf  den  7.  Januar  reis'ten  sie  in 
.Sclavenkleidern  und  auf  einem  Bliethwagen  mit  Curio  und  Coelius 
zu  Cäsar;  Tribüne  entflohen  vor  Consuln  und  Senat,  die  Un- 
verletzlichen mussten  Schutz  suchen  bei  den  Legionen,  ihre  EUe 
und  Vermummung  verrieth  die   Grösse  der  Gefahr,  **) 

lu    den    nächsten    Tagen    beriefen    die    Consulu    den    Senat 


63)  Am  siebenten,  in  der  nächsten  NacBf,  Terliesseu  sie  die  Stadf, 
C'aes.  1,5.  App.  2 ,  448 ,  aber  scboa  am  sechsten ,  '.to  sich  nnn  anch  deu 
Consnln  kein  Hinderniss  mehr  zeigte,  yrurden  sie  ans  der  Curie  entfernt, 
nnd  nicht  durch  einen  scheinbar  vfohlgemeinten  Rath ,  etrra  durch  die  Er- 
klürnng  des  Lentulas,  dass  er  ihre  Sicherheit  nicht  länger  verbürgen  könne, 
Dio  41,  3,  sondern  dnrch  ein  Machtgebot.  Urbe  pnlsi,  sagt  anch  lar.  109. 
Snelon.  31.  Lncan.  1,  278.  Dionys.  H.  8,  87.  Plnt.  Caes.  31,  vro  statt 
Cassins  Curio  genannt  Tvird.  App.  1.  c. :  Antonius  gieng  mit  Verwünschnn- 
gen ,  und  Cnssius  und  Curio  folgten  ihm ,  denn  man  sah  schon  die  Soldaten 
des  Pompejus  die  Cnrie  umringen;  Zonar.  10,  7.  und  diesen  Augenblick 
mosste  Antonius  erwarten,  ivenn  der  Zweck  der  Flucht  erreicht  werdea 
sollte.  ^'nUa  vi  expulsns,  Cic.  ad  Fam.  16,  II.  ^.  2,  würde  er  die  tribn- 
nicischen  Rechte  verwirkt  haben,  nicht  aber  zu  Klagen  befugt  gewesen 
sein.       Noch    mehr    werden    diese     Ereignisse    2    Phil.    21.     22     entstellt. 

64)  Caes.  I,  S.   Cic.  ad  Fam.  1.  c.    ad  Alt.  10,  8.  T.  4.  p.  210.  ed.  Schütz. 

65)  Cicero  sagte  vorher  ad  Att.  7,  9:  Ire  ad  arma,  aut  hanc  onam  ob 
causam,  quod  ratio  non  babeatnr,  aut  addita  causa,  si  forte  tribunus  pl. 
senaliira  impediens  —  aut  snblatns,  ant  expnlsus  sit,  dicensve,  se  expulsuin, 
ad  iUiim  confngerit.  66)  S.  dio  Stellen  in  A,  63  n.  Dio  41,  3.  45,  27. 
•JO,    11.    Lucau.   1,  269.    Oros.  6,    15. 


408  XXI.     lULII.  (31.  §.39.) 

ausserhalb  Aer  Stadt;  denn  nun  erschien  auch  Pompejus,  nm  zu 
veriielimen ,  was  auf  sein  Anstiften  gescLeben  war ;  er  erkannte 
den  Mu(h  und  die  Festigkeit  der  Väter  an,  der  Partei,  welcher 
er  durch  seine  Krieger  den  Sieg  verschafft  Latte,  und  erklärte 
sich  bereit ,  den  Beschluss  über  die  Vertheidig-ung  der  Republik 
zu  vollziehen;  jetzt  schon  zähle  er  zehn  Legionen,*')  und  er 
wisse,  dass  Cäsars  Heer  nicht  gegen  Mitbürger  fechten  werde.*') 
Man  gab  ihm  nun  noch  insbesondre  den  Auftrag,  welchen  er  im 
vorigen  Jalire  auf  eine  gesetzwidrige  Art  erhalfen  hatte,  *^)  in 
Italien  zu  werben;  auch  wurde  Geld  zur  Besoldung  ans  dem 
Schatze  angewiesen.  ' ")  Durch  Pompejus  Schuld  hatte  sich  diess 
Alles  verzögert ;  nm  das  Versäumte  einzubringen ,  iheilfe  man 
vor  dem  12.  Januar")  die  Halbinsel  in  Kreise,  und  ernannte 
für  jeden  einen  Vorstand,  Blaiuischaft  auszuheben  und  Geld  ein- 
zutreiben. Die  Optimaten  durften  wählen,  wenn  die  herrschende 
Partei  ihnen  vertraute.  So  entschied  sich  Cicero  für  die  cam- 
panische Küste,  weil  er  hier  Güter  besass,  und  dem  Kriegs- 
schauplätze fem  zu  bleiben  hoffte.'^)  In  Elrurien  sollte  L. 
Scribonius  Llbo  rüsten;'^)  auf  der  östlichen  Küste  im  Pice- 
nischen  P.  Lentulus  Spinther  (Cos.  57)  zu  Asculum'*),  und 
P.  Attius  Varus  zu  Auximum  und  Cingnium,'*)  spater  auch 
L.  Vibullius  Rufus,'*)  nnd  iu  Umbrien  zu  Iguvium  Q.  Mi- 
nucius  Thermus.  '  ') 

Blit  Benutzung  des  Beschlusses,  welcher  erst  fünf  Jahr  nach 
dem  städischen  Amte  eine  Verwaltung  der  Provinzen  gestattete,  '  ") 
Terfü"gte  man  willkührlich  auch  über  diese.  Die  consularischen, 
Syrien  und  das  jenseilige  Gallien,  bestimmte  man  Metellus  Scipio 
Cos.  52,  und  L.  Domitius  Ahenobarbus  Cos.  54.  '  *)     Unter  den 


67)  In  Spanien  sieben  nnd  in  Italien  drei.  68)   Caes.  1,6.    Hier 

§.   38.   A.   4.  69)    Oben    §.   38.   A.  12.  70)    Caes.  1 ,  6.  9.     Dio 

41,  3.    App.  2,  449.  71)    Cic.  ad  Fam.   16,  11.  72)    ad  Farn.  I.  c. 

n.  16,  12.  ad  Alt.  7,  11.  14.  8,  3.  11.  12.  10,  8.  Unten  j.  41.  A.  38. 
73)   Flor.  4,  2.  {.  19.    Lacan.  2,  462.  74)    Caes.  1,  15.    Cic.  ad  Atl. 

7,  23.    Lucaii.  2,  469.  75)    Caes.  1,  12.  13.    Cic.  ad  Att.   7,   13.   vgl. 

7,  11.  15.  20.   Luc.  2,  466.  76)    Caes.  1,  15.   Cic.  ad  Alt.  7,  24.  Tgl. 

8,  15.  77)  Caes.  1,  12.  Cic.  ad  Atl.  7,  13.  23.  Lnc.  2,  463. 
7«)  Oben  {.  34.  A.  24.  79)  Caes.  1,  6.  Cic.  ad  Faiii.  16,  12.  Sael. 
Caes.   31.    Kcio  2.    App.  2,  448.  450.  479.    Lucau.    7,  607.     Blit   Scipio 


XXI.    lULII.        (31.  §.39.)        409 

prätoriscLen  fiel  Jas  diesseitige  Gallien  M.  Considius  Nonianns 
za; '")  Sicilieii  M.  Cato;*')  Sardinien  AI.  Aurelius  Cotta;  ") 
Africa  L.  Aeliiis  Tubero,'^)  und  Cilicien  P.  Sextius.  ")  Ein 
Ciiriatg^esefz,  welches  den  StattLaltern  die  Befug'iiiss  gab,  Tiiippen 
anzofiihren ,  Lielt  man  für  überflüssig';^')  aiicli  ver'„jnderle  der 
Tribun  L.  Philippus  die  Sendung'  des  Fnustus  Sulla  nacli  IMau- 
ritanien,  und  der  C'onsul  C.  Blarcellus  einen  BescLluss,  'Nvorin 
der  numidiscbe  König  Juba  jetzt  schon  als  Freund  und  Biiudes- 
genoss  anerkannt  -«Tirde.  *  ^) 

Der  Krieg  'war  erz^>'ungen,  den  Worten  sollten  endlicli 
Handlungen  folgen ;  * ')  nun  aber  fehlten  Zeit  und  Mittel.  Die 
sieben  Legionen  in  Spanien  kamen  nur  in  Rechnung,  ■v^'enn  man 
Cäsar  nach  Gallien  zurückwerfen  konnte,*^)  die  zwei  Legionen, 
■welche  ihm  entzogen  waren ,  ■wenn  ein  grösseres  Heer  sie  mit 
sich  fortriss,*')  imd  durch  die  Aushebung  erhielt  man  wenige 
nnd  ungeübte  Mannschaft,  zum  Theil,  weil  die  Optimaten  in 
ihren  Bezirken  nnthätig  blieben.  Nur  in  Erpressungen  wett- 
eiferten fast  Alle;  der  Krieg  lieh  ilinen  einen  willkommenen 
Voi-wand;  selbst  die  Tempel  verloren  ihre  Schätze,^")  und  nicht 
die  ÜMunicipien  allein  erwarteten  den  als  Retter,  welchen  man 
ihnen  als  ihren  Feind  bezeichnete. 

Diess  war  der  Anfang  einer  gewaltsamen  Umkehr,  deren 
Ursachen  in  der  Entwicklung  des  staatsbürgerlichen  nnd  sittlichen 
Lebens  unter  den  Römern  überhaupt  zn  suchen  sind.     Hier  wird 


machte  man  also  eine  Aasnahme,  obgleich  es  allere  Consnlare  gah,  z,  B. 
L.  Marcins  Philippns,  Cos.  56 ;  dieser  ■mirde  aber  ■wegen  seiner  'VerTrandl- 
schaft  mit  Cäsar ,  als  Sliefvater  des  Angnstns ,  übergangen.  Caes.  I.  c. 
Dasselbe  begegnete  M.  Marcellas,  nicht,  Tfeil  er  erst  a.  51  C'onsul  geTcesen 
■war,  als  -weil  er  durch  den  Rath ,  nicht  Krieg  zn  führen,  ehe  man  Tor- 
bereitet   sei,    Missfallen    erregt   hatte.      Caes.    1,    2.    6.  80)    ad   Fam. 

16,  12.   ad  Att.  8,  11.  13.  81)  Caes.  1,  30.    Cic.  ad  Att.  10,  12.  16. 

rint.  Cato  53.    Pomp.  61.  82)     Caes.  1.  c.     Cic.  ad  Att.  10,  16.     Dio 

41,  18.  83)    Caes.  1.  c.    Cic.  p.  Ligar.  7.  8.    Oros.  6,  15.  84)   Cic. 

ad  Fam  5,  20.  §.  3.  ad  Att.  8,  15.  11,  7.  Plnt.  Brut.  4,  vro  die  Lesart 
Sicilien  falsch  ist.     lunü  Ko.  40.  J.  2  in.  85)    Caes.  1,  6.    2.  Th.  492. 

A.   60.   61.  86)     Caes.   1.   c.  87)    Caes.    1.    c.     Dio   41,   9   fia. 

88)   Cic.  ad  Fam.  16,  12.  89)    Spes  omnis  iu  duabus,  invidiose  relenlis, 

pacne  alieiiis  Jtgionibus.     ad  Atl.   7,  13.  ÖO)    Caes.  1,  6.    App.  2,  449. 

Dio  41,  9. 


410  XXI.     lULII.         (31.  §.39.) 

das  Friitere  als  bekannt  vorausg'eselzt ;  es  ist  in  der  Geschichte 
des  Sulla  und  Marius  besprochen,  aus  welcher  hervorgeht,  dass 
der  Kampf  zwischen  der  Nobilität  und  der  Volkspartei  von  Pom- 
))ejus  und  Cäsar  keineswegs  veranlasst ,  sondern  nur  benutzt 
■^^•urde.  Nach  ihrer  Versicherung  zogen  sie  das  Schwerdt  für 
Freiheit  und  Recht.  Cäsar  beklagfe  sich  über  vielfache  Be- 
leidigungen: man  erlaubte  ihm,  sich  abwesend  um  ein  zweites 
Consulat  zu  bewerben ,  und  widersetzte  sich ,  als  er  davon  Ge- 
brauch machen  wollte;  man  verlängerte  ihm  Provinzen  und  Ober- 
befehl, und  forderte  ihn  auf,  ihnen  vor  der  Zeit  zfl  entsagen; 
man  rief  zur  Vertheidignng  des  Reichs  einen  Theil  seiner  Truppen 
zurück,  und  stellte  sie  unter  die  Fahnen  seines  Feindes;  man 
bev^illigte  diesem,  was  man  ihm  verweigerte,  und  vertrieb  die 
Tribüne,  als  sie  die  Ungebühr  rügten ;  gültige  Senats  -  und  Volks- 
beschlüsse wurden  verachtet,  und  andere,  gegen  welche  tribu- 
nicischer  Einspruch  erfolgt  war,  traten  in  Kraft;  ein  solcher 
Unfug  der  Regierenden  durfte  nicht  geduldet  werden.*')  Die 
Gründe  des  Proconsuls  befriedigten  die  Freunde,  weil  sie  bei 
dieser  Ansicht  kein  Vorwurf  traf,  und  die  Achselträger  unter  den 
«logenannten  Pompejanern,  weil  sie  dadurch  gerechtfertigt  wur- 
den ;  auch  die  Schriftsteller  aus  späterer  Zeit  wiederholen  sie  oft, 
ohne  einzusehen,  dass  sie  nur  zum  Verwände  dienten.  Cicero 
nrthellt  darüber,  wie  es  seiner  jedesmaligen  Stimmung  angemessen 
war;  aber  auch  er,  der  Aristocrat,  der  Gegner,  erklärt  sowohl 
in  Briefen  an  Cäsar  ' ')  als  sonst  die  Wortbrüchigkeit  seiner 
Partei  in  Betreff  des  Consulats  und  der  Provinzen  für  die  Ursach 
des  Kriegs.  ^^)  Pompejus  blieb  nichts  übrig,  als  zu  schweigen, 
oder  den  Anklagen  ungereimte  Beschuldigungen  und  Machtsprüche 
entgegenzusetzen.  Er  konnte  die  Rechte,  welche  Cäsar  geltend 
zu  machen  suchte,  nicht  gesetzwidrig 'nennen,  denn  er  hatte  sich 
weit  grössere  angemasst;  er  konnte  die  Verordnungen,  durch 
w^elche  jene  begründet  wurden,  nicht  angreifen,  da  er  aus  freiem 
Antriebe    sie   befördert   hatte;    er  durfte  nicht  für  sich  anführen, 


91)    Cacs.    1,  32.  92)    ludicavi,  eo  hello  te  violari,  contra  cuins 

honorem,  populi  R.  beneficio  concessam,  iniuüci  atqiie  invidi  nilerentnr.     ad 
Att.  9,  11.  93)   od  Atl.  7,  4.  §.  2.    7,  7    §.  5.   7,  15.    ad  Farn.  4,  3. 

6,  6 :  RatioQcm  haberi  absentis  non  lam  pngiiaTi  ut  liceret,  quam  n(,  qnaiulü 
ipso  coDsale  |ingnanle  |i0|>iilii3  iiisserat,  Iiabcretur,     ud  Faiu.  8,  15  iu. 


XXI.    lULII.         (31.  §.39.)         411 

dass  er  gfc^äascht  nnd  überlistet  sei,  wenn  auch  seine  Eitelkeit 
es  zuliess,  denn  man  hatte  ihn  oft  gewarnt.  Als  der  Streit  be- 
gann, weil  fijan  die  Zug'eständnisse  zurücknahm,  bezeichnete  er 
den  Nebenbuhler  als  einen  Unruhstifter,  welcher  seine  Bauten 
in  Rom  nicht  vollenden,  und  die  Versprechungen,  welche  er  dem 
Volke  gemacht  habe,  nicht  erfüllen  könne,  ohne  den  Staat  zu 
zerrütten.  ^') 

Bei  dem  Allen  sollten  Cäsars  Forderungen  nur  einen  Bruch 
herbeiführen ;    aber    gleich    nnlautere    Gründe    bestimmten    seine 
Feinde,  nicht  darauf  einzugehen.     Die  Aristocratie  war  von  Sulla 
in  ein  Scheinleben  zurückgerufen ;  sie  glich  einem  Greise  mit  den 
Begierden  der  Jugend ;  ohne   die  Kraft  und  die  übrigen  Vorzüge 
der  alten  Patricier,  hatte  sie  deren   Gebrechen,  und  ihre  Stellung 
WEIT  eine  erzwungene,    in  welcher  sie  äusserer  Stützen  bedurfte. 
Um   so  leichter  wurde  es  dem  Ehrg-eize  Einzelner,  gegen  sie  an- 
zukämpfen;   die  Zeit  der  Vorrechte  war  vorüber;    Rom  hatte  sie 
den  Patriciern    entrissen,    und    sah    mit  Abscheu  die  Nobilität  in 
ilirem   Besitze ,   welche   von    ihm    verachtet   wurde ;     durch    Sulla 
selbst    war    das    Ansehn    in    der    Gesellschaft    vom    persönlichen 
Verdienste  abhängig  geworden,  weil  der  Krieger  im  Kriege  gilt. 
Cäsar    begriff  seine    Aufgabe;    er   wurde   das    Haupt   der   Miss- 
vergnügten,  und  errichtete  mit  Crassus  nnd  Ponipejus,  dem  Ersten 
unter  den  Aristocraten,   einen  Bund.     Jene  fühlten  sich  verlassen, 
nnd   am    meisten   fürchteten   und  zürnten  die  verarmten  und  ver- 
schuldeten Schwelger,  welchen  selbst  die  suUanische  Verfassung 
nicht   mehr  genügen,    deren  Zustand  nur  durch  eine  Um-vs'älzung 
verbessert    werden    konnte;    diese    insbesondre    freute   Pompejus 
Rückkehr  zu  ihrer  Partei ;  früher  hatten  Laster  und  Verbrechen, 
welche  in  ihrem  Schosse  empfangen  und  gepflegt  waren,  und  die 
Noth   als   unvermeidliche   Folge,    die  Verschwörung   des   Catilina 
veranlasst,  jetzt  beschloss  sie  selbst  Plünderung  und  Blord.     Aber 
keine   Beute    ohne    Sieg,   nnd    diesen    schien    Pompejus    zn   ver- 
bürgen;  er  sollte  ein  Heer  schaffen.   Schlachten  gewinnen,   und 
übrigens  gehorchen,  und  nach  gefhaner  Arbeit  oich  mit  dem  An- 
theil'    an  Einlluss,    Ehre  und  Gewinn    begnügen,    welchen    man 
ihm    bewilligen    werde ,    oder    auch    ganz    vom    Schauplatze    ab- 


94)   Suelou.  30.    vgl.  26. 


412  XXI.     lULII,         (31.  §.39.) 

treten.^*)  DaLer  sagte  M.  Brtitus  bei  PLilippi,  wie  einst  Pom- 
pejns ,  so  solle  ancL  er  uicLt  befeLlen ,  souderu  Befehle  vollzie- 
]ien,9'^)  und  eben,  weil  jener  nur  zum  Werkzeuge  diente,  er- 
stai-b  der  Kiüeg  in  seiner  Asche  nicht.  ^ ')  Diese  Doppelherr- 
schaft, dieser  Jlangel  an  gegenseitigem  Vertrauen  brachte  den 
Fluch  der  Verkehrtheit  über  Berathung  und  Schlacht.  r 

Cicero  iheilt  die  Ojjlimaten  seiner  Partei  in  zwei  Classen, 
in  die  Lauen  und  in  die  Rasenden.  Jene  waren  nach  seiner 
Schilderung  die  Begüterten,  -svelche  ferner  in  Ruhe  geniessen 
wollten;  sie  lebten  auf  ihren  Villen  und  in  den  Muuicipien,  und 
erwarteten ,  was  kommen  werde.  Als  Pompejus  aus  Italien  ent- 
wich, schickten  Einige  wie  Ser.  Sulpicius  und  Pontius  Tilinianus 
ihre  Söhne  zu  den  Cäsaiianern  vor  Brundusium,  ohne  selbst  ge- 
gen ihn  zu  kämpfen,^')  und  nach  und  nach  kamen  die  Meisteo 
zu  dem  neuen  Herrscher  nach  Rom ,  wo  man  sie  daran  als  die 
Gutgesinnten  erkannte ,  dass  sie  yiele  Gastmäler  anstellten ,  gut 
assen,  und  gut  gefüllte  Gassen  hatten.  ®ä)  „Ausser  ihren  Lün- 
dereien,  ihren  kleinen  Villen,  und  Geldsäcken  war  ihnen  AUes 
gleichgültig;"  ""')  für  ein  Geringes  gaben  sie  sich  Cäsar  hin,') 
und  da  sie  sich  nun  einmal  schuldig  fühlten,  so  wünschten  sie 
ihren  bisherigen  Parteigenossen  den  Untergang. ')  Und  solche 
Menschen  tadelten  Cicero ,  dass  —  auch  er  sich  nicht  bei  Pom- 
pejus finden  liess.  *)  Die  Anderen  aber,  welche  diesem  folgten, 
wurden  nicht  durch  eine  an  sich  edle,  nur  in  Ueberspannung  und 
Schwärmerei  entartete  Begeisterung,  sondern  durch  die  Ver- 
zweiflung nnd  die  yerächtlichsten  Leidenschaften   dazu   bestimmt. 


9S)  Cic.  ad  Fam,  6,6:  Dnce  Pompeio  freti,  peropportnnam  et  rßbns 
«lomesticis ,  et  ciipiditatibns  suis  illius  belli  Tictoriam  fore  pntabant.  Liican. 
5  ,  13  :  Docnit  populos  venerabilis  ordo  non  Magai  partes,  sed  Alagaum  in 
pariibas  esse.  Vellej.  2,  49:  Consnles  senatnsqne  cansae,  non  Pompeio, 
sammam  imperü  detulerunt.  Eatrop.  6,  19  (16)  fiu.  Plol.  Pomp.  67. 
Cato  54.  96)  -App.  4,  661.  97)   Flor.  4,  2.   §.  S3.  Quis  non  per- 

actnm  esse  cum  Pompeio  crederet  bellnm  ?  Atqiii  acrins  mnlto  alqne  Tehe- 
menlius  Thessalici  inceiidii  cineres  recaluere.  Das.  §.  66;  Eo  acrior  Cae- 
sarianorum  impetns  fiiit,  indignantiam ,  post  Pompeinm  creTisse  bellnm. 
98)  ad  Att.  9,  18.  19.  10,  3.  Unlen  §.  43.  A.  37.  99)    ad  Alt.  8,    1. 

9,   1.  7.   n.  13.  5.  5.  100)    Das.    8,    13.    u.    9,   12:    Viri  boni  iisiiras 

perscribnnt.  ad  Fam.  9,5.  1)  ad  Alt.  8,  16.  9,  5.  2)  Das.  8,  13. 

3)  Das.  U    cc. 


XXI.     lULII.         (31.  §.39.)         413 

GrösstentLeils  sncLten  sie  in  den  Lag:ern  Sclmlz  g'eg'en  iire  Gläu- 
biger,*) insbesondre  Scipio  ,  Faustus  Sulla,  Scribouius  Libo  nud 
der  Consul  Lenttilus. ')  Sie  wollten  sich  aber  nicJit  bloss  Ton  ih- 
ren .Schulden  befreien,  sondern  auch  auf  Rosten  ihrer  Mitbürger 
wieder  erwerben,  was  sie  verschwendet  halten;  selbst  die  Cäsa- 
rianer  zeigten  weniger  Raubgier,  denn  die  ihrige  ■war  gränzen- 
los.  *)  Deshalb  mochten  sie  sich  nicht  vergleichen;')  nur  ihnen 
sollten  alle  Schätze,  Ehrenstellen  und  Provinzen  zufallen;*)  sie 
wünschten  Krieg;  ^)  wer  zum  Frieden  rieth,  war  feig,'")  wer 
sich  nicht  anschloss  ,  ein  Venäther  au  der  Republik ;  '  ' )  unter 
den  schrecklichsten  Drohungen  entfernten  sie  sich,")  und  sie 
wiederholten  sie  im  Felde ,  ' ')  und  belhätigten  sie  durch  ihre 
Grausamkeit  gegen  die  Gefangenen;  Bibulus,  Otacilius  Crassus, 
Xiabienus  und  die  Meisten  mordeten  die  ihrigen,  selbst  gegen  das 
gegebene  Wort.  IMan  konnte  daraus  abnehmen ,  was  zu  erwar- 
ten war,  wenn  sie  siegten;  '*)  sie  sehnten  sich  nach  sullanischeu 


4)  ad  Fam.  7,  3:    Maximnm  aes    aliennm   amplissimornm    virornm.     ad 
Fam.  6,   6.  5)  ad  Ätt.  9,   11.  Caes.  B.   C.   1 ,  4.  6)  ad  Au.  9,  9. 

§.  3:  Omnia  postnlantes.  ad  Fam.  7,  3.  Rapaces.  ad  Att.  11,  6.  §.  3, 
Kisi  quod  illud  erat  infinitnm.  Caes.  B.  C.  3,  31.  32.  7)  ad  Fam.  15,  15: 
Afbilrantar ,  melius  esse,  deleri  omnino  rem  pnbl.  quam  immiuntam  ac  de- 
bilitatam  manere.  8)  ad  Fam.  6,  6.  Caes.   B.   C.   1,  4.  9)  ad  Fam. 

4,  ^1:  Incideram  in  hominum  piignandi  cöpidornm  insanias.  ad  Fam.  9,  6  ; 
Vidi  enira ,  nostros  amicos  cupere  bellum.  Das.  16,  11.  §.  1:  Cupidjtates 
certorum  hominum  (nam  ex  ntraque  parte  sunt ,  qui  piignare  ciipiant)  impe- 
dimenlo  mihi  fnerunt  omnino.  Das.  16,  12:  Blirns  invaserat  furor  non  so- 
Inm  improbis ,  sed  etiam  bis ,  qui  boni  b.-ibentnr ,  ut  pngnare  cnperent. 
10)  ad  Fam.  6,  21:  Ego,  quem  tum  fortes  illi  Tiri  et  sapientcs  Domitii  et 
Lentuli,  timidum  esse  dicebant.  Das.  4,  14.  §.  1:  Oni  me  —  inalebant  ni- 
mium  timidum  quam  satis  prndentem  existimari.  11)  ad  Att.  II,  6.  §.3: 
Omnes,  qni  in  Italia  manserant,  hostium  numero  habebantnr.  ad  Fam.  9,  6: 
Erant  nobis  perirati,  quasi  quidqnam  de  nostra  salute  decrefissernns.  12)  .id 
Att.  9,  11:  UUc  ■vero  omnes  quae  portenia  piitas  oslendere  ?  Sermones  mi- 
naces  —  mcros  Sullas.  13)  ad  Farn.  7,  3:  In  oralione  ita  crudeles,  nt 
ipsam  'victoriam  horrerem.  14)    ad   Fam.    9,  6:    Si  essent  nostri  politi, 

Talde  intemperautes  fuJssent.  ad  Att.  9,  6 :  Melioris  mediusfidins  civis  et 
iriri  putabam,  qno\is  snpplicio  alHci ,  quam  illi  cnidelilali  non  solnm  prac- 
esso ,  verum  eliam  interesse.  ad  Fam.  4,  9:  An  tu  non  videbas  luecnm  &i« 
mul,  quam  illa  crndelis  esset  futnra  victoria?  .    ii ". 


414  XXI.     lULII.        (31.  §.40.) 

Proscriptionen;'*)  schon  der  Gedanke  an  Ihren  Sieg  erregte 
Schauder.  '  *)  Hiernach  war  Cicero  überzeugt,  dass  es  gar  keine 
Gutgesinnte  gebe,  sofern  von  Standen  nnd  Parteien  die  Rede 
sei;  denn  Einzelne  finde  man  wohl.  "') 


§  40. 

(a.  49.)  In  dieser  Faction ,  von  welcher  er  ein  ungünstiges 
und  doch  treffendes  Bild  entwirft,  fehlte  es  also  nicht  an  Gäh- 
rungsstoff.  Sie  wurde  zugleich  durch  ihre  Leidenschaften  ver- 
blendet; voll  Uebermuth  stürmte  sie  in  den  Kampf,  nnd  erlaubte 
Pompejus  nicht ,  nach  seiner  Einsicht  zu  handeln ,  „die  Republik 
zu  regieren."  '*)  Aber  auch  ihn  verlangte  nach  Krieg,  seit  er 
erkannte,  zu  welcher  Höhe  Ciisar  sich  neben  ihm  emporgeschwun- 
gen hatte;  die  zweite  Sonne  musste  untergehen,  wenn  die  erste 
nicht  erlöschen  sollte.")  Er  gab  sich  das  Ansehn,  als  ob  er 
den  Staat  in  Schutz  nehme,*")  und  auch  Cicero  schien  dieser 
Meinung  zu  sein ,  so  oft  die  democratischen  Umtriebe  des  Geg- 
ners lebhaft  vor  seine  Seele  traten,  und  die  Furcht  vor  dem 
neuen  Marius  ihn  übermannte  ;  dann  wiederholte  er :  die  Sache 
des  Pompejus  sei  die  gerechte,  die  gute,^')  sie  sei  die  Sache 
der  Republik,  welche  ohne  ihn  nicht  bestehen  werde.  ^')  Doch 
beschlich  ihn  der  Verdacht,  dass  ihr  Beschützer  dieselben  Ab- 
sichten habe,  wie  Cäsar,  und  bei  längerer  Beobachtung  wurde 
es  ihm  zur  Gewissheit,  zumal  wenn  er  sich  an  sein  früheres  Le- 
ben erinnerte,  an  den  Bund  mit  dem  Feinde  des  Senats,  und  an 


15)  ad  Au.  8,  11:  Genns  illad  Snllani  regoi  iampridem  appetitnr,  mnl- 
tis,  qni  nna  snnt,  cupientibus.  Das.  11,  6:  Tauta  erat  in  Ulis  crudelitas, 
ut  noa  uominatim,  sed  g^eueratim  proscriptio  esset  informnta.  ad  Farn.  4,  14 : 
Bellam,  cuius  exitns  ex  alteraparte  (Fouipeianorum)  caedeni  ostendil ,  ex 
altera  serTitntem.  —  InteUigebam ,  et  iratoi'uin  hominnm,  et  cnpidoruin, 
et  insolentiam  qaam  esset  crudelis  fiitiira  victoria.  16)    ad   Farn.   7,3. 

17)  ad  Att.  7,  7.   §.    5.   9,    1.    ad    Faiu.    16,    12.  18)    ad    Att.   7,  25. 

19)  Caes.  B.  C.  1,  4:  Neminem  secnju  tlignitate  cxaequari  volebat.  Lncaji. 
1,  125:  Nee  quemquam  iam  feiie  potest  Caesarve  priorem,  Pompeiusve  pa- 
reiu.    Flor.  4,  2.  §.   14.    Uio  41.  53.  54.  20)    Unter    Anderen  in  den 

Briefen  an  die  Consnln  u.  an  L.  Domitins  in  ad  Att.  8,  12.  A.  B.  21)  ad 
Att.  7,  25.  26.  9,  5.  7.  10,  1.  4.  ad  Fam.  4,  7.  6,  1.  7,  3.  22)  ad 
Au.  8 ,  3.  7. 


XXI.     lULlI.         (31.  §.40.)         415 

seinen  Anllieil  an  den  üntemeLinungen  des  Clodius.  *  ')  Auch  er 
strebt  nacli  einer  königlitLen  Ge\%alt,^')  aucli  sein  Ziel  ist  die 
höcLste  MacLt.  ^ ')  Den  Tyrannen  bekriegt  er,  um  Tyrann  zn 
werdet'.,'^)  und  wenn  er  unter  Beiden  der  bessere  nnd  ge- 
mässigtere  ist,")  so  Lat  er  doch  Rom  mit  seiner  RacLe  be- 
droht;-^) als  Sulla  Tvird  er  zurückkehren,^'')  mit  seinen  Flot- 
ten will  er  Itah'en  aushungern ,  mit  Barbaren ,  ■wilden  Horden  es 
Terwüsten,  kein  Stein  wird  auf  dem  andern  bleiben.^")  Als 
man  nach  seinem  Falle  Cäsar  huldigen  musste,  tröstete  sich  Ci- 
cero: es  würde  nicht  besser  um  uns  stehen,  wenn  der  Andre  am 
Ruder  wäre,  wir  würden  Sclaven  sein,  wie  jetzt.") 

Cäsar  war  also  keineswegs  allein  die  Ursach  des  Krieges, 
aber  diess  rechtfertigt  ihn  nicht,  und  der  Entschluss,  eine  Um- 
wälzung der  Republik  zu  bewirken,  entstand  in  ihm  nicht  erst 
nach  den  Siegen  in  Gallien,  nicht  in  Folge  des  Streites  über 
Cousulat,  Heer  und  Provinz,  sein  ganzer  Lebensplan  war  darauf 
berechnet,  der  Bürgerkrieg  die  Vollendung,  der  Schlussstein  eines 
kühnen  Bau's.  Für  den  Ehrgeizigen  lag  die  Versuchung  nahe, 
zu  thun,  was  er  vermochte.  Der  Staat  bedurfte  des  Arztes,  des 
]\Ionarchen,  wie  Cratippus  angeblich  dem  überwundenen  Pompe- 
jns  sagte,*')  nnd  konnte  sich  seiner  nicht  erwehren;  er  drang 
sich  ihm  auf.  Pompejus  wollte  in  nnd  mit  der  ungesunden 
Masse  fortbestehen,  welche  sich  die  Gutgesinnten  nannte;  Cäsar 
wollte  Rom  von  ihr  befreien,  weil  seine  Ansprüche  nnd  die  ih- 
rigen unverträglich  waren ;  jeuer  strebte  nach  dem  ersten  Range 
in  der  Republik ,  nach  einer  immerwährenden  Dictatur ,  dieser 
nach  erblicher  Alleinherrschaft ;   darum  wurde  der  Eine  getadelt, 


23)  Das.  7,  3.  §.  3.  10,  4.  §.   1.         24)  Das.  10,  7.   §.  1:  Regnandi 
contontio  est.  25)  Das,  7,  3.  §.  3 :  De  sna  polentia  dimicant  homines. 

Das.  8,  II  :  Dominatio  qnaesita  ab  ntroqne  est:  noa  id  actniu,  beata  et 
honesta  ciWlas  ut  esset,  —  Nentri  axoTtos  est  ille,  nt  nos  beati  simas; 
nterqne  regnare  vnlt.  26)    ad  Att.  7,  5.  {.  4.  9,  4.    vgl.  Dio  41,  56. 

27)  ad  Att.   10,  7.  §.  1.  28)   S.  nnten  J.  43.  A.  52.  29)    ad  Att. 

9,  7:  Mirandom  ia  modnm  Cneus  SuIIani  rpgni  simililudinem  conciipivit. 
Das.  9,  10:  <^)uaiii  crebro  illad :  Sulla  potuit,  ego  noo  potero  ?  —  SuUa- 
tnrit  aiiimns  eins  et  proscriptiirit  diu.  Das.  10,  7:  Sin  autem  viucit,  Siilla- 
no  more  exemploque  vincet.  30)  Das.  8,   11.  9,  9.   11,  6.  9,  7:  Pro- 

mitio  tibi,  si  valebil,  tegulam  illnm  in  Italia  nuUaiu  relictarnm,  31)  ad 

Fain.  4,   9.  6,  21.         32)  Plnt.  Pomp.  75.  unten  §.   52,  A.   70. 


.« 


416  XXI.    IIJLII.        (31.5.40.) 

und  der  Andre  verwünscht.  Jetzt  freilich  blieb  dem  Proconsiil 
von  Gallien  auch  keine  Wald;  der  Krieg'  war  Nothwehr  für  ihn  ; 
man  gedachte  Gericht  über  ihn  zu  halten,  und  halle  das  Urlheil 
schon  gesprochen;'*)  aber  diese  äussere  Nöthigung'  Avar  sein 
Werk.  Da  er  demnach  nur  ausführte,  was  er  längst  beschlossen 
hatte,  und  es  ausführen  musste,  um  sein  Leben  zii  retten,  so 
verstellte  er  sich,  wenn  er  immer  von  neuem  aof  Frieden  antrug, 
auch  als  er  seinen  Feinden  eine  Stadt  nach  der  andern  eutriss, 
und  sie  über  das  Meer  verfolgte. 

Ciceros  Bemerkungen  über  ihn  haben  um  so  mehr  Interesse 
für  uns,  da  man  sie  mit  der  AVirklichkeit  vergleichen,  über  sei- 
nen Scharfsinn  und  seine  Welt-  und  Menschenkenntniss  urthei- 
len  kann.  Das  erste  Consulat  C'äsars,  sagt  er,  lässt  auf  das  zweite 
schli essen.  ' *)  Er  ist  ein  wahnsinniger,  elender  Mensch,^')  eia 
verruchter  Strassenräuber,  ^  *)  und  wird  ein  Tyrann  sein,*')  ein 
Pisistratus  oder  Phalaris , ' ')  welcher  nicht  nur  die  Macht  son- 
dern auch  den  Namen  fordert.^')  Nicht  Biirgerzwist ,  sondern 
seine  heillose  Verwegenheit  hat  diesen  Krieg  herbeigeführt;*") 
wer  ist  er  denn,  dass  er  vorschreibt:  wenn  Pompejus  nach  Spa- 
nien geht,  wenn  er  niederlegt?")  Und  während  er  unferhan- 
handelt,  dringt  er  vor.'-)  Labienus  Abfall  von  ihm  verdient 
grosses  Lob ;  sogar  sein  Schwiegervater  Piso  mag  sich  nicht  durch 
die  Theilnalime  an  seinen  Verbrechen  entehren.*')  Mit  den 
gallischen  Banden  wird  er  in  Rom  einrücken,**)  er  wird  sen- 
gen und  brennen,*')  niemanden  verschonen,*^)  wülhe'n  wie 
Cinna,  rauben  und  ächten  wie  Sulla.  *^)  Sogleich  im  Anfange 
des  Krieges  wurden  in  Corfinium  und  sonst  mehrere  seiner  er- 
bittertsten Feinde  gefangen  genommen  und  von  ihm  entlassen. 
„Wenn  es  wahr  ist,  wenn  er  mehr  Milde  beweis't,  als  man 
hoifen  durfte,    so  wird  man  ihn  leidenschaftlich  lieben."**)     Es 


33)  Cic.  ad  Fani.  8,  14.  §.  2;  Caesari  persiiasum  est,  se  salrmn  esse 
non  posse,  si  ab  exercilu  recesseril.  Obpii  §.  38  lin.  34)  ad  Att.  7,  9. 
35)  Das.  7,  11.  ad  Farn.   14,   14.  36)  ad  AlC.   7,   18.  37)   Das.  7, 

11.  8,  2.   9,   4.   10,   1.     38)  Das.  7,   12.  20.     39)  Das.   10,  4.      40)  Das. 

7,  13.  41)  Das.  7,  17.  42)  Das.  7,  1«.  43)  Das.  7,  17.  ad 
Farn.  14,  14.  44)  ad  Att.  7,  13.  45)  .id  Farn.  14,  18.  16,  12.  ad 
Alt.  8,  2.  9,  7.        40)  ad  Att.  7,  12.        47)  Das.  7,  7.  22.        48)  Das. 

8,  13.  9,  13. 


XXI.    lüLII.         (31.  §.40.)        417 

bestätig'te  sich.  „Nun  fragen  die  0])tinia<en  sich  ilim  an,  die 
Municipien  vergöltern  ihn;  was  dieser  PIsistratus  nicht  thut,  das 
bringen  sie  ihm  in  Rechnung,  als  habe  er  Pompejus  daran  ge- 
hindert; seine  Gnade  bezaubert  sie,  weil  sie  seine  Arglist  nicht 
ahnden."**)  Wie  könnte  er  anders  als  schändlich  handeln? 
Sein  Leben,  seine  Sitten,  die  frühere  Zeit,  sein  jetziges  Begin- 
nen, seine  Gefährten  bezeugen  es.'")  Cäsar  kam  nach  Rom  und 
achtete  nicht.  „Dadurch  will  er  sich  vorerst  bei  der  Bienge  in 
Gunst  setzen,  meint  Curio." ")  Er  muss  noch  zurückhalten; 
Italien  hat  er  erobert,  nun  treibt  ihn  seine  Herrschsucht,  welche 
kein  Verbrechen  scheut,  nach  Spanien ;  '  -)  wenn  er  zurückkommt, 
wird  er  morden,  die  Reichen  plündern,  die  Verbannten  herstel- 
len, die  Schuldbücher  vernichten,  die  ]^ichts^yürdigen  befördern, 
ein  Röniglhum  gründen,  welches  selbst  ein  Perser  nicht  ertragen 
könnte;'^)  er  ist  sein  eigner  grösster  Feind;  sein  Reich  kann 
kaum  ein  halbes  Jahr  bestehen. ' ')  Obgleich  die  Erfahrung  Ci- 
cero von  seinem  Irrlhum'  überfiihrte,  so  tauchte  doch  das  Schreck- 
bild stets  von  neuem  in  ihm  auf,  die  Furcht  für  sein  Haus  in 
Rom ,  für  die  schönen  Landgüter  und  für  sein  Leben.  Man 
sagte  während  der  Feldzüge  in  Aegypten  und  Vorderasien,  Cä- 
sar verzeihe  Allen,  und  eben  diess  erregte  den  Verdacht,  dass 
er  die  Rache  verschoben  habe;**)  auch  die  Achtung,  mit  wel- 
cher er  dann  seinen  berühmten  Zeitgenossen,  einen  Pompejaner, 
behandelte,  konnte  diesen  nicht  von  seinem  W^ahne  heilen;  er 
sah  Täuschung  darin,  und  erwartete  die  Proscriplionen  nach  dem 
africanischen '  ^)  und  zuletzt  noch  nach  dem  zweiten  spanischen 
Itriege.  ") 

Indes's  mnsste  er  doch  manche  Vorzüge  an  Cäsar  anerkennen, 
die  Cäsarianer  traf  dagegen  nubedingter  Tadel.  Es  verletzte  ihn 
zu  sehr,  dass  Blänner  Einfluss  erhielten,  welche  vorher  zum 
Theil  tief  unter  ihm  standen,  dass  er,  der  Retter  des  Reichs,  ge- 
nöthigt  war,  seiner  Sicherheit  wegen  sich  um  ihre  Gunst  zu  be- 
werben, als  ein  Begnadigter  und  nur  Geduldeter  in  ihrer  Bütte 
zu  leben.     Aber  schon  vor  dem  Kriege  äusserte   er   gegen   Atti- 


49)  Das.  8,  16.  SO)   Das.  9,  2.  §.  2.  51)   Das.   10,  4.  {.  3. 

52)  Das.  §.  1.       53)  Das.  10,  8.       54)  Das.  1.  c.  n.  10,  12.       55)  Das. 
11,  20.  56)    ad  Farn.  5,    21.  9,  6.  57)    ad  Alt.  13,   10.  28,  ad 

Farn.  6,  3. 

DruiiMiiB,   GcscbichC«  Bon»  Kl.  27 


418  ^XI.     lUUI.         (31.  §.40.) 

CHS,  alles  voruebme  und  geringe  Gesindel  werde  sich  an£  diese 
Seite  neigen, '')  und  er  fand  es  später  bestätigt,  die  Freunde 
des  Herrschers  waren  ihm  der  Auswurf  der  Menscliheit , '')  die 
Schätze  der  Bürger  und  des  Staats  reichten  nicht  hin,  ihre  Be- 
dürfnisse und  ihre  Habsucht  zu  befriedigen.'")  Und  nicht  bloss 
Einzelne  schlössen  sich  an ,  weil  ihnen  ein  Zufluchtsort  gegen 
Gläubiger,  Hunger,  Schande  und  Strafe  erwünscht  war,®')  son- 
dern ganze  C'lassen  und  Völker:  die  Ritter,'^)  welche  Cicero  in 
seinem  Consulat  dem  Senat  gewonnen,  ^^)  und  Cäsar  in  dem  sei- 
nigen iluu  wieder  abwendig  gemacht  hatte;'*)  selbst  viele  Se- 
natoren, so  das8  der  Feind  um  scheinbar  gültige  Beschlüsse  nicht 
verlegen  war;'^)  die  Transpadaner ,  in  der  Hoffnung',  das  Bür- 
gerrecht zu  erhalten;")  die  ehemaligen  italischen  Bundesgenossen, 
mn  es  nicht  länger  bloss  dem  Namen  nach  zu  besitzen,")  IMu- 
nicipien'")  und  Landbewohner,'')  auch  aus  Furcht  vor  der  Ra- 
che der  vertriebeneu  Partei.  Cicero  erwälmt  diess  oft,  um  sein 
Verweilen  in  Italien  nach  der  Flucht  des  Pompejns  mit  dem  Bei- 
spiele Anderer  zu  entschuldigen:  als  Aristocrat  fühlte  er  sich  da- 
durch empört;  er  übersah  in  seinem  Zorne  oder  wollte  nicht  se- 
hen, dass  nicht  bloss  Selbstsüchtige  und  Verworfene  Cäsar  folg- 
ten, oder  doch  nicht  gegen  ihn  fochten,  sondern  Manchen  auch 
edlere  Gründe  bestimmten,  persöuliche  Anhänglichkeit,  mochte 
sie  sich  auf  Dankbarkeit  oder  Bewunderung  gründen,  und  selbst 
das  Verlangen  nach  einer  bessern  Regierung,  welche  Cäsar  hof- 
fen liess. 

Es  unterliegt  nach  dem  Allen  keinem  Zweifel,  dass  weder 
der  eine  noch  der  andi-e  Theil  ausschliesslich  als  Urheber  des 
zweiten  Bürgerkriegs  betrachtet  werden  darf,  welchem  Einige 
unter  den  Alten  eine  Dauer  von  20  oder  21  Jahren  geben,  weil 
sie  den  dritten  nicht  von  ihm  unterscheiden. '  °)     Sie  vei^leichen 


58)  ad  Att.  7,  3.  §.  3.  59)  Das.  9,  18.  19.  60)    Das.  9,  7. 

9  ßn.  61)  Das.  7,  3.  §.  3.  62)  Das.  7,  7.  f.  5.         63)  Cousensns 

bononnu,  quem  ego  elleceraiii.  ad  Fajju  5,  21.  64)  Oben  §.  13.  A.  4  f. 
65)  Caes.  B.  C.  1 ,  32.  Cic.  ad  Farn.  4,  1.  Suel.  34.  Dio  41,  15.  Flor.  4, 
2.  §.  5:  Totos  senants  in  parlibus.  66)    Cic.  ad  Fam.  16,   12.  ad  Atl. 

7,  7.  §.  5.  Tgl.  5,  2  IIa.  n.  hier  }.  36.  A.  24.  67)  2.  Th.  582.  A.  25. 
68)  ad  Att.  8,  13.  16.  60)    Das.  7,  7.  J.  5.  vgl.  8,   13.  70)  Lir. 

133.  VeUej.  2,  48.  §.  3. 


XXI.     lULII.        (3l.§,  41.)        419 

ihu  auch  mit  dem  ersten,  um  zu  zeigen,  dass  der  spätere  weit 
mehr  Menschen  weggerafft  habe;'')  so  wenig  diess  gelüiignet 
werden  kann ,  so  beruht  doch  die  Berechnung  bei  Plutarch  und 
bei  den  Schriftstellern,  welche  seine  Nachiicht  wiederholen,  auf 
einer  falschen  Ansicht.'^) 

§  41. 

(a.  49.)  Cäsar  erfuhr  in  Kavenna'^)  die  letzten  Beschlüsse 
des  Senats;  seine  Anträge  waren  nicht  angenommen,  und  Anto- 
nius und  Q,  Cassius,  welche  sie  unterstützten,  aus  der  Curie 
verwiesen. '  *)  Er  wandte  sich  an  seine  Truppen ,  eröffnete  ih- 
nen, was  ihm  gemeldet  war,  beklagte  sich  über  die  Ungerech- 
tigkeit seiner  Feinde ,  über  den  Neid  des  Pompejus  und  über  die 
Verhöhnung  der  Tribüne,  und  legte  sein  Schicksal  und  seine  Ehre 
in  ihre  Haud.  Nur  die  dreizehnte  Legion  war  um  ihn  versam- 
melt,^') die  übrigen  standen  noch  jenseits  der  Alpen;  mit  Be- 
geisterung erkliü-le  sie  sich  bereit,  ihn  und  die  Tribüne  zn  rä- 
chen. Seine  geringe  Blacht  war  kein  Hinderniss  für  ihn;  sie  be- 
wies scheinbar,  dass  der  Krieg  ihn  üben-aschle;  er  aber  wollte 
selbst  überraschen,  durch  seine  Kühnheit  und  Schnelligkeit  be- 
täuben, damit  die  Gegner  mit  den  grösseren  Streitkräften,  über 
welche  sie  für  den  Augenblick  verfügten,  nichts  dachten  und  wag- 
ten, als  eilige  Flucht.'^)  Ohne  Verzug  überschritt  er  den  klei- 
nen Fluss  Kubicon,  die  Gränze  seiner  Provinz.  Q.  Hortensius 
gieng  insgeheim  mit  einigen  Cohorten  voraus,  um  Aiüminum,  die 
erste  italische  Stadt,  durch  Ueberfall  zu  nehmen,")  und  eben  so 


71)  Flor.  4,  2.  §.  2:  Snllana  tempestas  latius,  intra  Italiam  tarnen  de- 
tonaerat.  Der  Vf.  dachte  also  nicht  au  die  Feldziige  in  Afrika  nud  Spa- 
nien, Tvöhin  man  die  Marianer  verfolgte.  72)  Plut.  Caes.  55.  App.  2, 
492.  Zouar.  10,  10.  S.  nnten  §.  61.  A.  86  f.  73)  Caes.  B.  C.  I,  S. 
74)  Oben  {.  39.  75)  Caes.  I,  7.  IZ  5000  Mann  zn  Fuss  n.  300  Renter. 
Plnt.  Caes.  32.  Pomp.  60.  App.  2,  449.  76)  Plut.  Caes.  32.  Cicero  er- 
staunte; ad  Att.  8,9:  Hoc  t^q«;  horribili  -vigilantia,  celerifate,  diligentia 
est;  plane,  quid  futurum  sit,  nescio.  D.is.  8,  14:  Eo  modo  ambulat  Cae- 
sar, et  iis  diariis  militnm  celeritatem  incilat,  nt  timeain  etc.  Das.  9,  18: 
Midtiim  \igilat,  andet:  nnllum  video  finem  mali.  77)  Cnes.  1,  8.  Snel. 
31.  Plut.  Caes.  32.  App.  2,  449.  Dio  41,  4.  Vgl.  Cic.  6  Phil.  3.  7,  9. 
Hortensü  No.  10.  A.    6. 

27* 


420  XXI.     lULII.         (31.  §.41.) 

unbemerkt  entfemfe  sieh  Cäsar  ans  Bavenua,  wo  er  FecHterspie- 
len  beiwolinfe,  und  am  Abend  ein  Gastmal  gab,  um  keinen  Ver- 
dacht zu  erregen.  Leicht  war  ein  Verwand  ersonnen,  unter  wel- 
chem er  nach  Sonnen  -  Untergang  die  Gesellschaft  Terliess  ,  und 
nach  und  nach  folgten  ihm  seine  Vertrauten.  Am  Rubicon  ver- 
sank er  angeblich  in  tiefes  Nachdenken;  er  äusserte  gegen  Asi- 
nius  Pollio  und  die  übrigen  Begleiter:  noch  können  wir  zurück- 
kehren, Jenseits  der  Brücke  erwartet  uns  der  Krieg.  Da  erblickte 
man  eine  hohe  Gestalt,  welche  auf  einem  Rohre  blies,  plötzlich 
aber  einem  Soldaten  die  Tuba  enfriss,  mit  lautem  Schalle  das 
Zeichen  zum  Aufbruch'  gab ,  und  voranschwebte  auf  das  andre 
Ufer.  Wohlan  denn,  rief  Cäsar,  die  Götter  wollen  es,  die  Feinde 
fordern  uns,  der  Würfel  sei  geworfen.''*)  Er  selbst  und  meh- 
rere andere  Schriftsteller  erwähnen  diess  nicht; '°)  Asinius  Pol- 
lio mag  die  Erzählung  in  seine  Geschichte  des  Bürgerkriegs  auf- 
genommen, und  sie  erdichtet  oder  doch  ausgeschmückt  haben.*") 
Was  jetzt  geschah,  war  längst  beschlossen,  und  es  ist  völlig  nn- 
gereirat,  den  Imperator  bei  der  Ausführung  schwanken  oder  er- 
schrecken zu  lassen ;  sogar  Plutarch,  welcher  seine  kurzen  Aensse- 
rnngen,  wenn  er  sich  überhaupt  äusserte,  in  eine  Unterredung 
verwandelt,  muss  diess  bei  einer  andern  Gelegenheit  zugeben;  ") 
aber  ein  Gaukelspiel,  wodurch  er  das  Heer  von  seinem  Wider- 
willen gegen  einen  solchen  Krieg  überzeugen  und  es  zugleidi  er- 
muthigen  wollte,  ist  wenigstens  nicht  undenkbar,  und  dann  wa- 
ren seine  letzten  Worte  nicht  griechische.  '  -)  Einer  Anzahl 
Pferde,  deren  er  sich  in  Gallien  bedient  hatte,  gab  er  die  Frei- 
heit ;  er  weihte  sie  keinem  Gotte ,  sondern  sie  sollten  unter  Pflege 
und  Obhut  nun  ruhen.  *^)  Dass  gerade  ein  Comet  am  Himmel 
stand,  machte  ihn  nicht  verlegen.*'') 

Nach  dem  Uebergange  über  den  Flnss  war  er  noch  vor  Ta- 


J8)  Saeton.  31.  32.  Plnt.  Caes.  32.  Pemp.  60.  App.  1.  c.  Zonar.  10,  7, 
Lncan.  1,  183  1.  79)  Caes.  1,  8.  Vellej.  2.  49.  Dio  41,  4.  80)  2. 
Th.   S.    12.    A.    78.  81)    riut.    Anton.    6.  82)     Ders.  Pomp.   60. 

83)  Suet.  81.  Kurz  vor  seinem  Tode  nahmen  sie  nach  der  Sage  keine 
Kahrung;  diess  konnte  man  nicht  einmal  ersinnen,  -nenn  sie  mcht  nntcr 
Aufsicht  standen  und  beobachtet  wurden,  ■welches  Sveton  in  dem  Znsatze 
vagos  et  sine  cnstode  dimiseral  zu  läugoen  scheint.  84)  Lucan.  1,  526. 

PÜn.  2,  23  (26). 


XXL    lüLII.        (31.  §.41.)        421 

g'esaubrucL  in  Ärimlanm,  '„nm  mit  einigen  CoLorten  clie  Welt 
anzagreifen" '*)  und  „für  Land  und  Bleer  das  Kriegsflior  zu  öif- 
nen."  '  *)  Die  Tribüne  BI.  Antonius  und  Q.  Cassius,  weldie  Lier 
mit  C.  Ciirio  und  AI.  Coelias  zu  ilim  kamen ,  mussten  die  Ge- 
rechtigkeit seiner  SacLe  noch  einmal  recht  augenfällig'  machen.  In 
der  kläglichen  Gestalt  von  Vertriebenen  flehten  die  Unverletzli- 
chen um  seineu  Schutz;*^)  „Helena  entzündete  den  trojanischen, 
Antonius  den  römischen  Bürgerkrieg."**)  Schon  ihr  Anblick 
forderte  zur  Rache  auf,  und  als  sie  gesprochen  halten,  nahm 
Cäsar  das  Wort ;  weinend  zerriss  er  seine  Kleider  und  beschwur 
die  .Soldaten,  ihn  und  die  Republik  nicht  zu  verlassen,* 8)  wo- 
mit er  zugleich  Alles  für  ungültig  erklärte,  was  nach  der  Abreise 
der  Tribüne  in  Rom  verhandelt  war.  ^'')  Man  sagte  sich,  er  habe 
die  linke  Hand  erhoben  und  betheuert,  selbst  seinen  Ring  wolle 
er  daran  setzen ,  um  seine  Anhänger  zu  belohnen ,  und  diess  sei 
von  den  Fernstehenden  so  gedeutet,  als  habe  er  ihnen  einen 
goldnen  Ring  und  400,000  Sestertien  verheissen,  das  Zeichen 
und  Erforderniss  der  Ritterwürde.  ^ ')  Den  Sold  hatte  er  den 
Legionen  schon  früher  für  immer  verdoppelt.^') 

Ein  Thfeil  der  Trupi)en  im  jenseitigen  Gallien  erhielt  Befehl, 
die  Winterquartiere  zu  verlassen,  und  zu  ihmzu  stossen,  ^^)  Vor- 
erst war  Pompejus  stärker,'*)  denn  ausser  den  beiden  Legio- 
nen, welche  Cäsar  geschickt  hatte,  standen  viele  seiner  Vetera- 
nen und  auch  schon  Neugeworbene  unter  den  W^atfen ;  aber  stets 
vermochte  er  nur  mit  grossen  Ivriiften  Grosses  zu  leisten,  den 
Truppen  aus  den  feindlichen  Reihen  vertraute  er  nicht ,  und  die 
Aushebung  erfolgte  langsam  und  za  spät:  er  bedurfte  Zeit.  Da 
nun    der   Anh-air    des    L.  Piso  und  des  Prätor  L.  Roscius  Faba- 


85)  LiT.  bei  Gros.  6,  IS.  86)  Plnt.  Caes.  33.  Coes.  1,  8.  Cic.  ad 
Fani.  16,  12.  Lir.  109.  VeUej.  2,  49  J.  S.  Snel.  33.  Luc.  1,  231.  Flor. 
4,  2.  §.  19.  Eutrop.  6,  19  (16).  Plut.  Caes.  32.  Pomp.  60.  Antoo.  6. 
App.    2,    449.    Dio    41,    4.    Zon.->r.    10,    7.  87)    Oben    §.    39.  A.  66. 

88)  Cicero  bei  Plut.  Anton.   6.    vgl.  Cic.  2  PIül.  22.  28.   29.  .nil  Alt.  7,  9. 

89)  Suet.  33.  Luc.m.  1,  299  t.  90)  Cic.  .id  Alt.  11,  7.  Auch  die 
Schriftsteller,  welche  seiner  Zweifel  am  Ufer  des  RuJticon  gedenken,  Ter- 
kennen  hier  das  Veranstaltete  mclit.  Plnt.  Caes.  31.  Gros.  1.  c.  Uiouys. 
II.    8,    87.           91)    Sne«.    1.    c.           92)    üers.    2C.     >j;l.    Plul.    Caes.    17. 

93)  Caes.  1,8.  Plul.  Caes.  32.     KeJueswegs  das  gau»o  Ueor.  Caes,  1,  37. 

94)  Plnt.  Caes.  S3. 


422  XXI.    lüLII.        (31.  §.41.) 

lus,  einen  Vergleich  zu  sliften,  und  jede  Einig-img'  von  der  Kriegs- 
partei im  Senat  verworfen  war,  5')  so  liess  er  aus  eigner  MacLt- 
fiille  durch  üoscius  «nd  L.  Cäsar  den  Jiing-ern,  einen  Verwand- 
ten seines  Nebenbuhlers,'^)  in  Ariminum  unterhandeln.  Sie 
mussten  versichern,  dass  nicht  persönliche  Feindschaft,  sondern 
nur  die  Rücksicht  auf  den  Staat  ihn  bestimme,  welcher  ihm  hei- 
liger sei,  als  jedes  Privatverhältniss,  und  Cäsar  auffordern,  seiner 
Pflichten  gegen  das  Vaterland  ebenfalls  eingedenk  zu  sein,  und 
den  Hass  gegen  seini?  Feinde  zu  beschwichtigen.")  Demnach 
sollte  er  Italien  räumen,  obgleich  das  Nähere  nicht  erwähnt  wird.^  ') 
In  der  Erwiederung  bezeugte  er  gleichen  Eifer  fiis  das  allgemeine 
Beste;  nicht  weniger  als  der  Gegner  wünsche  er  die  Erhaltung 
des  Friedens ,  man  versage  ihm  aber  das  Cousulat ;  man  fordere 
persönliche  Bewerbung,  wodurch  seine  Statthalterschaft  um  ein 
Laibes  Jahr  verkürzt  werde;  man  verlange  von  ihm,  dass  er  das 
Heer  entlasse,  und  in  ganz  Italien  werde  geworben,  sogar  die 
beiden  Legionen ,  welche  man  ihm  entzogen  habe ,  verstärken 
das  neu  errichtete  Heer.  DocL,  Pompejus  möge  jetzt  noch  in  seine 
Provinzen  gehen  und  die  Rüstungen  in  Italien  ehistellen ,  damit 
Volk  und  Senat  in  freier  Berathung  über  die  streitigen  Angele- 
genheilen entscheiden  können;  dann  wolle  er  das  jenseitige  Gal- 
lien L.  Domitius,  das  diesseitige  Considius  Nonianus  übergeben,") 
und  in  Rom  unter  den  Caudidaten  sich  einfinden;  eine  Unterre- 
dung werde  am  schnellsten  zum  Ziele  führen. '°°)  Am  25.  Ja- 
nuar Wcir  Lucius  Cäsar  auf  der  Rückreise  zu  Älinturnä,  wo  Ci- 
cero ihn  sah.  Dieser  hielt  die  Forderungen  für  so  abgeschmackt 
und  unverschämt,  dass  er  glaubte,  der  Ueberbringer,  welcher 
ihm  ohnehin  für  ein  so  wichtiges  Geschäft  schlecht  gewählt  zu 
sein  schien,  habe  für  Auftrag  genommen,  was  nur  gelegentlich 
im  Gespräch  geäussert  sei,')  zumal  da  er  nichts  Schriftliches  auf- 
zeigen konnte.  ^) 


95)  Obea  §.  39.  A.  62.         96)  Obea  No.  23.        97)  Caes.  1 ,  8.  Dio 
41 ,  5.  98)   Caes.  1.  c.   Is  (L.  Caesar)  reliqno  sermone  confecto ,  ciiins 

rei  causa  veneral.  99)  Oben  §.  39.  A.  79.  80.  100)  Caes.  1,  9.  Cic. 
od  Fani.  16,  12.   Dio  41,  S.   Unten  §.   43.  A.  35.  1)    ad   Alt.  7,    13. 

5  6.  7,  17.  2)  Das.  9,  15.  §.  1.  Tiiuslall  ep.  nd  JliJdlet.  \>.  149.  150 
folgert  daraus,  jener  Verdaclit-niöge  gegründet  gewesen  sein,  und  doch  er- 
hellt aus   Cäsars  Commentaron   das  (>  "gentheil. 


XXI.    lULH.        (31.  §.41.)        423 

Lucius  eiTcIcLte  Poiupejus  und  die  Coiisuln  an  demselben 
Tag;e  zu  Teanuiu  Sidiciuum.  ^)  Sie  genelimigten  Alles  j')  nur 
Faronius  schrie  am  27.  iu  einer  RatLsrersammlung  za  Capua, 
man  müsse  keine  Ciesetze  anneLmen ;  er  wurde  selbst  von  Cato 
uic'Lt  unterstützt,  "svelcLer  sich  nur  vorbehielt,  bei  den  weiteren 
Verhandlungen  iu  der  Curie  gegeuwiirtig'  zu  sein,  ^)  Jedoch 
machte  man  die  Bedingung,  dass  Cäsar  seine  Besatzungen  aus 
den  italischen  Städten  sogleich  zurückziehe,  dann  AvoUe  man  nach 
Rom  zurückkehren,  und,  wie  er  wünsche,  die  Entscheidung  dem 
Senat  überlassen.  ^)  So  hoffte  Cicero  den  Frieden  wenigstens 
vorerst  erhalfen  zu  sehen ;  der  Eine,  meinte  er,  werde  seine  Ver- 
wegenheit bereuen ,  und  der  Andre  begreifen ,  dass  man  ohne 
Truppen  nicht  fechten  könne;')  jener  müsse  wahnsinnig  sein, 
wenn  er  sich  nicht  füge;  durch  die  Bewilligung  des  zweiten 
Consulats  sei  ihm  der  Sieg  zugestanden,  und  ein  Sieg  ohue  Ver- 
brechen. ^)  Es  verletzte  ihn  iudess,  dass  man  nicht  durch  ihn 
unterhandelte,  an  sich,  und  weil  er  unter  diesem  Verwände  par- 
teilos bleiben  -wollte,  dass  sogar  Sextius ,  welchem  nach  seinem 
Urtheile  die  Beiiihigung  dazu  gänzlich  abgieng-,  jene  Antwort  an 
Cäsar,  eine  so  wichtige  öffentliche  Urkunde,  abfassen  musste. ') 
Sie  vsTirde  dem  Volke  in  Rom  vorgelesen,  dessen  Beifall  sie  er- 
hielt ,  ' ")  lind  Lucius  Cäsar  beförderte  sie  in  das  feindliche  La- 
ger. ' ')  Hier  veranlasste  sie  neue  Beschw'erden ,  obgleich  fast 
nur  die  eignen  Bedingungen  des  Ini])erator  darin  wiederholt  wur- 
den:'^) ihm  gebiete  man,  in  die  Proviuz  zurückzukehren,  und 
Pompejus  bleibe  in  Italien,  er  bestimme  nicht  einmal  die  Zeit, 
wann  er  nach  Spanien  abgehen  wolle,  und  fixhre  fort,  zu  rüsten, 
ohne  den  Vorschlag  in  Betreif  der  Zusammenkunft  auch  nur  der 
Beachtung  zu  w^ürdigen. ' ')  In  der  That  war  er  iu  diesem 
Augenblicke  mit  der  Aushebung  beschäftigt;")   aber  auch  Cäsar 


3)    ad   Att.    7,    14.   Tgl.    7,    13    fin.     Nicht   jq    Capiia.     Caes.    1,    10. 
4)  ad  Att.  7,   14.  17.  ad  Fam.   16,  12.  5)  ad  Att.  7,  15.  6)  Caes. 

1,  10.  Cic.  ad  Au.  7,  14.  15.  ad  Fam.   16,    12.  7)     Die    Kiiegsmacht 

des  Pompejus  Iiielt  ei'  bald  für  sehr  gross,  bald  für  nnzureichend.  S.  nnlen. 
8)  ad  Alt.  7,  14.  15.  17.  9)    Das.  7,   17.       •    10)    D.iv.  7,   18.  §.  2. 

8,9  11)  Caes.  1,   10.   Cic.   ad  All.  7,  16.  17.  18.   19.    Dio  41,  5  Cm. 

12)  ad  Ati.  7,  19.  13)  Caes.  1,   II.  14)  ad  Att.  7,  16.  nd  Faiu. 

lü,   12. 


424  XXI.    lüLn.        (31.  §.41.) 

ruhte  nicLt;  er  besetzte  einen  Platz  nacL  dem  andern,")  wo- 
durcli  er  Pompejus  schon  vor  deu  letzten  Uuterliandlung^en  ans 
Rom  verscheucht  halte. 

Die  Nachricht  von  seinem  Einfall'  in  Italien  vei-breitete  dort 
die  grö'sste  Bestürzung'.  Man  glaubte,  er  komme  mit  dem  ganzen 
Heere,  mit  Galliern  und  Germauiern,  ■«eiche  er  zu  Henkern  sei- 
ner Mitbürger  ersehen  habe ,  um  ein  zweites  Blordfest  des  Ma- 
rius  zu  feiern. '  ^)  Daher  das  Flüchten  vom  Lande  in  die  Stadt, 
aus  der  Stadt  auf  das  Land,  gleich  einer  Völkerwanderung,  und 
das  Entsetzen,  als  raub-  und  blutgieriges  Gesindel  sich  herbei- 
drängte, um  seine  Erndfe  zu  halten.  Die  Parteiwnlh  entfesselte 
sich;  die  Hefen  der  Menge  stiegen  empor,  und  Blick  und  Miene 
verrieth,  wie  man  zu  handeln  gedenke.  Nun  sollte  Pompejus 
helfen ;  die  Consuln  und  der  Senat  bestürmten  ihn  Tor  den  Tho- 
ren  mit  falschen  oder  übertriebenen  Berichten  von  der  Macht  und 
Nähe  des  Feindes ,  mit  verdienten  und  unverdienten  Vorwürfen, 
und  nahmen  dadurch  dem  tief  erschütterten,  was  ihm  an  Beson- 
nenheit noch  übrig  war.'')  ^Vie  ein  Schulknabe  niusste  er  sich 
vor  denen  rechtfertigen ,  deren  wilde  Kampflust  im  Bunde  mit 
seiner  stolzen  Sicherheit  es  dahin  hatte  kommen  lassen.  Wo  ist 
nun  das  Heer,  fragte  L.  Volcatius  TuUus,  mit  welchem  du  Cä- 
sar entgegen  gehen  wolltest?  Stampfe  es  aus  der  Erde,  rief  Fa- 
Tonius.  Kleinlaut  erwiederte  er :  ausser  den  beiden  Legionen  aus 
Gallien  hoffe  er  in  kurzem  30,000  Mann  aufzustellen;  so  sind 
wir  getäuscht,  unterbrach  ihn  Volcatius,  wir  müssen  um  Frieden 
bitten ,  und  C«to  erinnerte  daran ,  dass  er  während  des  unheil- 
vollen Triumvirats'^)  Alles  vorausgesagt  habe,  welches  mit  der 
Bemerkung  zugegeben  wurde:  Da  bist  ein  nur  zu  guter  Seher, 
und  ich  bin  ein  nur  zu  treuer  Freund  gewesen.  '  s)  Indess  konnte 
man  in  Rom,  und  wie  Pompejus  einsah,  auch  in  Italien  sich 
nicht  behaupten.     Das  Letzte  durfte  jener   jedoch   nicht  gestehen. 


15)  ad  Au,  7,  14.  17:  Debnit  esse  panllo  qiüctior,  dam  responsa  re- 
ferrentnr;  dicitnr  antem  nunc  esse  acerrimns.  Das.  7,  18:  Caesarem  qui- 
dcm,  !■.  Caesare  cum  ranndatis  de  pace  misso ,  tarnen  ainnt  acerrime  de- 
lectum  habere,  loca  occnpare,  ■vincire  praesidiis,  O  perdittim  lalronem! 
16)  ad  Att.  7,  13.  §.  3.  17)  Kihil  timidins,  nihil  pertiirbatins.  Das.  I.  c. 
J.  2.  18)  Decem  annomm  peccata.  Das.   I.   c.  19)  Flntarch.  Pomp. 

60.  61.  Caes,  33.  Calo  52.  App.  2,  449.  450.  Oros.  6,  15.  Zouar.  10,  7. 


XXI.    lüLII.        (3l.§.4l.)        425 

Er  veranlasste  einen  SenatsbescLIuss ,  nach  ■welcliem  der  Si(z  der 
Kegierang  nach  Capua  verlegt  werden ,  und  jeder  Senator,  Ritter 
und  Beamter  bei  Strafe,  fiir  einen  Anhänger  des  Feindes  zu 
gelten ,  ihr  dahin  folgen  sollte.  Ein  Schreiben,  worin  Cicero  ihn 
warnte,  Rom  preis  zu  geben,'"')  machte  keinen  Eindruck,  weil 
Ciisar  im  erforderlichen  Falle  alle  Truppen  über  die  Alpen  her- 
beirufen konnte,  ehe  er  die  Aushebung-  beendigte.  Er  gieng  spät 
am  Abend  nach  Capua,*')  nicht  um  iu  diesem  Theile  der  Halb- 
insel den  Krieg  zu  führen,  ^^)  und  noch  weniger  am  Tage  der 
Schlacht  bei  Munda,  -^)  sondern  im  Anfange  der  zweiten  Hälfte 
des  Januar.'*)  Die  Cousuln  entfernten  sich  am  andern  Bloi-gen 
mit  dem  grössten  Theile  der  Senatoren  und  übrigen  Opfimaten, 
unter  welchen  auch  Piso  sich  befand,  dessen  Flucht  seinen  Schwie- 
gersohn, Cäsar,  zu  verdammen  schien.'*)  Sie  opferten  nicht, 
wie  es  vor  dem  Feldzuge  geschehen  musste,-^)  und  Lenfulus* 
welcher  sich  noch  lange  nachher  von  seinem  Schrecken  nicht  er- 
holen konnte,  verschloss  zwar  den  heiligen  Schatz,  obgleich  Cä- 
sar zu  seiner  eignen  Entschuldigung  das  Gegentheil  sagt,  er  be- 
dachte aber  nicht,  „dass  die  Axt  den  Schlüssel  entbehrlich  macht,"- ') 
und  auch  die  Weihgeschenke  in  dön  Tempeln  wurden  vergessen, 
weil  nach  einem  falschen  Gerüchte  die  feindlichen  Reuter  sich 
schon  vor  dem  Thore  zeigten.") 

Plutarch  vergleicht  Rom  mit  einem  Schilfe  ohne  Steuermann,'  ') 
und  Dio  schildert  in  einer  fast  dichterischen  Sprache  den  trostlo- 
sen Zustand  der  Abgehenden  und  der  Bleibenden.  ^ ")  Am  mei- 
sten war  Cicero  über  diese  Blassregel  erbittert,  obgleich  er  schon 


20)  ad  Att.  8,  1.  n.  II.  D:  Mea  quae  semper  fnerit  sententia,  pri- 
mnm  de  pace  Tel  iniqiia  coiidilione  retineiida,  deinde  de  urbe  (najii  de  Ita- 
lia  qiiidem  nihil  milii  ninqnam  ostenderas)  meminisse  te  arbitror.  21)  Caes. 
1,  14.  33.  Cic.  ad  Att.  7,  10.  Vellej.  2,  49,  Suet.  75.  Incan.  1,  522. 
Entrop.  6,  19  (16).  Oros.  6,  IS.  Dio  41,  6.  Plntarcli.  II.  cc.  u.  Cic.  37. 
App.  2,  450.  Zonar.  I.  c.  22)  Dio  I.  c.  Lncan.  2,  394.  23)  Pliit. 

Caes.  56.  Oios.  6,   16  fin.  unten   §.  62.   A.  95.  24)   Diess  erhellt  aus 

Ciceros  Briefen.   S.  unten  §.  42.  A.  44  f.         25)  ad  Farn.  14,   14.   ad  All. 
7,  13.  26)  Plnt.  Caes.  34.  Pomp.  61,  Unten  {.  46.  A.  89.  27)   ad 

Alt.  7,  12.  8,  3.  §.  2.  Caes.  1,  14.  Dio  41,  6.  17.  Unten  §.    42.   A.  70. 
28)    Caes.   1.   c.    Dio    41,    6.    Unten    §.   46.   A.    79.  29)    Caes.    34. 

30)  41 ,  7.  8, 


426  XXI.    lULlI.        (31.  §.41.) 

im  vorig:«!  Jalire  an  ihre  Möglichkeit  gedacLt  Lafte;  ^ ')  er  konnte 
kaum  Ausdrücke  finden,  ihre  Verkehrtheit  zu  schildern,*^)  uqd 
Poinpejus,  vor  kui-zem  in  seinen  Augen  der  grösste  unter  den 
Feldherrn,  war  nun  unter  allen  der  schlechteste.^^)  Jener 
äusserte,  die  Republik  bestehe  nicht  ;n  Wänden  und  lilaueru ; 
er  handle  wie  Themistocles;  Cicero  wollte  dagegen,  man  solle 
Heerd  und  Altar  nicht  verlassen.  *')  Die  Räumung  der  Haupt- 
stadt brachte  allerdings  nicht  geringen  Nachtheil;  sie  v^ar  eine 
Niederlage  vor  dem  Kriege  und  deshalb  um  so  schimpUicher,  ein 
Geständniss,  dass  man  nicht  einmal  zu  rüsten  wisse,  oder  nicht 
IMuth  genug  habe,  sicli  mit  dem  Gegner  zu  messen,  uud  nach 
der  Verfassung  konnte  der  .Senat  fern  von  Rom  nichts  Gültiges 
beschliessen ,  uud  das  \  olk ,  wie  viele  Bürger  auch  in  den  La- 
gern waren,  keine  neue,  der  Aristocratie  ergebene  Blagistrate 
wählen;^*)  selbst  die  Hoffnung,  dass  der  Feind  in  einer  Stadt 
ohne  Senat  und  Consuln  in  Betreff  der  öffentlichen  Handlungen 
in  Verlegenheit  sein  werde,  wurde  nicht  erfüllt ;^^;  aber  davon 
abgesehen,  dass  Cicero  an  Altar  und  Heerd  sich  vergebens  er- 
warten Hess,  und  die  politische  Wichtigkeit  Roms  überschätzte, 
weil  er  hier  allein  als  Redner  und   Sachwedter    zu   glänzen    ver- 


31)  ad  Att.  7,  9.  32)  Das.  7,  10:  Amentissimnm  consiliam.  Stnlte 
omnia  et  incaute.  Das.  7,  II.  {•  2:  Per  fortunas!  qnale  tibi  consiliiua 
Pompeü  Tidetur?  Hoc  quaero ,  qiiod  nrbem  reliquerit.  Das.  7,  12:  Tarn 
nnllo  consilio,  ant  tarn  contra  meum  coasiLium  gesta  esse  omnJa!  Das.  7 
21 :  Nisi  omnia  esseut  acta  tnrpissime.  Das,  8 ,  1 :  Iniitus  in  eam  cansam 
descendo,  in  qua  neque  pacis,  neque  victoriae  ratio  quaesita  sit  njnquam, 
sed  semper  flagitiosae  et  calamitosae  fngae.  Dos.  8,  13:  Id  quantis  nostris 
peccatis  viliisque  evenerit,    non    possiuu   sine  noleslia  cogitare.  33)  ad 

Att.  7,  13.  J.  2:  Dux  quam  ((ffrouiijj'ijioj,  tu  qnoqne  aoijnadTertis.  Das. 
7,  21:  Cnens  noster  (o  rem  miseram  et  incredibilem)  ut  totos  jacet !  non 
animns  est,  non  consilium,  non  copiae,  non  diligentia.  Alitto  iljam  lugain 
ai>  lU'be  turpissimam.  Das.  S ,  2 :  Alibi  nihil  ulia  in  gente  iimqnam ,  ab 
«Uo  auctore  reip.  ac  duce  turpius  factum  esse  \idetur,  quam  a  nosiro  amico 
factum  est,  qui  nrbem  reliqiüt ,  id  est  patriam,  pro  qua  et  in  qua  mori 
praeclaram  fuit.  Das.  8 ,  3 :  Nihil  actiuu  est  a  Tompeio  noslro  sapienter, 
nihil  fortiter;  addo  etiam,  nihil  nisi  coatra  consilium  auctoritatemqne  meam. 
Das.  8,8:  O  rem  turpem  et  Ca  re  miseiam  —  urbem  reliqneral.  Das.  8, 
16  :  (Pomp.)  (^>iiem  ego  hominem  uthjXit ly-iuiciof  omiiium  iam  nuto  cogno- 
ram,  niinc  vero  eliam  i'iiiTni;i)j)ixioiciiüP'  3i)    ad  All.   7,  11,  \.  2.   10, 

ö.  App.  2.  440.        35)  Uiü  41,  43.         36)  .id  Alt.  9,  15. 


XXI.    lULII.        (31.  §.41.)        427 

mochte,   zeiijt  es  von  -weni^eui  Urtlieil',   dass  er  jetzt  erst  tadelte 
nnd  klag:te,  als  man  für  die  frühere  Verblendung'  büsste. 

Aus  mehreren  Gründen  konnte  Pompejus  nicht  sofort  auch 
Italien  aufgaben;  er  musste  durch  seine  Anstallen  darauf  vorbe- 
reiten nnd  bei  Brnndusiimi  eine  Flotte  zusammen  ziehen;  auch 
hoffte  er  in  der  Zwischenzeit  seine  Sfreilkrüfte  zu  vermehren. 
Während  er  durch  L.  Cäsar  unterhandelte,  vsarb  er  unter  den 
Colonisten  in  Campanien,  -welche  zum  Theil  iu  Asien  in  seinem 
Heere  gedient  und  in  Folge  des  julischen  Ackergesetzes  vom  J. 
59  Ländereien  erhalten  hatten,  aber  wenig  Neigung  zeigten,  sich 
von  neuem  zu  bewaffnen.^')  Dazu  kam,  dass  Cicero  sich  des 
Auftrags,  in  dieser  Gegend  zn  rüsten,^")  auch  nicht  einmal  zum 
Schein  entledigte,*^)  um  nicht  bei  Cäsar  zu  Verstössen.  Diesen 
Grund  gesteht  er  freilich  nicht,  sondern  er  übernahm  nach  sei- 
nen Briefen  Capua  wider  ^Villen,  weil  er  bei  der  Stimmung  der 
Einwohner,  nnd  ohne  Truppen  und  Geld,  keinen  Erfolg  davon 
erwartete,  nnd  sich  überzeugte,  dass  der  Oberfeldherr  nur  anf 
die  Flucht  bedacht  war.*")  Daher  spricht  er  in  der  falschen 
Voraussetzung,  dass  Andere,  besonders  die  Consuln,  mehr  thun 
werden,  von  grossen  Trnppen -Massen,  nnd  dann  wieder,  wenn 
er  sah,  wie  wenig  man  Pompejus  nn'erstiitzte,  aufweichen  alle 
Schuld  und  Verantwortlichkeit  gewälzt  wurde,  von  gänzlicher 
M  ehrlosigkeil. ")  Er  wollte  nicht  kämpfen,  sondern  mit  beiden 
Theilen  in  gutem  A'^ernehmen  bleiben,  und  trug  kein  Bedenken, 
Cäsar,  dem  Feinde,  kurz  aber  freundlich  zu  antworten,  als  die- 
ser   ihm   seine    Gladiatoren    in    Capua   empfahl.*')     Der    Consnl 


37)  Caes.  1,  14.  Cic.  ad  Att.  7,  14.  {.  1.  Hier  §.  12  fin.  38)  Oben 
5.  39.  A.  72.  ad  Alt.  1,  c.  Me  PompeiDS  Capnam  venire  voluit  et  adiiivare 
delectum.  39)  ad  Att.  7,  23  :  Tota  Capna,  et  omnis  hie  delectus  iacet. 
Pas.  8,  3.  §.2:  Itacpie  habui  nihil  omnino  negotii.  40)  Das  8,  3.  §.  2. 
8,  11.  D.  Brief  an  Pompejns :  tjnod  qnidem  tibi  ostenderam,  qnum  a  lue 
Capnam  reiiciebani  etc.  Das.  8,  12  in.:  Naiu  certe  neque  tum  peccavi, 
quam  imparatam  iam  Capnam  etc.  41)  ad  Fam.  16,  12.  §.   1:    Delectas 

in.ignas  babebamns.  ad  Att.  7,  13.  §,  2;  Delectns  adhnc  qnidem  invitornm 
est  et  a  pugnanda  abborrentiiun.  Das.  7,  14:  Pantm  prolixe  respondent 
Canipani  coloni.  Das.  7,  2!  :  Haec,  Capnae  dnm  fui,  cognovi,  nihil  in  con- 
sulibns,  nulluni  nsquam  delectum.  Das.  8,  3.  §.  2  :  Alultitndo  et  inflmns 
quisque  propensns  in  alteram  petlem,  muUi  uutationis  rerum  cupidi. 
42j   ad  Alt.  8,2. 


428  XXI.    lULII.         (31.  §.42.) 

JLentiiliis  La((e  sie  in  seiner  Bestiii-zunj  unter  der  Zaaage  der 
Freiheit  zu  den  Waffen  gerufen,  und  Poinpejus  die  Verfügung 
aufg-eLoben,  weil  man  Sclayen,  zumal  so  verdäcütig-e ,  ung'ern 
im  Heere  sali,  und  je  zwei  den  Bürgern  zur  Bewathonj^  über- 
geben. *^) 

§    42. 

(a,  49.)  Nach  dem  Rückzuge  Ton  Rom  traf  Cicero  am  19. 
Januar  mit  Pompejos  zusammen.  Er  fand  ihn  von  Furcht  und 
Sorgen  gebeugt, ''')  und  in  gleicher  Stimmung  sah  er  am  23.  den 
Consul  L.  Lenlulus  in  Formiä.  **)  Zwei  Tage  später  war  er 
in  Minturnä ,  wo  L.  Cäsar  ihn  besuchte,  als  er  von  der  ersten 
Gesandtschafts -Reise  zu  Cäsar  zurückkam.*'^)  Man  wusste  jetzt 
schon  allgemein,  dass  dessen  Legat,  T.  Labienus,  sich  für  die 
senatorische  Partei  erklärt  hafte,*')  und  hoffte,  er  werde  viele 
Andere  nach  sich  ziehen,  „ein  grosser  IMann,  ein  Heros,"  wel- 
cher durch  den  Abfall  das  Unternehmen  des  Imperator  verdamm- 
te, ")  und  Pompejus,  bei  welchem  er  am  24.  Januar  zu  Tea- 
num  Sidicinum  in  Campanien  anlangte,*^)  durch  die  Nachricht 
von  den  geringen  Streitkräften  des  Feindes  ermudiigte.'")  Blochte 
er  die  Treulosigkeit  gegen  seinen  Wohllhäler  mit  den  höhereu 
PHichteu  gegen  das  Vaterland  entschuldigen,  obgleich  man  nach 
Cicero  fragen  konnte,  welcher  Theil  es  vertrete,  so  wurde  Cäsar 
doch  nicht  dadurch  gekränkt  uud  in  Verlegenheit  gesetzt,  wie 
man  glaubte;  er  hatte  den  Legaten  laugst  durchschaut,  und  war 
grossmüthig  genug,  ihm  Geld  und  Gepäck  nachzuschicken;*') 
Labienus  aber  bewährte  sich  nicht ;  der  Ueberläufer  verlor  mit 
der  Ehre  den  sittlichen  Muth,  und  man  empiieng  ihn  gern,  aber 


43)  Nur  Ciisar  1 ,  14  gedenkt  der  Absicht ,  sie  zn  bewaffnen ;  Ciroro 
erzählt  ad  Att.  7,  14,  wo  die  Angabe  der  Zahl  an!  einer  nnsichcru  Lesart 
beruht,  man  habe  gefürchtet,  sie  werden  dnrchbrechen  ;  diese  Besorgniss 
konnte  entstehen ,  als  Hoffnungen  in  ihnen  erregt  und  nicht  erfüllt  waren. 
44)  ad  Att.  9,   10.  45)  Das.   7,  12.  46)  ad  Fam.  14,  14.   ad  Ati. 

7,  13.  {.  6.  Oben  §.  41.  A.  1.  47)  Oben  §.  37  im.  ad  Att.  7,  11.   12. 

ad  Fam.  I.  c.         48)  ad  Farn.  16,  12.  ad  Att.  7,   13.  §.  1.         49)  ad  Alt. 
L  c.  §.  7.  50)    Vai.  7.  16.  vgl.  Dio  41 ,  4.  Flut.  Poiui>.  64.  Caes.  34. 

51)  ad  Att.  7,  13.  §.  7.  l'Iut.  Caes.  I.  c.  Obea  §.  37  Cu. 


XXI,     lULIIi         (31.  §.42.)         429 

oline  Vertrauen.*')  In  Teannm  kam  am  25.  ancli  L.  Cäsar  zn 
Ponipejus  nnd  den  Consnln,^^)  und  diese  reis'ten  dann  weiter 
nach  Capua.  Der  Proconsul  gieng  dagegen  mit  Labienns  nach 
der  Ostküste,  nach  Larinum  im  Frentanischen; '*)  er  schrieb 
Cicero,  dass  er  bald  ein  zahlreiches  Heer  haben,  und  das  Pice- 
nische  besetzen  werde,  dann  könne  der  Senat  gefahrlos  nacb 
Rom  zurückkehren;")  in  der  That  aber  näherte  er  sich  ßrun- 
dusium,  um  dem  Feinde  auszuweichen,  und  sich  zur  Einschiffung 
vorzubereiten;  auch  standen  seine  Gehörten  zum  Theil  schon  in 
Apulien.  *®)  Eine  lange  Zeit  blieben  seine j\.bsichten  unbekannt ; 
Cicero  glaubte ,  er  werde  seine  Legionen  in  Spanien  aufsuchen ; 
dann  wurde  er  Avieder  zweifelhaft,  nur  gelaugte  er  immer  mehr 
zn  der  Gewissheit,  dass  gegen  seinen  Ratii  Italien  nicht  zum 
Kampfplätze  bestimmt  sei.*')  Das  stete  Vordringen  Cäsars 
brachte  Pompejus  der  Rüste  immer  näher.  Gegen  die  Blittc  des 
Februar  lud  er  Cicero  ohne  Erfolg  nach  Luceria  ein,  in  sein  La- 
ger, wo  er  sicher  sein  werde;  „einen  Ort  also  hatte  er  gewählt, 
welchen  er  nicht  halten  konnte,  Apulien,  ein  Land,  welches  un- 
ter allen  in  Italien  die  wenigsten  Hülfsmittel  bot,  aber  freilich 
am  günstigsten  lag,  wenn  mau  zur  See  entfliehen  wollte.""*) 
Er  schickte  Scipio  mit  zwei  Cohorten  nach  Brundusium  voraus ;  *  *) 
auf  demselben  Wege  kam  er  nach  Canusinm,  und  erliess  hier 
am  20.  Februar  eine  Aufforderung  an  Cicero,  so  schnell  als  mög- 
lich bei  ihm  einzutreffen.*")  Am  22.  war  er  selbst  in  Brun- 
dusium;*') alle  Truppen  -  Theile  sollten  ohne  Verzug  zu  ihm 
stossen.  *^) 

Aber  er  fand  nirgends  Gehorsam  und  Unterstützung.  Die 
Consuln  hatten  sich  am  25.  Januar  zu  Teanuni  von  ihm  getrennt, 
um  nach  Capua  zu  reisen,   und    die   öffentlichen  Angelegenheiten 


52)  ad  Att,  8,2:  In  Labieno  pnrnm  est  dignitatis.  Lncan.  5,  345: 
Fortis  in  armis  Caesareis  Lahienus  erat :  nunc  transfnga  "vilis  cum  dnce 
praelato  terras  atqne  aequora  lastrat.  53)    ad    Att.  7,   14.  Oben  §.  41, 

A.  3.         54)  ad  Att.  7,    13.  §.7,  7,  15.         55)  Das.  7,  16.  -»gl.  7,  15  ßn. 
56)  Lucan.  2,  608.  Cic.  ad  Att.  7,  12.  57)     ad  Att.  1.  c.  7,  17.  }.  2. 

7,  20.  8,  I.  58)   Das.    8,    1.   S,    3.    §.    2.    8,    11.  A.   App.  2,  451. 
59)   ad  Alt.  8,  3.    §.  3.         60)  Das.   8,   11.  D.   vgl.  8,  9  fin.         61)  Das. 

8,  14.  9,  1.  Caes.  1,  24.  Vellej.  2,  50.  Plui.  romp.  62.  Caes.  35.    App. 
1.  c.  Dio  41,   11.         62)  ad  Alt.  S,  12.   A  —  D. 


43Ö  XXI.     lüLlI.         (31.  §.42.) 

ztt  besprecLen,   wälirend  Cäsar  Landelle.  *^)     Sie  berietlien    sidr 
dort    am    27.    mit    Cicero    und    mit   vielen  anderen  Senatoren.**) 
Auf  den  5.  Februar  setzten  sie  eine  iiene    Versanimlnng'    an ,    za 
TvelcLer  Cicero  ebenfalls  von  seinem  Formianum    nach    der    .Stadt 
kam.  ^')      Lenlalus    erschien    spät,    und   sein    Colleg-e   Marcelhts 
Wurde  vergebens  erwartet ;  Beide  aber  waren  gleich  iinthätig',  und 
nicht  minder    Cicero,   ^velcher    sie    bei    Atticns   anklagte,^*)    auf 
seine    Güter   zuriickgieng,    zu    seiner  .Sichernng  fiir  den  Fall  der 
Proscriptionen  mit  seinem  Schwiegersohne  Dolabella,    mit  Balbas 
und    anderen    Freunden    Cäsars    Briefe   wechselte,     diesen    durch 
Trebatius  wissen  liess,  er  sei  anf  seinen  Villen,  und  werbe  we- 
der Truppen,  noch  befasse  er  sich  mit   einem  andern  öffentlichen 
Geschäfte,®')   und   Pompejus    meldete,     T.    Ampius    betreibe    die 
Aushebung  in  Campauien  mit  grossem    Eifer ,    und    auch    Scribo- 
nius  Libo,  welcher  die  Neuge-worbenen  in  Empfang  nehme,  lasse 
es    nicht    daran    fehlen.  *8)     Der   V.Tribun    C.    Cassins''^)  über- 
brachte  am  7.  Februar  den  Consuln  ein  Schreiben  des  Pompejus, 
wrorin  er  ihnen  auftrug,    das  Geld  aus  dem    heiligen   Schatze    in 
Rom    zu  holen,    und    die  .Stadt  sogleich  wieder  zu  verlassen;'") 
Lentulus   erwiederte,    er  möge  zuvor  Rom  dadurch    decken,    dass 
er  das  Picenische  besetze;  nur   Cicero   wnsste,   und   zwar    durch 
Mittheilungen  des  Dolabella,  dass  jene  Gegend  schon  vom  Feinde 
überschwemmt    war,    und  erklärte  deshalb  gegen  Atticus  die  Zu- 
muthung,  jetzt  nach  der  Hauptstadt  zu  gehen,  fiir  ungereimt.    Bis 
dahin  rechnete  man  noch  einigermasseu  auf  die  Truppen,  mit  wel- 
chen L.  Domitius  zu  Corfinium  stand;    die  Gutgesinnten  auf  deW' 
Formianum   athmeten    freier,    als    sie    am    9.    Februar    aus  einem 
Briefe  des  Philotimus  ersahen,   dass  jener  ein  starkes  Heer  habe;' ') 
allein  Domilius    war   im    Gedränge;    die    Consuln    erfuhren    diess 
durch    Pompejus   selbst,     welcher     am    17.    sie    mit    ihrer   ganzen 
Mannschaft  zu  sich  entbot;    nur   in    Capua    sollte    eine  Besatzung 
bleiben.  '^)     Seine  Befehle  widersprachen  sich,   und    um  so  we- 
niger wurden  sie  ausgeführt;    in  einem  andern  Schreiben,  woriu 


63)  Das.  7,  14.  64)  Pas.  7,  15.  65)  Das.  7,  18.  §.  1.  7,  20. 
66)  Das.  7,  21.  67)  Das.  7,  17.  68)  Das.  8,  11.  15.  Unten  A.  81. 
69)  2.  Th,  121.  A.  37.  70)  ad  Att.  7,  21.  Hier  §.  41.  A.  27.  u.  J.  43. 
A.  88.        71)  ad  Att.  7,  23  in.        72)  Das.  8,6.   §.  2. 


i 


XXI.     lULII.         (31.  §.42.)         431 

er  die  Absicht,  nacli  Djrrliadiinin  zu  eiifweicLen,  iiiclit  meLr 
verbarg ,  äusserte  er  den  Wunsch ,  dass  ein  Consul  zu  ihm  kom- 
nieu,  und  der  Andre  uilt  den  Neugeworbenen  aus  C'ainpauien 
sich  Siciliens  versichern  mög-e;'^)  das  Letzte  wurde  nicht  be- 
liebt, vielleicht,  weil  Calo  mit  der  Vertheidigung-  der  Insel  beauf- 
tragt war;  Beide  trafen  bereits  vor  defti  20.  Februar  in  Apulien 
ein.")  Zu  spät  erschien  nun  der  jüngere  Baibus  bei  Cicero  auf 
dessen  Formianum ,  um  Lentulus ,  welcher  nebst  seinem  CoUeg-ea 
,,beweglicher  war  als  ein  Federflaum  oder  ein  Blatt,"  durch 
g-rosse  Ver.sprechuDgen  zur  Rückkehr  nach  Rom  zu  bewegen.  ''*) 
Pomi)ejns  unterhandelte,  seit  der  Feind  in  Ariminum  in  Umbrien 
eingerückt  war,'^)  Aveil  er  dessen  Fortschritte  hemmen  wollle. 
Seine  Absicht,  hinler  der  Flotte,  welclie  das  Meer  beherrschte, 
und  vom  Winter  begünstigt,  in  den  östlichen  Provinzen  ein  Heer 
zu  sammeln,  konnte  Cäsar  nicht  entgehen ;  dieser  uahm  die  Frie- 
densboten an ,  da  es  ihn  in  den  Augen  der  Welt  rechtfertigte, 
aber  er  ruhte  nicht,  weil  er  Pompejus  auf  dem  Wege  nach  Brun- 
dusium  oder  in  der  Stadt  zu  erreichen,  und  den  Krieg  im  Wer- 
den zu  endigen  hoffte ;  auch  aus  politischen  Gründen  war  es  ihm 
erwünscht,  dass  man  ihn  durch  die  Flucht  eines  Angriffs  auf 
Rom  überhob,  da  ein  Gefecht  innerhalb  seiner  Mauern  den  Be- 
freier doch  immer  nur  in  ein  zweideutiges  Licht  stellen  konnte.'") 
Er  entschied  demnach  an  der  Rüste  des  adriatisclien  Äleers,  ob- 
(,»eich  der  Gegner  entkam,  und  folglich  das  Wichtigste  nicht  ge- 
lang. Als  die  Verstärkungen  aus  Gallien  eingetroffen  waren,'") 
blieb  er  vorerst  noch  mit  zwei  Legionen  in  Ariminum ,  wo  er 
Truppen  warb. 'ä)  Die  italischen  Städte,  besonders  die  Munici-' 
pien,  seliuten  sich  nach  ihm,  weil  die  andre  Partei  durch  Härte 
und  Drohungen  sich  verhasst  machte ,  und  seine  Anhänger  ver- 
breiteten Schreiben,  worin  er  ihnen  eröffnete,  wie  sehr  er  den 
Frieden  zu  erhallen  wünsche,  und  dass   sie  durch  ihn  unter  keir' 


73)  Pas.  8,  12.  A.  2.  Tli.  398.  A.  7.  An  Sicilien  Latte  er  srlion 
früher  erinnert,  ad  Atl.  8,  3  fin.  74)  ad  Atl.  8,  HC.  Dass  dieser 
Rricf  an  Cicero  vor  dem  genannten  Tage  gesnlirieben  vrnrde,  erhellt  aus 
dem  folgenden  D:  Interim  accepiiniis  tiias  literas,  Caniisio  a.  d.  X  calend. 
Marl,  dalas.  75)  Das.  8,  9.  {.  3.  8,  11.  §.  2,  9,  6.  5.  1.  2.  Th.  SSO. 
A.    17.    608.  A.   33.  76)    Oben   {.   41.   A.  86.  77)   Die   4l,    10. 

78)  Oben  §.  41.  A.  75  n.  93.         79)  Caes.  1,  11. 


432  XXI.    lULn.        (31.  §.42,) 

ner  Bedingung  leiden  werden;  man  Lörfe  diess  gern,  wogegen 
die  Reden  des  Poinpejus  im  siidlicLen  Italien  nicht  auf  die  Gemü- 
Iker  -wirkten.  ^°) 

,  Um  den  rechten  Flügel  za  decken,  nnd  seine  geringe  Macht 
zu  verbergen ,  entsandte  Cäsar  den  V.  Tribun  M.  Antonius  mit  5 
Cohorten  nach  Arelium  in-  Etrurien,  wo  Scribonius  Libo  ohne  zu 
kämpfen  nach  Campanien  entfloh.*')  In  Umbrien  wurden  Pi- 
saurum  uud  Fanum  besetzt.'^)  Dadurch  bahnte  man  sich  den 
Weg  zu  den  Picenern,  den  Clienten  des  Pompejus,  welcher  in 
ihrem  Laude  auch  bedeutende  Güter  besass;*^)  niemand  regte 
sich,  Ancona  za  vertheidigen ,  und  das  Gerücht,  an  welchem  die 
Optimaten  in  Formiä  sich  ergötzten,  O.  Cassius  sei  wieder  aus 
der  Stadt  vertrieben,  war  falsch.'*)  Desto  ernstlicher  war  Q. 
]VIinucius  Thermus  zu  Iguvium  in  Umbrien  auf  Widerstand  be- 
dacht;  er  hatte  5  Cohorten  und  befestigte  den  Platz;  kaum  aber 
erschien  C.  Curio  mit  3  Cohorten,  als  sich  unter  den  Einwohnern 
des  Municipium  eine  so  bedenkliche  Gährnng  zeigte,  dass  Ther- 
mus mit  seinen  Truppen  abzog,  und  diese  sich  verliefen,  * ')  Nun 
konnte  Cäsar  diese  Gegend  verlassen.  Er  wandte  sich  mit  der 
dreizehnten  Legion  nach  Auximum  im  Picenischen,  wo  P.  Atfius 
Varus  sich  noch  mit  der  Aushebung  beschäftigte ,  und  von  den 
Decurionen  der  Stadt  selbst  zur  Uebergabe  aufgefordert  wurde; 
daher  entfernte  er  sich,  und  als  man  ihn  verfolgte,  giengen  seine 
Truppen  theils  über,  theils  zerstreuten  sie  sich  in  ihre  Ueimath; 
doch  wurde  er  nicht  gefangen,  und  kämpfte  noch  in  diesem  Jahre 
in  Africa  gegen  Curio.  *^)  Auch  Ciugulum,  ein  andrer  piceni- 
scber  Ort,  welchen  Labienus  erweitert  und  befestigt  hatte,  er-' 
klärte  sich  für  Cäsar  und  rüstete  für  ihn,*')  nnd  da  dieser  nun- 


80)  Dio  41,  10.  TgL  Caes.  1,  12.  Cic.  ad  Att.  8,  16.  81)  Caes.i 

1,  11.  Cic.  ad  Fam.  16,  12.  ad  Att.  8,  11.  B.  Lncan.  2,  462.  Suetou.  34. 
Plor.  4,  2.  §.  19.  App.  2,  449.  Oben  A.  68.  82)  Caes.  1,  c.  Cic.  ad 
Fam.  1.  c.    Faaiim    Forttiiiae.     Plin.    3,    19  (14).    Colonia  Fanesiris.     Mola 

2 ,  14.  Stiabo  5 ,  227.  83)  VeUej.  2 ,  29  in.  Dio  fr.  133.  App.  1 ,  399. 
B.  AJric.  22  fin.  Plnt,  Fonip.  6.  84)  Caes.  I.  c.  Cic.  ad  Fam.  !(},  12. 
ad  Alt.  7,  II  n.  18.  85)  Caes.  1,  12.  Flor.  4,  2.  §.  19.  Lucan.  2, 
463.  Vgl.  Cic.  ad  Att.  7,  13.  23.  ad  Fam.  8,  12.  86)  Caes.  1,  12. 
13.  31.  Lncan.  2,  466.  Unten  §.  44.  A.  32.  87)  Caes.  1,  15.  Cic.  ad 
At«.  7,  11.  SU.  Ital.  Fun.  10,  34. 


XXI.    rULII.        r3l.§.42.)         433 

die  zwö'Ifle  Legion  an  sich  zog'  und  gegen  die  Hauptstadt  Ascu- 
luni  vordrang,  mocLte  P.  Lentulus  Spiniber  Cos.  57  mit  seinen 
zehn  Cohorten  ihn  hier  nicht  erwarten;  die  Flucht  hatte  auch  für 
ihn  die  Folge,  dass  Viele  seinen  Fahnen  untren  wurden.*') 
Blit  den  Uebrigen  stiess  er  auf  L.  Vibullius  Rufus  ,  welcher  sie 
Tou  ihm  übernahm,  ein  Blann  von  weit  grösserer  Umsicht  und 
Entschlossenheit.'*)  Er  war  von  Pompejus  abgeschickt,  dem 
femern  Abfall  im  Picenischen  Einhalt  zu  thun,  und  die  Verthei- 
digung  zu  leiten.  ^'')  Dass  er  hier  nicht  mehr  wirken  konnte, 
und  die  Zersplitterung  der  Klüfte  verderblich  geworden  war,  er- 
gab sich  sogleich.  Deshalb  verstärkte  er  sich  durch  C.  Lnccejus 
Hirrus^')  und  durch  Neugeworbene,  und  eilte  mit  13  Cohorten 
zu  L.  Domilius  Ahenobarbus  Cos.  54  nach  Corfinium  im  Lande 
der  Peligner,'^)  wo  auch  Lentulus  Spinther  sich  einfand.*^) 

Aller  Blicke  waren  nun  auf  Domitins  gerichtet.  Man  kannte 
seinen  Hass  gegen  Cäsar,  dessen  Provinz  jenseits  der  Alpen  der 
Senat  ihm  angewiesen  hafte,  und  erzählte  sich  in  den  ViUen 
südlich  von  Rom,  er  habe  30  Cohorten,  mit  welchen  er  den 
Feind  einschliesseu  werde;**)  doch  horte  man  auch  wieder,  dass 
er  nicht  über  3000  Mann  verfüge.")  Cicero  war  geneigt,  das 
Schlimmste  zu  glauben ,  *  ^)  obgleich  er  sich  mitunter  der  Hoff- 
nung hingab,  Pompejus  werde  sich  mit  dem  Consnlar  vereinigen, 
schon  durch  seinen  Namen  Schrecken  verbreiten ,  und  den  Geg- 
ner mit    Uebermacht    erdrücken.*^)     Uniäugbar    Latte    Domitius 


88)  Caes.  1,  IS.  16.  Incan.  2,  469.  Vgl.  Cic.  ad  Au.  7,  23.  Selbst 
am  7.  Februar  war  diess  den  Consnin  in  Capna  noch  unbekannt,  nur  Ci- 
cero hatte  durch  den  Cäsarianer  Dolabella  Kunde  davon  erhalten.  Das.  7, 
21.  89)  ad  Att.  8,  4.  B :  Vibullii  virtutem  industriamcpie  libenter  aguovi. 
Unten    f.    45.   A.    90.  90)    Caes.    1,    J3.    Cic.    ad  Alt.  7,    2-1.    8,    1. 

91)  Caes.  1.  c.  ist  Lncccium  H.  zu  lesen.  Sein  Vorname  findet  sich  in 
einem  Briefe  des  Pompejns,  ad  Att.  S,  II  A.  Es  ist  also  ohne  Zweifel 
der  Bekannte,  welcher  sich  mit  Cicero  ohne  Erfolg  nm  das  Angnr.it  be- 
w.->rb.     Hortensii  Ko.  7.  5-  S.  A.  36.     Hier  J.  36.  A.  99  n.  J.  47.  A.  23. 

92)  Caes.  1,  15.  Pompejns,  welcher  am  29.  Januar  davon  nnlerrichtet 
war,  giebt  Himis  nicht  wie  Cäsar  6  sondern  5,  u.  A'ibullius  14  oder  auch 
19  Cohorten.  ad  Att.  8,  11.  A.  8,  12.  A.  93)  ad  Att.  7,  23. 
94)  Das.  I.  c.  7,  26.  8,  3.  §.  3.  8,  7.  95)  Das.  7,  24.  App.  2, 
448  n.  450  nennt  4000.  96)  ad  Att.  7,  24.  8,  7.  97)  Das.  8,  3. 
J.  3.  8,  6.  J.  3.  8,  11.  D. 

Druniann  ,   Cesdiiclite  Uuui»  ill.  2S 


434  XXI.    lULII.        (31.  §.42.) 

inelir  Truppen  als  Cäsar;  er  ziililte  etwa  20  CoLorten,^*)  niij 
mit  deu  anderen,  welche  Vibulllus  LerbeifüLrte ,  mehr  als  .SO.  ") 
Die  Consuln  und  Cicero  wurden  durch  seine  Thätigkeit  beschüml, 
welchen  Grund  sie  auch  haben  mochte;  er  fehlte  aber  darin,  dass 
er  seine  Macht  nicht  auf  einem  Puncte  zusammenzogt,  sondern 
sie  in  drei  Städte,  Corfinium,  Alba  in  Picenum  und  Sulmo  im 
Pelignischen  vertheilte,  iiud  wurde  deshalb  von  Pompejns  geta- 
delt.'"'')  Cäsar  näherte  sicli  mit  zwei  Legionen,  mit  der  12. 
und  13;  ')  Jeder  Verzug-  liess  fürchten,  dass  Pompejns  indess  über 
das  Meer  entwich,  und  doch  wurde  er  durch  diesen  verlornen 
Posten  7  Tage  beschäftigt,  vom  16.  bis  zum  22.  Februar  -) 
Etwa  3000  Schritt  von  Coriiniura  warf  er  5  Cohorten  zurück, 
welche  zu  spät  abgeschickt  waren ,  eine  Brücke  zu  zerstören, 
lind  bald  nachher  lagerte  er  vor  der  .Stadt.  ^)  In  seinen  Unter- 
nehmungen herrschte  Einheit,  weil  er  allein  gebot;  nicht  so  auf 
der  andern  Seite;  Ponij)ejus  wollte  sich  über  das  Meer  zurück- 
ziehen, und  seine  Grossen  verlangten  augenblickliche  Entschei- 
dung in  Italien ;  er  verbarg-  daher  seine  Absichten ,  bis  sich  keine 
Rettung  mehr  zeigte,  als  auf  der  Flotte,  und  allerdings  liebte  er 
es  auch  nicht,  sich  mitzutheilen.  So  war  Domitius  nicht  einge- 
weiht; er  glaubte,  Corfinium  sei  zum  Waffenplatze  bestimmt,  wo 
sich  Alles  vereinigen  werde,*)  und  bat  nur,  zu  eilen,  damit  man 
den  Feind  in  die  Mitte  nehmen  und  durch  den  Hunger  besiegen 
könne;  das  Oertliche  begünstige  es;^)  demselben  Wahne  über- 
liessen  sich  die  Senatoren  und  Ritter  in  seinem  Gefolge.  Man 
verständigte  sich,  als  es  nicht  mehr  Zeit  war;  es  entschuldigt 
Pompejus  keineswegs,  dass  der  Cousular  nicht  Verhaltungs- Be- 
fehle  forderte ;  ®)    als    er   sich   endlich    um  die  Mitte  des  Februar 


98)  Caes.  1,   15.     Pompejns  fehlte  es  an  genanen  Berichten;    er  giebf 
nni;  H  oder  nur  12  an.     ad  Atl.  8,   11   A.  8,    Vi,  A.  99)    Caes.  1,  17. 

Plut.  Caes.  34.  Dazu  stimmt  Gros.  6,  15,  -welcher  seine  Macht  zu  3  Le- 
gionen berechnet.  100)  ad  Att.  8,  12.  A.  C.  1)  Caes.  1.  15. 
2)  D.1S.  1,  23.  Die  Uehergabe  von  CorBninra  erfolgte  am  22.  Februar; 
s.  nnlen.  Domitins  entsandte  bei  der  ihm  drohenden  Oofnhr  Eilboten  an 
l'onipejus,  welchen  sie  am  17.  Februar  erreichten,  ad  An.  8,  6.  §.  2; 
nach  8,  12  D.  .nm  16.  3)  Caes.  J,  16.  Liican.  2,  478.  Bio  41,  10. 
Tlut.  Cies.  34.  App.  2,  450.  Zonar.  10,  7  tin.  Gros.  6,  15.  4)  ad  Atr. 
8,   12.  C.         5)  Caes.   1.   17.  Cic.  i«d  All.  8,  3  11. 1.  c.         6)   adAtt.8,  12B. 


XXI.    lULH.        (31.  §.42.)        435 

gegen  ihn  aiisspracli,  ond  ihn  zu  sich  nach  Lnceria  beschied, 
konnte  man  ihm  nicht  mehr  gehorchen. ')  Aber  auch  nur  in  so 
fern  ist  er  anzuklagen ,  wie  die  Din»e  sich  iiun  einmal  gestaltet 
hatten;  Cicero  wünschte  und  erwartete  den  Entsatz  von  C'orfi- 
ninm;  das  Leben  vieler  Optiinaten,  das  Heil  der  Republik  hienj 
daron  ab;  es  brachte  ihn  —  in  seiner  Masse  auf  dem  Formia- 
nnm  —  zur  Verzweiflung',  dass  er  sich  getäuscht  sah,  und  doch 
hätte  er  nur  die  früher  gemachten  Fehler  rügen  sollen.  ^) 

Domitins  rechnete  auf  Beistand,  als  er  sich  zur  Vertheidi- 
gnng  anschickte  und  jedem  Soldaten  4  Jngera  auf  seinen  Gütern 
versprach.  ^)  Aber  er  verlor  gleich  Anfangs  7  Cohorlen  unter 
p.  Lucretius  und  dem  Peligner  Attius  in  Salmo,  dessen  Ein- 
wohner sich  dem  Feinde  antrugen;  sie  öffneten  M.  Antonius  die 
Thore,  und  die  Besatzung  gieug  zu  ihm  über.  '  ")  Cäsar  entliess 
Attius,  welchen  Antonius  ihm  als  Gefangenen  zuführte,  und  bald 
nachher  trafen  die  achte  Legion,  22  neu  geworbene  Cohorten 
aus  Gallien  und  etwa  300  Reuter  bei  ihm  ein,  so  dass  er  nun 
den  Werken  vor  Corfinium  einen  grössern  Umfang  geben  und 
unter  C.  Curio  ein  zweites  Lager  errichten  konnte.'')  Mehr 
förderten  ihn  jene  Briefe  des  Pompejus.  Doniitius ,  welchem  sie 
jetzt  überbracht  w  urden ,  dachte  seitdem  mit  seinen  Freunden  nur 
noch  auf  persönliche  Sicherheit.  '  ^)  Seine  ängstlichen  Blicke  und 
die  geheimen  Zusammenkünfte  in  seiner  W^ohnung  verriehen  ilin ; 
auch  die  Truppen  fassten  nun  ihren  Entschluss ;  sie  führten  ihn 
an  einen  öffentlichen  Ort,  wo  er  bewacht  wurde,  und  meldeten 
dem  Feinde  in  der  Nacht,  dass  sie  bereit  seien,  sich  zu  ergeben. 
Um  einem  härtern  Schicksale  zu  entgehen,  wollte  Domitius  sich 
durch  Gift  tödten;  er  war  erfreut,  dass  man  ihm  nur  einen 
Schlaftnjnk  gereicht  hatte,  als  er  vernahm,  dass  sein  Leben  nicht 
gefährdet  sei.  '  ^)  Denn  Cäsar  zeigte  sich  milde.  Aus  Furcht 
vor  einer  Kriegslist,  welche  vielleicht  Ausfall  oder  Flucht  erleich- 
tem  solle,    blieb   er  ii»  der  Nacht  unter   den   M'atfen;    aber    um 


7)  Das.  B.  C.  D.  Tgl.  das.  A.  Cacs.  1 ,  18.  19.  Dio  4l ,  11.        8)  ad  Au. 
8,  3  — 6.  8,  8  n.  12.  9)    Cacs.    1,    17.    Pio   41,    11.  Doraitii  Ahen. 

No.  8.  A.  61.  10)  Caes.  1,  18  -sro  nacli  Voss,  riclitiger  Bemerkung  le- 
gionis  XII  oder  XIII  statt  VlII  zn  lesen  ist.  Tgl.  caji.  12.  15  u.  18  lin. 
Gros.  6.  15.  11)  Caes.  1,  18.  12)  Ders.  1,  18.  19.  2,  32.  Cic.  ad 
Au.  8,  8  fin.         13)  Domitii  Ahen.  Ko.  8.  A.  51. 

2K* 


43G  XXI.    lULlI.        (31.  §.42.) 

die  Zeit  der  vierten  WacLe  erschien  Lenfnlus  SpintLer;  er  er- 
■wäLnte,  ■svie  viel  er  dem  Proconsnl  verdanke,")  und  dieser 
vergab  ilim,  ehe  er  geendigt  Lalle,  mit  der  Bemerkung:  er  sei 
nicht  gekommen,  Anderen  Böses  zuzufügen,  sondern  um  sich  zu 
vertheidigen ,  die  Tribüne  herzustellen,  und  den  Staat  von  der 
herrschenden  Faction  zu  befreien.  Lentulns  gieng  mit  der  frohen 
Botschaft  zu  den  Seinigen  zurück.  Am  andern  Tage,  am  Morgen 
des  22.  Februar  oder  an  den  Feralien  ' ')  sah  Cäsar  die  Vor- 
nehmsten, Domitius,  Vibullius,  '  ^)  und  die  übrigen  Senatoren, 
die  Ritter  und  die  Decurionen  der  Munitijiien ,  vs'elche  man  als 
Geissein  in  die  .Stadt  gerufen  hatte ,  in  seinem  Lager.  Die 
Meisten  waren  ihm  verpflichtet;  er  erinnerte  schonend  an  ihren 
Undank,  und  bewilligte  ihnen  ohne  Ausnahme  die  Freiheil;  ' ") 
Domitius  verblieb  sogar  die  Kriegscasse,  6  BliUionen  Seslerlien, 
obgleich  man  sich  auf  den  Villen  das  Gegenlheil  erzählte;") 
seine  .Soldaten  mussten  Dienste  nehmen.  '  ä) 

So  durfte  nun  auch  Cicero  hoffen;  diess  war  kein  Vorspiel 
zu  Proscriptionen,  wie  Baibus  in  einem  Briefe  an  ihn  äusserte; '  °) 
er  bezeugte  Cäsar  seine  Erkenntlichkeit  für  die  Erhallung  des 
Lentulus  Spinther,  welcher  sich  in  seinem  Exil  um  ihn  verdient 
gemacht  hatte ,  und  wurde  in  einer  sehr  befriedigenden  Antwort 
zur  Rückkehr  nach  Rom  eingeladen.  -')  Cäsar  fand  es  in  der 
Ordnung,  dass  die  Anhäuger  und  Parteigenossen  des  Pompejus 
gegen  ihn  fochten ;  nur  dann  biisslen  sie  mit  dem  Leben ,  wenn 
sie  nach  der  Begnadigung  sich  wieder  gegen  ihn  bewaffneten, 
nnd  auch  in  diesem  Falle  machte  er  oft  Ausnahmen;'^)  mit 
Recht   rühmte  er  sich  seiner  Milde.  ^')     Doch  wirkten  auch  po» 


14)    2.  Th.  542.  A.  40?'.  15)    ad  Att.  8,  14  n.  das.  Bosius.  9,  I. 

Cicero  konnte  am  22.  in  Formiii  noch  nicht  dayon  «nterrichlet  sein,  ad  Att. 
8,5.  Schoa  am  Kachniittage  verliess  Cäsar  Corfinium.  ad  Att,  8,  I4. 
Caes.  1,  23.  16)   Caes.  1,  23.  3,  10.    Cic  ad  Alt.  8,  15.  17)  Caes. 

1,  23.  Liv.  109.  Senec.  de  hcnef.  3,  24.  PUn.  7,  54  (53).  Vellej.  2,  SO. 
Lncan.  2,  511.  Snet.  Caes.  34.  Kero  2.  Flor.  4,  2.  §.  19.  Gros.  6,  15. 
Dio  41,   11.    Plnt.   Caes.  34.    App.  2,  4SI.    Zonar.  10,  7.  18)   Caes. 

1.  c.    App.  1.  c.  u.   453.     Cic.  ad  All.  8,  I4.  19)     Caes.    1,    23.    25. 

2,  28.  20)  ad  Att.  8,  15.  21)  Das.  9,  11.  16:  Tu  Teliiu  mihi  ad 
nrbem  praesto  sis.     Cicero  hatte  noch  den  Imperator  -  Titel  und  die  Lictoren. 

22)  Caes.  3,  10.   Ders.  1,  23.   2,  28.   Cic.  13  Phil.  15:   Varus  bis  captas. 

23)  ad  Att.  9,  7  fin.   9,  16. 


XXI.    lULlI.        (31.  §.  43.)        437 

litiscLe  Gründe,  nicLt  der,  welcLen  er  selbst  angiebf,  er  wolKe 
Pompejus  nnd  die  Aristocratie  nicht  durch  Grossinnth  mit  sich 
versöhnen,**)  sondern  die  Römer,  die  Ilaler  und  auch  wohl  die 
feindlichen  Rrieg'er  sjewinnen,  und  durch  seine  Handlungen  an 
die  Drohungen  der  Gegner  erinnern,  nnd  diess  erreichte  er;*') 
viele  Optimaten  kamen  von  ihren  Gütern  wieder  nach  Rom;  *^) 
es  wurde  ihm  dadurch  möglich,  den  Senat  zu  versammeln,  und 
um  so  leichter  konnte  er  es  vergessen,  dass  die  Angeseheusteu 
unter  den  Gefangenen  von  ueaem  in  die  Reihen  der  Feinde 
traten.  * ') 

§    43. 

(a.  4S.)  Dorcli  dieses  Zwischenereigniss  wurde  Porai)eJn9 
gerettet;  mitunter  sind  es  die  Fehler,  welche  sich  belohnen. 
Er  begab  sich  am  22.  Februar  von  Canusinm  nach  Brnndnsinm, -^) 
wo  nach  und  nacli  auch  seine  Truppen  eintrafen,  die  beiden 
Legionen  aus  Gallien,  ein  Theil  seiner  Veteranen  und  die  Neu- 
geworbenen, überhaupt  50  Cohorten,  wenn  es  gegründet  ist,  dass 
er  die  Consuln  mit  30  über  das  Meer  vorausschickte,  *")  und 
mit  20  ihnen  folgte.  ^°)  Für  Cäsar  galt  es,  die  verlorene  Zeit 
wieder  einzubringen ;  schon  am  Tage  der  Uebergabe  verliess  er 
Corfinium,  ^ ')  um  durch  das  Land  der  IMarruciner  undFrentaner 
nadi  Apulien  voi-zudringen.  ^ -)  Die  Besatzungen  von  Alba*^) 
und    anderen  Plätzen  entflohen   oder   schlössen   sich   an   ihn   an; 


24)   aä  Alt.  9,  7.  25)   Das.  9,  12:   Et  isle,  qnia  plus  osteuderat, 

qnam  fecil,  amator;  et  vnlgo  illum,  (Fornpeinm)  qiii  amarnnt,  non  amant. - 
Das.  8,  9 :    Obsecro  te,  quid  hoc  miserins,  quam  —  jJternm  existimarl  con- 
serTatorem  iiiiinicornni,  alienim  desertorem  amicorum  •"     M.  Coelius  ad  Fara. 
8,    15:     Bequem    Caesare    nostro    acriorem   in   rebus   gerendis,     eodem    in 
>ictoria  temperatiorem  ant  legisti ,  ant  aiidisti  ?  26)    PUit.  Cacs.  34  fni. 

Oben   §.    39.    A.   99.  27)   ad  Att.   9,  16.  28)    Oben  §.  42.  Ä.  61. 

29)    Plut.  Pomp.  62.  30)    Caes.  1  ,  25.     In  einem  Schreiben ,  welches 

Cicero  las,  wurde  das  Heer  zu  30,000  Mann  berechnet,  da  es  aber  ia 
andrer  Beziehung  Falsches  enthielt,  so  mochte  auch  diese  Mittheilnng  auf 
einem  Gerüchte  beruhen,  ad  Alt  9,  6  f..  4.  In  Luceria  lialte  Ponipcjns 
M.r    14    Cohoricn.      Das.    8,   12.    A   u.    C.  31)    Oboii   {.   42.   A.   15. 

32)    Cacs.  1,  23.     Cic,  ad  At«.  8,  11  Cu.    8,  14.  33)     Caes.    I,   24. 

Cic.  ad  Att.  9,  6. 


438  XXI.    lULn.        (31.  §.43.) 

ancli  gerielLen  mehrere  CoLorfen  auf  dem  Wege  nach  Bmn- 
dosium  in  seine  Gewalt,  und  mit  diesen  der  Feldzeiigmeister 
Cd.  Magius.  ^ ')  Er  erlanble  ihm,  die  Reise  fortzusetzen,  nur 
sollte  er  Pompejus  in  seinem  Namen  nochmals  zu  einer  Unter- 
redung' anffordern,  da  man  sich  mündlich  am  schnellsten  einigen 
könne.  ^^)  Auf  den  Feldzug  halte  es  keinen  Einfluss,  da  er 
sich  vielmehr  des  Gegners  bemächtigen  wollte;  ^^)  am  J.  März 
■war  er  bereits  in  Arpi,  östlich  von  Lnceria.  ^')  Ehe  er  jedoch 
Brundusium  erreichte,  gieng  die  grössere  Hälfte  des  feindlichen 
Heers  am  vierten  ^^)  nach  Dyrrhachium.  "")  Diese  Massregel, 
welche  Cicero  tadelte,  weil  nun  der  Vorwand,  er  bleibe,  um 
Frieden  zu  stiften ,  ihm  genommen  wurde ,  *  °)  mochte  zum  Theil 
im  Missfrauen  ihren  Grund  haben,  so  fern  Pompejus  auch  die 
Consuln  L.  Lentulus  und  C.  Marcellus  sich  einschitfen  liess;  sie 
waren  eingeschüchtert  und  für  den  Augenblick  nicht  abgeneigt, 
Cäsars  Anträge  zu  beachten;*')  die  vorzüglichste  Ürsach  lag 
aber  im  Mangel  an  Fahrzeugen,  msin  konnte  die  ganze  Macht 
nicht  zugleich  übersetzen. 

Als  Cäsar  am  9.  März*^)  vor  der  Rückkehr  der  Flotte  mit 
6  Legionen,  unter  w^elcheu  drei,  die  8.,  12.  nnd  13.  aus  Vete- 
ranen ,  und  die  übrigen  aus  Neugeworbenen  bestanden ,  '  ^ )  vor 
Brundusium  anlangte,  kam  endlich  Cn.  Magius  zu  ihm,  mit  einer 
Antwort,  welche  eben  so  wenig  besagte,  als  seine  Erwiederung.*') 


34)  Caes.  I.  c,  n.  Ders.  Ja  dem  Briefe  an  Opp.  n.  BaU>.  ad  Att, 
9,  7  ßn. ,  nacli  VTelchem  zwei  praefecti  fabrnm  gefangen  iintl  entlassen 
Trarilen.     Bei  Plut.  Pomp.  63  heisst  Magins  unrichüg  Kumerius.     Dio  44,  44. 

35)  Caes.  I.  c.  Oben  §.  41.  A.  100.  ad  AU.  8,  15:  Optas  congressum, 
pacemqne  non  desperas.  Sed  ego  —  nee  illos  eongressnros ,  nee,  si  con- 
grcssi     essent ,      Pompeinm     ad     nllam     conditionem     accessnrnm    patabam. 

36)  Sneton.  34:  Hos  (Coss.  et  Pomp.)  frustra  per  omnes  nioras  exita 
prohibere  conatQS.  37)  ad  Att.  9,  3.  38)  Wenn  Cicero  die  Wahr- 
heit  erfuhr;  es  ist  gewiss,  dass  Pompejns  sich  an  diesem  Tage  nicht  ein- 
schiffte, ad  Att.  9,  6.  39)  des.  1,  25.  Cie.  p.  Deiot.  4.  13  Phil.  14. 
A^eUej.  2,  49.  Pl,;t.  Pomp.  62.  Caes.  35.  Dio  4l,  12.  App.  2,  451,  452. 
40)  ad  Att.  9,  9:  Discessii  illorum  actio  de  paco  sublata  est,  quam  quidem 
ego  nieditabar.  Das.  9,  1:  Blarcelli  quidem,  nisi  gladium  Cnesaris  timnis- 
sent,  inanerent.  41)  Dio  41,  12.  42)  Sein  Brief  an  Opp.  u.  Baibus 
ad  Att.  9,  13  fin.  vgl  9,  3.  43)  Caes.  1,  25.  -vgl.  12.  15.  18.  Cic. 
ad  Att.  9,  18,          44)    Das»  aber  jelit  eine  Antwort  erfolgte,  meldet  nicht 


XXI.    lULII         (31.  §.43.)        439 

Niemand  mochte  ernstlich  g-lauben,  dass  er  Pompejiis  nur  forl- 
srlieucbeii  und  nicLt  gefangen  nehmen,  oder  dass  dieser  den  Krieg 
auf  zwei  Rüsten  zugleich  führen  wollte.*')  Um  den  Gegner 
▼on  der  Flotte  abzuschneiden  und  seine  Flucht  zu  verhindern, 
liess  Cäsar  an  der  engsten  Stelle  des  Hafens  von  beiden  Selten 
einen  Damm  mit  Tliiirmen  im  Wasser  erbauen ,  und  ihn  nach 
der  Glitte  hin  -wegen  der  zunehmenden  Tiefe  des  Meers  durch 
wohl  befestigte,  und  mit  Balken  und  Erde  bedeckte  Flösse 
verlängern.  Die  Jlannschaft  auf  dem  Damme  und  an  den  Küsten 
empfieng  die  Lastschiffe,  welche  mit  Thürmen  von  drei  Stock- 
werken und  mit  allem  Andern  versehen,  was  zur  Zerstörung 
dienen  konnte ,  aus  dem  Innern  des  Hafens  gegen  diesen  Bau 
vordrangen,  mit  Wurfgeschossen  aller  Art.  Täglich  erneuerte  sich 
der  Kampf.  *^)  Gleichzeitig  musste  Cäsars  Legat  C.  Caninius 
Rebilus  ")  seiren  Freund  Scribonins  Libo  aufsuchen,  um  durch 
ihn  das  harte,  unzugängliche  Gemüth  des  Pompejos  zu  erweichen, 
welcher  bemerkte :  in  Abwesenheit  der  Consnln  könne  er  nicht 
unterhandeln.*^)  Nach  einer  Arbeit  von  9  Tagen  war  der 
Damm  fast  zur  Hälfte  vollendet,  als  die  Flotte  von  Dj-rrhachium 
zurückkam.  Pouiiiejus  fürchtete,  der  Feind  werde  während  der 
Einschiffung  die  Stadt  erstürmen ;  man  verrammelte  daher  die 
Tliore,  die  Strassen  wurden  gesperrt  und  durch  Graben  mit  zu- 
gespitzten Pfählen  nnd  einer  leichten  Bedeckung  von  Flechtwerk 
und  Erde  unwegsam  gemacht,  und  die  beiden  Zugänge  zn  dem 
Hafen  ausserhalb  der  Blauern  durch  Schanzpfähle  gesichert; 
einige  Blannschaft,  welche  man  durch  ein  Zeichen  abrief,  als  die 
Truppen    in    grösster  Stille    die  Schüfe  bestiegen  hatten,   besetzte 


nur  Cic.  ad  Att.  9,  13.  §.  8.  (wo  die  Aliscbreibcr  den  Vornamen  des 
Riagins  Cnens  in  N.  nnd  dann  in  M.  verwandelt  haben)  sondern  aiicli 
Cäsar  selbst  in  einem  Schreiben  an  seine  Freunde.  Cic.  I.  c.  n.  Dio  41,  12. 
In  den  Comment.  1,  26  -wird  es  geliingnet;  der  Friedliebende  fand  nie 
Gehör;  Cicero  war  es  nur  befremdlich,  dass  er  doch  mit  dem  grüssten 
Ungestüm  auf  l'ompejns  eindrang,  und  ihn  belagerte;  et  tarnen  ojipngnatur. 
1.   c.  45)    Caes    1,  25.  46)     Lucan.    2,   713.     Hie   primum    vnbuil 

civil!  sanguine  Nereus.  Caes.  1 ,  25.  26.  Sein  Brief  an  (J.  Pediiis  Toni 
14.  März,  ad  Att.  9,  14.  Das.  9,  12:  —  Circnuivallatum  esse  rompeium, 
ratibus  etiam  exitus  portus  teneri.  Non  medins  lidins  prne  lacrimis  possum 
reliqua  nee  cogitare,  uec  scribere.  47j  Oben  J.  16.  A.  94.        4ö)  Caes. 

J,  26.   Dio  41,  12. 


440  XXI.     lULü.         (31.  §.43.) 

Maner  und  Tliürine.  "')  So  gieng  Pompejus  mit  vielen  OiJtimalen, 
deren  Cicero  zum  TLeil  gedenkt,  *  °)  in  der  Nacht  des  17.  Märzes 
unter  Segel.  ^ ') 

Obgleich  er  weniger  blutgierig  war  als  seine  Facfion,  so 
Latte  er  doch  auch  von  Anfang  erklärt,  dass  er  jeden  als  Feine! 
der  Republik  behandeln  werde,  der  nicht  mit  ihm  sei,  und  man 
erinnerte  sich  dabei  an  sein  Verfahren  unter  SuUa.  *^)  In  Luceria 
wurden  Proscriptionen  angekündigt ;  die  Aeusserungen  seines 
Zorns  während  der  Flucht  Hessen  voraussehen,  was  man  von 
ihm  als  Sieger  zu  erwarten  habe.  „Wie  schrecklich  drohte  er 
den  Municipien,  den  Gutgesinnten  und  Allen,  welche  zurück- 
bleiben würden!"  Drohungen  waren  auch  sein  und  der  Seinigen 
Abschiedsgruss  in  Brundiisium;  mir  dem  „auswärtigen  Rom" 
sollte  man  helfen  und  gehorchen.  ^^)  Pompejus  selbst,  sagt 
Cicero,  verliess  die  Republik;  er  wollte  sie  sogar  anfeinden  und 
zerstören;'')  sein  Rückzug  war  schimpflich,  ein  Verbrechen, 
eine  Folge  von  den  Eingebungen  seiner  Günstlinge,  des  L.  Luc- 
ceJHS,  des  Theophaues  und  anderer  Griechen. '')  Zu  anderen 
Zeiten  erkannte  auch  Cicero,  dass  man  in  Italien  keine  hinläng- 
liche Macht  aufstellen,*^)  dass  man  also  nur  Themistocles,  nicht 
Pericles  Beispiel  nachahmen  konnte.")  Die  Geschichtschreiber 
verweilen  mehr  bei  dem  Abstände  zwischen  dem  Flüchtlinge  und 
dem  Ueberwiader  Blithridats;  '^)  sie  müssen  aber  doch  zugeben. 


49)    Caes.    1,   27.  SO)    ad  Alt.   8,  IS.    9,  1.  Sl)  Nicht  am 

4.  Mürz,  wie  ein  falsches  Gerücht  sagte,  ad  Att.  9,  6,  §,  4;  es  wurde 
bald  durch  Augenzeugen  ausser  Zweifel  gesetzt,  dass  er  am  6.  und  8.  sich 
noch  nicht  entfernt  liatte.  Das.  9,  11.  Erst  am  9.  rückten  die  Feinde  vor 
die  Stadl,  und  am  14.  wurde  er  noch  belagert.  Das.  9,  14.  Tgl.  9,  9.  §.  2 : 
Bibnlnm  audio  venisse  et  redisse  pridie  idus.  Dann  erzlihlte  man  in  Capua, 
er  sei  am  15.  abgegangen.  Das.  9,  14  fin. ,  bis  man  endlich  eines  bessern 
belehrt  wurde;  Das.  9,  IS.  (Brief  des  Matiiis.)  Auch  die  Nachrichten 
von  der  Ankunft  Ciisars  und  -von  der  Daner  der  Belagerung  entscheiden  für 
den  17.  M.irz.  —  Caes.  1,  27.  28.  Liv.  109.  Lucau.  2,  680.  Flor.  4,  2. 
J.  20.  Gros.  6,  15.  riiit.  l'omp.  62.  Caes.  35.  Cato  53.  Dio  41,  12.  13. 
App.  2,  452.    Zouar.  10,  8.  52)    Caes.  1,  33.    Sneton.  75.  53)  Cic. 

ad  Atl.  8,  II.  16    9,  7.  9.  10.  U.  15.   Dio  41,  18.  54)  ad  Att.  9,  9. 

§.  2.    Dio  41,  13.  55)    ml  Au,   9,  1.  11.     Vgl.  Caes.  3,   18    u.   hier 

J.  40.    A.  30  f.  56)    ad  All.   7,   12.  57)    App.  2,  459.     A^gl.    Cic. 

od  Alt.  7,  11.  5.  2.  10,  8.  58)  Dio  41,  13.  I'liil.  Calo  53.  l-'lor.  4,  2.  5.  20. 


XXI.    lUm.        (31.  §.43.)        441 

dass  die  Räumung  Italiens  eben  so  sehr  von  der  NotLwendigkelt 
als  von  der  Klugheit  geboten  wurde;  Einige  erklärten  sie  sogar 
für  ein  Meisterstück  des  grossen  Feldlierrn.  '  ^)  Unter  den 
jetzigen  Umständen  durfte  Pompejus  freilich  nur  dann  noch  den 
Sieg  hoffen ,  wenn  er  dem  Kampfe  auf  der  Halbinsel  auswich 
lind  nach  dem  Osten  gieug;  hier  konnte  er  eine  stärkere  Älacht 
sanmieln,  als  selbst  in  Spanien,  M'ohin  der  Feind  ihm  sogleich 
durch  Gallien  gefolgt  sein  würde,  davon  abgesehn,  dass  eine 
weite  Fahrt  zur  See  im  Winter  besondere  Schwierigkeiten  hatte. 
£r  war  auch  in  Brundusinm  nicht  beliebt.  Die  Einwohner  be- 
nachrichtigten Cäsar,  als  er  sich  entfernte,  und  dieser  liess  so- 
gleich die  Blauern  ersteigen,  ohne  jedoch  in  der  Nacht  die  Stadt 
zu  besetzen,  weil  man  ihn  vor  den  verborgenen  Gefahren  warnte. 
So  nahm  er  nur  zwei  Schiffe  mit  den  zuletzt  eingezogenen  Posten, 
welche  an  den  Dämmen  strandeten ;  die  übrigen  entkamen ;  denn 
zum  Seekriege  war  er  nicht  vorbereitet.  ^°) 

In  zvsei  ßlonaten  und  in  der  rauhesten  JeJirszeit  hatte  er 
sich  fast  ohne  SchwerdtscLIag  Italien  unter\^orfen.  ^')  Blan 
fragte  sich,  wohin  er  sich  wenden  werde;  Cicero  meinte,  eher 
nach  Griechenland  als  nach  Sj)anien.  ^-)  Aber  der  Bau  der 
Flotte  erforderte  Zeit,  und  nm  diese  nicht  zu  verlieren,  beschloss 
er  zunächst  die  Legaten  des  Pompejus  jenseits  der  Pyrenäen  zu 
entwaffnen.  Sie  bedrohten  ihn  im  Rücken  und  konnten  durch 
Gallien,  welches  ihn  hasste,  ^')  bis  Italien  vordringen,  wenn  er 
in  Griechenland  oder  Macedouien  war ;  in  jedem  Falle  wurden 
die  Trujjpen  in  seinen  bisherigen  Provinzen  durch  sie  in  Un- 
thätigkeit  erhalten,  nnd  endlich  war  er  überzeugt,  dass  er  im 
\S  esten  ein  Heer  ohne  Feldherrn ,  und  dann  im  Osten  einen 
Feldherrn    ohne  Heer    finden    werde.  ''*)      Er   legte   indess   Be- 

59)   Dio  41 ,  10.    Plnt.  Pomp.  63.  60)    Caes.  1 ,  28.  29.     Cic.  .-id 

Am.  9,  15  fin.  Plnt.  Pomp.  62.  63.  Caes.  35.  Dio  41,  12.  Lucan.  2,708: 
Hea    podor !    exigua    est  fngiens  Ticloria  Alagnns.  61)    Plularch.  11.  cc. 

Cic.  ad  Farn.  8,  15:  Qiüd  est?  JViiac  tibi  noslri  mililes,  qui  durissimis  et 
frigidissimis  locis ,  teterrima  hieme,  fcellnm  ainbiilando  confecenint,  malis 
orbiciilatis  esse  pasti  \identar.  Quid  iam  inqiüs?  Gloriose  omnia.  (  Coe- 
Uns  aa  Cicero.)  62)   ad  Att.  9,  15.  63)  ad  Farn.  16,  12:   Ambas 

{ Gallias )   ha))et  ininiicissimas ,    praeter   Trauspadanos,  64)    Soeton.  34. 

Caes  1,  29.  l'lul.  Tomp.  63.  Caes.  36.  Antou.  6.  Dio  41,  15.  18.  App. 
2,  452.    Flor.  4,  2.  §.  22. 


442  XXI.    lüLlI,        (31.  §.43.) 

Siitzungen  in  die  ■wichtigsten  Seeplätze  Calabriens  und  Apnliens, 
in  Bnimlusiuin,  Tarenfum,  Sipuntam  und  Hydriintum,  damit  Pom- 
pejus  den  ersten  Angriif  erwartete,  nnd  durch  die  Nachriclit, 
dass  er  in  Spanien  sei,  nicht  zur  Rückkehr  versncht  wurde.  *') 
Neue  Aushebungen  verstärkten  sie,  *^)  und  Cäsar  versprach  jedem 
Soldaten ,  welcher  am  WinterfelJziige  Theil  genommen  halte, 
fünf  Blinen.  *')  Den  Municipien  befalj  er,  Schiffe  zn  erbauen 
lind  herbeizuschaffen,  deren  Sammelplatz  ßmndusium  sein  sollte, 
aber  auch  alle  anderen  Städte  in  Italien,  so  weit  sie  sich  dazu 
eigneten,  und  selbst  die  gallischen  mussteu  zur  Ausrüstung  der 
Flotte  ihren  Beitrag  geben.  * ') 

Sein  Aufeullialf  unter  den  Brundusinem,  welchen  er  für  die 
Be-weise  ihrer  Anhänglichkeit  dankte,  war  von  kurzer  Daner.  *"*'") 
Man  erwartete  ihn  in  Kom  und  auf  den  ViUen  an  der  Land- 
strasse  in  grosser  Aufregung,  und  die  Unr-iwissheit,  welchen 
"Weg  er  wählen,  nnd  wann  er  eintrelfen  werde,  vermehrte  sie. 
Cicero  glaubte,  er  werde  am  22.  März  in  Fomiiä  sein,  wo  er 
selbst  noch  verweilte  und  ohnerachtet  seiner  Vorkehrungen  ängst- 
lich mit  Telemach  fragte:  „Mentor,  wie  soll  ich  denn  gehn, 
wie  zuerst  mich  wenden  an  Jenen?"  ^^)  Dann  hörte  man,  dass 
er  am  25.  in  Benevent,  am  26.  in  Capna  und  am  folgenden  Tage 
zu  Sinuessa  überuachten  werde.  '")  Ehe  er  an  diesem  Orte  an- 
langte, erhielt  Cicero  einen  Brief  von  ihm  als  Antwort  auf  das 
Schreiben,  in  welchem  er  ihm  für  die  Blilde  gegen  Lentulus 
Spiniher  gedankt  hatte,  in  der  That  aber  eine  Einladung,  sich 
im  Senat  einzufinden,'')  und  damit  die  neue  Ordnung  der 
Dinge  anzuerkennen,  wie  ihm  schon  früher  augemulhet  war.  ' ') 
In  dieser  Beziehung'  insbesondre  fürchtete  er  die  Zusammenkunft 
iu  Formiä ,  aber  er  konnte  ihr  nicht  ausweichen.  Schon  das 
Gefolge  des  Im])eralor  erregte  ihm  Grauen,  Menschen,  welche 
nichts  zu  verlieren  halten,  eine  Bande,  und  in  ihr  die  Sohne 
eines    Servius  Sulpicius   und   Tilinianus.  ' ')     Cäsar    wurde    driu- 


65)    Caes.  1,  32.     Cic.    ai  Att.  9,   13.    Dio,  App.  II.  cc.  66)    ml 

Att.    9,    19.  67)    App.    2,    457.    Unten    §.    46.    A.  47.  68)    Caes. 

1,  29.  30.    App.  2,  453.  68/.)   ad  All.  9,  1511«.  69)  O.lyss.  3,  22. 

Cic.   ad  Alt.  9,  8.  70)    aJ   All.  9,    15  Im.    9,   16.  71)    l>as.  9,    16. 

Oben  >J.  42.  A.  21.  72)    ad  Alt.  9,  6.  7.  73)    Das.  9,  18.     üben 

§.  39.  A.  98. 


XXI.    lüLn.        (31.  §.43.)        443 

gend:  wenn  Cicero  nicLt  vor  Rom  erscheine,  so  Temrtbeile  er 
iLn ,  und  dann  werde  niemand  kommen.  —  Andere  sind  nicht 
durch  Verhältnisse  gebunden,  wie  ich.  —  .So  trag-e  auf  Frieden 
an.  —  Nach  meinem  Gutdünken  ?  —  Sollte  ich  dir  Tor- 
schreiben?  —  .So  werde  ich  auf  einen  Beschlnss  antragen,  der 
Senat  wolle  nicht,  dass  dn  nach  Spanien  gehst,  oder  das  Heer 
nach  Griechenland  führst;  über  das  Schicksal  des  Pompejus  werde 
ich  lante  Riagen  erheben.  —  Solche  Dinge  wünsche  ich  nicht 
zu  hören.  —  Ich  weiss  es ,  eben  deshalb  will  ich  fern  bleiben. 
Diese  peinb'che  Unterredung  endigte  sich  mit  der  Bitte,  Cicero 
möge  die  Sache  noch  einmal  überlegen,  und  er  versprach  es. ' ') 
Die  Verzweiflung  gab  ihm  Äluth;  sich  öffentlich  äussern,  wie 
hier,  hiess  sein  Leben  verwirken,  sich  öffentlich  und  schon  durch 
seine  Gegen  warf  in  der  Curie  von  der  Aristocratie  lossagen, 
nach  seinen  Ansichten  nnd  \  erbiiidiingen  sich  selbst 'jcandmarken. 
Er  gicng  auf  sein  Arpiuum,  und  Cäsar,  welcher  schon  in 
Formiü  hatte  bekannt  machen  lassen,  dass  er  am  1.  April  den 
Senat  zahlreich  versammelt  zu  sehen  hoffe,  nach  Rom. '*)  Tau- 
sende zitterten,  und  doch  wünschte  er  nur,  dass  man  sich  von 
seinem  Rechte  und  von  seiner  Versöhnlichkeit  überzeugen  möge. 
Diese  Ueberzeugung  sollte  aber  öffentlich  von  verfassungsmässigen 
Gewalten  ausgesprochen  werden,  damit  man  erkannte,  der  Staat 
sei  nicht  verwais't,  das  Lager  des  Pompejus  sei  nicht  der  Sitz 
der  Regierung,  sondern  der  Heerd  des  Aufruhrs,  nnd  Cäsar  ver- 
iheidige  die  Republik.  Als  Proconsul  und  Imperator  war  er 
nicht  befugt,  den  Senat  zu  berufen,  dessen  Blilglieder  in  nicht 
geringer  Anzahl  vom  Laude  zurückkehrten,'^)  nnd  nur  ausser- 
halb der  .Stadt  durfte  er  seinen  Sitzungen  beiwohnen.  Es  zeigte 
sich  ein  Ausweg;  die  V. Tribüne  hatten  jene  Befugniss  schon 
früher  gehabt,  '')   und  31.  Antonius  und  Q.  Cassius  machten  am 


74)    ad  Att.  1.  c.    n.   9,  19.  75)    Das.   9,  17.  18.  76)    Pliit. 

Caes.  35  in  grösserer,  aU  Die  41,  9  anniiimit.  77)   Der  Tribiici   Iciliiis 

456  T.  Ctir.  zwang  die  Consuln  nur,  den  Senat  zn  versamraeln ,  vretrhes 
Dionjs.  H.  10,  31  irrig  so  deutet,  als  sei  es  durch  ihn  selbst  geschehen, 
obgleich  aas  seiner  eigenen  Ei-ziihlong  das  Gegeniheil  erhellt.  Vor  dem 
atinischen  Gesetze ,  für  dessen  Vrhcber  nicht  erst  C.  Atinins  Labeo  Ir.  pl. 
130  gellen  kann,  (2.  Th.  20.  A.  67)  -naren  die  Trihnnc  nicht  einmal 
Senatoren,  Gell.  14,8;  wenn  ihnen  also  lür  frühere  Zeilen  Senatns  habendi 


444  XXI.    lULII.        (31.  §.43.) 

1.  April  zu  seinen  Gunsten  Gebrauch  davon,  zng'leich  eine  Genng- 
tliuung  für  sie  selbst,  da  sie  ausgestossen  ^'areu.  '  *)  Cäsar 
M'iederLolte  im  Senat  die  Beschwerden,  deren  oft  gedacht  ist, 
und  äusserte  zugleich  den  Wunsch ,  dass  man  Friedensgesandfe 
zu  Pompejus  schicken  möge,  welches  beschlossen  wurde.'*) 
Eineu  solchen  Antrag  hatte  Cicero  gewünscht,  '°)  und  doch  ver- 
ursachte er  ihm  neuen  Kummer:  er  mochte  nicht  als  Bote  des 
Siegers  und  eines  Gegen -Senats  vor  seiner  Partei  erscheinen; 
dass  ein  Anderer  gieng,  etwa  Ser.  Sulpicius,  ^')  wollte  er  auch 
nicht,  und  dass  man  ihn  in  Rom  so  gänzlich  entbehren  konnte, 
sein  Nicht -kommen  nur  verzieh,  '^)  war  ihm  schmerzlich;  **) 
dann  stimmte  er  Atticus  bei:  Alles  sei  VersteUnng.  ^*)  .Seine 
Besorgnisse  waren  ungegriindet.  Jeder  weigerte  sich,  die  Reise 
zu  Pompejus  zu  unternehmen;  weil  man  dessen  Rache  fürchtete, 
sagt  Cäsar ;  allerdings ,  aber  auch,  weil  man  diesen  verstand. 
Kach  dreitägigem  Hin-  und  Herreden  wurde  die  SacLe  auf- 
gegeben ,  * ')  und  der  Censor  Piso  sah  sich  unfreundlich  zurück- 
gewiesen, als  er  später  seinen  Schwiegersohn  daran  eriniierte.  *  ^) 
Auch  in  einer  Volksversammlung  vor  den  Thoren  beklagte  Cäsar 
sein  Leos ,  dass  er  gezwungen  sei ,  zu  den  ^Vaffen  zu  greifen ; 
er  beruhigte  die  Bürger,  und  versprach  ihnen  völlige  Sicherheit 
und   ausserdem  jedem  75  Denare,   deren  Zahlung  jedoch  erst  iui 


ins  zngesclirieben  wird,  ( das. )  so  ist  diess  nnr  anf  jenen  Zwang  als  Miss- 
Lrancli  ilirer  Gewalt  zu  bezielien.  Seit  den  gracchischen  Unruhen  aber 
findet  man  oft,  dass  sie  den  Senat  beriefen  nnd  in  ihm  den  Vorsitz  fütuten, 
anch  wenn  die  Consnin  in  der  Stadt  waren;  Plnt.  C.  Gracch.  6,  Cic.  de 
leg  3,4.  p.  Sext.  11  fin.  Sueton.  Tiber.  23;  um  so  weniger  konnte  es 
jetzt,  in  deren  Abwesenheit,  befremden.  78)  Caes.  1,  32.  Vellej.  2,  50. 

Sueton.  34.  Dio  41,  15.  Cic.  ad  Att.  10,  1.  §.  4:  Consessus  senatormu, 
senatum  non  enim  pnto;  geschrieben  am  3.  April,  ad  Farn.  4,1:  senatns 
sive  potius  conventus  senatorum.    Lucan.  3,  104 :  Turba  pairnm.  79)  Die 

vorige  A.  n.  Caes.  1,  33  Cic.  ad  Att.  10,  3.  p.  Deiot.  4:  studinm  con- 
cordiae  et  pacis.     I'lul.  Caes.  35.    Pomp.  62.    Zonar.  10, 8.  80)  «id  Att. 

9,  19.  81)    <lui   filium  Brundusinm  de  pace  misit.     Emptus  paciGcator. 

ad  Att.  10,  1.  Hier  39.  A.  98.  (De  pace;  damit  beschönigte  er  es  bei 
den  Gutgesinnten  auf  den  Villen,  dass  er  seinen  Sohn  zu  Cäsar  .-digehen 
liess. )  82)    ad  Att.  10,  3.  83)    Das.   10,    1:    Qnare    si  <(uid  eius- 

niodo  evenerit  etc.  84)   Das.  fin.  85)    Caes.  I,  33.    PIul    Caes.  35. 

86)  Dio  41,  16.  Es  ist  nicht  wahrscheinlich,  das»  die  Oesaudleu  gewäliK 
worden,  und  unr  nicht  abgiengeu.     Dcrs. 


XXI.     lüLn.  (31.  §.43.)  445 

J.    46    nadi    dem    africaniscLen   Krieg'e   erfolgte,    nnd  dann   mit 
Wucher.  *') 

Jetzt  hatte  er  seihst  grosse  Bediirfuisse,  nnd  forderte  deshalb 
das  Geld  ans  dem  heiligen  Schatze,  "welches  die  Consuln  znrück- 
gelassen  halten.*^)  Sancfius  aerarium '")  oder  aerarium  san- 
ctuni,  ^°)  war  der  Theil  des  Schatzes  im  Tempel  des  Saturn,  8') 
in  welchem  man  Gold  und  Silber,  geprägtes  und  nicht  geprägtes, 
zn  ausserordentlichen  Ausgaben  aufbewahrte.  Lirius  folgt  der 
Sage,  dass  Camillus  im  J.  389  v.  Chr.  die  Gallier  ans  Rom 
Tertrieb,  das  Gold,  mit  welchen  man  sie  abfinden  woUte,  ihnen 
entriss,  und  es  mit  dem  andern,  welches  in  Eile  ans  den  Tem- 
peln in  das  C'apitol  geflüchtet  war,  hier  als  heilig  verschlossen 
wurde.  ^-)  Aber  die  Römer  mussten  vielmehr  geben,  was  der 
Feind  verlangte,  und  ihre  zerstörte  Stadt  wieder  aufbauen.  Nur 
der  Gedanke,  für  solche  Fälle  zu  sammeln,  kann  yizt  in  ihnen 
entstanden  sein ,  die  Ausführung  blieb  besseren  Zeiten  vor- 
behalten. Wahrscheinlich  wurde  die  vom  Consnl  Cn.  Alanlius 
357  V.  Chr.  eingeführte  Steuer  fünf  von  hundert  vom  Werthe 
freigelassener  Sclaven,^^)  zuerst  dazu  bestimmt,  jedoch  so,  dass 
auch  anderes  Erspartes  hinzukam.  Blehrere  versichern,  um  Cäsars 
Verbrechen  in  das  rechte  Licht  zu  stellen,  dieser  Schatz  sei  ^vegen 
des  Fluchs ,  mit  welchem  es  zur  Zeit  des  gallischen  Krieges 
verpönt  war,  seit  vielen  Jahren  nicht  berührt,  oder  auch  nie;  ^'') 
man    öffnete    ihn    unter    anderem    im    zweiten    punischen    Kriege 


87)   TeUej.  2,  SO.     Dio  4l,  16.  17.   43,   21.    App.  2,  453.     S.  nnfen 
§.   61.   A.   50.  88)    Oben  J.   41.  A.  27.    §.  42.   A.  70.         89)    Caes. 

B.    C.    1,    14.     Cic.    ad   Au.   7,    21    u.  sonst.  90)   Flor.  4,  2.  }.  21. 

91)  Lucan.  3,  115.  Diese  Stelle  erlanht  docli  nicht,  mit  Bunsen  an- 
zunehmen,  dass  im  Saturn -Tempel  nur  der  Eingang  zum  aer.  sanct.  ge- 
vresen  sei.  S.  dessen  Schrift  Le  Forum  Rom.  expliqu^  seien  l'elat  des 
fouilles.    1835.    p.    11.  92)     5,   50.     Pün.    33,    S    (1).    App.  2,  453. 

93)  Vicesima  eomm,  qui  mannmitterentur.  Liv.  7,  16.  Aurnm  vicesi- 
marinm  qnod  in  sanctiore  aerario  ad  Ultimos  casus  servabatnr.  Liv.  27,  10. 
Die  Annahme  des  Mannt,  zn  Cic.  ad  Alt.  7,  15,  dass  man  drei  Abtheilnngei» 
im  Tempel  des  Saturn  unterscheiden  müsse,  den  Schatz  für  die  gewöhn- 
lichen Ausgaben,  "welcher  durch  l'oinpejns  Rüstungen  erschöpft  sei,  den 
Schatz  für  die  ausserordenilichen,  uud  den  heiligen,  in  welchen  die  vicesima 
üoss,  ist  durcli  nichts  begründet,  obgleich  die  Ausleger  ihm  meistens  nach- 
schreiben. 94)   Lucan,  3,  156.   App.  2,  453.  515. 


446  XXI.     lULn.         (31.  §.43.) 

209    V.  CLr.    -wo  man  gegen    4000   Pfund   Gold   fand   und   zum 

TLell  für  die  Heere  verwandte,^')  auch  sclioiifen  ihn  -weder 
der  ältere  noch  der  jüngere  Marios  im  Kampfe  mit  den  Sulla- 
nern. ^*)  Es  ist  ferner  sehr  glaublich,  dass  Cäsar  bei  dem 
IV  unsche,  Alles  auf  scheinbar  rechtmiissig-em  Wege  zu  bewirken, 
im  Senat  eine  Anweisung  beantragen  Hess,  und  dass  der  Tribun 
Li.  Mefelhis  ")  mit  Beziehung  auf  den  alten  Finch  Einspruch 
that,'")  worauf  der  Proconsul  bemerkte:  durch  die  Eroberung 
Galliens  habe  der  Fluch  seine  Kraft  verloren,  und  das  Geld 
selbst  nahm.  '  ^)  Metellus  wurde  von  ihm  mit  dem  Tode  be- 
droht, als  er  im  Vertrauen  auf  sein  Amt,  welches  ihn  unverletz- 
lich machte,  sich  vor  die  Thiir  des  Tempels  stellte,  und  diese 
erbrochen ,  weil  die  Schlüssel  in  den  Händen  der  Consulu 
waren.  "'°)  Dadurch  versclialfte  er  sich  nach  Plinius  26,000 
Barren  Goh'  und  40  Blillionen  Sestertien ;  ')  Orosius  giebt  we- 
niger an.  ')  Cicero  war  am  13.  April  auf  dem  C'umannm  durch 
C.  Curio  von  diesen  Ereignissen  unterrichtet,  ^)  und  als  Reduer 
und  Sachwalter  gewohnt,  auf  den  Beifall  der  Menge  grosses 
Gewicht  zu  legen,  glaubte  er  jenem,  welcher  seine  Wünsche 
kannte,  das  Volk  sei  durch  den  Raub  und  die  Gewaltthätigkeit 
gegen  den  Tribun  erbittert;  Cäsars  Untergang  schien  ihm  nun 
gewiss  zu  sein;*)  dem  Volke  missfiel  aber  nichts,  als  dass  es 
nicht  sofort  das  versprochene  Geld  erhielt. 

Blit  den  inneren  Angelegenheiten  des  Staats  konnte  der 
Proconsul  sich  nicht  befassen ;  es  ist  daher  an  sich  unwahr- 
scheinlich,   dass   er   die   Söhne    der   von  Sulla  Geächteten   schon 


95)   Liv.  27,  10.  96)  2.  Th.  462.  A.  1.   477.  A.  29.  97)  2.  Th. 

57.  98)    Caes.   1 ,  33    spielt   darauf   au ;    ancli  Coeliiis  in  Cic.  ad  Fam. 

8,   16:    His  inlercessiouibus  plane  incitatus  est.     Dio  41,  17.  99)   App. 

2 ,  453.  100)     Cäsar    behauptet ,    der  Schatz  sei  nicht  verscUassen  ge- 

wesen. I,  14.  oben  §.  41.  A.  27.  S.  aber  Cic.  ad  Att.  7,  12:  Nee 
aeririnra  clansam  tardahit.  10,  4.  ^.  3.  10,  8.  Lncan.  3,  154.  Pelron. 
Satyr.  122.  v.  292.  Plut.  Caes.  35.  Pomp.  62.  Apophlh.  V.  8.  p.  167. 
ed.  lliilt.  Dio  41,  17.  App.  11.  cc.  Zonar.  10,  8.  Flor.  4,  2  {.  21.  Gros. 
6,   15.  1)     33,   17  (3).     Nach   einer   andern  Lesart  25,000  Gold-  und 

35,000  Silber -Barren    ausser   dem   gemünzten   Metall.  2)    1.  c.     4135 

Pfiird  C.old  nnd  fast  9000  Pfund  Silber.  In  einer  andern  Stelle  19,  15  (3) 
fügt    l'liiiius    noch    1500    Pfnud    laserpitium    hinzu»  3)     ad  Att.    10^  4. 

5.  2.  3.        4)   Das.  §.  3.    10,  7.  J.  3.    10,  8    12. 


XXI.     lüLn.         (31.  §.44.)         447 

je(7.t  Lerstellfe,  ')  niid  liberdiess  sind  die  meisfen  Zeng'nisse  da- 
gegen. Er  endiess  den  jüdischen  Fürsten  Aristobulus,  einen  Feind 
des  Pompejus,  damit  er  im  Osten  gegen  Um  rüstete,  '^)  und  gieng 
nach  Spanien. 

§   44. 

(a.  49.)  Hier  stand  die  feindlicLe  HaiipfmacLt ;  aber  auch 
Sicilien,  Sardinien  nnd  Africa  waren  in  der  Gewalt  der  Arislo- 
cratie ,  u.:d  nach  Cäsars  Plane  sollte  ihre  Herrschaff  im  Westen 
vernichtet  sein,  ehe  er  jenseits  des  ionischen  Meeres  focht.  Seine 
Sicherheit  erforderte  es,  und  die  Rücksicht  auf  Rom;  es  konnte 
die  Zufulir  aus  jenen  Provinzen  nicht  entbehren.  ')  BI.  Cato, 
welchem  Sicilien  übertragen  war,  ■)  beeilte  sich  nicht,  dort  den 
Proprälor  Furfaniiis  zu  ersetzen,  und  Postumius  wollle  nicht 
vorausgehen,  obgleich  der  pompejanische  Senat  es  ihm  geboten 
hatte ;  man  schickte  Fannius  nach  der  Insel.  '')  Indess  befand 
sich  Cato  in  C'apua,  wo  er  mit  den  C'onsuln  Rath  Jiflog,  und 
ihnen  am  27.  Januar  erklärte,  ohne  ihn  dürfe  man  in  Rom  nicht 
unterhandeln,  wenn  Cäsar  die  Rückkehr  gestatte;  „das  Drin- 
gendste that  er  nicht."  '")  Doch  Hess  er  durch  seine  Legaten 
im  untern  Italien  einige  Tru])pen  ausheben,  nnd  dann  auch  in 
Sicilien,  als  er  endlich  in  Syracus  anlangte,  und  befahl  den 
Städten,  Schilfe  zu  rüsten;  ' ')  er  blieb  aber  zu  kurze  Zeit,  als 
dass  er  die  Consulu  hätte  mit  Gelde  versehen  können.  '  ^)  Sein 
strengster  Richter  war  Cicero;  man  sagte  diesem  auf  seinem 
Gute  zu  Cumä,  die  Siruler  haben  ihren  Statthalter  zur  Ver- 
Iheidigung  aufgefordert,  und  ihm  nachdrücklichen  Beistand  ver- 
sprochen,  seitdem  sei  er  thätig  geworden;   er  zweifelte  nicht  an 


S)    Dio   41 ,    18.     S.   ontea  f.  46.   A,  69.  6)   Dio  I.  c.     Joseph. 

A.  J.   14,  7  (13).  §.  4.     S.  Cabinii  No.  5.  §.  2.  A.  17.  7)    Flor.  4,  2. 

^.  22:     Sicilia  et  Sardinia,   aniioiiae  pignora.     Liican.  3,  6ä.  8;    Obeu 

{.    39.   A.    81.  9)    ad    Att.   7,   15.  10)    Das.  1.  c.  11)    Caes. 

1,  30.     IMiit.   Cato  53.     ronip    61.  12)    Man   bat    Denare   mit    seinem 

IN'anien  irrig  biehergezogeii.  A^aill.  Pore.  Ko.  6;  sie  "wnrdon  entweilor  in 
Cvpriis  gepriigt,  als  er  die  Insel  iii  15esilz  ualiiii,  (2.  Th.  262)  oder  a.  46 
in  Africa.  Eckh.  5,  p.  286.  Auch  die  ßlüuze  in  l'arula  Sicil.  iitiui.  p.  57. 
K.  Tab.  3.  Ko.  25.  ed.  Liigd.  Bat.  mit  der  lusckrift  Leul,  Cos.  und  der 
Triqueira  gelil  ibn   iiiclil  an. 


448  XXI.    lULH.         (31,  §.44.) 

der  MöglicLkelf,   die  Insel  zn  behaupten,    woLl  aber  an  der  Be- 
geisterung- ihrer  Bewohner  für  die  senaforisclie  Partei.  ") 

Anfangs  glaubte  man,  Flavius  -werde  Sicilien  angreifen;  '  *) 
Cäsar  -wählte  nicht  ihn ,  sondern  C.  Curio ;  '  ^)  Asinius  Pollio, 
welchen  Einige  als  Anführer  nennen,  war  ihm  untergeordnet.'*) 
Curio  verweilte  um  die  Älitte  des  Aprils  mehrere  Tage  auf  dem 
Cumanum  bei  Cicero,  ")  obgleich  er  sich  des  Auftrags,  Sicilien 
und  dann  Africa  zu  erobern,  vor  der  Rückkehr  der  guten  Jahrszeit 
zu  entledigen  wünschte,  ehe  die  Flotte  des  Pompejus  in  See  gieng.  '  ') 
Uebrigens  war  er  voll  Zuversicht;  mit  vier  Legionen  '  ^)  hoffte  er 
seinen  Gegner  leicht  zu  besiegen ;  die  sechs  Lictoren,  welche  ihn 
begleiteten,  weil  Cäsars  Senat  ihn  zum  Proprätor  der  Insel  er- 
iiannt  hatte,  mussten  ihre  Fasces  zum  voraus  bekränzen.  -  °)  Bei 
der  Ankunft  der  Feinde' liess  Cato  sie  befragen,  wer  sie  er- 
mächtigt habe,  in  seine  Provinz  einzurücken;  ihre  Antwort:  der, 
welcher  über  Italien  herrscht,  vermehrte  seine  Bestürzung.  ' ') 
Er  liebte  die  Schlachten  nicht,  und  auch  jetzt  fehlte  es  ihm  nicht 
an  einem  Vorwande,  ihnen  auszuweichen,  aber  gewiss  suchte  er 
ihn  nicht  darin,  dass  er  Pompejus  in  einer  Versammlung-  der 
Sjracusaner  wegen  unterlassener  Rüstungen  anklagte,  °  ^)  sondern 
er  eröfiiiete  ihnen,  dass  er  nicht  gegen  die  üebermacht  unnütz 
Blut  vergiessen  wolle ,  und  empfahl  ihnen  Rahe  und  Unter- 
werfung.'^)  Seit  dem  Rückzuge  seiner  Partei  aus  Italien  hielt 
er  alle  Anstrengungen  auf  der  Insel  für  zwecklos;  er  verliess 
Syracus  am  24.  April,  "*)  und  schiffte  über  Corcyra  zu  Pompejus. 
Am  wenigsten  durfte  Cicero  ihn  tadeln,  '  ^)  da  er  seine  Pllichten 
gänzlich  vergass,  und  sich  schon  bei  Curio,  dem  Feinde,  die  Er- 
laubniss  erwirkt  hatte,  über  Sicilien  nach  irgend  einer  ablegenen 
Gegend    zu    reisen;^*)    allein    der    Feldherr,    welcher    jetzt    die 

13)   ad  Att.  10,  12.  14)    Das.  10,   1.  15)  Caes.  1,  30.  Lncan. 

3,  59.   Dio  41,  41.   App.  2,  453.  16)   Plnt.  Cato  53.    App.  2,  452  fin. 

2.  Th.  4.  A.  29.  17)   ad  Alt.  10,  4.  §.  2.  3.   7.  §.  1  u.  3.  18)  Das. 

n,  ec.  19)    Caes.  2,  23.  37,    Tiogegea  1,  30    -wohl    durch    die  Schuld 

der   Abschreiber    nur   drei    erwähnt   -nerden.  20)    ad  Att,   10,  4.  5-  3. 

Caes.   1,  30.  21)    Tlut.  u.  App.  II.   cc.    vgl.   oben  A.  16.  22)  Caes. 

1.  c.  23)    Plnt.  Cato  53.  24)     ad   Alt.    10,    16.    §.    3.    vgl.    Caes. 

1,  30.  31.    2,  3.    3,  4.    Dio  41,  18  fin.  41.    Plut,  I.  c.    App.  2,453.    Oros. 
6,    15.     Unten   J.    47.   A.    11.  25)   1.  c.  26)    ad   Att.    10,   12  in. 

vgl.  10,  4.  5.  §.  2.   7.  {.  3. 


XXI.    lULII.        (31.  §.44.)        449 

Probe  so  sclJecLt  bestand,  naLm  einst  Clodius  Gesetze  geg'en  ihn 
in  Scliutz,  und  versagte  ILm  noch  kiirzlicL  Siegsfest  und  Triumph, 
weil  seine  Thaten  in  Cilicien  nicht  geniig-ten ;  ^venn  nun  M.  Au- 
relius  Cotta  sich  in  Sardinien  behauptete,  wie  noch  um  die  Blitte 
des  Med  in  Pompeji  vei-sichert  wurde,  „welche  Schande  für 
Cato!"^')  Cäsars  Legat  Q.  Valerius  sollte  mit  einer  Legion 
ihn  vertreiben;  die  Sardinier  kamen  ihm  zuvor;  auf  die  Nach- 
richt, dass  er  landen  werde,  griffen  sie  selbst  zu  den  Waffen, 
.und  Cotta  entfloh   aus  Caralis  nach  Africa. -'") 

Diese  Provinz  '  °)  hatte  im  J.  50  C.  Considius  Longus  mit 
dem  Titel  eines  Proconsuls  verwaltet,  und  bei  seinem  Abgange 
dem  Legaten  O.  Ligai-ius  übergeben.  ^'')  Für  das  folgende  Jahr 
war  sie  vom  Senat  L.  Aelius  Tubero  bestimmt,  welcher  wegen 
Krankheit  oder  doch  unter  diesem  Verwände  mit  seinem  Sohne 
Quintus  Italien  zu  spät  verliess.  ' ' )  Indess  viTirde  P.  Attius 
Varus  im  Picenischen  von  den  Cäsarianern  zur  Flucht  gezwun- 
gen; ^-)  da  er  im  J.  51  in  Africa  Proprätor  gewesen  war,  ^^) 
so  kehrte  er  dahin  zurück ,  und  Ligarins  nahm  ihn  auf.  Seine 
alten  \  erbindungen  erleichterten  es  ihm ,  zwei  Legionen  aus- 
zuheben, nnd  Tubero,  welcher  jetzt  erst  eintraf,  zurückzuvseisen.  ^'') 
Nach  den  glücklichen  Erfolgen  in  Sicilien  hielt  Curio  auch  diesen 
neuen  Gegner  für  unbedeutend ,  und  doch  konnte  er  niclit  auf 
seine  Truppen  rechnen,  da  sie  zum  Theil  in  Corfinium  sich  mit 
Domitius  ergeben  hatten,  und  manche  ihrer  Anführer,  unter  an- 
deren der  Quästor  Sex.  Ouintilius  Varus,  im  feindlichen  Heere 
Stauden.  ^ ')  Deshalb  kam  er  mit  nur  2  Legionen  und  500  Reu- 
tern nach  Aquilaria,  nicht  weit  vom  Vorgebirge  des  Blerctfr  und 
von  Clupea,   wo  L.  Cäsar  der  Jüngere  ^^)    mit    10  Schiffen  des 


27)   ad  Alf.  10,   16.  §.  3.  28)   Caes.  1,  30.     Lncan.  3,  64.     Dio 

4l,  18.    App.   2,  452.  453.  29)    Omninm  prOTinciarnm  arcem,  natam  ad 

bellum   contra   hanc  urbem  gerendiim.     Cic.  p.   Ligar.   7.  30)    Cic.  das. 

1.   2.     Tgl.   B.  Afric.    3,  33    u.    hier    {.  58.   A.  72.  31)    Caes.    1,  30. 

Cic.  1.  c.  7.  8.    Gros.  6,  15.    Hier  §.  39.  A.  83.  32)  Hier  §.  42.  A.  86. 

33)    Caes.  1,  31.  34)    Cic.  I.  c.  I,  2.     Caes.  1.  c.     Plut.  Cato  56.  57, 

Dio  41,  41.    App.  2,  454.     Tubero   gicng    zu  Pompejas;    sein  Sohn  focht 
bei  Pharsaliis.     Cic.  1.  c.   3  fin.  35)   Caes.   1 ,  23.    2,   28.  32.     Lucan. 

4,  697.     Dieser  Varus  fiel  bei  Fliilippi,  Vellej.  2,  71,  nnd  sein  Sohn  gegen 
Arminius.  36)    Oben  No.  23. 

Pcumann,    Geschichte  Roms  III.  OQ 


450  XXI.     lULII.  (31.  §.44.) 

Vaius  krpiizfe ,  abei'  sogleicb  an  das  Land  und  nach  Adrnmefnm 
zu    der    Legion    des    C.    Considitis    Long-us    eutlloli.  ^  ^)        C'urio 
schickte    seine   zwölf  Rrieg-sscliiffe    unter    dem  Oiiiistor  M.  Rufii» 
gcgeu  Westen  nach  Ulica,  nnd  folgte  mit  den  Truppen  langes  der 
Küste    bis   zum  Flusse  Bagradas    zwischen    jener  Stadt   nnd   dem 
allen    Carthago.     Hier    liess    er    die    Legionen   mit    dem   Legaten 
C.  Caniniiis  Rebiltis  zurück,  ^*)  und  untersuchte  mit  der  Reuterei 
das  cornelische  Lag'er,  -welches  Tom  altern  Scipio  Africanns   den 
Namen    hatte,    und    etwas    über    1000  Schritt   von  Utica  entfernt 
war.      Neben     dieser    Stadt    hafte   sich    Attius   Varus   yerschanzf. 
Der    numidische    König-    Jiiba    gab    ihm    Reuterei,    weniger    aus 
Dankbarkeit  gegen  Pompejus,  von  welchem  sein  Vater  Hiempsal 
den  Thron  erhielt,  ^^)    als  aus  Hass   gegen   Curio,    da  dieser  im 
J.   50    als  Tribun   darauf   antrug-,    sein  Reich   mit  dem  römischen 
zn  vereinigen.'''')     Nach  einem  glücklichen  Gefechte  seiner  Reuter 
bewirkte  Cuiio  durch  Drohungen,    dass  200  Schiffe  mit  Lebens- 
mitteln in  den   Bereich  seines  Lagers  kamen,  -wo  er  als  Imjjerator 
begriisst    wurde.*')     Dann    rückte    er   vor  Utica    nnd  schlug  die 
königlichen  Hiilfsvölker,  welche  Varns  verstärken  sollten.     Dieser 
hörte  von  Ueberläufern,  dass  alle  feindlichen  Soldaten  ihrem  Bei- 
spiele gern  folgen  -werden,  wenn  er  ihnen  Gelegenheit  dazu  ver- 
schaffe;   er  zeigte  sich  daher,  und  als  nun  jenseits  eines  kleinen 
Thals    auch    die  Cäsarianer   sich  aufstellten ,    versuchte  Quiufilius 
Varus,  sie  zu  verlocken.     Sein  Zuruf  fand  keinen  Anklang,  aber 
es  gab  sidi  auch  kein  Unwille  kund,  und  man  sprach  in  Curios 
Kriegsratlie  von  der  Nothwendlgkeit ,    sich  zurückzuziehen.     Den 
jnnge«  Feldherrn   empörte  der   Gedanke  an  eine  solche  Schmach; 
er  versammelte  seine  Soldaten:    Cäsar  verdanke  ihrer  Hingebung 
bei  Corfiniuni  den  Besitz  von  Italien;   voll  Vertrauen  habe  er  sie 
nach  Afiica  geschickt,   wo  man  sie  zu  verführen  suche,  iim  sich 
an  ihnen  zu  rächen ;  nur  wer  sein  eignes  Unglück  wolle,  könne 
jetzt  zum  Feinde  übergehen,    wo  Cäsar  auch  über  Spanien  herr- 
sche, und  sein  Sieg  entschieden  sei.     Man  erinnere  sie  an  frühere 


37)    Caes.   2,    23.     Dio  41,    41.    App.    1.   c.  38)    2.    Th.    107. 

3'J)    Oben  J.  5.  A.   22.  40)    Cacs.  2,  25.    Liican.  4,  Ü89.    Dio  41,  41. 

Eben    ilcshalb   und  wegen   der  Arglist  des  Kumidiers  hätte  nicht  der  junge 
und  toUkiihno  Ciu-io  gegen  ihn  befehligen  sollen.  41)   Caes,  2,  26.  32. 

App.  2,  455. 


XXI.     lüLII.  (31.  §.44.)         451 

EiJe ;  nicLt  sie  Laben  Domiliiis ,  sondern  er  Labe  sie  verlassen ; 
und  was  ilin  selbst  beireffe,  so  könne  er  nicht  glauben,  dass  sie 
ihn  nur  desLaib  Imperator  genannt  Laben,  um  iLu  zu  verLöLnen 
und  desto  sicherer  zu  verratLen.  Sie  nnterbracLen  ihn  oft;  sein 
Blisstrauen  kränkte  sie;  um  sich  bewähren  zu  können  forderten 
sie  die  Schlacht,  und  Varus  uahm  sie  an.  Seine  Renter  uud 
das  leichte  Fussvolk  erlitten  in  dem  Thale ,  welches  die  Heere 
trennte,  eine  Niederlage;  auf  Rebilus  Rath,  den  ersten  Schrecken 
zu  benutzen,  erstieg  Curio  die  jenseitige  Hochebene,  und  der 
Feind  entfloh,  ohne  Widerstand  zu  leisten,  in  grosser  Unordnung 
nach  dem  Lager,  zum  Theil  selbst  nach  den  Thoren  von  Utica, 
wohin  Varus  sich  in  der  Nacht  mit  allen  seinen  Truppen  zurück- 
zog. «  2) 

Am  andern  Tage  begann  die  Belagerung ;  die  Einwohner 
verlangten  aus  Zuneigung  zu  Cäsar,  wie  dieser  erzählt,  aber 
wohl  mehr  aus  Furcht  die  Uebergabe,  nnd  Varus  Untergang 
schien  gewiss  zu  sein,  als  Juba  angekündigt  wui-de.  Curio  hielt 
die  Nachricht  anfangs  für  erdichtet;  er  glaubte  nicht,  dass  der 
König  nach  der  Eroberung  Spaniens  sich  zu  regen  wage  ,  dann 
entwich  er  nach  dem  cornelischen  Lager,  wohin  er  nun  auclir 
die  beiden  anderen  Legionen  und  die  Reutcrei  in  Sicilien  be- 
schied. Die  Wahl  des  von  Natur  hallbaren  Ortes  in  der  Nähe 
der  Schüfe,  welche  ihn  versorgen  und  aufnehmen  konnten,  wird 
von  Cäsar  gebilligt;  auch  würde  dieser  es  nicht  verschwiegen 
haben,  wenn  jetzt  oder  früher  das  Trinkwasser  von  den  Nii- 
midiern  vergiftet  und  ein  grosser  Theil  Jer  Mannscliaft  deshalb 
erkrankt  wäre.  *^)  Dennoch  erschien  Juba  bald  als  deij  ge>- 
fährlichste  Feind;  er  kannte  Curios  Zuversicht,  uud  hoffte  ihn  vor 
der  Ankunft  der  Verstärkungen  aus  einem  Hinterhalte  zu  überfallen ; 
zu  dem  Ende  mussfeu  Soldaten  sich  als  Ueberläufer  melden  und 
aussagen :  der  Rönig  sei  wegen  eines  Aufstandes  und  uuerwai-- 
telen  Krieges  abgerufen,  nur  sein  Feldlierr  Sabura  stehe  mit 
einer  kleinen  Schaar  am  Bagradas.  Jetzt  warnte  auch  der  er- 
fahrne Rebilus  vergebens ;  * ')  Curio  entsandte  in  der  Nacht  seine 
ganze  Reuterei,  welche  die  Barbaren  in  grosser  Anzahl  erschlug 

42)    Caes.   2,   34.    35.  43)    Äff.   I.    c.  44)    Lncan.  4,  7351- 

Miilluia  fiustraijuc  rogatus,  ut  lihycas  metiiat  fi'auclos, 

29* 


452  XXI.     lULII.         (31.  §.44.) 

und  iLiu  die  Gefang:enen  zuführte,  als  er  mit  den  CoLorten  folgte. 
Er  träumte  nur  von  KuLm  und  Beute ,  und  beaclitete  weder  die 
Ermüdung'  der  Reuter,  von  welchen  nur  200  sich  anschliessen 
konnten,  *  ^)  noch  die  brennende  Hitze  und  den  Weg  durch  eine 
sandige  Steppe,  wo  man  nirgends  Wasser  fand.  ")  So  wurde 
Sabura  von  neuem  angegriffen;  auf  Befehl  seines  Herrn,  welcher 
ihm  2000  Mann  schickte  und  mit  den  übrigen  und  mit  60  Ele- 
])hanten  nachkam,  stieg  er  fechtend  in  die  Ebene  liinab;  hier  hielt 
er  an;  die  erschöpften  Römer  fühlten,  dass  er  der  Stärkere  wurde, 
'  ehe  sie  die  Ursach  erkannten ,  bis  endlich  die  Geschwader  vom 
Heere  des  Königs  sie  auf  beiden  Flügeln  iimgiengen,  und  sie  in 
einen  Knäuel  zusammen  trieben ,  aus  welchem  man  nicht  einmal 
die  Verwundeten  entfernen  konnte.'')  Es  begann  der  ver- 
nichtende Kani|)f  einer  aufgelös'ien  Masse  von  Fussvolk  gegen 
überlegene  Reulerei,  welche  unerreichbar  üieht,  wenn  man  vor- 
dringt, und  verfolgt,  wenn  man  sich  wendet.  ■")  Bei  dem  ersten 
Versuche  Curios,  die  Höhen  wieder  zu  gewinnen,  wurden  auch 
diese  von  den  Numidiern  besetzt,  und  so  in  einem  Augenblicke 
nach  den  schönsten  Hoffnungen  der  Verzweiflung  preis  gegeben, 
Zeuge ,  wie  man  die  Seinigen  als  Opfer  seiner  Führung  nieder- 
mähte, verwarf  er  dag  Anerbieten  des  Domitius,  ")  mit  seineu 
Reutern  ihn  zu  retten ;  er  fiel  mit  dem  .Schwerdte  in  der  Hand, 
und  sein  Kopf  wurde  dem  Könige  überbracht.  '  °)  Mit  anderen 
Erwartungen  hatte  er  sich  an  Cäsar  verkauft;  Schwelgerei  und 
Schulden  bereiteten  iLm  ein  frühes  Grab.")  Ausser  Domitius, 
Rebilus  und  Asinius  PoHio,  welche  auch  nach  Sicilien  gelangten, 
entkamen  fast  nur  die  IVachzügler  unter  den  Reutern  nach  dem 
cornelischen  Lager,  wo  der  Quästor  M.  Rufus  mit  fünf  Cohorten 
zurückgeblieben  war.  AUes  eilte,  sich  einzuschiffen;  aber  die 
Forcht  Latte  Flamma   bereits   mit   der  Flotte   von  der  Küste  ver- 


45)    Caes.    2,   39  fin.    41.  46)    App.   2,  455.  456,     Dio  41,  42. 

47)    Tunc  primum  pataere  doli.     Lucan,  4,  746.  48)    Neqne  enim  licuil 

procnrrcre  contra,  et  misccre  manus.     Ders.  4,  772.  49)    Cn.  Somitias 

Calvinns.     Domitii  Calv.  No.  6.  §.  2.  A.  55.  50)   Caes.   2,  42.    3,  10. 

Lir.  110.  Vellej.  2,  55.  Lucan.  4,  797.  5,  40.  Sneton.  36.  Plia.  36,  24  (15). 
{.  8.  Euseb.  Mo.  1960.  Flor.  4,  2.  §.  34.  Oros.  6,  15.  Dio  41,  42.  App. 
2,   456.  51)    Momentam   luit  mutatus   Curio   rerum,    GaUorum   captns 

■foliü  et  Caesaris  aaro.     Lncaa.  4,  819. 


XXI.    lULH.        (31.  §.44.)        453 

scheocLt,  und  die  HandelsfaLrzeiig'e ,  'welcLe  insbesondre  Asinlns 
LerbeizuscbaiFen  sucLte,  wurden  zum  Tlieil  übermannt  und  ver- 
sanken; man  glaubte  sogar,  dass  Soldaten  über  Bord  g-eworfen 
seien,  -weil  die  Ruderer  nach  ihrem  Gelde  gelüstete.*')  Ihre 
WaiTengefä'Lrten  am  Lande  ergaben  sich  an  Attius  Varus;  aber 
Jnba  erklärte  sie  für  seine  Gefangenen  und  tö'dlele  viele;  '*)  die 
Angesehensten  schickte  er  -als  Geissein  nach  Numidien.  Bei 
seinem  Einzüge  in  ülica  begleiteten  ihn  römische  Senatoren, 
Servius  Siilpiciiis,  Licinius  Damasippus  und  Andere;  er  behandelte 
die  Römer  jetzt  schon  als  Schützlinge,  und  gab  ihnen  Verhaltungs - 
Befehle,  ehe  er  mit  dem  Heere  in  sein  Reich  znrückgieng.  ' *) 
Ohne  ihn  würden  sie  allerdings  sich  nicht  behauptet,  und  die 
Flüchtlinge  von  Pharsaliis  in  Africa  nicht  einen  neuen  Kampf- 
platz g-efunden  haben ;  der  pompejanische  Senat  belohnte  ihn  mit 
dem   Titel  König  und  Bundesgenoss.  ") 

AVenn  Curio  von  Anfang  seine  ganze  Macht  aufgeboten 
hätte,  wie  er  es  sollte,  so  würde  es  nicht  dahin  gekommen  sein; 
auch  hier  bestrafte  sich  die  Abweichung  von  Cäsars  Befehlen. 
Dieser  erfuhr  um  dieselbe  Zeit**)  auch  in  einer  andern  Gegend 
die  Ungunst  des  Schicksals.  ")  Er  ernannte  vor  dem  Feldzuge 
in  Spanien  M.  Crassus,  den  Sohn  des  Triumvir,  zum  Nachfolger 
des  abtrünnigen  Labienus  im  cisalpinischen  Gallien,")  und 
schickte  C.  Antonius ,  den  Bruder  des  Marcus,  nach  Illyrien,  nm 
zu  verhindern,  dass  der  Feind  sich  dort  festsetzte.  Dann  erschien 
zu  gleichem  Zwecke  und  zur  Beschützung  der  Inseln  P.  Dola- 
bella  mit  einer  kleinen  Flotte  im  adriatischen  Meere.  ' ')  Diese 
wurde  von  der  feindlichen  unter  M.  Octavius  und  L.  Scribonins 
Libo,  Legalen  des  Oberfeldherrn  zur  See  M.  Bibulus,  gedrängt, 
und  Antonius ,  welcher  ihr  Beistand  leisten  wollte ,  auf  der  illj- 
rischen  Insel  Coricta  eingeschlossen,  und  durch  Hunger  und  Ver- 


52)    App.  1.  c.  53)    Nicht  aUe.    B.  Afric.  40.  54)  Caes.  2,  44. 

55)  Dio  41,  42.  Lncan.  5,  56.  Für  den  Fall,  dass  dieser  Partei  der  Sieg 
verblieb,  eia  für  iha  sebr  ■wichtiger  Bescbliiss.  Cic.  de  lege  agr.  2,  22. 
Oben   <}.  5.    A.  22.  56)    App.    2,  457  in.  57)    Flor.  4,   2.    §.  30. 

Aliqnid  tarnen  adversns  absentem  diicem  ausa  fortnna  est  circa  Illyriciun  et 
Africam,  qnasi  de  industria  prospera  eins  adversis  radiarentur.  58)  App. 

2,  453.   vgl.  hier  {.  27.  A.  66.  59)   App.  2,  457   nennt  ihn  OctaTiun 

Dolabella  nnd  Fompejaner ;  453  hat  sr  dal  Richtige. 


454  XXI.    lULII.        (31.  §.45.) 

rath  gezwiing/en,  sieb  mit  15  Coliorten  an  Octavius  zu  ergeben.  "") 
Nur  die  Rrieg'er  aus  Oi)iterg-iiim  im  transpadaniscLen  Gallien 
tödteten  einander  selbst,  als  ibr  ScLi£f  nmringt  war,  und  Wenige 
retteten  sich  auf  das  feste  Land.  "■)  ' 

§    45. 

(a.  49.)  Durch  die  Verluste  Cäsars  in  Africa  und  Illyrien 
wurde  im  WesenllicLen  nichts  verändert;  sie  konnten  nicht  ein- 
mal ungünstig  auf  die  öffentliche  Meinung  wirken ,  da  er  gleich- 
zeitig und  fast  ohne  Schwerdtschlag  das  Heer  des  Poinpejus  in 
Spanien  entwaffnete.  Er  gab  vor  seinem  Abgange  von  Rom 
dem  Prätor  M.  Aemilius  Lepidus  die  Würde  eines  Stadt -Prä- 
fecten,  und  huldigte  damit  seinem  Reichlhum'  und  ererbten  An- 
sehn; ^^)  aber  er  kannte  auch  seine  Schwäche.  Deshalb  übertrug- 
er  dem  V.  Tribun  M.  Antonius  mit  dem  Titel  eines  Proprätor^^) 
den  Oberbefehl  über  die  Truppen  in  Italien,  wodurch  er  ihm 
alle  Ge^Yalt  verlieh.  ^')  Dann  reis'te  er  gegen  die  Blitte  des 
April  nach  Gallien,  ^^)  ohne  dem  Senat  zu  zürnen,  welcher  ihm 
nichts  versagte,  oder  wegen  der  Beraubung  des  Schatzes  das  Volk 
au  fürchten,  so  dass  er  etwa  ans  diesem  Grunde  nicht  noch  ein- 
»nal  auf  dem  Blarkte  auftrat;'"'')  durch  solche  Mährchen  wurde 
Cicero  von  C.  Curio  nnd  M.  Coelius  geschreckt,  damit  der  Ge- 
danke an  die  Rache  ihres  Gebieters  ihn  endlich  zur  Rückkehr 
nach  Rom  bestimmte.  Von  Ciceros  Wunsche  begleitet,  dass  er 
nnterliegen  möge ,  ® ')  gieng  Cäsar  über  Arimiuum  nach  den 
Alpen.  ^^)     Wie   wenig   er  dem  Gerüchte  glauben  mochte,    dass 


60)  S.  das  Weitere  im  1.  Th.  524  n.  2,  567.  In  des.  B.  C.  2  ist 
der  Abschnitt  verloren,  welcher  diese  Ereignisse  betraf;  es  erhellt  aas  3,  i 
n.  67.  61)   Liv.  110.     Lncan.  4,  462.    Dio  41,  40.  62)   Plutarch. 

Anton.  6.    App.  2,  453.    Dio  41,  36.    1.  Th.  12.  63)    So  nennt  er  sich 

in  einem  Briefe  an  Cicero,  ad  Atl.  10,  8  fln.  64)  Plnt.  u.  App.  11.  cc, 
Dio  41,  IS.    vgl.  Cic.  adAtt.  10,  3.  65)    Vor  dem  13.  dieses  Monats. 

Cic.  I.  c.  n.  ad  Att.  10,  4.  §.  2  u.  3.  Am  17.  schrieb  er  auf  der  Reise 
an  Cicero.  Das.  10,  8  fin.  Caes.  1,  33.  VeUej.  2,  50.  Sueton.  34. 
Lncan.  3,  298.  Entrop.  6,  20  (16).  Flor.  4,  2.  §.  23.  Oros.  6,  15.  Dio 
41,  18.  riut.  Caes.  36.  App.  2,  453.  Zonar.  10,  8.  Hier  f.  43.  A.  62  f. 
66)    ad  Att.  10,  4.  §.  3.    ad  Farn.  8,   16.  67)    ad  Att.   10,  8  in. :    Ne- 

cesse  est  enim  aiit,  id  qnod  raaxime  vplim,  pclli  istum  ab  Hispania  etc< 
68)   Oros.  1.  c. 


XXI.    lULII.        (31.  §.45.)        455 

Pompejiis  durcli  Älauritanien  zur  Vertbeidig'ung'  Spaniens  Leran- 
zieiie,  ^')  so  war  doch  der  Krieg  im  "Westen  nur  vorbereitend, 
nur  ein  Zwlschenereigniss,  welches  ihn  nicht  lange  beschäftigen 
diiifle,  und  daher  der  Abfall  Massilias,  der  phocäischen  Colonie, 
eben  so  unerwartet  als  störend.  ' ")  Die  Einwohner  wurden  als 
Fremdlinge  von  den  Barbaren  gehasst,  und  auch  wegen  ihres 
Reichlhums  von  ihnen  angefeindet;  sie  begaben  sich  unter  rö- 
mischen Schutz  und  bahnten  dadurch  schon  im  zweiten  Jahr- 
hundert vor  Chr.  den  Legionen  den  Weg  nach  Gallien.  ' ')  Nun 
zerllel  Rom  mit  sich  selbst ;  sie  sollten  Avülilen.  Cäsars  Heer 
stand  in  ihrer  Nähe,  er  war  aber  genöthigt,  es  in  Spanien  zu 
verwenden;  die  Eroberung-  Galliens  hatte  Jahre  erfordert,  dort, 
wo  die  Eingebornen  von  römischen  Truppen,  von  Veteranen 
nnterstülzt  wurden,  durfte  er  kaum  auf  Erfolge  rechnen;  und 
weun  er  nach  langen  Anstrengungen  siegte,  so  musste  er  dem 
Feinde  in  Osten  entgegengehen.  Vielleicht  fand  er  diesen  schon 
in  Italien,  in  Gallien  selbst,  und  Pompejas  beherrschte  das  Meer; 
seine  Flotte  konnte  die  See-  und  Handelsstadt  einschliessen ,  sie 
nehmen,  oder  auch  ihr  Truppen  und  Vorräthe  zuführen;  wenn 
es  also  nicht  gelang,  parteilos  zu  bleiben,  so  erklärte  man  sich 
für  ihn. 

Die  Blassilier  hatten  sich  aus  ilirem  Gebiete  versorgt  und 
verstärkt;  sie  schmiedeten  Walfen,  rüsteten  die  Flotte,  besserten 
Blauern  und  Thore,  und  nahmen  Cäsar  nicht  auf.  Er  berief  die 
Fünfzehn  in  sein  Lager,  welche  im  Käthe  der  600  oder  der 
Timucheu  den  Vorsitz  hatten,'*)  und  verlaugte  im  Namen  der 
Bepublik  ihren  Beistand.  Auf  ihren  Bericht  wurde  ihm  er- 
wiedert:  es  gezieme  der  Stadt  nicht,  darüber  zu  eulscheideu,  auf 
wessen  Seite  im  römischen  Bürgerkriege  das  liecht  sei;  da  sie 
gegen  Pompejus  und  gegen  Cäsar  Verpflichtungen  habe,  so  wolle 
sie  weder  den  Einen  noch  den  Andern  uule;stiitzen.  '  ^)  Als 
aber   bald   nachher   L.   Doniitius   Ahenobarbus  Cos.  54    sich   Tor 


69)    Caes.    I,    39.  70)    Ders.    1,   34.    tiv.    110.    Veliej.    2,  50. 

locan.  3,  298.    Sueion.  34.    Flor.  4,  2.  §.  23.    Oros.  6,  IS.    Ilio  4l,  19. 
Slrabo    4,    180,  71)    Oben   J.   J5.  A.   17  f.     Cic.    13  Phil.  15:    Civiias 

luiio  reip.  S(*uippr  aiiiicis^^iina.     de  ofl",  2,  S:    Urbs,   sine  qua  iiiiiit|iia(u  iiosiri 
imppratores  ex  transalpliiis  boUis  tiiiiiuiiUaruut.  72)  Caes.  1,  35.    .Slrabo 

4,  179.  13)    Caes.  l.  c.    Dio  41,  19.    Cic.  aJ  Alt.  10,  10.  12.  14. 


456  XXI.     lULII.         (31.  §.45.) 

dem  Hafen  zeigte,  wurde  er  nicht  zuriickg'ewieseD.  Er  Latte  in 
Cosa  an  der  etrusciscLen  Küste  und  auf  der  nahe  gelegenen  Insel 
Igilium  auf  eigene  Kosten ,  aber  -wolil  grössleniLeils  von  dem 
Gelde,  welches  ihm  bei  der  Uebergabe  von  Corfinium  verblieb,  '  *) 
sieben  ScLifFe  mit  Sclaven,  Freigelassenen  und  mit  Lenten  von 
seinen  Gütern  bemannt,  und  wurde  in  Massilien  zum  Anführer 
gewählt,  ' ')  Der  Ort  erhielt  nun  nicht  bloss  als  Vormauer 
Spaniens,  sondern  auch  als  Waffenplatz  des  Consulars  eine  hohe 
Wichtigkeit,  denn  ihm  war  Gallien  vom  Senat  zur  Provinz  be- 
stimmt. "')  Cäsar  musste  sich  also  zum  Angriff  entschliessen ; 
er  Latte  drei  Legionen  und  nach  30  Tagen  auch  ein  kleines  Ge- 
schwader von  12  Schiffen,  welche  zu  Arelate  an  der  Mündung 
der  Rhone  erbaut  und  von  D.  Brutus  befehligt  wurden.") 
Allein  die  Lage  der  Stadt  erschwerte  sein  Unternehmen,  und  sie 
war  überdiess  mit  allen  Rriegsbedürfnissen  reichUth  versehen;  ^*) 
er  durfte  daher  nicht  hoffen ,  sie  durch  einen  Handstreich  zu  er- 
obern ,  und  übergab  das  Heer  dem  Legaten  C.  Trebonius,  '  ^)  da 
er  selbst  nicht  länger  verweilen  konnte. 

In  Spanien ,  der  Provinz  des  Pompejus ,  "^)  erwarteten  ihn 
dessen  Legaten  mit  7  Legionen,^')  unter  welchen  die  siebente 
auf  der  Halbinsel  selbst  ausgehoben  war. '^)  Drei  standen  unter 
L.  Afranius  Cos.  60'^)  in  der  diesseitigen  Provinz,  zwei  unter 
M.  Petrejus,  dem  Prätorier,  in  der  jenseitigen,  und  zwar  in 
Baetica,  von  Castulo  am  Baetis  (Guadalquivir)  bis  zum  Anas 
(Guadiana),  welcher  jenes  Land  von  Lusitania  trennte,  und  eine 
gleiche  Zahl  in  diesem,  westlich  vom  Anas,  unter  M.  Terentius 
Varro.  * ')  Ihre  Freunde  in  Italien  rechneten  auf  sie ,  als  sie 
sich  in  Pompejus  getäuscht  sahen;  Trebonius,  sagte  man,  sei  in 
den    Pyrenäen    geschlagen,    und   Fabins   übergegangen,    Afranius 


74)    Oben  §.  42.  A.  18.  73)   Caes.  1,  34.  36.   Cic.  ad  A».  9,  3. 

6.   9.    15.     Siiet.   Nero   2.     Dio   41  ,   21.  76)     Oben    §.    39.   A.   79. 

77)    Caes.    1,   36.    Dio   41,    19.    Oben   §.    22.  78)    Caes.    2,    1.    2. 

79)    Oben  5.  16.  A.  85.   Caes.  1,  36.    Dio  1.  c.  80)  Oben  §.  34.  A.  22. 

81)  Caes.  1,  37.  Ciceros  Briefe  (s.  unten).  Liv.  110.  Vellej.  2,  50. 
vgl.  48.  Suelon.  34  u.  75.  Lucan.  4,  1.  Eutrop.  6,  20  (16).  Flor.  4,  2. 
§.  26.  Oros.  6,  15.  Plut.  Caes.  36.  App.  2,  453.  Dio  41,  20.  Zonar. 
10,  8.  82)   Caes    I,  85.  83)    I.  Th.  38.  84)  Caes.  1,  37.  38. 

2,  17.  18. 


XXI.    lULU.        (31.  §.45.)        457 

ziehe  mit  einem  grossen  Heere  nach  den  Alpen,")  und  später, 
Pompejus  rücke  darcli  lUyriciim  und  Germanien  vor,  um  zu  ihm 
za  stossen.  *^)  Cäsar  kannte  seine  Gegner,  und  fiircLtete  sie 
nicht;*')  auch  Curio  war  der  Meinung;,  Spanien  gehöre  ihm, 
ehe  er  es  noch  erreicht  habe;  eben  so  urtheilfe  Coelius,  und 
Cicero  äusserte,  um  in  einem  trostlosen  Zustande  sich  aufzurichten, 
mit  Spanien  sei  noch  nicht  Alles  verloren.*')  Afranius,  ein 
besserer  Tänzer  als  Feldherr ,  konnte  nur  die  Befehle  eines 
Andern  vollziehen,  und  war  ohne  ^\  illeuskraft;  *^)  Pefrejus 
zeigte  eben  so  wenig  Talent,  wenn  auch  mehr  Entschlossenheit 
und  Festigkeit,  und  Varro  verdunkelte  seine  Zeitgenossen  als 
Gelehrter,  aber  nicht  als  Held.  Aus  der  Ferne  vermochte  Pom- 
pejus sie  nicht  zu  leiten;  er  schickte  Oineu  seinen  Vertrauten, 
den  Senator  L.  Vibullius  Rufus ,  welcher  in  Italien  thätig  ge- 
wesen, und  dann  in  Corfinium  begnadigt  war,  als  Rathgeber 
jedoch  nur  in  einem  untergeordneten  Verhältnisse  wirkte.  ^°') 
Ohne  Zweifel  musste  er  ihnen  empfehlen,  nicht  vereinzelt  za 
fechten,  da  diess  in  Italien  sehr  geschadet  hatte,  und  die 
Pyrenäen  zu  bewachen.  Petrejus  vereinigte  sich  mit  Afranios 
östlich  vom  Iberus ;  ( Ebro )  Varro ,  von  welchem  man  oft  hörte, 
dass  er  Cäsars  persönlicher  Freund  sei,  aber  seine  Pflichten  kenne, 
Blieb  im  Westen.*')  Unter  den  Eingebornen  wurden  80  Co- 
horten  und  5000  Reuter  ausgehoben.  Mit  fünf  Legionen  und 
vielen  Hülfstruppen  lagerten  die  beiden  Legaten  bei  llerda,  (Le- 
rida  in  Catalonieu )  einer  Stadt  im  Laude  der  Ilergeten  auf  einem 
Berge  am  nördlichen  oder  rechten  Ufer  des  Sicoris  ( Segre ), 
welcher  südwestlich  den  Cinga  (Cinca)  aufnahm  und  sich  in  den 
Iberus  ergoss. '-)  Hier  hatten  sie  eine  feste  Stellung;  siedeckten 
Spanien  und  die  Zufuhr,  und  beherrschten  die  Wege  im  Gebirge. 
Der  Abfall  AlassUiens  hatte  Cäsars  Bewegungen  unterbrochen. 
Er  befahl  C.  Fabius'^)  mit  den  drei  Legionen,  welche  bei  Narbo 
standen,  vorauszugehen,  und  die  Pässe  an  den  Gränzen  zu  rei- 
nigen;   die    Truppen   in    den    entfernteren    Winterquartieren    nud 


85)    ad    Au.    8,    2.   3  fin.  86)    Das.  10,   9.  87)   Sneton.  34. 

88)    ad  Au.  10,  4.  §.  3.    ad  Fam.  8,  16.   ad  A«.  10,  13.  89)  1.  Th.  39 

90)   Caes.  1,  23.  34.  38.   3,  10.    lüer  §.  42.  A;  89  u.   17.  91)   Caes. 

I,  38.    2,  17.  92)    Ders.  1,  38.  45.  61.  63.     Lucan.  4,   11—23.    Dio 

u.  App.  obeu  Ä,  81.  93)   Oben  f.  16.  A.  87. 


458  XXI.    lULII.         (31.  §.45.) 

6000  Blann  zu  Fiiss  nebst  6000  Reutern  aus  Gallien  sollten  ILin 
folgen.  Blan  sah  in  der  raulien  Jahreszeit  einem  bescLwerlicLen 
Gebirgskriege  entgegen,  und  einem  Kriege  mit  Kömern ;  um  der 
Treue  seines  Heers  desto  gewisser  zu  sein ,  borgte  Cäsar  Geld 
von  den  Trib.inen  und  Centurioneu  und  veriLeille  es;  jene  ■svaren 
gebunden,  sie  wussten,  dass  sie  mit  ihrem  Eigeuthume  wucherten, 
und  freudiger  zog  der  Soldat  in  den  Kampf.  **)  Fabius  war 
Eile  zur  Pflicht  gemacht;  er  sollte  den  Feind  iibei'raschen ;  aber 
die  Hoffnung,  ihn  allein  zu  schlagen,  verblendete  ihn,  zumal  da 
er  die  Pos(en  in  den  Pyrenäen  ohne  Anslrenguug  zurückwarf, 
und  eine  vierte  Legion  unter  L.  Alunatius  Plauens  ^')  zu  ihm 
stiess.  '*)  Alles  begünstigte  d'.e  Gegner;  sie  hatten  die  Ueber- 
macht,  bedeutende  Vorr^the,  und  wurden  von  dem  grössten  Theile 
der  Eingebornen ,  welche  seit  dem  sertorianischen  Kriege  Pom- 
pe|us  ergeben  waren,  ^^)  bereitwillig  imterstiilzt,  so  lange  sie 
für  die  Stärkeren  galten ;  ihr  Lager  ferner  stand  zwischen  den 
beiden  Flüssen  auf  Höhen,  nördlich  von  Ilerda,  ^')  und  eine 
Drücke  über  den  Sicoris  neben  dieser  Stadt  setzte  sie  mit  dem 
übrigen  Lande  in  Verbindung,  wo  sie  fast  nichts  zuriickliessen, 
was  zum  Unterhalte  dienen  konnte.  Dennoch  gieng  Fabius  auf 
zwei  schnell  erbauten  Brücken  über  den  Sicoris,  um  auf  den» 
beschränkten  Gebiete  zwischen  ihm  und  dem  Cinga  die  Pom- 
pejaner  anzugreifen.  Bald  fehlte  es  ihm  an  i<"ulter  für  die  Pferde; 
er  schickte  Reuter  über  den  Fluss,  welches  Gefechte  veranlasste, 
lind  endlich,  weil  jene  ins  Gedränge  geriethen,  L.  Plancus  mit 
zwei  Legionen ;  sogleich  führte  Afranius  4  Legionen  und  die 
ganze  Reuterei  auf  dieses  Ufer;  bei  den  ungleichen  Kräften 
neigte  sich  der  Sieg  auf  seine  Seile,  als  die  beiden  anderen 
Legionen  des  Fabius  über  die  zweite  Brücke  herankamen,  und 
nun  die  Kämpfenden  sich  trennten.  ^^) 

Jetzt  erschien  Cäsar  mit  900  Reutern,  und  schon  am  folgen- 
den Tage  zog  er  gegen  den  Feind.  Da  dieser  sich  zwar  auf- 
stellte, aber  nicht  angrilf,  so  machte  das  dritte  Treffen  unter  dem 
Schutze  der  anderen  unbemerkt  eüien  Graben  von  15  Fuss  Breite, 


94)   Caes.  I,  39.  9;>)   Oben  §.  16.  A.  89.  9G)  Ks  ist  dnher  in 

Caes.  I,  37  n.  40  Iceiii  Widcrsiirncli.  97)  Caes.  I,  48.61.  98)  Uas. 

],   43.    61.   63.    Liicnn,   4,    14.   21.    144:    CeUa   Ilerda.     261:    Atta   U. 
99)   Caes.  I,  40.    Dio  41,  ".iO. 


XXI.    lULU.        (31.  §.45.)        459 

liinter  welcben  man  nnii  ohne  Gefahr  das  Lager  aufschln^;  das 
ältere  wurde  geräumt.  Doch  war  \venig'  damit  gewonnen  ;  denn 
der  Versnch,  einen  Hiig-el  zwischen  dem  feindlichen  Lag-er  und 
Ilerda  zu  neLmen,  die  Pompejaner  von  ihren  Vorräthen  in  der 
.Stadt  nnd  von  der  Brücke  abzuschneiden,  endigte  sich  nach  einem 
Gelechte  von  fünf  Stunden  mit  einem  Rückzüge,  worauf  Afranius 
den  wichtigen  Pnnrt  besetzen  und  befestigen  liess.  Der  Legionär 
war  an  die  Rampfart  der  Spanier  und  Lusitanier,  durch  welche 
sie  noch  jetzt  am  furc'itbarsleu  sind,  nicht  gewöhnt;  sie  fochten 
einzeln,  zerstreut,  stets  vordringend  und  flicliend,  und  in  so  aus- 
gedehnter Linie ,  dass  man  sich  jeden  Augenblick  iibei-flügelt 
glaubte ,  ohne  sie  selbst  in  geschlossener  RIasse  erreichen  zu 
können.  1"°)  Zwei  Tage  später  wurden  auch  die  beiden  Brücken 
des  Fabius  von  Sturmlluthen  fortgerissen,  da  die  Ströme  bei  dem 
Schmelzen  des  ScLuees  in  den  Gebiigeu  plötzlich  anscliwollen. 
Blan  war  nnn  auf  einem  Räume  von  30,000  Schritten  zwischen 
zwei  Flüssen  eingezwängt;  die  Verbindung  mit  dem  übrigen 
Spanien  und  mit  Gallien  hörte  auf,  und  die  Reuter,  welche  Futter 
Iierbeiholteu ,  konnten  nicht  zurückkehren ,  und  wurden  grössfen- 
theils  von  den  Eingeborneu  ersclJag'en. ')  Der  hohe  Wasserstand 
nnd  die  Pfeile  der  Pompejansr  machten  die  Herstellung  der 
Brücken  unmöglich,  wogegen  Afranius  die  seinige  benutzte,  um 
einen  Heerhaufen  zu  zersprengen,  welcher  mit  vielen  Wagen  und 
grossem  Gepäck'  am  Sicoris  eintraf,  Fussvolk  nnd  Reuter  ans 
Gallien  mit  ^\  eibern  und  Rindern,  Gesandte  der  dortigen  Städte 
nnd  junge  vornehme  Römer.  So  war  nun  Cäsar  der  Belagerte  5 
er  bezalJle  den  Scheffel  Getraide  mit  50  Denaren  und  seinen 
muthloseu  Soldaten  schwanden  die  Rräfte,  weil  er  sie  nicht  mehr 
zu  sättigen  vermochte.  Der  Zeilpunkt  scMen  nahe  zu  sein, 
welchen  Cicero  hoffend  und  fürchtend  ei-wartete,  von  welchem  er 
seine  Reise  zu  Pompejus  abhängig  machte,  nachdem  jeder  andre 
Vorwand,  niclit  zu  reisen,  verbraucht  war;  -)    in  Rom  lasen  die 


100)   Caes.  1 ,  44.  1)    Ders.   1,  48    n.    die  Stellen   in  A.  81  hier. 

2)  ad  Att.  10,  8.  9:  Lacrimae  meoruui  nie  interdnm  moUiuiit,  ])rocauliiim, 
ut  de  Ilispaiüis  exspecteuins.  Das.  10,  12.  IS.  £r  T\~allie  zuvor  bissen, 
recte  esse  in  Illspauüs ,  wie  er  sich  vorsichtig  auszudrücken  jilegC ,  Das. 
10,  12.  13,  dass  Cäsar  eingeschlossen,  von  einem  Theile  seiner  Trnppon 
verlassen,  Das.   10,   13,  oder  auch  schon  gefangen  oder  erschlagen  sei,    oli- 


460  XXI.    lULlI.        (31.  §.45.) 

Optimalen  mit  walirer  und  erhencLelter  Freade  die  Briefe  des 
Afranius;  sie  begaben  sich  m  dessen  WoLnung',  den  Seinigen 
Glück  zu  wünsclien ,  und  Viele  scLifflen  sich  eilig  nach  Dyr- 
rLacLium  ein,  damit  sie  vor  den  Berichten,  scheinbar  nicht  in 
Folge  derselben,  dort  anlangten.  ^) 

Allein  Cäsars  Geist  war  stärker  als  das  Element,  welches 
nicht  zum  ersten  Male  ihn  zu  verderben  droIUe.  Er  brachte 
leichte  Fahrzeuge  von  der  Bauart  der  brilannischen  auf  Wagen 
an  einen  Ort  am  Sicoris,  wo  ein  Theil  der  Truppen  unbemerkt 
hinüber  gieng,  und  schon  nach  zwei  Tagen  eine  Brücke  stand, 
weil  die  Arbeiter  von  beiden  Ufern  einander  entgegen  kamen. 
Nun  zog  man  jene  Gallier  und  Reuter  an  sich ,  so  viele  sich  ge- 
rettet haften ;  man  überfiel  im  Felde  die  zerstreuten  Abtheiluugen 
des  Afranius,  dem  Mangel  war  abgeholfen,  und  zur  Vergrö'sserung 
der  Freude  meldete  Brutus  von  Massilien,  dass  die  feindliche 
Flotte  geschlagen  sei.  Nach  häufigen,  empfindlichen  Verlusten 
wagten  die  bestürzten  Pompejaner  bald  nur  noch  in  der  Nacht, 
sich  aus  der  Umgegend  zu  versorgen,  während  die  Städte  im 
diesseitigen  Spanien  wetteifernd  durch  Gesandtschaften  und  reich- 
liche Zufuhr  Cäsar  ihre  Ergebenheit  bezeugten,  selbst  entferntere 
sich  um  seine  Gunst  bewarben  und  mehrere  ihrer  Coliorten  zn 
ihm  übergiengen ,  zumal  da  das  Gerücht,  Pompejus  führe  ein 
Heer  durch  Mauritanien  herbei ,  Jetzt  keinen  Glauben  mehr  fand. 
Jene  Brücke  war  nun  aber  sehr  abgelegen  und  ihre  Erhaltung 
ungewiss ;  auch  musste  man  das  feindliche  Lager  näher  um- 
kreisen, um  es  auszuhungern;  zu  dem  Ende  zog  man  mehrere 
Graben  von  30  Fuss  Breite,  in  welche  das  Wasser  des  Sicoris 
so  w^eit  abgeleitet  wurde ,  dass  man  ihn  durchwaten  konnte. 
Afranius  und  Petrejus  sahen  die  Folgen  voraus;  die  treffliche 
gallische  Reuterei  hatte  die  ihrige  ohnehin  fast  ganz  von  der 
Ebene  verscheucht;  sie  beschlossen  daher  bei  Octogesa,  20,000 
Schritte  von  ihrem  Lager,  wo  sie  in  Eile  eine  Schiffbrücke  er- 
bauen Hessen,  über  den  Iberus  zurückzugehen,  und  sich  hinter 
diesem  Flusse  aufzustellen.     Dann  waren  sie  gesichert;  sie  konnten 


gleich  der  Gedanke  an  Pompejus  Puickkehr  ihn  sehr  bennmhigte ;  oben 
§.  40  in.  u.  §.  43.  A.  52.  Als  er  im  Juni  Italien  verliess,  ad  Fam.  14,  7, 
war  Cäsars  Schicksal   noch   nicht  entscliieden.  3)    Caes.    1 ,    &3.    Dio 

il,   21. 


XXI.     lULII.         (31.  §.45.)         461 

Varro  an  sich  zieLen,  Trappen  ausheben,  im  äassersten  Falle 
sich  in  die  Gebirge  werfen,  und  in  einem  fruchtbaren  Lande  auf 
Zufuhr  rechnen,  ■wogeg'en  Cäsar  in  der  erschöpften  Provinz  Ton 
Hunger  und  Kälte  bedroht  wurde,  wenn  es  ihnen  gelang,  den 
Krieg  bis  zum  Winter  zu  verlängern;  indess  hoiften  sie,  werde 
auch  Pompejus  sich  regen,  Rom  wieder  erobern,  und  seinen 
Feind  in  Spanien  aufsuchen.  *)  Zunächst  schlagen  zwei  Legionen 
jenseits  des  Sicoris  ein  verschanztes  Lager  auf,  wohin  die  übrigen 
bald  nachher  in  der  Nacht  folgten ;  nur  zwei  Cohorten  blieben 
in  llerda.  Nun  galt  es,  den  Fliehenden  den  Weg  zu  verlegen; 
die  Reulerei,  welche  durch  die  Furt  gieng  und  die  JVachhut  an- 
griff, konnte  woLl  Verzug  bewirken,  aber  nicht  mehr;  mit  Un- 
geduld erwarteten  die  Legionen  das  Zeichen  zum  Aufbruch, 
nichts  fürchtend,  als  dass  Afranius  entkommen  möge;  Cäsar 
führte  sie  auf  ihr  dringendes  Verlangen  durch  den  Fluss,  nicht 
ohne  grosse  Gefahren  aber  doch  ohne  Verlust,  und  in  wenigen 
Stunden   erreichten  sie  den  Feind. 

Die  Pompejaner  waren  nur  noch  5000  Schritte  von  den 
Gepirgspiissen  entfernt ;  wenn  sie  bis  dahin  gelangten,  so  konnte 
sie  nichts  mehr  am  Uebergange  über  den  Iberus  hindern;  aber 
Cäsar  stand  zu  nahe;  sie  mnssten  sich  zur  Schlacht  ordnen,  und 
jener  rückte  vor,  so  oft  sie  es  wagten,  den  Rückzug  fortzusetzen. 
Auch  ihr  Versuch,  in  der  Nacht  zu  ent^veichen,  wurde  durch 
seine  Wachsamkeit  vereitelt ;  ein  absichtlich  vermehrtes  Geräusch 
in  seinem  Lager  gab  ihnen  die  Gewissheit,  dass  er  nicht  ruhen 
werde.  Man  war  also  genö'thigt,  sich  durchzuschlagen,  und  diess 
wurde  am  andern  Tage  nach  Besichtigung  der  Gegend  be- 
schlossen. Cäsar  halte  durch  L.  Decidius  Saxa ,  einen  Celt- 
iberen, ')  sich  ebenfaUs  eine  genaue  Ortskunde  verschafft;  er 
verschwand  mit  den  Legionen,  und  die  Pompejaner  jubelten;  der 
Mangel,  hiess  es,  zwinge  ihn  zur  Umkehr.  Indess  gieng  er  seit- 
wärts durch  tiefe,  unwegsame  Thäler,  und  zeigte  sich  dann  plötz- 
lich zur  Rechten  auf  den  Höhen.  Zn  spät  suchte  nun  Afranius 
bis    zu   den   Pässen    vorzudringen ;    die   feindliche    Reuterei    blieb 


4)   Caes.  1,  61.  "Oio  4l,  22.    App.  2,  454.    Lacau.  4,  143.    Flor.  4,  2. 
{.   28.  5)     Später    dnrcti   ihn   VoHsiribun    nnd   SI.   Antonios  Frenod. 

Caes.  1,  66.    Cic  11  FUI.  S.    13,  13.   2.  Th.  513.  A.  49. 


462  XXi:    lULn.        (31.  §.45.) 

ihm  auf  den  Fersen,  und  Leiumte  ihn,  so  dass  Cäsar  früLer  ziim 
Ziele  kam;  die  Coliorlen,  weldie  durch  die  Beselzung- eines  Ber- 
g-es  eine  andre  Slrasse  öffnen  sollten,  wurden  niedergehauen. 
Immer  stürmischer  äusserte  sich  unter  den  Truppen  des  Procon- 
suls  das  Verlangen  nach  einer  Schlacht;  er  dagegen  wollte  ohne 
Blutvergiessen  siegen,  aus  Menschlichkeit,  wie  er  sagt,  aus 
Liebe  zu  den  Blitbiirgern,  vorzüglich  aber,  weil  er  für  andere 
Schlachten  sparen  musste.  Um  die  Legaten  noch  mehr  zu  um- 
garnen, liess  er  seine  Reuterei  zurückgehen,  ^vorauf  sie  ihr  vo- 
riges Lager  bezogen.  Sie  hatlea  noch  .  Getraide  aus  Ilerda;^) 
AVasser  konnten  sie  nur  dann  erhalten,  wenn  sie  den  Weg'  da- 
hin verschanzten.  Während  sie  die  Arbeiten  selbst  anordneten, 
■weil  es  das  dringendste  w^ar,  begann  zwischen  üiren  Soldaten 
und  den  feindlichen  ohne  Zweifel  auf  Cäsars  Anstiften  ein  sehr 
bedenklicher  Verkehr.  Zuerst  begrüssten  sicli  Freunde  und  Be- 
kannte; dann  traten  auch  Andere  hinzu,  und  als  man  sich  ver- 
ständigt hatte ,  die  Pompejaner  der  Verzeüiung  auch  für  ihre  An- 
führer gewiss  zu  sein  glaubten ,  schienen  beide  Lager  sich  in  eins 
zu  verwandeln;  C'enturione  und  Xriegstribune  des  Afranius,  und 
die  Grossen  des  Landes ,  welche  ihm  als  Geissein  folgten ,  baten 
um  Frieden,  und  sogar  sein  Sohn  ersuchte  Ser.  Sulx>icius  «m 
seine  Vermittlung. 

Den  Legaten  blieb  dless  nicht  lange  verborgen;  sie  kamen 
zurück.  Afranius  liess  die  Seinigen  gewähren,  doch  wohl,  weil 
der  Sohn  in  seinein  Auftrage  gehandelt  hatte ;  deshalb  wurde  er 
später  des  Verraths  beschuldigt;')  er  war  aber  nicht  erkauft,  er 
wollte  sich  vergleichen ,  weil  er  keinen  Ausweg  sah.  Kicht  so 
Petrefus,  welcher  mit  grosser  Entrüstung  die  Fremden  vertrieb, 
mehrere  todtete,  und  feierlich  schwur,  Pompejus  treu  zu  bleiben; 
denselben  Eid  forderte  er  von  Afranius  und  von  den  Truppen, 
und  alle  gehorchten;  die  feindlichen  Soldaten,  deren  man  sich  in 
ihren  Verstecken  bemächtigte ,  wurden  hingerichtet.  Cäsar  er- 
laubte dagegen  den  Pompejanern  im  Bereiche  seines  Lagers,  sich 
zu  entfernen ,  ')  und  beförderte  dadurch  ,  was  man  ohnehin  nicht 


6)  Caes.  1,  78.  7)  Ders.  1  ,  75.  3,  83.  Pin«.  Caes.  41.  Pomp.  67. 
Unten  §.  SO.  A.  79  n.  81.  8)  Caes.  1,  77.  Uio  41,  2i.  Polyaeii.  strat. 
8,  23.  §.  28.  Suet.  75. 


XXI.    lULIL        (31.  §.45.)         463 

nicLr  abwenden  konnfe ,  denn  man  war  und  blieb  vom  Ibenis 
nbjrcscbnitten,  der  Älangel  an  Meide  und  Wasser  ^vurde  immer 
cinpßndlicLer,  nnd  diess  veranlasste  endlich  den  EntscLInss,  nach 
Ilerda  zuriickzug'elien,'')  wo  sich  noch  VorriilLe  befanden;  Tar- 
raco ,  (Tarrag-ona)  für  vseldies  Andere  stimmten,  sickerte  zwar 
die  Verbindung'  mit  der  Flotte,  ■svenn  diese  an  der  Rüste  er- 
schien ,  es  war  aber  zu  entferaf.  Da  die  lienter  ohnernchtet  ili- 
rer  g-rossen  Zahl  so  entmuthigt  waren ,  dass  man  sie  in  die  Mitte 
nehmen  musste,  so  bildeten  leichte  Truppen  die  iVaclihuf,  und 
wenn  man  in  Thiiler  hinabstieg,  ganze  Legionen.  Bei  den  nn- 
aufhörlichen  Angrilfen  der  feindlichen  Reuterei  hatte  das  Heer  in 
längerer  Zeit  nur  4000  Schritte  zurückgelegt,  als  e.s  anhielt  und 
schanzte,  um  zu  tauschen  und  einen  Vorsprung  zu  gewinnen; 
um  die  sechste  römische  .Stunde  setzte  es  sich  wieder  in  Bewe- 
gung, aber  Cäsar  verfolgte  mit  den  Legionen,  und  in  kurzem 
waren  anch  die  Reuter,  welche  Futter  holten,  wieder  zur  Stelle. 
Die  Legaten  lagerten  nun  fern  vom  Wasser  in  einer  auch  übri- 
gens ungünstigen  Gegend;  sie  konnten  ihren  Rückzug  auf  keine 
andre  Art  mehr  bewirken  als  durch  eine  Verlängerung  ihrer  Li- 
nien in  der  Richtung  von  Ilerda;  da  sie  also  ihre  Stellung  fast 
gar  nicht  veränderten,  begann  Cäsar,  sie  mit  Wall  und  Graben 
einzuschliessen.  Sein  Werk  war  schon  weit  fortgeschritten,  und 
ein  grosser  Theil  der  Lastthiere  wegen  Mangel  an  Weide  vott 
den  Pompejanern  getödtet,  als  diese  ihm  die  .Schlacht  anboten. 
Längst  hatten  seine  Truppen  sieh  nach  einem  entscheidenden 
Kampfe  gesehnt;  die  .Schanzarbeiten  -«aren  ermüdend,  und  sie 
hielten  es  überdiess  lür  schimpflich,  Fliehenden  das  Geleit  zu  ge- 
ben; er  versagte  sich  daher  nicht,  aber  er  erwartete  den  Angriff, 
welcher  nicht  erfolgte.  Als  Afranius  auch  die  Furt  im  Sicoris 
besetzt  fand,  durch  welche  er  entschlüpfen  wollte,  trug  er  mit 
Petrejus  auf  eine  Unterredung  an ,  und  schickte  seinen  .Sohn  als 
Geissei.  Vor  den  Augen  der  beiden  Heere  entschuldigte  er  mit 
demiithiger  Geberde  die  hartnäckige  Vertheidigung ;  man  habe  nun 
der  Pflicht  genügt,  nnd  bitte  um  Schonung.  ' ")  Cäsar  rügte  die 
Verletzung  des  Waffenstillstandes,  welchem  wenigstens  Petrejus 
fremd  geblieben  war,    die  Ermordung    seiner   Soldaten,    und    die 


9)  Lucan.  4,  261.         10)  Ders.  4,  337. 


464  XXI.    lULII.        (31.  §.45.) 

Arglist  und  Ungereclitigkeit  des  Poinpejus  und  der  Arisfocrafie ;  • 
doch  möge  man  die  Provinzen  räumen  und  die  Truppen  entlassen ; 
unter  dieser  Bedingung  wolle  er  Alle  begnadigen  und  niemanden 
zwingen,  unter  seinen  Adlern  zu  dienen.  Diese  Grossmutli  er- 
reffte die  lebLafteste  Freude;  die  Eingebornen  zerstreuten  sich 
sogleich,  und  die  Italer  zogen  mit  einer  Wache  unter  Q.  Fufius 
Calenus  nach  dem  Varus  (Var)  an  der  östlichen  Gränze  des  nar- 
bonensischen  Galliens,'*)  wo  sie  sich  trennen  sollten;  sie  wur- 
den nicht  nur  auf  dem  Wege  unterhalten,  sondern  C'asar  gab 
ihnen  auch  die  Beute  zurück ,  für  welche  er  seine  Soldaten  ent- 
schädigte; um  so  mehr  schickte  er  in  den  Besiegten  Herolde  sei- 
ner Thaten  und  einer  gleich  beispiellosen  Hochherzigkeit  in  dsis 
Vaterland,  obgleich  der  günstige  Eindruck  in  Vielen  bald  wie- 
der erlosch.  ' ')  Nach  alten  Calendern  ergaben  sich  Afranius  und 
Petrejus  am  2.  August,'^)  an  welchem  zwei  Jahre  später  Phar- 
naces  unterlag.  ' ')  Beide  wurden  wortbrüchig;  sie  giengen  mit 
einem  Theile  ihrer  Truppen  wieder  zu  Pompejus,  und  starben 
im  J.  46  in  Africa.  ' ') 

Am  Sicoris  war  auch  M.  Varro  überwanden.'^)  Pompejus 
Flucht  und  Cäsars  Zug  über  die  Pyrenäen  entmuthigt&  ihn;  er 
wünschte  anfangs  einen  Vergleich;  als  er  aber  erfuhr,  dass  Mas- 
silien  sich  mit  Glück  vertheidige,  und  der  Feind  an  jenem  Flusse 
im  Gedränge  sei,  mochte  er  nicht  länger  bei  seiner  zweideutigen 
Rolle  beharren.  Seine  beiden  Legionen  sollten  im  jenseitigen 
Spanien  den  anderen  zum  Rückhalte  dienen,  ")  und  er  säumte 
jetzt  nicht ,  sie  zu  ergänzen  und  durch  30  neu  geworbene  Cohor- 
ten  zu  verstärken;  die  Seestädte  mussten  ihm  Schiffe  stellen,  alle 


11)  PUn.  3,  5  (4).  tncan.  1,  404.  Untea  §.  46.  A.  43.  12)  Caes. 
1,  87.  Liv.  110.  VcUej.  2,  SO.  Lncan.  4,  363.  Siieton.  34.  75.  Euliop. 
6,  20  (16).  Flor.  4,2.  §.  28  u.  29,  Oros.  6,  15.  Dio  41,  22.  Pliil.  Caes, 
36.  Pomp.  65.  App.  2,  454.  13)   IV   Nou.    Sexlil.    Caleud.  Maffaeior. 

Capranic.  Amitern.  Antiat.  in  Fast.  Verr.  Flacc.  p.  112.  ed.  Foggin.  Gm- 
fer.  p.  133.  Orell.  Iiiscr.  Vol.  2.  p.  396.  Curio  beschränkt  Caes.  2,  32 
die  Zeit  des  ganien  Feldzngs  auf  40  Tage ;  er  dauerte  über  drei  Monate. 
14)  Calend.  Anülern.  1.  c.    S.  unten  §.  55.  A.  100.  15)  1.  Th.  38.  A. 

98  f.  und  hier  iin  Folgenden.  16)  Oben  A.  84  u.  91.  17)  Caes.  2, 

17.  18.  Flor.  4,  2.  §.  29  giebl  ihm  nur  eine,  weil  die  andre  tou  ihiu 
abGel. 


XXI.    lULn.        (31.  §.45.)        465 

Provinclalen  üre  Waffen  abgeben,  Getraide  liefern  und  Geld 
zahlen;  selbst  die  Schätze  im  Tempel  des  Hercules  bei  Gades 
worden  nicht  Ton  ihm  verschont,  die  römischen  Bürger  in  der 
Provinz  zn  scheinbar  freiwilligen  Steuern  gezwungen,  und  ver- 
dächtige Gesinnungen  oder  unvorsichtige  Reden  mit  Einziehung 
des  Vermögens  bestraft.  Zum  \'\  affenplatze  ersah  er  Gades  auf 
der  gleichnamigen  Insel,  wo  er  bis  zur  Ankunft  der  pompejani- 
schen  Flotte  sich  zu  behaupten  oder  doch  günstige  Bedingungen 
zu  erhallen  hoffte.  In  der  That  konnte  Cäsar  ohne  die  grösste 
GefaJir  nicht  länger  in  Spanien  verweilen.  Er  schickte  zwei  Le- 
gionen mit  dem  V.Tribun  Q.  Cassius  Longinus'*)  über  den 
Iberns,  und  folgte  mit  600  Reutern;  ein  Befehl  an  die  Provin- 
clalen, Abgeordnete  nach  Corduba  zu  senden,  in  eine  vom  Feinde 
besetzte  Gegend,  gieng  ihm  voraus,  und  bezeichnete  diesen  als 
besiegt.  Sogleich  befreiten  die  Städte  sich  selbst;  Corduba  ver- 
Echloss  Varro  die  Thore;  auch  Carmo  erklärte  sich  gegen  ihn, 
und  vertrieb  seine  Cohorten  ans  der  Burg;  ganz  Baetica  gerieth 
in  Aufstand,  und  auf  dem  Wege  nach  Gades  kamen  ihm  Boten 
mit  der  Nachricht  entgegen ,  C.  Gallonius ,  ein  römischer  Ritter, 
welchem  er  die  Stadt  anvertraut  halte,  sei  von  den  Einwohnern 
und  von  der  Besatzung  zur  Flucht  gezwungen.  Der  Feldzugs- 
plan war  vereitelt,  und  nun  verliess  eine  Liegiou  vor  seinen 
Augen  das  Lager,  und  wandte  sich  nach  Hispalis ,  (Sevilla)  wo 
man  sie  mit  Freudensbezeugungen  empfieng.  Als  er  erfuhr,  dass 
auch  Italica  ihn  nicht  aufnehmen  werde,  übergab  er  seine  Le- 
gion nach  kurzen  Unterhandlungen  Sex.  Cäsar,  und  reis'fe  nach 
Corduba  zum  Proconsul,  welchem  er  über  die  Kriegscasse,  die 
Schiffe  und  Blagazine  die  erforderlichen  Jlilthellungen  machte,") 
Cäsar  war  in  dieser  Provinz  Quästor  und  Proprätor  gewesen,'") 
und  hoffte  deshalb,  dass  seine  Worte  auf  dem  Landtage  zu  Cor- 
duba um  so  mehr  Anklang  finden  werden ;  er  dankte ,  belohnte 
Einzelne,  erliess  das  Geld,  welches  Varro  von  den  römischen 
Bürgern  verlangt  hatte,  gab  eingezogene  Güter  zurück,  und  ver- 
sicherte Alle  seines  Schutzes  und  seiner  Znfi-iedenheif.- ')     Dann 


18)  2.  Th.  ISS.  19)    Caes.  2,  20.  Lit.   110.   Cic.  ad  Fam.  9,  13. 

Flor.  1.  c.  Dros.  6,  15.  20)  Oben  J.  3.  A.  31.  ^.  10.  A.  25.  21)  Caes. 
2,  21.  App.  2,  454. 

Urumumj   Gcsciuclitc  Kouis  IIL  30 


466  XXI.    lULn.         {31,  §.46.) 

erfrente  rieh  ancL  Gacles  seiner  Gegenwart ;  die  Stadt  erhielt  von 
ihm  das  römische  Bürgerrecht,'^)  und  der  Tempel  des  Hercules, 
Tvas  ihm  durch  Varro  entzogen  war.  Zum  Proprätor  im  jensei- 
tigen Spanien'*)  ernannte  er  Q.  Cassius  Longinus,  welcher  als 
Quästor  des  Pompejns  das  Land  genau  kennen  gelernt,  aber  auch 
die  Einwohner  gegen  sich  erbittert  hatte.  Er  Hess  ihm  die  bei- 
den Legionen  Varros  zurück,  und  die  ein  und  zwanzigste  und 
dreissigste,  **)  und  fuhr  auf  den  Schüfen  der  Gaditaner  nach 
Tarraco,  wo  ihn  die  Abgeordneten  des  diesseitigen  Spaniens  er- 
warteten, und  wieder  Städte  und  Einzelne  durch  Belohnungen 
ausgezeichnet  wurden.  Ohne  in  den  Pyrenäen  nach  einem  Siege 
über  Mitbürger  Trophäen  zu  errichten,  wie  einst  Pompejus  nach 
dem  Kriege  mit  Sertorins,  begab  er  sich  nun  in  grösster  Eile 
über  Warbo  za  dem  Belagemngs  -  Heere  vor  Massilien. '') 

§  46. 

(a.  49.)  Hier  befehligten  seine  Legaten  C.  Trebonins  und 
Decimus  Brutus,  jener  zu  Lande  und  dieser  zur  See.  Es  war 
ihnen  noch  nicht  gelungen,  die  Sfadt  zu  erobern,  deren  Verthei- 
digung  La  Domitius  leitete;  sie  hatten  aber  bereits  so  grosse 
Fortschritte  gemacht,  dass  fast  unuiittelbaj;  nach  Cäsars  Ankunft 
die  Uebergabe  erfolgte.  '  *)  Diess  verdankte  er  Brutns ,  welcher 
mit  geringeren  Kräften  das  Wichtigere  unternahm.  Seine  Flotte 
bestand  aus  12  schlecht  gezimmerten  und  schwer  beweglichen 
Schiffen  von  frischem  Holze,  und  den  Ruderern  fehlte  es  gänz- 
Lch  an  Uebuog  und  Erfahrung ,  da  er  sie  von  Handels  -  F.ahr- 
zeugen  erhalten  hatte;  die  Schiffe  der  Massilier  waren  dagegen 
leicht,  schnell  und  gut  bemannt;  der  Sieg  konnte  ihnen  nicht 
entstehen,  wenn  sie  Gelegenheit  fanden,  nach  den  Regeln  der 
Kunst  zu  fechten ;  nach  dem  Entern  sollten  die  Sclaven  und 
Bauern  des  Domitius  und  die  Albiker,  Menschen  aus  einem  küh- 
nen Gebirgsvolke  im  massilischen  Gebiete  die  Niederlage  des 
Feindes  vollenden.'^)     Dennoch  wurden  sie  zweimal  geschlagen, 


22)  Liv.  110.  Dio  41,   24.  2.  Th.   604.  A.  89.  23)  B.  Alex.  48, 

Unten  J.  46.  A.  88.  24)  2.  Tti.  154.  A.  60.  155.  Ä.   69.         25)  Caes- 

2,  21.  Dio  1.  c.  26)    Oben  {.  45.  A.  74  —  79.  27)    Caes.    1,  56 

—  58.  Hier  §.  45.  A.  75  n.  77. 


XXI.    lüLII.        (31.5.46.)        4C7 

weil  Braliis  auf  tdinliclje  Art  wie  im  Kriego  mit  den  Venetern  - ') 
uud  vne  die  Väter  Lu  den  panischen  die  Entsclieidung  den  Le- 
gionaren iiberliess,  einer  aaserwäUten  Blannscliaft.  Er  stand  bei 
einer  Insel,- ^)  Lacydon,  dem  Hafen  von  Massilien,  gegenüber,*") 
als  Domilius  voll  Vertrauen  zu  seiner  Ueberlegeulieit  mit  17 
grossen  und  vielen  kleineren  ScLiifen  ihn  angrilT,  mit  melireren 
sich  an  ein  einzelnes  anzulegen ,  im  Vorüberfahren  die  Ruder 
abzustreifen  und  zugleich  die  Linie  so  auszudehnen  suchte,  dass 
er  ihn  umgieng.  Mit  nm  so  mehr  Erfolg  bedienten  sich,  die  Rö- 
mer ihrer  Wurf  Waffen  und  Haken;  es  kam  zum  Handgemenge, 
und  Brutns  siegte  nach  einem  kurzen  aber  blutigen  Kampfe,  iu 
welchem  insbesondre  C.  Acilius,  ein  Soldat  der  zehnten  Legion, 
sich  hervorthat,  ^ ')  und  der  Feind  9  Schiffe  verlor.  Gasar  er- 
hielt den  Bericht  seines  Legaten  bei  Ilerda.  ^^) 

Zu  Lctnde  konnte  weniger  geschehen,  weil  die  Stadt  bis  auf 
den  vierten  Theil  vom  Bleere  umgeben  war.  Trebonius  liess 
von  zwei  Seiten  einen  Wall  von  80  Fuss  Höhe  anlegen,  wel- 
ches ihm  auf  einem  Puncte  durch  ein  tiefes  Thal,  überall  aber 
durch  treffliche  Werke  mit  vielen  Wurfmaschinen  uud  dnrch  Aus- 
fälle der  Albiker  erschwert  wurde.  ^^)  Auch  schickte  Pomi>eju.s 
in  dieser  Zeit  L.  Nasidius  mit  16  Segeln;  er  war  diurch  die 
Meerenge  von  SicUien  gegangen,  ohne  von  Curio  bemerkt  zu 
werden,  und  hatte  sich  sogar  in  Messana  eines  Schiffs  bemäch- 
tigt. Die  JMassiUer  waren  hoch  erfreut;  ihre  Flotte  vereinigte 
sich  mit  ihm  bei  Tauroenta,  einem  östlich  gelegenen  Xiist«n- 
platze,  nud  bildete  den  rechten  FliigeL  J3ald  darauf  näherte  sich 
Brutus  mit  18  Schiffen,  unter  welchen  6  zu  den  eroberten  ge- 
hörten. In  der  Sladt  fiillten  sich  die  Tempel;  man  flehte  tmi 
Sieg;  Andere  begaben  sich  auf  die  Mauern  und  Cänuue,  und 
streckten  mit  banger  Erwartuug  die  Arme  zum  Himmel;  ihr 
Blick  ruhte  auf  dem  Meere,  dort  waren  die  Väter,  Gatten  und 
Söhne,  auch  die  Männer  und  Jünglinge  aus  den  ersten  Geschlech- 
tern,   und    jede    Familie   zitterte  zugleich  für  die  Ihrigen  und  für 


28)  Hier  §.  22.         29)  Alela  2,  7  fin.  rechnet  sie  zn  den  Stoecliaden. 
30)  Ders.  2,  5.  Eustath.  za  Dionys.  Per.  V.  7S.  31)  Val.  Max.  3,  2. 

§.  22.  Saeton.  68.  Plul.  Caes.  16.  32)  Caes.  1 ,    57  —  59.    Lir.    110. 

Lncan.  3,  538.  Ftor.  4,  2,  J.  24.  25.  Sidon.  carm.  23,  v.  16.  Dio  41,  21. 
33)  Caes.  2,  1.  2. 

30* 


468  XXI,    lULII.        (31.  $.46.) 

die  allgemeine  FrelLe:t.  Die  Hoffnung  dieser  ScLaaren ,  Zengen 
des  Kampfs  zu  sein,  wurde  Tereitelt;  man  schlug  sicL  in  zu 
grosser  Feme  '*)  Durcli  das  vorige  Treffen  gewarnt,  sncLien 
die  Gtiechen  besonders  das  Entern  zu  verLindern ;  so  oft  eine 
Trireme  mit  den  Haken  ergriffen  wurde ,  eilten  andere  zu  ihrem 
Beistande  hinzu,  und  dann  fochten  die  Albiker  mit  gewohnter 
Tapferkeit  Mann  gegen  Mann,  während  die  Bogenschützen  auf 
den  Böten  die  Römer  mit  Pfeilen  bedeckten;  Brutus  selbst  ge- 
rieth  in  Gefahr,  mit  seinem  Schiffe  genommen  zu  werden.  Da 
er  indess  ohnerachtet  der  üebermacht  des  Feindes  nicht  bei  dem 
ersten  Angriff  unterlag,  so  hielt  Nasidius  die  Schlacht  flir  ver- 
loren; man  kämpfte  noch  mit  gleichem  Glücke,  noch  hatte  er 
kein  Schiff  eingebiisst,  als  er  niit  seinem  ganzen  Geschwader  nach 
dem  diesseitigen  Spanien  entfloh,  und  sogar  eine  Trireme  der 
Bundesgenossen  mit  sich  fortriss.  ^  ')  Dadurch  wurden  mm  auch 
die  Griechen  zum  Rückzüge  gezwungen,  nachdem  5  ihrer  Schiffe 
in  Grund  gebohrt  und  4  erobert  waren.  ^  6) 

Sie  wagten  es  nicht  mehr,  den  Hafen  zu  verlassen,  aber 
sie  verzweifelten  nicht,  da  Domitius  sie  in  dem  Wahne  bestärkte, 
dass  Ponipejus  sich  mit  seiner  Land«  und  Seemacht  nach  dem 
Westen  wenden  und  Massilien  entsetzen  werde.  Gegen  Brutus 
durch  die  Dämme  an  der  Küste  gesichert,  fürchteten  sie  jetzt  nur 
Trebonius,  welcher  auf  seinem  rechten  Flügel  einen  steinernen 
Thurm  von  6  Stockwerken  errichtete,  und  zwischen  ihm  und 
der  Stadtmauer  ein  Sturmdach  von  60  Fuss  Länge.  Auch  dieses 
Werk  war  so  fest,  und  durch  eine  Bekleidung  gegen  Feuer  so 
wohl  verwahrt,  dass  die  Griechen  ohne  Erfolg  Felsblöcke  und 
brennende  Tonnen  hinabwälzten.  Unter  seinem  Schutze  brachten 
die  römischen  Soldaten  den  feindlichen  Thurm  mit  Brecheisen 
zum  Wanken,  während  andere  von  dem  diesseitigen  mit  Pfeilen 
und  Wurfmaschinen  die  Vertheidiger  zur  Flucht  zwangen.  Um 
das  Aergste  abzuwenden  baten  die  Belagerten  um  einen  Waffen- 
stillstand; man  erwarte  Cäsar,  sobald  er  eintreffe,  werden  sie 
sich  ergeben;  Trebonius  war  es  ohnehin  untersagt,  die  Stadt  mit 


34)  Ders.  2,   7  fin.  35)    Man  findet  ihn  später  bei  den  Pomppja- 

nernia  Africa.  Cic.  ad  Att.  11,  17.  36)  Caes.  2,  6.  7.  23.   Liv.  110. 

Dio  ii ,  25. 


XXI.     lULIl.         (31.  §.46.)         469 

.Sfnrm  zu  erobern,  weil  man  bei  der  Erbitterung  seiner  Krieger 
IMord  und  Plüuderuiig  kaum  verhüten  konnte;  der  Antrag  wurde 
f;euehmigt.  ")  Jene  murrten  über  die  nnzeilige  Ruhe  und  den 
> orenthaltenen  Lohn;  arglistige  Absichten  ahndete  niemand,  als 
die  Feinde  an  einem  jMittage  bei  heftigem  Winde  die  Sorglosig- 
keit der  Römer  benutzten,  und  Wall,  Thurm  und  Blaschinen,  das 
Werk  vieler  Monate ,  mit  Feuer  rernichteten.  Am  folgenden 
Tage  wandten  sie  sich  mit  denselben  Zerstörnngsmitteln  gegen 
den  linken  Flügel,  wo  man  nun  aber  gewarnt  war,  und  sie  zu- 
rückschlug. Die  Belagerer  hatten  in  kurzem  Alles  wiederherge- 
Btellt ,  und  in  solcher  Nähe ,  dass  sie  ihre  Spiesse  mit  der  Hand 
auf  die  Alauern  schleudern,  und  die  feindlichen  Maschinen  dage- 
gen nicht  wirken  konnten;  ein  Thurm  wurde  umgeworfen,  auch 
ein  grosser  Theil  der  Mauer  drohte  einzustürzen,  die  Vorräfhe 
5n  der  Stadt  waren  erschöpft  und  der  Genuss  ungesunder  Nah- 
rung erzeugte  Seuchen :  man  musste  von  neuem  unterhandeln. 
Domitius  mochte  diess  nicht  erwarten ;  er  gieng  in  See,  während 
ein  Sturm  die  Verfolgung  erschwerte;  doch  entkam  er  allein; 
Beine  Freunde  kehrten  mit  den  anderen  beiden  Schiffen  ans  Furcht 
vor  Brutus,  welcher  sie  angriff,  in  den  Hafen  zurück.^')  Mit 
grossen  Besorgnissen^  sahen  die  Massilier  der  Strafe  ihrer  Treu- 
losigkeit entgegen ,  als  Cäsar  Jetzt  aus  Spanien  anlangte.  Aber 
der  Ruf  der  Milde,  mit  welcher  er  bis  dahin  alle  Ueberwundenen 
behandelt  hatte,  sollte  ihm  nach  Italien  und  auch  nach  Griechen 
land  vorausgehen ,  und  die  Gemüther  ihm  günstig  stimmen ;  des- 
halb liess  er  niemanden  tödten ,  und  die  Stadt  blieb  dem  Namen 
nach  frei;  übrigens  musste  sie  ihre  Waffen  und  Schifle  und  das 
Geld  im  Schatze  ausliefern ,  dem  grössten  Theile  ihres  Gebiets 
entsagen,")  und  eine  Besatzung  von  zwei  Legionen  aufiieh- 
men.  *") 

Ehe  Cäsar  mit  den  anderen  Truppen  nach  Italien  aufbrach, 
erhielt  er  die  Nachricht,  dass  er  auf  den  Antrag  des  Prätor  und 
Stadtpräfecten  M,   Lepidns*')   vom  Volke  zum  Dictator  gewählt 


37)  Caes.  2,  13.  38)    Domidi  Alien.  No.  8.  A.  55.  39)    Dia 

41,  25.  Oros.  6,  15.  vgl.  Caes.  I,  34  n.  über  ihre  Colonien  Strabo  4,  180. 
40)  Caes.  2,  22.  Cic.  8  Phil.  6.  13,  15.  ad  Au.  14,  14.  de  offic.  2,  8. 
Lir.  llOl  Flor.  4,  2.  $.  25.  Oros.  I.  c.  Strabo  4,  181.  Diol.  c.  41)Obea 
f.  45  in. 


470  XXI.    lULIL        (31.  §.46.) 

eel.  *  ^)  So  halte  er  es  geboten ,  damit  er  in  dieser  Eigenscliaft 
Verfiig'iing'en  machen  und  bei  der  Wahl  der  höheren  Magistrate 
den  Vorsitz  führen  konnte.  Einen  mag-ister  eqnituu)  ernannte  er 
nicht,  und  auch  diess  war  gegen  die  Verfassung, 

Er  beschleunigte  die  Reise  über  die  Alpen ,  weil  unter  den 
Ijegionen,  welche  die  pompejanischen  nach  dem  Varus  begleitet 
Latten,'^)  bei  Placentia  am  Padus  eine  Meuterei  entstand.  Die 
neunte  insbesondre'*)  verlangte  im  Bewusstsein  ihres  Ruhms 
und  ihrer  Unentbehrlichkeit  den  Abschied,  weil  angeblich  Alter 
und  Erschöpfung  nach  so  vielen  Feldzügen  ihr  nicht  länger  zu 
dienen  erlaube.*')  In  der  That  erbitterte  sie  Cäsars  Grossmuth 
gegen  die  Feinde;  in  Spanien  hatte  man  diesen  das  Erbeutete 
zurückgeben  müssen,  Massilien  wurde  nicht  geplündert,  nnd  nun 
sollte  man  durch  eine  strenge  JRIanuszucht  auch  Italien  versöhnen, 
statt  eine  Anweisung  auf  Geld  und  Gut  der  Bürger  zu  erhalten ; 
der  Krieg  gegen  das  Vaterland  erschien  als  ein  Verbrechen,  Cä- 
sar als  ein  Empörer,  der  Lagereid  verpflichtete  nicht  mehr.  *^) 
Man  hoffte  es  wenigstens  zu  erzwingen ,  dass  er  die  fünf  Minen 
zahlte,*')  fü'r  die  Verluste  in  Spanien  entschädigte,  und  fernere 
Dienste  mit  neuen  Zusagen  erkaufte,  **)  Der  Imperator  traf 
einen  glücklichen    Mittelweg;    wie    er    auch    gesprochen   haben 


42)  Caes.  2,  21.  3,  1.  Lncan.  5,  382.  Fast.  cap.  a.  704.  Dio  4l,  36. 
43,  1.  App.  2,  457.  Er  ernannte  sicli  also  weder  selbst,  n.  am  iprenig- 
sten  schon  TOr  dem  Felilznge  in  Spanien,  Entrop.  6,  20  (16).  Flor.  4,  2. 
Ji.  1.  (welcher  ihn  zu  dieser  Zeit  Consul  werden  lässt)  noch  wählte  ihn 
der  Senat,  Flut.  Caes.  37.  Zonar.  10,  8;  auch  erfolgte  die  Ernennung 
nicht  erst  nach  seiner  Anknnft  in  Rom,  App.  1.  c.  Cicero  hatte  früher  dio 
Aeussernng  des  Lepidus  getadelt,  ein  PrUtor  könne  Consnlar-Comitien  hal- 
ten ,  ad  Alt.  9,9.  §.  3.  aber  bald  entstand  der  Verdacht  in  ihm ,  dass 
man  so  verfahren  werde.  Das.  9,  15:  Rapiemur,  aul  absentes  Texabimnr; 
Tel  nt  consules  reget  praetor,  "vel  dictatorem  dicat,  qnonira  nentrum  ins 
est.  Sed  si  Sulla  potuit  elGcere,  ab  inierrege  nt  dictator  diceretnr,  CU|. 
hie  non  possit?     S.   2.    Tfa.    476.    A.   10.  43)    Oben   §.   45.  A.    11- 

44)  Sueton.   69.  App.  2,   457.  Oben  §.  16.  45)  Dio  41,  26;  35.   Cäsar 

übergeht   diese    Ereignisse,    oder    es    findet   sich  auch  hier  in  seinen  Cuiu- 
mentareu  eine  Lücke.  46)  Rheni  mihi    Caesar   in    unrtis   dnx   erat,    hie 

socins.     Facinus  quos  inquinat ,    aeipiat,    Lncan.  5  ,  289.  47)  App.  1.  c. 

Oben  {.  43.  A,  67,  48)   l'raemia  miles  dum  maiora  potit,   damnat  can- 

samtjuc   ducemque.    Luc.  5 ,  246. 


XXI.    lULll.        (31.  §.46.)        471 

inag',*^)  so  zeJg'fe  er  doch  eiue  ruLige,  wilrdevolle  Haltung;  er 
bestraffe  den  Aufruhr,  und  bewillig'te  zugleich,  was  man  begehrte, 
diese  Züchtigung  aber  war  die  empfindlichste.  Demnach  liess  er 
den  Gesetzen  gemäss  auter  120  Rädelsführern  der  neunten  Le- 
gion den  zehnten  nach  der  Entscheidung  des  Looses  hinrichten, 
folglich  12;  für  einen  der  Verurtheilten  trat  der  Centurio  ein, 
welcher  ihn  fälschlich  angeklagt  hatte;  der  Legion  kündigte  er 
an,  dass  sie  entlassen  sei,  und  nur  auf  ihre  dringenden  Bitten 
und  nach  den  nnzweideutigsten  Beweisen  der  Heue  gestattete  er 
ihr,  unter  den  Waffen  zu  bleiben. 

Bei  seiner  Rückkehr  nach  Rom  *°)  überzeugte  er  sich  von 
der  treuen  und  kraftvollen  Verwaltung  des  M.  Antonius,  dessei» 
anstössiges  Privatleben  ihn  nicht  berührte  und  ohne  Rüge  blieb.' •) 
Mochte  er  dadurch  selbst  Missfallea  erregen,  so  war  man  doch 
sehr  erfreut,  dass  er  auch  jetzt  seine  Feinde  nicht  verfolgte;  '^) 
die  Dictatur  hatte  keinen  verwerflichen  Zweck,  sie  soUle  nur 
Einrichtungen  begründen,  welche  dem  Unbefangenen  als  noth- 
wendig  und  nützlich  erschienen.  Demnach  wurden  zunächst  die 
Geldverpflichtungen  keineswegs  von  ihm  aufgehoben,  wie  die 
Reichen  und  Rechtlichen  fürchteten,' ')  und  seine  schwelgerischen 
jungen  Freunde  holften,  sondern  er  gab  ein  Gesetz,  wodurch  er 
beiden  Parteien  half  und  die  betreifenden  gerichtlichen  Klagen 
niederschlug.  Deis  Vertrauen  war  im  Kriege  gesunken;  jeder  be- 
durfte, was  er  verliehen  hatte,  und  niemand  zalJte;  Härte  und 
absichtliches  Zurüekziehen  des  Baaren  aus  dem  Verkehre  von 
der  einen,  Unvermögen  und  böser  Wille,  welchem  der  geringe 
Preis  der  Güter  bei  der  allgemeinen  Unsicherheit  zum  Verwände 
diente,  von  der  andern  Seite  vereinigten  sich,  das  Uebel  zu  ver- 
grössern.  ")  Wie  schwer  es  war,  Geld  zu  erhalten,  oder  auch 
nur  das  eigene  wieder  zu  bekommen ,  ergiebt  sich  ans  Ciceros 
Briefen.  '  *)     Nun  sollten  Schiedsrichter  den  Werth    der    Grund- 


49)  S.  die  erdiclitete  Rede  bei  Dio  I.  c.  App.  1.  c.  bei  welcliein  offea- 
bar  für  IItJ(>t'ia>  narnito  röiuot  zn  leseu  ist,  (Casaub.)  führt  nur  -wenige 
Worte  an.  50)  Caes.  2,   22.  Sneton.  35.  51)    1.  Th.   70.  Hier  J. 

45  in.  52)  Oben  §.  40.  A.  53.  53)  Oben  1.  c.  Caes.  3,1.   Cic.  ad 

Alt.  7,   11.  10,  8.     Daher  treffen  die    Bemerkungen   de   otfic.  2,    22    den 
Dictator  nicht.  54)  Dio  41,  38.  55)  ad  Att.  7,    18.  9,  9«    Num- 

luoniiu  Caritas.  10,  II.  ad  Farn.  2,  16.  §.  I  Gn.  vgl,  Caes.  I.  c. 


472  XXI.    lULn,        (31.  §.46.) 

stücke,  welclicn  sie  ror  dem  Biirg'erkriege  gehabt  hatten,  bestim- 
uieu ,  und  die  Schuldner  sie  mit  Berechnung  dieses  Werthes  den 
Gläubigern  abtreten,  (',:jnomni  cessio)  jedoch  die  schon  gezahlten 
oder  verschriebenen  Zinsen  ^^)  abziehen  dürfen,")  wodurch 
der  Gläubiger  etwa  den  vierten  Theil  des  Capitals  verlor.") 
Diess  konnte  leicht  die  Folge  haben ,  dass  man  sein  Geld  yer- 
schloss,  zumal  da  man  noch  immer  vom  Dictator  oder  von  Pom- 
pejus  Proscriplionen  erwartete,  oder  doch  nicht  wusste,  ob  die 
Güter  wieder  im  Preise  steigen  werden;  deshalb  beforderte  Cäsar 
den  Geldumlauf  durch  ein  Gesetz,  nach  welchem  niemand  mehr 
als  15,000  Denare  baar  besitzen,  jedoch  auch  in  dieser  Angele- 
genheit kein  Sclav  gegen  seinen  Herrn  zeugen  durfte.  *  ^) 

Dann  gedachte  er  der  Verbannten,  eine  scheinbare  Gerech- 
tigkeit, wodurch  der  Sieger  in  bürgerlichen  Unruhen  die  Gegner 
dem  Hasse  preis  giebt,  und  die  eigene  Partei  verstärkt.  Daher 
erwartete  Cicero ,  dass  Cäsar  „ausser  unzähligen  anderen  auch 
dieses  Verbrechen  begehen  werde;"  es  empörte  ihn,  als  man  ihm 


56)  Sneton.  42:  Si  quid  nsnrae  nomiae  nnmeratTun  ant  perscriptnm 
fuisset,  nach  Doker's  richtiger  Erklärnng  zu  Lir.  24,  18,  vrenn  der  Schuld- 
ner eine  Anweisung  auf  seine  Schuldner  gegeben  hatte;  von  Sicherstellnng 
durch  Hypothek.  (Wolf  zu  Snet.  1.  c.)  yrar  gar  nicht  die  Rede,  sondern 
von  einer  endlichen  Regulierung  dieser  Verhältnisse,  von  einer  gänzlichen 
Auseinandersetzung.  57)    Kicht   TOm    letzten    Lnstralschlnss   gerechnet» 

(Schultz  Staalswiss.  d.  Rüm.  S.  394)  und  nicht  Yom  Anfange  des  Kriegs, 
welcher  üherdiess  erst  ein  nicht  zwei  Jahre  gedauert  hatte ,  ( Rein  Rom. 
PriTatrecht  S.  311)  sondern  vom  Zeitpnncte  der  nn-wirksam  gebliebenen 
Kündigung.  Aehnliches  besagte  das  ^Gesetz  der  Tribüne  C.  Licinius  n  d 
l.  Sextius  T.  J.  376  T.  Chr.  LiT.  6,    35.  58)    Sueton.    1.    c.     Folglich 

hatte  die  Stockung  im  Geldverkehre  bei  der  gewissen  Aussicht  auf  Krieg 
schon  im  vorigen  Jahre  begonnen,  man  kannte  schon  die  Zinsen  von  2 
Jahren  oder  24  p.  C.  verrechnen ,  welche  man  gezahlt  oder  angewiesen 
hatte,  seit  das  Capital  znrückgefordert  war.  Caesar  3,  1.  20,  Dio  41,  37. 
38.  Tgl.  42,  22.  51.  PInt,  Caes  37.  App.  2,  458.  Cic.  ad  Att.  12,  28. 
J,  5.  13,  33  in  u.  sein  Spott  über  diese  Anordnung,  weil  Cäsar  ihr  Ur- 
heber war,  ad  Farn.  9,  16.  J.  2;  M.  Coelins  verfuhr  a.  48  nicht  so  scho- 
nend. 2.  Tb.  420.  59)  I>io  41,  38.  Tacit.  A  6.  16.  Unter  Tiber 
wnrden  Viele  verurlheilt,  qnod  pnrtem  rei  familiaris  in  pecnnia  haberent, 
Suet.  Tiber.  49;  der  Kaiser  dachte  nicht  an  das  allgemeine  Beste,  sondern 
ou  soino  Sicherheit;  ohne  Ould  konnte  man  sich  nicht  gegen  ihn  ver- 
schwüren. 


XXI.    lULU.        (31.  §.46.)        473 

sagte f  Jass  es  fest  bescLlossen  sei,  als  Curio  es  bestätigte,  nnd 
M.  Antonios  auf  seiner  berüchtigten  Reise  durch  Italien  den  Un- 
glücklichen das  Ende  ihrer  Leiden  öffentlich  verkündigte;  ®°)  auch 
Ser.  Snlpicius  äusserte  im  höchsten  Unmuth :  wenn  man  die  Exi_ 
lirten  zurückrufe,  so  werde  er  selbst  ins  Exil  gehen.  ^')  Cäsar 
erzählt,  nicht  genau  nnd  mit  absichtlichen  Abweichungen  Yon 
der^iVahrheit ,  im  Anfange  des  Bürgerkriegs  haben  Römer,  wel- 
che in  Folge  des  pompejischen  Gesetzes  gegen  Amtserschleichung 
vom  J.  52  verurtheilt  worden,*^)  ihm  ihre  Dienste  angeboten; 
er  habe  diess  dankbar  anerk£innt,  aber  dem  Volke  nicht  vorgrei- 
fen woUen,  und  nun  durch  Prätoren  und  Tribüne  ^^)  auf  Ge- 
setze, mithin  auf  Privilegien  antragen  lassen,  wodurch  Einigen  die 
Rückkehr  gestattet  sei.  ^*)  So  Termied  er  freilich  den  Schein 
einer  Anmassong,  die  Verfügung  wurde  unumstösslich  und  die 
Blenge  ihm  verpflichtet.  Seine  Fürsorge  beschränkte  sich  aber 
nicht  auf  jene  Verurlheilten,  oder  gar  nur  auf  einige;  er  nannte 
das  Gesetz  des  Pompejus,  weil  in  ihm  die  Willkühr  am  stärk- 
sten hervortrat,  aber  er  liess  auch  solche  begnadigen,  welche  sich 
anderer  Vergehen  schuldig  gemacht  hatten,  wie  das  Beispiel  des 
Gabinins  beweis't.  ^ ')  Dagegen  ist  auch  die  Nachricht  unge- 
gründet ,  dass  alle  Verbannte  zurückgekommen  seien ,  nur  Älilo 
nicht,  ^^)  vielleicht  weil  er  in  den  Aufstand  der  Massilier  ver- 
wickelt war;  auch  C.  Antonius  Cos.  63  müsste  noch  länger 
büssen,*')   nnd  ohne  Zweifel  er  nicht  allein. 

Cicero  war  schon  in  den  Lagern  der  Aristocratie ;  dennoch 
wurde  er  auf  das  empfindlichste  dadurch  verletzt,  dass  Gabinius, 
das  Werkzeug  des  Clodius  bei  seiner  eigenen  Verbannung,  wie- 
der in  Rom  erschien,  und  Milo,  sein  Vertheidiger ,  nnbeachfet 
blieb.  Sogleich  erfolgte  eine  neue  Demüthigung;  er  hatte  als 
Cousnl  die  Verordnung  Sullas  gültig  erhalten,  welche  die  Nach- 
kommen der  Proscribirten  von  den  Aemtern  ausschloss,  ^*)   jetzt 


60)  ad  Am.  7,  11.  9,  14.  10,  4.  §.  3.  10,  8.  13.    Vgl.  ad  Fara.  15, 
19.  61)  ad  Att.   10,  14.  62)   2.    Th.    352.    A.  5.  63)  Beson- 

ders, dnrch  M.  Anlonias.  Cic.  2  Phil.  38.  64)  Caes.  3,  1.   vgl.  Sueton. 

41.    Plul.    Caes.    37.    App.   2,    458.    Dio    4l ,    36.    43,    27.  Zonar.   10,  8. 
65)  Gabinii  No.  5.  §.  3  Cn.  §.  4  in.  66)    App.    1.    c.    Dio    41 ,  36,  42, 

24.  vgl.  VeUej.  2 ,  68.  n.  1.  Th.  S.  48  o,  60.  67)    1.  Th.  70.  A.  63. 

540.  68)  2.  Th.  479. 


69)  PInt.  Caes.  37.  Dio  41,  18  setzt  es  vor  den  Feldzng  in  Spanien, 
(oben  §.  43.  A  5.)  Vcllej.  2,  43.  {.  4  in  Cäsars  Aedililät.  Snet.  41.  Tgl. 
Dio  44,  47.   45,   17.  Cic.  ad  Att.  9,   14.  70)    Dio    41,   36.  Tacit.  A. 

II,  24.  71)  Oben  {.  3.  A.  32.  33.  72)  Dio  37,  9.  73)    Sne- 

ton.  9.  2.  Th.  88.  A.  87.  74)    Oben   J.    14.  A.   76.   §.    36.   A.   20   f. 

75)  Cic.  ad  Att.  7,  7.  §    6.    «d   Farn.   16,    12    (11).  76)  Caes.  B    C. 

3,  87.  77)  Cic.  de  offic.  3,   22.  78)    App.    2.    458.  79)  Dio 

41,  39.  Oben  ^.   41    A.  28. 


474  XXI.    lULlI.        (31.  §.46.) 

■WTirde  sie  als  eine  Grausamkeit  g-egen  ünscLuldig'e  aufgeboben,*') 
und  damit  Pompejtis  uud  den  übrigen  SuUanem  das  Urtlieil  ge- 
sprochen. 

Viel  länger  bescLäfligte  Cäsar  ein  andrer  Plan ,  dessen  Aus-  - 
füLrimg  nun  ebenfaUs  keine  Schwierigkeiten  hatte ;  er  verschjLffte 
den  Transpadanern  das  römische  Bürgerrecht.  '  °)  Es  Tvar  eine 
Ehrensache  für  ihn,  weil  er  fast  seit  seinem  ersten  Öifentlichen 
Auftreten  dahin  wirkte.  Auf  dem  Gebiete  dieser  Provincialen 
■wollte  er  sich  gegen  Kom  be'waifnen ,  er  suchte  daher  zeitig  ihre 
Gunst;  man  glaubte  schon  im  J.  68,  dass  er  mit  ihnen  einyer- 
standen  sei;'')  drei  Jahre  später,  als  die  Censoren  M.  Crassus 
und  Q.  Catuhis  über  diese  Angelegenheit  miteinander  stritten,'*) 
verbreitete  sich  wahrend  der  ersten  caliliuarischen  Verschwörung 
das  Gerücht,  er  werde  sie  für  die  Meuterer  nach  Rom  entbie- 
ten,") und  unter  seinem  Consulat  verlieh  das  Tatinische  Gesetz 
vorerst  der  Colonie  Comiim  das  Bürgerrecht,  wodurch  er  zum 
grossen  Missvergnügen  der  Optimaten  von  neuem  in  allen  ande- 
ren Hoffnungen  erregte.'*)  Jetzt  konnte  er  endlich  sein  Wort 
lösen,  die  Wünsche  treuer  Anhänger  erfüllen,  welche  ihn  als 
Patron  ehrten,'  ')  und  ihn  auch  ferner  mit  ihrem  kräftigen  Arme 
nnterstützten ,  '  ^)  deren  Forderung  selbst  der  strenge  Aristocrat 
C.  Cnrio  der  Vater  als  billig  anerkannt  und  nur  aus  Rücksicht 
auf  die  Interessen  Roms  verworfen  hatte.")  Doch  wurde  auch 
die  Menge  in  der  Stadt  nicht  vergessen;  er  vertheilte  Getraide, 
weU  es  daran  felilte,'")  und  entschädigte  sich  durch  die  Weih- 
geschenke in  den  Tempeln.  '  ') 

Dem  Sieger  war  es  vergönnt  und  die  Dictetnr  heiligte  die 
Willkühr  Alles  für  das  Volk,  und  nichts  ohne  das  Volk,  blieb 
auch  ferner  sein  Wahlspruch.  Er  zeigte  sich  ihm  als  Candidat, 
lim  zum  zweiten  Blale  Cousul  zu  werden;    ein  Beweis,    dass  er 


XXI.    lULH.        (31.  §.46.)        475 

aus  keinem  nnJem  Gmude  mit  der  ArfsfocraHe  zerf\illen  war, 
(lass  er  nur  sein  g'utes  Recht  begehrte,  *")  nur  die  Weihe  und 
die  Befug-niss  zur  Vertlieidigung'  des  Volks.  ^')  Da  aber  die 
Consaln  abwesend  und  die  Zwisctenkönige  immer  Patricier  wa- 
ren ,  unter  deren  Vorsitze  der  Erfolg'  der  Comitien  sich  nicht  ver- 
bürgen liess,"')  und  der  Prätor  M.  Lepidus  nach  dem  Augii- 
ralrechte  bei  der  Wahl  höherer  IMagistrate  nicht  einschreiten 
durfte,*^)  so  war  Cäsar  Dictator  geworden,  um  die  Bürger  selbst 
zu  versammeln;  er  wurde  gewählt,  und  Kiit  ihm  P.  Servilins 
Isaaricns.  * ')  Dann  folgten  die  Comitien  für  die  übrigen  3Ia- 
gistrate,  *')  und  die  Verfügungen  über  die  Provinzen:'^)  M. 
Lepidus  sollte  das  diesseitige  Spanien  mit  dem  Titel  eines  Pro- 
consuls  verwalten;*')  im  Jenseitigen  blieb  Q.  Cassius;  **)  A.  Po- 
stuniius  Albinus  erhielt  Sicilien ;  Sex.  Peducäus  Sardinien  ;  D.  Bru- 
tus das  trcinsalpinische  Gallien,  imd  M.  Calidius  das  diesseitige. 
Cäsar  war  im  Begriff,  auch  die  andre  Hälfte  des  Reichs  zu 
befreien ;  daher  geziemte  ihm  die  Feier  des  Lateiner  -  Festes 
überdiess  eine  Pflicht  der  Consuln  vor  der  Eröffnung  eines  Feld- 
zngs,  welche  die  jetzigen  vernachlässigt  hatten.  *ä)  Diess  Alles 
erforderte  nur  elf  Tage,  nach  welchen  er  die  Dictafur  nieder- 
legte,'") und  noch  vor  dem  Ende  des  Jahrs  bei  seinem  Hee- 
re    in    Brundnsium     eintraf, ' ')      um    den    Feind    zu    überra- 


80)  Is  enim  erat  annns,  qao  per  leges  ei  consnlem  fieri  liceret;  Caes. 
8,1.  zehn  Jahre  nach  dem  ersten  Consnlat.  LiT.  7,  42.  81)  Oricmn  u. 
andere  Städte  nahmen  ihn  anf,  vfeil  er  Consnl  -war;   Caes.  3,  H.  12.  Ajip. 

2 ,  461.  Soldaten  im  feindlichen  Heere  erklärten :  sese  contra  civem  et 
consnlem  arma  non  latnros,  Caes.  3,  21  ;  nnd  er  selbst  behauptete :  Con- 
troversias  regnm  ad  populnm  R.  et  ad  se ,  qnod  esset  consnl ,  pertinere. 
Das.  3,  107.  82)  Fermagni  eins  interest,  rem  ad  interregnom  non  -ve- 
nire. Cic.  ad  Att.  9,  9.  §.  3.       83)  Cic.  I.  c.  n.  ad  Att.  9,  15.        84)  Caes 

3,  1.  21.  107.  B  Alex.  68.  Val.  M.  8,3.  §.  2.  VeUej.  2,  53.  Snelon. 
76.  Lncan.  5,  389:  Addidit  fasces  aqnilis.  Flor.  4,  2.  J.  21  irrt  in  der 
Zeit.  Dio  41,  43.  42,  17.  Plut.  Caes.  37.  App.  2,  457.  Zonar.  10,  8. 
Fast.  cap.  a.  705.  Morell.  thes.  Caes.  Tab.  2.  N».  67.  Tab.  5.  So.  22. 
Ursin,  Fam.  Rom.  p.  114.  VaiUnnt  Inlü  Ao.  18.  85)  Caes.  3,  2.  Dio 
41,  43.  86)  App.  2,  457  fm.  87)  Das.  o.  1.  Th.  12.  A.  51. 
88)  Oben  §.  45.  A.  23.  89)  Caes.  3,  2.  Oben  §.  41.  §.  26.  90)  Caes. 
I.  c.  Uio  41,  36.  Plut.  Caes.  37.  App.  n  Zon.  11.  cc.  91)  In  de« 
letzten  Tagen  des  J.  ehe  er  das  Consnlat  übernahm,   Dio  41,  39 j  im  Win- 


476  XXI.    lULlI.        (31.  §.47.) 

scten. ")  Das  Volk  g-ab  ILm  das  Geleite,  aber  unter  einem 
inissfalligen  Zuruf,  es  bat  um  Frieden ,  ^  ^ )  in  einer  Zeit ,  wo 
selbst  die  Knaben  als  Pompejaner  und  Cäsarianer  mit  einander 
fochten.  9*)  » 


§  47. 

(a.  49.)  Indess  Latte  ancL  Pompejus  gerüstet.  Er  war  am 
17.  März  von  JBrnndusium  abgegangen,  um  den  Consuln  nach 
Dyrrhachium  (Durazzo)  zu  folgen,*')  welches  die  Alten  ein- 
stimmig als  den  Landungspunct  bezeichnen.  ^  6)  Appian  unter- 
scheidet^') eine  tiefer  im  Lande  liegende  Stadt  Epidamnns  und 
einen  Hafenplatz  Dyrrhachium.  JNach  geiner  Erzählung  liessen 
sich  in  diesem  Corcjräer  nieder,  und  nannten  ihn  wie  die  Stadt» 
■weU  sie  in  seinem  Namen  eine  unglückliche  Vorbedeutung  fan- 
den, als  sei  er  wegen  Klippen  und  Brandung,  ^ya;^/«,  schwer  za 
erreichen ;  später  führte  man  den  altern  wieder  ein.  Diess  strei- 
tet mit  der  Geschichte ,  und  auch  Strabo  bezieht  beide  Namen 
auf  denselben  Ort,  welcher  den  zweiJen  von  der  Halbinsel  Djrr- 
hachium  erhielt,  wo  er  erbaut  war.  ^*)  Die  Römer  dachten  bei 
Epidamnus  allerdings  an  .Schaden,  Verlust,  damnum,  es  ist  aber 
nicht  wahrscheinlich,  dass  sie  zuerst  diesen  Namen  durch  den 
jungem  verdrängten,  durch  einen  griechischen,  welcher  überdiess 
auch  UnheU  verkündigte ,  obgleich  der  römische  Soldat  es  nicht 
Wusste.  ^ ')  Bei  den  griechischen  Schriflstellem  findet  man  auch 
in  späterer  Zeit  noch  den  altern.  "'°)    Da  die  Stadt   zum   ehe- 


ter,  ders.  41,  44.  Fiat.  Anton.  7.  Flor.  4,  2.  ^.36;  im  December  (nach 
der  unbericlitigten  Jahrform)  zur  Zeil  der  Winter -Sonnenwende,  Plnt. 
Caes.  37.  Pomp.  65.  App.  2,  458.  460  fin.  S.  unten  §.  48.  A.  63. 
92)  Dio  41,  44.  App.  2,  460.  93)  App.  2,  458.  94)  Dio  41,  39. 

Dasselbe  erzählt  er  50,  8  in  der  Geschichte  des  Kriegs  von  Actiura;  es 
ist  nicht  nnglanhlich ,  dass  es  sich  unter  gleichen  Umständen  wiederholte. 
1.  Th.  471.  A.  42.  95)    Oben  §.  43.  A.  51.  96)   Caes.  1,  25.  27. 

Vellej.  2,  49.  Oros.  6,  15.  Dio  41,  14.  Plntarch.  Pomp.  62.  Caes.  35. 
App.  2,  451.  452.        97)  I.  c.  Tgl.  Pansan.  6,  10.  98)  Strabo  7,  316. 

Schol.  zu  Thucyd.  I,  24.  99)  Plant.  Menaechm.  A.  1.    Sc.    1.   t.   38: 

Propterea  hnic  nrbi  nomcn  Epidamno  inditnm  est,  qnia  nemo  fcrmo  huc  sine 
damno  divortitnr.  Flin.  3,  26  (23).  Mela  2,  3.  Dio  4l,  49.  100)  App. 
4,  650.  vgl.  Dio  47,  37. 


XXL    lULn,        (31.  §.47.)        477 

inaligen  Lande  der  paTtLinJschen  Elyrier  nnd  dann  znr  Provinz 
IVIacedonien  gehörte,  ')  so  gieng-  Pompejus  uiclit  nach  Epirus,') 
überhaupt  zunächst  nicht  nach  Griechenland,^)  Es  brachte  ihn  in 
eine  ungünstige  Stellung,  dass  er  Rom  und  dann  auch  ItaUen 
verliess,  schon  deshalb,  'vveil  ein  solcher  Rückzug  grosses  Auf- 
sehn erregte  ,  und  ihn  des  Vortheils  beraubte ,  durch  Senat  nnd 
Volk  zu  wirken;  er  erschien  als  der  Feind  des  Vaterlandes, 
welcher  sich  in  die  Arme  der  Barbaren  warf,  um  es  zu  bekrie- 
gen ,  es  anszuhungem ,  zu  plündern ,  nnd  die  Bürger  zu  ermor- 
den ;  *)  daher  konnte  man  Erdbeben ,  Sonnenfinsteruiss  nnd  an- 
dere Anzeichen  in  dieser  Zeit  sowohl  auf  ihn  als  auf  Italien 
deuten.  *)  Wenn  er  nun  aber  zur  Flucht  genöthigt  wurde,  so 
durfte  er  auch  nicht  geringen  Gewinn  davon  er^varten,  dass  er 
gerade  in  lUjrien  lagerte.  Sein  Name  war  im  Osten  gefeiert; 
man  bewunderte  ihn  dort  als  den  Ueberwinder  des  furchtbaren 
Mithridat  und  der  Seeräuber,  der  Geissei  der  Menschheit;*)  fast 
alle  Dynasten  kannten  ihn  persönlich,  und  die  Völker,  welche 
von  Cäsar  nnd  dessen  Thaten  im  fernen  Gallien  wenig  oder 
nichts  vernahmen ,  waren  an  den  Gehorsam  gegen  ihn  gewöhnt ; 
sie  hatten  Ueberflnss  an  Schiffen,  Reutern  und  leichten  Truppen, 
und  öffneten  auf  sein  Gebot  ihre  Schätze,  ihre  Vorräthe  und  Ha- 
fen ;  ' )  selbst  ein  Theil  seiner  Veteranen  stand  hier  noch  unter 
den  AVaffen,  oder  er  konnte  sie  leicht  von  den  Orten  ihrer  An- 
siedlung  heranziehen  und  auch  durch  Söldner  verstärken,  und 
eine  Frist  von  beinahe  einem  Jahre  verschaffte  ihm  der  Winter 
die  Flotte  und  der  spanische  Krieg.  *) 

Seine  Landmacht  bestand  aus  neun  Legionen;  ^)  fünf  waren 


1)  Dio  41,  12.  15.  49.  Pint.  Anton.  7.  Bmt.  4.  Cic.  p.  Ugar.  9. 
Sneton.  35.  2.  Th.  69.  72.  Cäsar  gebtanclit  in  seinen  Comment.  den  Na- 
men 3Iacedanien  im  engeren  nnd  ■weiteren  Sinne.  Unten  §.  48.  A.  67. 
2)  App.  2,  452.  Flor.  4,  2.   f.  35.  3)    Liv.    110.    Entrop.   6,  19  (16). 

Oros.  6,  15.  4)  Cic.  ad  Att.  8,  11.  9,  7.  9.  10.  19.  10,  4.     Oben  f. 

40.    A.    30.  5)    Lncan.    1,    522.    Pio    41,    14.  6)    Lncan.  2,  633: 

Euphraten  Kilonqne  mo^e,  qno  nominis  nsqne  nostri  fnma  Tenit.  8,  320  t 
Qnas  magis  in  terras  nostmm  felicibus  actis  nomen  abil,  aut  nnde  redit 
maiore  trinmpho?  7)  Caes.  3,  3  f.  Plut.  Pomp.  64.  App.  2,  451.  458. 

Enuop.  6,  20  (16):  Tolins  orieuüs  auxjlia,  8)  Caes.  3,  3.  9)  Ders, 
3,  4.  App.  2,  458. 


478  XXI.    lüLIL        (31.  §.47.) 

ihm  ans  Italien  g'efolgt,  niid  unter  diesen  die  I  und  III,  beide 
früher  in  Cäsars  Heere,  die  letzte  als  XV;'")  eine  kam  mit  M. 
Cato  aus  Sicilien,  die  Zwillings  -  Legion ,  gemella,  genannt,  weil 
zwei  unvollzählige  in  ihr  vereinigt  wurden;'')  eine  aus  Greta 
und  Macedonien ,  ebenfalls  Veteranen,  welche  nach  ihrer  Entlas- 
sung in  diesen  Provinzen  zurückgeblieben  waren;  zwei  endlich 
liess  der  Consul  L.  Lentulus  in  Asia  ausheben.  Ausserdem  er- 
wartete man  Pompejus  Schwiegervater,  Metelhis  Scipio  Cos.  52, 
mit  zwei  Legionen  aus  Syrien;  '^)  daher  spricht  Appian  von  elf. 
Zur  Ergänzung  dienten  die  Cohorten  des  C.  Antonius,  mithin  Ge- 
fangene,'^) und  die  Neugeworbenen  aus  Griechenland,  wo  aber 
Appius  Claudius  Cos.  54  wenig  Eifer  zeigte  und  bald  in  völliger 
Uuthätigkeit  auf  Euböa  sein  Leben  beschloss.  ' ')  Sie  wurden 
von  3000  Bogenschützen  aus  Greta,  Griechenland  und  Asien, 
und  von  zwei  Cohorten  Schleuderer  unterstützt.  Unter  den  7000 
Reutern  befanden  sich  viele  römische  Ritter  und  andere  junge 
Männer  ans  den  reichsten  und  angesehensten  Familien  in  Italien; 
die  Mehrzahl  stellten  abhängige  und  befreundete  Fürsten:  '  ^)  De- 
jotarus  in  Galatien,  welcher  mit  seinem  Enkel  Castor  selbst  er- 
schien ;  *  ^)  Ariobarzanes  iu  Cappadocien ;  Gotys  in  Thracien,  des. 
sen  Sohn  Sadales  die  Mannschaft  befehligte;")  Rhascnpolis,  der 
Anführer  einer  andern  ihracischeu  Reuferschaar;  '  *)  Tarcondimo- 
tus  im  obern  Cilicieu ;  '^)   DonUaus  in  Galatien,   nnd  Autiochus 


10)  Oben  §.  16.  A.  4  n.  21.  11)  Oben  §.  44.  A.  24.  12)  Caes. 
3,  4.  Fiat.  Pomp.  62.  App.  2,  458.  Hier  §.  39.  A.  79.  §.  42.  A.  59.  2. 
Th.  46.  A.  9.  13)  Oben  J.  44.  A.  60.  14)    2.   Tb.    197.    A.    14. 

15)  Caes.  u.  App.  U.  cc.  «.  471.  475.  Dio  41,  55.  60.  VeUej.  2,  51. 
Plut.    Pomp.    64.    Flor.   4,    2.  §.  5.  Oros.  6,  15.  16)  Caes.  1.  c.  App. 

2,  458.  472,  Dio  41,  63.  Lncan.  S,  55.  Cic.  p.  Deiot.  4.  5.  10.  de  divin. 
1,   15.  Flor.   1.  c.  17)    Caes.   1.    c.    n.    3,  36.  VeUej.   2,   129.  Lucan. 

S,  54.  Flor.  1.  c.  Dio  4l,  51-  63.  47,  25.  Eckh.  2,  58.  18)  Caes.  3,  4 
lässt  ihn  aus  (der  Provinz)  Macedonien  kommen;  er  vrar  ein  Thracier- 
vgl.  Tacit.  A.  2,  64.  Sueton.  Tiber.  37.  VeUej.  1.  c.  Lncan.  5,  55.  Dio 
47,  25.  48.  2.  Th.  138.  139,  Ueber  die  Terschiedenen  Formen  seines 
Wamens  s.  Turneb.  Adv.  14,  17.  Fabric  xn  Dio  47,  25  n.  Oudend.  za 
Caes.   I.  c.     Die  Münzen  haben  Rhascuporis.  Eckh.   2 ,    59.  19)  Caes. 

1.  c.  Lucan.  9,  219.  Dio  41,  63.  Auch  sein  Name  ist  vielfach  entstellt; 
in  dieser  Form  findet  er  sich  bei  Cic,  ad  Farn.  15,  1.  Strabo  14,  676. 
Flor.  4,  2.  §.  5.  E.  das.  Dnker.     Tarcondariu;s  Castor  bei    Caes.    I.   c.    er- 


XXI.     lULlI.         (31.  §.47.)        479 

in  Comma^eiie,  Ton  welcLera  man  besonders  Bogenschützen  zu 
Pferde  erhielt;^")  er  verdankte  es  Pompejiis,  dass  sein  kleiner 
Staat  a.  64  nicLt  mit  dem  übrigen  Syrien  dem  römischen  JReiche 
einverleibt  wurde.  ^ ')  500  Reuter,  ■welche  seit  der  Herstellung 
des  Ptolemäns  Auleies  durch  A.  Gabinius  a.  55  in  Alexandrien 
waren,  brachte  Cn,  Pompe  jus  der  Sohn  mit  der  Flotte  zurück; '^) 
andere  wurden  unter  den  Dardaniern  ,  Blacedoniern  und  Thessa- 
lien! gemielhet  oder  geworben.  Man  vergass  selbst  das  schmach- 
volle Schicksal  des  M.  Crassus,  um  sich  parthische  zu  verschaf- 
fen. Luccejus  Hirrus*^)  begab  sich  zu  dem  Könige  Orodes,  wel- 
cher für  seine  Hülfe  Sjrien  forderte,  nnd  als  man  nicht  darauf 
eingieng,  den  Gesandten  ins  GefJingniss  warf.  ^ ')  Auch  Phar- 
naces,  der  Sohn  Mithridates  des  Grossen,  mischte  sich  jetzt  nicht 
in  den  Krieg;  ^')  er  hoffte  ihn  zur  Eroberung  des  väterlichen 
Reichs  zu  benutzen,  da  ihm  nur  ein  Theil  des  bosporanischeu 
verblieben  war.  ^  *) 

Pompejus  durfte  darauf  rechnen,  dass  er  dem  Feinde  an  Trup- 
penzahl und  besonders  an   Reuterei    überlegen    sein   werde,   und 


klärt  sich  durch  Strabo  12,  568:  Tarcond.  vrar  der  Schwiegersohn  des 
Dejotams   n.    Vater    des   Castor.  20)    Caes,    3 ,    4.    App.     2 ,    458. 

21)  App.  Mith.  244.  251.  Strabo  16,  749.  Dio  35,  2.  49,  20.  vgl.  Cic.  ad 
Farn.  15,  1.  22;  Caes.  1.  c.  n.  3,  103.  Gabinii  No.  5.  §.  2.  23)  Oben 
§.  42.  A.  91   n.  nntea  §.  SO.  A.    80.  24)    Caes.    3,   82.    Dio   41,    55. 

42 ,  2.  44 ,  45.  Justin.  42 ,  4  nennt  die  Parther  irrig  nuter  Pompejus  Bun- 
desgenossen. Zur  Zeit  der  Schlacht  bei  Pharsalns  war  Hirrus  noch  nicht 
zurückgekehrt,  n.  die  Optimaten,  welche  in  der  zuversichtlichen  Erwartung 
des  Siegs  über  die  Ehrenstelleu  stritten,  konnten  sich  nicht  darüber  eini- 
gen, ob  er  als  Abwesender  in  den  nächsten  priilorischen  Comiiien  zn  be- 
rücksichtigen sei.  Cäsar  begnadigte  ihn  n.  er  kam  wieder  nach  Rom.  Dann 
aber  wurde  er  a,  43  von  den  Triumiriru  geächtet.  Er  rettete  sich  unter 
dem  Beistande  treuer  Sclaven,  u.  verstärkte  sich  durch  andere,  so  dass  er 
in  Bruttien  selbst  Städte  brandschatzen  konnte,  bis  eine  überlegene  Machl 
ihn  zur  Flucht  nach  Sicilien  zwang.  Hier  trug  er  mit  Fannius  u,  anderen 
Geächteten  durch  Ueberredung  dazu  bei,  dass  Pompejus  Bithynicus,  der 
Statthalter  der  Insel,  deren  Besitz  Sex.  Pompejus  nicht  länger  streitig 
machte.  Caes.  1.  c.  App.  4,  614  638.  Dio  48,  17.  LiT.  123.  S.  Sex. 
Pompeius.  25)    Dio    41,   55.   63     42,   47.   44,   45.    B.    Alex.  69.  70. 

Eutr0|i.  6,  22  (17)  sagt  das  GegenlheiL  S.  unten  f.  55.  A.  60.  26)  Dio 
37,  14.  Pompej.  lllv,  a.  63.  Ueber  die  Gesammtzahl  der  Landtruppen  s. 
unten. 


480  5^1-    lULH«         (31.  §.47.) 

nocli  entsciüeclener  war  seine  UebermacLt  zur  See.  Griechen- 
laud,  Asien,  Aegy^iten  nnd  die  Inseln  rüsteten  für  ihn,")  so 
dass  er  im  Anfange  des  folgenden  Jalirs  an  600  KriegsscLilTe  zn 
seiner  Verfügung'  Latte.  ^*)  Sie  sicherten  ihm  die  Zufuhr,  ein 
unennesslicher  Vortheil,  und  bildeten  ein  Bollwerk  gegen  Cäsars 
furchtbare  Legionen;  aber  in  dieser  Beziehung  \Tusste  man  sie 
nicht  zu  gebrauchen.  Anfangs  war  der  Oberbefehl  M.  Cato  zuge- 
dacht, welcher  in  Asien  und  Rhodus  Truppen  und  Schiffe  sammelte  ; 
Pompejus  änderte  seinen  Entschluss,  weil  Theophanes  nnd  andere 
Günstlinge  daran  erinnerten ,  dass  er  nach  Cäsars  Wiederlage  auch 
ihn  in  die  Schranken  des  Privatmanns  zurückweisen  werde.  ^ ') 
Seiue  Untüchtigkeit  war  kein  Hinderniss,  denn  die  Wahl  fiel  nun 
auf  M.  Bibulus.  ^  °)  Die  asiatischen  Schiffe  führten  unter  dessen 
Leitung  D.  Laelius  und  C.  Valerius  Triarius ,  Volks  -  Tribun 
a.  51;^')  die  rhodischen  C.  Marcellus  nnd  C.  Coponius;^') 
die  syrischen,  phoenicischen  und  cilicischen  C.  Cassius  Longinus, 
jetzt  V.Tribun  und  später  Cäsars  Mörder;'^)  die  aegyptischen, 
deren  Zahl  auf  50  berechnet  wird,'*)  Cn.  Pompejus,  der  ältere 
Sohn  des  Oberfeldherrn;*')  die  liburnischen  und  achäischen  L. 
Scribonius  Libo  und  jifl.  Octavius.  *  ^)  Zur  Unterhaltung  einer 
so  grossen  Land-  und  Seemacht  bedurfte  man  bedeutende  Vorrä- 
the  und  Geld;  die  Provinzen  und  Bundesgenossen  mussten  liefern 
und  zahlen,  und  die  Pächter  die  ölfentlichen  Einkünfte  in  das 
La-i-er  schicken;")  unter  Anderem  liess  der  Proquästor  in  Ma- 
cedonien  T.  Antistius  in  Apollonia  münzen.*^)  Jetzt  also  konnte 
es  Pompejus  nicht  mehr  an  Gelde  fehlen ,  *  ^)  wenn  er  auch  frü- 
Ler  bei  Cicero  und  sonst  Anleihen  gemacht  hatte,   vielleicLt  nur 


27)   Caes.    3,  3.  S.  Cic.   aä  Att.   9,9.  J.  2.  28)  App.  2,  4S9j 

600,  unter  welchen  gegen  100  mit  Römern  bemannt  waren,  ausser  den 
Lastschiffen.  Dio  41,  52.  Plut.  Pomp.  64.  Cato  54:  mehr  als  500  grosse 
n.  viele  kleinere.  Nach  iler  pharsal.  Schlacht  standen  bei  Corcyra  noch 
300.  App.  2,  482.  29)  l'lut.  Cato  54.  30)  Caes.  3,  5.  Plnt.  I.  c, 

App.    2,    459.    Dio    41,    44.  31)  Caes.   3,  5.  7.  92.  Cic.  Brut.    70.  ad 

Farn.  8,  7.  unten  §.  51.  A.  36.  32)  Caes.  3,  5.   26.  33)  Ders.  3, 

5.  101.  Dio  42,  13.  2.  Th.  121.  34)    Caes.  3,  111.  von  App.  2,  472 

auf  60.  vgl.  Dio  42,  2.  35)  Caes.  3,  5.  40.  Plut.  Pomp.  62.  36)  Caes. 
3,  S.  Oben  §.  44  fm.  37)    Caes.   3,   3.  5.  App.  2,  458.  38)  Cic. 

ad  Fam.  13,  29.  1.  Th.  56.  Ko.  10.  39)  ad  Alt.  10,  4.  11,  3. 


XXI.     rULII.  (31.  §.47.)         481 

bei   Rlännern   von    zweideutiger   Gesinnung',    welche    er   dadurcli 
binden  wollte.  ♦") 

Obgleich  nie  ein  Römer  über  so  viele  Fürsten  gebot,*')  go 
lag  doch  in  seiner  Stellung  etwas  gehässiges ;  denn  er  erschien 
als  ein  orientalischer  Grosskönig,  als  Anführer  der  Unterjochten, 
welche  siegreich  in  die  Thore  von  Rom  einzuziehen  und  auch 
für  seine  Triumphe  sich  zu  rächen  hofften.  Die  Bemerkungen 
der  Alten  über  diese  Verhältnisse  sind  zum  Theil  nur  der  Nach- 
hall von  Ciceros  Klagen,'-)  doch  schonen  sie  auch  Cäsar  nicht. 
„70,000  Römer,  einen  Cäsar  und  Pompejus  an  der  Spitze,  wür- 
den unwiderstehlich  gewesen  sein ;  aber  die  Ehrgeizigen ,  beide 
vor  dem  Rjiege  als  unüberwindlich  gepriesen,  wollten  lieber  er- 
proben, wer  unter  ihnen  der  Grössere  sei,  den  Barbaren  lieber 
die  Freude  gewähren,  fliehende  Römer  zu  sehen,  lieber  die 
Gränzen  des  Reichs  mit  Schlachtfeldern  bezeichnen,  wo  Römer 
im  Kampfe  mit  einander  bluteten  und  unterlagen,  als  vereinigt 
Germanien,  Scjthien,  Parthien,  alle  Länder  bis  zum  Indus  er- 
obern."*^) Allein  Pompejus  handelte  nicht  aus  freier  Wahl; 
er  büsste  für  seine  Fehler,  und  ahndete  vielleicht,  dass  diese 
Massen  nur  bestimmt  waren,  ihm  das  Grabgeleite  zu  geben.  *') 
Schon  ihre  Verschiedenheit  in  Abstammung,  Sprache,  Sitte  und 
Bildung  machte  ihnen  ein  kräftiges  Zusammenwirken  unmöglich;  ^  ') 
es  fehlte  ihnen  überdiess  an  Bluth,  besonders  den  asiatischen,*^) 
nud  grösstenthcils  auch  an  Erfahrung  und  an  Fertigkeit  im  Dien- 
ste;*') man  musste  sie  üben,  wobei  Pompejus  selbst  thätig  war, 
mit  seinem  Beispiele  voraugieng ,  und  durch  Versprechungen  den 
Eifer  zu  wecken  suchte.*')  Er  wollte  mit  diesen  Hülfsvölkern 
die  Städ-'e  besetzen,  damit  er  die  italischen  Tru]>pen,  den  Kern 
des  Heers,  nicht  zu  schwächen  brauchte,  oder  auc'i  in  der  Schlacht 
den  Raum  mit   ihnen   ausfüllen ,   und    sie    dem  besiegten   Feinde 


40)  ad  Att.  11,  13.  §.  4.  4l)  Lncan.  3,  287.         42)  Oben  A.  4. 

43)  Dio   41,    13.    Plut.   Pomp.    70.    Eulrop.  6,  21  (16).  Gros.  6,  15.  17. 

44)  Lncan.  3,  291 :  Diguas  Innere  Magni  exseqnias  Forlnua  dedit.  45)  Ders. 
3,  288 :  Coiere  nee  nnqnam  tarn  \ariae  cultn  geutes,  tarn  ilissona  Tolgi  ora. 
App.  2 ,  475.  46)  Dio  41 ,  SS  fin.  App.  2,  472.  47)  Cic.  ad  Farn. 
7,3:  Signa  tirone  et  colleclido  exercitn  cum  Icgionitus  robnslissiinii  eon- 
luUt.  Dio  41,  61.  Pia».  Pomp.  71.  48)  ^Plnt.  Pomp.  ü4.  App.  2,  458. 
Lncan.  5 ,  49. 

Dcumann,   Cescliiclite  Korns  III.  ^  31 


482  XXI.    lULII.        (31.  $.47.) 

naclisen^eii.  In  so  fem  imferliess  er  nichts,  was  Jetzt  nocli  ge- 
scLeLen  konnte;  es  ist  aber  äusserst  befremdlicL,  dass  er  aiicli  iu 
diesem  Winter,  wie  im  Torigen  iiberfalleu  wurde;  die  Jahrszeit 
und  die  Flotte,  welche  gemessene  Befehle  erhielt,  das  Meer  zu 
bewachen,  machten  ihn  sicher.  Daher  schickte  er  die  Truppen 
nach  einer  kurzen  Anrede*^)  in  die  Winterlager,  nnd  diese  er- 
streckten sich  von  Djrrhachium  bis  Beröa  und  Thessalonich,*») 
wo  er  selbst  mit  den  Senatoren  und  Consuln  z»i  bleiben  und  die 
noch  übrigen  Verstärkungen  aus  Asien  zu  erwarten  beschloss.") 
M.  Bibulus  fuhr  mit  110  Schiffen  nach  Corcyra  und  vertheilte  die 
anderen  Schiffe  in  die  Städte  an  der  Ostkiiste  des  adriatischen 
Meers. '=) 

In  Thessalonich,  dem  Sitze  der  auswärtigen  Republik,  wur- 
den alle  Formen  der  Verwaltung  beobachtet,  so  weit  die  Um- 
stände es  erlaubten ;  man  weihte  ein  Gebäude  zu  Versammlungen 
des  Senats,  da  an  200  seiner  Mitglieder  und  unter  diesen  viele 
Consulare  gegenwärtig  waren,' ^)  und  er  verlängerte  darauf  Pom 
pejus  den  Oberbefehl,'*)  und  übertrug  den  Consuln,  Prätoren 
n.  s.  f.  die  bisherige  Gewalt  mit  dem  Titel  Proconsuln  und  Pro- 
prätoren auch  für  das  nächste  Jahr,  weil  man  nicht  Comitien  hal- 
ten, nicht  Magistrate  wählen  und  sie  durch  Curiatgesetze  zur 
Rriegfiihrung  ermächtigen  konnte.  ' ')  Auch  wurde  auf  Catos 
Antrag  beschlossen,  das  Leben  der  Gefangenen  zu  schonen,  und 
die  Städte  nur  dann  zu  plündern,  wenn  sie  sich  empörten;  '®) 
aber  niemand  gehorchte,  und  die  Vorsicht  dss  Pompejus,  welcher 
seine  Gemahlinn  Cornelia  mit  dem  Jüngern  Sohne  Sextus  nach 
Lesbos  schickte,  machte  einen  ungünstigen  Eindruck  auf  das 
Heer.  »') 


49)   Lange    u.    begeisternde   Reden   zn   halten  war  ihm  nicht  gegeben. 
App.  2,  459  leiht  ihm  Worte  und  Gedanken.  SO)    Caes.  3,  5.  Veliej. 

2,  51.  Dio  41,  18.  43,  44.  l'lut.  Pomp.  64.  App.  2,  460.  51)  Dio  11.  cc. 
52)  Caes.  3,  5.  7.  App.  2,  458.  460.  VeUej.   1.   c.  53)    Dio  41,   43. 

Plut.  Pomp.  64.  65.  Eiitrop.  6,  20  (16).  Oben  J.   45.    A.    3.  54)  Lu- 

can.  5,  46.  55)  Dio  1.  c.  56)  Plnt.  Pomp.  65.  Gato  53.  57)  Plui. 
Pomp.  06.  74.  App.  5,  747.  Dio  42,  2.  5.  Zonar.  10,  9.  Lucan.  5,  724. 
801.  8,  151.  190.  205.  2.  Th.  49.  Aach  Sexlus;  Lucan.  6,  420.  827. 
Tgl.  8,  205  lässt  ihn  bei  Fharsalns  fechten.  Veliej.  2,  53,  auf  welchen 
Bimard  iu  Murator.  Ihes.  inscr.  T,  I.  p.  6  f,  sich  bezieht,    spricht    von    der 


XXI.    lULII,        (31.  §.48.)        483 
§  48. 

a.  48.  Cäsar  Cos.  11  befand  sicL  im  Anfange  des  Jalirs  in 
Bnindusium, '^)  wohin  12  Legionen''')  und  die  ganze  Reuterei 
bescLiedeu  waren.  ^'')  Sie  Latten  durch  den  Feldziig  in  Spauieu 
iu  Folge  der  Beschwerden  und  durch  die  R.raukLeiten ,  welche 
die  feuchte  Herbstluft  an  der  apulischen  Rüste  erzeugte,  viele 
JMannschan  verloren;  dennoch  fehlte  es  an  Fahrzeugen,  um  alle 
zugleich  nach  Illjrieu  überzusetzen,^')  -svie  sehr  CäsEir  diess  auch 
wünschen  musste,  damit  die  Feinde,  welchen  er  nur  12  Kriegs- 
schiife  entgegenstellen  konnte,  vor  der  Ausiührung  von  seinem 
Unternehmen  keine  Renntniss  erhielten.^-)  Die  Soldaten  ge- 
horchten ,  als  er  sie  aufforderte ,  den  Tross  mit  dem  Gepäck'  zu- 
rückzulassen,  weil  er  den  Raum  verenge,  und  freudig  glaubten 
sie  ihm ,  als  er  nach  Art  der  Eroberer  den  nächsten  Kampf  als 
den  letzlfen  bezeichnete,  und  Beute  und  reichlichen  Lohn  verhiess. 
Am  4.  Januar  nach  der  nnberichtigten  Jahrform,  ^^)  in  der  Thut 
aber  im  Spällierbst,  gieug  er  mit  7  Legionen*')  oder  mit  15,000 
Mann,  zu  Fuss  und  600  Reutern  in  See.  Am  andern  Tage  lan- 
dete er  im  südlichen  lllyrien  an  der  Gränze  von  Epirns,  am  Vor- 
gebirge Acroceraunia,  der  äussersten  Spitze  der  cerauuischeu 
Berge,  *')  bei  einem  öden  Ankerplätze  Palaeste,*^)   etwas  über 


Flacht  des  Vaters  im  Allgemeinen,  oline  die  Zeit  vor  n.  nach  dessen  An- 
kunft bei  Rlitylene  zn  unterscheiden.  Vgl-  J.  49-  A.  40.  §.  52.  A,  69. 
58)  Oben§.  46  Cn.  59)    Caes.    3,  2.  TgL  6  n.  29.     Nach  Flor.  4,  2. 

j.  5  belief  sich  ihre  Zahl  nnr  auf  11;  nach  App.  2,  458  n.  Senec.  ep. 
104  nur  anf  10.  60)  App.  I,  c.  giebt  ihm  10,000  gallische  Renter;  ob- 

gleich gallische  nnd  germanische  unter  ihm  dienten,  Flor.  1.  c.  so  ist  jene 
Stelle  doch  offenbar  Terfälscht,  600  begleiteten  ihn,  800  führte  ihm  Auto- 
«ÜDS  ZD,  ein  Theil  blieb  noch  znrück,  Caes.  3,  2.  29.  Bei  Pharsalns  war 
ihm  Pompejns  (oben  J.  47.  A.  15)  in  dieser  AVaffe  bei  iiveitem  überlegen. 
61)  Oben  J.  43.  A.  68.  62)    Caes.   3,    2.   7.   Sueton.   58.   Flor.  4,  2. 

§.  37.  63)  Caes.  3,  6.  Flut.  Caes.  37.  App.  2,  461.  lUjr.   c.  12.  ed. 

Schw.  Dio  41,  44.  Oben  §.  46.  A.  91.  64)  Caes.  1.  c.  App.  I.  c.  nn- 

terstützt  die  hier  vorgezogene  Lesart,  detji  er  lässt  während  der  Einschif- 
fung noch  2  in  Brnndnsinm  eintreffen  n.  mit  den  fünf  anderen  aligehen. 
Plnt.    I.    c.    ervTähnt    nur  fünf.     Sie  waren  nicht  vollzählig.  65)  Caes. 

I.  c.  Dio  41,  44.  App.  1.  c.  u.  VeUej.  2,  51.  Lucan.  5,  403.  457. 
66)  Luc.  5 ,  460.  Einen  Ort  Fharsalia  kennt  hier  niemand  als  dio  Ab- 
schreiber in  Caes.  3,6;  bei  einigem  Zweifel,  wie  der  Name  za  lesen  sei, 

31* 


484  XXI.    lULn.        (31.  §.48.) 

400  Sladien  oder  10  g'eograpLiscLe  Meilen  von  Brnnclusiam.  "') 
In  geringer  Entfernung  gegen  Norden  überwinterte  ein  poin- 
pejauiscLes  Geschwader  in  Oricum ,  und  südlich  in  Corcyra 
M.  Bibulus.  Er  hatte  es  überflüssig  gefunden,  auf  dem  Meere 
zu  kreuzen;  jetzt  erkannte  er  die  schrecklichen  Folgen  seiner 
Kachlässigkeit;  der  Feind  am  Lande,  das  eigene  Heer  zerstreut 
und  fern,  der  OberfeldLerr  nichts  ahndend  in  Thessalonich ;  doch 
war  bei  Cäsars  geringen  Mitteln  ohne  Zweifel  nur  ein  Theil 
seiner  Legionen  übergesetzt;  man  mussfe  den  übrigen  entgegen- 
gehen, sie  vernichten,  und  die  Tollkühnen  auf  der  diesseitigen 
Küste  von  Italien  abschneiden;  bestürzt  und  entschlossen,  die 
Benutzung  seiner  Fehler  blutig  zu  rächen,  eilte  er  nnverzüglicli 
auf  das  Meer,  und  verbrannte  30  von  den  Schiffen,  welche  unler 
Fufius  Calenus  Führung  zurückgiengen,  um  Truppen  nachzuholen, 
ohne  Erbarmen  mit  der  Mannschaft.  ^^)  Auch  die  Unterbefehls- 
Laber  brachen  auf  seinen  Wink  aus  ihren  Hafen  hervor;  sie 
Terbreiteten  sich  von  Oricum  nördlich  hinauf  bis  Salonä  in  Dal- 
matien,  und  suchten  zugleich  die  Anha'nger  des  Feindes  auf  den 
Inseln  und  Küsten  zu  entwaffnen,  Diess  gelang  aber  nicht 
überall ;  M.  Octavius  ^  ^)  bemächtigte  sich  der  dalmatischen  Insel 
Issa;  die  römischen  Bürger  in  Salonä  widerstanden  dagegen  mit 
ihren  Sclaven,  und  zwangen  ihn  zuletzt  diuxh  die  Erstürmung  seiner 
fünf  Lager  zur  Flrcht;  er  wandte  sich  nach  Dyrrhachium.  '") 

Dieser  Ort,  die  Niederlage  aller  Kriegsbedürfnisse,  war 
anch  Cäsars  Ziel ;  wenn  er  ihn  vor  Pompejus  erreichte ,  so  hafte 
er  einen  Stützpunkt,  einen  sichern  Landungsplatz,  genügende 
Vorräthe  für  die  Truppen,  und  Heer  und  Flotte  der  Feinde 
wurden  getrennt;  demnach  zog  er  gegen  Norden.  Die  Küsten- 
bewohner  vertrauten  seiner  Kühnheit  und  seinem  Glück ;  mochten 


vrählten  sie  den,  welcher  ihnen  gerade  bei  diesem  Werke  am  meisten  vor 
der  Seele  schwebte.  67)    Straho  6,  281.     Die  Alten  sind  anch  hiev  ia 

ihren  Angaben  nicht  genan ;  darnach  schilTie  er  nach  Macedoiiien,  Sneton.  35. 
oben  {.  47.  A.  1,  oder  Griechenland,  Liv.  110.  Entro)).  6,  20  (16);  Andere 
nennen  Städte,  -welche  später  in  seine  Gewalt  geriethen,  oder  auf  deren 
Gebiete  er  schtng,  als  den  Ort,  wo  er  anlegte,  Dy rrhachinni ,  Snet. -68, 
»nd  Oricnin.    Plnt.  Pomp.  65.    Caes.  37.    FJor.  4,  2.  {.  37.  68)   Caes. 

3,  8.    Dio  41,  44.    Uuteu  A.  81.  69)   Oben  J,.  44  fin.    §.  47.  A.  36. 

70)  Caes.  3,  9. 


XXI.     lULII.         (31.  §.48.)         485 

sie   auch   nur    ein  Jocli  gegen  das  andre  vertauschen ,    so  konnte 
es   doch   nicht   arger  mit   ihnen   werden ,    als  unter  der  eisernen 
Hand   der  Arisfocratie,   und    einen  willkommenen  Vorwand  zum 
Abfall  gewährte   das  Consulat. '')     L.  Torquatns   ergab  sich  ia 
Oricum,    weil    die    Besatzung    gegen    den   Consnl    nicht   fechten 
wollte,  und  die  Einwohner  im  Begriff  waren,  ihm  die  Thore  za 
offnen;    grössere  Wichtigkeit  hatte  Apollonia;    hier   schickte  sich 
L.  Staberins   zur  Vertheidigung   £in;    er   befestigte   die  Burg  und 
forderte  Geissein   von  der  Stadt;   diese  aber  verweigerte  sie,   da 
man    sich   gegen    die  Beschlüsse   des   römischen  Volks  nicht  auf- 
lehnen dürfe,  und  Staberius  entfloh.     Aus  der  ganzen  Umgegend, 
selbst  aus  Epirns    trafen  Gesandte   ein ,   Cäsar  Gehorsam   zu   ge- 
loben.'^)     Pompejus   war   nicht   mehr   in  Thessalonich,  sondern 
in  den  candavischen  Gebirgen  in  Illyrien,  der  Westküste  näher, 
und    ohne    Zweifel    schon    durch    die    Seinigen   von    der  Ankunft 
des  Gegners  unterrichtet,  '  ^)  als  L.  Vibullins  Rufus,  sein  Vertrauter, 
und    zweimal    Cäsars    Gefangener,")    ihm    mit  Friedensanträgen 
entgegenkam:    noch  sei  es  Zeit,  die  AVaffen  niederzulegen;  beide 
Theile  können  noch  mit  Ehren  unterhandeln  nnd  die  Entscheidung 
Senat    und    Volk    anheimstellen,    wenn    sie    öffentlich   schwören, 
dass  sie  innerhalb  diei  Tage  ihi-e  Heere  entlassen  wollen ;    gern 
werde  Cäsar  mit  seinem  Beispiele  vorangehen.     ]\Ian  kannte  ihn, 
seine  Versöhnlichkeit,  welche  ihn  nicht  abhielt,  fortwährend  vor- 
zudringen, ")   und  nur  die  Schuld  von  ihm  auf  Andere  wälzen 
sollte;    mehr   durfte    er   auch    jetzt    nicht   hoffen,    denn  Pompejus 
ruhte    weder  Tag    noch  Nacht;    er  gönnte  den  Truppen  nicht  die 
Zeit   zum   Blahle,    und   war    zufrieden,    wenn   nur    die    grössere 
Masse    sich   forlbewegte,   wälirend  Viele   vor  Ermattung  zuriick- 
blieben,    oder    aus  Furcht    bei    dem  oft  erneuerten  Gerüchte,    der 
Feind  sei  da,   die  AVaffen  wegwarfen  und  sich  zerstreuten.     Die 
Uebrigen    gelangten    von   Fackelschein    nnd    gegenseitigem   Zuruf 
geleitet  durch  die  wilden  Schluchten  '  *)   nach  D^-rrhachium,  und 
lagerten  neben  der  Stadt,  wo  Labicnus  zuerst,  dann  die  anderen 


71)    Oben  f.  46.   A.  81.  72)    Caes.  3,  11.  12.     Flor.  1.  c.     DIo 

41,  45.    Flut.  Caes.  37.  38.    Pomp.  63.    App.  2,  461.  462.     Zonar.  10,  8. 
73)     Caes.    3,    11     -nird    «Hess   geläiignet.  74)    Oben    §.    45.    A.    90. 

75)    Oben  J.  38  fin.    J.  43.  A.  35.  41  u.  79.  76)    Pec  deserta  Can- 

da^iac.     Senec.  ep.  31. 


486  XXI.    lULn.        (31.  §.48.) 

AnfiiLrer  nnJ  zuletzt  die  Soldaten  sich  eidlich  Teri>flichtefen,  was 
auch  geschehen  möge,  Pompejus  nicht  zu  verlassen.'")  Der 
grosse  Wurf  war  Cäsar  misslungen;  er  hielt  an,  und  verschanzte 
sich  zwischen  ApoIIonia  und  jener  Stadt  am  Apsus  (Chrevasta). 
Hier  wolhe  er  unter  Zelten  von  Fellen  seine  Truppen  aus  Italien 
erwarten ,  und  die  Feinde  beobachten,  welche  ihm  gegenüber  ein 
Lager  aufschlugen,  durch  den  Fluss  aber  wegen  seiner  bedeutenden 
Tiefe  zunächst  an  der  Mündung  nicht  vorzudringen  vermochten.  ") 
Deshalb  konnte  er  ohne  Gefahr  mit  einer  Legion  sich  ent- 
fernen, und  die  Städte  im  Süden  bis  Bnthrotum  in  Epirus  be- 
setzen. ")  Er  hoffte  dadurch  die  Flotte  zu  verscheuchen,  welche 
mit  grossen  Beschwerden  ihre  Bedürfnisse ,  selbst  Holz  und 
Wasser,  von  Corcyra  bezog  und  noch  mehr  durch  Krankheiten 
litt,  weil  das  Land  ihr  verschlossen  und  die  Mannschaft  stets  der 
kalten  und  feuchten  Seeluft  preis  gegeben  war.  Bibulus  begriff 
dagegen,  dass  er  unter  keiner  Bedingung  weichen  dürfe;  die 
Verstärkungen  des  Feindes  standen  in  Brundusium  bereit;  '") 
Fufius  Calenus  hatte  sie  schon  eingeschifft,  und  nur  auf  Cäsars 
Warnung,  die  Strasse  sei  nicht  offen,  in  den  Hafen  zurück- 
geführt. Ein  Fahrzeug  versuchte,  sich  durchzuschleichen,  ni^ 
wurde  bei  Oricum  von  Bibulus  genommen,  welcher  Freie  und 
Sclaven  bis  auf  die  Kinder  ermorden  liess.  Seine  Grausamkeit 
war  ein  neues  Hindemiss  einer  Einigung,^')  und  wenn  Cäsar 
sie  übersah,  so  empfand  er  doch  selbst  als  vieljähriger  Feind 
einen  so  tiefen  Groll  gegen  ihn,  dass  nur  die  grösste  Noth  ihn 
be%vegen  konnte,  sich  ihm  zu  nähern.*^)  Zum  Vermittler 
wählte  er  Scribonius  Libo.  Dieser  war  bei  Oricum  zu  ihm  ge- 
stossen,  *'^)  und  machte  den  dort  befehligenden  Legaten  M'.  Aci- 
lius  und  Statins  Marcus  die  Anzeige,  dass  man  eine  Unterredung 
wünsche.  Für  Cäsar  lag  kein  Vortheil  darin;  Verzug  war  für 
ihn  Verlust,  aber  er  durfte  nicht  aus  der  Rolle  fallen,  die  Sen- 
dung des  Vibullius   liess   eine  Antwort  erwarten,   er  kam  daher 


77)   Caes.  3,  10  —  13.     PInt.  roitip.  65.    App.  2,  462.  78)  Caes. 

3,  13.  30.    Lncaii.  5,  462.    App.  2,  463.    Dio  41,  47.  79)  Caes.  3,  16. 

«0)    l'liU.   Caes.   37,     App.   I.    c.  81)    Caes.   3.   14.      tH.eii    A.   6«. 

82)   Caes.  3,  16.    Ölen  §.  4.  A.  40.    5.  9  in.     §.  U  f.  83)    Auf  dem 

Bloere,  denn  App.  2,  462  fm.  irrt;    die  Pompejauer  hatten  die  Stadt  niclii 
\>ioder  erobert. 


XXI.    lULII.        (31.  $.48.)        487 

von  BntLrotam  nach  Oricam,  wo  Libo  ihn  ersuclite,  einen  Waffen- 
stillstand zu  schliessen ,  nnd  ihm  seine  Fordernng'en  vorzulegen, 
damit  er  sie  Pompeins  mittheilen  könne ,  welcher  zum  Frieden 
g-eueigt  sei.  Folglich  hatte  er  keine  Vollmacht,  nicht  einmal 
einen  Auftrag,  man  wollte  nur  die  Schiffe  versorgen,  und  die 
Kranken  absetzen ;  Cäsar  verlangte  daher  Bürgschaft  für  die 
Sicherheit  der  Gesandten,  welche  er  selbst  zu  Pompejas  schicken 
werde,  nnd  Aufhebung  der  Küstensperre,  wodurch  der  Plan 
vereitelt  wurde.  Wie  auch  Bibulus  gefehlt  haben  mochte,  ßo 
erwarb  er  sich  doch  durch  seine  Aasdauer  die  gegründetsten  An- 
Bpriiche  auf  den  Dank  seiner  Partei ;  er  litt  mit  der  Blannschaft, 
welche  den  Durst  oft  mit  aufgefangenem  Thau  stillen  masste, 
und  entbehrte  wie  sie  nebst  der  Pflege  auch  jeden  Schutz  gegen 
die  Witterung,  weshalb  er  jene  Unterhandlungen  nur  eine  kurze 
Zeit  überlebte.  *  *)  Seitdem  war  die  Flotte  ohne  eine  obere 
Leitung,  eine  Verkehrtheit,  welche  auf  dieser  Seite  nicht  be- 
fremdet, aber  nnerraesslichen  Nachtheil  brachte;^')  vielleicht 
fürchtete  Pompejus  die  Eifersucht  der  Optimaten  gegen  einander; 
es  stimmte  aber  nicht  zu  den  zornigen  Worten,  mit  welchen  er 
VibuUins  untersagte,  ferner  von  Frieden  zu  sprechen :  nicht  Cäsars 
Gunst  wolle  er  das  Leben  und  die  Rückkehr  nach  Italien  ver- 
danken. 

Das  Verfahren  des  Gegners  erregte  seinen  höchsten  Un- 
willen; man  trieb  Scherz  mit  ihm,  und  einen  gefährlichen  Scherz, 
denn  es  konnte  doch  die  Truppen  zuletzt  an  ihm  irre  machen, 
dass  er  Alles  zurückwies ,  was  scheinbar  die  Beendigung  des 
Bürgerkriegs  bezweckte.  Und  nun  versuchte  Cäsar  am  Apsus, 
wie  einst  in  Spanien,  ^^)  die  feindlichen  Soldateu  selbst  in  die 
Unterhandlungen  zu  venvickeln,  in  der  Hoffnung,  dass  sie  über- 
gehen werden,  wenn  man  den  Frieden  nicht  bewillige.  Nach 
einem  schweigenden  Uebereinkommen  aber  wohl  nicht  ohne  sein 
Znthun  trat  eine  Waffenruhe  ein;  man  verkehrte  am  Ufer,  und 
als  die  gleiche  Sprache  und  die  gleiche  Rüstung  an  das  gemein- 


84)  Caes.  3,  18.  Dio  41,  48.  Plnt.  Bnil.  13.  Oros.  6,  15  ist  der 
Meianng,  er  habe  ans  Verzweillnng  über  seine  frühere  Sorglosigkeit  dorch 
Hunger    nnd   Nachtwachen   seiuea    Tod    beschlenuigt.  85)    Caes.   1.  c, 

Uio  1.  c.  nennt  Libo  als  Bibolns  Nachfolger,  aber  mit  Unrecht.  86)  Obeo 

§.   45. 


488  XXI.     lULII.         (31.  §.48.) 

eame  Vaterland  erinnert  hatte,  fragte  Cäsars  Legat,  P.  Vatinins: 
ob  es  vergöüut  sei,  an  Blitbürger  Gesandte  zu  scliicken,  um  sich 
mit  ihnen  zu  verständigen?     Die  tiefste  Stille  verrietL,  was  man 
wünsclite,    dalier    endlich   nach   mehrmals  -wiederholter  Frage  die 
Antwort:    am  andern  Tage  werde  A.  Varro  *')  sich  zur  Unter- 
redung   einfinden.     Pompejus  vermochte   nichts   gegen   eine  List, 
welche    die  Völker    und  nun  sogar  seine  Truppen  zu  ihren  Ver- 
bündeten machte,  und  eine  unmittelbare  und  öffentliche  Erklärung, 
eine   Bestätigung   der  Anklage,  dass   ihn   nach  Blut,   nach   der 
Herrschaft  gelüste,    zn  erzwingen  wnsste.     Statt  Varro  kam  zur 
festgesetzten   Stunde   T.    Labienus ;    erwartungsvoll    lauschte    die 
Menge ;   aber   schon   die  Wahl   des  Boten  Hess  ahnden ,   was  er 
bringe.  *^)     Er  sprach  vom  Frieden,  sagt  Giisar,  und  reizte  Va- 
tinins zum  Wortwechsel ;  durch  Schmähungen  nämlich  gegen  den 
Urheber    dieses  Gaukelspiels,    durch    die  Schilderung  seines  Ehr- 
geizes und  die  Entschleierung  der  AYiderspriiche  zwiscjien  seinen 
Worten  und  Handlungen.     ]Man  unterbrach  ihn,   den  Abtrünnigen, 
den  Treulosen ,   durch  Pfeilschüsse ;    auch    die  Pompejaner   griffen 
zn  den  W^affen,  RIehrere  wurden  verwundet,  nnd  der  Legat  ent- 
fernte sich  mit  dem  Ausruf  :    da  sehe  man  Cäsars  Friedensliebe; 
nicht  eher  werde  Rom  Frieden  haben,  als  bis  sein  Kopf  gefallen 
sei.  ^^)      Nach   Dio     benutzte    Pompejus    die    günstige    Stinunung 
seines  Heers   zu    einem  Angriff';    er  liess   eine  Brücke  über  den 
Apsus  schlagen,  welche  brach;    dadurch  wurde  das  Unternehmen 
vereitelt.^")     Ein    so   wichtiges   Ereigniss  würde  auch  Cäsar  er- 
wähnen ,    und    bei    seiner   grossen  Wachsamkeit  konnte  man  vor 
seinen  Augen    keine   Brücke    erbauen ;    vielmehr    giengen   weiter 
Liuauf  die  Reuter    durch  den  Fluss,    welches  kleine,    nichts  ent- 
scheidende Gefechte  veranlasste.^')  • 

Nach  Pompejus  Plane  sollte  Cäsar  durch  Hunger,  Kälte  nnd 
Seuchen  für  seiue  Verwegenheit  biissen,  und  den  Abgang  nicht 
ersetzen;  er  holflc  indess  seine  jungen  Soldaten  noch  mehr  zu 
üben,  und  die  übrigen  Veteranen  aiis  dem  Osten  an  sich  zu 
ziehen,  um  zulel/.t  mit  ungeheurer  Uebermacht  den  Goguer  zu 
erdrücken.^-)      Dieser    konnte    sich    nicht    von    der    Küste    ent- 

87)   Cic.  ad  Fam.  13,  22.  16,  12.  88)  Oben  §.  42  in.  89)  Caes. 

3,    19.     Dio   41,  47.  90)    1.  c.  91)    An).  2,  4G3.  92)   Ders. 

1.  <;.    Oben  {    47.   A.   8  f. 


XXI.    lULII.        (31.  §.48.)        489 

fernen,   well   sonst   die  Vereinigung  mit  den  Truppen  in  Italien 
iinniog-lich  wurde;  wenn  sie  nicLt  eintrafen  und  die  VorKitLe  im 
südlichen  lUyrien  und  in  Epirus  erscLöpft  waren,  so  bedurfte  es 
diT  Waffen   kaum,   damit    er   als   ein   nnbesonnener   Abenteurer 
endigte.     Im  Lager  der  Aristocratie  drangen  Einige  auf  Frieden; 
Andere    und  die   Meisten  verlangten   die  Schlacht;   der  Feldherr 
stand  fast  allein,  als  er  Tiir  den  Augenblick  dadurch  von  Scribo- 
nius  Libo  unterstützt  wnirde,  dass  dieser  nach  langem,  nutzlosem 
Kreuzen  mit    50   Schiffen   von   Oricum   nach  Brundusium   jrieu", 
und   der  Stadt  gegenüber   bei   einer  kleinen  Insel   eine  Stellung 
nahm.     Er   verbrannte   mehrere    Lastschiffe  und   schreckte   durch 
nächtUchen  Ueberfall   auch    die  Truppen    am  Lande;    kein  Kahn 
konnte    auslaufen ,    ohne   seine   sichere  Beute  zu  sein.     Hoch  e  r 
freut    über   seinen  kühnen  Gedanken,   von   welchem   er  sich  den 
glänzendsten  Erfolg  versprach,   erklärte  er  in  einem  Schreiben  an 
Pompejns   den   übrigen  Theil   der  Flotte   vorerst  fiir  überfliLssig; 
man   sollte    die  Schiffe   an    das  Ufer   ziehen   und   ausbessern.  ^  *) 
In  Brundusium  befehligte  M.  Antonius;   Cäsar  zweifelte  nicht  an 
seiner  Treue,  wie  Dio  sagt,  8*)  aber  er  kannte  die  Ursach  seines 
Zögerns    nicht,    welches    ihn    mit    jedem    Tage    dem    Verderben 
näher  brachte;  man  wusste   es  in  Italien;  man  wusste  auch,  dass 
eine  Fahrt  zu  ihm  unüberwindliche  Schwierigkeiten  hatte,  wenn 
der   Feind    im   Frühjahr    sich   frei    bewegen    konnte ;    weigerten 
sich    die   Soldaten ,    ihren    Führern   zu   folgen  ?     War  Italien    im 
Aufstande?     Ein  Schreiben    nach    dem    andern   gieng  ab;    immer 
ernstlicher  wurde  geboten,    sich  einzuschiffen,   und  bei  Apollonia 
anzulegen,  wo  man,  südlich  vom  befreundeten  Lager,  am  wenigsten 
Hindernisse    finde ;    Alles   blieb   fruchtlos.     Dort  also   war  Gäsars 
Gegenwart  am  nöthigsten,  und  die  Reise  nach  Brundusium  wurde 
beschlossen.        Selbst     seine-    Vertrauten    erhielten    keine    Kunde 
davon,  er  hoffte,   dass  sein  Name  das  Heer  am  Apsns  beschützen, 
nnd  PompeJHS,    welcher   so    lange  geruht  hatte,    auch  jetzt  nichts 
wagen  werde;    wenn  man  sein  Fahrzeug  nahm,   oder  der  Sturm 
CS  zerstörte,  so  war  doch  das  Letzte  versucht,  ihn  nnd  die  Seinigen 
zu  retten ,   sie  konnten  ihm  nicht  fluchen ,   da  er  sich  zuerst  zum 


03)    Caes.  3,  23.    Dio  41,  48.  94)    41,  46.     Auch  App.  2,  464 

ilmilct  es  ou. 


490  XXI.     lULII.         (31.  §.48.) 

Opfer  weiLte.  In  einer  Nacht  bestieg  er  allein,  in  einer  Ver- 
muinm  ^  und  unter  einem  falschen  Namen,  als  habe  er  Auf- 
träg'e  vom  Imperator,  ein  12  riidrig'es  .Schiff  auf  dem  Aons,  süd- 
lich von  ApoUonia.  Ein  Stauwind  trieb  das  Wasser  in  die  Höhe 
und  in  das  Boot;  der  Steuermann  wollte  umkehren,  doch  rer- 
mocLte  ihn  der  Zyriif:  fürchte  nichts,  du  fährst  Cäsar!  zu  neuen 
Ansfreng-ungen ;  aber  in  der  Mündung  des  Flusses  wälzten  sich 
die  TV^ogen  mit  solcher  Heftigkeit  gegen  das  Land ,  dass  Cäsar 
sein  Vorhaben  aufgab.  Die  Truppen  hatten  ihn  vermisst ;  sie 
beklagten  sich,  dass  er  sein  Leben  daran  setze,  als  könne  er  mit 
ihnen  allein  nicht  siegen.^')  Nach  Appian  entsandte  er  nun 
A.  Postumius  Albinus,  um  Gabinins,  und  wenn  er  sich  weigere, 
Autonins,  und  wenn  auch  dieser  nicht  gehorche,  Fufins  Calenus 
den  Befehl  zur  Ueberfahrt  einzuhändigen,  im  äusssrsten  FcJle 
aber  die  Legionen  selbst  herbeizuführen;  Gabinins,  wird  erzählt, 
zog  darauf  nach  Illj'rien,  und  Antonius  setzte  nach  ApoUonia 
über.  ^*)  Allein  dem  Legaten,  welcher  zum  Boten  diente,  war 
Sicilien  zur  Provinz  angewiesen,")  und  Gabinins  verliess  Italien 
Tiel  später.  ^  ^) 

Es  bedurfte  auch  in  Brnndnsinm  keiner  Befehle,  jeder  sagte 
sich  selbst,  was  Noth  war;  man  musste  vor  Allem  Libo  ent- 
fernen; wenn  es  gelang,  so  wurde  die  Vereinigung  mit  Cäsar 
wahrscheinlich  durch  sein  Unternehmen  erleichtert,  weil  die  an- 
deren Abtheilungen  der  Flotte  hinter  einer  solchen  Vorhut  nichts 
fürchteten.  Antonius  bereitete  dieser  das  Schicksal  des  Bibulus, 
der  Hafensperre  folgte  eine  Anssehliessung  vom  festen  Lande; 
er  bemannte  etwa  60  Ruderboote  mit  seinem  besten  Fussvolke 
und  vertheilte  sie  an  der  Rüste;  hinter  ihnen  hielt  Reuferei ;  man 
lockte  sogar  ein  Rriegsscliiff  in  den  Hafen  und  eroberte  es ,  ein 
schmachvoller  Verlust  für  Libo,  welchen  der  gänzliche  Maugel 
an  Trinkwasser  bald  zum  Rückzüge  zwang.  ^^)  Cäsars  Soldaten 
murrten,    als   man    sie    nach  Brundusium  führte;    sie    verlaugten 


95)  Er  selbst  schvreigt  davon.  Dio  41,  46.  Plnt.  Caes.  38.  Äpophth. 
Vol.  8.  p.  167.  ed.  Hntt.  App.  2,  463.  ST2.  fin.  Zonar.  10,  8.  Liicnn. 
5,  500.  Derselbe  nennt  520  den  Stenerui.inn  Amydas.  Flor.  4,  2.  §.  37: 
9nid  tiincs?     Caesarcm  vehis.  96)    App.  2,  464.  97)    Oben  J.  46. 

A.  86.  98)     Gabinii  No.  5.    ^.  4.   A.  24.  99)     Cncs     3.    24.     Dio 

41,  48.    riut.  Aiit.  7. 


XXI.     lULU.         (31.  §.48.)         491 

nach  60  Tlelen  BescLwerden  uud  Wunden  za  rulieu;  als  sie  ihn 
niclit  mehr  fanden,  legten  sie  den  Verzug  den  Oberen  zur  Last 
nnd  blickten  seLnsucLtsvoU  über  das  Meer.  '°°)  "VVoLI  mochte 
die  Besorg-niss,  Beule  iind  Lohn  zu  verlieren,  einigen  Vntheil 
daran  haben,  aber  sie  fürchteten  noch  ■weit  mehr  den  Untergang 
ihres  Feldherrn  und  ihrer  Gefährten;  selbst  der  allgemein  ver- 
breitete Glaube,  Pompejos  werde  sich  Italiens  bemächtigen,  sobald 
es  geräumt  sei,  hielt  sie  nicht  zurück,  ')  nnd  Antonius  und  Ca- 
lenns  liessen  diese  Aufregung  nicht  unbenutzt;  in  korzem  \^-area 
drei  Legionen  Veteranen  und  eine  neugeworbene  nebst  800  Reu- 
lern eingeschifft.  ')  Aber  ein  frischer  Südwind  trieb  sie  am 
andern  Tage  über  ApoUonia  hinaus  nach  dem  Norden,  der  feind- 
lichen Flotte  entgegen;  C.  Coponius  verliess  Djrrhachium  mit 
seinen  rhodischen  Schiffen,  ^)  und  jagte  sie  bis  Njmphäum  in 
Dalmalien,  einen  Hafen  3000  Schritt  über  Lissus,  (Alessio  am 
Drino)  wo  sie  auf  die  Gefahr,  an  die  RJippen  geschleudert  za 
werden,  einen  Zufluchtsort  suchten,  und  dadurch  gerettet  wurden, 
dass  der  Wind  gegen  Westen  umsprang;  er  warf  Coponius  an 
das  Land;  seine  16  Schiffe  scheiterten,  nur  ein  Theil  der  Mann- 
schaft, welche  Cäsar  dann  unverletzt  nach  ihrer  Insel  zurück- 
schickte, wurde  mit  Hülfe  der  Antonianer  geborgen.  Zwei  Fahr- 
zeuge der  Legaten  hallen  sich  in  der  Nacht  nach  Lissus  verirrt; 
Otacilius  Crassus,  der  Anführer  der  Pompejaner,  tödtele  die 
Neiigeworbenen  des  einen  gegen  sein  gegebenes  Wort ;  das  andre 
war  mit  Veteranen  bemannt,  welche  am  Lande  zum  Schein  unter- 
handelten und  sich  durchschlugen.  Nach  jener  zwecklosen  Grau- 
samkeit gieng  Otacilius  in  See,  und  Antonius  nahm  die  Stadt 
in  Besitz,  deren  Einwohner,  zum  Theil  Römer  und  von  Cäsar 
in  diese  Gegend  übersiedelt,  ihn  als  Freund  empfiengen.  Er 
entsandte  Schiffe  für  die  noch  übrigen  Truppen  nach  Bruudusium, 
und  Bolen   nach  Apollonia,   seine   Ankunft    zu    melden.  ')     Blan 


100)    Plat.    Caes.   37.  1)    Caes.  3,  29.  2)    Ders.  1.  c.     Plai. 

Aaton.  7  berechnet  das  FnsSTOlk  aaf  20,000  Mann;  diess  ist  za  -viel;  die 
Legionen  waren  bis  auf  die  letzte  nicht  vollzählig;  auch  die  Stärke  des 
Heers  .  bei  Pharsalus  vriderlegt  ihn ,  obgleich  der  allerdings  Mntige  Kampf 
bei  llyrrhacliium   \oraasgieng.  3)    Oben  J.  47.  A.  32.     Dio  41  ,  48  fin. 

nennt    irrig    Libo.  4)     Caes.    3,    26  —  29.     Flut.    Caes.    39.     Anton.  7. 

tic.  3Ö.    Api>.  2,  404.  4b5.    Uljr.  c.  12.  ed.  Schw.    Dio  41,  4«.  «9. 


492  XXI.    lULII.        (31.  §.49.) 

hatte  iLn  in  äen  beiden  Lag'ern  am  Apgus  bemerkt;  der  Ort  der 
IjanJnng;  war  imbekannt.  Ponipejus,  welcher  sogleich  in  der 
Nacht  ihm  entg'egengieDg',  stand  an  sich  näher,  und  Cäsar  ninsste 
iiberdiess  einen  grossen  Umweg  machen,  weil  es  an  der  Bliin- 
diing  des  Flusses  keine  Furten  gab.  Jener  verlor  aber  die  Zeit 
in  einem  Hinterhalte ,  vor  welchem  die  Eingeborenen  Antonius 
warnten,  und  als  er  hörte,  dass  die  Feinde  sich  vereinigt  haben, 
und  er  fürchten  musste,  in  die  Mitte  genommen  zu  werden,  bezog 
er  ein  festes  Lager  bei  Asparagimn ,  südlich  von  Dyrrhachium 
am  Flusse  Genusus.  *) 

§    49. 

(a.  48.)  Bald  nach  ihm  erschien  auch  Cä"sar,  dessen  Zn- 
stand jetzt  sehr  verändert  war.  Er  konnte  Truppen  ausschicken, 
welche  seine  Partei  iu  Griechenland  und  Macedonien  unterstützen, 
für  Zufuhr  sorgen,  und  Metellus  Scipio  bei  dessen  Rückkehr  aus 
Asien  beschäftigen  sollten,  ^)  und  war  doch  noch  stark  genug, 
von  der  Vertlieidigung  zum  Angriff'  überzugehen.  Die  Seeplätze 
Latten  wenig  Werlh  für  ihn ;  Getraide  durfte  er  auf  diesem 
Wege  nicht  erwarten ,  und  sein  Heer  war  grösstentheils  zur 
Stelle;  nur  Oricum  musste  man  sichern,  weil  hier  die  Kriegs- 
schiffe lagen.  Es  behielt  drei  Cohorten  unter  M'.  Acilius,  ') 
welcher  den  Hafen  durch  versenkte  Falirzeuge  und  einen  Thurm 
unzugänglich  machte.  Unter  den  Söhnen  des  Pompejus  wurde 
der  ältere,  Cneus,  wegen  seiner  Heftigkeit  und  Härte  selbst  von 
den  Parteigenossen  gefürchtet ;  er  langte  jetzt  mit  der  ägyptischen 
Flotte  an ,  *)  und  wandte  sich  voll  Entrüstung  über  das  Miss- 
geschick, welches  man  bei  einem  bessern  Gebrauche  der  Seemacht 
•  hätte  verhüten  können  und  sollen ,  gegen  Oricum ,  um  in  seinem 
Grimme  wenigstens  zu  zerstören,  was  den  Cäsarianern  so  nützlich 
geworden  war.  Mit  grosser  Anstrengung  öffnete  er  den  Hafen, 
Avo  er  vier  Schiffe  nahm  und  die  übrigen  verbrannte.  D.  Lälius, 
der  Anführer    der   asiatischen  Flotte ,  ^)    blieb   zur  Einschliessung 

5)  D.idiMrli,  dass  Cellar  diesen  südlicli  vom  Apsns  sucht,  nnd  Mannen 
den  Flecken  an  den  lelzten  Fluss  verlegt,  wird  Alles  verschoben.  Cacs. 
3,   30.    Tgl.   41.    76.     Dio    41,  49.  50.    Tlnl.    Cacs.  39.  6)    S.  nuten 

§.  SO  in.  7)   Vgl.  Caos.  3,  15.  8)   Oben  §.  47.  A.  35.  9;  Das. 

A.   31. 


XXI.    lULn.        (31.  §.49.)        493 

der  Staclf  zurück,  wliLrend  er  bei  Lissiis  auch  30  LasfscLifle  ^es 
Anlonins  anzündete,  den  Ort  selbst  aber  ebenfalls  verg-ebens  za 
erobern  versnchfe,  ' ") 

Anf  den  Gang  des  Kriegs  halte  es  keinen  Einüass;  desto 
gevrisser  erwartete  man  die  Entscheidung  bei  Asparagium.  Allein 
Cäsar  konnte  hier  kein  Gefecht  erzwingen,  deshalb  zog  er  anf 
Um-wegen  um  die  feindliche  Stellung  gegen  Dyrrhachium,  von 
•welchem  Ponipejus  abgeschnitten  wurde.  Dieser  Terkannfe  den 
Zweck  seiner  Bewegung,  weil  er  anfangs  eine  ganz  andre  Rich- 
tung nahm,  und  verschanzte  sich  nun  bei  Petra.  Euer  Latte  er 
den  Genusus  im  Rücken,  das  Bleer  zur  linken,  und  vor  sich 
gegen  Korden  das  Lager  Cäsars ,  welches  ihn  von  Dyrrhachium 
trennte;  eine  Reihe  von  Hügeln  gegen  Nordost  bildete  den  Hinter- 
grund. ' ')  So  begann  gegen  die  Zeit,  wo  die  Saaten  reiften, 
ein  fast  viermonaüicher  Kampf,  nicht  unähnlich  dem  Festungs- 
kriege. '  -)  Pompejus  wollte  sich  nicht  vom  Bleere  und  Ton 
Djirhachinm  entfernen,  nüt  welchem  er  durch  die  Flotte  in 
Verbindung  blieb,  und  auch  jetzt  sich  nur  vertheidigen,  weil  er 
Lolfte,  dass  Maugel  und  Krankheiten  den  Feind  aufreiben  werden, 
und  Soldaten,  auf  deren  IMnth  oder  Treue  nicht  zn  rechnen  ist, 
hinter  den  ^Valien  mehr  leisten  als  in'  offenen  Felde.  Cäsar 
verlangte  dagegen  nach  der  Schlacht,  denn  die  Hiilfsquellen  in 
der  Umgegend  niussten  sich  bald  erschöpfen.  '  ^)  Als  er  seine 
Absicht  nicht  erreichte,  fieng  er  an,  den  Gegner  einzuschliessen, 
des  Rufs  wegen,  damit  man  sage,  jener  werde  belagert,  und  wase 
nicht  zu  fechten, '  *)  noch  weit  mehr  aber,  um  ihn  von  der  Küste 
wegzudrängen;  ein  kühnes  Unternehmen,  da  er  mit  einem  klei- 
nern Heere  ein  grösseres  von  noch  nngeschwächfer  Kraft,  furcht- 
bar durch  seine  Reuterei  und  Flotte ,  und  innerhalb  eines  engem 
Kreises  zu  schnelleren  Bewegungen  geschickt,  umwallen  musste; 
der    unglückliche  Ausgang  war  nur  die  Folge  eines  Zufalls;    er 


10)    Caes.  3,   39.    40.    vgl.   34  in.  11)    Ders.    3,  41  f.    Lncan. 

6,  14.  70.  Kach  Dio  41,  49.  50  stand  Fompejns  Dyrrliachinra  näher,  und 
Mannen  7,  398  setzt  Petra,  einen  nnbedentenden  Hafenplatz,  nördlich  ron 
dieser  Stadt.  12)  Caes.  3,  49.   Lucan.  6,  109.  Sueion.  35.  13)  Flui. 

Caes.  39.  Dio  41,  49.  Flor.  4,  2.  {.  38.  39.  Zon.  10,  8.  Lncan.  6,  264. 
14)  Caes.  3,  43.  56.  Cfc.  ad  Farn.  9,9:  Circrnnvallatas  nunc  deniqne, 
qnod  nescio,   an  nnlli  nmqnam  nostro  accideril  imperatori. 


494  XXI.    lÜLII.        (31.  §.49.) 

konute  es  daLer  woLl  bereuen,  aber  nicLt  für  einen  FeLler  er- 
klären. ")  Zunächst  dacLte  er  an  den  UnterLalt;  Q.  Tullius  '  *) 
und  L.  Canulejus  solKen  ihn  aus  Epirns  versorgen,  welcLes  zu  fern 
lag-;  das  raube  lllyrien  erndfete  wenig  und  der  Feind  Latte  die 
Vorräthe  fortgescLaift ;  man  konnte  daber  nicbt  so  viel  Getraide 
aufspeicbern,  als  mau  bedurfte,  und  «ab  sieb  bald  genötbigt,  Brodt 
aus  Gerste  und  zuletzt  aus  einer  Wurzel  zu  bereiten.  ' ')  Es 
veranlasste  Pompejus  zu  dem  Ausruf  :  so  muss  man  sieb  also  mit 
wilden  Thieren  schlagen !  in  der  Tbat  fiircbf ete  er  bei  einer  solchen 
Abhärtung  und  Ausdauer  der  Gegner  für  das  Gelingen  seines 
Plans ,  und  man  durfte  im  Lager  nicht  davon  sprechen.  Die 
Cäsarianer  fügten  sieb  gern;  „sie  wollten  sich  lieber  von  Baum- 
rinde nähren,  als  Pompejus  die  Thür  öffnen";  auch  litt  ihre 
Gesundheit  nicht,  weil  es  nicht  an  Wasser  und  Schlachtvieh 
fehlte.  •^)  Den  Feind  drückten  Uebel  anderer  Art;  änrch  die 
Schiffe  erhielt  er  Getraide  in  Ueberlluss,  aber  kein  Futter;  auf 
seinem  beschränkten  Räume  fand  er  kaum  genug  für  die  Pferde, 
er  mussle  es  bald  von  Corcjra  nnd  Acarnanien  herbeiholen, 
welches  sehr  schwierig  war;  die  Lastthiere  fielen  und  verpesteten 
die  Luft;  die  Brunnen,  welche  man  grub,  weil  die  Bäche  nnd 
Quellen  von  Cäsar  abgeleitet  oder  gedämmt  wurden,  gaben  Sompf- 
wasser,  und  diess  Alles  und  die  täglichen  ungewohnten  An- 
strengungen vermehrten  die  Sterblichkeit  auch  unter  den  Men- 
schen. '  ^) 

Als  Pompejus  bemerkte,  dass  Cäsar  ihn  mit  Schlössern 
umfasste  und  diese  durch  Linien  verband,  legte  auch  er  so  fern 
als  möglich  vom  eigenen  Lager  in  einem  Umkreise  von  15,000 
Sehritten  24  Castelle  an,  wodurch  er  sich  zugleich  Weideplätze 
sichern  und  dem  Feinde  die  Arbeit  und  die  Vertbeidigung  seiner 
Werke,   deren    Umfang    17,000   Schritte   betrug,^")   «rJschweren 

IS)  Plat.  Caes.  39.  App.  2,  468.  Fompejns  TJeberlegenheit  an  Zahl, 
besonders  an  Renterei,  erwälinen  Caes  3,  43.  44.  47.  Polyaen.  strat.  8,  23. 
§.  2.   Tgl.  Lncan.  6,  29  f.  16)    Caes.  3,  42.    B.  Hisp.  17.  17)  Nach 

einer  nnsictiern  Lesart  liei  Caes.  3 ,  48  wurde  diess  Gewächs  Chara  ge- 
nannt; nach  Plin.  19,  41  (8)  lapsana.  S.  die  Auslpger.  Suet.  68.  Veliej. 
2,  51.  Flut.  Caes.  39.  Pomp.  65.  App.  2,  465.  466.  Polyaen.  strat.  8,  23^ 
§.  24.   Lncan.  6,  113.  18)    Caes.  3,  47.  49.  19)    Pers.  3,  49.  58. 

Plut.   Caes.  39.   Lncan.  6,  93.  20)    Caes.  3,  C3.  §.  4.    Flor.  4,  2.  §.  39 

Lerechnel  ihn  auf  16,000  Schritte,  App.  2,  466  auf  1200  Stadien. 


XXI.    lULn.        (31.  §.49.)        495 

wollte.  Man  käiinpfte  niu  die  Oiijsel,  iiud  oft  war  Cäsar  im 
INaclilLeil,  weil  seiue  Truppen  auf  der  längern  Linie  sich  mehr 
verlheilen  inussten.  Sie  gerielLen  selbst  in  Gefahr,  TOm  Lager 
abg'eschnitten  zu  werden ,  namentlich  die  neunte  Legion  unter 
BL  Antonius;  Pompejus  betheuerte,  er  wolle  für  einen  schlechteu 
Feldlierrn  gellen,  wenn  sie  von  dem  Orte  entkomme,  wo  sie 
eben  schanzte,  dennoch  gelang  es,  sie  zu  befreien.^')  Mit  mehr 
Erfolg  liess  er  in  der  Nacht  die  C'äsarianer  mit  Pfeilen  über- 
schütten, bis  sie  ihn  durch  ihre  Feuer  täuschten.  An  einem 
Tage  wurden  sie  in  6  Castellen  gleichzeitig  angegriffen,  damit 
sie  einander  keinen  Beistand  leisteten,  in  3  auf  dem  rechten 
Flügel  in  der  Kahe  des  Lagers,  oder  „bei  Djrrhachium", --) 
und  in  3  auf  dem  linken,  welcher  sich  am  Pompejus  Schanzen 
und  südlich  von  diesen  nach  dem  Bleere  hin  zog.  Hier  war 
ohne  Zweifel  Cäsar,  nm  die  Arbeiten  zu  beaufsichtigen;  dass  er 
sich  vielmehr  gegen  einen  Ausfall  aus  der  Stadt  vertheidigte, 
wird  in  den  vorliegenden  Brucl  stücken  seiner  Denkwürdigkeiten 
nicht  gesagt.  Im  Lager  befehligte  P.  Sulla;  ^^)  er  führte  zur 
Rettung  einer  bedrängten  Cohorte  zwei  Legionen  hinaus,  ohne 
das  Gefecht  fortzusetzen,  als  der  Zweck  erreicht  war;  durch  eine 
kräftige  Verfolgung  hätte  er  vielleicht  den  Krieg  endigen  können; 
man  tadelte  ihn ,  Cäsar  dagegen  billigte  es ,  dass  er  seine  Be- 
fugnisse als  Legat  nicht  überschritt.  Der  Feind  wurde  überall 
zurückgewiesen,  es  ist  aber  nicht  wahrscheinlich,  dass  er  2000 
Todte  hatte ,  und  das  andre  Heer  nnr  20 ,  gänzlich  ausser  Ver- 
Lältuiss  zu  der  Zahl  seiner  Verwundeten;  fast  kein  Soldat  in 
den  Schlössern  blieb  unverletzt;  vier  Centurionen  derselben  Co- 
Lorte  verloren  die  Augen ;  der  Schild  des  Centurio  Cassius  Scäva, 
welcher  auch  ein  Auge  einbüsste,  war  120  Mal  durchlöchert,  ' ') 


21)  Caes.  3,  45.  46.  Seioe  Nachrichten  von  den  Ereignissen  bei 
Dj-rrhachium  sind  zum  Theil  oline  allen  Zusammenhang,  weil  sich  hier 
vorzugsweise    grosse    Lücken    finden.  22)    Caes.  3,  53.  23)    Ders. 

3,  51.     2.  Th.  522.  24)    Bei    Caes.   3,    53    ist    die    Lesart    230    ohne 

Zweifel  falsch;  die  hier  angenommene  haben  Sneton.  68.  Val.  M.  3,  2. 
5.  23  u.  Flor.  4,  2.  §.  40.  Flut.  Caes.  16,  welcher  ihn  130  Geschosse 
auffangen  lässt,  fügt  nebst  Sneton.  den  Namen  Cassius  hinzu.  App.  2,  465 
erwähnt  ScäTa,  den  Schild  aber  giebt  er  Klinntius.  vgl.  Lncan.  6,  144. 
Jeuer  hatte  sich  schon  in  Britannien  hervorgethan ,  Val.  M.  I.  c.  und  wnrde 


496  XXI.    lULII.        (31.  §.49.) 

und   man   fand  innerLaib  Jer  Linien  an  30,000  Pfeile  der  Pom- 
pejauer.  ^  ') 

Seitdem  rückte  Cäsar  fast  (äg'lich  in  die  Ebene  Linab, 
welcLe  sein  Lager  vom  feindlichen  trennte,  nnd  der  Ehre  wegen 
stellte  auch  Ponipejus  sich  auf,  aber  immer  unter  dem  .Schulze 
seiner  Wälle.  Bald  mahnten  diesen  der  Mangel  an  Futter  und 
der  Verfall  der  Pferde  an  den  Abzug;  er  Latte  schon  Reuter  zur 
See  nach  Dyrrhachium  geschickt  und  dann  zurückgerufen,  weil 
der  Feind  ihnen  durch  die  Verschanznng  der  beiden  engen  Ang- 
gänge die  Gegend  verschloss;  er  musste  sogar  fürchten,  dass  die 
Stadt  mit  dem  Kriegsbedarf  vom  Consul  genommen  wurde,  welcher 
schon  einmal  in  der  Nacht  bis  zum  Thor'  und  Tempel  der  Diana 
vorgedrungen,  und  nur  mit  Hülfe  der  Verräther,  wie  es  scheint, 
von  welchen  er  selbst  ven-atLen  wurde,  zurückgeschlagen  war.  ^  ®) 
In  dieser  Zeit  gieugen  zwei  vornehme  AUobrogen  zu  ihm  über, 
Brüder,  welche  im  gallischen  Kriege  Avegen  ihrer  Tapferkeit 
und  Treue  von  Cäsar  ausgezeichnet,  jetzt  einen  TLeil  des  Soldes 
für  ihre  Reuter  unterschlugen,  und  obgleich  ihnen  Verzeihung 
zugesichert  wurde,  aus  Srhaam  und  aus  Fuixlit  vor  einer  vieK 
leicht  nur  verschobenen  Strafe  mit  einem  nicht  unbedeutenden 
Gefolge  ihren  Feldherrn  verliessen,  ^'')  die  ersten  Ueberläufer 
von  dieser  Seite,  denn  auf  der  andern  war  man  schon  gewohnt, 
die  Griechen,  deren  Länder  der  Feind  besetzt  hielt,  entlaufen 
zu  sehen.  Sie  machten  die  Anzeige,  dass  die  neunte  Legion 
unter  dem  Ouästor  P.  Lentulus  Marcellinus '^)  und  dessen  Ge- 
Liilfen  Fulvius  Postumus  auf  Cäsars  linken  Flügel,  in  grosser 
Entfernung  von  seinem  Lager  und  fast  südöstlich  vom  pompeja- 
nischen,  eine  Verschanzung  anlege,  etwa  600  Fuss  von  den  dem 
Feinde  zugekehrten  Linien,  und  dass  der  Queerwall,  welcher  die 
inneren   und   äusseren   auf  der  See -Seite  verbinden   solle,   nicht 


1 


mit  seiner  Cohorte  reichlich  belohnt.  Cacs.  I.  o.  Cic.  ad  Att.  14,  10. 
Unten   §.  56.    A.  66.  25)     Caes.    3,    53.     Nach   Sucton.  1.  c.    130,000. 

In  den  Commentarcn  -wird  bemerkt,  wie  viele  man  sammelte;  der  Feind 
verbrauchte  aber  weit  mehr;  er  hatte  eine  grosse  Anzahl  Bogonschülz.en. 
26)  Dio  41 ,  50,  App.  2 ,  465.  Cilsar  suchte  stets  durch  Geld  nnd  Ver- 
sprechungen  zn  wirken;  der  jüngere  L.  lialbus  mnsste  anch  mit  L.  Len- 
tulus, dem  Consul  des  vorigen  Jahrs,  von  neuem  unterhandclu.  2.  Th.  551. 
A.   21   n.   609.  27)   Caes.   3,   59—61.   70.   84.  28)    2.  Th.  406, 

Oros.  6,  15, 


XXI.     lüLn.         (31.  §.49.)         497 

vollendet   sei,    dass   folglich  das  Werk  seiner  Bestimninng,   den 
Truppen  Widerslaud  zu  leisten,    welche  vrälirend   einer  SiLIacLt 
siidlicli   vom    Kampfplalze    landen    und  C'asars    Sielhing'    umgeLen 
konnten ,    noch    nicht    entspreche.      Sofort    zogen    in    der    Nacht 
60    Gehörten    nach    den   südlich    am    Meere   gelegenen    Schanzen, 
wohin   auch  viele  Leichtbewaffnete  mit  Faschinen   zn  Schiffe  ab- 
giengen.      Mit    Tagesanbrnch    stiegen    diese   an    das   Land ,    und 
stürmten   gegen   das   äussere  Werk,   von   aussen   und   duich    die 
Lücke   im  QneerwaU ;    zugleich    wurde    das    innere  von  den   C'o- 
Lorten     angegriffen.      Ueberall    wichen    die    Cusarianer    vor    der 
Uebermacht ;    Marcellinus ,    welcher    krank    war ,    schickte    Ver- 
stärknngen,    sie    wurden    aber    von  den  Flüchtlingen  fortgerissen, 
bis  ÄL   Antonius    mit    12  Cohortcn  des  nächsten  Postens  von  der 
Höhe    herabkara,     «nd    sich    den    Pompcjanern    entgegenwarf.  ^^) 
Bald   nach  ihm  erschien  auch  Cäsar;    durch   Rauchsäulen  von  der 
Gefahr  unterrichtet,    raffle  er  an  Blannschaft  zusammen,   was  zur 
Hand  war,  aber  der  erste  Blick  sagte  ihm,  dass  der  Feind  seine 
Linien    durchbrochen    und    ausserhalb ,    am    JMecre ,    wo    er   un- 
gehindert  in  jeder  Richtung  sich   entfernen   und  seine  Reuter  auf 
Futterung    ausschicken    konnte,     ein  anderes  Lager  aufgeschlagen 
habe.     Er   verschanzte    sich   ihm    gegenüber  hinter  einem  Walde. 
Auf    dem    mittlem   Räume    hatte    die    neunte    Legion    früher   ein 
Lager    errichtet,    welches   dann  von  ihr  verlassen  und  von  Pom- 
pejus    erweitert   aber   auch   wieder  aufgegeben  war.     Jetzt  befahl 
dieser  einer  Legion  unter  L.  Torquatns,  ^°)   es  zu  besetzen,  wo- 
durch   er    die  Verbindung   mit   den  Truppen   im    allen  Lager  bei 
Petra  sicherte.     Cäsar  beschloss,  sie  zn  überfallen,  und  rückte  so 
geheim    als  möglich  und  auf  Umwegen  mit  33   Gehörten  in  zwei 
Treffen    gegen   sie   vor.      Der   Unke   Flügel   drang  nnter  seiner 
eigenen    Führung    in   die   weitläufligen,    von    Pompejus    erbauten 
Schanzen,  und  verfolgte  den  Feind  in  die  kleineren,  oder   in  das 
ursprüngliche  Lager  der  neunten  Legion,  welches  von  jenen  um- 
geben   wurde    und    zum   Castell    diente.     Aber    ein   Irrthnm    der 
Truppen   zur   Rechten    vereitelte   Alles.     Während  Pompejus   im 
Besitze    war,   hatte    er    die  Linien    etwa   400  Schritte  weit  nach 


20)    Caes.   3,    65.    riul.    Auton.   S.  30)    Oros.  6,   IS.    vrI.  Caps. 

3,  II.    B.    Alric.  96  u.  hier  J.  4S  in. 

Drumnnii,    (iescliiclile  Uums  III.  QO 


498  XXI.    lULI!.        (31.  §.49.) 

einem  Flusse  Lin  verlängert,  damit  es  nitlit  an  Wasser  feLlle; 
der  recLte  Flügel  liielt  das  Nebenwerk  fiir  das  Lager ;  er  verlor 
Zeit  mit  dem  .Suchen  des  Thors ,  nnd  öffnete  sich  endlich,  als  er 
von  seinem  Wahne  zurückkam,  denW^eg  mit  Gewalt;  die  Renter 
folgten.  Indess  näherte  sich  Pompejus  mit  der  fünften  Legion 
und  der  Reuterei.  Bei  diesem  Anblick'  wagten  es  die  Soldaten, 
welche  er  befreien  wollte,  den  Kampf  zu  erneuern;  Cäsars  Reuter 
ergriffen  die  Flucht,  und  nun  entwichen  auch  die  Cohorten,  da 
sie  sich  verlassen  und  durch  den  Wall  des  Lagers  vom  linken 
Flügel  getrennt  sahen,  in  so  grosser  Eile,  dass  die  Ersten, 
welche  in  die  Graben  hinabsprangen,  erdrückt  wurden  ,  und  den 
Anderen  zur  Brücke  dienten.  Ihre  Geführten  im  Lager  waren 
nun  von  innen  und  von  aussen  bedroht")  und  des  Beistandes 
beraubt;  noch  vor  kurzem  Sieger  retteten  sie  sich,  wie  jeder  es 
vermochte;  Cäsar  suchte  die  Träger  der  Feldzeichen  zum  Stehen 
zu  bringen ,  er  griff  den  Reutern  in  den  Zügel ,  niemand  ge- 
horchte, ein  Soldat  zog  sogar  das  Schwerdt  gegen  ihn,  ^ ')  übercill 
zeigte  sich  ihm  Verwirrung  und  Entsetzen. 

So  endigte  sich  die  lange  ersehnte  Schlacht;  zum  ersten 
Male  kämpfte  der  Eroberer  Galliens  mit  dem  Ueberwiuder  Mi- 
thridats,  und  er  unterlag;  wie  musste  es  auf  die  Truppen,  auf 
die  Völker  wirken ,  und  auf  Rom  ?  Die  grosse  Lebensfrage 
schien  entschieden  zu  sein.  Cäsars  Schaaren  wurden  in  den 
beiden  Gefechten  dieses  Tags  aufgelös't,  960  Mann  getödtet,  '*) 
32  Feldzeichen  verloren ,  ^ ')  und  die  Gefangenen  von  Labienus 
zur  Schau  gestellt,  von  ihm,  ihrem  ehemaligen  Legaten,  mit  der 
verhöhnenden  Anrede:  Rriegsgefährten,  gefragt,  ob  es  sich  für 
Veteranen  gezieme,  zu  fliehen,  und  dann  öfFentlich  ermordet.  Es 
stand  bei  Pompe/us,  das  ganze  Heer  aufzureiben;^')  aber  er 
war  anfangs  über  sein  Glück  betroffen,  die  vielen  Verschanzangen 
hinderten  seine  Reuter,    mit  Nachdruck  zu  verfolgen,    und  über- 


31)    Fioiitin.  strnt.  3,  17.  §.   14.  32)    Pliit.  Caes.  39.    App.  2,  466. 

Zonar.  10,  8.  33)    C;ies.  3,71,   Plnt.  Caos.  4l :   1000.   Pomp.  65:  2000. 

Oros.  6,   15:  4000.     Viele  fanden  den  Tod  iii  den  Gniljea  oder  unter  dem 
Hufe   der   Pferde.  34)    Caes.    1.    c.    u.    Pliit.    Caes.    39.      Kach   Api». 

2,  467:    28.  33)    Caes.  3,  70.    Flut.  1.  «.   u.    Pomp.  65.    App.    1.   c. 

Zon.    10,    8,     Snet.   36;    negavit   (Caesar),    eum   \incere   scire.     Eulrop. 
6,  20  (16). 


XXI.    lULII         (31.  §.49.)        499 

diess  fiircLfete  er  einen  Ilinlerlialt.  '  ^)  Die  Soldaten  nannten 
ihn  Imperator,  "welcLes  in  Bürgerkriegen  an  sich  nicLt  zu  ge- 
ScLelien  pflegte,  und  aucli  übrigens  nur,  wenn  die  Zahl  der 
Todten  grösser  var;^')  diess  war  der  Grund,  warum  er  in 
Briefen  sich  des  Titels  entliielt  und  die  Fasces  nicLt  mit  Lor- 
beeren umwand.^*)  Auch  bestimmte  iLn  nicLt  bloss  die  Eitel- 
keit, sondern  eben  so  seLr  0'*^  Verlangen,  sein  gesunkenes 
AnseLn  herzustellen,  als  er  nacli  allen  Weltgegenden  SiegsbericLte 
abgehen  liess;  ^^)  nach  Lesbos  überbrachten  mehrere  Freunde 
sie  selbst,  um  Cornelia  zn  beruhigen.  ■*")  Die  Optimalen  waren 
endlich  mit  ihm  zufrieden;  sie  hielten  sich  nun  überzeugt,  dass 
er  sie  nach  Italien  zurückführen,  die  Aemter  und  Güter  geächteter 
Mitbürger  ihnen  überweisen  ,  die  sullanische  Verfassung-  und  mit 
ihr  die  Republik  wiederherstellen  werde.  *  ')  Das  Letzte  hoIFte 
auch  Cato;  der  unbeugsamste  unter  Cäsars  Gegnern  hatte  er  die 
Truppen  in  einer  begeisternden  Rede  zum  Kampfe  ermuntert, 
weil  er  wolJ  wusste,  dass  man  mit  stoischen  Floskeln  den  Feind 
nicht  schlägt,  und  jetzt  beweinte  er  die  Opfer  einer  verderblichen 
Herrschsucht.  *')  Cicero,  dessen  Beilrag  znni  Kriege  in  Witze- 
leien und  Tadel  bestand ,  sprach  von  den  Erfolgen  dieses  Tages 
stets  mit  Verachtung.  ' ') 

Man  verdankte  sie  freilich  nur  dem  Zufalle;  was  aber  auch 
die  Ursach  sein  mochte,  die  Wirkung  war  für  Cäsar  dieselbe; 
wie  Afranius  am  Sicoris,  so  suchte  er  jetzt  einen  Zufluchtsort, 
Kräfte  zu  sammeln,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  diess  nicht 
der  Anfang,  sondern,  wie  man  glauben  musste,  das  Ende  war. 
In  Bürgerkriegen  insbesondre  entscheidet  in  den  Augen  der 
Menge   das  Glück  oft  über  das  Recht;   der  geschlagene  Feldherr 


36)  Nicht  die  Nacht  hinilerte  ihn,  Trie  Eutrop.  I.  c.  sagt,  Senn  CSsav 
traf  noch  am  Tage  Vorkehrungen  zum  Ahziige  nach  dem  Gennsus.  Caes. 
3,  75.   Dio  41,  52.  37)    App.  2,  455.  38)   Caes.  3,  71.    Uio  1.  c. 

39)    Caes.  3,  72.  79.     App.  2,  467.     Cic.  ad  Alt.  11,4:    Negotinni   geiil, 
estque    in    spe    magna.  40)    Tlut.    Vomp.   66.    74.      Olien    \\.    47    ün. 

41)    Flut.  Pomp.  66.    Cic.  ad  Farn.  7,   3 :    In   ipso  Iiello  i-.-ipaccs ;  doiude  in 
oiatJonp  ita  ciudcles,  nt  ipsam  ifictoriam  horierpni.  42)    Pliit.  Cilo  54. 

Caes.  41.  43)    Plut.  Cic.  38.   Cic.  ad  Att.  11,  4.   ad  Fain.  7,  3:   Sna- 

deie  instiini,    nt   bellum  dncciet.    —    In  oa  senicntia  fuisset  fortasse,    nisi 
Hu7dam  ex  pugna  coepissct  snis  uiiUlibiis  conlideie. 

32* 


500  ^>^^-     lULlI.  (31.  §.49.) 

erscLeiiit  als  von  einer  Iiölern  BLicht  verworfen,  der  SoWaf, 
dessen  Alles  doch  aiicli  auf  dem  Spiele  sfelit,  Lat  Vorwand,  ihn 
zu  verlitfiseu,  Cäsar  fiircLlele  diess  nicht;  die  Bande,  vvehlie 
die  Truppen  an  ihn  fesselten,  waren  älter,  und  die  Grausamkeit 
des  Feindes  g'eg^eh  die  Gefangenen  Hess  nach  Abfall  und  Verralh 
kein  glänzendes  Loos  erwarten;  er  sah  sie  aber  ersrhiitterl ,  lief 
heschämt,  weil  der  Schrecken  >''A!  überv^altigt  halle,  und  irre  ge- 
worden an  sich  selbst ,  als  können  sie  wohl  Barbaren  aber  nicht 
Römer  überwinden.  Deshalb  w^eckle  er  in  einer  Rede  das  Be- 
wnsslsein  in  ihnen,  dass  sie  sich  henfe  nur  verläugnet  haben;  er 
bezeichnete  die  Ereignisse  des  Tag'es  als  ein  BLssgeschick,  wehJies 
g'egen  ihre  früheren  Thaten  und  die  bisherige  Gunst  des  Schi< ! 
»als  fast  versch^'S'indc;  es  werde  auch  ferner  g-iinstig  sein,  wenn 
sie  nur  die  Alten  blieben;  was  verloren  worden,  müsse  man 
"wieder  einbringen;  er  spreche  zn  den  .Soldaten  von  Gergovia. **) 
Nach  dem  Herkommen  konnte  er  Feigheit  und  Ungehoi-sam  an 
jedem  Zehnten  mit  dem  Tode  ahnden ;  er  nahm  aber  nur  einigen 
Trägern  der  Feldzeichen  ihren  Rang ,  damit  wenigstens  zum 
Schein  der  Kriegsziicht  ein  Genüge  geschah,  und  diese  Nachsicht 
vermehrte  in  den  Truppen  das  Gefühl  ihrer  Schuld;  sie  selbst 
forderten  die  übliche  Strafe,  welche  nicht  über  sie  verhängt 
wurde,  und  niemand  begehrte  in  die  vielen  erledigten  Stellea 
der   Tribüne  und  Cenlurionen  einznrücken.  * ') 

Die  Kranken  und  Verwundeten  zogen  spät  am  Tage  mit 
dem  Gepäck'  unter  dem  Schutze  einer  Legion  südlich  gegen 
ApoUouia ;  um  die  vierte  Nachtwache  folgten  die  anderen  Le- 
gionen bis  auf  zwei,  und  bald  nachher  auch  diese  mit  Cäsar 
selbst,  Avelcher  nun  den  letzteren  die  weithin  tönenden  Zeichen 
zum  Aufbruch  geben  Hess;  er  hatte  nun  einen  Vorsprung  und 
schien  doch  nicht  schimpflich  zu  entweichen.  Bei  einiger  A^'acli- 
sainkeit  hätte  Pompejus  mit  seiner  zahlreichen  Reuterei  diess  ver- 
hindern können  ;  er  erreichte  die  feindliche  Nachhut  nur  erst  am 
Genusus,  wo  seine  Reuter  zurückgeworfen  wurden.  Jenseits  des 
Flusses  niihmen  beide  Feldherren  ihre  Lager  bei  Asparagium 
wieder  ein,  < ")  aber  Cäsar  legte  am  Nachmittage  mit  verdoppelter 

44)    Oben    §.   32.    A.    7S.    Caos.   3,73.  45)    Caes.  3,  74.    Apii. 

2,  4C7.    rolyaeii.  slial.  «,  2.1.  §.  26.    Siieton.  fiS.  46)    Olion  <..  48  Hu. 


XXI.   lum.      (31.  §.50.)      501 

Eile  noch  8000  Schrille  /.iiriick,  vitlircnd  die  TnrpjK'n  des  Gegners 
in  Uirer  Sicherheit  zum  Tlieil  sich  in  das  Lager  bei  Pelra  be- 
j;;ibcM,  um  (»ei)äck.  narlizuholen,  oder  Holz  und  Falter  sanimellen. 
Amh  ferner  scliickte  er  das  Ilcerj;criith  um  Abend  vorans ,  und 
blieb  (iadtinh  so  sehr  im  A'orlheil ,  dass  Ponipejus  am  vierten 
Taj;e  die  Verfolgnug  einstellte.  In  Apollonia  znhhe  er  den  rück- 
ständigen Sold  und  sorgte  für  die  Pflege  der  Kranken,  welche 
er  hier  abselzle.  Aber  lauge  konnte  er  nicht  verweilen;  er  be- 
stimmte einige  Gohorlen  für  die  Stadt,  für  Oricum  und  Lissus, 
und  führte  die  übrigen  durch  Epirus  und  Athamanien '*^)  nach 
Thessalien,  um  Cn.  Domitiiis  Calviniis  an  sich  zu  ziehen,  und 
mit  ilim  die  Legionen  des  Scipio  zu  vernichlen,  oder  doch  seinen 
Legaten  gegen  einen  gleichzeitigen  Angriff  »les  Poiupejus  und 
Scipio  zu  sichern.  "*) 

§    60. 

(a.  48.)  Q.  Mefellus  Scipio,  dem  Schwiegervater  des  Pom- 
pejns ,  Cos.  52 ,  ^yurde  vom  Senat  vor  dessen  Auswanderung 
Syrien  angewiesen.  * ')  Er  verlies«  Italien  mit  seiner  Partei, 
und  zog  in  jener  Provinz  zwei  Legionen  und  einige  Keuterei 
zusammen.  ' ")  Ein  Unteruelinien  gegen  die  Bewohner  des 
Anianus  verschaffte  ihm  den  Imperalor- Titel,  seine  Ranbsncht 
aber  machte  ihn  zur  Geissei  Syriens  und  der  Länder,  welche  er 
herührle.' ')  Wahrend  der  Winterquartiere  zu  Pergamum  jtlüu- 
derle  er  besonders  die  Provinz  Asia ;  unter  jedem  denkbaren  Vor- 
vvande  suchte  er  sich  zu  bereichern;  die  Rüstungen  liehen  den 
INumeu;  iinermcsslich  waren  die  Bedürfnisse  seiner  Truppen, 
damit  er  statt  der  Lieferungen  Geld  fordern  konnte ,  und  die 
Einnehmer,  welche  es  eintrieben,  füllten  zugleich  die  eigene 
Casse.     So  geriethen  die  Provincialen  in  noch  grössere  Schulden, 


47)  Das  GrUniland  von  Epiius  luid  Thessalien;  Caes.  3,  78  wird 
Acarnanien  genannt;  es  gab  keinen  Grand,  so  lief  nach  Süden  hinabzu- 
steigen ,  wohl  aber  tv.ir  es  äusserst  dringend ,  den  ohnehin  grossen  Um- 
weg mSglichst  abzukürzen,  Pas.  3 ,  79  haben  alle  HandschriXien  Ilera- 
clea  Sentica,  -welches  gleichwohl  falsch  ist.  .S.  niilcii  j.  50.  A.  59, 
48)  Cacs.  3,  75  —  78.  V.  llej.  2,  S>.  I.ncan,  6,  31i.  Dio  41,  51,  Zo- 
nar,   10,  8,  49)     Oben    §.  39,  A,    79.  50)    Oben    §,    42.    A.    59. 

§,  47.  A.  12.  51)  2.  Tb,  4C, 


502  XXI.    lULn.        (31.  §.50.) 

zumal  da   ancb    die   PäcLter   die  Einkünfte   des   künftig^en  Jabrs 
nls  eine  vom  Senat  gebotene  Anleihe  ziun  voraus  zaLlen  mnssfen, 
und  dem  Soldaten,  welcher  ungern  zum  Kriege  gegen  seine  Mit- 
bürger  folgte,    jede  Gewaltthäligkeit    gestattet  war.     Am  meisten 
lockten  Sci])io  die  Schätze  im  Dianen -Tempel  zuEpLesus;  schon 
■war   der   Tag   bestimmt,    an    welchem  Senatoren   sich   ihrer   be- 
mäcLtigen   sollten,    als   Pompejas   ihm  meldete,    dass    Cäsar   ans 
Italien  nach  Illjrien  übergesetzt  sei,  und  auf  schleunige  Rü'ckkehr 
drang.  *^)     Er  säumte  nicht,  aber  frülier  als   er  traf  M.  Antonius 
auf  dem  Kriegsschauplätze  ein,    und  Cäsar  konnte  nun,   weniger 
zur  Beschützung-  der   Griechen,    welche  ihm  Treue  gelobten,    als 
zu  seiner  eigenen  SicherLeit  und  der  Zufuhr  wegen,  Entsendungen 
machen.     L.    Cassius    Louginus,    der   jüngere    Bruder    des    nach- 
maligen  Befreiers ,     erhielt    Befehl ,     mit   der    neu    geworbenen 
27.    Legion     und     200   Reufern    in    Thessalien    einzurücken;^') 
C.  Calvisius  Calvinus    gieng   mit    5    Cohorten   und    einer   kleinen 
Ileuter-Schaar  nach  Aetolien,    und  Cn.  Domitius   Calvinus,    Cos. 
f)'d  und  im  vorigen  Jahre  unter  Curio  in  Africa,  wo  er  sich  durch 
Piluth    und  Gegenwart  des  Geistes  auszeichnete,    mit  der  11.  und 
12.  Legion,  Veteranen,    und  500  Reutern  nach  Macedonien.  '*) 
In    dieser   Provinz    landete    Scipio.      Er    verbreitete   das    Gerücht, 
dass    er    Domitius   angreifen    werde,    und   näherte    sich   ihm    auf 
20,000    Schritte;    dann    wandte    er    sich    plötzlich    gegen    Cassius 
als  den  Schwächern ;  um  ihn  gewisser  zu  überfallen,  liess  er  das 
Gepäck    am  Haliacmon    zurück,    einem  Flusse   an  der  nördlichen 
Gränze   von  Thessalien,    wo  M.  Favonius  mit  8  Cohorten  es  be- 
wachen  sollte.     Allein  Cassius    entwich   durch    die  Gebirge  nach 
Ambracia,   und  Domitius  warf  sich  so  schnell  auf  Favonius,  dass 
Scipio  die  Verfolgung  aufgeben  musste,  und  nur  wenige  Augen- 
blicke    vor    dem   Feinde    nach    dem   Haliacmon   zurückkam.      Er 
fürchtete  dessen  Veteranen,  obgleich  er  es  durch  Herausforderungen 
zu    verbergen  suchte;    Domitius,    welcher  die  Schlacht  wünschte, 
fand  nur  zu  Reuter- Gefechten  Gelegenheit.  ") 


52)    Caes.   3,   31  —  33.    Hut.    Pomp.    66.    Caes.    39.    Ajip.   2,   465. 
53)    2.    Tli.    152.  54)    Caes.  3,34.55.    Dio  41 ,  51.     Oben  Domiiii 

Cr.lTin.   No.    6,    {.  2,    A.  56.  55)   C.ies.  3,  36  —  38.     Demnacli  erliit 

Cassiiis    iliiicli    Scipio    keiiiu    NiedL'riajje,     und    Domitius   wnrdo    niclil    you 
Faiisliis  Sulla  (2.   Tli.  511)  aus  IVlacedonieu  vertrieben.     Dio  1.  c. 


XXI.    lULlI.        (31.  §.50.)        503 

Hier  Lielt  man  sich  also  das  GleicLgewicht ,  \YäIireiid  di« 
OberfeldLerrn  bei  DyrrhacLiuin  kämpften.  Cäsars  Versuch,  sich 
;mcL  nach  dem  Süden  hin  auszudehnen,  "wurde  zum  Theil  Ton 
Tuitilius  Lupus  dadurch  vereitelt,  dass  er  sich  auf  dem  corin- 
iLiscLen  Isthmus  verschanzte  und  Q.  Fufius  Calenns  mit  L.  Cassins 
und  Calvisius  zurückwies,  welche  nun  mehrere  Städte  in  Bu'otien 
und  Phocis  besetzten.  '  ^)  Bei  dem  Allen  bot  der  C'onsul  aus 
bekannten  Gründen  wieder  die  Hand  zum  Frieden;  ^'J  er 
schickte  einen  g'emeinschaftlichen  Freund  P.  Clodius^^)  zu 
Scipio,  und  ersuchte  ihn  als  ang-esehenen  Optimaten  und  Ver- 
wandten des  Pouipejus  um  seine  Vermittlung-;  Favonius  zürnte, 
dass  man  den  Boten  auch  nur  zuliess;  der  Antrag'  wurde  ver- 
worfen. Kach  der  Schlacht  bei  Djrrhachium  fürchtete  Cäsar, 
der  Sieger,  dessen  Weg  der  kürzere  W£ir,  werde  Domitius  mit 
Uebermacht  erdrücken;  er  befahl  diesem  wiederholt,  sich  auf 
ihn  zurückzuziehen;  die  Schreiben  wurden  aber  aufgefangen, 
dem  Legaten  blieben  die  Ereignisse  an  der  Küste  und  die  Stel- 
lungen der  Heere  unbekannt,  und  da  er  wegen  Mangel  nicht 
läuger  am  Ilaliacmon  bleiben  konnte,  schlug  er  die  Strasse  von 
Dyrrhachium  ein.  Bei  Heraclea  in  der  raacedonischen  Land- 
schuft Ljncestis  '  ^)  erfuhren  seine  Kundschafter  durch  die  g-al- 
lischen  Reuter  des  Pompejus,  ^'')  dass  dieser  einen  grossen 
Sieg  erfochten  habe ,  und  kaum  vier  Stunden  entfernt  sei ;  Ge- 
schwätzigkeit oder  alte  Freundschaft  verrieth  ihnen  auch ,  in 
welcher  Gegend  Cäsar  sich  befinde;  sogleich  gieng  Domitius  ihm 
entgegen,  und  bei  Aeginium  im  nördlichen  Thessalien  erfolgte 
die  Vereinigung.^')  Sie  hofften  ihre  Truppen  in  diesem  Lande 
zu  verpflegen,  da  es  wenig  gelitten  hatte,  und  die  Erndte  nalie 
war;  auch  konnten  die  Eiuwohuer  es  nicht  verhindern,  obgleich 
jetzt  nicht  mehr  eine  Partei,  wie  früher,  *^)  sondern  alle  Pom- 
pejus  begünstigten,  wie  die  Griechen  überhaupt.  So  fand  Cäsar 
besonders  auf  Betrieb  des  Androsthenes  die  Thore  von  Gomphi 
verschlossen;  er  eroberte  es  aber  an  demselben  Tage  mit  Sturm } 


56)   Caes,  3,  55.   Oben  §.  48.  A.  80n.  2  nnd  hier  A.  87.  57)  Ders. 

3,  57:    Non  oblitiis  prisiiui  insiiiuti.     Olien  §.  48.  A.  86.  58)    2.  Th. 

387.  59)    OestUcli   von    CaiulaTia.     Her.    Seulica   oder   Sintica   lag    am 

Sirrinoii   in    Thracieii.     Oben   §.   49.   A.    47.  60)    Oben  §.  49.  A.  27. 

61)   Caes.  3,  78.  79.  62)   Ders.  3,  35. 


504  XXI.    lULII.        (31.  §.50.) 

Viele  verloren  das  Leben ,  und  zwanzig'  der  AngeseLenslen ,  die 
UrLeber  des  Abfalls,  tödteten  sich  selbst  diircli  Gift.  ^*)  Die 
Vorrälhe,  weldie  man  gesammelt  Latte,  um  bis  zum  Entsätze 
•widersieLen  zu  können,  entscLädigten  die  Soldaten  für  die  lange 
Entbelirung ,  und  wenn  aucL  MancLe  sicL  im  Genüsse  libernah- 
nieu,  am  meisten  die  germaniscLen,^*)  so  erfolgte  doch  von  jetzt 
an  in  Betreff  der  Gesundheit  eine  merkliche  Veränderung.  Ein 
Beispiel  der  Strenge  sollte  den  Thessaliern  beweisen,  dass  C'äsars 
Arm  noch  stark  genug  sei ,  sie  zu  züchtigen ;  es  wirkte  auf  die 
nächste  Stadt  Metropolis,  wo  man  die  feindseligen  Beschlüsse  ge- 
gen ihn  aufgab,  und  da  sie  mit  Schonung  beLandelt  wurde,  so 
unterwarfen  sicL  alle.^')  Indess  veranlasste  diese  Gähruug  unter 
den  Eingebornen  und  die  Erschöpfung  des  Heers  einigen  Auf- 
enthall; man  konnte  Scipio  nicht  mehr  augreifen,  welcher  sich 
am  Peneus  bei  Larissa  aufgestellt  halte.  ^8) 

PompeJHs  stiess  auf  Hindernisse  andrer  Art;  der  Sieg  ver- 
mehrte seine  Abhängigheit  von  den  Grossen.  Sie  woUten  sich 
sofort  der  Beute  bemächtigen,  nach  Italien  zurückkehren,  und 
nicht  länger  bei  Unternehmungen  mitwirken,  welche  ihnen  als 
unnütz  erschienen,  sie  vom  Ziele  entfernten  und  einen  mit  Bliss- 
trauen  beobachteten  Feldherru  ihnen  nothweudig  erhielten;  nach 
Appian  war  es  daher  ein  Glück  für  Cäsar ,  dass  er  bei  Dyrrha- 
chium  unterlag,^')  Als  man  ihn  südlicL  vom  Genusus  aus  dem 
Gesichte  verlor,  versammelte  sich  der  Rriegsralh,  die  ferneren 
Blassregeln  zu  besprechen.  Man  konnte  nach  Italien  gehen,  Cn. 
Domitius  entwaffnen ,  oder  die  Besatzungen  aus  Apollonia  und 
Oricum  vertreiben,  damit  Cäsar  vom  Meere  getrennt  wurde.**) 
Das  Erste  beantragte  Afranius  als  ^Vortführer  jener  Partei:  es 
sei  die  höchste  Pflicht,  das  Vaterland  zu  befreien ;  in  ihm  werde 
man  den  ganzen  Westen  gewinnen ,  dann  könne  man  dem  Feinde, 
welchen  die  Flotte  indess  bewache,  mit  verstärkter  Macht  leicht 
den  Todesstreich  versetzen.  * ')  Wie  sehr-  Pouipejus  seinen  Ne- 
benbuhler früher  verkannt  halte,   so   War  er    doch    nun   zu   der 


63)  App.  2,  468.  64)  Ders.  1.  c.  65)  Ciics.  3,  80.  81.  Flui. 

Caes.  41.  App.   1.  c.  Uio  41,  51.  66)   Caes.  3,   80.  67)   2,   472. 

Olieu   §.   4'J.   A.   41.  08)  Cnos.  3,   78.  6'J)  I'liit.    l'oiup.  66,  Dio 

41 ,  ii,     KacU  Vellej.  a ,  02  u.  App.  2 ,  4C8  ein  guter  Ualli. 


XXI.    IL'LII.        (31.  §.50.)         505 

Ueberzengnng'  gelangt,  dass  jenet  eine  solche  Frist  mit  fiircLtljarer 
TLätigkeit  benutzen  ■werde.  Da  aber  Wenige  diese  Ansiclit 
(Leuten,  so  fragte  er  nur:  ob  man  abermals  vor  Cäsar  Hieben 
Molle,  und  jetzt,  wo  er  selbst  auf  der  Flucht  sei,  und  die  nahe 
nnd  gänzlithe  Beendigung  des  Kampfs  keinem  Zweifel  unterliege? 
Ob  es  recht  und  klug-  gehandelt  sei,  ■wenn  man  Scipio  mit  sei- 
nen Legionen  und  die  tieuen  ^  ölker  uud  Fürsten  im  Osten  auf- 
opfere ?  Ob  man  für  das  Vaterland  nicht  am  besten  sorge,  ■wenn 
man  den  Krieg  von  ihm  entfernt  halte?'")  Sein  Gutachlen 
siegte;  nun  aber  sollte  er  schnell  endigen,  die  Trümmer  des  ge- 
schlagenen Heers  sogleich  aufsuchen  und  vernichten,  und  er  sali 
kein  Heil,  ■wenn  man  nicht  Hunger  und  Seuchen  zu  Bundes- 
genossen machte,  damit  das  Schwerdt  dem  Feinde  enlllel,  ehe 
man  das  eigene  zog.  Diese  Besonnenheit,  eine  so  kalte  Berech- 
nung galt  für  Feigheit  und  Verrath;  er  ■«'urde  von  dem  l'nge- 
slüm'  seiner  Geführten  vor  der  Zeit  auf  das  Schlachtfeld  ge- 
drängt, wo  die  Erfahrung  ihn  rechtfertigte,  aber  zu  spät.") 
Mag  es  wahr  sein,  dass  Cicero  den  Ralh  gab,  den  Krieg  in  die 
Länge  zu  ziehen;  seine  Worte  hatten  kein  Gewicht,  weil  seine 
Gesinnung  und  seine  Kenntniss  des  Ki-iegs  gleich  wenig  Ver- 
trauen erregten;  deshalb  wurde  ihm  auch  gern  gestattet,  an  der 
Schlacht  in  Thessalien  nicht  Theil  zu  nelinien.'-)  Aus  anderen 
Gründen  verfügte  Pompejus,  dass  M.  Calo  mit  15  Cohorten,  der 
Kriegscasse  und  dem  Gepäck'  in  Djrrhachium  blieb.' ^) 

^ViUig  folgte  das  Heer  dem  Imperator  durch  die  candavi- 
scljen  Gebirge;'*)  es  WRi  voll  Zuversicht,  und  günstige  Anzei- 
chen, ■v^'elche  auch  die  Freunde  in  Rom  bemerkten  und  in  ihren 
Briefen  erwähnten,  bestärkten  es  darin. '^)  Pompeius  aber  mochte 
es  sich  selbst  nicht  verzeihen,  dass  Domitius  Calrinus  entkam, 
und  er  auf  dem  kürzeren  Wege  einige  Tage  später  als  Cäsar  in 
Thessalien  eintraf,  '  ^)  -vveil  die  Verfolgung-  mit  nutzlosen  Hin- 
und  Herzügen  und  die  Berathnng    ihm   Zeit   geraubt    hatte.     Bei 


70)   Dies.    U.    cc.'Caes.   3,    78.  71)  Plut.  Pomp.  1.  e.  Caes.  40. 

Zonar.  10,  8.  VeUej.  1.  c.  Flor.  4,  2.  §.  42.  72)  Cic.  ad  Farn.  7,  3. 
Lir.  111:  Vir  nihil  niinns  qnam  ad  bella  natos.  FInt.  Cic.  39.  73)  FInt. 
Cato  55.  Pomii.  67.  Dio  42,  10.  Cic.  de  div.  1,  32.  Union  §.  57  in. 
7*)  Oben  §.  48.  A.  73  u.  76.  75)  des.  3,  79.  Arji.  2,  409.  Cic.  de 

div.  2,   2-1.  76)   Caes.  3,  82.  riul.  rouif.  67  ii.  Oio  51,  52. 


506  XXI.    lULll.         (31.  §.50.) 

der  VerWenJiing  der  Seinigen  brachte  es  iLm  sogar  NacLlLeil, 
dass  Scipio  sich  jetzt  an  ihn  anscLIoss.  Um  die  eifersiicLfigen 
Optiinuten  zu  bescLwiclitigen ,  bewilligte  er  ihm  die  Ehren  des 
Oberbefehls ;  Scipio  bildete  in  demselben  Lager  ein  besonderes 
Hauptquartier;  er  war  demnach  befugt,  die  Anführer  und  Solda- 
ten zu  versammeln  und  anzureden,  dem  Heere  Zeichen  zu  g-t'^en 
und  das  Losungswort,  und  täglich  Berichte  über  die  Ereignisse 
und  über  den  Zustand  der  Truppen  entgegen  zu  nehmen ;  die 
Einheit  horte  auf,  wenn  der  neue  Befehlshaber  sich  seiner  Rechte 
überhob.' ')  Blan  findet  nun  zwar  nicht,  dass  er  seinem  Schwie- 
gersohne in  jener  Eigenschaft  hinderlich  "wurde ,  übrigens  aber 
duldete  auch  er  keinen  Verzug,  weil  mau  dadurch  au  sich  selbst 
zu  freveln  schien.  Als  Pompejus  bei  Pharsalus  stand ,  und  auch 
nach  einem  so  bedeutenden  Zuwachs  an  Kräften  dem  Kampfe 
auswich,  wurde  der  Unwille  laut:  dieser  Agamemnon,  dieser 
König  der  Könige,  wie  L.  Domitius  Ahenobarbus  ihn  nannte,'  ^) 
gefaUe  sich  darin,  über  die  Herren  der  Welt  zu  herrschen,  den 
Ersten  Roms,  Consularen  und  Prätoriern,  Befehle  zu  geben,  des- 
Laib wolle  er  endlosen  Krieg;  Favonius  verzweifelte  daran,  ia 
diesem  Jahre  Feig  ^a  von  Tusculum  zu  essen ,  und  Afranius  be- 
gegnete dem  Vorwurfe,  dass  er  in  Spanien  von  Cäsar  bestochen 
sei,")  mit  der  Frage:  ■warum  man  denn  nun  selbst  nichts  ge- 
gen ihn  unternehme,  w^un  er  nur  durch  Gold  zu  siegen  wisse? 
Zugleich  erhob  sich  ein  Streit  über  die  Reihenfolge  bei  der  Ver- 
waltung der  Aemter  und  über  die  Ehreustellen  und  Güter  der 
Besiegten.  Domitius  Ahenobarbus,  ',  entulus  Spinther  Cos. -57 
und  Scipio  nahmen  in  heftigem  Wortwechsel  Cäsars  Oberponti- 
fen  -  Würde  in  Anspruch;  Luccejus  Hirrus,  welcher  für  die 
Aristocralie  mit  den  Parthern  unterhandelte,  sollte  als  Abwesen- 
der in  den  prätorischen  Comitien  übergangen  werden ;  *  °)  um 
auch  L.  Afranius  von  einem  zweiten  Consulate  auszuschliessen, 
klagte  Attius  Rufus  ihn  bei  dem  Feldherrn  als  Verrälher  an, 
und   noch  mehr   Nebenbuhler    wurden   beseitigt,    wenn  Domitius 


77)  Caes.  1.  c.  Vegot.  2,  22.  78)   Cos.  54.  nomhii  Alien.  No.  8. 

79)  Oben  J.  45.  A.  7.  Cnes.  3,  82.  l'lul.  roiiip.  67.  Caes.  41.  Aiij).  2, 
470.  Dio  42,  S  betraclitel  den  Namen  Agaiu.  als  einen  Ehrentitel.  Flor. 
4,  2.  §.  43.  80)  Oben  (..  47.  A.  23. 


XXI.    lULn.        (31.  §.50.)        507 

mit  dem  VorscLlag^e  diircLdrang',  jeden,  welcter  iiicLt  aiifricLtig 
und  thittig^  am  Kriege  Tlieil  genommen  habe,  am  Leben  oder  am 
Verinög'en  zu  strafen.^') 

Der  Imperator  kannte  die  Wünsche  seiner  Partei,  ehe  er 
Pharsalns  erreichte,  und  anch  aus  diesem  Grunde  lag^erte  er  auf 
Hin'hen.  *-)  Er  stelhe  sich  auf,  Avenn  Cäsar  ausserhalb  seiner 
Schanzen  erschien,  aber  ean  Abhänge,  und  wies  jeden  Tadel  da- 
mit zurück:  jenen  treibe  der  Hung'er,  um  so  mehr  müsse  man 
ruhen;  denn  er  hatte  für  reichliche  Zufuhr  gesorgt.  Die  Reuter 
allein  gieng-en  vor,  und  wurden  oft  geworfen,  weil  der  Gegner 
nach  dem  Beispiele  der  Germanier  leichtes  FussYolk  unter  die 
seinigen  mischte.*^)  Allraälig^  gewöhnte  Cäsar  die  Truppen  an 
den  Anblick  des  Heers,  vor  welchem  sie  geflohen  waren;  er 
führte  sie  anfangs  nicht  aus  dem  Bereiche  des  Lagers,  und  dann 
weiter  bis  an  die  Hügel;  dadurch  weckte  er  ihr  Selbstrertrauen, 
weil  man  es  nach  ihrer  Meinung-  nicht  wagte,  sich  mit  ihnen  zu 
messen.  Für  ihn  aber  waren  diess  bald  nicht  mehr  Scheinbewe- 
gnngen  ;  wenn  man  nicht  schlug,  so  musste  er  Thessalien  wegen 
Mangel  an  Unterhalt  verlassen;  und  wohin  sich  wenden?  was 
sollte  werden,  wenn  ihn  vor  der  Entscheidung  der  AVinter  über- 
fiel? Vielleicht  kam  er  bei  den  bekannten  Gesinnungen  der 
Optimaten  dadurch  zum  Ziele,  dass  er  aufbrach;  auch  'V^'enn  sie 
ihm  nur  in  der  Ferne  folgten ,  fand  er  zum  AngiifT  doch  leich- 
ler Gelegenheit.^*)  Die  Vorkehrungen  zum  Abzüge  in  der  Rich- 
tung von  Scotussa  * ')  verursachten  grosses  Geräusch  und  wu.'^'eii 
nicht  übereilt ;  sie  waren  kaum  beendigt ,  als  die  Vorposten  den 
Feind  ankündigten;  wohl,  rief  Cäsar  aus,  unser  Wunsch  wird 
erfüllt;  der  Tag  ist  da,  wo  wir  mit  Menschen,  nicht  mehr  mit 
dem  Hunger  kämpfen  werden;  ^^)  er  zog  die  Trupjien  wieder 
an  sich,  welche  er  entsendet  hatte,")  die  übrigen  ordneten  sich 


81)  Caes.  3,  82.  83.  Cic.  ad  A«.  II,  6.  §.  I:  Tanla  erat  in  ilL's  cm- 
delitas ,  —  nt  neu  nominatim  sed  gcneratim  proscriptio  esset  iiiformata* 
p.  Ligar.  11.  Plal.  Pomp.  1.  c.  Cae$.  42.  App.  2,  471.  Douiilü  Ahen. 
Ko.    y.    A.    57.  82)    Nach    App.    2,    469    30    Stadien    toui    Feinde. 

83)    ners.    1.    c.    Caes.    3,    84.    Oben    J.  17.  A.  49.  84)  Caes.  3.  83. 

Polraen.  strat.  8,  23.  J.  14.  App.  I.  c.  85)  Piut.  Caes.  43.  44.  Foinp. 

68.  Lncan.    7,    235.  86)    Caes.    3,  85.  Plnt.  Pomp.  68.  87)  Docli 

nicht  drei  Legionen,  App.  2,  470,  da  er  die  Gegend  verlassen  oder  schla- 


508  XXI.     lULH.         (31.  §.50.) 

sclmeH,  da  sie  scLon  in  Bereitschaft  standen.    Durch  diese  Kriegs- 
list bescLIeuiiigte  er  nur,  -was  oLneLin  erfolgt  sein  würde:  Pom- 
pejus    war    in  den  vorig;en  Tagen  von  den  .Senatoren  und  liilteru 
überwunden ,    er  musste  seinen  Grundsatz  aufgeben ,   und    da  ein- 
mal die  Würfel  lagen,    so  Lörte  man  nun    auch    von    ihm,    weil 
er  das   Heer  ermulhigen  wollte  :    der  Legionen  bedürfe  es    nii  'it, 
der  Feind  -sverde  vor  der  Reuterei  entüiehen ;  Labieuus,  welcher 
im  Missgeschick  stets  an  günstige  Orakel  erinnert  hatte,**)    be- 
stätigte es :    man  sehe  nur  Neugeworbene  Tor    sich ;    die    Vetera- 
nen,   die    Eroberer    Galliens    seien  von   Schwerdt  und  Krankheit 
weggerafft  oder  in  Italien  geblieben;    er  schwur,    nur   als    Sieger 
in  das  Lag'er  zurückzukehren,    und   verlangte    denselben    Eid  von 
den  Gefiihrlen;  all^  gehorchten  und  zuerst  Pompejus,  welcher  der 
unwürdigen  Rolle  sich  nicht  ganz  bewusst  sein  mochte.*')    Aber- 
glaube und  Schmeichelei   erfanden  und  deuteten  später  Anzeichen 
seines  Falls ;    man   wollte  sie  in  der  Nacht  vor  dem  Kampfe  be- 
merkt haben,   wobei  vorausg'esetzt  wird,    dass  dieser  nicht   bloss 
im   Allgemeinen   sondern    für    den    folgenden    Tag-    von    ihm  be- 
schlossen war.     Bieuensch-wärme  bedeckten  seine  Feldzeichen  und 
die  Opferthiere  verliessen  den  Altar;  gegen  Morgen  schwebte  ein 
feuriger   Lichtstreif  von    Cäsars    Lager    zu  dem  seinigen  herüber, 
wo  er  erlosch,  ohne  Zweifel  die  Ursach  des  panischen  Schreckens, 
Avelcher  hier  entstand;    als  er  die   Truppen    beruhigt   hatte,   ver- 
sank er  in  einen  tiefen  Schlaf,    und   glaubte   in    seinem    Theater 
da»-  Freudengeschrei    des    römischen   Volks   zu   vernehmen,     und 
dann  den   Tempel  der  Venus  Genetrix,   der  StammmuKer  der  Ja- 
lier  mit  Beute  zu  schmücken,    so   dass    der   eine  Traum  dem  an- 
dern widersprach.  "")     Auch  in    entfernten    Gegenden    Griechen- 
lands,   in    Asien    und   Italien   wurde  sein  Untergang-  voraus  ver- 
kündigt,"')   in    Patavium    vom    Seher    Cornelius  sog-ar  am  Tage 
der    Schlacht,    über    welchen   seine    Kuust  ihn  belehrte. '■*•)     Die 


gen  -wollte.  Pliitarch  sagt  Caes.  43 ,  er  stellte  es  den  Trnppen  anheim, 
ob  sip  vor  dem  Ueferhte  VorstSrkiingen  unter  O.  Coiaiticius  (2.  Tli.  617) 
jiud  Fuliiis  Calenus  (oben  A.  M)  ei-nnrieii  wollten,  n  sie  lohnten  es  ab. 
88)    Plut.  Cic.   38.  89)    Caes.    3,  87.  Flut,   roiui..  C8.  90j  Plut. 

1.  c.  Caes.  42.  43.  App.  2,  470.  Itio  41,  61.  Val.  »lax.  1,  6.  J.  12.  Lu- 
can.  7,  7  n..  131.  Flor.  4,  2.  §.  45.  Obseq.  125.  91)    Caes.  3,   105. 

Val,  M.  11,  Dio  U.  cc.  92)  Tlul.  Ca^es.  47.  Gell.  15,  18. 


XXI.     lULH         (31.  §.51.)        500 

(.'rossen  im  Ilecre  vennorlite  iiidils  zn  bejiiiniliigen;  sie  wareu 
voll  Freudiiikeit  ,  als  sie  bemeiklf ii ,  ilass  Cäsar  slalf  zu  entwei- 
ilieii,  die  Herausforderung-  anuaLin,  und  trafen  Ausfallen  zu  fest- 
lichen Gelagen;  die  kostbarsten  Gefiisse  iinj  Teppiche  wurden 
liervorg-esnchf ,  und  die  Zelte  mit  Lorbeeren,  Ephen  und  3I_vrle 
bekränzt.  Solche  Verkehrtheit  und  Anmassung-  erfüllte  Ponipejus 
mit  Kummer;  ein  vom  Wahnsinn  erzwungener  nud  so  eingelei- 
teter Kampf  konnte  kaum  g-lücklich  endig-en,  und  wenn  er  den- 
noch siegte,  so  stürzte  ihn  unfehlbar  seine  Partei.'")  Auf  der 
andern  Seite  opferte  Cäsar  Blars  und  Venus,  welcher  er  einen 
Tempel  g-eloble;  ^'*)  dann  befahl  er,  Wall  und  Graben  zu  zer- 
stören, der  Soldat  sollte  seine  eigene  Schufzwehr  sein."') 

§   51. 

(a.  48.)  Eine  genaue  Beschreibung  des  Oerilichen  von  der 
Hand  des  Siegers  sucht  man  vergebens;  er  erwähnt  Pbarsalus 
nicht,  und  den  Enipeus  nicht  namentlich.  ^^)  Dieser  entsprang 
auf  dem  Gebirge  Othrys  nnd  strömte  au  Pharsalus  vorüber; 
nördlich  von  der  Stadt  ergoss  er  sich  in  den  Apidanus  und  mit 
diesem  in  den  Peueus.  ^')  Den  Kampfplatz  setzt  Applan  zwi- 
schen den  Enipeus  und  Pharsalus;**)  richtiger  würde  er  Paläo- 
pharsalus  gesagt  haben,"*)  welches  aber  von  jenem  nicht  weit 
entfernt  war.'"")  Es  ist  lediglich  auf  eine  grössere  Wirkung 
berechnet,  wenn  die  Dichter  und  so  nun  auch  Florus  diese 
Schlacht  wie  die  spätere,  in  welcher  Brutus  und  Cassius  starben, 
nach  Philippi  verlegen;  ')  so  nannte  Philipp  3.  das  phtlüolische 
Tliebä  in  Thessalien,  als  er  es  erobert  und  in  eine  niacedouische 
Colouie  verwandelt  halte.  ')     Als  den  Tag,  an  welchem  Pompe- 


93)  Caes.  3,  96.  Plut.  Pomp.  72.  App.  2,  470.  471.  479.  94)  lulii 
in.  Diess  geschah  aber  nicht  luu  Mllleinacht ,  App.  2 ,  470.  492 ,  wo  er 
uoch  nicht  vvusste,  dass  die  Entscheidung  nahe  sei,  sondern  Tor  de«  Angea 
des  Feindes,  riiit.  Caes.  43;  es  erhellt  anch  ans  seinen  Coiunicntaren. 
95)    App     2,   474.    475.  96)    Caes.    3,  88:  Rivas  (pudam.     Lucan.  7, 

MC.  224.  97)  Strabo  9,  432.  Tgl.  8,  356.  98;  2,  474.  99)  Auch 
l'aläpharsalns.  Strabo  17,  796.  Fronlin.  strat.  2,3.  §.  22.  Eiitroj).  6,  20 
(16;.  Oros.  6,   15.  Tgl.  Liv.   44,   l.  100)  Strabo  9,  431.  1)  Virg. 

(ieorg.   I,  490.  Ovid.  Met.  15,  824.  Flor.  4,  2.  {.   43.  2)   PolTb.    5, 

'19.    100.   Strabo    I.    c,   Stepb.    Bjz.  ▼.  Qi'ifiii  n.  'l'ü.innot.    Man  benutzte 


510  XXI.    lULII.        (3i.§.5i.) 

jus  besiegt  warcle,')  bezeicbnen  alte  Calender  den  nennten  An- 
glist. ')  Jener  Lalte  an  Kölnern  und  Italern  ausser  einer  Lag'cr- 
■wacbe  von  7  Coborten  und  2 ,  welcLe  ausg-edient  Latten  und  sicL 
wieder  einfanden,  110,  oder  45,000  Mann  zu  Fuss,  7000  lleu- 
ter  und  eine  grosse  Masse  leicliler  Trnppen;')  Cäsar  dagegen 
ausser  2  CoLorten  bei  dem  Gepücke  80  nicLt  vollzälilige,  oiler 
22,000  Blann  zu  Fuss,'')  und  1000  Reuter,  Gallier  und  Germa- 
nier ,  niimlicb  Belgier  von  geruianisclier  Abkunft.')  Im  Ganzen 
fochten  also  gegen  70,000  Italer.  Auch  Applan  btilt  diess  für 
das  Ricbtige,  und  bemerkt,  dass  Andere  400,000  nennen,')  eine 
übertriebene  Angabe,  selbst  wenn  man  die  Provincialen  und  Bun- 
desgenossen in  Rechnung  bringt. 

Pompejus  -wusste,  wie  wenig  er  ihnen  vertranen  durfte.  ') 
Seinen  linken  Flügel  bildeten  die  1.  und  3.  Legion,  früher  in 
Cäsars  Heere  unter  anderen  Namen,'")  und  fast  die  gesammte 
Reuterei,  welche  den  Feind  umgehen  und  dadurch  entscheiden 
sollte.  Deshalb  war  er  hier  selbst;  '  ')  unter  ihm  befehUgte  L. 
Domilius  Ahenobarbus  Cos.  54;  er  war  einst  zu  Cäsars  Nach- 
folger  in   Gallien    bestimmt,   und   hatte  nach  der  Uebergabe  von 


also  den  gleiclien  Namen  einer  nicbt  vreit  von  Fharsalas  entlegenen  Stadt 
n,  der  tbracischen,  um  es  als  etwas  verhängnissvolles  darzustellen,  dass 
die  Römer  zweimal  bei  (einem)  l'hilippi  einander  erwürgten.  3)  Vellcj. 

2,  52.  Crnentissimum  Romano  nomini  diem.  Lucan,  7,  411:  Hunc  (Roma) 
TOlnit  nescire  diem.  4)    V,  id.    Angnst.  (Sextil.)   Calendar.  Amitern,  M. 

Antintin.  in  A'^err.  Flacc.  Fast.  p.  112  ed.  Foggin.  nacli  der  nnbericlitigten 
Jahrform,  nach  der  jnlianischen  im  Jnni.  Noris.  Epoch.  Syromaced.  p.  163. 
Eckhel.  4.  p.  400.  Ideler  Handb.  d.  Chron.  1,  467.  Nach  keiner  aber  no- 
terlag Pompejus  an  einem  der  Tage,  an  welchen  er  (Ende  Sept.  a.  61) 
über  Blithridat  tiiumphirt  halte,  wie  "VVetzel  Vita  Cic,  p.  35  in.  ed.  Epist. 
ad  Farn,  auf  Dio's  Zengniss  annimmt.  Die  anliochenische  oder  cäsariani- 
sche  Aere  datirte"  nicht  von  der  wahren  Zeit  der  pharsal.  Schlacht ,  son- 
dern -vom  Herbste  des  vorigen  Jahrs.  5)  Caes.  3,  84.  88.  Hut.  Cacs. 
42.  Pomp.  69.  Nacii  Eutrop.  6,  20  (16)  n.  Gros.  6,  15  88  Coborten  oder 
40,000  INIarin.  6)  Caes.  3,  89.  Plnt.  11.  cc.  App.  2-,  471.  Nach  Gros. 
I.  c.  30,000  Mann.  7)  Caes.  3 ,  84.  App.  1.  c.  Oben  §.  20  in.  8)  2, 
471.  Flor.  4,  2.  §.  44:  300,000  ausser  den  lliilfstriii.pcn  der  Könige.  Oben 
{.  47.  A.  13.  9)  üben  §.  47.  A.  45.  10)  Caes.  3,  88.  Oben  f.  10. 
A.  21.  {.  38.  A.  95.  11)  Caes.  1.  c.  Nicht  auf  dem  recbtca  Flügel, 
riul.  Caes.  44,  l'oiup,  69. 


XXI.     R'LIL        (31.  §.51.)  511 

Corfmiiim  von  neuem  bei  Massilia  gegen  iLu  gefocLfen.  '  -)  In 
der  ]Mitle  stand  Q.  Bletelliis  Scipio  mit  den  sjriscLeu  Legionen, ") 
und  auf  dem  rechten  Flügel,  vrelcLer  sicli  an  das  sumpfige  Ufer 
des  Enipeus  lehnte,  L.  Lentiilus  Crus,  Cos.  49,'*)  mit  der  ci- 
licischen  Legion  und  den  Truppen  des  Afrauius  aus  Spauien 
nebst  600  Reutern.")  Das  ganze  Heer  TVar  wie  das  feindliche 
in  drei  Treffen  aufgestellt  und  jedes  Treffen  in  zehn  Gliedern.' ^) 
Es  bedurfte  keiner  Verrälher  oder  üeberläufer,  um  Cäsar  über 
die  Absichten  der  Pompejaner  zn  belehren ;  er  ■wusste ,  wie  je- 
der, dass'ihre  Stärke  in  der  Reuterei  lag,  und  dass  sie  diese 
nicht  am  Flusse,  nicht  gegen  den  linken  Flügel  verwenden 
konnten.  Für  ihn  bestinunte  er  daher  nur  die  9.  Legion,  wel- 
che bei  Dyrrhachiiim  sehr  gelitten  hatte,  nnd  die  achte  unter  M. 
Antonius. '  ^)  Cn.  Domitius  Calvinns  Cos.  53  sah  sich  in  der 
Mitte  wieder  Scipio  gegenüber,'*)  und  der  rechte  Flügel,  wo 
P.  Sulla  '  ^)  nnd  Cäsar  selbst  sich  befanden ,  wurde  der  bewähr- 
ten 10.  Legion  ^°)  und  der  Reuterei  angewiesen;  welcher  wie- 
der leichtes  Fussvolk  beigegeben  war.  Dem  ersten  Treffen  diente 
das  zweite  unmittelbar  zum  Rückhalt  und  zur  Unterstützung.- ')  Aus 
dem  dritten  Treffen,  ^velchem  es  besonders  zur  Pflicht  gemacht 
wurde,  ohne  ausdrücklichen  Befehl  sich  nicht  zu  regen,  zog  Cä- 
sar sechs  Cohorten,'^)  und  stellte  sie  stafFeliormig  ^  ^)  hinter  die 


12)  Domitii  Ahen.  No.  8.  A.  59.  Plnt.  11.    cc.   App.    2,   475.   Liican. 
7,  218  nennt  irrig  Lentulns.  13)     Caes.    3,  88.  Plnt.  App.  11.  cc.  tn- 

can.  7,  223.  14)   Wahrscheinlich    dieser  2.  Th.  551.  A.   23,    nicht  P. 

Lenlul.  Spinther  Cos.  57.  2.  Th.  543.  A.  47,  obgleich  auch  dieser  an  dep 
Schlacht  Theil  nahm.  Bei  App.  2  ,  475  wird  der  Anführer  nur  Lentnlus 
genannt;  auch  bei  Lucan.  7,  218  welcher  ihm  eine  falsche  Stellung  giebt, 
Caes.  1.  c.  erwiihnt  ihn  nicht.  IS)  So  Frontin.  sirat.  2,3.}.  22.  Oros. 
6,  IS  zählt  50O,  so  auch  Eulrop.  6,  20  (16),  welcher  auch  dem  linken 
FI.  nur  600  zutheilt.  Caes.  1.  c  lässt  sich  auf  solche  Einzelnheiten  nichl 
ein.  16)     Froutiii.    1.    c.    Flut.    Caes.    44.    App.    2,    475.    Gros.  1.  c. 

17)  Caes.  3,  89.  Cic.  2  Fhil.  29.  Flut.  1.  c.  I'omp.  69.  Anton.  8.  App.  2, 
475.  Dio  46,   15.  18)   Caes.  App.    II.    cc.  Flut.  Caes.  44.   Oben  §.  SO. 

A.  54.  19)  Oben  §.  49.  A.  23.  20)  Oben  §.  16.  A.  15.  21)  Fron- 
tin. 1.  c.  Dio  41,  60.  22)  Flut.  Pomp.  71  n.  App.  2,  475  berechnen 
sie  zu  3000  Blaun,  welches  zu  riel  ist,  u.  Flor.  4,  2.  {.  48  nennt  sie 
Germanier;  es  ist  nicht  wahrscheinlich,  dass  Cäsar  den  Ausgang  der  Schlacht 
von    Anderen    als   tou   seinen  Teteraaen  abhängig  maclile,  23)  Lucan. 


512  .  XXI.    lULII.         (31.  §.51.) 

zelinte  Legion,'*)  so  dass  sie  den  Raum  zwischen  den  beiden 
ersten  «nd  dem  driften  TrelFeu  ausfüllten,  und,  ^yie  dieses,  in 
eben  dem  Maasse  vorrückten,  als  jene,  •weil  sonst  doch  Lücken 
entstanden  sein  würden.  TV^enn  die  Reuterei  entwich,  wie  ihr 
geboten  wurde,  um  sie  nicht  nutzlos  aufzuopfern,^')  sollten  sie 
die  feindliche  empfangen,  und  die  Waffen  gegen  das  Gesi;lit 
richten,  damit  „die  schönen,  jungen  Tänzer"  ans  Furcht,  eut- 
stellt  zn  werden,  nra  so  gewisser  die  Flucht  ergriffen. ^^)  Für 
den  Fall,  dass  die  Pompejaner  bei  dem  unerwarteten  Wider- 
Stande weiter  zogen,  nnd  die  ganze  Stellung  umgiengen,  "wurde 
das  dritte  Treffen  geschont;  es  konnte  sich  dann  nach  aussen 
•wenden ,  nnd  das  Heer  war  auf  allen  vier  Seiten  gesichert ,  auf 
den  beiden  kürzesten  durch  den  Enipeus  und  die  sechs  C'ohor- 
len;  wenn  aber  die  Reuter  das  Schlachtfeld  räumten,  so  sollten 
jene  einscliwenken  und  der  zehnten  Legion  zur  Rechten  den 
Feind  überflügeln ;  • ')  ihre  Aufgabe  -war  daher  die  wichtigste, 
man  deutete  ihnen  an ,  dass  Ton  ihnen  das  Schicksal  des  Tages 
abhänge.  '^) 

Cäsar  mochte  in  der  Rede  an  seine  Soldaten  ihrer  Siege  ge- 
denken; dass  er  sie  von  der  Gerechtigkeit  seiner  Sache  unter- 
hielt, war  vollkommen  überHüssig,  weil  sie  ihnen  gleichgültig 
■war;  deshalb  sprach  er,  "wie  es  scheint,  nicht  von  der  Ursache 
des  Streites,  sondern  nur  von  seinen  wiederholten  Versuchen, 
ihn  friedlich  beizulegen.^')  Mit  welchen  Worten  Pompejus  die 
Seinigen  ermuthigte,   ist  leicht  zu  erachten,    sie  werden  uns  aber 


7,  521.  Frontill.  2,  3.  §.  22.  Vgl.  Roesch  Conimentar  über  die  Comm. 
Cäsars  S.  301  f.  Der  Plan  in  Kausler's  Atlas  der  nierkw.  Schlachten  S.  69 
erläutert  nichts.  24)  Plnt.   Caes.  44.  Pomp.  69.         25)  Plnt.  Pomp.  71. 

26)  Plnt.  Pomp.  69.  71.  Caes.  45.  App.  2,  475.  Flor.  4,  2.  f.  50  n. 
Oros.  6,  15:  Uliles,  faciem  fieri!  Polyaen.  strat.  8,  23.  §.  25.  Fronlin. 
4,  7.  C.  32.  Riitgers.  A''ar.  Lect.  1,  4  verwirft  diese  Erklärung,  weil  die 
jnngen  Ritter  bei  einem  solchen  Grade  Ton  Eitelkeit ,  als  sie  voraussetze, 
in  der  Verzweiflung  nur  nm  so  muthiger  gefochtea  haben  würden;  Cäsar 
habe  vielmehr  durch  "Wunden  im  Gesichte  Freunde  n.  Verwandle  einander 
nukeualUch  machen  wollen,  damit  mau  sich  nicht  nniarmte,  statt  sich  zn 
lüdten.  Ohne  Zweifel  sollten  die  Ritter  nur  lächerlich  n.  verächtlich  n. 
die  eigenen  T™ppcn  dadurch  erraulhigC   werden.  27)    Flut.    Pomp.    71. 

Flor.  4,  2.  §.  47.  28)  Caes.  3,  89.  94.  29)  ners.  3,  90.  App.  2, 

473.  474.  Dio  41,  57.  Lucan.  7,  250. 


XXI.    lULn.        (31.^.51.)        513 

nicht  mitgetheilt. '")  Beide  legten  iLre  Gaben  und  Erfahning-en 
in  die  Wagschaale ;  es  handelte  sich  nicht  um  einen  Triumph, 
sondern  nm  das  Reich,  ja  noch  mehr;  für  Beide  war  der  WalJ- 
platz  die  Welt;  wer  ihn  verlassen  musste,  der  fand  keinen  an- 
dern ,  wo  er  seinen  Feldherrnruf  wiederherstellen  konnte,  er  fand 
nicht  einmal  einen  Znflachtsort ;  für  seinen  Nebenbuhler  halte  er 
erobert  und  gelebt.^')  Auch  ihre  Anhänger  fühlten  die  Bedeu- 
tung des  Tages,  „an  welchem  eine  der  beiden  Sonnen  unterge- 
hen sollte;"  Rom  hatte  sich  zwischen  ihnen  getheilt,  sein  Sieg 
und  seine  Niederlage  waren  Eins.  ^^) 

Zum  Feldgeschrei  wählte  Cäsar :  Venus  Victrix ,  wie  später 
bei  niunda,  und  Pompejus :  Hercules  invictus. '^)  Der  Kampf 
verzögerte  sich  nicht,  weil  jene  etwa  mit  Thränen  im  Auge  An- 
stand nahmen,  Bürger  gegen  Bürger  zu  führen,  oder  diese  selbst, 
welche  ihn  mit  Ungeduld  gefordert  hatten , ' ')  vor  ihm  zurück- 
bebten,*') sondern  Pompejus  befahl  nur,  auf  den  Ralh  des  C 
Valerius  Triarins ,  wie  man  glaubte,*^)  den  Angriff  zu  envar- 
ten,  damit  die  Feinde  athemlos  und  nicht  in  fest  geschlossenen 
Gliedern  anlangten  und  ihre  Wnrfspiesse  weniger  tief  verwunde- 
ten,*') nach  Cäsars  ürtheil  ein  Fehler,  da  der  rasche  Anlauf 
wie  der  Trompetenklang  und  das  Kriegsgeschrei  den  Soldaten 
aufrege  und  den  Gegner  schrecke.  Gleichwohl  lag  es  für  ihn 
ausser  der  Berechnung ;  seine  Legionen  ruhten  daher  einige  Augeu- 
,blicke  in  der  Mitte  des  Zwischenraums,  und  als  die  Ponipejaner 
sich  auch  jetzt  nicht  bewegten,  schleuderten  sie  im  erneuerten 
Laufe  ihre  Spiesse,  und  griffen  dann  sogleich,  wie  ihnen  gebo- 
ten war  und  bei  grosser  Erbitterung  ohnehin  zu  geschehen  pflegte, 
zum    Schwerdte.  ")     Voran   kämpfte    Cajus    Crastinus,    welcher 


30)  Nur  in  erdicliteten  Reden  von  App.  «.  Dio  11.  cc.  n.  v.  Lucau. 
7,  342.  31)    Dio   41,    55.    56.   App.  2,  476.  Julian.  Caesares  p.  321. 

ed.  Spanh.  32)  VeUej.  2,  52.  Dio  41,  57.  33)  App.   2,  475.   vgl. 

493.  34)   Caes.  3,  90.  Plnt.  Caes.  43.  Pomp.  68.  35)   App.  1.  c. 

n.  476.  Dio  41,  58.  36)  Cnes.  3,  92.  Tgl.  das.  5  n.  oben  §.  47.  A.  31. 
37)  Caes.  1.  c.  Plnt.  Caes.  44.  Pomp.   69.  App.  2,  477.  38)    Caes.  3, 

93.  Also  niclil  Pompejus  brach  zuerst  herTor,  weil  er  eR\"a  Unrulie  und 
Unordnnng  nnter  seinen  Hiilfstruppen  bemerkte  und  fürchtete,  sie  werde 
sich  weiter  verbreiten;  Plnt.  Pomp.  69.  App.  2,  476,  anch  bescblcuniglen 
beide  Feldherren  das  Gefecht  nicht  aus  Uesorguiss,  ilire  Heere  müchteu 
sich  versöhuen.     Dio  4l ,  58. 

l).-uiuaim,   Ucscliicbtc  Uoins  HI.  33 


514,  XXI.     lULn.        (31.  §.51.) 

noch  im  rorig'en  JaLre  erster  Centiirio  der  zehnten  Leg'ion  g;ewe- 
sen  und  wieder  in  sie  eingetreten  war.  RDt  einem  Zurufe  an 
seine  ehemaligen  Gefalirfen  und  der  Versicherung,  lebend  oder 
todt  wolle  er  heute  den  Dank  des  Imperator  verdienen,  öffnete 
er  die  feindliche  Linie,  der  Bravste  unter  den  Braven,  deren 
120  ihm  folgten;  als  er  erschlagen  w^urde,  war  man  auf  diesem 
Flügel  schon  überall  im  Handgemenge.  ^^)  Jetzt  wogte  Pompe- 
jns  Reuferei  mit  dem  ganzen  Schwärme  von  Sclilenderern  und 
Bogeuschiitzen  gegen  die  cäsarianische  heran,  welche  dem  gewal- 
tigen Andränge  nicht  widerstand,  aber  langsam  und  in  Ordnung 
zurückwich;  jene  verfolgte  mit  immer  grösserer  Hitze,  ihre  Ge- 
schwader dehnten  sich  aus,  und  nmfassten  schon  das  Heer  anf 
der  verwundbarsten  Seite,  auf  der  rechten,  als  die  sechs  Cohor- 
teu ,  welche  sie  bis  dahin  nicht  hatte  bemerken  können,  sich  ihr 
enf  gegen  warfen ,  so  dass  sie  im  Schrecken  die  höchsten  Hügel 
hinanritt,  und  nach  einem  furchtbaren  Gemetzel  unter  den  leich- 
ten Truppen  Pompejus  linken  Flügel  umgiengen,  welcher  sich 
gegen  sie  nnd  die  zehnte  Legion  zugleich  vertheidigen  musste. 
Cäsar  war  vor  Ueberllügeluug  gesichert,  er  konnte  das  dritte 
Treffen  heranziehen,  die  Ermüdeten  zu  ersetzen,  für  die  Feinde 
die  Loosung  zu  einer  allgemeinen  Flucht ,  auch  für  die  Mitte  und 
den  rechten  Flügel,  wo  man  mit  wechselndem  Glücke  gefochten 
hatte. 

Als  Pompejus  seinen  Plan  vereitelt  sah,  lenkte  er  sein  Pferd 
mit  dumpfem  Schmerze  nach  dem  Lager,  und  gebot  der  Thor- 
wache  ,  ihren  Posten  zu  behaupten  ;  er  werde  auch  übrigens  die 
geeigneten  Massregeln  treffen ;  er  begab  sich  aber  in  sein  Zelt,  ohne 
ferner  ein  Wort  zu  sprechen,  und  liess,  wie  betäubt,  das  Schick- 
sal walten.  * ")  Sein  Heer  war  nur  verscheucht  und  aufgelös't ; 
die  Reuterei  konnte  den  Rückzug  decken,  bei  einer  trägen  oder 
unvorsichtigen  Verfolgung  die  Schande  tilgen ,  und  eine  neue 
Aufstellung  möglich  machen;  diess  sollte  verhindert,  nicht  bloss 
die  Schlacht  sondern  der  Krieg  sollte  geendig-t  werden,    ein  hal- 


39)  Caes.  3,  91.  99.  Flor.  4,  2.  §.  46.  Pliit.  Pomp.  71.  Cacs.  44. 
App.  2,  479;  Beide  entstellen  seinen  Namen.  Cäsar  bestimmte  ihm  auf 
dem  Schlarhifelde  ein  besonderes  Grab ,  eine  grosse  Auszeichnung.  App. 
I.  e.  40)   Caes.  3,  94.  Plnt.   Pomp.  72.  Caes.  45  n.  App.  2,  478  erin- 

nern an  Ajax.     (II.   II,  544)  Zon.   10,  9. 


XXI.    lULII.         (31.  §.51.)        515 

ber  Sieg  genügte  Cäsar  nicLt,  und  ancb  aus  diesem  Grunde  eni- 
pfaLI  er,  nur  die  Hülfstrnppen  zu  tödten  nnd  die  Bürger  zu 
schonen ,  damit  sie  im  ersten  Sdirecken  sieb  ergaben,  * ' )  Die 
Truppen  begriffen,  was  Noth  war,  aber  sie  wollten  iiud  ver- 
mocbten  es  aucb;  vom  Kampfe  in  einer  gliibenden  Hitze  enniidel 
erstürmten  sie  um  Mittag'*)  das  feindlicbe  Lager,  dessen  Be- 
satzung, 7  Coborten  und  Barbaren,  besonders  Tbracier,  nach 
einer  Lefligen  Gegenwebr  auf  die  rückwärts  liegenden  Höben 
entwich,  wo  auch  die  meisten  Flüchtlinge  aus  der  Schlacht  Ret- 
tung suchten.  In  diesem  Getümmel  erwachte  Pompejus  aus  der 
Erstarrung;  mit  dem  Ausruf:  auch  ins  Lager  also!  warf  ersieh 
auf  ein  Pferd;  AVenige  begleiteten  ihn  auf  der  Strasse  von  La- 
rissa. '^)  Die  Sieger  wollten  nun  plündern  und  geniesseu,  was 
die  Feinde  zum  Festmahle  bereitet  haften,  ihr  Tagewerk  war 
aber  noch  nicht  gelhan ;  sie  fiengen  an ,  die  Pompejaner  auf  den 
Höhen  mit  Linien  einzuschliessen ,  nnd  als  jene  in  der  Rich- 
tung Ton  Larissa  weiter  zogen,  eilte  ihnen  Cäsar  mit  4  Legionen 
auf  einem  Räume  von  6000  Schritten  voraus  nnd  trennte  sie  auf 
dem  Berge,  welchen  ihre  Massen  bedeckten,  durch  Schanzen 
noch  spät  am  Abend  vom  Enipeus.  Der  Mangel  an  Wasser 
zwang  sie  zu  unterhandeln ;  am  andern  Morgen  stiegen  sie  in 
die  Ebene  hinab  uud  streckten  die  Waffen.  Nach  seiner  eigenen 
Angabe  verlor  Cäsar  nur  30  Centnrionen  nnd  200  Soldaten;  die 
zehnte  Legion  bestand  aber  anfangs  einen  blutigen  Kampf,  und 
auch  die  Eroberung  des  feindlichen  Lagers  kostete  Opfer;  daher 
rechneten  Andere  1200.*')  Ueber  die  Zahl  der  erschlagenen 
Pompejaner,  unter  welchen  auch  L.  Domilius  sich  befand,'*) 
konnte  man  sich  keine  Gewissheit  verschaffen;  nicht  Alle  waren 
gefallen,  welche  die  Gefangenen  in  ihren  Reihen  vermissten, 
etsva  15,000;  mehr  als  24,000  hatten  sich  ergeben,  zum  Theil 
in  den  umliegenden  Castellen  an  P.  Sulla;  an  Trophäen  zeigte 
man  9  Adler  und  180  andere  Feldzeichen.  '*) 


41)  Sneton.  75.  Flor.  4,  2.  §.  50:  Farce  cifibns.     App.  I.  c.  Polyaen, 
siral.   8,   23.   {.  29.  42)  Caes.  3,  95.  App.  1.  c. :  gpgen  Abend.     Ln- 

can,  7,  731.  Plnt    Zon.  U.  ec.  43)    Caes.  3,  96.  PUt.  U.  cc.  App.  2, 

479.  Liv.  111.  Lucan.  7,  712.         44)  Caes.  3,  99.  App.  1.  e.  45)  Do- 

miiii  Alien.  No.  8.  A.  60.  46)    Caes.  I.  c.    Oros.  6,    15.    Plnt.  Pomp. 

72  u.  Caes.  46  u.  App.  2 ,  479  lasen  in  dem    Werke   des  Asinins   PolUo, 

33* 


516  XXI.   niLir.      (3i.§.  .01.) 

Cäsar  sagte,  als  er  <las  SrIJacliffeld  übersali,  zu  seiner 
KecLffertigniig- :  sie  Laben  es  so  gewollt-,  iiacL  so  vielea  TLateii 
würde  ich  verurtLeilt  sein,  weDn  ich  ohne  Heer  vor  ihnen  er. 
schienen  ■wäre.*')  Er  wurde  nicht  Imperator,  wie  Pompeju^ 
bei  Dyrrhachium,  und  forderte  kein  Dankfest,  keinen  Triumph;*") 
von  Pharsahis  hoffte  er  nach  Italien  zurückzukehren,  dann  war 
das  römische  Volk  nur  Eine  Familie  und  er  ihr  Haupt.  Seine 
Milde  gegen  die  Ueberwundenen  wurzelte  in  der  ihm  natürlichen 
Menschenfreundlichheit ,  aber  auch  in  dieser  Voraussetzung  ;*'■') 
eine  so  starke  und  edle  Seele  verschmähte  nutzlose  Rache,  Des- 
halb vernichtete  er  die  Briefe  unter  Pompejus  Papieren,  ohne  sie 
zu  lesen;*")  er  fand  es  in  der  Ordnung,  dass  man  in  bürgerli- 
chen Unruhen  Partei  nahm,  wie  Grundsatz,  Neigung  oder  Ver- 
hältuisse  es  mit  sich  brachten,  auch  war  es  ihm  nicht  unbekannt, 
dass  Viele  aus  Zwang  für  seinen  Gegner  fochten ;  nur  sollte  man, 
einmal  gefangen  und  begnadigt,  das  Rriegsrecht  ehren,  und  dann 
später  nach  Pompejus  Tode  den  Kampf  nicht  fortsetzen,  weil 
man  nach  dem  Verluste  des  Führers,  nach  der  Erfahrung,  dass 
selbst  dieser  nichts  vermocht  hatte,  nur  noch  Befriedigung  eines 
persönlichen  Hasses  zu  suchen  schien. ' ' )  Die  Fürsten  also,  un- 
ter welchen  Dejotarus  nicht  durch  die  Theilnahme  am  Kriege 
seine  Gunst  verwirkte,  und  die  römischen  Optimaten  durften  auf 
Verzeihung  rechnen,  wenn  sie  jetzt  die  AVaffen  niederlegten 
wie    M.    Brutus.'')       Die    Legionare    vertheilte    er    unter    das 


eines  Angenzengen,  (2.  Th.  S.  5.  A.  31)  dass  nnr  COOO  Soldaten  des  Fom- 
pejus  getödtet  seien ;  die  übrigen  waren  IliilTstnippen  nnd  Sclaven ,  -welche 
man  im  Lager  fand.  47)    Sueton.  30.  Plnt.  Caes.  46.  Cic.  p.    Ligar.  6: 

Tna  quid  aliud  arma  Toluernnt,  nisi  a  te  contnmeliara  propnisare?  <Juid 
egit  tnns  ille  in\ictns  exercitns,  nisi  nt  snom  ins  Jueretur  et  dignicalem 
tuam?  48)  Cic.  14  Pliil.  8:    Ad  te  ipsnm,    P.  Semli ,   (Cos.  48)  num 

misit  iiUas  collega  literas  de  illa  calaniilosissima  pngna  Pharsaliae?  Num 
te  de  snpplicatione  \oliiit  reXerre?  Profecto  noluit.  —  Pharsalicae  pngnae 
ne  triumphiiin  qnideni  egit.  49)    Cic.  p.  Ligar     6.    p.  Dciol.    12  :    Onae 

semper  in  civili  \icloria  .S('nsimii.s,  ca  te  Victore  non  'vidiiniis.  Solns  inqnam 
es,  C.  Caesar,  cnius  in  victoria  ceciderit  nemo,  nisi  armatns.  Liv.  111. 
Vcllej.  2,  52  fin.  Flor.  4,  2.  §.  ^0:  Pensatnm  dementia  bellum.  Dio 
41,  62.  50)    Plin.    7,    26  (25).  Seaeca  de  ira  2,  23.  Dio  41,  63.  vgl. 

43,   13.   17.  44,  47.  u.  liier  }.  59.  A.  17.  51)    l>io    41  ,   62.   44,    45, 

52)  Plnt.  Brut.  6.  Caes.  46.  02.  Dio  41,  63.  4t,  47.  Zonar.   10,  9.  Vcl- 


XXI.    lULlI.        (31.  §..02.)        517 

Ileer.")  Um  den  Ort  aiiszu/.eicLnen ,  bei  welchem  er  den  fol- 
;;i'nreicLsten  seiner  Siege  erfoclit,  erklärte  er  PLarsaliis  für  frei.'*) 
Lfbrig-ens  dachte  er  jetzt  nur  auf  die  Verfolgung  des  Feindes; 
die  Truppen ,  welche  bis  dahin  unter  grossen  Anstrengungen  ihn 
begleitet  haften ,  giengen  zurück ,  wogegen  die  anderen  vom  La- 
gerplatze zu  ihm  stiessen ;  schon  am  Tage  nach  der  Schlacht  war 
er  ia  Larissa.  ^ ') 

§  52. 

(a.  48.)  Das  Glück  hatte  Pompejus  erhoben,  nnd  er  über- 
liess  sich  dem  Wahne,  dass  er  seine  Grösse  sich  selbst  verdanke 
und  mit  eigener  Kraft  noch  höher  steigen  könne, '^)  obgleich  er 
die  Mittel  zu  seineu  Unternehmungen  ausser  sich  fand,  und  un- 
geheure Mittel,  mit  welchen  er  iiberdiess  meistens  dann  erst 
wirkte,  Avenn  das  Schwierigste  durch  Andere  geschehen  war; 
als  Besiegter  auf  sich  angewiesen  that  er  nur  noch  einen  Schritt, 
den  Schritt  zum  Grabe.  Nach  der  Vereitlung  des  SclJachtplans 
verzweifelte  er  an  der  Schlacht,  nach  dem  Verluste  der  Schlacht 
an  sich  selbst;  dem  plötzlichen  Erwachen  nach  einen»  langen, 
süssen  Traume  konnte  nur  Betäubung  folgen.  Er  hatte  sich  von 
der  Flotte  entfernt  und  dem  Heere  keinen  Sanmielplatz  bezeich- 
net, vielleicht,  weil  es  zu  den  Kränzen  einer  vom  künftigen 
Siege  berauschten  Nobililät  nicht  stimmte,^')  dennoch  war  ihm 
nicht  jeder  Weg  zur  Rettung  versperrt;  das  Lager  bot  ihm  einen 


lej.  2,  52.  (A.  Vict.)  de  vir.  iU.  82,  Dio  41,  62  irrt,  wenn  er  von  Hin. 
riclilnngen  spricht ,  -welclien  die  Fürbitte  der  Freunde  ein  Ziel  gesetzt 
habe;  erst  später  Tergab  Cäsar  Manchen,  scheinbar  -weil  Andere,  nnd  selbst 
Begnadigte  ein  Fürwort  "'inlegten ,  um  Mehrere  zugleich  sich  zu  verpHich- 
ten.  Sneton.  75:  Nemini  non  snornm,  quem  Teilet,  nnnm  partis  adversae 
servare  concessit.  l'lnt.  Brut.  6,  Caes.  62.  Polyaen.  strat.  8,  23.  §.  30.' 
Tgl.  Dio  43,  13.  53)    Dio    41,    62.    Flut.    Caes.  46.    Zonar.  1.   c.  Tgl. 

Caes.  3,   98.  54)  Plin.  4,   15  (8)  nnterscheidet  die  Stadt  durch  diesen 

Znsatz  von  anderen;  die  Vergünsligung  vrnrde  nicht  anf  alle  Thessalier 
ausgedehnt,  Flut.  Caes.  48  nicht  einmal  auf  alle,  Trelche  sich  an  Cäsar  an- 
geschlossen hatten.  App.  2 ,  482.  Vgl.  Dirksen  über  die  Uhcrae  ci^'itates 
in   dessen  Versuchen  zur  Kritik  S.   140.  55)  Caes.  3,  98.  56)   Cic- 

p.  Sext.  31.  VeUej.  2,  53:  In  id  eveclus,  super  quod  asccndi  non  polest* 
Flut.  Fouip.  73,  App.  2,  481.  482.  Diu  42,  1.  57)  Dio  I,  c. 


518  XXI.    lULII.        (31.  §.52.) 

Halfpiinct,  und  er  machte  keinen  Gebranch  davon;  seine  Tmppen 
bedeckten  die  nahen  Höhen,  und  er  zeigte  sich  ihnen  nicht,  für 
die  Zerstreuten  einen  Stamm  zu  bUden,'^)  an  der  thessalischen 
Küste  in  Verschanzung-en  oder  hinter  den  cambunischen  Gebirgen 
in  Macedonien  seine  Schiife  zu  erwarten,' 8)  dem  Osten  Ehrfurcht 
zu  gebieten,  und  Aufnahme  und  Hülfe,  wohin  er  sich  auch  wen- 
den mochte,  zu  erzwingen;"")  welche  Kräfte  er  unbenutzt  liess, 
beweisen  die  Schiachten  von  Thapsus  und  Munda;  er  bereute  es 
nicht;  wie  versichert  wird,  denn  es  stand  bis  zum  letzten  Augen- 
blicke bei  ihm,  den  Fehler  zu  verbessern.  * ' )  Nur  vier  Freunde 
folgten  ihm  nach  Larissa  ,  wohin  er  in  einer  Vermnmmung  ent- 
floh. *')  Die  Zahl  seiner  Begleiter  vermehrte  sich  in  der  Nacht 
auf  dreissig,  dennoch  gieng  er  aus  Furcht  verrathen,  oder  vom 
Feinde  ereilt  zu  werden,  nicht  in  die  Stadt,  *^)  sondern  zog  so- 
gleich weiter  durch  das  Thal  Tempe  nach  der  Mündung  des  Pe- 
neus.  ^*)  Hier  bestieg  er  mit  Lentulus  Spinther  Cos.  57,  Len- 
tulus  Crus  Cos.  49 ,  mit  Favonius  und  einigen  anderen ,  zn  wel- 
chen noch  Dejotarus,  der  Galatier,  kam,  ein  kleines  Fahrzeug. 
Zu  gelegener  Zeit  begegnete  ihm  das  Getraide-Schiff  des  Römers 
Peticius,^')  welcher  ihn  kannte  und  ihn  mit  seinem  Gefolge 
aufnahm ,  obgleich  er  die  ürsach  seiner  Reise  errieth  und  keine 
Verpflichtungen  gegen  ihn  hatte.  Auch  Favonius  ehrte  den  ge- 
fallenen Helden;  er,  ein  Prätorier,  bediente  ihn,  da  die  Sclaven 
an  der  Küste  entlassen  waren."*) 

Pompejus  blieb  eine  Nacht  bei  Amphipolis  vor  Anker ,  um 
sich  durch  seine  Gastfreunde  mit  Gelde  zu  versehen;  der  Befehl, 
in  der  ganzen  Provinz  Macedonien  auszuheben,  sollte  die  wan- 
kelmülhigen  Griechen  über  seinen  Zustand  täuschen"^)   und   ihn 


SS)    Ders.   42,    2.   Liv.   112.   Lncan.  8,  273^,  Sparsit  potins  Pharsalia 
nostias   quam  snbTertit  opes.    Flor,  4,  2.    ^.    65.  59)    Lncan.    8,    35. 

60)  Cic.  ad  Att,  11,  6.  §.  3:  Desperatio  remm  eins  omninm  regiun  et  po- 
pulornin  animos  occnparat.  61)    Flut.   Pomp.  76.  62)  App.  2,  479. 

Oben  §.   51.  A.  43.  63)  Dia  42,  2  glanbt,   weil  er  nicht  yroUte,    dass 

Cäsar  sie  für  seine  Znlassnng  bestrafte.  Er  empfahl  ihr,  wie  dann  den 
Lesbiern,  sich  zn  unterwerfen.  Ders,  1.  c.  Valer.  M.  4,  5.  §.  5.  Lncan. 
7,  720.  64)  Caes.  3,  96.  65)  Wenn  Plnt.  Pomp.  73   den  wahren 

Namen   g!ebl.  66)   Fiat.    L   c.   App.   2,  479.  Dio  42,  2.  Caes.  3,  96. 

Vellej.  2,  53,    Flor.  4,  2.  {.  51.  67)  Caes.  3,  102.    Flut.  Pomp.  74. 

Zonar.  10,  9. 


XXI.     lULII.         (31.  §.52.)         51J) 

sicnern.     Aber  bald  vertrieb  iLn  das  Gerücht  von    Cäsars    Annü- 
Lerung'.     Bei  Mitylenä^')  inocLfe  er  eben  so  ■wenig    landen;    er 
bescLied  Cornelia  mit  dem  jungem  .Sohne  Sextus  auf  das  ScliifF.*') 
.Seine  Gemahlinn  war  nur  von  dem  Siege    bei    DjTrhachinm    un- 
(errichtef;    sie    wurde    tief   erschüttert,    als    sie    unvorbereitet    das 
Schrecklichste    vernahm ;    ihm    aber    konnte    bei  seiner  Kälte  und 
Verschlossenheit  nichts  ferner  liegen ,  als  dass  er  durch  eine  Un- 
terredung mit  dem  lesbischen  Philosophen  Cratippus  sich  zu  bern- 
lugen suchte,  wenn  auch  der  Grieche  sich  ihm  aufdrang. ' ")    Wi- 
drige Winde  nöthigten  ihn ,  zwei  Tage  bei  der  Insel   zu  verwei- 
len,  ■wo    er  Dejotarns  die  Rückkehr  nach   Galafien  gestattete,'') 
nnd  zur  grössern  Bequemlichkeit  für  sich  und  die  Seinigen    noch 
einige    Schiffe   miethete.      Die    Nachricht   von   seiner    Niederlage 
verbreitete  sich  so  schnell,  dass  er  an  der  Küste  von  Vorderasien 
nur  anlegte,  um  Wasser  und  Lebensmittel  einzunehmen.     Etwas 
länger  blieb  er  jedoch  zu  Altalia  in   Pamphjlien,   ohne   Zweifel, 
•weil  hier  Kriegsschiffe  zu  ihm   stiessen,  und  auch  noch  mehrere 
Senatoren,    deren  Zahl  angeblich  jetzt  60  betrug.'^)     In  Syedra 
oder  Sydra,'^)   einem  öden  Orte  im  rauhen  Ciücien,  musste  man 
sich  endlich  über  ein  letztes    Ziel   der    Reise    einigen. '  *)     Pom- 
pejas   stimmte    für    das    mächtige   Parthien.  ")     Im    Anfange  des 
Krieges  hatte  der  König  Orodes  ihm   seinen  Beistand  versagt  und 
den  Gesandten    Hirrus    in    Fesseln    gelegt,    weil  er    ihm    Syrien 
nicht  abtreten    wollte;'*)    es   ■war   vorauszusehen,    dass    er    jetzt 
noch  weit  grössere  Opfer  fordere,    und  ^venn  man  ihn  selbst  in 
die  römischen  Provinzen  führte,    nach    Willkühr  nehmen  werde J 


68)  So  die  meisieo  Handschriften ;   anf  den  Münzen  Mytilenä.     69)  Obea 
j.  47.  A.  57.  §.  49.  A.  40.  70)  Caes.  1.  c.    Plnt.  Pomp.  74.  75.    Oben 

§.  40.  A.  32.  71)    Lucan.    8,  210.  240.  243.  Cic.  p.  Deiot    S.  de  div. 

2,  37.  Tgl.  Plnl.  Pomp.  73.  72)    Plnl.    Pomp.    76.   Zonar.    10,  9.  Ln- 

can.    8,    250    Tgl.    25S   lässt   ilin    bei    der  pamphyl.   Stadt  Phaseiis  landen. 

73)  S.    Saliuas.    zu    Flor.    4,     2.    J.    51    n.    Burmann    zu    Lucan.  8,  259. 

74)  Lncan.  I.  c.  nimmt  au,  dass  die  Berathang,  deren  Caes.  3,  102  nicht 
gedenkt,  hier  Statt  gefunden  habe,  nicht,  \T>e  Plnt.  Pomp.  77  glaubt,  ia 
Cyprns;  die  Fahrt  nach  dieser  Insel  be'weis't,  dass  man  schon  Torher  be- 
schlossen halte,  nach  Aegjpten  zn  gehen.  75)  Plnt.  Pomp.  76.  App. 
2,  480.  Lncan.  8,  289.  Auch  Caes.  3,  103:  dcposito  adeuudae  Sjriae 
consilio,  Vellej.  2,  53.  Flor.  4,  2.  J.  51  u.  Dio  42,  2  denten  darauf  hin. 
76)  Oben  {.  47.  A.  24. 


520  XXI.     lULn.         (31.  §.52.) 

cleslialb  Lielt  Dio  den  uiigereimlen  VorscLlag  fiir  erdicLtet;  dem 
•widerspreclien  aber  die  anderen  Zeugnisse,  und  wenn  man  einmal 
das  Rechte,  ■welches  ziig-leich  das  Nächste  war,  übersah,  nicht 
nach  Corcyra  zur  Flotte  znriickgieng  und  mit  ihrer  Hülfe  die 
zahlreichen  Schaaren  der  FliichtÜuge  wieder  an  sich  zog,  so  blieb 
nur  das  Verkehrte  übrig.  Offenbar  entschied  in  dieser  Ver- 
sammlung Theophanes  der  IMitjlenä'er  und  Pompejus  Günstling, 
und  er  hatte  längst  den  Rückzug  nach  Aegypten  beschlossen.  Die 
Gründe,  mit  welchen  er  die  Gutachten  Anderer  bestritt,  warea 
gesucht:  den  meineidigen  Parthern  dürfe  man  sich  nicht  an- 
vertrauen, schon  aus  Rücksicht  auf  Cornelia  nicht;  Leben  und 
Ehre  der  schönen  Wittwe  des  P.  Crassus  würden  gefährdet 
sein.  ")  Man  nannte  nun  Juba  den  Numidier ;  Curios  Untergang 
und  die  Ermordung  der  Gefangenen  verbürgten  seinen  Ilass  gegen 
Cäsar  und  machten  eine  Versöhnung  mit  ihm  unmöglich;  '  ^)  an 
seinen  Gränzen ,  in  der  Provinz  Africa  standen  noch  Truppen, 
vom  Heere  der  Aristocratie ;  an  der  Spitze  der  Flotte  und  der 
Besatzungen  von  den  Inseln  des  ionischen  Meers  erschien  Pom- 
pejus nicht  als  flehender  Abenteurer,  allein  Theophanes  erklärte, 
diesen JBundesgenossen  für  zu  schwach;  warum  man  den  nächsten 
und  sichersten  Zufluchtsort  versclimähen  wolle  ?  In  drei  Tagen 
könne  man  am  NU  sein,  wo  Pompejus  eine  Flotte,  Geld  und 
Getraide  finden  werde,  nnd  einen  König,  dessen  Vater  ihm  seine 
Herstellung  verdanke,")  der  ihm  Schiffe  geschickt  und  dadurch 
seine  Verpflichtungen  bereits  anei-kannt  habe.  "")  Dieser  Ralh 
Wurde  befolgt.  *') 

Blan  setzte  nach  Cyprns  über,  nach  der  Stadt  Paphos.  *') 
Wenn  es  schmerzliche  Gefühle  in  Pompejus  erregte,  dass  An- 
tiochien  nnd  die  dort  lebenden  Römer  sich  bewaffneten,  um  ihn 
an  den  Thoren  zurückzuweisen,  wie  er  jetzt  erfuhr,  so  musste 
die  Nachriclit  von  einem  Bürgerkriege  in  Aegypten  ihn  noch  weit 


77)  2.  Th.  27.  Phit.  n.  App.  11.  cc.  tncan.  8,  328  fheilt  einem  Len- 
tulus  (oben  A.  65)  die  Rolle  lies  Ttieoph.mcs  zn,  aber  Beide  b.ilten  sich 
schon  \on  Pompejus  getrennt.     Caes.  3,  102.    S.  unten  A.  22.  78)  Oben 

J.  44.  79)    Gabinü   No.   5.    §.   2.  A.   22.  80)  Oben  §.  49.  A.  8. 

81)    riut.    n.   App.  U.  cc.    Liv.  112.    Caes.  3,  103.     VclUj.   2,  53.    üio 
42,  2.    Flor.  4,  2.    §.  51.    Zonar.   10,  9.  82)    Cic.  2  l'liü,   15.    Val.  M. 

I,   5.  ^    6.    Lucüu.   8,  458.    Cucä.  3,  102. 


XXI.    lüLII.        (31.  §.52.)        521 

melir  bennmLig'en.  IVacL  dem  Testamente  des  Ptolemäiis  Aiiletes, 
•welchen  Gabiniiis  tnit  geheimer  Vollmacht  von  Pompejus  im  J.  55 
dem  Lande  wieder  aafg'edriing-eu  hatte,"')  sollten  liier  seine 
ältere  Tocliter  Cleopatra  und  sein  älterer  Sohn  Ptolemäus  Dionysus 
gemeinschaftlich  regieren,  und  sich  mit  einander  vermählen,  die 
Römer  aber  über  die  Vollziehung  wachen.'''')  Der  König  zählte 
nur  13  Jahre;'')  er  stand  unter  der  Vormundschaft  des  Pothinu.s, 
eines  ehrgeizigen  und  habsüchtigen  Verschnittenen,*^)  nach 
welchem  Achillas  als  Anführer  des  Heers  den  meisten  Einfluss 
hatte,  ein  Verv\egener  und  mit  ihm  einig,  wenn  es  sich  darum 
handelte,  zur  Befriedigung  ihrer  Leidenschaften  Verbrechen  zu 
begehen.^')  Beiden  schmeichelte  Theodotus,  ein  Rhetor  und 
Sophist  aus  Chios  und  Lehrer  des  Königs,  über  welchen  er  viel 
vermochte,  daher  sie  auch  ihn  nicht  entbehren  konnten.  '')  Ei- 
nige Blonate  vor  den  Ereignissen  in  Thessalien  vertrieben  sie 
Cleopatra,  eine  kluge  und  entschlossene  Fürstinn  und  schon  im 
reifern  Alter,  um  sich  in  ihrer  Stellung  zu  behaupten.  Blit 
■welchem  Rechte  sie  jetzt  schon  beschuldigt  wurde,  dass  sie  ihren 
Bruder  verdrängen  wolle,  ist  ungewiss,  in  jedem  Falle  aber 
hatten  die  Räthe  nur  ihren  eigenen  Vortheil  im  Auge;*^)  sie 
führten  auf  die  Nachricht,  dass  die  Königiun  an  der  ägjptisch- 
arabischen  Gränze  rüste,  ein  Heer  nach  dem  casischen  Vorgebirge, 
östlich  von  Pelusium.  ^°)     Dahin  wandte  sich  nun  auch  Pompejus 


83)   2.  Th.  535.  Gabinii  No.  5.  §.  2.  tncan.  9,  132.  1028.  84)  Caes. 

3,  108.  App.  2,  480.  Er  schickte  zn  dem  Ende  eine  Abschrift  der  Ur- 
kunde nach  Rom,  vrelche  aber  im  Drange  der  Geschäfte  nicht  sogleich  im 
Schatze,  sondern  in  der  AVohnnng  des  Pompejus  niedergelegt  vnirde.  Caes. 
1.  c.  u.    B.  Alex.  33.    Dio  42,  35.  85)    App.   1.   c.    Lucan.  8,  282. 

484:    Puer.  86)    Caes.  1.  c.  n.   112.    Lucan.  8,  552.    9,  152:    Semivir. 

10,  95.  Senec.  ep.  4.  Vellej.  2,  53  :  Aegyptinm  mancipium.  Plut.  Pomp.  77. 
App.  1.  c.  Dio  42,  36.  Zonar.  10,  9.  10.  Joh.  Malel.  Chron.  lib.  9  in. 
Vor  der  Lesart  Fhotinns  warnt  schon  J.  Scalig.  Anim,  in  Chron.  Euseb. 
p.   144  zu  Ko.  1969.  87)    Caes.  3,' 104.   108.    Lncan.  8,  538.    10,  523. 

App.  1.  c.    Dio  42,  4.  88)    Plnt.   Pomp.   77.     Brut.  33.    Zon.  10,  9 

nennen  jene  Insel  sein  Vaterland ;  nach  App.  1.  c.  stammte  er  ans  Samos. 
Vgl.  Liv.  112.  89)   Caes.  3,  103.    Liv.   111.    Flor.  4,  2.  §.  56.     (A. 

Vict. )  de  vir.  iU.  86.  Plnt.  Pomji.  77.  App.  2,  480.  Dio  42,  3.  Zon. 
10,  10.  Joh  nialel.  1.  c.  lässt  flie  Küniginu  nach  Thcbais  Terbannen, 
90)  C.1US.  I.  c.  Cic.  de  div.  2,  9.  Lura».  ö,  470.  539.  858.  10,  434. 
Plut    1    c     App.  2,  4S0,  483.    Dio  42,  3.  5.    Straijo  16,  760.    17,  796. 


522  XXI.    lULII.        (31.  §.52.) 

mit   seinen  ScLiffen   uud   etwa  2000  Bewaffneten,    welche  er  in 
Cilicien   und  Cyprus    gesammelt   Latte.")     Man    war   durch    die 
Küsten  -  Wache    kaum  darauf  vorbereitet,  **)    als  seine  Abgeord- 
neten  für   ihn    um    Aufnahme    baten,    und   freundlich   beschieden 
wurden.     Es  konnte  nicht  für  Meuterei  gleiten,  dass  sie  ihn   auch 
den  römischen  Soldaten   empfahlen ,    'welche  unter  ilim   und  dann 
unter    Gabinius    gedient    hatten    und    zum    Schutze    des    Auletes 
zurückgeblieben   waren ,    aber  es  rechtfertigte  scheinbar  den  Ver- , 
rath. '^)     Polhinus  berief  die  Vertrauten,   unter  welchen  wenige- 
dem  greisen  Achoreus  beistimmten,  dass  man  jetzt  die  Wohlthalen 
vergelten  müsse,  für  welche  man  dem  Imperator  schulde,^*)  den» 
anders  hatte   der  Eunuch  beschlossen,  welchem  daher  der  Tod  des  i 
Pompejus   mit    Recht    als    dem    wahren    Urheber   zur  Last   gelegt 
wird;    Theodotns,    der   fügsame    und   beredte    Grieche   sprach   inj 
seinem  Auftrage,  und  beleuchtete  die  Frage  nur  mit  Gründen  einer 
sophistischen    Politik:    wenn   man   den   Römer   zuleisse,    so   setze 
man    sich  einen  Herrn   und  beleidige  Cäsar;    wenn  man  ihn  ab- 
weise ,  so  müsse  man  seine  Rache  fürchten ,  ohne  die  Gunst  des 
Gegners   zu   gewinnen ;    es    bleibe    nichts  übrig ,    als  ihn  aus  dem 
Wege  zu  räumen,   „die  Todten  beissen  nicht".     Für  die  Mehr- 
zahl  war    diess    überzeugend;    sie    ahndete    nicht,    dass   man  den 
Mord   wollen    und  den  Mörder  bestrafen  konnte;    Achillas   über- 
nahm die  Ausführung.^*) 

Cäsars  Dauk  war  keineswegs  der  höchste  Preis ;  weder 
Sieger  noch  Besiegter  sollte  sich  in  Aegypten  festsetzen  und  mit 
dem  römischen  Bürgerkriege  zugleich  den  einheimischen  e,,t- 
scheiden,  da  die  jetzige  Verwaltung  dann  unter  jeder  Bedingung 
aufhörte ;  '  *)  wenn  man  den  Einen  erschlug,  so  hatte  der  Andre 
nach  der  Berechnung  dieser  Menschen  am  KU  kein  Geschäft,  er 


91)  Caes.  1.  c.  Kiclit  nach  Alexandrien,  Entrop.  6,  21  (16),  wo  aoch 
irrig  erzählt  wird ,  er  sei  TOm  Senat  znm  Vorninnile  des  jungen  Königs 
ernannt.  S.  das.  Tzschueke.  Der  Vf.  hat  Caes.  3,  108  falsch  verstanden ; 
auch  Lncan's  Bemerkung  über  eine  Tutel  des  Pompejus  ( 8,  449 )  ist  nicht 
•würtlich  zu  nehmen;  s.  oben  A.  84.  92)  Lucan.  8,472.  93)  Caes. 

3,   103.   104.     Gabinü  No.  5.  (..  2.  A.  35.  94)    lucan.    8,    475.    Tlut. 

l'omp.    77.  95)     Caes.    3,   104.    läv.    112.     Incan.  8,  483.     10,   103. 

Vcllej.   2,   53.    Flor.   4,  2.   §.  52  n.  60.    Plut.  Pomp.  77.  78.     Brut.  33. 
App.  2,  480.  Dio  42,  3.    Zouar.  lO,  9.  96)   B.  Alex.  3. 


XXI.    lULH.        (31.  §.52.)         523 

musste  sich  rielmelir  Glück  ■wünscLen,  dass  er  ebne  Verzug  nach 
Koin  zurückgehen,  und  dort  das  Erforderliche  einrichten  konnte.  ^  ') 
Während    die   Abgeordneten    ihrem    Gebieter   dio  Einladung    des 
Hofes    überbrachten,    bestieg   Achillas    mit   einigen    Dienern    und 
zwei   feilen    Gabinianern,    dem    ehemaligen   Kriegstribun   Lucius 
Septimius  *")  und  dem  Centurio  Salvins  ein  gewöhnliches  Fischer- 
boot,   in    welchem    nur   noch  Wenige  Raum  fanden  und  folglich 
kein   Widerstand    zu  fürchten   war.     Zu    gleicher  Zeit   sah  man 
das  Heer,  in  dessen  Mitte  der  König  in  Purpur  erschien,  an  der 
Küste   sich   aufstellen,   und  Kriegsschiffe  bemannen.     Es    erregte 
Verdacht ;    wie  später  Cornelia ,   so  konnte  auch  ihr  Gemahl  sich 
noch   retten ;    man   richtete    die    dringendsten    Bitten    an  ihn ,    er 
aber  blieb.     Der  Tribun  begrüsste  ihn  als  Imperator,  und  Achillas 
entschuldigte   in  griechischer  Sprache,    dass  man  wegen  der  Un- 
tiefen   kein    grösseres  Schiff  geschickt    habe;    unter    diesem  Vor» 
wände  ersuchte  er  ihn  auch,   das  seinige  zu  verlassen.     Wie  ein 
willenloses  Opfer  Hess  er  sich  zur  Schlachtbank  führen.     Er  fühlt« 
sich   dadurch   erniedrigt ,    dass   er   den   Sohn   seines    Schützlings 
nm      Schutz      bitten      musste      und      so      unwürdig      empfangen 
wurde ,    denn  die  Rriegsschiife ,    welche  das  Meer  an  der  Küste 
trug,   konnten    noch  viel  mehr  gefahrlos  zn  ihm  herüberschwim- 
men:   deshalb    trennte    er    sich    yon  Gattinn   und   Sohne    mit  den 
Worten  des   Sophocles:    wer  zum  Tyrannen  geht,  wird  Sclav,  ^'') 
aber  Muth  und  Kraft  zum  Widerstände  waren  von  ihm  gewichen. 
Nur   zwei    Centurionen,    sein  Freigelassener   Philippus   und    ein 
Sclav'"")   folgten   ihm    in    das    enge  Boot,   wo  man  beschlossen 
hatte,  ihn  vor  der  Laudung  zu  tÖdten,  damit  nicht  seine  Veteranen 
oder    der   junge   Kö'uig   aus    Mitleiden    den    Anschlag    vereitelten. 
Alles   schwieg;    auch    auf  die    Bemerkung,    mit   welcher    er    die 
ängstliche  Stille    unterbrach:    er    glaube    in  Seplimius   einen   allen 
Kriegsgefährten   zu   erkennen,   antwortete   dieser   nur  mit  Kopf- 
nicken.    Nach   solchen   Uuheil    verkündigenden  Anzeigen    las    er 
die  griechisch  geschriebene  Rede,  mit  welcher  er  sich  dem  Könige 


97)     Fl«l.    Caes.    43.  9S)    Bei    App.  2,   480.  481    Sempronlns. 

99)    Plnt.   Pomp.   78.    Apophth.   Vol.  8.  p.  162.    ed.  Hu«.    App.  2,  481. 
Dio  42,  4.    Zoaar.  10,  9.  100)    Ein  Scylhe,  wahrscheinlich  im  milbri- 

datischen  Kriege  erworben.     So  Zoaar.  I,  c,  nach  welchem  die  Lesart  bei 
Flui.  Pomp.  78  zn  berichtigen  ist. 


524  XXL     lULII.         (31.  §.52.) 

vorstellen  wollfe,  bis  man  sich  dem  Lande  näherte.  Er  saL  Lier 
die  Diener  des  Hofes  versammelt,  und  reichte  mit  neuen  Hoff- 
nungen PhilipputS  die  Hand,  um  aufzustehen;  in  diesem  Augen- 
blicke verwundete  ihn  Septimius  von  hinten ;  ohne  eine  Aens- 
sening'  des  Unwillens  oder  des  Schmerzes  verhüllte  er  sein  Gesicht, 
unx  mit  Würde  zu  sterben ,  und  wahrend  er  zurücksank ,  durch- 
bohrten ihn  auch  Salvius  und  Achillas.  *)  Der  Tod  dieses 
Mannes,  welcher  mehr  durch  seine  Schicksale  als  durch  seine 
Eigenschaften  ausserordentlich  war ,  erinnert  die  Schriftsteller  an 
die  Unbeständigkeit  des  Glücks,  an  die  Zeit,  wo  Italien  für  seine 
Herstellung'  Gelübde  that,  und  er  als  der  Grosse,  als  der  Unüber- 
windliche und  Unerreichbare  gestorben  sein  würde,  '^)  aber  auch 
an  den  kalten  Hohn,  mit  welchem  er  einst  im  Dienste  Sullas 
seine  Mitbürger  mordete.  *)  Er  war  106  v.  Chr.  geboren,  und' 
wurde  folglich  in  einem  Alter  von  58  Jahren  getö'dtet,*)  am- 
29.  September  oder  am  Tage  vor  seinem  Geburtstage,  um  die 
Zeit  der  Herbst -Nachfgleiche  nach  dem  unberichtigten  Calender.  *) 
Mit  einem  Schrei  des  Entsetzens  wandten  sich  Cornelia  und 
ihre  Gefährten  zur  Flucht;  da  der  Wind  ihnen  günstig'  war, 
gelangten  sie  nach  Cyprus ,  ohne  von  den  Aegyptiern  ereilt  zv. 
werden,  welche  sie  verfolgten.  ^)  Dann  vereiuigten  sie  sich  mit 
den  Häuptern  der  Arisfocratie  in  Africa,  wo  auch  der  ältere  Sohtt 
des  Pompejus  sich  befand;  ')  Cornelia  wurde  aber  von  Cäsar  noch 
vor  seinem  zweiten  Feldzuge  in  Spanien  begnadigt;  sie  kehrte 
nach  Rom  zurück,  *)  und  erhielt  auch  Gelegenheit,  ihrem  Ge- 
mahle  die  letzte  Ehre  zu  erweisen.  Die  Mörder  versicherten 
sich  seines  Kopfes,  nicht  sowohl  in  der  Hoffnung,  dass  Cäsar 
ihn  mit  grossen  Belohnungen   einlosen,    als  dass  er  sich  sogleich 


1)  Caes.  3,  104.  Uv.  112.  Vellej.  2,  53.  Lucan.  8,  S36.  Flor.  4,  2. 
§.  52.  (A.  V.)  <le  Tir.  iU.  77.  Oros.  6,  15.  Plut.  Pomp.  78.  79.  Caes.  48. 
App.  2,  480.  481.  Dio  42,  4.  5.  Zoiiar.  10,  9.  Cicero  schrieb  am  28.  No- 
■veinber  in  Braniliisium,  ohne  Theilnahme  zu  verrathen,  er  habe  eiu  solches 
Ende    voransgesehn.      ad    Att.    II,    6.     {.3.  2)     Cic.    Tusc.    1,    35. 

3)    Valer.  M.  5,  3.  §.  5.  4)   Vellej.  2,  53.    App.  2,  482.    Dio  42,  5. 

Nach  PlntarcVs  irriger  Angabe    (Pomp.  79)    hatte   er   das   neun   und    fünf- 
7.igste  zurückgeleg«.  5)   Lucan.  8,  467.     S.   das  Genauere  in  Pomp.  lllv. 

«)   Liv.  112.    Lucan.  9,  117.    Unten  §.  57.  A.  1.  7)   Lucan.  9,  119. 

121.  145.  8)  Plut.  Pomp.  80.    Uia  42,  5. 


XXr.    lüLÜ.        (31.  §.52.)        525 

Tsieder  entfernen  vrerfle ,  wenn  sie  ihn  dnrcL  den  Aug^enscliein 
vom  Tode  seines  Gegners  iiberzeiijjfen;  den  Körper  warfen  sie 
oliue  Iliille  an  das  Land,  den  Kaubtliieren  zur  Speise,  welcLen 
sie  fliehen.  Als  die  Umstehenden  nach  befriedigter  .Schaulust 
sich  zerstreuten,  errichteten  Philippus  und  Servius  Cordus,  ein 
ehemaliger  Quästor  des  Verstorbenen,  ^)  am  casischen  Berge  von 
den  Trümmern  eines  Fischerkahns  einen  Scheiterhaufen ,  und 
bälgen  die  Ueberreste  nnter  einem  Grabhügel.  '"')  Spater  wurde 
die  Asche  Cornelia  iiberschickt  und  von  dieser  auf  dem  albanischen 
Gute  ihres  Gemahls  beigesetzt.  '')  Philippus  wagte  es  wohl 
nicht,  dem  Grabe  eine  Inschrift  zu  geben,'-)  da  sie  in  jeder 
Fassung  fiir  die  ägyptische  Regierung  einen  Vorwurf  enthielt; 
erst  mit  der  Zeit  erbaute  jemand,  vielleicht  ein  Gabinianer,  ein 
kleines  Denkmal  in  der  Kühe  von  Pelusium,  und  weihte  darin 
Bilder  von  Erz ;  Hadrian ,  welcher  es  auf  seinen  Reisen  sah, 
sprach  die  Worte,  deren  Appian  als  einer  Inschrift  gedenkt;  er 
brachte  ein  Todtenopfer  und  stellte  den  Bau  auf  eine  würdige 
Art  wieder  her.  '^) 

Einige  Tage  nach  der  Ermordung  seines  Schwiegersohns 
zeigte  sich  Cäsar  vor  dem  Hafen  von  Alexandrien;  mau  meldete 
ihm,  deiss  jener  nicht  mehr  lebe,  and  ehe  er  landete,  überbrachte 
ihm  Theodotus  '  *)  dessen  Kopf  und  Siegelring.  Er  nahm  den 
Ring ,  welcher  in  Rom  das  wichtige  Ereigniss  beurkunden 
sollte ;  '  ^)  von  dem  andern  Geschenke,  ihm  in  zwiefacher  Hinsicht 
ein  üuteq)fand  seiner  Sicherheit,  wandte  er  sich  weinend  ab, 
n^ichdem  er  angeblich  es  scharf  ins  Auge  gefasst  und  sich  über- 
zeugt  hatte,    dass  man    ihn  nicht   täusche.  '^)     Der  Kopf  wurde 


9)   Lncan.  8,  715.    (A.  Vict.)  de  vir.  ilt  77.     Den  Namen  des  Cordas 
verschweigen  PInf.  1.  c.    Zonar.    10,  9.  10)     Plut.  1.  c.     App.  2,  481. 

Strabo  16,  760.  Zonar.  1.  c.  Plin.  5,  14  (12).  SoUn.  34.  Val.  M.  1,  8. 
{.  9.    5,   1.    §.  10.    Lncan.  8,  793.  10,380.  H)   Plnt.  1.  c.  12)  Hie 

silns  est  Magnus.     Lntan.  8,  793.    (A.  Vict.)  de  Tir.  iU.  77.  13)  Dio 

69,  11.  Sjiartian.  HaOr.  7.  App.  2,  481.  Aniliolog.  T.  11.  p.  286.  ed. 
Brnuck.  14)     Liv.    112.     Plut.  Caes.  48.     Nach   (A.  Vict.)   de  vir.  ill. 

1.  c.  Achillas,  Ptolemaei  salellos;  auch  Lncan,  9,  1010:  salelles  rcgis, 
deuiel  auf  diesen,  welcher  als  Heerführer  Tieluiebr  liei  Pelusium  blieb. 
Caes.  3,  108.  15)    Dio  42,  18.  16)   Lncan.  9,  1035.  1040.   1064. 

Val,  M.  5,  1.  J.  10.    Eulrop.  6,  21  (16).    üros.  6,  15.    App.  2,  481.  484. 


52G  XXI.     lULn.         (31.  §.53.) 

auf  seinen  BefeLI  mit  kostbarem  Weihrauch  verbrannt,  und  die 
Asche  iu  einer  Capelle  der  Nemesis  aufbewahrt,  welche  er  vor 
den  Thoren  von  Alexandrien  erbaute  und  die  Juden  in  einem 
Aufstande  unter  Trajan  zerstörten,  um  das  Material  zum  Kriege 
zu  verwendeu,  ")  Durch  die  That  der  Ae^jptier  sah  er  sich 
eines  Verbrechens  überhoben  ;  er  beweinte  Ponipejus,  wie  Mar- 
cellns  das  Schicksal  des  von  ihm  eroberten  Syracus,  ")  und  er 
ehrte  ihn,  wie  Antonius  seinen  Feind  M.  Brutus,  welchen  er 
bis  an  das  Grab  verfoIj;t  hatte;  '  ^)  wie  es  Pflichten  giebt,  welche 
man  nur  mit  Selbstüberwindung^  erfüllt,  so  ist  anch  ein  innerer 
Abscheu  g^egen  das  Unrecht,  zu  welchem  eine  ungeziig'elte  Leiden- 
schaft ihn  fortreisst,  in  einem  übrigens  edlen  Menschen  denkbar, 
und  Cäsar  hatte  den  Gefallenen  nicht  gehasgt,  nie  Rachgier  gegen 
ihn  empfunden ;  die  Rechnung  zwischen  ilinen  war  geschlossen, 
er  weinte  keine  Freudenthränen.  ' ")  Die  Höflinge  konnten 
freilich  nur  Verstellung  darin  finden ;  es  erschien  ihnen  als  eine 
unbegreifliche  Grossmuth,  dass  er  den  Anhängern  seines  Weben- 
buhlers  ,  welche  sie  ihm  gefangen  überlieferten ,  eine  besondere 
Fürsorge  widmete;^')  nur  als  Henker  glaubten  sie  sich  seinen 
Beifall  erv/erben  zu  können ;  deshalb  erwürgten  sie  anch  L.  Len- 
tulus  Cos.  49,  als  er  bald  nach  dem  Tode  seines  Imperator  in 
Aegypten  eintraf.  ^^) 

§    53. 

(a.  48.)  Der  Landkrieg  wirkte  auf  die  Flotte  der  Opli- 
inaten  zurück.  Sie  hatte  ihre  Aufgabe  nicht  gelöVt,  das  feind- 
liche Heer  in  Italien  festzuhalten ;  weder  Cäsar  war  durch  Bi- 
bnlns,  noch  Antonius  durch  Scribonius  Libo^')  am  Uebergange 
nach  Illjrien    gehindert.     Auch   während  des  Feldzugs  in  Thes- 


Dio  42,  8.  Zonar.  10,  10.  Ein  fliichliger  Blick  genügte,  Tvie  sehr  anch 
der  Tod  es  schon  entstellt  haben  mochte.  17)   App.  2,  484.    (A.  Vict.) 

de  vir.  ill.  77.  78.  vgl.  Dio  68,  32.  Enseb.  H.  E.  4,  2.  Oros.  7,  12. 
18)    Liv     23,    24.    Val.    M.    5,    1.    §.    4.  19)    2.    Th.    149.    A.    11. 

20)  Lncan.  9,  1038:  Lacryinas  neu  sponte  cadentis  elTiidit,  geniitnsqne  ex- 
prcssit  pecloi'e  laelo,  iioii  aliter  inanifesta  piitans  abscondere  inenlis  gaudia, 
qnain  lacryinis.     Eben  so  Dio  42,  8.  21)   Phit.  Cacs.  48.    Zonar.  10,10. 

22)  2.  Th.  551.  Ygl.  543  u.  Cic.  ad  Farn.  9,  18.  ,23)  Oben  {.  48. 
A.  93.  99. 


XXI.    lULII.         (31.  §.53.)        527 

Kalien  le!8tete  sie  wenig';  jedoch  konnte  man  die  Sclmld  niclit  iLr 
allein  beimessen;  es  fehlte  die  Beg-eisterunj  für  einen  grossen 
Zweck,  weil  sie  wusste,  dass  ihre  Anslrengungeu  uuch  bei  dem 
g'liickliclisten  Erfolge  von  gering'er  Bedeutung  waren ,  und  seit 
Bibnlus  Tode  vermisste  man  auch  Einheit  nnd  Zusammenhang.  ^*) 
Einen  Theil  der  Schiffe  führte  Decimus  Laeüus  vor  Brundusium, 
wohin  P.  Vatinius  aus  Cäsars  Lager  entseudet  Avurde,  um  die 
noch  übrigen  Truppen  nachzuholen.^')  IVach  Libos  Beispiele 
besetzte  er  die  Insel  vor  der  Stadt,  und  behauptete  sich  auf 
seinem  Wachtposten  mit  der  grössten  Hartnäckigkeit,  znmal  da 
er  iu  einer  bessern  Jahrszeit  sich  von  Corcjra  und  Dyrrhachium 
mit  Wasser  versorgen  konnte.  Es  brachte  ihm  keinen  Nachtheil, 
dass  Vatinius  an  der  Rüste  Reuterei  aufstellte,  und  auch  der 
Verlust  einiger  Fahrzeuge,  welche  jener  in  den  Hafen  zu  locken 
wusste ,  machte  ihn  nicht  irre ,  bis  die  Nachricht  von  den  Ereig- 
nis!<en  bei  Pharsalus  ihn  zum  Rückzüge  nach  Corcjra  bewog.  -'') 
Um  dieselbe  Zeit  verbrannte  C.  Cassius  Longinus  die  35  Schiffe, 
mit  welchen  IM.  Pomponius  Lei  Messana  stand;  auch  die  Stadt 
gerieth  in  Gefahr;  kaum  konnte  die  Besatzung  sich  seiner  er- 
wehren. Er  wandte  sich  nun  gegen  den  Prätor  P.  Sulpicius 
nach  Vibo  an  der  farullischen  Küste  und  zerstörte  ihm  mehrere 
Schilfe  durch  Feuer.  Italien  und  Sicilien  waren  seinen  Räube- 
reien i)reis  gegeben,  welche  erst  dann  aufhörten,  als  er  die  Gewiss- 
Leit  erhielt,  dass  Pompejus  geschlagen  sei.")  Cäsars  Sieg  unter- 
warf ihm  zunächst  Griechenland.  Sein  Legat  Fufius  Calenus  '  *) 
wurde  jetzt  nach  langem  Widerstände  von  den  Atheniensern 
aufgenommen ,  welchen  der  Consul  „  aus  Achtung  vor  ihren 
Ahnen"  verzieh.-')  Nur  Megara  verschloss  Calenus  auch  jetzt 
die  Thore;  er  musste  es  erobern,  und  verkaufte  die  Gefangenen, 
deren  Auslösung  jedoch  gestattet  wurde.  *°)  Er  verbreitete  sich 
darauf  an  der  Nordküste  des  Peloponneses,  um  zu  verhindern, 
dass  die  Flüchtlinge  von  Pharsalus  sich  in  diesen  Gegenden 
wieder    sammelten ;    seine    Annähenmg    genügte ,    M.    Cato    uuJ 


24)   Oben  A.  84.  25)   Das.  A.  87.     Ueber   Läliiis   s.    Cic.  ad  Au. 

8,  11.  D.   Dio  48,  21.  26)    Caes.  3,  100.   B.  Alex.  44.   Pliit  Cato  55. 

27)  Caes.  3,  101.    Dio  42,   13.     (A.  Viel.)  de  Tir.  ill.  83.     2.  Th.  121. 

28)  Oben  {>.  50.   A.  56.  29)   Dio  42,  12.    App.  2,  482.  30)   Dio 
42,   14.    Plul.  Brut.  8. 


528  XXI.    lULII..       (31.  §.53.) 

dessen  Heftleiter  zu  verscheuchen,  welche  sich  auf  dem  Wege 
■von  Corcyra  nach  Africa  in  Paträ  einj;efunden  halfen.^')  Die 
Mehi-zahl  der  Besiegten  begab  sich  aus  Thessalien  nach  Ill^rien, 
woliiu  auch  M.  Oclavius^')  mit  seineu  Schiffen  zurückkehrte^ 
Q.  Cornificius,  Cäsars  Slafthalter,  wurde  hart  bedrüng-t;  Gabinius 
sollte  ilim  Truppen  aus  Italien  zuführen,  er  zögerte  aber,  und 
starb  bald  nach  seiner  Ankunft;  erst  als  Vatiniiis  ans  Brun- 
dusium  mit  Verstiirkung-en  anlangte ,  enlHoh  Octavius  nach 
Africa.  ^^)  Es  gährte  auch  im  jenseitigen  Spanien,  aber  lediglich 
durch  die  Schuld  des  Proprätor  O.  Cassius,^')  welcher  durch 
seine  Erpressungen  und  Grausamkeiten  Cäsars  Herrschaft  yerhasst 
machte.  ^ ') 

In  der  Partei  des  Consnls  gab  es  fetzt  schon  viele  Miss- 
vergnügte;  ihre  Hoffnung,  durch  Proscriptionen  bereichert,  oder 
doch  von  den  Verpflichtungen  gegen  ihre  Gläubiger  entbunden 
zu  werden,  war  nicht  erfüllt;  das  julische  Schuldengesetz  vom 
vorigen  Jahre  genügte  ihnen  nicht,  ^^)  der  Prator  M.  Coelius 
versuchte,  es  aufzuheben,  und  a',s  er  in  Rom  nicht  durchdrang, 
iu  Verbindung  mit  Blilo  und  angeblich  zu  Gunsten  des  Porapejus 
in  Italien  einen  Aufruhr  zu  stiften ;  Beide  wurden  bald  das  Opfer 
ihres  Wahnsinns.^')  Die  Gemüfher  waren  ohnehin  in  grosser 
Aufregung;  ")  täglich  und  stündlich  wechselten  in  Rom  die  Ge- 
rüchte über  den  Kriegsschauplatz,  und  in  eben  dem  Maasse 
Freude  und  Trauer  bei  den  Factionen;  nichts  Anderes  hatte  ein 
Interesse  für  sie,  doch  hielt  die  Furcht  sie  in  Schranken,  die 
Freunde  der  Opfimaten  auch  die  Gegenwart  des  Consuls  P.  Ser- 
vilius  und  seiner  Bewaffneten.  ^^)  Selbst  nach  der  |)harsalischen 
Schlacht  dauerte  die  Ungewissheit  noch  eine  Zeitlang  fort,  weil 
Cäsar  weder  jetzt  noch  später  nach  Siegen  über  seine  Ulilbürger 
an  den  Senat  berichtete ;  '  °)  man  zweifelte  an  Pompejus  gänz- 
licher Niederlage,  und  nur  die  Kühnsten  wagten  es,  die  Statuen 
umzuwerfen,     welche    Sulla*')    und    ihm    auf   der   Rednerbiihne 


31)   Dio  1.  c.    B.  Alex.  44.    Plntaicli.  Cato  56.  32)    Oben  §.  48. 

A.  69.  33)    2.  Th.  618.    Gabinü  No,  5.  §.  4  in.  34)  Oben  §.  45  Oii. 

35)   2.  Th.   155.  36)    Oben   §.  46.  A.  53.  37)    1.  Tb.  50.    2.  Th.  ^ 

419.     Hie^  §.  56.  A.  30.  38)     l'Iul.   C'aes.    47.     Oben    §.    50.    A.    92. 

39)   Dio,42,  17.   Oben  §.  46.  A.  84.  40)    Dio  42,   18.  41)  2.  Th. 

474.  A.  99. 


XXI.    lULII.        (31.  §.53.)         529 

crricLiet  waren.*')  Äucli  die  NacLricLt  von  seinem  Tode  fand 
keinen  Glauben,  bis  sein  Siegelring'  ans  Alexandrien  eintraf.  ♦  *) 
ScLon  früLer  ^yar  M.  Antonius  mit  einem  Tlieüe  des  Heers  aus 
TLessalien  zurückgekommen ,  ^veil  leicht  neue  Meutereien  ent- 
SteLen  oder  die  Feinde  mit  der  Flotte  Italien  angreifen  konn- 
ten;*') er  trug  Avesentlicli  dazu  bei,  dass  sicL  Jetzt  ein  Wetteifer 
zeigte,  dem  Sieger  zu  scLineicLeln.  Die  Elirenbescliliisse  \^^lrden 
indess  mit  jedem  JaLre  gesteigert,  und  nicLt  immer  lässt  sich  bei 
den  einzelnen  ermitteln,  welchem  sie  angehören.  Da  Cäsar  nicht 
WHSSte,  wann  er  selbst  wieder  in  Rom  sein  werde,  so  schickte 
er  Antonius,  welcher  ihn  während  des  ersten  spanischen  Krieges 
treu  und  kräftig  vertreten  hatte,  und  sich  auch  jetzt  bewälirte. 
Der  Machthaber  wollte  aber  die  höchste  Gewalt  unter  einem 
gesetzmä'ssigen  Titel  ausüben ;  es  gieng  von  ihm  aas ,  dass  man 
ihn  zum  zweiten  Male  zumDictator  wählte,**)  als  er  in  Alexaa- 
drien  war,  und  nicht  auf  sechs  Monate  oder  auf  eine  kürzere 
Zeit  zu  einem  bestimmten  Geschäfte,  sondern  auf  ein  Jahr,  der 
erste  Schritt,  die  Staatsverfassung  zn  untergraben.  Er  übernahm 
aber  diese  Würde  im  September;  der  Anfang  und  das  Ende  der 
Dictatur  und  seines  Consulats  fiel  nicht  zusammen;  diess  gilt 
auch  von  den  folgenden  Jahren,  und  ist  nicht  immer  beachtet.  '  ^) 
Zu  seinem  Magister  equitum  halte  er  zum  Voraus  Antonius  er- 
nannt,*') obgleich  dieser  sich  jetzt  erst  als  solcher  ankündigte, 
und  Cicero  deshalb  behaupten  konnte,  er  sei  ohne  Wissen  seines 
Feldherrn  durch  dessen  Freunde  zu  dem  Range  erhoben.  *  ^) 
Verg-ebens  suchten  die  Angum,  welche  doch  bei  der  Wahl  des 
Dictator   geschwiegen   hatten ,    seine  Würde  auf  die  gewölmlicLe 


42)  Dio  1.  c.  Tgl.  Tellej.  2 ,  61.  Cäsar  Hess  sie  vrieder  aufstellen. 
Die  43,  49.  Plut.  Caes.  57.  Cic.  40,  Apophth.  Vol.  8.  p.  165.  ed.  Hutt. 
Polyaea.  strat.  8,  23.  j.  31.   Zonar.  10,  11.  43)  Dio  1.  c.  44)  l.Th. 

72.  45)    Oben  J.  46.  A.  42.  46)   Cic.  2  Phil.  25.   Liv.  112.    Fast, 

cap.  a.  705.  Dio  42,  20.  21.  35.  55.  Plnt.  Caes.  51.  Anton.  8.  Josepti. 
A.  J.  14,  10.  §.  2.  Zoiiar.  10,  10.  Crsio.  Farn.  R.  p.  116.  VaiU.  lul, 
Mo.  19.  MoreU.  ihes.  Caes.  tab.  7.  No.  15.  16.  Eckh.  6,  p.  7.  Bei  Dio 
46,  13  findet  sich  die  falsche  Angabe,  Cäsar  sei  uicht  ein  ganzes  Jahr 
Uict.  II  gewesen.  Das  'Weitere  über  diese  Berechnung  s.  nnten  §.  56. 
A.   50.  47)    Dio   42,  21.  27.    45,  28.    46,  13.    Plut.  Anton.  8,   wo 

inrnto/oy  zo  lesen  ist.  App.  2,  485.  Cic.  ad  Att.  II,  13.  18.  2  Thil. 
25.  29.    LiT.  113.  48)    2  l'bU.  25. 

nrumann,  Geschichte  Roms  ilL  QA 


530  XXI.    lULII.        (31.  §.53.) 

Zelt  zu  bescLräuken;  auch  kam  es  nicLt  in  Betracht,  Jag»  er 
noch  nicht  Prätor  gewesen  war.  ■* ')  Wenn  man  Cäsar  das 
Cousulat  auf  fünf  Jahre  zugestand,  so  machte  er  wenigstens 
im  folgenden ,  wo  eine  Zeitlang  wegen  des  alexandrinischen 
Krieges  alle  Verbindung  zwischen  ihm  und  Italien  aufhörte, 
keinen  Gebranch  davon.  Er  erhielt  die  tribunicische  Ge'yalt  auf 
Lebenszeit,  das  Recht  über  Krieg  und  Frieden,  wodurch  er  als 
unverletzlicher  Herrscher  anerkannt  wurde,  und  die  Befugnis», 
die  StatthiJter  in  den  präloiischen  Provinzen  zu  ernennen ,  und 
über  Juba  von  Numidien  und  die  Römer  in  dessen  Heere  zu 
triumphiren.  Der  König  halle  nun  zwar  über  seinen  Legaten 
gesiegt,  '  °)  man  setzte  aber  voraus,  dass  der  Diclalor  ihn  schlagen 
werde ,  und  in  der  That  sollte  jener  nur  nach  der  Beendigung 
des  Bürgerkriegs  bei  dem  Aufzuge  den  Namen  herleihen.  Ausser- 
dem beschloss  man,  ihn  durch  Statuen,  Ehrenkronen  und  den 
Vorsitz  in  den  ölfentlichen  Versammlungen  auszuzeichnen ,  und 
bis  zn  seiner  Rückkehr  in  den  Gesetzen  und  Eiurichliiugen  des 
Staats  nichts  zu  verändern.  ^ ' )  Für  das  nächste  Jahr  wurden 
nur  V.  Tribüne  gewählt.  '') 

Cäsar  begnügte  sich  nach  seinem  Siege  für  Rom  das  All- 
gemeinste anzuordnen;  er  verfolgte  Poinpejus,  und  so  rastlos, 
dass  man  sieht,  er  wollte  ilm  nicht  bloss  an  neuen  Rüstungen 
Lindern,  wie  er  sagt,  sondern  ihn  ereilen,  ohne  Zweifel  in  der 
Voraussetzung,  dass  er  sich  seinen  Händen  durch  Selbstmord  ent- 
ziehen werde.  ")  Schon  am  Tage  nach  der  Schlacht  war  er  in 
Larissa;  '■*)  um  die  Si)ur  nicht  zu  verlieren,  zog  er  mit  der 
Reuterei  sogleich  weiter;  eine  Legion  folgte.*^)-  Dennoch  er- 
reichte er  Am|)hipoHs  zu  spät,  und  als  er  auf  einigen  kleinen 
Fahrzeugen  über  den  Hellespont  gieng,  bewahrte  nur  seine  Ent- 
schlossenheit und  die  Bestürzung  des  C.  Cassius  Longinus,  seines 
nachmaligen    Mörders ,     ihn     selbst    vor    der    Gefangenschaft.  '  ^) 


49)    Dio   42,   21.  SO)   Oben  §.  44,  Sl)   Dio  42,  19.  20.  29. 

52)   Ders.  42,  27.  53)    Caelera  cur.iriun  proiecit  poiidera  ,  soli  iiiteiitns 

genero.     Lncan.  9,  951.     Uio  44,  45  lässl  Antonius  versichern,  Cäsar  tvürde 
»einem  Gegner  verziefien  lialea.  54)    Caes.  3,  98.    Oben  §.  52.  A.  62. 

55)    Caes.   3,   102.    106.  50)     Dieser   Cas.siMS    winl   von    Api).  2,  483. 

497   genau   beieicjineli    vgL    2.  TIi.  121.  A.  41.     Wach    der    gewöhnlichnn 
Lesart  findet  sich  bei  Suetou,  63  wio  bei  Uio  42,  6:  Lucius,  so  liicss  der 


XXI.    lULII.         (31.  §.53.)         531 

Dieser  begegnete  ihm  mit  10  Krieg-sschiffen;  ")  er  war  von 
Sicilien  über  Corcyra  in  diese  Gewässer  gekommen,  nm  fiir  seine 
Partei  mit  Pharnaces  über  ein  Bündniss  zn  nnferliandeln,  '*)  nnd 
konnte  es  überflüssig  machen ,  wenn  er  den  Zufall  benutzte ; 
allein  er  hielt  diess  Zusammentreffen  nicht  für  zufällig,  sondern 
glaubte  sich  gesucht;  er  ergab  sich,  und  wurde  begnadigt.'^) 
In  der  Provinz  Asia  reis'te  Cäsar  bald  mit  weniger  Eile,  weil 
er  erfuhr,  dass  Pompejus  über  Cyprus  nach  Aegj  pten  entkommen 
sei,  nnd  er  noch  Truppen  herbeiziehen  wollte,  ehe  er  ihm  dahin 
folgte.  ^°)  Vor  kurzem  hatten  Scipio  und  seine  Genossen  in 
diesem  Theile  des  Reichs  geraubt,^')  um  so  mehr  Gunst  ver- 
schafften ihm  die  Einrichtungen,  wodurch  er  die  Wunden  zu 
hellen  suchte;  er  ermässigte  die  Abgaben,  ^^)  und  steuerte  der 
Willkühr  der  Pächter,  da  er  den  Zoll  auf  bestimmte  Summen 
setzte,  eine  Verfügung,  welche  sie  vergessen  liess,  was  er  früher 
fiir  sie  gelhan  hatte;  *^)  den  Bestand  in  den  öffentlichen  Cassen 
raussten  sie  an  ihn  abliefern.  ^♦)  Auch  rettete  er  zum  zweiten 
Male^')  die  Schätze  des  Dianen -Tempels  zu  Ephesus;  denn  bei 


Bruder  jenes  Ersten,  ein  Cäsarianer;  2.  Tb.  152.  Xylanfler  hat  den  Irr« 
thnm  En  Dio  1.  c.  längst  gerügt,  vrogegen  Fabricins  daselbst  darcb  die  An- 
nahme eines  zweiten  Lucins  das  Uebel  ärger  macht.  Auch  von  <^.  Cassins 
kann  hier  nicht  die  Rede  sein;  oben  Ä,  34.  Das  Richtige,  Cajus,  hat  Dio 
42,  13;  er  erzählt  nnr  Ton  iwei  Personen,  was  Eine  angeht.  57)    So 

Snet.  63.     App.  2,  483  giebt  ihm  70.  58)    App.  2,  482.     Oben  A.  27. 

59)  S.  die  TOrigen  A.  n.  Cic.  ad  Farn.  15,  15.  Cicero  war  indess  in  Brnn- 
dnsinm,  wo  er  yiel  Falsches  hörte;  er  wiederholte  es  znm  Theil  später, 
wenn  es  ihm  gerade  znsagte.  Man  erzählte  ihm  nnter  Anderem,  Cassias 
wolle  nach  Alexandrien  reisen,  um  Verzeihnng  za  erflehen,  nud  dann,  er 
habe  seinen  Entschlnss  geändert,  ad  Att.  11,  15,  wo  Mongaiilt  vermuthet, 
jener  sei  Cäsar  erst  nach  dem  aiexandrinischen  Kriege  begegnet,  weil  der 
Brief  im  Mai  47  geschrieben  ist ;  diess  streitet  nicht  nur  mit  den  bestimmten 
Nachrichten  Appians,  sondern  es  enthält  anch  einen  A^  iderspruch ;  dena 
dann  war  Aegyi)ten  nicht  mehr  das  Land  ,  wo  man  sich  mit  dem  Dictator 
versöhnen  konnte.  2  Phil.  11  wird  Tersichert,  Cassins  würde  diesen  auf 
dessen  Fahrt  nach  dem  Kil  an  der  ciliciscben  Küste  getödtet  haben,  wenn 
er   nicht   an    einem    andern    Orte    gelandet    wäre.     2.   Th.    122.   A.  43.  44. 

60)  Caes.  3,  106.  61)  Oben  §.  50  in.  62)  Nach  Plat.  Caes.  48 
n.  App.  5,  673  erliess  er  den  dritten  Theil.  Cic.  ad  Fam.  IS,  15.  App. 
2,  483.  63)  Oben  §.  13.  A.  19.  64)  Dio  42,  6.  65)  Oben 
{.  50.  A.  52. 

34* 


532  XXI.     lULII.         (31.  §.54.) 

seiner  Ankunft   entfloli  T.  Ampins  Balbuä,  als  er  im  Beg'riff  wnr, 
iLn  zu   pliinJeni,  sein  erbilferter  Feind,  welcljem  er  aber  dennoch 
siiiifer    die  Rückkehr   nach  Rom   gestaltete.  ^*)     Die   Cnidier    er- 
klärte  er  für  frei,  um  ihren  Mitbürger,  den  Myl]»ograj)hen  Tlieo- 
poinpus  zu  ehren,  welcher  dann  auch  nach  Italien  kam.  *')     Als 
er  das  Nöthigsfe  angeordnet  hatte,  übergab  er  Asia  dem  Consiilar 
Cd.  Dorailius  Calvinus,  die  Provinz  nud  die  nmwohnenden  Bundes- 
genossen   mit    drei  Legionen  zu  beschützen.  ^^)     Wie  der  Legat 
unerwai'tct   durch  Pharnaces  in  eine  bedrängte  Lage  gerieth,   so 
ahndete    Cäsar   nicht,    dass    er   selbst   grossen  Gefahren    entgegen 
gieng,  und  führte  deshalb  nur  zwei  Legionen,  unter  welchen  die 
eine   ihm    aus  Thessalien    gefolgt    und    die  andre  aus  Achaja  von 
den  Trnppen    des  Fufius   Calenus  herbeigerufen  war,    im  Ganzen 
3200  Mann  nebst  SOO  Reutern  nach  Aegypten.  ^^y    .Seine  Flotte 
bestand    aus    35  Schiffen ;    doch  wurde  eins  der  zehn  rhodischen, 
welche  Euphranor    befehligte,'")  verschlagen;    die  Uebrigen  ge- 
hörten   theils  zum  Geschwader  des  Cassius,   theils  waren  sie  von 
den   Asiaten    des   Festlandes    gerüstet.")      Auf   der   Höhe»  von 
Alexandrien ,    wo    er   nach    einer  Fahrt   von  drei  Tagen  eintraf, 
überbrachte  man  ihm  die   Nachricht  vom  Tode  des  Ponipejus  «ind 
dessen   Ropf;'^)    die  Aegjptier  halten  sich  Rom   seit   der  Her- 
stellung des  Auletes  in  Allem  gewärtig  gezeigt;  er  glaubte  daher 
nach  dieser  Botschaft  und  als  Sieger  von  Pharsalus  unbedenklich 
landen  zu  können.  '^) 

§   54. 

a.  48  und  47.  „Aus  der  Asche  des  thessalischen  Krieges, 
welcher  das  Ende  zu  sein  schien,  brach  eine  neue  Flamme  her- 
vor, der  alexandrinische ,  ein  Zwischenereigniss ,  ohne  innern 
Zusammenhang  mit  den  Parteiungen  in  Rom",  '*)  und  doch  von 


66)    Caes.   3,   105.     Cic.   .id  Au.   8,  II.  B.    ad  Farn.  2,  16.    6,  12. 

67)   Plnt.  Caes.  48.     Cic.  ad  Att.  13,  7;  nach  Slrabo  14,  6S6  der  Vater 

<Irs    Aileinidor.            68)     B.    Alex,    34.  69)     Caps.    3,     106.     109. 

70)    B.  Alex.   15.  25.     Liioan.  9,   1003.  71)    Caes.  1.  c.    B.  Alex.   13, 

App.    2,    483.           72)    Oben   §.  52  l!n.  73)    Caes.  3,    106.     Liv.  112. 

Siicl.  35.    !>io  42,   7.    Plnl.  Caes,  48.  74)    Flor.  4,  2.  J.  53  «.  54: 
Sine  parlibuü  bellum. 


XXI.    lULlI.        (31.^.  j4.)        53.i 

In-dciiteiiJer  Rückwirkung';  der  Unanf Laluame  ■wui'de  durch  eincu 
Iviiiiiirlien  011J  dessen  Helfer  geLemmt,  PLarnaces  eroberte  indess 
III  Asien,  uiid  die  Optiuiaten  gewannen  Lebeusfrist  auf  ein  JaLr. 
Cäsar  verweilte  nenn  Blonale  in  Aeg-^-pten,  vom  Anfange  des 
October  4S  bis  zum  Juli  47  nach  dem  «uberichfigten  CcJender.  '  ^) 
l£r  erzäLll ,  seine  Abreise  sei  zuerst  durcli  nngüustige  Winde, 
durch  die  Etesien,  verzögert;  '")  aber  auch  ohne  diess  Hinderniss 
würde  er  siih  nicht  sogleich  wieder  eingescliifft  haben,  weil  er 
Geld  verlangte  und  Cleopatra  kennen  zu  lernen  wünschte ;  ' ') 
die  Rückkehr  nach  Italien  schien  nicht  mehr  dringend  zu  sein. 
In  seinem  ersten  Consnlat  war  Ptoleniäus  Auletes,  der  Vater  des 
Jetzt  regierenden  König-s,  unter  seiner  Vermittelung  zum  Bundes- 
genossen der  Römer  erhoben  und  damit  als  Beherrscher  von 
Aegypteu  bestätigt ;  '  ^)  Auletes  verpflichtete  sich ,  liir  diesen 
Schutz  grosse  Summen  za  zahlen;  vielleicht  kamen  Anleihen 
Linzn,  als  jener  sein  Land  verlassen  musste,  und  in  Rom  Bei- 
stand suchte,  denn  die  Geldverschreibungen  lauteten  nach  Plutarch 
Huf  17  Blillionen  500,000  Drachmen ;  10  IMillioneu  wurden 
jedoch  nur  gefordert. '8)  Blan  beeilte  sich  nicht,  sie  zu  tilgen, 
und  um  so  mehr  unterstützte  Cäsar  die  junge  Röniginn,  welcher 
schon  der  Ruf  ausgezeichneter  Schönheit  seine  Gunst  verschaffte. 
Die  Höllinge  fürchteten  seine  Ansprüche  an  den  Schatz  und  eine 
Einmischung  in  den  obwaltenden  Streit,  welche  das  Testament 
des  Auletes  *  °)  und  seine  Würde  ihm  sogar  zur  Pflicht  zu  macheu 
schien;  sie  fürchteten  noch  mehr,  da  er  Aegj^^iten  bereits  früher 
mit  dem  römischen  Reiche  hatte  vereinigen  wollen,")  und  die 
Art,  wie  er  als  Consnl  mit  den  Lictoren  in  Alexandrien  einzog, 
bestärkte  sie  in  ihrem  Verdachte.  Die  Besatzung  erhob  ein 
Geschrei,  die  Menge  tobte,  und  mehi-ere  seiner  Soldaten  wurden 
an  diesem  und  den  nächsten  Tagen  getödtet.  *^)  Er  verkanulu 
die  grosse  Erregbarkei  der  Alexandriner,  und  ihre  nicht  gering'cre 
Anhänglichkeit    an   das  regierende  Haus  und  an  die  Landessitte  j 


75)   App.    2,    484.     Mora  Alexandrina;    Cic.  ad  Att.   11,    16.     Am 
2.    Allgast  siegte   er   bei   Zela.  7t»)    3,   107.  77)   Plui.  Caes.  48. 

Dio  42,   34.  78)    Oben   $.  13  fin.  79)    Fiat.  I.  c.    Dio  39,   12. 

42,  9.  34.    44,  46.    Suetou.  54.    2.  Tb.  S3S.  SO)   Oben  §.  52.  A.  84. 

81)  Oben  5.  4.  A.  65.  82)   Caes.  3,  106.    Liv.  112.    tucaa,  10,  11. 

Uio  42,  7. 


534  XXI.    lULlI.        (31.  §.54.) 

ein  Fürst  miissfe  so  verworfen  und  zugleich  so  kraftlos  sein, 
wie  Aiiletes,  um  von  ihnen  gestürzt  zu  werden.  Nach  dem 
Herkommen  gebührte  die  Nachfolge  dem  Erstgebornen;  kanm 
gestatteten  sie  ihren  Königen  selbst,  anders  zu  verfügen ;  '  ^)  der 
Fremde  sollte  in  einer  solchen  Angelegenheit  am  wenigsten  ent- 
scheiden,  wohl  gar  zum  Nachlheil  des  Ptolemäus;  es  war  aber 
zu  erwarten,  da  er  nicht  als  Gast,  sondern  mit  dem  Gepränge 
eines  Oberherrn  unter  ihnen  auftrat.  In  der  That  gebot  er  den 
beiden  Geschwistern ,  die  Waffen  niederzulegen  und  sich  seinem 
Urtheile  zu  unterwerfen.  * ')  Pothinus  kam  mit  dem  Könige  ans 
dem  Lager  von  Pelusium  zurück,*')  die  Truppen  aber  blieben 
dort  unter  den  Befehlen  des  Achillas,  während  Cleopatra  die 
ihrigen  eutliess.  Den  Käthen  war  der  Tod  gewiss ,  wenn  ihre 
Gebieter  sich  versöhnten ;  sie  schürten  das  Feuer.  Unmöglich 
konnte  Cäsar  die  steigende  Gährung  entgehen;  indess  gab  er  sich 
das  Ansehn,  als  glaubte  er  sich  sicher,  er  nahm  die  Stadt  in 
Augenschein ,  auch  den  Sarg  Alexanders ,  dessen  Bild  ihm  einst, 
wie  behauptet  wird,  Thränen  entlockt  hatte,  *^)  und  hörte  die 
Philosophen.  '  ^) 

Der  König  war  mit  ihm  in  der  Burg,  dem  Namen  nach 
frei ,  aber  unter  grossen  Ehrenbezeugungen  genau  bewacht ,  weil 
er  zur  Geissei  diente.  ' ')  Seine  Schwester  hatte  sich  durch 
Abgeordnete  um  Cäsars  Schutz  beworben ,  ehe  er  sie  vor  seinen 
Richterstuhl  forderte;  bei  persönlichen  Unterhandlungen  konnte 
sie  nur  gewinnen ;  sie  vertraute  seiner  Leidenschaft  für  ihr  Ge- 
schlecht, von  welcher  sie  bereits  unterrichtet  war,  ihren  Reizen 
und  ihrem  Unglück,  welches  an  sich  schon  seine  Theilnahme  er- 
regte, den  Mann,  den  Machthaber  zu  ihrer  Vertheidigung  aufrief. 
Es  wurde  ihm  noch  fühlbarer,  dass  seine  Gerechtigkeit  ihre  ein- 
zige Zuflucht  seij  als  sie  in  der  Nacht,  vermummt,  nur  von  einem 
Freunde,  ApoUodorus  aus  Sicilien,  begleitet,  in  der  Burg  ihrer 
Väter    bei   ihm   anlangte.  '  ^)     Sein  Verhältniss   zu   ihr  gestaltete 


83)   Polyb.  fragm.  1,  28  fin.  sive  legat.  84.   Iiistin.  39.  3.  84)  Caes, 

3,   107.  8S)    Liican.  10,  53.  86)    Ders,  10,  20.  -vgl.  Sueton.  Octav, 

18.     Strabo   17,  794   v.    hiar  }.   3.   A.  31.  87)    App.  2,  483.    Fronlin. 

sirat.   1,  1.  §.  5.  88)   Lucan.   10,  55.  89)   Dio  42,  34.   Plut.  Caes. 

49.    Zonar.  10,  10.    Lucau.  10,  56.   Flor.  4,  2.  }.  56.   (A.  Vict.)  de  Tir. 
i».  86.  , 


XXI.    lULIL        (31.  §.54.)        535 

sith  auf  Kosten  ihrer  ELre  wie  sie  es  _>viinscL»e;  doch  wurde 
c  I-  iiirLl  von  der  SimilicLkeit  verblendet,  wie  sieben  JaLre  später 
iM.  Antonius,  und  uirLt  aus  Liebe  zu  ihr  führte  er  den  Krieg-,  ^") 
w  i-Icher  vielmehr  sehr  ungelegen  sich  ihm  aufdrang.  Die  Nach- 
ilclit  von  Cleojiatras  Gegen^vart  machte  ihre  Feinde  bestürzt;  die 
liikliirnng,  dass  der  Wille  des  Vaters  gültig  bleiben,  der  Bruder 
ilio  königlichen  Kechte  mit  ihr  theilcn  solle,  brachte  sie  zur 
VerzweiJhing;  ^ ')  es  gelang  ihnen  leicht,  die  Menge  auf  ihre 
Seite  zu  ziehen.  Am  thäligslen  war  Pothinus  mit  seinen  Send- 
lingen.  Diese  nuissten  über  Cäsars  angemasstes  Richteramt  Klage 
erheben  und  versichern ,  nur  zum  Scheine  werde  der  König-  ge- 
duldet, der  Thron  sei  als  Preis  der  Buhlschaft  ausschliesslich 
Cleopatra  bestimmt,  aber  Achillas,  welcher  Befehl  erhielt,  das 
Heer  von  Pelnsinm  herbeizuführen,  werde  Aegjpten  an  den 
iibermüthigen  Römern  rächen.^')  Zugleich  beraubte  man  die 
Tempel,  nuter  dem  Vorgeben,  dass  man  den  Imperator  nicht 
anders  befriedigen  könne;  es  bezeichnete  ihn  besonders  den  Alt- 
Aegj-ptiern,  deren  Wuth  bei  der  Verletzung  des  Heiligen  gränzeu- 
los  war,  als  einen  Feind  der  Götter.  ^^)  Die  königliche  Partei 
war  ihm  au  Streitkräften  vielfach  überlegen ;  in  Pelusiitm  blieb 
eine  starke  Besatzung  zurück,  seine  Truppen  in  Asien  abzuschnei- 
den; 9")  dennoch  zählte  Achillas  2000  Reuter  und  20,000  Mann 
zu  Fuss,  zum  Theil  eingebürgerte  Soldaten  des  Gabinius,  ab- 
gehärtete   Söldner     und    entlaufene    Sdaven    aus    den    römischen 


90)   Dio  42,  44.  91)   Dio  42,  35  hat  liier  Eiiizelnheiccii ,  -n  eiche 

«heils  das  Gepräge  der  Erdichtung  tragen,  fheils  anf  Verwechslnng  der 
Zeiten  bernhen:  Ptolcuiäus  sei  aus  der  läiirg  zn  dem  Volke  eniQohen  nud 
genaltsaiu  zniiickgeführt ;  die  Alexandriner  Laben  zn  Lande  nnd  znr  See 
angegrilTen,  nm  ihn  zu  liefreien,  nnd  dann  in  einer  Versamnilnng  von  Cäsar 
gehört,  dass  tr  nur  das  Testament  des  Auletes  ■vollziehe,  und  als  Dictator 
daza  berechtigt  sei;  um  sie  noch  mehr  zn  beschwichtigen,  habe  er  dem 
Jüngern  Ptolemäns  und  dessen  Schwester  Arsinoe  die  Insel  Cyprns  gegeben, 
folglich  eine  römische  Provinz,  welche  M.  Cato  nach  einem  Ueselze  des 
Triljuns  P.  Clodius  vom  J.  58  in  Besitz  genommen  hatte.  2.  Th.  262. 
Auch  Plntarch.  Caes.  49  verfällt  dadurch  in  einen  Irrthum ,  dass  er  der 
Geschichte  vorgreift;  Pothinus  wnrde  nicht  schon  vor  dem  Ansbmche  des 
Krieges  getödtet,  weil  er  Cäsai-  nachstellte,  und  AchiUas  gieng  nicht  jetzt 
erst    zn    den  Tnipiien    nach  Pelnsinm.     Vgl.    Caes.  3,  109.  92)    Caes. 

3,  108.   Dio  42,  36.  93)  Dio  42,  34.  Gros.  G,  1 5.  94)  B.  Alex.  2ti. 


53Ö  XXI.    lULlI.         (31.  §54.) 

Provinaen,  welcLe  das  Kreuz  erwartete,  wenn  sie  nicLt  siegten; 
an  diesem  entarteten  Hofe  liebte  man  aber  die  Mittel  der  Feigheit 
nnd  der  SchwäcLe,  PotLiniis  Loffte  sich  Cäsars  zu  entledigen, 
wie  er  sich  des  Pompejus  entledigt  Latte,  Der  König  versöhnte 
sich  in  scheinbarer  Unterwiirligkeit  mit  seiner  Schwester;  bei 
dem  Gastmeihle,  wodurch  man  das  wichtige  Ereigniss  zu  feiern 
gedachte,  sollte  Cäsar  vergiftet  werden;  ein  Sclav  aus  seinem 
Gefolge  warnte  ihn,  und  der  Plan  wurde  vereitelt,  der  Urheber 
blieb  jedoch  wegen  JMangel  an  Beweisen  und  aus  Bücksicht  auf 
die  oLuehin  erbitterte  Menge  noch  unbestraft.  ^'^)  Ueber  solche 
ßänke  vergass  man  die  Flotte  im  Helfen  za  sichern,  50  Schiffe, 
welche  unter  Cn.  Pompejus  für  dessen  Vater  gefochten  hatten, 
22  andere  und  mehrere  auf  den  Werften.  ^') 

Der  Consul  befahl  Domitius  C'alvinus,  ihn  durch  Legionen 
ans  Asien  zu  verstärken;  *')  Khodns,  C'ilicien  nnd  Syrien  soUlen 
Schiffe  senden,  Greta  Bogenschützen,  Malchns,  der  König  der 
Nabatäer  im  petraischen  Arabien,  Reuter,  AUe  aber  Getraide  und 
Riiegsbedarf.  ^^)  Allein  Achillas  stand  näher,  und  gehorchte 
nicht,  als  zwei  hohe  Beamte  Dioscorides  nnd  Serapion  ihm  im 
Namen  des  Hofes  geboten,  nicht  weiter  vorzudringen,  weil  er 
wusste,  dass  der  König  nicht  frei  war;  ohne  gehört  zn  sein, 
wurde  der  Eine  dieser  Abgeordneten  tödtlich  verwundet,  nnd  der 
Andre  erschlagen,  und  der  ägyptische  Feldherr  besetzte  einen 
Theil  der  Stadt.  So  begann  für  Cäsar  ein  ungleicher  Kampf, 
ein  Strassen-  und  Häuserkrieg;  er  musste  als  Abenteurer  sein 
Leben  vertheidigen ,  während  Rom  sich  anschickte ,  ihn  als  Be- 
herrscher der  Welt  zu  emi>fangen.  Im  äussersten  Falle  hatte  er 
keine  Bürgschaft  für  seine  Rettung,  als  die  Person  des  Königs, 
aber  es  vergrösserte  die  Gefcihr,  dass  er  ihn  von  jetzt  an  als 
Gefangenen  behandelte,   im   eigenen  Reiche,   in    der    väterlichen 


93)    Caes.  3,  110.  111.   Die  42,  36.  38.   Lucan.  10,  349.  398.    Oros. 
1.  c.  96)   Plul.  Caes.  49  erzählt,  Pothinns  sei  sogleicli  gctüdtel,  -welchem 

Caes.  3,  112  vvidersprichl;  übrigens  lässt  auch  Vellej.  2,  54  ilie  Ver- 
schvröruiig  dem  Kriege  Torausgeheu.  Vgl.  Snelon.  35.  Lucan.  10,  108.  333. 
Eniroji.  6,  22  (17).  Flor.  4,  2.  §.  57.  Oros.  1.  c.  Zonar.  10,  10. 
97)  Caes.  3,  111.  Im  B.  Alex.  12  wird  ihre  Zahl  übeitriebeu  zu  110 
nngegebeu.  98)   Caes.  3,  107.    Die  42,  37.   Oben  5.  53.  A.  68  u.  hier 

A.  25.  99)   U.  AI.  1.  , 


XXI.    lULII.        (3i.§.  Ö4.)         537 

Burg',  clenn  das  Volk  Yviirde  dailiircli  empört.  Alexandrien  Latte 
um  diese  Zelt  300,000  EinwoLner.  ">°)  Es  lag  12,000  ScluiKe 
■westlicL  von  der  cauopisclien  ÜMündaug  ')  auf  einer  Eidenge 
zwischen  dem  mittelländischen  Meere  im  Norden  und  dem  See 
Blareotis  im  Süden,  und  war  30  Stadien  oder  ^  geogr.  Meilen 
lang  und  7  bis  8  Stadien  breit.  ')  Die  Längenseilen  erstreckten 
sich  von  Osten  nach  Westen,  und  traten  an  ihren  Enden  etwas 
näher  zusammen,  wodurch  der  Ort  eine  ovale  Form  erhielt.  lu 
derselben  Richtung'  wurde  dieser  von  einer  der  grossen  Ilaupt- 
strassen  getheilt ,  welche  eine  andre  im  rechten  ^'V  inkel  durch- 
schnitt. ')  Unter  den  fünf  Stadtvierteln'')  warRhacolIs  als  Flecken 
schon  vor  Alexander  vorhanden^)  und  dann  durch  seinen  Serapis- 
Tempel  ausgezeichnet;  östlich  bis  zum  Meere  hin  lag'  Bruchium, 
auch  die  königliche  Burg  genannt,  obgleich  dieses  Quartier  viele 
andere  Gebäude  umschloss,  und  den  dritten  oder  vierten  Theil 
der  ganzen  Stadt  ausmachte.  ^)  Vor  dem  östlichen  oder  cano- 
pischen  Thore  gelangte  man  nach, der  Kennbahn  oder  dem  Hippo- 
dromus  und  dem  30  Stadien  entfernten  Kicopolis,  und  im  Westeu 
der  Stadt  an  der  Strasse  von  Parätonium  nach  Kecropolis.  ')  In 
Cäsars  Geschichte  wird  vor  Allem  die  Insel  Pharus  erwähnt, 
nördlich  von  Alexandrien  und  durch  das  Heptastadium ,  einen 
Damm  von  etwa  7  Stadien  oder  genauer  800  Schritten  mit  ihm 
verbunden.  *)  Sie  war  bewohnt,  ehe  dieser  Krieg  sie  verödete; 
seitdem  fand  man  hier  nur  noch  einige  Schiffer.  ^)  Auf  ihrer 
östlichen  Spitze  stand  der  Leuchtthumi  Pharus,  denn  die  Einfahrt 
iu  den  anliegenden  grossen  Ilafen,  bei  welcher  mau  die  Insel 
zur  Rechten  und  ein  Riff  und  hinter  diesem  das  Vorgebir"'e 
Lochias  mit  einem  königlichen  Palast  zur  Linken  hatte,  war  eu^-e 


100)  Docli  ■wohl  die  SclaTcn  mitgerechnet,  iivelche  Diodor.  Sic.  17,  52 
ansschlicsst.  Tgl.  Bonamy  Descriptioa  de  la  -»ille  d'Alexandrie  u.  Expli- 
cation  tojiogr.  de  la  gnerre  de  Cesar  dans  Alexaudiie  in  den  Hlem.  de 
l'Acad.  des  liiscript.  T.  9.  p.  416  u.  432.  Die  lelzte  Abhandlung  ist  fast 
nur  Uebersetzung  des  B.  Alex.  Kausler  Atlas  der  merkw.  ScUachten 
S.  54   giebt   keinen   Aufschluss.  1)     Pliu.   5,    11    (10).  2)    Sirabo 

17,    793.  3)    Ders.    u.    Diod.    11.    ec.  4)    Fhilo   in  Flacc.  p.  973. 

5)     Strabo    17,    792.     Pansan.  5,  21.  6)    Strabo  17,  793.     Aach   Plin. 

1.  c.    den   liinften.  7)    Strabo    17,    795.  8)     Cnes.  3,  112.    Amin. 

Mareen.  22,   J6.  f.  10   rechnet  lOOO  Schritte.  9)   Strabo   17,  792. 


538  XXI.    lULn.        (31.  §.54.) 

nnd  wegen  der  Klippen  und  Sandbänke  seLr  scLwierig'.  '  °)  Der 
Umfang  des  Hafens  betrug  30  Stadien;  auch  Lalle  er  eine  be- 
deutende Tiefe.'')  Im  Heptastadium ,  "welcLes  ilin  von  dem 
westlichen  oder  dem  Eiinostus  (rennte,  waren  zwei  mit  Brücken 
bedeckte  Cauäle  gegraben,  wodurch  die  beiden  Hafen  in  Ver- 
bindung standen.  ")  Oberhalb  des  letzten  befand  sich  ein  dritter, 
der  Cibotns ,  von  welchem  ein  schiffbarer  Canal  bis  zom  See 
Mareotis  führte.  '  ^) 

Als  Achillas  in  die  Stadt  eindrang,  warfen  sich  ihm  einige 
Cohorten  entgegen,  welche  vor  der  Ueberniacht  wichen;  doch 
konnte  mau  den  Theil  des  Bruchinm  nicht  nehmen,  wo  Cäsar 
sich  verschanzt  hatte.  In  der  Rriegsbankunst  und  in  der  Feld- 
schlacht gleich  unübertrefflich  verwandelte  er  jedes  Haus  in  eine 
Festung ;  durch  Oeffnungen  in  den  Wänden  richtete  er  die  Älauer- 
brecher  gegen  das  nächste,  und  wenn  es  zerstört  war,  rückten 
seine  Linien  unter  dem  .Schutze  der  Sturmdächer  vor.  ' ')  Er 
mnsste  wünschen,  sie  bis  zum  See  Mareotis  auszudehnen,  damit 
er  Trinkwasser  erhielt.  Die  Stadt  hatte  keine  Brunnen;  das 
Wasser  wurde  ihr  in  Canälen  zugeführt,  in  Cistemen  gesammelt 
und  durch  den  Niederschlag  gereinigt ;  jener  Graben  aber,  welcher 
am  Cibotns  mündete,  war  in  der  Gewalt  der  Feinde.  ")  Nur 
durch  Klugheit,  Kunst  und  Ausdauer  vermochte  man  den  Alexan- 
drinern zu  widerstehen;  sie  waren  nicht  bloss  die  Stärkeren, 
sondern  sie  besassen  auch  weit  mehr  Hülfsqnellen.  In  ganz 
Aeg-jiJten  wurde  geworben ;  es  schickte  Lebensmittel  nnd  Waffen ; 
in  der  Stadt  fochten  die  Herren  neben  ihren  Sciaven;  sie  gaben 
ihnen  Unterhalt  und  Sold,  uud  ai'beiteteu  nüt  ihnen  in  den 
Werkstätten,  Geschosse  nnd  Kriegsmaschinen  zu  verfertigen,  oder 
an  den  Verschanzungen,  welche  die  Strassen  sperrten;  die  Ga- 
linianer  leiteten  sie  an;  Anderes  lernten  sie  während  des  Kampfes 
vom  Feinde,  und  ahmten  es  nach,  sogar  die  Aufstellung  versuchter 
Truppen  zum  Kücklialt;  aber  es  fehlte  auch  nicht  an  eigener  Er- 
findungskraft, und  ilire  Grossen  vermehrten  Muth  und  Eifer  durch 


10)    Ders.   794.  11)    Ders.  792.    Joseph.  B.  J.  4,  10  (II).  ?.  3. 

12)    Straho    792.  13)     Ders.    795.  14)    Caes.    3,    III.    15.  AI.   1. 

Lucan.  10,  398.  439  478.  Flor.  4,  2.  J.  58.  Dio  42,  38.  App.  2,  484. 
15)  IJ.  AI.  1  u.  5,  wo  et  flumen  Nilus  genannt  wird,  weil  das  Wasser 
mittelliar  aus  dem  Nil  kam. 


XXI.     lULII.         (31.  §.54.)         539 

die  Klagen:  scLon  werde  es  den  Römern  znr  Gewohnheit,  sich 
nach  dem  Nil  zu  wenden;  vor  einigen  Jahren  sei  Gabiuins  ge- 
kommen, dann  Pompejus,  nun  Cäsar,  und  er  bleibe,  obgleich  der 
Feind  todt  sei,  welchen  er  verfolgt  habe;  man  müsse  ihn  ver- 
treiben ,  und  ehe  er  in  der  bessern  Jalirszeit  seine  anderen  Le- 
gionen zur  See  herbeiziehe ,  sonst  werde  Aegjpten  unfehlbar 
eine  römische  Provinz.  '  ^) 

Die  Lösung  der  Frage  hieng  besonders  von  der  Flotte  ab; 
ma"  hätte  sie  aus  dem  Bereiche  der  Römer,  aus  dem  grossen 
Hafen  entfernen  sollen ,  damit  sie  im  Frühjahre  auf  dem  Meere 
kreuzen  und  Zufuhr  und  Verstärkungen  auffangen  konnte ;  da 
es  nicht  geschehen  war,  und  Cäsar  die  Büttel  fehlten,  sie  zu  er- 
obern ,  so  verbrannte  er  sie ,  auch  die  Schiffe  auf  den  Werften, 
welches  die  Folge  hatte,  dass  die  nahe  stehenden  Gebäude  in 
ßruchium,  die  Getraide- Speicher  und  die  Bibliothek  ebeufalls  in 
Asche  gelegt  wurden.  ")  Wie  er  die  eigenen  Schiffe  vor  den 
Flammen  bewahrte,  '  ')  wo  ihr  Standort  war,  wird  niclit  gesagt; 
wenn  aber  die  Feinde  ihnen  nicht  andere  entgegenstellen  konnten, 
so  erhielten  sie  nun  die  grösste  Wichtigkeit  für  ihn.  Zunächst 
schickte  er  Truppen  nach  der  Insel  Pharus ,  um  den  Eingang 
zum  Hafen  zu  beherrschen.  '  ^)  Zu  Lande  durfte  er  bei  der  be- 
deutenden Macht  der  Alexandriner  kaum  Entsalz  erwarten;  sie 
beschränkten  ihn  in  der  Stadt,  wo  er  das  Theater  im  Bruchium 
als  Castell  benutzte,  auf  Verlheidigung,  und  bald  erhielten  sie 
auch  einen  tüchtigen  Anführer.  Ein  Eunuch  Ganymedes  traf 
Veranstaltungen,  wodurch  es  Arsinoe,  der  jungem  Schwester  des 
Ptolemäus,  möglich  wurde,  aus  der  Burg  zu  entfliehen,  und  da 
das  Heer  sie  freudig  als  Königstochter  begrüsste,  so  gelangte  ihr 
Befreier  zu  grossem  Ansehn.  Diess  erregle  die  Eifersucht  des 
AchiUas;  er  vertheilte  Geld  unter  die  Truppen,  aber  durch  das- 
selbe Mittel  ■wirkte  die  Gegenpartei,  welche  ihn  endlich  gewalt- 
sam aus  dem  Wege  räumte.     Sie  kam  ihm   nur  zuvor,  denn  der 


16)    B.  AI.  2.  3.  17)   Caes.  3,  111.    B.  AI.  12.    Lucan.  10,  491. 

Flor.  4,  2.  §.  59.  PInt.  Caes.  49.  Dio  42,  38.  Zoaar.  10,  10.  Nach  Lir. 
bei  Sencc.  de  Iranq.  an.  9  ireiiiichtete  das  Feuer  400,000  llücberroUen; 
so  aiicli  Oros.  6,  IS,  wogegen  Gell.  6,  17.  Ainm.  »laicell.  22,  16.  {.  12 
n.  Uidor.   Orig.  6,  3    700,000  zälilen.  18)    Caes.  1.   c.     B,  M.  8.  10. 

19)   Caes.  3,  111.   112.   Lucaa.  10,  509.    Flor,  1.  c. 


540  XXI.    lULU.        (31.5.54.) 

Tod  des  Pouipejus  bcweis't ,  wie  wenig;  aucL  er  den  I\IeiicIiL'l- 
mord  sclieufe,  und  für  Aegypten  war  es  ein  günstiges  Ereigniss, 
da  sein  Nebenbuhler,  auf  welcLen  der  Oberbefehl  iibergieng,  weit 
inelir  leistete.  *°)  Um  diese  Zeit  büsste  auch  Polhinus;  Cäsar 
gehonte  ihn  nicht  länger,  als  er  entdeckte,  dass  er  mit  Achillas 
eine  geheime  Verbindung-  unterhielt.^')  Theodofus  begab  sich 
nach  Asien,  wo  er  im  Elende  und  in  grosser  Verachtung  lebte, 
bis  Brutus  und  Cassius  kurz  vor  den  Schlachten  bei  Philippi 
durch  einen  uiartervollen  Tod  Pompejus  an  ihm   rächten.  "  -) 

Den  Kömern  wurde  die  Veränderung  im  feindlichen  Heere 
b.ild  fühlbar ;  in  Ganymedes  vereinigten  sich  Erfindungsgeist, 
Sluth  und  Kraft;  er  wusste,  dass  er  dem  Gebieter  eines  furcht- 
baren Reichs  gegenüber  stand,  und  wollte  entscheiden,  ehe  er 
sich  als  solcher  geltend  machen  konnte;  die  Eigenthümlichkeit 
der  Stadt  zeigte  ihm  das  Büttel.  Demnach  verstopfte  er  die 
Graben,  welche  jenem  süsses  Wasser  brachten,  nnd  füllte  durch 
Maschinen  die  Cisternen  mit  salzigem  aus  dem  IMeere.  Anfangs 
waren  die  Römer  darüber  erstaunt,  dass  das  Getränk  seinen  Ge- 
schmack verlor;  als  es  ungeniessbar  wurde,  geriethen  sie  in  Ver- 
zweiflung-. Cäsar  beruhigte  sie:  man  werde  Brunnen  graben, 
und  wenn  auch  diess  nicht  zum  Ziele  führe,  von  Parätoniuni 
oder  vom  Osten  Wasser  herbeischaffen;'^)  die  Flucht  aber  sei 
unmöglich ;  das  Einschiffen  erfordre  Zeit,  der  Feind  werde  hervor- 
brechen und  es  verhindern ;  Sicherheit  finde  man  nur  hinter  den 
Schanzen.  ' ')  Durch  die  Brunnen  an  der  Küste  wurde  der 
Noth  einigermassen   abgeholfen,    und   bald   durfte  man  gänzliche 


20)  Caes.  3,  112.  B.  AI.  4.  tncan.  10,  520.  TeUej.  2,  54.  Dio 
42,  3.  39.  40  behanplet,  mau  habe  Arsinoe  als  Königinn  anerkannt;  es 
>var  nicht  der  Fall,  viie  das  Folgende  lehrt.  Auch  beschuldigte  mau 
AcIiiUas  nicht,  dass  er  die  Flotte  dem  Feinde  übergeben  vroUe,  denn  sie 
Var  schon  zerstört;  vielleicht  Tvnrde  der  Verlust  ihm  als  Oberfeldherrn  in 
Rechnung  gebracht;  seine  Menterei  gegen  Arsinoe  -vrar  aber  das  llanjit- 
verbrechen,  -welches  man  ihm  zur  Last  legte,  obgleich  ihr  Günstling  ihn 
zuerst  ongeleindet  hatte.  Cäsar  \>ird  hier  von  Plutarch.  Pomp.  80.  Brut. 
33  nnd  von  App.  2,  484  mit  Unrecht  genannt;  er  tüdtete  ihn  nicht. 
21)  Coos.  o.  VeUej.  11.  cc.  Lucan.  10,  515.  Flor.  4,  2.  $.60.  Dio  n.  PInt. 
App.  11.   cc.    Zonar.  10,  10.    loh.  Älalel.   Chron.  I.  9  in.  22)  Plut.-ircb. 

n.   App.   U.  cc.    Oben   §.  52.   A.  88,  23)   B.  AI.  S;   Ab  insiüa ;    TOm 

Delta,  (-ijaof,  Slrabo  17,  788.  24)    B.  AI.  5-9. 


XXI.    lULn.        (31.  §.54.)        541 

f!ifreiung'  Loffen.  Denn  Cn.  DomitiiiH  Calviniis  scLickfe  aiif 
t.isars  BefeLl,"^)  wie  sehr  er  sie  auch  selbst  g'egen  Pliarnaces 
Indiirfle,  zwei  Legionen,  eine  zu  Lande  durch  Syrien,  welche 
711  si);it  eintraf,'^)  und  die  XXXVII,  deren  Mannscliaft  aus 
C-efang'enen  von  Pharsahis  bestand,  mit  Getraide,  Waffen  und 
Kriegsmaschinen  zur  See.  Der  Ostwind  trieb  sie  über  Alexan- 
drieu  hinaus  an  einen  Ort  ohne  Wasser.  Als  sie  dem  Dicfator 
durch  ein  Ruder -Fahrzeug-  davon  benachrichtigte,  verUess  er  mit 
der  Flotte  den  grossen  Hafen,  um  sie  aufzusuchen;  die  Gehörten 
blieben  in  den  Werken.  Bei  dem  Castell  Chersonesus,  TO  Sta- 
dien von  der  Stadt,  ^')  wo  er  Wasser  einnalini,  wurden  einige 
Ruderer  von  den  Reutern  der  Feinde  ergriffen ,  welche  dadurch 
erfuhren,  dass  Cäsar  selbst  sich  in  jener  Gegend  befinde,  und 
ohne  Truppen,  und  ihm  bei  seiner  Rückkehr  mit  einem  Ge- 
schwader aus  dem  Eunostus  entgegen  giengen.  Sie  erlitten  aber 
eine  Niederlage  und  der  Sieger  führte  die  Transportschiffe  an 
Tauen  in  den  Hafen.  "*)  Der  Kampf  zu  Lande  dauerte  fort, 
und  hatte  für  Cüsar  besonders  den  Zweck,  ihn  des  Wassers 
wegen  mit  dem  .See  Blareolis  in  Verbindung  zu  setzen.  Gany- 
medes  beschäftigte  sich  am  meisten  mit  der  Flotte;  er  verstärkte 
sie  durch  Wachtschiffe  von  den  Kilmünduugen  und  durch  alte, 
welche  er  herstellen  liess,  auf  27  ohue  die  kleineren;  ^^)  über- 
diess  gewährte  es  ihm  eiueu  grossen  Vortheil,  dass  nicht  nur  das 
Heptasladium ,  sondern  in  Folge  von  Gefecliten,  deren  nicht  ge- 
dacht wird ,  auch  die  Insel  Pharus  in  seiner  Gewalt  war.  ^ ") 
Man  musste  diese  Rüstungen  unterbrechen.  Cäsar  fuhr  mit 
34  Schilfen*')  in  zwei  Treffen  um  die  Insel  gegen  den  Eunostus, 
und  als  die  Feinde  die  Schlacht  annahmen,  von  deren  Ausgange 


25)   Oben  A.  98.  26)    B.  Al.  34.  27)  Slrabo  17,  799.  Ptolem. 

4,  5.  28)    B.  AI.  10.   11.     Dio  42,  38  vrirft  die  Ereignisse  unter  ein- 

ander. Wenn  die  Aegypiier  ans  Fnrclit  -vor  einem  AngrilTe  die  IVlündnng 
des  -VTesUiclien  Hafens  oder  des  Eunostus  bis  anf  eine  kleine  Oeirnung 
vcrscbiiltetea,  nnd  Cäsar  nun  anch  diese  mit  ScIülTcn  versperrte,  'nelche 
er  lüit  Steinen  belud,  so  ist  sowohl  das  Gefecht  bei  Chersonesus ,  als  das 
folgende  niierklUrlich.  Ohne  Zweifel  berichtet  Pio  ■von  dem  Hafen,  was 
sich  auf  die  Canälo  im  Heplastadiuni  bezielit.     S.  unten.  29)  B.  AI.  13. 

Dio  42,  40.  30;    B.  AI,  17.    Oben  A.  19.  31)   B.  AI.  13.   Oben. 

§.  63  lin. 


542  XXL    lüLII.        (31.  §.54.) 

sein  Schicksal  abziiLängen  scLien,  und  Alexandriner  und  Römer 
an  der  Küste  die  LöcLsten  Puncte  suchten ,  um  Zeugen  zn  sein, 
eröffnete  Euphranor,  ein  kühner  und  kriegskundiger  Rhodier, 
das  Gefecht,  indem  er  mit  4  Schilfen  durch  den  von  Sandbänken 
verengten  Eingang-  in  den  Hafen  drang,  und  die  übrigen  mit 
einem  ermulhigenden  Zurufe  aufforderte,  ihm  zn  folgen.  .So 
wussle  Cäsar  auch  zu  Lande  Blänuer  herauszufinden ,  -welche 
durch  Wort  und  That  ihre  Geführten  mit  sich  fortrissen.  Künst- 
liche Bewegungen  konnte  man  auf  dem  beschränkten  Räume 
nicht  ausführen,  und  das  Sch-werdt  entschied  zu  Gunsten  der 
Römer;  sie  verloren  kein  Schiff,  die  Aegyptier  dagegen  fünf; 
doch  -wurden  diese  von  den  Ihrigen  durch  Pfeilschüsse  vom  Hepta- 
stadium  und  von  den  Häusern  des  Pharus  auf  dem  Rückzuge 
gesichert.  ^  ^) 

Damit  sich  diess  in  Zukunft  nicht  -wiederholte,  musste  man 
sich  des  Damms  und  der  lusel  bemächtigen,  and  sogleich,  ehe 
die  Feinde  von  ihrer  Bestürzung  sich  erliolten.  Zehn  Gehörten 
und  gallische  Reuter,  -vs'elche  ihre  Pferde  verloren  hatten  und  als 
leichtes  Fussvolk  dienten,  soUten  vermittelst  der  kleineren  Fahr- 
zeuge auf  Pharus  landen ,  während  andere  Truppen  auf  den 
grösseren  Schilfen  nach  der  entgegensetzten  Seite  abgiengen ,  um 
einen  Scheinangriff  zu  machen.  Ln  Anfange  vertheidigten  sich 
die  Phariten  von  den  Dächern  ihrer  Häuser  und  von  dem  steilen 
Ufer  mit  Erfolg,  zumal  da  auch  einige  Schiffe  sie  unterstützten; 
als  aber  die  Römer  in  immer  grösserer  Anzahl  festen  Fuss  fassten, 
nnd  auch  ihre  Gefährten  vom  Norden  herankamen,  -wandten  sich 
jene  zur  Flucht;  sie  räumten  selbst  ihren  Flecken,  obgleich  er 
Thürme  hatle,  und  ihre  Gegner  nicht  auf  eine  Belag-eruiig  vor- 
bereitet -waren,  und  stürzten  sich  in  das  Meer,  um  nach  der  Stadt 
zu  sch-wimmen ;  Viele  wurden  gefangen  oder  getödtet.  Cäsar 
erlaubte  seinen  Soldaten ,  den  Ort  zu  plündern,  und  besetzte  daa 
Castell  an  der  nördlichen  Brücke  des  Ileptastadium;  am  andern 
Tage  nahm  er  auch  die  Brücke  auf  der  Seite  von  Alexandrieu. 
Etwa  drei  Cohorten ,  welche  auf  dem  Damme  Platz  fanden, 
suchten  unter  Cäsars  Leitung  den  Zugang  zum  Heplastadium 
durch  Schanzen   zu  versperren,    und    zugleich   die  Brückenbogen 


32}   B.  AI.  14  —  16. 


XXI.    lüLII.        (31.  §.54.)        543 

mit  Steinen  auszufüllen,  damit  die  Verblndang'  zwiscLen  dem 
grossen  Hafen  und  dem  Eunostus  aufLörte.  Schon  war  das 
Werk  in  dem  Einen  vollendet  und  in  dem  Andern  augefangen, 
als  die  Alexandriner  g^es^eu  den  Brückenkopf  Leranstürmlen,  und 
ihre  Schüfe  sich  an  den  Damm  anlegten,  durch  dessen  OelFaungen 
sie  bisher  oft  eingedrungen  waren,  um  die  römischen  zu  ver- 
breuneu.  Während  des  Gefechts  erstieg-  ein  Theil  der  Mannschaft 
auf  Cäsars  Flotte  den  Kaniiifplafz ,  und  trieb  die  feindliche  mit 
Schleudern  und  Steinwiirfen  zurück.  Da  sich  abe»  bei  diesea 
Sireitern  weder  Plan  noch  Ordnung'  zeigte ,  so  landeten  die 
Alexandriner  in  ihrem  Rücken,  ein  Anblick,  welcher  ihnen  in 
dem  Maasse  die  Besonnenheit  raubte,  dass  sie  auf  der  Flucht  die 
Leitern  mit  sich  nahmen,  und  die  Schüfe  entfernten.  Nun  sahen 
sich  die  drei  Cohorten  im  Brückenkopfs  von  zwei  Seiten  an- 
gegriffen; sie  suchten  an  Bord  zu  kommen,  so  lange  es  möglich 
war,  die  noch  übrigen  Fahrzeuge  wurden  übermannt  und  giengen 
unter,  und  wer  auf  dem  Damme  blieb,  in  der  Hoffnung,  sich 
durchzuschlagen,  der  fiel  durch  dais  Schwerdt,  nur  Wenige  retteten 
sich  durch  Schwimmen.  C'ä'sar's  Bemühungen,  der  Verwirrung 
Einhalt  zu  thun,  waren  fruchtlos;  man  hörte  ihn  nicht;  er  musste 
sich  endlich  selbst  auf  ein  Schiff  werfen,  verUess  es  aber,  weil 
es  ebenfalls  mit  Menschen  überfüllt  wurde ,  und  schwamm  200 
Schritte  weit  zn  einem  andern,  worauf  jenes  sank.  Etwa  400 
Legionare  und  noch  mehr  Ruderer  und  Seesoldaten  verloren  das 
Leben,  dem  Diciator  um  so  schmei-zIicLer,  da  er  sie  nicht  er- 
setzen konnte ;  die  Alexandriner  waren  wieder  im  Besitze  des 
Damms  und  öffneten  den  verschütteten  Durchgang  unter  der 
Brücke.  ^^) 


33)  B.  AI.  17  —  21.  Lncan.  10  fin.  Gegen  die  Erzählnng  bei  Sneton. 
64.  Tgl.  57.  Gros.  6,  15.  Dio  42,  40.  Plut.  Caes.  49.  Zonar.  10,  10, 
dass  Cäsar  im  Wasser  gewisse  wichtige  Schriften  mit  der  Linken  in  die 
Uühe  Ijiell,  damit  sie  nicht  nass  wurden,  erheben  sich  bedeutende  Zweifel, 
aoch  davon  abgesehen,  dass  der  Verf.  des  B.  AI,  es  nicht  erwähnt,  nnd 
der  Feldherr  nach  App.  2,  523  oft  untertauchen,  sich  den  Blicken  der 
Feinde  entziehen  musste,  um  nicht  von  ihren  Geschossen  getrolTeu  zn  wer- 
den. Man  sieht  keinen  Grund,  warum  er  solche  F.i]iiere  aus  seinem  wohl- 
Terschanzten  Lager  mit  sich  in  das  Gefecht  nahm ,  nnd  wenn  er  von  der 
Barke  in  das  »' asser  sprang,   so  konnte  er  weder  sieb  noch  irgend  etwas 


544  XXI.     lULII.  (31.  §.54.) 

Sie  überzeugten  sich  bald ,  dass  nichts  dadurch  verähderf, 
lind  der  feindliche  Heerführer  nicht  getödtet  sei,  wie  sie  anfangs 
glaubten;  ihre  Angriffe  auf  die  römischen  Werke,  von  welchen 
sie  sich  jetzt  den  besten  Erfolg  versprachen,  wurden  mit  eines 
solchen  Erbitterung  abgeschlagen  und  erwiedert,  dass  Cäsar  die 
Seinigen  kaum  zu  zügeln  vermochte.  Da  sie  also  ihren  König 
nicht  mit  Gewalt  befreien  konnten,  so  trugen  sie  durch  Abgeord- 
nete auf  dessen  Entlassung  an :  mau  sei  des  Zwischenreichs  der 
Arsinoe ,  dier  Herrschaft  und  Grausamkeit  des  Ganymedes  über- 
drüssig;  Cäsar  möge  Ptolemäus  seinem  ^  olke  wiedergeben ;  wenn 
dieser  nicht  frei  sei ,  so  sei  auch  kein  Vertrag  möglich,  und  man 
werde  sich  gern  unterwerfen,  wenn  er  Frieden  schliesse.  Kichfs 
berechtigt  zu  der  Annahme,  dass  die  Freunde  des  Jungen  Fürsten 
auf  Cäsars  Anstiften  ihren  Mitbürgern  eine  solche  IMassregel  em- 
j)fahleu ,  sondern  sie  ist  wahrscheinlich  von  jenen  ansgegangeu* 
Denn  Ptolemäus  musste  die  Gefangenschaft  unleidlich  werden, 
die  Nähe  der  gefeierten  Cleopatra,  der  Gedanke,  dass  die  jün- 
gere SchAvester  vielleicht  seine  Absetzung,  die  ältere  seine  Er- 
mordung herbeiführte,  oder  der  römische  Imperator  nach  der 
gänzlichen  Besiegung  der  Aegyptier  ihn  bei  dem  Triumphe  zur 
Schau  stellte ;  seine  Frendeuthräuen  bei  dem  Abgange  von  der 
Burg  verrathen  sein  Inneres,  die  Sehnsucht,  mit  w^elcher  er  die- 
sen Augenblick  herbeigewünscht  hatte.  Auf  der  andern  Seite 
fand  der  Vorschlag  Gehör,  nicht  weil  Cäsar,  der  feine  IMen- 
schenkenner,  den  Worten  des  Königs  glaubte,  welcher  Vei-sÖhn- 
lichkeit  heucheile  und  sich  kaum  von  ihm  trennen  zu  können 
versicherte,  sondern  weil  dessen  Haft  sich  als  nutzlos  erwies, 
und  er  ein  Zerwürfuiss  unter  den  Feinden ,  den  Sturz  des  un- 
ternehmeudcu  Ganymedes  helfen  durfte,  da  Ptolemäus  in  dem 
Verfahren  der  Arsinoe  eiue  strafbare  Anmassuug  und  in  ilim  die 
Ursach  sah.  Beide  traten  auch  sogleich  vom  Schauplätze  ab,  und 
des   Eunuchen  wird  nicht  weiter  gedacht.  ■*  *) 


anileies  vor  giiiizliclier  Durciiiiiissung  bewahren.  Sein  Pnrpiunianfel ,  v/ei- 
chen er  ab^Yai'f,  diente  den  Aloxandr,  zur  Trophäe  ;  l)io  1.  c,  Ai)p.  li,  4S4, 
523.  I'ior.  4,  2.  §.  59.  00.  er  eiilledigte  sich  der  Kleidung,  um  siih  leich- 
ter zu  bewegen,  und  nm  nicht  eikannt  zu  werden ;  beides  aber  w nide  ver- 
fehlt,  wenn  or  sie  mit  dea  Zähnen  fortzog,  auch  Tvar  diess  an  sich  nicht 
luüglich,  da  das  Wasser  das    Gewicht  vermehrte.   Sueton.  I.  c.  31)  li. 


XXI.    lüLII.        (51.  §.44.)        545 

Der  König'  liielt  die  Zusagen  nicLt,  mit  welcLen  er  von  Cä- 
sar gescLiedeu  war ;  er  setzte  die  Feindseligkeiten  fort ,  aber 
scLwacli  und  jung  durfte  er  nicht  auf  sich  rechnen,  und  die  Um- 
stände waren  ihm  nicht  günstig'.  Denn  gerade  jetzt  erwarteten 
die  Römer  neue  Zufuhr  zur  See ,  und  Verstärkung-  zu  Lande. 
Um  jene  aufzufangen ,  legte  sich  ein  ägyptisches  Geschwader  an 
der  Mündung  des  canopischeu  Kilamis  in  den  Hinterhalt.  So- 
gleich gieng  auch  das  römische  unter  Tiberius  Claudius  Nero  in 
See;  bei  dem  Angriffe  kämpfte,  'wie  immer,  liuphranor,  der 
Rhodier ,  Toran ;  er  wurde  aber  von  den  Anderen  nicht  unter- 
stützt, umringt  und  getödtet;  das  Gefecht  blieb  unentschieden.^') 
Desto  folgenreicher  war  die  Aukunft  der  Ilülfsvölker  aus  Cili- 
cieu,  Sjrieu  und  den  angränzenden  Ländern,  welche  Blithridates 
der  Pergamener  den  Römern  zuführte ,  der  Sohn  des  Blenodotes 
inid  der  Adobog'idn.  Diese  stammte  aus  dem  Geschlechte  der 
Tetrarchen  von  Galatien;  da  Milhridates  d.  Gr.  ihren  Sohn  in 
dessen  KindJieit  wegen  seines  hohen  Standes,  wie  der  Verfasser 
des  alexandrinischen  Krieges  sagt,  oder  vielmehr  wegen  seiner 
Schönheit  aus  Pergamum  mit  sich  fortnahm,  und  an  seinem  Hofe 
erzog,  so  nannte  sie  ihu  nach  dem  königlichen  Gönner,  damit 
man  glaubte ,  sie  habe  ihn  mit  diesem  erzeugt.  *  ^)  Er  ■«'urde 
Cäsar  in  Asien  bekannt,  und  zeigte  sicli  treu  und  tüchtig-;  des- 
Laib erhielt  er  im  Anfange  dieses  Krieges  Befehl ,  dort  zu  rü- 
sten. Bei  seinen  grossen  Verbindungen  hatte  das  Unternehmen 
guten  Erfolg,  zumal  da  er  für  den  Sieger  rüstete.  Selbst  Anti- 
pater,  der  Idumäer,  früher  für  Pompejus  und  daher  be«>orgt,  ver- 
stärkte ihn  mit  3000  Blann,  luid  bewirkte,  wenn  Josephus  nicht 
mit  jüdischer  Ruhmrsdigkeit  iiberti-eibt,  dass  auch  Araber  und 
Dynasten,  welche  in  Syrien  und  am  Libanon  wohnten,  Jambli- 
chus  und  dessen   Sohn  Ptolemäus  und  Tholomäus  zu  ihm  stiessen.^ ') 


AI.  23.  24.  Gros.  6,  16.  Dio  42,  42.  rint.  des.  49.  Zonar.  10,  10. 
35)  B.  AI.  25  lässt  sogar  TenuiUtieo ,  «lass  die  Alex,  im  Vortheile  ■waren, 
wogegen  Dio  42,  40  Äero  den  Sie»  zuschreibt.  Sneion.  Tiber.  4.  36)  So 
erkliiien  sclion  Viciorius  Var.  lect.  3,  23  n.  Casaiib,  ilie  verdorbene  Slelle 
bei  Sirabo  13,  625.  B.  AI.  26  u.  78.  Plulap.Ii  de  iniil.  -vinut.  Vol.  8. 
p.  299.  ed.  llu«.  37)  Josej>h.  A.   J.   H,  8  (|4).  }.  1.  «.  J.  1,  9  (7). 

Jj,    3.     Gewiss  ist,    dass    ilie    Juden    roiuj)ejus  basslen,    »eil  er  Jerusalem 
i)rum.inn  ..   Ccscliä'htt:  Uodin  III,  "i^ 


546  XXI.     lULII.         (31.  §.54.) 

ScLweriger  war  der  Zii»  durch  Aegyplen ,  über  welclien  d!e  | 
Alten  ,  besonders  in  Betreff  des  Oertlicbeu ,  sich  sehr  iinbefriedi- 
g-end  äussern.  Mithridat  nahm  Pehisiuin  ,  wo  Acliillas  eine  Be- 
satzung- zurückgelassen  Latte'")  und  Antipater  sich  ausg;ezeichnet  I 
haben  soll ,  nach  einem  heftigen  Kampfe  mit  .Sturm ;  und  rückte 
in  das  kleine  Delta  ein.'')  Weiterhin  schlug  er  eine  Ablhei- 
lung  des  königlichen  Heers,  welche  ihm  entgegen  geschickt  war, 
und  sich  unvorsichtig  näherte,  bei  einem  plölzlichen  Ausfalle  aus 
dem  Lagei.*")  Als  man  diess  in  Alexandrien  erfuhr,  schitfle 
der  König  nach  dem  cauopischen  Nilamie,  wodurch  er  einen  be- 
deutenden Vorsprung  erhielt.  Denn  Cäsar  mochte  ihm  nicht  fol- 
gen ,  um  nicht  auf  dem  Flusse  kämpfen  zu  müssen ;  er  gieug 
zwar  in  der  Nacht  in  derselben  Richtung  unter  Segel,  und  mit 
Laternen  an  den  Schilfen ,  damit  man  ihn  beobachten  konnte, 
dann  aber  liess  er  die  Lichter  auslöschen  und  wandte  sieh  gegen 
Westen,  liier  landete  er  bei  Chersonesus,  und  führte  darauf  die 
Truppen  so  schnell  um  den  See  Alareotis,  dass  er  sich  mit  Mi- 
thridat vereinigte,  ehe  die  Aegyptier  ihn  erreichten.'') 

Der  König  lagerte,  offenbar  nach  Anleitung  eines  Kriegs- 
kundigen ,  etwa  eines  Gabinianer,  welcher  die  römische  Befesti- 
gungskunst kannte,  auf  Höhen  zwischen  einem  Sumpfe  und  dem 
Nil.  In  einer  Entfernung  Ton  7000  Schritten  deckte  ihn  auf  der 
Seite,  wo  man  den  Feind  erwartete,  ein  CaucJ  mit  steilen  Ufern, 
und  die  ganze  Reuterei  wurde  nebst  leichtem  Fussvolk  dazu  ver- 
wendet ,  den  Uebergang  zu  erschweren.  So  erlitten  die  Römer 
in  einem  völlig'  erfolglosen  Kampfe  grossen  Verlust,  bis  die  ger- 
manischen Reuter  Furien  fanden  .nid  die  Legionare  auf  schnell 
gezimmerten  Flössen  übersetzten;  da  mau  nun  in  der  Nähe  focht, 
wurden  die  Aegyptier  geworfen,  und  bis  an  das  Lager  verfolgt; 
man  holfle  mit  Ihnen  einzudringen;    es  war  aber  von  Natur  fest, 


erobert  hatte,  und  dass  Cäsar,  welchen  sie  noch  im  Tode  ehrten,  Sae«. 
Caes.   84.    1.    Th.    103    Uinen   viel    Gutes  erwies.     S.  Tinten.  38)  Oben 

A.  94.  39)    Ptoleni.    4 ,    5.     Ohne  Zweifel  drang  er  auf  dem  nächsten 

Wege  vor,  nnd  berührte  nicht  Mem|ihis,  wie  Josephus  eriählt,  um  Anti- 
pater zn  vorherrlichen ,  dessen  Eiutlnsse  er  angeblich  die  Gunst  der  Stadt 
verdankte.  40)    B.  AI.  26.  27.     Den  Anführer  der  Aegypt.  nennt  Dio 

42,  41  Uioscoridcs ;  dieser  liünnle  nur  der  früher  erwähnte  sein.  Oben 
A.  99.  4l)  R.  AI.  28.  Dio  42,  43. 


XXI.     lULII.         (31.  §.54.)         547 

wolil  TerscLanzt  und  der  Soldat  ermüdet.  Am  andern  Tage  nalira 
Cäsar  ein  Feldcaslell,  ■welches  Linien  mit  dem  Lag-er  verbanden; 
er  halte  alle  seine  Truppen  aufyei)oten,  -weil  er  in  Einem  An- 
laiir  auch  die  übrigen  Verschanzungen  erstürmen  wollte.  Diess 
gelang'  nicht;  da,  wo  kein  örtliches  liinderniss  sich  fand,  stellte 
sich  ihm  eine  überlegene  Älacht  entgegen  ,  und  zwischen  Lager 
und  riuss,  welchen  viele  stark  bemannte  Schilfe  bedeckten,  wur- 
den die  Seinigen  von  zwei  Seiten  mit  Wurfgeschossen  empfan- 
gen, und  ihre  Anstreuguugen  vereitelt.  Indess  bemerkte  er,  dass 
die  Besatzung  der  höchsten  und  enlfernlesten  Verschanzungen 
nach  und  nach  herabkam ,  weil  sie  das  Gefecht  in  der  Nühe  se- 
hen oder  nicht  unihälig  bleiben  wollte;  sofort  schickte  er  einige 
Cohorten  ab,  diesen  Fehler  zu  benutzen.  Der  Anführer  Carfu- 
lenus ,  ein  bewährter  Rrieger  und  von  der  Wichtigkeit  des  Auf- 
trags durchdrungen,  von  dessen  Vollziehung  das  Schicksal  des 
Tags  abhieng,  überraschte  die  Wenigen,  welche  zurückgeblieben 
waren,  und  schlug  sie  nach  kurzer  Gegenwehr  in  die  Flucht. 
Durch  das  GesrJirei  in  -ihrem  Kücken  wurden  auch  die  anderen 
Truppen  bestürzt;  sie  schwächten  sich  durch  Entsendungen,  nm 
das  Lager  auf  allen  Puuclen  zu  vertheidigen,  und  um  so  gewis- 
ser wurde  es  von  zwei  Seiten  erobert,  und  ein  grosser  Theil  des 
Heers  getödlet.  Die  Uebrigen  eilten  nach  dem  Flusse  zu  den 
Schiffen;  die  Ersten  füllten  den  Graben  der  Linien  und  machten 
den  Folgenden  Bahn,  unter  welchen  auch  der  König  war;  er 
ertrank  ,  weil  sein  Schilf  übermannt  wurde.  * '')  Seinen  Körper 
fand  man  i>  Nilschlamm',  und  erkannte  ihn  an  dem  goldenen 
Brustharnisch; '  ^)  es  ist  daher  mit  Unrecht  behauptet,  dass  er 
spurlos  verschwunden  und  die  Art  seines  Todes  ungewiss  sei,'*) 
obgleich  später  ein  Betrüger  unter  seinem  Namen  auftrat,  wel- 
cher auf  Antonius  Befehl  an  Cleopatra  ausgeliefert  wurde.'*) 

Cäsar  schickte  den  Alexandrinern  die  Rüstung  zum  Beweise, 
dass  ihr  König-  nicht  mehr  lebe;'^)  und  gieng  mit  der  Reuterei 
voraus,    um    ihrer   Unterwerfung    gewiss    zu   sein.      Ungehindert 


42)  B.  AI.  28  —  31.  Liv.  112.  Eiiirop.  6,  22  (17).  Flor.  4,  2.  §.  60. 
Opos.  6,  16.  (A.  Vict.)  de  Tir.  UI.  78.  86.  Dio  42,  43.  riut.  Caes.  49. 
Tgl.  App.  2,  484.  43)  Flor.  Oros.  11.  ec.  44)    l'lut.  I.  c.  m.  Pom- 

pej.  80.  App.  i,  676.  Zonar.  10,  10.      46)  I.  Th.393.  A.  73.       46)  Oro«. 
6,  16. 

35» 


548  XXI.     lULrt.         (31.  §.54.) 

zog  er  durrli  ihre  Werke  nach  der  Burg;  denn  sie  halfen  die 
Wa/fen  niedergelegt,  und  flehten  in  Erwartung  eines  harten 
Strafgerichts  nm  Gnade,  welche  er  ihnen  zusicherte.  Den  Juden 
in  der  Stadt,  wo  sie  besondere  Quartiere  bewohnten,*')  bestä- 
tigte er  urkundlich  auf  einer  ehernen  Säule  zum  Lohn  für  ihre 
Dienste  die  ihnen  von  Alexander  verliehenen  Rechte.")  In  der 
Hauptstadt  beherrschte  er  das  ganze  Land,*^)  und  er  vollzog 
das  Testament  des  Auletes ,  so  weit  es  jetzt  noch  geschehen 
konnte,  er  übertrug  die  Regierung  Cleopatra  und  ihrem  Bruder 
Ptolemäus  dem  Jüngern,  einem  Rinde,  dessen  Ernennung  zun» 
Mitregenten  den  Gehorsam  gegen  die  Schwester  verbürgen  und 
jeden  Gedanken  an  Willkiihr  in  dem  Verfahren  des  Siegers  ent- 
fernen sollte. ' ")  Sein  Verhältniss  zu  der  Rö'niginn  war  nicht 
allein  die  ürsach ,  dass  Aegypten  frei  blieb ;  es  versöhnte  sich 
leichter  mit  einer  angestammten  Fürstinn  als  mit  einem  römischen 
Statthalter,  und  er  bedurfte  seine  Schiffe  und  sein  Getraide.  Ar- 
sinoe  begab  sich  auf  seinen  Befehl  nach  Rom,  damit  die  Gegen- 
partei nicht  unter  ihrem  Namen  von  neuem  Unruhen  erregte;  ") 
auch  stellte  er  drei  Legionen  unter  Rnfio,  dem  Sohne  eines  sei- 
ner Freigelassenen ,  zu  Cleopatras  Verfügung ,  nm  sie  zu  be- 
schützen und  zu  bewachen;'^)  nur  die  VI,  welche  ans  Vete-a- 
nen  bestand,  aber  nicht  mehr  1000  Mann  zählte,  begleitete  ihn 
nach  Asien.  ' ')  Cleopatra  hatte  am  meisten  durch  den  Rriej 
gewonnen;  sie  begann  das  Spiel,  wodurch  sie  später  Antonius 
ins  Verderben  stürzte.  Ohne  einzusehen,  dass  sie  sich  nicht  be- 
haupten werde,  wenn  Cäsars  Feinde  ihm  den  Sieg  wieder  ent- 
rissen,  und  dass  er  schon  zu  viel   Zeit   verloren   halte,    war   sie 


47)  Joseph.  A.  J.  14,  7  (12).  §.  2.  Contra  Apion.  2,  4.        48)  Ders. 
A.  J.  14,   10.  §.  1.  B.  J.    2,  18  (21).  §.  7.  49)  B.  Al.  32.  33.  Oros. 

1.  c.  Die  goldene  Münze  bei  Goltz  Fast.  a.  707  mit  Cäsais  Kopfe,  dem 
Awgnrstahe,  dem  Cronodil  und  der  Inschrift:  Aegrpto  capta ,  haben  anch 
VaiUant.  lul,  No.  28.  Morell.  thes.  Caes.  fab.  7,  No.  13.  14.  Tgl.  tab.  8, 
No,  11.  12.  anfgenoininon,  ihre  Aechtheit  ist  aber  zweifelhaft.  50)  B.  AI. 
33.  l,iv.  112.  Siieton  35.  Eulrop.  C,  22  (17).  (A  A^ict.)  de  vir.  ill.  86. 
Oros.  6,  16.  Dio  42,  4*.  vgl.  3S  ii.  43,  27.  Flut.  Cnes  49.  App  2,484. 
Sdabo  17,  796.  51)  B.   AI.  1.  c.  S.  unten  §.  60.  A.  34.  52)  .Sne- 

ton.   76.   B.    AI.    33.    Dio   47,   28.  App.  3,  576.  4,  623.  53)  B.  AI. 

33.  69. 


XXI.    lULII.        (31.  §.55.)         549 

tinraiif  beJacIif,  Uin  so  lange  als  uiüjjlicli  festzuhalten.  Zum  Glück 
iiir  lieide  war  er  kein  Antonius;  er  versclimiilile  ilie  glänzenden 
und  scliwelg'eriscLeu  Feste  seiner  köuigliclieu  ^Virlliinn  nicLt,^') 
und  fiiLr  mit  ilir  auf  einem  PrachtscLIife ,  TLalamegos,  an  wel- 
clies  viele  andere  sicL  anscLlossen,  den  Kil  hinauf,  um  die  Wun- 
der des  Landes  in  Augenschein  zu  nehmed,")  dann  aber  eilte 
er  ins  Feld. 

Nach  einem  alten  Calender  ergaben  sich  die  Alexandriner 
am  27.  Blarz  nach  der  unberichligteu  Jahrform,  '  ^)  oder  nach 
der  julianischen  im  Januar;  in  diesen  Blonat  fallt  daher  auch  die 
]\iederlag-e  und  der  Tod  des  Ptolemäus ,  und  im  Anfange  des 
Juli  oder  im  Blai  nach  der  wahren  Zeit  gieng-  Cüsar  nach  Asien 
zurück.  Cicero  meldet  Terentia  am  12.  August,  dass  er  den  er- 
sten Brief  von  ihm  erhalten  habe,  und  zwar  aus  Asien  durch 
den  Freigelassenen  Philotimus;  ")  mau  reis'le  von  Serien  in  et- 
wa 28  Tagen  nach  Italien,  folglich  war  das  Schreiben  im  Juli 
von  dort  abgegangen,  und  im  Juli  traf  auch  C  Trebonius  in 
AnliocLien  mit  Cüsar  zusammen.  ^  ^) 

§  55, 

(a.  48  und  47.)  Die  Gelegenheit,  Rom  am  Kil  zu  erobern, 
war  von  den    Optimalen    nicht    benutzt;    ein   kleiner    Theil  ihrer 


k.  51)  Suetori.  52.  Die  42,  34.  44.  45.  43,  27.  PInt.  Caes.  49.  App.  2, 
484.  SS)  Suel.  App.  11.  cc.  vgl.   App.  praef    e.  10.  Plnt.  Demetr.  Pol. 

43.  Athen.  5,  204.  Eine  solche  Reise  entsprach  der  Absicht  der  Köui- 
ginn  ,  ihren  Gast  zu  fesseln  und  zu  verpflichien,  und  dem  lebhalten  Inter- 
esse, mit  welchem  dieser  jedes  »issens-  und  Sebenswerthe  ergriff.  Aus 
dem  Folgen len  ergieht  sich,  dass  Cäsar  Aeg.  nicht  sogleich  nach  seinem 
Siege  verliess  und  es  also  nicht  an  Müsse  fehlte.  Befremdlich  ist  nur  die 
Uemerknng  Suetons  1.  c.  der  Dictalor  sei  diuch  die  'Weigonuig  seiner  Sol- 
daten, ihm  bis  an  die  äthiopische  Gräuze  zu  folgen,  zur  Rückkehr  gezwun- 
gen. Eine  Lnstfahrt  auf  dem  Kil,  mit  einer  Fiii*slinn,  welche  sieb  durch 
eine  reichliche  Vcrpllegnug  auch  um  die  Cnnst  der  fremden  Soldaten  be- 
warb, hatte  nichts  Abschreckendes,  auch  genügte  ein  Theil  der  Trnppea 
ziu"  Bedeckung.  Kur  die  Zurückbleibenden  machten  murren.  Sueton  will 
seine  Leser  glauben  machen,  sogar  der  gemeiue  Krieger  habe  an  Ciisars 
l'nigange  mit  Cleop.   Anstoss  genommen.  SO)     VI  Cal.  April.   Caleitdar. 

Itlailaeior.  in  Verr.  Flacc.  Fast.  p.  107.  ed.  Fogg.  n.  in  Gruler.  luscr. 
p.  133.        57)  ad  Fom.  li,  2J.  «d  Atl.   II,  23.  24.        SS)  aJ   All.  11,  20. 


550  XXI.     lULIl.         (31.  §.55.) 

Land-  lind  SeemacLt  würde  sie  dort  von  ibrein  Feinde  befreii 
Laben.  Sie  gönnten  ihm  Zeit,  aucli  einen  andern  Krieg  zu 
beendigen.  Als  Mitliridates  der  Grosse,  König  von  Pontus,  v<n» 
Pompejiis  überwunden  war,  empörte  sich  »ein  Sohn  PLarnace» 
gegen  ihn,  welchen  er  allen  anderen  vorgezogen  hatte;  in  des 
Verzweiflung  tödtete  fer  sich  selbst ,  63  v.  Chr.  Mit  dem  Blute 
des  Vaters  ■wollte  jener  das  väterliche  Reich  erkaufen ;  aber  Pon- 
tus  wurde  eine  römiscke  Provinz ,  und  er  erhielt  nur  das  kleine 
bosporanische  Reich  am  cimmerischen  Bosporus,  welcher  dei» 
mäotischen  See  mit  dem  Pontus  Euxinus  verband;  Pompejus  er- 
klärte sogar  die  wichtige  Stadt  Phanagoria  zum  Lohn  für  ihren 
Abfall  vom  Könige  für  frei.  *')  So  brütete  Pharnaces  über  Ent- 
würfen der  Rachgier  und  des  Ehrgeizes,  bis  der  römische  Bür- 
gerkrieg sie  zur  Reife  brachte.  Wicht  bloss  aus  Groll  über  den 
Undank  schickte  er  Porapejus  keine  Hülfe,  ^*')  sondern  weil  er 
jetzt  erobern  wollte.*')  Die  Herrschsucht  und  die  Grausamkeit 
des  Vaters  war  auf  ihn  übergegangen,  aber  nicht  dessen  Kraft. 
Er  zog  längs  der  Ostkiisfe  des  schwarzen  Meers  nach  Colcbis, 
und  unterwarf  sich  dann  auch  Klein  -  Armenien  ,  welches  Rom 
dem  Dynasten  in  Galatieu  Dejotarus  gegeben  hatte,  und  Cappa« 
docien,  das  Land  des  Ariobarzanes.  Wenn  er  sich  auf  den 
Erbstaat  beschränkte,  so  konnte  er  als  Befreier  auftreten,  da  das 
römische  Joch  Provincialen  und  Bundesgenossen  unerträglich  war; 
nun  aber  verfeindete  er  sich  die  Fürsten ,  und  die  Völker  hass- 
ten  ihn,  weil  er  erpresste,  plünderte,  selbst  die  Tempel  beraubte, 
Knaben  entmannte,  die  schönsten  Jungfrauen  den  Ihrigen  eniriss, 
Hnd  Römer  und  Eingeborne  ermordete.*')  ludess  zeigte  sich 
nirgends  Widerstand.  Die  vertriebenen  Fürsten  baten  Cäsars 
Statthalter,  Cn.  Domitius  Calvinus,  um  Schatz,**)  und  er  ver- 
langte die  Räumung  ilires  Gebiets  ,  weil  er  schon  der  Ehre  we- 
gen nicht  anders  handeln  konnte,  obgleich  er  nicht  auf  den  Krieg 
vorbereitet  war.     Denn  er  hatte  die  XXXVH    Legion    und    eine 


i9)  Dio  37,  14.  42,  45.  App.  Millir.  250.  S.  Pomp.  IIIv.      60)  Oben 
§.  47.  A.  25.  61)     Dio  42,  9.  45.  Sueton.  35.   Lncan.   10,   475.   Flor. 

4,  2.  §.  61.  62)  B.  AI.  3i  f.  41.  70.  §.  6.  Dio  42,  45.  46.  Plut.  C.ies. 
SO.  App.  2,  484.  RKihr.  253.  Strabo  11,  498.  Eiitrop.  6.  22  (17;. 
63)  ü.   AI.  34.  Oben  ^.  53.  A.  CS, 


XXI.     lULII.         (31.  §.55.)         551 

fandre  an  Cäsar  abgeg'eben;^')  nur  die XXXVI stand  nocL  zu  seiner 
Verfügung-;  auf  die  beiden,  welcLe  Dejotams  nacL  römischer  Art 
bewaiTnet  uud  eingeübt  Iiatte,  war  nicLt  zu  rechnen;  eine  vierte 
Wnrde  in  Pontus  errichtet,  und  für  alle,  wie  für  die  200  Reu- 
ter der  befreundeten  Könige  und  die  Hülfsvölker  aas  C'ilicien  un- 
ter Q.  Patisius  das  pontische  C'ouiana  zum  Sammelplatze  be- 
stimmt.^'} Als  er  vorrückte,  wich  der  Gegner  aus  Cappadocien 
nach  Kleiu- Armenien  zurück,  um  seinen  IlülfsqueUeu  niiher  zu 
sein;  über  die  Gülligkeit  seiner  Ansi)rüche  an  dieses  Land  sollte 
Cäsar  entscheiden;  allein  Domitius  beharrte  bei  seiner  Forderung, 
uud  zog  aus  Furcht  vor  einem  Hinterhalte  auf  de.u  Ramme  des 
Waldgebirgs  gegen  ihn  heran,  welches  von  Comana  nach  Arme- 
nien führte. 

Hier  lagerte  er  etwa  7000  Schritte  von  Nicopolis,^®)  hinter 
einem  Engpasse,  in  welchem  feindliche  Reuter  sich  verbargen. 
In  der  jenseiligen  Ebene  weideten  Heerden  und  die  Landleute 
selten  ihre  Arbeiten  fort;  er  sollte  die  Gefahr  nicht  ahnden,  da 
man  ihn  als  Freund  empfieng-,  oder  bei  dem  Plündern  überfalle« 
werden ;  zugleich  folgte  ein  Friedensbote  dem  andern.  Aber  eben 
diess  verzögerte  seinen  Aufbruch,  nicht,  weil  er  getäuscht  wurde, 
sondern  weil  er  dadurch  Zeit  zur  Ruhe  gewann,  deren  die  Trup- 
pen vor  dem  Kampfe  bediirflen;.  am  andern  Tage  verschanzte  er 
sich  zwischen  dem  Passe,  welchen  der  Feind  geräumt  hatte,  und 
der  Stadt.  Pharnaces  erfuhr  durch  aufgefaugene  Briefe,  dass 
Cäsar  in  Alexandrieu  im  Gedränge  v\ar,  und  seinen  Legaten  zu 
sich  beschied;  er  beschloss,  dessen  Abzug  zu  erwarten,  da  er 
dann  ohne  Schwerdtschlug  erobern  konnte,  und  sicherte  seine 
Flügel  unter  den  IMaueru  von  Aicopolis  durch  einen  Graben  von 
vier  Fuss  Tiefe;  ausserhalb  hielt  zu  beiden  Seiten  die  zahlreiche 
Reulerei.  Wie  es  aber  jetzt  stand ,  konnte  der  Consular  ohne 
Schimpf  und  Verlust  nicht  mehr  zurückgehen;  er  gab  das  Zei- 
chen zur  Sclilacht.     Die  XXXVI  Legion  auf  dem    rechten    Flü- 


64)  B.  AI.  I.  c.  Tgl.  9  u.  hier  §.  54.  A.  25.  65)  B.  AI.  34.  nach 

35  iiicbl  das  cnppadoi  isclie.  66)    Der  Siegesstadf,    von  Pompejus  nach 

seinem  Siege  über  Bliihridat  erbaut.     Dio   36,    33.   App.    Milhr.    iiS.  251, 
Sirabo   12,  555.  Flin.   6,   10  (9).     Diuch   die    Gründung    eines   Orts  unter 
demselben    Namen   Terewigle   Aiignstns    das   Andenken    an   seine  Siege  bei' 
Aclium  und  in  Aegypten.     1.  Th.  484  u.  503.  Tgl.  463.  A.  96. 


552  XXI.    lüLir.         (31.  §.55.) 

gel  stürzte  sicL  auf  die  Reuter,  warf  sie,  iibersclirilt  vor  de» 
TLoren  der  Stadt  den  Graben,  und  griff  das  feindliche  Fussvolk. 
im  Rücken  an;  auch  die  pontische  auf  dem  andern  Flügel  brachte; 
die  Reuter  zum  Weichen,  als  sie  aber  versuchte,  über  den  Gra- 
ben zu  setzen,  wurde  sie  fast  aufgerieben;  die  beiden  Legionea 
des  Dejotarus  in  der  Mitte  entflohen  bei  dem  ersten  Angriff,  so 
dass  nun  PLarnaces  seine  ganze  Blacht  gegen  die  XXXVI  yer- 
wenden  konnte,  welche  jedoch  nur  250  Mann  einbüsste ,  und 
sich  in  Ordnung  an  den  Fuss  der  Gebirge  zurückzog.  Die 
Trümmer  des  Heers  führte  Doniitius  durch  Cappadocien  nach 
der  Provinz  Asia.  ^ ')  Ohne  Zweifel  wichen  die  Galatier  nicht 
bloss  aus  Feigheit;  sie  wurden  von  den  Römern  und  von  ihrem 
Könige  gedrückt,  welcher  für  jene  und  für  sich  erpresste;  die 
Bundesgenossen  neben  den  Provinzen  litten  mehr  als  diese.  Ein 
klügerer  und  besserer  Fürst  als  Pharnaces  würde  es  benutzt  ha- 
ben. Er  konnte  nicht  be%virken,  dass  Cäsar,  welchem  es  nicht 
g'leichgüllig  war,  dass  im  Beginn  seiner  Herrschaft  verloren 
wurde,  was  Pompejus  erobert  hatte,  in  Aegypten  fiel,  wie  er 
es  hoffte ;  er  durfte  aber  nnr  besonnen  und  menschlicL  sein  ,  um 
die  Bedrängten  von  Armenien  bis  zum  ä^äischen  Meere  unter 
seinen  Fahnen  zu  sehen.  Aeussere  Hindernisse  fanden  sich  jetzt 
nicht;  er  war  für  den  Augenblick  höher  gestellt  eJs  sein  Vater, 
hatte  gesiegt,  wo  jener  unterlag,  Nicopolis  mit  seinem  stolzen 
Namen  in  das  Grab  der  Römer  verwandelt  und  die  Schande  Asiens 
getilgt;  seine  Truppen  überschwemmten  Cappadocien  zum  zweiten 
Blale,  Pontus,  PapUagonien  und  selbst  Bithynien.  Diess  war 
aber  das  Fortschreiten  eines  W^ürgengels;  die  Gräuel  insbesondre, 
welche  er  in  der  pontischen  Stadt  Amisus  verübte,  zerrissen  das 
letzte  Band  zwischen  ihm  und  seinem  Vaterlande.  "*  **)  Als  er 
im  Begriff  war,  nach  der  "Westküste  von  Asien  vorzudringen, 
empörte  sich  Asander,  der  Statthalter  am  Bosporus,  in  der  Hoff- 
nung, die  ihm  anvertrauten  Provinzen  unabhängig  zu  beherr- 
schen, da  Cäsar  nach  der  Besiegung  des  Pharnaces  seine  Feinde 


67)  B.  AI.  34  —  4l.  65.  C!c.  na  Alt.  II,  16.  Liv.  112.  Sneton.  35. 
36.  rio42,  45.  46.  l'liit.  Caes.  50.  App.  2,  484.  Diese  Ereignisse  geliü- 
ren  in  das  J.  48,  -ivie  ans  jononi  Schreiben  Ciisnrs,  worin  er  Hülfe  ycr- 
Inngle  und  «ns  dor  Racliricbl  Lei  Die  erhelll,  dass  der  Minier  nahe  ge- 
wesen sei.  68)    B.  AI.  70,  Dio  42,  46.  48.  App.  2,  484.  Mitlu:.  254. 


XXI.    lULII.        (31.  §.55.)         553 

in  Africa  anfsuclien  imisste,  oder  diircli  das  Vorgeben,  er  habe 
iliin  durch  den  Anfnihr  niilzlich  werden  -svollen,  sich  venigslens 
eine  grosse  Bflolniiing  zu  verscLaffen.  Der  König;  wurde  in  sei- 
neu Unternehmungen  gehemmt,  und  von  Cäsar  ereUt  und  geschla- 
gen, ehe   er  den  Bosporus   erreichte.®^) 

In  den  ersten  Tagen  des  Juli  (IMai)^")  schiffte  der  Dictator 
von  Aegypten  nach  Syrien ,  ' ')  wo  er  von  den  Uuitrieben  des 
V.  Tribuns  P.  Dolabella  und  von  der  Meuterei  der  Legionen  in 
Italien  Nacliricht  erhielt.")  Dennoch  beschloss  er  zunächst  den 
pontischen  Krieg  zu  endigen ,  da  das  ganze  östliche  Reich  durch 
die  Bewegung  gefährdet  wurde,  zu  welcher  Pharnaces  den  An- 
sloss  gegeben  hatte.  Die  Anordnungen  in  den  Ländern,  welclie 
er  auf  seinem  Zuge  berührte,  erforderten  wenig  Zeit.  Er  fand 
in  Antiochien  viele  vornehme  Römer  und  Gesandte  ans  der  Um- 
gegend.'^)  Auch  Autipater,  der  Idumäer,  erschien,  und  wurde 
für  seine  Dienste  belohnt.'*)  Cäsar  beschenkte  den  Schlauen, 
dessen  Huldigungen  stets  von  dem  Glücke  des  Gefeierten  abhien- 
gen,  mit  dem  römischen  Bürgerrechte;  er  erkannte  seinen  Gön- 
ner Hyrcanus  als  Hohenpriester  an,  und  erlaubte  die  von  Pom- 
pejus  zerstörten  JMauern  von  Jerusalem  wieder  aufzubauen.  Die 
Klagen  des  Antigonus,  eines  Sohns  von  Aristobulus,  dem  Bru- 
der des  Ilyrcanus ,  über  die  Gewaltthätigkeiten  der  regierenden 
Partei ,  blieben  unbeachtet. '  *)  Antiochien  hatte  sogleich  nach 
der  Schlacht  in  Thessalien  sich  für  ihn  erklärt;'^)  zur  Vergel- 
tung bestätigte  er  ihm  in  einem  Edicte  vom  20.  Arfemisius  die 
Rechte  einer  freien  Stadt,  ehe  er  noch  am  23.  den  Einzug  hielt.") 
Auch  befahl  er  hier  eine  Basilica,  das  Cäsarium  genannt,  eia 
öffentliches  Bad,  einen  Schauplatz  für  Fechter  und  ein  Theater 
zu  erbauen,   das  Pantheon  herzustellen,   und   der   Fortuna  Roms 


69)  Dio  1.  0.  App.  Mithr.  1.  c.  Straho  7,  311.  II,  495.  70)  Oben 

§.  5-i  fin.  71)    Er    kam    nicht   zu  Lande,  B.  AI.  66.  Joseph.  A.   J.   14, 

8  (14)  §.  3,  oligleicij  der  Vf.  des  B.  AI.  33  fiu.  im  ■Widerspruche  mii  sicli 
selbst  es  berichtet.  72)  B.  AI.  65.  Suet.  35.  Oros.  6,  16.  S.  unten. 
73)  B.  AI.  1.  c.  Cic.  od  Atf.  11,  20.  74)  Oben  J.  54.  A.  37. 
75)    Joseph.    A,  J.    14,    8  (14)    §.  3  —  5.  vgl.  cap.  5   (10).  §.  2.  B.  J.   1, 

9  (7;.  §.  5.  n.  1,  10  (8).  §.  4.  Gahinii  No.  5.  §.  2.  76)  Caes.  B.  C_ 
3,  102.  Oben  {,.  52.  A.  82.  77)  Job.  Malel.  chron.  Üb.  9  in.  wo  diess 
al)er  irrig  in  die  Zeit  seiner  Reise  nach  Aegypten  gesetzt  wird. 


554  XXI.    lULII.        (31.  §.55.) 

eine  eLerne  .Statue  zu  errichten.  Die  Stadt  führte  aus  Dankbar- 
keit eine  neue  Aera  ein ,  Avelche  aber  nicht  mit  dem  Jali  47  I 
anfieng ,  sondern  mit  dem  October  49  ,  im  Herbste,  wo  ihr  Jahr, 
und  in  demjenig-en  ihrer  Jahre,  wo  die  Herrschaft  des  Dictator 
durch  den  Sieg-  bei  Pharsalus  begann,  jenes  vom  Herbste  49  bis 
dahin  a.  48  g-erechnet. ")  Zum  Statthalter  in  Syrien  ernaniile 
Cäsar  Sex.  julius  Cäsar,  einen  Verwandten,  welcher  noch  jiiiij 
und  unerfaliren  war,  und  bald  von  Cäcilius  Bassns,  einem  Pom- 
pejaner,  beunruhigt  und  a.  46  auf  dessen  Anstiften  getödlet 
wurde.  ' ')  Nach  diesen  Anordnungen  beg-ab  er  sich  zur  See 
nach  Cilicien.  Die  Ang-esehensten  aus  der  Provinz  und  den  be- 
nachbarten Ländern  begrüssten  ihn  in  Tarsus,  und  empfiengen 
seine  Befehle.  Auch  hier  forderte  er  Geld  und  ScliifTe ;  die  ei> 
zwungene  Unterstützung  des  Ponipejus  aber  rügte  er  weder  an 
Tarcondimolus  noch  sonst.  '")  Dann  zog  er  über  den  Taurus 
nach  Cappadocien,  * ')  dessen  Könige  Ariobai-zanes  die  Regierung 
verblieb,  obgleich  auch  er  für  die  Optimaten  gerüstet  hatte.  *') 
Schon  a.  51  bat  er  Cicero  als  Proconsul  von  Cilicien  um  Schutz 
gegen  die  Grossen,  welche  ihn  durch  seinen  Bruder  Ariarathes 
zu  verdrängen  suchten;  dieser  gab  ihnen  zwar  kein  Gehör,**) 
Cäsar  verfügte  aber,  dass  er  am  lofe  unter  der  Aufsicht  des 
Königs  lebte,  ohne  Gebiet  zu  erhalten ,,  weil  sonst  leicht  neue 
Verschwörungen  entstehen  konnten.*'*)  An  der  Gränze  von  Ga- 
latien  kam  ihm  Dejotarus  als  Flehender  im  Traiiergewande  ent- 
gegen; er  war  nach  der  Besiegung  Mithridats  von  Pompejus  sehr 
begünstigt,  und  hatte  im  Bürgerkriege  für  ihn  gefochten;  *  ^)    die 


78)   Ders.  1.  c.  Noris.  Epoch.  Sjromaced.  diss.  3 ,  c.  4.  ji.  IG3.  c.  S. 
p.    187.    Ideler   Ilandb.    d.    Chponol.    1,    467.  79)    2  Th.  J26.   A.  77. 

80)  Oben  §.  47.  A.  19.  B.  AI.  66.  Die  41,  63.  47,  26  50,  14.  81)  M.in- 
nert  6,  2.  S.  477  findet  einen  Fehler  darin,  dass  Cäsar  tiacli  B.  AI.  66 
das  nördlichere  Mazaca  früher  erreichte,  als  d.-is  ca|>)iadacische  Coiuana; 
der  angehliche  Irrthnm  beweis'!  aber,  dass  der  Vf.  dieses  Comaua  statt 
des  pontischen  nennt,  eine  Verwechselung,  welche  anch  aus  anderen  Grün- 
den nicht  zu  bezweifeln  ist.  S.  nnlen  A.  13.  82)  Olien  j.  47.  A  17. 
83)  Cic.  ad  Fam.  15,  2.  84)  Die  SleUe  in  B.  AI.  60  ist  veidorhen. 
Der  Sinn  ergiebt  sich  ans  Cic.  ad  Atl.  13,  2:  Ariar.  ist  nach  Koni  gekom- 
men, ich  glanbe,  nm  irgend  ein  Königreich  von  Cäsar  y.n  kaufen,  denn 
jetzt  besitzt  er  keinen  Fnss  breit  Land.  85)  Fonipej.  Uly,  a.  63  u.  hier 
^.  17.  A.  16.  V.  ii-  A.  71. 


XXI.    lULII.         (31.  §.55.)         555 

übrigen  Tetrarchen  klagten  ihn  an ,  zum  Tlieil  aus  Neid ,  das» 
er  sein  Reich  willkiihrlich  und  über  die  Gt-bühr  ausgedehnt  habe. 
Seine  Entschuldigungen ,  er  habe  bei  den  Unruhen  im  römischen 
Staate  nicht  richten  sondern  nar  dem  gehorchen  können,  welcher 
als  der  Nächste  sein  Gebieter  gewesen  sei ,  wurden  als  unstatf- 
Laft  zurückgewiesen,  denn  dass  er  gegen  Senat  und  Volk  und 
gegen  Cäsar,  den  Consul,  kämpfe,  welchem  er  überdiess  die  Bestäti- 
gung der  ihm  günstigen  Verordnungen  des  Pomiiejus  verdanke,'  *)  sei 
ihm  nicht  nnbekannt  gewesen;  doch  wurde  ihm  vergeben,  und 
vorerst  nur  Fussvolk  und  Reuterei  gefordert ;  der  Streit  zwischen 
ihm  und  jenen  Fürsten  sollte  zu  einer  andern  Zeit  entschieden 
werden.  * ') 

Cäsar  näherte  sich  P^n  der  feindlichen  Stellung  bei  Zela, 
e^nem  Flecken  in  Pontas.  '  Er  hatte  ausser  der  Reuterei  vier  Le- 
{,.jnen,  die  VT,  welche  um  mehr  als  die  Hälfte  geschmolzen  mit 
ihm  aus  Aegypfen  kam,  eine  galatische  des  Dejotarus,  und,  wie 
sich  vermuthen  lusst,  die  XXX VI,  und  die  wieder  errichtete 
pontische.  Demnach  zälilfe  er  nicht  mehr  Mannschaft  als  Domi- 
tins,  und  sie  war  grösstentheils  schon  einmal  von  Pharnaces  ge- 
schlagen.'*) Gleichwohl  suchte  dieser  dem  Kampfe  auszuwei- 
chen, weil  er  seineu  Gegner  fürchtete,  und  zuvor  Asander  be- 
seitigen wollte;  er  glaubte,  Cäsar  werde  sich  mit  Versprechun- 
gen begnügen,  und  erfreut  sein,  wenn  er  nun  endlich  ohne  fer- 
nem Aufenthalt  nach  Rom  zurückgehen  könne;  denn  die  Gäh- 
rung  in  Italien  * ')  und  die  Rüstungen  der  0|)limaten  in  Africa 
waren  kein  Geheimniss.  In  dieser  Voraussetzung  schickte  er  Ge- 
sandte mit  einer  goldenen  Rrone,  ihm  zu  eröffnen,  dass  er  zu 
Frieden  und  Freundschaft  bereit  sei,  und  sich  in  Allem  seinem 
Willen  unterwerfe;  ohne  Zweifel  werde  er  ihm,  der  Pompejus 
nicht  unterstützt  habe,  nicht  weniger  gewähren,  als  Dejotarus; 
nacJi  Appian  trug  er  ihm  sog-ar  seine  Tochter  an.  Cäsar  gieng 
darauf  ein;  er  drang  aber  zugleich  vor;  mit  einem  bewalTuelen 
Feinde  unterhandelte  er  nie   anders.     Was  man  bot,  nahm  er  an, 


86)  Oben  §.  13.  A.  24.  87)   B.  AI.  67.  68.  77.  Cic.  i>.  Deiot.  3. 

5.  9,  yvo  gesagt  wird,  dass  er  au  der  Sclilaclit  mit  Pharnaces  Tlicil  nahm; 
das.  13.  11  rhiUpii.  13.  8H)  B.  AI.  C8  ßu.  69.  77.  l'lat,  Caes.  SO  ueuul 
nur  drei  Leg.  89)  Oliea  A.  72.  ß.  AI.  71. 


556  XXI.    lULII.        (31,  §.55.) 

«inter  cJer  Bedlng'iing' ,  dass  die  Vollzielmnj  nnniiffelbar  folgte; 
Ton  Dejofariis  dürfe  man  nicht  reden  ;  Pliarnaces  habe  nicht  aus 
Liebe  zu  dem  Sieg;er  sondern  aus  Furcht  vor  einer  Niederlage 
sich  nicht  in  den  römischen  Krieg'  gemischt ,  und  wenn  es  ver- 
dienstlich  sei,  durch  den  Angriff  auf  die  Provinzen  jeden  Lohn 
verwirkt;  er  mog-e  Poutns  räumen,  Römer  und  Bundesgenossen 
entschädigen ,  so  weit  es  geschehen  könne,  dann  erst  werde  man 
ihn  als  Freund  betrachten  und  seine  Geschenke  nicht  yerschniä- 
Len.  Diesen  Forderungen  wurden  Ausflüchte  entgegengesetzt, 
Bitten  um  Aufschub;  der  Diciator  sollte  seine  Zeit  verlieren  und 
sich  entfernen;  aber  mit  den  letzten  Gesandten  erschien  er  selbst.^") 
Zela*')  lag  auf  einem,  wie  es  scliien  durch  IMenschenhände 
entstandenen,  Hügel  in  der  Ebene,  u  "^  war  mit  vielen  Anhöhen 
und  Tliälern  umgeben.  Auf  einer  dieser  Höhen ,  die  scotiscl « 
geuannt,^')  hatte  JMithridates  d.  Gr.  einst  C.  Triarius,  den  Le- 
gaten des  Proconsuls  L.  LucuUus,  geschlagen,^  ^)  und  auch  Phar- 
naces ,  welcher  die  alten  AVerke  herstellen  Hess ,  wählte  die  ge- 
weihte und  Glück  verheissende  Stalte,  3000  Schritte  vom  Flecken, 
zu  seinem  Lager.  Cäsar  bemerkte,  dass  ein  Hügel,  von  wel- 
chem ein  Thal  von  1000  Schritten  den  König-  trennte,  nicht  be- 
setzt war.  Damit  der  Fehler  nicht  verbessert  wü'rde,  befahl  er 
5000  Schritte  vom  Feinde  einen  ^yall  aufzuwerfeu,  aber  zum 
Schein;  man  sammelte  nur  das  Material;  um  die  vierte  Nacht- 
wache brachten  es  .Sclaven  an  jeuen  Ort,  welchen  er  zum  La- 
ger ersehen  hatte ,  und  die  Soldaten  schanzten.  Beiden  Theilen 
war  der  Angriff  nun  freilich  gleich  sehr  erschwert;  man  inuss 
aher  den  römischen  Feldherrn  für  einen  Anfiinger  in  der  Kriegs- 
kunst halten  oder  zugeben,    was    der    Verfasser   des  alexandriui- 


90)  B.  AI.  69  —  71.  Dio  42,   47.  App.  2,   4S*.  91)   B.  AI.  72. 

rtolem.  5,  6.  Slrnlio  12,  559  eizühlt  von  seinem  Tempel  der  AiiaVtis  mit 
vielen  Ilierodulen  nnd  einem  Obeipriester.  Plnt.  Caes.  50.  Sieph.  liyz.  v. 
Zela  wird  der  Aame  von  dein  Krb.Tuer  abgeleitet.  Ziela,  l'lin.  6,  4  (3). 
Bei  Dio  42,  47  durch  die  Schuld  der  Abschreiber  Zelia^  jelzl  Zile.  Einige 
nnler  den  Alten  ziehen  es  wegen  der  Kühe  zu  Cappadooien  oder  Klciii- 
Armenion  ;  aber  .nnch  nach  d,  Calend.  Amitern.  in  Verr.  Fl.tcc.  Fast.  p.  112 
vurde    der    König    in    I'onlns    geschlagen.  92)    App.  IVlithr.  254.     Vgl. 

Licin.  LncnU.  No.  5.  {.  7.  A.  77,  93)  B.  AI.  72.  73.  Liv.  98.  l'lin.  I.  c. 
riui.  LncuU.  35.  Pomp.  39.  App.  Mitlir.  231.  232.  249.  Dio  42,  48. 


XXI.    lULII.        (31.  §.55.)         557 

sehen  Rrieg'es  enhveder  verkennt,  oder  oin  seinen  Helden,  wel- 
cher dennoch  siegte ,  desto  mehr  zu  verherrlichen  ,  absichtlich  in 
ein  andere.s  Licht  stellt ,  dass  er  den  Gegner  zn  einer  Unbeson- 
nenheit verlocken  -vv'ollte.  Daher  das  Vorschieben  der  Sciaven» 
ein  Bevs'cis  von  der  gering;en  Stärke  des  Heers,  das  ängstliche 
Hin-  nnd  Hereilen  nnd  Arbeiten  der  Truppen  hinter  dem  ersten, 
Eur  Deckung;  bestimmten  Treffen,  und  dann  wieder  die  schein- 
bare, sonst  nnbegreifliche  Sorg:losigkeIt  bei  dem  Ausrücken  des 
Feindes.  Es  war  nicht  zweifelhaft,  dass  dieser  nach  den  ver- 
geblichen Unterhandlungen  die  Schlacht  wollte,  de-jn  er  gieug; 
nicht  zurück,  und  eben  so  wenig',  dass  er  seinem  Siege,  der 
Schwäche  und  IMuthlosigkeit  der  Ueberwundenen  und  ungünsti- 
gen Anzeichen  vertraute :  in  der  That  liess  er  sich  durch  dicss 
Alles  täuschen ;  er  zog  in  das  Thal  hinab,  und  erstieg  die  jensei- 
tigen Höhen.  Die  Sichelwagen,  deren  ^Virksamkeit  das  Oert- 
liche  verminderte  aber  nicht  aufhob,  und  die  Reuter  bahnten  den 
Weg,  und  Cäsar  bestand  einen  harten  Kampf,  auch  als  jene  zu- 
rückgetrieben nnd  seine  Truppen  geordnet  waren.  Endlich  siegte 
die  VI  Legion  auf  dem  rechten  Flügel ;  doch  war  damit  noch 
nicht  entschieden,  denn  viel  später  gelang  es  dem  andern  Flügel 
und  der  Blilte,  die  überlegenen  Massen  in  die  Tiefe  hinabzu- 
stürzen. Nun  aber  warfen  die  Königlichen  die  Waffen  weg; 
wehrlos  wurden  sie  von  oben  herab  niedergemäht  oder  in  ein- 
ander gedrängt,  so  dass  sie  sich  selbst  erdrückten;  die  Uebrin-en 
zerstreuten  sich,  ohne  das  verschanzte  Lager  zu  benutzen,  dessen 
Wache  daher  leicht  überwältigt  wurde,  wälu'end  Pharnaces  mit 
wenigen  Reutern  entkam.^*)  In  der  ersten  Aufwallun"'  der 
Freude  nicht  über  den  Ruhm  sondeni  über  den  geringen  Zeitauf- 
wand mochte   er  einem    Vertrruten    in    Rom     schreiben,  nach 

Plularch  Auiiutius,  ein  unbekannter  und  wahrscheinlich  entstell- 
ter Name  —  ich  kam,  sah  «nul  siegle,  und  Suetons  Nachricht, 
dass  er  bei  dem  pontisclien  Triumphe  eine  Inschrift  gleichen  In- 
halts zur  Schau  tragen  liess,   ist   wohl  damit   zu   vereinigen:  ^ ') 


94)  B.  AI.  73  —  76.  Liv.  113.  Vellcj.  2,  55.  Sneton.  3S.  Plin.  6,  4 
(3).  Eulrop.  6,  22  (17).  Flor.  4,  2.  §.  61.  Fronliii.  slial.  2,  2.  J.  3.  (A. 
Vict.)  de  Tir  ill.  78.  Oios.  6,  16.  Colond.  Aiiiil.  1.  n.  l'lul.  Caes.  50.  App. 
2,  484.  »Uilir.  254.  Dio  42,  47.  Zon.  10,  10.         95;  rim.  C.ies.  50.51. 


558  XXI.     lULII.         (31.  §.55.) 

die  Worte  sind  aber  nur  anf  die  sclinelle  Beendigung  des  Feld- 
zugs  in  fünf  Tagen , '  ^)  nicht  auf  einen  leicht  errungenen  Sieg 
zn  beziehen,  denn  wie  ehrenvoll  die  Umstände  auch  -waren,  un- 
ter welchen  er  ihn  erfocht,  so  wurde  doch  der  Feind  keineswegs 
bei  dem  ersten  Zusammentreffen  geworfen;  die  Schlacht  dauerte 
nicht  eiue^')  sondern  vier  Stunden,  ^^)  und  der  Verlust  war 
anfangs  auch  auf  der  Seite  der  Römer  nnd  ihrer  Bundesgenossen 
nicht  unbedeutend.  8^) 

Cäsar  überwand  Pharnaces  am  zw^elten  Angust,  an  welchem 
vor  zwei  Jahren  die  Legaten  des  Pompejus  in  Spanien  sich  er- 
gaben. "'°)  Er  rerlheilte  die  ganze  Beute  unter  die  Truppen,') 
und  bereicherte  sich  also  nicht,  *)  Die  Trophäen  des  Blilhrida- 
tes,  welche  an  Triarius  Niederlage  erinnerten,  mochte  er  aus 
einer  religiösen  Scheu  nicht  niederrelssen,  er  errichtete  aber  an- 
dere neben  ihnen,  ^)  und  das  Heer  begrüsste  ihn  als  Impera- 
tor (III).*)  Den  König  verfolgte  Cn.  Domitius  bis  an  die  Küste 
■von  Pai>hlagonien  nach  Siuope,    wo    jener   sich   mit  seinen  Reu- 


Apophtli.  Vol.  8.  p.  168.  ei.  Hiitt.  App.  2,  485.  Sueton.  37.  S.  nnten 
J.  60.  A.  40.         96)  Sueton.  35.  B.  AI.  77.  97)   Dio  42,  48.  44,  46. 

98)  Sueton.  35.  99)  B.  AI.   76.  Plut.   Caes,  SO.  App.   2 ,  485  lässt  Cä- 

sar vorher  ausrufen :  Soll  der  Vatermörder  nicht  auf  der  Stelle  hüssen ! 
und  dann:  Wie  glücklich  ist  Pompejns  gewesen,  dass  er  im  Kriege  mit 
solchen  Menschen  sich  den  Beinamen  des  Grossen  erworben  hat !  Er  kam 
aber  nicht,  um  Mithridat  zu  rächen,  und  ■^T^sste  wohl,  wann  Pompejns  je- 
nen Namen  erhielt.  100)  IV  Non.  Sextil.  Cal.  Amit.  1.  c.  Oben  J.  45, 
A.  13.  1)  B.  AI.  77.  Dio  42,  48.  2)  Virg.  Aen.  1,  293  u.  das. 
SerT.  3)  Dio  1.  c.  Die  Münzen  zeigen  mehrere  Denkmäler  der  Art 
mit  seinem  Manien ,  man  kann  sie  aber  nicht  mit  Sicherheit  auf  bestimmte 
Siege  deuten,  wie  es  Vaill.  luL  No.  16.  17,  n.  Morell.  thes.  Caes.  tab.  3. 
No.  8  n.  9  n.  tab.  4.  No.  5  n.  10  geschehen  ist;  II  t,  wird  hier  sehr  ge- 
sucht durch  secundnm  tropaeum  erklärt ,  als  sei  das  cäsarianische  mit  Be- 
ziehung auf  das  mithrid.  so  genannt,  4)  Er  wurde  Imper.  I  als  propr. 
in  Spanien  a.  60.  Oben  §.  10.  A.  40 ;  Imper.  II  in  Gallien.  S.  die  Mün- 
zen mit  der  Bezeichnung  Imp.  iter  bei  Vaill.  Inl.  No.  14  «.  bei  Eckb,  6, 
j).  6,  Die  Münzen ,  welche  ihn  Imp,  III  —  VI  nennen,  erwähnen  nur  Goltz 
in  seinen  Fast.  m.-igistrat.  et  triiimph.  u.  die  Schriftsteller,  welche  ihm  fol- 
gen, Vaill.  1.  c.  No.  24.  Morell.  thes.  Caes.  tab.  8.  No.  18  u.  sind  daher 
wahrscheinlich  unacht.  S.  Eckhel.  6.  p.  17.  Nach  Cic.  14  Philipp.  8  be- 
■richiete  er  über  die  Siege  in  Aegypten  nnd  in  Poutus  nach  Rom,  weil  der 
-Sen««  ihm  Sopplicationcn  beschlieston  sollte. 


XXI.     lULII  (31.  §,55.)         559 

lern  einscliiffle ,  die  Pferde  aber  Tvegen  Alaug'el  an  Fahrzeng-en 
zuvor  tödlen  Dess.  Er  besetzte  Panticapäum  im  taiiriscLen  Clier- 
sones  und  einige  andre  Plätze  ,  verlor  dann  aber  in  einem  Alter 
\on  50  JaLreu  gegen  Äsander  Schlacht  und  Leben.')  Ueber 
die  wieder  eroberten  Länder  verfügte  Cäsar  nacL  dem  Grund- 
sätze, welcLen  Rom  als  WellbeLerrscLerinn  stets  festgehalten 
hatte;  er  gab  Befreundeten,  v\'as  man  schwer  behaupten,  nun 
aber  als  Eigenthum  behaupten  konnte,  und  jene  im  eigenen  In- 
teresse vertheidigten.  Deninacli  übertrug  er  Mithridates  dem  Per- 
gameuer  für  die  in  Aegypten  geleisteten  Dienste  das  bosjiorani- 
sche  Keich  und  damit  das  Geschäft,  Asander,  dessen  Ehrgeiz  iiir 
Vorderasien  fürchten  liess ,  zu  entwaffnen,  und  gegen  die  Barba- 
ren überhaupt  eine  Vorhnf  zu  bilden.  ^)  Ferner  verlieh  er  ihm 
als  Nachkommen  der  alten  Fürsten  ')  das  Gebiet  der  Trocmer  in 
Galatien,*)  Dejotai-us  zu  bewachen.  Das  Geld  zum  Kriege  mit 
den  Bosporanern  mochte  Alithridat  sich  selbst  verschaffen;  daher 
plünderte  er  den  Tempel  der  Leucothea  in  Colchis ,  und  wohl 
diesen  nicht  allein;  ^)  er  wurde  aber  in  einem  Gefechte  mit 
Asander  getö'dtet.  '")  Auch  Klein  -  Armenien,  das  Geschenk  des 
römischen  Senats,  musste  Dejotarus  an  Ariobarzanes ,  König  von 
Cappadocien,  abtreten.")  Amisns  erhielt  dagegen  die  Freiheit, 
■weil  es  sich  Pharnaces  widersetzt  hatte,")  und  Nicomedes,  der 
Bilhynier ,  aus  einem  gesunkenen  aber  ursprünglich  fiirstlicLen 
Geschlechte  das  Priesterlhum  im  pontischen  Comana,  die  höchste 
Würde  nach  der  kö'niglichen ,    mit  vermehrtem  Tempelgebiete.'*) 


5)  App.  Mithr.  254.  Dio  42,  47.  48.  FoIgUch  war  Cäsar  nicht  die 
unnüllelbare  Ursacli  seines  Todes;  Eiitrop.  6,  22  (17).  Sein  Solin  Darins 
wurde  nach  der  Ermordung  des  Dicialor  Ton  M.  Antonias  als  Küiiig  aner- 
kannt. App.  5,  715.       C)  B.  AI.   78.  App.  1.  c.        7)  Oben  {.  54.  A.   36. 

8)  Cic.  de  divin.  2 ,  37.  Troginoruui  lelrarchiam.  Ygl.  Plin.  5 ,  42  (32). 
Unbestimmt  B.  AI.  78.  Dejotarns  verlor  nicht  Alles.  Cic.  äusserte  sich 
über  das  Scliicksal  seines  Freandes  bei  Cäsars  Lebzeiten  sehr  schonend, 
p.  Deiot.   13,   u.  desto  heftiger  nachher.  2  Phil.  37.  1.  Th.  112.  A.  41  n.  47. 

9)  Strabo  11,  498.  10)  Ders.  13,  625.  11)  Cic.  2  Phil.  37.  Dio 
41,  63.  42,  48.  12)  Dio  42,  48.  Oben  A.  68.  13)  Der  Name  Ni- 
comedes bei  App.  Mithrid.  254  n.  in  den  älteren  Ausgaben  des  B.  Alex. 
66  Trar  !n  dem  biilijnischen  Königs- Geschlechte  der  gewöhnliche;  Strabo 
12,  558  hat  Lycomedes.  Ponipejus  ernannte  nach  dem  mitlirid.  Kriege  Ar- 
chelaus   zom    Priester,    den    Sohn  des  gleichnamigen  pontischen  Feldherrn, 


560  XXI.    lULlI.        (31.§.5G.) 

Auch  der  Ilienser ,  der  aiigeblicLen  Stammverwandten  des  Dicta- 
tor,  -wurde  gedacht;  er  wies  ihnen  Ländereien  ao,  und  erklarte 
sie  für  frei.'*)  Fast  alle  diese  Verg-iinslig-ung'en  mussten  aber 
mit  Gelde  und  g-oldenen  Kronen  erkauft  werden,  und  auch  die 
Tempel  sich  dankbar  dafür  beweisen,  dass  man  sie  nicht  plün- 
derte, denn  Cäsar  bedurfte  viel.'')  Uebrigens  zeigte  er  sich 
milde,  auch  g:egeii  die  Optimalen  von  der  Geg-enpartei  in  Asien 
und  Griechenland  ;  er  lud  sie  zum  Theil  ein,  nach  Rom  zu  kom- 
men."') Indess  beschleunigte  er  selbst  seine  Rückkehr ;  Cn.  Do- 
uitius,  -welcher  sich  jedoch  auch  bald  entfernte,  sollte  anordnen, 
was  noch  nicht  erledigt  war;  zu  seiner  Unterstützung^  blieben  in 
Fontus  zwei  Legionen  unter  M.  Coelins  Vinicianus  ;  '  ')  die  sechste 
gien^  nach  Italien.  "*)  Nur  eine  Reuterschaar  begleitete  Cäsar 
auf  der  Reise  nach  der  Rüste;  er  schiffte  sich  in  Bithynien  ein, 
fuhr  an  Lesbos  vorüber,  wo  M.  Marcelhis  ,  Cos.  51  einen  Zu- 
iluchtsort  g-esucht  hatte, '^)  und  kam  nach  einem  kurzen  Aufent- 
Lalte  in  Griechenland  früher,  als  man  ihn  erwartete,  nach  Rom.'") 

§   56. 

(a.  47.)  Hier  hatte  seine  lang-e  Abwesenheit  und  die  Ung-e- 
wlssheit  über  den  Ausgang-  der  Kriege ,  in  welche  er  gegen  Al- 
ler Vermuthen  im  Osten  verwickelt  -wurde»  stürmische  Auftritte 
veranlasst.  Im  November  48  erhielt  man  aus  Alexandrien  noch 
ßriefe  von  ihm;  auch  noch  im  December ,  aber  seit  dem  13.  die- 


•welcher  gegen  Snlla  focht.  Jener  regierte  dann  als  Gemahl  der  Berenice, 
der  iiltesten  Tochter  des  Ploleui.  Auletes  in  Aegypten  ,  und  liel  im  Kriege 
juit  Gahinins  und  Auletes.  Sein  Sohn  Archelaus  folgte  ihm  im  I'riester- 
thnm ,  diesem  Nicomedcs,  nach  dessen  Tode  Dyteutns  -wahrscheinlich  \on 
Augiistus  eingesetzt  -wurde.  Straho  12,  558.  17,  796.  Gahinii  No.  5.  §.2. 
A.  26  f.  Im  B.  AI.  1.  c.  -wird  das  jiontische  Comana  für  das  cappadoci- 
sche  genommen.     Oben  A,  81.  14)  Sirabo  13,  595.         15)Dio42,  49. 

16)   Cic.  ad  Fam.  13,   29.  15,  15.  ad    Att.   11,    16.    §.    1.  17)  2.  Th. 

423.  18)   Dio    1.   c.    B.    AI.    77.  19)  2.  Th.  394.  A.  83.  n.  lunii 

No.  40.  5.  2.  A.  87  f.  20)    B.   AI.    77.    78.   Cic.    ad  Att.  11,  21.  ad 

Pam.  13,  29.  Dio  42,  49.  50.  Flut.  Caes.  51.  —  Uelier  die  Unruhen  in 
Spanien,  eine  Folge  der  sclilenhlen  Verwaltung  des  ().  Cassius,  und  iiher 
die  Kreiguissc  in  lllyrien ,  welches  Ciisars  Slalllialter  (,).  Coiuificius  mit 
IlüUo  des  1',  Vatiuius  verlhcidigtc  s.  oben  §.  53.  A.  33  u.  35. 


XXI.    rULII.        (31.  §.56.)         561 

ses  Älonafs  bis  zur  Mitte  des  folgenden  JaLrs  fehlte  es  g^änzlich 
daran.")  Seine  Freunde  zeigten  unterg;escIiobene  vor,  wie  es 
scheint,  welclie  von  Empörungen  abschrecken,  und  die  Furcht 
vor  Proscriplionen  verscheuchen  sollten ;  man  schickte  sie  auch 
nach  Brundusium ,  wo  Cicero  in  peinlicher  Stimmung  dem  Sieger 
entgegensah,  er  zweifelte  aber  an  ihrer  Aechtheit,  '  ^)  Am  tröst- 
lichsten würde  ihm  und  Anderen  die  Nachricht  gewesen  sein,  der 
Dictator  sei  erschlagen;  nicht  bloss  Dejotarus  holfte  es;^*)  in  so 
fern  war  sein  Schweigen  erwünscht,  es  bewies  wenigstens,  dass 
er  sich  in  Aegypten  im  Gedränge  und  in  grosser  Gefahr  befand ; 
nur  beunruhigte  dann  der  Gedanke  au  die  Aristocratie  in  Africa.*") 
Im  Anfang-e  des  Juli  erzählte  man  sich,  Cäsar  habe  Alexandrieu 
verlassen;  ^  ^)  aber  auch  am  6.  August  wusste  man  noch  nicht, 
wann  er  in  Italien  sein  werde.  ^  ^)  Cicero  erhielt  einige  Tage 
später  in  Brundusium  ein  ziemlich  befriedigendes  Schreiben  von 
ihm,  in  welchem  nur  die  zweideutige  Mahnung-,  sich  gleich  zu 
bleiben,  missfiel;  er  bereitete  sich  vor,  ihn  zu  empfangen.^') 
Dann  hörte  er  noch  im  Aug-ust,  dass  durch  Pharnaces  neuer  Ver- 
zug entstehe,  es  wurde  ihm  unerträglich,  länger  an  der  Küste 
zu  verweilen,^*)  zumal  als  man  ihm  meldete,  Cäsar  wolle  über 
Paträ  sogleich  nach  Sicilien  gehen ,  und  seine  Feinde  in  Africa 
ang-reifen.  -') 

Die  Besorgnisse  des  geängstigten  Consulars  wurden  dadurch 
vermehrt,  dass  sein  Schwiegersohn  P.  Dolabella  als  V.Tribun 
gefährliche  Neuerungen  machte.  Durch  Schwelgerei  den  Gläu- 
bigern verfallen  trug-  er  ohnerachtet  der  betreffenden  Verordijun- 
gen  des  Dictator  ^°)  und  des  Senatsbeschhisses,  nach  welchem 
vor  dessen  Ankunft  in  Gesetz  und  Verfassung-  nichts  geändert 
werden  sollte,^')  auf  die  Tilgung-  der  Schuldbücher  und  den 
Erlass  eines  Theils  der  Hausmiethe  an.  Ganz  Rom  nahm  Par- 
tei; es  handelte  sich  um  grossen  Gewinn  und  Verlust,  und  man 
gerieth  im  blutigen  Handgemenge  an  einander,  bis  der  magister 
equitum   M.    Antonius    von    der   Buhlschaft  zwischen  dem  Tribun 


21)    Cic.   ad    Att.   11,   6.    f.  4.    II,   17.  22)    Das.    II,  16.  17. 

23)   p.  Doiot.  9.    Dio  42,  30.  24)    ad  Alt.   11,   15.  18.  25)   Das. 

11,  25.    Dio  I.  c.  26)    nd  Att.  11,  24.  §.  3,  27)   od  Faiu.  14,  23. 

24.    p.   Ligiu-.   3.  28)    od    Att.    11,   21.  22.  29)    od  Att.  11,  21. 

30)    Oben  J.  46.  A.  53.  31)    Das.  §.  53.  A.  51. 

Diuiiiaiin,    Cescbichtu  Iluins  Hl.  3ß 


5fi2  XXT.     lULII,         (31.  §.56.) 

und  seiner  Cemalilinn  Kenntnis»  erliielf,  und  nun  den  Markt  mit 
BewaJfnelen  reinigte.^')  ILm  war  diese  Slöning'  seiner  iippig:ea 
Feste  verliasst;  ^ ')  doch  bestimmten  ihn  anch  andere  Gründe, 
nicht  sogleich  mit  Nachdruck  einzugreifen,  besonders  der  Mangel- 
an  Nachrichten  von  Cäsar,  und  die  Bleuterei  der  Legionen  in 
Campanien.  ^')  Er  hatte  sie  vom  Schlachtfelde  von  Pharsaliis 
nach  Italien  geführt,^')  und  sie  weigerten  sich,  nach  Sicilien 
und  Africa  zu  gehen,  bevor  sie  mit  Gelde  und  Ländereien  be- 
lohnt seien ,  wie  man  ihnen  in  Thessalien  versprochen  habe.  Im 
Gefühle  ihrer  Unentbehrlichkeit  glaubten  sie  jedes  Zugeständuiss 
ertrotzen  zu  könuen.  Am  ungestümsten  zeigte  sich  die  XII  Le- 
gion ,  aber  auch  die  X  schloss  sich  an ,  bis  dahin  durch  Trene 
und  Tapferkeit  die  erste  unter  allen,  und  dem  gemäss  von  ihrem 
Feldherru  ausgezeichnet ;  um  so  nachtheiliger  wirkte  ihr  Beispiel. 
Die  Rriegsiribune  hätten  die  Gähning-  im  Entstehen  ersticken  sol- 
len; sie  waren  nachsichtig  aus  Schwäche  und  Furcht,  und  Anto- 
nins,  welcher  seinen  Oheim  L.  Cäsar  Cos.  64  unter  dem  Namen 
eines  Stadipräfecten  zu  seinem  .Stellvertreter  in  Rom  ernannte, 
einen  untüchtigen  alten  Älann,'^)  erschien  zu  sjjät  und  fand  keiu 
Gehör  Er  berichtete  au  Cäsar;  dieser  erhielt  sein  Schreiben  im 
Juli  nach  der  Beendigung  des  alexandrinischen  Krieges  in  Sy- 
rien, und  schickte  sogleich  BI.  Gallius,  mit  den  Legionen  nach 
Sicilien  überzusetzen  ; ' ')  auch  jetzt  gehorchten  sie  nicht,  und  als 
P.  Sulla  ,  der  Neffe  Sullas  des  Dictator,  mit  Valerius  Messala  in 
gleicher  Absicht  zu  ilinen  kam,  wurden  sie  nach  einem  Briefe 
Ciceros  vom  27.  August  von  der  XII  mit  Sieinwürfen  em- 
pfangen. ' ') 

Bald  nachher  im  September  landete  Cäsar  bei  Tarent.  ^') 
Am  1.  dieses  Monats  nach  der  unberichtigten  Jahrform  erwähnt 
es  Cicero  in  einem  Briefe  aus  Brundusium  noch  nicht;*")  am  1. 
October   schrieb    er   aus   Venusia ;    er   hatte  die  Küste  verlassen. 


32)    2.   Th.  568.     Vgl.  über  dos  älinliche  Unternehmen  des  M.  Coelins 
im   vorigen   Jalire    das.    420    n.    hier   f>.   53.    A.    37.  33)    1.    Th.    73. 

34j    Dio  42,  30.  52.     l'lnt.  Caes.  50.    App.  2,  485.    Liv.    113.    B.   AI    65. 
Sueton.   70.  35)    Oben   §.  53.   A.  44.    Cic    2.  hhil.   24.  36)    Oben 

No.  22.  37)    ad  An.   II,  20.  38)    Das.    11,  21.  22.     2.  Th.   523. 

39)    Plul.   Cic.  39.    Caes.  51.     Dio  42,  33.  49.  SO.    App.  2,  485.    Zonar. 
10,  II.    B.  AI.   78.  40)    ad  Fain.   14,  22. 


XXI.    lULn.        (31,  §.56.)        563 

iiiul  LofFte  iu  einigen  Tag'en  ,•>«£  seinem  Tnsciilannm  zu  sein;'') 
in  der  Zwischenzeit  war  der  Diclalor  angelangt,  und  sogleich 
^vpi^er  gereis't.  Ausser  vielen  Anderen  kam  ihm  auch  Cicero 
iiitgegen,  welchem  er  die  Demiithigung  ersjjarte ,  in  Gegenwart 
der  Uebrigeu  seine  Verzeihung  zu  erbitten ,  denn  er  gieng  nach 
freundlicher  Begrüssung  mit  ihm  voraus,  und  behandelte  ihn  als 
einen  der  Seiuigen,  welchen  er  gern  wiedersah.  Dass  er  auch 
jelzt  den  Wunsch  äusserte,  er  möge  sich  den  öffentlichen  Ge- 
schäften nicht  entziehen  und  ihn  mit  seinem  Rathe  unterstützen, 
unterliegt  keinem  Zweifel ;  es  nützte  ihm ,  wenn  ein  so  angese- 
hener Consular  sich  auch  nur  zum  Schein  für  die  neue  Ordnung 
erklärte ,  und  diess  erreichte  er  in  so  fern ,  als  Cicero  vor  dem 
£nde  des  Jahrs  nach  Rom  zurückkehrte.  Hier  erfolgten  zur  Be- 
schämung und  zum  \  erdrusse  Vieler  keine  Proscriptionen ;  auch 
wurden  die  Orgien  des  Antonius  und  die  Umtriebe  des  Dolabella 
nicht  gerügt;'^)  die  Zukunft  war  zu  dunkel,  um  in  die  Ver- 
gangenheit Blitze  zu  schleudern.  Cäsar  bedurfte  zur  Gründung 
eines  Throns  entschlossene  Anhänger  vou  unbedingter  Hingebung, 
und  ausserdem  „Soldaten  und  Geld."*')  Die  Feinde  hatten  in 
Africa  gerüstet ,  und  ein  Theil  seines  Heeres  versagte  ihm  den 
Gehorsam,  unter  Umständen  also,  wo  Zwang  nicht  zulässig,  und 
Nachgiebigkeit  höchst  gefährlich  war.  Er  gönnte  den  Meuterern 
in  Campanien  Zeit,  ihr  Vergehen  zu  bereuen;  deshalb  suchte  er 
sie  nicht  auf,  sondern  Hess  ihnen  durch  C.  Sallustius  Crispus  er-' 
öffnen:  der  Krieg  sei  noch  nicht  geendigt,  nach  dem  FelJzuge  in 
Africa  werde  er  zalilen,  und  1000  Denare  mehr,  als  er  früher 
versprochen  habe ;  sie  verlangten  Geld  nicht  Worte  ,  und  nölhig- 
(en  den  Abgeordneten  zur  Flucht  nach  Rom,  wohin  sie  folgten. 
In  ihrem  Groll  verübten  sie  auf  dem  Wege  grossen  Frevel,  und 
tödleten  zwei  Senatoren,  die  Prälorier  Cosconius  und  Galba.  *') 
Als  sie  auf  dem  Marsfelde  lagerten,  wurden  sie  im  Namen  Cä- 
sars  befragt,  was  sie  nach  der  Stadt  führe;  aber  nur  mit  ihm 
wollten  sie  unterhandeln.  Er  hafte  die  wenigen  Truppen,  wel- 
che von  Antonius  zur  Unterdrückung  der  tribunicisrhen  Unruhen 
herangezogen    waren ,    und    die   Wünsche    ihrer   Kampfgenossen 


41)   Cic.  ad  Farn.  14,  20.  42)   riiit.  Anton.  10.   2.  Tb.  570.  A.  21. 

43)   Dio  42,  49.  44)   Flui.  Caes.  51.   Dio  42,  52. 

36« 


564  XXI.    lULII.        (31.  §.56.) 

tlieilfen;    in    einer   tretenden    SfeHjjng   würde    er    verlacLt   sein, 
nocli    weniger    diirflen    seine    JRIassregelu   FurcLt  verrafhen.     Mit 
der  Würde    des    Imperator,    welcLer   gewähren    und    verweigern 
kann,    die  Zügel  nachlässt,    aber  nicLt  aus  der  Hand  giebt,    trat 
er  in  die  Mitte  der  Legionen.      Sie  begrüssten  ibn  wie  gewöhn- 
lich ,    und  waren    nur    mit    dem   Schwerdte    umgürtet ;    auf  seine 
Frage,  was   sie  begehrten,  forderten  sie  den  Abschied,  wie  einst 
die    Empörer    bei    Placentia,     und    wie    diese,   um   ihre   ferneren 
Dienste   mit   grossen    Opfern    erkauft    zu   sehen.  *')     Seine  Ant- 
wort: ihr  seid  entlassen,  Ouiriten,  eine  Anrede,  in  welcher  der 
Bestliluss  als  sclion  vollzogen  erschien,    machte  sie    bestürzt,    ob- 
gleich eine  erneuerte  Zusicherung  der  Belohnungen   für    die    Zeit 
hinzukam,    w^o   die  Feinde  besiegt  sein  würden;    sie  wollten  we- 
der Land  bauen  noch  der  Beute  entsagen.     IVach  einigem  Schwei- 
gen und  fruchtlosem  Erwarten   eines  günstigem  Bescheides  baten 
sie  reuig,    sie  nicht  zu  Verstössen;    er  zögerte,    war  im  Begriff, 
sich  zu  entfernen,  ein  Rriegstribun  legte  auf  eine  geheime  Wei- 
sung oder  nach  eigenem  richtigen  Urtheil  ein  Fürwort    ein,    und 
er  konnte  sich  nicht  entscheiden,    mochte  Zorn   oder  Schmerz  die 
Ursach  sein,    wohl  der  Schmerz,    denn  als  er    endlich   zu    reden 
begann ,  hörte  man  Klagen  über  den  Undank  seiner  zehnten  Le- 
gion :    stets    die    erste    in    der    Schlacht    frage    sie    die   Fahne  des 
Aufruhrs ;  strafen  werde  er  nicht,  die  vieljährigen  Dienste  werde 
er   vergelten,    aber   die    alten  Bande  seien  zerrissen.     Die  Vete- 
ranen jener  Legion  näherten  sich  traurig  und,beschämt,  auf  De- 
cimirung  anzutragen;    diess  war  der  Augenblick,    wo  er  sich  ih- 
nen und  ihren  Mitschuldigen  wieder  zuwenden  konnte,  er  begna- 
digte sie.'*)     Doch   entgiengen   die    Rädelsführer,    die   Rriegstri- 
bune    C.   Avienus,    A.   Fonlejiis    und    mehrere    C'enturione  ihrem 
Schicksal  nicht;  Cäsar  befahl  ihnen  in  Africa,    das  Heer  zu  ver- 
lassen ,  * ')    oder    er    gab  sie  auf  gefahrvollen  Posten  dem  Feinde 
preis;'*)  die  Uebrigen,  welche   sich  am  widersetzlichsten  gezeigt 
hatten,  büssten  nach  dem  Kriege  dadurch,  dass  er  ihren  Autheil 
an  Beute  nnd  Ländereien  verkürzte. '  ^) 

Menschenkennluiss    und    persönliches    Ansehn  hatten  ihn  ge- 

45)    Oben    §.  4C.   A.  43.  46)    App.  2,  483.  486.    Polyaeii.  stinf. 

8,  23.  {.  15.    Fronlin.  strat.  I,  9.  §.  4.  47)   B,  Afiic.  54.  48)  üio 

42,  55.  49)   Sueton,  70. 


I 


XXI.    lULII.        (31.  §.56.)         565 

TCtte(;  er  bedurfte  aber  auch  ein  amtliches.  Seine  Dictafnr  en- 
digte sich  im  Septembpr,  daher  Hess  er  sich  vom  neuen  ernen- 
nen, wieder  auf  ein  Jahr,  und  zugleich  zum  Consul  IH  für  das 
künftig'e.  *  °)  In  beiden  Aemtern  wurde  M.  Lepidus  sein  Colle- 
ge,'') 'welcher  jelzt  nach  der  Verwaltung  des  diesseitigen  Spa- 
niens friumphiren  durfte,  ohne  gesiegt  zu  haben.  *^)  Scheinbar 
findet  sich  unn  aber  hier  zwischen  Schriftstellern  und  Sliinzen 
ein  Widerspruch.  Kach  Die  war  Cäsar  a.  46  Dictator  III  und 
Consul  III,  und  dem  gemäss  sagt  ein  andrer  Geschichtschreiber, 
er  sei  Dictator  III  gewesen  und  zum  vierten  Male  ernannt ,  als 
er  gegen  Ende  jenes  Jahrs  zum  Ri-iege  mit  den  Söhnen  des  Pom- 
pejus  nach  Spanien  abgieng.  *^)  Ausser  den  Älünzen ,  welche 
ihn  Dict.  III  nennen,'*)  finden  sich  nun  aber  auch  andere  mit 
der  Bezeichnung  Cos.  III  Dict.  iler;'')  man  hat  daher  angenom- 
men ,  er  sei  später  Dict.  III  aLs  Cos.  III  geworden.'^)  Davon 
abgesehen,  dass  er  beide  Würden  nicht  zu  gleicher  Zeit  erhielt, 
Längt  die  Erledigung  der  Streitfrage  davon  ab,  ob  man  seine 
Dictatur  vom  J.  49,  welche  er  nach  elf  Tagen  niederlegte,") 
in  Rechnung  bringt  oder  nicht;  bei  Dio  zählt  sie  mit,  auf  den 
Münzen  dagegen  nicht,  ein  Beweis,  dass  er  selbst  es  so  wollte; 
denn  sie  war  ein  republicanisches  Amt,  die  erste  jährige  dagege^» 
ein  Uebergang  zur  Monarchie.  Er  übernahm  diese  im  September 
48  nach  der  Schlacht  bei  Pharsalus, '*)  und  sie  endigte  im  J. 
47  um  dieselbe  Zeit.     Als  er  daher  am  1.  Jauuau;  46  das  dritte 


£0)  Fa;^.  cap.  a.  707.  FInt.  Caes.  51.  Anton.  10.  Dio  43,  1.  33. 
Zonar.  10,  10.  B.  üisp.  2.  Sucton.  76.  Euuop.  6,  23  (IS).  Gros.  6,  16. 
Censorin.  de  die  nai.  20.  Vaill.  liil.  Jfo.  20.  Blorpll.  tlics.  Caes.  «ab.  2. 
Ko.  55.  69.  Eckh.  6.  p.  7.  51)    Fast.  cap.  Cassiod.  a.  707.    nio  II.  cc. 

Cic.  ad  Fam.  13,  26.  Eiitrop.  1.  c.  irrt  vreniger,  als  er  nngenan  ist ;  vrena 
er  sieb  Cäsar  als  Cos.  III  dachte,  (a.  46)  so  war  Lepidos  allerdings  schon 
Torher  (a.  47)  sein  mag.  eq.  gewesen,  wie  M.  Antonios  in  der  Dictatur 
von  48  —  47.  VaiU.  Aemil.  Ro.  25.  liU.  No.  21.  IMorell.  tab.  7.  Äo.27. 
52)     1.    Th.    13.    A.  54.  53)    Dio  43,  1.     B.  llisp.  2.         54)     VaiU. 

Aemil.  Äo.  25.  lul.  21,  22.  23.  Woiell.  tab.  7.  i\o.  9  n.  27.  65)iri-siu. 
Fam.  R.  p.  116.  VaiU.  Iid.  Ko.  19.  IMoreU.  tab.  4.  Ko.  1.  2.  Eckh.  6. 
p.    7.  56)    l'igh.   3,    4SI.     Es   ist  nicht  unbedingt  f.ilsch ,    der   \(.  der 

Aunalea    konnte    es  sich  aber  nicht  ciUären.  57)    Üben  ^.  46.  A.  42. 

90.  58)   Das.  J.  53.  A.  46. 


566  XXI.     lULII.         (31.  §.56.) 

Consiilat  antrat,    war  er  Dictator  II,  nämlick  zum  zweiten  Male 
ein  ganzes   Jabr. 

Der  Herrscher  entscLleier(e  sich  also  immer  mehr,  aber  in 
eben  dem  Älaasse  konnte  der  Unbefangene  sich  iiberzengen ,  dass 
er  nicht  handeln  werde,  wie  Mariiis  und  Sulla.  In  den  Bemer- 
kungen Dios  über  die  Art ,  wie  er  sich  za  dem  neuen  Kampfe 
Geld  verschaffte,  beruht  Tieles  auf  einer  Verwechselung  von 
Zeit  und  Oit;'^)  dass  er  nicht  gewaltsam  raubte,  nicht  mordete, 
wird  doch  auch  von  ihm  anerkannt.  Die  Provinzen  und  die  Bun- 
desgenossen gaben  das  Meiste;  doch  mochten  reiche  Römer  be- 
deutende Summen  als  Anleihen  zuscliiessen,  um  sich  beliebt  zu 
machen.  Dagegen  zog  Cäsar  das  Vermögen  der  Optimalen  ein, 
welche  Jetzt  noch  unter  den  Waffen  blieben,  und  aus  diesem 
Grunde  auch  das  Erbe  der  .Söhne  des  Ponipejus ,  dessen  Tod  er 
als  das  natürliche  Ende  des  Krieges  betrachtete.'")  Es  erbitterte 
ihn  weniger,  dass  man  seine  und  der  Seinigeu  Habe  in  Hoffnung 
vertheilt  hatte, '^')  als  dass  man  nach  vergeblichen  Anstrengungen 
und  des  Anführers  beraubt  ohne  Plan  und  ohne  Aussicht  auf 
Erfolg  länger  widerstand,  und  selbst  mancher  Begnadigte.  Bei 
der  Versteigerung  der  Güter  des  Pompejus  kauften  vorzüglich  M. 
Antonius*^)  und  P.  Dolabella ,  *  ^)  in  der  Bleinung,  dass  ihnen 
die  Zahlung  erlassen  sei,  welche  gefordert,  aber,  wie  es  scheint, 
nie  geleistet  wurde  ^*)  imd  übrigens  P.  Sulla,  wie  früher  bei  den 
Proscriptionen  seines   Oheims.^')      Vieles  verschenkte   Cäsar    an 


59)    42,  SO.  60)   Ders.  1.  c.  Cic.  de  offic.  1,   14.    Tose.  1,  35  fin. 

2  Phil.  26.  all  Farn.  13,  8.  od  Att.  11,  20.  Val.  M.  6,  2.  §.  II. 
61)     Oben    §.    50.    A.    80.  62)     Dio    45,  19.  28.    46,  14.     Er  erstand 

nnter  Anderem  das  Hans  des  ehemaligen  Trium-vir  in  den  Carinen ;  Plnt. 
Anlon.  10.  21.  32.  Caes.  51,  tro  für  Coriinius  Anton,  zn  lesen  ist,  Dio 
48,  38.  App.  3,  534.  5,  718.  Cic.  2  Phil.  15.  25.  27.  29.  13  Phil.  5.  17. 
ad  Au.  12,  18.  VeUej.  2,  60.  §.  3.  70  in.  1.  Tb.  74.  A.  53.  75.  A.  60. 
63)  2.  Th.  570.  A.  22.  Im  J.  39  bewilligte  man  Sex.  Pompejas,  dem 
Jüngern  Sohne  des  Trii-jnvirn  im  Frieden  von  Alisennm  17y  Millionen  De- 
nare znr  Entschädignng.  l.  Th.  430.  A.  10,  64)  Dio  U.  cc.  Cic. 
2  Phil.  29.  31.  ad  Att.  12,  18.  5-  ?•  Pt"*-  Anton.  10.  Antonius  besass 
Pompejus  Hans,  in  Vfelchem  jedoch  das  Weinlager  und  das  Sübergeräth 
bald  verbrancht  nnd  -verschwendet  waren,  13  Phil.  5,  noch  nach  Cäsars 
Tode.     2  Pbil.  25.  27.    Dio  45,  9.           65)  2.  Tb.  523.  A.  32. 


XXI.    lULII.         (31.  §.56.)        567 

Veferane  nnd  Günstlinge,  namentlicL  an  Cassiiis  Scäva.""*)  Den 
Grossen  seiner  Partei  inissfiel  die  Hartnäckig-keit ,  mit  weicherer 
seine  Verfügung'  über  das  Schtildwesen  aufreclif  erLielt;  ^')  er  be- 
BcbwicLfigle  sie  aber  zum  TLeil  diircb  Beförderung  zu  Ebrenstel- 
len,  ohne  auf  das  gesetzliche  Alter,  auf  die  bisherige  Zahl  der 
Mitglieder  eines  C'ollegium  oder  auf  die  herkömmliche  Folge  der 
Aemter  Rücksicht  zu  nehmen.  So  ^^urden  diese  Gnadenbezeu- 
gnngen  eines  im  Entstehen  begrilTenen  Hofes,  die  republicanischen 
Einrichtungen  traten  allmiilig  in  den  Hintergrund,  und  der  3Iacht" 
haber  konnte  nach  Willkiihr  belohnen.*')  Q,  Fufius  Calenus*') 
und  P.  Valinius,  welcher  sich  schon  a.  59  als  V.Tribun  und 
dann  im  Bürgerkriege  um  ihn  verdient  gemacht  hatte,'")  salien 
sich  fiir  die  letzten  Tag-e  dieses  Jahrs  zu  Consuln  erhoben,  und 
gehörten  vom  folgenden  an  ,  wie  kui-z  auch  die  Dauer  ihrer  Ver- 
waltung gewesen  sein  mochte ,  zu  den  Consularen ,  den  ersten 
unter  den  .Senatoren.'')  Dem  GeschicLtschreiher  Sallustius  wurde 
durch  seine  Ernennung  zum  Prätor  die  Curie  wieder  geöifnet,  ans 
welcher  er  a.  50  vom  Censor  .^.ppius  Claudius  Verstössen  war, 
obgleich  er  nur  kurze  Zeit  im  Amte  blieb.'-)  Für  das  folgende 
Jahr  erhielten  zehn  die  Prätur,  zwei  mehr,  als  man  seit  Sulla 
wählte.'*)  Dieser  hatte  die  Zahl  der  Ponttfen,  Aiigurn  und  .der 
Priester,  welchen  die  sibjllinischeu  Bücher  anvertraut  waren, 
uud  seitdem  Qiiindecimvirn  hiessen,    auf  fünfzehn   erhöht;'*)    iit 


66)    Cic.  ad  Alt.   14,  6.   10.    Oben  §.  49.  A.  24.  67)    Sneton.  42. 

Die  42,  50  wiederholt  hier,  was  sich  anf  das  julische  Gesetz  vom  J.  49 
bezieht.     Oben  ^.   46.   A.  53.  68)     Cum    belli    civilis    praemia    feslina- 

rentiir.     Tacit.  H.   3,  37.  69)    Oben  §.  45.  A-  II.    §.  48.  A.  68  n.  80. 

{.  50.  A.  56.    §.  53.  A.  28  n.   69.  70)    Oben  J.  14.     j.  53.  A.  25  n. 

33.  71)    Fast.    cap.    n.    Cassiod.    Cbron.    a.  706.     Bei    diesem   sind    die 

Mamen  entstellt,  Dio  42,  55.  Auch  nach  Alacrob.  Sat.  2,  3  und  den  dort 
erwähnten  Scherzen  Ciceros  worden  sie  fiir  die  letzten  Tage,  nicht,  wie 
Sueton.  76  anzudeuten  scheint,  fiir  die  letzten  drei  Monate  ernannt,  und 
nicht ,  um  Cäsar  oder  irgend  einen  Andern  zn  ersetzen ,  denn  das  J.  47 
hatte    keine    Consuln    gehabt.     Oben    {.   53.    A.    52.  72)     Dio  42,  52. 

2.   Tb.  195.    A.  2.     S.  einen  ähnlichen  Fall  das.  530.  A.  15.  73)    Dio 

42,  51.  Also  nicht  zwölf,  wie  Pompon.  de  orig.  iur.  sagt.  S.  2.  Th. 
485.  A.  97  n.  hier  Hirlii  No  2.  J.  I.  A.  10,  obgleich  die  Zahl  später 
durch  Cäsar  vermehrt  wurde.  S.  unten  §.  65.  A.  57  u.  J.  66.  A.  88- 
74)   2.  Th.  493.  A.  73. 


568  XXI.    lULII.        (31.  §.56.) 

diesem  Jalire  kamen  zu  jedem  Collegium  einer,  und  walirscbein- 
lich  ancL  schon  zu  den  Septemviri  epnlonum  drei  liinzii ,  da  Dio 
es  später  nur  gelegentlich  zur  Ergänzung  seiner  Nachrichten  er- 
wähnt.'^)  "Vorzüglich  aber  gab  die  Verödung  der  Curie  eine 
erwünschte  Gelegenheit,  Viele  abzufinden;  ein  Theil  der  Senato- 
ren war  gefallen.  Manche  lebten  in  freiwilliger  Verbannung  oder 
in  den  feindlichen  Lagern ,  und  Cäsar  ersetzte  sie  durch  Ritter, 
Centurionen  und  andere  Blänner  von  niedrigem  Range;  er  unter- 
grub dadurch  zugleich  das  Ansehn  des  Senats ,  und  konnte  auf 
Bolche  Mitglieder  rechnen.  ^^)  Nach  denselben  Gnmdsätzen  ver- 
theilte  er  für  das  J.  46  die  Provinzen ;  die  Aemter ,  welche  man 
früher  yerwaltet  hafte  und  die  ehemaligen  politischen  A^erhältnisse 
kamen  nicht  in  Betracht ;  die  Parteiungen  waren  unverträglich  mit 
der  monarchischen  Regierungsform,  alle  Römer  sollten  nur  ein 
Haupt ,  das  Oberhaupt  des  Staats  anerkennen.  Daher  wurde  M. 
Brutus  ('Statthalter  im  diesseitigen  Gallien,  obgleich  er  bis  zur 
Schlacht  bei  Pharsalns  ein  Anhänger  der  Aristocratie  gewesen 
war.")  Dem  Cäsarianer  D.  Brutus  .fiel  das  jenseitige  von  neuem 
zu ,  wo  er  im  gallischen  und  im  Bürgerkriege  durch  seine  Tha- 
ten,  besonders  als  Anführer  der  Flolte,  sich  ausgezeichnet  hatte, 
iittd  nun  im  J.  46  einen  Aufstand  der  Bellovaken  unterdrückte.' *) 
AUienus  Sicilien  mit  dem  Titel  eines  Proconsul.  '  s)  Ser.  Siilpi- 
cius  Achaja.  ^°)  In  Syrien  stand  noch  Sex.  Julius  Cäsar,")  er 
wurde  aber  a.  46  von  dem  Pompejaner  Caecilius  Bassus  verdrängt 
und  auf  dessen  Vercuistaltung  ermordet.  *^) 


75)  42,  51.  43,51.  Tgl.  53,  1.  Die  allen  Namon  Trnrden  beibehalten, 
man  sprach  .mich  ferner  Ton  XV  und  Vllvirn;  Dio  44,  15.  Tacil.  A.  11,  11. 
Suet.  Caes.  79.  Serv.  zu  Virg.  Aen.  6,  73;  Fostea  crevit  numerus  — 
eed  remansit  in  Iiis  XVTirorum  Tocabulum;  mit  Unrecht  folgert  Baiun- 
garten -  Crnsiut  XU  Snet.  Caes.  1.  c. ,  Casars  Einrichtung  sei  nicht  -von 
Dauer  gewesen,  wie  Fabric.  zu  Dio  42,  51  die  Stelle  43,  51  irrig  auf  eine 
neue  Vermehrung  deutet.  76)    Dio  42,  51,    C  Afric.  28.    Suplon.  41. 

Macrob.    Sat.    2,    3.     S.  unten    §.   61.  A.  93.  77)    Plut.  Brut.  6.     Cic. 

Orator.  10.  ad  Fam.  13,  10  —  14.  Oben  J.  51.  A.  52.  Ihm  folgte  C.  Vi- 
bius  Pansa.     Cic.  ad  Fam.  15,  17.  J.  4.    15.  19.    «d  Att.  12,  27.  78)  Liv. 

114.     Hier    }.  46.    A.  86   n.    §.  62.    A.  42.  79)     B.  Alric.    2,   26.  34. 

Cic.  ad  Fam.  13,  78.  79.  Er  war  a.  49  Prätor  gewesen,  nd  Att.  10,  15. 
80)  Cic.  ad  Fam.  6,  6  g.  E.  13,  17  f.  .  81)  Oben  J.  55.  A.  79. 
82)    2.  Th.   120.     (^.  Cornificiiis  erhielt  nicht  Asia,  (2.  Th.  Clö)    Ti'tdchcs 


XXI.    lULir.         (31.  §.57.)        509 
§  57. 

(a.  48  —  46.)  Ponipejus  Latte  bei  seinem  .^nfbrncLe  nach 
Thessalien  BI.  Cafo  mit  15  CoLorten,  dem  entbeLrlicLen  Rriegs- 
jrerätLe  und  der  Casse  iu  DyrrliacLium  zurückgelassen,*')  und  sich 
damit  eines  lästigen  Republicaners  entledigt.  AucL  ]\I.  Cicero,"'') 
M.  Varro"')  und  Andere  blieben,  von  welchen  er  auf  dem 
ScliIacLlfelde  wenig  erwarten  durfte,  oder  deren  Gesinnungen 
ilim  TerdiicLtig  waren.  Ein  Ruderer  der  rbodisclieii  Flotte  im 
Hufen,  welche  C.  Coponius  befehligte,  yerkündig-te  Unheil,  und 
die  Optimalen  wurden  bestürat.  '  ^)  AYeuige  Tage  später  langte 
Labienus  mit  gemianischen  und  gallischen  Reutern  an,  und  mei. 
dete  die  Niederlage  des  Heers.")  Ihm  folgten  ausser  Anderen 
Q.  Metellus  Scipio,  der  Schwiegervater  des  Pompejus,")  und  L. 
Afranius,  da  er  nicht  wieder  auf  Cäsars  Gnade  rechnen  konnte.^  ^) 
Alle  begaben  sich  sogleich  nach  C'orcyra  zu  der  Flotte,  und  in  Sq 
grosser  Verwirrung,  dass  die  Soldaten  bei  dem  Räumen  der  Ma- 
gazine das  Getraide  zum  Theil  auf  den  Strassen  verschütteten, 
und  die  Lastschiffe  verbrannten,  weil  diese  sich  nicht  von  der 
Rüste  entfernen  wollten;  die  Rhodier  fuhren  nach  ihrer  Insel.  ^*') 
Nach  und  nach  vereinigte  sich  bei  Corcyra  fast  die  gauze  S  - 
macht  der  Opiimaten,  wie  gerade  die  einzelnen  Abtheilungen  von 
den  Ereignissen  in  Thessalien  unterrichtet  wurden;  D.  Laelius 
kam  mit  seinem  Geschwader  von  Brundusium ;  ^  ■)■  C.  Cassias  aus 
der  Meerenge  von  Sicilien;^^)    Cn.    Pompejus,    der    ältere  Sohn 


Cn.  Domilins  bald  nach  Cäsar  verliess,  (hier  {.  SS  fin.)  und  P.  Vatinins 
übernahm  lUyrien  erst  a.  45.  Die  Angaben  bei  Tigh.  3,  434  sind  darnach 
zn  berichtigen.  83)     Oben    §.    50.    A.    73.  84)    Lir.  111.     Cic.  de 

divin.  1,  32.  2,  53.  2  Phil.  15.  Plutarch.  Cato  53.  Dio  42,  10;  iregen 
Krankheit  sagt  Plut.  Cic.  39  und  er  seihst  spricht  daYon ,  ad  Alt.  11,  4, 
sie  kann  aber  nicht  von  Bedeninng  gewesen  sein,  ad  Farn.  14,  6.  21. 
-Uebrigens  äussert  er  bestimmt :  in  acie  noa  fui.     ad  Farn.  9,  18.  83)  Cic. 

de   div.   U.    cc.  86)     Das.     Oben    J.  47.    A.    32.  87)    Cic.  de  dir. 

1,  32.  Dio  42,  10.  B.  Afric.  19,  29.  App.  2  ,' 482  lässt  ihn  in  Corcyra 
landen.  Kach  Frontin.  strat.  2  ,  7.  §.  13  erdichtete  er,  Cäsar  sei  schwer 
verwandet ;  nach  Plnt.  Cic.  38  sachte  er  durch  günslige  Orakel,  an  welche 
er  erinnerte,  den  Mnlh  der  Crossen  zu  beleben;  Cicero  1.  c.  schweigt  da- 
von. 88)  App..l.  c.  89)  Dio  42,  10.  vgl.  43,  12.  Flor.  4,  2. 
J.  90.  Oben  §.  45.  A.  14.  90)  Cic.  1.  c.  Dio  1.  c.  PInt.  Cato  53. 
Lucaa.  9,  32.           9l)  Oben  §.  53  iu.  92)   Das.  A.  27  u.  56. 


570  XXI.    lüLII.        (31.  §.57.) 

des  Triumvir,  Tom  Norden,  aus  der  Gegend  von  Oricuin,  weil 
die  äg'yplische  Flotte,  welche  er  geführt  hatte,  ihn  verliess, '■') 
und  M.  Oclaviiis  von  der  illjrischen  Küste;  ^'')  die  Gcsammtzahl 
der  Schiffe  giebt  Appian  nach  einer  iinsichern  Schätzung'  zu-  300 
an.  ^')  Man  hielt  indess  unter  Catos  Vorsitze  einen  Kriegsratli, 
um  einstweilen  einen  Oberfeldherrn  zu  wälilen,  und  über  das 
Weitere  sich  zu  besprechen.  Die  verschiedensten  und  heftigsten 
Leidenschaften,  Furcht,  Ehrgeiz,  Eifersucht,  Misstraiien ,  Ruch- 
gier, ein  tiefer  Schmerz  über  die  Vereitlung-  zuversichtlicher  Hoff- 
nungen und  die  Ungewissheit ,  ob  Pompcjus  lebe  und  wohin  er 
sich  gewendet  habe,  verhinderten  einen  allgemeinen  und  beson- 
nenen Beschluss.  Cato  liebte  die  Schlachten  nicht ;  als  Prätorier 
Latte  er  einen  erwünschten  Vorwand,  den  Oberbefehl,  welchen 
man  ihm  antrug ,  zu  Gunsten  des  Consulars  Cicero  abzulehnen ; 
dieser  aber  wollte  auch  am  Kriege  nicht  mehr  Theil  nehmen, 
und  leistete  auf  die  Ehre  ebenfalls  Verzicht.  Blan  konnte  ilim 
nicht  zürnen,  da  man  wusste,  dass  in  jeder  Beziehung  der  innere 
Beruf  ihm  fehlte,  obgleich  er  nach  seiner  .Slatlhalierschaft  in  Ci- 
licien  in  den  J.  51  —  50  sich  lange  Imperator  genannt  hatte;  als 
er  aber  den  Frieden  empfahl,  anbrüchig-,  wie  er  ohneliin  schon 
war,  auf  das  Nutzlose  neuer  Austrengungen ,  auf  Unterwerfung 
hindeutete,  gerieth  die  Kriegspartei  in  Aufruhr,  es  erhob  sich 
ein  so  schrecklicher  Sturm ,  dass  Cato  nur  mit  JMühe  Cu.  Pom- 
pejus  abhielt,  ihn  zu  ermorden.'*) 

Eine  Einigung  fand  nicht  Statt,  Jeder  handelte  nach  Will- 
kiihr.  Scipio  gieng  nach  der  Provinz  Ainca,  wo  er  sich  mit 
Attius  Varus  und  Juba  zu  verbinden  gedachte. '')  Dieselbe  Ab- 
sicht halte  Labienus;  er  nahm  aber  den  Weg  über  Gyrene, 
Welches  ihn  nicht  zuliess;  er  hoffte,  wie  es  scheint,  mit  Porapejus 
zusammen  zu  treffen.  Auch  Cato  wollte  diesen  aufsuchen,  und 
zuvor  so  viel  als  möglich  die  Flüchtlinge  aus  dem  Bereiche  des 
Feindes  entfernen.  Deshalb  eilte  er  mit  Cu,  Pomijejus  "")  nach 
Paträ    in    Achaja.      Hier    stiessen    M.    Petrejus  "")    und  Faustus 


93)    Dio    42,    12.   Hier    §.    47.    A.    35.    §.   49.  A.  8    $.  54.  A.  97. 
94)  Dio  42,  H.  Hier  §.  53,  A.  32.  95)   2,  482,  >gl.  oIiph  }.  47.  A, 

28.   n.  Liicaii.  8,  37.  96)  Plul.   Cic.  39.  Cato    55.    Cir.    |,.    Heiol.    10. 

97)    I'liii.    Caio   56.   Ai>p.    2,    482.    Obeu   j.  44.  98)    Liicau.  9,  121. 

99)  ÜJjeu  §,  45.  A,  84, 


XXI.     lULlI.         (31.  §.57.)         57  J 

Sulla  zu  Uim,  cler  SoLn  des  Dictator;  doch  blieb  er  nur  kurze 
Zeit,  weil  Fufius  Calenus  iLu  mit  einem  Angriffe  bedroLle.  '"") 
Er  uroschifTte  die  Küsten  von  Laconieu  und  Greta,  und  beg-epiete 
Cornelia  mit  ihrem  Jüngern  Sohne  Sextus,  durch  -welche  er  Pom- 
pejng  Tod  erfuhr,  ')  ein  g-lücklicher  Zufall  für  Cäsar;  wenn  ihm 
früher  gemeldet  wäre,  dass  seiu  Feldherr  sich  für  Aeg'jpten  ent- 
schieden habe,  so  würde  er  ihm  gefolgt  sein,  zwar  zu  spät,  nui 
ihn  zu  reiten,  aber  nicht,  um  den  schwach  bewehrten  Feind  in 
eine  noch  ungünstigere  Lage  zu  versetzen.  Die  Cyrenäer  nahmen 
ihn  auf,  vielleicht  aus  Furclit,  da  er  stärker  war  als  Labieuus.  -) 
Aber  das  Beschwerlichste  stand  ihm  noch  bevor,  der  Weg  nach 
der  Provinz  Africa  längs  der  Rüste;  ')  er  versorgte  sich  mit 
Lebeusmitleln,  mit  Wasser  und  selbst  mit  Sclilangenbeschwörern, 
und  gab  seinen  Truppen  das  Beispiel  der  Entsagung  und  der 
Ausdauer,  bis  erScipio  erreichte.')  Die  Optimaten  seiner  Partei, 
welche  nach  der  Schlacht  bei  Pharsalus  nicht  mehr  fechten  moch- 
ten, zerfielen  in  zwei  Classeu ;  einige  verbannten  sich  selbsl,  an- 
dere entschlossen  sich,  unter  der  Herrschaft  des  Siegers  zu  leben, 
und  diese  trugen  sich  ihm  entweder  an,  oder  sie  verlangten  nur 
Duldung.  ')  M.  Blarcellus  Cos.  51  gehörte  zu  den  AVenigen, 
von  welchen  das  Wort  des  Vellejus  gilt,  dass  Cäsar  geneigler 
■war,  ihnen  das  Leben  zu  schenken,  als  sie,  es  anzunehmen;  er 


100)  Dio  42,  13.  14.  Eutrop.  6,  23  (18).  Oben  §.  53.  A.  31.  1)  Ploi. 
I.  c.  Lncao.  9,  36.  120.  Oben  §.  52.  A.  6  Dio  42,  13  erzählt,  er  sei 
erst  in  Cyrene  Ton  Pomp.  Schicks.ile  benachrichtigt,  u.  Pliit.  Pomp.  76, 
dieser  habe  von  seiner  Annäherung  noch  Keiintniss  erhalten  ;  dann  ^vürde 
er  sich  nicht  den  Aegvpt.  überliefert  haben.  2)    Plut.   Cato  56.  Lncan. 

d,  297  lässt  ihn  mit  Gewalt  eindringen.  3)    PInt.  1    c.    in  dessen  An- 

gabe, er  habe  beinahe  10,000  Mann  gehabt ,  eine  Ueberlreibnng  liegt,  LiT. 
112  n.  Vellej.  2,  54  berichten,  er  sei  durch  die  libysche  A>  üste  gezogen; 
nach  Lncan.  9,  300.  319.  347.  371  fuhr  er  von  Cyrene  noch  eine  Zeitlang 
zur  See,  bis  die  ^Vinterstürnie  ihn  nüthiglen,  in  der  Gegend  des  Sees  Tri- 
tonis  anznlegen  nnd  den  Landweg  zn  wählen.  4)    Cic.  ad  All.  II,  7: 

Mnltos  Tiros  bonos  in  Africam  venisse  audio,  e'  scio  fiüsse  antea.  —  Dices, 
qnid  Ulis,  si  victi  ernnt?    honestior  est  plaga.  5)    ad  Farn.  4,  7  an  Rl. 

Marcelliis  :  Cum  spe  vincendi  siniul  abiecisli  certandi  etiam  cnpiditateni,  — 
^ui  non  idem  consilium,  qnod  In,  seciiti  sunt,  eos  video  in  duo  genera 
esse  disiractos.  Aut  enim  renovare  bellum  conati  sunt,  hiqne  se  in  Afri- 
cam contnlerunl :  aut,  ijnemadmodum  uos,  victori  sese  creilideraut. 


572  XXI.     lULlI.         (31.  §.57.) 

zog  sich  nach  Lesljos  zurück;  *)  bei  weifem  der  grössere  Tlieil 
verweilte  in  AcLaja,  besonders  in  Paträ,  mit  Bewilligniig  des 
Fiifius  Calenus,  oder  in  der  Provinz  Asia,  Verzeihung  zu  er- 
halten, welches  in  Folge  des  alexandrinischen  und  pontischen 
Kriegs  nicht  so  bald  geschah,  als  man  geglaubt  hafte.  ')  Auch 
Ciceros  Bruder  fand  man  zu  Paträ,  wohin  sein  Sohn  Oiiintus 
von  Corcjra  kam ;  dann  reis'ten  sie  weiter ,  mit  Cäsar  ihrön 
Frieden  zu  machen.  ^)  Ueberall  konnte  dieser  seine  bisherigen 
Feinde  erreichen,  er  schonte  sie  aber;  mehrere  begnadigte  er  auf 
der  Rückkehr  nach  Rom,  unter  anderen  Titus  Autistius  in  Bi- 
thjnien,  ^)  und  Viele  späler,  oder  er  beunruhigte  sie  doch  nicht; 
sein  Statthalter  Ser.  Sulpicius  durfte  in  Athen  den  Verbannten 
A.  Torquatos  mit  Auszeichnung  behandeln ,' °)  und  auch  Cicero 
traf  in  Brundusium,  wo  er  nach  dem  Abgange  von  Corcyra  sich 
aufhielt,  um  den  Dictalor  zu  besänftigen,  keine  Verfolgung,  weil 
dessen  Stellvertreter,  M.  Antonius,  den  Willen  seines  Gebieters 
kannte.  ' ') 

Africa  also  erwartete  Cäsar,  der  Proprätor  P.  Attins  Va- 
rus,  '■)  die  Schaar  der  Zersprengten  von  Pharsalus  und  Juba  in 
KuraiJien.  Der  Ronig  wird  irrig  nach  einem  spätem  Sprach- 
gebrauche auch  nach  JMauritanien  benannt;  '^)  er  war  der  Sohn 
des  Hiempsal,  Pompejus.und  dessen  Hause  verpflichtet,")  und 
Cäsars  Feind,  wegen  persönlicher  Beleidigung,  und  weil  er  glaubte, 
dass  C.  Curio  als  V.Tribun  auf  sein  Anstiften  die  Einziehung 
seines  Reichs  beantragt  habe.  ' ')  Im  J.  49  vrurde  Curios  Heer 
von  ihm  aufgerieben ;  seit4em  hielt  er  sich  für  unüberwindlich 
und  die  landllüchtigen  Optlmaten  für  seine  Schützlinge ;  sie  hatten 
ihn  schon  vor  ihrer  Niederlage  als  Freund  und  Bundesgenossen 
anerkannt,  '^)  sein  Lohn  musste  uuermesslich  seiu,  wenn  er  sie 
rettete,  und  eben  so  tief  sein  Fall,  wenn  es  nicht  gelang.  Seiue 
Anmassung   wurde    zum  Theil   durch  sie   selbst   verschuldet;    sie 

6)   Tellej.   2,   52.    2.   Th.   394.  7)  Achaici  deprecatores.    ad  Att. 

11  ,  14.  Tgl.   11,  7  n.   16.  ad  Farn.  IS ,  15.  8)    ad  Alt.  11,  5.  7.  14. 

16.  9)  ad  Fam.  13,  29.  1.  Th.  56.  Xo.  10.  10)  ad  Farn.  6.  1—4. 
11)  1.  TL.  72.  lUer  §.  56.  A.  40.  12)  Oben  §.  44.  A.  32.  13)  Liv. 
110.  Entrop.  (i,  23  (18).  Flor.  4,  2.  §.  65.  App.  2,  455.  Inschr.  ii.  Mün- 
zen haben  grüsslentheils  Manielania ;  s.  Tzchncke  zn  Enirop.  1.  c.  14)  Oben 
§.  5.  A.  22.  §.  6.  A.  59.         15)  J.  9.  A.  22.  §.  44.  A.  40.  16)  $.44- 

A    55. 


XXI.    lULII.         (31.  §.57.)        573 

empfanden  nur  Eifersnclit  geyen  einander,  nicht  geg'enilm;  Varns 
nnd  Scipio  verlangten  den  Oberbefehl,  jener  als  Stadhalter  und 
dieser  als  Consular,  nnd  beide  schmeichelten  dem  mächti  en  Jiiba. 
In  ihnen  verlängnele  Korn  seine  Wiü-de;  es  Mar  unerhört,  dass 
es  sich  einem  Fremden  in  die  Arme  warf,  nnd  rechtfertigte 
Ciceros  Grundsatz:  über  Thessalien  hinaus  keinen  Krieg;") 
bis  dahin  führte  die  Pflicht ,  weiter  aber  Verzweiflung 
nnd  Wahnsinn.  '  *)  Er  rügte  es  schon ,  freilich  nm  als  Ab- 
trünniger sich  zn  reinigen ,  dass  Pompejus  die  Barbaren  anf- 
bot,  '  ^)  die  Republik  aber  mit  Hülfe  der  treulosen  Niimidier  und 
ihrer  Elephanten  yertheidigen  zu  wollen,  erschien  ihm  als  ein 
erniedrigendes,  unkluges  und  durchaus  nichtiges  Beginnen.^") 
Ein  Vermittler  fand  sich  in  Cato;  er  kam  im  Früh/ahr  47,  -') 
für  Scipio  bei  dessen  hochfahrendem  Sinne  ein  lästiger  Gefährte, 
■wie  einst  für  Pompejus,  durch  den  Zuwachs  an  Truppen^-) 
machte  er  aber  die  Römer  imabhäugiger  Ton  ihrem  Bundes- 
genossen ,  welchen  er  sogleich  bei  der  ersten  Unterredung  in 
seine  Schranken  zurückwies;  jener  nahm  den  Ehrenplatz  in  der 
JRIitte  zwschen  ihm  und'  Scipio ,  und  er  trug  seiuen  Sessel  auf 
die  andre  Seite,  Scipio  zur  Rechten,  wodurch  Juba  die  unterste 
Stelle  erhielt.  -^)  Es  konnte  den  Verlust  eines  unentbehrlichen 
Beistandes  bewirken ;  die  Ehre  der  Republik  und  ihre  Ein- 
richtungen Hessen  ihn  vergessen ,  was  die  Klugheit  gebot. 
Demgemäss  endigte  er  anch  den  Streit  im  Lager,  und  das 
Heer  erleichterte  es,  denn  es  wählte  ihn  zum  Anführer,  und  er 
übertrug  seine  Rechte  auf  Scipio,  den  Consular,  ")  obgleich  er 
dessen  Privatfeind  gewesen  war. -^)  Da  er  selbst  als  Prätorier 
entsagte,  nur  den  höhern  Rang,  nicht  die  grössere  Tüchtigkeit  her- 
vorhob, so  fügte  sich  Varns.  Ein  Anderer  würde  Labienus  vorgezogen 
haben ;  er  kannte  Cäsar  nnd  dessen  Kriegskunst,  nnd  hatte  unter 
den  Legaten  in  Gallien  sich  am  meisten  Lervorgethan ;  Cato  über- 


17)    ad-  Fam.    6,    22.  18)    Das.    9,    5.  19)    ad   Ate.  11,  6. 

20)  Das.  II,  7.  ad  Fnm.  7,  3.  9,  6:  Qaasi  ntilins  reipubl.  {iierit,  eos  et- 
iam  ad  bestiarum  aiixiliiim  confiigere ,  quam  Tel  emori ,  Tel  cum  spe ,  si 
iion  opiima,  at  aliqiia  tarnen  TiTere,         21)    Pliit.  Cato  56.  22)     Obea 

A.  3.  23)  Plut.  Cato  57.  Tgl.  Snlliist.  B.  J.  65.  (69  Har.)  «.  das.  Corte. 
24)  Plut.  1.  c.  App.  2,  482.  Dio  42,  57.  Liv.  113.  Vellej.  2,  54.  (A. 
A'ict.)  de  TJl-.  iU.  80.  Hier  A.  96.  25)  Plut.  Cato  7.  57. 


574  XXI.    lULII.        (31.  §.57.) 

gieng  ihn,  nicLf  weil  nach  dem  Abfall  sein  Feldherrn-Riif 
gesunken  war,  '  ^)  sondern  wegen  seiner  Stellung  im  Staate  nnd 
seiner  zu  grossen  Hingebung  an  Pompejns  vor  der  pharsalischen 
Schlacht;  die  Aristocratie  halle  den  Cäsarianer  von  Anfang  mit 
Misstraiien  nnd  geheimem  Hasse  empfangen. 

Scipio  gab  demnach  der  Titel  die  Weihe  zu  seinem  neuen 
Berufe,  nnd  in  den  Augen  der  Älenge  sein  Name;  an  diesen 
knüpften  sich  grosse  Erinnerungen,  zumal  in  Africa ;  er  schreckte 
selbst  die  feindlichen  Soldaten ,  und  auch  nach  einem  Orakel, 
welches  man  in  Umlauf  zu  bringen  wusste,  verbürgte  er  den 
Sieg.  ^')  Man  musste  glauben,  dass  Scipio  das  Gegentheil  be- 
weisen wollte.  Sein  bedeutendster  Waffenplafz  war  Utica ;  die 
Lage  der  Stadt  in  der  Mähe  des  Meers,  ihre  Festigkeit  und  ihr 
Reichthum  sicherten  ihm  grosse  Vorlheile,  und  selbst  wenn  er 
geschlagen  wurde,  gefahrlosen  Rückzug  nach  der  Flotte  und  »ach 
Spanien;  die  punischen  Kriege  und  das  Unternehmen  C'urios 
zeugten  von  ihrer  Wichtigkeit;  **)  gleichwohl  beschloss  er  auf 
Jubas  Eingebung  und  aus  Gefälligkeit  gegen  ihn,  sie  zu  zer- 
stören. Längst  hatte  dieser  ihren  Untergang  gewünscht ;  sie 
entzog  Numidien  den  gewinnreichsten  Handel  und  konnte  der 
Land-  und  Seemacht  Roms  im  Kriege  mit  ihm  zur  Stütze  dienen; 
er  benutzte  daher  Scipios  Verblendung  und  Schwäche,  sie  als 
feindlich  gesinnt  zu  verdammen :  wie  sie  Curio  begünstigt  habe,  '  ') 
so  denke  sie  auch  jetzt  auf  Abfall.  Man  durfte  nicht  daran 
zweifeln ;  sie  fürchtete  den  König ,  dessen  übermüthiges  und 
gransames  Verfahren  nach  der  Besiegung  jenes  Legaten  nicht 
Tcrgessen  war,'")  nnd  in  der  Verbindung  mit  ihm  auch  die 
Gegner  des  Dictator  unter  den  Römern ;  diess  bestimmte  sie  mehr, 
als  das  juliscLe  Gesetz  über  Erpressungen  vom  J.  59.  *')  Durch 
Catos  nachdrückliche  Verwendung  wurden  die  üticenser  gerettet.  * ') 


26)    Oben   §.   42   in,  27)    Cic.    de  hat.  r.  4 :    V.  iUe  Scipio  natns 

mihi  videlur  ad  interilnm  exitiuniqne  Carthaginis,  qni  illam  a  multis  impe- 
ratoribus  obsessam  —  qnasi  falali  eventn ,  solus  everü».  Sueton.  59.  Flor. 
2,  15.  5.  12:  Fatale  Africae  nomen  Scipionum  -videbatur.  Ders.  4,  2. 
5.    65.    Plnt.    Cato    57.    Caes.    52.  Dio  42,  57.  28)  App.  Fun.  p.   42. 

Oben  5.  44.  29)  Caes.  B.  C    2,  36.  30)  Ders.  2.  44.  Oben  {.44. 

A.  54.  31)  Caes.  B.  C.  2,  36.  B.  Afric.  87.  Oben  J.  14  in.  32)  Plut. 
Calo  58.  Dio  42,  57.   Liv.  113. 


XXI.     lULTI.         (31.  §.57.)         575 

Scipio  niacLle  ilm  für  ilire  Treue  verantvvorllicL,  er  stellte  sie 
niller  seine  iinniillelbare  Aufsiclit,  in  der  Tliat,  nni  einen  Mann 
vom  Heere  zu  eutfernen ,  dessen  Eiuflnss  ihm  unleidlich  wurde. 
Der  Auftrag'  war  Cato  willkommen,  weil  er  den  Krieg  ungern 
iu  der  Nähe  sah,  wie  er  nicht  bloss  in  Sicilien  bewiesen  hatte; 
die  Schlacht  erfordert  einen  andern  Muth,  als  der  Selbstmord,  er 
gründet  sich  bei  dem  Anführer  auf  das  Bewusstsein  seiner  Be- 
fähigung; an  sich  aber  verabscheute  er  den  Krieg  gegen  seine 
Mitbürger  nicht;  er  machte  grosse  Anstrengungen,  damit  er  nicht 
ins  Stocken  gerielh.  Ulica  wurde  durch  ihn  die  INiederlage  der 
Vorriilhe,  deren  die  Truppen  bedurften,  selbst  Geld  erhielten  sie 
alsVorschuss  der  sogenannten  Dreihundert;  ^^)  ziigleicL  erweiterte 
er  die  Werke  der  Stadt,  er  Hess  Walfen  verfertigen,  und  zwang 
die  wehrhafte  Älannschaft,  die  ihrigen  abzuliefern,  und  vor  den 
Thoren  in  einer  mit  Wachen  umgebenen  Verschanzung  zu  woh- 
nen. ")  Indess  errichtete  er  keinen  Senat,  etwa  als  Nachahmung 
des  auswärtigen  in  Thessalonich ;  * ')  obgleich  eine  grosse  An- 
zahl der  Mitglieder  sich  in  Africa  befand ,  ^  •>)  so  fehlte  es  doch, 
von  anderen  Hindernissen  abgesehen,  an  einem  Magistrat,  welcher 
den  Vorsitz  führen  konnte.  Am  wenigsten  bildeten  die  Drei- 
hundert in  Utica  diesen  Senat,  römische  Bürger,  welche  sich  des 
Handels  wegen  hier  angesiedelt  hatten,  reich  und  angesehn  waren, 
und  deshalb  der  Senat  genannt  werden,^')  jedoch  nicht  alle, 
sondern   diese  runde  Zahl  bezeichnete  nur  einen  Ausschuss.  ^') 

Die  Art,  wie  Cato  sich  den  Besitz  der  ihm  anvertrauten 
Stadt  sicherte,  konnte  die  Einwohner  djr  Arislocratie  nicht  ge- 
winnen, wenn  er  sie  auch  nicht  mulhwillig  drückte,  und  durch 
Scipio  wurden  alle  Provincialen  erbittert.  Im  Anfange  des  Kriegs 
Latte  Asien  seine  RaubsucLt  und  Härte  empfimden;  ^^)  seitdem 
war  er  vom  Unglück  verfolgt,  er  stand  am  Abgrunde,  um  sich 
zu    retten,    stürzte    er   die    Provinz    ins    Verderben;    er  iiess    das 


33)  B.  Afric.  20.  88.  90.  l'liu.  1.   c.  u.  63.  Apii.  2,  487.  34)   B. 

Afr.   87.    riut.    Clato    58.    Unten    §.    59.    A.    30.  35)    Oben    J.  47  n«. 

36)   Entrop.  6,   23  (18).  Infiaila  nobililns  cnni  Juba.  37)    U.     Afr.    87. 

l'liit.  Cato  59.  61,  Api).  2,  487.  38)  li.   Afr.  90:     Cives  Romanos  ne- 

gotiatores,  et  eos ,  qni  inter  CCC  pecuiüas  contulerant  etc  Es  gab  ähnli- 
che Vereine  oder  Uandelsgesellschafien ,  ronveutus,  in  Thapsacus  u.  Aüru- 
melniu.  Das.  97.  39}  Oben  §.  :,0  in. 


576  XXI.     lULn.         (31.  §  57.) 

GetruiJe  In  einig'en  festen  Plätzen  aufspeicLern ,  das  Land  ver- 
■wüsten,  alle  Walfeufiiliigen  ausheben,  die  Uebrigen  in  Jenen 
Studien  durch  die  Uesatziing-en  bewaclien  oder  tiefer  in  das  Innere 
führen,  und  ihre  Wohnungen  vernichten:  die  Feinde  sollten  eine 
Oede  finden.  ' ")  Als  sie  erschienen,  empfahl  Cato,  diese  Mass- 
regeln  wirken  zu  lassen,  nnd  der  Schlacht  auszuweichen,  Scipio 
bedeutete  ihn  aber,  er  wöge  aus  seinem  Versteck  nicht  auch 
Andere  von  kühnen  Unternehmungen  abhalten,  und  sein  Vor- 
schlag, ihn  nach  Italien  zu  schicken,  damit  er  Cäsar  nachziehe 
oder  doch  zur  Theilung  seiner  Kräfte  nölhige,  wurde  mit  gleichem 
Spotte  verworfen.'")  AVas  stand  den  Gegnern  und  Abtrünnigen 
bevor,  wenn  die  Freunde  sich  so  schnöde  behandelt  sahen? 
Noch  immer  hörte  man  den  Wiederhall  der  Drohungen,  mit  welchen 
die  Optimaten  sich  einst  in  Brundusium  einschifften,  und  mit 
ihrem  Älissgeschicke  stieg  ihre  Wuth;'-)  im  pharsalischen 
Ivriege  erschlugen  sie  die  Gefangenen,  noch  weit  weniger  schonten 
sie  jetzt ;  sie  tödteten  die  Boten ,  aus  deren  Händen  sie  Briefe 
der  Feinde  empfiengen,  und  die  Mannschaft  welche  sich  ergab 
oder  ergriffen  -wurde, ''^)  im  ganzen  Heere  war  rauben,  zerstören 
und  morden  die  Loosung;  es  folgte  dem  Beispiele  Scipios  und 
des  altern  Pompejus,  „in  dessen  Augen  die  Grausamkeit  eine 
Tugend  war".  **) 

Blan  glaubte  in  der  ersten  Hälfte  des  J.  47,  dass  sie  Cäsars 
Abwesenheit,  die  Gährung  unter  den  Truppen  und  die  scheinbare 
Soro-losigkeit  des  Antonius  zu  einem  Angriff'  auf  Italien  benutzen 
werden;  Cicero  insbesondre,  welcher  schon  früher  beinahe  das 
Opfer  ihrer  Wildheit  geworden  war")  und  sich  seitdem  durch 
seine  Rückkehr  nach  Brundusium  noch  strafbarer  gemacht  halte, 
erfüllten  diese  Gerüchte  mit  Schrecken.  Ein  unglücklicher  innerer 
Zwiespalt  drohte  ihn  aufzui-eiben ;  er  wünschte  Cäsar  uud  die 
C'üsarianer  von  der  Erde  vertilgt  zu  sehen,  und  erblickte  zugleich 
in  ihnen,   in  der  bis  dahin  milden  und  uieuschlichen  Partei,   die 


40)  B.  Afr.  20.  41)  rint.  Cato  58.           42)   Cin.   ad  Fam.  5,  21: 

Est  eiiiin  res  iam  in  cum  locuiii  deducta ,    «t  —  iiiler  -victorias  iion  miillm» 

iiilerfuturum   piitem.  Das.  9 ,  G  :    Victoiiam  —  cg»  eliaiii  illoiiiin  liiuebam, 

ad  ciuos  veneramus.  43)   B.  Afr.  4.  46.           44)    Cic.  ad  Fam.   15,   19. 

J,  2.  B.  lli.sp.  21.  45)  Oben  A.  96. 


XXI.    lULn.        (31.  §.57.)        577 

einzige  ScLntzweLr  gegen  die  seinige.  *^)  Mit  verzag«em  Herzea 
schrieb  er  Atticus,  diese  sei  stärker  und  besser  gerüstet,  als  man 
meine ;  nun  komme  das  Letzte ;  das  Heer  in  Africa  werde  sich 
einschiffen  und  den  Krieg  in  Italien  endigen.*')  Es  geschah 
nicht.  Scipio  verscLaiTlen  die  Flolte,  die  Festungen,  die  Maga- 
zine^ die  verheerten  Felder  und  Jubas  Hülfe  in  Africa  ein  grosses 
Uebergewicht ;  er  konnte  die  Feinde  vernichten,  ehe  sie  landeten, 
oder  sie  durch  Hunger  verderben,  ehe  man  schlug;  deshalb 
folgte  er  ihnen  so  wenig  nach  dem  Nil,  als  er  sie  in  Italien 
euipfieng.  Dagegen  machte  er  Entsendungen  nach  Sicilien  und 
Sardinien,  Schiffe,  Waffen  und  vorzüglich  Eisen  zu  nehmen;  '«) 
auch  entfernte  sich  Cu.  Pompejus  ohne  Zweifel  schon  jetzt;  er 
sollte  die  Freunde  seines  Vaters  und  andere  Missvergnügte  in 
Spanien  zusammen  ziehen,  Verstärkungen  schicken,  und  für  den 
schlimmsten  Fall  den  Optimaten  einen  ZuüucLtsort  sichern ;  es 
vei-floss  aber  eine  lange  Zeit,  ehe  er  sich  auf  der  Halbinsel  fest- 
setzen konnte.'^)  Wenn  die  TruppenzaH  entschied,  so  war 
seine  Mitwirkung  überflüssig;  Äppian  nennt  es  eine  unbegreif- 
liche Verblendung,  dass  Pompejus,  der  Vater,  sich  aufgab,  wäh- 
rend so  bedeutende  Kräfte  ihm  übrig  blieben;*")  denn  Scipio 
hatte  10  Legionen,  an  welche  4  numidische  sich  anscliliessen 
sollten,  viele  Leichtbewaffnete,  eine  fast  unzählbare  Keuterei, 
deren  Besoldung  und  Verpflegung  ihm  oblag,  wenn  sie  in  der 
Provinz  diente,*')  und  120  Elephauteu.  *  •)  Auf  der  Vorhut 
stand   eine  für   Cäsar  nnübei-windliche  Flotte  bei  ütica   and  auf 


46)  Ea  enim  est  a  nobis  contracta  culpa ,  ut  omni  statu ,  omnlqne  po^ 
pulo   eiiodem  exilnra  habitura  videatar.    ad    Att:    11,    24   in.  47)    Das. 

II,   10.    15.  17.    18.  48)  Dio  42,  56.  B.  Afr.  98.  49)   Dio  1.  e. 

App.  2 ,  482  nimmt  an ,  er  sei  mit  Labienns  sogleich  von  Corcyra  dort» 
hin  abgegangen,  u.  der  Vf.  des  Aliic.  Kriegs  22.  23  er  habe  Africa  erst 
nach  dem  Gefechte  bei  Rnspina  verlassen,  der  Vf  des  span.  1.  erst  nach 
der  Schlacht  bei  Thapsus.  vgl,  Cic.  ad  Att.  12,  2  u.  «nlen  §.  62.  A.  47_ 
50)  2,  482.'Pl«t.  Caes.  52.  Zonar.  10,  10.  51)  B.  Afr.  6.  8.  52}  Das. 
1.  19.  Auch  lUese  gehörten  grüsstentheils  Juba ;  sie  waren  nach  B.  Afr. 
27  u.  flor.  4,2.  ^.  67  erst  kürzlich  in  den  Wäldern  eiogefaiigen  a.  nicht 
an  den  Krieg  gewöhnt.  App.  2,  488  giebt  Scipio  nur  8  Legionen,  20,000 
Iteiiter  und  ausser  den  leichten  Truppen  30  F.lephanleu ;  und  dem  Könige 
30,000  Mann  zu  Fuss,  20,000  Reuter  und  60  Elephantcn;  die  ganze  Macht, 
vpelche  bei  Thapsus  gegen  Cäsar  focht,  berechnet  er  I.  c.  auf  80,000  Mann. 

Drinmiiin,   Ucschiclitc  lluius  111.  37 


578  XXI.    lüLn.        (31.  §,58.) 

anderen  Piincten  cler  Rügte  unter  Aflios  Vams,  '')  L.  Nas!dius, 
welcher  vor  zwei  Jahren  bei  Massilia  sich  nur  durch  seine  Flucht 
beraerklich  gemacht  hatte,  '•')  und  M.  Octavius,  dessen  Versuch, 
den  Kampf  in  lUyrien  nach  der  Räumung-  Corcyras  zu  erneuern, 
Tnisslung:en  war.  Für  die  Nobilität  waren  aber  alle  Erfahrungen 
fruchtlos ;  sie  befand  sich  in  demselben  Fall ,  wie  im  J.  49 ,  und 
liess  sich  dieselben  Fehler  zu  Schulden  kommen ;  das  Meer 
schützte  sie  nicht. 

§    58. 

a.  46.  '®)  Durch  die  Feldzü'ge  im  Osten  war  Cäsar  an 
Unternehmungen  gegen  Africa  gehindert.  Er  befahl  am  Ende 
■des  J.  49  nach  der  Niederlage  des  C.  Curio  seinem  Statthalter 
im  jenseitigen  Spanien,  Q.  Cassius  Longions,  den  König  Juba 
und  Altius  Varus  anzugreifen;  es  kam  aber  nicht  zur  Ausführung, 
weil  die  Truppen  sich  gegen  ihn  empörten.  * ')  Die  Schlacht 
bei  Pharsalus  verstärkte  die  Reihen  der  Feinde  in  jenem  Welt- 
theile,  Cäsar  konnte  den  Krieg  nicht  mehr  einem  Legaten  an- 
vertrauen. Es  erregte  in  ihm  die  Gefülile,  welche  sich  auf- 
dringen, wenn  eine  als  geendigt  betrachtete  Arbeit  oder  eine  für 
beseitigt  gehaltene  Gefahr  wiederkehrt;'*)  dazu  kam  ein  An- 
deres: man  wussfe,  dass  die  Republik  seinen  Gegnern  nicht 
weniger  als  ihm  nur  den  Namen  herlieh ,  dass  sie  wohl  Heere 
zur  Schlachtbank  aber  nicht  zum  Siege  Tühren  konnten ,  dass  sie 
unwürdig  und  untüchtig  waren,  den  Staat  zu  verwalten,  und 
über  blutigen  Entwürfen  brüteten :  aber  Catos  Gegenwart  schien 
ihre  Sache  zu  heiligen,  sein  hartnäckiges  Beharren  im  Kampfe, 
als  die  Rechnung  zwischen  den  Partei -Häuptern  geschlossen  war, 
und  viele  der  Angesehensten  dem  Pompejaner  beistimmten,  durch 
welchen  Lucanus  ihn  anreden  lässt.  '^)     Der  Unmuth  desDictator 


£3)    B.   Afr.   44.    62.  54)  Das.    98.   Cic.  ad  Att.  II,  17.   Oben 

§.    46   in.  55)    B.   Afr.   44.    Vgl.   Plnt.   Cato  65.  Oben  §.  53.  A.  33. 

56)  Ueber  den  Vf.  des  BeU.  Afpican.  s.  Hirtü  No.  2.  §.  2  fin.  57)    2. 

Th.   155.  58)    Cic.    ad   Fam.   6,    13:    Africanae  causae  iratior,   diudus 

Teile    videtnr    eos    habere    soUicitos,    a   qnibns   se  pntat  dinturnioribus  esse 
molestiis  confliciainm.  59)  9,  227:  Mos  Cato,  da  veniam,  Pompeii  du- 

xit  ia  arma,    non  belli  civilis  amor,   parlesque  favori  fecimus.    Ille  iacef. 


XXI.    lULII.        (31.  §.58.)        579 

bemäcLtig'te  sich  auch  seiner  Truppen;^")  die  Gransamkeit  des 
Feindes  in  diesem  wie  in  den  vorig-en  Jahren,  die  Enibetrung-en 
ond  Lochst  ermüdenden  Arbeiten  in  Folge  seiner  KriegfiiLrung 
verwandelten  ihn  in  glüLenden  Hass.  ") 

Bei  einer  grössern  Wachsamkeit  des  andern  Theils  würden 
sie  nie  Gelegenheit  gefunden  haben,  ihn  zu  befriedigen.  Cäsar 
mussfe  sich  in  Africa  einschleichen,  wie  in  Illyrien  und  Aegypten 
den  Feldzug  ohne  Heer  eröffnen,  und  er  wagte  es,  weil  er  von 
der  Ueberraschung  grössere  Vortheile  erwartete  als  von  der 
Uebermacht.  ^')  Nicht  mehr  als  3000  Blann  zu  Fuss  und 
150  Reuter  betraten  anfangs  mit  ihm  den  Kriegsschauplatz,  ^') 
und  nur  nach  und  nach,  mit  Zwischenzeiten,  in  welchen  man 
jede  Abiheilung  einzeln  halte  vernichten  können ,  zog  er  die 
übrigen  an  sich.  Er  zahlte  dann  ausser  den  Reutern  und  leichten 
Trnppen,  deren  bei  weitem  weniger  waren  als  auf  der  andern 
Seile,  12  Legionen,  die  2.  5.  7.  8.  9.  10.  13.  14.  26.  28.  29. 
30.*')  unter  welchen  acht  aus  Veteranen  bestanden.*')  Ein 
günstiger  Zufall  half  ihm,  ehe  sie  sich  vereinigt  hatten,  oder  er 
rettete  ihn  vielmehr  vom  Verderben.  P.  Sittius  aus  Nuceria  in 
Cainpanien ,  wo  sein  Vater  im  marsischen  Kriege  den  Römern 
treu  geblieben  war,  gerieth  wahrend  der  catilinarischen  Ver- 
schwörnngen  in  Verdacht ,  und  entfloh  a.  64  nach  Spanien  und 
weiter  nach  Manritanien.  Hier  focht  er  mit  seiner  Schaar,  welche 
sich  anf  den  Schlachtfeldern  Fertigkeit  und  Ruf  verschaffte ,  in 
den  Kriegen  der  Könige  als  Söldner ;  der  kühne  Abenteurer  gebot 
sogar  auch  über  eine  Flotte.  Jetzt  erklärte  er  sich  für  Cäsar, 
ohne  ihm  irgend  verpflichtet  zu  sein;  er  sah  voraus,  dass  dieser 
wie  bis  dahin  überall,  so  auch  in  Africa  siegen  und  ihn  belohnen 
werde,  und  ersvarb  sich  dadurch,  dass  er  zu  sehr  gelegener  Zeit 
Juba  beschäftigte,  und  Scipio,  Afranius,  Faustus  Sulla  und  andere 


paci  qnem  praetnlit  orbis ,  canssaqne  nostra  perit ;  patrJos  pennitte  penafes, 
desertamqne  domum,  dalcisque  revisere  natos.  60)    Flor.    4,  2.  §.   66: 

Nihil  ergo  inter  Fharsaliam  et  ThapsoD,  nisi  qnod  amplior  eoqiie  acrior 
Caesarianornm  impetus  foit,  indignantium ,  post  Pompeiiun  crei'isse  bellam. 
61)  B,  Afr.  85fin,  62)  Cic.  de  divin.  2,  24:  Nonne  transmisil .'  (in  Afri- 
cam )  <^aod  ni  fecisset ,  nno  in  loco  omnes  adTersariornm  copiae  conrenis- 
sent.  63)  B.  ACr.  3.  64)  Das.  1.  16.  34.  ii.  53.  60.  62.  81.  l'a. 

len  S.  S9.  A.  98.         65)  B.  Air.  66. 

37* 


580  XXI,    lULII.        (31.  §.58.) 

Optimaten  an  3er  Fliictt  nach  Spanien  Linderte,  3ie  voTlgiilllgsten 
Ansprüche  auf  Erkenntlichkeil.  ''^)  Ihn  unterstützte  Bocchus, 
König  in  einem  Theile  vonBIauritanien,  *')  Da  mau  aufScipios 
Namen  Gewicht  legte,  so  rief  anch  Cäsar  einen  Scipio  Salatio  in 
sein  Heer,  einen  unbedeutenden  Menschen,  durch  welchen  der 
Name  lächerlich  werden,  seine  Zauberkraft  verlieren,  nicht  aber 
auch  diesseits  ermuthigen  sollte.  * 8)  Den  Dicfator  machte  "weder 
das  Opfer  irre,  bei  welchem  das  Thier  rem  Altar  entlief,  noch 
die  Warnung  eines  Sehers,  vor  dem  kürzesten  Tage  sich  nicht 
einzuschiffen  j  ^*)  er  wählte  zum  üebergange  nach  Africa  die 
Jahreszeit,  in  welcher  wahrscheinlich  Heer  und  Flotte  der  Feinde 
keine  Gefahr  mehr  ahndeten.  Er  begab  sich  über  Rhegium 
und  Messana  nach  der  westlichen  Rüste  von  Sicilien,  wo  er 
am  19.  December  47,  oder  nach  der  richtigen  Jahrform  im  Ocfo- 
ber,  in  Lilybäum  eintraf,  und  sein  Zelt  am  Meere  aufschlug,  um 
sogleich  unter  Segel  zn  gehen.  Der  Wind  war  ihm  mehrere 
Xage  nicht  günstig,  dennoch  schickte  er  6  Legionen  und  2000 
Reuter,  wie  sie  nach  und  nach  heran  kamen,  ohne  Verzug  an  Bord,  mit 
dem  Befehle,  ihr  Gepäck  bis  auf  weniges  zurückzulassen,'")  und 
ihn  bei  der  nahe  gelegenen  Insel  Aponiana  zu  erwarten.  Am 
2'/.  December  brach  er  anf;  Allienns,  der  Statthalter  in  Sicilien, 
sollte   die   übrigen   Truppen   ihm  nachsenden.")     Bei    der   Un- 


66)  SaUnst.  B.  C.  21.  Cic.  p.  Snlla  20.  (falsche  lesart  Cincias  für 
Sittias).  App.  i,  620.  Dio  43,  3.  B.  Ah.  25.  36.  95.  96.  2.  *li.  517 
Z.  1.  -wo  P.  Sittius  zu  lesen  ist.  67)  So  App.  2,  488.  4,  621  n.  nach 

mehreren  Handschriften  auch  B.  Air.  25,  tto  die  Tulg.  Bognd  nennt.  Hi- 
storiker und  Abschreiher  rerwechseln  Bocchus  oft  mit  diesem  andern  mau- 
ritan.  Fürsten,  vrelcher  dem  Cäsaiianer  Q.  Cassins  in  Spanien  Beistand 
geleistet  hatte.  B.  Alex.  59.  62.  63.  2.  Th.  157.  A.  80.  Plin.  5,  1  (2): 
Diu  regum  nomina  obtinuere,  ut  Bogndiaua  appellaretur  extima  (das  westl. 
Waurit.),  itemque  Bocchi,    quae  nunc  Caesariensis,  68)    Plut.    Caes.  52 

mag  über  den  Grund  nicht  entscheiden.  Sneton.  59.  Dio  42,  58.  Ein  Kö- 
mer mit  dem  Beinamen  Salutio,  -n  eichen  er  wegen  seiner  Aehnlichkeit  mit 
einem  Schauspieler  erhielt,  Plin.  7,  10  (12),  gieng  durch  Adoption  in  die 
Familie  der  Scipionen  über,  Plin.  35,  2,  -und  Cäsars  Begleiter  stammte  Ton 
ihm  ab;  dieser  wurde  also  nicht  wegen  schlechter  Sitten  so  genannt, 
Sueion.  I.  c,  sondern  die  Bezeichnung,  über  deren  verschiedene  Formen 
und  Oentiingen  die  Ausleger  bei  den  angeführten  Stellen  zu  yergleichen 
sitiil,  war  ererbt.  69;    Cic.  de  div.  2,  24.    Suet.  59.     Minuc.  Fei.  26. 

Cyprian.  de  idol.  van.  70)   B.  Afr.  9.  47.  71)    Oben  }.  56  in. 


XXI.    lULII.        (31.  §.58.)        581 

gewissheit,  wo  er  werde  anlegen  können,  wies  er  der  FIo(fe 
weder  einen  Sammelplatz  an,  noch  erLielt  sie  versieg'elte ,  auf 
einer  bestimmten  Hohe  zu  öffnende  Schreiben ;  er  hoffte  an  ihrer 
Spitze  zu  bleiben;  aber  die  Winde  zerstreaten  sie;  nnr  ein 
Theil  fuhr  mit  ihm  an  C'lupea  und  Keapolis  vorüber,  und  ge- 
langte am  vierten  Tage  nach  dem  Abgange  von  Liljbänm  nach 
Adrumetai.-.  Auch  ohne  nähere  Runde  konnte  er  wissen,  dass 
Utica  gegen  einen  Handstreich  gesichert  sei;  deshalb  sachte  er 
sich  südlich  vom  Vorgebirge  des  Mercur  einen  Vereiuigiingspunct 
für  seine  Truppen  zu  verschaffen.  Blit  nur  3000  Alann,  grössten- 
theils  Neugeworbeneu,  und  150  Reutern  stieg  er  bei  Adrumetum 
an  das  Land ;  er  strauchelte,  rief  aber  in  demselben  Augenblicke, 
»Is  habe  er  sich  absichtlich  niedergeworfen:  nun,  Africa,  gehörst 
da  mir !  und  der  Soldat  war  beruliigt.  ]\icht  so  leicht  gelang  es, 
andere  Hindernisse  zu  beseitigen.  C.  Considius  Longus  bewachte 
die  Stadt  mit  2  Legionen  und  700  Reutern,'^)  und  Cn.  Piso 
befand  sich  mit  mehr  als  2000  numidischen  in  der  IVähe;'^) 
nur  durch  Unterhandlungen  konnte  man  zum  Ziele  kommen;  der 
Legat  L.  JMunatius  Plauens  schrieb  an  Considius;  dieser  tödtete 
den  ßoten,  und  übersciiickte  den  Brief,  ohne  ihn  zu  lesen,  seineni 
Oberfeldherrn  Scipio. '*)  Man  musste  diese  Gegend  verlassen; 
sogleich  wurde  das  Lager  vom  feindlichen  Fussvolke  besetzt  und 
Cäsars  schwache  Reuterei  durch  die  numidische,  welche  unter 
einem  steten  "Wechsel  von  Angriff  und  Rückzug  verfolgte,  so 
sehr  ermüdet,  dass  einige  Gehörten  Veteranen  die  Nachhut  bildeten, 
bis  man  in  südlicher  Richtung  am  1.  Januar  46  Ruspina  er- 
reichte. ' ') 

Cäsar,  von  diesem  Tage  an  Consnl  HI  mit  M.  AemiUas 
Lepidus, '  ®)  schob  sich  zwischen  die  Festungen,  deren  Besatzungen 
ihn  erdrücken  konnten;  ihre  Anführer  waren  unfähig,  unter 
ausserordentlichen  Umständen  sich  zu  bestimmen,  eine  glückliche 
Vertheidigung  gegen  den  Furchtbaren  schien  ihnen  Gewinn,  und 


72)  B.  Afr.  3.  33.    Oben  §.  40.  A.  30.  73)   B.  Afr.  3  n.  C  vfird 

die  Zahl  verschieden  angegeben.     2.  Tb.  90.  No.  27.  74)   Oben  §.  43. 

A.  9S.  75)   B.  Afr.  1—6.    Cic.  de  div.  2,24.  tiv.  113.  Veliej.  2,  55. 

Snelon.  35.  59.  Entrop.  6,  23  (18).  Flor.  4,  2.  {.  64.  Gros.  6,  16.  Froiitiii. 
sirat.  1,  12.  §.  2.  Dio  42,  56  —  58.  Flnt,  Caes.  52.  App.  2,  487.  Zouar. 
10,  10.  76)   Oben  §.  56.  A.  50.  51. 


582  XXI.    lULn.         (31.  §.58.) 

Aoch  verloren  sie,  was  nicht  zu  ersetzen  war,  ,  Durch  ihre  Härte 
hatten  sie  die  Eing^ebornen  zurückgeschreckt;  diese  schickten  Ge- 
sandte an  den  Dictator,  welcher  auf  strenge  Mannszucht  hielt 
und  versprachen  ihm  Hülfe;  auch  Leptis  wollte  ihn  aufnehmen, 
er  lagerte  aber  in  peinlicher  Erwartung  seiner  Truppen  in  dessen 
INähe  an  der  Küste.  Einige  Schiffe  führte  der  Zufall  herbei,  die 
übrigen ,  hiess  es,  steuerten  nach  Utica.  Da  ein  so  geringer  Zu- 
wachs keinen  Ausschlag  gab,  so  blieb  die  Reuterei,  um  nicht 
gefährdet  zu  werden,  vorerst  an  Bord:  denn  die  Numidier  lagen 
im  Hinterhalte,  sie  ersahen  ihre  Zeit,  und  erschwerten  die  Zufuhr; 
in  einem  unbewachten  Augenblicke  überfielen  sie  die  Reuter  am 
Lande  und  verfolgten  sie  nach  dem  Lager,  bis  Cäsar  und  Asinius 
Pollio  sie  mit  den  Cohorten  zum  Rückzüge  zwangen.  Jener 
inusste  auch  Scipio  und  Juba  erwarten;  seine  Ankunft  war  kein 
Geheimniss  mehr;  er  schickte  Schiffe  nach  Sardinien,  Getraide 
zu  holen,  und  andere  unter  Rabirius  Postumus  nach  Sicilien, 
damit  AUienus  unter  jeder  Bedingung  die  Verstärkungen  abgehen 
Hess ;  zehn  suchten  den  Theil  der  Flotte  auf,  welcher  noch  auf 
dem  Meere  umherirrte,  und  der  Prätor  C.  Sallustius  CVispus  die 
Insel  Cercina  über  der  kleinen  Syrte  mit  ihren  Magazinen.  ^') 
Es  war  die  Schuld  der  Feinde,  wenn  Cäsar  auch  nur  eins  dieser 
Fahrzeuge  wieder  sah ;  ihm  blieb  aber  keine  Wahl.  Er  übergab 
Leptis  mit  6  Cohorten  dem  Legaten  Saserna,'*)  und  zog  am 
3.  Januar  nach  Ruspina;  die  Gefahr  war  grösser  als  zuvor,  nach 
jenen  Entsendungen  konnte  er  seine  kleine  Schaar  nicht  einmal 
retten,  obgleich  er  nun  über  zwei  Landungsplätze  gebot.  Die 
Legion,  welche  er  mit  P.  Sas^rna,  dem  Bruder  jenes  andern, 
zurückliess ,  ahndete  sein  Vorhaben  nicht ,  als  er  sich  mit  7  Co- 
horten Veteranen  entfernte ;  er  führte  diese  nach  dem  Helfen, 
2000  Schritt  von  der  Stadt,  und  schiffte  sich  ein.  Ehe  er  am 
andern  Morgen  in  See  gieng,  erschien  die  Flotte,  welche  er  hatte 
erspähen  und  decken  wollen;  die  Mannschaft  landete  und  lagerte 
/  bei  Ruspina.  jVun  aber  fehlte  es  an  Unterhalt;  die  Numidier 
gestatteten  nicht,  sich  durch  kleine  Ablheilnngen  zu  versorgen, 
und   kaum  war  Cäsar   am   4.  Januar ''  *)  mit   30  Cohorten  3000 


77)  B.  Afr.  8  n.  34.    Oben  §.  56.  A.  44.  78)  B.  Afr.  9.    Unten 

A.  85.  79)   B.  Afr.  19  Cn. 


XXI.    lULII.        (31.  §.58.)        583 

Scliri(t   weit   rorgerückt;    als   dichte  Staubwolken  üim   die  NäLe 
des  Feindes  verriethen.     Er  rief  seine  400  Reuter  und  150  Bogen- 
schützen aus  dem  Lag-er  herbei,  dadurch  wurde  aber  ini  Wesent- 
lichen  nichts    geändert.     Sein  Gegner  Labienns   befehligte    1600 
gallische  und  germanische  Reuter,  *")  8000  numidische  mid  mehr 
als    30,000  Mann    zu    Fuss:    mit    der    zuversichtlichen  Hoffnung, 
dass    diese    Schlacht    für   seinen    ehemaligen  Imperator    die    letzte 
sein    werde ,    begann    er    um    die    fünfte    römische   Stunde    seine 
Massen  in  der  Ebene  zu  entwickeln.     Während  die  Reuter  Cäsar 
umgiengen ,    welcher    zur  Verlängerung   seiner  Linie  sich  nur  in 
einem  Treffen  aufstellte,   schritt  die  Bütte  zum  Angriff,  Reuterei 
mit  leichtem  Fussvolke  vermischt;  wenn  jene  wich,  drang  dieses 
vor;    die  Legionare    konnten    nicht   verfolgen,   und   wurden  bald 
auch   auf  den  Seileu    gedrängt,  wo   ihre  schwachen  Geschwader 
gegen    die    wachsende   Uebermacht   nichts    vermochten.     Labienus 
bemerkte    ihr    Schwanken,    die    zunehmende    Verwirrung;    sein. 
Plan,  sie  in  einander  zu  treiben  und  aufzurollen,  schien  gelungen; 
er   kämpfte    voran ;    den  Uebermuth ,    mit    welchem   er  die   Cäsa- 
rlaner    als    unglückliche    und    bethörte    Neugeworbene    verhöhnte, 
rächte  ein  Soldat  der  zehnten  Legion,  er  durchbohrte  sein  Pferd; 
aber  der  jungen  Krieger  waien  in  der  That  die  meisten,  ungestraft 
schleuderte    der  Feind  seine  ^^  äffen  in  ihre  Reihen,    sie  fochten 
nicht  mehr,  ihre  Augen  suchten  Cäsar.     Dieser  veränderte  plötz- 
lich   seine  Stellung;    die  Cohorfen   raussteu    eine    nm   die  andere, 
die    1.  3.  5.  n.  s.  f.    und   die    2.   4.  6.  u.  s.  f.    in    entgegen    ge- 
setzter Richtung  sich  gegen  die  Flügel  wenden,  worauf  sie   sich 
schlössen;    dadurch   entstanden   zwei  Treffen,    den  Zwischenraum 
füllle    die    Reuterei,    und    die    Feinde   wurden    getrennt   und   ge- 
worfen.    Der  Weg   nach    dem  Lager   war  frei,    als  M.  Petrejus 
und   Cn.   Piso   mit  numidischen  Ilülfsrölkern,    1100  Reutern  und 
vielem  Fussvolke  auf  dem  ScLlachtfclde  eintrafen,  und  das  Gefecht 
sich   erneuerte;   aber    das  Bewusstsein  grösseren  Mulhes  und  hö- 
herer Runst  war  schon  auf  der  andern  Seile,  und  Cäsar  benutzte 
es  zu  einem  allgemeinen  Angriff  im  Slurmschrilt,  wodurch  er  die 
Ebene    reinigle ;    auf  den    nächsten  Höhen  hielt  er  an ;    die  Be- 
stürzung der  Gegner,  welche  wieder  durch  eine  unerwartete  Be- 


SO)    B.  Afr.  1,  c.   Oben  j.  57.  A.  87. 


584  XXI.     lULII.         (31.  §.58.) 

wegnn^  ihre  Pläne  vereitelt  sahen,  die  Verwundung  des  Pefrejos 
nnd  die  einbrechende  Nacht  gestattete  ihm  den  Rückzug  nach 
Biigpiiia.  ^ ' ) 

Hier  verschanzte  er  sich,  um  nicht  vor  der  Landung  der 
noch  fehlenden  Legionen  überwältigt  zu  werden ;  zwei  Linien, 
welche  von  der  Stadt  und  dem  neben  ihr  stehenden  Lager  aus- 
gieugen,  sicherten  seine  Verbindung  mit  dem  Meere.  Die  Flotte 
mnsste  grössere  und  kleinere  Wurfgeschosse  abgeben ,  und  einen 
Theil  der  Ruderer  als  leichte  Truppen;  ununterbrochen  arbeitete 
man  in  den  heu  eingerichteten  Waffenschmieden ;  Eisen ,  Biet 
und  Holz  zu  den  Kriegsmaschinen  sollte  Sicilien  schicken,  und 
die  iiusserste  Sparsamkeit  einer  Hungersnoth  vorbeugen.  Denn 
Labienus  und  Petrejus  blieben  iu  der  Nähe;  drei  Gehörten  waren 
stets  erforderlich,  die  Arbeiter  in  den  Werken  zu  schützen,  und 
schon  am  dritten  Tage  nach  der  Schlacht  gieng  die  Nachricht 
ein,  dass  Scipio  mit  8  Legionen  und  3000  Renferil  von  Utica 
im  Anzüge  sei.  Er  ruhte  einige  Tage  bei  Adrumetura,  dann 
vereinigte  er  sich  mit  den  Legaten,  und  beschränkte  Cäsar  auf 
einen  so  engen  Raum,  dass  dieser  die  Pferde  mit  Seegras  nährte, 
welches  in  süssem  Wasser  erweicht  war.  Das  Gerücht  von 
seinen  Bedrängnissen  lockte  auch  Juba  mit  einem  zahlreichen 
Heere  herbei;  das  Entscheidende  sollte  nicht  ohne  ihn  geschehen, 
damit  er  seinen  Lohn  verlangen  konnte.  Wenn  er  Ruspina  er- 
reichte, so  war  Cäsar  ohne  Rettung,  und  liier  griff  nun  eben  ein 
an  sich  unbedeutender  Bandenführer  iu  den  Gang  der  Welt- 
begebenheiten ein,  für  Cäsar  ein  Zufall,  denn  er  veranlasste  es 
nicht.  P,  Siltius  und  der  mauritanische  König  Bocchus  '^^)  über- 
schritten von  Westen  her  die  numidische  Gränze,  sie  eroberten 
Cirta,  die  Hauptstadt,  und  plünderten  auch  Jubas  gätniisches  Ge- 
biet. Dadurch  nöthigten  sie  den  König  zur  Rückkehr;  er  entzog 
Scipio,  von  welchem  er  nicht  mehr  weit  entfernt  war,  wegen 
der  eigenen  Gefahr  einen  Theil  der  Hülfstrnppen,  nnd  überliess 
ihm  zum  Ersatz  30  noch  nicht  abgerichtete  Elephanten.  '  ^)  Für 
den  Gegner  war  viel  aber  nicht  alles  gewonnen,  er  schickte 
AUienus    nochmals  und  auch  Rabirius  Postiunus  die  gcmesseusten 

81)    B.  Afr.  7—19.     Apii    2,  487.    Dio  43,  2.  82)   Oben  A.  66. 

67.   B.  Afr.  25  II.  36.  83;    B.  Afr.  20  —  27.    App.  2,  488.    Dio  43,  3. 

Plut.  Caes.  52. 


XXI.    lULIL        (31.  §.58.)        585 

Befehle,**)  nnJ  rerhreitete  zag-leich  durch  g'eheiine  SenJIinje 
Schreiben  in  der  Provinz,  um  sie  von  seiner  Gegenwart  zu  über- 
zeugen ,  und  einen  Aufstand  zu  bewirken ;  man  hatte  den  Ein- 
wohnern gesagt,  nur  ein  Legat  fiilire  seine  Truppen  an,  und  die 
Unglücklichen,  welche  mit  ihm  in  Berührung  gekommen  ■waren,, 
als  Verräther  bestraft;  doch  nicht  ihnen  wollte  er  helfen,  wie 
der  Verfasser  des  africanischen  Krieges  versichert,  sondern  sich 
selbst.  Einige  Beruhigung  gewährte  ihm  die  Uulhäligkeit  der 
feindlichen  Flotte;  auch  C.  Virgihus,  ein  Prätorier  in  Thapsus,' 
wo  er  leicht  jede  Verbindung  zwischen  Cäsar  und  Sicilieu  auf- 
Leben  konnte,  zeigte  wenig  Unternehmungsgeist;  er  liess  zwar 
kreuzen,  nahm  aber  nur  ein  Schiff;  mit  ihm  geriethen  die  beiden 
Titius  aus  Spanien,  Tribüne  der  5.  Legion,  in  seine  Gewalt, 
welche  Scipio  zu  tödten  gebot.  Bedenklicher  war  der  Versuch 
des  Labienus  gegen  Leptis;  doch  behauptete  sich  Saserna, 
obgleich  er  die  Hälfte  der  Besatzung  zum  Heere  geschickt 
hatte,  s  *) 

Bei  Ruspina  wurde  täglich  geplänkelt,  und  Scipio  riickte 
eben  so  oft  aus  dem  Lager  und  immer  näher;  mit  gelheilten 
Kräften  und  unerfahrneu  Soldaten  wollte  Cäsar  die  Schlacht 
nicht  annehmen ;  er  durchschaute  den  Plan ,  durch  Herans- 
forderungen seine  Schwäche  und  Feigheit  bemerklich  zu  macheu, 
er  wusste  aber  auch,  dass  dem  Gegner  Muth  und  Einsicht  ab- 
giengen,  seine  Schanzen  zu  erstürmen,  zu  thun,  was  allein  das 
Rechte  war.  Die  Sachlage  blieb  auch  den  Prorincialen  und 
Scipios  HiQfsvölkern  nicht  verborgen ;  da  er  jetzt  mit  seiner 
Uebermacht  nichts  leistete,  so  konnte  man  erachten,  wie  daa 
Ende  sein  werde.  In  Schaaren  verliessen  ihn  die  Numidier  nnd 
Gaelulier,  *  ^)  um  in  ihr  Vaterland  zurückzukehren  oder  über- 
zugehen; Liebe  zu  C.  Marius  und  zu  Cäsar  als  dessen  Ver- 
wandten hatte  keinen  Theil  daran;  man  liebt  den  Felelherm 
nicht,  von  welchem  man  übervsnmden  ist;  wenn  etwas  anderes 
mitwirkte,  so  war  es  der  Ueberdruss;  die  africanischen  Reuter 
suchten  rasche  Entscheidung  nnd  Beute;  eine  lang-wierige  Ein^ 
Schliessung    ermüdete    sie.      Diese    war  so   unvollkommen,    dass 


84)  Oben  A.  77.  85)    B.  Afr.  28.  29.    Oben  A.  78.  86)  (Caei 

Inli)  Geuns  hoiuinum  fenim  iiicul(mu<pie.     Sallust.  B.  lo^.  80,  cd.  Corl. 


586  XXI.    lULn.        (31.  §.58.) 

Cäsar  der  Stadt  AcLlUa,  südlich  von  Ruspina,  auf  ihre  Bitte  eine 
Besatzung- '  senilen  konnte ;  der  Anführer  C.  Messius  kam  Con- 
sidius,  dem  Befehlshaber  in  Adrumetiim,  zuvor,  ■welcher  Reuter 
von  Labienus  an  sich  zog-,  und  ihn  belagerte.*')  Als  Zeichen 
der  Slimmimg  und  als  Beispiel  war  das  Ereigniss  von  Wichtig- 
keit; Cäsar  halte  nur  nicht  Mannschaft  genug,  um  sich  aus- 
zubreiten; auch  Thjsdrus  mit  seinen  reichen  Vorräthen  trug  sich 
ihm  ao,  und  er  versprach  ihm  für  die  nächste  Zeit  seinen  Beistand. 
Vorerst  mnsste  er  die  Hülfe  von  aussen  erwarten;  Salluslius 
schickte  Getraide  von  Cercina ,  wo  C.  Decimius ,  ein  eliemaliger 
Quästor,  bei  seiner  Landung  entfloh,'*)  und  Allienus  von  Si- 
cjlien  die  13.  und  14.  Legion,  800  gallische  Reuter  und  1000 
Leichtbewaffuete;  schon  am  vierten  Tage  gelaugten  sie  bei  gün- 
stigem Winde  in  den  Hafen  bei  Ruspiua.  So  bestrafte  sich 
Scipios  Zögern;  zwar  verstärkte  ihn  Cato  von  Utica,  aber  durch 
Neugeworbene  aus  der  Provinz,  und  die  Kundschafter,  welche 
über  das  feindliche  Lager  berichten  sollten ,  meldeten  sich  dort 
als  Ueberläufer  und  blieben. 

Nun  sprengte  Cäsar  seinen  Kerker.  In  der  Nacht  des 
27.  Januar  zog  er  mit  allen  Legionen  in  der  Stille  nach  Ru- 
spina,  und  anfangs  längs  dem  Meere,  so  dass  das  flache  Land, 
in  welchem  die  Reuterei  ihn  belästigen  konnte,  ihm  zur  Linken 
war.  Eine  Hochebene  begränzte  es  im  Norden ,  und  entfernte 
sich  allmälig  von  der  Küste  in  der  Richtung  von  üzita ;  er  erstieg- 
sie  und  befestigte  mit  Benutzung  alter  Warten  und  Thürme  ihre 
Hügel.  Den  letzten  neben  Scipios  Lager  mit  einer  Feldschanze 
und  einer  numidischen  Besatzung  mussteu  seine  Reuter  bewachen, 
während  die  Legionen  auf  dem  Berge  von  der  jetzigen  Stellung 
bis  zum  vorigen  Lager  Linien  errichteten ,  wodurch  er  sich  den 
Rücken  sichern,  mit  Ruspina  und  Leptis,  und  folglich  mit  dea 
Truppen,  welche  dort  von  Sicilien  eintreffen  würden,  in  Ver- 
bindung bleiben ,  und  sich  zu  weiteren  Unternehmungen  den 
Weg  bahnen  wollte.  Als  die  Feinde  sich  auscliickten,  es  zu 
verhindern,  die  Reuter  und  hinler  ihuen  das  Fussvolk  sich  zeigten, 
liess  er  die  Numidier  von  dem  Hügel  vertreiben;  Labienus  kam 
mit    dem    rechten  Flügel   seiner  Reuterei  zu  ihrer  Unterslülzuug; 


87)   B.  Afr,  33.  43.  88)   Das.  34.   Obea  A.  77. 


XXI.    lüLlI.        (31.  §.59.)        587 

er  bemerkte  wegen  eines  grossen  ÄleierLofes  nicht  früLer ,  dass 
die  cäsarianische  vom  linken  Flügel  vorgieog,  bis  sie  zwischen 
Jbm  und  dem  Heere  stand,  die  Numidier  in  die  Flucht  schlug,  und 
die  Gallier  und  Germanier,  welche  mehr  Aluth  bewiesen,  fast 
gänzlich  anfrieb.  Am  andern  Tage  erschien  Cäsar  in  der  Ebene, 
nicht  um  anzugreifen,  sondern  zur  Rechten  am  Fusse  des  Berges 
gegen  Uzita  vorzurücken.  Es  versorgte  Scipio,  daher  machte  er 
eine  gleiche  Bewegung  in  vier  Treffen,  deren  erstes  aus  Keutem 
nnd  Elephanlen  bestaud,  und  stellte  sich  so,  dass  die  Mitte  durch 
die  Stadt  gedeckt  wurde,  und  die  Flügel  über  sie  hervorragten. 
Da  also  sein  Gegner  nicht  mit  ihm  handgemein  werden  konnte, 
ohne  Uzita  erobert  zu  haben,  welches  ein't  starke  Abtheilung 
der  Numidier  besetzt  hielt ,  so  führte  er  das  ermattete  Heer  in 
das  Lager,  wo  es  nnn  auch  noch  in  der  Nacht  von  einem  Ge- 
witter, von  Schlössen  und  Platzregen  heimgesucht  wurde,  und  die 
5.  Legion  zur  Vermehrung  ihrer  Plagen  die  Spitzen  ihrer  Wurf- 
spiesse leuchten  sah.  Die  Niederlage  des  Labienus  bewirkte  in- 
dess  den  Entsatz  von  Achilla ;  Cousidius  gieng  voll  Furcht  auf 
Umwegen  nach  Adrumetum  zurück,  und  nur  mit  einem  Theile 
seiner  Truppen,  weil  er  die  Hälfte  an  Scipio  abgeben  musste. 
Andere  Nachrichten  waren  für  Cäsar  weniger  erfreulich ;  eitt 
Schiff  von  der  letzten  Sendung  ans  Sicilien  wurde  nach  Thapsus, 
nnd  ein  zweites  nach  der  Insel  Aegimurus  nördlich  von  den 
Ruinen  von  Carthago  verschlagen;  die  BefelJshaber  der  feind- 
lichen Flotte,  dort  Virgilius  und  hier  Attius  Varus  und  M.  Octa- 
▼ius,  nahmen  nur,  was  die  Stürme  ihnen  brachten;  sie  schickten 
die  Mannschaft  zu  Scipio ,  welcher  die  Veteranen  tödten  liess, 
weil  sie  nicht  gegen  ihren  Imperator  dienen  wollten ,  nnd  ein 
Centnrio  der  14.  Legion  sich  vermass,  mit  zehn  unter  ihnen  eine 
ganze  Cohorte  zu  besiegen;  die  jüngeren  Soldaten  wurden  unter- 
gesteckt. *^) 

§    Ö9. 

(a.  46.)  Das  Schicksal  der  Heere  bei  Uzita  schien  von 
den  erwju-teten  Verstärkungen  abzuhängen,  und  Scipio  erhielt  die 
seinigen   zuerst.     Seit    die   Feinde   von   Rnspiua  hervorgebrochen 

89)   B.  A£r.  37  —  47.    Dio  43,  4. 


588  XXI.    lULn.        (31.  §.59.) 

waren,   tat   er  Juba  dringend  und  nu(er  dem  wiedertolten  Ver^^ 
sprechen,   dass   man   ihm   ein  grosses  Gebiet  abtreten  werde,'") 
um   Beschleunigung   seiner   Rückkehr.      Der  König   iiberiiess    es 
dem  Feldherm   Sabura^')   nach   Unternehmungen,  über   welche 
nichts  Näheres  verlautet,   P.  Sittins  zu  beobachten,   und   eilte  mit 
3   Legionen,   800   Reutern,  welche   ihre   Pferde   nach   Labienus 
Anweisung    geziigelt   hatten,'^)    mit    anderen,   ■vielen    leichten 
Truppen   und   30  Elephanten   auf  den  Kampfplatz  im  Osten,   wo 
er    ein    abgesondertes    Lager    bezog,    und   mit    gewohntem    Stolze 
nicht  nur  den  römischen   UnlerbefeLlshabern  gebot,  sondern  auch 
Scipio  dahin  vermochte,    statt  des   Purpurgewandes,    einer  könig- 
lichen   Zierde,    ein    einfaches    weisses    anzulegen.'^)      Mehr   als 
das   Ereigniss   an   sich   beunruhigte    Cäsar    der    dumpfe  Schrecken 
seiner  Soldaten ;    er   verkündigte  es  ihnen  daher  selbst ,    und  nii^ 
Uebertreibung,    damit   die  Einflüsterungen   und   geheimen,    ängst- 
lichen   Besprechungen   aufhörten.  ''')     Der  Aufruhr   in  Gätulien, 
sein   Werk    imd   durch    üeberläufer  vermittelt,    ist   ein  Beweis, 
wie    sehr    er  Juba    zu   entfernen  wünschte,   welcher  sich  nun  in 
einen   dritten  Krieg  verwickelt  sah,    und  bald  6  Cokorten   gegen 
die   Empörer    verwenden   musste.  *')      Ungern    focht    der    Römer 
gegen  die  numidischen  Reuter;    fast  unnahbar  umschwärmten  sie 
ihn,    sie   bedrohten  ihn  aus  dem  Hinterhalle,    und  durften  Nach- 
zügler und  vereinzelte  Schaaren  als  ihre  sichere  Beute  betrachten. 
Selbst  die  Leichtbewaffneten  zu  Fuss  spotteten  seiner  Kunst,  und 
trugen  dazu  bei,  dass  die  Flügel  der  Legionen  entblösst,  Angriff 
und  Rückzug   erschwert  wurden.  '*)     Am  meisten  fürchtete  man^ 
die  Elephanten;    den  jüngeren  Soldaten   und  auch  einem  grossen 
Theile  der  Veteranen   war  schon  der  Anblick  neu;    sie  wusslea 
so  wenig  sich  ihrer  zu  erwehren  als  ihnen  beizukommen;  deshalb 
liess  Cäsar  später   einige  ans  Italien  herbei  bringen,  damit  Men- 


1 


90)    Dio  I.   c.  91)   Oben  §.  44.  A,  44.  92)  B.  Atr.  19.  48. 

61.  93)     Das.  57.  94)    Juba   hatte   Treit  mehr   Truppen,    als  er 

herbeiführte ;  daher  das  Abweichende  in  den  Angaben  bei  Sueton.  66. 
App.  2,  488  n.  B.  Afr.  48;  viele  fand  er  bei  den  Bundesgenossen,  andere' 
waren  in  deren  Festungen  oder  in  die  Plätze  an  der  iDauritanischen  Gränze 
Tcrtheilt.  95)    B.  Atr.  32.  55.  96)   Das.  72 :   —  Levis  ariuatma, 

qnae  erat  mirülca. 


XXI.    lüLn.        (31.  §.59.)        589 

scLen   nnJ  PferJe,   welche  letzteren  nicht  einmal  ihre  Witterung 
<rlrag^en  können,  mit  ihnen  vertrant  wurden,  ä') 

Er  schien  es  nicht  zn  bemerken,  dass  Scipio  nach  der  An- 
'kiinft  des  Königs  sein  Heer  zur  Schau  steihe;  auch  jetzt  \%-aren 
•Verschanzung-en  der  Schild,  hinter  -welchem  er  vordrang;,  und 
man  hatte  Ursach,  seine  Schaufel  zu  fürchten  Mie  sein  Schwerdt. 
Auf  der  Hochebene  erhob  sich  ein  Gestell  nach  dem  andern,  und 
in  eben  dem  Maasse  S£ih  man  die  Linien  sich  ausdehnen,  welche 
sie  Terbanden.  Man  erkannte  seinen  Plan ,  die  ^^'erke  bis  zn 
den  Mauern  Ton  Uzila  zu  verläug'ern;  ein  Hiig^el,  von  welchem 
ihn  nnr  noch  ein  bewaldetes  Thal  trennte,  war  von  besonderet 
Wichtig-keit ;  Labienns  besetzte  ihn,  und  legte  in  der  Tiefe  einen 
Hinterhalt;  die  Truppen  zeigten  sich  aber  za  früh,  sie  wiirdea 
vertrieben,  anch  von  dem  Hügel,  und  der  Sieger  schlug  hier  sein 
Lager  auf.  Nun  begannen  die  Ai'beiten,  welche  durch  die  Ebene 
zu  den  beiden  äussersten  Puucten  von  Scipios  Schanzen  führen, 
«nd  während  der  Belagerung  der  vorlieg-enden  Stadt  die  eigenen 
Flanken  decken  sollten.  Ein  Theil  der  Legionen  grub ,  det 
andre  stand  unter  den  Waffen  und  die  Reuterei  auf  der  Vorhut; 
diese  wurde  an  einem  Abende  von  der  feindlichen  geworfen, 
doch  sammelte  sie  sich,  als  das  Fussvolk  zn  ihrer  Unterstützung 
vorgieng,  und  drängte  die  Numidier  zurück.  Bald  nachher  lan- 
dete die  9.  und  10.  Legion  im  Hafen  bei  Kuspina,  nnd  mehrere 
Anführer  der  letztem  büssten  jetzt  für  die  Meuterei  in  Cau>- 
panien;^*)  sie  kamen  zu  gelegener  Zeit,  denn  Cäsar  war  nur 
noch  einen  Pfeilschuss  von  Uzita  entfernt,  und  errichtete  hier 
auf  einer  wasserreichen  Fläche  ein  zweites  Lager,  in  welches 
fünf  Legionen  aus  dem  obeni  einrückten.  Sogleich  gebrauchte 
er   seine  Wurfmaschinen   gegen  die  Mauern,  nnd  abermals  galt 


97)   B.  Afr.  1.  c.  98)   Oben  §.  56.  A.  34  n.  4?.     la   den   ZaUea 

herrscht  im  B.  Afric.  grosse  Verwiroing;  nach  einigen  Handschriften  focht 
die  8.  Legion  früher  bei  Uzila,  als  sie  Africa  erreichte,  c.  60.  62;  statt 
der  9.  yrird  c.  53  anch  die  11.  genannt.  Die  12.,  welche  bei  jenen  Un- 
mhen  die  meiste  Schuld  trug,  Cic.  ad  Att.  11,  21,  oben  1.  c,  scheint 
Italien  nicht  •verlassen  zn  haben.  Indess  erfolgte  die  erste  Eiuschiffnng  in 
Sicilien  in  solcher  Eile,  dass  die  Legionen  sich  znm  Theil  nnter  einander 
mischten,  wie  im  Vorigen  bereits  ein  Soldat  der  zehnten  erwähnt  ist. 
B.  Air.  16.  Tgl.  oben  J.  58.  A.  64. 


590  XXI.     lULII.         (31.  §.59.) 

es  dem  gliickllcLen  und  küLnen  Feldherrn,  dem  Befreier  des 
Vaterlandes,  wie  man  hoffte,  nicht  dem  Verwandten  des  Marina, 
dass  1000  Gäitulier  mit  Pferden  und  Knechten  za  ihm  iiber- 
giengen,  ^')  Alles  mahnte  die  Verbündeten,  ihm  Einhalt  za 
thun;  die  Stadt  war  für  sie  ein  Aussenwerk,  nach  dessen  Er- 
oberung; er  ilu-e  Mitte  durchbrechen  und  mit  ihren  Vorrüthen 
seine  Truppen  ernähren  konnte ;  er  erblickte  sie  daher  am  andern 
Morgen  auf  einer  Höhe  in  Sclilachtordnung' ;  sogleich  trat  auch 
er  unter  die  Waffen,  aber  hart  an  seinen  Liuien;  denn  der 
rechte  Flügel  lehnte  sich  an  Uzita,  wenn  er  sich  bloss  gab, 
musste  er  einen  Ausfall  erwarten;  bei  seiner  Absicht,  nicht 
zu  schlagen,  war  es  ihm  erwünscht,  dass  ein  ungleicher  Boden 
ihn  vom  Feinde  trennte.  Dieser  stellte  die  Legionen,  die  rö- 
mischen und  nnmidischen,  in  eine  einfache  Linie,  welcher  Nu- 
midier  zum  Rückhalt  dienten ;  zu  beiden  Seiten  schlössen  sich  die 
Elephanten  an,  und  hinter  ihnen  leichte  Truppen;  die  ganze 
Reuterei  mit  gezäumten  Pferden  bildete  den  rechten  Flügel,  da 
man  auf  dem  andern  durch  die  Stadt  gedeckt  wurde,  und  zu- 
gleich zeigten  sich  hinter  jenem  grosse  Massen,  ein  Umgehen  des 
Heers  zu  verhindern,  und  selbst  zu  umgehen.  Zur  Vereitlung 
dieses  Plans  liess  Cäsar  auf  seinem  linken  Flügel  drei  Treffen 
einander  unterstützen,  dazu  kam  hier  noch  die  gesammte  Reuterei 
mit  eingeschobenem  leichtem  Fussvolke,  und  weil  er  ihr  wenig 
vertraute,  die  fünfte  Legion.  *''")  So  beobachtete  man  sich  vom 
Morgen  bis  zur  zehnten  römischen  Stunde  in  einer  Entfernung 
von  nur  300  Schritten.  Schon  wollte  Cäsar  zurückgehen ,  als 
feindliche  Reuter  sich  rechts  gegen  sein  oberes  Lager  zogen,  und 
Labienus  mit  den  anderen  blieb ,  um  die  Legionen  festzuhalten ; 
jene  schlugen  die  schwache  Reuter -Schaar,  welche  sich  ihnen 
ohne  Befehl  entgegenwarf,  und  nach  diesem  nichts  entscheidenden, 
aber  doch  immer  siegreichen  Gefechte  gieng  Scipio  wieder  in 
sein  Lager.     Auch  an  den  folgenden  Tagen  kämpften  die  Reuter 


I 


99)   B.  Afr,  56.  100)    Diess   ist   alles,   was   sScIi   mit  Gewissbeit 

ans  dem  Tcrfälschten  und  an  sich  dunkeln  Texte  im  B.  Afr.  60  entnehmen 
lässt ;  eine  genauere,  aber  auf  Vermuthungen  beruhende  Beschreibung  der 
beiden  ScUachtlinien  giebt  Roesch  Commeutar  über  die  Comment«  des  Cäsar 
8.  110. 


XXI.    lULn.        (31.  §.59.)        591 

mit  vrectselndem  Glücke,  wülirend  beide  TLeUe  ILre  ScLanzen 
erweiterten.  ') 

Um  diese  Zeit  sctickfe  Allienus  die  7.  und  8.  Leg'ioo. 
Attius  Vanis  wurde  davon  unterrichtet,  und  erinnerte  sich  endlich 
an  seine  PllicLt;  er  fiilir  mit  53  Segeln  von  der  Rüste  von  Utica  nach 
Adrumetuui,  aber  mit  so  weniger  Achtsamkeit,  dass  er  nicht  nur  die 
Truppen  verfehlte,  sondern  in  der  Kähe  der  Stadt  auch  die  13  Schiffe, 
welche  ihnen  mit  Q.  Aqnila  entgegen  giengen,  nm  sie  zu  decken. 
27  Hess  Cäsar  bei  Thapsus  kreuzen ;  die  übrigen  lagen  wegen 
der  bisherigen  Unthatigkeit  der  Opiimaten  sorglos  bei  Leptis, 
wodurch  es  Varus  möglich  wurde,  mehrere  zu  nehmen  oder  zu 
verbrennen.  Als  Cäsar  diess  hörte,  eilte  er  an  Bord,  und  ver- 
folgte Vams,  welcher  bereits  auch  Aquila  angegriffen  hatte,  und 
besonders  durch  Feuer  grossen  Verlust  erlitt,  bis  vor  den  Hafen 
von  Adrnmetum.  Unter  den  Gefangenen  wurde  nur  P.  Ligarius 
getödtet,  weil  er  schon  vor  drei  Jahren  in  Spanien  begnadigt 
war.  -) 

Der  enge  Raum ,  auf  welchen  der  Dictator  sich  beschränkt 
sah,  erschwerte  ihm  die  Verpflegung  der  Truppen.  Seine  Gegner 
schienen  ihn  jetzt  durch  den  Hunger  besiegen  zu  wollen,  nach- 
dem sie  früher  zur  Unzeit  diess  Mittel  versucht  hatten.  Kaum 
konnte  er  sich  unter  der  Mitwirkung  fast  aller  Legionen  und 
und  von  Labienus  Reutern  aus  dem  Versteck'  bedroht  einiges 
Getraide  ans  den  Gruben  verschaffen,  in  welchen  die  Eingebomea 
es  bargen:  er  musste  eine  andre  Stellung  nehmen,  wie  viel  Zeit, 
Mühe  und  Kunst  er  auf  die  Schanzen  vor  Uzita  verwendet  haben 
mochte.  Doch  behielten  Leptis,  Ruspina  und  Achilla  ihre  Be- 
satzungen ;  die  Hafen  von  Adrumetum  und  Thapsus  sollten 
L.  Cispius  und  Q.  Aquila  mit  den  Kriegsschiffen  einschliesseu.  ^) 
Nach  diesen  Anordnungen  zog  Cäsar  in  den  letzten  Stunden  der 
Nacht  nach  Agar,  in  dessen  Umgegend  er  sich  reichlich  versorgte. 
Scipio  folgte ;  er  vertheilte  das  Heer  in  drei  Lager  und  entsendete 
zwei  Legionen  nach  Zeta.  Allein  Cäsar  bemächtigte  sich  der 
Stadt  in  der  Nacht,  obgleich  sie  18,000  Schritte  von  ihm  und 
von  jenem  nur  10,000  entfernt  war.     Die  Truppen  zu  überfallen, 


1}    B.   Afr.  61.    Dio  43,  6.  2)    B.   Air.   64.  3)   Das.  67. 

Tgl.   62. 


592  XXI.    lULII.        (31.  §.59.) 

während  sie  auf  dem  Lande  Gefraide  sucLten ,   Linderte  ihn  die 
Nachricht,  dass  man  ihnen  Verstärkung  schicke.     Auf  dem  Rück- 
weg-e  wurde    er   Ton   Labiemis   nnd   Afranius   mit   Reutern    und 
leichtem   Fnssvolke    aus    dem   Hinterhalte    an jeg-riffen ,    und   diess 
erneuerte    sich,    so    oft    die    Legionen    ihr    Gepäck    wieder    auf- 
g-enommen  Latten,    um  weiter  zu  gehen.     So  konnte  er  sich  nur 
laugsam    bewegen;   die  Pferde  fielen,  weil  es  an  Wasser  fehlte, 
und    schon    neigte    sich  der  Tag.     Doch    schreckte    die  Numidier 
der    Wurfspjess     seiner    Legionare ;     sie    Termochten    nicht    ein- 
zudringen, zumal  da  Scipio,  an  dessen  Lager  der  Weg:  voriiber- 
fiihrte ,    mit  Fussvolk    und   Elejjhanten    nnthäf ig   blieb ;    fast    ohne 
Verlust    gelangten    die   Verfolgten    zu    dem    Ihrigen.     Bei    diesem 
Unternehmen  überzengte  sich  Cäsar  noch  mehr  von  der  gänzlichen 
Unbrauchbarkeit  seiner  Reuterei ;   mit  den  andern  Truppen  konnte 
er    sich    der   flüclitigen  Kumidier    erwehren ,    nicht    aber  die   Un- 
sichtbaren   und    überall   Lauernden    in   ihrem    Versteck  ^erspähen 
und    sie    vertilgen;    und  was  sollte  werden ,    wenn  die  Legionen 
in  der  Schlacht  im  Kampfe  mit  ihnen  ihre  Kräfte  ersch6'i>ft  hatten, 
und    dann    die    feindUchea   vordrangen;     wer    sollte    die    Flanken 
■decken?     Dennoch  musste  er  schlagen,  weil  er  sonst  noch  furcht- 
barem Älächten  verfiel,  Hunger  und  Seuchen.     Er  führte  mehrere 
Bewegungen  aus,  weniger  um  die  Seinigen  in  der  neuen  Fechf- 
ert  zu  üben,  als  um  Scipio   aus  den  Schemzen  zu  locken,  welches 
nicht  gelang.     Nach  einer  Musterung  des  Heers  am  21.  März  *) 
zog    er   in    derselben  Absicht,    und    um    dem  Mangel  abzuhelfen, 
nach  Sarsura;   der  Ort  wnrde  erobert,  sein  Angriff  auf  Thjsdrus 
dagegen,  dessen  Einwohner  ihn  begünstigten,  ')  durch  den  jetzigen 
Befehlshaber  Considius    vereitelt,    und   nur   Labienus   beunruhigte 
ihn    bis  zur  Rückkehr  nach  Agar  mit  der  Reuterei;    denn  Scipio 
beobachtete  ihn  in   der  Feme,    und   nahm  jetzt    ebenfalls    seine 
vorige  Stellung  wieder  ein. 

Der  kleine  Krieg  drohte  die  Cäsarianer  aufzureiben,  zumal 
an  der  Küste;  wenn  auch  der  Abgang  an  [Rlenschen  dadurch 
ersetzt  wurde,  dass  5000  Mann  zu  Fuss  und  400  Keuler,  welihe 
wegen  Krankheit  oder  aus  anderen  Gründen  zurückgeblieben 
waren,    aus    Sicilien    anlangten,    so    fehlte    es    doch    so    sehr    au 


I 


4)  B.  Afr.  75.  5)  Oben  J.  58.  A.  88. 


XXI.    lüLn.        (31.  §.59.)        593 

3Iif(eln  xnm  Unlerbalt,  besonders  an  Wasser,  dass  man  dem 
Feinde  nicht  einmal  näher  rücken  und  dadurch  ein  allgemeines 
Gefacht  ei-z'vx ingen  konnte.  Vielleicht  änderte  er  seinen  Ent- 
schluss,  wenn  man  Thapsus  bedrohte;  die  Stadt  war  zu  wichtig', 
um  sie  aufzugeben ,  ihre  Besatzung  unter  dem  Prätorier  C.  Vir- 
gilius  ")  zu  schwach,  sie  zu  rertheidigen ,  und  zu  zahlreich,  um 
aufgeopfert  zu  werden;  Cäsar  verliess  Agar  in  der  Nacht  des 
4.  April ,  und  an  demselben  Tage  begann  die  Umwallung.  Die 
List  hatte  den  gewünschten  Erfolg ;  auch  Scipio  und  Juba  näherten 
sich  auf  8000  Schritte,  und  bezogen  zwei  Lager.  Thapsus  lag 
auf  einer  Halbinsel ,  und  südwestlich  von  ihm  ein  Salzsee, 
welcher  durch  einen  schmalen  LandsIrich  Ton  1500  Schritten 
Tom  Meere  getrennt  wurde.  Hier  versnchten  jene  am  5.  April 
sich  festzusetzen,  da  sie  aber  den  Zugang  durch  Schanzen  ver- 
sperrt fanden,  so  Hessen  sie  am  folgenden  Tage  1100  Schritte 
vom  Feinde  hart  an  der  Rüste  ein  Lager  aufschlagen ,  in  deir 
Hoffnung,  ihn  von  Meer  zu  Meer  mit  ihren  Werken  zu  umfassen. 
Cäsar  kam  ihnen  zuvor;  er  befahl  Q.  Aquila  ')  mit  seinen 
Schiffen  von  der  Rhede  der  Stadt,  wo  nur  wenige  zurückbleiben 
sollten,  am  Lande  hinabzufahren,  und  den  Feind  durch  ein  un- 
erwartetes Kriegsgeschrei  hinter  dessen  rechtem  Flügel  za 
schrecken;  dann  übergab  er  dem  Proconsul  Asprenas  das  Lager 
mit  zwei  Legionen;  die  übrigen  vertheilte  er  in  drei  Treffen; 
die  10.  und  2.  standen  auf  dem  rechten  Flügel,  die  8.  und  9. 
auf  dem  linken,  5  in  der  Mitte,')  und  vor  jedem  Flügel  auf 
ihren  eigenen  Antrag  fünf  Cohorten  der  fünften ,  mit  vorgescho- 
benen Bogenschützen  und  Schleuderern  zur  Abwehr  der  Ele- 
phanten;  zu  beiden  Seiten  wurden  leichte  Truppen  unter  die 
Reuter  gemischt.  Aus  diesen  Anordnungen  geht  hervor,  dass 
Scipio,  dessen  Soldaten  sich  noch  mit  Schanzen  bescliäfligten  und 
jetzt  ängstlich  hin  und  her  liefen ,  die  Elephauten  auf  die  Flügel 
verwies ,  damit  sie  nicht  auf  der  Flucht  das  Heer  mit  sich  fort- 
rissen. Gerade  jetzt  litt  Cäsar  an  der  fallenden  Sucht ,  einem 
Uebel,  mit  welchem  er  aucl»  sonst  behaftet  war;  '*')  er  musste  sich 


6)    Obea    A.    83.  7)    B.  ģric.    62.  67.  80.  8)   Dass  es  sich 

B.  Afr.  81  nm  diese  handelt,  und  nicht  nm  eine  qn.->rta  ocios  lehrt  der 
Zusamraenhiing,    und   das  forhergehende :    acies  triplex.  9)    Plot.  Caes. 

53.    vgl.  17.    App.  2,  407.    Suet.  45. 

Druniann,    Ccscllichtc  Rom.<i  Hl.  3S 


594  XXT.     lULII.         (31.  §.59.) 

eine  Zeitlang  entfenien ;  der  Verfasser  des  africaniscLen  Krieges, 
dessen  Scliweigen  nichts  dagegen  beweis't,  erwähnt  nur  seine 
Reden  an  die  Truppen;  alle,  Veteranen  und  Nengeworbene,  ver- 
nahmen freundliche  und  ermunternde  Worte ;  er  Latte  aber  mehr 
ürsach,  sie  zu  zügeln;  an  diesem  Tage,  dem  6.  April,  '")  sollte 
ihre  Notb,  ein  unerträglicher  Mangel,  eine  unaufhörliche  Schanz- 
arbeit in  der  rauhen  Jahrszeit  und  das  Morden  der  RJmer  durch 
feige  Africaner  endigen,  der  Feind  nicht  bloss  das  Feld  räumen, 
sondern  auch  biissen.  Durch  die  Abwesenheit  des  Dictator  wurde 
die  Ungeduld  auf  das  höchste  gesteigert;  man  hörte  den  Klang 
der  Tuben  auf  dem  rechten  Flügel ,  aus  den  Reihen  der  ver- 
wegenen zehnten  Legion,  und  sogleich  ertönte  der  Schlachtruf 
auf  der  ganzen  Linie;  Cäsar  eilte  herbei,  er  konnte  nicht  mehr 
Stillstand  gebieten,  und  er  woUte  es  nicht,  denn  auch  von  ihm 
war  der  Tag  ersehnt ,  nur  das  Losungswort :  Glück,  gab  er  den 
wnthentbrannten  Schaaren  noch  mit  auf  den  blutigen  Weg.  '  ') 

Einen  befriedigenden  Bericht  über  diese  verhängnissvollen 
Ereignisse  findet  man  bei  den  Alten  nicht;  ihr  Blick  folgt,  wie  es 
Läufig  der  Fall  ist,  mehr  dem  Einzelnen  als  dem  Ganzen.  Der 
rechte  Flügel  Cäsars  eröffnete  den  Kampf,  und  er  erhielt  auch 
die  ersten  entscheidenden  Vortheile;  die  Elephanten  wurden  von 
den  Leichtbewaffneten  und  den  Cohorten  der  fünften  Legion, 
welche  seitdem  ein  Bild  dieses  Thiers  zur  Belohnung  auf  ihren 
Feldzeichen  trug, '^)  durch  das  Sausen  der  Pfeile  und  Steine 
nnd  durch  Wunden  verscheucht;  *^)  sie  entflohen  durch  die  noch 
nnvollendeten  Werke,  und  nun  wichen  auch  die  numidischen 
Reuter  in  der  zweiten  Linie;  das  Fussvolk  sah  seine  Flanke  ' 
entblösst,  es  schwankte  und  die  feindlichen  Legionen  warfen  es 
in  die  Verschanzungen  und  nach  kurzem  Widerstände  in  die 
Lager  vom  vorigen  Tage  zurück.  Gleiches  geschah  auf  dem 
andern  Flügel,  nnd  hier  wirkte  auch  die  Flotte^  wie  ihr  geboten 
war,  während  Asprenas  einen  Angriff  der  Besatzung  von  Thapsns 
abschlug.  Die  Zersprengten  versuchten  sich  in  jenen  Lagern 
wieder  zu   sammeln,   aber    Scipio   und   Juba,  auf   dessen  Befehl 


10)    Nach   dem  naberichtigten    Calender.     OviJ,    Fast.  4,  379.    Verr, 

Flacc.  Fast.   eil.  Foggiii.  p.  40.  46.           11)    B.  Afiic.  83.  VeUej.  2,  55: 

Uli    (in   Atrica )    primo    vaiia   fortnna,     mox   pngnavit    siia.  12)    A])p. 
2,  488.          13)   Vgl.  Volyb.  1,  40. 


XXI.     lULn.         (31.  §,59.)         595 

noch  vor  kurzem  FlncLt  mit  Kreuzigung'  bestraft  vrar,  ")  hattea 
sie  verlassen ,  niemand  leitete,  ermntliigte  sie,  und  die  Cäsarianer 
drangen  mit  iLnen  ein,  zum  Theil  früher.  Auf  den  anliegenden 
Höhen  streckten  sie  die  Waffen ;  ihr  Flehen  um  Gnade  ■wurde 
mit  .Schwerdtstreichen  ervriedert ;  die  Sieger  übten  eine  furchtbare 
Rache,  sie  erschlugen  10,000,  and  in  dem  wilden  Getümmel 
auch  mehrere  ihnen  rerhasste  Senatoren  und  Ritter  der  eigenen 
Partei ,  ohne  auch  nur  auf  die  Bitten  und  Drohungen  ihres  Im- 
perator zn  achten.  Blan  berechnet  den  Verlust  der  Republicaner 
und  Numidier  auf  50,000,'^)  doch  entkamen  sehr  viele,  nament- 
lich fast  die  gesanimte  Reuterei.  Cäsar  zählte  nur  50  Todfe  und 
einige  Ver^vundete.  • '^)  Ohne  Scipios  Papiere  zu  lesen,  welche 
ihm  iiberbracht  und  verbrannt  wurden,'')  kehrte  er  sogleich 
nach  einem  Kampfe  von  wenigen  Stunden")  nach  Thapsus  zu- 
rück, vor  dessen  Thoren  er  64  gefangene  Elephiinten  aufstellte, '  ^J 
um  Virgilius  durch  diesen  augenscheinlichen  Beweis  von  der  Nie- 
derlage seines  Feldherrn  zur  Unterwerfung  zu  bewegen,  er  er- 
hielt aber  keine  Antwort  und  begab  sich  in  sein  Lager.  Am 
folgenden  Tage  opferte  er  den  Gö'ttei'n  vor  den  Augen  des  Heers, 
welches  er  in  einer  feierlichen  Rede  wegen  seiner  Tapferkeit  be- 
lobte; die  Veteranen  und  auch  Aqdere,  welche  sich  ausgezeichnet 
hatten,  wurden  von  ihm  beschenkt.  Kein  Schriftsteller  berich- 
tet, dass  er  Imperator  wurde.  ^°) 

14)    B.    Air.   66.  15    Plnt.  Caes.  53.  Zonar.  10,  10.  16)  B. 

Afr.  86.  Liv.  114.  VeUej.  2,  55.  Sueton.  35.  Plia.  7,  26.  Eutrop.  6,  23 
(18).  Flor.  4,  2.  }.  66.  (Ä.  Tict.)  de  vir.  ill.  78.  Gros.  6,  16.  Plnt.  1.  c. 
Caio  58.  Dio  43,  7.  App.  2,  488.  Strato  17,  831.  Zonar.  1.  c.  17)  Dio 
43,   13.  44,    47.   Plin.  7,  26.   vgl.  hier  §.   51.  A.  50.  18)    Pliit.  Caes. 

53.  App.  1.  c.  spriclit  dagegen  TOn  einer  langen  Dauer  bis  zum  Abend  und 
von  grossen  Anstrengungen.  Es  bestrafte  sich  an  Scipio,  dass  er  nicht  von 
Römern  sondern  Ton  Bundesgenossen,  nicht  Ton  der  Legion,  dem  Kerne  des 
röm.  Heers,  sondern  von  Elephanten  und  Numidiern  den  Sieg  hoffte;  die 
■\Vaire,  welcher  man  Achtung  und  Vertrauen  entzieht,  rerUert  anch  ihre 
Starke.  19)  B.  Afr.  86.   Gros.  1.  c.  nennt  60.  20)  Ueber  die  Rlün- 

len  mit  der  Inschrift  Imper.  IV.  und  über  die  Ausleger ,  Trelche  sie  auf 
diesen  Krieg  beziehen ,  s.  oben  (j,  55.  A.  4.  In  Aegypten  und  Fontns 
halte  Cäsar  nur  Barbaren  überwunden ;  auch  im  Triumphe  über  Africa 
konnte  er  seine  Feinde  als  solche,  als  Numidier  bezeichnen,  wogegen  die 
Annahme  des  Imperator  -  Titels  jetzt  auch  auf  die  besiegten  Alitbiirger  ge- 
deutet sein  wurde.    Vgl.  §.  62.  A.  87. 

38* 


596  XXI.     lULII.         (31.  §.59.) 

Er   bestimmte   drei   Legionen    onter  C.  Caninius  Rebilas  ^ ' ) 
znr   Belagernng    von   TLapsiis,     nnd   zwei    entsendete    er   gegen 
TLysdriis-^)  nuter  Cn.  Domitius  Calvinns;   mit  den  übrigen  brach 
er  nnverzügUcb  nach  Utica  auf,    wohin  M.  Messala  mit  der  Reuferei 
Torausgieng.     Der   Feind    konnte  sich   dort  leicht  wieder  setzen, 
da  die  Lage  des  Ortes  und  die  Nähe  der  Flotte  ihn  begünstigte 
und  der  König  Juba  indess    von    neuem    rüsten;    Catos    Begeiste- 
rung für  die  Freiheit    und   sein   grosses    Ansehn,    und    die    Ver- 
zweiflung der  Heerführer ,  welche  in  der  Schlacht  sich  zeitig  ge- 
rettet,   aber    zum  Theil  als  Ueberläufer  oder  durch  Wortbriichig- 
keit  jeden  Anspruch  auf  Gnade  verwirkt  hatten,  Hess  einen  har- 
ten Kampf  erwarten ,  wenn  man  ihnen  Frist  gab ;    und  auch  an- 
genommen, dass  Scipio  und  seine  Gefährten  nicht  mehr  Stand  zu 
halten  wagten,  so  sollten  sie  doch  nicht  zu  Cn.  Pompejns  entflie- 
Len.  2  3)     Am    8.  April  spät  emi  Abend  wurde  Cato  durch  einen 
Eilboten  von   dem   Ausgange   der   Schlacht    unterrichtet.  '*)     Er 
Tersammelte  am  andern  Blorgen  die  römischen  Senatoren,  die  Rit- 
ter und   die   Dreihundert^')    im  Tempel  des  Jupiter.     Scheinbar 
unbefangen  und  noch  voll  Hoffnung  theilte  er  ihnen  mit,  was  be- 
reits Allen  bekannt  war,  und  gab  anheim,    die  Thore  zu  öffnen 
oder  sich   zu   vertheidigen ,   im    letzten  Falle   wollte   er  sich  als 
Anführer  an  ihre  Spitze  stellen;    da    er  dann  auch  ein  Verzeich- 
iiiss  der  Soldaten,  Waffen  und  Lebensmittel  vorlegte,  und  nichts 
unerwähnt  liess ,    was   einen  kühnen    Entschluss    hervorzurufen 
vermochte ,  so  entgieng  es  den  Meisten ,  dass  nur  seine  äusseren 
Verhältnisse   ihn    dazu   bewogen,    weil    er    als    Befehlshaber  des 
Platzes  nicht  anders   handeln    konnte ,    dass    er   nicht    auf   Erfolg 
rechnete,     und    über   sein    eigenes    Schicksal   bereits   entschieden 
Latte  ;    sie  trugen  sich  ihm  an   mit  Gut  und    Blut ,    und    drangen 
auf   eine    allgemeine    Freilassung    und   Bewaffnung    der    Sclaven, 
auch  die  Dreihundert,  welche  mehr  als  Alle  dabei  verloren.     Es 
war  nicht  ihre  Absicht,  sich  fü'r  die  Opfiraaten  aufzuopfern,  mit 
welchen    sie  jetzt    stimmen    mussten ,    sondern   den   Sieger  zu  be- 


21)    B.   Afr.    86   Proconsul   genannt;    er  ■v^^ll•(le  am  Ende  des  folgi  J. 
Consiil.     Vgl.    Caes.    B.    C.    1,    26    n.     J.ior  §.  43.  22)    Oben  A.  4. 

23)  5.  57.  A.  49.  2*)  l'lut.  Cato  58.  Afp.  2,  489.  Oben  J.  57.  A.33, 

25)  Oben  §.  57.  A.  37. 


XXI.    lULn.         (31.  §.59.)         597 

sänftigen.  ^^)     Man   hatte    sich   kaum   getrennt,     als   Scipio    von 
einem    ScLiffe,     und   Juba    aus    einem    Schlupfwinkel    am    Laude 
scLrifllicL    aufragten,    ob    Utica    Sicherheit    gewähre;     denn    auch 
dem  Könige  zeigte  sich  kein  andrer  Ausweg,    da  sein  Volk  ihn 
Lasste,   obgleich  er  auch  jetzt  noch,  nm  es  zu  verbergen,  im  Tone 
des  Bescliützers  neue  Rüstungen  und  Entsalz  versprach;  Cato  bat, 
man   möge  nicht  kommen;  er  bemerkte  die  Gährung  in  der  Stadt, 
und    wusste    ohnehin ,    dass  Rettung  unmöglich  war.     Bei   seinem 
Wunsche,   bis    zur    Abreise    der  Senatoren  und  der  übrigen  Rö- 
mer   seiner    Partei    blutige    Reibung-en    zu    verhindern    und    auch 
einen  Angriff  von    aussen    abzuschlagen,    mussteu    ihm    die    römi- 
schen und  numidischen  Reuter  willkommen  sein,  welche  sich  jetzt 
meldeten.     Sie  hatten  auf  der  Flucht  Pavada  angezündet,  weil  es 
sie  nicht  aufnehmen  ■wollte ,  die  Einwohner  in  die  Flammen  ge- 
worfen,  und  an  anderen  Orten  ähnliche  Frevel  verübt.")     Cato 
gieng-  zu  ihnen  hinaus  ,    ehe   aber   die  Anführer  sich  über  seineu 
Vorschlag  einigten,  rief  ihn  M.  Rubrius  ,  sein  Stellvertreter,    in 
grosser  Bestürzung  zurück,   weil  die  Dreihundert  einen  Aufstand 
zu  erregen  suchten.    ^Venn  sie  durch  Scipios  Unterstützung,  mochte 
»ie  auch  erzwungen  sein,  in  Cäsars  Augen  sich  strafbar  gemacht 
Latten,  so  wollten  sie  ihre  Schuld  nicht  dadurch  vermehren,  dass 
sie  die  Flüchtlinge  zuliessen,  welche  ihm  die  Eroberung  der  Stadt 
erschweren  konnten.     Ihre    Gesinnungen  waren  den  Reutern  be- 
kannt;  sie   weigerten   sich,    einzurücken,   wenn  die   Einwohner 
nicht  zuvor  vertrieben  oder  getödtet  würden;    von    beiden    Seiten 
gedrängt,    verbarg-   Cato    seinen  Abscheu,    und  bat  um  Frist.     In 
Utica  fand  er  alle  Schranken  der  Ordnung  durchbrochen;   die  Ur- 
Leber erklärten,  sie  würden  niemandem,  wer  es  auch  sei,  Feind- 
seligkeifen gegen  Cäsar  gestatten ;    einige   drohten    sogar   halblaut 
mit  Verhaftung  und  Auslieferung  der    Senatoren.     Cäsars    Gefan- 
gener! dieser  Gedanke  liess  Cato  alles  Andre  vergessen;  als  man 
ihm   die  Anzeige  machte,    die  Renter     eien  im  Abzüge  begriffen» 
eilte  er  ihnen  nach,  uud  beschwur  sie,  nur  diesen  Tag  noch  zu  blei- 


26)  Plnt.  1.  c.  59.  60.  B.  Afr.  88.  27)  B.  Afr.  87.  cap.  93  wird 

ilire  Zahl  zu  ISOO  angegeben,  iiacli  anderen  Lesarten  nnr  zn  208;  eine  so 
kleini!  St^Iiaap  würde  voii  den  Uticensern  iiiclit  gerürclitet  sein.  l'Int.  Calo 
G2.  (ilraljD  17,  831   nennt  jenen  Ort  Tbara;   er  berichtet  übrigens  dasselbe. 


598  XXI.     lULII.         (31.  §.59.) 

ben  und  die  Römer  bis  zu  deren  EiascLiffiing  zn  bescLiifzen. 
Unverkennbar  Lade  er  eine  grosse  Gewalt  über  die  GeinütLer; 
sein  Name ,  schon  seit  Censorinus ,  obgleich  nicht  diirchans  mit 
Recht,  die  Bezeichnung  hoher  persönlicher  ^Viirde,  sein  Kuf, 
der  Ernst,  welcher  stets  Achtung  und  Vertrauen  erwirbt,  und 
die  Innigkeit  und  Stärke  seiner  Gefühle  machte  ihn  für  alle  Clas- 
sen  unwiderstehlich;  die  rohen  Krieger,  deren  Leben  vielleicht 
davon  abhieng,  dass  sie  diesen  Tag  nicht  verloren,  welche  ohne 
ein  Unterpfand  eigener  Sicherheit  für  Andere  wagen  sollten, 
folgten  ihm,  und  besetzten  Thore  und  Burg. 

Die    Dreihundert   wurden  verlegen ;    sie  eröffneten  ihm ,    als 
er  auf  ihre   Einladung  uud  gegen  den  Rath  seiner  Freunde  allein 
in  ihre  Mitle  trat,    unter    nichtigen    Entschuldigungen  ihren  Ent- 
Bchluss,   Cäsar  um  Gnade  zu   bitten,  und  zuerst  für  ihn,  und  wenn 
sie  verweigert  werde,    auf  Tod  und  Leben  zu  kämpfen.     Er  ge- 
nehmigte es ,    nur  soUte  von  ihm  nicht  die  Rede  sein ;    dem    Be- 
siegten ,    sagte    er ,    gezieme    es    zu  bitten ,    dem  Verbrecher ,    um 
Gnade  zu  flehen;    er  sei  aber  nicht  besiegt,    und   der  Verbrecher 
sei  Cäsar.  ^*)     So  deutete  er  an,    dass-  er  allein  über  seine  Zu- 
kunft  gebiete,    nnd    die    Ereignisse    der    nächsten  Tage  ihn  nicht 
mehr  berühren  werden ;  diess  ahndeten  Alle,  als  er  nnr  noch  für 
Andere  sorgte,   den  Römern  Schiffe  nnd  Geld  anwies,  sie  an  das 
Meer  begleitete,  nnd  zurückgieng.     Sein  Sohn  Blarcus  blieb,  und 
er  wehrte  ihm  nicht ;     gegen    seinen   "Wunsch  fand  sich  auch  ein 
andrer    junger    Blann,    Statilius,   wieder    ein,   welcher   mit  einer 
glühenden  Begeisterung  ihn  ergeben  war;  von  Apollonides,  einem 
Stoiker,   und    dem    Peripatetiker   Demetrius   mochte  er  sich  nicht 
trennen.  ^9)     Während    er    au    der    Rüste    verweilte,    plünderten 
die  Reuter;  sie  hatten  ihr  Wort  gelös't,  und  nahmen  ihren  Lohn. 
Zunächst  stürmten  sie  gegen  die  Vsrschanzung  vor    den    Thoren, 
in  welcher  die  waffenfähige  Mannschaft  Uticas  bewacht  wurde,^  ") 
und  als  man  sie    mit    Steinen    und   Knitteln    zurücktrieb,   raubten 
und  mordeten  sie  in  der  Stadt,     Um  dem  Unfug  zu  steuern,  zahlte 


28)  Flut.  Cato  64.  App  2,  489,  Horat.  C,  2,  1.  23:  Cuncta  teria- 
riiiu  suliacta,  praeter  atroccm  aniuiiim  Catonis.  Scnec.  vp.  95  fin  :  Seil,  se 
uuiun  esse,   de  cuius  s«am  non    agatiir.  29)    l'liit-    Cato    65.    66.    73. 

Vcber  Slatilins  v"I.  2.  Th.   148.  A.  2.  30;  0!)en  §.  57.   A.  34. 


XXI.    lULII.        (31.  §,59.)        599 

Cafo  jedem  tanderl  Sestertien  , ' ')  worauf  sie  mit  Fausdis   Sulla 
und  L.  Afraniiis,  welcLe  ebeufalls  aus  der  ScLIacLt  ia  diese  Ge- 
gend entfloLen  waren,  nach  Blauritanien  zogen.  ^^)     Nach  itrem 
Abg-ange  glaubte  Calo  nur  nocL  eine  PflicLt  zu  haben;  sie  beiraf 
ihn    selbst.     Die   stoische    Philosophie   hatte    ihn    nicht  auf  einen 
rein  menschlichen  Standpiinct   erhoben;    er  war  nur  Staatsbürger, 
Römer,  Republicaner.     JEiue  dunkle  Ahndung  mahnte  ihn  an  eine 
allgemeine  und  höhere    Bestimmung  und   an   ein   Dasein   jenseits, 
aber  in  den  Nebel  des  Wahns  ■  und  des  Irrthunis   gehüllt ,    zei.  (e 
sie  ihm  kein  yon  irgend  einer  Staatsform  unabhängiges  Ziel,  wel- 
chem man  entgegenstreben ,   keine  Zukunft ,  für  welche  man  rei- 
fen  könne,   auch   ohne   ßepublicaner   zu  sein.     An  seinem  Ideal 
Ton  einem  staatsbürgerlichen  Leben  hielt  er  hia  zum  letzten  Au- 
genblicke fest;  er  lieh  ihm,  einem  wesenlosen  Schatten,  die  Far- 
ben einer  hehren  Vergangenheit,  und  mit  um  so  mehr  .Selbsttäu- 
schung,   da  er  nicht  war,   wie  die  Meisten;    yor  der  Schlechtig- 
keit  der   Bürger,   in   welchen   es   sich   sichtbar   darstellen  sollte, 
vor  ihrer   Unfähigkeit,    es   zu  verwirklichen,    verschluss    er  die 
Augen;    nur  Cäsar  erschien  ihm  als  die  Ursach  der  Neuerungen, 
und   der   Selbstmord,   wenn   jener   siegte,    nur   als   Vernichtung 
eines  zwecklosen  Seins,  denn  der  Staat,  die  Republik,  war  ihm 
Zweck,  nnd  der  Bürger  Millel.     Wer  anders  dachte,  der  mochte 
im  sichern  Exile  der  Stunde  der  Erlösung  harren;    er  tadelte  es 
nicht ,    er   verhalf   dazu ;    aber    er   selbst   wollte    nicht  entfliehen, 
nicht  einen  lluheplatz  auf  dem  Grabe  der  Freiheit  erbetteln;  dass 
Cäsar   dem   blutigsten   nnd   gefahrvollsten  Kampfe  entgegengieng, 
dass  er  nur. ein  Jahr  sich  einer  unbestrittenen  Herrschaft  erfi-euen, 
dass    auf    der   Flotte    des    jungem  Pompejus,    in  den  Heeren  des 
Cassius  und  Brutus  sich    ein    Asjl   erölfueu   werde,    diess   Alles 
konnte  er  nicht  wissen. 

Die  Dreihundert  mit  ihren  zahlreichen   Sciaven  nntemahmeu 
nichts  gegen  ihn,    obgleich  die  römischen  Soldaten  kaum  für  die 


31)  So  B.  Afr.  87.  riut.  Cafo  65  IKsst  Cato  sie  Terfolgen,  nnd  öinen 
die  Bente  durch  ein  Machtgebot  wieder  entreissen;  anch  für  ihn  eine  zu 
sch\Yere  Aufgabe.  Koch  mehr  irrt  der  Geschichtschreiber  bei  der  Nach- 
richt,  M.  Octaiäus  habe  mit  zwei  Legionen  in  der  Kähe  gelagert,  nnd 
Calo  den  Oberbefehl  streitig  gemacht;  er  befand  sich  vielmehr  auf  der 
Flotte.     Oben  §    58  Cn.  32;  U.  Afr.  1.  e.  u.  95.  üuleu  A.  47. 


600  XXI.     rULII.         (31.  §.69.) 

ätisesre  Verschanznng  zureicliten ,  und  er  selbst  einen  AugrifF  ge- 
förcLtet  Latte;  was  sie  abhielt,  sieb  seiner  zu  beinäclitig-en,  und 
dadurch  nach  ihrer  Meinung  die  eigene  Schuld  bei  dem  Feinde 
zu  tilgen ,  wird  nicht  gemeldet ;  gewiss  nicht  Dankbarkeit  für  die 
Rettung  ihrer  Stadt,  denn  sie  hatten  früher  IMeutereien  gegen- 
ihn  gestiftet,  sondern  etwa  das  Versprechen  seines  sogenannten 
Proquästor  Lucius  Cäsar,  bei  dem  Dictafor,  seinem  Verwandten, 
für  sie  zu  bitten,  wenn  sie  ruhig  blieben.  ^^)  Auch  übrigens  ist 
in  der  Geschichte  dieser  Tage  manches  dunkel.  Die  Reuter  wa- 
ren doch  wohl  nicht  die  Einzigen,  vyelche  in  ihn  drangen,  zu 
entfliehen;^'»)  die  Eile,  mit  welcher  er  die  Einschiffung  der 
Optimaten  betrieb,  überzeugte  sie,  dass  er  von  einer  Verwendung 
des  Lucius  Cäsar  nichts  erwartete,  und  seiue  bekannte  Gesinnung, 
dass  er  sie  nicht  begehrte,  sondern  sein  Leben  gewaltsam  endi- 
gen wollte;  man  muss  daher  zu  ihrer  Ehre  glauben,  ihre  Ver- 
suche ,  ihn  mit  sich  fortzuführen ,  seien  an  seiner  Hartnäckigkeit 
gescheitert.  Er  empfahl  Lucius  seinen  Sohn  und  die  Freunde, 
für  welche  er  ohnehin  nicht  fürchten  durfte,  da  jener  wegen  sei- 
ner Jugend  und  diese  als  griechische  Philosophen  den  öffentlichen 
Angelegenheiten  fremd  geblieben  waren.  Nach  dem  Bade  unter- 
hielt er  sich  mit  ihnen  bei  und  nach  dem  Abendessen  über  die 
Gegenstände,  welche  ihn  stets  am  meisten  beschäftigt  hatten,  und 
Terlheidigte  sehr  lebhaft  den  Grundsatz  der  Stoiker,  dass  nur  der 
Weise  frei  sei;  )  auch  entliess  er  sie  mit  einer  ungewöhnli- 
cheu  Aufregung.  Dann  las  er  auf  seinem  Lager  Piatos  Werk 
über  die  Uusferblichkeit,  ohne  sogleich  zu  bemerken,  dass  sein 
Sohn  das  Schwerdt  entfernt  hatte;  er  forderte  es  nach  einiger 
Zeit,  und  so  ungestüm,  dass  er  bei  der  Züchtigung  eines  Scla- 
ven,  welcher  zögerte,  es  zurückzubringen,  sich  die  Hand  ver- 
letzte. Der  jüngere  Cafo  und  die  Uebrigon  traten  ein;  vom 
Schmerz'  überwältigt  schlössen  sie  ihn  weinend  in  ihre  Arme; 
auf  seine  Vorwürfe:  warum  man  ihn  wie  einen  Wahnsinnigen 
der  ^A^affen  beraube;  ob  man  ihn  nicht  auch  fesseln  wolle,  da- 
mit er  desto  gewisser  vom  Feinde  ergriffen  werde,  oder  nicht 
einsehe,  dass  man  sich  tödlen  könne  auch  ohne  Schwerdt  ?  hallen 


33)   H.  Afr    88.  I'lnt.   Cato  66.  Oben  No.  23.  34)    I'liit.  1.    c.  63. 

35)  Ueis.  G7.  Cic.  l'arad.  V,   1 :  ^isi  saiiit'iUum  libeiinu  c»ic   iieuiiui-iu. 


XXI.     lULU.         (31.  §.59.)        601 

sie  keine  Antwort.  Als  sie  sicL  zurückzog'en ,  wendete  er  sich 
wieder  zu  jener  Srlirift  und  verfiel  dann  in  einen  tiefen  Schlaf. 
Um  Mitternacht  schickte  er  den  Freig-elassenen  ßutas  nach  der 
Rüste,  um  sich  die  Gewissheit  zu  verschaffen,  dass  keine  Schiffe 
mehr  ipi  Hafen  seien ;  jener  brachte  ihm  befried4ffende  Nachrich- 
ten ,  worauf  er  die  Thür  verschloss  und  sich  durchbohrte.  Der 
Streich  war  nicht  tödlich ,  weil  die  verwundete  Hand  <>-;ch  ihm 
versagle ;  auch  vyurden  die  Seinigen  durch  seinen  Fall  und  das 
Umwerfen  eines  Tisches  aufmerksam;  sie  kamen  herbei;  C'lean- 
thes ,  sein  Arzt,  legte  einen  Verband  an,  er  aber  riss  ihn  ab, 
als  man  auf  seine  Aeussernng',  dass  er  zu  schlafen  wünsche,  ihn 
verlassen  hatte,  verblutete  er  sich  und  starb.  Eine  Statue  be- 
zeichnete später  den  Ort  am  Meere ,  wo  die  Freunde  ihn  be- 
gruben. *^) 

Es  befremdete  Cäsar,  dass  Cato  die  Parteigenossen  fortschickte 
nnd  nicht  auch  selbst  entweh;  doch  errieth  er  bald  die  Ursach, 
und  eilte  nun  angeblich ,  weil  er  ihn  gefangen  nehmen  wollte ; 
bei  der  Nachricht,  er  sei  nicht  mehr,  gab  er  sein  Bedauern  za 
erkennen,  dass  er  ihm  nicht  den  Ruhm  gegönnt  habe,  ihm  zu 
verzeihen.     Mehrere    unter    den    Alten   zweifeln    nicht   an  seiner 


36)  Bei  Cäsars  Annäheran»  konnte  man  mit  einem  feierlichen  Leichen- 
begängnisse nad  der  Errichtung  einer  Statue  sich  nicht  befassen  ;  am  ^Te• 
nigsten  wollten  die  Dreihnndert,  Vf eiche  Plut.  Cato  71  Tgl.  63  auch  hier 
zur  Unzeit  nennt,  durch  eine  solche  freiwillige  Ehrenerweisuug  das  Recht 
verlieren,  ihre  übrigen  Handinngen,  die  Unterstützung  Scipios,  für  erzwun. 
gen  zu  erklären.  Sie  zitterten  für  ihr  Leben ,  und  noch  mehr  für  ihre 
Schütze,  nnd  beschäftigten  sich  ausschliesslich  mit  den  Blitteln,  den  Sieger 
zu  besänftigen.  Damit  ist  nicht  geläugnet,  dass  die  Stadt  später  dem  Ver- 
storbenen ein  Denkmal  Treibte,  da  „der  Uticenser"  nun  einmal  allgemein 
bevmndert  wurde,  imd  sie  zwar^  strenge  aber  nicht  grausam  bebandelt  nnd 
sie  vor  der  Zerstörung  bewahrt  hatte ;  das  Grosse  in  ihm  wussten  jene 
Kaullente ,  gegen  deren  AVillen  jetzt  nichts  geschehen  durfte,  nicht  zu  wür- 
digen. B.  Afr.  88.  Liv.  114.  GeU.  13,  19.  Eutrop.  6,  23  (IS).  Flor.  4,  2. 
5.  70.  (A.  Vict.)  de  vir.  ill.  80.  Oros.  6,  16.  Wela  1,  7.  Dio  43,  11. 
App.  2,  489.  490.  Zonar.  10,  10.  Mehrere,  besonders  Dio  nnd  anch  Va- 
Icr.  M.  3,  2.  §.  14.  n.  Seneca  ep.  24.  67.  71.  95  fin.  104  preisen  die- 
sen Selbstmord;  Cicero  rechtfertigt  ihn  Tusc.  1,  30.  de  olT.  1 ,  31 ;  nicht 
so  die  Christi.  Schriftsteller,  August,  de  civ.  D.  1,  24.  Lactaiil.  3,  18, 
•loch  entschuldigt  der  Letztere;  aliquant  moriendi  causam  videtur  habuisse, 
odinu  servitnlis. 


602  XXI.     lULU.         (31.  §.59.) 

Aufricttig^kelt;  die  ScLinüLscLrlft ,  in  welcher  er  den  grossen 
Todten  im  folgenden  Jahre  angriff,  sei  durch  C'iceros  ungeinessenes 
Lob  veranlasst,  durch  die  Besorgniss,  es  möge  einen  ihm  nach- 
theiligen Eindruck  machen.*')  Cäsar  empfand,  was  er  nach 
der  Ermordung  des  Pompejus  empfunden  hatte;  er  enfgieng  da- 
durch, dass  der  Knoten  sich  auf  diese  Art  lös'te,  einer  nicht  ge- 
ringen Verlegenheit.  Obgleich  er  seinem  Ehrgeize  nnbedenklich 
jedes  noihwendige  Opfer  brachte,  so  sah  er  sich  doch  bei  einer 
übrigens  edlen  Gesinnung  einer  solchen  Nothwendigkeit  gern 
überhoben ;  in  diesem  Falle  rieth  selbst  die  Klugheit  zur  Mässi- 
gung,  da  der  Gegner  so  unendlich  hoch  in  der  öffentlichen  Blei- 
nung  stand,  und  er  das  Kriegsrecht  auf  ihn,  der  nicht  schon 
früher  sein  Gefangener  gewesen  war,  nicht  anwenden  konnte; 
auf  der  andern  Seite  durfte  er  nicht  hoffen,  dass  Cato  sich  auch 
nur  scheinbar  unterwerfen  werde ,  wie  Cicero  ,  wenn  es  gelang, 
ihn  zu  ergreifen;  er  konnte  diess  daher  nicht  wünschen. 

L.  Cäsar  vertraute  der  Blutsfrenndschaft  nicht  allein;  die 
Uebergabe  Uficas  sollte  als  sein  Werk  erscheinen,  welches  ihm 
dadurch  erleichtert  wurde,  dass  die  Bürger  ihn  für  den  geeig- 
netsten Fürsprecher  hielten ;  er  bewirkte  ,  dass  sie  den  Reutern 
des  M.  Blessala  die  Thore  öffneten,  und  gieng  dem  Dictalor  ent- 
gegen. Dieser  fand  auf  dem  Wege  von  dem  Schlachtfelde  bei 
Thapsns  nach  der  Nordküste  keine  Hindernisse ;  Uzita  mit  seinen 
grossen  Vorräthen  an  Getraide  und  Waffen  nahm  ihn  auf,  und 
auch  Adrumetum,  W'o  er  O.  Ligarius  und  C.  Considius,  den 
Sohn  des  früher  erwähnten,  begnadigte,  und  Livinejiis  Regiilus 
mit  einer  Legion  zuriickliess.  *  *)  Dann  traf  er  mit  L.  Cäsar  zu- 
sammen ,  und  verzieh  ihm ,  und  allen  Andern  seiner  Partei  in 
Utica.  *^)  Si>ät  am  Abend  erschien  er  vor  der  Stadt.  Nach 
seinem  Einzüge ,  welcher  am  andern  Morgen  erfolgte  ,  dankte  er 
den  Einwohnern  für  ihre  Ergebenheit,    die  Dreihundert  dagegen 


37)  Plnt.  Cato  72.   Caes.  54.    Dio  43,  12.  13.   App.  2,  490.    Zoaar. 
10,   10.  Val.  M.  5,  1.  5.  10.  38)  B.  Afr.  89.   Cicero  erwiihnl  ad  AH. 

3  ,  17.  all  Farn.  13  ,  60  einen  Freigelassenen  seines  Frenndes  L.  Regnius, 
L,  Livinejus  Trypho,  welcher  "wahrend  seines  Exils  sicli  nni  ihn  Terdient 
gemacht  habe,  und  dentet  an,  dass  jener  verbannt  sei;  vielleicht  fand  er 
in  Ciisars  Lagern  einen  ZnUnchlsort.  Ueber  Ligarius  vgl.  hier  J>.  70.  A.  70. 
39)  U.  Afr.  1    c    Dio  43,   12.  VcUej.  2 ,  55. 


XXI.     lULII.         (51.  §.59.)         603 

bi'drolite  er  zur  Strafe  für  die  Unterstützung  des  Aftlas  Varas 
und  Scipio  mit  dem  Verluste  ihrer  Güter;  doch  soUtt;  Rückkauf 
gestattet  sein.  Auf  ilire  Bitte,  eine  Summe  zu  bestimmen,  mit 
welcher  sie  als  Gesammtlieit  sich  lösen  könnten,  forderte  er  200 
Millionen  Sestertien,  binnen  drei  Jahren  in  sechs  Alouaten  zahl- 
bar. *  °)  Uebrigens  beunruhigte  er  sie  nicht ;  und  Catos  Sohn 
wurde  mit  seineu  Gefährten  nicht  bloss  entlassen,  sonderu  er  blieb 
auch  im  Besitze  des  Täterlichen  Vermögens;'")  Lucius  Cäsar 
richteten  die  erbitterten  Soldaten.*') 

Nach  diesen  Vorgängen  ergab  sich  C.  Virgilius  in  Thapsus. 
Der  ältere  Considius ,  welcher  in  Thysdrus  befehligte ,  und  mit 
seinem  Gelde  nach  Numidien  entfloh ,  wurde  von  Reutern  aus 
Gätulien,  seineu  Begleitern,  auf  dem  Wege  beraubt  uud  erschla- 
gen. ' ')  Auch  unter  den  übrigen  namhaften  Anführern  dieser 
Partei  entkamen  nur  wenige.  Juba  konnte  ihnen  keinen  Schutz 
gewähren;  er  war  hülflos,  seit  man  ihn  nicht  mehr  fürchtete. 
Im  Anfange  des  Krieges  hatte  er  in  Zama  einen  grossen  Schei- 
terhaufen errichtet,  und  den  Einwohnern  angekündigt,  dass  er 
sie  mit  seinen  Frauen,  Rindern  uud  Schätzen  verbrennen,  uud 
zuletzt  sich  selbst  in  die  Flammen  stürzen  werde  ,  wenn  er  nicht 
siege;  jetzt  wollte  er  mit  M.  Petrejus  hinter  den  \'\^ällen  der 
Stadt  sich  vertheidigen;  man  erinnerte  sich  an  sein  Vermächlniss, 
und  öffnete  nicht;  Drohungen  und  Bitten  waren  vergeblich;  die 
Bürger  behielten  sogar  seine  FamUie  als  Geissein  zurück ,  und 
unterhandelten  mit  Cäsar.  Nirgends  aufgenöinmen  beg-aben  sich 
die  beiden  Flüchtlinge  auf  einen  Meierhof,  wo  sie  nach  einem 
Mahle  einander  zu  tödten  versuchten;  der  König  traf  seinen  Geg- 
ner mit  fester  Hand,  und  wurde  selbst  nur  leicht  verwundet, 
aber  doch  ausser  Stand  gesetzt,  das  Schwerdt  mit  hinlängliclier 
Kraft  in  die  eigene  Brust  zu  stossen,  daher  ein  Sclar  auf  sein 
Verlangen  ihn  erschlug-.  * ') 


40)  B.  Afr.  90.  App.  2,  490  erzählt,  er  babe  diese  KanHente,  so 
viele  ia  seine  Gevralt  gerielhen,  tödten  lassen;  die  Provincialeii  dienten 
seinen  Feinden  eben  so  ungern  als  ihm,  aber  er  musste  seine  Casse  fül- 
len ;  anch  andere  Städte  Africas  biisslen  später  mit  Gelde ,  vveil  Scipio  sie 
gegen  ihren  Wunsch  besetzt  halte.  41)  B.  Afr.  89.   Liv.   114.   V.nl.  M. 

5,  1.  §.  10.  Dio  43,   IJ.  l'lut.  Cato  73.  App.   1.  c.  42)  Oben  No.  USfiu. 

43)   B.  Afr.  9X         44)  Ein  äbnliclies  Beispiel  findet  sich  in  der  Geschichte 


604  XXI.    lULII.        (31.  §.59.) 

Sabura,  der  BefelilsLaber  seiuer  Truppen  in  Namldien ,  *  ' ) 
war  bereits  in  einem  Gefechte  gegen  P.  Sittius  *  ^)  gefallen ,  und 
dieser  zog  durch  Maurltanien ,  um  sich  mit  Cäsar  zu  vereinigen. 
Hier  begegnete  er  L.  Afranius  und  Faustus  Sulla,  welche  mit 
1500  Reutern  von  Utica  kamen,*')  und  nach  Spanien  übersetzen 
wollten ,  nun  aber  in  der  Kacht  umringt  und  am  Morgen  plötz- 
lich angegriffen  und  mit  Pompeja,  der  Tochter  des  ehemaligen 
Triumvir  und  Gemahlinn  des  Faustus  gefangen  wurden.  Sittius 
schickte  sie  zu  dem  Dictator,  dessen  Soldaten  sie  nach  einigen 
Tagen,  vielleicht  nicht  ohne  sein  Wissen,  in  einem  Auflaufe 
tödteten ;  Pompeja  durfte  sich  mit  ihren  Rindern   entfernen.'") 

Jener  kühne  Parteigänger  trat  den  Flüchtlingen  überall  ent- 
gegen, auch  auf  dem  Meere.  Bletellus  Scipio  hatte  sich  von» 
Schlachtfelde  bei  Thai>sus  auf  ein  Schiff  gerettet,*')  und  hoffte 
mit  L.  Torquatus ,  welcher  sich  vor  zwei  Jahren  bei  Oricum 
ergab,'")  mit  dem  Senator  Licinius  Damasippus")  und  einigen 
Anderen  den  altern  Pompejus  an  der  Küste  von  Spanien  zu  er- 
reichen ;  aber  Stürme  verschlugen  sein  kleines  Geschwader  von 
12  Segeln  nach  Hippo  Regius,  westlich  von  Utica,  wo  die  Schilfe 
des  Sittius  ihn  empfiengen.  Als  er  sich  überwältigt  sah,  und  die 
Feinde  den  Imperator  suchten ,  durchbohrte  er  sich  mit  dem  Aus- 
rufe: der  Imperator  ist  geborgen!   und  stürzte  in  die  Wellen.*') 


des  Jüngern  Alarins,  2.  Th.  468.  A.  40.  und  wie  in  dieser  die  Nachrich- 
ten -»erschiedeu  sind,  so  anch  hier.  Nach  15.  Afr.  94.  Senec.  de  j)roT.  2. 
Dio  43,  8.  App.  2,  490.  491  fand  ein  Zweikampf  statt,  JAv.  114  u.  Flor. 
i,  2.  §.  69  berichten,  Petrejus  habe  den  König  und  dann  sich  getödtet; 
anch  Oros.  6,  16  IKsst  Juba  znerst  sterben,  aber  pretio  dato,  also  nicht 
dnrch  die  Hand  des  Römers.  Eutrop.  6,  23  (18)  sagt  nnr,  sie  haben  sich 
selbst  onileibt;  dasselbe  erzählt  Sex.  Rufus  4  von  Juba.  Vgl.  Flnt.  Caes. 
53.  Vitruv.  8,  3  (4).  Slrabo   17,   831.  45)    Oben    §.    44.    A.    44.    n. 

J.  59  in.  App.  4,  620,  B.  Afr.  95.  46)  §.  58  in.  §.  59  in.  47)  Oben 
A.  32.  48)   S.   das    Nähere   im  1.  Th.  39  n.  im  2.  Th.  511.     Sueton. 

75  behauptet  irrig,  auch  Faustns  sei  wie  Afranius  früher  von  Cäsar  be- 
gnadigt. 49)  Oben  A.  26.  50)  Caes.  B,  C,  3,  11.  hier  §.  48. 
A.  72.  §.  49.  A.  30.  51)  Caes.  B.  C.  2,  44.  B.  Afr.  89.  Hier  §.  44. 
A.  54.  52)  B.  Afr.  96.  Cic.  ad  Farn.  9,  18:  Foedo  periit.  Liy.  114: 
Dixil:  Imperator  bnne  so  habet.  Senec.  sunsor.  6  in.  ep.  24.  Val.  Bl.  3,  2. 
J.  13.  Euirop.  6,  23  (18).  Flor.  4,  2.  }.  GS.  Oros.  C,  16.  App.  2,  488. 
490.  491.  Dio  43,  9.  29. 


XXI.     lüLII.         (31.  §.59.)         605 

GliicklicLer  waren  T.  Lnbienas,  Alllu.s  Vanis  und  Sex.  Pompe- 
Jus,  welche  mit  dem  Broder  des  Lelzfern  den  Krieg  in  Spanien 
erueuerlen.  * ') 

SowoLl  in  der  Provinz  als  iin  ReicLe  des  Jiiba  betracLtete 
man  den  Dictalor  als  Befreier ,  und  um  so  meLr,  da  er  auch  auf 
dem  Wege  von  Utica  nach  Zama,  Tsohin  er  mit  den  Reutern 
aufbracli ,  sich  jeder  Gewaltlhiiliykeit  enthielt,  nnd  die  numidi- 
schen  Truppen,  welche  sich  unterwarfen,  in  ihre  Heimath  ent- 
Less.  Er  belohnte  die  Zamenser  für  den  Abfall,  zum  Theil 
dnrch  die  Aufhebung'  der  bisherigen  Steuern,  und  befahl  dage- 
gen die  Güter  des  Königs  und  der  Römer  in  dessen  Heere  za 
verkaufen. ' ')  JVumidien  wurde  bis  auf  einige  Gebiete  dem  rö- 
mischen Slaate  einvei-leibt,  und  im  Gegensalze  der  alten,  in  den 
punischeu  Kriegen  erworbenen,  die  neue  Provinz  Africa  genannt. 
Die  Verwaltung  übernahm  C.  Sallusfius  Crispus  *  ^)  mit  dem  Ti- 
tel eines  Proccnsu] ;  seine  Raubsucht  veranlasste  bald  Klagen, 
oLue  bestraft  zu  werden;*^)  denn  in  dem  Slaasse ,  als  Cäsar 
stieg-,  vermehrte  sich  seine  Abhängigkeit;  er  konnte  das  Unrecht 
nicht  wohl  au  den  Männern  ahnden ,  gegen  welche  er  grosse 
Verpflichtungen  hatte.  Dem  maurilanischen  Könige  Bocchus  und 
Siltlus  überwies  er  zum  Lohn  für  ihre  Dienste  das  westliche 
Numidien ,  welches  Masinissa,  Jubas  Freund  und  Bundesgeuoss, 
unter  dessen  Oberherrschaft  zum  Theil  besessen  halte;  daJierwiid 
Cirfa  eine  Colonie  der  Sittiauer  genannt.  Der  Sohn  des  Ulasi- 
nissa  Arabio  entfloh  nach  Spanien,  wo  er  für  die  .Söhne  des 
Pomi>eiiis  focht  ;  nach  Cäsars  Tode  gelang  es  ihm,  Bocchus  zu 
veitreiben,  imd  Sittius  auf  eine  arglistige  Art  aus  dem  Wege  zn 
räumen.")  In  Utica,  ■wohin  der  Dictator  zurückkehrte,  verfügte 
er  zu  Gunsten  seiner  Casse  oder  des  Schatzes,  welches  dasselbe 
ist,  auch  über  die  reichsten  Städte  der  allen  Provinz;  sie  sollten 
zur  Strafe  für  die  Unterstützung  der  Feinde  Roms  zcJilen  und 
liefern :  Thapsus  2  Millionen  .Sestertien ,  und  der  dortige  Verein 
von  römischen  Kaiilleuten  drei;    Adrumetum    drei,    un  l  der  Ilan- 


53)    S.   nnten  §.  61.  A.  56.  54)    B.    Afr.   92.  97.  55)    Oben 

§.  58.  A.  44  n.  88.  56)  B.  Afr.  97.  App.  2,  490.  4,  G20.  Dio  43,  9. 

48,  21.   22.  .         57)  App.  4,  620.   621.    Pljii.  5,  2  (3).    Mela  I,  9.    Dio 
48,  22.     Bei  Sneton.  71  heisst  Masin.  Masialha;  oben  f.  9.  A.  22. 


606  XXI.    lULII.        (31.  §.60.) 

delsverein  fünf;  Leptis  jäLrllch  3,100,000  Pfund  Oel,  und  TLys- 
driis  ein  Gewisses  an  Getraide.  *^)  Um  neue  Meutereien  zii  ver- 
hüten, entUess  er  jetzt  schon  einen  Theil  der  Soldaten,  welche 
\vegea  Alter  oder  Wunden  zum  Kriege  untauglich  waren;  diess 
diente  wenigstens  zum  Verwände ;  sie  sollten  sich  zerstreuen,  ehe 
er  selbst  in  Italien  eintraf.  '  ^) 

Dennoch  niusste  er  noch  vielen  Forderungen  genügen;  nach 
der  Herstellung  des  Friedens  halte  er  die  Legionen  zu  belohnen 
versprochen ,  und  diess  Ziel  schien  jetzt  erreicht  zu  sein.  Als 
er  daher  am  13.  Juni  nach  dem  unberichtigten  Calender  von 
Utica  abgegangen  und  bei  Caralis  in  Sardinien  gelandet  war,  er- 
leo-te  Sulci,  ein  Küstenplatz  der  Insel,  10  Millionen  Sestertien, 
und  statt  des  Zehnten  den  Achten ,  weil  es  einst  L.  Nasidius 
und  dessen  Flotte  aufgenommen  hatte.  ^'')  Auch  Cäsar  hielt  den 
Krieg  für  geendigt,  und  die  Feinde,  welche  in  Spanien  einen 
Zufluchtsort  suchten ,  für  so  unbedeutend ,  daSs  er  sie  nicht  selbst 
verfolgte,  sondern  den  Legaten  Cajus  Didius  mit  einer  Abthei- 
lun"  des  Heers  von  Sardinien  gegen  sie  entsendete.  Mit  den  an- 
dern Truppen  gieng  er  am  29.  Juni  in  See ;  widrige  Winde  nö- 
ihio-ten  ihn  oft  anzulegen,  so  dass  er  erst  am  28.  Tage,  folglich 
am  Ende  des  Juli,  oder  des  Mai  nach  der  richtigen  Jahrform, 
wieder  nach  Rom  kam.*') 

§  60. 

(a.  46.)  Während  „Africa  im  schrecklichen  Aufruhr  er- 
bebte "6')  wurde  die  Ruhe  in  Italien  erhalten.  Man  verdankte 
es  nicht  M.  Lepidus ,  Cäsai-s  CoUegen  im  Consulat  und  Magister 
Equitum,  dessen  Kraftlosigkeit  nie  einen  Sturm  zu  beschworen 
vermochte,  auch  nicht  Hirtius,  Baibus,  Oppins  und  den  übrigen 
Vertrauten  des  Herrsehers ,  obgleich  sie  seinen  Vorschriften  ge- 
mäss die  öffentlichen  Angelegenheiten  leiteten,  sondern  der  Ver- 
zao-theit  der  Missvergniigten.     Auch  das  Gesetz,  welches  die  Pom- 


58)    B.   Afr.   97.    Flut.    Caes.    SS.    Die  43.  14  in.  S9)    Dio  1.  c. 

Sneton.  70.   Oben  §    56.  60)  B.  Afr.  98.  Dio  1.   c.   Cic.   ad  Fam.  9,  7. 

TJeber  Nasid.  -«gl.  Caes.  B.  C.  U,  5.  7.  B.  AU.  64.  Oben  }.  46.  61)  B. 
Afr.  I.  c.  Dio  43,  14.  I'lut.  Caes.  55.  A))i>  2,  491.  Zonar.  10,  10.  Kuliop. 
6     24  (19).  62)    Worte  des  Eunius  bei  Cic.  ad  Farn.  9,  7  u.  a.  a.  O. 


XXI.     lULII  (31.  §.60.)         607 

peianer,  so  Tiele  Jetzt  noch  nnter  den  Waffen  standen,  von  den 
ELrenslellen  ansscLloss,  beantragte  nicLt  der  Consul,  sondern  der 
Priilor  Hirtiiis.  ^^)  Mancher  gieng'  auf  das  Land,  weil  er  das 
Schalten  der  Sieger  nicht  in  der  Kähe  sehen  mochte;  in  den 
Villen  und  Bädern  konnte  man  seinen  Harm  in  geheimen  Unter- 
redungen ausschütten;  deshalb  blieb  Cicero  anfangs  in  Rom.  Man 
Sollte  nicht  glauben,  er  reise  nach  Bajä,  „nicht,  um  zu  schwim- 
men, sondern  um  zu  weinen,"  oder  sich  abermals  einznschilfen;  *•') 
erst  nach  der  Schlaclit  bei  Thapsns ,  nach  welcher  es  ihn  nicht 
mehr  verdächtig  machen  konnte,  im  Mai,  verliess  er  die  Stadt. ^*) 
Die  Niederlage  der  Optimaten  erregte  ein  gemischtes  Gefühl  in 
ihm;  der  Thron  des  Tyrannen  war  befestigt,  aber  auch  die 
Furcht  hörte  auf,  von  jenen  beraubt  und  ermordet  zu  werden.^ ^) 
In  solchen  Zeiten,  wo  seine  öffentliche  AVirksamkeit  unterbro- 
chen wurde,  erinnerte  er  sich  an  seine  wahre  ßesiimmnng;  er 
lebte  den  AVissenschaften ,  .„welche  dann  reichere  Früchte  zu 
tragen  schienen,  als  sonst,  entweder  weil  ihm  nichts  anderes 
übrig  blieb,  oder  weil  das  Heilmittel  n -r  in  schweren  Rj-ank- 
heiten  geachtet  wird,"^')  und  er  wünschte  sich  nun  Glück,  dass 
er  sie  nicht  vernachlässigt  hatte.*')  Die  Bücher  Hessen  ihn  sei- 
nen Schmerz  vergesnen,  )  und  die  Freunde  wurden  ihm  die 
liebsten,  welche  auch  ein  Höheres  in  sich  trugen,  und  solche 
Schätze  zn  würdigen  wussten,  wie  M.  Varro,  „nach  seiner 
Meinung  stets  ein  grosser  ]Meinn,  besonders  aber  Jetzt,  da  er  in 
den  bewegten  Zeiten  fast  allein  im  sichern  Helfen  war,  nnd  auf 
dem  Felde  der  Wissenschaften  eine  Erndte  des  .Schönsten  hielt, 
welches  iVutzen  und  Freuden  gewährt,  wie  nicht  die  Thalen  und 
Vergnügungen  der  Anderen."  ' ")  Der  aufgedrungenen  Müsse 
verdankte  man  in  diesem  Jahre  wieder  mehrere  Werke,'')  nn- 
ter welclien  die  Lobschrift  auf  Cato  das  meiste  Aufsehn  erregte. '  ^) 
Wenn  der  Schmerz  über  sein  Nichts  Cicero  dennoch  zu  erdrücken 
droltte ,    nud  auch  der  Gedanke  an  die  eigenen  „grossen  Thaten" 


63)  Hirtü  No.  2.  J.  1.  A.  14.       64)  ad  Fam.  5,  21.  9,  2.       65)  Das. 
9,  2.  ad  Alt.   12,  1.         66)  ad  Fam.  4,  9.  5,   21.  7,  3.  9,  6.  67)  Das. 

9,  3.  68)  Das.  7,  3.  9,  26.  69)  Das.  9,  4.  7,  33.  70>  Islo- 

riim ,    die    gewöhuliclie    Bezeicbnnng  Cäsars  und  der  Cäsarianer.     ad  Fam. 
9,  6    Tgl.  9,  4.  71)  ad  Fam.  7,  28.  72)    ad  All.   12,  4.     S.  na- 

teii  5.   76.   A.  50  f. 


cos  XXI.  lULn.      (31.  §.60.) 

seine   Kraft   verlor,    so    snclife   er  Lincleriing'  in  einem  (rauliclien 
Gespräche    mit    Atlicus,    oder   auch   in    einem  Briefe  an  ihn. '^) 
In  der  Nähe    „der  fröhlichen  Sieger"  „der  Könige"  „der  Pelopi- 
den"   war  es   ihm   unheimlich ; ' ')    aber    er   fürchtete  mit  vielen 
Anderen,    da  nun  vermeintlich  „Alles  voriiber  war,    und  es   sich 
fragte,  wie  der  Sieger  gesinnt  sei,    wie  das  Ende  sein  werde?" 
„Zwar  glaubte  er  Cäsar  nicht  beleidigt   zu  haben,   es   gab    aber 
doch  keine  Bürgschaft  für  seine  Sicherheit,  da  Jener  sich  einmal 
vom  Recht  entfernt  hatte ,  und   das  Schicksal  der  Römer  von  sei- 
nem  Willen,    von    seiner   Laune    abhieng;"")    Einziehung    der 
Güter,  Proscriptionen ,  vielleicht  nur  den  Zeiten  fest  gegründeter 
Herrschaft  vorbehalten,  konnten  im  Hintergründe  lauern."®)     Des- 
halb übte   er  Hirtius  und  Dolabella,  welcher  früher  als  der  Dicta- 
tor  aus  Africa  zurückkam,  und  das  Leben  seiner  Tnllia  vergiftet 
halte,")     auf   ihr   Begehren  in    der  Redekunst;'^)    er  eröffnete 
eine  Schule,  wie  der  gestiü-zte  Dioujsius;    wie   dieser  hatte  auch 
er  sein  Reich,    das  Reich  auf  dem  Markte  verloren,    und  lehrte, 
was  anzuwenden  ihm  nicht  mehr  vergönnt  war.     In  dem  scherz- 
haften Antrage  in   einem  Briefe    an    Papirins    Pätus,    als    L'nter- 
lehrer  sich  bei  ihm  einzufinden,  erkennt  man  seinen  Verdruss,'^) 
Die    Schüler   unterwiesen   ihn   zur   Vergeltung'    in  der  Kunst  zu 
schmausen,    welche    besonders    Hirtius    liebte,    aber  auch  Baibus; 
bei  den  Spielen  in    Präneste    schwelgten   „diese    Menschen"    acht 
Tage  hindurch,   unbekümmert  um  ihren  Meister  und  Herrn,  über 
dessen  Flotte  sehr  ungünstige    Gerüchte   umliefen.  ä°)     Ihre  Ein- 
ladungen  verschafften   Cicero    das    Glück,     wie    er    gegen    Pätus 
rühmt ,    in  kurzem  mehr  Pfauen  zu  essen ,    als  dieser  junge  Tau- 
ben,^') ihm  missfielen  aber  solche  Gastgelage,  an  sich  und  vor- 
züglich in  seiner  jetzigen  Stimmung;    sie  raubten  ihm  noch  mehr 
Zeit,  und  verlängerten  sein  Zusammensein  mit   Menschen,    deren 
Anblick   widrige    Gefühle    in    ihm    erregte.     Doch    durfte  er  nun 
hoffen,  dass  sie  sich  für  ihn  verwenden  werden ;  sie  behaudelten 


73)  ad  Att.  12,  3.  74)    nd  Faai.  9,  20.  1!).  7,  28.  Tgl.  7,  30  ü. 

ad  Att.  15,  11.  75)  ad  Fam.  9,  2.  16.  76)    Has.  9,  17.  Dio  43, 

IS.  18.         77)  2.  Tl..  570.  578.         78)   ad  Fam.   9,  16.  §.  2.         79)  flas. 
9,  18.  80)  ad  Att.  12,  2.  81)  ad  Fam.  9,  18.  Tgl.  9,  6.  IC.  20. 

2.  Th.  570.  605.  A,  98.  Ilirlii  No.  2.  {.  1.  A.  12.   13. 


XXI.    lULII.         (31.  §.60.)        COJ) 

ihn  mit  der  zartesten  Aufmerksamkeit,  „nnd  gewiss  oLne  Ver- 
Ktelliing ,  da  weder  sein  Zustand  nocL  der  ihrige  sie  veranlassen 
konnte,  sich  Zwang'  anzuthun."  8-)  Auf  einen  Wink  ihres  Ge- 
bieters würden  sich  die  Höflinge  von  ihm  zurückgezogen  haben; 
ihr  Verhalten  bewies,  wie  dieser  gesinnt  war,  es  wurde  aber 
verkannt. 

Cicero  zeigte  doch  immer  eine  gewisse  Selbstachtung,  nicht 
so  der  Senat;  er  huldigte  Ciisar,  noch  vor  dessen  Ankunft,*^) 
ohne  Blaass  und  Ziel.  Zur  Feier  seines  Sieges  über  Juba  wurde 
ein  40tägiges  Dankfest  angeordnet,*")  Bei  den  Triumphen  soll- 
ten weisse  Pferde  den  Wagen  ziehen,  ihn  als  den  Retter  des 
Staats,  als  einen  zweiten  Camillus,  den  Ueberwinder  der  Gallier 
zu  bezeichnen,^')  und  72  Lictoren  ihn  begleiten,  da  er  dreimal 
Dictator  gewesen  war.  *  ^)  Diese  Würde  hatte  man  ihm  verfas-. 
sungswidrig  auf  ein  Jahr  übertragen ,  jetzt  erliielt  er  sie  auf 
zehn,  und  die  Censur  unter  dem  bescheidenen  Titel  eines  Sit- 
tenrichters, praefectus  moribus,  auf  drei;*')  als  Abweichung 
von  den  republicanischen  Einrichtungen  war  schon  der  veränderte 
Name  und  die  Ausschliessung  eines  Collegen  für  den  künftigen 
Monarchen  Gewinn,  und  er  konnte  nun  aus  dem  Senat  und 
Ritterstande  Verstössen,  nnd  seine  Anhänger  dnrch  erhöhten  Rang 
belohnen.  Man  gestattete  ihm  ferner,  im  Senat  neben  den  Con. 
suln  auf  einem  curulischen  Stuhle  zn  sitzen ,  stets  zuerst  zu  stim- 
men, ein  Verfahren,  wodurch  man  die  höchste  gesetzgebende 
Gewalt  in  seine  Hände  legte,  ^'')  und  im  C'ircus  das  Zeichen 
zum    Anfange   der    Spiele    zu    geben. "  9)      Sein   Triumphwagen 


82)    ad    Fam.    9,     16.    20.  83)    Dio   43,   15.     Vgl.    oben  §.  53. 

84)  Dio  43 ,  14.  Man  hatte  Porapejus  nach  dem  mithridat.  Kriege  10  Taga 
bevrilligt,  Cic.  de  prOT.  cons.  11,  und  Ciisar  im  gallischen  15,  nnd  dann 
•wiederholt   20.    Hier  §.   20.    A.  81.  §.  25  fin.  §.  33  fin.  ii.  §.  63.  A.  61. 

85)  Dio  I.  c.  Liv.  5,  23:  Maxime  conspectns  ipse  est  (Camillus^ ,  cnrra 
eqnis  albis  inncto  nrbem  inyectns :  parumqne  id  non  civile  modo ,  sed  hn-  • 
mannm  etiam  yisum.  Jovis  Solisqiie  eqnis  aeqniparari  dictatorem,  in  reli- 
gionem  etiam  trabebant.  l'lnt.  Camill.  7  versichert,  weder  vor  noch  nach  ihm 
habe  ein  Andrer  anf  eine  so  iibermüthige  Art  triümphirt;  nnch  Cäsar,  wel- 
cher nicht  alle  diese  Ehrenerweisungen  annahm,  Dio  43,  14  fin.  erlanbte 
es  sich  nicht.  86)  Dio  1.  c.  87)  Ders,  1.  c.  Cic.  nd  Fnm.  9,  15.- 
Sneton,  76.  vgl.  Dio  54,  10,  Snet.  Octav.  27;  irrig  wird  Ciisar  Dio  44,  S 
Censor  genann».     Unten  }.  64.  A.  *,        88)  Dio  43,   14,         80)  Ders.  ».  c 

Drumano,  Geschichte  Roms  III.  30 


6J0  XXI.     lULIJ.         (31.  §.60.) 

sollte  im  Capitol  der  Statue  des  Japlter  g^eg^enübersteLen; ")  ihm 
«elbst  aber  wollte  man  eine  Statue  von  Erz  mit  der  auf  seinen 
Befehl  später  getilgten  Inschrift:  dem  Halbgotfe ,  errichten,  und 
go,  dass  die  Fiisse  auf  einer  Weltkugel  ruhten. '') 

Mit  solchen  Beschlüssen  gedachte  die  Furcht  ihn  zu  besänf- 
tigen ,  und  die  Schmeichelei  seine  Gunsibezeugungen  zu  erkau- 
fen; iiberdiess  giengen  die  Angesehensten  ihm  entgegen.  Nur 
waren  Zeit  und  Ort  der  Landung  nngewiss;  die  Meisten  glaub- 
ten ,  er  werde  Alsium  in  Etrnrien  wählen ,  and  der  Andrang 
wurde  dort  so  gross,  zumal  da  es  in  der  Nähe  von  Rom  lag, 
dass  seine  Freunde  ihm  schrieben,  er  möge  bei  Ostia  einlaufen 
and  sich  dadurch  der  lästigen  Begrüssung  entziehen.'^)  Auch 
Cicero,  welcher  es  rathsam  fand,  dass  M.  Varro  in  beiden 
Städten  Wohnungen  besorgte,  wollte  nicht  zurückbleiben,  denn 
er  erwog ,  was  ihm  vielleicht  beschieden  sei ,  da  selbst  ein  Blats- 
firennd ,  der  jüngere  L.  Cäsar,  keine  Gnade  gefunden  hatte.  ' ') 
Man  vermuthete  dann,  der  Dictator  werde  über  Bajä  kommen, 
nnd  Cicero  setzte  seine  Abreise  nach  dem  Cumanum,  wo  er  ihn 
an  der  Küste  zu  empfangen  hoifte,  vorläufig  auf  den  7.  Juli 
fest;  jener  traf  aber  erst  einige  Wochen  später  ein.  ^') 

Der  gefeierte  Held  las  in  den  Herzen  der  Römer;  sie  beug- 
ten sich,  um  dem  Todesstreiche  zu  entgehen;  wenn  er,  wie 
Sulla,  seine  Feinde  ächtete,  so  gab  es  für  raubgierige  Banden 
zwischen  diesen  und  den  Freunden  keinen  Unterschied  mehr; 
daher  hielt  er  es  für  seine  erste  Pflicht,  die  Gemiither  zu  beru- 
higen, und  da  er  jetzt  triumphiren  wollte,  so  berief  er  Senat 
und  Volk  vor  das  Thor.     Wie  er  auch  sprach ,  seine  Reden  ath- 


1 


Ein    Vorrecht    des    höchsten  Magistrats ;    die    Consnln  wurden  auch  hier  in 
den  Hintergrund  geschoben,  91)    Dio   43,    14.  Tgl.  50,  8    Snelon.  76. 

92)  Dio  43,  14.  21.  Sueton.  1.  c.  Alte  und  Neuere  hahen  Manches  hieher 
gezogen,  was  dem  folgenden  Jahre  angehört,  z.  B.  die  Verordnung  über 
die  Besetzung  der  Aemter,  Dio  43,  14.  über  die  Münzen,  über  die  Ver- 
mehrnng  der  Lnperci,  weil  man  Cic.  ad  Atl.  12,  5  inissversland.  Hier 
{.  65,  A.  42.  Auch  sagt  Dio  I.  c.  irrig,  Catulus  Name  sei  am  Capitol  aus- 
gelöscht nnd  Cäsars  Name  eingegraben  ;  oben  f.  9.  A.  1.  93)  Cic  ad 
Farn.  9 ,  6.  94)  Oben  §.  59.  A.  42,  ad  Farn.  9,7:  Quid  hie  mihi  la- 
det |>alri.'  Worte  des  Terent.  Andr.  I,  1.  85.  95)  ad  Fam.  I.  c.  o.- 
9 ,  i.  i.  59  Gn.  i 


XXI.     lULlI.         (31.  §,60.)        611 

meten  Versöhnlictkeit ;  er  erblickte  in  den  Umstehenden  nicht 
mehr  Pompejaner  und  Casarianer,  sondern  nur  Bürger  seines 
neuen  Reichs,  und  verhiess  ihnen  Glück  und  Frieden."')  Den- 
noch zweifelte  man  an  seiner  Aufrichtigkeit;  die  Befürchtungen 
nach  dem  zweiten  spanischen  Krieg:e  bewiesen,  dass  Rom  nicht 
durchaus  von  seinem  Alisstrauen  geheilt  war.  Nur  um  in  den 
ehemaligen  Parteigenossen  im  Exil  Hoffnungen  zu  nähren,  schrieb 
ihnen  Cicero:  aus  Achtung  vor  der  ö'ffentlicheu  Meinung,  und 
weil  es  in  s;iner  Natur  liege,  werde  Cäsar  täglich  milder;^')  er 
verzeihe  gern,")  erwähne  Pompejus  stets  in  den  ehrenvollsten 
Ausdrücken,  und  zeige  auch  darin  eine  männliche  Haltung,  eine 
grosse  Gerechtigkeit  und  Weisheit;  ^')  obgleich  er  sich  ewiges 
Schweigen  auferlegt  habe,  sei  er  doch  im  Senat  von  der  Hoch- 
herzigkeit des  Dictator  zn  einer  Dankrede  hingerissen;'*'")  man 
könne  nicht  gemässigter  sein  als  dieser  Sieger,')  Es  war  Cäsar 
nicht  zu  verargen,  wenn  er  nicht  sofort  allen  seinen  Gegnern 
die  Rückkehr  gestattete,  nicht  M.  Marcellus,  ^)  Caecina,^)  Aulns 
Torquatus,')  Cn.  Plancios, ')  Q.  Ligarius,*)  T.  Ampius  Bal- 
bus  ' )  und  Anderen,  da  sie  zum  Theil,  wie  Blarcellus,  ihn  nicht 
einmal  bitten  mochten,  und  Viele  in  Spanien  von  neuem  gegen 
ihn  rüsteten. 

Dio  behauptet,  er  habe  diese  nicht  gefürchtet,*)  und  seine 
Triumphe,  welche  ihm  jetzt  nicht  mehr  unzeitig  zn  sein  schie- 
nen, wie  vor  dem  africanischen  Krieg-e,  bestätigen  es.  Er  hielt 
die  Aufzüge  im  August,  oder  nach  dem  richtigen  Calender  im 
Juni,  da  er  am  Ende  des  Juli  vor  der  Stadt  eintraf,^)    in  dem- 


96)   Dio   43,    15  —  18    leiht  ihm  seine  Worte.     Vgl,  Plut.  Caes.  SS. 
97)  ad  Fam.  6,  13.  98)  Das.  6,  6.  99)    Das,  1.  c.  100;   Für 

M.  Marcellus.   ad  Fam,  4,  4.  vgl,  6,  I4.  1)  Das.  4,4.  2)  2.  Th, 

395,  3)    ad  Fam,  6,  6.  8.  4)    Das.  6,  4  u.   6,   2,     t.  Torqiiatiis 

war  Ton  den  Siciiaiiern  gelödtet,  B.  Afric.  96.  oben  §.  59.  A.  50,  daher 
können  ad  Fam.  6,  10.  11  nicht  an  ihn  (Tulg.  an  Trebianus^  gerichtet  sein. 
5)    ad   Fam,    4,    14.    15,  6)    Das.  6,  13.  7)  Das.    13,  70.  6,   12. 

8)   43 ,  28.  9)  In  den  cap.  Fasten  findet  sich  hier  eine  Lücke  und  die 

Schriftsteller  schweigen.  Auch  in  den  Inschr.  bei  Gruter  p.  225  No.  S 
fehlt  die  Angabe  der  Zeit.  Ernesti  zu  Sneton.  37  entscheidet  sich  mit  Be- 
ziehnag auf  Vellej.  2,  56  für  den  October;  dieser  spricht  aber  -von  Cäsars 
letzter  RücLkehi  aus  Spanien, 

39« 


612  XXI.     lüLlI.         (31.  §.60.) 

selben  Monate  aber  an  verschieclenen  Tagen,  nnd  niclt  nnmiftel- 
bar  nach  einander. ' ")     Dem   Namen   uacL   galten   sie   Barbaren, 
Gallien,   Aegypfcn,    Pontiis  und  Tyrica,  weil  man  nach  Biirger- 
krieg:en   nicht   h-iuniphirfe. ' ')      Die    Menge  kannte    ihre    wahre 
Bedeutung ,    nnd   die  72   Lictoren   erinnerten   sie   an   den   Herr- 
scher; *')   gleichwohl  sah  sie  alle  mit   grosser   Theilnahme,    be- 
sonders den  ersten,  weil  er  der  glänzendste  war;  '')  ihre  Schau- 
lust  wurde   befriedigt    nnd  ausserdem  erwarteten  sie  Geschenke; 
das  Uebrige  berührte  sie  nicht,  das  Bild  des  befreundeten  Massi- 
lien  nnd  der  Anblick  der  gefesselten  Arsinoe  entlockten  ihr  keine 
Seufzer.'*)     Auch   in   den    Optimaten,    welche   nicht    durch   die 
Umkehr    gehoben    wurden,     erregte    das    Gepränge    Gefühle    von 
ganz    andrer    Art;    sie    beklagten   Verwandte  und  Mitbürger  nnd 
den  Untergang  der    Aristocratie.  '  ')     Man  vernahm  aber  nur  die 
•  Soldaten ;     ihre    Spotllieder   konnten    Cäsar   nicht    verletzen ;     sie 
machten  nur  von  einem  alten  Rechte  Gebrauch,    an   solchen   Ta- 
gen anch  den  Feldherrn  nicht  zu  schonen,    dessen   Ruhm  mit  ih- 
rem Blute  erkauft  war;'^)    durch  den  Versuch,    seine  Unschuld 
zu  beweisen,  würde  er  nur  lächerlich  geworden  sein.*  ^)     Schwei- 
gend  hörte   er  ihre   Scherze  über  seine  Verhältnisse  zu  Nicoroe- 
des,")    und    zu   fremden  Frauen,   vorzüglich  zu  Cleopatra,  '*) 
über   die  Willkühr,    mit   welcher  er  ihre  Anführer  in  den  Senat 
aufgenommen    hatte,'")    und  über  ihre  Bewirthnng  mit  Wurzeln 
nnd  Rjäutern   im    Feldzuge    von    Djrrhachium;  ' ')    sie    endigten 
mit  dem  Zurufe:    sei  gerecht,   und    du   wirst   büssen,   sei    unge- 
recht, nnd  dn  wirst  König  sein,  ^-) 


10)  Sneton.  I,  c.  -weil  die  Znrüstnngen  Zeit  erforilerten.  Liv.  HS. 
Vellej.  I.  c.  n.  Flor.  4,  2.  J-  88  unterscheiden  die  J.ihi-e  nicht ;  diese  Feste 
gehören  in  das  J,  46.  iiber  Spanien  trimnphirte  Cäsar  im  folgenden.  Oros, 
6,  16.  rint.  Caes.  SS.  App.  2,  491.  nio  43,  19.  Zonar.  10,  10.  11)  Cic, 
14  rhil.  3.  Val.  M.  2,  8.  §.  7.  App.  1.  c.  Lncan.  1,  12.  Flor.  4,  2.  J.  89. 
Im  iinchston  Jahre  machte  Cäsar  die  erste  Ausnahme,  vgl.  1.  Th.  503. 
12)  Pio  43,  19.  Oben  {.  86.  13)  Sncl.  37.  Excellcntissimns,  14)  Cic. 
8  Phil.  6.  Dio  43,  19.  15)    Dio   43,    24.  16)    Dionys.  H.  7,  72. 

Eir.  39,  7.         17)  Dio  43,  20.         18)  Oben  §.  1  fin.  Dio  1.  c.  Sneton.  49. 
19)  nio  1.  c.   SiiPlon.   51.  20)    Dio  1.  c.  21)   Plin.   19,  41    (8)J 

22)  IVach  Dio's  Erklärung  I.  c.  eine  Mahnung,   djs  gesetzwidrig  ergrifTeno 
Ruder  nicht  wieder  niederzulegen.  •  <• 


XXL    lULII.        (31.  §.60.)        Gl  3 

'         Es  unterlag  keinem  Zweifel,  dass  er  6ie  JeJzt  beloLnen  werde, 
^a  »le  mehr  als  60,000  Talente  und  2822  goldene  Kronen,  20,414 
Pfand  au  Gevi-lcLt,    vorübertragen   sahen. -^)     Ausserdem  fanden 
sich  die  Mittel  zu   einem    beitipielloseu  Aufwände.     Die    Trag-en, 
auf  welchen  Beute,  Statuen  und  die  Gemälde  der  eroberten  Städte 
zur  Schau   gestellt  wurden,    und  die   übrigen    Geräihschaflen    be- 
standen   bei   den  einzelneu  Triumphen  aus  verschiedenen  Stoffen. 
Für  den  gallischen  wählte  Cäsar  Citronenholz,"')  für  den  ägyp- 
tischen Schildkrötenschale,    mit  welcher  man  das  Material  beklei- 
dete;^') für  den  pontischen  Acanthns,  '^)  und  für  den  africaui- 
schen  endlich  Elfenbein.  ^ ')     Bei   dem  ersten  erinnerten  die  Ab- 
bildung Massiliens '*)    und   die    Statuen   des    Rheins,    der  Rhone 
und  eine  goldene  des  gefesselten  Oceans  an  die  Feldziige  in  Gal- 
lien,   Germanien    und    Britannien;  ^^)     die   schönste    Zierde   war 
aber  in  den  Augen  der  Menge  der  edle  Aryerner   Vercingetorir, 
seit  dem  J.  52  Cäsars  Gefangener;  er  w^urde  nach  der  Feier  ge- 
tödtet.  '°)     Als  jener    sich    in    der    Gegend    befand,    welche    das 
Velabrum    hiess ,    brach  neben  dem  Fortuna  -  Tempel  des   Lncnl- 
lus^')  die  Achse  des  ^Vagens,    und  er  musste  einen  andern  be- 
steigen.^')    Auf  dem  Capitolin  kroch  er,   wie  später  der  Kaiser 
Claudius   bei    einer    ähnlichen    Gelegenheit,    auf   den  Knien  über 
die    Stufen    des   Jiipiter  -  Tempels.  ^  ^)     Der   ägyptische    Triumph 
war,  ^vie  die  übrigen,  gleichsam  nur  Nebenwerk ;  er  erhielt  aber 
dadurch  einen  besondern  Reiz,    dass   sich    unter   den  Gefangenen 
eine  Fürstinn  zeigte,    Arsinoe,   die  Schwester  der  Cleopatra,  ^*) 


23)  App.  2,  491.  Snelon.  S4.  Vellej.  2,  56  berechnet  die  Beule  an 
Gelde  überhanpt,  den  spanischen  Krieg  mit  eingeschlossen,  anf  600  lUil- 
lionen  Sestertien.  24)  Ohne  Grund  hat  man  bei  Vellej.  2,  56  ex  cedro 

lesen  woHen.  25)    Vellej.   1.   c.   PUn.   9,    13   (II).  Flor.  4,  2.  j.  88 

nennt    datiir  nicht   Holz    \ooi  Lorhcerbanme ;    altera    laurns  ist    der  zweite 
Triumph.  26)   Vellej.   1.    c.   n.  das.  die  Ausleger  in  ed.  Krause.    Plin. 

13,  19  (9).  24,  66  (12).  Voss  zn  Virg.  Georg.  2,   119.         27)  VeUej.  1.  c. 
>gl.  Sueton.  37.  28;  Cic.  8  Phil.  6.  de  off,  2,  8.  29)  Flor.  4,  2. 

5.  88.  30)    Oben   §.   32.   A.   60.   §.   33.   A.   95.  Dio  40,  4l.  43,  19. 

Plut.  Caes.  27.  VaiU.  Iid.  No.  14.  Eckh.  Vt.  p.  6.  31)    Dio    43,  21. 

SO,  10  fragin.  81.     S.  Licinü  Luculli  No.  2.  32)    Ders.    43,  21.  l'lin. 

2a,  4  (2).  Sucfon.  37.  33)   Dia  1.  c.  u.  60,  23.  34)   Oheu  §.  54. 

A.  51. 


614  XXI.    lULlI.        (31.  §.60.) 

obglelcb  tue  Römer  sich  nicLt  zum  ersten  Male  eines  solchen 
Schauspiels  erfreuten,  wie  Dio  behauptet,^')  denn  schon  Pom- 
peJHS  hatten  nach  dem  tnithridatischen  Kriege  bei  seinen  Auf- 
zügen Fürstinnen  in  Fesseln  begleitet.  ^^)  Arsinoe  durfte  sich 
von  Rom  entfernen,  und  suchte  Schutz  im  Tempel  der  Diana  zn 
Ephesus,  wo  ihre  Schwester  sie  nach  den  Schlachten  bei  Philippi 
ermorden  liess.  *')  Als  Sinnbilder  des  Krieges  am  Nil  erblickte 
man  die  Statue  dieses  Flusses,^*)  und  den  flammenden  Pharus, 
nebst  Po(hinus  und  Achillas ,  wie  sie  als  Verrälher  starben.  ^ ") 
Auch  der  dritte  Triumph  hatte  sein  Eigenthiimliches;  er  sollte 
nicht  Bewunderung,  sondern  Lachen  erregen,  zum  Theil  auf 
Kosten  der  Wahrheit;  Pharnaces  erschien  auf  eiliger  Flucht,  und 
vor  dem  Wagen  des  Imperator  trug  man  eine  Tafel  mit  der  In- 
schrift: ich  kam,  sah  und  siegte;  eine  Anspielung  auf  Pompejus, 
welcher  mit  Mithridates  d.  Gr.  jahrelang  hatte  kämpfen  müssen, 
lag  nicht  darin.  *")  Am  Tage  des  Triumphs  über  Juba  bemerkte 
man  dessen  Sohn  gleichen  Namens  und  noch  im  Knabenalter.  *') 
Nichts,  sagt  Florus,*^)  deutete  auf  Pharsalus  und  Thapsus,  auf 
Cäsars  grö'sste  und  glänzendste  Thaten,  und  auch  bei  Cicero, 
welcher  in  seinen  Philippiken  wiederholt  Gelegenheit  fand,  diese 
Feste  zu  erwähnen,*^)  ist  nirgends  die  Rede  davon,  dass  man 
den  Tod  des  Scipio,  Petrejus,  Cato  und  anderer  Optimaten  dar- 
g'estellt,  und  nur  mit  Pompejus  eine  Ausnahme  gemacht  habe, 
wie  Appian  berichtet;  **)  Rom  sollte  ihre  Verbindung  mit  Bar- 
baren im  Kriege  gegen  das  Vaterland  verabscheuen,  und  den 
Sieg  über  diese  Barbaren  als  ein  Glück  betrachten,  nicht  aber 
seine  Mitbürger  bluten  sehen. 


3S)  43,  19.  Flor.  4,  2.  §.  88  scJieint  zu  glanben,  man  habe  das  Bild 
der  Stadt  Arsinoe  ninhnrgelragen,  welche  hier  gar  nicht  in  Betracht  kommt. 
36)    App.  Mithr.  253     s.  Pomp.   IIIv.   a.  61.  37)    1.  Th    393.    A.   71. 

38)  Flor.  1.  c.  vgl.  Mus.  Pio-CIem.  1.  Taf.  38.  Sandrart  Acad  2.  Hptth. 
1  B.   Taf.  ii.  39)   App.  2,  491.     Oben  §.  54.  40)   Suet.  37.   Flor. 

4,  2.  §.  89.   App.  1.  c.    Oben  §.  55.  A.  95.  41)   App.  1.  c.   Plut.  Caes. 

6&.  -vgl.  Snet.  OctaT.  8.  Kr  trat  später  als  Geschichtschreiber  auf,  und 
heirathete  Cleopatra ,  die  Tochter  der  letzten  Königinn  TOn  Aegypten  -von 
M.  Antonius;  Augustns  entschädigte  ihn  in  Africa  für  das  Täterlicho  Reich. 
1.  Th.  S22.  42)   I.  e.  43)   8  Phil.  6.  14,  3.  44)   2,  491. 


XXI.     lULII.         (31.  §.61.)         6J5 

§   61. 

(a.  46.)  Bei  dem  TriampLal-ScLmanse  ")  nach  der  Feier 
des  Tierten  Tages  wurde  das  Volk  an  22,000  Triclinien  be- 
•wirthei,**)  und  nicLt  bloss  im  Ueberflusse,  sondern  aucL  mit 
dem  Ko  Ibarslen,  selbst  mit  iNInräuen,  welche  zum  Theil  A.  Hir- 
(ias  aus  seinen  Fischteiclien  lieferte,")  mit  Falerner  und  C'hier 
Wein.'*)  Als  es  endlich  den  Dictator  nach  dessen  AYolinung 
beg:leilete,  leuchteten  ihm  zu  seiner  nicht  gering-en  Ueberraschnng 
40  Fackeln ,  welche  von  eben  so  vielen  Elephanten  gelragen 
«Tirden ;  diese  furchtbaren  Thiere  bezeugten  durch  ihren  Ge- 
horsam Africas  Unterwerfung,  sie  waren  eiue  bedeutungsvolle 
Zugabe  zu  dem  Triumph.")  Man  erwartete  nun  aber  auch 
Geschenke.  Cäsar  hatte  im  Anfange,  des  Bürgerkrieges  jedem, 
welcher  berechtigt  war,  Getraide  zu  fordern,  75  Denare  ver- 
sprochen, *")  er  zahlte  sie  jetzt,  und  ausserdem  25  zur  Ent- 
schädigung fiir  den  Verzug.  ' ' )     Auch  vertheilte  er  an  die  Ein- 


45)  Coenae  trinmphales.  Plin.  9,  81  (55).  vgl.  Val.  M.  2,8.  f.  6. 
46)  Dio  43,  21.  22.  Plnt.  Caes.  55.  LW.  115.  Sneton.  38.  Vellej.  2,  56 
fasst  die  Xachrichten  toii  diesem  Triumphe  nnd  dem  spanischen  des  folgen- 
den Jahrs  zusammen,  und  spricht  daher  von  einer  epuli  per  mullos  dietf 
dati    celebratio.     S.    unten   {.,  64.  A.  71.  47)    Plin.  1.  c.     Varro  de  re 

rust.  3,  17.  Macrob.  Sat  2,  II.  In  diesen  Stellen  ist  überall  statt  C.  Ilir- 
rins  A,  Hirlius  zu  lesen ,  welches  sich  anch  in  mehreren  Handschriften 
findet.     Iliriü  No.   2.  §.  2.  A.  52.  48)  Plin.  14,  17(15).  49)  Kach 

Sneton.  37  folgten  sie  Cäsar  bei  dem  gallischen  Triumphe  auf  das  Capitol. 
Wie  viel  Aufenthalt  durch  das  Zerbrechen  des  Wagens  entstehen  mochte, 
so  bednrfie  man  doch  im  Jnni  (oben  f.  60  A.  9)  kein  künstliches  Licht 
bei  dem  Aufzuge,  wohl  aber  spät  am  Abend  nach  dem  Schmause,  uud  so 
erzählt  Dio  43,  22,  gegen  welchen  Düker  zu  Flor.  2,  2.  f.  10  Suetoo 
veriheidigt ,  ohne  Beweise  zu  geben.  Auf  diese  Art  Triumphe  zu  hallen, 
war  nicht  gebräuchlich ;  anch  von  Dnillius  wird  nicht  gesagt ,  dass  es  bei 
dem  seinigen  der  Fall  war,  sondern  nur,  er  habe  die  Feier  dadurch  gleich- 
sam verlängert,  dass  er  seitdem  stets  unter  Fackelschein  und  Musik  vom 
Gastmahle  in  seine  A\'ohnung  zurückkehrte.  Flor.  1.  c  und  die  von  Düker 
daselbst  angeführten  Stellen,  vgl.  2.  Th.  623.  Sveton  wirft  der  AVirkung 
«regea  oft  Dinge  zusammen ,  welche  in  verschiedene  Jahre  gehören ,  niid 
noch  vielmehr  Ereignisse  verschiedener  Tage,  ohne  anch  nur  zu  beachten, 
da.ss  die  Elephanten  bei  dem  nfricanisrhen  Triumphe,  dessen  Apparat  auch 
aus  Elfenbein  bestand,  schicklicher  aufgetreten  wären,  als  bei  dem  gal- 
lischen 50)  Oben  [.  43.  A.  87.  51)  Dio  43,  21.  ünet.  38: 
400  Sesiert.  =  100  Den.     App.  2,  491  :   eine  Mine  =:  100  Den. 


616  XXI.    lüLII.        (31. 5.61.) 

zelnen  10  ScLeffel  Getraide  und  eben  bo  viele  Pfund  Oel,  nnti 
erlegte  für  die,  welche  in  Rom  nicht  über  2000,  und  ausserhalb 
der  Stadt  nicht  über  500  Sestertien  für  die  Wohnung'  gaben,  den 
Miethzins  eines  Jahrs. '^)  Jeder  Krieger  bekam  5000  Denare,  **) 
der  Centurio  dets  Doppelte,  und  der  Rriegstribun  und  Anführer 
der  Reuterei  das  Vierfache.  ^*)  Dann  wurde  den  Veteranen 
Acker  angewiesen,  und  zwar  so,  dass  ihre  Güter  nicht  znsammen- 
Liengen,  weniger,  weil  man  sonst  Grundbesitzer  hätte  verdrängen 
müssen,  wie  Sveton  glaubt,  als  um  die  neuen  zu  trennen,  und 
Meutereien  zu  verhüten.  '*)  Die  Soldaten  waren  ohnehin  nicht 
zufrieden ;  sie  glaubten ,  dass  durch  den  grossen  Aufwand  bei 
den  Triumphen  und  den  nachfolgenden  Spielen  ihnen  Eintrag 
geschehe,  da  das  Geld,  welches  man  dadurch  verschwende,  ihnen 
entzogen  sei;  indess  wusste  Cäsar  auch  jetzt  sein  Ansehn  zu 
behaupten;  er  liess  die  Wortführer  tödten.  '^) 

Eine  Gelegenheit,  den  Untergang  der  Republik  auch  ferner 
durch  Freuden  und  Genüsse  aller  Art  ins  Vergessen  zn  bringen, 
fand  er  demnächst  in  der  Einweihung  seines  Marktes,  Forum 
Caesaris,  und  des  Tempels  der  Venus  Genetrix,  der  Steimmmutter 
seines  Geschlechtes.  Schon  im  J.  54  versprach  er  zum  Andenken 
an  seine  Tochter  Julia,  welche  in  diesem  Jahre  starb,  das  Volk 
zu  bewirlhen,  und  Spiele  zu  geben.  ^')  Um  dieselbe  Zeit  ver- 
schafften ihm  Oppius  und  die  übrigen  Freunde,  an  welche  auch 
Cicero  auf  seine  Ditfe  sich  anschloss ,  durch  den  Ankauf  von 
Privathäusern   eine  Baustelle   in   der  nachmaligen  achten  Region, 


52)  Snet.  1.  c.  Diö  42,  51  erzSblt  diess  irrig  bei  dem  J.  47;  er 
rechnet  übrigens  euch  als  das  Höchste  500  Den.  =  2000  Sest.  oder 
S  Minen.  Oben  §.  56.  A.  67.  Vgl.  1.  Th.  400.  A.  33.  2.  Th.  568. 
A.  8.  63)     Dio   43,    21.     App.  2,  491.     Suet.   38,    bei    welchem   die 

Lesart  nach  den  Angaben  dieser  beiden  Gesehichcscbreiber  festxnstellen  isti 
20,000  Sesl.   =   5000  Den.   oder  50   Minen.  54)    App.   1.  c.    PlnU 

Caes.   55.  55)    Snet.   38.    Tgl.   App.   2,  512.     Ancb   diess   ISisi  Dio 

42 ,  54  im  J.  47  geschehen ,  und  die  Ausleger  des  Sreton'  sind  ihm  znm 
Theil  gefolgt;  aber  die  Legionare,  welche  sich  damals  gegen  CSsar  auf-' 
gelehnt  hatten,  schickte  er  nach  Africa,  wo  er  ihre  Dienste  bedurfte ;  jetit 
erst  konnten  die  ältesten  aosscheidcn,  da  Spanien  ihn  noch  wenig  be- 
anruliigte,  nnd  dass  im  J.  46  Land  gemessen  wnrde,  bestätigt  Cicero  ad 
Fam.  9,   17.  56)    l>io    43,    24.  57)   Sneton.  26.    Plut.  Caes.  65, 

Oben  ?.  28.  A.   !2, 


XXI.    lULII.        (31.  §.61.)        617 

(tetlich  vom  Fornm  Romanuni  bis  znm  Afriam  Libertatis.  Der  Kosten- 
Betrag  fiir  Grund  und  Boden  allein  stieg  von  60  bis  auf  100  Millionen 
Sestertien.  **)  Auf  diesem  Platze  legte  er  einen  Markt  an,  wo  man 
nicht  Handel  treiben,  sondern  sich  mit  gerichtlichen  und  etnderen 
öffentlichen  Angelegenheiten  beschäftigen  sollte,  da  der  alte  zn 
beschränkt  war.'*)  Diess  diente  aber  nur  zum  Vorwande,  und 
wenn  er  allerdings  die  Absicht  hatte,  Pompejus,  welcher  a.  55 
sein  Theater  weihte,  und  Aemilius  PauUns,  den  Erbaner  der 
Basilica,  zn  verdunkeln,  so  wollte  er  doch  nicht  seine  Eitelkeit 
befriedigen,  sondern  während  der  Feldziige  in  Gallien  sich  im 
Andenken  des  Volks  erhalten,  und  es  nach  und  nach  vom  Be- 
Bnche  des  römischen  Blarkles  entwöhnen,  wo  AUes  an  die  Re- 
publik erinnerte.  Durch  den  Bürgerkrieg  wurde  das  Werk  eine 
Zeitlang  unterbrochen,  dann  aber  gab  ihm  Cäsar  eine  noch  höhere 
Bedeutung,  denn  er  errichtete  auf  seinem  Alarkte,  welcher  nun 
als  Vorplatz  erschien,  einen  Tempel  der  Venus  Genetrix,  wie  er 
vor  der  Schlacht  bei  Pharsalus  gelobt  hatte.  ^°)  Markt  und 
Tempel  weihte  er  am  25.  und  26.  September,  obgleich  das  Bild 
der  Göttinn  von  Arcesilaus,  dem  Freunde  des  L.  Lucullus,  nocil 
nicht  vollendet  war ,  und  nur  das  ßlodell  aufgestellt  werden 
konnte.^')  Der  Tempel,  ein  Denkmal  des  neuen  Herrscher- 
Geschlechts,  wurde  ein  Heiligthum  der  Kunst;  er  nahm  später 
eine  goldene  Statne  der  Cleopatra  auf,  ■  welche  neben  Venus 
stand,  ^')  sechs  Dactjliotheken,  ^^)  mehrere  Gemälde,  unter  an- 
deren Ajax  und  Medea,  vom  Künstler  Timoraachus  aus  Bjzanz 
für  80  Talente  erkauft,^*)  und  einen  Brustharnisch  von  Perlen, 
dessen  Inschrift  diese  als  britannische  Beute  bezeichnete.  ^ ')  Vor 
dem  Gebäude  sah  man  Cäsars  Lieblingspferd ,  von  welchem 
Schmeichler  erzählten,  es  habe  keinen  Reuter  zugelassen,  als  ihn, 


58)  Cic.  ad  Att.  4,  16.  §.  9.  Snet.  1,  c.  Plin.  16,  86  (44).  34,  10  (4). 
35.  45  (12).  36,  24.  §.  2.  Ovid.  Tris«.  3  eleg.  1.  Dio  43,  22.  Alex,  ab 
Alex.  2,  12.    P.  Vict.  de  iirb.  reg.    Oben  §.  28  fin.  59)    App.  2,  492. 

Unten   §.   63.   A.   69.  60)    Plin.  35,  45  (12).    App.  2,  492.    3,  544 

n.  luLü  £inl.  A.  30.     J.  SO  fin.  61)     Calend.   Capranic,    n.   Pincian.  in 

Verr.    Flaec    Fast.    p.    113.    ed.   Fogä'.     Dio    43,  22.     App.  2,  492.    Plin. 
85,   45   (12).  62)    App.    I.   c.     Dio   51,  22.  C3)   Plin.  37,  5  (!)• 

64)  Plin.  7,  39  (38).    37,  40.  J.  30.  65)    Ders.  9,   57  (35).    Soün. 

33  Gn. 


618  XXI.    lULII.         (31.  §.61.) 

mit  seinen  selfsam  gestalteten  Vorderfüssen  abgebildet.  8*)  Oft 
verweilte  der  Dictator  in  den  Vorhallen,  und  nicht  bloss,  weil 
diess  seine  Schöpfung  war.  *')  Auch  Aiiguslus  verzierte  den 
Tempel,  **)  und  veranstaltete  Spiele  zu  Ehren  der  Venus  als 
Erbe  Cäsars,  und  scheinbar  erbittert  durch  die  Unthätigkeit  des 
Collegium,  welches  dieser  zu   dem  Ende   gestiftet  hatte.*') 

Der  Einweihung  folgten  Spiele  aller  Art,'")  bei  welchen 
Julia  den  Namen  Lerlieh,  ' ' )  Da  es  noch  an  einem  Amphi- 
theater fehlte,  so  errichtete  man  auf  dem  Forum  einen  Schauplatz 
▼on  Brettern  und  Balken,  welcher  mit  Sitzen  umgeben,  und  nebst 
der  heiligen  Strasse  bis  zu  Cäsars  Wohnung")  mit  Tüchern 
von  kostbarem  Stoffe  bedeckt  war,  wodurch  man  die  Zuschauer 
vor  den  Sonnenstrahlen  schützte.'^)  Gegen  die  Thiere  im  Circus 
Maximus  sicherte  sie  ein  Wassergraben,  Euripus.  ")  Dieser 
wurde  später  zu  Naumachien  gebraucht,  Jetzt  aber  zur  Darstellung 
von  Seegefechten  ein  Platz  auf  dem  kleinern  Campus  Codetanus 
auf  dem  westlichen  Ufer  der  Tiber  vertieft  und  Wasser  hinein- 
geleitet. ' ')  Für  die  Athleten  erbaute  man  ein  Stadium  am 
Marsfelde.  '  ^)  Den  Vorbereitungen  entsprach  die  Menschen- 
Masse,  welche  aus  Italien  herbeiströmte;  Mehrere  wurden  im 
Gedränge  erdrückt,  unter  anderen  zwei  Senatoren,  und  die  We- 
nigsten kamen  nahe  genug,  um  zu  sehen. '^'')  Auf  dem  Forum 
ßomanum  traten  Gladiatoren  auf,  mit  deren  Abrichtung  auf  Cäsars 
Bitte  kriegskundige  Ritler  und  selbst  Senatoren  sich  beschäftigt 
hatten,  ")  und  im  Stadium  drei  Tage  hindurch  Athleten;  '"')  aber 


1 


66)    Sueton.  61.    Flin.   8,   64    (42).    Solin.   45.   §.    10.    Dio  37,  54. 
67)   Dio  44,  8.  68)  Plin.  35,  10(4).  1.  Th.  127.  A.  48.  69)  l.Th. 

125.  A.  40  f.     127.   A.  47.  70)     Omnis   generis    speclacula.     Liv.  115. 

Tgl.  Plin.  7,  26  (25).  B.  Hisp.  1.  Dio  43,  22  —  24.  Pliit.  Caes.  55. 
App.  2,  491.  492.  Zon  10,  10.  Sie  wurden  nach  dem  spanischen  Kriege 
a.  45  erneuert.  Suet.  39  u.  A''ellej.  2,  56  stellen  das  Verwandte  zusam- 
men, ohne  die  Zeiten  zu  unterscheiden.  Dadurch  ist  Moris.  Cenot.  Pis.  irre 
geführt,  welcher  Alles,  was  Snet.  1.  c.  erzählt,  auf  das  J.  46  bezieht. 
71)     Dio  n.  PlDt.  U.  cc.    Oben  §.   57.  72)    Suet.  46.     Alex,   ah  Alex. 

2,  18.  73)   Plin.  19,  6  (1).    Dio  43,  24.  74)    Plin.  8,  7.   36,  24 

(15).  §.  I.    Snet.  39.  75)    Dio   43,  23.    Suet.  39.  44.   Yellej.  2,  56. 

Plul.  Caes.  55.  76)    Sueton.  1.  c.  76li)    Ders.  1.  e.     Deshalb  liess 

a.  45  Cäsar  in  mehreren  Gegenden  der  Stadt  scenische  Spiele  geben.  Unten 
§.  64.  A.  72.  77)    Dio  43,  23.   Suet.  26.  39.  78)   Suet.  39. 


XXL    lULII.        (31.  §.61.)        619 

am  meisten  ergötzten  die  Seegefechte,  nnd  im  erweiterten  Circns 
Tiinf  Tage  lang  die  Jagden,  bei  welcben  400  Löwen  erscLie- 
nen,  '^)  und  zum  ersten  Male  eine  Giraffe,  '")  und  Reuter  auch 
wilde  Stiere  erlegten,  den  Römern  ein  eben  so  neues  Schan- 
spiel ;  *')  ferne-  die  Wettrennen  zu  Wagen  und  zu  Pferde,  nnd 
endlich  die  Darstellung  einer  Schlacht  durch  500  Älann  zu  Fuss, 
300  Reu(er  und  20  Elephanten  auf  jeder  Seite.  *")  Der  Ernst 
verwandelte  sich  in  Scherz;  das  Scheinbild  des  Krieges  sollte 
dazu  beitragen ,  dass  die  gaffende  Menge  dessen  Zweck  vergass, 
über  den  Festgeber  den  Herrscher;  durch  das  Blendwerk  selbst 
wurde  das  Bestehende  untergraben,  und  die  Grossen,  welche 
überall  am  Volksthümlichen  und  an  der  Sitte  der  Vorzeit  am 
wenigsten  festhalten,  Vorrechte  und  Vorurtheile  ausgenommeii, 
huldigten  dem  Dictator  durch  ihre  Mitwirkung.  Dieser  wollte 
die  Rang- Verhältnisse  und  Ehrenämter  der  Republik  verächtlich 
machen,  aber  er  übereilte  sich  nie;  er  untersagte  jetzt  noch 
Fulvius  Setinns  und  anderen  Älitgliedern  des  Senats,  sich  unter 
die  Gladiatoren  zu  mischen,  ihren  Söhnen  nnd  den  Rittern  wurde 
es  gestattet,*^)  sie  zeiglen  ihre  Behendigkeit  nicht  bloss  dem 
Herkommen  gemäss,  bei  den  trojanischen  Spielen,**)  sondern 
auch  bei  den  Weltrennen  und  im  Zvs'eikampf.  *  ^)  Es  bedarf  der 
Bemerkung  nicht,  dass  bei  einer  solchen  Mannigfaltigkeit  der 
Spiele  die  scenischen  nicht  fehlten. 

Raum  hatte  Cäsar  der  Menge  diese  Opfer  gebracht,  als  er 
sie  beschränkte.  Seine  Hauptstadt  sollte  nicht  der  Sammelplatz 
eines  besitzlosen ,  meuterischen  Gesindels  bleiben ,  welches  sich 
aus  ganz  Italien  einfand,  um  an  den  monatlichen,  seit  P.  Clodius 
nnentgeldlichen  Getraide- Spenden  Theil  zu  nehmen.*^)  Er  ver- 
schaffte sich  durch  die  Eigenthiimer  der  Häuser,  in  welchen  die 
Unterstützten  gegen  einen  Miethzins  wohnten,  eine  genaue  Reunt- 
niss  von  deren  Namen ,  Geburtsort  und  Habe ;  ihre  Zahl  belief 
sich  auf  320,000;   170,000  wurden  ausgeschlossen,  150,000  blieben 


79)     Plin.    8,    20     (16).  80)    Dio  43,   23,     Plin.   8,    27   (18). 

81)  Füll.  8,  70  (45).     Vgl.  Suet.  Claud.  21.  Dio  61,  9.  82)  Snef.  39. 

VeUej,   2,  56.     Dio  43,  22.    App.  2,  491  fin.  83)   Dio  43,  23.     Im 

folgeadea  Jalire  anch  dea  Seoatoren.     Unteo   §.  64.  A.  73  f.  84)    Dio 

I.  c.    Snet.  39.     Vgl.  PluUrch.  Cafo  m.  3.    Dio  51,  22.   Virg.  Aen.  5,  545. 
85)    Dio  o.  Suot,  U.  CG.  86)  2.  Th.  238.  A.  98. 


620  XXI.     lULII.         (31.  §.61.) 

übrig',  und  unter  diesen  Bollte  der  Abgang  Jährlich  durdi  andere 
ersetzt  werden,  s')  Dadurch  sorgte  er  zugleich  für  den  Schatz 
und  für  Sicherheit  und  Ruhe.  Einen  ähnlichen  Zweck  hatte  die 
Verordnung,  worin  er  alle  nicht  schon  vor  den  Bürgerkriegen 
Tom  Staate  anerkannten  Zünfte  aufhob.  ^  *)  Sie  dienten  Ehr- 
geizigen und  Missvergniigten  oft  zum  Werkzeuge  und  Vereinignngs- 
punkt;  deshalb  war  schon  a.  68  gegen  sie  verfügt; 'ä)  P.  Clodins 
Latte  aber  zehn  Jahr  später  als  V.Tribun  viele  hergestellt,  um 
mit  ihrer  Hülfe  seine  Entwürfe  anszufüLren.  '*<')  Von  jetzt  an 
sollten  ohne  Genehmigung  und  Aufsicht  der  Regierung  gar  keine 
Versammlungen  Statt  finden ;  den  Juden  wurden  sie  erlaubt,  weil 
sie  dem  Dictator  auf  seinen  Felözügen  im  Osten  Beistand  geleistet 
hatten.")  Auch  der  Senat  bedurfte  einer  Reinigung;  aber  die 
unbefugten  Mitglieder,  welche  man  hätte  ausweisen  müssen,  ver- 
dankten Cäsar  ihre  Würde,  ^°)  und  als  praefectus  nioribus  konnte 
er  jetzt  ihre  Zahl  vermelu'en,  Ansprüchen  auf  Belohnung  genügen. 


87)  So  berichtet  Snet.  41,  aber  er  selbst  hat  missTerstanden ,  und  er 
ist  missvcrstanden.  Der  Ausdruck  receiisus  (auch  bei  Liv.  HS)  beweis't, 
dass  nicht  von  eiuer  Volkszählung  die  Rede  ist,  wie  Plat.  Caes.  55.  Dio 
43,  25  (43,  21  hat  er  das  Richtige,  er  glaubt  nur,  die  Einrichtung  sei  TOr 
der  letzten  Getraide- Verlheilung  gemacht;  oben  A.  52).  App.  2,  492 
II.  Zonar.  10,  lO  behaupten,  nicht  von  einem  censns;  nach  den  Mon.  Ancyr. 
lab.  2  in  Chishnll  Ant.  Asiat,  p.  173  -veranstallete  diesen  seit  dem  J.  70 
V.  Chr.  oder  seit  Pompejus  erstem  Consnlat  Anguslus  zum  ersten  Male  a.  28. 
S.  Ruald.  Anim.  24  ad  Plularch.  u.  2.  Th.  195.  A.  96.  97.  Sveton, 
welchem  ohnerachtet  seiner  eigenen  Mittheilungen  der  Gedanke  an  den 
census  -vorschwebte,  tadelt  daher  Cäsar  mit  Unrecht,  dass  er  nee  more  nee 
loco  solito,  sondern  vicatim  per  dominos  insularum  die  Kunde  einzog,  deren 
er  bedurfte;  es  war  nicht  anders  möglich.  Es  ist  dngegeu  nicht  seine 
Schuld,  dass  Oudendorp  und  nach  dessen  Vorgange  Ruhnk.,  Wolf  und 
Baumg. -Crus.  in  den  Worten:  ex  viginti  treceutisque  millibus  accipientium 
fnimentnm  e  pnblico,  ad  centnm  quinquaginta  retraxit,  den  Sinn  linden, 
man  habe  150,000  ansgestossen,  und  nur  noch  an  170,000  verlheilt;  retraxit 
wird  durch  Liv.  ceiisa  sunt  civiuni  capita  centum  quinquaginta  millia  hin- 
länglich erklärt,  und  auch  nach  I'lutarch,  welcher  nur  den  Zweck  des 
Verfahrens   mcht    einsieht ,     war   diess   das   Ergebniss.  88)     Snet.    42. 

Joseph.    Ant.    Jud.     14,    10    (17).     §.  8.  89)    2.   Th.  57.  A.    83 J. 

90)    2.   Th.  240,  wo  sich  das  Niiliere  über  dio  Ziinfle  findet.  91)  Jo- 

seph. I.  c.   Ubcu  C.  ii.  A.  37  u.  1,  Th.  104.  A.  71.  92)  Oben  J.  £6. 

A.   7C, 


XXL    lULII.        (31.5.  61.)        621 

iincl  den  Senat  abLängig'er  macLen. ")  Das  König'tLain  war 
noch  im  Werden;  er  sah  sich  daher  zu  manchen  Einrichtung-en 
veranlasst,  welche  den  Staat  zu  erschüttern  drohten,  während  sie 
nur  die  Republik  erschüttern  sollten,  oder  eine  Folge  äusserer 
Nölhigunj  waren.  Indess  wendete  er  auch  geeignete  Heilmittel 
an.  Dahin  gehört  das  Gesetz,  welches  die  Gerichte  ausschliess- 
lich den  Senatoren  und  Rittern  übertrug,  nnd  die  Beisitzer  vom 
Volke,  die  tribnni  aerarü,  ausscheiden  liess,  einer  Pöbelherrschaft 
za  stenern.  ^*) 

Eine  Hauptquelle  vieler  Uebel  lag  in  dem  übermässigen 
Aufwände.  Cäsar  vei-pönte  ihn.  Macrobius^*)  und  Gellius  ^*) 
erwähnen  andere  Gesetze  dieser  Art,  namentlich  die  Cornelia  des 
Dictator  Sulla,  ^')  die  Aeuiilia  des  M.  Aemiliiis  Lepidns  Cos.  78, 
die  Autia  des  Antius  Reslio,  und  schweigen  von  Cäsair;  es  folgt 
nicht,  wie  Manutins  will,  ")  dass  es  vor  Octavian  kein  jullsches 
gegeben,  nnd  der  Dictator  nach  den  Geschichtschreibern  nur  mit 
Strenge  über  die  Beobachtung  eines  altern  gewacht  habe.  ^^) 
Auch  Cicero  spricht  in  Briefen  aus  den  Jahren  46  und  45  auf 
das  Bestimmteste  von  einem  julischen,  »01)  und  mit  Znsätzen,  welche 
eine  neue  Verordnung,  die  Verordnung  eines  ihm  verhasstenj  dem 
Staate  aufgedrungenen  Herrschers  bezeichnen.  ')  Sie  bezog  sich  auf 
den  Tisch,  ^)  auf  Grabmäler  und  andere  Bauten,  *)  auf  Kleidung, 
Hansgeräth  und  die  übrigen  Gegenstände  des  Luxus,  und  gieng 
sehr  ins  Einzelne,  ohne  mehr  Gehorsam  zu  finden,  zumal  da  Cäsar 
bald  wieder  in  Spanien  beschäftigt  wurde,  *)  daher  M.  Antonius 
a.  44  ^)  nnd  Augustus  *')  sie  erneuerten  und  schärften.  Dem 
Proconsul    frommte   es,   dass    ein  grosser  Theil  der  verschuldeten 


93)    Oben  §.  60.  A.  87.    Dio  43,  27.  Tgl.  43,  47.  Cic.  ad  Fam.  6, 18  in. 
Snet.  41.  76.  80.  94)   Dio  43,  25.    Sneton.  41.    Cic.  1  Phil.  8.    Diess 

Gesetz  -rnirde  a.  44  von  M.  Anlonhis  aufgehoben.  1,  Th.  115.  A.  78. 
Ueber  die  betreffenden  älteren    Tgl.  2.  Th.  490.  491.  95)    Sat.  2,   13. 

96)     2 ,    24.  97)    2.  Th.    494.   A.   75.  98)    Im  Comm.  zn  Cic.  «d 

Fam.    7,    26.  99)    Dio  43,  25.     Suelon.  43.  100)    ad  Att.  13,  7 

n.  die  folg.  A.  1)    ad  Fam.  9,   26.fin. :   Epulamur   nua    noa  modo  non. 

contra  legem,  s!  nlla  nnnc  lex  est,  sed  etiam  inira  legem,  ad  Att.  12,  35: 
Nnnqnam  mihi  venil  in  mentcm,  qno  j>lns  insnmptum  in  monnmentum  esset, 
qnam  nescio  qnid,  qnod  lege  conceditur,  tantnndem  populo  dandnm  esse. 
ad  Att.  13,  6.  {.  I,  2)   ad  Fam.  9,  15.  26.  3)    ad  Att.  12,  35.  86, 

4)  Da».  13,  7.  S)  Macrob.  h  c.  6)   GeO.  I.  c.   Dio  Si,  2. 


622  XXI.    lULn.        (31.  §.61.) 

Nobililät  in  seine  Lag'er  kam;  das  Oberbaupt  des  Staats  konnte 
die  Fortdauer  der  VerscL'wendiing'  und  des  Wuchers  nicht  ■wün- 
schen; aber  die  Hyder  war,  nicht  ohne  sein  Zuthiin,  auch  fiir 
ihn  zu  mächtig  geworden,  und  er  lebte  nicht  lange  genug,  am 
sie  niederzukämpfen. 

Noch  mehr  als  das  vorige  sind  Cäsars  Gesetze  gegen  Gewalt 
nnd  gegen  Majestäts  -  Verbrechen  angefochten,  da  nur  Cicero,  und 
auch  dieser  nur  in  Einer  Stelle  sich  über  sie  äussert,  und  ohne 
den  Urheber  ausdrücklich  zu  nennen.  ')  M.  Antonius  trug  a.  44 
als  Consul  darauf  an,  dass  die  Prorocation  an  das  Volk  nach  einer 
Verurtheilung  wegen  jener  Vergehen  gestattet  sein  sollte;  sie 
war  also  bisher  nntersagt,  nnd  nach  dem  Zusammenhange  offenbar 
durch  Cäsar.  Mit  grosser  Schlauheit  bewirkte  der  Consul  einen 
Senatsbeschluss,  in  welchem  die  Einrichtungen  und  Gesetze  seines 
ermordeten  Collegen  bestätigt  wurden;  *)  er  verschaffte  sich  den 
Besitz  seiner  Papiere,  und  erliess  nun  unter  jenem  Titel  seine 
eigenen  Verordnungen,  auch  solche,  welche  den  julischen  wider- 
sprachen nnd  sie  aufhoben.  Um  diesen  Punct  dreht  sich  die 
ganze  erste  Philippica ;  Cicero  rügt  die  schaanilose  Willkühr 
seines  Feindes,  welcher  den  Namen  und  den  schriftlichen  Nach- 
lass  des  Verstorbenen  missbrauche,  um  unter  dem  Scheine  der 
grössten  Ehrfurcht  gegen  ihn  die  von  ihm  gegründete  Verfassung 
zu  untergraben.  ^)  Cäsars  Verfügungen,  sagt  er,  müssen  be- 
obachtet werden,  nnd  die  wichtigsten  sind  die  Gesetze;  es  ist 
unerträglich,  dass  diese  ihre  Gültigkeit  verlieren,  das  Gesetz  über 
die  Provinzen,  über  die  Gerichte.*")  Der  Redner  hat  es  im 
Vorigen  so  oft  ausgesprochen ,  Antonius  zerstöre ,  was  Cäsar  ge- 
schaffen habe,  dass  er  nun  auch  ohne  einen  neuen  Zusatz  der 
Art  bei  den  Worten ,  welche  hier  in  Betracht  kommen ,  nicht 
mehr  missverstanden  zu  werden  fürchtet;  die  „beiden  höchst 
heilsamen  Gesetze"  gegen  Gewalt  und  Blajestäts -Verbrechen, 
deren  Aufhebung  er  tadelt,  sind  julische,  obgleich  das  Jahr,  in 
welchem  sie  von  Cäsar  während  seiner  Herrschaft  gegeben  wur- 
den, sich    nicht   ermitteln  lässt.     Diess  wird   nun  auch  meistens 


7)  1  Fbil.  9:  Altera  promnlgata  lex  est,  nl  et  de  vi  et  de  malestate 
damnati  ad  popnlum  proTOcent ,  si  Telint.  Ilaec  ntram  taadem  lex  est ,  aa 
legnin   omajam   dissolutio  ?     Vgl.     1.   Th.    116.    A.    89.  8)    1.  Th.  94. 

A.  87.  9)    1.  Th.  195.  A.  3S.  10)   1  FbU.  7.  8. 


XXI.    lULn.        (31.  §.61.)        623 

eingeräumt;  '  ')  da  man  aber  über  den  Inhalt  der  Gesetze  bei 
den  classischen  Schriftstellern  keinen  nähern  Anfschhiss  findet, 
so  kann  man  auch  nicht  mit  Gewissheit  darüber  entscheiden,  ob 
das  Alajesläts  -  Gesetz  so  viel  aus  dem  cornelischen  des  Dictator 
Sulla  übernahm,  dass  es  eine  lex  translatilia  ex  lege  Cornelia 
genannt  werden  darf.  ")  Das  julische,  von  welchem  in  den 
Pandecten  und  bei  Paulus  die  Rede  ist,  kann  in  dieser  Gestalt 
nur  Augnstus,  nicht  Cäsar  angehören.  '  ^) 

Der  Dictator  hatte  während  seines  langen  Aufenthaltes  in 
Gallien  zum  Umsturz  der  römischen  Verfassung  die  Kräfte  ge- 
sammelt; er  wünschte  nicht,  dass  seine  Statthalter  diess  Beispiel 
nachahmten,  und  verfügte  daher  in  einem  Gesetze  über  die  Pro- 


II)  Abram.  zn  Cic.  1  Fliil.  9.  Mannt,  de  leg.  50  b.  57  a.  Sigon.  de 
indic.  2,  29.  Heiiiecc.  Ant.  R.  ed.  Hanb.  4,  18.  $.  49  u.  besonders  Dieck 
Crim.  R.  der  Rom.  S.  90  f.  Vgl.  Hanbold  Instit.  inr.  Rom.  ed.  Otto, 
p.    175.    A.    i.  12)    Perez    Fraelect.   in   Cod.  lust.  9.  tit.  ä    n.    Dieck 

S.   89.     2.   Tb.   487.  13)    Digest,   lib.  48.    tit.  4.    Paul.    sent.   recept. 

lib.  5.  tit.  29.  Dieck  unternimmt  es  a.  a.  O.  zn  beweisen ,  dass  es  nur 
Eine  I  Inlia  maiestatis  gegeben  habe,  deren  Urheber  Cäsar  sei.  So  gern 
man  ihm  bei  der  sorgfältigen  Untersuchung  des  schwierigen  Gegenstandes 
folgt,  so  können  seine  Gründe  doch  nicht  befriedigen.  Sveton  übergeht  in 
dem  Leben  der  Kaiser  gar  vieles,  zum  Theil  wichtigeres,  es  ist  daher  nichts 
darauf  zn  geben,  dass  er  OctaT.  34  ein  solches  Gesetz  des  Augustns  nicht 
erwähnt.  Dieser  zog  entschieden  IXeues  in  das  Majestäts- Gesetz,  die  Pas- 
quille, wie  der  Vf.  nach  Suet.  55.  Tacit.  Ä.  1,  72  selbst  bemerkt,  und  — 
was  viel  mehr  sagen  will  —  durch  ihn  kam  auch  die  Bestimmung  binznt 
qui  iniussn  Priucipis  bellum  gesserit ,  D.  48.  tit.  4.  1.  3,  oder  nach  Paulus 
I.  c  :  qui  iuinssn  Imperatoris  bellum  gesserit ,  u.  das.  im  A'^origen :  Cuius 
ope  consilio  adversus  Iraperatorem  \el  Renip.  arma  mota  sunt ,  denn  eine 
solche  Sprache  war  wohl  nach  der  Schlacht  bei  Aclium  aber  nicht  nach  der 
Schlacht  bei  Pharsalus  erlaubt,  ein  Anderes  ist  ein  Zugesländniss  der 
Schmeichelei,  (  s.  über  den  Imperator -Tiiel  unten  §.  64.  A.  93)  ein  Titel 
anf  den  Münzen,  und  eine  öfTentüche  Urkunde  vom  Herrscher  selbst,  worin 
er  unumwunden  die  Majestäts  -  Rechte  für  sich  in  Anspruch  nimmt.  Bei 
so  wesentlichen  Veränderungen  und  Znsätzen  erscheint  also  Augustns 
Verordnung  über  die  maiestas  als  ein  neues  Gesetz,  mit  welchem  das  Corpus 
iuris  und  Panlus  uns  bekannt  machen ;  wie  viel  er  ans  der  altern  lulia 
entnommen  hat,  wissen  wir  nicht.  Die  Compilationen  im  Corp.  lur.  sind 
zu  unvollständig,  als  dass  ihr  Schweigen  in  Betreff  der  Schmähschriften 
gegen  den  Kaiser,  welche  Angnstus  verpönte,  beweisen  könnte,  die  in  ihnen 
aufbehaltene  lex  lulia  sei  Cäsars  Werk, 


624        '  XXI.    lULn.        (31.  §.61.) 

Tinzen,  ctass  niemand  prätoriscLe  länger  als  ein  JaLr,  und  con- 
sidarische  läng'er  als  zwei  verwalten  sollte.  ' ')  Nach  seinem 
Tode  Hess  M.  Antonius  durch  Tribüne  eine  Rogation  an  das 
Volk  bringen,  welche  eine  sechsjährige  Verwaltung  der  Con- 
sular- Provinzen  gestattete.  '*) 

Den  Grossen  missßel  die  Beschränkung  ihrer  Erndte-Zeit, 
noch  weit  mehr  aber  die  Verbesserung  des  Calenders,  welche 
Cäsar  jetzt  als  Oberpontif  '  ^)  unter  der  Mitwirkung  des  alexan- 
drinischen  Mathematikers  Sosigenes  ' ')  und  des  Schreibers  M.  Fla- 
Tius  ")  unternahm.  ")  Nicht  bloss  seine  Priesterwürde,  sondern 
auch  seine  eigenen  astronomischen  Kenntnisse  gaben  ihm  den 
Beruf,  der  Verwirrung  abzuhelfen ,  welche  weniger  der  Un- 
wissenheit als  der  Willkühr  der  Pontifen  zuzuschreiben  war,  da 
sie  zu  Gunsten  dei"  Statthalter  und  Pächter  in  den  Provinzen  oder 
aus  andern  Gründen  und  auch  gegen  Bezahlung  mehr  oder  we- 
niger Tage  einschalteten,  und  dadurch  das  Jahr  verlängerten  oder 
verkürzten.  ^°)  Die  Feste  wurden  uach  dem  Calender  in  Mo- 
naten gefeiert,  welchen  sie  nach  dem  Zwecke  ihrer  Stiftung  nicht 
angehören  konnten,,  und  noch  mehr  gerieih  jener  mit  der  Natur 
in  Widerspruch ,  da  seine  Jahrszeiteu  nicht  zu  den  Geschäften 
des  Land-  und  Weiubaus  stimmten.  So  hatte  Cäsar  eine  zwie- 
fache Aufgabe;  er  mussle  bewirken,  dass  der  Anfang  des  Jahrs 
sich  wieder  dem  Winter- Solstitium  näherte,  und  durch  eine 
Schaltregel  neue  Verirrungen  abwenden.  Der  Anfang  des  Jahrs 
war   fast  um  drei  Monate  zurückgewichen,   vom  Januar  auf  den 


14)  Dio  43,  25,  Cic.  I  Phil.  8.  10.  2,  41  (42).  S,  3.  8,  9. 
15)  1.  Th.  H7.  A.  93.  253.  A.  29.  Ueber  das  julische  Gesetz  gegen 
Erpressnngeii  Tora  J.  59 ,  mit  -welcliem  dieses  oft ,  z.  B.  im  iad.  leg.  von 
Ernesii  verwechselt  ist,  vgl.  oben  §.  14.  A.  40  ii.  47.  16)  Dio  43,  26. 

Censor.    de    d.  nat.  20.  17)    PUn.   18,  57  (25).    vgl.  2,  6  (8).     Plut. 

Caes.    59.  18)     Maciob.   sat.    1,    14.  19)    Nicht    später   Angnstns, 

Solin.  1.  §.  34.  45.  48.  Amm.  Marc.  26,  1.  §.  13;  dieser  machte  nni 
Cäsars  Schaltregel  wieder  geltend,  als  man  von  ihr  abgewichen  war.  Snet. 
Oet.  31.  Macrob.  1.  c.  —  Einige  Bemerkungen  über  diese  Reform  finden 
hier  nur  deshalb  ihre  Stelle,  weil  sie  in  der  Geschichte  des  grossen  Römers 
nicht  fehlen  dürfen;  dio  trefllichen  Werke  von  Ideler  überheben  mich  einer 
weitern  Ausfiihinng.  S.  dessen  Ilistor.  Untersnchungen  8.  361  n,  das 
Uanilbuch   der  Chronologie   2,    117   f.  20)    Cic.   de  leg.   2,  12.    Dio 

40,  62,    atacrob.  t.  o.   Soeton.  40. 


XXI.    lULÜ.        (31.  §.61.)        623 

Oclober.  - ')  Daher  verläng'erfe  der  Dicfalor  das  J.  46  anf  445 
Tag-e;  er  g-ab  ihm  dadurch  15  Monate,  dass  er  ausser  dem  Blerre- 
douius  von  23  Tagten,  ■welcher  im  Februar  eing;eschallet  wurde, 
zwei  ausserordentliche  Schallmonate  tou  67  Tagen  zwischen  dem 
November  und  December  einschob ;  so  rückte  er  den  ersten 
Januar  des  J.  45  in  die  Zeit  der  brnma. '*)  Damit  er  sich 
nicht  wieder  von  ihr  entfernte,  ordnete  Cäsar  das  Jahr  nach  der 
Sonne;  er  fügte  zu  dem  angeblich  von  Kuuia  eingeführten  Mond- 
jahre von  355  Tagen,  welches  durch  Einschaltung  die  Lauge 
des  Sonnenjahrs  halte  erhalten  sollen,  und  folglich  ein  gebundenes 
■war,  10  Tage  hinzu.  Diese  vertheilte  er  unter  7  IMonate,  so 
dass  der  Januar,  .Sextil  (August)  nnd  December,  bisher  zn  29 
Tagen  gerechnet,  zwei  mehr  erhielten,  und  der  April,  Juni, 
September  und  November,  welche  auch  nur  29  hatten,  einen, 
ond  zwar  am  Ende,  damit  die  Feste  nicht  verschoben  wurden. 
Dem  Februar  blieben  28  Tage,  und  den  übrigen  Blonalen  31.'*) 
Da  nun  aber  Cäsar  sein  Jahr  als  den  vierten  Theil  der  ägyp- 
tischen Hundssternperiode  von  1461  Jahren  zu  365  ^  Tagen  be- 
rechnete,") so  sollte  jedes  vierte  ein  Schalljahr  von  366  sein, 
und  den  Schalltag  zwischen  dem  23.  und  24.  Februar,  All  und 
VI  Calend.  Marl,  erhalten,  der  AT  Cal.  Mart.  jedoch,  um  die 
gewöhnliche  Zählung  von  den  Idus  ab  nicht  zu  stören,  auch 
ferner  so,  und  der  Schalttag  bissextum  oder  dies  bissextus  heissen. 
Blan  bediente  sich  dieser  Jahrform,  welche  nicht  von  den  Alexan- 
drinern entlehnt  war,  w  ie  Einige  unter  den  Alten  behaupten,  *  *) 
Tom  1.  Januar  45 — 709  a.  n.  Das  tropische  Sonnenjahr  ist 
indess  11  Alinuten  12  Secunden  kürzer,  als  ihr  Urheber  ctnnahui, 
deshalb  veranlasste  Gregor  13  im  sechszehnten  Jahrhunderte  eine 
neue  Reform. 

Durch    nützliche   Einrichtungen   konnte   Cäsar   die  Anhänger 


21)    Vgl.   oben  §.  51.  A.  4.    §.  52.  A.  S.    J.  54.  A.  56.  22)  Dio, 

Plut.  11.  CO.  App.  2,  526.  .Sneton.  1.  c.  Liican.  10,  185.  Ovid.  Fast. 
3,  155.  Auf  einer  Münze  des  Aemilins  Bnca  bezieht  sicli  vielleicht  das 
Bild  des  znnehmenden  Mondes  anf  diese  Reform.  Vaill.  Aemil.  48.  Morell. 
thes.  Caes.  Tab.  1.  No.  25.  23)  Macrob.  n.  Censor.  11.  cc.  24)  Dio 

43,  26.  25)    Ders.  1.  c.     App.  2,  526.     Macrob.  1,  14  n.   16  fio.     Sie 

nahmen  sie  nnter  Augnslus  von  den  Römern  an.  S.  Idelcr  Uandbooh  1, 161. 
170.  171. 

Druniann,    Cescliiclite  Roms  III.  40 


626  XXI.    lULII.        (31.  §.61.) 

des  Alten  nicLt  mit  seiner  Regierung'  versöhnen;  er  sollte  nicht 
regiere«.  Wie  die  Griechen  die  Gaben  ihrer  Tyrannen  ver- 
schmähten, so  erkannte  man  in  Rom  in  der  Verbesserang  des 
Calenders  und  in  jeder  andern  nicht  die  Wohlthat,  sondern  nnr 
den  Zwang.  '  ^)  Es  erregte  Bewunderung,  dass  ein  Einzelner 
das  Ruder  hielt,  in  der  Verwaltung  Senat  und  Volk  vertrat, 
Beschlüsse  mit  willkiihrlich  hinzugefügten  Namen  von  Senatoren, 
auch  mit  Ciceros  Namen,  bekannt  machte,  während  er  allein  in» 
Rathe  gesessen  hatte,  ^ ')  dass  er  in  der  kurzen  Zeit,  welche  ihm 
zwischen  den  Feldzügen  übrig  blieb,  dem  ganzen  ionem  Leben 
des  grossen  Reiclies  eine  andre  Richtung  gab:  aber  Einer  sollte 
nicht  Alles  leiten.^*)  Obgleich  er  das  Verworrenste  mit  Leichtig- 
keit lös'te,  so  waren  der  Geschäfte  doch  sehr  viele,  daher  man 
nicht  zu  jeder  Stunde,  nicht  ohne  gewisse  Förmlichkeiten  sich 
ihm  nähern  durfte,  und  nur,  wenn  er  öffentlich  erschien,  in  der 
Curie  uud  auf  dem  Markte,  jeder  freien  Zutritt  hatte.  Die  Um- 
stände brachten  es  mit  sich,  man  erkannte  aber  darin  den  wer- 
denden Hof.  Es  verletzte  insbesondre  Cicero,  dass  er  sich  an 
das  Gefolge  wenden  musste,  an  Männer,  über  welche  er  sich 
hoch  erhaben  fühlte,  um  zn  dem  Gebieter  durchzudringen,  nud 
im   Vorzimmer  sich  unter  der  Menge  verlor.  '^ ') 

Grössere   Demüthigungen    erwarteten    ihn    und    andere   Opli- 
maten  nach  der  Ankunft  der  Cleopatra;  auch  die  Consniare,  5>die 


26)    Cicero   erwiederle    auf   die  Bemerkung ,    morgen    gehe  die  Leyer 
anf:   ja,  auf  Befehl.     Plnl.  Caes.  59.  27)    Cicero  erliielt  Ton  Königen, 

welche  er  nicht  dem  Namen  nach  kannte,  Danksagnngs- Schreiten,  Tveil 
Cäsar  in  einem  ihnen  günstigen  Senats- Beschlüsse  bemerken  Uess,  dieser 
sei   nach   seinem   Gutachten    abgefasst,     ad    Farn.    9,    15.  28)     Cic.  ad 

Film.  4,  9 :  Omnia  delala  ad  unum  sunt.  Is  ntitnr  consilio,  ne  snornm  qui- 
dem,  sed  sno.  29)    ad  Farn.   6,    13 :    Magnis  occu])atioiiibiis  eins,   a  qno 

omnia  peluiilur,  ndilns  ad  cum  didiciliores  fnernnt.  Das.  6,  14:  <Jnnm  — 
»enisseni  mane  ad  Caesarem,  atqae  omnem  adenndi  et  conveniendi  illius  in- 
dignitaiem  et  molestiam  pertnlissem  etc.  Das.  4,  7fin.:  ins  adenndi  neu  ha- 
bemus.  Man  sagte  ihm  später ,  Cäsar  habe  goünssert :  Ego  dubiteni ,  qnin 
sammo  in  odio  sim,  qnum  M.  Cicero  sedeat,  nee  sno  commodo  nie  convenire 
possit?  alqtii  si  qnisquam  est  facilis,  hie  est:  tarnen  non  diibiio,  quin  ino 
male  oderil.  nd  Att.  14,  1  «.  das.  14,  2:  Ego  nunc  tarn  sim  stultus,  nl 
hnnc  ijisnm  facilem  liominem  pnlem  mihi  esso  amicnm,  qunm  tarn  ilin  sedens 
mcum  cominodum  exspeclcl;' 


XXI.    lULIL        (31.  §.61.)        C27 

Ersten   des   Staats"    mussten    den    Stolz   der   Köni^Inn    ertragen. 
Man  hat   geläognet,    dass  sie   je  in  Rom  gewesen  sei,   diess  ist 
aber  durch  die  besliinmtesten  Zeugnisse  verbürgt.'")     Ihr  Bruder 
Ptolemäas   d.  Jiiugere,    ein  Kind,    und   viele  Andere  begleiteten 
sie;  ")   da  sie  sich  angeblich  nm  ein  Biindniss  mit  den  Römern 
bewerben    wollte,    so    wagte    sie    es    mit   Gepränge   aufzutreten. 
Sie  wohnte  iu  Cäsars  Garten  Jenseits  der  Tiber, '^)  erhielt  eine 
Statue  im  Tempel  der  Venus  Genelrix,  '')  und  wurde  mit  ihrem 
Bruder    unter    die    Freunde   und    Bundesgenossen   des    römischen 
Volks  aufgenommen.  ' ')     Der  Ehebruch  galt  kaum  mehr  fiir  ein 
Verbrechen;  auch  Calpurnia  vergab  ihrem  Gemahl,  dennoch  sank 
dieser  in  der  öffentlichen  Bleinung,   weil  Cleopatra  nicht  als  ab- 
hängige Fürstinn,   sondern  als  Königinn  von  Rom  erschien.     Sie 
wollte  nm   jeden   Preis  glänzen  und  herrschen,  und  kannte  selbst 
die  Zurückhaltung  nicht,  welche  die  Klugheit  gebot;  nicht  in  ihr 
lag  die  ürsach,  dass  Cäsar  dem  Schicksale  des  Antonius  enfgieng. 
Man   ehrte  sie  unter  geheimen  Verwünschungen,  und   noch  mehr 
hasste  man  den  Buhler.     Ihr  Plan,  ihn  nach  dem  Oslen  zu  füh- 
ren, und  dort  gänzlich  zu  verstricken,   wurde  dadurch  begünstigt, 
dass   er    die  Parther   bekriegen  wollte;    sie   hoffte   als  seine  Ge- 
mahlinn    mit   ihm    zurückzukehren,   zumal  da  sie  ihm  nach  ihrer 
Behauptung    bereits    einen    Sohn ,    Cäsarion,    geboren    hatte.  ^') 
Man   weiss,    dass    der  V.Tribun  Helvius  Cinna   nach  dem  Tode 
des  Dictator  erklärte,   er  besitze  den  Entwurf  zu  einem  Gesetze, 
welches    jenem  mehrere  Frauen  zn  haben  gestalte ,    damit  es  ihm 
nicht  an  Erben  fehle,   und  in  seiner  Abwesenheit  habe  bestätigt 
werden    sollen.'*)     Auch    davon  abgesehen  zürnten  Manche  der 
Aegyptierinn ,   an   deren  Küsten  Pompejus   erschlagen  war,    oder 
sie  glaubten,  daas  ohne  sie  ihr  Land  eine  römische  Provinz  sein 
werde;   Andere    wurden   dnrcli   ihren   Uebermuth   beleidigt,    ins- 
besondre Cicero.     Er   fürchtete  Proscriptionen    und    blieb  deshalb 


30)    Scaliger  ia   der  A.  zn  Enseb.  Chron.  No.   1972   Vfird  durch  Dio 
43,  27.    Sueton.  52  und  besonders  durch  Cicpros  Briefe  Vfiderlegt ;  s.  unten. 

31)  Dio  1.  c.    Oben  $.  54.  A.   50.   Hieronym.  nns  Euseb.  Chron.  Ol.  184,4. 

32)  Cic.   ad   An.    15,    15.    Dio    1.   c.  33)  A.   62.  34)   Dio  1.  c. 

85)  Propert.  3,  9.  v.  31  :    Coningü  obscoeni  pretinm  Romnna  poposcit  moe- 
niA,    et   addicios   in   sna   regna    patres.     Flor.  4,   II.  <'j.  2.     Dio  50,  5  fin. 

86)  Soelon.  52.   Dio  44,  7.     Vgl.  1.  Th.  100.  A.  80.    104.  A.  66. 

.      40* 


(528  XXI.    lüLII.        (31.  §.62.) 

mit  den  eiDflnssreicLsfen  Cäsarianern  in  Vcrbintlung' ;  es  ist  dalier 
selir  walirsclioinlicli,  dass  er  sich  Cleopatra  zuerst  iiälierle,  welclie 
ihm  aucii  mit  mehr  Achtuii»-  begegnet  sein  würde,  wenn  sie  den 
ausgezeichneten  Mann  geschätzt  und  gesucht  halte.  Seine  Bitte, 
ihm  einige  Handschriften  aus  der  alexandrinischeii  Bibliolhek  und 
ägyptische  Kunstwerke  zukommen  zu  lassen,  soMte  offenbar  nur 
auf  eine  seiner  würdige  Art  den  Verkehr  mit  ihr  einleiten;  '^) 
sie  Terspracli,  seinen  Wunsch  zu  erfüllen,  und  Ammonius  in 
ihrem  Gefolge  wollte  sie  daran  erinnern.  Ihn  erbitterte  nicht 
ihre  Nachlässigkeit,  sondern  der  stolze  Empfang  an  ihrem  orien- 
talischen Hofe  vor  den  Thoren  von  Rom;  ^')  sogar  ihr  Diener 
Sara  behandelte  ihn  schnöde,  und  in  seiner  eigenen  Wohnung.  '^) 
Ihre  Hoffnungen  wurden  durch  den  Feldzug  in  Spanien  und 
durch  die  Ermordung  ihres  Gönners  vereitelt.  Sie  vei-weil(e 
noch  einige  Wochen  nach  seinem  Tode  vor  der  Stadt,  um  bei 
dem  Erben  des  Reichs,  wer  es  auch  sein  möge,  ihre  Rolle  fort- 
zuspielen ;  da  aber  neue,  auch  für  sie  bedenkliche  Verwicklungen 
entstanden,  fand  sie  es  ralhsam,  sich  schnell  zu  entfernen.  *") 

§    62. 

a.  46  und  45.  Die  Feste  iu  Rom  verhüllten  den  blutigen 
Hintergrund  mit  seinen  Gräbern ;  sie  verkündigten ,  dass  der 
Kampf  zwischen  dem  Allen  «nd  Neuen  geendigt  sei,  und  der 
Friede  war  doch  auch  vielen  Missvergnügten  willkommen,  der 
Herrscher  nicht  ganz  zu  verdammen,  welcher  mit  Spielen  und 
nicht  wie  Marius  und  Sulla  begann.  Er  selbst  glaubte  sich  am 
Ziele ;  die  Gährung  in  einigen  Provinzen  beunruhigte  ihn  nicht. 
In  Syrien  wurde  sein  Statthalter  von  dem  Porapejaner  Cäciliiis 
ßassus  verdrängt,  und  dieser  ergab  sich  erst  nach  dem  Tode  des 
Dictator  an  dessen  Mörder  C.  Cassius.  * ')     Decimus  Brutus  sliUle 


37)    tpiXöXoya    ad   An.    15,    15   n.  das.  Monganlt  A.  4.  38)    Cic. 

1.  c. :  Snperbiam  ipsins  reginae,  qaum  esset  Irans  Tilieriin  in  hortis,  com- 
memorare  sine  magno  dolore  non  possum.  39)    Ders.  1.  c.  40)  Ci- 

cero schreibt  ad  Alt.  14,  8  am  15.  April  44:  Reginne  fnga  mihi  non 
niolesta.  Tgl.  14,  20.  J.  I.  IS,  15.  17.  Demnach  irrt  Sueton.  52  in  der 
Nachricht,  Cäsar  habe  sie  mit  grossen  Geschenken  entlassen.  41)  2.  Th. 

126.  Hier  J.  55.  A.  79.   §.  56  fia. 


XXI.     lULII.         (31.  §.02.)         621) 

einen  Aufsland  der  Bellovaken  im  jenseitig'en  Gallieu.  *')  Dies» 
waren  theilweise  Be^Yeg:^lDg■en  oLne  elue  höLere  Bedeutung ; 
liefer  im  Westen  aber  wurde  das  Feuer  des  Bürg-erkriegs  vou 
neuem  angefacLt.  Cäsar  hatte  im  J.  49  das  jenseitige  Spanien 
i}.  Cassius  anvertraut,  eine  iingliicklicLe  A^  ahl;  sein  Proprätor  _ 
luacLle  ihn  durch  üärle  und  Kaubsucht  verhasst.  Er  befehligle 
nur  zwei  italische  Legionen;  zwei  übernahm  er  von  BI.  Varro, 
dem  Legalen  des  Pompejus,  und  eine  fünfte  errichtete  er  in  der 
gemisshandelten  Provinz.  Daher  war  der  grössere  Theii  der 
bewaffneten  Jlaclit  wenig  geneigt,  ihn  gegen  die  Eingebornea 
zu  unterstützen;  es  entstanden  Verschwörungen,  und  auch  die 
Ponipejaner  im  Heere  lehnten  sich  gegen  ihn  auf,  *^)  Am  Ende 
des  J.  47  kam  sein  Nachfolger  G.  Trebonius,  und  man  gehorchte 
ihm  eine  Zeitlaug,  aber  nur  zum  Schein.  **)  Unterjochte  pflegen 
von  einem  Wechsel  der  Herrschaft  Erleichterung  zu  hoffen  j 
einige  Häuptlinge  der  Provincialen  halten  schon  früher  mit  Scipi« 
nnd  Calo  in  Africa  unterhandelt,  und  diese  entsendeten  Cn.  Pom- 
pejus, den  älteren  Sohn  des  ehemaligen  Triumvir,  mit  einem 
kleinen  Geschwader,  die  Cäsariauer  zu  Terlreiben.  *')  Sein 
Käme  w'ar  seine  Empfehlung;  man  kannte  jenen  in  Spanien  seit 
dem  Kriege  des  Sertorius;  er  verbürgte  Feindschaft  mit  Cäsar, 
uud,  wie  man  glaubte,  g;ro8se  Feldherrngaben;**)  aber  nicht 
für  Pompejus  wollte  mau  kämpfen ,  nicht  aus  Liebe  zu  seinem 
Geschleclite.  Er  verliess  Ulica  im  J.  47  ")  mit  30  Schilfen  und 
etwa  2000  Blann ,  Freien  und  Sclaven ,  welche  zum  Theil  keine 
Waffen  hallen.  Nach  einem  vergeblichen  Angriffe  auf  Ascurum, 
eine  Stadt  des  Bogud  in  Älauritauien,  ■•  *)  besetzte  er  ohne  Schwerdt- 
Bchlag   die   balearischen    Inseln,    und   nach    langem    Widerstände 


42)    Liv.    114.    Oben   f.   56   fin.    vgl.    §.  20.   A.  20.  43)    2.  Th. 

ISä.     Hier    §     45  fin.    §.    58  fin.  44)    Dio    43,  29.     B.  Alex.  64.     ü. 

Hispan.  7.  Ueber  den  Vf.  dieser  Schrift  Tgl.  Hirtii  Ko.  2.  5-  2  ßn.  Cic. 
ad  Fam.  IS,  21.  45)    Die  1.  c.     B.   Afric.  22.  46)    Vellej.  2,  54: 

Muscjnani  erat  Ponipeius  corpore^  adhnc  ubiqne  vivebat  nomine.  55:  Bellom 
Hisp.nuiense  —  Cn.  Ponipeius,  uiagui  filiiis  —  eonflaverat ;  undique  ad 
eam  adbnc  paterni  nominis  rangnitudiuem  sequentiuiu  ex  tota  orbe  terramni 
auxiliis  confluentibas.     Dio  43 ,  30.  47)    Vor  dem  afric.  Kriege ,    diess 

lehrt  die  Geschichte  seiner  Unternehmnngen.  Vgl.  Liv.  113.  Flntarcb. 
Cato  m.  59  n.  Dio  42,  56,  und  über  die  unrichtigen  Zeitangaben  oben 
§.  57.  A.  49.  48;    Vgl.  oben  §.  58.   A.  67. 


630  XXI.     lULII.  (31.  §.62.) 

auch  Ebusus,  elue  der  Pitynsen.  (Ivi^a.)  Dann  riiLfe  er,  weil 
er  mit  eig'euen  Rriiften  nichts  vermochte,  and  die  Anhänger  iu 
Spanien   sich  noch  nicht  regten.*') 

Das  Heer  suchte  einen  Anführer  und  der  Anführer  ein 
Heer.  Als  aber  Cäsar  im  J.  46  in  Africa  siegte  und  auf  der 
Rückkehr  nach  Rom  eine  Flotte  unter  dem  Leg:aten  C.  Didius 
von  der  sardinischen  Rüste  nach  dem  Westen  abg'ehen  Hess,  '") 
mochten  die  Legionen,  welche  sich  durch  die  Meuterei  gegen 
Cassins  strafbar  gemacht  halten,  nicht  länger  zögern;  sie  nöthiglen 
Trebonias,  sich  zu  entfernen,  und  die  Ritter  Titiis  Quintius  Sca- 
pula,  der  Haapturheber  des  Aufstandes,")  und  Q,  Apouius 
übernahmen  den  Oberbefehl,  und  riefen  ganz  ßaetica  zu  den 
Waffen.'^)  Nun  landete  Pompejus;  die  Truppen  wählten  ihn 
inm  Feldherrn  und  ihre  Zahl  vermehrte  sich  schnell,  da  viele 
Städte  im  jenseitigen  Spanien  für  ihn  rüsteten.  '^)  Man  be- 
rechnete in  Italien  seine  Macht  anf  11  Legionen;  '*)  sie  stieg 
aber  bald  auf  13,*')  zum  Theil  freilich  raubsüchtiges  Gesindel 
ohne  Kjriegszucht,  welches  er  durch  Versprechungen  herbeilockte. 
Auch  kamen  angesehene  Flüchtlinge  aus  Africa  mit  Schiffen  und 
Mannschaft,  sein  Bruder  Sextus,  Attius  Varus  und  T.  Labienus,  *  *) 
nebst  Arabio,  dessen  Gebiet  Cäsar  an  Andere  vergeben  hatte.") 

Bei  Pharsalus  zeigte  sich  ein  geheimer  Kampf  zwischen  den 
Interessen  der  Pompejer  und  der  Aristocratie,  welcher  dem  ge- 
meinschaftlichen Gegner  den  Sieg  erleichterte ;  in  Africa  wurden 
die  Pompejer  von  der  Aristocratie  nur  noch  geduldet,  und  der 
Gedanke,  sie  werden  nach  einem  glücklichen  Feldznge  von  neaem 


49)   B.  Afr.  23.    Dia  43 ,  29.     Daher  war  man   in   Rom   lange   ohne 
Aachiichlen  von  ihm.     Cic.  ad  Att.  12,  2.  50)   Dio  43,  14.  17.     Vgl. 

B.   Hisp.  37.  40.     Oben   §.    59   fin.  51)    B.  Uisp.   33.    Cic  ad  Fam. 

9,   13.    Unten  A.  24.  52)    Dio  43,  29.  30.     App.   2,  482  lässt  Scapnla 

mit    Labienns    von    Corcyra   kommen.  53)     Dio   43,    30,    B,   Ilisp.    I, 

Plnf,  Caes.  56.  App.  2,  492.  Vellej.  2,  55.  Nicol.  Dnraasc.  Exe.  Vales, 
481.  ed.  Orell.  p.  101.  64)   Cic.  ad  Fam.  6,  18.  vgl.  6,  4.  55)  B. 

Hisp.  7,  30.    UnJen  A.  98.  56)   Dio  43,  30.    App.  2,  482.  Oros.  6, 16, 

Tgl.  B.  Ilisp.  3  n.  hier  J.  59.  A.  53.  57)    Oben   §.    59.    A.   57.     Dio 

nennt  43,  36  anch  die  Sohne  des  Bocchus,  er  ist  aber  ohne  Zweifel  im 
Irrthome,  da  jener  Cäsar  gegen  Scipio  nnterstützt  halte  nnd  belohnt  war. 
Oben  1.  c.  Bognd,  der  andre  maoriianische  König,  focht  iu  SJ^anieu  gegea 
Pompejos.    Dio  43,  38. 


XXI.     lULll.         (31.5.62.)         (>ai 

ilas  UebergewicLl  erhallen,  irng  dazu  bei,  dass  mnn  den  üllem 
entfernte.  Nach  dem  Tode  des  Sclpio,  Cafo,  Afruüing  «ind  Pe- 
trejus  tauchten  sie  wieder  anf ;  die  freudige ,  zuversichtliche 
Hoffnung  der  frühem  Zeiten  hatte  sie  verlassen,  aber  «luch  die 
Verzweiflung  stärkt;  den  Oce»'  im  Bücken  und  den  Feind  im 
Augesichte  blieb  ihnen  keine  Wahl,  nur  auf  dem  Capitol  gab  es 
für  sie  noch  Sicherheit,  und  die  Kachgier  schärfte  ihre  Waffen. 
Die  für  unvergänglich  gehaltenen  Lorbeeren  des  Vaters  waren 
zerrissen,  er  selbst  war  gefallen,  und  sein  Vermögen  eingezogen ; 
beschimpft,  beraubt  und  geächtet  fühlten  sie  eine  Fieberglnth, 
und  wohin  sie  blickten,  trat  ihnen  das  Bild  des  Jammers  ent- 
gegen, reichte  ihnen  am  Abgrunde  ein  trostloser  Gefährte  die 
Hand.  Für  eine  solche  Rolle  war  Cn.  Pompejus  durch  eine  au 
Wildheit  gräuzeude  Leidenschaftlichkeit  von  der  Natur  geweiht; 
der  Ernst  des  Vaters  hatte  sich  als  Härte,  seine  Kälte  als  Grausam- 
keit auf  ihn  vererbt;  durch  die  schweren  und  uuaufhöriicLen 
Schläge  des  Schicksals  wurde  morden  ihm  zum  Bedürfniss,  in 
seinem  Wahlspruche  Piefas,  lag  das  Todesnrtheil  für  die  Ab- 
trünnigen und  die  C'äsarianer. '*)  Auch  diese  zogen  nicht  in 
gewöhnlicher  Stimmung  in  den  Kampf;  schon  in  Africa  hatte 
Bicli  ihnen  unerwartet  und  unerwünscht  die  Blutarbeit  verlän- 
gert, *")  sollte  sie  nie  endigen?  Der  Soldat  wollte  ruhen,  der 
Dictator  den  Staat  umschalfen,  das  Diadem  um  die  Stirn  binden, 
den  Euphrat  und  Tigris  überschreiten,  und  man  zwang  ihn,  von 
neuem  am  Iberus  zu  fechten.  Darum  schienen  beide  Theile  mit 
frischen,  ungeschwüchten  Kräften  aufzutreten,  als  sei  diess  der 
Anfang,  ^  ")  schrecklicher  als  je  zuvor  war  das  Zusammentreffen,  ^  ') 
und  Cicero,  welcher  stets  der  Meinung  gewiesen  war,  dem  Bürger- 
kriege folge  Sclaverei  oder  Tod ,  wer  auch  der  Sieger  sei,  ^ ') 
glaubte  diess  jetzt  noch  weit  mehr;^^)  auch  C.  Cassius  schrieb 
ihm:  mit  Besorgniss  denke  ich  an  die  Zukunft;  besser,  aus 
bleibt  der  alte  und  milde  Gebieter,  als  dass  wir  es  mit  einem 
neuen   und  grausamen   versuchen;    du   weisst,   wie  albern  dieser 


58)    S.  nnten  A.  2.     Beis]>iele   seiaer  Härte   erwähneu   Cic.   nd   Fam. 
6,   18.  §.  2.    B.  Ilisp.  21.    Tgl.  Val.  M.  9,  2.  §.  4.  59)  Oben  §.  58  io. 

60)     (,>iiasi  iion    esset  usqoain  dimicatDiu ,   sie  arina  rursiis  et  partes.     Flor. 
4,  2.  5.   73.  61)   Vellej.  2,  55.    Flor.  I.  c.    Eiitrop.  6,  24  (19).    App. 

2,  4',>2.  62)    ad  Fam.  4,  14    f.   1.  63)    Das.  6,  3.  4.  21. 


C32  XXI.    lULlI.         (31.  §.62.) 

Cn.  ( Poinpejns)  ist,  dass  er  Grausamkeit  für  eine  Tug'end  hiilf, 
und  wir  ihn  immer  verlacliten;  icli  fürchte,  er  -würde  uns  unsere 
Neckereien  nach  seiner  rohen  Art  mit  dem  Säbel  zurückgeben.^'*) 
Man  kann  sich  daher  nicht  gleichgiilliger  über  den  Untergang' 
seiner  Partei  äussern ,  als  Cicero  nach  der  Schlacht  bei  IMunda . 
Hirtius  meldet  mir,  Sex.  Pompejiis  sei  von  Corduba  nach  dem 
diesseitigen  Spanien  entflohen,  auch  Cneus  sei  enlilohen,  icl» 
weiss   nicht  wohin,   auch  kümmert  es  mich  nicht,  ^') 

Durch  seine  Legaten  in  Spanien  Q.  Pedius  und  Q.  Fabin» 
Maximus  wurde  Cäsar  von  der  wachsenden  Macht  der  Feinde 
imterrichtet,  welcher  sie  nicht  zu  widerstehen  vermochten,  ^ '^) 
obgleich  C.  Didius  bei  Carieja  die  Flotte  des  Atlius  Varus  be- 
siegle. ^')  Der  ältere  Pompejus  belagerte  Neu-Carlhago  ohne 
Erfolg,  ^')  er  zog  dann  aber  vor  Ulla  in  Baetica,  und  hatte  es 
noch  nicht  genommen,  als  Cäsar  Italien  verliess.  ^')  Dieser  war 
a.  46  Cos.  III  mit  M.  Lepidus.  '  ")  Sein  College  hielt  im  Herbst 
Comilien,  ^voriii  er  für  das  nächste  Jahr  zum  Cos.  IV  gewählt 
wurde,  und  er  allein.'')  Gegen  Ende  des  Jahrs  trat  er  die 
vierte  Dictatur  an,  '-)  oder  wenn  die  erste  vom  J.  49  nicht  mit- 
zählt, weil  er  sie  nur  wenige  Tage  verwaltete,  die  dritte. ''■') 
Die  letzte  Würde  war  ihm  auf  zehn  Jahre  übertrage«,  '*)  aber 
die  Consular- Comilien  konnte  er  nicht  umgehen;  auch  wählte 
man  für  das  J.  45  V.  Tribüne  und   plebejische  Aedilen,  "')  aber 


64)     ad   Fam.    IS,    19.  65)    ad   Alt.    12,    37.     Vgl.  olien  f.  57. 

A.  96.  66)  B.  Hisp.  2.  Dio  43,  31.  67)  Dio  ).  c.  nennt  die 
Stadt  Cranlia.  Flor.  4,  2.  }.  75.  Kacli  B.  Hisp.  32  vrar  Carieja  170,000 
Schritte  Toa  Corduba  entfernt.           68)    Dio  43,  30.  69)    Ders.  43,  31. 

B.  Hisp.  3.  Ulla  vsiid  in  dieser  Beziehung  auch  Ton  Slrabo  3,  141  er- 
wähnt, und  übrigens  im  B.  Alex.  61  nnd  auf  den  Blünzen,  Eclth.  1,  p.  32, 
und  in  Insclirifleu,  Gruter.  p.  271.  No.  1.  70)  Oben  {.  56.  A.  50.  51. 
§.  58.  A.  76.  71)  Fast.  cap.  Tab.  CoUot.  bei  Pigb.  3,  458.  Fast.  Sic. 
n.  Cassiod.  a.  708.  Dio  43,  33.  Flut.  Cacs.  56.  Zonar.  10,  10.  App. 
2,  492  lässt  ihn  als  Cos.  IV  nach  Spanien  gehen,  72)  B.  Hisp.  2. 
73)  Aul  ein  ganzes  Jalir  übernahm  er  sie  zum  ersten  Male  im  Sept.  48, 
daher  sind  immer  zwei  Bezeichnungen  für  sie  erforderlich,  wenn  man  sie 
mit  seinen  Consulaten  zusammenstellt,  nnd  Snetons  Behauptung  76:  Dicta- 
tura  decrela  cum  consulatibns  simul  ist  in  joder  Hinsicht  falsch.  Oben  §.  53. 
A.  46.  }.  56.  A.  50  f.  74)  Oben  §.  60.  A.  87.  75)  Unter  diesen 
namentlich  L.  Aelius  Lamia.     Cic.  ad  Att.  13,  45.     Sueton.  76  sagt  halb- 


XXI.    lULII.        (31.  §.62.)        G33 

keiue  Quästoren,  sondern  diese  ersetzten  zwei  der  6  oder  8 
Sladtpräfecten,  welche  Cäsar  ernannte  und  nebst  Lepidus  mit 
der  Leitung  der  öffenlliclien  Angeleg-enLeiten  beauftraj;te,  "*)  ob- 
j;leich  in  der  That  Baibus  und  Oppiiis  iu  seiner  Abwesenheit 
regierten.  ' ") 

Am  23.  .September  46  nach  dem  verbesserten  Calender  war 
er  noch  in  Rom.  '*)  Bald  nachher  entfernte  er  sich,  und  er 
eilte  nun,  den  Feind  zu  überraschen.  Mit  gewohnter  Schnellig- 
keit reis'te  er  Ton  Rom  bis  Obiilco ,  300  Stadien  von  Corduba, 
in  27  Tagen,  jjnd  erreichte  Pedius  und  Fabius,  ehe  noch  die 
Heuler  zu  ihm  stiessen,  welche  sie  ihm  zu  seiner  Sicherheit  ent- 
gegen schicken  sollten.  '  ^)  Schon  war  Ulia  mehrere  Monate 
Ton  Cn.  Pompejus  eingeschlossen;  Blangel  an  Streitern  und  an 
Unterhalt  Hessen  die  Uebergabe  f iirchlen ,  und  die  Einwohner 
baten  um  Entsatz;  es  gelang  in  einer  stürmischen  Nacht  sechs 
Cohorten  mit  Reuterei  unter  einem  der  Gegend  kundigen  Führer 
L.  Junius  Pdciecus  hiuein  zu  werfen,  diess  genügte  aber  nicht. 
Cäsar  bedrohte  daher  Sex.  Pompejus  in  Corduba  am  Baetis, 
(Cordova  am  Guadalquivir) ,  um  Cnens  von  Ulia  zu  entfernen; 
die  List  wurde  belohnt ;  seine  Reuter  siegten  vor  den  Thoren, 
weil  er  geharnischtes  Fussrolk  unter  sie  Terlheilt  hatte,  und  jener 
erschien  auf  den  Hülferuf  seines  Bruders.  * ")  Es  gelang  aber 
dem  Dictator  nicht,  welcher  sich  bereits  auf  dem  rechten  Ufer 
des  Flusses  befand,  ihn  durch  Terschanzungen  von  der  Stadt 
abzuschueideu   oder   eine  Sehlacht   zu  erzwingen;   er  gieng  daher 


frahr:  ita  m  medio  tempore  comitia  nnlla  babnerit,  praeter  tribnnornm  et 
aedJLinm  plebis.  76)    Dio  43,  28.  48.     Suet.  76,    wo   die  Lesart  prae- 

sente  se  entschiedeu  falsch  ist.  Zu  diesen  Präfecten  gehürtea  C.  Clovius 
ond  L.  niniialias  Plancus.  Vaill.  lul.  Ao  22.  23.  Morel!,  thes.  Cües.  fab.  3. 
no.  23.  tab.  7.  no.  9.  10.  Eckh.  5.  p.  173,  6.  p.  7.  Sie  verlrateii  nicht  bloss  die 
Prätoren,  (Suet.  1.  c.)  sondern  alle  höheren  Magistrale.  Ueber  die  Be- 
zeicbnnng  pr.  auf  den  Münzen  des  Hirtins  s.  Hirtii  No.  2.  (.  1.  A  10. 
77j    Cic.   ad  Fam.   6>  8  n.  18.  78)    An  diesem  Tage  sprach  ihn   Cicero, 

a.  d.  V  Cal.  intercalares  priores,  ad  Farn.  6,  14.  Der  erste  ausscrordeut- 
liehe  Schaltmonat  begann  mit  dem  27.  Sept.  46.  Ideler  Plandb.  d.  Chron. 
2,  122.     Oben    §.  61.  A.  22.  79)    Stiabo  3,  160.     App.  2,  492.     Dio 

43,  32.  Suet.  56  denkt  sich  ein  näheres  Ziel,  und  rechnet  daher  nnr 
24  T.ige,  Gros.  6,  16,  wolü  durch  dio  Schuld  der  Abschreiber,  nur  17. 
B.  Hisp.  2.  80)   B.  Ilisp.  3,  4.     Dio  43,  33  hat  diess  enCsleUi. 


C34  XXI.    lULII.        (31.  §.62.) 

über  deu  Baetis  zurück,  und  belagerte  Alegiia,  etwa  2000  ScLritte 
vorrt  Flusse  Salsus;  hier  war  viel  Getraide  aufgespeichert,  dessen 
er  für  den  Winter  bedurfte.  Pomiiejus  folgte  mit  Labienus'*') 
und  zersprengte,  vom  Nebel  begünstigt,  eine  AbtLeilung  der 
feindlicLen  Reuferei;  auch  soJiickfe  er  Munatius  Flaccus  als  Be- 
feLlsLaber  in  die  Stadt.  ^*)  In  der  Hofhiung,  Kälte  und  Hunger 
■werden  die  Belagerer  vertreiben,  beobaclitete,  er  sie  von  einer 
Höbe  jenseits  des  Salsus  zwischen  Ategna  und  Ucubis;  sein 
Angriff  auf  eine  alte,  jetzt  hergestellte,  Feldschanze,  das  postu- 
inische  Lager,  wurde  abgesehlagen,  da  der  Gegner  die  Seinigen 
niit  drei  Legionen  verstärkte.  Älit  den  Beschwerden  und  Ent- 
behrungen stieg  bei  den  Cäsarianern  die  Erbitterung;  sie  tödfeten 
nicht  bloss  Gefangene,  wenn  sie  Ueberläufer  in  ihnen  erkannten, 
nnd  Kundschafter,  sondern  verstümmelten  auch  Boten,  welche 
auf  dem  Wege  von  Corduba  zu  Pompejus  ergrilftn  wurden.  ^^) 
Auf  der  andern  Seite  liess  Munatius  Flaccus  durch  seine  lusi- 
tanische  Bande  viele  Einwohner  von  Ategua  erwürgen ,  und  ihre 
Körper  von  den  Mauern  hinahjverfen,  weil  er  ein  Einverständniss 
mit  dem  Feinde  entdeckte.  ^')  Pompejus  missbilligte  es;  er 
verlor  dadurch  das  Vertrauen  der  Spanier,  und  Cäsar  schreckten 
weder  seine  Versuche,  ihm  durch  Linien  am  Flusse  das  Wasser 
zu  entziehen,  noch  die  Minen  und  die  häufigen  Ausfälle  der 
Belagerten,  bei  welchen  sie  Maschinen  und  Schanzen  verbrannten. 
Daher  wurde  die  Besatzung  endlich  angewiesen ,  sich  in  einer 
Nacht  zu  Pompejus  durchzuschlagen,  und  zu  dem  Ende  die  Stadt 
lind  die  Lagerhütlen  anzuzünden,  die  Graben  auszufüllen,  und  die 
Verfolgenden  durch  absichtlich  dargebotene  Beute  aufzuhalten; 
sie  musste  sich  aber  nach  einem  hartnäckigen  Kampfe  zurück- 
ziehen, und  die  Gefangenen  büssten  mit  dem  Leben.  ^*)  Es 
erregte  grosses  Missvergnügen,  dass  Pompejus  nichts  unternahm, 
und  sogar  ankündigte,  er  w^erJe  sich  entfernen,  da  er  Ategua 
nicht  retten  könne ;  ein  Krieger ,  welcher  der  Bleinung 
war ,  nicht  zur  Flucht ,  sondern  zur  Sclilacht  müsse  man 
das  Zeichen  geben,  wurde  getödtet.  Sich  selbst  überlassen  öff- 
nete  Munatius  Flaccus   die  Thore   am    19.  Februar  45    unter  der 


81)     B.    H.    18    fio.  82)     Dio    I.    c.    Froulin.    strat.    3,   14.    §.  I. 

83)     U.   H.    12.    13.  84)    Das.    15.  16.   vgl.  13.     Val.  M.  9,  i.  §.  4. 

85)    U.  II.  le.  Dio  43,  34. 


XXI.    lULII.        (31.  §.62.)        635 

Bedingung  persönllcLer  Sicherheit;  ^^)  die  Legionen  begriissten 
Ciisar  als  Imperator.*') 

Der  Gegner  galt  für  überwunden,  da  ein  wicLtiger  Platz 
vor  seinen  Augen  gefallen  -war;  es  vermehrte  seinen  Argwohn, 
besonders  gegen  die  Spanier;  als  er  sich  bei  Ucnbis  verschanzt 
hatte,  wurden  74  Einwohner  hingerichtet.**)  Cäsar  lagerte  ihm 
gegenüber,  und  zog  seine  Linien,  um  den  Fluss  Salsus  zu  be- 
herrschen, und  ein  nahe  gelegenes  Castell  zu  bedrohen,  weil 
diess  zn  einem  allgemeinen  Kampfe  führen  konnte.  Stets  aber 
zeigten  sich  ihm  nur  Reuter  und  einige  leichte  Truppen  in  der 
Ebene,  wo  auch  Einzelne  einander  herausforderten,  und  durch 
Moth  und  Gewandtheit  Bewunderung  erregten,  •wie  die  Heldeo 
vor  Troja,  ohne  den  Zustand  der  Dinge  zu  verändern.  Pompejus 
suchte  durch  Briefe  die  Meinung  zu  verbreiten ,  dass  vielmehr 
Cäsar  sich  ihm  versage ,  und  nur  deshalb  der  Krieg  noch  nicht 
geendigt  sei.  *')  Aber  der  Wahn,  welcher  ihm  anfangs  einen 
günstigen  Empfang  verschcifft  hatte,  -war  schon  grösstentheils  ver- 
schwunden ;  man  sah  in  ihm  nicht  mehr  den  Befreier,  da  er  sich 
fast  nur  durch  Grausamkeiten  bemerklich  machte.  Am  5.  Alärz 
brach  er  auf,  um  sich  der  Küsle  zu  nähern,  weil  er  Blangel  litt, 
und  im  Süden  williger  onterstützt  zu  werden  hoffte.  Er  zog 
über  Hlspalis  ( Sevilla )  nach  Alunda ,  und  Cäsar  blieb  ihm  zur 
Seite.  ^ ")  Die  Stadt ,  neben  welcher  er  lagerte ,  war  auf  einer 
Höhe  erbaut  und  stark  befestigt;  sie  gewährte  ihm  einen  Rück- 
halt und  versorgte  ihn ;  diess  sowohl  als  das  sumpfige  Wasser  in 
der  Ebene,  an  deren  Ende,  etwa  5000  Schritte  weit,  das  feind- 
liche Lager  stand,  erleichterte  es  ihm,  den  Yertheidigungs- Krieg 
fortzusetzen;  es  ist  aber  sehr  wahrscheinlich,  dass  nicht  nur  die 
Häuptlinge  der  Spanier,  sondern  auch  Labienus  und  Allius  Varus 
zum  Augriff  trieben,  und  die  Muthlosigkeit  der  ihm  treu  ergebenen 
Prorincialen  wie  der  Abfall  der  übrigen  ihn  selbst  von  der  Noth- 
wendigkeit  überzeugten,  ihnen  zu  folgen.  ^  ' ) 

Am  Morgen  des  17,  Märzes  stellte  er  sein  Heer  in  Schlacht- 
ordnnug,  und  sogleich  war  auch  Cäsar  zum  Kampfe  entschlossen. 


86)    B.    H.    19.   22.     Dio   1.   c.  87)   B.  H.  19.    Vgl.  hier  {.  SS. 

A.    4    n.    ;.   59.    A.    20.  88)    B.    H.   20.   21.  89)    Das.    26.  28. 

90)   Das.  27.         91)  Dio  i3,  3£. 


636  XXI.    lULlI.        (31.  §.  62.) 

Man  feierte  an  diesem  Tage,  dem  scLrecklicLsfen  im  glänzen 
Bürgerkriege,'^)  in  Rom  die  Liberalien,  ein  Freudenfest,^^) 
und  ein  schöner  Sonnen- Aufgang'  am  Leitern  Himmel  scliieu 
mehr  z«  diesem  als  zum  Blutverg;iessen  einzuladen.'")  Es  ist 
den  Alten  nicht  entgang-en ,  dass  im  Leben  ausgezeichneter 
Blenschen  die  wichtigsten  Ereignisse  oft  demselben  Tage  in  ver- 
schiedenen Jahren  angehören;  sie  haben  diess  aber  auch  nach 
falschen  Voraussetzungen  angenommen;  bei  der  Behauptung,  die 
Liberalien  seien  der  Anfang  und  das  Ende  des  Krieges  gewesen, 
denn  geuau  vor  vier  Jahren  habe  Pompejus ,  der  Vater ,  Rom 
verlassen ,  übersah  Plutarch  das  Abweichende  iu  dem  allen  und 
neuen  Calender;  jener  entfloh  aus  der  Hauptstadt  in  der  zweiten 
Hälfte  des  Januar,  der  17.  Blärz  fiel  aber  nicht  mehr  in  diesen 
Monat  nach  der  wahren  Zeit.  ^*)  Blan  erhielt  in  Rom  die 
Nachricht  von  der  Schlacht  am  20.  April,  oder  am  Abende  vor 
den  Parilien ,  welche  nun  auch  dem  Andenken  an  C'äsars  Sieg 
geweiht  wurden. 8*)  Die  Meisten  benennen  diesen  nach  Munda,*') 
wo  Cäsar  80  Cohorten  und  8000  Reuter,  und  Pompejus  13  Le- 
gionen zählte  ;  zwei  unter  diesen  waren  von  Trebonius  abgefal- 
len ,  eine  bestand  aus  römischen  Colonisten ,  eine  vierte  aus  den 
Trümmern  des  africanischen  Heers,  die  übrigen  bildeten  spanische 
Hülfstruppen  oder  entlaufene  Sclaven  und  anderes  Gesindel;  die 
Leichtbewaffneten  und  die  Reuter  waren  weder  so  stark  noch  so 
brauchbar  als  die  feindlichen.^*)     Cäsar  stellte  die  zehnte  Legion 


92)    Flor.    4,2.   §.  74.  93)   B.  H.  31.     Plnt.  Caes.  56.     Calend. 

Farnes,  in  Verr.  Flacc.  Fast.  ed.  Foggin.  p.  107.  Ovid.  Fast.  3,  713. 
94)    B.  H.  29.  93)   Flut.  Caes.  56.    Gros.  6,  16.     Oben  §.  41.  A.  23. 

96)  Dio  43,  42.  Vgl.  Calend.  MafTaeior.  et  Piaenest.  in  Verr.  Flacc.  Fast, 
p,  108.  Um  so  schmerilicher  -war  es  Cicero,  dass  sein  Neffe  (Juintns  im 
folgenden  Jalire  an  diesem  Feste  sich  bekränzte,  ad  Alt.  14,  14.  97)  B. 
H.  27.  Liv.  115.  Snet.  56.  Lncan.  1,  40.  Plin.  3,  3  (1).  36,  29  (18). 
Flor.  4,  2.  §.  78.  Entrop.  6,  24  (19).  Gros.  6,  16.  (A.  Vict.)  de  vir.  ill. 
78.  Flut.  Caes.  56.  Strabo  3,  141.  160.  Sil.  Ital.  3,  400.  App.  2,  493 
verwechselt  den  Ort  mit  Coidnba;  Dio  43,  36  n  Zonar.  10,  10  erwäh- 
nen ihn  nicht.  In  der  in  Spanien  gefundenen  Inschrift :  Bellnm  Caesaris 
et  patriae  ex  magna  parte  confcctnm ,  Sex,  et  Cn.  Magni  Pompeii  filiis  hie 
in  ngro  Balestaniorum  proüigatis,  (Gniter  p.  225  No.  2)  ist  ohne  Zweifel 
Bastetanorum  zn  lesen,  der  Naqie  eines  Kiistenvolks  zwischen  Calpo  und 
Cades.  Strabo  3,  141.  98}  B.  U.  7.  30.  Gbcu  A.  51   u.  53. 


XXI.    lULII         (31.  §.62.)        637 

auf  den  rechten  Flii°:el ,  wie  bei  PLarsaliis  und  TLapsus,")  die 
drille  und  fiiiifle,  diese  mit  dem  Bilde  des  Elepbanlen  auf  ihren 
Kriegszeichen,  •<*")  auf  den  linken,  und  die  weniger  zuverlässi- 
i;en  in  die  Älilte.  Die  Zeit  erlaubte  ihm  nicht,  eine  Rede  zu 
Lallen;  es  liegt  in  der  Sache,  da  er  den  Rami>f  nicht  erwartet 
halte,  und  wurde  auch  von  Asinius  PoIIio,  seinem  GeHilirlen, 
bezeugt.  ')  Zum  Feldgeschrei  wählte  er,  wie  in  Thessalien,  Ve- 
nus Victrix,  und  Pompejus,  weil  er  als  Rächer  seines  Vaters 
auftrat,  Pietas. ')  Anfangs  entfernten  sich  die  Poinpejaner  nicht 
über  tausend  Schritte  von  der  .Sladt,  um  den  Schutz  der  jMauern 
und  die  Vortheile  des  Bodens  nicht  zu  verlieren,  Cäsar  sehr  un- 
gelegen, weil  der  Legionär  am  Abhänge  nicht  mit  Erfolg  fechten 
nnd  nicht  von  der  Keuterei  unterstützt  werden  konnte ,  und  auch 
der  sumpfige  Bach  das  A  ordringen  erschwerte ;  als  er  deshalb 
anhielt,  wurden  jene  kühner,  ohnehin  voll  Kampflust  kamen  sie 
in  die  Ebene  hinab.  Der  Soldat  zog  das  .Schwerdt  in  der  eigenen 
Sache;  er  wollte  weniger  siegen  als  morden,  nur  der  Anblick 
des  blutenden,  erschlagenen  Feindes  befriedigte  ihn:  Nieder! 
Keine  Gnade!  wurde  sein  Feldgeschrei,  und  das  wildeste  Hand- 
gemenge begann.^)  In  trüber  Stimmung  übersah  Cäsar  das  schreck- 
liche Gemetzel;  seine  Veteranen  schwankten,  das  Glück  schien 
ihn  zu  verlassen,  nicht  die  Kunst  und  höhere  Einsicht,  sondern 
nur  die  grössere  Tapferkeit  und  Ausdauer  zu  entscheiden ,  ihm 
blieb  nichts  übrig,  als  Toranzukämpfen.*)  Er  schickte  sein  Pferd, 
zurück,')  und  stürzte  sich  mit  entblösstem  Kopfe,  um  erkannt 
zu  werden,  und  mit  dem  Zurufe:  woUt  ihr  mich  den  Knaben 
überliefern  ?  in  die  vordersten  Reihen ;  Viele  sanken  unter  seinen 
Streichen,  aber  auch  ihm  war  der  Tod  nie  näher  gewesen,  sein 
Schild  wurde  von  mehr  als  hundert  Geschossen  durchbohrt.'')  Die 
zehnte  Legion  überbot  sich  selbst;    sie  drängte  den  linken  Flügel 


99)   B.   H.   30.   31.   Oben   ?.  51.  A,  20.  §.  59.  A.  8.  100)  Oben 

§.  59.  A.  12.  1)  Sueton.  SS.  Dio  43,  36  fin.  2.   Th.  5.    A.   36.     Rlan 

erdichtete  eine  Rede,    auch  eine  andre,    in  welcher  er   nach   der    Schlacht 
den  Trnppen  dankte.  Suet.  1.  c.  2)    App.    2,  493.  Oben  J.  51.  A.  33.' 

3)  Dio  43,  37.  4)    Flor.  4,  2.  §.  78.   79.  Snel.  36.  5)    Dio  1.  c. 

'Vellej.  2,  55.  Flor.  4,  2.    '.  82.   Frontin.  strat.   2,  8.  S'.    13.    Polyaen.    8, 
23.  §.  16.  Vgl.  Caes.  1,  25.  Sueton.  60.  62.  Plnt.  Caes.  18.  6)   App. 

2,  493.  524. 


639  XXI.    lULH.        (31.  §.62.) 

des  Pompejns,  aber  dieser  zog  Verstärkung  vom  andern  teran, 
nnd  auch  durch  einen  Angriff  der  casarianischea  Reuterei  wurde 
nur  das  GleicLgewicLt  hergestellt.  Schon  neigte  sich  der  Tag, 
nnd  die  Schlacht  stand;')  der  grösste  Feldherr  des  Jahrhunderts 
sollte  den  Sieg  einem  Zufalle,  einem  Fehler  verdanken.  Denn 
ohne  Befehl  und  zur  Unzeit  führte  Bogud  seine  mauritanischea 
Reuter  von  dem  rechten  Flügel  in  den  Rücken  des  Pompejna 
nach  dessen  Lager;  Labienus  hielt  anf  dem  linken  feindUchea 
Flügel ;  er  bemerkte  es ,  und  liess  fünf  Cohorten  zurückgehen ; 
sogleich  rief  Cäsar:  sie  fliehen;  sein  Siegsgeschrei  hallte  in  der 
ganzen  Linie  wieder,  der  Pompejaner  bemächtigte  sich  ein  plötz- 
licher Schrecken,  sie  wurden  geschlagen,  weil  sie  glaubten  ge- 
schlagen zu  sein.  ")  33,000  der  Ihrigen  bedeckten  die  Wahl- 
statt ;  die  Bleisten  erlagen,  wie  gewöhnlich  in  den  Schlachten  der 
Alten,  bei  der  Verfolgung;  unter  den  Gefallenen  waren  auch 
Labienus  und  Attins  Varus,  welche  nicht  wünschen  konnten,  den 
Tag  zu  überleben;  Cäsar  gebot,  sie  zu  begraben,  als  man  ihm 
ihre  Köpfe  überbrachte.  Auch  nahm  man  die  dreizehn  Adler 
des  Pompejus,  und  17  der  angesehensten  Anführer  wurden  ge- 
fangen. Auf  der  andern  Seite  zählte  man  nur  1000  Todte  ond 
500  Verwundete,  doch  ist  diese  Angabe  ohne  Zweifel  zu  ge- 
ring. 8) 

Die  Flüchtlinge  retteten  sich  nach  Munda,  nnd  deren  waren 
die  meisten,  nach  Corduba,  Asta  nnd  nach  andern  Städten.'") 
Durch  einen  Brief  des  Hirtius  aus  JVarbo  vom  18.  AprU  erhielt 
Cicero  die  Nachricht,  dass  auch  Cn.  Pompejus  entkommen  sei.' ') 
Er  ■war  in  der  Schulter  verwundet,  und  wurde  nicht  in  Munda 
gefangen,'^)  sondern  entfloh  mit  150  Reutern  nnd  einigem  Fuss- 
volke  in  einer  Sänfte  1400  Stadien  weit  nach  Carteja,'^)  einer 
.Seestadt,  wo  seine  Flotte  vor  Anker  lag.  Die  Einwohner  nah- 
men ihn  auf;  als  sie  hörten,  dass  er  geschlagen  sei,  stimmte  ein 
Theil  für  die  Auslieferung,  und  schickte  Gesandte  zu  Cäsar;  An- 


7)  Ders.  2,  493.         8)  Dio  43,  38.  Flor.  4,  2.  {.  83.  84.         9)  B. 
ir.  31.  Veliej.  2,  55.  Gros.  6,  16.  App.  2,  493.  10)   B.   H.   32.  33. 

36.   Dio  43,   38.  11)    a«l  Alt.   12,  37.  §.  5.  12)    Plin.    3,    3  (1), 

13;  Sirabo  8,  141.     Der  Vf.  iles  B.  Hisp.  32  rechae»  170,000  SchriMe  TOn 
Cordnlia  bis  zn  dieser  Stadt.  Cic.  ad  Alt.  12,  44. 


XXI.    lULlI.        (31.  §.62.)        C39 

(lore  niocliten  dessen  Gunst  iiicLt  nm  einen  goIcLen  Preis  erkau- 
fen;  die  Parleien  griffen  zu  den  Waffen,  und  Poinpejus  gieng 
mit  20  ScLi/feu  so  eib'g;  in  See,  dass  er  bei  dem  Kappen  eines 
Taus,  in  welches  er  »ich  verwickelt  hatte,  am  linken  Fiisse  ver- 
letzt vs'urde,  und  sich  nicht  mit  Wasser  versorgte.  Diess  nölLigte 
ihn  zu  Linden.  Er  war  noch  an  der  Küste ,  als  Cäsars  Legat 
C  Didius")  nach  einer  Fahrt  von  vier  Tagen  mit  einer  Flotte 
von  Gades  eintraf,  und  die  Schiffe  nahm  oder  verbrannte.  Mit 
einem  kleinen  Gefolge  zog  er  in  das  Innere  gegen  Nordost,  wo- 
bei er  den  andern  Fuss  verrenkte.  Caesennius  Lento ,  später  als 
Freund  des  M.  Antonius  von  Cicero  auch  wegen  dieser  That  ge- 
tadelt,") setzte  ilim  nach,  erreichte  ihn  aber  nicht  eher,  als  bis 
er  schon  in  das  tarraconensische  Spanien,  in  die  Gegend  von 
Lauron  gekommen  war,'^)  obgleich  er  wegen  seiner  Wunden 
weder  reiten  noch  fahren  konnte.  Nach  mehrci-en  Gefechten  ver- 
barg' er  sich  in  einem  unwegsamen  ^Yalde  in  einer  Höhle ;  er 
durfte  hoffen,  hier  nicht  entdeckt  zu  werden;  der  Feind  nahm 
aber  einige  seiner  Soldaten  gefangen ,  und  diese  verriethen  ihn ; 
die  übrigen  leisteten  hartnäckigen  aber  fruchtlosen  Widerstand, 
sie  wurden  grösstentheils  mit  ihrem  Feldherrn  erschlagen.  Cäsar 
erhielt  dessen  Kopf,  und  liess  ihn  am  12.  April  in  Hispalis  öf- 
fentlich ausstellen  ,  damit  der  Tod  seines  Gegners  nicht  zweifel- 
haft blieb.") 

Sextas  Pompejus  war  weder  in  der  Schlacht,  noch  starb  er 
in  Spanien.")  Erstand  in  Corduba,*^)  wo  ihm  zuerst  Vale- 
rius  mit  zersprengten  Reutern  von  Cäsars  Siege  Nachricht  gab. 
Ohne  einen  Angriff  zu  erwarten,  entfernte  er  sich  in  der  Nacht 


14)     Oben    §.    59    fin.    Hier    A.    67.  IS)     1.    Th.    512.    A.    38. 

16)  Flor.  4,2.  J.  86.  Bei  dieser  Stadt  Latte  sein  Vater  dntch  Sprtorios 
grossen  Verlast  erlitten.  17)    Die   Erzälilung    im  B.  Ilisp.  32.  36  —  40 

benrknndet  ohnerachtet  des  verworrenen  Vortrags  nnd  der  barbarischeo 
Sprache  eine  genaue  Kenntniss  der  Ereignisse,  und  ist  den  znm  Theil  ab- 
weichenden Berichten  anderer  Geschichlitcbreiber  Torznziehen.  App.  2,  493. 
494.  Dio  43,  40  nennt  Caesennius,  bei  Flor.  4,  2.  J.  86  Cesonius.  Flut. 
Caes.  56  lUsst  irrig  Didius  den  Kopf  überbringen ;  er  verliess  die  Flotte 
nicht.  Unten  A.  31.  Strnbo  3,  141.  Zonar.  10,  10.  Cic.  12  Fhil,  9.  Vel- 
lej.  2,  SS.  Eutrop.  6,  24  (19).  (A.  Vict.)  de  vir.  ill.  84  in.  Oros.  6,  16. 
18)  Jenes  behauptet  (A.  Vict.)  de  vir.  ill.  nnd  dieses  Oros.  U.  cc.  Der 
Letzte  verwechselt  ilie  Brüder,  19)  Hier  A.  56  n.  A.  80. 


640  XXI.    lULII.        (31.  §.62.) 

nnfer  dem  Verwände,  dass  er  zn  dem  Dictator  reise,  nm  zn  nn- 
terLandeln.  - ")  Er  gieng'  aber  über  den  Iberiis  in  das  Land  der 
liacetaner,  ^')  und  sammelte  einen  TLeil  der  Besieg-len,  mit  wel- 
chen er  sich  eine  Zeitlang  als  Freibeuter  niihrte.  ^^)  Nach  dem 
Tode  Cäsars,  welcher  ihn  nicht  beachtete,  setzte  er  sich  mit  einer 
bedeutenden  Blacht  in  Sicilien  fest ;  hier  behauptete  er  sich  gegen 
Octavian  bis  zum  J.  36 ;  im  folgenden  wurde  er  als  Abenteurer 
in  Asien  getödtet. '^) 

Said  nach  seinem  Abgange  Ton  Corduba  erschien  hier  der 
Ritter  Quintius  Scapula.  Das  Schwerdt  hafte  ihn  bei  ÜMnnda 
verschont,  da  aber  die  Auflehnung  der  Legionen  gegen  Trebonins 
vorzüglich  sein  Werk  war,  und  die  Blaiiern  der  Städte  nach  der 
Miederlage  des  Heers  keinen  Schutz  mehr  gewährten ,  so  liess  er 
sich  auf  einem  Scheiterhaufen  durchbohren  und  dann  verbrennen, 
um  der  Beschimpfung  im  Grabe  zu  entgehen.  ' ')  Cäsar  lagerte 
bereits  in  der  Nähe;  die  Cordubenser  baten  ihn  immer  dringen- 
der, sie  zu  retten,  weil  die  Truppen,  zum  Theil  ihre  Sciaven, 
welchen  Sextus  die  Freiheit  geschenkt  hatte,  zum  AViderstaude 
rüsteten,  und  endlich  die  Stadt  anzündeten;  um  so  leichter  konn- 
ten die  Legionen  eindringen,  welche  an  22,000  tödteten. ") 
Auch  die  Einwohner  von  Hispalis  schickten  dem  Dictator  Ge- 
sandte entgegen.  Sie  erhielten  eine  nicht  zahlreiche  Besatzung 
imter  dem  Legaten  C.  Caninius  Rebilus,-^)  gegen  welchen  Philo, 
ein  Anhänger  der  Pompejer,  insgeheim  die  Scbaar  des  Caecilius 
Niger  aus  Lnsitanien  herbeirief.  Die  Römer  wurden  überfallen 
und  vertrieben.  Dennoch  rückte  Cäsar  nicht  näher;  er  wollte 
verhüten,  dass  die  Gewaltthätigkeiten  sich  wiederholten,  welche 
in  Corduba  verübt  waren,  und  die  Lusitaner  in  einen  flinterhalt 
locken;  als  sie  die  Stadt  verliessen ,  um  die  Schiffe  auf  dem 
Baetis  zu  verbrennen ,  wurden  sie  von  den  Reutern  niederge- 
macht. *  ')     Fast  überall  waren  die  Eingebornen  bereit,  dem  Sie- 


20)  B.  H.  32.  21)  So  DIo  45 ,  10.  n.  FUn.  3,  4  '3).   Bei  Strabo 

3,  161  mit  Beziehnng  anf  Sextus:  Jaccetaner.  22)    Dio    1.  c.    App.  2, 

494.  4,  637.  S,  7ä3.  Strabo  1.  c.  n.  141.  Plnt.  Caes.  56.  Zonar.  10,  10. 
Cic.  ad  Att.  12,  37.  J.  5.  Uv.  115.  Flor.  4,  2.  §.  87  u.  8.  §.  2.  23)  I. 
Tli.  20.  459.  461  n.  Pompeii.  24)  Oben  A.  51.  B.  H.  33.  App.  2,  493. 
25)  B.  H.  34.  Dio  43,  39.  26)  Oben  §.  59.  A.  21.  2.  TIi.  108.  A.  35. 
27)   B.   H.    35.   36.   Dio    I.    c.    Tgl.  ad  Att.  12,  37.     Hispalis  wird  später 


XXI.    lULH.        (31.  §.62.)        641 

ger  die  TLore  zu  öffnen,  ancL  in  Asta,  Gades  nnd  Carfefa;'*) 
gleicbwoLl  mnssten  sie  zahlen,  auch  wenn  er  zur  Belohnang-  Ab- 
gabefreiheit,  grösseres  Gebiet  oder  CoIonial-RecLfe  verlieL;-') 
in  Gades  beraubte  er  sogar  den  Tempel  des  Hercules.  ^  °)  Wäh- 
rend er  durch  die  Provinz  zog' ,  vsTirde  Cn.  Pompejus  erschlagen, 
aber  auch  durch  seine  lusilanischen  Krieger  an  C.  Didins  gerächt; 
sie  tödteten  ihn,  als  er  an  das  Land  gegangen  war,  seine  Schiffe 
auszubessern.^')  Am  hartnäckigsten  vertheidigten  sich  die  Pom- 
pejaner  in  Älunda.  *^)  Hier  waren  die  meisten  und  die  ent- 
schlossensten zurückgeblieben.  Dem  Leg-aten  O.  Fabius  Blaxi- 
mus  fehlte  es  bei  der  Belagerung  an  JMaterial;  man  errichtete 
Wälle  Ton  den  Leichen  des  Schlachtfeldes  und  heftete  diese  mit 
Spiessen  und  Schwerdtern  an  einander.^  ^)  Solche  Gräuel  würde 
Cäsar  nicht  geduldet  haben;  Fabius  vermochte  die  Krieger  nicht 
ZQ  zügeln;  durch  den  Kampf  ermüdet  und  erbittert  geiiethen  sie 
in  Wulh,  als  er  auch  jetzt  noch  nicht  endigte.  In  gleicher  Stim- 
mung sannen  ihre  Gegner  auf  Rache ;  der  schreckliche  Anblick 
empörte  sie ;  umringt  und  ohne  Aussicht  auf  Entsatz  meldeten 
sie  sich  in  grosser  Anzahl  als  Ueberläufer ,  um  bei  einem  Aus- 
falle der  Ihrigen  im  Lager  zu  sein,  und  mit  ihnen  die  Feinde 
zu  erwürgen.  Ihre  Zeichen  \^Tirden  bemerkt,  und  sie  starben; 
die  Belagerten,  welche  hervorbrachen,  ohne  diess  zu  ahnden, 
überlieferten  sich  selbst;  an  14,000  fielen  mit  den  Walfeu  in  der 
Hand,  die  übrigen  wurden  g-efangen.  **)  Von  Blunda  giengen 
die  Cäsarianer  vor  Ursao,  eine  stark  befestigte  Bergstadt,  welche 
in  ihrer  Umgebung  kein  Holz  und  Wasser  hatte,  und  daher  nur 
nach  grossen  Anstrengungen  erobert  werden  konnte.  ^  ^) 


nnter  dem  Namen  Julia  Romula  als  Colonie  erwähnt.  Isidor.  Etjm.  IS,  1. 
Reines.  Inscr.  Class.  3.  Mo.  26.  Grnler  201.  Mo.  6.  OreU.  Inscr.  2. 
Ko.  3724.  Nacli  Isidor.  1.  c.  erhielt  sie  diese  Rechte  von  Cäsar,  und  Dio 
1.   c.  scheint  es   zu   bestätigen.  28)    B.    H.    36.  29)    Dio    43,    39. 

Grnter.  225.  Ko.  3.  30)  Dio  1.  c.  Tgl.  B.  H.  39.  40.   42.  31)  B. 

H.   40.  Dio  43,  40.  32)    Mag   der    ältere  Pompejus  nach  der  Schlacht 

durch  die  Stadt  gegangen  sein ,  so  suchte  er  doch  nicht  hier ,  sondern  in 
Cartcja  einen  ZuBncbisort ;  Fabric.  zu  Dio  43,  38  hat  Strabo  3,  141  miss- 
versianden.  33)  B.  11.  32.  Aal.  Rl.  7,  6.  {.  5.  Flor.  4,  2.   §.  SS.  Dio 

43,  38.   App.  2,  493  erzählt  diess  tou  Corduba.  34)    B.    U.    41.  Dio 

43,  39.  riiu.  3,  3.  Gros.  6,  16  fin.  35)    B.    11.    41.    vgl,    28.  Strabo 

3,  141  :  Urson.    Plin.  3,  3  (1).  App.  Uisp.  263:  Orson. 
Druinann,   (icschiclitc  Roma  III.  41 


642  XXI.    lULII.        (31.  §.63.) 

Der  Dictatoif  berief  die  Angesehensten  im  jenseitigen  Spa- 
nien nach  Hispalis,  wohin  er  von  Gades  zurückkehrte.^*)  Er 
klagte  über  den  Undank  der  Provincialen ,  -welchen  er  als  Quä- 
stor,  Prätor  und  Consul  Gutes  erwiesen  habe;")  in  ilirer  Mitte 
sei  Q.  Cassius,  sein  Statthalter,  mörderisch  angefallen;^')  der 
Sohn  des  Pompejus  habe  Aufnahme  und  Hülfe  bei  ihnen  gefun- 
den, der  Tod  so  vieler  Römer  sei  daher  auch  durch  sie  verschul- 
det. Der  Schluss  seiner  Rede  ist  zwar  unbekannt,^*)  man  darf 
aber  voraussetzen,  dass  er  hier  wie  in  ähnUcben  Fällen  mit  der 
Ankündigung  einer  Geldstrafe  endigte,  und  die  Treuen  belohnte.*  °J  1 
Zum  Proprätor  ernannte  er  C.  Carrinas,  den  Vorgänger  des  Asi- 
nius  Pollio.  *  ') 

§    63. 

(a.  45.)  Seine  Freunde  in  Rom  fanden  nicht  Gelegenheit, 
sich  durch  Muth  und  Hingebung  zu  bewähren;  niemand  beunru- 
higte sie.  Aeusserlich  und  dem  Namen  nach  vertraten  ihn  M. 
Lepidus  als  Magister  Ecjuitum  und  die  Stadtpräfecten ;  ^ ' )  jener 
berief  den  Senat, '^)  und  diese  massten  sich  die  Ehrenzeichen 
der  höchsten  Magistrate  an,  deren  Gewand,  Lictoren  und  den 
curulischen  Sessel,**)  aber  nur  Baibus  und  Oppius  kannten  und 
vollzogen  seinen  Willen.*')  Die  Versteigerung  der  eingezogenen 
Güter,  welche  er  angeordnet  hatte,  dauerte  fort,  obgleich  Cicero 
scherzend  ein  Stocken  befürchtete,  weil  P.  Sulla,  ein  fleissiger 
Käufer,  jetzt  starb.**)  Da  Cäsar,  der  einzige  Consul,  abwesend 
war,  so  besorgten  die  Stadtpräfecte  die  Feier  des  Lateinerfestes, 
welche  gewöhnlich  im   Frühjahr  erfolgte.*')     Sie  veranstalteten 


36)  Am  30.  April  schrieb  er  ans  jener  Stadt  an  Cicero,  ad  Att.  13,  20. 
37)  Nicht  Alle  Tfaren  dieser  Meinung.  Sueton.  54.  Hier  §.  3.  A.  31.  §.  10. 
A.  2S.  38)  2.  Th.   156.  39)  Im  B.  H.  42  h.it  sich  nur  ein  Bruch- 

stück  erhalten.  40)    Dio  43,    39.   rgl.   Caes.    B.    C.    2,    21.   n.    hier 

5.  45  fin.  41)   App.  4,  637.  2.  Th.  6.  A.  42.  42)    Dio    43,   48. 

Hier  5,  62.    A.   73   n.   76.  43)    ad   Att.    13 ,   47.  44)    Dio   1.    c. 

45)  Oben  §.  62.  A.  77.  46)  ad  Fam.  9,  10.  15,  17.  19.  2.  Th.  523. 

A.  32  f.  47)  Dio  1.  c.     Es  Vfar  nur  Sitte,    einen  Prafect  für  die  Zeit 

zn  ernennen,  -wo  die  ConsiUn  an  diesem  Feste  sich  auf  den  albanischen 
Berg  begaben,  damit  er  in  unTOrhergesehenen  Fällen  sie  ersetzte.  Dio  41, 
14.  Tacil,  A.  6,  11. 


XXI.    lULlI.        (31.  §.63.)        643 

auch  im  Juli  (Owintil)  die  Apollinarspiele;  *'')  denn  Präitoreii,  zu 
deren  Befugnissen  es  g-ebode,'")  Latle  man  für  dieses  Jalir  noch 
nicht  gewählt."^)  Die  Aufsicht  über  die  nieg;alesischen  im  April 
verblieb  den  Aedilen.  ")  Bei  den  römischen  im  September'^) 
holfle  Cäsar  selbst  gegenwärtig;  zn  sein;  er  befahl  dem  AedU  L. 
Aeiius  Laniia,'^)   das  Nö'thige  vorzubereiten.  ^*) 

Ueber  seinen  Feldzug  Terlautete  nichts,  bis  entschieden  war;  *  ') 
die  Vertrauten  wussten  zwar  mehr,  als  die  Gerüchte  besagten, 
aber  auch  sie  konnten  den  Ausgang  nicht  verbürgen ,  weil  man 
sich  auf  dem  entfernten  Kriegsschauplätze  eine  lange  Zeit  das 
Gleichgewicht  hielt.  Cicero  und  die  anderen  Missvergnü'gfen 
forschten,  nicht  aus  Theiluahme  sondern  aus  Furcht ;  nur  die  Bot- 
schaft, dass  sowohl  Cäsar  als  die  Pompejer  gefallen  seien,  hätte 
sie  befriedigen  können ;  in  ihrem  Munde  war  es  zweideutig,  wenn 
sie  äusserten,  man  erzähle  sich  Unerfreuliches. ' '')  Es  befremdete 
hei  der  gewohnten  Kriegführung  des  Dictator ,  dass  man  nicht 
sogleich  von  grossen  Erfolgen  hörte;  seine  Feinde  waren  also 
stärker,  als  man  geglaubt  hatte;  diess  bestätigte  sich.")  Je  we- 
niger man  Gewisses  halte,  desto  mehr  wurde  erdichtet,  auch 
nach  der  Schlacht  bei  Älunda;  man  versicherte,  Pompejus  habe 
noch  bedeutende  Streitkräfte,  der  Krieg  sei  bei  weitem  nicht 
geendigt,'^)  und  Cauinius  Rebilus  im  Schiffbruche  untergegan- 
gen. *')  Cäsar  schrieb,  er  schickte  aber  keinen  Bericht  an  den 
Senat,  w'eil  er  gegen  Älilbürger  gefochfen  hatte.  Als  man  am 
20.  April,  am  Vorabende  der  Parilien,  seinen  Sieg  erfuhr,  be- 
schloss  man,  jenes  Fest  zum  Andenken  an  das  wichtige  Ereig- 
niss  zu  feiern,  und  dadurch  zu  bezeugen,  dass  der  Staat  gerettet, 
non    neuem    gegründet    sei.  ^'')     Der   Bürgerkrieg   kam   demnach 


48)    Dio   43  ,    48.  Oben  {.   1.  A.  73  f.    Nicht  Asinins  Pollio.     2.  Th. 
6.  A.  37.  49)    Cic.    ad    Att.    15,  26    28.    ad    Fam.   12,  2.     Brut.   20. 

1.  Th.   141.    A.  62.  50)  S.  unten  {.  65.   A.  57.  51)    Dio    43,    48. 

2.  Th.  179.  A.  41.  LIt.  34,  54.  52)  Oben  5.  4.  A  S7.  53)  Oben 
§.  62.  A.  75.  ad  Att.  13,  45.  ad  Fam.  II,  16.  17.  54)  ad  Att.  i.  g. 
55)  ad  Fam.  6,  I.  3.  4.  15,  18.  19.  ad  Att.  12,  23.  56)  ad  Fam.  15, 
17.  5.  3.  57)  ad  Fam.  6,  18.  §.  2.  9,  13.  58)  ad  Att.  12,  44. 
59)  Das.  12,  37  fin.  n.  1.  c.  60)  Dio  43,  42.  Oben  §.  62.  A.  96.  Auf 
Uhnliche  Art  schmeichelte  man  Caligula;  man  TvoUle  den  Tag,  an  ■welchem 
er  Kaiser  geworden  war ,  Parilien  nennen ,  velut  argumentum  rnrsns  condi- 

41* 


644  XXI.     lüLn.         (31.  §.63.) 

nicht  In  Betracht;  Lepidns  trug  in  der  Curie  auf  ein  Dankfest 
an ,  und  in  diesem  auf  den  Triumph ;  es  wurde  bewiliigl ,  und 
sollte  50  Tage  dauern ,  länger  als  je.  * ' )  Durch  Cäsar  hörten 
die  Römer  auf,  Republicaner  zu  sein,  Knechte  wurden  sie  durch 
sich  selbst ;  er  wollte  sie  nur  zügeln ,  und  sie  beluden  sich  mit 
Ketten;  so  erwünscht  schien  die  Veränderung,  dass  sie  sich  in 
den  Staub  warfen  und  ihn  zu  den  Göttern  erhoben,  ehe  noch 
der  Schlachtruf  in  Spanien  verhallte;  als  er  König  zu  sein  be- 
gehrte, erdolchten  sie  ihn.  Kiemand  wagte  es,  den  Uebergang 
zu  der  neuen  Ordnung  auf  eine  würdige  Art  zu  Termitteln ;  IM. 
Brutus  kam  in  dieser  Zeit  aus  dem  cisalpinischen  Gallien  zurück, 
warum  schwieg  er?  Dm-ch  den  versteckten  Aufall  in  der  Lob- 
schrlft  auf  Cato  besserte  er  nichts.  Warum  verweilte  Cassins 
müssig  in  Brundusium?  ^-)  Sah  der  Eine  das  Grab  der  Repu- 
blik nicht  eher,  bis  es  mit  dem  Diadem  bezeichnet  wurde,  oder 
freute  sich  der  Andere  der  Selbstvernichtung ,  so  lange  sie  ihn 
persönlich  hoffen  Hess?  Sie  waren  Begnadigte,  ohne  Befugniss^ 
sich  einzumischen  —  dann  waren  sie  noch  viel  weniger  am  fünf- 
zehnten März  dazu  befugt. 

Im  vorigen  Jahre  wurde  Cäsar  fiir  einen  Halbgott  erklärt,^  ^) 
jetzt  gieng  man  weiter;  seine  Statue  von  Elfenbein  sollte  bei 
den  circensischen  Spielen  mit  den  Bildern  der  Götter  auf  einem 
Prachtwagen  aufgeführt  werden.*''')  Eine  andre  Statue  des  Dicla- 
ior  mit  der  Inschrift:  dem  unüberwindlichen  Gotte,  wurde  für 
den  Tempel  des  Ouirinus  bestimmt,  um  ihn  auch  dadurch  als  den 
"-weiten    Gründer   der   Stadt   zu    ehren.  ^ ')     Er    hatte   das    Reich 


tae  OTbis.  Snet  Calig.  16.  Nicht  so  ■willkühilicli  Terfnhr  man  jetzt;  es 
ist  aber  'wahrscheinlich ,  das3  Batbus  und  Oppins  ihre  Nachrichten  absicht- 
lich zn  dieser  Zeit  bekannt  machten  ;  alle  Feinde  -waren  nun  überwunden, 
die  Monarchie  befeitigt,    eine    neue   Aera    begann.  61)    Dio    43,    42. 

Vgl.   hier   J.  60.  A.  84.  62)    Cic.    ad    Farn.    15,    17    ün.    2.   Th.   122. 

A.  49.  63)  Oben  §.  60.  A.  92.  64)  Dio  43 ,  45.  44 ,  6.  Sueton.  76. 
Heber  den  Wagen,  tensa;  Tgl.  Dionys.  11.  7,  72.  Cic.  ad  Att.  13,  28: 
Tu  hnnc  de  pompa.  Das.  13,  44:  Acerba  pompa.  Doch  wünschte  Cicero, 
welcher  anf  dem  Lande  war,  durch  Atücus  täglich  Nachricht  von  den  Spie- 
len zn  erhallen,  das.  13,  37.  §.  4;  er  tadelte  es  nicht,  dass  dessen  Tochter 
sie  sah,  das.  13,  44  und  dankte  ihm,  dass  er  sich  nicht  dadurch  abhalten 
liess,  ihm  zu  schreiben.  Das.  13,  43.  65)    Dio    43,    45.   Snelon.  1.  c. 

Valer.  M.  1,  6,  §.  13.  Flor.  4,  2.  J.  91.    Zonar.  10,  12.     Cicero  spottete 


XXI.    lULU.        (31.  §.63.)         645 

«lurch  die  Eroberung  von  Gallien  und  Nomidien  vergrösserf,  znm 
Zeichen  der  Anerkennung  wurde  er  ermäcLrigt,  das  Pomoerinm 
lloms ''*)  zu  erweitern,"')  wie  einst  Sulla;  *^)  ancL  war  scLon 
die  Kede  davon,  die  Tiber  werde  von  der  mulvischen  Brücke 
an  eine  andre  RicLtiing  erlialten ,  das  Marsfeld  dann  innerhalb 
des  Pomoerium  liegen  und  das  Volk  sich  auf  dem  vaticanischen 
versammeln.  ^^)  Aber  [Mancher  erwartete  ohnerachtet  dieser  Hul- 
digungen noch  immer  ein  Strafgericht,  besonders  Cicero.  Er  ver- 
lebte den  grössten  Theil  des  Jahrs  auf  dem  Lande,  „nm  die  Cä- 
sarianer  nicht  zu  sehen,  deren  Anblick  ihm  unerträglich  war,"  '  ") 
und  auch  von  Publilia,  seiner  zweiten  Geaiahliun  und  von  deren 
Verwandten  getrennt  zu  sein;'')  fern  Stehende  sollten  die  Ur- 
sach nur  in  dem  Schmerze  über  den  Verlust  seiner  Tochter  Tnllia 
suchen.  Am  längsten  verweilte  er  zu  Astura  und  zu  Tusculum ; 
seine  Reisen  nach  Arpinum  und  nach  Rom  waren  von  kurzer 
Dauer;  gegen  Ende  des  Jahrs  hielt  er  sich  einige  Zeit  in  Pnteoli 
auf,  dann  kehrte  er  nach  der  Hauptstadt  zurück.  In  der  Einsam- 
keit beschäftigte  er  sich  mit  Lesen  und  Schreiben,  nicht  ohne 
vielfache  Bemühung  des  Atlicus,  welcher  für  die  fehlenden  Bü- 
cher sorgte,  in  der  Geschichte  AufscLIuss  gab,  die  Zweifel  über 
die  Personen  lös'te,  welche  in  den  academisthen  Untersuchungen 
das    Wort   führen    sollten    und    über    die  Zueignung  des  Werks, 

über  Qnirios  Tempelgenossen,  und  über  den  nenen  Nachbar  des  Alticas,' 
•welcher  anf  dem  Onirinal  wolinte.  ad  Ajt.  12,  45.  47.  13,  28.  Ans  ad 
Att.  4,  1  erkliirl  sich  der  billeie  Scherz,  das.  12,  43:  besser,  er  ist  Mit- 
beTVohner  des  <^niiin,  als  der  Salus,  deren  Tempel  in  derselben  Gegend 
lag.  66)    LiT.    1,    44.    Gell.    13,  44.    DionTS.  H.  4,   16.  67;  Dio 

43,  SO.  44,  49.  Cic.  ad  Att.  13,  33.  13,  20.  35.  36.  Es  war  Cicero 
auch  deshalb  unangenehm,  wie  sich  aus  diesen  Stellen  ergiebt,  weil  er 
znm  Denkjnal  für  seine  kürzlich  verstorbene  Tochter  den  Gai-ten  des  Sca- 
pula  bei  der  Stadt  kaufen   wollte.  68)   2.    Th.   473.    A.    8.  Gell.  1.  c. 

Hahebat  ins  proferendi  pomoerii ,  qni  popnlnm  R.  agro  de  hostibns  capto 
auxerat.  Tacit.  A.  12,  23  spricht  in  dieser  Beziehung  nnr  von  Sulla  und 
Augnstus,  (Tgl.  Dio  55,  6.)  als  habe  Cäsar  -von  dem  ihm  gegebeneu  Rechte 
keinen  Gehrauch  gemacht ;  sein  Tod  Tereitelte  die  Ausführung  auch  \ieler 
anderer  Entwürfe;  Snet.  44.  Plut.  Caes.  58.  Dass  ein  atheniensischer  Geo- 
meter  mit  den  Messungen  beauftragt  wurde,  erhellt  aus  ad  Alt.  13,  35.  36. 
69)  ad  Att.  13,  33.  §.  5.  Also  ein  anderes  Fornm  (oben  §.  61.  A.  59.) 
und  ein   anderes   Marsfeld.  70)    ad   Att.    12,   21.   §.   5.  71)  Das. 

12,  32. 


646  XXI.    lULII.        (31.  §.63.) 

die  Arbeiten  abschreiben  liess  und  verbreitete,  und  daneben  in 
gleich  endlosen  Berathungen  die  Errichtung'  eines  glänzenden 
Denkmals  für  Tullia,  die  Herbeischaifung  der  Geldmittel  und  die 
Verhältnisse  zu  Cäsar  besprach.  Nur  diese  kommen  hier  in  Be- 
tracht. Cäsar  blieb  sich  gleich ;  er  schickte  Cicero  nach  dem 
Tode  seiner  Tochter  am  30.  April  ein  Troslschreiben  aus  His- 
palis,'^)  und  erwiederte  die  Schrift,  in  -vrelcher  er  Cato,  den 
Uticeoser,  pries,  nur  mit  einer  andern,  rühmte  seine  Darstel- 
lung, und  versicherte  von  ilim  gelernt  zu  haben, '^)  obgleich 
es  ihm  missfallen  mnsste,  dass  die  Stütze  der  Republik,  der  Trä- 
ger des  Alten,  gerade  jetzt,  und  jetzt  schon  von  mehrern  Seiten 
und  übermässig  gelobt,  und  selbst  Porcia,  Catos  Schwester,  von 
Cicero  in  einem  ähnlichen  Werke  gefeiert  wurde. "  *)  .Schon 
früher  war  diesem  das  Gestäudniss  entlockt ,  der  Dictator  scheine 
fi-eundlich  gegen  ihn  gesiunt  zu  sein,'')  die  fortwährenden  Be- 
weise seines  Wohlwollens  mussten  ihn  noch  mehr  davon  über- 
zeugen, zumal  da  auch  Baibus,  Oppius'*)  und  Hirtius ")  ihm 
mit  grosser  Achtung  und  Theilnahme  entgegenkamen.  Gleich- 
wohl fürchtete  er.  In  den  Briefen  an  A.  Torquatus,  Toranios 
und  an  andere  Verbannte  sprach  er  mit  Uebertreibung  von  der 
Gefahr,  in  welcher  er  sich  selbst  befinde,  um  sie  zu  trösten; 
es  zeigte  sich  ihm  keine  Rettung',  wer  auch  siegen  möge,  nichts 
beruhigte  ihn,  als  der  Gedanke,  dass  der  Tod  das  Ende  sei,"') 
und  in  der  Nähe  sehen  war  schrecklicher,  als  in  der  Ferne  hö- 
ren. '^)  Aber  er  glaubte  in  der  That,  man  werde  ihn  und 
seine  ehemaligen  Parteigenossen  nach  dem  Kriege  anfeinden, 
die  Rache  sei  nur  verschoben.  Blanches  bestärkte  ihn  darin :  M. 
Antonius  unterbrach  die  Reise  nach  Spanien ,  und  kam  plötzlich 
zurück ;  man  kannte  die  Ursach  nicht ;  ■\'ielleicht  überbrachte  er 
den   Befehl  zum   Morden. '")     Im   Piräeus   wurde   M.   MarceUus 


72)  Das.   13,  20.  22  fiu.         73)  Das.  13,  46.         74)  S.  das  Meitere 
nntea  §.  76.  A.  49  f.  75)  ad  Fara    6,  10.  76)   Das.  1    c.  ad  All. 

12,  19.  §.  4.  29.  §.  3.  44,  J.  4.  77)  ad  Atl.  12,  34  fiu.  37.  §.  5.44. 

78)  ad  Fara.  6,  3.  4.  21.  vgl.  20.  79;  Das.  6,  4:  Acerbius  est  -ridere 

quam  andire.  Tgl.  6,  1  in.  AI  Marcelliis  suchte  er  zur  Riickkelir  aus  dem 
Exil  in  überredeu:  qiiniu  le\iora  noa  multo  esseiit,  quae  audirentnr,  quam 
quae  \iderentnr.  Das.  4,  10.  80)   ad   Atl.  12,  18.  §.  7.  19.  §.  4.  20. 

i.   1.  1.  Th.  76.  Ä.  65  f. 


XXI.    lULII.         (31.  §.63.)         647 

nach  seiner  Begnadigen»  getödtef;  ein  nnerhörles  Verbrechen; 
nur  Cäsar  konnte  der  Urheber  sein;  von  diesem  Wahne  wurde 
Cicero  zwar  bald  geheilt ,  ^ ' )  er  bedachte  jedoch ,  dass  auch  Ale- 
xander durch  Schmeicheleien  übermiilhig  und  grausam  geworden 
war,"')  und  eine  gleiche  Wirkung  bei  dem  Dictator  umso  trau- 
rigere Folgen  für  ihn  haben  mnssle,  da  nicht  nur  sein  Cato,  ''^) 
sondern  auch  die  Verläumdungen  seines  Neffen  Quintus  in  Spa- 
nien **)  ihn  von  neuem  verdächtig  gemacht  hatten. 

Furcht  und  Hass  kämpften  in  ihm ;  es  war  ihm  BedürfnisS) 
geinen  Unwillen  zu  äussern,  und  die  Umstände  mahnten,  ihn  zu 
verbergen ,  und  in  das  Lob  des  Herrschers  einzustimmen ;  nor 
seine  Briefe  an  andere  Blissvergniigte  und  an  Atticus  tragen  das 
Gepräge  seines  Innern.  Es  ist  alles  aus  den  Fugen,  sagt  er 
darin,  man  fühlt  sich  nirgends  wohl;**)  auf  Rom  lastet  ein 
schimpfliches  Sclavenjoch  ,  *^)  selbst  das  Wort  ist  unter  dem  Ban. 
ne,^')  alle  Glieder  des  Staats  sind  gebrochen  und  gelähmt;*^) 
nur,  wer  eine  grosse  Seelenstärke  besitzt,  vermag  diess  zu  er- 
tragen, ein  Trost  ist  nicht  denkbar.*^)  Von  Einem  erwarten 
Alle  ihr  Heil;  Cicero  darf  nicht  auf  das  Land  entfliehen,  um 
Müsse  zu  finden;  seine  ViUen  haben  nur  noch  den  Vorzug,  dass 
sie  ihn  vor  dem  Anbück'  gewisser  Slenschen  be-w^ahren,  ihn  den 
Zustand  des  Senats  und  der  Gerichte  vergessen  lassen ,  und  er 
ungestört  und  unbeachtet  um  die  Republik  trauern  kann.  ^°) 
Man  rufe  ihn  nicht  zu  der  gewohnten  Beschäftigung  zurück;  nur 
mit  Mühe  und  aus  Gefälligkeit  gegen  Freunde  entschliesst  er 
sich,  bei  den  Wahlen  gegenwärtig  zu  sein,  welche  Cäsar  wohl 
ohnehin  nicht  auf  dem  Alarsfelde  sondern  auf  dem  Fenchelfelde 
in  Spanien  halten  ^v^rd.  ' ' )  Seine  Würde ,  sein  Ansehn ,  die 
Frucht  grosser  Anstrengungen,  ist  dahin;  und  nun  hat  er  anch 
seine  Tochter  verloren;  einst  fand  er  Trost  in  seinem  Hause, 
wenn  das  öffentliche  Leben  ihn  betrübte,  jetzt  sucht  er  in  die- 
sem vergebens   Ersatz   für   das    häusliche   Missgeschick;")   ver- 


81)    ad   Att.    13,    10.    §.    1  n.  5.  2.  Tli.  397.  A.  95.  82)  ad  Ati. 

13,  28.   §.  2.  83)  ad  Farn.  7,  25:  Vereor,  ne  in  Catooiiuu  Catoolnos. 

Si)  ad  Att.  12,  38.  §  2.  13,  9.  n.  besonders  13,  37.  85}  ad  Fam.  6,  1. 
86)  Das.  16,  18.  87)  Das.  15,  16  &a.  88)  Das.  5,  13.  89)  Dax. 
6,  i.  90)  Das.  6,  18.  ad  Att.  12,  21.  §.  5.  28.  §.  3.  91)  ad  Att. 

12,  8.  Unten  §   64.  A.  47.  92)  ad  Fam.  4,  6. 


648  XXI.    lULn.         (31.  §.63.) 

wais't  üb€rall,  in  einem  Älter,  wo  er  des  LöcLsfen  RoLms  sich 
erfreuen  sollte,  und  sich  zu  leben  scliämt,  muss  er  seine  ZuflucLt 
zu  den  Wissenschaften  nehmen;  sie  heilen  seine  Wunden  nicht, 
sie  erinnern  ihn  an  ein  elendes  Dasein ,  an  ein  erz^vung-enes 
Schweig:en,  an  eine  Zuriickg-ezo^enheit ,  worin  er  lies't  und 
schreibt,  weil  er  nichts  ist,  nichts  sein  kann,  weil  ihm  nichts 
anderes  übrig  bleibt,  s^)  Wie  ungereimt,  wenn  Brutus  sagt,  es 
sei  Cäsars  Absicht,  sich  wieder  an  die  Optimaten  anzuschliessen, 
sich  also  aufzuk.nii])fen ;  er  hat  sie  in  die  Unterwelt  geschickt,'''') 
und  er  ist  selbst  nicht  frei,  der  Finch  jedes  Bürgerki-ieges  trifft 
auch  ihn,  der  Sieger  muss  die  Helfer  schalten  lassen.^') 

So  dachte  Cicero;  aber  das  Sclircckbild  der  suUanischen  Zei- 
ten machte  ihn  fügsam;  es  waren  nnr  Worte,  wenn  er  der  Ge- 
fahren spottete,  weil  er  dem  natürlichen  Ziele  des  Lebens  nahe 
sei ,  in  einem  Kriege ,  welcher  Pompejus  und  so  viele  andere 
grosse  Älanner  abgerufen  hatte,  kein  besseres  Leos  begehrte.^ ^) 
Auch  jetzt  trat  Atticus  vermittelnd  ein ;  er  wusste ,  dass  sein 
Freund  vor  einem  Schatten  zitterte,  und  dass  man  Furcht  und 
Rummer  am  leichtesten  verscheuchen  werde ,  wenn  es  gelang, 
ein  stolzes  SelbstgefülJ  in  ihm  zu  wecken;  daher  sein  ßath,  Cä- 
sar ein  A'\'^erk  über  die  Verfassung  zu  widmen.  ^ ')  Darin  lag 
eine  Anerkennung  seiuer  Verdienste  und  seiner  Staatsweisheit, 
eine  ehrenvolle  AulTorderung ,  der  Republik  zu  nützen,  und  ein 
Beweis,  dass  es  auch  jetzt  noch  möglich  sei.  Cicero  gieng  dar- 
auf ein;  er  las  die  Schriften  iüiulichen  Inhalts,  welche  Aristo- 
teles und  Theopompus  Alexander  zugeeignet  hatten,^')  obgleich 
er  fühlte,  dass  auch  unter  dieser  Form  sich  eine  Huldigung  ver- 
berge ,  und  Cäsars  Gelehrigkeit  ihm  zweifelhaft  war.  ^  *)  Bei 
den  Griechen  fand  er  nichts;  sie  schrieben  unter  anderen  Ver- 
hältnissen, Aristoteles  war  der  Lehrer  des  Königs  gewesen ,  sein 
Unternehmen  konnte  dagegen  als  Anmassnng  erscheinen,  anch  in 
dieser  Hinsicht  war  es  schwierig,  es  trug  dazu  bei,  dass  ihm  die 


93)  Das.  5,  15.  vgl.  13,  28.  31.  §.  3.  ad  Alt.' 13,  10.        94)  ad  Alt. 
13,  40.         93)  ad  Fam.  12,   18.         96)  ad  Fam.  6,  4.  97)   Epislolam 

ad  Caesarem.  ad  Alt.  12,  40.  §.  2.  49  lin.  13,  26.  §.  3.  98)  Das.  12, 

40.  §.  2.  13,  28.  99)   Das.    12,   40.   $.   2.  13,  27.  §.  1:   Quod  enim 

aliud  argoineutam  epistolae  nostrae,  nisi  xolitxtct ,  iaiti  • 


XXI.    lULII.        (31.  §.63.)         G49 

IVlicLte  fast  oLne  ScLlaf  verg-ien gen ,  doch  wurde  die  Arbeit  bald 
b<endig't.  Sollte  man  sie  nun  aber  aucL  abscliicken?  Atticus 
Latle  auf  den  dornenvollen  Wej  gefiilirt,  er  miisste  helfen;  das 
Sendschreiben  'svanderte  zu  ihm  von  Tnsculum  nach  Rom,  und 
er  erklärte:  es  könne  abgeben,  es  sei  gut. '°°)  So  scheint  es 
mir  auch,  erwiederte  Cicero,  es  ist  nichts  darin,  -was  Anstoss 
geben  konnte;  doch  bat  er,  es  „den  Anderen,"  Oi>pius  und  Bal- 
bns,  vorzulegen;  wenn  sie  nicht  völlig;  tOuverstanden  seien,  so 
müsse  man  es  unterdrücken.  Sie  riethen  niehreres  zu  ändern,  die 
Stelle  insbesondre,  welche  den  Krieg  mit  den  Parthern  empfahl; 
—  man  konnte  glauben,  der  Verfasser  hoffe  Cäsar  wie  Crassus 
endigen  zu  sehen;  auch  knüpfte  sich  an  den  längst  beschlossenen 
Feldzug  ein  geheimer  Plan ,  er  sollte  das  Königthum  ius  Dasein 
rufen,  wenn  andere  IMittel  nicht  zum  Ziele  führten,  und  jetzt 
nicht  öffentlich  mit  dem  Dicfator  besprochen  werden.')  —  Cicero 
war  verstimmt;  er  mochte  den  widerwärtigen  und  widerstreben- 
den Stoff  nicht  umgestalten.')  „Wozu  sich  nutzlos  plagen ?  Die 
Absicht,  Cäsar  zu  verpflichten,  wird  nicht  erreicht;  er  könnte 
glauben,  die  Gabe  verdanke  er  seinem  Siege,  sie  solle  ihn  mit 
der  Lobschrift  auf  Cato  versöhnen;  sie  kommt  zu  spät.  ^)  Ihm 
noch  mehr  zugestehen  ?  Es  ist  ihm  in  dem  Schreiben  nachgelas- 
sen, —  denn  ohne  Erlaubniss  würde  er  es  nicht  wagen  —  in 
Betreff  des  Partherkriegs  nach  eigenem  Ermessen  zu  verfahren, 
wenn  der  Rath  ihm  nicht  gefalle.  Blag-  er  das  \ergs(e  beschliessen, 
Verbannung  oder  Tod;  Cicero  hat  sein  Theuerstes,  seine  Tnllia, 
verloren,  ihn  schreckt  nichts  mehr;')  er  will  in  freier  Untersu- 
chung si'h  ergehen,  nidit  vor  sich  selbst  erröthen,  so  lange  zu 
leben  und  zu  schreiben  ihm  vergönnt  ist."  *)  Die  Bemerkung, 
es  könne  übel  gedeutet  -vverden,  dass  er  erst  am  Ende  des  Krie- 
ges an  Cäsar  denke,  bezieht  sich  auf  dieses  Werk;'')  ehe  er 
Docli  von  der  .Schlacht  bei  Munda  benachrichtigt  war,  überscliickte 
er  ihm  z^vei  Briefe,')  in  welchen  er  ilim  einige  seiner  Freunde 


100)  ad  Att.  12,  49.  51.  {.  3.  1)  Das.  13,  27.  13,  31.  S.  nnte„ 

§.  66.  A.  40.  2)    .-»d  Alt.   13,  28.  §.  2:    Kescio  quid  e  qnercii  exscid- 

pseram,    qnod    -videretur    siniile    simalacri.  3)    Das.    13,    27.    §.     I. 

4)    Das.   13,   28.  5)    Das.    13,   20.   32.   §.   2.  6)    Das.    13,   27. 

7)  ad  Farn.  13,  IS.  16. 


650  XXI.     lULH.  (31.  §.63.) 

empfabl,  in  der  TLat  aber  sich  selbst.  Der  Erste  ist  in  einem 
leichten ,  scherzenden  Tone  gehalten ,  und  mit  griechischen  Ver- 
sen g-ewiirzt,  beide  aber  verralhen  den  Meister,  der  es  eben  so 
wohl  verstand,  dein  Gebieter  scheinbar  mit  der  Unbefangenheit 
eines  Gleichgestellten  zu  huldigen,  als  einen  Catillna  mit  gewal- 
tigen Worten  zu  Boden  zu  werfen.  Nach  langer  Zeit  folgte  auf 
Atticns  Betrieb  ein  anderes  Schreiben,  welches  das  Liob  des  An- 
licato  in  Hinsicht  auf  die  Darstellung  enthielt,  und  nach  einge- 
holtem Gutachten  des  Oppius  und  Baibus,  welche  es  unübertreff- 
lich fanden,  an  Dolabella  zur  Beförderung  abgieng.  Vergebens 
erwartete  Atticus  eine  Abschrift,  und  diess  bestätigt,  was  er'ver- 
muthete,  dass   es  nicht  freimiithig  abgefasst  war.  ^) 

Nicht  die  Schlachtfelder  allein,  wo  sie  den  Todesstreich  em- 
pfieng,  gewähren  den  Anblick  der  hinsterbenden  Republik,  und 
nicht  der  Sieger  allein  darf  auf  dem  Schauplatze  erscheinen,  wenn 
man  das  w^erdende  Reich  beobachten  will.  Der  Kampf  zwischen 
dem  Alten  und  Neuen  zeigt  sich  am  deutlichsten  in  Cicero,  in 
dem  Schmerze,  mit  welchem  er  dem  Einen,  seinen  Ansprüchen 
und  seineu  Freuden  entsagt ,  und  dem  Andern  sich  zuwendet, 
wie  der  Verurtheilte  seinem  Kreuz;  kein  Römer  hat  wie  er  in 
diesem  Zustande  von  sich  und  seinen  Zeiten  Zeugniss  gegeben, 
aber  Viele  fühlten  und  handelten  wie  er ;  mit  jeder  Nachricht 
aus  Spanien  stieg  die  Gunst  der  Cäsarianer  im  Preise,  man  suchte 
sie  auf  oder  wies  sie  doch  nicht  zurück.  Cicero  glaubte  schon 
früher  auf  die  Fürsprache  des  Balbus ,  Oppius  und  Hirtius  rech- 
nen zu  können.^)  Auch  mit  Dolabella,  seinem  Schwiegersohne, 
welcher  an  Tullia  gefrevelt  hatte,  blieb  er  in  gutem  Vernehmen 
und  schrieb  ihm  nach  Spanien,  als  seine  Tochter  gestorben  war, 
er  wünsche  ihn  zu  seinem  Tröste  bei  sich  zu  sehn ;  '  °)  nach  der 
Rückkehr  behandelte  er  ihn  als  Freund  und  Verwandten,")  und 
wechselte  dann  wieder  Briefe  mit  ihm;")  sogar  ein  Werk  wollte 
er  ihm  widmen;  TuUias  Alanen  hielten  ihn  nicht  davon  ab,  son- 
dern die  Furcht  vor  dem  Gerede  der  Leute,  ■^velchen  eine  so  ge- 
naue Verbindung  mit  dem  Cäsarianer   missfallen   konnte. '  *)     Es 


8)  ad  Att.  17,  50.  51.  Unten  §.  76.   A.   73.  9)    ad    Farn.   6,    18 

n.  6,  10.  Oben  A.  76.  77.         10)  ad  Farn.  9,  10.  11.  13.  11)  ad  Au. 

12,  7.  13.  9.  45.  47.  12)  ad  Fam.  9,  12.  13)  ad  A«.  13,  10.  13, 


XXI.     lULU.  (31.  §.63.)         651 

feLlte  freilich  nicht  an  Beweisen,  dass  dieser  Tiel  Tcrmochte.'*) 
In  den  Briefen  an  Q.  Comificius  bemerkt  man  mehr  Innigkeit 
und  Offenheit ,  doch  beweis't  die  Bezeichnung  „unser  Cäsar," 
wie  sehr  Cicero  die  Verhältnisse  ehrte.'')  Sein  schriftlicher 
Verkehr  mit  P.  Vatiuius  kostete  ihn  dagegen  eine  grosse  Selbst- 
überwindung. Der  Name  dieses  Blannes  erinnerte  ihn  an  eine 
schmachvolle  Vergangenheit,  an  Cäsars  Consulat,  in  welchem  er 
sich  zum  Werkzeuge  herlieh ,  an  einen  heftigen  Streit  mit  ihm 
nach  dem  Exil  und  in  Folge  desselben,  an  die  Demülhigung, 
dass  er  ihn  vor  Gericht  hatte  vertheidigen  müssen,  und  jetzt  bat 
sein  Client  nach  einem  unbedeutenden  Feldzuge  in  Illjrien,  sein 
Gesuch  um  ein  Daukfest  bei  dem  Senat  zu  unterstützen.  Er  ver- 
sprach ihm  nicht  nur  hierin,  sondern  in  Allem,  was  er  irgend 
wünschen  könne,  seine  guten  Dienste ;  es  werde  ihm  eine  Freude 
sein ,  fügt  er  hinzu ,  ihn  in  irgend  einer  Angelegenheit  zu  för- 
dern. Eine  neue  Veranlassung  dazu  fand  sich  bald;  Vatinius 
erlitt  im  Winter  in  Dalmatien  grossen  Verlust;  der  Gönner  sollte 
ihn  nun  bei  Cäsar  vertreten.  '*)  Man  kann  fragen,  wem  es  am 
meisten  zur  Ehre  gereicht,  dass  man  einem  Begnadigten  solchen 
EinHuss  zuschrieb,  und  dass  selbst  die  Legaten  des  Machthabers 
sich  um  seinen  Schutz  bewarben,  jeder  Zweifel  aber  über  die 
wahre  Ursach  seiner  Hingebung  vei'schwindet,  wenn  man  ihn  in 
seinen  Verhältnissen  zu  ]M.  Tigellius  Hermogenes  betrachtet. 
„Der  Flötenspieler,  zugleich  ein  erträglicher  Sänger"")  beklagte 
sich,  dass  Cicero  einst  seinen  Grossvater  Phameas  gegen  sein  ge- 
gebenes Wort  nicht  vertheidigt  habe,  obgleich  er  ihm  wegen 
eines  andern  Rechtshandels  nur  an  einem  bestimmten  Tage  nicht 
dienen  konnte,  und  dass  er  im  Bewusstsein  seiner  Schuld  Miss- 
trauen gegen  ihn  zeige.  Atticus  wurde  ersucht,  den  Frieden 
herzustellen.  „Der  Sarde,  verpesteter  als  sein  Vaterland,  von 
Licinius  Calvus  längst  in  einem  Schmähgedichte  gebrandmarkt, 
der  Einzige  unter  Cäsars  Freunden,  welcher  Cicero  nie  eine  Auf- 
merksamkeit bewies,  war  diesem  sehr  gleicLgültig,"  aber  der 
Dictator  liebte  ihn ,  und  Fabius  Gallus  warnte ,  es  nicht  dahin 
kommen  zu  lassen,   „dass    der   Spott  über  ihn  sich  in  ein  sardo- 


1^)    ad  Farn.   6,    II.  15)    ad   Fam.  12,  17.  18.  16)    Das.  S, 

9  —  11.  17)  Das.  7,  24,  Uorat.  Serm,  1,2. 


652  XXI.    lULII.        (31.  §.63.) 

niscLes  LacLen  verwandle;"'^)  er  konnte  scLaden,  und  Atficus 
sollte  ilni  unverzüglicli  besünfligen ,  elie  Cäsar  aus  Spanien  zu- 
rückkam. ' ') 

Es  erklärt  sich  nicht  so  leicht,  was  Cicero  an  M.  Brutus 
fesselte.  Dieser  war  ihm  während  der  Verwaltung  Ciliciens 
durch  die  Zumulhung-,  seinen  Wucher  in  Asien  zu  begünstigen, 
sehr  lästig'  geworden,  und  durch  den  geringen  Eifer,  mit  wel- 
chem er  die  Angelegenheit  betrieb,  gegen  ihn  gereizt ;  daher  ent- 
halten Ciceros  Briefe  an  ihn  aus  dem  vorigen  Jahre,  wo  er  als 
Statthalter  im  cisalpinischen  Gallien  stand ,  nur  Empfehlungen 
ohne  eine  Spur  von  Vertraulichkeit.  ^  °)  Neuen  Anstoss  gab  die 
Lobschrift  auf  Cato,  weil  Brutus  nicht  genug  darin  hervorhob, 
Avie  sehr  der  Consul  des  Jahrs  63  durch  die  Älassregeln  gegen 
Catilina  sich  um  den  Staat  verdient  gemacht  habe.^ ')  Gleichwohl 
suchte  Cicero  mit  einer  fast  ängstlichen  Gellissenheit  sich  ihm  zn 
nähern,  ohne  es  zu  beachten,  dass  man  ihm  nicht  entgegenkam. 
Es  hatte  besondern  AVerth  für  ihn,  dass  auch  Brutus  ihm  nach 
Tullias  Tode  seine  Theüname  bezeugte;  die  Antsvort  sollte  Atti- 
cus  prüfen,  und  wenn  sie  ihm  missfiele,  nicht  abschicken,  denn 
er  fürchtete  in  dieser  Beziehung  einen  falschen  Schritt  zu  thun.'*) 
Er  wünschte  zu  wissen,  wann  Brutus  aus  der  Provinz  anlangen 
"werde,  in  welcher  Pansa  ihm  folgte,  und  berechnete  die  Zeit, 
mochte  aber  aus  den  früher  erwähnten  Gründen  nicht  gern  nach 
Rom  gehen,  ihn  der  Sitte  gemäss  zu  begrüssen,  und  sann  auf 
eine  Entschuldigung,'^)  und  doch  verletzte  es  ihn,  dass  jener 
seine  Einladung  ablehnte,  nach  Cuniä  zu  kommen,  wo  Beide 
Güter  hatten,  „eine  grosse  Gemeinheit."-'')  Brutus  meldete  ihm 
indess  seine  Ankunft  in  Rom  „in  einem  leidlich  abgefasstea 
Briefe ; "  auch  deutete  er  es  zum  Besten ,  dass  er  nur  einen 
schriftlichen  Glückwunsch  erhielt,  ' ')  und  bat,  Cicero  möge  nach 
dem  schmerzlichen  Verluste  sich  ermannen  und  dem  einsamen 
Leben    entsagen.     Briefe    und    Ant^Yorten  schienen  dem  Cousular 


18)  Vgl.  Serv.  xa  Virg.  Ect.  4,  24.  7,  41.  19)   a.l   Att.  13,  49. 

SO.  51.  ad  Farn.  7,  24.  2S.  20)  ad  Att.  13,  10—  14.  Vgl.   liier  §.  56. 

A.   77.  21)    ad    Att.    12,    21.  22)     Das.    12,    13.    14.    15.    18. 

a3)  Das.  12,  19.  27.  29.  24)  Das.  12,  36.  25)  Das.  13,  3.    Vgl. 

12,  37.  13,  33  fin. 


XXI.     lULII.         (31.  §.63.)         653 

so  wichtig  zu  sein,  dass  er  sie  fortwäLrend  Atlicus  Torlegte.  =^) 
Aach  so  manchen  Reibungen,  bei  welchen  man  sich  jedoch  mehr 
jingezogen  als  abgestossen  halte,  war  es  peinlich  fiir  Cicero,  sei- 
nen Freund  in  Tusculura  zu  empfangen,  wo  auch  jener  eine 
Villa  hesass;  Atlicus  sollte  gegenwärtig  sein,  nnd  da  er  sich 
einfand,  so  bleibt  hier  wieder  manches  Dunkel.  - ')  Wahrschein- 
lich sprach  man  von  Avissenschaftlichen  Gegenständen ,  Ton  der 
Stoa  und  von  Drulus  Schriften,  besonders  von  seinem  Auszuge 
aus  der  Geschichte  des  C'oelius  Antipater,  mit  welchem  Cicero 
sich  sofort  beschäftigte.  ' ')  Er  wagte  es  noch  nicht,  gegen  einen 
]\Iann,  welcher  abtrünnig  -wie  er  öffentlich  zu  Cäsars  Fahne  ge- 
schworen halte,  sich  frei  zu  äussern,  aber  er  beobachtete  ilin  mit 
steigendem  Interesse;  daher  nun  auch  die  häufigen  Aufragen  und 
Mittheihingen  über  seine  Verheiralhung  mit  Porcia,  der  Tochter 
Catos,  ^vodurrh  er  dem  verwais'ten,  im  Bürgerkriege  verwais'ten 
porcischen  Geschlechte  noch  näher  trat.  ^^)  Er  war  nun  schon 
„unser  Brutus",  und  fühlte  sich  ebenfalls  zu  seinem  älleru 
Freunde  so  sehr  hingezogen,  dass  er  während  seines  Aufenthaltes 
in  Tuculum  ihn  jeden  Tag-  zu  sehen  wünschte.  ^°)  Cicero  hatte 
ihm  in  dem  Werke  über  die  berühmten  Redner  eine  Rolle  ge- 
geben, (im  Brutus)  und  ihm  den  Orator  zugeeignet,  '')  jetzt 
widmete  er  ihm  die  Bücher  de  Finibus;^")  er  wollte  ihn  auch 
in  den  academischen  Untersuchungen  redend  einführen,  wenn 
etwa  Varro  auszuschliessen  sei,  und  Hess  ihm  seine  Lobschrifl 
auf  Catos  Schwester  in  einem  berichtigten  Exemplare  zugehen.  ^ '} 
Wiederholt  beklagte  er  die  Uneinigkeit  zwischen  Porcia  und  ihrer 
Schwiegermutter  Servilia,  wodurch  Brutus  betrübt  und  für  den 
Umgang  verstimmt  wurde.'')  Er  g'edachte  diesen  bei  seinem 
Testament'  als  Zeugen  zuzuziehen,  und  Atlicus  fand  sich  ver- 
anlasst, von  dem  gemeinschaftlichen  Freunde  und  von  dessen 
Liebe  zu  ihm  so  viel  zu  schreiben,  dass  kein  Raum  für  die 
eigenen    Angelegenheiten   übrig    war.  ^*)     Brutus    sprach    täglich 


26)    Das.  13,  6.  27)    Das.    13,  4.  5.  7.  8.  281    Das.  13,  8. 

2.  Th.  423.   A.  54.  29)    .id   A«t.   li,  10.   11.   16.  14.  17.  2.  Tli.  105. 

No.  38.   382.  J>o.  50  u.  rorcii.         .'iO)  ad  Alt.  13,  11.         31)  Das.  12,  17. 
Vgl.  ad  Fam.  6,  18.  32)   ad   Alt.   13,    12.    19.  21.  23.  33)  Das. 

13,  25.  37.  48.  34)  Das.  13,  22.  23.  S.  lunii   No.    34,  35)   Das. 

13,  25.  35.  36. 


654  XXI.     lULn.         (31.  §.64.) 

auf  das  ehrenvollste  von  iLm,  wie  er  auch  aus  anderen  Briefen 
ersah;  ^*)  um  so  weniger  konnte  es  ihn  irren,  dass  jener  nach 
dem  spanischen  Feldznge  Cäsar  entg'eg:eng'ieng ;  ")  als  er  jedoch 
die  erfreuliche  Botschaft  nach  Rom  schickte:  der  Dictator  werde 
sich  wieder  mit  den  Gutgesinnten  verbinden ,  bemerkte  Cicero  in 
einem  Briefe  an  Alticus :  wo  bleibt  nun  dein  Lieblingskunstwerk, 
welches  ich  im  Parthenon  gesehen  habe ,  ( Servilius )  Ahala  und 
Brutus?^*)  Diese  Anspielung  auf  den  Feind  des  Tarqnin  und 
den  Mörder  des  Sp.  Manlius,  welcher  angeblich  König  zu  werden 
Loifte,  auf  Ahnherrn  des  Jüngern  Brutus,  —  denn  beide  galten 
dafür  —  lässt  einen  tiefen  Blick  in  seine  Seele  werfen.  Die 
Verbindung  dauerte  indess  fort;  jeder  Wink  des  Brntus  wurde 
von  ihm  beachtet,  der  Rath,  in  der  Rede  flir  Ligarius  eine  falsche 
Angabe  zu  tilgen,  und  an  Cäsar  zu  schreiben;  es  machte  ihn 
sehr  besorgt,  dass  sein  Neffe  Quintus  durch  Einflüsterungen  auch 
hier  störend  werden  konnte.  ^^)  Aus  dem  Allen  ist  vorerst  zu 
entnehmen,  dass  Cicero  es  war,  welcher  dieses  Verhältniss  herbei- 
zuführen suchte,  dass  ein  äusserer  Grund,  anfangs  bei  einigem 
innern  Widerstreben ,  ihn  dazu  bestimmte ,  und  nicht  bloss  der 
Wunsch,  bei  Cäsar  noch  mehr  Fürsprecher  zu  haben,  dass  der 
Gedanke  an  Brutus,  den  Tyrannenfeind ,  wenigstens  durch  seine 
Seele  flog ,  und  er  noch  nngewiss  war,  ob  der  jüngere  sich  dem 
Neuen  gefangen  geben  oder  das  Alte  vertreten  werde. 

§   64. 

'a.  45.)  Auch  Andere  sahen  Cäsar  mit  bangen  oder  mit 
frohen  Erwartungen  entgegen;  er  war  das  Schreckbild  oder  die 
Gnadenijuelle  für  Alle;  selbstsüchtig  ond  unter  nnrichligen  Voraus- 
setzungen berechneten  Hohe  und  Geringe  die  Rückwirkung  des 
allo-emeinen  Umschwungs  auf  ihr  Schicksal ,  nur  in  ihrem  Zu- 
sammenhange mit  persönlichen  und  kleinlichen  Interessen  ge- 
wannen die  Weltbegebenheiten  eine  Bedeutung.  Wenige  kannten 
die  Gesinnungen  des  Herrschers  oder  die  Pflicht,  welche  seine 
Stellung  ihm  auflegte,  die  Parteien  in  einander  zu  verschmelzen; 
man  hoffte  oder  fürchtete,  weil  man  Cäsariauer  oder  Pompejaner 


36)     ad   Att.    13,    38.  37)    Das.   13,    23.  39.  40.  38)   Das. 

13,  40.   Vgl.  Liy.  4,  14.  39)    ad  Alt.  13,  40.  41.  44.  §.  1  u.  4. 


XXI.    lüLn.         (31.  §.64.)         655 

^'pwesen  war.  Die  Römer,  welche  nacL  der  Schlacht  bei  Phar- 
siilus  aus  Misstrauen  oder  Hass  im  Osten  blieben,  verlangte  nach 
Berichten  über  Spanien;  sie  baten  die  Freunde  um  ihre  Ver- 
\vendung'  und  zweifeilen  selbst  an  einem  glücklichen  Erfolge,  da 
der  Dictator  solche  hartnäckige  Gegner  aus  Vorsicht  nur  nach 
einigem  Zögern  begnadigte.  *°)  Man  hielt  es  für  bedenklich, 
sein  Mitei-be  zu  sein,  weil  man  mit  dem  Löwen  nicht  füglich 
auf  gleiche  Bedingungen  theilt.  *  ■ )  Andere  versöhnten  sich  mit 
seiner  angemassten  flacht,  wenn  sie  hoffen  durften,  bei  den 
Spielen  und  der  Bewirthung  des  Volks  nach  seiner  Rückkehr 
Aufträge  zu  erhalten  und  dadurch  zu  gewinnen.  *  -)  Der  Ross- 
arzt Herophilus  wollte  auf  dem  nächsten  Wege  zu  Ansehn  und 
Reiclithum  gelangen;  er  nannte  sich  C.  Blarius,  einen  Enkel  des 
berühmten,  einen  Verwandten  Ciceros  und  Cäsars;*')  vornehmen 
Geschlechtern  s'  h  aufzudringen,  war  in  der  Ordnung.  **)  Auch 
die  Bundesgeuossen  suchten  ihr  Heil  bei  dem  Dictator;  er  war 
noch  jenseits  der  Alpen,  als  Ariarathes,  der  Sohn  des  cappa- 
docischen  Königs  Ariobai-zanes,  nach  Rom  kam,  „vermuthlich  um 
ein  Königreich  zu  kaufen".*^)  Cicero  verachtete  diese  Men- 
schen ;  dennoch  fühlte  er  sich  dadurch  gekränkt ,  dass  sie  Cäsar 
huldigten;  unwillig  und  spottend  verwies  er  den  falschen  Marias 
„an  dessen  mächtigen  Blulsfreund",  als  er  sich  um  seinen  Schutz 
bewarb ,  und  der  Asiat  missfiel,  weil  er  ihn  vernachlässigte,  ob- 
gleich er  als  Statthalter  von  Cilicien  sich  um  sein  Haus  verdient 
gemacht  hatte.  '  '^) 

Das  Volk  konnte  ähnliche  Klagen  erheben.  Früher  de- 
müthigten  sich  die  Grossen  bei  den  Wahlen ,  sie  buhlten  mit 
Spielen  und  Geschenken  um  seine  Gunst ;  jetzt  fanden  die  Can- 
didaten  diess  überflüssig;  mehrere  reis'len  nach  Spanien,  sich  dort 
zu  empfehlen;*')  ein  Ciirtius,  nach  Ciceros  UrtheJl'  unwürdig 
Augur  zu  sein,  hoffte  von  höchster  Haud  seine  Beförderung  zum 
Consul. ''^)     Indess    näherte  sich  die  Zeit,   wo  man  den  Dictator 


40)    ad  Fam.  6,  2.  41)    ad  Att.  13,  48.  42)    ad  Fam.  6,  19. 

ad  Att.   13,  46.  {.  2.  43)    ad  Att.  12,  49.     Mehr  über  iha  im  1.  Th. 

107   n.    130.   A.    73.  44)    Valer.   M.  9,   15.  4S)    ad  Att.  13,  2. 

46)    Das.  1.  c.  u.  S,  20.     ad  Fam.  13,  2.     15,  4.     X^l     hier  §.   55  in.  u. 
A.  81  nnd  2.  Th.  136.  A.  38.    1.  Th.  464.  A.  3.  47)    ad  Att.  12,  8. 

Oben  §.  63.  A.  91.  48)   ad  Att.  12,  49.     Tgl.  ad  Fam.  2,  16  fin. 


656  XXI.    lULII.        (31.  §.64.) 

envarfett  musste;  ausser  vielen  Anderen  wolKe  M.  Brutus  ibm 
entgegeng-eLen, '"')  ferner  M.  Antonius,'")  Oiiintus,  der  Bruder 
Ciceros ,  " )  und  dieser  selbst ,  der  Letzte  jedoch  nur  bis  Alsium 
in  Ed-urien.  ")  Mancher  enlscLloss  sich  ung^ern,  ihn  zu  be- 
griissen ,  und  diess  ^viirde  dadurch  noch  lästiger,  dass  man  nicht 
wusste,  -wann  er  eintrelTen  werde.  Daher  die  häufigen  Anfragen 
Ciceros  in  den  Briefen  an  Atlicus ,  welcher  in  Rom  eben  so 
wenig  davon  unterrichtet  war,  als  jener  auf  dem  Lande. '^) 
Baibus  meldete  ihm,  Cäsar  werde  nicht  vor  dem  J.  September 
kommen, '■')  und  Lepidns  bat,  an  diesem  Tage  sich  im  Senat 
einzufinden.  *')  Alan  erfuhr  endlich  durch  den  Dictator,  dass  er 
zur  Zeit  der  röiniscLen  Spiele,  im  Anfange  jenes  Monats,  in  der 
Stadt  sein  wolle; '^)  doch  konnten  Hindernisse  eintreten,  and. 
man  blieb  ungewiss.  ' ') 

Er  war  zum  vierten  Male  und  allein  Consul,  ^^)  und  iiber- 
neJim  dieses  Amt  nicht  erst  nach  der  Rückkehr  aus  Spanien  vor 
dem  Triumph,  'ä)  Im  Herbste  begann  aber  seine  fünfte  Dictatur, 
in  welcher  M.  Lepidus  ihm  wieder  als  Magister  equ.  zur  Seite 
stand.  ^'')  5,Der  Meister  erschien  früher  vor  der  Stadt,  als 
man  —  nach  langem  vergeblichem  Warleu  —  geglaubt  hatte."  ^ ') 
Sein  Einzug  wurde   aber  durch   die  nöthigen  Vorbereitungen  ver- 


49)    ad   Att.    13,    11.  23.  50)    Cic.  2   Vhil.  32.     Plnt.  Anton.   11. 

1.  Th.  77.   A.  74.  51)   ad  Alt.   13,  40  fin.  52)    Das.  13,  50.  §.  5. 

Irrig  zieht  Schütz  anch  ad  Farn.  6,  19  hierher ;  in  Campanien,  toh  welchem 
in  dieser  Stelle  die  Bede  ist,  konnte  Cicero  nicht  mit  Cäsar  zusammen- 
treffen. 53)  ad  Att.  13,  9  fin.  11  fin.  16  fin.  14.  17.  37  fin.  38  fin, 
54)  Das.  13,  21.  J.  7.  55)  Das.  13,  47.  56)  Das.  13,  43.  46. 
Oben  §.  63.  A.  52.  57)  ad  Fam.  6,  19  fin.  20.  ad  Att.  13,  50.  §.  3, 
51  fin.:  Ouintus,  der  NelTe,  hat  mir  geschrieben,  er  werde  am  25.  (An- 
glist) in  Rom  eintreffen;  ich  liess  ihn  zn  mir  einladen,  obgleich  ich  in  der 
That  nach  der  Stadt  eilen  mnss,  damit  Cäsar  nicht  vor  mir  herbeilliegt. 
58)  Oben  §.  62.  A.  71.  59)  Dio  43,  46  fand  vielleicht  in  den  Onel- 
len  ,  er  habe  die  Stadtpräfecte  (§.  62.  A.  76)  benachrichligt,  dass  er  die 
öffentlichen  CeschUfle  jetzt  selbst  besorgen  werde,  60)  Dio  43 ,  49. 
App.  2,  502.  Siieton.  82  fin.  Vgl.  hier  J.  62.  A.  73.  1.  Th.  14.  A.  60. 
Wenn  Joseph.  A.  J.  14,  10.  §.  7.  Tabnl.  Collot.  bei  Pigh.  3,  458  und  die 
Münzen  TOm  J.  44  (Vaill.  liil.  No.  25.  Moiell.  thps.  Caps.  tab.  3.  No.  21. 
22)  Cäsar  Dict.  IV.  Cos.  V.  nennen,  so  kommt  die  Dictalnr  vom  J.  49 
nicht  in  Betracht,  weil  sie  nicht  ein  Jahr,  sondern  nur  elf  Tage  dauerte. 
S.  j.  56.  A.  57.           61)    nd  Fam.  7,  25, 


XXI.    lüLO.        (31.5.64.)         657 

zögert.  In  ier  Zwischenzeit,  am  13.  September,  macLte  er  anf 
dem  Gute  bei  Lavicam  sein  Testament.  ^')  Dann  triunipliirte 
er  „nach  der  Besiegung  aller  seiner  Feinde,  furchtbar  und  mit 
Böhm  gekrönt,  wie  keiner  vor  ihm",  "')  im  Anfange  des  Octo- 
ber  ^')  zum  fünften  Male,  und  zwar  über  Spanien.  ^')  Er  Latte 
^eineh  Fürsten  überwunden ,  welcher  den  Namen  herleihen 
konnte;  jeder  bezog  daher  die  Feier  anf  die  Söhne  des  Pompejns 
nnd  die  Bürger  in  deren  Heere,  aber  nicht  jeder  hielt  es  für 
unerhört  nnd  frevelhaft,  dass  er  sie  sich  selbst  erlaubte,  und  dann 
sogar  zwei  seiner  Legaten  sie  wiederholen  durften,  als  sei  der 
Untergang  der  Bepublik  ein  nicht  genug  zu  preisendes  Glück,  *^) 
und  nur  der  V.  Tribun  Pontius  Aquila  wagte  es,  seinen  Unwillen 
dadurch  zu  äussern,  dass  er  sich  nicht  erhob,  als  der  Diclator, 
dessen  Mörder  er  wurde,  an  den  Sitzen  der  Tribnue  vorüber 
fuhr.  ^')  Die  Bilder  nnd  Geräthschaften  bestanden  nicht  ans 
Elfenbein,  wie  Einige  behaupten;^*)  Cäsar  hatte  es  sehr  be- 
zeichnend für  den  africanischen  Triumph  gewählt,  nnd  er  ge- 
brauchte nie  wieder  denselben  Stoff;  ^^)  sie  waren  vielmehr  mit 
Siiberblech  überzogen,  dem  vorzüglichsten  Erzengnisse  der  spa- 
nischen Provinzen.'")  Man  befriedigte  die  Schanlnsf  der  Menge, 
nm  sie  zn  beschwichtigen,  und  diess  wurde  erreicht;  sie  seih, 
nnd  dachte  nicht.  Der  Trinmphalschmaus  liess  sie  aber  Cäsars 
gewohnte  Freigebigkeit  vermissen;  deshalb  folgte  nach  fünf  Tagen 
eine  zweite  reichlichere  Bewirthnng,  bei  welcher  auch  der  Fa- 
lemer  nud  Cliier  nicht  fehlten.'')  Zugleich  entscliädigten  sie 
Spiele  aller  Art.  Die  scenischen  wurden  in  den  verschiedenen 
Bezirken   der  Stadt  gegeben,   weil  im  vorigen  Jahre  wegen  des 


62)    Sneton.    83.     1.   Th.    99.   A.    20  f.  63)   Val.  M.  5,7-5.  2. 

Entrop.  6,   25  (20).    App.  2,  494.  64)   VeUej.  2,  56.  f.  3.     Wenige 

Tage  später  am  13.  October  hielt  Fahins  Maximns  seinen  Triiunph.  S* 
unten.  65)    Ex  Hispania.     Liv.  116.    VeUej.  1.  c.   §.  2.     Plin.  14,   17 

(15).  Sneton.  37.  38.  Flor.  4,  2.  {.  89  mrft  diesen  Trinmph  mit  dem 
efricaniscben  vom  vorigen  Jahre  zusammen,  Plnt.  Caes.  56.  Dio  43 ,  42. 
In    den  Fasten   findet    sich    hier  nichts.     Vgl.    §.  60.  A.  11.  66)    Oben 

f.    60     A.    11.  67)     Sneton.   78.     lutea   §.   70.    A.    90.  €8)   Dio 

43,    42.     QnintU.   6,   3.    §.    61.    ed.   Spald.  69)    Oben   §.   60.    A.   27. 

Sneton.    37.  70)    VeUej.  2,  56.    $.  2.     Vgl.    Poljb.  10,  10.     Diodor. 

Sic.   6,    35.  71)    Sneton.    38.     VeUej.    1.  o.    ^,  I.     Plin.   14,   17  (15). 

Dio  43,  42.     Vgl.  hier  A.  42. 

nruiii.iiin,   r.enchlrhte  Uoms  lU  ^2 


r»58  XXI.     lULII.         (31.  §.64) 

starken  Anciranges  Viele  in  ihren  Erwartungen  getänsctt  waren, 
und  «m  die  anwesenden  Provincialen  und  fremden  Gesandten  za 
ergölzen ,  auch  in  verschiedenen  Sprachen.  ' ')  Cäsar  konnte  es 
nur  erwünscht  sein,  wenn  Optimalen  eine  Rolle  übernahmen,  und 
sich  und  ihren  Stand  dadurch  herabwürdigten ;  er  gieng  stufen- 
weis immer  weiter.'^)  Man  sah  Decimus  Laberius,  einen  be- 
jahrten römischen  Ritter,  in  den  Schauspielen  auftreten,  welche 
er  geschrieben  halte,  weil  die  Bitten  der  Mächtigen,  wie  er  im 
Prologe  bemerkte,  unwiderstehlich  sind.  Auch  deutete  er  in 
seinen  Mimen  darauf  hin,  dass  alle  Römer  die  Freiheit  verloren 
Laben,  der  viel  Gefürchtete  aber  auch  Viele  fürchten  müsse. 
Diess  trug  dazu  bei ,  dass  sein  Nebenbuhler,  der  Dichter  Publius 
aus  Syrien,  früher  Sclav,  den  Preis  und  er  ein  Geldgeschenk  er- 
hielt.'*)  Die  Ritter  fühlten  sich  entehrt;'*)  angeblich  sagte 
ihm  Cicero,  als  er  von  der  Bühne  durch  die  Orchestra  der  Sena- 
toren nach  den  vierzehn  Reihen  gieng,  wo  jene  sassen:  ich 
würde  dich  aufnehmen,  wenn  es  hier  nicht  so  enge  wäre,  — 
weil  Cäsar  die  Curie  überfüllte,  —  und  er  erwiederte:  diess 
wundert  mich,  da  du  zwei  Sitze  zu  haben  pflegst,  —  als  Pom- 
pejaner  und  Cäsarianer.  — '  ^)  Ohne  Zweifel  ist  dieser  Witz, 
wie  mancher  andre,  dem  Consular  angedichtet;  er  war  gegen- 
wärtig, um  sich  zu  empfehlen,")  und  wusste,  dass  man  jedes 
seiner  Worte  dem  Dictator  hinterbrachte.  Unter  den  Fechtern 
erschien  T.  Munatius  Plancus  Bursa,  als  V.  Tribun  a.  62  Ciceros 
und  Milos  Feind,  wegen  Gewaltlhätigkelten  nach  Clodius  Tode 
verbannt,  und  von  Cäsar  hergestellt;")  ferner  Furius  Leptinus 
aus  prätorischem  Geschlechte  und  der  Senator  Q,  Calpenus.  '  ^) 

Senat  und  Ritlerstand  wurden  verächtlich ,  und  die  höchste 
und  glänzendste  Belohnung  des  Kriegers  in  den  Zeiten  der  Re- 
publik verlor  dadurch  aa  Werth,  dass  am  13.  October  Q.  Fabius 


72)     Cic,    ad    Fani.    6,     19.     Sneton.    Caes.   39.     Vgl.     Oclav.   43. 
73)     Oben   §.   61.    A.    83.  74)    Cic.    ad   Faiii.    12,    18.     Vgl.    7,    11, 

Maciob.  Sat.  2,  7.    llorat.  Serm.  1,   10  in.  75)    Dass  ihm  diese  Würde 

nicht  jetzt  erst  znr  Belohnung  veiliehea  wnrde,   bczengt  er  selbst,  Macrob. 
1.  c. :    Eigo  bis  tricenis  annis  etc.  76)    Macrob.   1,  c.  n.  cap   3.    Senecn 

Controv.  7,  3.    Sneton.   39.    Gell.  8,   15.    17,  14.  77)    ad  Fam.   12,   18. 

Vgl.  7,  32.  78)    Das.  12,  18.    1.  Th.  Sl4.  A,   66.    2.  Th.  345.  A.  67. 

348.  A.  86.   365.  A.  11.  79)   Sueton.  39. 


XXI.     mLIL         (31.  §.64.)         G.59 

Blaximns,  nnJ  am  13.  December  Q.  PeJiiis  über  Spanien  trinm- 
phirlen.  Nor  der  Feldherr,  tvelcher  das  Recht  der  Anspicien 
halte,  konnte  solche  Ansprüche  machen,  nicht  seine  Leg-aten.  *") 
A^  ie  der  Centurio  die  Curie  ent^veihle,  so  bestiegen  jene  den 
Siegeswagen,  nnd  mit  einer  geringen,  fast  lächerlichen  Zurüstung ; 
statt  Elfenbein  oder  Silber  sah  man  Abbildungen  von  Holz; 
C'hrysippiis  nannte  sie  Behältnisse  für  die  Bilder  der  Städte,  mit 
■welchen  Cäsar  seinen  Aufzng  yerherrlichte.  *  ■) 

Mehr  als  dieser  beeilte  sich  der  Senat,  die  bisherigen  Ein- 
richtungen nnd  Gesetze  zu  vernichten;  er  häufte  auf  den  Dictator 
in  der  noch  übrigen  Zeit  seines  Lebens  immer  grössere  Ehren, 
nach  dem,  was  bereits  geschehen  war,  ^-)  selbst  für  geübte  Höf- 
linge eines  Asiaten  eine  schwierige  Aufgabe.'^)  Der  Gefeierte 
wurde  nicht  über  sich  erhoben,  aber  die  Wortführer  der  Nation 
drückten  diese  in  den  Staub,  nur  dadurch  schien  jener  zn  steigen; 
sie  Mengen  Flitter  an  seine  Kronen,  die  Kronen  blieben  die- 
selben, und  er  verdankte  sie  sich  selbst.  Es  ist  ein  betrübendes 
Ergebniss  der  Geschichte,  dass  der  Mensch  dem  Menschen  hei-- 
risch  gebieten  oder  ihm  sclaviscli  dienen  will,  dass  er  geblendet 
wird,  nnd  den  Adel  der  gemeinsamen  Natur  vergisst,  wenn  die 
Gottheit  einmal  bei  einem  Wesen  seiner  Art  über  das  gewöhn- 
liche Maass  der  Ausstattung  hinausgeht  und  eine  höhere  Ordnung 
der  Geister  in  einem  Einzelnen  sichtbar  darstellt.  Und  doch  ist 
diess  nicht  das  Aergste,  ein  anwürdiger  Tribut  für  das  Göttliche 
im  Menschen,  welches  nur  deshalb  entheiligt  wird,  weil  es 
einer  schwachen  Hülle  anvertraut  ist  und  die  Erde  es  verdirbt; 
noch  in  unseren  Zeiten,  wo  es  mehr  als  je  erkannt  werden  sollte, 
dass  der  Geist  die  Welt  regiert,  dass  geistige  Kraft  und  geistiges 
Schaffen  als  das  Alles  durchdringende  Element,  als  das  fracht- 
barste Capital  das  innere  und  äussere  Leben  gestaltet  nnd  bedingt, 


80)    Dio   43,  42.     Eine  Ansnalune  in  späterer  Zeit  s.  im   I.  Th.  44S. 
A.  4.   446.  A.  9.  81)    Fast.  cap.    Dio  1.  c.    Plin.  35,  7  (4).     Quintü. 

6,    3.   §.    61.    Oben   J.   62.    A.   66.  82)    Oben   §.  60.  A.  83  f.   ^.  63. 

A.  63  f.  83)    Es   bandelt    sich  nnr  nocb  um  Monate,    deshalb  vrerden 

die  'vridrigen  Beschlüsse,  in  -welchen  die  Schmeichelei  sich  erschöpfte,  hier 
zusamraengefasst ;  die  meisten  gehören  dem  J.  45  an.  Dio  43,  46.  44,  4 
n.  Snelon.  76  nnterscheiden  die  Zeilen  nicht.  Tgl.  Lit.  116.  Flor.  4,  2. 
{.  91.    App.  2,  494. 

42» 


G60  XXI.    lULII.         (31.  §.64.) 

aucL  jetzt  noch  sind  Geburt  iiiul  ReichtJiam  die  Götzen,  welcLo 
man  anbetet,  Ruinen  miJ  doldkislen  die  Allärc,  vor  \\elclien  man 
niederfällt.  Viele  Römer  aiso  wurden  von  der  Bewunderung'  der 
persönlicLen  Grösse  hingerissen,  als  sie  dem  seltenen  Manne  ihre 
Huldigungen  brachten ;  die  IMeisten  schmeichelten  aus  Furcht  oder 
Eigennutz  nur  dem  Gebieter ,  und  in  einem  solchen  Grade ,  dass 
man  zu  der  Meinung  Verleitet  ist,  Cicero  und  andere  geheime 
Feinde  haben  es  befördert,  um  ihn  verhasst  zu  machen  und  leich- 
ler stürzen  zu  können  ,  „sie  haben  ihn  unter  die  Gölter  versetzt, 
um  ihn  desto  gewisser  ans  der  Zahl  der  .Sterblichen  zu  tilgen", 
„ihn  wie  ein  Opfer  für  den  Altar  geschmückt".  ")  Aber  der 
grö'sste  Theil  der  Senatoren  blieb  dem  Bunde  seiner  Mörder 
fremd,  dieser  entstand  und  reifte  spät,  und  die  Verschworenen, 
•Welche  der  Cui-ie  angehörten,  hatten  nicht  Ansehn  und  Klugheit 
genug,  sie  so  zu  leiten,  dass  Cäsar  unter  seinen  Lorbeeren  er- 
stickt wurde,  gerade  Cassius  und  dessen  Freunde  blieben  den 
Beschlüssen  fremd,'*')  erst  mit  der  Zeit  wurde  es  ihnen  deutlich, 
dass  diese  benutzt  werden  konnten.  *  ^) 

Der  Dictator  erhielt  vom  Senat  die  Befngniss,  bei  allen 
feierlichen  Gelegenheiten  das  Triumphalgewand  anzulegen,  welches 
sonst  dem  Feldherrn  nnr  am  Tage  seines  Einzugs  in  die  Stadt 
vergönnt  war;*')  den  Lorbeerkranz,  die  Zierde  des  Trinm- 
phirenden,  immer  zu  tragen,  ihm  wegen  seiner  Glatze  vorzüglich 
erwünscht;  ^*)  auch  die  Fasces  seiner  Lictoren  mit  Lorbeeren 
zu  umwinden;  ")  im  Tempel  des  Jupiter  Feretrius,  dem  ältesten 
in  Rom,  eine  Rüstung  als  Opima  spolia  zu  ^veihen,  wie  einst 
Romulus,  *")  und  am  Lateiner -Feste  vom  albanischen  Berge  zu 
Pferde  in  die  Stadt  znrückzukehreu.  "')  Man  wollte  jährlich  seine 
Siege  feiern,^-)  und  zu  dem  Allen  wurde  nun  auch  der  Titel 
Imperator   auf  Lebenszeit  hinzugefügt,   mit  dem  Rechte,   ihn  auf 


84)    Plut.    Caes.  57.    Tai.    Ma^.    1,    16.   §.    13.    Flor.    4,   2.    §.  92. 
85)    Dio   44,  8.  86)    Ders.  44,  7.  9.  87)   Ders.  43,  43.    44,  4. 

App.  2,  494.    Plnt.  Cacs.  61.    Antou.   12.    Zonar.  10,12.     Vgl.  Liv.  45,  40: 
Auro  pHipmaque  fiilgens.     Dcis.  10,  7.  88)    Pio  43,  43.    Siiei.  45.  51. 

Ovid.  Met.   1,  562.     Plin.   15,  39  (30):     lannis  ianitrix    Cnesarnm.     Vgl. 
LiT.   10,  7.  89)   Dio  44,  4.    Zonar.  1.  c,  90)    Dio  1.  c.   Liv.  1,  10. 

91)    Dio  1.  c.    Snot.  79.    Unten  {.  68.  A.  30.  92)    Dio  43,  44;    dent- 

licher  App.  2,  494. 


XXI.     lULII.         (31.  §.64.)         661 

M-iue  NacLkommen  zu  vererben.  °^)  BisLer  La((e  das  Heer  seineu 
Anführer  nach  einem  Siege  als  Imperator  begriisst,  und  es  folgte 
iiieislens  ein  Dankfest  und  der  TriiiinpL,  wenn  eine  gewisse 
Anzahl  Feinde  erschlagen  war,  zuletzt  nach  unbedeutenden  Ge- 
fccliten;  ^*)  so  konnte  man  wiederholt  zu  dieser  Ehre  gelangen, 
auch  nach  Cäsars  Zeit,  *•*)  man  setzte  aber  dann  den  Titel  nach 
(!iii  Namen,  ^^)  und  am  Tage  des  Triumphs  erloschen  die  mit 
iLm  verbundenen  Rechte.'-")  Jetzt  sollte  jeuer  die  Lochste  Ge- 
walt bezeichnen,  und  den  Namen  vorgesetzt  werden.*")  Der 
Senat  gab  dem  Beschlüsse  des  Heers  eine  ewige  Geltung,  Cäsar 
gebot  als  der  Erste  im  Heere,  das  kriegerische  Rom  wurde  mehr 
als  unter  Sulla  ein  Soldaten -Staat.  ^^)  Es  folgte  von  selbst,  dass 
der  Imperator  über  die  bewaffnete  Macht  und  über  den  Schatz 
verfügte,  dessen  Verwaltung  er  sich  schon  angemasst  hatte,  '"") 
doch  .säumte  man  nicht,  auch  diese  Rechte  ausdrücklich  auf  ihn 
zu  übertragen.')  Das  C'onsulat  bestimmte  man  ihm,  wie  früher 
die  Dictatnr,  auf  zehn  Jahre,  -)  und  die  Dictator- Würde  auf 
Lebenszeit.  ^)     Auch  sollte  er,   und  er  allein,  Sittenrichter,  prae- 


93)  Snet.  76.  Dio  43,  44.  Vgl.  52,  40.  41,  SteUen,  aus  welchen 
Hch  ergiebt,  dass  Angnstus,  obgleicli  sein  adopürler  Sohn,  ihn  erst  im 
i.  25  V.  Chr.  erhielt,  ■weil  jene  Verfügiing  -während  der  neuen  bürgerlichen 
Unruhen  ungiUlig  »nrde.     Tacit.   A.  1,9.  Ovid.  Fast.  4,  675.  94)  Auch 

darin  war  also  die  Republik  schon  TOr  C.^sar  nur  noch  ihr  eigener  Schatten. 
Kach  App.  2,  455  -wurde  verlangt,  dass  10,000,  nach  Diodor.  Sic.  36. 
Xo\.  10.  p.  171.  ed.  Argent,  dass  mehr  als  6000,  nach  Valer,  M.  dass 
5000  Feinde  in  Einer  Schlacht  gctödtet  Tiaren ,  bald  genügte  schon  der 
Schein  einer  Waffenthat ,  -wie  Ciceros  Beispiel  beweis't.  ad  Att.  5 ,  20. 
95)  Von  Angnslus  sagt  Tacit.  A.  1,  9:  Momen  iraperatoris  seniel  atqua 
Ticies   partum.     So    auch    Die    52,    41.  96)     Cic.    ad   Farn.    2,   7.  10. 

15,   4.    10   n.   s.  f.  97)   Liv.  45,  35.  98)   Dio  11.  cc.     Snet.  76: 

Praenomen  im]>eratoris  (rcrepit).  Tgl.  Tiber.  26.  In  beiden  Bedeutungen 
ist  er  in  einer  Inschrift  bei  Pigh.  3,  503  von  Augustus  gebraucht :  Imperat. 
Caesar  Diri  lul.  F.  Iniper.  Seplies;  die  Ordnung  wurde  aber  nicht  genaa 
beobachtet,  vrie  Cäsars  Münzen  beweisen.  .Spaiih.  de  praest.  nuni.  Diss  12. 
p.  392.  MoreU.  Thesaur.  Caes.  Tab.  1.  No.  14.  A^-iillant  Aeinilii  No.  52. 
£ckh.  Vol.  6.  p.  9.  V.  8.  p.  3-13  und  Tiberins  nud  Claudius  nahmen  das 
praenomea  imperatoris  nicht  an.  Snet.  Tiber.  26.  Claud.  12.  Dio  57,  2. 
60,  3.  99)     2.    Th.    507.  100)     Oben    §.  62.    A.  76.  I)    Dio 

43,  45.  2)    Dio  1.  c.    App.  2,  494.  495.    Suet.  76.  3)    Dio  44,  8. 

46,  17.   App.  2,  494.  Plul.  Caes.  57.    Zouar.  10,  II.  Josepli.  A.  J.  14,10 


662  XXI.    lüLIL        (31.  §.64.) 

fectas  moribus,  für  immer  sein,')  und  das  Priestertlium  des 
Oberpoulifen  auf  seiueii  leiblicLen  oder  Adopfir  -  SoLn  über- 
geben. ')  Man  gab  ihm  den  Beinamen:  der  Befreier,  trug  diesen 
in  die  Fasten  ein,  und  wollte  iLm  zu  ELren  einen  Tempel  der 
Freiheit  erbauen ;  ®)  iiberdiess  erhielt  er  den  Titel  Vater  des 
Vaterlandes.  ') 

Damit  jeder  in  ihm  den  HerrscLer  erkennen  konnte,  kam  ein 
goldener  Sessel  Linzu,  dessen  er  sieb  im  Senat,  im  Schauspiel 
und  bei  dem  RecbtsprecLen  bedienen  sollte,  *)  und  der  königlicbe 


J.  7.  Cic.  2  PhU.  34:  Dictatot  perpetuns.  Liv.  116.  Snet.  76.  Flor.  4,  2. 
J.  91.  (A.  Viel.)  de  \ir.  ill.  78.  Goltz  Fast.  a.  709.  Vaill.  lul,  No.  26. 
39.  MoreU.  Thes.  Caes.  tab.  2.  no.  38.  lab.  9.  no.  1.  2.  3.  4.  16.  17.  18. 
£ckli.  6.  p.  8.  9.  Das  erste  und  letzte  Jahr  seiner  immerwährenden  Dic- 
tatur  fiel  also  mit  der  -vierten  jährigen ,  oder  Trenn  die  erste  TOm  J.  49 
mitzählt ,  mit  der  fünften  zusammen ;  er  war  a.  44  Cos.  V.  Dict.  perp.  und 
SO  wird  er  auf  den  Münzen  genannt.  (Oben  [u  60.)  Diese  haben  aber 
auch  die  Inschrift :  Cos.  V.  Dict.  lY.  ein  Beweis,  dass  er  erst  a.  44  Dict. 
Jierp.  wurde;  Vaill.  Inl.  No.  25.  Morell.  Tbes.  Caes.  tab.  3.  no.  21.  22. 
Eckh.  6.  p.  8,  er  war  es  aber  schon  um  die  Mitte  des  Februar  in  jenem 
Jahre  zur  Zeit  der  Luperealien.  Cic.  2  Phil.  34  :  At  etiam  adscribi  iussit  etc. 
4)  Dio  44,  5  u.  Zon.  10,  12  haben  hier  fälschlich  den  Titel  Censor. 
Oben  §.  60.  A.  87.    Sueton.  76.  5)    Dio   1.   c.  6)    Ders.   43,  44. 

7)  Ders.  44,  4.  App.  2,  494.  519.  Zon.  1.  c.  Liv.  116:  Pater  patriae. 
Cic.  2  Phil.  13.  13,  10.  Suet.  76.  85.  Flor.  4,  2.  §.  91.  OreU.  Inscr. 
No.  581-  585.  Auf  den  Münzen  Parens  patriae.  Ursin.  Farn.  R.  p.  119. 
No.  1.  Vaill.  Aemil.  No.  47.  lul.  No.  53.  Spanh.  de  praest.  num.  Diss.  12. 
p.  446.  .MoreU.  Thes.  Caes.  tab.  1.  No.  12  u.  20.  tab.  9.  No.  12.  Eckh. 
6.  p.  9  u.  17.  Vgl.  1.  Tb.  133.  A.  96.  Der  Irrthiim  des  Fulv.  Ursin.  1.  c. 
man  habe  Cäsar  erst  nach  dessen  Tode  diese  Ehre  erwiesen,  beruht  auf 
einem  MissTerständnisse  der  hier  angeführten  Stellen  bei  Cicero  und  ist 
schon  oft  gerügt;  Casauh.  zu  Suet.  76  und  Düker  zu  Flor.  1.  c.  Camillns 
■wurde  nach  Liv.  5,  49  von  seinen  Soldaten  als  Vater  des  A''aterlandes 
begrüsst  und  Cicero  zuerst  nach  einem  öffentlichen  Beschlüsse  vom  Senat. 
Cic.  in  Pison.  3.  Plut.  Cic.  23.  App.  2,  431.  Plin.  7,  31  (30);  ihm  war 
eine  solche  Auszeichnung  des  Dictator  ohne  Zweifel  am  sehraerzliehsten; 
sie  wurde  auch  Octavian ,  Suet.  Oct.  58.  Ovid.  Fast.  2,  127;  Tiber  und 
Nero    lehnten  sie   al).     Suet.    Tib.    26.  50.  67.    Nero  8.  8)    Der  .Stuhl 

war  wolil  nur  vergoldet,  iii(y_Qvaog  und  xi/ntinoi^if'i'ng,  Dio  44,  6.  11.  17. 
45,  6.  Zonar.  10,  12.  ;f(>i'(rfo?,  App.  2,  494.  3,  544.  Plut.  Caes.  61  hat 
oft  denselben  Sinn,  so  a-ch  aureus.  Sella  oder  sedes  aurea  bei  Cic.  de 
div.  1,  52.  2  Pbil.  .34.  Valcr.  M.  I,  f>.  §.  13.  Plin.  11,  71  (37J.  Suet.  76; 
«uggestns  in  ciuia  bei  Flor.  4,  2.  §.  91  ,  weil  er  hüber  stand,  als  dio  cum- 


XXI.    lüLn.        (31.  §.64.)        CG3 

Purpur.')  Sein,  Bild  ■^■^^lrde  neben  den  Statuen  der  Könige  und 
des  älteru  Brutus  im  Capifol  aufg-estellt ;  dieser  Latte  tou  der 
Mouardiie  und  er  von  der  Republik  befreit;  '")  zwei  Statuen 
mit  Kränzen  von  Eichenlaub  uud  Gras  ' ')  bezeichneten  ihn  als 
Reiter  seiner  ÄDtbürger  und  der  Stadt,  '  ^)  und  eine  unter  ihnen 
sah  man  auf  der  Rednerbiihne;  '  ^)  eine  geharnischte  errichtete 
man  auf  seinem  Blarkte,  ")  und  andere  in  allen  Tempeln  Roms 
und  der  Torziiglichsten  Städte  in  Italien.  ' ')  Die  höchste  An- 
erkennung seiner  Herrschaft  lag  aber  darin,  dass  er  nach  einem 
Seuatsbeschlusse  Tom  J.  45  sein  Bild  auf  die  Münzen  setzte; 
diess    war   vorher    nie    einem    Lebenden    gestattet.  '  ^)      Andere 


tischen  Sessel  der  INIagistrate.  Später  eia  Eigenthnm  des  Vibnis  Rnfns, 
vrelcher  mit  Tilierius  Eilaubniss  auch  öffentlich  Gebrauch  davon  machte. 
Dio  57,   15.  9)    Purpurea  vestis   oder  toga,   in   welcher   er   an    seinem 

Todestage  auftrat,  tünute  man  auf  das  Triumphalgewand  beziehen,  oben 
A.  87,  Cic. ,  Valer.  M.  u.  Plin.  U.  cc. ;  aber  Dio  44,  6.  11  und  nach  ihm 
Zonar.  10,  12  unterscheiden  bestimmt,  und  Casaub.  za  Sueton.  76  würde 
tei  jenem  c.  6  nicht  örip.ij  für  oto/.tj  gelesen  haben,  wenn  er  c.  11  u. 
49  fin.    -verglichen    hätte.     Man  überbot  sich  in  jedem  Jahre.  10;   Vgl, 

oben  J.  eO.  A.  1  n.  J.  63.  A.  65.  Dio  43,  45.  Cic.  p.  Deiot.  12.  Suei. 
76.    Flor.    4,  2.    J.  91.    Plnt.  Brut.  1.     PUn.  33,  4  (1).  11)    Corono 

civica  et  osidionalis.  Gell.  5,  6.  Fest.  t.  Civic.  n.  Obsid.  IVIit  beiden 
beschenkte  der  Senat  auch  Aiignslus.     Plin.  16,  3  (4).   22,  6.  12)  Fest. 

T.  Obsid. :  Civica  Corona  siugularis  solntis  signmn  erat,  obsidionalis  uniTersorum 
civinm  serratornm.  13)    Kicht  beide.     Dio    44,    4.   9    wird    durch   Cic. 

p.  Deiot.  12  widerlegt.     App.  2,  494.    Zonar.  10,  12.  14)    Plin.   34, 

10  (4).    Oben  §.  61.  A.  57.     Das  Jahr  ist  ungewiss.  15)   Dio  44,  4. 

Sneton.  76.     Flor.  1.  c.  16)    Dio  u.  Zonar.  11.  cc.    änssern   sich    zwei- 

deutig, als  habe  unr  der  Ehrenname  Vater  des  Vaterlandes  auf  das  Geld 
geprägt  werden  sollen;  Eckh.  6.  p.  7  n.  36  hat  gezeigt,  dass  diess  nicht 
der  Sinn  ihrer  Worte  sein  kann,  und  auch  Dio's  Angabe,  nach  welcher  der 
Dictator  erst  im  J.  44,  tiud  Vaillant's  Meinung,  dass  er  schon  vor  45  diess 
Recht  erhielt,  mit  Gründen  als  irrig  zurückgewiesen,  Perizon.  Dissert.  3. 
p,  264  f.  behauptet,  schon  vor  Cäsar  habe  man  Lebende  auf  diese  Art  dar- 
gestellt; allein  das  Bild  des  Pompejus,  welches  bei  dessen  Triumphe  über 
Mithridat  zur  Schau  getragen  wurde,  bestand  aus  Perlen,  Plin.  37,  6  (2). 
s.  Pomp.  UIt.  a,  61 ,  und  der  Denai-  mit  seinem  Kopfe  von  dem  Proqu, 
M.  Miuatius  Sabinus  (vielleicht  Bnider  des  L.  Minaiius  B.  Ilisp.  19)  iit 
auf  Befehl  seines  Sohns  Cn.  Pompejus  in  Spanien  gemünzt.  Vaill.  Minat. 
Ro.  1  —  3.  Eckh.  5,  281.  Das  Geld  mit  dem  BUde  des  M.  Brnlus  end- 
lich beweis't  nui-,  dass  der  Befreier  über  das  AVesen  einer  freien  Republik 
iu   keiner  Beziehung   mit   sich    einig  war,    nicht  aber,    dass  die  Statthalter 


664  XXI.    lULII.        (31.5.64.) 

AnorcLmngen  solltea  den  Namen  des  Dictator  verewigen.  Dia 
LostiliscLe  Curie  auf  dem  Comitium  ' ')  wurde  a.  52  nach  der 
Ermordung  des  Clodius  verbrannt,  und  von  Fanstus,  dem  Sohne 
des  Sulla,  welcher  sie  umgebaut  hatte,  wieder  hergestellt,  wes- 
halb sie  die  coruelische  hiess.  '  ')  Dann  aber  liess  man  sie  ab- 
tragen, angeblich  nm  sie  durch  einen  Tempel  der  Felicitas  zn- 
ersetzen,  mit  dessen  Bau  der  Magister  equ.  M.  Lepidus  be- 
auftragt wurde,  in  der  That  aber,  weil  man  Sullas  Namen  tilgen 
und  die  Curie  nach  deren  Aufbau  durch  Cäsar  die  julische  nennen 
wollte.  '^)  Cäsar  hinderte  der  Tod,  das  Werk  auszuführen,  an 
welches  a.  4S  eine  Pest  zu  erinnern  schien ;  die  Triumvirn 
unternahmen  es  a.  42 ,  wegen  der  erneuerten  Unruhen  konnte 
Octavian  erst  im  J.  29  es  weihen,  ^  °)  Dagegen  wurde  der 
Quintilis  im  J.  44  sogleich  nach  dem  Antrage  des  Consnis 
M.  Antonius  Julius  genannt.  Durch  die  Verbesserung  des  Ca- 
lenders  hatte  sich  der  Gefeierte  das  gültigste  Recht  auf  dies» 
Auszeichnung  erworben,  er  verbesserte  ihn  aber  schon  im  J.  46 ; 
diess  bestimmte  Antonius  nicht,  sondern  der  Zufall,  dass  Cäsar  im 
Qnintilis  geboren  war,  nnd  Rom  also  diesem  Monate  sein  ganzes 
jetziges  Glück  verdankte;  die  Schmeichelei  pflegt  wahre  Ver-? 
dienste,  welche  des  Lobes  nicht  bedürfen,  am  wenigsten  hervor- 
zuheben. ")  Cicero  war  entrüstet,  als  mau  später  M.  Brutus  in 
einer  Bekanntmachung  den  neuen  Namen  gebrauchen  liess,  nnd 
noch  mehr  dieser  selbst.  ^^)  Endlich  nannte  man  eine  Tribua 
nach  der   Entscheidung  des  Looses  die  julische.  ^') 


oder  Feldherren  in  den  letzten  Zeiten  vor  der  Monarchie  eine  solche  Be- 
fiigniss  hatten.     Dio  47,  25.    App.  4,  633.     S.  Innii.  17)    Liv.  1,  30. 

Varr.  de  1.  1.  4.  p.  43.   ed.  Bipont.  18)   Dio  40,  50.    44,  5.    1.  Th, 

847.  A.  83.   Sil.  A.  23.  19)   Dio  44,  5.   45,  17.  20)  Dfrs.  45,  17. 

47,  19.  51,  22.  Plin.  35,  10  (4).  Monum.  Anap.  tnb.  1.  a  dextra  in 
Chishnll  Antiq.  asial.  p.   174.  21)    Macrob.  Sat.  1,  12.     Censor.  de  d, 

n.  22.  Snet.  76.  Flor.  4,  2.  §.  91.  App.  2,  494.  5,  727.  Dio  44,  5. 
45,  7.  PInt.  Nnm.  19.  Zonar.  10,  12.  Hieron.  in  Enseb,  Chron.  Ol.  184, 
Hier  §.  1.  A.  71.  22)   ad  Att.  16,  1.  4.    1.  Th.  141.  A.  65.  142.  A.  71. 

23)  Dio  44,  5.  Später  konnte  man  sich  in  solchen  Ehreubezengungen  tust 
nnr  wiedciholen ;  wie  man  nun  unter  den  Monaten  einen  Augiistns,  nnd 
voriibeiguhend  einen  Germaiiicus  (Sept.)  und  Domitianns  (Oct.)  erhielt, 
Macrob.  Hut.  1,  12,  so  hieuen  Tribos,  Julia  lu  Ehren  de;s  Auf^nstus, 
Flania,  Aelin  n.  s.  f. 


XXI.     lULII.         (31.  §.65.)         065 
§    65. 

(a.  45.)  Cäsar  gebührte  der  liöcLste  LoLn,  well  der  Friede 
sein  GescLeiik  war;  der  Senat  bezeugle  es  durch  den  BescLhiss, 
einen  Temi)el  der  Eintracht  zu  erbauen  nud  jährlich  ein  Fest  in 
ihm  zu  feiern.  - ')  Als  glücklicher  Feldherr  Jiatte  er  die  Feinde 
der  Ruhe  und  des  Staats  überwunden ;  bei  seinem  Glücke  sollte 
inan  schwören.")  Auch  wurde  die  jährliche  Feier  seines  Ge- 
burtstages angeordnet,  '^  *)  jede  Einrichtung,  welche  er  in  Zukunft 
machen  werde,  als  gültig  anerkannt,^')  und  den  Magistraten 
aufgegeben ,  bei  dem  Antritte  ihres  Amtes  eidlich  zu  geloben, 
dass  sie  seine  Gese'*o  beobachten  wollten.'*)  Ihn  selbst  er- 
klärte man  fiir  unverletzlich  und  für  befugt,  bei  den  Spieleu  in 
der  Mitte  der  Tribüne  zu  sitzen;-^)  man  sollte  für  seine  Er- 
haltung öffentliche  Gelübde  thun,  ^°)  eine  Schaar  von  Senatoren 
und  Rittern  ihn  als  Bedeckung  umgeben,^"'')  und  jeder  im  Senat 
schwören,  mit  seinem  Leben  für  die  Sicherheit  des  Diciator  ein- 
zustehen, und  ihm  zugefü'gte  Beleidigungen  zu  rächen.  '')  Auch 
Ln  Tode  wollte  man  ihn  ehren ,  ihn  auf  dem  Marsfelde  be- 
graben. '^) 

Der  Senat  verwandelte  sich  also  in  eine  Leibwache,  und 
erkannte  damit  an ,  dass  der  Herrscher  sterblich  sei ;  Wider- 
sprüche  schreckten   ihn  nicht  mehr,   seit  er  sich  selbst  vernichtet 


24)  Die  44,  4.  Ueber  Camillus  Tempel  der  Goncordia,  welchen  Ti- 
berins  berstellte  nnd  weihte  s.  Fiat.  CamiU.  42.  Ovid.  Fast.  ],  640.  Snet. 
Tiber.  20.   Dio  5S,  8.   56,  25.     Vgl.   Liv.  6,  42.  25)    Dio  44,  6.  50. 

Zon.   10,   12.     Tiber  nahm  diese  Ehre  nicht  an.     Dio  57,  8.  26)  Ders. 

44,    4.    47,    18.    Zon.   1.  c.  27)    Dio   44,  6.  28)    App.   2,  494. 

2.  Th.  476.  A.  12,  Das  von  nun  aa  gewöhnliche  in  acta  Caesaris  iurnre, 
welches  Tiber  nicht  zuliess.  Tacit.  A.  1,  72.  Snet.  Tib.  26.  Dio  57,  8> 
29)  Dio  44,  4.  SO.  App.  2,  494.  515.  519.  Zon.  I.  c.  Vgl.  Snet.  CaUg. 
23  Cn.    Oben  §.  53.  A.  SO.  30)    Dio  44,  6.  SO.    App.  u.  Zon.  U.  cc. 

30i)   Dio  44,  6.  7.  31)   Snet.  84.  86.   App.  2,  506.  S19.    1.  Th.  102. 

32)  Dio  sagt  44,  7:  inneihalJ)  der  Riogmaner,  nnd  anch  diess  würde  eine 
Anszeichnnng  gewesen  sein ;  das  Verbot  im  Tafelgesetze  Cio  de  leg.  2,  23 
wurde  von  Antoain.  Pins  erneuert.  Iiil,  Capitol.  in  dessen  Leben  6.  vgl. 
Entrop.  8,  5  (2) ;  es  unterliegt  aber  keinem  Zweifel,  dass  CUsar  jener  andre 
Ort  bestimmt  wnrde,  wie  Snlla,  2.  Th.  498,  CSsars  Tochter,  unter  Inlia, 
und  spater  Hirtias ,  Fansa,  1.  Th.  312,  und  Augnstus ,  Suclpn.  Od.  100. 
Dio  56,  42,    Tacit  A.  1,  8,  welcher  darauf  hiudenlet. 


66ß  XXI.    lULII.         (31.  §.65.) 

Latte;  er  erLob  Cäsar  ziig-leicL  unter  die  Götter,  damit  der  Ab- 
stand zwischen  ibm  und  seinem  Volke  desto  grösser  würde. 
Längst  dienten  die  Götter  den  Optimaten  nur  iiocL  zu  Hebeln 
der  SlaatsDiascLine,  ■warum  sie  nicLt  aucb  an  dem  neuen  Hofe. 
einfüLren,  um  ihn  mit  Glauz  zu  umgeben,  sinnlose  Namen  und 
Gebräuche  bei  seiner  Ausstattnug  verschwenden?  Man  verstand 
sich,  und  frevelte  weniger,  als  wenn  in  neueren  Zeilen  das  Hei- 
lige in  den  Kreis  der  Politik  herabgezogen  und  die  Gewaltlhat 
als  das  Werk  einer  hohem  Hand  bei  religiösen  Gaukelspielen 
gepriesen  wird  ;  auch  jetzt  versteht  man  sich,  aber  jetzt  erschüttert  es 
den  Glauben  und  verwirrt  die  Begriffe  \o>n  Recht,  während  die 
sichtbaren  Götter  des  Alterthums  mit  ihren  jcehlern,  Lastern  und 
Verbrechen  doch  wenigstens  dazu  beitrugen,  dass  um  so  früher 
eine  bessere  Religion  Eingang  fand.  Das  Haus  des  Dictator  er- 
hielt einen  Giebel,  wie  die  Tempel.  ^^)  Ihm,  dem  Halbgotte, 
dem  Nachkommen  der  Venus  zu  Ehren ,  wollte  man  nach  je 
fünf  Jahren  Spiele  feiern,  bei  welchen  die  Priester  und  Vesta- 
linqen  für  ihn  beteten,  ^')  und  im  September  zu  den  römischen 
im  Circus  einen  vierten  Tag  hinzufügen.  * ')  Er  wurde  Jupiter 
genannt,^*)  und  wegen  seiner  Milde  ihm  und  dementia  ein 
g'emeiuschaftlicher  Tempel  bestimmt,  in  welchem  die  beiden  Gott- 
Leiten  einander  die  Hände  reichten,*')  und  M.  Antonius  das 
Priesterthum  des  neuen  Jupiter  übernahm.**)  Zu  den  beiden 
Classen  der  Luperci,  den  Fabiern  und  QuintUiern ,  '  ä)  kam  eine 


33)  Cic.  2  riiü.  42  (43).  Suet.  81.  Flor.  4,  2.  J.  91.  Die  Ausleger 
bei  diesen  Stellea  und  F.  A^ictorii  Var.  lect.  17,  18.  Obseq.  127.  l'lut. 
Caes.  63.  Dia  43,  44  hat  diess  missTerslau Jen ;  man  bewilligte  ihm  nicht 
eine  öffentliche  Wohnung,  denn  diese  besass  er  schon  in  der  heiligen  .Strasse 
als   Oberiiontif.     Oben    §.    7.    A.    30.  34)     Dio    44,  6.    App.  2,  494; 

oben  Ji.  60.  A.  92.  Auch  unter  Augustus  »Tirden  als  Nachahmung  solche 
Votiv  -  Spiele,  ludi  qiiinquennales  angeordnet.  .Suet.  Octav.  59.  Dio  51,  19, 
35)  Cic.  2  rhil.  42  (43).  Dio  44,  6.  Nach  seinem  Tode  kam  durch 
M.  Antonius  ein  fünfter  hinzu.  1.  Th.  109.  A.  15.  199.  A.  72  n.  Calend. 
in    Verr.    Flacc.   Fast.    ed.  Foggin.  p.  113.  36)     Dio   44,    6.    49.    51. 

App.    2,    519.  37)    Dio  44,  6.    Flut.  Caes.  57.    App.  2,  494.     Fun. 

16,  3  (4).  Vaill.  lul.  No.  52.  53.  SepnU.  No.  4.  Worell.  thes.  Caes. 
tab.  3.  No.  24.  25.  29.  30.  tab.  5.  No.  7.  8.  Eckh.  5,  306.  6,  9.  Vgl. 
Cruter.   225.   No.   0.  38)    Dio   1.    c.     Flamen   diolis.     Cic.   2  Fhil.  42 

(43).   13,   19.  21.   Suclou.  76.    1.  Th.  77.  A.  76.  39)  Fest,  v,  Fabiaui 


XXI.    lULII.        (31.  §.65.)        C67 

(IriOe,  die  Julier,  Linzn,  welchen  Cäsar  eine  Besoldung'  gab, 
und  der  Senat  nach  dessen  Tode  wieder  nahm;  *°)  iLr  VorsfeLer 
^vllrde  M.  Antonius,'')  "W'ogeg^en  Quiulus,  Ciceros  Neffe,  schon 
iiiiher  Priester  des  Pan  g-ewesen  war.'')  So  wanden  sich  die 
Senatoren,  den  Rönigsnainen  zu  ningehen,  weil  sie  ihn  hassten 
oder  das  Aeussersle  noch  nicht  wagten ;  sie  überreichten  Cäsar 
das  Diadem  in  unzähligen  Theilen;  das  Kö'uigthuin  wurde  durch 
ihre  Beschlüsse  ein  rechtlicher  Zustand  und  sogar  erblich,  aber 
sie  mochten  ihr  ^Verk  nicht  deuten,  und  überreichten  das  Dia- 
dem in  unzähligen  Theilen.  Als  sie  mit  den  wichtigsten  unter 
diesen  Verordnungen,  welche  mit  goldenen  Buchslaben  in  sil- 
berne Tafeln  eingegraben  und  im  Capitol  niedergelegt  Avurden,**) 
in  der  Halle  seines  Venus-Tempels  vor  dem  Dictator  erschienen, 
empfieng  er  sie  sitzend,  und  äusserte  nur,  man  habe  ihm  schon 
so  viel  lihre  erwiesen,  dass  sie  eher  yermindert  als  vermehrt 
werden  müsse.  **)  Wenn  Pompejus  an  seiner  Stelle  so  gehan- 
delt hätte,  so  würde  man  die  Ursach  in  dessen  Unbehülliichkeit 
finden;  der  schlaue  und  gewandte  Cäsar  bewegte  sich  in  jeder 
KoUe  mit  Leichtigkeit ;  er  war  auch  zn  selbstständig,  als  dass  der 
ältere  Baibus  ihn  zu  dem  Missgriffe  verleiten  konnte,"")  und  eiu 
Anfall  von  Krankheit  wurde  offenbar  später  erdichtet,  als  mein 
den  ungünstigen  Eindruck  bemerkte;'^)  da  ihm  bekanut  war, 
was  man  brachte  und  —  nicht  brachte,  so  mag  diess  die  Unge- 
bühr Teranlasst  haben. 

Das  Consulat  hatte  man  ihm  auf  zehn   Jahre   verliehen;*') 
es  stand  bei  ihm,  ob   er  davon  Gebrauch  machen  wollte;  um  die 


und  puinüliani  (appellabantai'  Inperci  a  Fabio  et  QaiDtilJo,  praepositis  suis). 
Alexand.  ab  Alex.  4,  12.  Liv.  1,  5.  Ovid.  Fast.  2,  279  u.  375  —  378. 
Cic.  p.  Coel.  11.  40;  Vectigat  Cic.  13  Phil.  15,  Kod.  Marcell.  de  -var, 
sign.  serm.  ed.  Lips.  1826  p.  273.  4l)    Cic.  2  PhU.  34.  42  (43).    13, 

15.  Flut.  Ant.  12.  Dio  44,  11.  45,  30.  46,  5.  tf/ffidy  jtSy  awiiniui', 
42)  Der  Brief  ad  Att.  12.  S,  io  welchem  Cicero  seinen  Brader tadelt,  -neil 
es  ihm  Freude  mache,  dass  sein  Sohn  unter  diese  Priester  aufgenommea 
sei ,  ist  schon  im  J.  46  geschrieben.  Selbst  Monganlt  das.  hat  diess  über- 
sehen, TTOgegen  sich  bei  Tanstail  ep.  ad  Aliddlet.  p.  16  f.  das  Richtige 
üudet.  43)   Dio   44,  7.  44)    Ders.  44,  8.  Plnt.  Caes.  60.  App.  2, 

494.  Zonar.  10,  11.  Liv.  116.  Sneton.  78.  79.  Eutrop.  6,  25  (20). 
45)  2.  Th.  606.  A.  7.  4G)  Dio  u.  Plut,  11.  cc.  47)    Oben   f.   64' 

A.  2. 


am  XXI.     lULlI.         (31.  §.65.) 

Freunde  zu  belohnen,  und  das  Amt  seines  Glanzes  zu  berauben, 
entsagte  er  dem  vierten,  welcLes  er  allein  verwaltete,'*)  und 
übertrug  es  im  October  45  £iir  die  noch  übrige  Zeit  des  Jahres 
auf  Q.  Fabius  Maximus  *ä)  und  C.  Trebonius. '")  Schon  am 
Ende  des  J.  47  waren  Consuln  auf  kurze  Zeit  ernannt,  aber 
doch  nicht  an  die  Stelle  eines  lebenden,  welcher  willkiihrlich  nie- 
derlegte;") daher  weigerte  man  sich  im  Theater,  Fabius  Platz 
zu  machen.'^)  Seitdem,  bemerkt  Dio,  wechseln  gewöhnlich 
Melu-ere,  und  nach  den  ersten  berechnet  man  die  Jahre.**)  Ohne 
die  öifenlliche  Meinung  zu  beachten,  hielt  Ciisar  C'enturiat-Comi- 
tien,  als  Fabius  am  31.  December  starb;  C.  Caninius  Rebilus*') 
wurde  um  die  siebente  römische  Stunde  für  die  Zeit  bis  zur  er- 
sten des  uächslen  Tages  zu  dessen  Nachfolger  gewählt,  nnd  der 
Spott  über  ihn  traf  zugleich  das  Consnlat;  diess  fühlte  Cicero, 
wenn  es  ihn  auch  nicht  hinderte,  einzustimmen:  „wärest  du  hier, 
du  würdest  Thräneu  vergiessen.'" ')  Zehn  Prätorier  wurden  mit 
Titel  und  Rang  der  Consnlare  abgefunden ,  ^ '')  vierzehn  andere 
Cäsarianer  mit  der  Prätor- Würde  für  die  letzten  Monate  dieses 
Jahrs,*')  und  vierzig  mit  der  Quästur.  **)  Zu  den  triumviri 
monetales  ferner  kam  ein  vierter  hinzu.  *^)     Auch  der  Senat  er- 


48)    §.   62.   A.    71.  49)   Fast.    eap.    a.  708.  Cic.  od  Fam.  7,  30. 

Plin.  7,  54  (53).  Snelon.  76.  80.  Dio  43,  46.  Plut.  Caes.  58.  Oben  §.  62. 
A.  66  n    33.  §.  64.  A.  80.  50)   Dio  1.    c.   Hier   §.   62.   A.  44  u.  51. 

51)   §.   56.   A.    69.  52)   Suet.   80.  53)  1.  c.  54)  2.  Th.  108. 

Hier  §.  16.  A.  94.  §.  59.  A.  21.  §.  62.  Ä.  26.  55)  ad   Fajn.    7,   30; 

das  Näliere  im  2.  Th.  108.  Fast.  cap.  Plnt.  Caes.  58.  Dio  43,  46.  Tacit.  H. 
3,  37.  Plin.  1.  c.  Olacilius  Pilholans  sagte:  Ante  flainines  nunc  coasules 
diales  finnt.  JVIacrob.  Sat.  2,2;  das.  7,  3  vrird  dieser  Scherz  Cicero  »u- 
geschrieben.     Snet.  75.  76.  Nero  15.  56)  Snet.  76.  Dio  43 ,  47.    Eben 

so  verführ  Augustiis  Dio  52,  42.  57)    Dio   43,  "Ä?.  Suet.  41.     Für  das 

J.  46  waren  zehn  gewählt.  J,  56.  A.  73.  Zn  den  vierzehn  gehörte  Asinius 
Pollio.  2.  Th.  6.  A.  41.  Die  Nachricht  bei  Suet.  76:  ila  iit  medio  tem- 
|iare  comilia  nnlla  habnerit  etc.  ist  falsch,  vgl.  Hii'tii  No.  2  ^.  I.A.  10. 
Jene  PrUtoren  übernahmen  ihr  Amt  sogleich  für  dieses  Jahr,  im  folgenden 
hatte  Rom  sechzehn.    Unten  §,  67.  A.  96.  58)    Dio  43,  47.  51.    Suet, 

41.     Unter  Sulla  zählte  mau  zwanzig.    2.    Th.    485.  A.    94.  59)  Nach 

Ursin.  Fam.  R.  Cornrl.  p.  71  wiirilon  IIlv.  nionol.  erst  zn  Ciceros  Zeil 
oder  kurz  zuvor  ernannt;  nach  Vaillant.  praofat.  §.  6  nicht  vor  dum  Jahre, 
in  welchem  Cü;>ar  dos  Itechl  erhjclt,   sein  Bild  auf  die  IVIuazcn   zu   sotzeiii 


XXI.    lULII.         (31.  §.65.)        669 

Iilelt  wieder  einen  ZuwacL» ,  ^ °)  so  dass  die  ZiiLl  seiner  Mit- 
glieder auf  900  stieg',  ^')  zum  Tlieil  gemeine  Rrie^er,  Söhne 
\on  Freigelassenen,  und  selbst  Fremde,  Gallier  und  besonders 
Transpadaner;  "^ -)  daher  untersagte  man  in  einem  Anschlage,  dea 
neuen  Senatoren  die  C'nrie  zu  zeigen.®^)  Es  unterliegt  keinem 
Zweifel,  dass  Cäsar,  wie  später  Augustus^')  und  andere  Impe- 
ratoren ,  in  einer  lex  Cassia  Mehrere  unter  die  Patricier  auf- 
nahm. *')  Wenn  es  eines  Vor^vandes  bedurfte,  so  fand  er  ihn 
in  dem  Erlöschen  vieler  altadeliger  Geschlechter,  welchen  gewisse 
Würden,  besonders  priesterliche,  vorbehalten  waren;  ^^)  in  der 
That  befriedigte  er  dadurch  seine  Anhänger,  er  setzte  die  Nobi- 
L'tät  herab ,  und  das  Patriciat  selbst ,  da  er  auch  wohl  in  dieser 
Beziehung  nicht  sorgfaltig  wählte ,  und  Mancher  nicht  Vermögen 
genug  hatte,  um  standesraässig  zn  leben;  wie  Cicero  diess  Ton 
einem  neuen  .Senator  C.  Curtius  sagt.^')  Aus  anderen  Gründen 
wnrde  Octavius  Patricier,  für  Antonius  später  sehr  erwünscht, 
weil  er  «m  so  leichter  die  Bewerbung  seines  Nebenbuhlers  um 
das  Volkstribunat  vereiteln  konnte.  ''  *)  Dies  Nachricht,  dass  Ci- 
cero sich  einer  gleichen  Auszeichnung  erfreute ,  findet  sich  in 
einer  von  ihm  erdichteten  Schmälirede  des  Fuflus   Calenus  gegen 


oder  a.  86 ,  als  Marins  Gratidianns  Prätor  war.  (Vaill.  Sentia  No.  1.  er 
widerspricht  sich'.  Eckhcl  5,  62  bevreis't,  dass  jener  Name  schon  erwähnt 
wird,  als  Cäsar  noch  als  Froconsol  in  Gallien  stand',  Cic.  ad  Farn.  7,  13. 
dass  Plin.  33,  46  (9)  nicht  hierher  gehört,  nnd  die  Münzen  erst  in  der 
letzten  Zeit  vor  dem  Tode  des  Dictator  rVviri  nennen ;  Vaill.  lul.  Ko.  29 
35.  Morell.  thes.  Caes.  tab.  3.  No.  29  30.  tab.  9.  Äo.  7.  8  f.  tab.  10. 
No.  27.  Eckh.  6 ,  p.  8.  Die  alte  Bezeichnung  wnrde  aber  hänfig  beibe- 
halten ,  und  Angnstns  beschränkte  die  Zahl  wieder  auf  drei ;  Dio  5i ,  26, 
Ans  den  M'orten  Snetonsi  Qlonetae  pnblicisqae  vectigaühns  peciiliares  ser- 
vos  praeposnit ,  (Caes.  76)  geht  nicht  herTOr ,  wie  diese  Selaven  bei  der 
Münze  gestellt  ■waren ,  indess  konnte  man  ilinen  nnmöglich  das  Geld  znr 
Aufbewahrnng  anvertranen ,  vrie  Eckh.  5  ,  62  annimmt.  60)   Oben  §.  56. 

A.  76.  5.  61.  A.  93.  61)    Dio  43,  47.  62)    Ders.     1.  c.  Snet.   41. 

72.  76.  80.  Cic.  ad  Farn.  13,  5.  de  dir.  2,  9,  Senec.  controv.  7,  3.  Ma- 
crob.  Sat.  2,  3.  7,  3.  63)    Snet.    80.  64)    Tacit.  A.    11,  25.  Dio 

49,  43.   52,  42.  65)  Tacit.  1.  c.  nennt  das  Gesetz.  Snet.  41.  Dio    43. 

47.  45,  2.  66)    Dio  52,  42.  67)    ad   Fam.  13,   5.  68)    Sne«. 

Oclav.  2.  10.  Dio  45,  2.  Nicol.  Dara.isc.  Hist.  Vit.i  Aug.  c.  15.  p.  112. 
ed.  Grell.  Vgl.  Dio  45,  6.  VcUej.  2.  59,  n.  I.  Th.  122.  A.  23.  127. 
§.  52. 


(570  XXI.    lULII.         (31.  §.65.) 

den  Consiilar,  nnJ  wird  von  niemandem  bestätigt.  ^5)  Allen  in 
jeder  Hinsicht  zn  genügen  war  anmöglict;  ein  Optimat,  welcher 
statt  einer  Provinz  Geld  erhielt,  beschloss  im  Unmutli,  sich  zu 
tö'dten. '")  Die  Krieger  von  niedrig-em  Range,  die  Veteranen, 
wie  jeder  hiess,  welcher  unter  dem  Sieger  gedient  hatte,  ver- 
sorgte man  mit  Ländereien;  es  sollte  scheinen,  als  ob  nur  das 
julische  Ackergesetz  vom  J.  59  vollzogen  würde.  ^')  Dadurch 
entstanden  neue  Militär  -  Colonien,  nicht  ohne  Beeinträchtigung 
der  suUanischen, '^)  obgleich  Cäsar  erklärte,  dass  die  Verkäufe 
nnd  Anweisungen  Sullas  gültig  bleiben  sollten.  '^)  Man  schonte 
selbst  geweihten  Acker  nicht,'*)  und  C'ainpanien  nnd  Etnirien 
verloren ,  wie  gewohnlich  in  solchen  Fällen ,  am  meisten ,  indess 
wurden  anch  das  cisalpinische  Gallien  und  andere  Gegenden  an- 
gezogen. Daher  die  Verwendung  Ciceros  bei  Mitgliedern  der 
Commission,  welche  den  Acker  verlheilte,  bei  Valerius  Orca, 
Cluvius  und  IM.  Kutilius.  ")  Nach  dem  Tode  des  Dictator  liess 
]M.  Antonius  den  Besitz  durch  den  Senat  der  Veteranen  verbür- 
gen,'^) und  doch  beunruhigte  er  sie  bald  selbst  durch  das  Acker- 
gesetz seines  Bruders,  des  Tribuns  Lucius.")  Die  Missrergnüg- 
ten,  welche  Proscriplionen  erwarteten,  sahen  sich  abermals  be- 
schämt. '  *)  Cäsar  blieb  sich  gleich ;  seine  Milde  wurde  in  dem 
Maasse  grösser,  als  er  mächtiger  wurde.  Er  gab  den  Wittwea 
seiner  Feinde,  deren  Vermögen  eingezogen  war,  weil  sie  auch 
nach  Pompejus  Tode  im  Kampfe  gegen  ihn  beharrten,  ihre  Aus- 
steuer zurück,  und  den  Rindern  einen  Theil  des  väterlichen 
Erbe;'*)    viele   Verbannte    wurden  begnadigt,    und  andere  unter 


69)  46,  22.  wo  die  Erklärung  des  FalricinSj  der  Dictator  habe  dem 
Pompejaner  verziehen,  ihm  die  Rechte  der  Nobilität  nicht  entzogen,  der 
Meinung  des  Vf.  keineswegs  entspricht ;  diese  durch  nichts  uuterstiilzte 
Meinung  eines  so  nnznyerlä>sigcn  Zeugen,  welcher  auch  übrigens  Calenns 
Wahres  und  Falsches  und  höchst  Unwürdiges  zum  Nachlheil  des  Getadel- 
ten in  den  Mund  legt,  darf  aber  in  der  Geschichte  nicht  Platz  greifen,  ob- 
gleich Casanb.  zn  Suet.  Caps.  41  Mongault  A.  4  za  Cic.  ad  Alt.  H,  6  n. 
A.  unbedenklich  beistimmen.  70)    Dio    43,    47    fin.  Hier  §.  69.  A.  82. 

71)  Oben  §.   11.  Sueton.  81.  72)   2.    Th.    480.    507.  73)    Cic.  ad 

Farn.  13,  8.  74)  Dio  43,  47.  75)  ad  Fam.  13,  4.  5.    7.   8.     Vgl. 

Sueton.  81.   1.  Th.   129.  A.  67.  76)    1.  Th.  94.  A.   88.  77)    Das. 

113.  A.  58.  78)  Oben  {.  63,  A.  96.  79)  Dio  43,  SO. 


XXI.     IDLII.         (31.  §,66.)         671 

seinen  eliemallgen  Geg^nern  zu  Ehrenstellen  beförclerf.'")  Zn  den 
Wenigen,  mit  welcLen  er  sich  nicht  versöhnte,  gehörte  Dejo- 
tariis.  ^ ' ) 

Um  die  Mitte  des  December  unternahm  er  eine  Reise  nach 
Cainpanien,  wo  er  bei  PuteoII  seinen  Verwandten  L.  Marcius 
Philjppas  und  auch  Cicero  auf  den  Villen  saL.  Die  Nachrichten 
über  diesen  Besuch  in  einem  Briefe  des  Letzten  an  Allicus  sind 
sehr  erwünscht,  da  sie  uns  mit  dem  Dictator  gleichsam  unmittel- 
bar in  Berührung  bringen,  über  seine  Lebensweise  und  sein  Ge- 
folge, und  auch  über  Cicero  manchen  Aufschluss  geben.^')  Die- 
ser erhielt  bald  nachher  durch  den  Älagister  Equ.  M.  Lepidus  die 
Einladung,  nach  Rom  zu  kommen,  um  als  Augur  mit  seinen 
Collegen  den  Ort  zu  weihen,  wo  ein  Tempel  des  Blars  erbaut 
werden  sollte;  er  wusste,  dass  seine  Gegenwart  nicht  nolhwen- 
dig  war,  und  Cäsar  ihn,  den  ersten  und  angesehensten  Consular 
unter  jedem  Verwände  an  sich  zu  ziehen  suchte,  doch  wollte  er 
sich  einündeu.  *  ^) 

§  66. 

Im  Jahre  44  war  Cäsar  zum  fünften  ]\Iale  Consnl  und  M. 
Antonius  sein  College.  ")  Schon  im  vorigen  hatte  er  die  füiifle 
(vierte)  DIctatnr  angetreten,^*)  und  M.  Lepidus  zu  seinem  Ma- 
gister Equ.  ernannt.  *^)  Dadurch,  dass  er  das  Consulat  selbst 
übernahm,  fühlte  Dolabella  sich  gekränkt,  welchem  es  verspro- 
chen war;  dieser  hielt  Antonius  für  die  Ursach;  er  schmälite 
ihn  am  1.  Januar  im  Senat,  und  als  Cäsar  erklärte,  dass  er  ihm 
vor  dem  Feldzuge  g'egen  die  Parther  im  Amte  folgen  solle,  drohte 
Antonius    durch    seinen    Einspruch   als    Augur  die  Wahl  zu  ver- 


80)  Ders.  1.  c.  Pint.  Caes.  57.  App.  2,  495.  Zonar.  10,  11.  Sne(on. 
75.  Veliej.  2,  56.  81)  Cic.  2  Phil.  37.  11,  12.  13.  p.  Deiot.  3.  Obea 
J.  55.  A.  85  f.  n.  A.  8  f.  Cicero  Terlheidigte  ihn  in  diesem  Jahre ,  als 
Castor,  sein  Enkel,  und  sein  Sclav,  der  Arzt  Phidippns,  ihn  beschuldigten, 
dass  er  Cäsar  znr  Zeit  des  Kriegs  mit  l'harnaces  habe  tödten  TfoUen. 
82)  ad  Att.  13,  52.  S.  nnten  §.  73.  A.  83.  83)  ad  Att.  13,  42.    un- 

ten J.  66.  A.  12.  84)    Fast.    cap.    a.  709  u.  die  Stellen  im  1.  Th.  77. 

A.  77.  85)  Oben  §.  64.  A.  60.  86)  Lejiidns  folgte  in  diesem  Amte 

nicht    dem   Antonius,    wie    Appian  sagt,  sondern  es  vriirde  ihm  verlängert' 
1.  Th.  1*.  A.  60.  78.  A.  80. 


672  XXI.     lULII,         (31.  §.66.) 

Lindern.  Am  Tage  der  Comitien  führte  er  es  ans ;  dör  DIctator, 
dessen  Freunde  viel  'wag'en  durften ,  wenn  sie  sicL  bewährt  bat- " 
ten,  wollte  am  15.  März  den  Streit  entscheiden,  nnd  wurde  ge- 
töJtet.  *')  Die  Prälnr  erhielten  sechzehn,^*)  und  die  Quästur 
wieder  vierzig.'^)  Statt  der  vier  Aedilen,  welche  bisher  ge- 
wählt waren,  hatte  Born  in  diesem  Jahre  zum  ersten  Blale  sechs, 
zwei  curulische,  wie  früher,  nnd  vier  plebejische;  zwei  unter 
diesen  sollten  für  die  Zufuhr  sorgen,  und  hiessen  deshalb  cerea- 
les. *^'')  So  entledigte  sich  Cäsar  von  neuem  eines  grossen  Theils 
Reiner  Verpflichtungen.  In  gleicher  Absicht  legte  er  Colonien  an; 
doch  sollten  sie  auch  den  Handel  beleben,  und  müssiges,  besitz- 
loses Gesindel  aufnehmen.  Er  schickte  unter  Anderem  Ansiedler 
nach  Pharns,'")  nach  Narbo  und  Arelate.  ^')  Bei  der  Zwei- 
deutigkeit der  Bezeichnung  colonia  lulia  bleibt  man  oft  ungewissj 
ob  sie  auf  ihn  oder  auf  Augustus  zn  beziehen  ist ;  manche  Städte 
waren  in  dieser  Hinsicht  Beiden  verpflichtet,  wie  Berytus,  ^*) 
Carthago  und  Corintb.  Die  Letzten  wollte  Cäsar  vorziiglidi 
durch  Freigelassene  herstellen.^*)  Ohnerachtet  des  Fluches,  mit 
welchem  man  den  Aufbau  Carthagos  verpönt  hatte,  gründete  C. 
Gracchus  auf  dessen  Ruinen  eine  Colonie  Jimonia ;  sie  weir  un- 
bedeutend, weil  die  Sendung  des  kühnen  Volkshauptes  für  den 
Senat  etwas  ganz  anderes  bezweckte,  aber  sie  erhielt  sich,'*) 
bis  Cäsar,  angeblich  im  africanischen  Kriege  durch  einen  Traum 
gemahnt,  in  welchem  ihm  ein  Heer  von  Flehenden  erschien,  im 
J.  44  sie  zu  erweitern  beschloss.  ° ')     Pausanias    erwähnt  es   als 


87)  1.  Th.  77.  A.   78  f.  2.  Th.  571,   A.  34  f.  88)    Dio    43,   49. 

Äl.  Oben  §.  56.  A.  73.  u.  {.  65.  A.  57.  89)  Dio  49,  51.  89  A)  Dio 
43,  51.  Pomiion.  de  orig.  inr.  D.  lib.  1.  tit.  2  lex  2.  Sueton.  41.  Poli- 
tian.  Miscellan.  c.  85  *.  Pigli.  3 ,  467  halten  irrig  die  beidea  cnrnlischen 
für  Cereal- Aedilen  ;  Dio  sagt  das  Oegeniheil,  nnd  noch  bestimmter  wider- 
legen ihn  die  MUnzen.  Ursiu.  Farn.  R.  Faun.  n.  die  Inschrift  das,  p.  96. 
Vaill.  Criton.  u.  Memm.  No.  6.  Eckh.  5,  198  n.  251.  Vgl.  über  Critonins 
App.    3,    543    fio.    n.     1.     Th.    123.    A.    26.  90)    Plin.    5,    34    (31). 

91)  .Sneton.  Tiber.  4.  Grater.  p.  229.  92)  S.  Schlegel  in  Morell.  Th«- 

sanr.  im  Commentar  xu  Caes.  tab.  6,  17.  18.  tab.  8.  No.  21.  22,  die  dort 
Bngcfiilirten  Schriften  ii.  Onnphr.  Pan\in.  Irapcr.  Rom.  in  Graev.  Thes.  1. 
1).    3ü4  f.  fitrabo  16 ,  756    nennt    nnr  Agrippa  (Augnst).  93)    Sirnbo  8. 

381.    17,  833.  94)    SoÜn,   c.    27.   §.    II.  96)    App.  Pnnic.  p.  83, 


XXI.     lüLlI.         (31.  §.66.)         673 

eine  Sage;^^)  Appian  versichert,  Angustns  Labe  Jen  Plan  in 
seinem  TagebiicLe  gefunden  und  ausg-efiilirt,  ")  und  Solinus  lässt 
diess  sogleich  nach  dem  Tode  des  Dictator  geschehen,  wo  jener 
nun  freilich  mit  sich  beschäftigt  war;^*)  die  Meisten  erklären 
sich  für  Cäsar.'')  Wenn  er  einmal  den  Entschliiss  gefasst  hatte, 
zwei  der  berühmtesten  Städte  des  Alterthums  herzustellen ,  so 
aahmen  die  Colonisten,  welche  für  das  Ausland  bestimmt  wa- 
ren ,  wohl  zunächst  diesen  ^Veg'.  In  der  Geschichte  der  g:rie- 
chischeu  Colonien  ist  nichts  gewöhnlicher,  als  dass  Vergrö'sserung 
für  Gründung  gilt;  so  auch  hier.  Unter  Auguslus  kamen  neue 
Ansiedler,  denn  Lepidus  hatte  Carthago  zum  Theil  seiner  Ein- 
wohner beraubt, '°°)  aber  schon  Cäsar  gab  ihm  seinen  alten  Na- 
men,') und  es  erhob  sich  hald  auf  seiner  allen  Stelle-)  zu  gi-osser 
Bliithe,  *)  bis  es  nach  manchen  "NVechselfälleu  des  Glücks  im 
Anfange  des  achten  Jahrhunderts  n.  Chr.  von  den  Arabern  zer- 
stört wurde.  Auch  Corinth  erhielt  seine  ersten  Colonisten  im 
J.  44  dui-ch  Cäsar;  ')  andere  schickte  Augustus.  ')  Cicero  be- 
merkt, man  habe  kaum  eine  Spur  von  dieser  Stadt  übrig  gelas- 
sen ,  weil  sie  wegen  ihrer  Lage  der  Schlüssel  zum  festen  Lande 
und  die  Brücke  z\^•ischen  zwei  Bleeren  gewesen  sei;^)  eben 
deshalb  sollte  sie  jetzt  aus  ihren  Trümmern  erstehen  und  ein  Ca- 
nal  den  Isthmus  öifuen.  ") 


96)  2,  1.  f.  2.  97)  1.  c.  98)  1.  c  99)  Die  43,  50.  Plnt. 

Caes.    57.    Strabo    17,    833.  Vgl.  Sneton.  42.  100)    Hio  52,  43.  App. 

1.   c   1.   Th.    19.    A.    1.  1)    Dio    43,    50.  2)    Augnstns  besiinuute 

diese  nicht,  daher  irrt  anch  App.  1  c.  "wenn  er  ihn  aus  Scheu  top  dem 
fluche  die  römische  Stadt  nur  in  der  Nähe  der  phoenicischen  erbauen  lässr. 
S.  Plio.  5,  3  (4).  C.  Falbe  (Dänisch.  Consnl  in  Tunis)  Recherches  sur 
reniplacement  de  Carih.ige.  Paris  1833.  u.  Uureau  de  la  Sl.iUe  Recherches 
sur  la  lopographie  de   Carlhage.  Paris.   1835.  3)  Slrabo  17,  833.    Solin. 

I.  c.  Alela  1,7.  4)    Die   Stcllca   oben   in   A.    99.    n.    Slrübo  8,  381. 

Pausan.  lib.  2,  1.  f.  2.  cap.  3.  §.  1.  lib.  5,1.  §.  1.  Mela  2,  3.  Nach 
Appian,  Punic.  85  erTraib  sich  Augustus  diess  Verdienst.  Der  Dictator  er- 
nannte sogar  schon  den  Aufseher  bei  den  Arbeiten  aul  dem  Isthmus;  s.  un- 
ten ,  und  man  hat  Münzen  Ton  Corinth  mit  seinem  Kopfe ;  Vaillaut.  lul. 
Ko.  50.  Morell  Thes.  Caes.  tab.  6.  No.  11.  12.  13.  Tab.  7.  ISo.  1.  Pa- 
tin. Imper.  Rom.  Jium.  p.  18.  Eckh.  2 ,  238  f.  5;  Daher  Cäsars  Kopf 
und  der  seinige  auf  den  coriulh.  Münzen.  Morell.  1.  c.  lab.  6.  Ko.  14.  15. 
6)  de  lege  agr.  2,  32.  7)  Sueton.  44.  Plin.  4,  5  (4).  Dio  44,  5.  Plot. 
Caes.  58  erzählt,   Anienns  h.ibe  das  Uuternehiueu  leiten   sollen;    ein  ent- 

DruiBum,   Cescliiclile  Uams  ll(.  ^J 


e74  XXI.    lüLIL        (3i.§.  6C.) 

Svetoii  berechnet  dio  ZaLl  der  Bürger,  welcLe  über  ila^ 
Meer  i;ieni;eii ,  auf  80,000;  ")  so  wenig  Latte  der  Krieg  mit  mir 
drei  Ilatiptschlaeliteii  in  fünf  JaLren  die  Bevölkerung  ersdiopfi; 
Damit  diese  jedocli  nicht  za  sehr  litt,  solhe  keiner  zwischen  20 
und  40  Jahren  mit  Ausnahme  des  Kriegsdienstes  länger  als  drei 
nach  tinander  von  Italien  abwesend  sein,  kein  Sohn  eines  Se- 
nator es  anders  als  iui  Gefolge  eines  Statthalters  oder  Heerführers 
verlassen ,  ^ '')  der  Besitzer  grosser  Heerden  wenigstens  den  drit- 
ten Theil  der  Hirten  unter  den  Freien  wählen,  ^)  und  eine  zahl- 
reiche Nachkommenschaft  dem  Familienvater  böigerliche  Vorrechte 
sichern. '  °) 

Man  vermag  anch  mit  dem  kühnsten  Fluge  der  Einbildungs- 
kraft nicht  zu  ermessen,  was  Rom,  Italien,  die  Welt  geworden 
sein  würden,  wenn  Cäsar  das  natürliche  Ziel  seines  Lebens  er- 
reicht hätte.  Jetzt  erst  begann  die  Zeit  des  Schaffens  für  einen 
Hieseugeist,  welcher  das  Schöne  »md  das  Nützliche,  die  Wissen- 
schaft und  den  Staat,  das  Kleine  und  das  Grosse  umfasste,  und 
nun  über  die  Macht  eines  ungeheuren  Reichs  gebot;  aber  Weni- 
ges wurde  ausgeführt.  So  lies't  man  von  Entwürfen  zu  pracht- 
vollen und  schwierigen  Bauten.  Auf  dem  kleinern  Campus  Co- 
detanus  westlich  von  der  Tiber,  wo  im  J.  46  nach  den  Triinn- 
phen  ein  Seegefecht  gegeben  war,'')  sollte  Rom  einen  colossa- 
len  Tempel  des  Älai-s  erhalten,    und  zu   dem   Ende    das  Wasser 


siellter  Namo.  Ancli  Alexander,  Pansan,  2,  1.  §.  5,  und  Demelrins  To- 
liorcetes  Strabo  1,  54  l'lin,  I,  c.  wolltea  diese  Landenge  durchsteclien,  und 
^l)äter  Caligula  nnd  Nero,  l'lin.  l.  c.  Snet.  Calig.  21.  Nero  19.  Dio  63,  16. 
S)  Caes.  42.  8  6)  Die  A^orordnnng  Ciisars,    welche  die  freien  Gesandt- 

äuliaften  der  Senatoren  beseliränkte ,  sollte  die  Laslen  der  Provinzen  ver- 
mindern. I.  Th.  ISS.  A.  82.  9)  Sueton.  1,  c.  u,  das.  Casaub  welcher 
daran  erinnert,  dass  Licinins  Stolo  im  vierten  Jahrhundert  t.  Chr.  nach  App. 
i ,  354  in  Betreif  der  Hirten  ähnliches  beantragt  hatte.  Die  Sclaverei  er- 
schwerte dem  armen  Freien  de«  Erwerb  und  die  hänsliche  Einrichtung. 
10)  Dio  43,  25.  Melellns  Macedonicus  wollte,  dass  der  Staat  die  Ehen 
belürdere;  2.  Th.  20.  A.  61.  Dasselbe  bezweckte  zum  Tlieil  Ciisars  Acker- 
Gesetz  vom  J.  59;  hier  §.  II.  A.  11,  Ueber  Angustus  Gesetz  de  maritan- 
djs  ordinibns  s.  Dio  54,  16.  Liv.  59.  Suet.  Octav.  .H.  Gell.  2,  15;  er 
konnte  der  Ueberhand  nehmenden  Ehelosigkeit  als  Folge  der  Schwelgerei 
iiiid  der  Ansschwuifnngen  nicht  steuern,  daher  noch  in  seinem  hohen  Alter ; 
'm  3.  9  nach  Chr.  die  lex  Fapia  Poppae«.  II)  Oben  §.  Gl,  A.  75, 


XXI.     lüLII.         (31.  §.66.)         G75 

wieder  abgeleitet  nnd  der  Ort  geebnet  und  von  den  Aagum  ge- 
TveiLt  werden;  er  wurde  erst  im  folgenden  Jahre  wäLrend  eine« 
Pest  auf  BefeLl  des  Senats  aiisgefiillt ,  wahrscheinlich  wegen  de* 
nngesnuden  Dünste.  ' ')  Cäsar  gedachte  ferner  nach  dem  Bei- 
spiele des  Pouipejiis  '  *)  aber  nach  einem  weit  grössern  Blaass- 
stabe  am  tarpejischen  Felsen  ein  Theater  zu  erbauen. '  *)  Dio 
erzählt,  er  habe  mit  der  Räumung  des  Platzes  den  Anfang  ge- 
macht ,  Häuser  und  Tempel  abbrechen ,  die  hölzernen  Statuen 
verbrennen,  und  das  Geld,  welches  man  bei  dem  Graben  fand, 
in  seinen  Privat  -  Schatz  fliessen  lassen;  erst  durch  Angnstns  sei 
das  Theater  vollendet,  und  nach  dessen  Schwestersohn  M.  Mar- 
cellus  benannt;  das  marcellische  hatte  aber  nach  Ort  und  Umfang 
mit  dem  Gebäude,  welches  man  jetzt  errichten  wollte,  nichts  gemein, 
auch  bestätigt  Sveton  diese  Nachricht  nicht.  '  ^)  Durch  die  Ans- 
ti-ocknung  der  pomplinischen  Sümpfe  hoifle  der  Dictator  die  Luft 
zu  verbessern  und  fruchtbares  Land  zu  gevrinnen ;  der  grosse  Ar- 
chilect  war  bei  diesem  Unternehmen,  mit  welchem  der  Senat  ihn 
beauftragen  musste ,  an  seiner  Stelle.  '  ^)  Dasselbe  gilt  von  dem 
Plane ,  durch  eine  Strasse  über  die  Apenninen  das  adriafische 
Bleer  und  die  Tiber  zu  verbinden,'')  das  Bett  der  Tiber  an 
der  Mündung  zu  reinigen  und  bei  Ostia  einen  tiefen  und  geräu- 
migen Hafen  mit  einer  sichern  Bhede  anzulegen,'*)  welches 
Claudius  ausführte ,  ohne  den  Fluss  einstweilen  in  einen  Canal 
abzuleiten,  wie  es  nach  einer  Bemerkung  Plntarchs  Jetzt  beschlos- 
sen war.  '  ^)  Die  Ablassnng  des  fucinischen  Sees  im  Marsischen 
in  die  Tiber  ^'')  blieb  ebenfalls  jenem  Kaiser  vorbehalten,  unter 
dessen  Regierung  30,000  Menschen  in  11  Jahren  einen  Canal 
von  3000  Schritten  gruben,  nnd  um  zum  Ziele  zu  kommen,  einen 
Berg  durchstachen;^')  es  war  schon  deshalb  eine Wohlthaf,  weil 

12)    Cic.    ad    AU.     13,   42.    Snet.   44.   Dio   45,    17.  Oben  §.  65  Sn, 
13)  Pompej.  IIIt.  a.  55.  14)    Snet.   I.  c.  Dio  43,  49.  15)    üeber 

das  Tlieater  des  Marcellus  Tgl.  Dio  53,  30,  ■wo  er  mederliolt,  dass  scbon 
Cäsar  gebaut  habe ;  die  Zeit  der  IVeihe  setzt  er  5t ,  26  richtig  in  das  J. 
13  T.  Chr.  Plin.  8,  25  (18)  vgl.  7,  36  dagegen  ia  das  J.  11.  Lir.  138. 
Snet.   Octav.  29.   43.    Plut.  Marcell.    30.  16)    Cic.   5  Phil.  3,   Sneton. 

44.  Dio  44,  5.  Plut.  Caes.  58.  1.  Th.  113.  A.  59.  17)    Sueton.  I.  c. 

18)  Plut.  Caes.  58.  19)  Suet.   Cland.  20.   Dio  60,  II,  20)  Sneton. 

Caes.  44.  21)  Ders.  Claiid.  20.  Plin.  36,  24  (15).  j.  11.  Tacit.  A.  12, 

56,  Oio  1.  c,  alleia  erzählt,  das  Uutemelunea  sei  misslnngen, 

43* 


676  XXI.    lULlI.        (31.  §.66.) 

der  See  oft  übertrat,  und  die  Umgegend  verLeerfe;  man  erwar- 
tete aber  auch  so  reicLe  Erndten  von  seinem  Boden,  dass  Pri- 
valpersonen  sich  erboten,  iLn  trocken  zu  legen,  \\'enn  man  ihnen 
das  Saatland  zur  Entschädigung  sichere;'^)  später  beschäfliglen 
sich  Trajan^^)  und  Hadrian  mit  der  Herstellung  des  Emissärs.^ ') 
Eine  andre  Verfügung  C'äsars  'V^'ar  von  grösserem  und  all- 
gemeinerem Interesse;  er  befahl  die  Gesetze,  Vielehe  man  wegen 
ihrer  Menge  nicht  mehr  übersehen  konnte ,  zn  sichten  und  zu 
ordnen  ;  '  ')  unter  seiner  einsichtsvollen  Leitung  würde  man  eine 
brauchbare  Sammlung  erhalten  haben ,  A'selche  wohl  nicht  schon 
Pompejus'*)  aber  Cicero  sich  zur  Aufgabe  gemacht  hatte.''') 
Auch  die  Bücher- Schätze  sollten  zugänglicher  werden;  M.  Te- 
renlins  Varro  erhielt  den  Auftrag,  griechische  und  lateinische 
Schriften  für  eine  öffentliche  Bibliothek  zu  sammeln.-*)  jMan 
durfte  von  der  Verbindung  des  mächtigsten  und  des  gelehrtesten 
Römers  zu  einem  solchen  Zwecke  einen  glänzenden  Erfolg  er- 
warten; wenn  auch  hier  die  Hand  des  Blörders  hinderlich  wurde, 
so  war  doch  der  Anstoss  gegeben,  nicht  bloss  zum  Privatgebrau- 
che, wie  Aeniilius  Paullus,  der  Eroberer  von  Blacedonien ,  ") 
Sulla  ^ ")  und  LucuUus,^')  welcher  indess  gern  Freunden  mit- 
theUte,  Bibliotheken  anzulegen,  und  Asinins  Pollio  gieng  darauf 
ein ,  •  ihm  verdankte  Rom  die  erste  ölfentliche.  * ')  Es  sollte  in 
jeder  Beziehung  alle  anderen  Städte  verdunkeln,  als  glückliche 
IVebenbuhlerinn  von  Athen  und  Alexandrien  nebst  den  besten 
und  meisten  literarischen  Hüllsmitteln  anch  die  voi-ziiglichsten 
Gelehrten  vereinigen;  damit  diese  sich  wiluger  einfanden,  gab 
Cäsar  den'Aerzten  und  den  Lehrern  der  freien  Künste  in  seiner 
Hauptstadt  das  Bürgerrecht.^^)  Freilich  konnte  man  das  Ver- 
säumte nicht  mehr  einbringen ;  die  Römer  hatten  dem  gebildetsten 
Volke  des  Alterthums  den  Sieg  in  den  WissensaLaften  nie  strei- 


22)  Sneton.  Cland.  20.  23)  Romes.  Inscr.  Class.  3.  No.  81.  p.  333. 
24)  Spari.  Jladr.  12.  Fabrelti  Emissarii  lac.  Fucini  descript.  indessen  Scliiift: 
de  colnmna  Traiani.  25)    Suet.  44.    Uio  43,  50.  26;  Isidor.   Orig. 

5,    I.  Jleinecc.  Ant.   R.  Prooem.  J.  12.  27)  Cell.  1,  22.  §.  7:  M.  Ci- 

cero   in    libro,    qiü   inscriptus    est:    De    iure  civiLi  in  arlem  redigendo  elc. 
28)   Suet.   44.  29)    I'lut.  AemU.  p.  28.  Isidor.  Oiig.  6,  5.  30)    2. 

Th.  496.  A.  92.  499.  A.  22.  31)  Plut.  LncnlJ.  42.  32)  Thorbetko 

Asin.  PoUio  p.  36  t  2.  Tb.  12.        33;  Sueton.  42.  Tgl.  Cic.  13  PhU,  61. 


XXI.     lULH.         (31.  §.66.)         G77 

tit:  »eniacLt")  und  in  iLrem  Leben  eine  ganz  andre  RicLhing' 
troiiommen,  in  \selclier  der  Optimat  nur  auf  Aiisflüg-en  zu  seiner 
Er.'iolung'  und  die  Älasse  gar  nicLt  mit  „den  GriecLleiu"  zusam- 
mentraf, 

GewöbnlicLe  Geister  stecken  sicL  ein  Ziel   und   bannen    sich 
in  einen   Kreis;    der   reich   begabte    duldet    keine    Schränken,    er 
mnss  scLaffen ,  «nauf liö'rlicL  schaffen ,  sei  es  in  der  Wissenschaft 
oder  im  Staate,   er  kann   nicht   anders,    so  ■weniy  als  die  Eiche 
sich  in  ihrem  AVachsthura'  aufhalten  und    zum    .Strauche    werden 
kann.     Das  stille  Leben  des  Denkers,  ■welcher  täg-Hch  auf  seinem 
Gebiete    vordringt,    und   sich    und   Anderen  neue  Bahnen   öffnet, 
entzieht  sich  für  die  IVIelsten    der   Beobachtung,    wenn    aber    der 
Held  mit  seinen  Heeren  über    die  Erde    schreitet,    so    kennen   sie 
keine    Ursach    als   Ehrgeiz    und  Blutdurst.     Es  würde  Wahnsinn 
sein,    den  Eroberer  in  Schutz  zu  nehmen,    oder   der    Ruhmsucht 
ihren  Antheil  an   seinen   Thaten  abzusprechen ;  man  muss  zugeben, 
dass  er  diese  Schwäche  mit  den  Tausenden  gemein    hat ,    welche 
auch  Eroberer  sein  würden ,  wenn  sie  Helden  wären ,   aber  mau 
vergesse  auch  nicht,   was  die  Natur  bedingt,    den  innern  Drang, 
aus  sich  herauszugehen,    genährt  und  gepflegt  von   dem  Bewusst- 
sein  der    Ueberlegenheit ;    wem    der   Finger   genügt,    wo    Andere 
den  Arm  gebrauchen,    der  wird   weit  liinausschauen  nach  Arbeit, 
nicht  bloss  um  zn  glänzen,  sondern  auch  weil  jede  ausgezeichnete 
Rraft    einen   ihrer   würdigen    Geg'enstand   sucht.     Zu    dieser   Be- 
merkung,   welche    vff    erklären,    nicht   rechtfertigen    soll,     giebt 
nuch  Cäsars  Geschichte  Veranlassung.     Wälirend  er  mit  schneller 
Uebersicht  das  Innere  seines  Reiches    ordnete,    ruhte    sein   Blick 
zugleich  auf  anderen,     Nene  Kriege  sollten  ihn  und  die  Legionen 
beschäftigen,    Rom    durch   Vergrösserung  versöhnen,    die   E|)oche 
der  Älonarchie  mit  unerhörten  Begebenheilen  bezeichnen.     A'N^eun 
er  zu  einem  Angriff'  auf  Parthien   rüstete,  so  war  die  öffentliche 
Meinung  in  dem    Maasse    für    ihn,    dass    er   mit    dem   Blute    der 
Barbaren  sein  Schwerdt  vom  Biirgerblufe  reinigen  konnte.     Dort 
regierte    noch    Orodes,    der    Arsacide,    gegen   welchen   im    J.  53 
Crassus    fiel,    und    in    den  folgenden  der   Quästor  des  Proconsuls, 
C.    Cassius ,    nur  mit  grosser  Anstrengung  Serien  beliauptcte.  ^ ') 


34)  Cic.  Tnscnl.  Oiiacst.  1,1.  35)  2.  Th.  119. 


678  XXI.    lULlI.        (31.  §.66.) 

Seitdem  war  er  der  ScLiecken  der  StattLalter  in  dieser  Pyovinit 
und  in  Cilicieu;^^)  noch  im  Anfange  des  Krieg'es  zwiscLen  Ca- 
gar  und  Pompejiis  verlangte  er  von  diesem  die  Abtretong  Syriens 
für  die  erbetene  Hülfe.")  Nach  Westen  also  -wollte  er  sich 
ausdehnen;  der  Taurus  und  das  ägäische  Meer  gewährten  wenig 
Schutz,  wenn  er  siegreich  diesseits  des  Euphrat  stand;  ihn  ent- 
waffnen hiess  die  Vernichtung  eines  römischen  Heeres  rächen, 
den  Staat  vor  schim])fiichem  und  unersetzlichem  Verlust'  bewah- 
ren; die  neuen  Perser  sollten  ihren  Alexander  finden.'")  Cäsar 
wurde  nur  durch  die  unerwartete  Verlängerung  4es  Bürgerkriegs 
verhindert,  schon  früher  nach  Asien  zu  gehen.  Die  Legion, 
welche  er  nach  dem  alexandrinischen  unter  Sex.  Julius  Cäsar 
am  Orontes  zurückliess,  war  zur  Vorhut  bestimmt. 'ä)  Er  be- 
sprach diese  Angelegenheit  mündlich  und  schriftlich  mit  den  Ver- 
trauten, noch  während  des  zweiten  Feldzugs  in  Spanien,  und 
Cicero  hielt  es  damals  für  angemessen,  in  einem  Briefe  an  ihn 
sich  gutachtlich  darüber  zu  äussern.'"*)  Doch  blieb  die  Zeit  sei- 
nes Aufbruchs  nach  dem  Osten  ungewiss ;  mitunter  glaubte  man 
sogar,  dass  er  aus  Furcht  vor  Neuerungen  in  Rom  den  Plan  auf- 
gegeben habe;*')  dann  erzählte  man  sich,  ebenfalls  im  J*  45, 
sein  Entschluss  sei  unwandelbar,  zumcil  da  ohnehin  ein  Einfall 
der  Parther  in  Syrien  bevorstehe.*^)  Die  geheimen  Gegner 
überliessen  sich  der  Hoffnung,  dass  er  nicht  zurückkommen  wer. 
de,**)  und  die  Illyrier,  deren  Land  er  im  Durchzuge  berühren 
konnte ,  schickten  Gesandte,  nach  steter  AufleJinung  Gehorsam  zn 
geloben.*^)  Er  wollte  auf  dem  Wege  nach  Asien  an  dem  Ufer 
der  Donau  die  Dacier  und  Geten  sich  unterwerfen,  welche  häu- 
fig in  Thracien  und  Macedonien  raubten,*^)  und  nach  der  Be- 
siegung   der   PartJier   durch   die   Länder   am    caspischen   und   am 


36)  Das.  102.  37)  Hier  §.  47.  A.  24.  38)  App.  2,  496.  497, 

wo  auch  Ungereimtes  über  die  ürsachea  des  Partherkriegs  mitgclheilt  -wird. 
Dio  43,  51.  39)   App.    3,   573    hat   die  damalige  Verwallung  Syriens 

nicht  richtig  dargestellt.  2.  Th.  126;  hier  §.    55.    A.    79.  40)    ad    Att. 

13,  27.   13,  31.  Oben  §.  63.  A.  1.         41)  ad  Att.  13,  7.        43)  ad  Att. 
13,  42.  ad  Fam.  12,  19.  2.  Th.  619.  A.  9.  Hier  A.  49.  44)    ad  Att. 

15,  4.  45)  Ajip.  Illyr.  762.  ed.  Schweigh.  c.  13.  Oben  §.  63.  A.   16. 

46)  App.  2,  497.  3,  542.  VeUej.  2,  59.  LiT.  117.  Snet.  Caes.  44.  Oclav.  8. 
Vgl.  Sirabo  7 ,  294  f.  503  1.  Dio  51 ,  22.  App.  Ulyr.  738. 


XXI.    lULII.        (31.  §.  CT.)         079 

M  liwai-zeii  Meere  ,  diiicli  Germanien  und  Gidlien  nach  Roni  zu- 
iiickkeLreu,  nin  dessen  Gebiet  überall,  wie  luan  uteinte,  bis  zum 
Oceau  zu  ei"weilern.  ")  Appian  berichtet,  er  Labe  16  Legionen 
und  10,000  Reuter  über  das  ionische  Meer  voransgjeschickt. ") 
lu  Syrien  war  Sex.  Julius  Cäsar  im  J.  46  auf  Anstiften  des 
Pouipejaner  Caecilius  Bassns  getödtet,  welcher  sich  des  Landes 
bemächtigte;  C.  Antistins  Vetns  drängte  ihn  im  folgenden,  aber 
tlie  Parther  erschienen  unter  Pacorus,  und  er  musste  sich  zurück- 
ziehen, wie  er  selbst  im  December  meldete.''^)  Alan  erhielt  sei- 
nen Brief  in  Rom  ziemlich  spät,  nach  dem  Tode  des  Diciafor, 
doch  hatte  auf  dessen  Befehl  schon  .Statius  Murcns  drei  Legionen 
nach  Syrien  geführt,  und  da  auch  er  gegen  Bassns  nichts  ver- 
mochte, so  eilte  Marcius  Crispus  mit  einer  gleichen  flacht  ans 
Bilhynien  herbei.  Die  Zahl  der  Truppen  in  den  übrigen  Pro- 
vinzen Asiens  wird  nicht  angegeben.  Cäsar  konnte  aber  vier 
Legionen  aus  Aegj^iten  an  sich  ziehen;  '")  andere  entsandte  er 
gegen  Ende  des  J.  45  mit  dem  neuen  Statthalter  Acilias,  dem 
]\'achfolger  des  Ser.  Sulpicius,")  und  im  Anfange  des  J.  44 
mit  C.  Caninius  Rebilus  ^^)  nach  Achaja.  Die  Hauptmacht  stand 
in  Macedonien,  6  Legionen  mit  Reuterei  und  leichten  Truppen,'^) 
und  Demelrias  in  Thessalien  war  das  grosse  Zeughaus,  in  wel- 
chem man  Waffen  aller  Art  in  Bereitschaft  hielt.*'')  Oclaviaii 
erwartete  in  ApelJonia,  wo  er  seit  den  letzten  Blonateu  des  vo- 
rigen Jahrs  den  Studien  oblag  und  zugleich  an  den  kriegerischen 
Uebnngen  Theil  nalim,  seinen  grossen  Verwandten,  um  sich  un- 
ter dessen  Leitung  zum  Feldherrn  zu  bilden;*'')  diess  war  ihm 
nicht  bestinunt.  ' 

§  67. 

(a.  44.)     Auch  bei  den  glücklichsten  Erfolgeji  konnte  Cäsar 
das  Unternehmen,   welches  er  vorbereitete,    nicht  in  kurzer  Zeit 


47)  Plnt.  Caes.  58.   Zonar.  10,  11.    Vgl.  Plal,  Brnt.  22.   Dio  45,  3. 
48)  2,  497.  49)  Das  Genancre  über  diese  Ereignisse  im  2.  Tli.  126  f. 

,50)  Drei  -waren  der!  als  Besatzungen  geblieben,  und  eine  vierte  kaiu  Iiinzn. 
Oben  5.  54.  A.  52.   2.  Th.   128.  A.  92.  51)    ad  Farn.  7,  30  ßu.     Vgl. 

Ciceros  Briefe  an  Acilius  aus  dem  J.  46,  ad  Farn,  la,  30  —  39.        32)  ad 
A«.  14,  5.  Hier  §.  65.  Ä.  64.  53)  1.  Th.  160.  A.  28  f.         54)  IMui. 

Brut.  22.   Ävp.  3,  567.  55)  1.   TIi.  118. 


680  XXI.     lULII.         (31.  §.67.) 

beenclig'en.  Er  fiircLtefe  niclit,  dass  Rom  sich  indess  gegen  ibn 
aullekiien  werde,  da  sogar  während  des  Bürgerkriegs  die  Riihe 
sich  erhallen  hatte,  aber  der  Ehrgeiz  und  die  Habsucht  seiner 
eigenen  Anhänger  erregte  Besorgnisse;  um  Reibungen  zwischen 
ihnen  zu  verhüten  ,  und  die  Verwahung  des  Staats  in  Abwesen- 
heit des  Oberhauptes  und  für  den  Fall,  dass  die  Verbindung 
zwischen  dem  Heere  und  Italien  unterbrochen  würde,  nicht  in 
Frage  zu  stellen,  zugleich  aber  um  Verdienste  zu  belohnen,  ver- 
fügte er  zum  voraus  über  die  Aemter. '  ^)  Die  Bemerkung  der 
Alten,  er  habe  die  Comitien  mit  dem  Volke  getheilt,  lässt  ver- 
schiedene Erklärungen  zu,")  besonders,  da  Dio  versichert,  dass 
die  Hcilfte  der  Magistrate  von  ihm  ernannt,  und  diess  in  eineni 
Gesetze,  welches  angeblich  dem  J.  46  angehörte,  ihm  erlaubt 
sei.*')  Man  wünscht  zu  wissen,  um  wenigstens  die  Ansicht 
des  Schriftstellers  kennen  zti  lernen,  bei  welchen  Aemtern  der 
Dictator  sich  das  Ernennun^'s  -  Recht  vorbehielt;  er  deutete  auf 
die  C'onsuln,'")  dann  aber  konnte  nicht  von  der  Hälfte  die  Rede 
sein,  und  Cicero  bezeugt  sehr  bestimmt,  dass  noch  im  J.  44  un- 
ter Cäsars  Herrschaft  Consular-Comiticn  gehalten  wurden,^")  und 
Dio,  dass  sowohl  die  Tribut-  als  die  Centuriat- Comitien  fort- 
dauerten. ^  ' )  Was  besagte  also  das  Gesetz  ?  Diess  konnte  Dio 
selbst  nicht  beantworten,  weil  er  den  Missbrauch  zu  einer  Ver- 
ordnung erhebt.  Cäsar  empfahl  die  Candidaten,  w^elche  man 
"svählen  sollte,  wie  später  Augustus,^-)  und  das  Volk  wählte 
sie;  eine  Beschränkung  auf  eine  gewisse  Zahl  fand  niclit  Statt.^*) 
Die  Neuerung  wurde  noch  fühlbarer,  als  L.  Antonius,  der  Bru- 
der des  nachmaligen  Triumvir,  am  10.  December  45  das  Tribunat 
übernahm,  und,  wahrscheinlich  sogleich,  den  Dictator  in  einem 
Gesetze  ermächtigte,  zum  Besten  der  Republik  die  Aemter  auf 
einige  Jahre  zum  voraus  zu  vergeben,  ehe  er  gegen  die  Parther 
ziehe.  ^')  Er  niocLle  seinem  Gönner  nicht  durch  irgend  einen 
Zusatz  Zwang   anthun,    welcher    etwa  die  Ehrenstellen  oder  die 


56)   Dio   43,   51.  57)   Siiet.  41.  C!c.  7  Phil.  6.  58)    1.  c.  n. 

43,   14.   45.  47.  591    43,  47,  60)    2  Phil.  32.  33.  61)    1.  c. 

62)  Dio  55,  34.  63)   Suct.  41.  76.  Eulrop.  6,  25  (20).     ^""§1.  Cic.  ad 

Att.    14,   5.   6.  64)   Cic.   7   Fhil.    6.     Est   enini  (L.  Anton.)  patronns 

XXXV  triliiinm ,    quariim  sua  lege ,    <ni.i    cum    C  Caesore  magistratus  jiar- 
«ilHS  est,   siifringium  bustulil.     I.  Tli.  627.  A.  20 


XXI.     niLU.         (31.  §.67.)         681 

Znlil  Act  Jahre  tefraf.  Demnacli  wäLKe  Cäsar  die  Vollzieher 
seiner  Befehle,  Inhaber  von  Titeln  oder  Würdenträger,  und  zwar 
unter  allen  Parteien,  denn  diese  sollten  in  einander  verschmelzen, 
l  cber  die  Zeit,  vs'elche  die  Blassregel  iimfassfe,  sind  die  Alten 
nicht  einig:.  Appian  nennt  fünf  Jahre;  ^')  Dio  drei,  weil  man 
vermuthete,  dass  der  parthische  Krieg:  et^va  so  lang-e  dauern 
werde;  ^*)  Cicero  zwei.  ^')  Für  keine  dieser  Ang'aben  ent- 
scheidet Sveton,  da  er  nur  von  „mehreren"  Jahren  spricht,  ^^) 
wogegen  Hirtins  durch  die  Aeusserung  in  einem  Briefe  an  Cicero: 
dass  „auf  so  viele  Jahre"  die  Verwaltung  geordnet  sei,  Appian 
zu  begünstigen  scheint.  *  ^) 

Vor  jeder  Untersuchung  wird  man  geneigt  sein,  sich  für 
Cicero  zu  erklären,  für  das  Zeugniss  eines  Zeitgenossen.  W^ir 
sehen  oft  bei  einer  Vergleichung  seiner  Nachrichten  mit  dea 
ihrigen  die  Gescliichtschreiber  auf  Abwegen,  und  w^erden  be- 
troffen, wenn  wir  nur  auf  diese  angewiesen  sind.  Hier  verlässt 
er  uns  nicht,  nnd  sein  Ansehn  wird  durch  andere  Gründe  uoter- 
Etiilzt,  selbst  durch  Dio,  denn  dieser  kleidet  nach  seiner  Gewohn» 
heit  das  dunkel  Erkannte  in  viele  Worte,  und  berührt  dabei  die 
W^ahrheit,  ohne  es  zu  ahnden.  Blan  unterscheide  die  designirten 
Magistrate,  wie  hier  nach  dem  Vorgange  Sallusts  und  anderer 
Schriftsteller  auch  die  Volkstribune  heissen,  von  denen,  welche 
von  Cäsar  nur  eine  Anwartschaft  oder  eine  vorläufige  Zusage 
der  Beförderung  erhielten.  Er  setzte  fest,  dass  im  nächsten  Jahre 
43  C.  Pansa  und  A.  Hirlius  Consuln  sein  sollten;  daher  waren 
sie  schon  bei  seinen  Lebzeiten  designati,  oder  doch  quasi  designati, 
sofern  man  ihnen  die  Befugniss  zu  der  Ernennung  absprach.  '") 
Nach  dem  15.  Blärz  Hess  BI.  Antonius  seine  Verfügungen  durch 
den  Senat  bestätigen,")  und  ohne  vom  Volke  auch  nur  zum 
Scheine  gewählt  zu  sein,  welches  nach  der  Absicht  des  Diclator 
ohne  Zweifel  hatte  geschehen  sollen,  und  durch  seinen  Tod  und 
die  neue  Gährung  verhindert  wurde,  traten  Jene  am  I.Januar  43 
ihr  Amt   an.     Decimus  Brutus   und    L.  JMuiiatius  PInucus   waren 


65)    2,   508.   509.   515.  66)     43,    51.  67)    ad  Att.    14,   6. 

68)    76.  69)    ad  Ali.   15,  6.     Auch   Tiinstall    ep.  ad  Rliddl.    p.   165  f. 

hält  Appians  Angabe    für   tlie    riclitige;    er   vird   liior    durch    das  Folgende 
widerlegt.  70)    S.  die  Siellen  aus  Ciccros  liiiefen  iu   Ilirlii  Ko.  2.  §.  1. 

A.  25  «.  vgl,  das.  «.  2.  A.  U.  71)    1,  TIi.  94.  A.  87. 


682  XXI.    lULII.        (31.  §.67.) 

zu  ihren  Nadifolg-ern  bestimmt.  In  den  Ueberschrifleii  seiiiei 
Briefe  au  D.  Brutus  aus  dem  J.  43  fügt  Cicero  wiederholt  die 
Bezeichnung  cousul  designatus  hinzu; ''^)  er  nenut  Beide  cou- 
sules  desjgiiatos;  '  ^)  Brutus  selbst  giebt  sich  diesen  Titel,") 
und  auch  Plancns;  ")  sie  werden  als  künftige  Collegen  zusammen- 
gestellt, ''^)  oder  sie  erwähnen  dieses  Verhältniss,  und  zwar  als 
ein  entschiedenes ,  welches  nicht  etwa  bei  übrigens  gegründeten 
Ansprüchen  noch  von  der  Gunst  des  Volks  abhängt;")  in  deii 
Philippiken  endlich  wird  es  Antonius  zum  Verbrechen  gemacht, 
dass  er  im  mutinensischen  Kriege  gegen  vier  Consuln  kämpfe, 
gegen  Pansa  und  Hirlius  und  gegen  die  erwählten  des  J.  42.") 
Eine  gleiche  Ernennung  für  das  J.  41  wird  dagegen  in  Ciceros 
Schriften  nirgends  beurkundet.  Es  ergiebt  sich  nur,  dass 
M.  Brutus  dann  Consul  zu  werden  hoffte,  weil  er  im  J.  44 
Prätor  war,  und  dass  Cäsar  seinen  Wunsch  zu  erfüllen  ver- 
sprach;'^) nie  wird  er  designatus,  nie  C.  Cassius,  welcher  mit 
ihm  die  Prätur  verwaltete,  sein  erwählter  künftiger  College  ge- 
7  mnt,  und  auch  kein  Andrer;  man  deutet  sogar  an,  dass  C.  An- 
tonius ebenfalls  Prätor  in  jener  Zeit,  sich  mit  ihnen  bewerben 
konnte.^")  Ihres  Consulats  gedenken  M.  Antonius,  weil  Zeit 
und  Folge  der  Aemfer  es  mit  sich  brachte,  ^')  und  Cicero,  weil 
er  ihnen  Verbindliches  schreiben,  sie  zum  Kriege  mit  seinem 
Feinde  aufreizen  wollte;'")  der  Dictator  mochte  es  Cassius  nicht 
einmal  im  Privatverkehr'  als  Gunstbezeugung  zusichern.*'') 
Wenn  man  diese  Gründe  verwirft,  und  auf  die  schwankenden 
Aussagen  der  Geschichtschreiber  Gewicht  legt,  so  folgt  das  Un- 
erhörte, dass  für  das  J.  41  ein  Einzelner,  M.  Brutus,  designirt 
wurde;  jene  sind  auch  gar  nicht  dieser  Bleinung,  sie  lassen  die 
.Sache  auf  sich  beruhen,  oder  vielmehr  sie  bemerken  die  Schwierig- 


72)   ad  Fara.  11,  8.  12.  14.  15.  73)   Das.   12,  10.  74)    Das. 

11,  20.  73)     Das.    10,  8.    vgl.  Cic.   13  PMl.  7.  76)    Das.  10,  6.. 

10.  20.  22.  25.    11,  15.  25.  77)    Das.  10,  7.  18.  23.  78)  13  Fhil. 

7.  14,  3.  ■vgl.  Dio  46,  53.  56.  Durch  den  neuen  Hiirgerkrieg  erlilleu 
Ciisars  Voi'tügnngeii  über  das  Consulat  inaiiclie  Veriiodening.  I.  Tli.  336. 
A.  96.     372.   A.  84.     3S0.  A.  90.  79)    Plut.   Caes.  62:     er   sollte   im 

\icrlen   Jaliie    Consiil   sein.     Vellej.  2,  56,  80)   Cic.  8  Thil.  9  eiklürl 

im  1.  Th.  253.  A.  29.  81)    Cic.   I.  c.  82)    od  Farn.  12,  2.  9  Cu. 

83)    l'lut.  II.  VcUej.  11.  CO.    2.  Th.  123.  A.  52  f. 


XXI.     lüLII.         (31.  §.67.)         683 

keilen  und  Widersprüche  nicLt.  Bei  der  Annalmie  einer  Ep- 
iieuntmg  für  vier  oder  fünf  JaLre,  44  uicLt  gerechnet,  verliert 
man  vollends  Grund  nnd  Bodeu.  Hirüiis  kann  uns  nicht  irren ; 
er  geht  bald  nach  Cäsars  Tode  auf  sein  Tusculanum,  und  will 
dort  eine  Zeillang  bleiben,  nicht  znr  Senalssitzung  nach  Rom 
zurückkehren,  „da  die  Verwaltung  für  so  viele  Jahre  geordnet 
ist,  bedarf  es  seiner  Sorgen  nicht",")  mit  anderen  ^^  orten: 
Rom  hat  seine  Consnln,  nach  Cäsar  ist  Dolabella  eingetreten,  sie 
sind  auch  für  die  folgenden  Jahre  ernannt,  der  Staat  ist  nicht 
gefährdet.  Bei  Dio  ferner  findet  sich  dasselbe,  was  Cicero  be- 
hauptet, wenn  man  vorerst  nnr  die  Zeitbestimmung  ins  Auge 
fasst:  für  das  nächste  Jahr  (43)  wurden  alle  Blagistrate  zum 
voraus  ernannt,  für  das  zweite  (42)  nur  die  Consula  nnd 
T,  Tribüne,  so-  viel  fehlte,  dass  man  auch  fiü'  da«  dritte  jemanden 
designirte;  *  ^)  unter  den  di-ei  Jahren  also,  von  welchen  er  im 
Vorigen  spricht,  zählt  44  mit,  da  Cäsar  sogleicli  nach  Asien  ab- 
gehen und  das  Consulat  auf  Dolabella  übertragen  wollte ,  in  der 
spätem  ßlittheilung  nicht.  ]Man  kann  endlich  auf  den  jüngeru 
Li.  Balbus  verweisen;  als  Ouästor  des  Asinius  Pollio  suchte  er 
in  seiner  ^  aterstadt  Gades  bis  ins  RJernliche  Cäsar  nachzuahmen, 
anch  dadurch,  dass  er  die  Magistrate  für  zwei  Jahre  wählen 
liess.  *^)  Doch  ist  damit  nicht  Alles  erledigt;  Cicero  sagt,  dass 
man  zwei  Jahre  die  willkührlich  eingesetzten  Consnln  und 
V. Tribüne  anerkennen  solle,*')  und  nun  erzählt  Dio,  welcher 
diess  oder  die  Nachricht  in  einer  daraus  fliessenden  nähern  Onelle 
nicht  verstand,  für  das  zweite  Jahr  seien  nur  jene  lyi^S'is'räte 
ernannt.  Offenbar  liegt  in  den  Worten,  mu  welche  es  sich 
handelt,  ein  Ausbruch  der  Erbitterung:  wir  haben  die  Gesetze 
lind  Einrichtungen,  welche  uns  mit  Mass  gegen  den  Diciator  er- 
füllten, für  güllig  erklärt,  wir  wollen  anch  die  auf  zwei  Jahre 
von  ihm  designirten  Magistrate  von  den  Consuln "  bis  auf  die 
V. Tribüne  hinab  dulden,  wie  kläglich!  dass  man  sie  nanientUcL  \ 
nicht  auf  die  Prätoren  deuten  darf,  ist  schon  aus  Dio  zu  ent- 
nehmen; er  erzählt,  P.  Venlidius  sei  (für  das  J.  43)  die  Prälur 
bestimmt.  **) 


84)    ad  Alt.  15,  6.  85)    43,  51.  86)  "a.l  Fani.  10,  32.   2.  Tli. 

C09.  87)    ad  Att.  14,  6.  6ä)   43,  51.   47,  15.    üeU.  i6,  4.    1,  Th. 

372.  A,  84. 


684  -  XXI.    lULn.         (31.  §.67.) 

In  einem  Staate  mit  einem  Dictafor  anf  Lebenszeit  Latte 
scheinbar  die  Würde  eines  Magister  Equilum  die  grösste  Wichtig- 
keit, da  dieser  zunächst  berufen  war,  das  Oberhaupt  in  dessen 
Abwesenheit  zu  vertreten.  Obgleich  nun  Cäsar  durch  die  Wahl 
des  schlaffen  Lepidus  bewies ,  dass  er  mehr  auf  andere  Stützen 
rechnete ,  so  beschäftigte  ihn  doch  auch  diese  Angelegenheit. 
Wenn  man  den  griechischen  Geschichtschreibern  folgt,  so  wolltÖ 
er  anfangs  M.  Antonius  in  Jener  Eigenschaft  fiit  die  Zeit  seiner 
letzten  Dictatur  sich  zugesellen,  da  er  ihn  dann  aber  zu  seinem 
Collegen  im  ConsTilat  wählte,  so  erhielt  Lepidus  den  Vorzug;  '^) 
dieser  sollte  das  narbonensische  Gallien  und  das  diesseitige  Spa- 
nien verwalten,  bei  seinem  Abgange  in  die  Provinzen  ein  Andrer 
das  Magisterium  übernehmen,^")  und  dann  Octavius;^')  jener 
Andre,  sagt  man,  ist  Cn.  Domitius  Calvinus,  Cos.  53,  und 
allerdings  erwähnen  ihn  die  capitolinischen  Fasten.  ^^)  Welche 
Absichten  Cäsar  haben  mochte,  so  scheidet  doch  einmal  Antonius 
aus  der  Reihe  der  vier  Magister,  da  er  weder  in  den  Fasten, 
noch  von  Cicero  und  den  übrigen  Schriftstellern  unter  jenen 
Beamten  aufgeführt  Wird,  so  weit  von  dem  Jahre  45  auf  44  die 
Kede  ist.  '^)  Octavius  äusserte  gegen  seinen  Grossoheim  den 
W^unsch ,  Magister  Equ.  zu  ■sverden ,  er  musste  aber  Lepidus 
nachstehen;  *')  gegen  die  Annahme,  diess  gehöre  in  das  Jahr 
47  auf  46 ,  kann  man  einwenden ,  dass  Octavius  damals  erst 
16  Jahre  alt  war,  und  Plinius  zur  Ergänzung  seiner  Nachricht 
wohl  hinzugefügt  haben  würde,  er  sei  später  ernannt,  ja  dass 
seine  W^orte  dann  zum  Theil  wenigstens  ihren  Sinn  verliei-en,  da 
es  kein  Beweis  für  den  Wechsel  der  menschlichen  Schicksale  auch 
im  Leben  des  Glücklichsten  ist,  wenn  jemand  nnr  nicht  sogleich 
zum  Ziele  gelangt.  Das  Schweigen  Svetons  und  besonders  Ciceros, 
welcher  in  den  Briefen  und  Philippiken  den  Erben  des  Dictator 


89)    App.    2,   49S.  90)     Dio   43,  51.  91)   Ders.  1.  c.    App. 

3,    531.  92)    Bei    dem   J.    709.     Donülü   Calv.   Wo.   6.   §.   2.  A.  60. 

93)  Pigh.  3,  462  zieht  Cic.  2  Phil.  30  (31)  hierher:  9ui  magister  eifo. 
fiiisse  lihi  "viilerere,  in  proximiim  anaiim  constilatiipi  petores  etc.,  aber  Cicero 
spottet  über  das  angeblich  angeinassle  lMagi.sieriiim  des  Antonius  Tom  J.  48 
auf  47,  s.  2  Phil.  25.  29  u.  1.  Th.  73,  und  im  zweiten  Satze  über  sein 
unwürdiges    Verhallen    im    J,    45,     als    er   sich    um   das    Consulat   bewarb. 

94)  Pliu.  7,  46  (45).    Solin.  1.  §.  49. 


XXI.    lULn.         (31.  §.67.)         685 

so  oft  enviiLnf,  za  desseu  Gunsten  und  mit  g-ii(em  ScLelne  zu 
seinem  NaclitLeile  so  viel  erzüLlt,  kommt  aucL  in  BetracLt.  Ferner 
sollte  Lepidus  nicht  Jlagister  bleiben,  -wenn  er  sicli  von  Italien 
entfernte,  sondern  ein  Andrer  iLn  ersetzen,  also  ein  Anwesender; 
Oclavius  -svar  aber  scLon  im  Herbste  des  J.  45  in  ApoUonia  nnd 
Latte  die  Weisung,  Cäsar  in  einem  Xriege,  dessen  Dauer  gar 
nicLt  berechnet  werden  konnte ,  zu  begleiten.  Und  nun  das 
Wichtigste j  wodurch  alle  andern  Beweise  entbehrlich  werden; 
in  den  Fasten  ist  zwar  das  Ende  der  Reihen,  welche  ( Lepi )  dus 
und  Domitius  nennen,  durch  den  Bruch  des  Steins  Tersch^vunde^, 
zwischen  den  Reihen  aber  ist  keine  Lücke,  keine  felilf,  es  findet 
sicli  folglich  kein  Raum  fiir  den  Xamen  des  Octavius ,  sondern 
an  Lepidus  schliesst  sich  unmittelbar   Cn.  Domitius  an.  ^  *) 

Man  Terlangte  nun  aber  ausser  den  Ehrenstellen  auch  Pro- 
yinzen,  und  in  ihnen  baaren  Gewinn,  obgleich  diese  Goldquelle 
kärglicher  floss,  seit  ein  julisches  Gesetz  die  consularischen  nur 
zwei ,  die  prätorischen  nur  ein  Jahr  zu  verwalten  erlaubte.  ^  *) 
Cäsar  vertheü'e  sie  nach  Gunst  ohne  Entscheidung^  durch  das 
Loos,  ^')  da  er  aber  bald  nachher  getödtet  wurde,  so  band  man 
sich  an  seine  Verfügungen  nur  so  weit,  als  der  eig;ene  Vortheil 
es  erforderte.  ^^)  Er  gab  das  jenseitige  Spanien  G.  Asinius  Pollio» 
welcher  gegen  Sextus  Pompejus  kämpfen  sollte,  und  im  J.  43 
im  mutinensischen  Kriege  zu  Antonius  übergieng.  ^ ')  Das  dies- 
seitige Spanien  und  das  narbonensische  Gallien  wurde  dem  Ma- 
gister Equ.  M.  Lepidus  bestimmt,  doch  durfte  er  sich  vorerst 
durch     Andere    vertreten    lassent'°°)       Das    belgiscLe    Gallien 


95)  In  inseqnentem  ann  (nm  designatns)  erat,  non  inüt.  Domitias 
worde  nicht  Blagister,  ■weil  Cäsar  stai-b,  nnd  Born  die  Dictatur  für  immer 
aufhob.  1.  Th.  106.  Die  Gelehrten,  welche  Oclavins  einschieben,  soUtea 
Tfenigstens  Domitias  Torgehen  lassen,  -weil  Dio  43,  51  es  zn  fordera 
scheint,  allein  anch  dazu  -vergönnt  der  Itlarmor  keinen  Flatz.  Man  ist  nun 
vollkommen  berechtigt ,  Pliuins  Nachricht  anf  die  letzte  Dictatnr  C.'isars  zo 
beziehen ;  dieser  schickte  Oclayius  nach  Illyrien,  statt  sein  nnzeitiges  Gesuch 
zu  genehmigen,  ivie  jene  CriecAen  glanbten;  er  Tvählte  Lepidns  für  45  anf 
44  nnd  Domitius  für  44  anf  43,  also  Magist.  Equ.  vrie  ConsnJn  n.  s.  f. 
auf    zwei    Jahr.  96)     Oben    §.    61.   A.    14.     A'gl.    1.  Th.   117.  A.  93. 

165.   A.    J9.  97)    Dio   43,    47.    App.   2,   495.  98)    1.  Th.   208. 

A.  46  f.  99)   2.  Th.  6.  A.  42.    liier  {.  62  fin.  100)   Dio  43,  51. 

45,  10.   App.  2,  495.   VeUej.  2,  63.    I.  Th.  14.  A.  64.   16.  A.  74. 


686  XXI.    lULII.        (31.  §.67.) 

A.  Ilirdus  mit  clerselbeu  Vergüustigung'.  ')  Das  übrige  <rans- 
alpinisclie  L.  Munalins  Plancus.  ^)  Das  cisalpiniscLe  D.  Brutus.  ^) 
SIcilien  A.  Pompejus  BIlLjnlcus.  '')  Die  alle  Provinz  Africa 
Q.  Cornificius.  *)  In  Illyrien  stand  noct  P.  Vafinius,  ^)  in  Mace- 
donien  O.  Hortensius,  der  SoLn  des  Redners;  ')  er  übergab  es 
vor  dem  Ende  des  Jahrs  M.  Brutus,  welcLem  es  für  das  folgende 
von  Cäsar  angewiesen  war.  *)  In  AcLaja  BP  Acilius.  ')  Asia 
sollte  C.  Trebonins  a.  44  verwalten.  '  °)  In  BilLjnien  folgte 
Tillius  Cimber  nach  C'äsars  Tode  dem  O.  Marcius  Crispus,  ' ') 
Syrien,  dessen  Besitz  Cacilius  Bassus  den  Cäsarianern  auch  nocL 
unter  L.  Statius  Murcus  streitig  niacLle,  übemalim  gegen  Ende 
des  J.  44  C.  Cassius  Longinus ,  welchen  der  Dictator  für  43 
zum  Stalthallter  ernannt  hatte.  ") 

Diesen  bestimmten  dieselben  Gesinnungen  und  Absichten, 
welche  ihn  bei  der  Vergebung  der  Aemter-  und  Provinzen  leiteten, 
die  vom  Volke  nach  der  SclJacht  bei  Pharsalus  umgeworfenen 
Statuen  des  Sulla  und  Pompefus  auf  der  Rednerbühne  her- 
zustellen. '■  ^)  Manche  noch  nicht  vernarbte  Wunde  sollte  dadurch 
geheilt  werden,  und  Rom  die  Ueberzeugung  gewinnen,  dass  er 
nur  noch  das  Andenken  an  die  Verdienste  jener  Männer  in  sich 
bewahre ;  ' ')    seinen  Gegner    hatte    er    nie    gehasst ;    die  Römer 


1)     Hirlii   No.  2.    §.  1.    A.  23.  2)    Cic.  3  PhU.  15.     ad  Farn.  10, 

1  —  26.  1.  Th.  282.  A.  15.  345.  A.  »3  f.  350.  A.  30.  355.  A.  68  f. 
3)  Cic.  3  Phil.  1.  ad  Fam.  11,  4  f.  Vellej.  2,  60.  §.  5.  Suetou.  Oct.  10. 
Flor.  4,  4.  §.  3.  Plut.  Brut.  19.  App.  2,  506.  3,  527.  343.  566.  573. 
Dio  44,   14.    45,  9.    1.  Th.  136.  A.  17.   229.  A.  42.  4)    Aus  Cic.  ad 

Fam.  6,  16.  17.  23  kana  man  nicht  mit  Sicherheit  entnehmen,  dass  er 
schon  a,  44  auf  der  Insel  war;  er  wurde  hier  aber  später  von  Sex.  Pom- 
pejus angegriilen  und  getödtet.  Dio  48,  17.  19.  App.  4,  637.  Liv.  123. 
5)    2.    Th.    619.    A.    13  f.     Vgl.    1.   Th.   140.  224.  A.  98.  6)    Cic.  ad 

Fam.  5,  10.  App.  lllyr.  762.  c.  13.  ed.  Schw.  Hier  §.63.  A.  16  «.  l.Th. 
262.  A.  99.  7)    Hortensü  No.  II.  A.  8  f.    1.  Th.  262.   A.  98.    52S. 

A.  5.  8)    App.  3,  527.    4,  622.     Cic.  2  Phil.  38.  II,  12.    Flor.  4,  7. 

§.    4.  9)     Oben    §.  66.   A.  51.  10) -Plut.  Brut.   19.     App.  3,  527. 

529.    1.  Th.  136.   A.   20.  11)    Plut.  n.  App.  U.  cc.  Cic.  ad  Fam.  12,  13. 

2.  Th.  128.  A.  83.  89.  12)   App.  3,  527.    4,  622.     Cic.   11  Phil    12. 

Flor.  4,  7.  §.  4.  13)   Dio  43,  49.    Sueton.  75.   Plut.  Caes.  57.    Cic.  40. 

De  copienda  ex  hostib.  util.  Vol.  7.  p.  281.  ed.  Hutt.  Apophlh.  Vol.  8_ 
p.  165.  Zonar.  10,  II.  Vgl.  Vcliej.  2,  61.  §.  3  n.  hier  J.  53.  A.  4l.  42. 
14)  Numquam,  uiüi  honorificeutissime,  Pompeium  appeUat.    Cic.  ad  Fam.  6,  6. 


XXI.    lUUI.        (31.  §.68.)        687 

froufcn   sich    tler   edlen   Handhing,  ' ')    nnd   Cicero    äusserte,   er 
Labe  seine  eigenen  Statuen  dadnrch  befestigt.  ' '') 

Er  durfte  nicht  hoffen,  durch  ]Milde  und  Grossmuth  alle 
Fi'inde  zu  versoLnen ;  vienn  sich  auch  niemand  zum  Racher  des 
l'onipejns  aufwarf,  welcher  nie  geliebt  und  bald  rergessen  war, 
so  trauerten  doch  ^  iele  um  den  Verlust  ihres  AnseLns,  nicht 
bloss  Cicero,  erbittert,  „dags  er  bei  ihm  Gehör  suchen  und  die 
bequeme  Zeit  erwarten  niüsste";'')  Andere  zürnten,  weil  er 
sie  auf  Rosten  ihrer  Älitbürger  nicht  genug  bereicherte  und  er- 
hob ;  der  Hass  eines  Einzelnen  konnte  ihm  verderblich  werden, 
und  die  Unmöglichkeit  einer  gewaltsamen  Auflehnung  geheime 
Meutereien  befördern.  Er  wussfe  es,  und  die  Freunde  warn- 
ten ;  '  ^)  aber  in  ruhiger  Grösse  gieng  er  seinem  Schicksale  ent- 
gegen, „  besser  fallen  als  immer  fürchten  "  war  seine  Antwort.  '  ^y 
T*  -s  Gefolge  von  jungen  Senatoren  und  Rittern ,  welches  ihm  in 
der  Curie  angetragen  war,  hatte  er  abgelehnt,  ^°)  und  nur  eine 
Leibwache  von  Spaniern  beibehalten,-')  jetzt  entliess  er  sie;-^) 
Tor  Mörderhand  vermochte  sie  ihn  ohnehin  nicht  zu  beschützen! 

§   68. 

(a.  44.)  Sein  Tod  war  damals  schon  beschlossen,  nnd 
keineswegs,  weil  er  König  werden  wollte;  wenn  er  aber  da- 
durch das  Leben  ver«'irkte,  so  ist  seine  .Schuld  entschieden,  ob- 
gleich nicht  die  Befugniss  der  Verschworenen,  seine  Richter  nnd 
Henker  zu  sein.  Die  Sorge  für  Söhne  und  Enkel  ist  nie  in 
höherem  Grade  Selbstsucht,  als  wenn  der  Emporkömmling  einen 
erblichen  Thron  errichtet;  der  Stifter  eines  Herrscher -Hause» 
hört  auf,  die  Erscheinung  eines  Augenblicks  zn  sein,  die  Strahlen, 
welche  von  ihm  ausgehen ,  pflanzen  sich  auf  die  Nachwelt  fort. 
Cäsar   hatte   keinen    rechtmässigen  Sohn ,    er  fand  aber  in  einem 


15)   Polyaen.  stpat.  8,  23.  §.  31.  16)  Plnt.  U.  cc.  17)  ad  Att. 

14,  1.  2.  18)  VeUcj.  2,  57.  Hirtü  Xo.  2.  §.  1.  A.  26.  19)  Plut.  Caes. 

57.    App.  2,  496.    Vellej.  1.  c  20)   Uio  44,  7.    Oben  §.  65.  A.  306. 

21)  App.  2,496.  Snelon.  86.  Anf  einer  Reise  im  December  45  begleiteten 
ihn   2000  Mann,     ad  Att.  13 ,  52.  22)    'Wohl  nicht  erst  nach  den  Lu- 

perealien,  Dio  46,  17,  weil  er  etwa  beweisen  wollte,  dass  er  nicht  Ty- 
rannen -  Ilerrsdiari  wünsche.  Dio  44,  IS.  App.  2,  495.  496.  502.  Flut., 
VeUej.  U.  cc. 


688  XXI.    lULII.        (31.  §.68.) 

jang^en  Verwandten,  was  die  Natur  ihm  versag'fe.  Einer  Be- 
scliwicbtigiing'  seines  Gewissens  bedurfte  es  nicht,  wenn  er  seine 
Gewalt  auf  einen  Andern  übertrug;  er  verdankte  sie  sich  selbst, 
sie  war  anerkannt,  in  einzelnen  Beziehungen  von  dem  Senat  für 
erblich  erklärt,'^)  und  er  wusste,  mehr  als  Alle,  dass  Rom, 
■wenn  es  sich  dag'egen  sträubte,  von  neuem  der  Gesetzlosigkeit 
und  dem  Bürgerkriege  verfiel.  ^  *)  Der  Plan  entstand  nicht  nach 
siegreichen  Schlachten,  er  war  viel  älter  und  der  Krieg  das 
Mittel.  Vor  mehr  als  zwanzig  Jahren  kündigte  sich  unter  der 
Hülle  des  Volksfreundes  der  künftige  Herrscher  an ,  als  er  die 
Abstammung  der  Julia,  einer  Frau  seines  Geschlechtes,  von  einem 
Könige  und  einer  Göttinn  hervorhob,  ^')  und  mitunter  nach  dem 
Beispiele  der  Könige  von  Alba,  seiner  angeblichen  Ahnen,  eine 
rothe  und  hohe  Fussbekleidung  trug.  ^^)  Wach  der  Entwaffnung 
seiner  Feinde  duldete  er  es  gern,  dass  man  ihn  vorerst  im  Bilde 
den  Königen  zugesellte,^')  und  seine  Anhänger  verstanden  ihn, 
■wenn  sie  ohnerachtet  des  gelinden  Tadels ,  mit  welchem  er  es 
ablehnte,  im  Kreise  der  Vertrauten  ihn  König  nannten,  und  dana 
dem  Volke  diesen  Titel  zu  entlocken  suchten.  '*) 

Um  die  Stimmung  zu  erforschen,  liessen  sie  an  seiner  Statue 
auf  der  Kednerbühne  einen  Lorbeerkranz  mit  dem  Diadem  be- 
festin^en;  die  Tribüne  C.  Epidius  MaruUus  und  Li.  Caesetius  Flavus 
entfernten  die  Binde,  und  der  Mensch,  welcher  sich  zu  dem 
frevelhaften  Werke  hergeliehen  hatte,  wurde  auf  ihren  Befehl 
verhaftet,  „weil  der  Dictator  einen  solchen  Unfug  nicht  wolle"; 
jubelnd  folgte  ihnen  das  Volk  und  pries  sie  als  die  neuen  Bru- 
lus.  ^')  Cäsar  bedauerte  nur,  wie  man  sagte,  dass  die  Tribüne 
ihm  zuvorgekommen  seien,  er  bewies  ihnen  aber  bald  das  Gegen- 
theil.  Am  26.  Januar,  dem  Tage  des  Lateiner- Festes,  dessen 
Feier  dem  Feldzuge  gegen  die  Pailher  vorausgehen  musste,  hielt 


23)    Oben   §.    6i.  A.   93  n.  5,  24)   Suet.  86.    Hier  §.  40.  A.  32 

n.    §.   71.   A.    62  f.  25)    Snetoii.  6.     Oben    §.  3.  A.  30.  26)    Dio 

43,  43.  27)     OI)en   §.  64.  A.  10.  28)    llio  44,  9.     App.  2,  495. 

Pliit.  Brat.  9.  Ueber  die  Aiisictit,  nach  welcher  diess  von  seinen  Feinden 
ansgieng,    s.    hier  §.  64.  A.  84  f.  29)    Suelon.  79   lässt    diess   am  La- 

teiner-Feste geschehen,  Plnt.  Caes.  6'.  Anton.  12  nn  den  Lnpercalien; 
Dio  44  9  setzt  es  früher  nnd  so  stimmt  es  zun»  Folgenden,  auch  erzühlt 
er  am  ausführlichsten.     App.  I.  c.   2onar.  10,  II. 


XXr.    lüLII.        (31.  §.68.)        689 

er  auf  der  Riickkelir  vom  albaniscljen  Berge  einem  SenatsbescLlusse 
gemäss  eine  Ovation,  der  sechste  Aufzug  dieser  Art,  durch  keiueu 
Sieg  veranlasst,  '")  Die  Kömer  bpgriissten  ilin  mit  freudigem 
Zuruf,  Einige  als  König;  das  Volk  sollte  einstimmen,  es  ver- 
stummte ,  ein  dumpfes  Murren  liess  keinen  Zweifel  übrig, 
dass  auch  dieser  Versuch  misslungen  sei ,  nnd  jene  Tribüne 
schickten  die  lautesten  Schreier  ins  Gefänguiss;  nun  erklärte  der 
Dictator,  sein  JName  sei  Cäsar,  nicht  König,  im  Senat  aber  be- 
schuldigte er  Manillus  und  Caesetius,  dass  sie  ihr  amtliches 
Ansehen  missbrauchten,  nm  solche  Auftritte  herbeizuführen  und 
ihn  zu  verdächtigen;  Brutus  habe  man  sie  genannt,  man  müsse 
aber  selbst  ein  Brutus  und  Cumäer  sein,  ' ')  nm  ihre  Absicht  zn 
verkennen.  Nach  ihm  trat  ihr  College  Relvius  Cinna  als  An- 
kläger auf;  ein  Theil  des  Senats  verui-theilte  sie  zum  Tode,  doch 
wurden  sie  nur  ihres  Amtes  entsetzt ,  und  aus  der  Curie  ge- 
stossen»^')  In  den  nächsten  Consular-Comitien  waren  mehrere 
Tafeln  mit  ihren  Namen  beschrieben;'^)  selbst  den  Unbefangenen 
TOusste  es  befremden,  dass  man  nicht  auch  ihre  angeblichen 
Werkzeuge  bestrafte.  Durch  solche  Versuche  wurde  nichts  vor- 
bereitet und  alles  verdorben;  die  zagende  Hand  deutet  auf  Un- 
recht, die  Bewerbung  auf  die  Befugniss,  zu  ver'weig-ern.  Die 
Königs  -  Insignie  an  Cäsars  Stirn  als  sein  eigenes  Geschenk 
würde  wie  ein  Blitz  von  heiterem  Himmel  das  Schreckbild  des 
Königthums  vernichtet  haben ;  man  dämmt  gegen  den  drohenden 
Strom,  und  entflieht,  wenn  er  hereinbricht;  schon  lag  der  Senat 
zu  Cäsars  Füssen ,  und  die  Menge  bewaffnete  sich  später  gegen 
die  Tyrannen -Mörder,  weil  der  Tyrann  sie  im  Testament  be- 
dachte; den  Dolch  einer  missvergnügten  oder  verblendeten  Rotte 
Latte  er  ohnehin  zu  fürchten. 

Dennoch  wendete  er  sich  von  neuem  an  das  Volk,  nnd  mit 


30)  Oben  §,  64.  A.  91.  Fast.  cap.  bei  Cmtefi  p,  297.  Marlian.  Pigb. 
a.  709.  Vaillaut.  Aemil.  No.  20.  Ueber  die  Unächlheit  der  Münzen,  welche 
den  Dictator  Imperator  A'I  nennen  (Coli/.  Fast.  a.  709.  A'^aiU.  lul.  No.  26. 
Morell.  Thes.  Caes.  tab.  2.  No.  39.  tab.  9.  No.  19)  s.  oben  f.  SS.  A.  4. 
31)  Ein  alberner  einfältiger  Mensch.    Liv.  I,  S6.  Slrabo  13,  622.  32)  Cic. 

13  PhU.  15.  Liv.  116.  VeUej.  2,  68.  Snel.  79.  Valer.  M.  5,  7.  §.  2. 
Bio  44,  10.  46,  49.  Plut.  Caes.  61.  Anton.  12.  App.  2.  49S.  496.  SOS. 
SIS.    4,  642.  643.    Zonar.  10,  II.  33)    Suet.  80.   Dio  44,  II. 

Dramann,   Geschichte  Roms  III.  44 


(590  XXI.     lULII.         (31.  §.68.) 

Her  Kiilinheit  untl  Verzweiflung  eines  Spielers,  welcher  das 
Letzte  einsetzt.  Ein  Consul  inusste  ihm  in  dessen  Namen  öffent- 
licli  antragen,  was  er  wünschte.  Man  irrte  aber  eben  darin, 
dass  es  öiTentlich  geschah,  dass  die  Römer  gegen  sich  selbst 
zeugen ,  durch  Zuruf  eine  Unwahrheit  bekräftigen  sollten ; 
die  Republik  wurde  gleiclisam  von  Angesicht  zu  Angesicht  mit 
der  Monarchie  zusammengestellt,  ihr  Bewusstsein  kehrte  zurück, 
sie  erhielt  ihre  Waffen  wieder,  mit  dem  Ansinnen,  sich  selbst 
zn  vernichten ,  und  sie  weigerte  sich.  Es  war  ein  unreifer  Ge- 
danke, ein  Halbhandeln ;  die  Nothwendigkeit,  zu  überraschen,  zu 
betäuben,  mit  eigner  Hand  za  uehmen,  drang  sich  auf,  damit 
war  aber  auch  jede  Frage  ausgeschlossen,  ob  es  gestattet  sei. 
Wie  Ponipejus  die  Herrschaft,  so  sollte  jetzt  dem  Herrscher  das 
Köuigthum  als  ein  freiwilliger  Tribut  zufallen;  wenn  es  sein 
konnte,  vermied  er  schlechte  Mittel;  es  stand  bei  ihm,  Comilien 
zn  halten,  in  welchen  nur  feiles  Gesindel  und  Veteranen  er- 
schienen, und  deren  Beschluss  über  die  Kegierungsfonn  als  Ge- 
setz zu  verkündigen,  wie  ähnliches  vor  und  nach  ihm  geschah; 
er  wollte  es  nicht,  weil  er  der  Klippe  auszuweichen  hoffie,  welche 
ihn  bedrohte,  wenn  er  anders  verfuhr.  Die  Hauptrolle  übernahm 
Antonius;  er  war  als  Consul  dazu  berufen,  beredt,  furchtlos,  ge- 
wandt und  dem  Dictator  ergeben;  nur  Florus  mag  nicht  darüber 
entscheiden,  ob  dessen  Wink  ihn  leitete;  es  ergiebt  sich  von 
selbst;  übrigens  kommt  Alles  auf  seine  Rechnung,  und  er  war 
Meister  in  der  Gaukelei.  Am  15.  Februar,  dem  Tage  der  Luper- 
ealien, ^ ')  begab  sich  Cäsar  im  Triumphal -Schmuck  auf  die  Redner- 
bühue,  von  seinem  goldenen  Sessel  den  Aufzug  zu  sehen.  Seit 
kurzem  waren  zu  den  Priestern  des  Pan  die  julischen  hinzu- 
gekommen ;  als  Vorsteher  dieser  Classe  ^ ')  zeigte  sich  auch 
M.  Antonius  wolil  gesalbt  und  nackt,  den  Gürtel  ausgenommen.  ^ '') 
Cicero  sagt,  er  sei  berauscht  gewesen  ;  aus  seiner  Erzählung  geht 
das  Gegentheil  hervor;  obgleich  er  auch  übrigens  darin  übertreibt, 
und  selbst  M.  Lepidus  als  einen  edlen  Republikaner  dem  ver- 
worfeneu Tyrannen- Knechte  an  die  .Seite  stellt,   so  ist  doch  die 


34)    Ovid.  Fast.  2,  267.     Alex,  nb  Alex.  4,  12.  35)    Die  43,  30. 

Oben  §.  6S.  A.  41,  36)     Dieser   bestand  in  einem  Felle;    Cicero  hatie 

(iriinde,    ihn    nickl    zn    erwäbiien.     Oionjs,  II.    I,  60.     vgl.  32.     Alex,  ab 
Alex.  1.  1,. 


XXI.     lULII.         (31.  §.68.)         cm 

^Yahrheit  nicLt  zu  verkennen,  zumal  cla  An(lere  im  WesentlicLen 
liilt  ihm  übereinstimmen.^')  DemnacL  eilte  Antonius  plötzlich 
ans  dem  Getümmel  nach  der  Bühne;  man  wich  ehrfurchtsvoll 
zurück,  er  stieg-  hinauf,  und  hielt  eine  angemessene  Rede  an 
die  Versammlung'.^*)  Dann  näherte  er  sich  Cäsar;  man  sah 
il.is  Diadem  in  seiner  Hand,  und  Alles  seufzte;  er  versuchte  es 
mit  den  ^^'^orten,  diess  sendet  dir  das  römische  Volk  durch  mich, 
um  Cäsars  Stirn  zu  binden,  imd  veranlasste  lautes  Wehklagen; 
der  schwache  Zuruf  der  Freunde  und  Erkatiften  ermuthigte  nicht, 
Cäsar  nahm  das  Geschenk  nicht  an,  und  es  ertönte  ein  allgemeines 
Beifallsgeschrei.  Das  Volk  erkannte  den  falschen  Gesandten 
nicht  an ;  er  aber  blieb  fest ;  nur  im  Dictator  lag  das  Hinderniss, 
man  musste  sein  Mitleiden  erregen ,  ihn  erweichen ;  fussf äUig, 
im  Namen  des  Vaterlandes  beschwur  ihn  der  Consul,  dessen 
^\^■insche  zu  erfüllen;  der  Erfolg  war  derselbe,  auch  nicht  mit 
einigem  Scheine  konnte  man  behaupten  ,  Rom  Labe  durch  seinen 
Consul  die  Röuigswürde  Cäsar  aufgedrungen,  und  dieser  endigte 
das  verwegene  Spiel  durch  die  Erklärung:  nur  Jupiter  sei  König 
von  Rom,  ein  bittrer  Spott,  da  ein  Senatsbeschluss  ihn  selbst  als 
Ju])iter  zn  verehren  gebot.  ^  ^)  Die  Binde  schickte  er  auf  das 
Capitol,  und  in  den  Fasten  musste  man  bei  diesem  Tage  be. 
merken,  sie  sei  ihm  auf  Befehl  des  Volks  von  Antonius  an- 
getragen und  von   ihm  abgelehnt. 

Seit  seinem  öffeutlichen  Auftreten  der  Günstling  und  Be- 
schützer der  Menge  sah  er  sich  jetzt  von  ihr  verlassen,  weil  ein 
dunkles  Gefühl  sie  warnte,  die  Zügel  aus  der  Hand  zn  geben. 
So  seltsam  fügte  es  sich,  dass  Cäsar,  welcher  als  Parleihaupt 
Alles  durch  das  Volk  vom  Senat  erzwang,  als  Sieger  anf  dem 
Markte  abgewiesen,  seine  Zuflucht  zu  der  Curie  nahm.  Sie  hatte 
ihm  schon  viel  bewilligt,  und  sein  Ansehn,  der  Einfluss  seiner 
Freunde  machte  sich  unter  der  kleinern  Zahl  leichter  geltend ; 
es  fragte  sich  aber,   ob  ein  Senatsbeschluss  in  dieser  Angelegen- 


37)  2  Phil.  34.  42.  3,  S.  l4,  13,  8.  IS.  18.  19.  Dio  44,  11.  45,30, 
31.  32.  34.  41.  46,  5.  19.  Plut.  Caes.  61.  Anton.  12.  App.  2,  496. 
Zoiiar.  10,  11.  Liv.  116.  Vellej.  2,  56.  Snet.  79.  Qnintil.  9,  3.  §.  61. 
ed.  Spald.     Flor.  4,  2.   §.  91,     (A.  Viel.)  de  ylt.  ill,  85.  38)    Nudiis, 

ebriiis   est   concionaiiis.     Cic,    II.    cc,    Dia   45,  30.  39)    Oben    §.    65, 

A    36. 

44* 


692  XXI.     lULir.        (31.5.68.) 

Iieit  von  Wirkung  sein,  ob  das  Volk  iLn  geueLmigen  werde. 
OLne  eine  förmliche  Abstimmung  Latte  es  sich  bereits  erklärt; 
durch  Cäsar  selbst  war  es  darauf  angewiesen,  die  Verordnungen 
des  Senats  als  nichtig  oder  überflüssig  zu  befrachten,  nach  den 
letzten  Ergänzung-en  mussfe  er  ihm  als  verächtlich  und  lächerlich 
erscheinen,  und  nun  sollte  er  sich  vom  Staube  erheben,  Unerhörles 
leisten,  ein  Königthnm  schaffen:  man  setzte  daher  einen  Hebel 
in  Bewegung,  gegen  welchen  menschliche  Gewalt  nichts  ver» 
mochte.  Die  sibyllinischen  Bücher  waren  zu  Sullas  Zeit  ver- 
brannt, und  zum  Theil  durch  anächte  ersetzt;  *°)  um  so  leichter 
fand  man  in  ihnen,  was  man  wünschte,  besonders  Cäsar  als 
Oberpontif.  Auf  sein  Anstiften  forschten  die  Funfzehnniänner, 
welche  sie  aufbewaiirten,  ■")  und  sie  entdeckten,  dass  nach  einem 
Spruche  in  den  heiligen  Schriften  Rom  nur  unter  einem  Könige 
über  die  Parther  siegen  konnte.  Diess  kam  sehr  gelegen,  man 
sprach  von  Betrug;  Cicero  bemerkt,  wenn  die  Bücher  eine  solche 
Weisung  enthalten ,  so  T^üsse  man  doch  nicht ,  auf  welche  Zeit 
oder  auf  welchen  Blenschen  sie  sich  beziehe,  denn  man  habe  jene 
so  zweideutig  abgefasst,  dass  jedes  Ereigniss  darin  vorgesehen 
sei.  *°)  Gleichwohl  verlangten  die  Anhänger  des  Dictator,  dass 
man  ihm  gestatte,  ausserhalb  Italiens  sich  überall  König  zu  nen- 
nen, damit  der  grosse  Zweck  seiner  Rüstungen  erreicht  werde; 
die  Feinde  dagegen  verbreiteten,  er  wolle  sich  mit  den  Schätzen 
und  der  kräftigsten  Mannschaft  für  immer  von  Italien  entfernen, 
im  Osten  Hof  halten,  in  Ilium  oder  mit  Cleopatra  in  Alexan- 
drien, ''^)  Rom  Anderen  anvertrauen,  und  in  der  nächsten  Senats- 
sitzuDg  durch  L.  Cotia  aus  dem  CoUegium  der  Fünfzehn  über 
den  sibyllinischeu  Spruch  berichten  lassen.  *'')  Wer  auch  be- 
stimmt   sein  mochte ,    die  Sache  anzuregen ,    so  unterliegt  es  doch 


40)    2.  Tli.  460.  A.  89.   493.  A.  72.  41)    Jetzt  Seclizelin,   abpr 

der  alle  Name    blieb.     Oben    §.  56.   A.  74.  75.  42)    de  divia.  2,  54. 

S.   2.  Th.  538.  A.  92.  43)    Suetoii.   79.    Oben  §.  61  fin.  44)  Snet. 

1.  c,  Cic.  1.  c  :  Sibjllae  Tersiis  observamiis,  —  qnornni  interpres  nuper 
lolsa  qiiaeclam  hominnm  fama  dictiiiiis  in  senata  pnlabatnr,  enm ,  quem  re 
Vera  regem  babebamns ,  appellandum  qiioque  esse  regem ,  si  salvi  esse  vel- 
Icmus.  Alaniiiius  glaubt,  dass  Cicero  auch  mit  den  AVorlen :  Verumtamen 
scire  omnia  non  aoeibiun  est,  Tel  de  Cotta.  in  ad  All.  13,  44  (43)  auf  diese 
Angelegenheit  anspiele;  der  Brief  wiirde  vor  €iisars  Rückkehr  aus  Spanien 
geschrieben,  als  noch  nicht  die  Rede  davon  vtar. 


X\l.    lULIL         (31.  §.69.)         Cym 

keinem  Zweifel,  dass  Cäsar  entscLlossen  war,  nuf  diesem  Wege 
durclizudring-en,  und  eben  so  vpenig',  dass  es  iliin  gelungen  sein 
Avürde,  und  wenn  dann  das  Heer,  die  Provinzen,  die  Bundes- 
genossen sich  daran  gewöhnt  halten,  ihn  mit  der  weissen  Binde 
zu  seilen  nnd  als  König  zu  begriissen,  wenn  er  nach  neuen 
Eroberuug'en,  mit  unermesslicher  Beute  von  gefürchteten  oder  nie 
genannten  Völkern  zurückkam,  so  war  dann  auch  iu  Rom  kein 
^Viderspruch  mehr  zu  er\varten.  Aber  sein  Tod  wurde  nicht 
dadurch  beschleunigt;  die  Mörder  benutzten  es  nur,  ihn  an  den 
Ort  zu  locken,  wo  er  fallen  sollte;  von  der  Einfalt  abgesehen, 
welche  sich  verblenden  Hess,  war  es  ihnen  sehr  gleichgültig,  ob 
C'iceros  Wunsch  erfüllt  werde :  dass  ans  den  sibyllinischen  Biicheru 
eher  jedes  Andre  als  ein  König  hervorgehen,  und  vor  einer  solchen 
•Schmach  Götter  und  Menschen  Rom  bewahren  mögen  ;  '  *)  ilire 
Verbindung  galt  nicht  dem  Könige,  sondern  Cäsar.  * '') 

§    69. 

(a.  44.)  Sie  traten  ohne  Eid  und  Opfer  zusammen,*') 
gleichwohl  werden  sie  von  den  Alten  mit  Recht  Verschworene 
genannt ,  weil  sie  gegen  das  Leben  eines  Mannes ,  welcher  von 
Senat  und  Volk  als  Staats -Oberhaupt  anerkannt  war,  einen  ge- 
Leimen Anschlag  machten.  **)  Ihre  Zahl  betrug  mehr  als  sech- 
zig, *^)  und  die  meisten  imler  ihnen  waren  Senatoren,  '°)  wie 
sich  ans  ihren  Aemtern  ergiebt ;  um  so  verdachtloser  konnten  sie 
sich  zur  Zeit  des  IMordes  in  der  Curie  versammeln.  Nur  C.  Tre- 
bonius    hatte    den    Rang    eines   Consulars.  * ')      Das  Urtheil    der 


45)    de  div.  2,  54.  46)   Vgl.  Snet.  79.     Bio  44,  IS.    Plnf,  Caes. 

60.  64.    Brut.   10.    App.   2,  497.    Zon.ir.   10,   11.  47)    Flut.  Brut.  12. 

App.  2,  499.  48)   tiv.  116.    VeUej.  2,  56.     Suet.  80.  82.    (A.  Vict.) 

de  vir.  Ul.  82.  Flor.  4,  2.  §.  94.  Oros.  6,  17.  Plut.  Brut.  16,  Dio 
44,   18.  49)    Suet    1.  c.    Eutrop.  6,  25  (20).    Oros.  1.  c.     Vgl.    Cic. 

2  Phil.  11.  Flor.  1.  e.  Dio  44,  14.  Das  Verzeichniss  des  Casaubon.  zu 
Suet.  80  ist  unvolk'ä'i'lig  niid  iniriclitig;  Treboiiius  nnd  Labeo  ferinissto 
scboa  Tschucke  zu  t  afroji.  1.  c.  t.  Cassius  dagegen  gehört  nicht  dahin, 
und  eben  so  vrenig  Cn.  Domitius  .Mienobarbus  uud  Sex.  Pompejus.  .S  unten 
J.   71.  SO)    Flor.  4,  2.   f.  93,  vo  Graev,  für  patiirii  patres  lies't;  J.9S 

folgt:  eum  senatus  invasit;  dio  Häupter  der  Veischwiirung  vtiihltcn  aber 
ihre  Genossen  nicht  bloss  in  iliui,  v*ie  ALrum.  zu  Cic.  2  Phil.  36  Tcrmuthcl. 
51)    Obeu  5.  65.  A.  50. 


G94  XXI.    lULII.        (31.  §.69.) 

Mitwelt    über    ihre  That    besliinmte    sicL    nach    den  verschietleneil 
Interessen ;    Cicero    und    die    GleicLg-esinnten    priesen    sie  als  Ty- 
rannen-Mörder  und    Befreier;  '^)    von    Andern    worden    sie    als 
Frevler  gemieden   oder  verfolgt,  ^ ')    besonders  von  M.  Antonius, 
welcher  Senecas  Vorwurf,    er  habe    sie    zu  recLlferligen  gesucht, 
nicht  verdient,  ^'')  und  von  Oclavian;    Wenige   trauerten  um  den 
grossen  Todlen,  den  Wohllhüter  und  Freund,  wie  der  edle  Ma- 
tius.  '*)     Unter    den  Kaisern  durfte  man  sich  nicht  frei  äussern, 
da   das    Schicksal    des    ersten    Imperator    ihnen    nicht    gleichgühig 
sein  konnte;  wie  der  15.  März  schon  von  den  Triiunvirn  wegen 
seiner  Entweihung  durch  Vatermord  fiir   einen  nngliickiichen  Tag 
erklärt  war,  *^)   so  hiessen  nun  die  Verschwornen  am  Hofe  und 
in  Schriften,  welche  seinen  Beifall  erhalten  sollten,  Vatermörder 
und  Banditen.")     Augustus  duldete  es,  dass  C'assins  von  Messala 
gelobt  wurde ,  nicht  aber  Tiberius ,  dass  Creniutius  Cordus  ihn  in 
seinen    Annalen    den    letzten    Römer    nannte.  **)      Wenn   indes» 
Geschichtschreiber  durch  solche  Rücksichten  sich  leiten  Hessen,  so 
kann    man    diess    doch  nicht  von  allen ,    oder  nicht  von  allen  un- 
bedingt behaupten,    da  manche  ihrer  Ueberzeugung  folgten,  oder 
doct   nur   durch   die  VerLältnisse  bewogen  wurden,  sich  stärker 
auszusprechen.     Vellejus  stellt  die  Selbstsucht  und  den  Undank  der 
Mörder  mit  Cäsars  Milde  in  schroffem   Gegeusafze  zusammen;  ''') 
in  gleichem  Sinne  schreibt  Seneca;  ^°)    aber  am  lebhaftesten  be- 
zeugt Valerius  Maximus  bei  jeder  Gelegenheit  seinen  Abscheu.*') 
Dio    schildert    mit    wahrer   Eutrlistung    „den   Unheil    bringenden 
Wahnsinn,  den  Neid  gegen  den  Mächtigem,  den  Hass  gegen  den 
mehr  Geehrten"   als   die  Quelle  des  Verbrechens,  ^-)  dessen  Ur- 
Leber ihm  nicht  Befreier,  sondern  Meuchelmörder  sind. '^^)     Nach 
Appian  war  ihre  Handlung  „  ein  unauslöschlicher  Schandfleck,  ein 


52)    1.  TIi,  145.  A.  98  f.  53;*  Tacit.  A.  1,  8;  Ciun  occisus  dictator 

Caesar  aliis  pessiraiim,  aliis  imlclierriniuw  faciiius  \ideretur  etc.  54)   de 

benef.  5,  16  u.  1.  Tli.  372.  A.  85  f.  55)   Cic.  ad  Ifam,  11,  28.   1.  Th. 

145.    A.   96.  56)    1.  TIi.   134.  A.  1.  57)'>'v*4ciJ.  A,  4,  34.     Vgl. 

Valer.  M.    1 ,  7.  §.  2.  8.  §.  8.     3,  1,  \^  .   6,4.  {.  5.    Flor.  4,  7.  §.  I. 
Ovid.  Fast.   3,   697  f.  58)     2.  Th*'i51.  A.  39.  59)   2,  56.  {.  3. 

72  in.  60)    de  ira  3,  30:  Diviini  lii1<um  pliircs  amici  cDiireceriiiit  (jiiaiu 

iniiiiici.    f|uonini    non    ex|iIovern(    spes   iir»xj)Iebiles.  61)    Oben   A.   57. 

62)    44,   I.    »gl,  40,  33.   47,  39.  63)   44,  20.  21.  34. 


XXI.     lULU.         (31.  §.69.)         605 

InbegTiff  von    vielen   Nichtswürdigkeiten:    Liuterlisti-    erdolchten 
,ie  den  Freund,  undankbar  den  WoWlhäter,  durch  dessen  Gnade 
^ie  lebten,  wider  Recht  und  Gesetz  den  Imperator,  ihn,  der  wie 
kein  Andrer    sich  um  das  Vaterland  verdient  gemacht  hatte".«*) 
iJesonders  rügt   er   oft   ihre   Undankbarkeit,   welche   auch  Cicero 
nicht  läugnen  kann,  obgleich  er  sie  zur  Tugend  stempelt,  «  ^  und 
lUe  Erwiirgung  des  Unverletzlichen  an  geweihter  Stätte;««)  und 
Svetou   bemerkt,   dass   Cäsar  mehrere  nnter  ihnen  selbst  für  den 
Fall   seines  Ablebens   bedacht  habe;«')    doch  findet  er  in  ihrem 
frühen    und    gewaltsamen    Tode    nicht    eben    eine    gerechte    Ver- 
geltung. «<*)      Plutaich    dagegen    erkennt   in    ihrem    Missgeschick' 
und    iu    den  Anzeichen    nach  der  That  den  Zorn  der   Götter;    er 
Lebt    nur    ihre    Kühnheit    und    List    hervor,    und    bezeugt   zwar 
M.  Brutus,  dass  er,  er  allein,  die  Absicht  gehabt  habe,  Rom  zu 
befreien,  fiigt  aber  hinzu,  dass  er  im  Irrthuni  gewesen  sei,   „da 
der  Zustand  des  Reichs  die  »lonarchie  forderte ,  und  die  Gottheit 
ihm  Cäsar   als    den   gelindesten  Arzt   gesendet   hatte«.«'')     Den 
Freunden    der  Republik   war  der  Herrscher  als  solcher  gerichtet; 
Livius  stellte  es  in  Frage,   ob  jener  zum  Heil  der  Römer  geboren 
sei;  '")   noch  mehr  Tacitus;  ")   Sveton  reiht  absichtlich  die  Be- 
weise für   sein  wiUkührliches  Schalten  zusammen, '=)    und  noch 
entschiedener    tritt    Eutrop    als   sein    AnUäger    auf,")    während 
Florus  sich  mit  allgemeinen  Betrachtungen  begnügt,  nach  welchen 
die  SchiJd  auf  beiden  Seiten  war.  '  *) 

Die  Verschworenen  mochten  die  wahren  Ursachen  ihres 
Unternehmens  kaum  sich  selbst  gestehen;  ihre  Loosung  war 
Freiheit  und  Republik;  durch  den  Zauber  dieser  Worte  wurde 
M.  Brutus  gewonnen,  jedes  Band  gelöVt,  jede  Rechnung  ge- 
schlossen, und  der  jMord  gesühnt;  von  Straflosigkeit  oder  gar 
von  Strafe  sollte  die  Rede  nicht  sein,  sondern  Alles  sich  erheben, 
um  den  Erfolg  zu  sichern  und  das  Verdienst  zu  belohnen,  Leben 
uud  Gut  der  Blitbürger,  der  Schatz  mit  dem  Heere  und  den  Pro- 
vinzen dahin  gegeben  werden.  Bis  zum  letzten  Athemznge  traten 
die  »lörder   als  Befreier   auf,  wie   besonders  aus  ihien  Älünzen 

647^66.  667.  65)   2  Phil.  U.  66)   2,  497.  502.   3,  526. 

C7)    83  68)    89.  09)    Caes.   69.     Comp.    Uiou.   c.   Biuto   2.    3. 

70)    Se.'.ec.  Ouaest.  nat.  5,  18.    vgl.  I-iv.  116.  71)  A.  1,  8.  72)  76. 

77.  73)  6,  24  (ZO).  7-i)   4,  2.  5.  92.  95. 


(596  XXI.    lULII.        (31.  §.69.) 

erliellt,  und  Antonius  und  Octavian  ergriffen  das  Ruder,  dea 
Frevel  zu  rächen  und  das  verderblicLe  Geschenk  zurückzuweisen ; 
der  Bürgerkrieg'  wurde  zur  Pflicht,  und  Boin  blutete  von  neuem.") 

Der  Dictator  wollte  die  Parteien  vereinigen ,  und  sie  ver- 
einigten sich  gegen  ihn,  Cäsarianer  und  Pompejaner,  wie  sie  hier 
der  Kürze  wegen  genannt  werden.  Jene  hatten  nach  Kräften 
dazu  mitgewirkt,  die  Trägerinn  der  Republik,  die  Arisfocrafie,  zu 
stürzen,'*)  aber  mit  Hoffnungen,  welche  nicht  erfüllt  wurden; 
statt  der  Cäsarianer  gebot  Cäsar,  und  er  gab  nicht  die  eine 
Hälfte  des  Volks  der  andern  preis ;  die  Sieger  wie  die  Besiegten 
Unterthanen,  in  diesem  drückenden  Gefülile  begegneten  sich 
Menschen,  welche  es  in  ihrem  Innern  beklagten,  dass  sie  ein- 
ander nicht  berauben  und  morden  kounfen.  Den  Ueber^vundenen 
war  es  schmerzlich,  begnadigt  zu  sein,  da  nur  geduldet  zu  wer- 
den, wo  sie  einst  allein  zu  stehen  gedachten.  Ungern  hatten  sie 
das  Schwerdt  weggeworfen  und  die  Grossmuth  angefleht,  nun 
ober  sollte  es  Ansprüche  begründen,  und  nichts  befriedigte  sie, 
denn  was  man  ihnen  auch  gewähren  mochte,  es  war  wenig  im 
Vergleich  mit  dem,  was  sie  unter  günstigeren  Umständen  hätten 
nehmen  könuen.  Vor  der  Niederlage  zerfiel  man  in  ihrem  Heere 
über  die  Beute,  über  Güter  und  Ehren,  den  eigenen  Partei- 
genossen wollte  man  den  Gewinn  verkürzen,  dieselbe  Gesinnung 
zeigte  sich  auch  noch  jetzt  in  dem  Streite  zwischen  Cassius  und 
M.  Brutus  über  die  Prätur,  und  nun  sollten  die  Pompejaner  sogar 
mit  den  Feinden  theilen,  und  sich  mit  dem  begnügen,  v^^as  Cäsar 
ihnen  znmass.  Wenn  aber  der  Unniuth  sich  ihrer  bemächtigte, 
so  war  auch  das  Verbrechen  niclit  fern ;  sie  giengen  ans  einer 
Schule  hervor,  worin  man  das  Morden  zum  Gesetz  machte,  ans 
einer  Faclion,  welche  ohue  Mitleiden  gewüthet ,  die  Gefangenen 
geopfert,  und  die  Uebrigen  durch  Drohungen  zum  Zittern  gebracht 
hatte;  wie  kann  es  befremden,  dass  sie  einen  Einzelneu  er- 
schlugen ? 

Die  besonderen  Ursachen  der  Verschwörung  sind  uns  zum 
Theil  unbekannt,  weil  mehrere  Slitschiildige  des  Cassius  nur  dem 
Namen  nach  und  die  meisten  gar  nicht  erwähnt  werden. "} 

75)    Dio  44,   1.  21.     App.  2,  497.    4,  667.    riiit.  Brat.  30,  40.     Cic. 
ml  Farn.  11,  2  fin.  76)    Post  Pompeium  deiiuim  Pouipei.iiii.     Senec.  de 

ra.  3 ,  30.  77)    So   weil    es  möglich   is« ,    soll   das  folgende   sie  ein- 


XXI.    lULU.         (31.  §.69.)         697 

Cäsarianer. 

L.  Bliuacius  Basilus. ")  Nicht  der  Reiche,  welcher  Ton 
Hortensius  und  M.  C'rassns  ■«■iderrecLtlich  beerbt  -wurde,  und  folg- 
lich läng-st  gestorben  war,  und  anch  nicht  dessen  Sohn,  da  jener 
eioen  Neffen,  ]M.  Satrius,  adoptiren  wollte.")  Cäsars  Legat 
im  gallischen  Kriege,*")  und  im  J.  45  Prätor.*')  Der  Dicta- 
tor  wurde  ihm  verhasst,  weil  er  nach  der  Verwaltung  des  städti- 
schen Amtes  statt  einer  Provinz  Geld  erhielt ;  er  versuchte  sogar, 
sich  durch  Hunger  zu  tödfen ,  und  wurde  Tielleicht  durch  Cassius 
daran  gehindert,  welcher  ihn  in  dieser  Stimmung  ohne  Blühe 
überzeugte,  dass  Rache  dem  Selbstmorde  voi-zuziehen  sei.") 
Nach  dem  fünfzehnten  März  empfieng  er  Ciceros  Glückwunsch.*  ^) 
Von  der  Gesinnung  und  den  heftigen  Leidenschaften  dieses  Man- 
nes zeugt  die  Strafe,  welche  er  über  einige  seiner  Sclaren  ver- 
hieng;  er  liess  sie  entmannen  und  wurde  nach  der  Schlacht  bei 
Mntiua  das  Opfer  ihrer  Rache.  *  *) 

Deciums  Brutus  ersvarb  sich  Cäsars  Vertrauen  im  galL'schen 
und  im  Bürgerkriege,  besonders  als  Anführer  auf  dem  Meere. 
Zur  Belohnung  wurde  er  Statthalter  im  transalpinischen  Gallien; 
jetzt  war  ihm  das  cisalpinische  und  für  das  J.  42  das  C'onsulat 
bestimmt.     Er  erfreute  sich  vor  Anderen  der  Gunst    des   Dictator 


führen ,  wie  sich  von  selbst  versteht ,  nnr  in  Beziehnug  anf  ihre  Tliat. 
78)  Bei  App.  2 ,  499  Minucins  und  Basillus ;  so  nun  auch  Fabiic.  zu  Dio 
44,  14;  App.  3,  588  sind  die  Namen  Tereini*t.  Basilus  bei  Lucan.  4,416, 
und  so  ist  anch  Caes.  B.  G.  6,  29.  Cic.  de  off.  3  ,  18  n.  ad  Farn.  6,  1$ 
zu  lesen;  entstellt  in  Bacilns,  Dio  43,  47;  Basilius,  Oros.  6,  18,  und  Ba- 
siUns,  App.  U.  cc.  79)    Cic.  de  off.  1.  c.   Val.  M.  9,  4.  f.  1.    Hortensii 

Ko.  7.  5.  6.  A.  89.  Ein  IVIinucias  fiel  a.  43  während  der  Froscriptionen, 
App.  4,  599;  dieser  Geniilname  war  aber  mehrern  Familien  gemein,  maa 
ist  daher  nicht  berechtigt,  an  einen  Bruder  oder  nahen  Verwandten  des 
Verschworenen  zu  denken.  80)    Caes.  B.  0.  6,  29.  30.    7,  90.     Obeu 

5.    16.   A.   97l>.    §.  30.  A.  19.     Vgl.   App.  2,  499.  81)    Dio  43,  47. 

82)  Oben  §.  65.  A.  70.  Dio  1.  c.  AVir  kennen  keinen  andern  Basiliis  in 
dieser  Zeit,  welcher  zu  solchen  Ansprüchen  berechtigt  w.ir,  Dio  giebt 
sogar  denselben  A'ornaraen ,  und  konnte  Basilus  leichter  iu  Bacilus  ver- 
wandeln als  den  Kamen  des  Babnllius,  Cic.  ad  Att.  13,  48,  auf  welchea 
Fabricins  seine  Nachricht  bezieht;  es  unterliegt  dp'i.er  kaum  einem  Zweifel, 
dass  er  seine  (,)ueUeu  niissverstand,  der  l'rätorier  sich  nicht  tüdtete,  sondern 
nur  die  Absicht  hatte,  sich  zu  tüdtea.  S3)  ad  Fam.  6,  15.  84)  App. 

3,  588.    Oros.  6,  18, 


698  XXI.    lULU.        (31.  §.69.) 

und  einer  iii  Jeder  Hinsicht   beneidenswertLen   Stellung'.  '  *)     Den 
Entsalz  von  Alutina  überlebte  er  nur  eine  kurze  Zeit.""*) 

P.  Servilius   Casca  gehörte  zu  derselben  Partei."®)  und  ver- 
dankte es  Cäsar,  dass  er  für  das  Jahr  43  zum  V.Tribun  gewühlt 
wurde.     Es  erbitterte  ihn  aber,    wie    es    scheint,    dass   er   iiichl, 
wie  manche  Andere,    die  niedern    Stellen    übersprang,    imd    dass 
er  arm  blieb ;  seine  Freunde   äusserten  ihr  Erstaunen ,  als  er  nun 
wenigstens  bald  Aedil  zu  werden  hoffte,    da    er    nicht  die  Geld- 
mittel besass ,  welche  dazu  erforderlich  waren.*')     Cicero  wusste 
iudess ,   dass    er    aus    Liebe    zur    Republik    au   dem  Morde  Theil 
nahm,**)    nach    welchem    er   entfloh;    denn   das    Volk   verfolgte 
auch  ihn,    und  der  Tribun  C.  Casca   machte   bekannt,    um    nicht 
für  einen  Andern  zu  büssen ,    wie  Helvius    Ciuna ,    dass    er    nur 
einen   Namen    mit  ihm  gemein  habe.**)     Doch  kam  er  bald  zu- 
rück, nm  am  Ende  des  Jahrs  das  Tribunal  anzutreten;   Octavian 
verlünderfe  es  nicht,    wie  Cicero    gefürchtet   hatte,    weil   er    den 
Beistand  des  Senats  gegen  Antonius    bedurfte;^")    dieser    tadelte 
es  als  eine  strafbare  Nachsicht.^')     Als  Octavian  im  August  43 
das  Consulat  übernahm ,  liess   er  ihn  durch  den  Tribun  P.  Titius 
bei  dem    Volke    anklagen   und    seines   Amtes    entsetzen ,    weil    er 
sich  von  Rom  entfernt  hatte,   und  ein  Tribun  nicht  einen  ganzen 
Tag  abwesend    sein    durfte;    auch   wurde    er    als   Mörder    belangt 
«nd  verurtheilt.  ^')     Er  focht  bei    Philippi;    hier   stimmte    er  im 
Rriegsrathe  für  die  Hinrichtung  der  Gefangenen ,   um  Cassius  ein 
Todtenopfer  zu  bringen;'^)    dadurch  erklärt  es  sich,    dass  Cäsar 
von  seiner  Hand  den  ersten  Streich  emplieng;  die  zweite  Schlacht 
scheint  er  nicht  überlebt  zu  haben. 

C.  Servilius   Casca,   der  Bruder  des  Vorigen,   und  Senator, 
da  er  sich  während  des  Blordes  in  der  Curie  befand.  ^'') 


8S)   S.  lonii.  85  J)   1.   TIi.  3S8.  A.  90.  86)  App.  2,  499;   es 

ht  schon  von  Anderen  bemerkt,  dass  hier  vrahrscheinlich  durch  die  Schnld 
der  Abschreiber  statt  rnbliiis  dessen  Bruder  Cajus  genannt  yrird,  welcher 
am    15.    März    eine    nntergeordnete   Rolle   halte.  87)    Flut.    Brut.    15. 

App.  2,  500.  88)    2  Phil.   11.     Vgl.    Sneton.  82.    Plut.  Caes.  66.    Brut. 

17.  45.     Die  44,  52.    46,  49.  89)    Dio  44,  52.     1.  Tli,  104.  A.  67. 

90)    a<l    Att.    16,    15.     1.  Th.   223.  91)    13  Phil.  15.  92)    1.  Th. 

339.   A.   28.  93)    Tim.   Bnil.   45.    2.  Th.  1*7.  A.  92.  9-i)   App. 

2,  499.   Plut.  Caes.  66.   Brul.  17.   Cic.  2  FhU.   11.   Snelon.  82. 


XXI.     lüLlI.  (31.  §.69.)  099 

L.  Tillius  Cimber.  °  ^ )  Ein  leldenscLaflllclier  AuLänger 
f'äsars,  an  dessen  Feldziigen  er  jedoch  uiclit  Tliell  nahm,  so  w  elt 
wir  davon  unterricLlef  sind.  ''^)  Seine  Gaben  für  das  gesell- 
scLafdicIie  Leben,  Heiterkeit  und  Witz,  trugen  am  meisten  zu 
seiner  Empfelilimg-  bei ,  und  verscliafTlen  ihm  einen  so  grossen 
Einfliiss,  dass  man  sicli  um  seine  FiirspracLe  bewarb.^')  Er 
wurde  sogar  fiir  das  J.  43  zum  StallLalter  in  Bitlijnien  er- 
nannt. ^')  DaJier  konnte  selbst  Cicero  sein  Erslaunen  kaum  ver- 
bergen, als  er  ihn  unter  den  Mördern  sab.  '■'^)  Der  Unwille 
über  die  Weigerung,  seinen  verbannten  Bruder  herzustellen,  ver- 
schaifte  ihren  Eingebungen  Gehör,""')  und  er  bewahrte  das 
Geheimniss,  obgleich  er  sich  oft  im  Trunk  übernahm.  ')  Als  er 
nach  der  That  in  Gefahr  gerieth,  begab  er  sich  als  Nachfolger 
des  Q.  Marcius  Crispus  nacli  Bithynien,  -)  denn  auch  er  ver- 
schmähte das  Gesclieuk  des  T;>Tannen  nicht,  und  der  Senat  be- 
stätigte ihn,  mit  dem  Befehle,  Cassius  in  Syrien  gegen  Dolnbella 
zu  unterstützen.  ^)  Er  half  ihm  zur  See  und  zu  Lande,  und 
zog  dann  mit  Schiffen  und  Truppen  nach  Philipp!  voraus ,  wo  er 
wahrscheinlich  durch  eigne  oder  durch  fremde  Hand  das  Lebea 
verlor,  da  er  nicht  weiter  erwähnt  wird.  *) 


95)  Cic.  1.  c.  Der  GeotUname  ist  la  deu  Handschriften  nnd  Ansgabea 
vielfach  verändert;  in  Atilias,  App.  2,  499.  501,  'wo  Schvreigh.  (c.  113 
n.  117)  für  Atilins  und  Cimber  TiUins  C.  Ues't;  Metillius,  Plut.  Caes.  66 
besonders  aber  in  Ti!.).iog  oder  TuUins.  Plnt.  Brut.  17.  Cic.  1.  e.  .Snet. 
8ü.  Schon  jene  Entstellungen  lassen  auf  die  richtige  Form  srhliessen,  welche 
anch  die  meisten  nnd  besten  Handschriften  bei  Appian  (SchTreigh.  das.  1.  c.) 
und  einige  bei  Dio  haben;  (Reimar.  47,  31)  sie  findet  sich  ebenfalls  bei 
Seneca  ( s.  nuten ).  Perizon.  Auim.  bist.  c.  8.  p.  340  f.  bemerkt,  dass  auch 
die  Behauptung,  es  habe  keine  Gens  Tillia  in  Rom  gegeben,  (vgl.  Oudend, 
zu  Caes.  B.  C.  3,  42)  durch  die  Inschrifiea  widerlegt  -»vird ;  Gruler.  p.  120; 
den  Abschreibern  vrar  sie ,  me  den  Meisten ,  unbekannt ;  sie  dachten  aa 
Cicero ,  und  verbesserten :  TuUios.  Den  Zunamen  Cimber  halte  anch  ein 
Annins,  1.  Th.  40.  A.  15.  512.  A.  32.  Quintil.  8,  3.  J.  28.  29,  und  Ga- 
binins.     Gabinü  Ko.  9.  96)   Senec.  de  ira  3,  30  zählt  ihn  zu  den  Com- 

militonen  Cäsars ,  da  er  jedoch  im  Vorigen  dessen  Freunde  und  Feinde 
nnterscfaoidet,  so  kann  das  >Vart  auch  eine  allgemeine  Bedeutung  haben. 
97)   Cic.  ad  Fam.  6,  12.  98)   Oben  §.  67.  A.  11.  99)   2  PhU.  II. 

100)    Plnt.   Brut.   17.    Caes.   66.     App.   2,   ^JOI.  1)    Senec.    ep.   83. 

2)   Plüt.  Brut.  19.   App.  3,  527.  529.   2.  TIi.  128.  A.  88.  89.  3)  I.Th. 

322.  A.  97.  4)  2.  Th.  IJO.  A.  2.  133.  A.  27.    139.     Vgl.  Dio  47,  49  En. 


700  XXI.     lULII.         (3I.§.  C9.) 

C.  Trebonius,')  der  SoLn  eines  nngeseLenen  rönilsnbeii 
Ritters.  ^)  Nur  der  Anfang'  und  das  Ende  seiner  olfentlicbeu 
Laufbahn  verscbaffte  ihm  Ciceros  Beifall.  Als  Quästor  suchte 
er  a.  60  die  Adoption  des  P.  C'lodius  zu  verhindern,')  geg-ea 
den  Wunsch  der  Triumvirn,  welche  er  jedoch  a.  55  in  seinem 
Tribunal  durch  das  Gesetz  über  die  Provinzen  versöhnte.  ")  Von 
dem  folg-enden  Jahre  an  diente  er  dem  Haupte  des  Bundes  auch 
im  Felde  als  Leg-at.  ^)  Er  blieb  im  Anfange  drs  Bürgerkrieges 
in  Gallien,'")  wo  er  bei  der  Belagerung  von  Massilien  mit- 
wirkte. '  ')  Schon  vorher  wurde  ihm  oft  ein  bedeutender  Theil 
des  Heers  anvertraut,  ein  Beweis  seiuer  Tüchtigkeit,  obg-leicl» 
T.  Labienus  ihn  wie  alle  anderen  Unterfeldherren  verdunkelte. 
Die  städtische  Prätur  gab  ihm  a.  48  Gelegenheit,  sich  den  Neue- 
rung'en  seines  eifersüchtigen  Collegen  M.  Coelius  zu  widersetzen, 
welcher  das  Julische  Schuldengesetz  aufheben  wollte.  ")  Zwar 
nölhigte  ihn  der  Gegner  zur  Flucht,  auch  konnte  er  im  jeuseitigen 
Spanien,  v\^o  er  g'egen  Ende  des  J.  47  Q.  Cassias  Longinus  als 
Propriitor  folgte  und  im  nächsten,  von  den  Äleuterern  verdrängt 
wurde,  die  lluhe  nicht  herstellen,  '  ^)  aber  in  seinen  Gesinnungea 
bemerkte  man  noch  keiue  Veränderung,  und  Cäsar  fuhr  fort,  ihn 
auszuzeichnen,  er  ernannte  iL.;  im  October  45  zum  Consul,  ") 
lind   bestimmte   ihm   die  Provinz  Asia.  '  *)     Als   er  so   viel  em- 


5)  Verschieden  von  C.  Trebonins,  einem  Jüngern  Zeitgenossen,  -welcher 
auch  unter  Cäsar  in  Gallien  focht,  und  Ton  diesem  mit  adolescens  im  Gegen- 
satze des  legatus  bezeichnet  wird ;  B.  G.  6,  40 ;  er  -war  mit  dem  Dictator 
a.  48  nnd  47  in  Aegypten,  während  der  ältere  in  jenem  Jahre  die  Prätur 
verwaltete.     Cic.    ad  Att.   11,  20.  6)     13   Phil.    10,    wo   Antonius    in 

einem  Briefe  den  Vater  einen  Possenreisser  nennt.  Ueber  L.  Trebonins, 
V.Trib.   48   v.  Chr.    s.    2.  Th.  222.  A.  75.  7)    ad  Fam.  15,  21.  f.  1 

«.  das  Schütz:  ältere  Ausleger  setzten  nach  Ernesti's  Vorgange  diese 
Oiiüslur  in  a.  57.     S.  2.  Th.  56.  A.  76.   220.  A  70.  8)  Oben  §.  24  fin, 

In  den  Angen  Ciceros  und  der  meisten  Optimalen  ein  grosser  Frevel,  aber 
seit  dem  fünfzehnten  März  vergeben  nnd  vergessen;  11  PhiJ.  4:  Nani  cae- 
leris    quidem    vitae    partibiis    etc.  9)     Oben    §.  16.    A.  85.    {.  26  nach 

A.  33.  §.  30.  A.  23.  §.  32.  A.  67.  §.  33  nach  A.  93.  J.  35  nach  A.  SS 
11.    A.   64.  10)    ad    Att.    8,  3.  11)    Oben  §.  45.  A.  77.    }.  46  in. 

12)    2    Th.  420.  A.  30.    42  ^     Vgl.  Cic.  ad  Atl.  11,6.  f.  1.  13)  2.  Th. 

557.    liier  §.  62.  A.  44.  51  n.  24.  14)  Oben  §.  65  A.SO.  15)  §.67. 

A.    10. 


XXI.     lULII.         (31.  §.69.)         701 

jifang'en  nnd  ang'enoTnmen  hälfe,  und  ibm  kaam  noch  efwas  zn 
AviiiiscLen  übrig-  blieb,  bescliloss  er,  den  Dicfalor  zu  tödten,  „weil 
er  die  Freiheit  des  römischen  Volks  der  Freundschaft  eines  Ein- 
zelnen vorzog-,  und  der  Herrschaft  lieber  ein  Ziel  setzen,  als  sie 
iheilen  moclite",  „ein  trefflicher  Bürger,  ein  Blann  von  der 
höchsten  IMüssigung-",  „eben  so  verehrlich  als  sein  Älörder  Dola- 
bella  ein  Verworfener  -war",  '  ^)  nach  Anderen  der  undankbarste 
IMensch  unter  der  Sonne,  so  verrncht,  dass  es  nnr  Freude  erregen 
konnte ,  ihn  innerLaib  eines  Jahrs  biissen  zu  sehen.  ' ")  So  viel 
erhellt,  dass  er  wie  jeder  Cäsars  Absichten  kannte,  als  er  noch 
mit  dessen  Gunst  -TNiicherte,  und  dass  niemand  mit  grösserer  Be- 
gierde sich  das  Vermächtniss  des  Unterdrückers  zu  sichern  suchte; 
schon  im  Mai  44  befand  er  sich  auf  der  Reise  nach  Asia  in 
Athen.  •  *)  Als  Proconsul  jener  Provinz  unterstützte  er  M.  Brutus 
in  Macedonien  uud  C.  Cassius  bei  dessen  Unternehmen  gegen 
Sjrien  mitGelde;'^)  bald  aber  erschlug  ihn  P.  Dolabella,  welcher 
Syrien  vom  Volke  erhalten  hatte,  auf  dem  Durchzuge  im  Februar 
43  in  Smyma.  '"')  Die  üeberreste  seines  Körpers  wurden  nach 
Rom  gebracht.^') 

Servius  Sulpicius  Galba,^^)  Enkel  des  Redners  Ser.  Galba, 
welcher  144  v.  Chr.  Consnl  war,  und  Aellervater  des  gleich- 
namigen Kaisers.  ^^)  Er  diente  als  Onästor  unter  C.  Pompfinns, 
dem  Proprätor  im  narbonensischen  Gallien,  welcher  im  J.  61  mit 
seiner  Hülfe  die  Allobrogen  wieder  zur  Unterwerfung  brachte,  '  *) 
imd  dann  in  den  ersten  Jahren  des  gallischen  Kriegs  als  Legat 
unter  Cäsar.-*)  Da  er  nun  a.  54  auf  dessen  Verwendung  Prätor 
wurde,   so   konnte   er   nun  Pomptinns,   freilich   auf  eine  gesetz- 


IG)    Cic.   2   Phil.   11.    11,   1.  4.  17)  VeUej.  2,  56.  J.  3.  69  in. 

Antonins  bei  Cic.   13  Phil.  10.  17.  18.  18)   1.  Th.  136.  A.  20.    2.  Th. 

545.   A.  62.  19)    Rio  47,  21.  26.  20)    2.  Th.  575.  21)    App. 

3,  566.  22)    App.  2,  499    zählt   nur  die  bisher  genannten  zn  den  Cä- 

sarianern  nnd  Sei-vilius  Galba  zu  den  Gegnern.  Schiveigh.  ( c.  113)  hat 
nach  Vermulhnng :  Serrilius  Casca  und  Servius  Galba  in  den  Text  auf- 
genommen, aber  weder  Casca  noch  Galba,  in  dessen  Geschlechtsnamen  nnd 
Faction  der  Schriltsleller  oder  die  Abschreiber  irren ,  sind  hier  an  ihrem 
Orte,  beide  gehörten  zn  Cäsars  Partei.  23)  Sueton.  Galba  3.         24)  Oben 

§.    15.  A.   38  f.  25)    Oben   J.  16.    A.  97.    {.  20.   A.  30.    Dio  39.  5. 

Suet.  1.  c. 


702  XXI.    lULlI.        (31.  §.70.) 

widrige  Art ,  rlen  lange  vergebens  erseLnfen  TriumpL  ver- 
schaffen. '"'')  Er  selbst  bewarb  sich  für  das  J.  49  ohne  Erfolg: 
um  (las  Cousiilat;  weil  Cäsar  ihn  empfahl,  und  seine  frühere  ge- 
naue Verbindung-  mit  ihm  ohnehin  Verdacht  erregte,  gab  man 
Li.  Lentulns  den  Vorzug.  '')  Dennoch  ergriff  er  nicht  die  Partei 
des  Pompejus,  für  welchen  er  übrigens  a.  52  in  einer  Geld- 
angelegenheit sich  verbürgt  hafte.  ^*)  Die  Gläubiger  nahmen  ihu 
in  Anspruch,  als  das  Vermögen  des  Pompejus  im  Bürgerkriege 
eingezogen  wurde,  ihm  um  so  empfindlicher,  da  er  „ein  sehr 
guter  Wirlh  war";  er  machte  dem  Dicfator  öffenilich  Vorwürfe, 
dass  er  durch  jene  Massregel  seine  Noth  veranlasst  habe,  und  der 
Dictator  ziü-nte  ihm  nicht ,  und  tilgte  die  Schuld  aus  seiner 
Casse.  -')  Aber  das  Consulat  konnte  er  ihm  nicht  verleihen,  da 
Aadere  ihn  mehr  verpflichtet  und  sich  dadurch  ein  Käherrecht 
ervs'orben  halten;  er  versagte  es  ihm,  und  Galba,  „unerschrocken 
und  fest",  war  reif  zur  Verschwörung.^")  Im  mulinensischen 
Kriege  stand  er  im  Heere  des  Goiisuls  Hirtius,  und  berichtele  über 
die  Gefechte  bei  Forum  Gallonun  mit  grosser  Selbstgefälligkeit 
und  eben  so  dunkel  und  verworren  an  Cicero ;  "  )  dann  überbrachte 
er  im  Blai  43  dem  Senat  ein  Schreiben  von  D.  Brutus;  ^  ^)  sein 
Aufenthalt  in  Rom  war  aber  von  kurzer  Dauer,  da  Octavian  auch 
ihn  als  Blörder  verurlheilen  Hess.  ^  ^) 

§    70. 

(a.  44.)      Pompejaner. 

M.  Brutus.  Nach  der  Schlacht  bei  Pharsalus  von  Cäsar  be- 
gnadigt und  hochgeehrt,  erhielt  er  fü'r  das  J.  46  die  Statthalter- 
schaft im  diesseitigen  Gallien,  ehe  er  Prätor  gewesen  war,  ^*) 
imd  fü'r  das  J,  44  die  gleich  beneidete  städtische  Prätnr.  Im 
folgenden  sollte  er  Macedonien  verwalten,  wo  man  leichter  als 
in  irgend  einer  andern  Provinz  sich  Ansprüche  auf  den  Triumph 
erwarb.*')     Er  war  mit  Catos  Tochter  vermählt,  war  der  Bruder 


26)    Obea  §.   IS.  A.  40.  27)    R.  Call.  8,  50.    2.  Th.  548.  A.  3. 

28)  Cic.    ad    Farn,   6,    J8.    §.    3,    erklärt    dnrch   Valer.    M.    6,    2.    §.   11. 

29)  Dies.  II.  cc.  30)  Cic.  13  Phil.  16.  Säet.  Galba  3.  31)  ad 
Fam.  6,  30.  13  Pliil.  16.  1.  Th.  297.  A.  26.  32)  ad  Fom.  11,  18. 
I.  Tt.  345.  A.  84.  33)  Suet.  1.  c.  I.Th.  338.  A.  16  £.  34)  Obea 
5.  56.  A.  77.           35)   Das.  §.  67.  A.  8. 


XXI.    lULn.        (31.  §70.)        703 

Ton  Cassiiis  Gpiiialilinii,  und  bei  Cicero  seit  kurzem  in  besonderer 
Gunst; '^)  geistig  scLAVnch  und  schwärmerisch  ^■^^^rde  er  als  an- 
geblicLer  KacLkomme  des  L.  Brutus  gefeiert,  damit  er  seinen 
Berirf  zum  Tyrannen -Muirder  füLlte,  und  seitdem  konnte  keine 
Folge  der  Tbat  ihn  von  seinem  Wahne  heilen,  bis  der  nen  ent- 
zündete Bürgerkrieg  auch  ihn  bei  Philipjii  hinwegraffle.  ^ ') 

Caecilius  Bncilianus.  ^  ^)  Senator,  da  er  in  der  Curie  un- 
mittelbar am  Blorde  Theil  nahm,  '  ^)  und  vielleicht  nur  als  solcher 
Cicero  befreundet."")  Im  Juli  traf  er  wie  M.  Brutus,  Cassius, 
Sextius  und  andere  Älitschuldige  an  der  Küste  Vorkehrungen  zur 
Flucht.*') 

Caecilius,  der  Bruder  des  Vorigen.  *') 

C.  Cassius  Longinus  ergab  sich  nach  Pompejus  Niederlage 
im  Hellespont  an  Cäsar,  und  T^urde  unter  dessen  Legaten  auf- 
genommen. Doch  focht  er  Aveder  in  Africa  noch  in  Spanien. 
Er  übte  sich  a.  46  unter  Ciceros  Leitung  in  der  Redekunst,  und 
begab  sich  dann  nach  Brundusium,  'wo  er  blieb,  bis  Cäsar  im 
folgenden  Jahre  aus  Spanien  zurückkam.*^)  Dio  versichert,  er 
habe  bei  den  Ehrenbeschlüssen  für  den  Dictator  nicht  gestimmt;  **) 
dennoch  ernannte  dieser  ihn  für  das  J.  44  zum  Praetor  pere- 
grinus,*')  und  für  das  nächste  zum  Statthalter  von  Syrien, '^^ 
wo  er  einst  nach  dem  Tode  des  M.  Crassus  sich  grosse  Ver- 
dienste erworben  halte.  Blit  welchen  Gesinnungen  er,  der  nichts 
zu  fordern  berechtigt  war,  diese  Wohlthaten  empfieng-,  lässt  sich 
schon  aus  Ciceros  Briefen  an  ihn  vom  J.  45  abnehmen ,  v^'orin 
Winke  genügten,  w^eil  man  sich  verstand.  „Dieser  Brief  ist 
kurz;  Ernstes  kann  man  ohne  Gefahr  nicht  schreiben.  So  könnea 
^^ir  scherzen,  sagst  du;  auch  diess  hat  seine  Schwierigkeiten, 
und  doch  bleibt  nichts  Anderes  übrig,  um  einen  unerfreulicheu 
Zustand  zu  vergessen. " '")     „Cäsair,   meint  man,  werde  es  ungern 


36)    Das.   §.   63.   A.   20  f.  37)    S.  nnten   n.   InDÜ.  38)   Bei 

Appian  und  Cicero  findet  sich  nur  der  Ziinanie,  nnd  bei  jenem  in  der  Form 
BncolianDS ;  er  war  der  Brrider  eines  andern  A'erscliwornen,  welchen  App. 
2 ,  499  eben  so  >Yillkiihrlich  nur  mit  dem  Geschlechtsuameu  Cäcilius  be- 
zeichnet. 39)  App.  2,  502.  40)  ad  Alt.  15,  17.  16,  4.  41)  ad 
Alt.  16,  4.  42)  Ajip.  2,  499.  43)  2.  Th.  121.  122.  44)  44,8. 
liier  ;.  64.  A.  85.  45)  2.  Th.  123.  A.  50.  46)  J.  67.  A.  12. 
47)    ad  Farn.   15,   1«. 


704  ,  XXI.    lULII.        (31.  §.70.) 

hören,  dass  P.  Sulla  *^)  gestorben  ist,  •weil  er  fürcLten  mnss, 
dass  nun  die  Versteigerung  eingezogener  Güter  ins  Stocken  ge- 
rälli. "  ,)lcli  billige  es  und  freue  mich  darüber,  dass  du  noch  in 
Brundusium  bist;  du  wirst  weise  Landein,  wenn  du  nicbt  nach 
eiteln  Dingen  strebst.  "*ä)  „Wie  ich  auf  solche  Possen  ver^ 
falle?  Es  fehlt  mir  an  einem  andern  Stoffe ;  über  die  öffentlichen 
Angelegenheiten  kann  ich  nicht  schreiben,  denn,  was  ich  denke, 
mag  ich  nicht  schreiben."'")  Ohnerachtet  der  wiederholten 
Mahnung  antwortete  Cassius  ziemlich  selten;  er  bekannte  sich  zu 
Epicurs  Lehren ,  und  erwiederte  unter  Anderem  auf  C'iceros 
scherzhafte  Aeusserungen  über  diese  Schule:  „P.  Sulla  Terdient 
nnsern  Beifall;  da  er  sah,  dass  die  Philosophen  nicht  einig  sind, 
so  verlor  er  keine  Zeit  mit  Untersuchungen  über  das  Gute,  son- 
dern er  kaufte  alle  Güter  zusammen;  ich  habe  mich  bei  seinem 
Tode  zu  fassen  gewusst,  auch  wird  Cäsar  dafür  sorgen^  dass  wir 
ihn  nicht  zu  lange  vermissen;  er  hat  Veriirlheilte,  durcli  deren 
Herstellung  er  ihn  ersetzen  kann,  * ')  und  wird  selbst  nicht  um 
einen  Käufer  verlegen  sein,  wenn  er  Sullas  Sohn  erblickt."  ^') 
Bei  dem  Allen  betheuert  Cassius  mit  einem  Sch%VHre,  dass  wenn 
man  einmal  wählen  müsse,  der  alte  milde  Herr  den  Söhnen  des 
-Pompejus,  mit  welchen  er  in  Spanien  kämpfte,  vorzuziehen  sei, 
und  auf  die  erste  Nachricht  von  seinem  Siege  wollte  er  wieder 
nach  Kom  gehen.  *^)  Sein  Wunsch  wurde  erfüllt,  aber  nur 
zum  Theil ,  da  nicht  auch  der  milde  Herr  das  Leben  einbü'sste. 
Was  dieser  ihm  nun  irgend  bewilligen  mochte ,  es  konnte  ihn 
nicht  mit  der  Welt  und  mit  sich  selbst  versöhnen.  Seit  dem 
Abfall  von  der  Aristocratie  war  seine  innere  Ruhe  zerstört;  ") 
er  bereute  nichts,  aber  er  beklagte  sein  Loos;  er  musste  bis  zur 
Entscheidung  das  Aergste  fürchten,  einen  martervollen  Tod  durch 
die  Hand  der  Pompejer  oder  durch  denDictator,  wenn  dieser  die 
Rache  nur  verschoben  hatte;  wenn  keine  Proscriptionen  folgten, 
so  erfuhr  er  die  schmerzliche  Demülhigung,    dass  er  dem  Feinde 


48)    2.   Th.   523.    A.   32.  49)    ^'enn  dn   nicht  an  die  Cäsarianer 

dich    anschliessesf,    und    dich   nm   ihre   Gunst    be^Tirbst.     ad   Fam.    15,   17. 
SO)    Uas.   15,   16  fin,  51)    Ein  Spott  über  die  Verfügung  des  Diclalor, 

dass    die    Römer,    welche    nach    Pomiicjus    Gesetz'    über  Amtserschleichung 
veriirtheiJt    waren,    zurückkehren  sollten.     Oben  }.  46.  A.  60.  52)    ail 

Faiu.  15,  19.  53)   Das.  I.  c.  54)   Das.  15,  15. 


XXJ.    lüLIf.        (31.  §.70.)        705 

verpflicLtet  war.     Cäsar  Latte  sich  nicht  verstellt,    es  zeigte  sicli 
I);ild;  -waniin  aber  erinnerte  man  sich  nun  nicht  an  Cassius  Tliaten 
im  Partherkriege,    an    die  Rettung  Syriens    und    des  ganzen  öst- 
lichen Reichs  ?     Warum    stand    er   an    dem   neuen  Hofe   in    den 
äiissersten  Reihen?     Warum  sorgte   man  nicht   früher   schon  fiir 
iliu?     M.  Brutus  und  Andere  waren  als  Statthalter  in  Provinzen 
t; (schickt,    Caleuns,    Vatinins,    Trebonius,    Fabius   nnd    Caninius 
Gallus  waren  Consnin  geworden,   und  er  nicht.     Warum  erhielt 
3M.  Brutus,  ein  Ponipejaner  wie  er,  ein  jüngerer  Mann,  nnd  ohne 
Kriegsruhm,    die  städtische  Prätur,  und  er  die  niedere?     fliochte 
C'iisar,  welchem  solche  Härte  fremd  war,  nicht  die  Worte  sprechen : 
Cassius   hat  das  Näherrecht,   aber  Brutus    soll  ihm  vorgehen,  '*) 
so   sagte  doch  die  Sache  dasselbe.     Warum  endlich  wurde  Brutus 
fiir   eins    der  folgenden  Jahre  das  Consulat  zugesichert,    und  ihm 
nicht?  *^)     Er  fühlte  sich  vielfach  und  tief  gekränkt,    und  seine 
Feindschaft    gegen    den   längst    beneideten    Nebenbuhler  ^^)   war 
nicht  eine  Blaske,  unter  welcher  er  seine  Entwürfe  verbarg.  ") 
Oft   wird   das  Nächste   übersehen;    Plutarch  erklärt  es  für  einen 
Irrthum ,   wenn   man   eine  Hauptursach   der  Verschwörung  darin 
findet,  dass  Calenus,  Cäsars  Legat,  bei  der  Eroberung  von  Me- 
gara   im  J.  48   die  Löwen  des  Cassius  nahm,   welche  dieser  als 
Aedil   bei   den    Spieleu   gebrauchen    wollte;  ^*)    man   muss    aber 
noch  weiter  gehen ;  nicht  der  sogenannte  Befreier,  sondern  dessen 
Bruder  Lucius  forderte  die  Löwen;    warum   sie   ihm  verweigert 
wurden,  ist  nicht  bekannt.  ^®)     Es  ist  dagegen  sehr  wahr,   dass 
M.  Brutus,  nachdem  er  einmal  gestimmt  war,  die  Herrschaft  nnd 
Cassius   den   Herrscher    hasste,  ^°)    nnd    dass    also   der   Letztere 
nicht,  wie  ihn  Appian  in  einer  erdichteten  Rede  vor  den  Schlach- 
ten bei  Philippi  sagen  lässt,  ^')    zur  Rettung  der  Republik,  son- 
dern   zur    Befriedigung    der    Rachgier ,    des    Ehrgeizes    und    der 
Habsucht  den  Dolch  ergriff;   Cäsar  ahndete,  W'as  in  dem  Slanne 
mit   dem   hagern,    von  Leidenschaften  abgezehrten  Körper,    dem 
bleichen    Gesichte,    und    dem   linstern,    verschlossenen   Character 


54)   Plut.  Brnt.  7.   Caes.  62.   App.  2,  498.  55)  Veliej.  2,56.  §.3. 

Oben     §.    67.    A.    79.  56)    Pint.   Brat.    7.    10.  57)    App.    1.   c, 

58)   Brut.  8.  9.  59)  Caes.  B.  C.  3,  55.  2.  Tb.  162.  A.  46.  60)  PInl. 

Brut.  8.  61)   4,  641. 

Dtumann,   ücschiclit«  Itom?  Hl.  45 


706  XXI.    lULII.        (31.  §,70.)  ] 

vorgieng,  "")  er  fürchtete  iLn  aber  nicht,  -weil  er  ihm  allein  zu 
stehen  schien. 

Q.  Ligarins, ''^)  vielleicht  der  älteste  unter  drei  Brücleni, 
unter  welchen  Titns  als  Quastor  Cäsar  beg-iinstigle ,  oder  doch 
nicht  anfeindete.^'')  Er  wurde  Legat  des  Proconsnls  C.  Con- 
sidius  in  Africa,  "')  welcher  ihm  ini  J.  50  bei  seinem  Abgänge 
die  Provinz  einstweilen  übergab.  Der  Nachfolger  L.  Aelius 
Tubero  konnte  wegen  Krankheit  oder  ans  einem  andern  Grunde 
nicht  sogleich  eintreffen,  und  P.  Attius  Varus  kam  ihm  zuvor,  da 
indess  der  Dürgerkrieg-  begann,  und  die  Cäsarianer  auch  diesen 
Anhänger  des  Pompejus  aus  Italien  vertrieben.  **)  Mit  ihm 
verband  sich  Ligarius;  Tubero  und  dessen  Sohn  Ouintus  wurden 
von  ihm  bei  Utica  zurückgewiesen  und  nach  der  Niederlage  des 
Pompejus,  welchen  sie  nun  aufsuchten,  von  Cäsar  begnadigt.^'') 
Bis  dahin  hatte  der  Leg'at  nur  zwischen  Blännern  derselben 
Partei  gewählt;  er  focht  dann  aber  im  J.  49  unter  Varus  und 
Juba  gegen  C.  Curio,  Cäsars  Feldherrn,  '^ ")  und  drei  Jahre  später 
gegen  diesen  selbst. ''')  In  Adruraetum  wurde  er  gefangen,'") 
und  zwar  nicht  getödtet,  wie  P.  Ligarius,  welcher  schon  einmal 
im  ersten  spanischen  Kriege  entlassen  war,  ' ')  aber  doch  ver- 
bannt, weil  er  auch  nach  dem  Tode  des  Pompejus  sich  nicht 
unterworfen  hatte. '^)  Der  Dictator  blieb  unerbittlich,  wie  selir 
auch  seine  Brüder  und  sein  Oheim  T.  Brocchus'^)  mit  den 
übrigen  Blutsfreuuden  sich  für  ihn  verwenden  mochten ,  und 
Cicero,  welcher  ihr  Gesuch  unterstützte,  und  am  23.  September 
46  sich  mit  ihnen  in  Cäsars  Wohnung  Gehör  verschaffte,  konnte 
ihm  nur  melden,  dass  er  eine  gute  Aufnahme  gefunden,  eine  be- 
stimmte   Zusicherung    aber    nicht    erhalten    habe.  ")      Und    nun 


62)  Plnt.  1.  c.  n.  Caps.  62.   Anton.  11 ,   wo   die  Worte   des   Dictator 
höchst  ungeschickt  auch  anf  BrnJiis  bezogen  werden.  63)    App.  2,  499. 

64)    Cic.  p.  Ligar.   12.     ad  Att.   13,  44  lin.  65)    Proconsnl  lici  Cic.  p. 

Lig.  1  •,  auch  andere  Stauhalter  erhielten  dea  Titel,  ohne  Consuln  gewesen 
zn   sein.  66)    Oben    §.    44,    A.    29    f.  67;    p.    Ligar.    1.    3.  8.  9. 

Caos.   B.   C.    1,  31.  68)     Oben    §.    44.  69)     Oben    §.   57  —  59. 

70)    §.   59.   A.   38.  71)    Das.  A.  2,  72)   p.  Ligar.  4.  5.    ad  Faui. 

6,  13:  (Caesar)  Africauae  cans.ie  iralior,  diulius  velle  videliir  eos  liaberc 
sollicilos ,  a  qnibus  sc  pntat  diuturnioribus  csso  inolestüs  confliciatiiiu. 
73)   p.  Ligar.  4.  II.  74)    ad  Fam.  6,  13,  14. 


XXI.    lüLIT.         (31.  §.70.)         707 

wnrde  Lfgarins  wegen  geiner  Feldzüge  in  Africa  von  Q.  Tabero 
öffentlich  und  formlicli  belangt;  ")  man  kannte  diesen  als  einen 
streitsüchtigen  Hleiischen  '*)  und  als  persönlichen  Feind  des  Be- 
klagten, welcher  ihn  nnd  seinen  Vater  beleidigt  hatte;  bei  seiner 
eigenen  Verschuldung  drang  sich  aber  die  Ueberzeug'ung  anf, 
dass  er  zn  dem  Unternehmen  ermnthigf,  wohl  gar  veranlasst 
sei,  nur  folgte  nicht,  was  man  ohne  Zweifel  darin  suchte,  dass 
eine  gerichtliche  Vemrtheilung  den  lästigen  Fürbitten  ein  Ziel 
setzen,  und  das  Schicksal  des  Ligarins  nn-widerruflich  entscheiden 
sollte.  Vor  dem  Tode  des  Pompejus  machte  Cäsar  den  Wider- 
stand niemandem  zum  Verbrechen,  da  die  Treue  gegen  das  Partei- 
haupt und  die  Möglichkeit  des  Sieges  seine  Feinde  zu  recht- 
fertigen schien;  der  Krieg  sollte  aber  den  Anführer  nicht  über- 
leben,") und  der  Gefangene  ruhen.  Ligarius  wai-  nicht  wort- 
brüchig geworden,  und  deshalb  nicht  getödtet;  er  halte  aber  erst 
nach  der  Schlacht  bei  Thapsus  nnd  gezwungen  die  Wetffen 
niedergelegt,  und  dadurch  bewiesen,  dass  er  nicht  für  Pompejus, 
sondern  gegen  Cäsar  kämpfte;  jetzt  büsste  er  für  diese  Feind- 
schaft, hartnäckig  weigerte  sich  nun  auch  der  Dictator,  ihm  zn 
verzeihen,  eine  Vergeltung,  durch  welche  er  zugleich  Andere  zu 
schrecken  hoffte ,  da  man  in  Spanien  von  neuem  gegen  ihn  rü- 
stete. Eine  öffentliche  Anklage  war  das  geeignetste  Mittel;  sie 
machte  Aufsehn,  und  brachte  die  Schuld  und  das  Schicksal  des 
Ligarins  zur  allgemeinen  Renntniss;  wenn  diess  erreicht  war, 
so  sollte  sie  nun  auch  in  eben  dem  Maasse  die  Milde  des  Herr- 
schers verkündigen  und  Cicero  ein  Siegesfest  bereiten.  Cäsar 
hatte  Ligarius  verbannt,  nach  seinem  Blute  gelüstete  ihn  nicht; 
in  so  fern  bedurfte  es  keiner  Klage;  wenn  aber  Tubero  auf  dem 
Markte,  in  Gegenwart  des  Volks  nnd  mit  der  Eibitteriing  eines 
Privalfeiudes  auf  Verurtheilung  angetragen,'^)  und  Cicero  wie 
bereits  in  einem  kleinern  Kreise  seine  Beredtsamkeit  aufgeboten 
hatte,  so  sollte  dann  die  zum  voraus  beschlossene  Begnadigung 
erfolgen.")     Cäsar   war  nicht   so  schwach,   dass  die  Kunst  des 


75)    Cic.  p.  Ligar.   Quintil.  10,  1.  §.  23.    11,  1.  §.  78  n  80    cd.  Spalil. 
76)    ad  Att.    13,  20.  77)    S.  hier  §.  39,  A.   95  f.  78)    p  Li-ar.  5: 

Res   eo  S]ieclat,   nt  ea  ))Oena,  in  qua  adkuc  (f.  Ligaiins  sit,  iion  videamiiii 
esso    coutenti.     ^nao    est  igitur  alia ,    praeler  moMcm  ?  79)    Plut.  C'ic. 

39  sogt  freilich  das  Gcgentfaell. 

45* 


708  XXI.    lULlI.        (31.  §.70.) 

Sachwalters  etwas  übci-  ihn  TermocLte,  in  diesem  Falle  sollte 
mau  es  ober  glauben,  tbimit  der  SacLwaller  auch  als  Staatsmann 
iLätig-er  wurde,  und  diircli  eine  lebhafte  Theiliiahine  an  den  Ver- 
haudluugeu  in  der  Curie  sich  mit  der  jetzigen  Ordnung  der  Ding-e 
einverstanden  zeigte.  Der  Werth  der  betreifenden  Rede  wird 
dadurch  nicht  vermindert;  nur  Cicero  konnte  unter  so  i>einlichen 
Verhältnissen  die  Würde  nnd  Freiniülhigkeit  des  Kepublicaners  i 
mit  der  Feinheit  und  Zurückhaltung  des  Hofmanns  vereinigen.  ' ") 
Sein  Client  war  in  Africa  gewesen,  er  läugnete  es  nicht,  er 
nannte  es  aber  einen  leidigen  Zufall,  da  er  vor  dem  Kriege  in 
die  Provinz  gieng,  und  dort  Ton  ihm  überrascht  wurde.  Wenn 
er  sich  dann  in  den  Kampf  mischte,  so  geschah  es  nicht  aus 
Hass  gegen  Cäsar,  sondern  aus  Liebe  znr  Republik,  für  welche 
beide  Parteien  sich  erhoben,  obgleich  sie  zum  Theil  in  ihren  Ab- 
sichten nnd  Bestrebungen  irrten ;  anfangs  also  gab  es  nur  eine 
Spaltung,  keinen  Krieg,  nur  ein  Missverständuiss  zwischen  Mit- 
bürgern ohne  feindliche  Gesinnungen,  und  man  konnte  fragen, 
auf  welcher  Seite  die  gute  Sache  sei,  wenn  man  sie  auch  später 
da  suchen  musste,  wo  die  Götter  halfen.  Daher  war  Ligarius 
unglücklich,  nnd  nicht,  wie  Tubero  sagte,  ein  Verbrecher;  er 
hatte  Ansprüche  auf  Cäsars  Mitleiden,  und  soUte  dieser  ihn  ver- 
dammen, da  er  selbst  dem  Vater  des  Anklägers  verzieh,  welcher 
den  Feinden  so  beharrlich  auhieng,  dass  er  von  Pompejanern 
zurückgewiesen  zu  Pompejus  gieng?  Stets  bot  Cäsar  die  Hand 
zum  Frieden;  der  Krieg  war  nur  Wothwehr  für  ihn,  und  unter 
seinen  Tugenden  das  Mitleiden  die  erste;  seinem  Älilleiden,  seiner 
Menschenfreundlichkeit  und  Gnade  durfte  man  auch  jetzt  ver- 
trauen, er  konnte  nicht  sich  selbst  untreu  werden,  um  die  Rachgier 
eines  Andern  zu  befriedigen.  Ligarius  wurde  freigesprochen,  " ' ) 
nnd  Cicero  in  mehr  als  einer  Hinsicht  bewundert  und  gepriesen ; 
Cäsar  hatte  Rom,  er  hatte  Cäsar  überwunden;  die  schlechte  Rede 
des  Gegners   diente   der  seinigen  zur  Folie;  ")    er  machte  diese 


80)  nd  Farn.  6,  14  bezieht  sich  nicht  auf  iliese  Rede;  oben  A.  74; 
sie  wnrde  nach  dem  23.  Sept.  46  gehallen ,  ehe  Cäsar  nach  Spanien  nb- 
gicng,  «nd  nicht  in  dessen  Wohnung,  sondern  anf  dem  IVIarklc,  p.  Lig.  3. 
6.  11.   12,  -Nvo  ci'  sich  einfand.  81)   rint.  Brut.   II.    Cic.  59.   Pompon. 

de  or.  iur.  O.  I,  lit.  2.  lex  2:    (J.  Ligaiium  accusnvil   (Tnhevo),    nee  oh- 
tinuil  »piid  C.  Caesnrem,  82)   Foinpon.  I.  c. 


XXI.    ILLII         (31.J.  70.)         701) 

im  folgendeu  JuLre  bekannt,  und  balJ  las  sie  iedermann ;  ' ^ ) 
Balbiis  lind  Oppins  fanden  sicL  sogar  veranlasst,  dem  Dictator  in 
Spanien  eine  AbscLrift  zu  schicken.**)  Aber  Ligarins  bewahrte 
iu  seiner  Brnst  nur  das  Andenken  an  seine  Verbannnng;  **) 
desLaib  wurde  er  nach  dem  Gesetze  des  Pedins  von  neuem  an- 
geklagt;^^) Sclaven  verrielhen  zwei  Brüder  dieses  Namens  wäh- 
rend der  Proscriptionen  im  J.  43 ;  der  Eine  starb  sogleich ,  der 
Andre  erlag  den  Streichen  der  Soldaten,  als  er  sich  durch  die 
Tiber  zu  reden  versuchte;*^'')  den  dritten  verbarg  seine  Gattinn, 
aber  auch  dieser  wurde  auf  die  Anzeige  einer  Scla^nn  er- 
mordet. * ")  Appian  bemerkt  nicht,  welcLer  unter  ihnen  der 
Verschworiie  war. 

Pontius  Aqiiila.  *  **)  Appian  zählt  ihn  zu  den  Pompeja- 
nem.  ^')  Seine  Feindschaft  gegen  Cäsar  zeigte  sich  schon  im 
J.  45,  in  AvelcLem  er  V.Tribun  war,  und  nicht  aufstand,  als 
jener  bei  dem  spanischen  Triumphe  an  den  Tribunen  vorüber- 
zog. 5  ")  IMan  konnte  dies  eine  Unachtsamkeit  oder  Unschicklich- 
keit nennen;  am  wenigsten  durfte  der  Beleidigte  einen  andern 
Sinn  hineinlegen,  im  Zorne  von  dem  ^Yagen  herab  die  Worte 
sprechen :  so  fordre  denn  die  Republik  von  mir  zurück ,  und 
mehrere  Tage  bei  der  Genehmigung  eines  Gesuchs  durch  den 
Zusatz:  wenn  Pcutins  Aquila  es  erlaubt,  seinen  Verdruss  zu 
erkennen  geben.  ^')  Einer  solchen  Unbesonnenheit,  einer  so 
schnöden  Verhöhnung  der  Römer  war  er  nicht  fähig;  die  be- 
denklichen Reden  sind  ihm  von  einem  Feinde,  etwa  von  Tanusins 


83)   ad  Att.  13,  12.  20.  44  da.  84)   Das.  13,   19.  85)   Plnt. 

Brut.  1.  c.  86)    1.  Th.  338.  86i)  App.  4,  601.  602.  87)  Ders. 

4,  602.  88)    Da  er  erst  im  J.  43   Tribim  wurde,   so  kauu  es  nicht  der 

L.  Poolios  sein,  dessen  Cicero  schon  im  J.  63  und  später  im  J.  SO  er- 
wähnt, ad  Att.  1 ,  1  (10).  f.  3.  7,  2.  §.  2 ;  ans  der  letzten  Stelle  ergiebt 
sich,  dass  dieser  Lucius  derselbe  war,  welcher  nach  ad  Att.  5,  2.  3  u.  4 
ein  Gut  hei  Trehula  iu  Campamen  besass;  Mongault  Terwechselt  ihn  mit 
dem  Tribun  (zu  ad  Att.  5,  2 )  und  mit  ?omplinns,  Ciceros  Legaten  in 
Cilicien  (zu  ad  Att  1,  10)  von  welchem  ad  Att.  fl,  4.  §.  2  n.  6,  3  die 
Rede  ist.  Der  Tribuu  ist  ferner  von  Ponlias,  dem  Triukgenossen  und 
Freunde  des  M.  Antonins  (1.  Th.  513.  A.  72)  und  >on  <J.  Aqnila,  Cäsars 
Legalen  in  Africa  a.  46  (B.  Afric.  62)  zu  unterscheiden,  welches  Mannt, 
«u  Cic.  nd  Fam.  10,  33  nicht  beachtet  hat,  89)   2,  499.  90)  Oben 

i.  64.  A.  67.  91)   Sueton.  78. 


710  XXI.    lULll.        (31.5.70.) 

Geminus  angedicbtet,  "')  oder  man  borte  sie  doch  nicht  bei  dem 
Triumphe,    nicht    öffentlich   von    ihm.     Freilich   würden  sie  nicht 
mehr   befremden,   wenu   er   den  Tribun   sogar  mit  dem  Verlugte 
seines    Vermögens    bestrafte.      Cicero    äussert    nach    dem    Morde 
Beinen  Unwillen  darüber,   dass  Servilia,  die  Mutter  des  BI.  Brutus, 
ein  Gut  des  Pontius,   eines  Mitverschworenen,   bei  Neapolis  be- 
gass,  ^^)  und  man  weiss,  dass  jene  im  Bürgerkriege  durch  w^ohl- 
feilen    Kauf   sich    bereicherte;**)    sie    wird    aber   nur   getadelt, 
weil    sie   nach    der   genauen   Verbindung   ihres   Sohnes  mit   dem 
ehemaligen  Besitzer    das  Grundstück   nicht   zurückgab ,    über   die 
Zeit  und  Art  des  Erwerbes  findet  sich  nichts;  auch  kein  andrer 
Schriftsteller    berichtet,    dass    Pontius    Jetzt    sein    Eigenthum    ein- 
gebüsst    habe,    selbst    Sveton    nicht,    welchem   nichts    näher   lag. 
Einziehung    des    Vermögens    ohne    Anklage ,    wenigstens    in    der 
Curie,  ^')  ohne  Absetzung,  ohne  Verbannung,  ohne  Ausstossnng 
aus  dem  Senat,    —    Pontius   war  nnd  blieb  in  Rom  nnd  in  dem 
Senat  —  eine  so  harte  StKife  ferner,  für  welche  man  doch  keinen 
andern  Grund  angeben  durfte,  als  dass  er  sich   nicht  Ton  seinem 
Sitze   erhoben  habe,    ist  etwas  unglaubliches;    auch  war  der  Be- 
raubte   im   mutinensischen  Kriege  noch  sehr  reich,  *'')     Doch  ist 
damit,  dass  man  das  Irrige  einer  Meinung  nachweis't,  auch  nicht 
sofort   etwas  Anderes   an   ihre  Stelle  gesetzt;    es  fehlt  an  Nach- 
richten;  man    kann   nur   vermuthen,    dass    in  den  ersten  Jahren 
des    Bürgerkriegs    die   Güter   des  Pontius    verkauft    wurden,    und 
Servilia  ein  campanisches   erstand,  dass  er  dann  aber  nach  seiner 
Begnadigung    die    übrigen   zurückerhielt,    nur   dieses   nicht,    weil 
Servilia   sich    einer    besondern  Gunst   bei    dem  Diclator  erfreute ; 
eine  Entschädigung  mochte  ihm  nicht  versag-t  werden,  sie  genügte 
ihm   aber  nicht ,    oder   er  verlangte  seine  Villa ;    daher   dann  sein 
Eifer    fü'r   die    Republik    am    Tage    des   Triumphs    und    am    fünf- 
zehnten März.     Blit  seinem  Hasse  und  seinem  Gelde  war  er  den 
Verschworenen   willkommen.  * ')     Er    entfloh    nach    der  That    zn 
D.  Brutus  nach  dem  cisalpinischen  Gallien,  warb  auf  seine  Kosten 
Trni)pen  für  ihn,  und  zeigte  als  dessen  Legat  in  den  Gefechten, 


92)    Sr.eton  9.   Seuec.  ep.  93  fin.  93)  ad  All.  14,  21.  94)  Suel. 

50.   Macrob.  Sat.  2,  2.  95)   Oben  §.  68.  A.  31.  96)   Union  A.  98. 

97)   ail  All.  I    0,    nio  46,  38.  40.   App.  2,.  499, 


XXI.    lULU.         (31.  §.71.)         711 

in  welclieu  er  T.  Miiiiaüus  Planciis  besiegte,  TiicLlli;keit  und 
I\lulL.  '■"')  Dann  ober  fiel  er  im  3.  43  in  der  StLlacLt  bei 
Mutina;  der  .Senat  liess  ihm,  „dem  besten  der  Bürger"  ^^)  eine 
.S(a(ne  errichten ,  nnd  die  von  ihm  gemachten  Vorschüsse  den 
lirben  ersetzen.  "'°) 

Kubrius  Kiiga.  ') 

Sextins  Waso.  -)  Nach  Cäsars  Tode  entfloh  er  zimächsl, 
wie  es  scheint,  auf  sein  Gut  bei  Cosa  in  Etrurleu.  ')  Dann 
wollte  er  Cicero,  ehe  dieser  sich  einschi/fte,  in  Tusculuui  und  in 
Puteoli  aufsuchen,  und  erhielt  einen  „mit  warmer  Freundschuft" 
i;eschriebeuen  Brief  von  ihm.  ")  Sein  Entschhiss,  Ilulien  mit 
Biicilianus  und  anderen  Verschworenen  zu  verlassen,  wurde  nicht 
ausgeführt,  ')  da  er  ohne  Zweifel  derselbe  ist,  von  welchem 
Appian  erziililt,  er  habe  während  der  Proscri|)lionen  im  J.  43 
einem  der  Soldaten ,  w  eiche  mit  seinem  Freigelassenen  zu  ihm 
kamen,  das  Schwerdt  entrissen,  den  Verrälher  gelödtet,  und  dann 
ohne  Gegenwehr  sich  ergeben.  ^) 

Spurius.  ') 

§   71. 

(a.  44.)      Verschworene,    deren    frühere   Verhält- 
nisse   zu  den    Parteien    unbekannt   sind. 
Cassins    Parmensis.      Seine    Geschichte    beginnt    mit    seinem 
Verbrechen,    man    weiss    daher  nicht,    was  ihn  gegen   Cäsar  er- 

98)    1.  Th.  290.  291.  99)  Cic.  11  Phil.  6.  100)  ad  F.iiii.  10,  33. 

11,  13.    Dio  46,  40.  1)   App.  2,  499  (c.   113).     Die  Lesarl  Riiga  ist 

ungewiss;  "nenn  sich  indess  ia  einer  IlaiuJsclirift  Spuren  von  ihr  finden,  so 
darf  man  allerdings  annehmen,  dass  die  Abschreiber  den  weniger  bekannten 
Zunamen  in  Rex  verwandelt  haben;  auch  kommt  jener  bei  anderen  Ge- 
schlechtern vor,  z.  B.  bei  den  Caryiliern;  Gell.  4,  3.  17,  21.  §.  14.  Diess 
allein  spricht  aber  für  Glaiidoip.  Onom.  Casaub.  zu  Sueton.  Caes  80  u.  A., 
•welche,  ohne  Gründe  anzuführen,  den  Verschworenen  Raga  nennen,  denn 
kein  Scliriftsteller  ausser  Appian,  keine  Münze  oder  Inschrift  bestätigt,  so 
viel  ich  weiss,  Schweigh,  Behauptung,  (zn  App.  1.  c.  )  Ruga  sei  ein  Zu- 
name der  Rnbrier  gewesen.  2)  App.  1.  c.  3)  Cic.  ad  Att.  15,  27. 
4)  Ders.  1  c.  S)  ad  Att.  IG,  4.  vgl.  iS,  17.  6)  4,604.  7)  App. 
2,  499.  Diess  ist  ein  Vorname  in  mehreren  Geschlechtern;  bi'i  Appian 
befremdet  es  nicht,  dass  er  keinen  andern  hinzufügt;  durch  die  Schuld  der 
Abschreiber  lie^'t  man  aber  ßlarcus  Spurins,  und  weder  C'asauhon.  zu  Suel. 
Caes.  80  noch  Schweigh.  haben  Austoss  daran  genommen. 


712  XXI.    lULII.        (3i.§.7J.) 

bitterfe.  ")  Er  verband  sicL  später  mit  den  beiden  Befreiern, 
welche  bei  Philippi  fielen,  oLne  jedoch  an  den  Schlachten  Theil 
zu  nehmen,  weil  er  in  Asien  beschäftigt  war,  nnd  diente  dann 
nnter  Sex.  Pompejus  in  Sicilien.  Zuletzt  schloss  er  sich  an 
M.  Antonius  an,  nach  dessen  Niederlage  bei  Actinm  er  im  J.  31 
auf  Octavians  Befehl  in  Athen  getödtet  wurde,  ä) 

Q.  Antistius  Labeo.  Der  Mitschuldige  des  Cassius,  von 
Plutarch  '")  und  Appian  '  ')  Labeo  genannt,  war  der  Vater  des 
berühmten  Rechtsgelehrten  dieses  Namens,  '^)  folglich  ein  An- 
tistius ,  lind  der  Vorname  des  Sohns  lässt ,  wenn  auch  nicht  un- 
bedingt, auf  den  seinigen  schliessen.  '  *)  Er  starb  als  Legat  des 
M.  Brutus  bei  Philippi,  nach  Appian,  welcher  am  genauesten 
erzählt,  auf  seinen  Befehl  von  einem  Freigelassenen  getödtet,  als 
Brutus  nicht  mehr  lebte ,  nach  Plutarch  in  der  Schlacht  nnd  tod 
Brutus  betrauert.  ' ') 

Petronins  verbarg  sich  nach  der  Niederlage  der  Befreier  bei 
Philippi  im  Artemisium  in  Ephesus,  wo  M.  Antonius  im  J.  41 
ihn  fand;  er  wurde  hingerichtet.  '  *) 

P.  Tnrulüas.  ''^)  Als  Ouästor  des  Tillius  Cimber  führte  er 
die  Flotte,  welche  dieser  a.  44  in  Bithynien  zur  Unterstützung 
des  C.  Cassius  gegen  Dolabella  rüstete,  nach  der  Südküste  von 
Asien,  wo  er  sich  im  folgenden  Jahre  mit  einem  andern  Cassius 
und  mit  Pafiscus  vereinigte.  ' ')  Nach  der  Schlacht  bei  Philippi 
zogen  Cassius  Parmensis,  Clodius  und  Turullius  die  Seemacht  der 
Befreier  im  Osten  zusammen,  und  schilTten,  durch  Flüchtlinge 
verstärkt,  nach  dem  ionischen  Meere.  Ein  Theil  blieb  hier  bei 
dem    Parteigenossen    Cn.    Domitius    Ahenobarbus ,    die    Uebrigen 


8)  Weichen  de  L.  Varä  el  Cassii  Parm.  vira  et  caiiu.  Griiuae  1836. 
p.  265  u.  272  Termmhet,  dass  er  iiaeh  der  Schlaelit  bei  Pliarsalas  von  dem 
Sieger  liegnadigt,  und  durch  Alter  und  Ehrenstellen  schon  zu  einem  ge- 
wissen Ansehn  gelangt  sei ,  als  er  in  die  Verbindung  der  Mörder  auf- 
genommen wnrde;  das  Letzte  kann  man  nicht  bezweifeln,  and  es  beweis't 
nichts  dagegen,  dass  er  nicht  unter  den  Blagistralen  erwähnt  wird. 
9)  2.  Th.  161.    S.  unten  J,.  72.  A.  28.  10)  Brut.  12.51.  11)  4,  669 

12)    App.    1.    c.  13)    Cell.    20,    1.    §.  13.  14)   1.  Th.  57.  A.  33. 

2.  Tb.  149.  A.  8.  15)    App.  5,  673.    1.  Th.  389.  A.  48.  16)  Dio 

51,    8,   welcher   ihn  Senator  nennt,  17)    Cic.  ad  Faui.  12,  13.     Obe» 

{,  69.  A.  98. 


XXI.    lULn.         (31.5.71.)        713 

£fien»en  zu  Sex.  Pompeius  nacL  SicUieu.  ")  Turullius  wird  bis 
zu  seiner  Verbindung'  mit  Antonius  nirLt  mehr  namentlich  er- 
wähnt; es  ist  daher  ungewiss,  ob  er  sich  im  J.  40  mit  Domitius 
fiir  ihn  erklärte,  '^)  oder  ob  er  für  Pompejns  focht,  mit  diesem 
im  J.  36  nach  Asien  entfloh,  und  hier  im  nächsten  sich  au  deo 
Trinmvir  anschloss.  ^  ")  Er  wurde  dessen  Leg'at  und  baute  Schiffe 
fiir  ihn,  auch  mit  Bennlznug  eines  heiligen  Ilains  des  Aescnlap 
auf  der  Insel  Cos.  ^ ' )  .Seine  Laufbahn  endigte  sich  mit  der 
.Schlacht  bei  Actiuni,  nach  welcher  er  in  Alexandrien  einen 
Zufluchtsort  suchte.  Als  Octavian  im  J.  30  durch  Syrien  heran- 
zog, unterhandelte  Antonius,  mehr  um  Cleopatra  als  um  sich  selbst 
zu  retten,  und  überlieferte  nach  einer  zweiten  fruchtlosen  Ge- 
sandlschaft Turullius  dem  Eächer  Cäsars ,  welcher  ihn  in  dem 
entweihten   Haine  auf  Cos  tö'dlen  liess.  ^-) 

Mehrere  werden  mit  Unrecht  unter  den  Ver- 
schworenen geuanuf. 
Anfangs  erschienen  Kichlswiirdige  oder  Unbesonnene  in 
ihrer  Älitte ,  um  als  Befreier  belohnt  und  geehrt  zu  werden ,  ob- 
gleich sie  ihnen  nicht  angehörten;  Octavian,  und  nach  seiner 
Versöhnung  mit  ihm  auch  Antonius,  nahmen  sie,  wie  sie  sich 
gaben,  und  sie  wurden  zum  Theil  verfolgt.  ^')  Ihr  wahrer  oder 
erkünstelter  Eifer,  und  die  Vernriheilung  vieler,  in  dieser  Hin- 
sicht unschuldiger  Feinde  der  Triumvirn  durch  das  Gesetz  des 
Pedius  -  *)  und  während  der  Proscriptionen  vermehrte  die  Un- 
gewissheit  über  den  Umfang  der  Verbindung,  welchen  in  der 
ersten  Zeit  selbst  Cicero  nicht  kannte.  Doch  kommen  die  falschen 
Angaben  in  dem  Vei^zeichnisse  der  Verschworenen  grösstentheils 
auf  Rechnung  der  Neueren.     Folgende  Namen  sind  zu  til^-en : 


18)   App.  2,  671.    2.  Th.  163.  A.  26.    Domit.  Alien.  No.  10.  A.  26. 
19)    1.  Th.  419.   A.  42.  20)    Diess  Termulhet  AVeichert  p.  259  iu  dem 

A.    8   angef.   Werke.     S.   1.   Th.   459.   A.   75.    461.  A.  87.  21)   Dio 

61 ,  8.  Val.  BI.  1 ,  1.  (.  19.  Lactant.  2 ,  7.  Ein  D.  Tnr(uUins)  wird  auf 
einer  Münze  neben  M.  Antonius  Cos.  III  (a.  31.  1.  Th.  472.  A.  45) 
genannt;  Eckh.6,  48;  vrenn  aber  die  Richtigkeit  der  Ergänzung  auch  kaniu 
bezweifelt  werden  kann,  so  ist  daiuit  doch  Havercamps  Annahme  nicht  er- 
wiesen ,  dass  dieser  Decimns  ein  Urnder  des  l'ublius  war.  22)  Uio, 
Val.  M.,  Lactant.  U.  cc.  I.  Th.  4SI.  A.  90.  23)  1.  Th.  82.  A.  99  f. 
2.  TL.  544.  A.  61.           24)    1.  Th.  338.  340.  A.  34.  35.   Favou.  A.  76. 


714'  XXI.    lULII.         (31.  §.71.) 

Atilius.  So  Liess  ein  }unger  Römer,  welcher  iui  J.  43 
,  wegen  seines  Vermögens  geäclitet  und  gelödlet  wurde,  uls  er  so 
eben  die  luünnlicLe  Toga  erhalten  Latte.  ^*) 

Li.  Cassius  Longinus,  der  Bruder  des  Befreiers.  ^^) 

L.  Cornelius  Cinna.     Prätor  a.  44.  ^') 

Cn.  Domitius  ALenobarbus,  Cos.   32.  ^  ^) 

Sextus  Pompejus,  der  SoLn  des  Triuravir.  Er  war  zur  Zeit 
des  Mordes  in  Spanien,  gleicLwoLl  worde  er  nach  dem  Gesetze 
des  Pedius  geächtet.  ^ ') 

Popillius  Laenas.  Nur  Ein  Römer  dieses  Namens,  ein  Se- 
nator, wird  in  der  Geschichte  der  Verschwörung  erwähnt,  und 
von  den  Genossen  des  Brutus  und  Cassius  ausdriickJich  unter- 
schieden. ^  °) 

Nach  dem  Bruche  zwischen  Antonius  nnd  Cicero  wurde 
dieser  von  seinem  Gegner  beschuldigt,  dass  er  durch  seine  Ein-, 
flüsferungen  den  Mord  veranlasst  habe;  ^ ')  er  längnete  es,  und 
mit  Recht ,  so  fern  es  sich  um  eine  Mitwirkung  oder  auch  nur 
um  ein  Mitwissen  Landelt.  Der  Schein  war  gegen  ihn.  Sogleich 
nach  dem  Tode  Cäsars  begab  er  sich  zu  den  Verschworenen  auf 
das  Capitol;  er  empfahl  zu  ihren  Gunsten  im  Senat  und  auf  dem 
Blarkte  eine  Amnestie,^-)  und  pries  ihre  Verdienste  in  einem 
solchen  Uebermaasse ,  dass  man  glauben  muss ,  das  menschliche 
Gefühl  und  selbst  der  Sinn  für  das  Schickliche  sei  in  ihm  er- 
storben; ja,  er  beklagte  es,  nicht  zu  dem  Mahle  geladen  zu  sein, 
weil  es  dann  reichlicher  gewesen,  auch  Antonius  erschlagen  sein 
würde.  ^*)  Diese  Begeisterung  war  zum  Theil  erkünstelt;  er 
wollte  die  Verschworenen  dadurch  bewegen,  das  Versäumte  nach- 

25)  App.  4,  607.  In  der  Stelle  2,  499  lies't  Schweigh.  für  Atilins 
nnd  Cimber  mit  nm  so  mehr  Recht  TiUins  Cimter,  da  in  den  unmittelbar 
folgenden  Worten  die  Abschreiher  ebenfalls  nnd  entschieden  dnrdi  die 
Kinschaltnng  eines  „und"  eine  Person  in  zwei  Terwandelt  haben,  und 
TiUins  leicht  in  das  bekannlere  Atilius  übergehen  konnte.  Oben  5-  69. 
A.    95.  26)     2.    Th.     152.     A.   48  f.  27)     2.    Th.   591.   A.   88. 

28)    Domit.  Ahen.  No.  14.  A.  47  f.  29)    1.  Th.  340.  A.  34.     S.  Pom- 

peü.  30)    rint.  Brnt.   15.   16.    App.  2,  500.  501.     Sein  Vorname  findet 

sich  in  diesen  Stellen  nicht;  Casanb.  zu  Suet.  Caes.  80  nennt  ihn  willkühr- 
lich   Sextns.  31)    2   l'Iiil.    11.     ad    Farn.    12,  3.    1.  Th.    198.    A.  64, 

32)    1.  Th.  82.  A.  100.   94.  A.  85.   97.  A.  7.  33)    od  Farn.  10,  28. 

12,  i.   2  rbil.  14.    1.  Th.  79.  A.  83.    172.  A.  44.  200.  A.  78. 


XXI.     lULII.         (31.  §.71.)         715 

ziiholen;  indess  kannten  sog'ar  die  Veteranen  seine  Dank-  und 
riendenbezeugungen ,  daJier  der  Verdacht ,  dass  er  insgeheim  ge- 
nährt und  gepflegt  Labe,  was  selbst  auszuführen  die  Furchtsam- 
keit ihn  hinderte.  Die  Leser  seiner  Briefe  erinnert  jenes  Beifalls- 
,' eschrei  bei  dem  Morde  überdiess  an  seine  vielfachen  Bemiihnngen 
in  der  letzten  Zeit,  den  Älu'nnern  niiher  za  treten,  welche  die 
lianpter  der  Verschwörung'  wurden.  Schon  länger  war  er  der 
Freund  des  C.  Cassius  in  dem  Sinns,  worin  diess  Wort  voa 
(^■'n  Grossen  in  Rom  und  überall  gebraucht  werden  kann;  er 
iil)te  ihn  im  J.  46  im  Reden,  und  wechselte  dann  Briefe  mit 
ihm,  ohne  sich  dadurch  irren  zu  lassen,  dass  er  ohnerachtet  seiner 
Läufigen  Mahnungen  selten  Antwort  bekam.  ^'')  Unverkennbar 
■".vollte  er  mit  dem  Missverguiigten,  dem  ehemaligen  Pompejaner, 
ein  innigeres  VerLältniss  anknüpfen,  ihn  ausforschen  und  im 
Eifer  für  die  gute  Sache  bestärken;  nur  uöthigte  ihn  die  Zurück- 
lialtung  des  Cassius,  und  dessen  Aeusserung  über  den  „milden 
Herrscher"  zur  Vorsicht.*')  Ernstlicher  bewarb  er  sich  um 
das  Vertrauen  des  M.  Brutus,  obgleich  bis  zum  J.  45  manche 
Reibung  sie  von  einander  entfernt  hatte;  er  drang-  sich  ihm  auf, 
wobei  in  Beziehung  auf  ihn  in  den  Briefen  an  Adicus  der  Ty- 
rannen-Feinde L.  Brutus  und  Ahala  gedacht  wurde.*'')  Li- 
garius  tröstete  er  im  Exil,  während  er  zugleich  Alles  aufbot, 
seine  Herstellung  zu  bewirken ,  welches  nach  der  Wieder- 
vereinigung' zu  vertraulichen  Mitlheilungen  führen  musste.  *') 
Auch  Trebonius,  * ')  Sextius  Naso  *^)  und  andere  Verschworene 
standen  in  einer  nähern  Verbindung  mit  ihm.  In  der  Zeit  von 
ihrer  Flucht  aus  Rom  bis  zu  dem  Abg'ang-e  der  angesehensten  in 
die  Pro-rinzen ,  wo  sie  Kräfte  g'ewannen ,  waren  sie  ihm  gleich- 
gültig, weil  sie  nicht  den  Muth  und  die  Macht  zeigten,  Antonius, 
dem  neuen  Cäsar,  zu  widerriehen,  und  folglich  das  Verbrechen 
nicht  die  gehofften  Früchte  ti'ug',  er  wich  ihnen  sog'ar  aus,  *°) 
und  auch  diess  beweis't,  dass  früher  im  Allgemeinen  nicht  persön- 
liche AuLänglichkeit,  sondern  die  Absicht,  irgend  etwas  durch 
sie  zu  erreichen,  ihn  an  sie  fesselte.     Kach  dem  AUen  wünschte 


34)   ad  Fam.  15, 16.  17.  18.  35)   Oben  §.  70.  A  43  f.  36)  §.  63. 

A.  20  t    A.  38.     Vg!.    Cic.    Brut.   14.  97.  37)    Oben  5.  70.  A.  63  f. 

38)    aj  Fam.  15,20.  39)  ad  A«,  lÖ,  27.   Hier  J,  70  Ou.  40)  1.  Tb. 

137.  Ä.  26  f.   140.  A.  54  f. 


716  XXI.    lULII.        (31.  §.71.) 

er  den  Mord,'")  aber  er  beförderte  ilin  nicLf,  obgleich  er  (■?. 
versuchte,  weil  die  Verschworenen  bis  auf  M.  Brutus  etwas  g'anz 
anderes  begehrten,  als  er,  weil  sie  aus  Griiudeu  handelten,  welche 
seine  Klagen  und  Winke  überflüssig  machten,  weil  er  ferner 
aus  Älangel  an  hinlänglichem  Vertrauen  nicht  wagte,  sich  offen 
gegen  sie  auszusprechen ,  und  sie  bei  seinem  Aller  und  seiner 
Feigheit  ihm  nicht  Gelegenheit  gaben,  einen  unmittelbaren  Ein- 
fluss  auszuüben. 

Auch  die  Uebrigen,  deren  Theilnahrae  an  der  Verbindung 
nicht  bezweifelt  werden  kann,  trugen  nicht  gleiche  Schuld.  Als 
Urheber  bezeichnen  die  Alten  die  beiden  Brutns,  C.  Cassius  und 
C  Trebonius;  *^)  nach  ihren  eigenen  Nachrichten  ist  damit  zu 
viel  gesagt.  Trebonius  ist  freilich  der  Erste,  welcher  auftritt. 
Er  reis'te  mit  IM.  Antonius  und  vielen  Anderen  im  August 
(Sextil)  45  nach  Gallien,  um  Cäsar  nach  dem  spanischen  Kriege 
zu  empfangen.'^)  Antonius  war  verstimmt,  wie  er  wussfe, 
weil  er  für  die  Güter  dt^  Pompejiis,  welche  er  gekauft  hatte, 
zahlen  sollte,*'')  auch  kannte  er  seine  Leidenschaftlichkeit  und 
seinen  IMuth ,  daher  wagte  er  es  in  Narbo ,  wo  sie  längere  Zeit 
verweilten,  sich  über  die  Verhältnisse  seines  Gefährten  zu  äussern, 
über  den  Undank  des  Dictator,  welchem  er  so  treu  gedient  habe, 
und  nach  dieser  Einleitung  auch  über  den  unglücklichen  Znstand 
des  Reichs,  jedoch  so  zweideutig,  dass  er  nur  das  Verhängniss 
anzuklagen  schien,  und  es  dem  Andern  überUess,  dem  Gespräche 
die  gewünschte  Richtung  zu  geben.  Dieser  wollte  aber  den 
Erlass  der  Kaufsumme  ertrotzen,  nicht  morden;  die  Anspielungen 
auf  Freiheit  und  Republik  fanden  keinen  Anklang;  er  konnte 
aber  auch  nichts  verrathen,  weil  sein  Begleiter  zurückhielt,  und 
durch  diese  Reise  und  bald  nachher  uurch  die  Bereitwilligkeit, 
mit  welcher  er  das  Consulat  übernahm ,  dem  Dictator  huldigte. 
Einzelnes  tadelten  Alle.  Gleichwohl  mochte  es  in  Trebonius 
Besorgnisse  erregen,  dass  Antonius  nach  der  Ankunft  Cäsars  in 
dessen  Wagen  aufgenommen  wurde  und  den  Ehrenplatz  bekam, 
denn    er    halte    doch   seine    Unzufriedenheit    an    den    Tag    gelegt. 


41)    Vgl.  1.  Th.  172.  A.  40.  42)   I.W.  116.    Vellej.  2,  56.  §.  3. 

Snelou.  80.   Dio  44,  2.  14.    App.  2,  497.    Flor.  4,  2.   {.  93.    (A.  Vict.)  <le 
»ir.  iU.   78.  83.  43)   1.  Tu.  74.    Hier  J.  C4.  A.  fiO.  44)    1.  TU. 

74.  A.  53.    75.  A.  5b. 


XXI.    lULlI.        (31.  §.71.)        717 

\^  i.lche  zugleich  in  dieser  AnszcicLnuiig'  des  Jüngern  Mannes  nenc 
i\:t/irung  fand.  ") 

Cassius  war  damals  in  Bnmdiisiiini,  *  ^)  und  da  er  iiberdiess 
-II  einer  andern  Peirtei  gehört  hatte,  als  TreLoniiis,  so  ist  es  nicht 
^\ ahrscheinlich,  dass  sie  jelzt  schon  nach  Verabredung  handelten; 
aber  ihre  Gedanken  begcguefen  sich  bald,  und  durch  Cassius 
liaten  diese  zuerst  in  das  Leben,  der  Bund  der  Älörder  war  sein 
AA'erk. '")  Er  mochte  sich  nicht  mit  M.  Brutus  befassen,  weil 
tr  mit  ihm  zerfallen  war,  ")  und  nicLt  wussfe,  wie  weit  man  dem 
Giiiisdinge  Casars  vertrauen  konnte,  vielleicht  auch,  weil  er  fiirch- 
klc,  dass  der  Blann  ihn  verdunkeln  und  die  Ehre  allein  davon 
(ragen  werde.  Aber  Mehrere,  welchen  er  sich  entdeckte,  ver- 
sji rächen  ihren  Beislaud  nur  nnter  der  Bedingung,  dass  sein  College 
siih  ihnen  zugeselle;")  auch  das  Verbrechen  bedarf  einen  guten 
Schein;  der  Römer  mit  dem  gefeierten  Namen,  ein  zweiter  Cato, 
wie  man  allgemein  glaubte,  welcher  das  Vornrtheil  für  sich  hatte, 
(1  ISS  er  wolle,  was  die  Anderen  zu  wollen  vorgaben,  sollte  es 
Lciligen,  sein  inniges  Verhiiltniss  zu  dem  Dicfafor  das  Volk  über- 
zeugen, dass  dieser  sein  Schicksal  verschuldet  habe.  So  niusste 
Cassius  sich  entschliessen,  zunächst  die  Gesinnungen  seines  Neben- 
buhlers zu  erforschen,  und  wenn  er  sich  nicht  znm  Tyrannen - 
Mörder  berufen  fühlte,  ihn  zu  stimmen.  Ein  versteck(es  und 
wohl  berechnetes  Spiel  begann.  Man  las  an  der  Statue  des 
iiltern  Brutus  auf  dem  Capitol:  möchtest  du  noch  leben!  ^°)  und 
die  umstehenden  Bilder  der  römischen  Könige  und  des  Dictalor 
deuteten  den  Wunsch,  ")  doch  fügte  man  an  dem  letzten  zum 
Ueberflusse  hinzu:  Brutus  wurde  der  erste  Consul,  weil  er  die 
Könige,    Cäsar   wurde  zuletzt  König,    weil   er  die  Cousulu  ver- 


45)  Plut.  Anton.  11.  13.  Cicero  2  Phil.  14.  Tgl.  32  versichert,  An- 
tonins  sei  in  N.irbo  gewonnen ,  nnil  weil  er  wenigstens  geschwiegen  habe, 
bei  dem  Morde  Terschont;  Beides  ist  erdichtet.  Mcht  die  Dankbarkeit, 
sondern  die  Feigheit  der  Verschworenen  nnd  der  bestimrot  ansgesprochene 
Wille  des  Brutns  rettete  ihm  das  Leben.    S.  »inten  §.  72.  A.  81.  46)  §.  70. 

A.  43.  47)   riut.  Bnif.  9.  10.     comp.  Dien.  c.  ßrnt.   1  wird  diess  ent- 

schieden behauptet,  wUlirend  der  Käme  des  Brutns  Andere  so  sehr  geblendet 
hat,  dass  sie  über  den  Verführten  Cassius  ans  den  Angen- verloren,  zumal 
d.i  die  Zauberkraft  jeui-s  Namens  sich  .-lUerdings  snhr  wirksam  zeigte, 
48)   Oben  f.  70.  A.  54.  49)    Vlut.  Brut.  9.  iO)    Ders.  I.  c,     App. 

2,  498.    Dio  44,  12.    .Suet.  80.  51)   Oben  }.  64.  A.  10. 


718  XXI.    lULU.        (31.5.71.) 

trieb.  "^)  Aber  der  Prüf or  ntnclete  Beine  Bestimtnting'  nocL  imnier 
nicLt ;  man  miisste  es  iLm  naher  legen,  dass  das  Heil  des  Reichs 
von  ihm  abhängte,  und  strente  daher  Zettel  aaf  sein  Tribunal, 
welche  ihm  sagten,  er  sei  kein  Bratus,  er  schlafe.  ^^)  Geister- 
hjift  schien  es  ihn  zu  umschleichen;  mit  Hülfe  der  Einbildangs- 
kraft  und  der  Eitelkeit  belehrte  man  ihn  über  seine  Pflicht;  auch 
nnterdrückte  Seufzer,  halblaute  Klagen  in  seiner  Nähe  verriethen 
die  Sehnsucht  nach  einem  Brutus,  er  aber  blieb  stumm.  Es  hatte 
ihn  nicht  verletzt,  dass  Cäsar  die  höchste  Gewalt  an  sich  riss, 
und  ein  Gerücht  ihn  als  den  Buhler  seiner  Blutter  und  Schwester 
bezeichnete ;  nichts  war  von  seiner  Seite  geschehen,  dass  Servilia 
die  Geschenke  zurückwies,  an  welche  sich  ein  schimpflicher  Ver- 
dacht knüpfte,  und  zum  Theil  der  Finch  der  ehemaligen  Besitzer, 
geiner  Parteigenossen,^'*)  er  selbst  hatte  keine  Gunstbezeugung 
abgelehnt,  und  noch  kürzlich  Cäsar  bei  dessen  Rückkehr  aus 
Spanien  seine  Treue  und  Ergebenheit  bewiesen;  *  ^)  ja,  als  Cas- 
sius  ihm  nun  die  Hand  zur  Versöhnung  bot,  und  den  Vorschlag 
erwähnte,  dem  Dictator  am  ersten  März  den  Rönigstitel  zu  geben, 
fühlte  er  sich  nicht  dadurch  empört,  er  wollte  nur  nicht  in  der 
Curie  erscheinen;  jener  musste  ihm  ferner  eröffnen,  dass  ihm 
keine  Wahl  bleiben,  dass  man  seine  Gegenwart  und  Zustimmung 
erzwingen  werde :  dann  erst  fieng  er  an ,  zu  begreifen  und  sich 
zu  finden,  der  Entschluss,  für  die  Freiheit  zu  kämpfen  und  zu 
Sterben,  entstand  jetzt  erst  in  seiner  Seele,  mit  dem  Blute  des  Herr- 
schers gedachte  man  den  neuen  Freundschafts -Bund  zu  besiegeln. '  ^) 
Der  Anfang  des  J.  44  ist  demnach  als  der  Zeitpnnct  zu 
betrachten,  wo  die  Verbindung  Festigkeit  gewann;  Cassins  fand 
bei  Gleichgesinnten  leichter  Gehör,  seit  Brutus  einverstanden  war, 
und  dieser  warb  auch  selbst.  Bei  seinem  Freunde  Q.  Ligarius 
führte  die  Klage,  dass  dieser  zur  Unzeit  erkrankt  sei,  zu  Mit- 
theilungen, welche  den  gewünschten  Erfolg  hatten.  * ')  L.  Sta- 
tilius    dagegen,   der  Augur,  ^*)    und   M.  Favonius   wurden    auf- 


52)    Saeton.  1.  c.  53)   liier  A.  50  a.  PInt.  Caes.  62.  Zonar.  10,  II. 

54)     Suet.    50.     Macrob.    Sal.   2,    2.     Oben    §.  70.  A.  93  f.    *       55)    Oben 
§.  63.  A.  37.    §.  64.  A.  49.  56)    Dio  44,  14  hal  die  niigereimte  Nacb- 

rich«,    Cassins  sei  vielmehr  durch  Brutus  gewonnen.     Plut.  Brut.  10.    App. 
2,  498.   Vgl.  Horat.  Sorm   1,  7.  v.  33  t.  57)  Flut.  Brut.  11.  58)  Vgl. 

Cic.  ad  Att.  12,  13.  14.    Plnl.  Brut.  12.  51.    Cato  m.  73. 


XXI.    lULII.        (31.  §.71.)        719 

g-eg'eben,  weil  cler  Eine  in  einer  Unterredung  mit  ihm  als  Epi- 
ciireer  erklärte:  dem  Weisen  gezieme  es  nicht,  für  scUeclite  und 
unverständige  Menschen  sich  in  Gefahr  zu  stürzen,  und  der 
Andre:  ein  grösseres  Uebel  als  Tyrannen -Herrschaft  sei  der 
Bürgerkrieg;  Antistius  Labeo  war  nicht  dieser  Äleinung;  mit 
ihm  nahm  der  Befreier  daher  besondre  Rücksprache,  und  er  er- 
hielt sein  Wort.  '  °)  ludess  dacliten  die  Häupter  wie  Statilius ; 
die  Fechter- Bande  des  Decimus  Brutus,  welcher  im  Begriff  war, 
.Spiele  zu  geben,  sollte  sie  beschiilzen,  und  er  selbst  als  Cäsa- 
rianer  und  als  Vertrauter  des  Dicfator  in  anderen  Beziehungen 
als  Älarcus  mit  seinem  Ansehn  bei  dem  Volke  sie  vertreten ;  er 
Hess  anfangs  wenig  hoffen ;  doch  bestimmten  ihn  die  Anträge 
des  Cassius  und  Labeo,  sich  an  Marcus  zu  wenden,  dessen  Ver- 
sicherung, er  sei  im  Geheimniss,  sofort  auch  über  ihn  entschied.  ^°) 
.So  verstärkte  sich  der  Bund  in  kurzem  bis  zu  der  angegebenen 
Zahl. 

Ans  der  Geschiclite  seiner  Mitglieder  und  ihrer  Vereinigung 
geht  heiTor,  ob  ihr  Wahlspruch:  Freiheit  und  Vaterland,  auch 
nur  für  M.  Bmtus,  welchem  er  in  Beziehung  auf  Cäsar  von 
aussen  aufgedrungen  wurde ,  ^Vahrheit  enthielt.  Verstellung, 
Undank,  Feigheit  und  Unverstand  überboten  sich  in  ihnen.  Sie 
vergassen  nicht  ihre  persönlichen  Verpflichtungen,  weil  etwa  die 
Mitbürger  durch  den  Dictafor  litten,  oder  ihre  besonderen  In- 
teressen über  die  allgemeinen,  sondern  sie  wollten  bis  auf  jenen 
Brutus,  welcher  in  seiner  Verblendung  ohne  Urtheil  ibren  Spuren 
folgte,  nur  sich  selbst.  Daher  war  es  auch  nicht  ihre  Absicht, 
sich  aufzuopfern ;  der  Anblick  einer  Leibwache  hätte  sie  von 
ihrer  erkünstelten  Begeisterung  geheilt,  und  auch  so  wagte  es 
kein  Einzelner,  den  Unbewehrten  anzugreifen,*')  in  Masse,  die 
Gladiatoren  im  Hinterhalte ,  drangen  sie  auf  ihn  ein ,  und  mit 
gleicher  Vorsicht  mieden  sie  jede  Gefahr  auch  nach  der  That. 
Nicht  minder  strafbar  zeigt  sich  die  Empörung  doch  in  einer 
niäunlicliern  Gestalt;  sie  ruft  die  öffentliche  Bleiuung  für  sich 
auf,  und  tritt  dem  Feinde  kühn  entgegen,  um  Kraft  mit  Kraft 
zu  messen. 

Beachteten   aber  die  Verschworeneu  wenigstens   die  Folgen 


59)    Flui.  ßnit.  12.  60)    Dcrs.  I.  c.  61)    Di«  44,  15. 


720  XXI.    lULII.        (31.  §.71.) 

des  Meuclielmordcs ?  Hielten  sie  das  Rtider  in  Bereitschaft,  das 
ScliifF  zu  leuken,  wenn  iler  Führer  fiel?  Die  Sliitze,  den  er- 
schütterten Staat  vor  dem  Umsturz  zu  bewahren.  Man  liess  Cäsar 
sagen :  als  Mittel  zur  Herrschaft  sei  das  Unrecht  erlaubt ;  ^ ')  die 
Republik  sei  nichts,  ein  leeres  Schattenbild,  Gesetz,  was  Er  ge- 
biete; ^^)  Sulla  habe  sich  als  ein  Anfänger  im  Dieliren  gezeigt, 
als  er  die  Dictafur  niederlegte;  ^*)  seine  Erhaltung  sei  für  den 
Staat  wichtiger,  als  für  ihn  selbst,  wenn  ihn  ein  Unglück  treffe, 
so  werde  der  Dürgerkrieg  äi'ger  als  je  sich  erneuern.  ^ ')  So 
dachte  er ,  wenn  man  auch  nicht  verbürgen  kann ,  dass  er  es 
äusserte,  und  er  irrte  nicht,  so  fern  er  damit  die  Nothwendigkeit 
einer  Monarchie  behauptete  ;  das  Bedürfniss  Roms  entsprach  sei- 
neu Wünschen.  Sclion  in  besseren  Zeiten  hatte  man  die  Allein- 
herrschaft nicht  gänzlich  entbehren  können,  die  Dictatur  als  Mittel, 
die  Staats -Maschine  im  Gange  zu  erhalten,  wenn  sie  stockte, 
obo-leich  sie  von  den  Patriciern  auch  oft  gemissbrancht  wurde. 
Unter  Sulla  folgte  eine  immerwährende.  Dann  strebte  Pompejus 
nnter  diesem  Namen  nach  der  höchsten  Gewalt;  um  auszuweichen, 
übertrug  man  ihm  allein  das  Consulat,  ein  so  unerhörtes  Verfah- 
ren, dass  der  Unbefangene  begriff,  es  handle  sich  nur  noch  um 
den  Titel  des  Gebieters.  Die  Parteien  begriffen  es  nicht;  sie 
erhoben  sich  nochmals  gegen  einander,  und  eudigten  damit,  dass 
beide  Cäsar  huldigten.  Jetzt  musste  man  fragen,  ob  ein  Anderes 
TOÖo-lich  und  -wünschenswerlh  sei ;  ob  es  einer  neuen  Schreckens- 
zeit bedürfe,  um  zu  erkennen,  was  Rom  zum  Frieden  diene,  *'^) 
und  ob  man  Cäsar  entfernen  könne ,  ohne  das  Reich  zu  zer- 
rütten. * ')  P.  IVigidius  las  in  den  Sternen ,  dass  der  künftige 
Herrscher   schon  geboren   sei;^^)    die   Verschworenen   belehrten 


62)   Cic.  de  olT.  3,  21  nach  Enrip.  Phoeniss.  537.    Sueton.  30.    Comp. 
Nie.   cnm   Crass.   4.     Vgl.  Cic.   ad  Alt.  7,   11.    §.  1.  63)   Soelon.  77. 

64)  Ders.  1.  c.  Vgl.  Cic.  ad  Fara.  7,  23.  Horat.  Ep.  1,  18  v.  13.  2.  Th. 
496.  A.  90.  65)    Sueton.  86.  66)    Tacit.  A.  1,   9 :    Kon  aliud  dis- 

cordantis  patriae  remedinin  fiiisse,  quam  nt  ab  «ao  regeretiu-.  Vgl.  Flor. 
4     3.  {.  6.  67)    Scnec.  de  dem.  1,4:   Ita  se  indnit  reip.  Caesar,  ut 

didnci    altenim   non   possit    sine   ntrinsque  pernicie.  68)    Sueton.  Octav. 

94.  Dio  45,  1.  Senec.  de  benef.  2,  20:  Qnanto  rero  illnm  (M.  Bruluin)  aut 
vernm  natnrao,  nut  uibis  snae  texiul  oblivio,  qui,  nno  iulereraplo,  defntnrnm 
crcdidit  nlium,  qni  idcni  vellet ;  cnm  Tarqninius  esset  iuventus  post  tot  regos 
ferro    ac   fulminibus   occisos  ?     Oros.  6,    17:   Victor  civilis   belU   a  civibns 


XXI.     lüLlL         (31.  §.72.)         721 

\veder  die  Sterne ,  nocL  die  GescticLle ;  die  Zukunft  beriilirte  sie 
nicht,  mit  dem  Dolchstosse,  glaubten  sie,  sei  Alles  g-etLan.  Der 
(  iiind  lag  nicht  bloss  in  ihrer  geistigen  Beschränktheit,  welche 
sie  hoffen  Hess,  es  ■«'erde  sich  von  selbst  weder  einrichten,  -was 
sie  aus  den  Angeln  hoben,  sondern  noch  weit  mehr  in  ihrer 
Gleichgültigkeit  gegen  den  Staat;  Cäsar  sollte  sterben,  mochte 
%veiden,  was  wollte  ;  er  starb,  und  sie  starrten  in  die  Leere,  das 
llad  des  Schicksals,  in  welches  sie  verwegen  eingegriffen  hc-tten, 
rollte  fort,  und  zermalmte  auch  sie. 

§    72. 

(a.  44.)  Das  Verbrechen  erwartete  nur  noch  die  Gelegen- 
heit. Diese  durfte  aber  nicht  zögern,  da  unter  so  rielen  sich  ein 
Verräther  finden ,  oder  Cäsar ,  ohne  es  zu  ahnden ,  durch  den 
Aufbruch  nach  dem  Osten  den  Plan  vereiteln  konnte ;  denn  iu 
der  zweiten  Hälfte  des  Märzes  wollte  er  zu  dem  Heere  abgehen, 
die  Parther  anzngreifen.  * ')  Alan  verhandelte  daher  über  Ort 
und  Zeit,  ob  es  raihsamer  sei,  ihn  in  den  Centuriaf  -  Coniitien  auf 
dem  Marsfelde  vor  den  Augen  des  Volks  zu  erwürgen,  '")  oder 
auf  dem  Wege  in  der  heiligen  Strasse,  wo  er  wohnte,  ")  oder 
am  Eingange  des  Theaters:'^)  da  wurde  der  Senat  auf  den 
fünfzehnten  Murz'*)    in    die  Carle    des   Pompejus  berufen,    oder 


Caesar  occiilitur.  —  Nosira  Roma,  Caesare  occiso,  qiianta  de  cineribns  eins 
agmina  armala  pai-luriit !  69)   App.  2,  499.    Die  44,   15.    Plut.  Caes.  64. 

Flor.  4,  2.  §.  94.    Oben  §.  66  fin.  70)   Sueton.  80:   Utrumne  iUnm  in 

campo  —  partibns  divisis  e  ponte  deiicerent,  atqne  exceptnm  tmcidarenl.  Aucli 
Wolf  und  B  -Cl'n!^ins  haben  diese  Stelle  aufgegeben,  jener  jedoch  mit  der 
Bemerkung,  dass  der  Vorsitzende  vielleicht  während  der  Abstimmung  sich 
nicht  auf  dem  Tribnnal  befand.  Wie  vreuig  Sveton  in  seineu  geschicht- 
lichen IVIittheilnngeu  immer  Glaaben  verdient,  so  konnten  ihm  doch  die 
ülTenilichen  Einrichtungen  Roms  nicht  nnbekannt  sein.  Seit  der  Einfüh- 
rung der  Slimmtafeln  v\'ar  eine  Beaufsichtigung  der  I>iribitoren  ■\^'ünschens- 
Tverth ;  -nie  schon  daraus  erhellt,  dass  ein  Volks  - Beschlnss  für  um  so 
ehrenvoller  galt ,  je  mehr  sie  sich  des  allgemeinen  Vertrauens  erfreuten ; 
Cic.  p.  red  in  sen.  H.  in  Pison.  15.  vgl.  2.  Th.  65.  A.  59  es  liegt  daher 
nichts  Befremdliches  darin,  wenn  der  Dictator  diese  Aufsicht  selbst  über- 
nahm, nnd  zn  dem  Ende  sich  auf  die  sogenannte  Brücke  begab,  welche  zn 
den    Schranken    führte.  71;    Oben    ^.    7.    A.    30.  72)     Suet.    1.  c. 

73)   Ders.  80.  81.    Veliej.  2,  56.  57.    Plnt,  Caes.  63.   Brut.  14.    App.  2,  522. 
Drumann ,   Geschichte  Roms  111.  ^(^ 


722  XXL    lULII.        (31.  §.72.) 

in  den  geweihten  Saal  im  Säuleiigdiig-e  seines  TLeafers  am  Mars- 
felde ,  '  *)  und  damit  enIscLieden.  Denn  in  der  Mitte  der  Sena- 
toren ,  >YelcLe  sich  mit  ihrem  Leben  für  das  «einige  verbürgt 
hatten,  und  ihm  zum  Theil  als  seine  Lagergenossen  ihre  Erhebung 
verdankten,^*)  fürchtete  der  Dictator  am  wenigsteu  ;  verdachlios 
konnten  die  Älörder  sich  ihm  nähern,  und  wenn  der  Senat  ihnen 
seinen  Beifall  bezeugte,  oder  auch  nur  schwieg,  wie  diess  von 
einer  wehrlosen  und  überraschten  Versammlung-  zu  hoffen  war, 
so  schien  die  That ,  durch  seine  Gegenwart  gerechtfertigt,  eine 
Vollziehung  seines  Beschlusses  zu  sein.  Auch  war  es  ein  günsti- 
ger Zufall,  dass  man  an  dem  Tage,  dem  Feste  der  Anna  Perenna, 
im  Theater  des  Pompejus  Spiele  gab,  "  *)  und  unter  diesem  Ver- 
wände die  Gladiatoren  des  D.  Brutus  sich  hier  einfinden  konn- 
ten. ")  Die  Verschworenen,  sagt  man,  hatten  noch  einen  beson- 
dern Grund ,  Cäsar  jetzt  zu  tödten ,  sie  mochten  nicht  für  sein 
Königthum  ausserhalb  Italiens  stimmen;  '^)  am  fünfzehnten  Blärz 
musste  man  sich  darüber  einigen,  '^)  weil  jener  in  wenigen  Ta- 
gen Rom  verlassen  wollte.  So  weit  wir  aber  die  IMitschuldigen 
des  3L  Brutus  kennen ,  war  er  der  Einzige ,  welcher  an  ein 
solches  Zugeständuiss  mit  Abschen  dachte ;  die  Uebrigen  sahen 
wohl  ein,  dass  es  sie  in  der  öffentlichen  Jleiuung  günstiger  stellte, 
wenn  sie  nicht  vor,  sondern  nach  dem  Verbrechen  handelten; 
doch  konnten  sie  es  nicht  durch  ihre  Zustimmung  genehmigen 
und  dann  bestrafen,  und  nur  in  so  fern  fühlten  sie  sich  gedrun- 
gen, ihm  zuvorzukommen. 

Als  der  Klügere  trug  Cassins  darauf  an,  auch  ^I,  Lepidus 
nnd  Antonius  zu  tödten.  Jener  stand  mit  den  Truppen,  welche 
er  in  seine  Provinzen  führen  wollte ,  vor  den  Thoren  von  Korn ; 
ohnerachtet  seiner  persönlichen  Unbedeutsamkeit  konnte  er  gefuhr- 

74)  Cic.  de  div.  2,  9.  Liv.  116.  Siiel.  1.  c.  u.  Oclav.  31.  Plnt.  Brut. 
14.  Caes.  66.  App.  2,  499.  500.  Dio  44,  16.  49.  52.  Obseq  127. 
75)    Cic.   1.  c.    Tot   centurionibus    snis   iospectaniibas.  76)    Ovid.  Fast. 

3,  523.  653.  Macrob.  Sat.  1,  12.  Marlial.  4,  64.  t.  16.  17.  Casaiib.  zu 
Säet.  80.  77)    Kichl  bloss    nnler    dem   .Scheine    der  Hebung,    viie  Dio 

44,  16.  sagt;  App.  2,  502  erzählt,  das  Volk  habe  sich  nach  dem  Morde 
voll  Schrecken  zerstreut ;  zu  den  scenischen  Spielen  wurden  die  Fechier 
freilich  nicht  Terwendel.  78j    Oben  {.  68  ßn.  79)    Plut.  Caes.  64. 

Dio  44,  15.  App.  2,  498.  Suet.  79.  Xach  einem  Gerüchte  sollte  die  Sache- 
schon am  1.  IVJmcz  zur  Sprache  kommen,     rinl.  Brut    10. 


XXI.    lüLII.        (3J.§.72.)        723 

licL  werden,  nnd  diess  bestätigte  sich  nur  211  seLr.  ^'')  Antonius 
kannte  man  als  den  kühnsten  unter  deo  Cäsarianeru,  man  wusste, 
class  er  dem  Herrscher  nicht  bloss  Trene  heuchelte,  und  überdies 
^^  nr  er  dessen  College  im  Consulat ;  die  ihm  zustehende  Gewalt 
lii'ss  das  Aeusserste  fürchten,  wenn  die  Bewaffneten  des  Lepidus 
ilin  unterstützten,  uud  so  g-eschah  es;  ^ ')  denn  M.  Brutus  er- 
klarte :  man  müsse  sich  auf  den  Tyrannen  beschränken  ;  der  Tod 
jedes  Andern  werde  den  Verdacht  erregen ,  als  erhebe  man  sich 
aus  Ehrgeiz  und  Privathass,  nicht  im  Dienste  der  Freiheit,  son- 
dern der  überwundenen  Partei ;  auch  dürfe  kein  Bürger  fallen, 
M  enn  es  nicht  die  IVotli  gebiete ,  und  Antonius  werde  nach  voll- 
brachter That  der  guten   Saclie  sich  nicht  versagen.  ^^) 

Durch  die  Einmischung  dieses  Brutus  erhält  das  UnterneLmen 
eine  eigenthiimliche  Farbe,  so  etwa  wie  das  Leben  des  Banditen 
in  Italien  durch  die  Anrufung  der  Heiligen  und  den  Rosenkranz ; 
sein  Aberwitz  kommt  jedoch  den  Genossen  nicht  zu  Statten,  am 


80)   1.  Th.  I4.  81)    1.  Th.  79   A.  83.  82)    Pluf.  Brut.  18.  20. 

Anton.  13.    App.   2,  499.  3,  547  fm.    Dio  44,   19     Tellej    2,   58.  §.  2.    Bei 

Plularch    11.  cc.    insbesondre    gehl    ans    dem  Znsammenhange    hervor,    ilass 

Marens  Brutus,   nicht  Decimns,  den  Vorschlag  vereitelte,   und   an  ihn,  das 

vermeintliche  Haupt   der  Verschviürnng,   dachten  anch  die  Uebrigen,  deshalb 

fügten  sie  den  Vornamen  als  überHüssig  nicht  hinzn.     Von  seinem  Character 

war  eine  solche  Verkehrtheit  oder  scheinbare  MenschenfreundÜchkeit,   von 

seinem  Einflüsse  ein  solcher  Erfolg  zu  erwarten  ;    oft  werden  Klügere  von 

Scbwachköpfen  geleitet.     Cicero  ruft  ans  im  Unwillen  über  Antonius  Macht 

nach  Cäsacs   Tode:    wer    unter    den  Brutus    hat  diess  verschuldet!    ad    Alt. 

15,  12.   er  wusste  sehr  vrohl,  dass  der  Cousul  auf  Marcus  Beirieb  verschont 

war,   und  dieser  „mehr  für  seine  Unsterblichkeit,  als  für  die  Ruhe  seiner 

Freunde  gesorgt  hatte;"    das.  15,  1.    dass  die  neuen  Gefahren,    in  welche 

man    sich    verwickelt   sah,    auf  seine  Kechnung  kamen;    das.   15,  20.    aber 

auch  Decimus    verdiente   Tadel,     weil     er    in    seinem    ci«"''iinischen  Gallieu 

die  Älpenvülker  bekriegte,  um  Beule  zu  machen  und  zu  Iriumphiren,   1.  Th. 

136.  A.   17  f.  stall  seine  ^yatfen  gegen  Antonius  zu  richten,  und  Kom  von 

dem   neuen    Tyrannen    zn    befreien;    diess   war   es,    was    Cassiu>    bei    der 

Zusaiumeukuiift    mit  Cicero    und  M.   Brulns    in  Äntium    zu  Klagen  über   ihn 

Teranlassle,  wie  INlanulius  ad  Alt.  15,   11.  richtig   erklärt  hat;     vgl.   1.   Th, 

135.  A.   16.     In  den  untergeschobenen  Briefen  Ciceros    an  RI.  Brutus    2  ,  7. 

sagt  der  Vf.    Tu  leiiius,    immortali  omnino  cum  tua   laude!    sed  quid  meliun 

fueril,  magno  dolore  sensimus,  magno  pericnlo  senlimus;  olTenbar  eine  Uin- 

Frhreibnng  der  AVorte  in  ad  Alt.  15,  1  ;  sein  Zeugniss  ist  eben  to  eutbehr- 

IJch  als  ohne  Gewicht, 

40« 


724  XXI.    RfLlI.        (3J.§.T2.) 

wenig'sfen  Ceissiiis  und  D.  nriitiis ,  welcLer  Je*  Späher  wurde 
iiiid  daiiu  «Lt.s  Opfer  herbeilockte.  Er  Avar  vor  Audereii  dazu 
geeignet,  weil  Cäsar  ihn  gern  in  seiner  Nähe  sah  und  ein  beson- 
deres Vertrauen  in  ihn  setzte.  So  begleitete  er  nun  auch  den 
Dirtator  am  letzten  Abend  vor  das  Thor  zu  einem  BLihle  bei 
M.  Lepidus.  Jener  hatte  schon  früher  bei  dem  Lesen  der  C'yro- 
pädie  den  \Vnnsch  geäussert ,  plötzlich  zu  sterben  ;  **  *)  als  jetzt 
die  Frage  aufgeworfen  Avurde,  welcher  Tod  der  iJeste  sei,  und 
er  nur  mit  der  Unterzeichuuug  von  Papieren  beschäftigt  zu  sein 
scliien,  entscliied  er  sogleich:  der  unerwartete,''*)  Er»  wusste 
nicht,  dass  sein  Mörder  mit  ihm  am  Tische  war;  die  Gefiilsr 
blieb  ihm  überhaupt  bis  dahin  unbekannt,  weil  keiner  unter  den 
Verschworenen  weder  absichtlich  noch  aus  Unbesonnenheit  da-< 
Geheimniss  verriet!»,  ^ ')  selbst  Tillius  Cimber  nicht,  obgleich  er 
sich  oft  berauschte;"')  nur  M.  Urutus  zeigte  auch  darin  seine 
Schwäche ,  dass  er  in  der  Nacht  von  dem  Fünfzehnten  seiner 
Gemalilinn  Porcia ,  der  Tochter  Catos ,  auf  dringendes  Bitten  sich 
entdeckte.  **')  ' 

Dennoch  fohlte  es  nicht  an  dunkeln  Gerüchten,  von  welcliea 
Cäsar  keine  Kunde  erlüelt,  weil  er  Angeber  und  Zuträger  mit 
harten  Worten  zurückzuweisen  pflegte ;  die  Gölter  selbst  also 
inussten  ilin  warnen,  w^enn  er  nicht  untergehen  sollte,  und  diess 
sowohl  als  der  Glaube,  dass  der  Tod  eines  grossen  Mannes  durch 
ausserordentliche  Erscheinungen  augekündigt  werde,  hat  die  Bienge 
der  Anzeichen  geschaffen,  deren  man  hier  gedenkt.  Die  Aucilieii 
ertönten  in  der  Nacht  vor  dem  Morde,  wie  vor  dem  cimbrischen 
Kriege,  stets  eine  Andeutung  furchtbarer  Ereignisse.*"^)  Die 
Thür  des  Schlafzimmers,  in  welchem  Cäsar  mit  seiner  Gemahlinii 
sich  befand,  öfl'nele  sich;  *')  hartnäckig  verschmähten  die  Pferde, 


83)    Sneton.   87.  84)    Ders.  1.  c.    Pliit.  Caes.   63.    App.  2,  500. 

«.".)    Vlul.  ISrul.  12.    comp.  Dien.  c.  Brnt.  4.    App.  2,  499.  86)    Senec. 

«p.  83.  87)    Um  itiiu  zu  beweisen,    dass    Me    eine   starke  Seele   linbe, 

nnd  er  ihr  vertrauen  könne,  verwundete  sie  sich  in  der  Hüfte;  Plut.  Brut, 
13.  Dio  44,  13.  14.  Polyaen.  stral.  8,  32.  Diess  ist  wahrscheinlicher,  als 
dass  es  später  geschah,  weil  sie  sich  etwa  überzeugen  wollte,  ob  sie  bei 
einem  unglücklichen  Ausgange  sich  selbst  würde  tödlen  können.  Val.  IM. 
3,  2.  §.  15.  88)    Dio  44,  17.     Vgl.  Liv.  37,  33.    epii.  08.    T.icil.  II. 

I  ,  89.    Sueton.  Olho  8.    Obseq.  104.  89)    l'lui.  Caes.   63.    Dio   I.   c. 

8u«l.  81.    Obse<i.    127. 


XXI.    ILLII.        (3i.§.  y2.)        725 

wi'lclie  jener  bei  dem  Uebergange  über  den  Hubicon  entlassen 
Iiatle,  die  Nahrung-,  8")  und  schon  früher  entdeckten  C'olonisten 
in  Capna,  in  dem  angeblichen  Grabmale  des  Capys,  des  Erbauers 
■  !(^r  Stadt,  eine  eherne  Tafel  mit  der  griechischen  Inschrift:  wenn 
man  die  Gebeine  des  Capys  findet ,  wird  der  Nachkonune  des 
Jiilus  unter  den  Streichen  seiner  Stamingenossen  fallen,  und  bald 
durch  das  Unglück  Italiens  gerächt  werden.  ^')  Es  ist  aber  nicht 
vu  verkennen,  dass  auch  Freunde  nnd  Anhänger  anf  diese  Art 
(Jäsar  aus  seiner  Sicherheit  aufzusclu'ecken  suchten,  weil  sie  ihm 
nicht  anders  beikommen  konnten,  denn  grossen  Seelen  ist  es  nicht 
gegeben,  ängstlich  nm  sich  zu  sehen,  ob  nicht  eine  Natter  im 
Wege  liegt,  nnd  Blanches,  welches  den  Alten  für  eine  Offen- 
barung gilt,  erklärt  sich  leicht  als  eine  natürliche  Folge  der  Um- 
stä'nde.  Spurinna ,  ein  geachteter  Opferbeschaner ,  (haruspex)  " ) 
bemerkte ,  dass  der  Diciator  in  Gefahr  sei ,  w  eil  man  in  einem 
Stiere  das  Herz  vennisste ;  er  warnte  besonders  vor  den  Idus 
(dem  Fnufzehnlen)  des  Märzes ;  am  andern  Tage  fehlte  in  dem 
Opferthiere  ein  Theil  der  Leber.  ^*)  Nodi  viel  weniger  kann 
es  befremden,  dass  Calpurnia  in  der  Nacht  vor  dem  gefürchteten 
Tage  beunruhigende  Träume  hatte;  sie  liebte  ihren  Gemahl;  sein 
Alles  beherrschender  Geist  und  die  erhabene  Stellung,  zu  welcher 


90)   Snet.  81,    Oben    §.  41.   A.  83.  91)    Snet.   1.  c.    Oben    §.  12. 

A.  S4.  Andere  Anzeichen  erwähnen  Suet.  n.  Flnt.  I.  c.  App.  2,  524. 
92)  Mi»  dem  Genülnamen  Vestricins,  wie  es  scheint;  Tacit.  H.  2,  11.  18. 
36.  dass  er  in  grossem  Ansehn  stand ,  beweis'!  selbst  der  Scherz  Ciceros 
ad  Farn.  9,    24.   §.  2.  93)    Nach  Einigen  sprach  Spnriuua  jene  'VVorle, 

als  Cäsar  sich  ziuu  ersten  Male  im  Purpnr  und  auf  dem  goldenen  Sessel 
reigte;  Cic.  de  dir.  1,  52.  2,  16.  Val.  Max  1.  6.  §.  13.  PUn.  11,  71  (37). 
■»gl.  oben  §.  64;  nach  Val  M.  8,  11.  §.  2.  ilieissig  Tage  vor  dem  Morde, 
«ad  anch  dann  hatte  man  vrobl  noch  kanm  Verdacht  geschöpft.  Sael.  81. 
Vellej.  2,  57.  Obseq.  127.  Dio  44,  18.  Plui.  Caes.  63.  App.  2,  501.  524. 
525.  Cicero  meint  11.  cc.  das  Herz,  ohne  welches  das  Thier  doch  nicht 
habe  leben  künuca  ,  müsse  in  dem  Angeublicke  des  Opferns  verschwnnden 
sein;  gewiss,  al)er  dnrch  TaschL-nspielerkiinst ,  milnnter  anch  auf  Anstiften 
des  Opfernden  selbst,  wenn  ein  Wink  der  Gölter  ein  Unlernefamen  ver- 
hindern sollte.  In  dem  letzten  spanischen  Kriege  war  Cäsar  Aehiiliches 
begegnet ;  er  erinnerte  daran ,  als  man  ihm  jetzt  Vorsicht  empf.ilil ;  der 
Harnspex  crwiederte :  die  Gefahr  war  damals  in  dor  Tha»  sehr  gross  ,  und 
jetzt  ist  sie  noch  grösser.  App.  2,  524.  S'iö.  Suel.  77.  Polyacu.  sirat. 
8,  23.  ;'.  33.    Hin.  II,  71  '37). 


726  XXI.     lULII.  (31.  §.72.) 

er  sicli  emporgeschwungen  Lalte,  zwangen  sie  zur  Bewnnderun|^, 
nnd  Hessen  sie  seine  Ausschweifungen  übersehen ,  zumal  da  sie 
auch  auf  dem  Gipfel  des  Ruhms  seine  Gefahrtinn  blieb,  obgleich 
sie  ihm  keinen  Erben  schenkte.  Einen  Thron  sollte  sie  nun  mit 
ihm  (bellen,  aber  an  den  Stufen  des  Throns  erblickte  sie  eine 
Mörderbande;  zu  ihr  waren  die  Gerüchte  hindurchgedrungen,  und 
sie  glaubte  ihnen,  und  konnte  sich  doch  keine  Gewissheit  ver- 
schaffen. Der  nächste  Tag  musste  entscheiden  ;  mit  diesem  Ge- 
danken entschlief  sie,  nnd  sogleich  umgaukeUeu  sie  grauenvolle 
Bilder ;  der  Giebel  ihres  Hauses ,  welcher  es  zu  einer  Götter- 
Wohnung  erhob,  ^*)  stürzte  ein,  ihr  Gemahl  sank  mit  Wunden 
bedeckt  in  ihre  Arme.  ^*)  Sie  zweifeile  nicht  länger,  dass  das 
Schrecklichste  bevorstehe,  und  ihre  Thränen,  ibre  flehentlichen 
Bilfen,  an  diesem  Tage  seine  Wohnung  nicht  zu  verlassen,  er- 
schütterten Cäsar,  weil  er  sie  als  eine  besonnene  und  männlich 
gesinnte  Frau  kannte,  Da  der  Haruspex  bei  dem  Opfer  am 
Blorgen,  welches  sie  beschwichtigen  sollte,  wobl  nicht  ohne  ihr 
Zulhun  nur  ungünstige  Anzeichen  fand,  wie  oft  mau  auch  die 
lieilige  Handlung  wiederholte ,  so  erhielt  endlich  Antonius  den 
Auftrag,  den  Senat  zu  entlassen.  ^^)  Jetzt  erschien  aber  D.  Brutus; 
bei  dem  Zögern  des  Dictator  in  tödtlicher  Angst  entsandten  ihn 
die  Blörder,  zu  kundschaften  und  das  Hinderniss  ihres  Vorhabens 
?u  beseitigen.  Cäsar  empfieng  ihn  als  Freund ;  er  theilte  ihm 
mit,  was  vorgegangen  war:  Calpurnia  sei  durch  einen  Traum 
und  durch  die  Aussagen  der  Seher  geschreckt,  und  beschwöre  ihn, 
sich  nicht  von  ihr  zu  trennen  ;  er  wolle  ihren  Wunsch  erfüllen, 
■f-umal  da  er  ohnehin  unpässlich  sei.  Und  der  Senat?  erwiederte 
Brutus ;  auf  deinen  Befehl  hat  er  sich  versammelt ;  schon  lange 
sieht  er  deiner  Ankunft  entgegen ,  um  dich  für  alle  Länder 
ausserhalb  Italiens  zum  Könige  zu  ernennen ;  soll  er  diess  ver- 
schieben ,  bis  ein  Weib  bessere  Träume  haben  wird  ?  Wie 
könnten  deine  Freunde  eine  solche  Willkiihr  entsohuldigeu  ?    Geh 


94)   Oben  §,  65,  9S)   Snet,  81,  Val.  M.  I,  7.  §.  3.   Vellej,  2,  57, 

Obseq.  137.  nio  44,  17.  l'Iiit.  Caes.  63.  Ajip.  2,  500.  Zonar.  10,  11, 
06,)  J*lut  1.  c.  Brut.  15.  App.  2,  500.  Flor  4,  2.  §.  94.  Der  Diclalor 
Oi>(<'rie  aller  spiiler  nicht  noch  einmal  vor  der  Curie,  wie  App.  2,  501.  n. 
Stiel,  8J.  erj;«hlen.  Auch  Oclavian  Hess  einst  ein  Thier  nach  dem  andern 
»ctilücblea,  ma  «iqe  nüuslige  Vorbedeutung;  zq  er];\vingen,    Suet.  OctaT.  96, 


XXI.    ILllJI.        (31.  §.72.)        727 

Weniysfens  selbst,  die  .Silaunsf  .lufzuLeben,  wenu  Caliuirnia  und 
«lie  Seher  sie  heute  nicht  ralhsam  finden.  Ein  bitteres  Lücbelu 
schürfte  den  Stachel  der  wohl  berechneten  Rede  5  am  heiss  er- 
sehnten Ziele  still  stehen  und  zum  Gespötte  werden  war  mehr, 
als  der  Verlockte  von  sich  erhalten  konnte ;  er  schwankte  und 
Brutus  zog  ihn  sanft  drang^end  mit  sich  fort,  DIess  g-eschah  gegen 
Mittag,  um  die  fünfte  römische  Stunde.  ^') 

BI.  Brutus  war  auf  der  andern  .Seile  nicht  der  Einzige, 
welchem  die  Nacht  ohr.e  Schlaf  yergieng ;  nicht  Cäsar  sondern 
seine  Feinde  empfanden  die  Qualen  der  Todesfurcht.^")  Am 
Morgen  des  Fünfzehnten  trafen  sie  in  der  Wohnung  des  Cassius 
zusammen,  dessen  .Sohn  C'ajus  gerade  an  diesem  Tage  die  männ- 
liche Toga  erhielt,  damit  der  Urheber  des  Bundes  die  Blitglieder 
verdaclitlos  vereinigen  und  auf  den  Markt  führen  konnte.  ^^')  IMJt 
scheinbarer  Ruhe  bestieg  er  nach  der  Feier  das  Tribunal ;  eben 
so  IM.  Brutus ,  welcher  bei  der  Appellation  einer  Partei  an  den 
Dictator  bemerkte;  er  hindert  mich  nicht,  zu  thun,  was  Rechtens 
ist,  nnd  wird  mich  nicht  daran  hindern.  Nach  der  Beendigung 
dieser  Geschäfte  zeigten  sich  die  Verschworenen  am  Marsfolde, 
um  mit  den  anderen  Senatoren  Cäsar  am  Eingange  der  Curie  zu 
begriissen ;  aber  er  kam  nicht.  Während  sie  durch  fragende 
Blicke  und  eine  immer  ernstere  Bliene  einander  ihre  innere  Be- 
wegung verriethen ,  nahm  ein  Mann  Casca  bei  der  Hand  und 
sagte  :  du  hast  geschwiegen,  aber  Brutus  hat  es  mir  entdeckt ;  er 
sprach  von  Cascas  Bewerbung  um  die  Aedilität,  wie  sich  bald 
ergab,  doch  vermochte  jener  im  ersten  Schrecken  kaum  die  Fassung 
zu  behalten.  Ein  Senator  Popilllus  Länas  näherte  sich  indess 
Brutus  und  Cassius  mit  den  Worten  :  m  i  .  euer  Unternehmen 
gelingen,  aber  eilt,  man  ist  nicht  verschwiegeu,  und  sogleich  zog 
er  sich  zurück.  '  °  °}  Für  JMeuschen ,  welche  sich  ihrer  Schuld 
bewusst  waren,  gab  es  nur  Einen  Sinn  dieser  Rede,  und  nun 
meldete  man  Brutus,  dass  Porcia,  durch  ihre  Verwundung,  durch 
Furcht  und  Wachen  in  fieberhafter  Aufregung,  einen  Boten  nach 
dem  andern  abschicke,  und  jeden,  der  vom  Älarkte  komme,  über 
sein  Schicksal  befrage,  dass  die  Nachbareu  sich  vor  ihrem  Hause 


97)   Suet.  81.     Val.  Max.    1,   7.   §.   2.    Dio   44,    18.    Plut.  Caos,  64. 
nrul.    10.   in.   A].]).   2,   300.  08)    Pia«.    Brut.    13.  99)    Das.    14. 

100)   Das.   15.    Ajip.  2,  500. 


7Ü8  XXI.    lULII.        (i\.§.72.) 

versammeln ,  uad  dann  wieder ,  dass  ßie  dem  Tode  naLe  oder 
schon  gestorben  sei.  Hatte  sie  in  diesem  Zustande  üir  Gelübde 
gebrochen?  War  Popillius  durch  sie  Ton  dem  Geheimnisse  unter- 
richtet, und  Brutus  durch  eine  Unbesonnenheit  sein  eigner  An- 
kläger geworden?  Er  unferdrückte  seine  Gefühle  und  blieb.  ') 
Aber  man  musste  wissen,  warum  der  Dictator  nicht  erschien, 
und'  ob  man  ihn  nicht  überreden  konnte ,  seinen  Entschluss  zu 
ändern.  D.  Brutus  gieng  zu  ihm  und  bemerkte  sogleich ,  dass 
nur  Calpnrnias  Besorgnisse  und  Bitten  ihn  zurückhielten ;  der 
Zweck  seiner  Sendung  wurde  daher  ohne  Mühe  erreicht.  Da 
Cäsars  Gesundheit  gelitten  hatte,  so  bediente  er  sich  einer  Sänfte  5 
er  glaubte  aber  nicht  an  die  Gefahr,  und  seine  Pläne  nmfassten 
das  Grösste  und  Fernste;  die  Behauptung,  dass  Krankheit,  üeber- 
druss  des  Lebens  ihn  den  Mördern  zugeführt  habe,  ist  ungereimt.  ^) 
Es  fehlte  nicht  an  Versuchen,  ihn  jetzt  noch  zu  retten ;  sie  waren 
fruchtlos ,  und  nicht  durchaus  ohne  seine  Schuld  ;  darin  erkannte 
man  „die  Macht  des  Schicksals,  welches  dem  die  Gedanken  ver* 
wirrt,  den  es  verderben  will."  ^)  Ein  fremder  Sclav  eröffnete 
seiner  Gemahlinn,  dass  er  durch  das  Getümmel  gehindert  sei,  sich 
ihm  zu  nähern,  und  seine  Rückkehr  erwarten  wolle,  weil  er  ihm 
Wichtiges  zu  entdecken  habe.  Er  war  also  nicht  genau  unter- 
richtet, oder  sein  Auftrag  gieng  die  Verschwörung  nicht  an.  ') 
Noch  unerklärlicher  ist  Cäsars  Unterredung  mit  Spurinna,  welcher 
auf  seinen  Zuruf,  die  Idus  sind  nun  da,  erwiedert  haben  soll, 
aber  noch  nicht  vorüber.  *)  Jener  befand  sich  in  der  Mitte  eines 
zahlreichen  Gefolgs,  eine  grosse  Volksmasse  umwogte  ihn,  wie 
konnte  er  mit  dem  Seher  auch  nur  wenige  Worte  wechseln  ? 
Und  wenn  es  leichf  -r  gewesen  wäre,  an  ihn  heranzukommen,  so 
waren  doch  Zeit  und  Ort  für  einen  solchen  Scherz  nicht  geeignet, 
welcher  ohnehin  am  Mittage  und  vor  der  Senats  -  Sitzung  keinen 
Sinn  hatte.  Es  sollte  nun  einmal  recht  augenfällig  werden,  dass 
Cäsar  in  unheilbarer  Verblendung  sich  seinen  Feinden  überlieferte. 
Man  erzählt  ferner,  Artemidorus,  ein  cnidischer  Philosoph,  habe 
ihm    eine    Schrift    rail    der  Aufforderung    überreicht ,    sogleich    zu 


1)    Plul.  I.  c.  2)    Suelon.  86.  3)    Vellej.  2,  57  fin.   Flor.  4, 

2.  5.  94.  4)    Flut.  Caes.  64.    App.  1.  c.    Zouar.   10,   II.  5)   Oben 

A.  92.    Pin».  Caes.  63.    App.  3,   iSi.  SU  iin.     Dio  44,    18.    Suetoii.  81. 
Valer.  M.  8,   II,  §■  2. 


XXI.    lüLII.         (31.  §.72.)        7-29 

lesen,  weil  sie  iLn  selbst  betreffe.  ®)  Nach  Anderen  g'elang  es 
ihm  nicht ,  sich  Bahn  zu  machen ,  sondern  er  trat  erst  in  der 
Curie  zu  seinem  Gönner,  als  dieser  ermordet  und  Alles  entflohen 
war;  ')  daher  wird  er  von  den  meisten  Geschichtschreibern  hier 
nicht  erwähnt,  obgleich  sie  übrigens  bestätigen ,  dass  der  Dicfator 
auf  dem  Wege  eine  schriftliche  Anzeige  der  Vewschwöning  er- 
hielt ,  und  bei  der  Älenge  der  Gesuche ,  mit  weI<Aen  man  ihn 
bestürmte,  sie  unbeachtet  liess.  ')  Die  Alten  knüpfen  ihre  Nach- 
richten gern  an  bestimmte  Namen ,  und  gaben  in  diesem  Falle 
dem  Philosophen  den  Vorzug ,  weil  er  Casars  Schützling  und 
Crastfreund  war,  ^)  und  als  Grieche  keinen  Grund  hatte,  die 
Derstellnng  der  Republik  zu  wünschen. 

Der  Zug  näherte  sich  endlich  seinem  Ziele ;  zum  letzten 
Male  hatte  Rom  seinem  Herrscher  gehuldigt,  er  setzte  den  Fuss 
ans  der  Sänfte  in  das  Grab.  So  hofften  die  Mörder ;  mochte 
aach  manches  verrätherische  Blatt  in  seinen  Händen  sein,  es  war 
anschädlich,  denn  er  kam.  Zu  ihrem  Schrecken  sahen  sie  nun 
aber  Popillius  Länas  sich  lange  und  angelegentlich  mit  ihm  unter- 
halten ;  seine  zweideutige  Aeusserung  war  nicht  vergessen ,  und 
bestärkte  sie  in  ihrem  Verdachte  ;  '  °)  sie  hatten  sich  schon  durch 
Zeichen  geeinigt,  der  Verhaftung  durch  Selbstmord  zuvorzukom- 
men, als  Stellung  und  Bliene  des  Popillius  sie  überzeugte  ,  dass 
ihm  eine  Bitte  gewährt  war.  '  ')  Während  sie  Cäsar  in  die 
Curie  begleiteten ,  so  viele  unter  ihnen  dem  Senat  angehörten, 
blieb  C.  Trebonius  zurück ,  um  Antonius  durch  ein  absichtlich 
verlängertes  Gespräch  ausserhalb  zu  beschäftigen ;  denn  man  fürch- 
tete den  Arm  des  kühnen  Mannes  und  seinen  Eiufluss.  ' ')  Indess 
nahm  Cäsar  den  goldenen  Sessel  ein,  "welchen  man  bereits  ent- 
fernt und  bei  seiner  Ankunft  schnell  zurückgebracht  hatte,  '^) 
und  die  Verschworenen  fiengen  an,  ihn  zu  umkreisen.  Nie  hat 
ein  Einzelner,  welcher  in  dem  schrecklichen  ^A  ahne,  Grosses  za 


6)    Piut.  Caes.  65.    Zonar.  1.  c.  7)    PInt.   I.  c.    App.  2,  SOI.  in. 

8)    Suet.  81.    VeUej.  2,  57.   Flor.  4,  2.  §.  94.    Dio  44,  18.  9)   Sh-abo 

14,  Cö6.   App  1.  c.   Oben  §.  53.  A.  67.  10)   Oben  A.  lOO.  11)  l'lm. 

Brut.  16.    App.  2,  501.  12)   Plnt.  Brut.  17.    Anton.   13.    App.  I.  c.  n. 

3,  535.  543.  Dio  44,  19.  Statt  des  Trebonius  nennen  Plnt.  Caesar  tiö. 
unJ  ihm  folgend  Zonar.  10,  11.  D.  Brutas.  S.  Cic.  ad  Fiuu.  10,  2Ö.  2. 
Phil.  14.  13,  10.  13)  Üben  §.  64.  A.  8. 


730  XXI.    lULIL        (31.  §.72.) 

tLun,  znm  Fürstenmörder  wnrde,  eine  so  klägliche  Rolle  g'esj)ieU, 
als  diese  Bande.  Tilliiis  Cimlier  trat  voran ;  er  bat  für  seinen 
verbannten  Bruder,  und  die  Uebrig-en  baten  mit  ihm;  sie  ergrilfeii 
Cäsars  Hände,  als  er  die  Entscheidung  auf  eine  andere  Zeit  ver- 
schob, küssten  ihm  Stirn  und  Brust,  und  überzeugten  sich,  dass 
er  nicht  einen  Harnisch  oder  eine  verborgene  Waffe  trug;  auch 
fesselten  sie  seine  Aufmerksamkeit,  so  dass  einer  der  Casca  sich 
Linter  ihn  stellen  konnte.  Nun  wurden  sie  ungestüm  ;  er  wollte 
aufstehen,  um  sich  ihrer  Zudringlichkeit  zu  erwehren,  aber  Cimber 
riss  ihm  die  Toga  von  der  Schulter ,  das  verabredete  Zeichen. 
Cäsar  rief:  das  heisst  Gewalt  gebrauchen,  und  eJs  Casca  ihn  in 
demselben  Augenblicke  mit  unsichrer  Hand  und  deshalb  nur  leicht 
am  Halse  verwuudete  :  Verruchter,  was  beginnst  du  ?  Ohne  ein 
anderes  Mittel  zur  Vertheidigung  als  seinen  Schreibgriffel  fassle 
er  den  Arm  des  Mörders  und  durchbohrte  ihn  ;  Casca  wendete 
sich  zitternd  mit  einem  Hiilferuf  an  seinen  Bruder,  erhielt  aber 
kräftigern  Beistand ,  denn  nnu  folgte  ein  Streich  dem  andern, 
jeder  sollte  seinen  Dolch  in  das  Blut  des  Tyrannen  tauchen,  so 
■war  man  überein  gekommen,  um  des  Ausgangs  gewiss  zu  seia 
lind  gleiche  Schuld  zu  tragen.  Stoss  immer  zu !  schrie  Cassius, 
als  man  zögerte,  um  ihn  nicht  zu  verletzen;  •')  M.  Brutus  beach- 
tete es  nicht,  dass  man  ihm  die  Hand  verwundete,  '  *)  und  auch 
Andere  büssteu  für  die  Wuth,  „mit  welcher  die  mordgierige  Bleute 
das  edle  Wild  zerfleischte."  '  ^)  Nach  einem  kurzen,  fruchtlosen 
Widerstände  verhüllte  Cäsar  den  Kopf  und  den  untern  Theil  seines 
K-örpers ,  ' ')  und  sank  [mit  drei  und  zwanzig  Wunden  ,  unter 
welchen  nach  der  Meinung  des  Arztes  Autistius  nur  eine  in  der 
Brust  tödtlich  war,  '  ^)  an  der  Statue  des  Pompe/us  nieder.  '  *) 
Bei  dieser  Verwirrung  konnte  man  nicht  wissen ,  dass  Cassius 
es  war,  welcher  ihm  den  Doich  ins  Gesicht  stiess,  oder  dass 
M.  Brutus  die  Hüfte  traf;  ^")  die  Erzählung  aber,  nach  welcher 


14)    (*..  Vict.)  do  vir.  ül.   83.  IS)   Plnt.  Brnt.  17.    App.  2 ,"  SOS. 

16)  Plut.  Caes.  06.  17)   Quo  honesti'iis  caiJeret.    Säet.  82.  18)   Dors. 

1.  c.  19)  l'lnt.  Caes.  66.  Brut.  17.  App.  2,  501.  502.  Dio  44,  19. 
S2.  Zon.  10,  11.  Liv.  116.  VeUej.  2,  56-58.  Siiet.  82.  Val.  Max.  4, 
5.  {..  6.  Flor.  4,  2.  §.  95.  Eutiop.  6,  25  (20).  Üros.  6,  17.  (A.  Vict.)  de 
vir.  ill.   78.    Obseq.   127.     Her  Stein  von  Solon  in  Li|)port  Dactyl.  1.   Taus. 

2.  Hälfte,  No.  278.  20)    Plul.  Caes.  OG.    App.  2,  502. 


XXI.    lULlI.        (31.  §.72.)        731 

der  Dictator  bei  dein  Anblicke  des  Letzten  ausrief:  ancli  da,  mein 
SoLn?  und  vom  Schmerze  über  dessen  Riicblosigkeit  überwiilliyl, 
sich  nicht  mehr  yerlheidigte ,  ist  zu  Gunsten  der  Sage  ersonnen, 
weldie  ihn  den  Vater  des  Brutus  nennt,  ' ') 

Die    A^erschworenen     hallen    beschlossen ,     den    Körper    des 

Tyrannen  in  die  Tiber  zu  schleppen,  sein  Vermögen   einzuziehen 

und  seine  Gesetze  und  Einrichtungen  aufzuheben;'^)  sie  standea 

aber  allein;  man  kannte  ihre  Absichten  nicht  und  hielt  den  Slord 

fiir   den    Anfang ;     der    Senat    entfloh ,    auch    das  Volk    und    die 

Befreier  suchten  Sicherheit  auf  dem  Capilol.  '^)     Selbst  die  Aalur 

schien  um  den  grossen  Todten  zu  trauern ;  so  erklarte  die  Menge 

das  matte  Licht  der  Sonne  in  diesem  Jahre,  obgleich  es  über  dem 

Yulcauischen  Boden  Italiens  eine  nicht  seltene  Erscheinung  ist,  '') 

und  den  Cometen,  ■^Velcher  im  Mai  sieben  Nächte  hindurch  sichtbar 

blieb.  ' ')     Der  Unbefangene  wusste  ohnehin,  dass  der  Glücksstera 

der  Römer  untergegangen  var.     Cäsars  AVirken  hatte  fiir  sie  eine 

andre  Bedeutuug    als    das  Wirken    des    Pompejus ,    welcher   dem 

Alten   augehörte,  und  er  überlebte  sich  nicht,  ^vie  dieser.     Seine 

Ruhmsucht    und    sein   Ehrgeiz  Tsaren  befiiedigt,    alle  Hindernisse 

auf  seiner    Bahn    beseitigt ,    gerade   jetzt    konnte    das  Grosse    und 

Edle ,    dcis  Unvergleichliche    in    ihm ,    durch    jene    Leidenschaftei» 

bisher  verdunkelt  und  gehemmt,  in  vollem  Glänze  sich  entwickeln; 

als    der  Segen    der  Zerstörung    folgen    sollte,    erschlug  man  ilin ; 

das  Veraltete  tauchte  wieder  auf,    aber  nur  noch  in  den  Provin.. 

zeu,  und  auch  hier  erstarb  es  schon  nach  zwei  Jahi'eu ,  denn  der 


21)  Sie  -wird  von  Sneton.  82.  und  besonders  von  Dio  44,  19  als  nn- 
gegründet  yerworfen  ;  Plutarch  ist  niclit  mit  sich  einig,  -wie  gewöhnlich  ia 
solchen  Fällen;  er  giebt  im  Brut.  17.  als  Tbatsache,  vras  er  im  Caes,  66. 
zu  bezweifeln  scheint.  Cäsar  vmrde  von  allen  Seiten  so  unniiitelbar  und 
so  plötzlich  angegrilTen,  so  furchtbar  von  einem  Dolche  dem  andern  znge- 
5chleuderi,  dass  jene  an  Casca  gerichteten  M'orte  seine  letzten  waren  ;  und 
■wie  konnte  er  in  einem  solchen  Sturme  sich  mit  dem  Einzelnen  beschäf- 
tigen, oder  der  Frevel  eines  Einzelnen  ihn  empören,  selbst  wenn  neben 
dam  Enisetzea  ein  anderes  Gefühl  sich  in  ihm  hätte  regen  können  ,  da  er 
überall  nur  nndaiikbare  Heuchler  und  Verräther  erblickte  ?  S.  lunii  Xo.  39- 
22)    Sueton.  82,     Dio  44,  3S.  23)    S.  das      .eitere  im  1.  Th.  S.  79  f, 

24)   Plut.  Caes.  69.   Plin.   2,  30.    Virg,  Georg.   I,  466.    Orid.  Biet,   15.  fab. 
51.  T.  785.    Tibull,  2,  5.  T,  75.   (A.  Vict.)  de  vir.  ül,  78.  25J   1.  Th, 

127.  A.  47. 


732  XXI.    lULII.         (31.  §.72.) 

Krieg  des  Sextiis  Poinpejus  hatte  einen  andern  Zweck ;  Rom 
theilte  sich  nicht  melir  zwischen  der  Republik  «ud  der  Monarcliie 
sondern  zwisclien  den  Erben  des  Dicfator ,  in  seinem  letzten 
Bürgerkriege  kampfien  nur  Cäsiirianer.  Doch  dring-t  sich  bei  Casars 
frühem  Tode  auch  eine  andre  Betrachtung  auf:  er  hatte  sich  selbst 
gelebt,  und  starb,  als  er  das  Ziel  erreichte,  kaum  ein  halbes  Jahr 
war  er  im  ruhigen  und  unbestrittenen  Besitze  der  höchsten  Ge- 
walt ;  '  ^)  er  wurde  ferner  in  der  Curia  und  neben  der  Statue 
des  Pompejus  ermordet,  und  wie  dieser  von  Menschen,  welche 
ihm  verpflichtet  waren.  *^)  Das  Erste  kann  nicht  befremden,  da 
eben  durch  die  JXiederlage  des  letzten  feindlichen  Heers  und  durch 
die  friedliche  Rückkehr  des  Siegers  die  Hoffnung  der  Missver- 
gnügten,  ihn  im  Kriege  umkommen  oder  jetzt  wenigstens  durch 
Proscriptionen  sich  bereichert  zu  sehen,  für  immer  vereitelt  wurde; 
das  Andre  war  Zufall.  Manche  unter  den  Alten  finden  darin 
eine  Strafe  der  Herrschsucht,  eine  Vergeltung;  dann  war  das 
Schicksal  mit  sich  selbst  im  Widerspruch,  denn  so  viel  wir  wissen, 
Wiirden  auch  die  Vollzieher  seiner  Beschlüsse  auf  eine  gewaltsame 
Art  hinweggerafft,  die  Meisten  vor  dem  Ende  des  dritten  Jahrs.  '"') 

26)    VeUej.  2,   56.    J.  3.    Flu«.   Caes.  69.  27)    Cic.  de  div.  2,  !). 

28)  Suet.  89.  Peicussoram  fere  neque  triennio  «piiscinam  anipliiis  superTixif, 
neque  sua  morte  defiinctns  est.  (S.  das  Verzeichiiiss  oben  in  J.  69  —  71.) 
Damnati  omnes,  (durch  das  Gesetz;  des  Pedins  1.  Th.  338.  A.  16.)  aliiis 
alio  casu  periit :  pars  nanfragio,  pars  proelio:  noanulli  semet  eodem  illo 
piigione,  quo  Caesarem  violayeraut,  (.'  2.  Th.  144.  A.  76.  149.  A.  6.)  inter- 
emernnt.  Plttt.  Caes.  69.  App.  2,  526,  3,  588  fm.  Dio  48,  1.  YeUej.  2, 
87.  behauptet,  Trebonins  sei  zuerst  und  Cassius  Parmensis  zuletzt  getödtet ; 
obgleich  Cassius  auch  von  Oros.  6,  19.  als  nltima  Tiolaiae  partis  Caesaris 
■»ictima  bezeichnet  wird  ,  so  ninss  ich  doch  hier,  -nie  schon  im  2.  Th.  163. 
zuriickjiehmen ,  Tvas  ich  auf  das  Zeugniss  dieser  Schriftsteller  im  1.  Th. 
501.  A.  22.  gegen  Wesseling  Obsorv.  1.  c.  26.  bemerkt  habe;  denn  Cassius 
starb  im  J.  31,  nnd  P.  Turullins,  sein  Mitschiüdiger,  erst  im  folgenden. 
Hier  5.  71.  A.  22.  n.  2.  Th.  163.  Herr  Professor  Weichert  verlheidigt 
VeUejus;  (De  Cassii  Parm.  vit.  p.  249  —  265)  es  liegt  in  der  Natur  der 
Sache,  dass  die  ganze  Beweisführung  sich  nur  tira  Vermnthnngen  drelioii 
konnte.  Cassius  sagt  H.  W.  p.  262,  würde  nach  der  SolJacht  bei  Aclium' 
sich  eher  sonstwo  verborgen  haben,"  als  in  Athen ;  —  wie  konnte  er  wissen, 
dass  Octavian  dorthin  kommen  werde  ,  da  er  Antonius  verfolgte ,  welcher 
einen  ni.dern  Weg  gewählt  hatte?  Er  würde  bei  der  Ankunft  seines  Fein- 
d.'S  entnoh.'n  sein  ;  —  wie  aber ,  wenn  er  auf  die  Verschwiegenheit  oiius 
Ciätireundos    recluiete  ?     Jener  war   in    bescbäfligl,   um  sich  mit  der  Auf- 


XXI.    rULH.        (31.  §.-3.)        733 

§    73. 

CiJsar  stammte  an?  einem  alten  aber  nicLf  begüterten  Ge- 
scliIecLle;  -')  das  ererbte  Vermögen,  dessen  Verschwendung-  gerügt 
wird,  konnte  nicLt  bedentend  sein.  ' ")  Er  bewoLnte  anfangs  das 
eiufacLe  väterlitLe  Haus  in  der  Subura,  in  der  nacLmaiigen  ersten 
Region,  seit  dem  J.  63  aber  als  Oberpontif  das  Gebäude  in  der 
LeiL'gen  Strasse,  welches  für  diesen  Priester  bestimmt  war.-'') 
Sein  Garten  jenseits  der  Tiber,  tvo  Cleopatra  während  ihres  Be- 
suchs sich  aufhielt,^')  gehörte  zu  den  grössten  und  schönsten 
Anlagen  vor  der  Stadt,  und  wurde  durch  sein  Testament  ein  Eigeu- 
thüin  des  Volks.  ^ ')  Bei  der  rastlosen  Thätigkeit,  mit  welcher 
er  seine  Pläne  verfolgte,  erschien  ihm  jede  Entfernung-  von  Rom 
als  Verlust,  wenn  er  nicht  Krieg-  fülrte  ;  Erholung-  bedurfte  er 
nicht ,  und  sein  Geld  erhielt  das  Volk ;  so  erklärt  es  sich ,  dass 
er  nur  wenige  Landgüter  besass.  Die  Alten  erwähnen  eine  Villa 
bei  Lavicura  oder  Lavici  in  Latiuni ;  ^  *)  eine  andi-e  lag  bei  Baju 
auf  einer  Höhe;  ^')   als    er  Gallien   erobert  hatte,   Hess  er  eine 


suchung  der  fllürder  zu  befassen ;  —  nm  so  mehr  mochte  Cnssins  hotTen, 
dass  man  ilm  nicht  finden  -sverde.  Also  erst  spi  cer  begab  er  sich  nach 
Athen ,  als  Octavian  in  Griechenland  schon  seine  Einrichmngen  gemacht 
hatte;  (p.  263) —  dann  mnsste  er  am  meisten  fürchten,  v/eil  Toransznsetzen 
war,  dass  der  Imperator  Späher  in  der  Stadt  zurückliess,  welchen  es  bei 
ihren  Äachforschnngen  nicht  an  Zeit  und  OelJe  fehlte.  Die  nächtliche  Er- 
bcheinnng,  -«"elctie  itui  schreckte,  -mirde  durch  die  Kachricht  veranlasst, 
dass  Antonins  in  Aegypten  Turullios  ausgeliefert  habe ;  (das.)  —  er  -wnsste 
aber  schon  vorher,  dass  er  Terurtheilt  -war,  dass  Octavian  ihn  vorzüglich 
hasste,  und  nichts  ihn  zn  retten  vermochte,  trenn  er  ergriffen  wurde.  Velle- 
jus  war  ohne  Zweifel  von  dem  Schicksale  des  Turullius  unterrichtet,  (p.  264) 
aber  er  dachte  nur  an  den  bekannteren  Cassins,  als  er  schrieb,  oder  ec 
wollte  in  seiner  Uebersicht  der  Geschichte  nur  den  Bekannteren  hervor- 
heben. 29)  App.  2,  524.  Snelon.  46.  30)  CatuU.  29,  v.  18.  23. 
31)  Oben  §.  7.  A.  30.  32)  §.  61.  A.  32.  33)  1.  Th.  100.  A.  36. 
1m>  J.  16  n.  Chr.  erbaute  man  hier  einen  Tempel  der  Fürs  Fortuna.  Tacit. 
A.  2,  41.  l'lnt.  Brut.  20.  de  fortun.  Rom  5.  34)  Säet.  83.  35)  Senec. 
ep.  51.  Vgl.  Plin.  32,  7  (2).  Die  Fischteiche  bei  der  villa  Pansilypiun  in 
Cimp.inien,  piscinae  Caesaris,  mit  ihren  gelehrigen  Bewohnern,  waren  nicht 
ein  Besitzilium  des  Dictator  sondern  Aognsts,  da  dessen  Freund,  der  be- 
rüchtigte Vedius  l'ollio,  welcher  seine  Muränen  mit  Menschenileisch  nährte, 
in  ihrer  Geschichte  eine  Rolle  spielt.  Plin.  9,  78  (53).  10,  89  (70).  vgl. 
9,  39  (23).    Senec.  de  ir.  3,  40.    de  dem.  1,  18.   Dio  54,  23.  u.  A. 


734  XXI.    lULII.        (31.  §.73.) 

der  prachtvollsten  nelen  dein  Haine  der  Diana  bei  Aricia  erbanen, 
und  weil  die  AiisfüLrung'  ihm  inissflel,  wieder  iiiederreissen.  *^) 
In  seinem  Charakter  lag'  weder  Geiz  noch  Verschwendung' ;  er 
nahm,  um  zu  g;eben,  und  seine  Gaben  bezwecktea  das  Höchste. 
Unter  entarteten  Zeilgenossen  konnte  er  die  Macht  des  Geldes 
nicht  verkennen  5  mit  diesem  Zauber  beherrschte  man  den  Senat, 
die  Comilien ,  die  Gerichte  und  das  Heer  ;  er  wurde  bald  durch 
eigene  Erfahrung-  mit  ihm  vertraut,  denn  mit  zwei  Talenten  lö's'te 
er  sich  von  der  Acht,  und  auch  die  Seeräuber  verschonten  ihn  in 
Hoffnung  eines  g-rossen  Gewinns.^')  Geld  also  uud  Soldaten! 
ohne  Geld  kein  Heer,  ohne  Heer  keine  Herrschaft.*')  Seine 
Kräfte  waren  bald  erschöpft ,  aber  er  wusste  sich  Schätze  zn 
offnen;  mit  dem  Wahlspruche:  Alles  um  Alles,  stürzte  er  sich 
in  Schulden,  welche  er  als  Privatmann  nie  hätte  tilg'en  können.  *') 
Er  benulzte  für  seine  Entwürfe  nicht  bloss  fremdes  Geld  soudera 
auch  fremden  Credit,'"')  und  sogar  die  Habe  seiner  Nebenbuhler, 
welche  in  der  Meinung',  sich  selbst  zu  dienen,  für  ihn  zahlten.  *') 
Oft  war  er  gezwungen,  Anleihen  zu  machen,  wo  sich  Gelegen- 
heit fand;  wenn  ihm  die  Wahl  blieb,  wandte  er  sich  au  Männer 
von  Einfluss,  wie  Pompejus  ")  und  selbst  Atlicus,*')  und  ver- 
zögerte in  diesem  Falle  absichtlich  die  Kückzahlung,  weil  doch 
immer  auch  der  andere  Theil  dadurch  abhängig  wurde.  Ent- 
ehrenden Erwerb  haben  seine  Feinde  ihm  angedichtet,")  aus 
Verdruss,  dass  er  auch  in  der  äussersten  Noth  ihnen  für  Geld 
nicht  gewärtig  war,*')  und  gegen  ihren  Willen  das  Consnlat 
lind  die  Provinz  Gallien  erhielt.  Hier  verwandelte  sich  die  Nolh 
in  Ueberfliiss,  und  jeder  Römer,  welcher  nützen  oder  doch  scha- 
den konnte ,  hatte  eine  Anweisung  auf  seine  Casse  ;  Unzählige 
verkauften  sich  ihm,  '^)  seine  Vorschüsse  oder  Geschenke  unter 
diesem  Namen  waren  überall  willkommen,  wie  Cicero's  Beispiel 
beweis't,  ")    und  mau  wurde  dadurch  gebunden.*')     Auch  jetzt 

36)    Villa  in  Nemorensi.   Siiet.  46.  u.  hier  §.  37.  A.  36.  37)    Oben 

^.  1.  A.  90.  }.  2.  A.  9.  38;    Dio  42,  49.    Plut.  Caes.  17.  39)    üben 

J.  4.   A.  43.    §.  7.  A.  18/.).  40)    }.  10.   A.  27.  41)    §.  4.  A.  40. 

11.  51.    §.   10.  A.  51.  42)    Cic.   .1(1  Au.  6,    1.  §.   22.  43)    Oben  §. 

37.  A,  37.  44)    §.  14  fin.  45)    §.  7.  A.  27.  46)    J.  21.  A.  C2  f. 

§.  37.  A.  38.  40.  47)    ailAtt.  5,  5.6.   7,  H.  8.  48)   l'uto   eiiim  in 

spnalu    si   (jnanilo   pracclare   pro   re  piililica  ilixero,    Tarlcssiiim  isliim  tmini 
(Ualbum)  mihi  exeunti;  iiibe  sodes  nummos  ciir.-irp.    a<l  Alt.  7,  3.  §.  8, 


XXI.    lüLn.         (31.  §.73.)         735 

erscLien  er  dem  knrzsJcLligen  BeobacLfer  als  ein  Verschwender, 
welcher  nach  der  .StatlhallerscJiaft  so  arm  sein  werde,  als  zuvor, 
zu  unvermögend,  um  auch  nur  seine  Bauten  in  Rom  zu  beendigen; 
ihm  wird  nichts  übrig  bleiben,  sagte  Pompejns,  als  dass  er  seitt 
Vaterland  bekriegt.  *^)  Wer  aber  so  richtig  rechnet,  wie  Cäsar, 
Hnd  alles  Halbhandeln  vermeidet,  wie  er,  der  verzweifelt  nicht; 
dorch  seine  Freigebigkeit  war  das  Heer  an  ihn  gefesselt ,  wenn 
auch  nicht  dadurch  allein,  und  ein  Theil  seiner  Feinde  in  Rom 
entwaffnet,  als  er  es  angriff;  die  Uebrigen  zerstreuten  sich.  Sie 
iiberliessen  ihm  in  der  Bestürzung  den  heiligen  Schatz  und  die 
Weihg-eschenke  in  den  Tempeln,  * ")  nnd  in  allen  Ländern,  wohia 
ihn  der  Sieg  führte,  in  Aegypten,  '')  in  der  Provinz  Africa,  in 
Numidien*-)  und  in  Spanien'^)  musste  man  sich  mit  Gelde 
lösen.  Die  Ausbeute  war  unermesslich ;  ' ')  davon  zeugen  seine 
Geschenke  an  das  Heer,  wenn  er  auch  mitunter  gehindert  war, 
dessen  Habsucht  augenblicklich  zu  befriedigen,  ")  die  Spiele  «ud 
die  Bewirlhuug  des  Volkes  bei  den  Triumphen,  ^^)  die  Getraide- 
Spenden,")  die  Bauten,**)  die  Vermächtnisse,")  und  die 
Summen ,  welche  sich  bei  seinem  Tode  in  dem  ölfentlichen  nnd 
dem  Priratschatze  fanden.^")  So  wenig  er  sparte,  wenn  es 
galt,  ^')  so  herrschte  doch  in  seinem  Haushalte  eine  strenge  Ord- 
nung; Baibus  und  Oppius,  welche  seine  Geldgeschäfte  besorgten, 
musslen  ihm  die  Rechnungen  zur  Durchsicht  vorlegen ,  und  auch 
das  Geringste  entgieng  seiner  Aufmerksamkeit  nicht.  ® ') 


49)  Sneton.30.    Hier  j.  28.  A.  22.  50)  §  41.  A.  27.  Sl)§.  54. 

A.  79.     Vgl.   i.   53.  A.  64.  52)    J.  59.  A.  40.  54.  58  f.  53)    §. 

62  ßn.  54)    §.   60.  A.  23.  55)    §.   61.  A.  50  —  54.  56)    §.  60 

fin.    §.  61.  A.   45  f.   J.  64.  57)    §.  61.   A.  52.  58)    §.  37.  A.  36. 

§.    61.  A.    58.   61.  59)    1.  Th.    101.  A.   38  f.  60)    1.  Th.  85.  A. 

26.  34.  Cic.  de  off.  1,  14.  Sunt  mnlti,  et  quidem  cnpidi  spleadoris  et  glo- 
riae,  qui  eripiniit  aliis ,  qiiod  aliis  largiaiitur.  —  Qua  re  Lucü  Siillae  et  C. 
Caesaris  pecuniarnm  transLatio  a  iuslis  doininis  ad  atienos  non  debet  liberalis 
■videri.  Das.  2,  24:  Ab  hoc  genere  largitionis,  ut  aliis  detur,  aliis  auferaiur, 
aberunt  ü,  qui  remp.  tuebuutur.  Vgl  Sallust.  B.  C.  52.  ed.  Cort.  lam  pri- 
dein  eqnidem  nos  vera  renim  Tocabula  amisimus ,  quia,  bona  aliena  largiri, 
liber.ili(as  vocatnr.  61)    Sallust.  B.   C.  54;    Caesar  beneflciis  ac  mnuifi- 

ccntia  magnos  habebatur.  —  Dando,  sublevando  gloiiam  adeplus  est.  —  In 
auiiuum  induxeral,  nihil  denegare,    qnod  dono  diguum  essel.  62)    Cic. 

ad  An.  13,  52.    Sueton.  47.   Dio  44,  39. 


736  XXI.    lULII.        (31.  §.73.) 

Cäscirs  Bild  Lat  sich  in  Statuen  und  auf  Münzen  und  Gemmen 
erhalten,  aber  aus  der  Zeit,  in  welcher  er  Rom  beherrschte  und 
folglich  schon  im  vorgerückten  Alter  war.  **)  Die  Natur  verlieh 
ihm  eine  schöne,  männliche  und  würdevolle  Gestalt;  ^')  er  war 
gross  und  schlank,  und  hatte  eine  Adler- Nase  und  schwarze,  leb- 
hafte Augen  mit  einem  Ausdruck'  von  Wohlwollen  nnd  Heiter- 
keit; nur  eine  zu  starke  Fülle  der  Lippen  störte  das  Ebenmaass.  *') 
Mit  der  Zeit  wurde  er  mag'er"^)  und  bleich,  und  durch  ein© 
Glatze  entstellt,''*'')  woran  seine  Aussch-o'eifung'en  und  die  Be- 
schwerden im  Felde  ohne  Zweifel  g-leichen  Aniheil  hatten.  Nur 
mit  einem  kräftigen  Körper  konnte  er  im  Reiten,  Fechten  und 
Schwimmen  sich  hervorlhun,  und  alle  Entbehrungen  und  An- 
strengungen mit  den  Truppen  theilen ,  Kälte  und  Hitze,  Nacht- 
wachen, HuDger  und  Durst  ertragen.  ^')  Er  wurde  dadurch  ab- 
gehärtet,®-) und  auch  das  Uebel,  welches  den  „neuen  Jupiter" 
an  seine  Sterblichkeit  erinnerte,  die  fallende  Sucht,  äusserte  keinen 
bleibenden  Einfiuss  auf  seine  Gesundheit.  ®^)  Vermuthlich  war 
er  von  Jugend  auf  mit  ihr  behaftet ;  im  Kriege  setzte  sie  ihn 
zweimal  vorübergehend  ausser  Thätigkeit,  bei  Thapsus  im  J.  46, 
und  im  folgenden  in  Spanien.  '  °)  Kurz  vor  seinem  Tode  litt  er 
oft  an  Kopfschmerz,  au  Schwindel  und  plötzlichen  Ohnmächten;  ") 
seine  Gesundheit  wurde  aber  nicht  dadurch  zerrüttet ;  ' ')  schon 
seine  Absicht,  die  Parther  zu  unterjochen,  beweis't  das  Gegeniheil. 

Er  legte  zu  allen  Zeiten  einen  besendern  Werlh  auf  seine 
äussere  Erscheinung.     Di^   Tunica  reichte  ihm  bis  an  die  Hände, 

63)  Um  so  gewagter  ist  es,  wenn  man  anf  diese  tecLnisclien  "Werke 
pliTsiognomische  Denlnngen  gründet,  (lac.  Spon  Recherclies  cnrieuses  d'anti- 
qiiite,  dissert,  24)  oder  die  Schriftsteller  meistert,  weil  ihre  Beschreibung 
nicht  immer  dazu  stimmt.     Patin  Sueton.  numra.  illiistral.  p.  33.  64)    Cic. 

Brut.  75  :  Forma  eiiam  magiiilica  et  generosa  quadam ;  diese  AVorte  beziehen 
sicli  offenbar  auf  das  Äeussere,  nicht  wie  Sueton.  55.  deutet,  auf  die  Rede. 
Veliej.  2,  41.  App.  2,  524.  Dio  43,  43.  44,  38.  lulian  Caesares  p.  308. 
cd.  Spanh.  65)    Sueton.   45.    Inliau.   1.  c.    Plut.  Caes.  4.  66)    Plut. 

Caes.   17.  66h)    Suet.  1.   c.   n.  51.    I>io  43,  i^.    Morell.  Thesaur.  Caes. 

tab.  2.  No.  49.  50.   55.     S.  unten  A.  80.  67;    Suet.   57.    Plnt    17.     S. 

unten.  68)    Suet.  45.    Dio  44,   38.  69)    Snet.  1.  c.    Plnt.   17.  53. 

60.    App.  2,  497.  70)    Suet.  45.     Oben   {.   59.  A.  9.     In  Spanien  nicht 

zum  ersten  Male,  wie  Plnt.  17.  sagt,  denn  Dio  43,  32  fm.  scheint  doch 
von  deinsi-Iben  Ereignisse  zu  sprechen.  71)    Suet.  u.  App.  U.  ec.    Plut. 

17.  72;   Suet   86.     üben  (..  72.  A.  2. 


XXI.    lULH.        (31.  §.73.)        737 

ancl  war  mit  Franzen  besetzt,  ' ')  und  zng'leich  gürtete  er  sicL 
BO  hoch  lind  so  lose,  dass  man  den  Purpursfreif  an  der  Tiinica 
nicht  sah,  und  die  Toga  bis  zur  Erde  herabLieng',  eine  gesuchte 
Nachlässigkeit,  welche  ebenfalls  gegen  Si((e  und  Anstand  ver- 
Biiess. '*)  Als  Dicialor  bediente  er  sich  miUiuler  einer  hohen, 
rofhen  Fussbekleidung,  wie  angeblich  die  Könige  von  Alba.") 
JEin  bartloses  Kinn  galt  für  ein  Zeichen  der  Unuiännlichkeit,  man 
Bchloss  sogar  auf  unnatürliche  Wollust;  "")  gleichwoLl  trug  Cäsar 
keinen  Bart,  und  Spöltfer  versicherten,  er  lasse  das  Haar  nicht 
bloss  scheeren  sondern  auch  ausreisseu. '")  Es  erregte  denselben 
Verdacht,  dass  er  stutzerhaft  mit  Einem  Finger  in  den  Haupt- 
haaren wühlte,'^)  welche  er  mit  grosser  Sorgfalt  zu  ordueu 
pflegte,  '*)  und  vom  Scheitel  und  Hinterkopfe  nach  vorn  zog,  als 
es  hier  daran  fehlte;'")  selir  erwünscht  war  auch  ans  diesem 
Grunde  der  Lorbeerkranz,  *  ' ) 


73)  Säet.  45:  Usnm  enim  lato  clavo  ad  manns  Emliriato.  Cell.  7,  12: 
Tnnicis  uti  \ir«m  prolixis  nitra  hrachia  et  nsqiie  ia  primores  maniis  ac 
prope  in  digicos,  Romae  atqne  omni  in  Lalio  indecorum  fuit.  Eas  tnnicas 
graeco  TOcabulo  nostri  /iintSiaiov;  appellaTerunl,  femiaisqne  solis  Testern 
longe  lateqne  düTusam  decoram  existimaTenint ,  ad  nlnas  crnraqiie  adyersus 
oculos  protegenda.  Viri  aiitem  Romani  primo  qiiidem  sine  tunicis,  toga  sola 
amicti  fuerunt ;  postea  substrictas  et  breves  tunicas  citra  huDierniu  desiiientes 
habebant,  quod  genus  Graeci  dicunt  i^oiut'iStt;.  Der  jüngere  Srijiio  Afri- 
canns  tadelte  P.  Sulpicius  Callus,  qnod  tunicis  nteretur  manus  toCas  operien- 
tibus.  74)    Säet.  1.  c. :    Nee  ut  unquam  aliter,  quam  super  eum  (latum 

claTum)  cingeretur,  et  quidem  flnxiore  cinctnrn.  lüo  43,  45.  Slacrob.  öat. 
2,  3.  Oben  §.  1.  Ä.  94.  S.  Orae».  Ondend.  Casaiib.  u.  Ernesli  (Excurs.  3.) 
xn  Snet.  1.  c.  die  TOn  B.  -  Crusins  daselbst  angeführten  Schriftsteller  de  re 
vestiaria,  und  Seckendorf  die  Grnndform  der  Toga.  75)    Dio  43,  43.  u. 

das.  FaLric.    Oben  §.  68  in.  76;  Gell.  7,  12.   Blarlial.  8,  47.  77)  Suel. 

45.  Tgl.  2.  Th.  368.  A.  36.  78)    l'lut.  Caes.  4.    Senec.  ep.  52  :  Impudi- 

cum  (cinaedum)  ostendit  —  et  relatus  ad  caput  digitns  et  flexns  oculorum. 
luTenal  9  fin.:  Ne  trepida  —  qni  digito  scalpnnt  luio  caput,  n.  das.  d  Schot. 
Man  erzählte  diess  auch  Ton  Pompejns.  lulian.  Caesares  p.  323.  ed.  Spanh, 
Amm.  Rl.ircell.  17,  11.  Seucca  Controv.  3,  19.  5,  30.  Plut.  reip.  gerend. 
praecept  4.     S.  Pouipeii.  79)   Plnl.  1.  c.  80;    Suet.  45  :  Dcficientem 

capillum  revocare  a  yercice  assnerat.  Ondend.  hat  die  Stelle  richtig  ver- 
standen, und  daher  die  vnlg.  a  Torlice  beibehalten;  er  bezieht  sich  auf 
Senec.  de  brer.  Tit.  12:  In  consiliiun  itur,  dum  auf  disiecta  coma  resliuülur, 
ant  deCciens  hinc  atqne  illiuc  in  fronlem  couipellitnr  ?  s.  aber  auch  ausser 
Inlian.  Caes.  p.  308.  die  IVIünzen,  (^hier  A-  66)  welche  keinen  Zweifel  übrig 

Druniann,    Geschichte  Rom»  III.  /^y 


738  XXI.    lULa        (31.  §.73.) 

Seine  Läuslicbe  EinricLhing  verrieth  immer  einen  feinen  nnd 
gebildeten  Geschmack ,  sie  war  aber  einfach ,  so  lange  er  sein 
Geld  auf  eine  andere  Art  verwenden  musste  ;  als  Dictator  umgab 
er  sich  mit  einer  Pracht,  welche  seinem  Range  entsprach;  alle 
K-iinste  wurden  zu  dem  Ende  aufgeboten,  und  für  eine  gute  Aus- 
wahl bürgt  sein  Rennerblick.  *  ^)  Man  darf  glauben,  dass  er  auf 
kleinen  Reisen  in  seiner  Lebensordnung  im  Wesentlichen  nichts 
veränderte;  es  ist  daher  erfreulich,  dass  wir  über  seinen  Aufent- 
halt in  PuteoH ,  wo  L.  Marcius  Philippus  Cos.  56  nnd  Cicero 
ihn  im  December  45  auf  ihren  Gütern  emjjfiengen ,  genauere 
Nachrichten  haben.  ^^)  Er  arbeitete  bis  zur  siebenten  römischen 
Stunde,  ohne  Jemanden  vorzulassen;*')  dann  gieng  er  an  der 
Rüste  umher,  und  nach  der  achten  Stunde  ins  Bad,  worauf  mau 
eine  Schrift  vorlas,  welche  Älamurra,  seinen  ehemaligen  Feld- 
zeugmeisfer  in  Gallien  betraf,  und  Unangenehmes  enthielt,  ilin 
aber  nicht  verstimmte.'^)  Als  er  gesalbt  war,  genoss  er  ein 
reichliches  Mahl,  weil  er  nach  dem  Essen,  wie  auch  sonst  w^ohl, 
ein  Brechmittel  nehmen  wollte,*")  und  gab  seinen  Beitrag  zu 
den  geistreichen  und  witzigen  Gesprächen ,    ohne  der  Gesellschaft 


lassen ,  dass  der  Dictator  die  Haare  an  dem  •vordem  Tlieile  des  Kopfes 
verloren  hatte,  dass  uvccifcdcivifcig  bei  Die  43,  43  (vgl.  Stephan,  fhes.  p. 
2047)  so  zn  erklären,  und  die  von  Schnlting  und  Ernesti  Torgeschlagene 
Lesart  ad  verticeni  zu  yerwerfen  ist.  81)    Oben  §.   64.  82)    Suet. 

46.  47.  83)   Cic.  ad  Ätt.  13,  52.     Vgl.  2.  Th.  571.  A.  33.  n.  hier  §.  65. 

A.  82,  84)    Sallust.  B.  C.  54.    Cort :    Fosiremo  Caesar    in  animnm   in- 

duxerat ,    laborare ,    vigilare.  85)    Cic.  1.   Ci    Tum  andirit  de  Mamnrra ; 

[vulluin]  non  mntavit.  Manntins  denkt  hier  ati  d;  s  julische  Aufwandgesetz, 
(oben  6.  61.  A.  95  f.)  nach  welchem  Mamurra,  ein  übermiithigcr  Schweiger, 
dessen  Reichthum  in  Gallien  gesammelt  war,  Terurtheilt  sei;  Cäsar  habo 
das  Urtheil  lediglich  bestätigt,  da  Vergehen  dieser  Art  sein  grössles  Bliss- 
fallen  erregten  ;  ad  Att.  13 ,  7.  Er  unterzog  sich  den  Gescliäften  oft  auch 
bei  Tische,  aber  wohl  jetzt  nicht,  auf  einer  Reise,  welche  besonders  Er- 
holung und  Vergnügen  bezweckte,  nnd  nicht  in  solcher  Gesellschaft;  auch 
ist  non  mntavit  ohne  Zusatz  eine  auch  in  Cic  Briefen  an  Atticus  nnerhürte 
Breviloqnenz,  da  jener  nicht  absichtlich  in  Räihseln  sprechen  will.  n.iher 
verdient  die  Erklärung  des  lambinus  den  Vorzrig,  dass  man  Cäsar  eia 
Schmähgedicht  des  Catullns  gegen  ihn  nnd  Mamnrra  vorlas  und  seine  Miene 
unverändert  blieb.  Catull.  epigr.  29.  oder  57.  PÜn.  30,  7  (6).  Suelon.  73. 
vgl.  Cic.  ad  Att.  7,  7.  80)    Cicero  erzählt  diess  ohne  Spoll,   s.  p.  Deiot. 

7,  n,  ad  Farn.  8,  I  fin. 


XXI.     lULII.         (31.  §.73.)         739 

Zwang  anzntliun,  ")  oder  ArgwoLn  zu  zeigen,  obgleich,  die 
Oesinniingen  Ciceros  ,  seines  Wirlhes ,  welcher  einige  Monate 
später  seine  Blörder  als  Heroen  pries,  ihm  nicht  unbekannt  -waren, 
und  das  bewaffnete  Gefolge  von  2000  Blann  nicht  vor  Vergiftung 
schützte ,  wenn  man  im  Eifer  für  die  Republik  nicht  Anstand 
nahm,  das  eigene  Leben  daran  zu  setzen.  Jener  Gebrauch  oder 
IMIssbrauch  der  Römer,  wodurch  sie  die  Freuden  der  Tafel  zu 
verlängern  suchten,  beweiset  nicht,  daSs  er  unmässig  war,  und 
eben  so  wenig  bezeichnen  ihn  die  üppigen  Gastgelage  der  Cleo- 
patra, bei  welchen  er  sich  einfand,  als  einen  Schwelger;  " ')  er 
vorweilte  gern  in  einem  heitern  Kreise  von  Männern ,  und  ia 
Aegjpten  fesselten  ihn  die  Reize  der  Buhlerinn.  Schwelgerei 
und  eine  beispiellose  Thätigkeit,  wie  die  seinige,  sind  nicht  zu 
vereinigen;  seine  Nüchternheit  niusste  sogar  Cato  anerkennen,^') 
welcher  ihn  demnach  nicht  einen  Trunkenbold  nannte ;  ^  °)  CatiiUiis 
schimpft.^').  Im  Felde  und  in  den  Provinzen  Hess  er  auf  zwei 
Tafeln  anrichten ;  an  der  einen  assen  die  angesehensten  römischen 
Krieger  und  die  griechischen  Rhetoren  und  Philosophen  unter 
seinen  Begleitern,  an  der  zweiten  die  Römer,  welche  nicht  im 
Heere  dienten,  die  Pächter  der  öffentlichen  Einkünfte  oder  Rei- 
sende, Senatoren  und  Andere  nebst  den  vornehmen  Provinzia- 
len.  ^')  Als  Wirth  duldete  er  nicht,  dass  man  ihm  bessere 
Speisen  reichte  als  den  Tischgenossen,  ^^)  und  anspruchslos  nahm 
er  bei  Fremden,  was  man  ihm  bot.  ")  Seine  Freigelassenen  und 
Sclaven  waren  weniger  genügsam;  schon  ihre  grosse  Zahl  machte 
Beine  Besuche  sehr  lästig,  nnd  man  musste  besonders  die  Günst- 
linge unter  ihnen  mit  Aufmerksamkeit  behandeln,  um  nicht  bei 
dem  Herrn  zu  Verstössen,  ä')  Dieser  zahlte  oft  einen  ungeheuren. 
Preis  um  Diener  zu  haben,  welche  sich  durch  ihre  Gestalt,  oder 
durch  Kenntnisse  und  Fertigkeiten  auszeichneten  ;  '  ^)  wer  sich 
bewährte ,    durfte  darauf  rechnen ,    die  Freiheit  zu  erhalten ,    und 


87)  Er  lieble  Ciceros  WilzwoHe,  nnd  kannte  ihr  Eigenlhümliclies  so 
genau ,  dass  er  unächte ,  welche  man  ihm  etwa  für  seine  Sammlung  mit- 
theilte, sogleich  Zurückwies,  ad.  Fam.  9,  16.  88)  Oben  §.  54.  A.  54. 
89)  Snel.  53.  QiiinlU  8,  2.  §.  9.  90)  PInt.  Cato.  24.  91)  Impn- 
diciis,  Torax,  [heUno.  Epigr.  29.  92)  Suet.  48.  93)  Ders.  1.  c. 
94)  Plut.  Caes.  17.  95)  Flui.  I.  c.  Cic.  ad  A«.  13,  52.  App.  2,  503. 
3,  586.     .     96;  Säet.  47. 

47« 


740  XXI.    lULlL        (31.  §.74.) 

ein  bedeutendes  Vermögen  za  sammeln;^')  Deinelrliis  gelangte 
sogar  später  durch  Antoulus  zu  der  Würde  eines  StallLalters  von 
Cvpern;  *')  aber  keiner  konnte  rüLmen,  wie  mancher  Freigelassene 
des  Pompejus,  dasä  er  seinen  Gebieter  beherrsche. 

§  74. 
Cäsar  war  nie  der  Sclav  eines  Andern ;  er  war  auch  nicht 
der  Sclar  seiner  Leidenschaften.  Der  Ehrgeiz  trieb  ihn  in  die 
Laufbahn ,  in  welcher  er  Allen  voreilen  sollte,  ohne  ihu  zu  ver- 
blenden ;  die  Selbstverläugnung ,  das  Ablehnen  jedes  unzeitigen 
und  bedenklichen  Vortheils  hatte  sein  Vaterland  gross  gemacht, 
und  forderte  auch  ihn.  Aber  jene  Leidenschaft  war  unbegrünzt ; 
der  Einfluss  im  Senat  und  auf  dem  Mfirkte ,  Faction ,  Provinz, 
Heer,  Triumph,  Alles,  wodurch  Andere  sich  befriedigt  fiihlten, 
war  für  ihu  nur  Mittel,  sein  Ziel  der  ausschliessliche  Besitz  der 
höchsten  Gewalt;^*)  die  Republik  also,  mit  welcher  Pompejus 
zu  dingen  vermochte,  musste  untergehen.  Doch  war  diess  nicht 
bloss  die  Folge  seines  Ehrgeizes,  nicht  bloss  die  Wirkung  seiner 
Kraft ;  wenn  das  moralische  oder  staatsbürgerliche  Leben  eines 
grossen  Umschwungs  bedarf,  so  findet  sich  der  Geist,  welcher 
ihn  vermittelt ;  man  kann  diesen  Umschwung  zeiligen  oder  ver- 
zögern, aber' eben  so  wenig  erzwingen  als  verhindern;  hundert 
Jahre  früher  hätte  Cäsar  vielleicht  Gallien  überwunden,  aber  nicht 
die  Reihe  der  römischen  Imperatoren  eröffnet.  Im  Privatleben 
trat  seine  grosse  SinnUchkeit  am  stärksten  hervor.  Nur  zu  reich- 
lich brachte  er  der  Götlinn  Opfer,  „Avelche  ihm  für  die  erste 
unter  allen  galt,  deren  Bild  er  im  Ringe  trug,  und  deren  Name 
sein  Feldgeschrei  wurde ; "  '" °)  der  Spott  eines  entarteten  Zeit- 
alters besserte  ihn  nicht,  vor  einem  Uebermaasse,  wodurch  seine 
Pläne  vereitelt  werden  konnten ,  bewahrte  er  sich  selbst.  Am 
meisten  rügte  man  sein  Verhältnis»  zu  Nicomedes,  dem  Bithynier;  ') 
mit  welchem  Rechte,  ist  nicht  zu  entscheiden,  aber  in  den  Reden 

97)    Dio  SO,  10    App.  3,  586.  1.  Th.  474.  A.  78.  98)    Die  48,  40. 

1.  Th.  440.  A.  78.     Vgl.  hier  §.  54.  A.  52.  99)    Cic.  2  Phil.  44  (45). 

MiUtos  aniios  regnaie  luedilatus,  magno  laliore,  mullis  peiiciiljs,  quod  cogi- 
laral,  elTeceia».  13  Phil.  1  fin.  de  off.  1,  8.  SaUust.  B.  C.  54.  Cort.  Senec. 
ep.  94.  Suelon.  29  30.  Lucan.  I,  125.  Iiüian.  Caesarps  p.  331.  Spanh. 
Flor.  4,  2.  §.  14.    Dio  41,  54.  100)    Dio  43,  43.  vgl.  42,  34.    Suetou. 

49.  50.    Catiill.  29.  57.  1)   Oben  §.  1  fin,   §.  60.  A.  17,  18. 


XXI.    lüLII.        (31.  §.74.)        741 

nnct  ScLriften  tier  Gegner  erschien  er  bis  auf  die  Kpatestea  Zeiten 
bIs  der  Lustknabe  des  Königs;  •)  so  nannten  ilin  Dolabella ,  ^) 
Liiciniiis  C'alvus,  der  ältere  Curio,  Bibulus,  ')  Octavius,  C.  Mem- 
ntins,  Cicero  in  Briefen  an  Vertraute,  und,  wenn  .Sveton  nicLt 
irrt,  ancli  einst  im  Senat,  und  seine  eig:enen  Soldaten.  Alan  be- 
fcauplete,  er  Labe  stets  einem  unnatürlicLen  Laster  gefrölint,  unter 
Andern  mit  Mamurra,  ')  mit  ßufio,  ^)  und  selbst  mit  Octavian* 
es  ist  aber  nicliis  er^viesen  ;  sein  Adoptiv-Soha  warde  offenbar 
als  solcher  von  Antonius   verläumdet.  ') 

Dem  Volke  gewährte  es  eine  Unterhalfung,  wenn  man  die 
Optimaten  wegen  ihrer  Ausschweifuugeu  belangte,  und  Rechts- 
Ländel  der  Art  waren  so  gewohnlich ,  dass  man  dadurch  nicht 
mehr  an  Achtung  verlor.  *)  Rom  hatte  den  Zeitpunct  erreicht, 
wo  man  über  das  Leister  scherzt,  und  das  Schändliche  durch  be- 
schönigende Namen  zu  Ehren  bringt.  Einen  grossen  Theil  der 
Schuld  trugen  die  Frauen ;  es  gab  unter  ihnen  mehr  Verführe- 
rinnen als  Verführte ;  ihr  Ruf  galt  ihnen  nichts  gegen  verbotene 
Freuden ,  Schönheit  und  Ansehn  des  Buhlers  war  ihr  Stolz.  In 
Cäsar  vereinigte  sich  Alles,  was  Wollust  und  Eitelkeit  zu  befrie- 
digen vermochte.  Wenn  er  bei  der  Heftigkeit  seiner  Begierden 
nicht  immer  wählte,  ^)  so  wurde  ihm  die  Wahl  doch  sehr  er- 
leichtert, auch  durch  die  Blänner,  denn  wenige  dachten  wie  er, 
dass  seine  (  , mahlin  auch  nicht  einmal  einer  Untreue  verdächtig 
Bein  dürfe.  '")  Für  ihn  selbst  hatte  der  Ehebruch,  zwiefacher 
Ehebruch,  nichts  Schreckendes.  Servilia  war  eine  der  Ersten, 
welche  sich  ihm  ergaben,  die  Schwester  des  Jüngern  C'ato,  ' ') 
und  Gemahlinn  des  AL  Brutus  ;  da  dieser  im  sullanischen  Bürger- 
kriege starb,  und  Cäsars  Feinde  verbreiteten,  dass  BI.  Brutus,  der 
Befreier ,  dessen  Sohn  sei ,  so  begann  die  Verbindung  in  sehr 
früher  Zeit.  '  ^)  Auch  Postumia ,  die  Gemahlinn  des  Servias 
Sulpicins  Rufus  Cos.  51,  wird  in  dieser  Beziehung  erwähnt;  '  *) 
sie  lebte  noch  im  J.  43.  '*)     Ferner  LoUia,  welche  an  A.  Gabi- 


2)     Snet.    49.    22.    52.   73.     CatnU.   II.   cc.  3)    Obea   J.    2.   A.    6. 

4)   J.  13.  A.  95.  5)    CatuU.  U.  cc.  6)   Soeton.  76  Bn.     Hier  §.  54. 

A.  52.  7)   1.  Tli.  99    A.  26.  8)    2.  TIi.  196.  A.  9.  9)   Di» 

42,   34.  10)    2.    Th.    211.    A.    15.  11)    Von    derselben    Mntler. 

12)    S.  das  Oenanere  in:  Innji  No.  39.  13)    Snet.  50.  14)   Cic.  9. 

PbU.  3.    ad  fam.  4,  2.    ad  Alt.  5,  21.  §.  9.   12,  II. 


742  XXI.     lULII.         (31.  §.74.) 

nlus,  dem  Günstling  des  Pompejus  Cos.  68,  verteirathet  war;**) 
Tertulla,  deren  Gemahl  M.  C'rassns  um  nichts  wenig-er  als  Trinm- 
vir  Cäsars  Colleg-e  -wurde;  '^)  und  Mucla,  die  Gemahlinn  des 
Pompejns,  und  weg-en  dieses  Ehebruchs  nach  dem  mithridatischea 
Kriege  von  ihm  Verstössen.  *  ')  Im  Felde  buhlte  der  Dictator  mit 
den  Frauen  der  Provincialen  und  Bundesgenossen;  '*)  in  den 
Jahren  48  und  47  mit  Cleopatra ,  welche  er  dann  in  Rom 
empfieng,  '  ^)  als  bereits  Cäsarion  geboren  war,  nach  ihrer  Behaup- 
timg sein  Sohn,  2°)  und  im  afrikanischen  Kriege  mit  Eunoe,  der 
Gemahlinn  des  mauritanischeu  Königs  Bogud.  ^')  Man  sprach 
nach  seinem  Tode  sogar  von  dem  Entwürfe  zu  einem  Gesetze, 
welches  ihm  unter  dem  Vorwande  seiner  kinderlosen  Elia  eine 
Verbindung  mit  mehreren  Frauen  und  auch  mit  Nicht -Römerinnen 
gestatten  sollte.  ^') 

Ehrgeiz  und  Wollust  haben  oft  die  Grausamkeit  im  Gefolge ; 
sie  verdunkelten  aber  weder  Casars  Verstand,  noch  zerstörten  sie 
den  angebornen  Adel  seiner  Seele  ;  er  wurde  kein  Phalaris,  wie 
Cicero,  der  Begnadigte,  ihn  nennt.  *^)  Blag  man  auf  Rechnung 
der  Staatsklugheit  bringen ,  was  dieser  ganz  oder  grösstentheils 
angehört,  die  Weigerung,  sich  von  Cornelia  zu  scheiden,  ^'')  die 
Achtung  vor  den  Verstorbenen  seines  Hauses,''^)  und  die  auf- 
opfernde Hingebung  an  seine  Anhänger,  ^  ^)  so  ist  ihm  doch  eine 
Innigkeit  des  Gefühls  und  eine  milde  Gesinnung  nicht  abzu- 
sprechen ,  welche  Pompejus  fremd  waren ,  und  nicht  bloss  bei 
dessen  Tode  sich  kund  gaben.  °')  Sie  machten  es  ihm  zum  Be- 
dürfniss,  geliebt  zu  werden.  Freunde  zu  haben,  wie  Andere  in 
seiner  Stellung  nur  Günstlinge  hatten,  und  seine  Feinde  verdank- 
ten ihnen  ihre  Erhaltung.  Die  Geschichte  hat  ihn  geschildert, 
wie  er  war;  der  unparteiische  Beobachter  lässt  die  Erscheinungen 

15)    Suet.  1.  0.    Gabinii  No.  6.  16)    Snet.  1.  c,    Licinü  Lncoll.   No. 

10.  17)    Suet.  1.  c     I'lut.  Tomp.  42.    Zonar.  10,   5.     Ascon.   ia  Or.  p. 

Scauro  arg.  p,  19    ed.  Orell.  18)    Snet.   51.  52.     Die  Soldaten  sangea 

bei  dem  gallischen  Triumphe:  Urbani,  servate  nxores,  moechum  calvuni  ad- 
duciraus.      Das.  19)    üben   §.  54.   A.   77.  89.    u.    54.    §.  61  fin.      Vgl. 

1.  Th.  392.  20)    S.   nnlen.  21)    Sneion.  52.      Hier   §.    58.  A.   67. 

§.  62.  A.  48.  n.  8.  22)    .Sueton.   I.  c.   1.   Th.   100.  A.  30.     Oben  §.  61. 

A.  36.  23)    Oben  §.  40    A.  38.  24)    §.   I.  A.  90.  25)    5.  3. 

A.    30.    Oio   44,   39.  26)    Negotiis    amiconiiu   inlcntus,   sna  negligere. 

Sallnst.  B.  C.  54.   CoTt.  27)    Oben  §.  52  f.n. 


XXI.    lULII.         (31.  §.74.)         743 

an  sich  voriibergelien ,   er  sacLt  sich  be^vusst  zu  ■werden,  was  in 
dem    CLaracfer   lag',     oder    nur    als    Verirrung    zu    betrachten    ist, 
er    forscht    nach     der    Lrsach    dieser  Verirrung-,    ohne    das    Ver- 
dainmliche  zu  loben  oder  auch  nur  zu  eutscLuldigen ,    und  gelangt 
durch  alle  Windungen  des  äussern,  viel  bewegten  Lebens  zu  einem 
Urtheil  über  den  Menschen;  denn  wie  kein  treues  Bild  von  einer 
Gegend  gewonnen  wird,  wenn  man  aus  der  Ferne  nur  Einzelnes, 
nur    die  hoch  liegenden  Puncfe    übersieht ,    so   darf  man  auch   das 
Eig'enthümliche  eines  Meuschen   nicht   nach  einzelnen  Handlungen 
und  Aeusserungen  bestimmen.     Cäsar  wollte  herrschen;  die  Erobe- 
rung   Galliens   war    eins    seiner   letzten    und    wirksamsten    Mittel, 
dahin  zu  gelangen  ;  als  es  die  Kräfte  mit  den  seinigen  gemessen, 
und  die  Freiheit  verloren  hatte,  sollte  es  ruhen,  damit  er  nun  die 
Römer     angreifen    konnte ;     es    ruhte    nicht    und    wurde    bestraft. 
Das    furchtbare    Schicksal    der    Eburonen,-*)    des  Acco,^')    des 
Gutruatus,  ^°)  der  Besatzung  von  l'xellodunum,  *')  und  des  Ver- 
cingetorix  ' -)    war   schon    entschieden,    ehe    er   ihr   unglückliches 
Vaterland    sah ;    sie    wurden    nicht    Opfer    der  Grausamkeit    und 
Rachgier,  ein  Ehrgeiziger  züchtigte  sie ,  dessen  Pläne  sie  zu  ver- 
eiteln   drohten ;    seine   Schuld   aber    bleibt    dieselbe.     Im    Bürger- 
kriege  zog    er    das  Vermögen    seines  Gegners    ein   und    auch    die 
Güter  der  Pompejaner,  welche  nach  ihrer  Niederlage  in  Thessalien 
sidi  nicht  unterwarfen  ;■"■*)  sie  sollten  nicht  zu  Aemtern  gelangen 
und    die   Rückkehr    nach  Rom   wurde    ihnen    erschwert;^*)    mit 
Dejolarus,  dem  Könige  in  Galatien,  versöhnte  er  sich  nie,  ' ')  und 
Einige    starben  nach  der  Besiegung  des  Scipio   in  Africa   als  Ge- 
fangene ,   jedoch    so ,    dass    es    nngewiss   bleibt ,    ob   er  sie  tödfen 
liess.  *  ^)      Dies    Nachricht ,    er   habe    häufig    das    Getümmel    der 
Schlacht  benutzt,  um  Menschen,  deren  er  sich   entledigen  wollte, 
aus  dem  Wege  zu  räumen,  ist  offenbar  dadurch  entstanden,  dass 
er  einst  Meuterer  im  Heere  dem  Feinde  preis  gab.  ^'') 

Auch  manche  andre  seiner  Handlungen  erregt  bei  genauer 
Untersuchung,  weniger  Abscheu,  und  wenn  man  vergleicht,  so 
findet  man  weit  mehr  Beweise  von  Nachsicht  und  Schonung,  als 


28)    §.  30.  A.   17.  n.  24.  29)    §.  30.  A.  30.  30)    §35.  A.61. 

31)    §.  35.  A.  62.  32)    §.   33.  A.  95.  [~.  60.  A.  30.  33)    §.  5ti.  A. 

60.  34)    §.  60  in    n.  A.  2  f.  351    §.  65.  A.  Sl.  36)    §.  59.  A. 

42.  u.  48.  37)    Dio  43,  12.  13.     Hier  §.  5G.  A.  48. 


744  XXI.     lULII.         (31.  §.74.) 

Toin  GegentLeile ,  niclit  nur  im  Anfang^e  des  Kriegs  mit  der 
Aristokratie ,  sondern  bis  zu  seinem  Tode ;  die  Rhigheit  leitete 
jLu  folglich  niclit  allein.  Es  iiberrascLte,  schien  iinglaiiblicb,  dass 
er  nach  dem  Einfalle  in  Italien  die  Gefangenen  von  Corfinium 
und  unter  ihnen  seine  ärgsten  Feinde  begnadigte;  man  hatte  einen 
.Sulla  erwarte;,  wie  er  wusste,  daher  schrieb  er  den  Vertrauten 
und  Cieero,  als  nun  von  allen  Seiten  sein  Lob  ertönfe  :  Sulla  sei 
nicht  sein  Vorbild,  mit  grösster  Milde  gedenke  er  auch  ferner  zu 
verfahren,  man  solle  sich  überzeugen,  dass  er  nichts  weniger  als 
grausam  sei.  ^')  Noch  in  demselben  Jahre  lös'te  er  sein  Wort 
in  .Spanien  ,  obgleich  Petrejus  ,  der  Legat  des  Pompejus ,  einen 
Theil  seiner  Truppen  ermorden  liess.  ^  ^)  Bei  Pharsalus  gebot 
er  die  Bürger  zu  schonen,  und  verbrannte  die  Briefschaften  seines 
Nebenbuhlers,  ohne  sie  zu  lesen;*")  „gemässigt  im  Zorn  wollte 
er  es  sich  doch  lieber  unmöglich  machen,  zu  zürnen."")  Die 
Grossen  der  andern  Partei  erwürgten ,  was  ihnen  in  die  Hände 
fiel;  ")  gleichwohl  sorgte  er  sogar  für  die  Pompejaner  in  Aegjp- 
ten,**)  er  vergab  ihnen  in  Africa,  vernichtete  die  Papiere  des 
•Scipio,  ")  und  blieb  sich  auch  im  zweiten  Kriege  in  .Spanien 
gleich,  wo  vieles  sich  vereinigte,  was  ihn  erbittern  konnte.  Den 
Wittwen  und  Waisen  seiner  Feinde  sicherte  er  den  Unterhalt.") 
Mehrere  Verbannte  empfanden  einen  so  unüberwindlichen  Hass 
gegen  ihn  ,  dass  sie  nicht  einmal  versuchten ,  ihn  zu  besänftigen, 
und  selbst  unter  diesen  vergönnte  er  wahrscheinlich  nicht  bloss 
M.  Marcellus  Cos.  51  den  Genuss  des  Vermögens;'^)  alle  aber 
lebten  in  Gegenden,  wo  er  sie  zu  erreichen  vermochte,  und  er 
beunruhigte  sie  nicht;*')  Cicero  nnd  Andere,  welche  glaubten, 
dass  jener  Marcellus  auf  seinen  Befehl  getödtet  sei,  mussten  bald 
mit  Beschämung  ihren  Irrthum  gestehen.  **)  Man  verkannte  ihn 
in  jeder  Beziehung ;  die  ehemaligen  Anhänger  der  Aristokratie 
fürchteten   fast  bis  zu    seinem   letzten  Athemzuge  Proscriptionen  j 


38)   Brief  an  Oppins  n.  Balbns  in  Cic.  ad  Att.  9,  7  fin.  Br.  an  Cicero 
in  ad  An.  9,  16.     Oben  §.  42.  A.  25.  39)   Oben  5-  45.  A.  8.  11.  12. 

40)    §.  51  fin.  41)    Senec.  de  ira  2,  23.  42)   Oben  §.  48.  A.  68. 

n.  81.  43)   §.  52  fin.  44)  §.  59.  A.  17.  39.  41.  n.  48.  45)  §.  59. 

A    41.  48.    §.  65.  A.  79.  46)    2.  Th.  395.  A.  87.  47)    Tarnen  id 

cogitare    deberes,    iibicmuqne   esses,    le  fore   in  eins  ip:>ins,    quem  fugeres, 
pofeslale.     Cic.  ad.  Farn.  4,  7.  4S)    2.  Tb.  397.  A.  95. 


XXI.    lüLII.        (31.  §.74.)        745 

Ibre  Besorgniss   war  nngegriindet ;   sie   durften  auf  ihren  Gütern 
scLmoIlen ,    itn     öffentlicL     rühmen    und    in    ihren    Kreisen    ihn 
schmähen.     Sulla  wollte    der  Glückliche    g'euannt    Verden,    Pom- 
pejas    der    Grosse,    Crassus    der   Reiche,    und    Cäsar    der    ]Milde. 
Diesen  Namen  verdiente  er  immer  mehr,   Je  'nächtiger  er  \%'nrde ; 
er   vergass  Beleidigungen    aus    früherer  Zeit,    und    ahndete  nicht, 
was    jetzt    als  Majestäts- Verbrechen  erschien;    Cornelius   Phagita 
hatte    ihn   onter    Sulla   verhaftet,    und    -wurde    nicht    bestraft,'^) 
gleich  grossmüthig  zeigte  er  sich  gegen  Catullus  ' ")  und  Otacilius 
Pitholaus,  '')   und  Aulus  Cäcina,   ein  verächtlicher  Sclireier,  blieb 
wenigstens    im  Exil    unverletzt.'^)     Seine  Milde    galt  lange   für 
Verslelhing ;    eine   glückliche  Verstellung ;    glücklich    die    Römer, 
wenn  man  auch  an  ]Marius  und  Sulla,  an  Ocfavian  und  Antonius 
diesen  Fehler  mit  solchen  Folgen  rügen  müsste,    und  sie    so  un- 
verbesserlich gewesen  wären,   wie  Cäsar,  welcher  unter  der  IMaske 
starb.     Er   wollte  als    ein    gelinder  Herrscher   mit  der  Herrschaft 
versöhnen,  und  den  Anhang  der  feindlichen  Parteihäupter  zu  sich 
Lerüberziehen ;  ohne  Zweifel ;  aber  nicht  bloss  aus  diesem  Grunde 
war  er  gelinde,  denn  der  endliche  und  vollständige  Sieg  veränderte 
nichts.     Der    üebemundene    und    Gedrängle    ist    ohne    Alitleiden, 
der  Sieg  selbst  macht  menschlich  ;    auch    im  Bürgerkriege  ?    auch 
wenn    das    schreiendste  Unrecht,    die   empörendste  AYiUkühr  dem 
Ehrgeiz    entgegen    gekommen   ist,    den  Bruch    zu  beschleunigen  ? 
Richtiger    also,    die  Ursach    des  Siegs    machte    Cäsar    menschlich, 
seine    geistige    Ueberlegenheit ,    sie    ersparte    ihm    Grausamkeiten. 
Er  handelte,  wie  jeder  Hochbegabte,   entschieden  und  folgerecht; 
da  er  selbst  nicht  zwischen  den  Parteien  schwankte,  so  schwank- 
ten auch  Andere  nicht,    vielmehr    erklärten  sie  sich    von  Anfang 
für  oder  gegen  ihn,  selten  wurde  er  versucht,  Abfall  oder  Treu- 
losigkeit   zn    bestrafen,   und    die   Zuversicht,    mit   welcher    er  die 
Unterwerfung  aller  seiner  Gegner   erwarten  ijirfte,    hielt  ihn   ab, 
sie  anders  als  in  der  .Schlacht  zu  verfolgen.     S!tets  aber  wird  niaa 
auf  seine  Gesinnung  zurückgeführt;  sie  allein  bestimmte  ihn,  nach 
jahrelangem    Kampfe    der   Rache    zu    entsagen ,    und    die    Gräuel, 
deren    seine  Klugheit  ihn  überhob    auch  nicht  zu  wollen ;    durch 

49)    Sueton.  74.     Hier  §.  1.  A.  90.  50)   Sueton.  73.     Hier  A.  100. 

51)    Säet.  75  üa.     Oben  J..  31.  A.  55.  52)    Snet.  1.  c.     Oben  §.  60. 

A.  3. 


746  XXI.    lULII.        (31.  §.75.) 

Proscripfionen,  welche  man  dringend  von  ihm  forderte,  würde  die 
Habsucht  befriedig't  und  seine  Ermordung-  verhindert  sein.  Die 
Vertrauten  klagten,  als  er  nicht  mehr  war,  seine  Milde  sei  ihm 
verderblich  geworden;  '*)  auch  die  übrigen  Zeitgenossen,  selbst 
Cassius'*)  und  Cicero  miisslen  jene  Tugend  anerkennen;'') 
Ruui  weihte  dem  Dicialor  im  Tempel  der  dementia  Altäre,  '^) 
und  die  Nachwelt  bezeugte,  es  sei  nie  gerechter  gewesen.  ") 

§   75. 

Die  Hochherzigkeit  Cäsars  lässt  auf  eine  starke  Seele 
schllessen.  Es  giebt  bewunderungswürdige  Anlagen  zu  einer  be- 
stimmten Innern  oder  äussern  Thätigkeit,  die  meisten  berühmten 
Blenschen  haben  ihre  Namen  durch  eine  einseitige  Grösse  ver- 
ewigt: Cäsar  wurde  von  der  Natur  befähigt,  in  Allem  gross  zu 
sein ;  ihm  blieb  die  Wahl,  als  Feldherr,  Staatsmann,  Gesetzgeber, 
Rechtsgelehrter,  Redner,  Dichter,  Geschichtschreiber,  Sprach- 
forscher, IMalhemafiker  und  Architect  zu  glänzen.  Nie  gebrach 
es  ihm  an  Kraft  oder  Zeit;  denn  er  erhaschte  im  Fluge,  was 
Andere  mühsam  sich  aneignen,  das  Verworrenste  lös'te  sich  schnell 
vor  seinem  Adlerblicke,  uud  selbst  Verschiedenes  zugleich  zu 
bedenken,  war  ihm  möglich  und  leicht.  Den  Gaben  entsprach 
die  Empfänglichkeit;  das  Wissenswürdige,  von  welcher  Art  es 
auch  sein  mochte,  hatte  Bedeutmig  uud  Werth  für  ihn.  ' ') 


53)    ad   Att.   14,    22.  54)    Oben   §.   70.    A.  53.  55)   Cic.  p. 

Marceil.  3  fin.  p.  Ligar.  6  fin. :  Onis  non  eam  -victoriam  probet,  in  qua 
occiderit  nemo,  nisi  armatas?  12  fin.:  !\uUa  de  yirturibns  tuis  plnrimis 
nee  admlrabilior  nee  gratior  niisericordia  est.  —  Kihil  habet  nee  foituna 
taa  mains,  qnam  nt  possis:  nee  natura  tna  melins,  quam  ut  velis 
conserrare  qnam  plnrimos.  p.  Deiot.  1^:  Solus  es,  cuius  in  yietoria  ceci- 
derit  nemo,  nisi  armalus.     liier  §.  60-  A.  97  f.  56)   Oben   J.65.  A.  37. 

57)  Sallnsl.  B.  C.  54.  Cort. :  Caesar  ignoseendo  gloriam  adeptus  est. 
Valer.  M.  6,  2.  §.  11  :  Ipsa  man»aeludine  milius  pectus.  Senec.  de  ira 
2,  23.  Plin.  7,26(25,:  Caesari  propriam  et  peenliare  —  clementiae  insigne. 
Vellej.  2,  52  fin.  55.  §.  2.  Säet.  73,  75:  Moderationem  clementiamqne  ad. 
inirabilem  exhibuit.  Flor.  4,  2.  §.  90.  Solin.  1.  f.  101.  Dio  38,  11- 
44,  4S_47.    App.  2,524.  58)    Auct.  Dialog,  de  orator.  21:    Divinum 

ingeniiim.  Macrob.  Sat.  1  ,  5  in. :  Excellentis  ingeiiii  ae  piovideiitiae  vir. 
,Cic.  2  Phil.  44:  Fiiit  in  illo  iugenium,  ratio,  momoria,  lilerap,  ciira,  cogilatio, 
dUigeniia,     5  Phil,  lä :     Omuem    \ini  ingcuii ,   'juae  siuuua  fiiit  in  illo  otc. 


XXI.    lULH.        (31.  §.75.)        747 

Eine  so  gedleg'ene  Natur  scLent  keine  Untersuchung';  sie 
blendet  nicht  im  Schimmer  der  Herrscher-  Gewalt.  Cäsar  ge- 
winnt, wenn  man  ihm  näher  tritt.  Er  war  ein  kräftigter  und 
geübter  Rrieger;  ohne  Nachtheil  ertrug  er  jede  Beschwerde; 
Beine  Fertigkeit  im  Schwimmen  rettete  ihn  bei  Alexaudrieu,  '^) 
ond  gleiche  Gewandtheit  zeigte  er  als  Reiter,  sie  machte  ihm 
selbst  den  Zügel  entbehrlich.  *°)  Schon  dadurch  wurde  er  dem 
Feinde  als  persönlicher  Gegner  überlegen ,  und  er  kannte  den 
Gebrauch  der  Waffen,  und  zögerte  auch  als  Anführer  nicht, 
wenn  es  seines  Arms  bedurfte;  dann  focht  er  zu  Fuss ,  ohne 
Helm,  seine  Tapferkeit  begeisterte,®')  mehr  als  einmal  stellte 
er  dadurch  die  Schlacht  wieder  her,  ^•)  und  auch  bei  den  un- 
gewohnten Gefahren  des  Meers  verliess  sie  ihn  nicht.  ®^) 

Der  erste  Soldat  seines  Heers  war  er  der  erste  nnter  den 
römischen  Feldherren,  vielleicht  unbedingt.  ®*)  Man  rühmt  an 
ihm,  dass  er  sich  den  Wechselfällen  des  Glücks  immer  weniger 
bloss  gegeben  habe,  je  öfter  er  siegte,**)  und  in  der  That  wagte 
er  nicht  ohne  die  W^ahrscheinlichkeit  des  Gelingens;  seine  Voiv 
sicht  trug  aber  den  Stempel  der  Kühnheit.  Den  Kömern  gegen- 
über führte  er  mit  Benutzung  der  Umstände  stets  einen  Angriffs- 
Krieg,  und  in  diesem  kamen  die  eigenen  Kräfte  weniger  in 
Betracht,  als  die  Hoffnung,  dem  Feinde  den  Gebrauch  der  seinigen 


riin.  7,  25:  Animi  Tigore  praestantissimnni  arbitror  genitam  C.  Caesarem 
dicialorem.  Nee  Tirtotem  constantiamqoe  nnnc  tonunemoro,  nee  snljliniitateni 
oniniiim  capacem,  quae  coelo  continentnr:  sed  proprinm  Tigorem  celeritatem- 
qiie  qnodam  igne  Tolucrem,  Scribere  aut  legere,  simul  dictare  et  andire 
solitnm  accepimus.  Kpistolas  Tero  tantarnm  rernm  qnaternas  pariter  librarüs 
dictare,  aiit  si  nihil  aliud  agerct,  seplenas.  Solin.  1.  J.  101.  Plnt.  Caes. 
17  fin.  Vellej.  2,  41:  Vigore  anioii  acerrimiis.  Gell.  1,  10  fin.:  Excel- 
lentis  ingenii  ac  prndenliae  Tir.  Dio  44,  38:  w  yno  j;  pt'/ri  iroXvanxi- 
aiitirj  TiQij;  Titt>'lf  i).io(ü>;  xid  r«  (inrji'aTa  y.id  i«  Tioliuia  äiaifavig 
VTirjnie.      Latin.     Pacat.     Paneg.    cap.     18.  59)     Oben     J.    54.    A.    33. 

60)  Plut.  17.     Suet.  57.     Ueber    sein    Schlacht])ferd   s.    liier   §.  61.  A.  66. 

61)  Caes.  B.  G.  1 ,  25.  Sneton.  57.  60.  62.  App,  2,  522.  Oben  §.  62. 
A  4  —  6.  62)  Oben  §.  18  fin.  {.  20.  A.  24.  25.  §.  62.  A.  4.  Nicht 
immer:  §.  49.  A.  32.  §.  54.  A.  33.  63)  §.  25.  A.  3.  §.  26.  A,  30. 
§.  48.  A.  95.  f.  59.  A.  2.  64)  Snet.  55.  Plnt.  15.  Vellej.  2,  46.  47. 
Cic.  ad  Att.  7,  3.  8,  13.  2  Phil  44.  Solin.  1.  §.  100.  65)  Snet.  6(1. 
TKl.  58.                                               .                                              • 


748  XXI.    lüLir.        (31.  §.75.) 

dadurch  zu  ersct-weren ,  dass  er  zu  einer  Zeit  und  en  elaein 
Orte  aiigrifF,  wo  man  ihn  nicLt  erwartete;  im  scLIimmsten  Falle 
wurde  die  Uebermaelit  des  Geg:ners  durcli  dessen  Bestürzung'  und 
Uebereilnng;  aufgewogten ;  daLer  Latte  er  lieber  Tage  und  Stunden 
eis  Legionen  yoraus.  Um  zu  iiberrascLen,  eröffnete  er  den  ersten 
und  zweiten  Feldzug  gegen  Ponipejus,  den  africanischen  und 
Tweiteu  spanischen,  wenn  Andere  in  die  Winterquartiere  giengen, 
und  so  schnell,  dass  das  Gerücht  von  seinen  Rüstungen  den 
Feind  nicht  früher  erreichte,  als  er  selbst;  er  schien  beflügelt  zu 
sein,  „ein  \Vunder  von  Geschwindigkeit."^^)  Wenn  nicht  alle 
Truppen  sofort  folgen  kounten,  so  war  er  vorerst  sein  eigener  und 
sicherster  Kundschafter,  und  selten  gefährdet,  mochte  auch  das 
andre  Heer  sich  ermannen,  denn  unübertrefflich  in  der  Befestigungs- 
kunst wusste  er  sein  kleines  Lager  mit  einem  Zauberkreise  zu 
umgeben.  Hier  erspähete  er,  wie  seine  "Kräfte  Avuchsen,  die 
Gelegenheit,  doch  mehr  den  B'eiud  durch  geschickte  Bewegungen 
in  die  Enge  zu  treiben,  ihn  dann  mit  Linien  zu  umspinnen  und 
durch  den  Hunger  zu  besiegen,  als  ihn  zu  schlagen.")  Bei 
seiner  Scharfsichligkeit  und  Wachsamkeit  wurde  jede  Blosse  so- 
gleich benutzt,^'')  und  rastlos  verfolgte  er  den  errungenen  Vor- 
(heil,  keine  Unterhandlung  vermochte  ihn  aufzuhalteu,  kein  halber 
Gewinn  ihn  zu  befriedigen,  wer  die  Wahlstatt  vor  ihm  räumte, 
verlor  Alles,  auch  Lag-er  und  Heer.  ®ä)  Seinem  Ruhme  thut  es 
keinen  Abbruch,  dass  mitunter  der  Zufall  half,  ' ")  und  sein  Ver- 
fahren gegen  die  Usipeter  und  Tenchtherer,  welches  von  jeher 
in  der  Geschichte  verwerflicher  Kriegslisten  zum  Beispiele  gedient 
Lat,  erscheint  wenigstens  in  einer  mildern  Gestalt,  wenn  man 
auch  auf  der  andern  Seite  nicht  unwandelbare  Treue  findet.^') 
Die  Rache  der  Gölter  fürchtete  er  nicht;  über  einen  so  starken 
und    hochgebildeten    Geist   hatte    der   Volksglaube    keine    Gewalt, 


66)    Cic.   ad  Att.   8,  9.  I4.    9,  18.     ai  Fam.   8,  15.    p.  Marcell.  2. 
riin.  7,  25.    Suet.  57.    Flor.  4,  2.  §.38.    Plnl.  Caes.  17.26.  53.   Die  42,  56. 

67)  Froiitin.    sirat.   4,   7.   §.    1.     Oben   §.   45.    A,   5  f.    §.    49.   A.    15  f. 

68)  Cic.  ad  Att.  11.  cc.  SaUnst.  B.  C.  54.  69)  Lucan.  1 ,  144  f. : 
In  Caesare  —  nescia  virtus  stave  loco,  solnsqne  piidor,  non  viiicere  hello.  — 
Successns  nrgere  snos,  in:>tare  favori  Mnminis;  inipetlens  quidqiiid  sibi 
sniniiia  pclenti  obstaret,  gaudensqne  \iain  fecisse  riiina.  Oben  §.  51.  A.  41. 
70)   §.  62.  A.  8.           71)   §.  25.  A.  91. 


XXI.    lULII.        (31.  §.75.)        749 

und  er  wurde  iLin  durch  keineu  bessern  ersetzt.  ^^)  Er  rer- 
lacLle  die  Anzeichen  am  letzten  Tage  seines  Lebens  ^'^■ie  in  seinem 
ersten  Consuhit ;  '  ^  weder  Scipios  Name,  noch  die  Warnung  des 
Haruspex,  oder  das  SirancLeln  bei  der  Landung  veränderte  seinen 
Enischluss,  den  Krieg  in  Africa  zu  führen,")  und  er  schlug 
bei  Munda,  obgleich  man  in  dem  Opferlhiere  das  Herz  ver- 
misste;")  es  ist  anf  die  Leser  berechnet,  welche  den  Günst- 
ling des  Glücks  in  ihm  erkennen  sollen,  wenn  er  von  AVundern 
vor  der  Schlacht  bei  Pharsalus  spricht ;  '  ^)  die  Religion  war  ihm 
nur  ein  Bliltel,   auf  das   Heer  zu  wirken, 

Oh^^rachtet  seiner  eigenen  Grösse  bedurfte  er  Männer, 
■welche  es  verstanden,  seine  Pläne  auszuführen;  die  Tüchtigkeit 
seiner  Legaten  zeugt  von  einer  guten  AVahl.  ")  Sie  erliielteu 
seine  Befehle  oft  in  griechischer  oder  in  einer  Geheimschrift, 
deren  er  sich  aucli  in  Briefen  an  die  Geschäftsträger  in  Rom 
bediente.  Im  letzten  Falle  setzte  er  nach  vorgängiger  Ueberein- 
kunft  statt  des  Buchstabens;  welchen  man  lesen  sollte,  den  vierten 
vor  ihm  im  Alphabete,  oder  auch  andere,  denn  die  ChilFern 
waren  nicht  immer  dieselben.  ' ')  Das  Heer  wurde  auf  den 
Sclilachtfeldern  geübt,")  und  au  Beschwerden  aller  Art,  an 
Hitze    und   Kälte,    an    Hunger    und  Durst   gewöhnt,*")    ein  ab- 


72)  De  poena  possnin  eqnidem  dicere  id,  qnod  res  habet,  ia  Inctn 
atqne  miseriis  mortem  aermnnarum  requiem  non  cnicialnm  esse  ;  cam  cuncta 
mortalinm  mala  dissolvere;  ultra  iieqne  curae  neque  gandio  locum  esse. 
Caes.  bei  Sallust.  B.  C.  51.  Bene  et  composite  C.  Caesar  panllo  ante  ia 
hoc  ordine  de  ^ita  et  morte  dissemit,  credo  falsa  existimans  ea,  qnae  de 
inferis  inemorantur,  diverse  iiincre  malos  a  bouis  loca  tetra,  inculta,  foeda 
alqiie    formidolosa   habere.     Cato    das.   52.  73)     §.   12.   A.  52.     ^.   72. 

A.  92  i.  7i)    J.  58.   A.  68  t.  75)    App.  2,  501.  Oben  J.  72.  A.  93. 

76)    B.  C.  3,  105.  77)    Oben  f.  16.  A.  83  n.  99  f.  78)  Der  Grain- 

malikcr  Probns  schrieb  über  diesen  Gegenstand  ein  besonderes  AVerk.  Gell. 
17,  9.  Dio  40,  9.  Säet.  56.  Aehnliches  Viird  von  Augustns  berichtet. 
Snet.  Oct.  88.    Dio  51,  3  fin.  79j    Cic.  ad  Fam.  6,   1.    >  1:    lis  rebus 

praestabamus,  quae  non  prodennt  in  aciem:  usu  autem  armoruni  et  militiim 
robore   inferiores    eramus.     Plul.    Caes.    28.  80)     B.  G.    8,  4:    Caesar 

militibus  pro  tanto  labore  ac  patientia,  qui  brnmalibus  diebns,  itineribus  dilG- 
ciliimis,  frigoribus  intolerandis  stndiosissime  permanseraut  in  labore,  etc. 
Cic.  ad  Fam.  8,  17  fin. :  Aostri  valde  depngnare,  et  facile  algere  et  esurire 
consiierunt.  ad  Fam.  4,7:  Aon  iis  rebus  pugnnbanius,  qiühus  Yolere  po- 
eromus,  —  sed  lacertis  et  viiibus,  qnibus  pares  non  eramus. 


750  XXI.    lULH.         (31.  §.75.) 

geLärtefes  GescLlecLt  mit  nervigem  Arme,  voll  Vertranen  zum 
Anführer  und  zn  sich  selbst.  ' ')  Eine  ununterbrochene  Reihe 
von  Felilziig-en  in  fernen  Ländern  entfremdete  es  dem  Vaterlande, 
und  knüpfte  dageg^en  die  engsten  Bande  zwischen  ihm  und  Cäsar, 
zumal  da  dieser  au  sich  geschaffen  war,  sich  Liebe  zu  erwerben, 
und  in  seinen  Verhältnissen  absichtlich  dahin  wirkte.  Die  freund- 
liche Anrede:  Kampfgenossen  für  Soldaten,*^)  gewann  durch 
den  Ausdruck  von  Innigkeit  und  ungekünstelter  Herablassung  in 
Ton,  Blick  und  Miene,  durch  die  Wahrnehmung,  dass  er  Ent- 
behrungen ,  Anstrengungen  und  Gefahren  mit  seinen  Kriegern 
theilte,  dass  er  ihr  Unglück  tief  empfand,  und  nicht  ruhte,  bis 
sie  gerächt  waren,  ")  dass  er  unablässig  für  sie  sorgte,  und  nur 
zn  erobern  schien,  um  sie  zu  bereichern,  ^*)  eine  unwiderstehliche 
Gewalt.  Freilich  weckte  diess  ein  bedenkliches  Gefühl  von 
Wichtigkeit  in  ihnen,  es  führte  zu  Ansprüchen,  welche  nicht 
immer  befriedigt  werden  konnten ,  und  befestigte  folglich  die 
Soldaten -Herrschaft,  das  Verraächtniss  des  Marius  und  Sulla; 
aber  Cäsar  beachtete  es  nicht;  um  jeden  Preis  suchte  er  den 
Thron  zu  gründen,  über  welchen  einst  Legionen  und  Prätorianer 
schalten  sollten,  auch  war  Er  stark  genug,  dem  Uebel  zu  steuern. 
Durch  Strenge  und  Nachsicht  erhielt  er  die  Kriegszucht.  Der 
Soldat  musste  stets  zum  Aufbruch'  bereit  sein;  um  diess  zu  er- 
proben ,  überraschte  ihn  oft  an  einem  Feste ,  bei  heftigem  Regen 
und  sonst  das  Zeichen  zur  Schlacht;'')  tagelange  schnelle  Be- 
we'Tungen  unter  einer  schweren  Bürde  durften  ihn  nicht  er- 
müden, und  im  Gefecht'  sollte  die  Schande  der  Feigheit  ihn  mehr 
schrecken  als  der  Tod.  Cäsar  vergrö'sserte  die  Zahl  der  Feiude, 
wenn  er  in  seinen  Reihen  Verzagtheit  bemerkte,  um  so  gev/isser 
wurde  die  Furcht  durch  den  Befehl,  dennoch  anzugreifen,  durch 
die  Zuversicht  des  Heerführers  verbannt;  »*)  vor  dem  Kampfe 
mit  den  Helveliern,  deren  Gestalt  und  Menge  Manchen  zum 
Zittern   brachte,    wies    er   sein   Pferd  mit   den  Worten   zurück: 


81)    ad  Fam.  7,  3:    Signa  lirone  et  coUecticio  exercitn  cum  legi'onibns 
robnstissimis    conlnlit    (Pompeins).      Veliej.    2,    49.  82)     Sueton.    67. 

Polyaen.  8,  23.  }.  22.  83)    Oben  §.  27.  A.  71.  84)  rint.  Caes.  17. 

B.  GaU.    7,  11.  89.    8,  4.     Snet.  26.     Cic.  ad  Att.  7,  7.    CatuU.  29.  57. 
Plin.  36,  7  (6).    (Hier  §.  73.  A.  83.)  85)  Snet.  65.    rolyaen.  siral. 

8,  23.  I.  17.  86)   Suei.  66. 


XXI.    lULn.        (31.  §.75.)        751 

aicLt  Jetzt,  eonJern  zur  Verfolg'iiiig'!  "')  Er  wnsste,  was  ein 
"Wort,  aber  auch,  was  das  Beispiel  vermag';  seine  zehnte  Legion 
war  der  Rem,  an  welchen  sich  die  übrigen  anschlössen,  und  in 
ihr  gierigen  wieder  Einzelne  voran;  ''^)  der  Veteran  scheute  die 
Blicke  des  Neugeworbenen,  und  dieser  den  Tadel  des  Veferans. 
Für  die  höchste  Strafe  galt  die  Ausstossung,  die  Strafe  des  Un- 
gehorsams; der  Meuterer  fand  keine  Gnade,  bis  er  seine  Schuld 
gestand.  *')  Doch  sah  Cäsar  nicht  jedes  Vergehen;  za  rechter 
Zeit  oder  in  unwesentlichen  Dingen  wurde  der  Zügel  nach- 
gelassen, und  diess  hatte  dann  nni  so  grössern  Werth.  IVach 
einem  Siege  und  -wenn  es  sonst  zweckmässig  und  gefahrlos  zu 
sein  scliien,  gestattete  er  Trinkgelage  und  andere  Vergnügungen, 
„auch  gesalbt  waren  seine  Soldaten  lai>fer";  er  duldete  es,  dass 
sie  ihre  Waffen  mit  Gold'  und  Silber  schmückten,  ^°)  und  zürnte 
nicht,  wenn  sie  bei  dem  Triumphe  mit  rohem  ÄlutliwiUen  über 
ihn  scherzten.  Seinem  Ansehn  ihat  es  keinen  Eintrag;  sie  be- 
wunderten ihn ,  und  waren  eifersüchtig  auf  seinen  Ruhm ,  weil 
sie  ihn  theilteu.  Dieser  Geist  der  Gesanimtheit  machte  jeden 
Einzelnen  zum  Bürgen  für  die  Ehre  des  Heers,  Niederlagen  za 
einem  persönlichen  Unglück,  das  Fliehen  einer  Abtheilung  zur 
Schande  für  Alle ;  sogar  bei  einem  Scheine  der  Feigheit  trat  man 
nur  durch  eine  strenge  Busse  wieder  in  seine  Rechte,  so  ^vollten 
es  die  Truppen  selbst.^')  Nach  den  ersten  Feldzügen  in  GaUien 
sollte  von  der  Unmöglichkeit  des  Siegs,  und  von  der  Zahl  der 
Feinde  die  Rede  nicht  mehr  sein;^')  einige  Mann  glaubten 
ganze  Cohorten,ää)  einige  Legionen  ein  ganzes  Heer  schlagen 
zu  können,^'')  und  der  Gefangene  starb,  um  nicht  gegen  seinen 
Imperator  zu  dienen.  ^^) 

„  Cäsars  Reden    athmeten    denselben  Geist   wie  seine  Krieg- 
führung;" ^^)    auch  in    dieser  Hinsicht   unterstützten  sich  Natur 


87)    Plnt.   18.  88)   Caes.  B.  G.  4,  25.   B.  C.  3,  91.    Hier  §.  2f 

u.   §.  31.  A.  39.  89)    Oben  §.  46.  A.  43.    §.  56.  A.  46.  90)  Snet.' 

67.   Polyaeii.  1.  c.  §.  20.  91)    Oben  §.  49.  A.  45.  92)  Caes.  B.  G. 

7,   17.    Hier  J.  32.  A    68.  93)    B.   Äfric.  45.    §.  58  fin.  94)  Plnt. 

Caes.  38  fin.  43.     §.  48.  A.  95.  95)    B.  Afric.  44  —  46.     Plnt.   16  fin. 

Val.  M.  3,  8,  J.  7.    Oben  J.   58  fin,     Tales  in  castris  Divi  lulii  disciplina 
miliies   aloil.     Vat.  M.  3,  2.  ^,  23.  96)    Quiutil.   10,  I.  §.  114.   ed. 

Sjiald. 


752  XXI.    lULn.        (31.5.75.) 

nnd  Kunst,  ")  Jocli  yerdankte  er  jener  das  Meiste.  M.  Antonius 
Gnipho  unterrlchlete  ihn  in  seiner  Kindheit,  und  konnte  ibn 
folglich  noch  nicht  zur  Beredlsamkeit  anleiten;'*)  die  Schriften 
des  Cäsar  Strabo,  welcher  starb,  als  er  dreizehn  Jahr  alt  war, 
hatten  nur  in  seiner  frühem  Jugend  einigen  Einfluss  auf  ihn,  ^') 
und  sein  Ruf  war  durch  die  Anklage  des  Dolabella  schon  ge- 
gründet, als  er  Molo  in  Bhodus  hörte.  '"'')  Die  Alten  rühmen 
die  Reinheit  seines  Lateins,  da  er  ungewöhnliche,  veraltete  und 
gesuchte  Ausdrücke  vermied,')  den  feinen  Geschmack,*)  und 
die  deutliche  und  lebhafte  Darstellung  voll  Kraft  und  Witz, 
welche  durch  den  Wohllaut  und  die  Stärke  seiner  Stimme,  durch 
ein  angemessenes  Gebelu-denspiel  und  eine  schöne,  edle  Gestalt 
noch  mehr  gehoben  wurde.  ^)  Sie  bemerken  daher,  dass  nur 
Cicero  ihn  übertraf,  und  er  geeignet  war,  auch  diesem  den  Preis 
streitig  zu  machen,  dass  er  es  aber  vorzog,  in  Schlachten  zu 
siegen.  ')  Er  fand  es  nicht  einmal  der  Älühe  werlh,  die  Reden 
au  das  Heer  in  den  Denkwürdigkeiten  vollständig  milzutheilen,  ') 
oder  eine  Sammlung  seiner  gerichtlichen  und  Staats -Reden  zu 
veranstalten;  wir  kennen  sie  nur  durch  einige  dürftige  Bruch- 
stücke, und  schon  zu  Augustus  Zeit  gab  es  verfälschte;  ^)  Rhe- 
toren  und  Geschichtschreiber  liehen  ihm  ihre  Worte. ')     GleichwolJ 


97)    Cic.  Brnt.  72.    SaUnst.  B.  C.  54.  ed.  Cort.  98)  Oben  No.  30. 

99)    Sneton.  SS.    Hier  No.  23.  100)    2.  Th.  561.  A.  36  f.    Oben  {.  2. 

A.  12.  1)  Cic.  IJrnt.  75.  GeU.  1,  10  in.  19,  8.  §.  3.  Maci-ob.  Sat. 
1,  5.  Er  schrieb  Calypsoneni,  „secutns  antiquos",  und  ornatu  für  ornaliii, 
"weil  er  jene  Formen  für  die  ricbiigern  bielt.  Quintil,  1 ,  5.  J.  63.  Gell. 
4,  16  fin.  2)  Cic.  Brut.  72.  75.  Snet.  55.  Qaintil.  10,  1.  §.  114. 
Dialog,  de  orat.  25.  B.  Call.  8.  Prooem.  3)  Cic.  Brnt.  75.  9niiilil. 
1,  7.  §.  34.  10,  1.  {.  114.  10,  2.  5.  25.  12,  10.  J.  11.  Suet.  l.'c.  Bei 
Fronlo  de  eloq.  3.  p.  83.  ed.  Nieb.  sind  die  Worle :  C.  luliom  Cacsarem 
locutum  facuudissiine  omninm  ■von  IVIai  zur  Ergänzung  eingescboben ;  s.  das. 
Niebuhr.  4)  Plnt.  Caes.  3.  Dial.  de  orat.  21.25.  ^uintil.  10, 1.  J.  114. 
VeUej,    2,  36.    Tacit.  A.  13,  3.   PUn.  Ejiist.  1,  20.    Suet.  55.  5)  i.  B. 

B.  C.  3,  90.  6)  Suet  1.  c.  7)  Sali.  B.  C.  51.  App.  2,  460.  473. 
Dio  38,  36.  41,  57.  Vgl.  Caes.  Comment.  ed.  II.  Ondend.  T.  II.  p.  844 
n.  H.  Meyer.  Oralor.  Rom.  Fragm  p.  178  Ondend.  erwiihnt  die  Rede  für 
Sexlilins ,  (p  846)  ■^velchen  niclit  der  Dictator,  sondern  Ciisar  Strabo  ver- 
Iheidigte.  (Meyer  p.  184.  liier  No.  25.)  In  Belreif  der  conciones  ml 
niiliies  ist  schon  erinnert,  dass  Cäsar  bei  Muuda  nicht  dio  Zeit  blieb,  seine 
Soldaten  anzureden.     Oben  J.   62,  A.  1. 


XXI.    lULU.        (31.  §.76.)        753 

ist  der  Zweck  der  Reden ,  ■welcLe  er  in  Rom  bis  zu  seinem 
Abgangje  nacli  Gallien  g-eliallen  Lat,  nicht  zweifelLaft;  sie  waren 
ein  fortgesetzter  Angriff  auf  die  Aristocratie;  wälirend  er  schein- 
bar etwas  ganz  anderes  wollte,  nur  bei  äusseren,  zufällig  sich 
darbietenden  Veranlassungen  auftrat,  machte  er  die  Optiniatea 
lächerlich  und  yerächlHch ;  die  unterdrückte  Partei  erkannte  in 
ihm  ihren  Freund  und  Beschützer,  er  wurde  ihr  Haupt,  und  die 
Gegner  konnten  ihn  mit  den  Gesetzen  nicht  erreichen ,  deren 
Ansehn  er  untergrub.  Er  belangte  Cn.  Dolabella  und  als  Anwalt 
der  Griechen  C.  Antonius,  weil  sie  Sullaner  waren,  und  die  sul- 
lanischen  Gerichte  gleich  sehr  in  der  öffentlichen  Bleinung  xer- 
loren,  wenn  sie  freisprachen  oder  verdammten;  ^)  er  begünstigte 
in  L.  Cinna  nicht  den  Verwandten,  sondei'n  den  Blarianer;  ^) 
er  ehrte  Julia  und  Cornelia  durch  Leichenreden,  weil  diese  ihm 
Gelegenheit  gaben,  das  Andenken  an  Marius  und  an  den  Kampf 
gegen  die  Grossen  zu  erneuern;  '")  er  erklärte  sich  bei  der  ca- 
f  ilinarischen  Verschwörung  gegen  die  Todesstrafe,  damit  der  Senat 
desto  mehr  bloss  gestellt  wurde,  wenn  er  sie  dennoch  rerhieng,  ' ') 
nnd  er  unterstützte  die  Rogation  des  Metellas  ]\  epos ,  um  jenen 
zu  demüthlgen  und  Ponipejus  von  ihm  abzuziehen.*^)  Es  ist 
daher  nicht  leere  Vermuthung,  wenn  man  annimmt,  dass  er  auch 
in  allen  anderen  Reden,  für  die  Bithjnier,  '^)  für  Masin tha,  '  ■•) 
für  Decius,  den  Samniten,'*)  in  den  Reden,  welche  er  als 
Consul  I  und  dann  gegen  C.  Menimius  nnd  L.  Domitius  hielt,  '  ^) 
die  bestehende  Verfassung  za  erschüttern  nnd  sich  in  der  Gunst 
der  Menge  zn  befestigen  suchte. 

§   76. 

Auch  im  Felde  blieb  Cäsar  mit  Rom  und  mit  den  Mä'nnem, 
deren  er  bedurfte,  in  steter  Verbindung;  seine  Freuude  und  Seud- 
linge  vermittelten  Bie,  und  nicht  weniger  seine  Briefe.  Sie  haben 
bis  auf  einige,  welche  sich  in  der  Sammlung  der  Briefe  Ciceros 
finden,  das  Schicksal  der  Reden  gehabt.*')     Die  geringen  Ueber- 


8)   Oben   §.  2.  A.  6  o.  7.  9)  p.  rogat.  Plantia.    Oben  §.  3.  A.  29. 

10)    5.    3.   A.    30.  11)    {.   8.    A.  47  f.    n.  nach  A.  75.  12)    §.  9. 

A.  3.  13)    Gell.  6,  13.     Snet.  49   n.  das.  B. -Crnsius  Inlins  Rniiuian. 

de  fignr.  cap.  8.  14)  Obea  §,  9.  A.  22.  15)    Dialog,  de  orat.  21. 

16)    Oben    }.  14  in.  17)    In  STelonS  nnd  Appians  Zeit  ivaien  uoch 

Driuuaiu],    Gescliiclitc  Roms  III.  Ag 


754  XXI.     lULII.         (31.  §.76.) 

reste  bestätigen,  vras  Cicero  oft  anerkennend  errviiLnt,  class  er 
mit  Innigkeit  und  Wärme  schrieb,  nach  den  Umständen  in  einem 
leichten,  tändelnden  Tone,  und  doch  so,  dass  der  Leser  sich  ge- 
schmeichelt und  verpflichtet  fühlte.  ' ')  Er  zuerst  soll  bei  Be- 
richten an  den  Senat  das  Papier  nicht  auf  Einer  Seite  von  oben 
bis  unten  beschrieben  und  dann  zusammengerollt,  sondern  es  nach 
Art  einer  Schreibfafel  in  Blätter  gefaltet  Laben,  vvodurch  er 
mehrere  Seiten  erhielt.  •  ^) 

Es  }  ann  nicht  als  Zufall  betrachtet  werden,  dass  gerade  die 
■wichtigste  unter  seinen  Schriften,  und  nur  diese,  in  unseren  Händen 
ist;  der  Glanzpunct  seines  Lebens  war  die  That,  nicht  das  Wort, 
und  mit  der  That  wurde  auch  das  W^erk  unsterblich,  welches 
Bie  beschreibt,  seine  Denkwürdigkeiten  oder  Commentare. -")  Sie 
erzählen  die  Geschichte  der  ersten  sieben  Jahre  des  gallischen 
Kriegs  in  sieben,  nnd  die  Geschichte  des  Bürgerkriegs  bis  zum 
alexandrinischen  in  drei  Büchern,*')  und  hallen  die  Mitte  zwi- 
schen einer  rohen  Materialien -Sammlung  oder  den  flüchtig  hin- 
geworfenen Bemerkungen  eines  Tagebuchs,-^)  nnd  einem  aus- 
führlichen historischen  Werke.  ^^)  ■  Der  Titel,  welchen  der 
Verfasser  offenbar  selbst  wählte,  da  er  sich  schon  bei  seinen 
Zeitgenossen  findet,  lässt  auf  ihr  Entstehen  schliessen;  Cäsar  um- 
gab sich  im  Felde  mit  Schreibern,  sie  mussten  aufzeichnen,  was 
sich  ereignete,  und  er  verarbeitete  den  Stoff  bei  Müsse,  wohl  be- 
sonders während  der  Winter -Quartiere,  zn  einem  Ganzen,^') 
Nach  der  Beendigung  des  Kriegs  in  Gallien  machte  er  die  be- 
treffenden Bücher  bekannt,  nicht  früher,  folglich  nicht  einzeln, 
da  Cicero  in  den  Briefen  sie  nicht  erwähnt;  es  ist  dagegen  un- 
gewiss, ob  die  Bücher  über  den  Bürgerkrieg  sogleich  nach  seiner 
Rückkehr  von  Alexandrien  erschienen.'^')     Für  die  Behauptung, 


viele  andere  vorhanden.  Snet.  56.  App.  2,  477.  Plnt.  Caes.  17  fin.  Gel}. 
17,  9  n.  oben  A.  78.  Was  vrir  besitzen,  hat  Ondendorp  a.  a.  O.  (oben 
A.  7)  p.  837  f.   znsammengesteUt.  18)    §.  29.  A.  69  f.  19)    Snet. 

I.   c.  20)    So  nennen  sie  Cic.  Brnt.  7S.    Hirt.  B.  O.  8  prooem.  u.  c.  48. 

und  Sneton.  56.  Strabo  4,  177  sagt  dafür  vnofxyi'iuura ,  der  griechische 
Ueberselzer  des  gallischen  Kriegs  ri7jo_uyrjftoi'ti\uaic< ,  nnd  Tlnt.  Caes.  22 
iiftjftiQCötg.  21)    lieber   die  Fortsetzungen  s.  Hiriii  No.  2.  5.  2.  A.  SS  f. 

22)    Conunentarü    dinrni.     Snet.    Octav.   64.  23)    Cic.  Brut.  75.     Suet. 

Caes.  56.  24)   Plut.  Caes.  17.  25)   K,  E.  Schneider  Uebcr  Cäsars 


XXI.    lULII         (31.  §.76.)        755 

dass  die  Ephemeriden  von  seinen  Commentaren  verscLieden  wnren, 
giebt  es  keinen  Be\%eis.  Pliitarch  gebrancLt  als  GriecLe  jene 
Bezeichnung,  und  denkt,  vsie  der  ZusamnienLang  leLrt,  an  das 
nns  vorlieg'ende  Werk ;  -  ^)  lateinisclie  SrLriflsteller  späterer  Zeit 
Laben  mitunter  den  griecLiscLen  Titel  beibehalten ,  da  er  anch 
schon  unter  ihnen  eing:ebiirg:ert  war;-')  in  dem  Verzeichnisse 
der  Schriften  Cüsars  bei  Sveton  werden  nur  Commentare  ge- 
nannt,^') deren  Zweck,  Einrichtung'  und  Unvollsländigkeit  als 
Schuld  der  Abschreiber  es  erklärlich  macht ,  dass  man  in  ihnen 
Manches  vermisst,  was  Andere  über  den  Verfasser  berichten. 
Cicero  riihmt  die  DarstellHng;  sie  sei  ohne  rednerischen  Schmuck, 
einfach  nnd  doch  schön ,  knrz  und  doch  deutlich ;  er  f iig-t  hinzu, 
das  Werk  solle  dem  Geschichtschreiber  nur  den  Stoff  liefern.  ^  ^) 
Ein  Kampfgenosse  konnte  das  Dunkle  aufhellen  und  das  Erforder- 
liche über  Zeit  und  Ort  ergänzen ;  dem  Leser  aber,  welcher  nicht 
durch  eigene  Anschauung  oder  durch  mündliche  und  schriftliche 
Mitlheilungen  der  Augenzeugen  belehrt  wird,  muss  in  diesen 
umrissen  Vieles  unverständlich  sein,    er  muss  es  bedauern,   dass 


Character.  Ans  seinen  Schriften,  in  'WacHers  Philomatliie  1.  S.  184  ver- 
mnlhet,  die  Heraosgalie  sei  vor  dem  Kriege  mit  Pharnaces  erfolgt,  weil 
dadnrch  das  Unheil  der  Rümer  über  Cäsar  und  Ponipejus  zn  Gunsten  des 
Ersten  bestimmt  werden  sollte;  den  Diclator  beschäftigte  aber  in  Aegrpten 
nach  dessen  Unterwerfung  Cleopatra,  nnd  vom  Juli,  in  Tvelchem  er  sie  Ter- 
liess,  bis  zum  Anfange  des  Angnst  oder  bis  zur  Schlacht  bei  Zela  ^sien 
nnd  jener  Fürst.     Oben  §.  54  fin.    f.  55.  A.   100.  26)     Caes.  22   vgl. 

mit  Caes  B.  G.  4,  12.  Anch  Rnaldns  giebt  diess  zn  in  Anim.  21  zn  Plof. 
1.  c.  Barle  Dict.  Ces.  p.  885  ist  nicht  so  anfrichlig.  Bei  App.  lib.  4.  de 
reb.  Call.  £xc  16.  de  legat.  Vol.  1.  p.  90.  ed.  SchTceigh.  lies't  man  als 
tJmschreibung  :  iy  tnT;  läiai;  ufuyfiKifiu;  riüv  iifriU^out'  ioyiav, 
27)  Symmach.  Epist.  4,  18.  Serr.  zn  Virg.  Aen.  11,  743.  Sidon. 
Apollin.    Ejiist.   9 ,    14.  28)     cap.   55.    56.     Diess   wird    mit  Recht  Ton 

Davis.  (Caes.  ed.  II.  Ondcnd.  T.  II.  p.  850)  gegen  Voss  de  hisior.  lat. 
1 ,  13  besonders  hervorgehoben ;  derselben  Meinung  ist  Fahric.  Bibl.  lat. 
ed.  Ernest.  T.  1.  lib.  1.  cap.  10.  Es  ist  überflüssig,  diejenigen  zn  wider- 
legen, welche  die  Commentare  Cäsar  abgesprochen  haben.  S.  Voss.  n. 
Fabric.  11.  cc.  nnd  Roesch  Commentar  über  die  Commeut.  Cäs,  S.  140  gegen 
die  Remarques  snr  Ce'sar  des   Generals  v.  AV.  29)    Brut.  75.    Suel.  56. 

Vgl.  B.  Call.  8.  Prooeni.  Cäs.ir  war  seiner  eigenen  Vorschrift  eingedenk: 
Tanqnam  scopnlum,  sie  fngias  inanditum  al^e  insolens  verbnm.  de  analog, 
üb.  I   bei  Gell.  I,   10. 

48* 


756  XXI.    lULn.        (31.  §.76.) 

sie  „so  sclmell"  entworfen  sint!. '")  Vorziig-sweise  gilt  eliess 
von  dem  Bürgerkriege,  nnd  insbesondre  wieder  wegen  uiangel- 
liafter  Beschreibung  des  Oertliclieu  von  den  Abschnitten ,  weiche 
die  Gefechte  bei  Djrrhachium  und  Pharsalus  betreffen.  ^ ' )  Asi- 
nius  PoUio  glaubte  nach  einer  Bemerkung  in  seiner  Geschichte 
dieser  Zeiten,  der  Dicfator  habe  seine  Commentare  nochmals  über- 
arbeiten wollen;  er  war  aber  auch  der  Meinung,  dass  er  oft  von 
der  Wahrheit  abgewichen  sei,  sowohl  absichtlich,  als  weil  sein 
Gedächtniss  ihn  verliess  oder  fremde  Berichte  ohne  Prüfung  auf- 
genommen wurden.  '-)  Das  Urtheil  eines  Mannes,  welcher  seinen 
Feldzügen  beigewohnt  hatte,  scheint  besonders  von  den  griechi- 
schen Geschichtschreibern  beachtet  zu  sein,  da  sie  mehr  dem 
Legaten  und  Anderen  als  dem  Imperator  folgen.  Dieser  sucht 
seine  ehrgeizigen  Pläne,  das  Verwerfliche  seiner  Bliltel,  und 
wenn  ihn  Unfälle  trafen,  sein  Missgeschick  zu  verbergen.  Der 
Krieg  in  Gallien  war  angeblich  nicht  eine  Vorbereitung  zum 
Kriege  mit  Rom ;  er  wollte  die  Niederlagen  der  Römer,  besonders 
seines  Verwandten  L.  Piso  an  den  Barbaren  rächen,  die  Provinz 
J,egen  die  Gallier,  und  diese,  welche  ihm  mit  Undank  vergalten 
und  ihn  zu  Feindseligkeiten  zwangen,  gegen  die  Germanier  be- 
schützen. *^)  Wicht  zufällig  schweigt  er  von  der  Zusammenkunft 
in  Luca,  wo  er  seine  Nebenbuhler  täuschte.  ^')  Das  Schicksal 
der  Usipeter  und  Tenchtherer  erscheint  bei  ihm  unbedingt  als 
eine  Folge  ihrer  Wortbrüchigkeit.  ^ ')  Britannien  wurde  von 
ihm  angegriffen,  weil  es  seine  Feinde  untwstüfzfe.  ^ ^)  Die 
Gallier  sehnten  sich  nach  Befreiung,  ^')  gleichwohl  konnte  Ver- 
cingetorix  sie  nur  durch  die  strengsten  JMassregeln  zu  einem 
Bunde  gegen  ihn  vereinigen.  ^  *)  Durch  die  Anstrengungen  jenes 
Helden  gerieth  er  in  grosse  Gefahr ;  man  soll  ihm  aber  glauben, 
dass    er   aus   eigenem  Entschlüsse   die  Belagerung   von  Gergovia 


30)   B.  G.  1.  c.  31)   B.  C.  3.     Oben  §.  51  in.     Den  Absclireiben» 

füllt  freilich  auch  viel  zur  Last ;  nicht  leicht  ist  ein  "Werk  so  entstellt  nnd 
Teistiimmelt.  32)    Sueton.  56.  33)    B.  G.   1,  7.  12.  14.    P.  A'ictorii 

Var.  Lect.  3,  23.    2.   Th.  61.   Äo.  8.  34)   §.  21.  A.  61  f.  35)  §.  25. 

A.  80  f.  S.  auch  E.  Breseiner  Ueber  den  Werlh  nnd  die  Glaubwürdigkeit 
der  Coramentarien  Cäsars  in  dem  Programm  des  Dir.  SpUlecke.  Berlin  1835. 
36)  Oben  J.  25.  A.  7.  37)   B.  G.  3,  10.   S,  54.  38)  Das.  7,  4  fin. 

Ohen  ^.  32  nach  A.  60. 


XXI.    lULH.         (31.  §.76.)         757 

anfgelioben   Labe.  '  ^)     Den  Winter   endlich   verleble  er  meistens 
im  cisalpiniscLen  Gallien,  nicLf,  «in  auf  Rom  zu  wirken,  sondern 
nm  GericLt  zu  halten,   und  sich  niil  den   libn'g-eu  Angeleg-enLeifen 
der  Provinz    zu    bescLüftigen.  *  °)     Auch    im  Bürgerkriege  erziihlt 
er   za    seinem  VortLeile.     Blan    rügt,    so    oft    diess    zur  Sprache 
kommt,  seinen   unwahren  Bericht  über   die  Art,  -wie   er  sich  des 
Leiligen  Schatzes    bemächtigte.*')     Ueberall    aber  macht  er  seine 
Friedensliebe    geltend,    als    habe   er  sich  nur  verlheidigt;    er  ver- 
Bchweigt  Thalsachen,  welche  beweisen,  dass  seine  Anträge  nichi 
immer    abgelehnt    wurden,    obgleich    man    auch    auf   der   andern 
Seile    keine  Versöhnung  wollte.'^)     Durch  die  Herstellung  der 
Verbannten  im  ersten  Jahre  des  Kriegs  versläikfe  er  seine  Partei; 
sie  war  nicht  eine  Handlung  der  Gerechligkeil,   und  beschränkte 
sich    nicht    auf  Wenige,    wie    er    behauptet.  **)     Dass    er   durch 
den   Jüngern  Balbus    den  C'onsul    des    J.  49    L.  Lentulus    zu   ge- 
winnen suchte,'")    Blassilien   den  grössten  Theil  seines  Gebietes 
entzog,  ")  und  vor  den  Gelechten  bei  Dyrrhachium  in  der  Ver- 
zweiflung   sich    einschiffte ,    nm    seine  Truppen   selbst  aus   Italien 
herbeizuführen,'^)    wird   nicht  von  ihm  bemerkt;    noch  weniger 
fand  er  sich  veranlasst,  die  wahren  Ursachen  seines  verlängerten 
Aufeulhalles    in   Aegypien    anzugeben.'")      Diese  Beispiele    be- 
weisen,   dass    er  nicht  durchaus  Glauben  verdieut;    man  hat  aber 
übertrieben.      Wenn    er   viele    seiuer    Gegner    als    schwache    und 
iibermüthige  Älenschen  schildert,    so  wird  er  weder  durch  Cicero 
noch    durch   einen   andern    Schriftsteller    widerlegt,    und    eben   so 
wenig    ist   er   ungerecht   gegen   seine   Legaten;     selbst    Labienus, 
welcher  von  ihm  abfiel,  wird  im  gallischen  Kriege  stets  auf  eine 
ehrenvolle  Art  erwähnt;  nur  einmal  vermisst  mau  seinen  Namen, 
vielleicht,  weil   er  nicht  so  viel  leistete,  als  Andere  versichern; ''^) 
die  Kriegführung    im  Grossen    und  Ganzen    wurde    lediglich    von 
Cäsar    geleilet,    und    diess    niusste    nothwendig    auch    in    seinen 
C'ommenlarea  ersichtlich  werden;  das  Gegentheil  wili-de  ein  Fehler 


39)    B.   G.    7,    43.  52.  53.    Oben  §.  32.  A.  78.    Tgl.  §.  33.  A.  88. 
40)   B.  G.   1,  54.   6,  44.  41)    B.  C.  1,  14.    Oben  §.  41.  A.  27.  §.43. 

A.  88.  42)    B.  C.    1,  26.    Oben   J.  43.   A.  44.  43)    B.  C.  3,  1. 

§.  46.   A.  64.  44)   Obeu  J.  42.  A.  75.     §.  40.  A.  26.  45)    J..  46. 

A.  39.    vgl.  B.  C.  2,  22.  46)    J.  48.  A.  95.  47)    B.  C.  3,  107. 

(,.  54  in.  48)    B.  O.  1,  12.   f..  18.  A.   1. 


758  XXI.    lULU.        (31.  §.76.) 

sein.      MancLe   Lücke    aber    kommt    bei    dem    beklagenswertLea 
Zustande  der  HandscLriften  nicLt  auf  seine  Rechnung-.  ' ') 

Die  Fortdauer  des  Kriegs  nach  Pompejus  Tode  war  ihm 
nnenvarfet;  er  Löffle  dann  wenigstens  nach  dem  africaniscbea 
am  Ziele  zu  sein;  ihm  missfiel  daher,  was  an  die  vorige  Ver- 
fassung und  an  deren  .Stützen  erinnerte,  die  Gemiither  beunruhigen 
lind  aufregen  konnte.  Gleichwohl  erhielt  man  Lobschriften  zu 
Ehren  des  Gato  von  Utica  und  der  Porcia,  seiner  Schwester. 
Als  man  im  J.  46  in  Rom  erfuhr,  dass  er  durch  eigene  Hand 
gefallen  sei,  wurde  Cicero  auf  dem  Lande  in  einem  Briefe  von 
Atticus  aufgefordert,  dem  gefeierten  Republicaner  ein  Denkmal 
zu  setzen.  Atticus  wollte  seinen  trauernden  un^  verzagten  Freund 
dadurch  beschäftigen,  und  dieser  fand  die  Aufgabe  seiner  würdig, 
er  fürchtete  aber  den  Zorn  Cäsars  und  der  Cäsarianer;  er  werde 
sie  erbittern,  meinte  er,  "wenn  er  mit  Uebergehung  der  öffent- 
lichen Angelegenheiten  auch  nur  den  Character  des  Verstorbenen 
rühme ,  und  diess  sei  nicht  einmal  möglich ,  ohne  bemerklich  za 
machen,  dass  er  die  Gegenwart  und  Zukunft  voraussah,  dass  er 
Alles  aufbot,  das  Bestehende  zu  retten  nnd  dem  Leben  entsagte, 
als  er  es  nicht  vermochte.  '  °)  ludess  war  der  Gegenstand  zu 
lockend ;  unter  dem  Scheine ,  einen  trefflichen  Blenschen  und 
Bürger  zu  loben,  konnte  er  die  Gefühle  aussprechen,  welche  ihn 
zu  erdrücken  drohten ;  sein  Cato  erregle  durch  Inhalt  nnd  Form 
das  allgemeinste  Interesse.")  Aehnliche  Werke  entwarfen  im 
folgenden  J.  45  Fabius  Galhis  '-)  und  M.  Brutus,  '*)  und  auch 
Porcia  wurde  nicht  vergessen ;  die  Lobreden  des  Cicero, '  ^ '')  des 
M.  Varro  und  Lollius,  ^')  welche  ihr  Tod  veranlasste,  waren 
Leichenreden  am  Grabe  der  Republik.     Wenn  Cato  so  gross,  so 


49)  Die  Gefangenschaft  des  C.  Antonius  ist  entschieden  nicht  von  ihm 
übergangen,  5-  44.  A.  60,  -wahrscheinlich  anch  nicht  der  Aufruhr  der  Le- 
gionen in  Placentia,  §.  46.  A.  45.  50)  ad  AU.  12,  4.  Cicero  -wnrde 
also  nicht  dnrch  M.  Brutus  veranl.isst,  seinen  Cato  zn  schreiben,  -»vie  er 
im  Unit.  10  erzälilt,  und  nicht  bloss  Corrndi  qnaestnr.  p.  221  nach  dieser 
SteUe  annimmt.  51)  ad  Att.  12,  40.  13,  27.  ad  Fam.  7,  25.  Tacit. 
A.  4,  34.  Gell.  13,  19.  Plut.  Caes.  54.  Dio  43,  13.  App.  2,  490. 
52)  ad  Fain,  7,  24.  25.  53)  IVicht  erst,  als  Cäsars  Aiicicato  erschienea 
war,  -nie  Fabric.  zu  Dio  43,  13  vermuthet ;  das  Gegeiiiheil  ergiebt  sich  ans 
Cic.  «d  Alt.  12,  21.  vgl.  13,  46  u.  Suet.  Octav.  85.  53/>)  ad  Att. 
13,  37.  48.           54)    Uas.  13,  48. 


XXI.    lULH.        (31.  §.76.)        759 

vorwurfsfrei   und   verelirlich   gewesen   war,    so   konnte   anch  die 
SacLe  nicht  verwerflich  sein,   für  welche  er  lebte  und  starb,  niid 
in    -welcher  Gestalt  zeigte  sich  dann  der  Dicfalor?     Mehr  als  ir- 
gend  ein  Anderer  erkannte   er  das  wirklich  Edle  nnd  Schöne  an 
seinen  Gegnern,  und  am  wenigsten  mochte  er  sie  im  Tode  schmä- 
ten;   Jetzt  aber  fühlte  er  sich  angegriffen,   für  ihn  war  Cato  nuo 
nicht    mehr    ein    unschädlicher    Feind,    Cicero    halte    ihn    zu    den 
Sternen    erhoben,   er   zog   ihn  in  den  Staub  herab,    tadelte  über 
die  Gebühr,  weil  jener  über  die  Gebühr  gepriesen  hatte.  *')     Der 
Krieg    mit    den  Söhnen    des   Pompejus    in   Spanien    hinderte   ihn 
nicht   an   seiner  Vertheidigung.     Vorläufig   verfasste    A.    Hirtins 
in    seinen   Lagern    eine    Gegenschrift,     und   schickte   sie   Cicero, 
dessen  Tugenden    und  Verdienste    darin    eben    so    sehr  ins  Licht 
gestellt  wurden,  als  die  Fehler  des  Cato;    der  Redner  sorgte  da- 
für,  dass   Viele   sie   lasen;  *^)   er   war   aber   auch  schon   davon 
unterrichtet,    dass    eine    andre    folgen    werde.  '')      Cäsar    vergass 
den  Dictator,  und  begnügte  sich,  zu  schreiben;  in  so  fern  wurde 
Bein  Anticato,  '*)  welchen  er  vor  der  Rückkehr  aus  Spanien  be- 
kannt   machte ,  '  ®)    nach    dem  UrtheUe  der  Alten  eine  Lobschrift 
auf  ihn  selbst.  """)     Er  entschuldigte  es  in  dem  Buche,  „dass   er 
als  Schriftsteller  gegen  Cicero  auftrat,   der  Krieger,   welcher  im 
Felde  nicht  einmal  Blusse   hatte ,  die  Feile  zu  gebrauchen,  gegen 
den  ausgezeichneten  Reduer",  **)  „den  Pericles  nnd  Theramenes 
der  Römer",  *^)    dessen  Cato  er  immer  von  neuem  las,    wie  er 
in    einem  Briefe    an   Baibus    sagte,    und    mit    immer    grösserem 


55)    PInt.    Cacs.   54.  56)   Hirtii  No.  2.  §.  1.  A.  16.    §.  2.  A.  5*. 

57)     ad    Att.    12,    40.    41.  58)     Unter   diesem    Namen    erwähnen    die 

Schrift  QiiintU.  I,  S.  J.  68.  GeU.  4,  16.  Plnt.  Caes.  54.  Dio  43,  13. 
App.  2,  490  tuid  Prisdan  6.  p.  694.  7.  p.  717.  740.  10.  p.  960.  ed.  Potsch. 
Sie  bestand  aus  zwei  Büchern,  Snet.  56.  Alartian.  Capella  de  nnpt  phil. 
lib.  5.  p.  152,  nnd  wird  daher  anch  Auticatones  genannt;  Snet.  I.  c.  Inveu. 
6,  337,  vre  freilich  der  Scholiast  auch  auf  das  Verhältniss  zwischen  Cäsar 
und  Catos  Schweser  Serrilia  deatet;  besser  libri  contra  Catonem,  Cic.  ad 
Att.  13,  50  nnd  die  entsprechende  Bezeichnung  bei  Plut.  Caes.  3.  54. 
Caio    36    n.    bei    Prise.   U.    cc.  59)    ad   Att.    13',    SO.     ad  Farn,  7,  25. 

60)  Cremnt.    Cordns    bei    Tacit.    A.    4,    34.     Dio    43,  13.     Plnt.  Cic.  39. 

61)  Plut.  Caes.  3.  62)  Der  also  faciendi  dicendiqn«  sapientiam  in  sich 
vereinigte.     Plnl.  Cic    39.    Cic.  de  or.   3,  16.    Brnl.  7. 


7G0  XXI.    lüLIL        (31.  §.76.) 

Nutzen.''^'')  In  Jer  Saclie  aber  sucLte  er  iLa  bis  ins  Einzelne 
zu  widerlegen,  wie  ein  Kläger  den  Sachwalter  vor  GericLt.  ^^) 
Er  wollte  beweisen,  dass  entweder  die  TLatsacben  falsch  seien, 
welche  das  Lob  begründen,  oder  dass  man  ihnen  falsche  Namen 
gebe ,  und  dass  man  überhaupt  nur  das  Gute  und  Rechte  loben 
dürfe.  ^')  Die  Schwächen  und  Verirruugen  Catos  wurden  zu 
Lastern  und  Verbrechen  gestempelt,  weil  ihm  das  Urtheil  zum 
Toraus  gesprochen  war;  in  seinem  öffentlichen  Leben  entdeckte 
man  demnach  Anmassung,  Uebermuth  und  Herrschsucht,*')  in 
seinem  Privatleben  die  entschiedenste  Nichtswürdigkeit.  Aus 
Habsucht  lieh  er  seine  Gemahlinn  Marcia  dem  Redner  Hortensius, 
dessen  Vermögen  sie  ihm  zubringen  sollte;  **)  er  durchsiebte  die 
Asche  seines  Bruders,  um  das  geschmolzene  Gold  nicht  zu  ver- 
lieren, ^')  und  war  gegen  Andere  missgünslig  und  karg,  welches 
sich  besonders  auf  seiner  Reise  nach  Cjprus  verrieih;  ^')  der 
strenge  Sittenrichter  ergab  sich  dem  Trunk',  ^^)  und  buhlte  mit 
der  eigenen  Schwester  Servilia.  ' ")  Voll  Furcht,  der  Meister 
werde  die  Catonianer  zu  Cato  senden,")  äusserte  Cicero  gegen 
Baibus  und  Oppius,  der  Anticato  sei  unübertrefflich,  und  als  sie 
den  Dictator  davon  in  Kenntniss  setzten,  schrieb  er  ihm  selbst; 
der  Brief  wurde  jenen  Freunden  zur  Begutachtung  vorgelegt, 
und  auf  ihre  Versicherung,  dass  sie  nie  Besseres  gelesen  haben, 
an  Dolabella  zur  Beförderung  abgeschickt.")  „Es  war  nur 
Vergessenheit,  dass  Alticus  keine  Abschrift  erhielt,  und  dessen 
Vermnfhung,  Cicero  habe  sich  so  sehr  gedemüthigt,  dass  er  sich 
vor  ilim  schäme ,  ganz  ungegründet ;  er  hatte  nicht  anders  ge- 
schrieben, als  an  seines  Gleichen,  und  ohne  Verstellung,  denn 
das  Buch  gefiel  ihm ;  er  schmei''helte  also  nicht,  und  konnte  doch 


62  J)    ad  Att.  13,  46.    vgl.  12,  S.  63)  Tacif.  I.  c.  64)   Cic. 

Tojiic.  25.  Onintil,  3 ,  7.  §.  28 :  Ouamqnam  omnes  tres  stalns  cadere  in 
hoc  opus  possint,  hisqup  nsam  C.  Caesarpm  in  Titnperando  Catone  notaverit 
Cicero.  63)    Gell.  4,   16.  66)    Plut.  Cato  52.  Hortensii  No.  7.  §.  6. 

A.    92    n.    ISo.    8.  67)    Plut.    Cat.    II.     Tgl.  3  u.  8.  68)    Das.  36. 

■Wahrscheinlich  winde  auch  Anderes  bei  dieser  Gelegenheit  gerügt.  2.  Th 
262.    A.    19   n.    hier   §.   23.    A.  18.  69)    Plin.  Ep.   3,   12.     Vgl.    l'lnt. 

Cato   6.   44.  70)    Plut.    das.    54.      Diese    war    nicht    die    Mutter   des 

IW.  Brutns,   s.  Liciuii  LuciUli  No.  7.  71)   ad  Farn.  7,  25.  72)   «d 

Att.  13,  50. 


XXI.     niLH.         (31.  §.76.)         761 

Tersictert  sein,  Cäsar  "vrerde  niclits  lieber  lesen."")  Sein  Lob 
galt  freilich  nur  der  ScLreibart;  nach  dem  Tode  des  Gegners 
fand  er  dessen  Erwiderung  auf  seinen  Cato  Lochst  un- 
Terschänit.  '  *) 

Die  übrigen  Schriften  Cäsars  berühren  die  Geschichte  nicht 
unmittelbar;  sie  zeugen  aber  von  dem  Reichthume  seines  Geistes 
und  von  einer  vielseitigen  Bildung,  obgleich  TNir  nur  die  Titel 
kennen,  nnd  dürfen  daher  auch  hier  nicht  übergangen  werden. 
Dahin  gehören  die 

Libri  aiispiciornm  oder  Angiiralia.  Als  Oberpoutif  hatte  der 
Verfasser  auch  einen  äussern  Beruf,  sich  mit  diesem  Gegenstande 
zu  beschäfiigen;  er  behandelte  ihn  nut  grosser  Ausführlichkeit, 
da  das  sechzehnte  Buch  erwähnt  wird.  ' ') 

De  astris.  '  •'j 

De  analogia,  oder.  Wie  Cicero  erklärt,  de  ratione  latine  lo- 
gnendi,  ")  in  zwei  Büchern,'^)  Untersuchungen  über  die  latei- 
nische Sprache,  welche  er  während  des  gallischen  Kriegs  auf 
der  Rückreise  aus  dem  cisalpinischen  Gallien  zum  Heere  in  diesem 
^Yerke  niederlegte ,  '  ^)  nnd  in  yerbindlichen  Ausdrücken  Cicero 
widmete.  *'') 

Apopbthegmata  ^ ')  oder  Dicta  colleclanea,  *')  eine  Samm- 
lung Ton  eigenen  und  fremden  Witzworten  und  sinnreichen 
Sprüchen.  Sveton  lässt  sie  in  seiner  Jugend  entstehen,  sie  wurde 
aber  auch  später  fortgesetzt  und  wiiclis  zu  inehrern  Bauden  an. 
Noch   als   Dictator   beauftragte  Cäsar   seine    Freunde,    ihm    jedes 


73)   ad  Att.  13,  51.    Oben  §.  63.  A.  8.  74)  Top.  25,  75)  »la- 

Crob.  Sat.  1,  16  giebt  den  ersten,  nnd  Priscian  lib.  6,  p.  719.  Putsch,  den 
andern.  Titel ,  ebne  Zweifel  nur  Terschiedene  Bezeiclinnngea  desselben 
Werks.  76)     So    nannte  er  die  Schrift  nach  Plin.  11.  ?>.  1.  p.  95.    ed. 

Franz.  (Terzeichiiiss  seiner  Onellen  zu  lib.  18.)  Das.  18,  57  (25).  64  f. 
(26).  Rlacrob.  Sat.  1.  c.  lulins  Caesar  siderum  motns ,  de  qiübus  non  in- 
doctos    libros    reliquit,    ab    aegyptüs    disciplinis   hnnsit.  77)    Brut.    72. 

78)    Suet.    56.  791    Ders.  1.  c  80)   Brnt.  1.  c.     Plin.  7,  31  (30). 

Cell.  19,  8.  Die  Stellen,  in  welchen  die  Alten  und  die  Grammatiker  sie 
erwähnen,  s.  bei  Oudend.  in  ed.  II.  Caes.  T.  II.  p.  850  —  854.  Cäsar  war 
kein  kleinlicher  Wortkrämer;  das  oft  wiederkehrende  quaeso  in  einem  Bitt- 
schreiben des  Atticns  mis.sfiel  ihm  nicht  in  sprachlicher  Hinsicht,  sondern 
weil  es  die  Besorgniss  Terrieth ,  er  werde  die  Bitte  nicht  gewähren,  ad 
An.  12,  6  en.  81)    Cic.  ad  Fam.  9,  16.  82)    Suel.  56. 


762  XXI.    lULH.  (32.) 

Wort  zn  Linferbringeu,  wodarcb  sie  bereichert  -wer Jen  konnte, 
und  am  ■willkonmiensten  waren  Beiträge  von  Cicero.'^)  Die 
griechischen  Tyrannen  unterhielten  Kundschafter  anderer  Art. 
Indess  mochte  auch  mancher  muthwillige  und  verletzende  Scherz 
aufgenommen  werden;  der  ernste  Augastns  untersagte  daher  die 
Bekanntmachung.  *■•) 

Dasselbe  Verbot  ergieng  in  Betreff  der  Gedichte,  welche  ans 
Cäsars  Jünglings -Alter  stammten,  und  das  Gepräge  der  Unreife 
trugen.  *')  Aber  man  sieht,  dass  auch  er  sich  in  den  Bahnen 
bewegte,  in  welche  Menschen  mit  gliicklichea  Anlagen  wohl 
immer  eine  Zeitlang  hineingezogen  werden.  Er  sang  das 
Lob  des  Hercules  und  versuchte  sich  iu  einem  Trauerspiele 
Oedipus.  *®)  In  einem  Gedichte  aus  späterer  Zeit,  vielleicht  nur 
in  einem  Epigramm,  rühmte  er  seine  Krieger,  welche  bei  Dyr- 
rhachjum  sich  mit  Kräutern  begnügten.  *')  Ein  anderes  war 
astronomischen  Inhalts.  ^*)  Noch  gegen  Ende  des  J.  46  beschrieb 
er  seine  letzte  Reise  nach  Spanien  während  derselben  anter  dem 
Titel:  Iter  in  Versen.*^)  So  konnte  Plinius  sich  auch  mit 
seinem  Beispiele  entschuldigen,   wenn  er  mitunter  dichtete.  ä°) 

32.  Cossutia.  Erste  Gemahlinn  des  Vorigen;  Tochter  eines 
Ritters  und  sehr  reich,  welches  vielleicht  Cäsars  Eltern  bestimmte, 
sie  für  ihn  zu  wählen;  er  war  noch  nicht  siebzehn  Jahr  alt,  als 
er  sich  mit  ihr  verlobte,  und  schon  a.  83  erfolgte  die  Scheidung, 
weil  er  sich  mit  Cornelia  verbinden  woUle.  ä') 

33.  Cornelia.  Zweite  Gemahlinn  des  Dictator;  Tochter  des 
L.  Cinna  Cos.  87.  Verheirathet  a.  83 ;  Mutter  der  Julia ; 
t  a.  68.  s 2) 

34.  Pompeja.  Dritte  Gemahlinn  des  Dictator;  Tochter  des 
Q.  Pompejus  Rufus  und  der  Cornelia,  einer  Tochter  von  Sulla. 
Ihr  Vater,  der  Sohn  des  Q.  Pompejus  Rufus,  welcher  a.  88 
Consul  war,  wurde  in  diesem  Jahre  getödtet.  ^  J)     Vermählt  mit 


83)     ad   Farn.    1.    c.  84)    Snet  1.  c.  8S)   Ders.  1.  c.    Dialog, 

de    orat.    21.  86)     Suet,    1.   c.  87)    Plia.  19,  41  (8).     Oben  }.  49. 

A.    17.  88)    lul.   Firmic.   Astron.    2.  praef.   8,  S.  89)   Snet.  1.  c. 

Oben    §.    62.    A.   79.  90)    Epist.  S,  3.  91)    Snet.  Caes.  1.    Plnt. 

Caes.  5  erwähnt  Cossntia  nicht  nnd  nennt  gleichwohl  Pompeja  Cäsars  drille 
Gemahlinn.  92)    2.   Tli.   592.  No.  6.    Oben  No.  31.  J.  1.  A.  88  u,   J.  3. 

A.  30.  93)   2.  Th.  437.  A.  426.  a.  508-  No.  14. 


XXI.    lüLlI.  (35.)  763 

Cäsar  a.  67,^*)  und  gesctiedeu  im  Janaar  61,  weil  der  Ver- 
dacLt  entstand,  dass  sie  P.  Clodins  begünstige.^') 

35.  Calpurnia.  Vierte  GemaLIinn  des  Dicfator;  TocLter 
des  L.  Calpnrnius  Piso  Cos.  58.  VerheiratLet  a.  59.  Sie  über- 
lebte Cäsar.  » «) 

36.  Jalia.  Tochter  des  Dictator  von  Cornelia.  ^'')  Geboren 
im  J.  S3  oder  82.  ^  *)  Sie  wurde  mit  Serviliiis  Caepio  verlobt, 
welcher  nun  ihren  Vater  a.  59  in  dessen  Consulat  gegen  Bibulos 
unterstützte,  und  dann  zurücktreten  und  eine  Tochter  des  Pom- 
pejus  heirathen  sollte ,  obgleich  auch  diese  schon  Faustus  Sulla 
zugesagt  war.  ^^)  In  demselben  Jahre  vermählte  sie  sich  mit 
Pompejus,  ^°°)  ein  Mittel,  das  Triumvirat  zu  befestigen,  weshalb 
die  Optimaten,  besonders  Cato  und  Cicero,  die  Verbindung  miss- 
billigten. ')  Julia  besass  äussere  Reize  und  auch  alle  anderen 
Eigenschaften ,  um  Ponipejns  zu  fesseln ,  welcher  sie  sehr  liebte, 
und  seine  Gefühle  erwiedert  sah,  obgleich  sie  fast  23  Jahr  jünger 
war.  Doch  v\'iirde  es  ihr  so  wenig  gelungen  sein,  die  Ruhe  im 
römischen  Reiche  zu  erhalten,  als  es  später  in  einem  ähnlichen 
Verhältnisse  Oclavia  gelang.  ')  Das  Schicksal  ersparte  ihr  die 
harte  Probe.  Pompejus  gerieth  a.  55  in  den  aedilicischen  Comifien 
in  Gefahr,  und  Julia  glaubte  bei  dem  Anblicke  des  blutigen  Ge- 
wandes, welches  er  in  seine  Wohnung  schickte,  er  sei  ermordet ; 
diess  hatte  eine  Fehlgeburt  zur  Folge,  wodurch  ihre  Gesundheit 
zerrüttet  wurde.  ')  Im  September  des  nächsten  Jahrs  gebar  sie 
einen  Sohn,  ')    welches  ihr    den  Tod  brachte,  ')   und  bald  nach 

9*)    Oben  No.  31.  §.  4  in.        '  95)   2.  Th.  207.  A.  98.   Oben  No.  31. 
§.  9  fin.    n.    Pompeü.  96)    2.  Th.  S.  81.     Oben  No.  31.  §.   11.  A.  46 

u.    §.    72.    A.   94  f.  97)   Snet.  Caes.  1.    Plut.  Caes.  5.  98)   Suet. 

1.   c.  99)    Suet.    Caes.   21.    Plut.    Caes.    14.    Pomp.  47.     Die  38,  9. 

Oben   {.  11.  A.  87  n.  45.  100)    Cic.  ad  Alt.  2,   17.  §.   1.    8,  3.   §.  2. 

de  proT.  cons.  14.  17.  18.  VeUej.  2,  44.  47.  Suet.  Caes.  21.  27.  SO. 
Lucan.  1,  111.  Flor.  4,  2.  §.  13.  GeU.  4,  10.  }.  5.  Augnst.  de  civ.  D. 
3,  13.  Plut.  Caes.  5,  14.  Pomp.  47.  48.  Cato  31.  App.  2,  435.  Dio  1.  c. 
Zonar.   10,  6.  1)    Oben  No.   31.  §.  11  fin.  2)    Das.  §.  24.  A.  41. 

5.  28.  A.   13.  3)    Oben  }.  24.  A.  41.    Plut.  Pomp,  53.     Val.  M.  4,  6. 

5.  4  erzählt,  sie  sei  sogleich  nach  der  nnzeitigeu  Entbindung  gestorben ;  er 
setzt  also  ihren  Tod  um  ein  Jahr  zu  früh,  und  ist  auch  in  so  fern  im  Irr- 
thume,    als   ein  Kind   sie  überleble.  4)    So  VeUej.  2,  47  a.  Snet.   26 

nach  der  richtigen  Lesart,  welches  auch  Lncan.  5,  474  zu  bestätigen  scheint. 
Plut.  Pomp.  53  o,  Dio  39,  64  neuaea  eine  Tochter.  5)   Im  Seplemher  54. 


764  XXI.    mLII.  (37.) 

iLr  starb  auch  Jas  Rind.  ^)  Pompejns  -wollte  die  iLm  tLenren 
Ueberreste  auf  seinem  albanischen  Lauidgute  beisetzen,  wo  er  oft 
verweilte,  das  Volk  erzwang;  es  aber  aus  Liebe  zu  Julia  und  zn 
ihrem  Vater,  dass  sie  auf  die  ehrenvollste  Art,  auf  dem  Mars- 
felde, begraben  wurde,  ')  obgleich  der  Consul  L.  Domitius  Aheno- 
barbus  als  Feind  der  Triumvirn  durch  Tribüne  Einspruch  thun 
liess,  weil  zn  einer  solchen  Auszeichnung  ein  ausdrücklicher  Be- 
schluss  erforderlich  sei.  *)  Ihr  Denkmal  wurde  später  vom 
Blitz  getroffen,  ^)  nach  Cäsars  Tode,  welcher  jetzt  ihr  zn  Eiiren 
das  Volk  zu  bewirthen  und  Rainpfspiele  zu  geben  versprach,  und 
im  J.  46   sein  Wort  lös'te.  '  °) 

37.  (Cäsarion.)  Cleopatra  gebar  nach  dem  alexandrinischen 
Kriege,  bald  nach  Cäsars  Abreise,  im  J.  47  einen  Sohn,") 
welcher  als  aegyptischer  Fürst  Ptolemäus  genannt  wird,  '^)  von 
der  Mutter  aber,  nicht  von  den  Alexandrinern  aus  Spott,  wie 
Plutarch  glaubt,  •^)  den  Namen  Cäsarion  erhielt,  und  sie  wahr- 
scheinlich im  nächsten  Jahre  nach  Rom  begleitete.  '  *)  Ihre  Be- 
hauptung, sie  habe  ihn  mit  dem  Dictator  erzeugt,  schien  dadurch 
bestätigt  zu  werden,    dass  er  jene  Benennung  zuliess.  ' ')     jNach 


Nach  Plnt.  Caes.  23  erhielt  Cäsar  die  Botschaft  von  dem  Ableben  seiner 
Tochter,  als  er  zun  zweiten  Male  von  Britannien  nach  Gallien  zurückkam, 
nach  Senec.  cons.  ad  Marc.  14  in  Britannien.  Daraus  folgt ,  dass  nicht 
nur  Manuiius  Cic.  ad  Ou.  fr.  3 ,  1.  §.  7  misSTerstanden  hat,  sondern  auch 
Schütz,  welcher  ihn  tadelt.  Der  Proconsul  Terliess  die  Insel  nicht  Tor  dem 
26.  .September,  ad  Att.  4,  17.  §.  ä.  'oiiea  Äo.  31.  [.  26.  A.  38.  Sein 
Brief  an  Cicero, -Tfelcher  diesem  am 'S!.  Sept.  eingehändigt  yrurde  und  vor 
20  Tagen  abgegangen  yrar,  konnte  daher  auf  seinen  Verlust  sich  noch  nicht 
beziehen ,  im  Gegentheil ,  Cicero  denkt  angeblich  mit  Schmerz  daran ,  dass 
der  unglückliche  Vater  ihm  so  heiter  schrieb,  ohne  sein  Missgeschick  zu 
ahnden,  ad  Ou.  fr.  1.  c.  u.  fin.  Uebrigens  berichtet  Plut.  Pomp.  53  amige- 
nauesten.  Vgl.  Ut.  106.  VeUej.  2,  47.  Val.  M.  4,  6.  §.  4.  Sueton.  Caes. 
26.  Lucan.  1,  111.  Tacit.  A.  3,  6.  Flor.  4,  2.  §.  13.  Dio  39,  64.  40,  44. 
App.  2,  438.     Oben  No.  31.  }.  26  fin.     {.  28.  A.   12.  6)    Plut.  Pomp. 

53.    Caes.  23.    Vellej.  1.  c.    Lucan.  5,  474.  7)    Plut.  U.  cc.    Liv.   106. 

8)    Dio  39,  64.    Tgl.  48,  53ßn.  u.  DomitiiAhen.  jVo.  8.  A.  39.  9)  Suct. 

Octav.   95.     Tgl.    C^aes.   84.  10)     Ders.  Caes.  26.     Dio  43,  22.     Plut. 

Caes.  55.    Oben  \o.  31.  §.  61.  A.  57  f.  n.  A.  71.  11)  Plut.  Caes.  49; 

nach  dieser  Stelle  ist  Anton.  54  zu  erklären.  12)    Dio  47,  31.   49,41. 

13)    Caes.  49.     Zonar.    10,   10  folgt  ihm  darin.  14)   Cic.  ad  Alt.  14,  ;iO. 

J.  1.  Oben  No.  31.  ^.  61  Cu.  15)   Su«t.  Caes.  S2.    üclaT.  17. 


XXI.    lULn.  (38.)  7G.5 

seinem  Tode  rersicLerte  Autonius  im  Senat,  um  OctaTian  zn 
schaden,  der  Knabe  sei  Ton  dem  Verstorbenen  anerkannt,  alle 
seine  Freande,  besonders  G.  Blatins  und  C.  Oppius  werden  iLm 
darin  bestimmen ;  '  ^)  dem  gemäss  gab  er  später  Cäsarion  in 
Aegyplen  die  männliche  Toga  und  ernannte  ihn  znm  Blitregenten 
der  Bluller.  ' ')  Oppius  machte  dagegen  eine  Schrift  bekannt, 
welche  ihn  widerlegen  sollle,  und  in  gleichem  Sinne  äusserte 
sich  Octavian,  '  *)  Die  Alten  sind  dadurch  irre  geworden ;  es 
unterliegt  aber  keinem  Zweifel,  dass  Antonius  die  Wahrheit 
sagte  ;  dafür  bürgt  die  Zeit,  in  welcher  Cäsarion  geboren  wurde, 
die  Erlaubnis«,  ihm  diesen  Namen  zu  geben,  die  günstige  Auf- 
nahme der  Cleopatra  in  üom,  im  Garten  des  Dicfator,  und  nach 
Einigen  selbst  eine  Aehnlichkeit  zwischen  diesem  und  ihrem 
Sohne  in  Gang  und  Gestalt.  '^)  Schon  der  Name  des  Letztem 
machte  ihn  Octavian  verhasst;  die  Königinn,  welche  es  wusste, 
schickte  ihn  im  J.  30  mit  seinem  Pädagogen  Rhodon  und  mit  vielem 
Gelde  nach  dem  Süden,  in  Aethiopien  und  wenn  es  nö'lhig  sein  würde, 
in  Indien  Sicherheit  zu  suchen;  er  fiber  überlieferte  sich  einem 
Feinde,  weil  der  Führer  ihn  durch  das  Vorgeben  täuschte,  jener 
wünsche  seine  Rückkehr  und  habe  ihm  Aegypten  bestimmt. 
Als  Cleopatra  sich  getödtet  hatte,  wurde  er  hingerichtet;  so  war 
es  von  Anfang  beschlossen,  obgleich  Octavian  zu  schwanken 
schien,  und  ihm  erst  dann  das  Urtheil  sprach,  als  der  Philosoph 
Arius  -  °)  ihm  aus  Homer  bewies ,  dass  Ein  Cäsar  weichen 
müsse.  ^ ') 

38.  Julia,  die  ältere  nnter  den  beiden  Schwestern  des 
Dictator.  Sie  war  mit  L.  Pinarius,  einem  Manne  ans  einem  pa- 
fricischen  Geschlechle,  und  mit  Q.  Pedius  vermählt,  in  welcher 
Folge  ist  unbekannt.  Ihre  Enkel  gleiches  Namens  setzte  Cäsar 
mit  C.  Octavius,  dem  Enkel  seiner  Jüngern  Schwester,  zu  Erben 
ein,  ^^)      Unter    diesen    scheint    L.    Pinarius    derselbe    zu    sein. 


16)  Snet.  Caes.  52.  Die  SO,  3.  17)  I.  Th.  460.  A.  7.  490.  A.  87. 

18)  Suet.  1.  c.  19)  Dcrs.  1.  c.  20)  1.  Th.  497.  A.  8.  21)  Plat.  Ant. 

81.  82.  Oux  c<ytc9öi'  7jo).vxi<inctnnj;  eine  Anspielung  aaf  II.  2,  204.  Dio 
51,  6  n.  15.  Zonar.  10,  31.  Sue«.  Octav,  17.  1.  Th.  501.  A.  19. 
22)  1.  Th.  99.  A.  23  n.  125.  Sorormn  nepotes  bei  Snet.  Caes.  83. 
Clandorp.  Oaom.  p.  432  vermulhet,  die  erstea  seien  vielmehr  Sühne  der 
Julia  gewesen,  vreil  sie  schon  bei  Lebzeilen  des  Dictator  ervrachsen  vraren  > 


766  XXI.    lULÜ.  (39.) 

■welcher  als  Leg'af  cles  Antonius  bei  PLilippi  focLf, '')  und  nach 
der  ScLlacLf  bei  Actiom  mit  seinen  Legionen  in  Marinarica  iLm 
den  Gehorsam  ver^veigerle;  dann  gehörte  er  nach  Dio  zu  der 
Familie  der  Scarpi.  '  *)  T.  Piuarius,  wahrscheinlich  sein  jüngerer 
Bruder,  stand  a.  54  mit  Cäsar  in  Gallien;^')  ihm  insbesondre 
suchte  Cicero  sich  zu  nähern,  und  es  bedurfte  liir  Titus  keiner 
Empfehlung  an  ihn  als  Proconsal  von  Cilicien,  wohl  aber  für 
einen  andern  Pinarius,  etwa  fiirLucins;  ^*)  wenn  aber  die  Furcht 
vor  Cäsar  diese  Verbindung  stiftete,  so  dauerte  sie  doch  nach 
dessen  Tode  fort.  ^')  Weit  mehr  wird  Q.  Pedius,  der  Erbe, 
erwähnt.  ^  *)  Er  bewarb  sich  a.  54  mit  Cn.  Plancios  und  A. 
um  die  Aedilität,  und  wurde  nicht  gewählt.  °^)  Im  Bürgerkriege 
focht  er  für  Cäsar,*")  a.  48  gegen  Milo  als  Prätor,*')  und 
zwei  Jahre  später  mit  Q.  Fabius  ohne  Glück  gegen  die  Sohne 
des  Pompejns  in  Spanien,  *^)  gleichwohl  durfte  er  am  13.  De- 
cember  45  triumphiren.  *  *)  Als  Consul  und  College  des  Octavian 
in  den  letzten  Monaten  des  J,  43  veranlasste  er  durch  die  lex 
Pedia  eine  Untersuchung  gegen  Cäsars  Mörder;  auch  lieh  er  sich 
dazu  her,  den  Beschluss  über  die  Proscriptionen  zu  vollziehen, 
er  starb  aber  in  Folge  der  Anstrengungen,  ehe  die  Triumvirn  in 
Rom  eintrafen.  *  *) 

39.  JuUa,  die  jüngere  Schwester  der  Vorigen,  Gemahlinn 
des  M.  Atius  Baibus.  Cicero  bezeichnet  diesen,  welcher  ans 
Aricia  in  Latium  stammte,*')  als  einen  imbedeutenden  INIann, 
nnd  tadelt  dann  Antonius,  weil  er  über  Octavians  dunkle  Abkunft 


aber  seihst  Octavian  hatte  schon  ein  Alter  von  fast  19  Jahren  erreicht,  als 
jener   starb.  23)    App.    4,    651.  24)    Dio    51,  5.  9.    1.  Th.  488. 

A.    76.  25)    Cic.    ad  Qu.  fr.  3,  1.  §.  9.     Oben  No.  31.  §.  29.  A.  58. 

26)    ad  Att.  6,  1.    §.  20.  27)    ad  Fam.   12,  24  fin.  28)    <}.  F.  auf 

der  collotianischen  Tafel  bei  Pigh.  3,  472 ;  M.  t.  in  den  Triumphal  -  Fasten 
tei  Grnter.  Inscr.  p.  297,  Marliani  Fast,  trinmph.  a.  708  n.  Pigh.  3,  461. 
sein  eigener  Vorname  schien  für  die  erste  Bezeichnung  zu  entscheiden, 
29)    Cic.  p.  Plane.   7.    Hortensii  No.  7.  §.  5.  A.  27.  30)  ad  Att.  9,  14. 

31)     Caes.  B.   C.  3,  22.     1.  Th.  51.  A.  87.  32)    Oben  No.  31.   §.  62. 

A.    66.  33)     fas.    §.    64.    A.    80.      In    den    Triumphal  -  Fasten    ( oben 

A-  28)  Tfird  er  Proconsnl  genannt;  man  -neiss  nicht,  wann  der  Prätorier 
diesen  Titel  von  seinem  Gross  -  Oheim  erhielt.  34)    1.  Th.  336.  A.  96. 

338.  A.  16.    369.  A.  66.    370.  A.  68.  35)    Snet.  Octav.  4, 


XXI.    lULn.  (40.)  767 

spottete.'^)  Nad»  der  Prätnr,  welclie  er  um  das  J.  62  ver- 
wallele,  ")  wurde  Alius  StatiLaller  in  Sardinien,'*)  und  unter 
C'äsars  erstem  C'onsulat  Blilglied  der  C'ommission  der  Zwanzig 
als  Vollzieher  des  julisdien  Ackergeselzes.  '  ^)  Wahrscheinlich 
zeugte  seine  Gemahlinn,  nicht  die  ältere  Julia,  a.  61  gegen  Clo- 
dius  nach  dessen  Vergehen  gegen  die  Bona  Dea;  *°)  man  weiss 
•wenigstens,  dass  sie  erst  im  J.  52  oder  51  mit  Tode  abgieng, 
worauf  ihr  Enkel  Octavius  ihr  öffentlich  eine  Lobrede  hielt.  ' ') 
Ihre  Tochter  Alia  heiratliele  C.  OctaTius,  und  in  dieser  Ehe 
wurde  Octavian  erzeugt.*') 

40.  Julia.  Vaters -Schwester  des  Dicfator.  *')  Gemahlinn 
des  C.  Marins  Cos.  VII.**)  Sie  war  nicht  die  Ursach,  dass 
ihr  Neffe  sieh  für  das  Volk  erkläi-te,  aber  er  benutzte  die  Ver- 
wandtschaft, um  sich  auf  eine  unverdächtige  Art  dem  Volke 
zu  nähern;  er  ehrte  die  Wittwe  des  Marius  nach  ihrem  Tode 
a.  68  durch  eine  Lobrede,*')  nnd  drei  Jahre  später  als  Aedil 
den  grossen  Feldherrn  selbst  durch  die  Herstellung  seiner  Sieges- 
zeichen. *  ^) 

41.  Sextus  Julius  Cäsar.  C.  F.  *')  Bruder  der  Vorigen^ 
Cos.  91  im  Anfange  des  marsischeu  Riiegs.  *  *) 


36)    ad  Att.  2,  12  in.   3  PhU.  6.    Vgl.  Virg.  Äen.  S,  S68.  37)  Cic. 

Phil.  u.  Snet.  11.  cc.  38)    Die  Münzen  hei  Eckh.  5,  145.  39;  Cic. 

ad  Au.  n.  Suet.  11.  cc.    Oben  Ko.  31.  A.  12.  A.  69.  40)    2.  Tli.  212. 

A.   16.  41)    Sneton.  Oclav.  8.  a.  Qnintil,  12,  6  in.  setzen  ihren  Tod  in 

diese  Zeit,  nach  Kicolans  Damasc.  Tit.  Ang.  c.3  starb  sie  drei  Jahr  früher; 
als  Zeitgenosse  ■war  er  besser  unterrichtet,  er  erzälJte  aber  das  Unglaub- 
liche, um  Angnstus  zn  schmeicheln.  S.  AVeichert  De  Imperatoris  Caesaris 
Angusti  scriptis  eorumqne  reliqniis  Comnient,  I.  Grimae  1835.  p.  11. 
42)  Suet.  Caes.  27.  Oct.  4.  Liv.  116.  VeUej.  2,  59.  Dio  45,  1,  -wo  Atia 
irrig  Cäsars  Schwester  genannt  wird.  Sie  starb  a.  43  unter  dem  ersten 
Consulat  ihres  Sohns.     Suet.  Octay.  61.    Dio  47,  17.  43)  Snet.  Caes.  6. 

Plut.   Caes.   1.  5.    Mar.  6.  44)   Dies.  11.   cc.     Cic.   ad  Att.   12,   49.    B. 

Alric.  32.  35.  56.  Veliej.  2,  41.  §.  2.  Dio  43,  4.  1.  Th.  107.  A.  89. 
45)    Oben  No.  31.  J.  3.  A.  30.  46)    Das.  §.  4.  A.  56  f.  47)  Fast, 

cap.  a.  662,  wo  wegen  eines  Bruchs  im  Steine  die  Bezeichnung  des  Cross- 
•vaters  fehlt;  ein  Denar,  ergänzt  sie  durch  Sex.  N.,  allein  die  zuverlässigen 
Anmisraatilter,  Ursin.  Farn.  R.  u.  A. ,  kennen  ihn  nicht,  sondern  nur  Goltz 
Fast.  a.  662  nnd  durch  ihn  Taillant  Inl.  No.  6.  Dieser  Sextus  ist  mit 
No.   17  verwechselt.  48)    Fast.  cap.  Cassiod.  Fast.  sie.  a.  662.    Cic.  p. 

Cornel.  I :   Aliernm  qnae  lex  lata  esse  dicator  etc.     tlin.  2 ,  85  (83).    33, 


768  XXI.    lULU.  (42.) 

42.  Sex.  Julius  Ca'sar.  Sex.  F.  C.  N.  Solin  des  Vorigen. 
Flamen  Qiiirinalis,  und  als  solcher  in  der  GescLicLte  des  J.  57 
erwähnt.  *^) 

43.  Sex.  Julius  Cäsar.  .Sex.  F.  Sex.  N.  Sohn  des  Vorigen 
a.  49  in  .Spanien,  im  Heere  des  Dictafor,  '  °)  welcher  ihm  a.  47 
nach  dem  alexandrinischen  Kriege  Syrien  mit  einer  Legion  über- 
gab. Hier  wurde  er  schon  im  folgenden  Jahre  auf  Anstiften  des 
Cäcilius  Bassus  getö'dtet.  ") 


17  (3).  Flor.  3,  18.  §.  8.  Entrop.  S,  3  (2).  Gros.  S,  18  in.  Obseq.  118. 
DJodor.  Sic.  Fragm.  lib.  37.  Vol.  10.  p.  184.  Aigent  Plebisci«.  de  Ther- 
mens.  in  Dirksen  Versnche  zur  Kritik  n.  s.  w.  S.  190  n.  193.  Appian 
nennt  Sextns  für  L.  Cäsar;  oben  No.  20.  A.  81.  49)    Cic  de  bar.  r.  6. 

2.  Th.  311.  A.  47.  SO)    Caes.   B.  C  2,  20.    Oben  No.  31.  J.  43   A.  19. 

51)  S.  das  Nähefe  im  2.  Th.  126.  A.  77  f.  i.  hier  Äo.  31.  j.  55.  A.  79. 
$.  56  fin.    $.  62.  A.  41. 


Uebersicht 

der  Gescliichte  des  Dictator  C.  Julius  Cäsar, 

lulii.     No.  31. 


§.  1. 

Jalir  nnd  Tag'  seiner  Geburt.  a.  87.  Priester  des  Jnp!(er. 
a.  83.  Veimäliliing'  mit  Cornelia.  a.  82.  proscribirt  und  be- 
gnadigt. KacL  Asien.  a.  81.  Nach  BitLynien.  a.  80.  Er- 
oberung von  JMitylene.  a.  78.  Feldzug  g'egeu  die  Seeräuber. 
Sulla  stirbt.     Bückkelir  nach  Rom. 

§•    2.      ' 

a.  78.  Kampf  zvsischen  den  Opfiinafen  und  der  Volkspartei; 
er  nimmt  nicht  Theil.  Aber  a.  77  Anklage  des  Sullaner  C'n. 
Dolabella.  a,  76.  Anklage  des  Sullaner  C.  Antonius.  JNach 
Asien.  Gefangenschaft  unter  den  Seeräubern,  a.  75.  InKhodns; 
der  Khetor  Älolo.  a.  74.  Feldzug  gegen  die  Truppen  des  Mi- 
ihridates.  Abwesend  Pontif.  Nach  Kom ;  yertheilt  Geld  und 
Getraide  bei  einer  Theurung.  Kriegslribun.  a.  73 — 7J.  schein- 
bar unthälig. 

§•5. 
a.  70.  Befördert  die  Herstellung  der  tribnnicischen  Rechte 
durch  Ponipejus.  Das  aurelische  Gesetz  über  die  Gerichte.  Rede 
füj-  das  plautische  Gesetz  über  die  Rückkehr  des  L.  C'inna  und 
anderer  Mariauer  aus  Spanien.  a.  68.  Quüstor.  Leichenreden 
zu  Ebren  der  Julia  und  Cornelia;  das  Bild  des  Marius.  Nach 
.Spanien.  Rückkehr.  Stellung  gegeu  die  regierende  Partei  und 
gegen  Ponipejus. 

§.   4. 

n.  67.  Vermählung  mit  Ponipeja.  Für  das  gablnische  Gesetz. 
Aufsicht  über  die  appische  T  rasse.  a.  66.  Für  das  nianilische 
Gesetz.     Aedilen-Wahi.     Erste  catilinarische  Verschwörung;    er 

Urumann,  Ceschidite  Roms  III.  ^Q 


770  UeherskUt  der  Geschichte 

wird  TerJäcIiligt.  a.  65.  C'uriiliscLer  Aedil  mit  M.  Bibultis. 
Grosser  Aufwand.  Herstellung-  der  Statue  und  der  SiegeizeicLen 
des  Marius.  Er  will  Aeg-ypien  für  das  röniiscLe  Reich  in  Besitz 
nehmen.  Lex  Papia  gegen  die  Fremden,  a.  64.  Versuch,  Ciceros 
^\  iilil  zum  C'ousul  zu  verhindern.  Index  quaestiouis  de  sicariis; 
Bestrafung  der  Alörder  aus  Sullas  Zeit. 

§•     »• 
(a.  64.)    Das  Ackerg-esetz    des    P.  Servilius  Rullns;    Cäsars 
AutheiL      a.  63.    Ciceros  Reden  gegeu  das  Gesetz;  im  Senat. 

§•    6. 
(a.  63.)    Vor  dem  Volke. 

§.    7. 
(a.  63.)     Cäsars  Antheil    an    den  Processen  des  C.  Rabirius 
und  des   C.  Piso.     Gesetz  des  Labienus  über  die  Priesterwahlen ; 
Cäsar  Oberpoutif.     Er  w  ird  zum  Prator  gewählt.     Bewirkt  einen 
Ehrenbeschluss  für  Pompejus, 

§•    8. 

(a.  63.)    Cäsar  iind  Catiliua. 
§.  9. 

a.  62.  Prätor  mit  M.  Bibulns.  Sein  Antrag,  Pompejus, 
nicht  Q.  C'atiihis,  solle  das  Capitol  weihen.  Für  O.  3Ielellus, 
welcher  darauf  dringt,  zur  Sicherung  der  Bürger  Pompejns  mit 
dem  Heere  zurückzurufen.  Im  Interesse  des  Pompejus  trägt  er 
dazu  bei ,  dass  Äletellus  Creticus  erst  jetzt  triumphirt.  Als  Mit- 
schuldiger des  Catilina  belangt.  Er  nimmt  Blasintha  gegen  Hiem- 
psal  in  Schutz.  Das  Fest  der  Bona  Dea.  Pompejus  kommt  Tom 
mitliridaLischen  Kriege  zurück. 

§.    10. 

a.  61.  M.  Crassns  wird  Bürge  für  ihn.  Verwaltung  des 
jenseitigen  Spaniens.  a.  60.  Imperator.  Eilige  Rückkehr  zu 
den  C'onsnlar-Comitien ;  Versuche,  seine  Wahl  zu  verhindern; 
er  entsagt  dem  Triumphe,  nnd  wird  mit  M.  Bibulus  gewählt. 
Bestimmung  der  Provinzen.  Versöhnung  des  Pompejus  mit 
Crassns ;  Triumvirat. 

§.    11.  _  / 

a.  59.  Consnl  mit  M.  Bibulus.  Tagebücher  über  die  öffeni- 
lichen  Verhandlungen ;  die  fasces.  Das  julische  Ackergesetz. 
Pompejus  vermählt  sich  mit  Julia,  Cäsar  mit  Calpurnia. 

§.    12. 
(a.  59.)     Fruchtlose  Anstrengungen    des  Bibulus    gegen    das 
Ackergesetz.      Die    Commission    der    Zwanzig.      Versuche,    das 
Gesetz  aufzuheben. 


des  C.  Julius  Cüsur,  771 

§.   13. 

(a.  59.)  Die  Edicte  des  Bibiiliis.  Cäsar  verpflicLtet  sich 
die  Ritter  und  lässt  die  EinricLtung-en  des  Poinpejiis  in  Asien 
beslälig-en.  Ptoleuäus  Auletes  und  Ariovist  Freunde  und  Bundes- 
genossen. 

§•  14. 
(a.  59.)  L.  Inlia  de  pec.  repetundis.  Andere  Gesetze  unter 
dem  Namen  des  P.  Vatinius :  über  die  Verwerfung;  der  Richter; 
über  Cäsars  Provinzen ;  über  die  C'olonie  Novum  Conmm.  An- 
gebliche VerscL^vö'rung'  gegen  Poinpejus ;  L.  Veltius.  Verzö'g'ernng; 
der  C'onsular-C'omitien  durch  Bibuhis.  Cäsar  beschliesst,  Cicero 
und  BI.  Cato  zu  entfernen.     Die  Beraubung'  des  Schatzes. 

§.    iä. 
a.  58.      Die    Prätoren    Domitius   und  IMemmius    dringen    auf 
eine  Untersuchung    ii'öer  Cäsars  Consulat.     Anlistius    belangt  ihn. 
Er  bleibt  bis  nach  Ciceros  Verbannung  vor  der  Stadt.     Rom  und 
Gallien  bis  zum  J.  58. 

§.   16. 

(a.  58.)  Der  gallisclie  Krieg.  Seine  Wichtigkeit  für  Cäsars 
Entwürfe.  Verderbliche  Folgen  für  die  Völker,  welche  darin 
verwickelt  wurden.  Cäsar  war  oft  dem  Untergang  nahe.  Die 
Legaten  und  die  Legionen. 

§.   17. 

(a.  58.)  Die  Reuferei  uud  die  leichten  Truppen.  Gallien 
bildete  kein  Ganzes  und  war  nicht  einig-;  Mangel  au  Kriegskuus  " 
Dauer  dieser   —  Provincial- Verwaltung. 

§.   18. 

(a.  58.)  Cäsar  begiebt  sich  in  seine  Provinzen.  Der  Krieg 
mit  den  HelTetiern. 

§.   19. 

(a.  58.)     Der  Krieg  mit  Ariovist.     Rom. 

§.    20. 
a.    57.      Der    belgische    Krieg.      Funfzehntägiges    Dankfest. 
Bom:    Ciceros  Rückkehr  aus  dem  Exil.     Pompejus  Aufsicht  über 
die  Zufuhr.     Angriff  auf  Cäsars  Ackergesetz. 

§.  21. 
a.  56.  Rom.  Pompefus  sucht  sich  durch  die  Ilerslelhiug 
des  Plolemäus  A'uletes  lieer  und  Flotte  zu  verschaffen.  Sein 
Streit  mit  Clodius.  Cicero  beantragt  neue  Verhandlungen  über 
Cäsars  Ackergeselz.  L.  Domitius  droht,  diesem  als  Coiisul  Pro- 
vinzen uud  Heer  zu  entziehen.  Zusammenkuuft  der  Triumvirn 
in  Luca. 


772  Uehersichi  der  Oeschkhte 

§•    22. 

(a.  56.)  Felclzng'  geg'en  die  Venefer  und  deren  Bnnde»- 
genossen.  Gegen  die  Aquitanier.  Gegen  die  Äloriner  und 
Menapier. 

§.    23. 

(a.  56.)  Rom.  Besorgnisse  nacli  der  Zusammenkunft  in 
Liuca.  Blan  verweigert  Gabiniiis  das  Dankfest.  Cicero  ist'  aus 
FurcLt  vor  Clodius  für  die  Triumvirn ;  er  befördert  es,  dass  man 
Cäsars  Sold  und  zehn  Legaten  bewilligt,  und  dass  seine  Pro- 
vinzen nicht  den  Consuln  des  künftigen  Jahrs  überwiesen  werden. 
Der  Process  des  Cornelius  Baibus.  Catos  Rückkehr  von  C'yprus ; 
sein  Sireit  mit  Clodius  nicht  ohne  Cäsars  Zuthun,  und  mit  Cicero; 
er  bewirkt  dass  L.  Domilius  Ahenobarbus  seine  Bewerbung  um 
das  Consulat  nicht  aufgiebt.  Pompejus  und  Crassus  verhindern 
durch  C.  Cato  die  Consalar-Comitien. 

§.    2^. 

a.  55.  Rom.  Zwischenregiernng.  Gefahren  für  Cäsar  nnd 
Verblendung  der  Optimalen.  Consular-Comilien;  M.  Calo  sucht 
die  Wahl  des  L.  Domitius  Ahenobarbus  durchzusetzen;  zweites 
Consulat  des  Pompejus  und  Crassus.  BI.  Cato  bewirbt  sich  um 
die  Prätur;  Senatsbeschluss;  P.  Vatiniiis  TS'ird  Prätor;  die  übrigeu 
Wahlen.  Gesetze  des  V.  Trib.  C.  Trebonius  über  die  Provinzen. 
Cicero. 

§.    2J. 

(a.  55.)  Cäsar  vertreibt  die  Usipefer  und  Tenchtherer  aus 
Gallien.  Erster  Feldzug  in  Germanien.  Erster  Feldzug  in  Bri- 
faunieu.  Neuer  Ramjjf  mit  den  Morinern  und  Menapiern.  Zwanzig- 
lägigcs  Dankfest.     M.  Cato. 

§•26. 
a.    54.      Cäsar   in   Italien    und    Bljrlen.     Tndnciomarns ,    der 
Trevirer,  rüstet  und  unterwirft  sich;  sein  JVebenbuhler  Cingelorix. 
Zweiter  Feldzug  in  Britannien. 

§.  27. 
(a.  54.)  Winterquartiere  in  Gallien.  Die  Carnuten  (ödten 
ihren  König.  Beschluss  der  Gallier,  die  Legionen  einzeln  z« 
überfallen.  Liduciomarus.  Niederlage  und  Tod  des  Titurius  Sa- 
biuus  und  L.  CoKa  durch  den  Eburoiieu  Anibiorix.  Augrilf  auf 
das  Lnger  des  (,).  Cicero.  Cäsar  kommt  zuyj  f'.atsalze;  sein  Sieg. 
Küsliingen  des  Iiiduciomariis ;  er  wendet  sich  gegen  Lubienus 
und  wird  getödtet.  Cäsar  bleibt  iuv  (rausalpiniscbeu  Gallien  ;  er 
lässt  durch  seine  Legaten  zwei  Liiegicneu  uiishebeu,  eine  dritte 
erliäll  er  von  Posipejus. 


des  C.  Julius  Ctisar.  773 

§•  28. 
(a.  54.)  Rom.  Pompejus  strebt  nach  der  Dlclafnr,  nnj 
bleibt  vor  Rom.  Unter  seinem  Einiiiisse  -sverden  C.  Cato  und 
INoniiis  Siifenas  freigesprochen.  Laue  Ver^veiidung'  fiir  31.  Scauriis. 
Die  Processe  des  Gabinias.  Bestechuug-en  der  yier  Candidalen 
des  Consnlats;  GeriicLte  von  einer  Dictalnr;  die  Wahl  der  Cousuln 
■wird  verhindert.     Julia  stirbt.     Cäsars  Markt. 

§.    29. 
(a.   54.)     Cicero   nud  die  Triumvirii. 
§.    30. 

a.  53.  Geheime  Rüstnng'eii  der  Gallier.  Mehrere  Volker 
nnlpr«erfen  sich.  Sieg  des  Labienus  über  die  Trevirer.  Zvs'eiler 
Feldzng-  in  Germanien.  \  ertilgunyskrieg'  gegea  Anibiorix  und 
die  Eburonen.  Die  Sig-ambrer  und  O.  Cicero.  Anibiorix  ent- 
kommt. Verurtlieilujg  anderer  Häuptlinge.  AVinterquartiere  j 
Cäsar  nach  Italien. 

§.    31. 

(a.  53.)  Rom.  Zwischenregiernng-.  Pompejus  nnd  die 
Dictatnr.  Cicero.  Walil  der  Consuln  fiir  dieses  Jahr  im  Juli. 
Tod  des  31.  Crassus.  Bestechuugeu  und  Gewallthätigkeiten  der 
Candidaten.  Die  Versuche ,  die  höheru  Magistrate  wählen  zu 
lassen,  werden  vereitelt. 

§•    32. 

a.  52.  Aufstand  in  Gallien.  Vercing-etorlx  der  Arrerner. 
Cäsar  gelangt  auf  Umwegen  zu  den  Legionen.  Er  entsendet 
nach  der  Eroberung  von  Avaricum  Labienus  zn  den  .Senonen 
«nd  Parisiern,  und  belagert  Gergovia  oLne  Erfolg.  Abfall  der 
Aedaer.     Cäsar  geht  über  den  Liger  zu  Labienus. 

§.    33. 
(a.  52.)     Unternehmungen    des    Labienus    an    der    Seqnana. 
•Seine    Vereinigung    mit    Cäsar.      Vertingetorix    Oberfeldberr   der 
Gallier;    sein    Plan.     Schlacht    bei  Alesia.     Vercingetorix   erg-iebt 
sich,     WinterquEirtiere.     Zwanziglägiges  Dankfest. 

§•    35. 

(a.  52.)  Rom  anfangs  ohne  höhere  Magistrale  und  ohne 
Zwischenkönige.  Der  Tud  des  Clodius.  Pompejus,  vom  Senat 
beauftragt,  fiir  die  öffentliche  Sicherheit  zn  sorgen,  hebt  Truppen 
aus ,  und  wird  allein  Consul.  Seine  Gesetze  gegen  Gewalt  und 
Bestechungen.  Älilo  und  Andere  werden  verurtheilt.  ]Metellus 
Scipio  zweiter  Consul.  Erneuerung  des  Gesetzes,  nach  welchem 
niemand  sieb  abwesend  um  ein  Amt  bewerben  soll.  Pompejus 
lässt  sieb  die  Verwaltung  Spaniens  auf  fünf  JaLre  verlängern. 
Senatsbeschlu&s :     iu    den    ersten    fünf  Jahren    nacli   dem  Consulat 


774  Veherslcht  der  Oeschkhte 

und  der  Präfur  keine  Provincial-Verwalfimg-.  Ein  (ribnnici'sclies 
Gesetz  gestattet  Cäsar,  sich  abwesend  um  ein  zweites  C'onsnlat 
zu  bewerben.  Consular-C'oinitien;  M.  Cato  wird  iiicLt  gewäLlt. 
Scipios  Gesetz  über  die  Befugnisse  der  Censoren. 

§.   33. 

a.  51.  GeLeime  Rüstungen  der  Gallier.  Die  Bitnrigen, 
Camuten  und  iJellovaken  werden  entwaffnet.  Correus  und  Com- 
inius.  VersHcLe  der  Gallier,  Leinonum  im  Westen  zu  nehmen, 
und  in  die  narbonensisclie  Provinz  einzudringen ;  Drappes,  Lucte- 
rius.  Die  Römer  erobern  Uxelloduuum.  Cäsar  nach  Aquitanieu. 
Seine  Winterquartiere  zu  Kemetoceuua  in  Belgien.     Commius. 

§.    5(5. 

(a.  51.)  Die  Parteien  in  Rom;  grosse  Aufregung;  Zuriict- 
Laltung  des  Pompejus.  Der  Consul  M.  Marcellus  verschiebt  die 
BeralLung  über  Cäsars  Provinzen.  Zusammenkunft  Ciceros  mit 
Pomi  ejus  bei  Tarent  im  Mai.  Walilcomitien  im  Juli.  Pompejiis 
zweideutige  Aeusserungen  über  Gallien  im  Senat  am  22.  Juli. 
Seine  Reise  nach  Ariminum.  Feigheit  der  Senatoren;  daher  auch 
am  1.  September  kein  Bescbluss;  Pompejus  weicht  aus;  Scipio: 
man  möge  am  1.  März  des  folgenden  Jahrs  den  Autrag  über 
Gallien  ernenern.  Beschluss  vom  30.  September:  die  künftigen 
Consuln  sollen  am  1.  Blärz  eine  Berathmig  über  die  Consular- 
Provinzen  und  über  Cäsars  Veteranen  veranlassen;  Einspruch  der 
V.  Tribiine;  auch  der  Consul  Sulpicius  stimmt  dagegen.  Stolz 
und  Zuversicht  des  Pompejus;  man  zwingt  ihn,  sich  über  Cäsar 
zu  äussern.  Ein  Einwohner  aus  Novum  Comum,  einem  Orte, 
•welchem  Cäsar  das  Bürgerrecht  verlielien  hat,  wird  gegeissell. 
Streit  über  den  Oberbefehl  gegen  die  Parther, 


o"-»^ 


§•  37. 
a.  50.  Cäsars  Milde  gegen  die  Gallier;  ihr  Zustand.  In 
Rom  beschäftigt  man  sich  scheinbar  nur  mit  den  Processen  des 
Appius  Claudius.  Cäsar  besticht  den  Tribun  C.  Curio,  den  Consul 
L.  Paullus  u.  A.  und  wünscht  Cicero  Glück  zu  seinen  Siegen 
in  Cilicien;  der  Censor  Appius  Claudius  vermehrt  die  Zahl  seiner 
Anhänger.  Curios  Verstellung ;  er  trägt  auf  Einschaltung  an ; 
seine  rogat.  viaria  und  alimentaria.  Senat  am  1.  März:  Cäsar 
soll  im  November  niederlegen;  Cnrio:  auch  Pompejus;  Beifall 
des  Volks;  Pompejus  zieht  sich  zurück  und  der  Senat  lässt  den 
Streit  vorerst  auf  sich  beruhen.  Cäsar  schickt  AI.  Antonius,  um 
das  Augurat  zu  werben;  nach  den  Consular-Comitien  reis't  er 
nach  Italien,  angeblich  jenen  zu  empfehlen,  und  sich  selbst  für 
die  Wahlen  des  folgenden  Jahrs  Stimmen  zu  verschaffen.  Rück- 
kehr nach  Gallien,  und  Musterung  des  Heers.  Labienus  geht  als 
Befehlshaber  nach  dem  cisalpinisdien  Gallien. 


des  C.  Julius  Cäsar.  775 

§.   38. 

( a.  50. )  Pompejus  Reise  nacL  Cainpanien.  Sein  ScLreiben 
an  den  Senaf :  er  sei  bereit,  Heer  und  Pro>-inzen  abzug-eben.  Er 
erkrankt  in  Neapel.  KacL  seiner  Rückkehr  neue  Versicherungen, 
dass  er  gern  niederlegen  %verde;  Curio  nimmt  ihn  beim  Worte. 
Er  bewirkt  iinler  dem  Vor-svande  des  parlhischen  Krieges,  dass 
Cäsar  zwei  Legionen  verliert.  Der  Versuch  des  Consuls  Mar- 
cellus,  diesem  die  Provinzen  zu  entziehen,  durch  Curio  vereitelt. 
Blan  verbreitet,  Cäsar  sei  im  Anzüge  g:egen  Rom;  Blarcellus 
iiberlrägt  Pompejus  den  Oberbefehl.  Curio  nach  Ravenua  zu  Cäsar. 
Auch  Pompejus  entfernt  sich.  Ciceros  erste  Unterredung-  mit  ihm 
nach  der  Rückkehr  aus  Cilicien;  seine  angebliche  Vermittlung-, 
Rede  des  neuen  Tribuns  M.  Antonius  gegen  Pompejus ,  mit 
welchem  Cicero  nochmals  zusammenkommt.  Cäsar  in  Ravenna; 
er  schickt  Curio  mit  einem  an  den  Senat  und  au  die  künftigen 
CoDsuln  gerichteten  Schreiben  nach   Rom. 

§.  39. 
a.  49.  Curio  iibergiebt  es  am  1,  Januar  im  Senat.  Be- 
rathung  über  den  Zustand  des  Reichs;  Scipio :  Cäsar  soll  vor 
einem  bestimmten  Tage  niederlegen,  oder  als  Reichsfeind  Gehandelt 
-werden.  Einspruch  der  Tribüne  M.  Antonius  und  Q.  Cassiiis  - 
sie  werden  aus  dem  Senat  verwiesen.  Beschluss  vom  6.  Januar: 
die  Cousulu  u.  s.  w.  sollen  über  die  Sicherheit  des  Staates  wachen. 
Jene  Tribüne  entfliehen  zu  Cäsar.  Pompejus  übernimmt  die  Ver- 
theidigung  der  Republik.  Verfügung  über  die  Provinzen,  Von 
den  Ursachen  des  Bürgerkrieges.     Die  Aristocratie. 

§.    40. 
(a,  49.)     Pompejns,     Cäsar  und  die  Cäsarianer. 

§■    41- 

(a.  49.)  Cäsar  erfährt  in  Ravenna,  dass  der  Senat  seine 
Friedens -Anträge  verworfen  habe.  Er  geht  über  den  Hubicon 
nach  Ariminum,  wo  die  Tribüne  zu  ihm  kouuneu.  Unlerhand- 
lungen  durch  L.  Cäsar  und  L.  Rosciiis  gegen  Ende  des  Januar, 
Pompejus,  die  Consuln  und  der  grossle  Iheil  des  Senats  ziehen 
sich  nach  Campanien  zurück.  Geringer  Erfolg  der  Aushebung, 
Cicero.     Cäsars  Fechter  in  Capua, 

§•    42. 
(a.  49.)     Pompejus    bis    zu  seiner  Ankunft  in  Brundusium. 
Labienus    geht    zu    ihm    Über.     Die  Consuln  und  Cicero.     Cäsars 
Feldzug   in   Umbrien;    im  Picenisclien.     L.  Domitius    ergiebt  sich 
in  Corfinium  am  22.  Februar. 

§.    43, 
(a.    49.)      Unterhandlungen    durch    Cn.    BlagiuS,      Pomiiejus 
verlässt  Brundusium,   -wo  er  am  17.  März  sich  einschifft.     Cäsar 


776  Vd)ersicht  der  Geschichte 

befiehlt,  eine  Flofle  zu  nisten.  Zusammenkunft  mit  Cicero.  Kach 
Rom.  Er  trügt  auf  neue  Uuterliandlung'en  an.  Der  heilig-c 
Schatz.  Die  SoLne  der  von  Sulla  Geächteten  werden  jetzt  aicLt 
hergestellt.     Aristobulus. 

§•    ^^. 
(a.  49.)     ]>I.   Ca(o   entflieht  am  24.  April  vor  C.  Curio  ans 
Sicilien.     AI.  Coda  rüumt  Sardinien.     Curios  Niederlag-e  und  Tod 
ia  Africa.     C.  Antonius  geräth  in  Dljrien  in  Gefangenschaft. 

§.    -4S. 

(a.  49.)  Cäsar  ernennt  M.  Lepidns  zum  Sfadfpräfecten  iu 
Kom,  und  ]M.  Antonius  zum  Befehlshaber  ia  Italien.  Er  reis't 
gegen  die  Älitte  des  April  niK-h  Gallien.  Abfall  der  Massilier. 
Der  Krieg  in  Spanien  gegen   die  Legalen  des  Pompcjus. 

§•  ^6. 
(a.  49.)  Die  Belagerung  von  Massilia,  vrelches  sich  nach 
Cäsars  Rückkehr  aus  Spanien  ergiebt.  Cäsar  Dictator  I.  Er 
unterdrückt  die  Meuterei  der  Truppen  in  Placentia,  und  geht 
nach  Rom.  Verwaltung  des  M.Antonius  in  seiner  Abwesenheit. 
Gesetze  über  das  Schuldwesen ;  über  die  Herstellung  der  Ver- 
bannten; über  die  Nachkommen  der  Proscribirten  aus  Sullas  Zeit 
und  das  Bürgerrecht  der  Transpadaner.  Getraide- Verlheilung. 
Consular-Comitien,  in  Vi'elclien  Cäsar  mit  P.  Serviliiis  Isauricus 
"•ewählt  wird.  Die  Provinzen.  Cäsar  legt  die  Dictatur  nieder 
und  geht  vor  dem  Ende  des  Jahrs  nach  Brundusium. 

§.    47. 

(a.  49.)  Rüstungen  des  Pompejus  im  Osten.  Winter- 
quartiere. Die  Flotte  unter  31.  Bibulus.  Thessalonich,  der  Sitz 
der  auswärtigen  Republik. 

§■    48. 

a.  48.  Cäsar  Cos.  11  landet  im  Anfange  des  Jahrs  in  II- 
lyrien.  Er  dringt  gegen  Norden  vor,  und  bietet  den  Frieden  au  ; 
es  "elingt  ihm  nicht,  vor  Pompejus  Dynhachium  zu  erreichen. 
Bibulus  stirbt.  Die  Heere  lagern  am  Apsus.  Cäsars  Friedens - 
Anträge.  Versuch  einer  Reise  nach  Italien.  Scribonius  Libo 
vor  Brundusium,  wo  M.  Antonius  und  Fufius  Calenns  sich  ein- 
schilfen.     Sie  vereinigen  sich  mit  Cäsar. 

§.   49. 
(a.   48.)      Gefechte    bei    Drnhachium.      Cäsar    weicht   über 
Apollonia  zurück,  um  sich  durch  Cn.  Domilius  Calvinus  zu  ver- 
stärken. 

§.    SO. 

(a.  48.)  Feldzug  des  Metellus  Scipio  in  Macedonien  und 
Thessalien   gegen    Cäsars  Legaten  L.  Cassius  und  Cn.  Domitius. 


des  C.  Julius  Ctisiir.  777 

Cäsar  nnlerLaiidelt  mit  Scipio  nnd  vereinigt  sich  in  Thessalien 
mit  Doinitiiis.  Pompejus  und  sein  RriegsralL;  er  lässt  Cato  in 
Dyrrhacliium  zurück,  und  zieht  Scijiio  an  sich,  mit  welchem  er 
die  Ehren  des  Oberbefehls  theilt.  Verblendung  der  Optimalen. 
Lager  bei  Pharsalus. 

§•  si. 

(a.  48.)  Schlacht  hei  Pharsalus  am  9.  August.  Cäsars 
Milde. 

§.    62. 

(a.  48.)     Pompejus  Flucht  und  Tod. 
§.    oö. 

(a.  48.)  Die  Flotte  der  Optiinafen  zur  Zeit  des  Feldzugs 
In  Thessalien :  D.  Laelius  vor  Brundusiuiu ;  C.  Cassiiis  bei  Si- 
cilien.  Der  Ca'sarianer  Fufius  Calenus  besetzt  Athen ,  Älegaris 
und  Achaja.  Viele  Flüchtlinge  wenden  sich  von  Pharsalus  nach, 
lllvrien.  Q.  Cassius  in  .Spaaien.  Unruhen  in  Italien  durch  den 
Priitor  M.  Coeliiis  und  durch  Milo.  Die  Statuen  des  Sulla  und 
Pompejus  VN'erden  nmgevsorfen.  M.  Antonius  kommt  mit  einem 
Theile  des  Heers  nach  Italien  zurück.  Cäsar  Diotator  II  aiif  ein 
Jalir;  Antonius  Magister  Eq.  Ehrenbeschlüsse.  DieAVahleu  be- 
schränken sich  aof  die  V.  Tribüne.  Verfolgung  des  Pompejus 
bis  Aegypten. 

§.   34. 

a.  48  und  47.     Der  jJexandrinische  Krieg. 

§.    oo. 
(a.   48  und  47.)     Der  Krieg    mit  Pharnaces;    Cn.  Domitius 
Calviiius;    Cäsar.     Schlacht    bei  Zela  am   2.   August  47.      Cäsars 
Verfügungen  in  Asien. 

§.  o6. 
(a.  47.)  Italien.  Neuerungen  des  V.Tribuns  P.  Dolahella 
im  Scliuldwesen.  Äleiilerei  der  Legionen  in  Campanien.  Cäsars 
Rückkehr  im  September;  seine  Kachsichl ;  die  Legioni-u  unter- 
werfen sich.  Dictator  III;  BI.  Le|>idus  Magister  Eq.  Die  Güter 
vieler  Optimaten  Verden  eingezogen.  Cousulat  des  Q.  Fufius 
Calenus  und  P.  Valinius  am  Ende  des  Jahrs.  Für  das  folgende 
■werden  zehn  Prätoren  ernannt.  Vermehrung  der  Zahl  der  Priester. 
Ergänzung  des  Senats   und  Vertheilung-   der  Provinzen. 

§•    o". 
(a.  48  —  46.)     Die  Partei    der  Optimaten  von  der  Schlacht 
bei  Pharsalus   bis  zum  africauischen  Kriege. 

§.    '68. 
a.  46.     Cäsar  Cos.  III.     Der  afiricauische  Krieg. 
Drumnnn,   Cesciuchte  Ruin*  III.  ^Q 


778  Ueherslclit  der  Ocscliichla 

§.   59. 

(a.  46.)  Fortsefznng-,  SclilacLt  bei  Thapsns  am  6.  April. 
Der  Tod  des  Cato.     Cäsar  im  Juli  yor  Rom. 

§.    60. 

(a.  46.)  Der  Consnl  3f.  Lepidiis.  Cäsars  VerfranJe.  Cicero. 
Elirenbestliliisse  vor  t'iisars  Rückkelir.  Dankfest  auf  vierzig- Tage; 
Dictalor  auf  zehn,  praefectiis  moribus  auf  drei  JaLre.  Seine  Milde. 
Vier  TriunipLe. 

§•  61. 
(a.  46.)  Triiimpljal-Scliinaus.  Geld- und  Getraide-. Spenden. 
Cäsar  weiLt  seinen  Markt  und  den  Tempel  der  Venus  Genetrix. 
Spiele  zu  Ehren  seiner  Tochter  Julia.  Die  Zahl  der  Bürger, 
welche  vom  Staate  Getraide  erhalten,  -wird  beschränkt.  Verord- 
nung gegen  die  Zünfte.  Abermalige  Ergänzung  des  Senats.  Nur 
Senat  und  Ritter  Rollen  richten.  Aufvvandgesetz.  Gesetze  gegen 
Gewalt  und  Älafesläts- Verbrechen.  Gesetz  über  die  Provinzen. 
Verbesserung  des  Calenders.  Der  Zutritt  zu  Cäsar  wird  er- 
schwert.    Cleopatra  iu  Rom. 

§.    62. 

(a.  46.)  Die  Provinzen:  Caecilius  Bassus  in  Syrien.  D. 
Brutus  in  Gallien.  Q.  Cassius  und  Cn.  Pompejus  in  Spanien. 
Cäsar  wird  für  das  J.  45  Cos.  IV  und  allein  gewählt.  Er  tritt 
die  vierte  Dictatur  an.  Die  Wahlcoraitien  und  die  Sladtpräfecten, 
Cäsar   nach  Spanien. 

a.  45.  Er  nimmt  Alegua  im  Februar.  Schlacht  bei  Älunda 
am  17.  März,  Cn.  Pompejus  stirbt  auf  der  Flucht;  sein  Bruder 
Sextus   entkommt. 

§.    63. 

(a.  45.)  Rom  in  Cäsars  Abwesenheit.  M.  Lepidus  als 
Magister  Eq.  und  die  Stadtpräfecte.  Oppius  und  Baibus.  Die 
Versteigerung  eingezogener  Güter  dauert  fort.  Lateiner-Fest  und 
ApoUinar- Spiele  durch  die  Stadtpräfecte.  Römlsciie  Spiele  durch 
die  Aedilen.  Dankfest  auf  fünfzig  Tage.  Andre  Ehrenbeschlüsse. 
Cicero;  er  fürchtet  Verfolgung;  seine  Lobschrift  auf  Cato;  er 
beschliesst,  Cäsar  ein  Werk  zu  widmen,  und  bleibt  mit  dessen 
Freunden  iu  Verbindung.     M,  Brutus. 

§.  64. 
(a.  45.)  Auch  Andre  fürchten  und  hoffen.  Die  Candidaten 
reisen  nach  Spanien.  ]Man  ist  uugewiss,  wann  Cäsar  eintreffen 
wird,  und  schickt  sich  an,  ihm  entgegenzugehen.  Er  übernimmt 
nicht  jetzt  erst  sein  viertes  Consulat,  aber  er  wird  im  Herbste 
DIctator  V.  Im  Anfange  des  September  vor  Rom.  Testament 
am    13.    September    auf   dem  Lavioanum.     Fünfter    Triumph   im 


des  C.  Julius  Cäsar,  779 

Anfange  des  October,  TrlampLal-ScLmans  anci  Spiele.  TrlumpLe 
des  Fabius  Maximas  tind  des  Q.  Pedius.  ELrenbescLliisse  der 
JaLre  45  und  44 :  Imperator  auf  Lebenszeit.  Consul  auf  zeLn 
Jahre.  Dictator  (a.  44)  und  praefeclus  nioribus  auf  Lebenszeit. 
Titel.  Statuen.  Sein  Bild  wird  auf  die  Slünzen  gesetzt,  und 
der  Quintil   (a.  44)  Julius  genannt, 

.     <.a. 

(a.  45.)  Elirenbescliliisse ;  Fortsetzung.  "Vergötterung.  Schwur 
der  Senatoren,  mit  dein  Leben  für  Cäsars  Sicherheit  einzustehen. 
Constiln :  Fabius  Jlaxiinus  und  C.  Trebouius,  und  nach  dem  Tode 
des  Ersten  C'aninius  Rebihis.  14Pratoren;  40  Ouäsloren ;  IVviri 
inonelules.  Auch  die  Zahl  der  Senatoren  wird  vermehrt.  Ver- 
leihung des  Palriciats.  Geldgeschenke.  Älililär-Colonien.  Cäsars 
Milde.     Seine  Reise  im  Deceniber  führt  ihn  zu  Cicero. 

§.  66. 
a.  44.  Cäsar  Cos.  V  mit  M.  Antonius.  Dictator  V  (IV). 
M.  Lepidus  Magister  Eq.  16  Prätoren;  40  0uästoren;  6  Aedilen 
und  unter  diesen  zwei  cereales.  Colonien:  Carthago;  Corinth. 
Wassregeln ,  den  Abjjang  an  Bürgern  zu  ersetzen.  Entwürfe  zu 
Bauten,  zu  einer',  Geseizbuche,  und  zur  Anlegung  öffentlicher 
Bibliotheken.  Die  Aerzte  und  Lehrer  der  freien  Künste  erhalten 
das  Bürgerrecht.     Der  Krieg  mit  den  Parlheru. 

§.    67. 
(a.   44.)     Besetzung    der    Aemter   fü'r    die   folgenden    Jahre 
Vertheilung  der  Provinzen.     Die  Statuen  des  Sulla  und  Pompejus 
werden  wieder  aufgestellt.     Entlassung  der  Leibwache. 

§.  68. 
(a.  44.)  Cäsars  Absicht,  König  zu  werden.  Das  Diadem 
an  seiner  Slatiie;  die  V.  Tribüne  MaruUas  und  Caesetius  Flavus. 
Das  Lateinerfest  und  die  Ovation  am  26.  Januar.  Die  Luper- 
calien  am  15.  Februar  und  das  Volk.  Die  sibj  llinischen  Bücher 
und  der  Senat. 

§.   69. 
(a.  44.)     Geheime  Verbindung  gegen  Cäsar.     Zahl  der  Ver- 
Bchwornen.     Urtheile  der  Zeitgenossen  und  der  jungem  Gescliicht- 
«chreiber    über    ihre    That.      Wahre    Ursachen;    allgemeine;    be- 
sondere:   die  Casarianer  unter  den  Verschworneu. 

§.    70. 
(a.  44.)     Die  Ponipejaner. 

§.    71. 
(a.  44.)     Verschwome,    deren  frühere  Verhältnisse  zu  den 
Parteien  unbekannt  sind.     Blehrere  w  erden  mit  Unrecht  der  Theil- 
nahme  beschuldigt;  Cicero.     Ueber  das  Entstehen  der  Verbindung. 


780  Uchersicht  der  Gcsclwclite  des  C.  Julius   Ciisur, 

§.   72. 

(a.  44.)     Cäsars  Tod. 

§.    73. 

Sein  Vermögen.     Gestalt.     GesiindLelt.     Kleidung;  und  Läus- 
licLe  EinricLtungen;  Freigelassene  und  Sclaven. 

§•  .74. 
Sittlicher  Character.     ELrgeiz.     SinnlicLkeit.     Milde. 

§.    73. 

Geistige   Anlagen  nnd  Bildang.      Vielseitigkeit.      Cäsar   als 
Feldherr  und  Redner. 

§.  76. 
Seine    Briefe.     Denkwürdigkeiten,     Anticato.     Die    übrigen 
Schriften. 


Druckfehler  und  Zusätze. 


Seite  27  Zeile  8     v.    u.  lie?:  1  Tli.  S.  467. 

—  —  —     5     —  —  —  schwur 

—  32  —  14    —   o.  —  almdete 

—  46  —     6    —   u.  —  Damasceiius 

—  62  —  13    —   0.  —  a.  71. 

—  —  —  10    —   u.  —  Val.  .Max.  3,8. 

—  64  7     _    u.  —  Gellii 

—  68  —     4    —    H.  —  §.  I.  A.  8. 

—  74  —    9    —   u.  —  15  April 

—  -—  —     5     —    II.  —  Cic.  3.  Phil. 

—  78  —     2     —   u.  —  Aeltermutter 

—  79  —  13—0.  —  suchte 

—  —  —     3     —   II.  —  Gell.  15,27. 

—  89  —  11     —    11.  —  Verr.  2,8.33. 

—  100  —  21     —  o.  —  Anzeichen 

—  103  —     7    —   II.  —  wurde 

—  107  —    9    —   0.  —  zeugten 

—  113  —     2     —    0.  —  Cos.  489. 

—  122  —     5     —    0.  —  dem 

—  131  —     8     —    u.  —  bis  zu 

—  139  —     2     —    0.  —  23lJD 

—  —  —  12     -    II.  —  23b) 

—  148  —     9     —    0.  —  gedachte 

—  135  —  14    —    o.  —  zustehen 

—  166  —  20     —   0.  —  P.  Servilitis 

—  214  —  20     —    o.  —  andere 

—  235  —     4     —   0.  —  6)  nach:  forderte 

—  248  —  10    —   u.  —  Blarcomanneu 

—  254  —  15     —   0.  —  Moriiier 

—  288  _    4    —   u.  —  statt 

—  289  —    1     —  0.  —  Maas 

—  293  —  14     —    II.    ist:   es,  zn  tilgen. 

—  308  —     8    —   0.  ist:  hier,  zu  tilgen. 

—  323  —     3     —    u.  lies :  336  A.  5. 

—  324  —  18     —    0.  —  guten 

—  338  —  19     —    0.  —  Julias 

—  346  —  12     —  —  —  vorrückenden 

51 

llriimanii,  Geschichte  Korns  lU.                                                                  *"■ 


iieite  385  Zeile  6 

V.   0.  lies 

den 

—     394 

-     9 

—    11.     — 

Besten  wegen 

—    397 

—     3 

—   u.     — 

58. 

—     408 

—  14 

—   11.     — 

städtischen 

—    409 

—  11 

—  u.     — 

sondern  weil 

—     443 

—     2 

—    u.     — 

A.  62. 

—     449 

—     1 

—   u.     — 

quadam 

-     512 

—  10 

—    11.     — 

feri 

—     542 

-     7 

—    0.      — 

zur  See 

—    545 

u  d.  Uebersiclit    — 

§.54. 

—    577  Zeile  9 

V.    u.      — 

mochte  Cäsar 

—    597 

—  13 

—    0.     — 

Parada 

—     600 

—  14 

—    u.     — 

35) 

—     603 

—    5 

—    0.      — 

sechs  Fristen 

—     607 

—  18 

—    11.     — 

693 

—     612 

—    6 

—    u.     

Oben  A.  86. 

—     627 

—    4 

—    11.     — 

Oben  A.  62. 

—     650 

—     1 

—   u.     — 

13,9. 

—     658 

—  14 

—    0.       — 

Der  Bitter  fühlte 

—     663 

—   22 

—   u.     — 

Corona 

—     664 

—  10 

—  11.    — 

Monum.  Aiicyr. 

—     667 

—     9 

—   0.   siud  die  Worte:  und  überreichteu  das  Diadem 

in  unzähligen  Theilen ,  zu  tilgen. 

—    668 

—     5 

—   II.  lies: 

§.  66.  A.  88. 

—     672 

—     8 

—   11.     — 

widerlegen  sie 

—     676 

—    1 

—   u.    — 

13  Phil.  16. 

—     681 

—  12 

—   u.     — 

ihm 

—    687 

—    8 

—    0.      — 

musste 

—    701 

—  12 

—   u.   ist: 

nun,  zu  tilgen. 

—    705 

—  12 

—    0.      — 

54b3 

—    — 

—    4 

—    H.      — 

54b) 

—    714 

—     6 

—   u.     — 

Domit.  Aheu.  No.  10.  A.  74. 

—     716 

2 

—   u.     — 

1  Th.  76. 

—    737 

—     1 

—   u.     — ■ 

A.  66b) 

-    745 

—     2 

_  —    — 

§.  65.  A.  55. 

—     766 

—     7 

scheint 

NacLträare   und  Berichti<j;uu<'eii 

zum   ersten   Theilc. 

■Seite  27  Zeile  15     v.    u,   lies:  überredete  in  demselbeu  Jahre 

—  37      —      2 sind  d.  Worte:  Metellus  —  Plinius,   zu  tilgen. 

S.  Th.  2,28.  A.  49. 

—  68      —      8    —   o.  sind  d.  Worte:   als  —  wählte,   zu  tilgen.     S. 

Th.  3,166.  A.  23. 

—  76       —       9     —    u.  lies:  der  Stadtpräfect  L.  Plancus.  S.  Th. 3,633. 

A.  76.  u.  Munatii  \o.  10.  A.  52. 

—  501       —     19    —  o.  sind  die  Worte  :  der  Letzte  unter  Cäsars  Mör- 

dern, zu  tilgen.     S.  Th.  3,732.  A.  28. 


ZujuzweitenX  heile. 

Seite  31  Zeile  16    v.   o.  lies:  auch  entsetzte  er  Nepus  seines  Amte.s.  IJie 

folgenden  Worte :  und  —  stimmten,  sind 
zu  tilgen. 

—  70      —    21 —     zurückrufen ,    wie    Cicero    glaubte.       S. 

Tli.  3,240.   A.  79  f. 

—  96      —     16    —  —     —    Dieser  gieng  a.  91. 

—  101      —     17    —   u.     ^     durch   einen   andern  Seuatsbeschluss   be- 

stätigt.    S.  Th.  3,363.  A.  23. 

—  121       —     15     —   0.     —     Sulpicius  bei  Vibo.     S.  Th.  3, 527. 

—  149       —     16     —    u.     —     L.  Lucullus.   S.  Licin.  Luc.  No.  8.  A.21. 

—  184      —     16     —   0.    —    Varinius.    S.  Licin.  Crassi  No.  37.    §.  1. 

A.  79. 

—  207      —       3     —    u.     —     ad  Att.  1,13.  §.  3. 

—  224      —     15 —    Nach  der 

—  399       —     14 sind  die  Worte  :  Cicero  —  Todten,  zu  streichen. 

—  460      —      8    —   0.  lies:  Sulla  traf  Massregeln,  es  wieder  aufzu- 

bauen. 

—  517      —       1 —     p.  sittius 

—  523      —      5 _    .—    von  der  zwölften  Legion.     S.  Th.  3, 562. 

A.  38. 

—  539       —       4 —     .M.  Lucullus.    S.  Liciu.  Luc.  >ü.9.  A.  53. 


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